4243/J XXII. GP
Eingelangt am 12.05.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten, Mag. Johann Maier, Riepl
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend
„lehrlingsevent 06“
Mit einem vertraulichen „Du“ wendeten sich Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel, Vizekanzler
Hubert Gorbach,
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Martin Bartenstein und
Finanzminister Karl-Heinz Grasser an Österreichs Lehrlinge und luden diese zu
einem
Happening in die „Nachtschicht“ samt freien Eintritt und einem alkoholfreien
Getränk ein.
Aus
dem Brief ist nicht ganz ersichtlich, da vage formuliert, ob alle Lehrlinge
eingeladen
werden, oder nur solche, die besonders erfolgreich an Leistungswettbewerben
teilgenommen
haben. Jedenfalls aber wandte sich eine Reihe von besorgten Eltern an die
anfragestellenden
Abgeordneten, insbesondere warum der Brief
des Bundeskanzlers und anderer Minister an die
Arbeitsstelle der Lehrlinge gerichtet wurde, dieser also an den
Erziehungsberechtigten
vorbeigeschummelt wurde. Häufig entstand in diesem Zusammenhang die Frage,
woher der
Bundeskanzler überhaupt über diese Adressen verfügt und ob eine Überlassung
dieser
Adressen an bzw. eine Verwendung durch das
Bundeskanzleramt, das Bundesministerium für
Verkehr, Innovation und Technologie, das Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit und
das Bundesministerium für Finanzen datenschutzrechtlich möglich sei oder ob
eine solche
Vorgangsweise nicht dem Datenschutzgesetz widerspricht.
Ebenso
gab es Irritationen über das Ende dieser Veranstaltung mit 23.00 Uhr, was im
Hinblick z.B. auf das Tiroler
Jugendschutzgesetz, welches bis zum 16. Lebensjahr einen
Abendausgang nur bis 22.00 Uhr vorsieht, sogar im Widerspruch mit dem
geltenden
Landesgesetz steht.
Schließlich erscheint auch der Ort des Tanzvergnügens,
die Diskothekenkette „Nachtschicht“
nicht als optimale Wahl, denn laut „Salzburger Nachrichten“ vom 10. Februar
2006 sei gegen
die Betreiberfirma
ein Finanzstrafverfahren im Laufen. Steuern in Millionenhöhe sollen
„gespart“ worden sein, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz Rainer
Schopper. Die
unterzeichneten Abgeordneten stellen sich daher die Frage, ob es tatsächlich
sinnvoll ist,
wenn höchstrangige Regierungsmitglieder wie der Bundeskanzler, der
Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit und der Finanzminister ein
Unternehmen bewerben, das solch
fraglicher
Geschäftspraktiken verdächtigt wird.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den
Bundesminister für Finanzen
nachstehende
Anfrage:
1.
Wer
trägt die politische Verantwortung für diese Schreiben an die österreichischen
Lehrlinge? (Das Kuvert titelt als Absender: „Der Bundeskanzler“, das Schreiben
selbst
ist neben dem Bundeskanzler auch vom
Vizekanzler, Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit sowie dem Bundesminister für Finanzen gezeichnet.)
2.
An
welche Personen wurde dieses im Betreff dargestellte Schreiben versandt?
3.
An
wie viele Personen wurde dieses Schreiben gerichtet?
4.
Wer hat die Entscheidung getroffen und warum wurde diese
so getroffen, das Schreiben
mit einer Einladung
in eine Diskothek an Lehrlinge, die zum Teil deutlich unter 16
Jahre alt sind, an die Arbeitsstelle des Lehrlinges und nicht an den Wohnort
des
Lehrlinges zu richten?
Sollten die Erziehungsberechtigten keine Kenntnis von diesem Schreiben erhalten?
5.
Warum
wurde das Ende der Veranstaltung mit 23.00 Uhr festgesetzt, obwohl z.B. in
Tirol das Jugendschutzgesetz bis zu
16-Jährigen einen Ausgang am Abend nur bis 22.00
Uhr genehmigt?
6.
Woher
oder von wem haben Sie das Adressenmaterial erhalten?
7.
Wurden
die Adresssätze elektronisch verarbeitet und übermittelt?
8.
Welche Rechtsgrundlage besteht für diese
Datenübermittlung an den Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit oder das Bundeskanzleramt oder an das
Bundesministerium
für Finanzen?
9.
Welche Kosten sind für die Übermittlung dieser
Adresssätze dem Bundesministerium
für Finanzen entstanden?
10.
Wurden die Kuverts im Bundesministerium für Finanzen
gedruckt?
Wenn
ja, welche Kosten sind für diesen Druck im Haus entstanden?
Wenn nein, wer hat die Druckarbeit übernommen und welche Kosten sind dafür
angefallen?
Wenn nein, wurde diese Leistung ausgeschrieben?
11. Warum ist auf dem Kuvert keine DVR-Nummer aufgedruckt?
Welche Rechtsgrundlage wurde herangezogen, um auf den
Aufdruck der DVR-
Nummer, der die
Rückverfolgung der Herkunft der Daten erleichtern soll, zu
verzichten?
12. Wer hat das Schreiben selbst konzipiert?
Sind für das Layout Kosten angefallen?
Wenn ja, welche und wer hat die Leistung erbracht?
13. Warum ist auf dem Schreiben keine DVR-Nummer
aufgedruckt, obwohl auch auf dem
Kuvert keine aufgedruckt ist?
Welche Rechtsgrundlage wurde herangezogen, um auf den
Aufdruck der DVR-
Nummer, der die Rückverfolgung
der Herkunft der Daten erleichtern soll, zu
verzichten?
14.
Welche Kosten sind für das Einkuvertieren entstanden?
Wer hat diese
Leistung erbracht?
15.
Welche Kosten sind für das Versenden dieser Schreiben
entstanden?
Wer hat den Versand
übernommen?
16.
Welche
Kosten sind für Organisation, Durchführung, Getränke, Live-Auftritte von
Bands, Moderation und Personal für die
Veranstaltungen in den Diskotheken der Kette
„Nachtschicht" am 3. März 2006 veranschlagt?
Wie lautet der Vertrag mit der Diskothekenkette
„Nachtschicht“?
Wer hat diesen
Vertrag von Seiten des Bundes unterzeichnet?
17. Welche Kostenteilung gibt es für all die
entstehenden Kosten zwischen den vier
betroffenen Ressorts?
Gibt es dazu eine Vereinbarung zwischen den Ressorts?
Wenn ja, wie lautet
diese?
Wenn nein, warum nicht?
18. Ist Ihnen bekannt, dass gegen die Betreiberfirma
der Diskothekenkette „Nachtschicht“
ein Finanzstrafverfahren läuft?
Wenn ja, warum wird ein solches Unternehmen von Ihnen
als Bundesminister für
Finanzen beworben?
Wenn nein, wie viele Abos der Salzburger Nachrichten hat
das Bundesministerium für
Finanzen und warum
werden Ihnen solche Dinge verheimlicht?
19. Wurden die von der Diskothekenkette „Nachtschicht“
verrechneten Kosten bereits
überwiesen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welcher Betrag wurde überwiesen?
Welche Kosten sind insgesamt angefallen?
20.
Wie ist der Stand der Ermittlungen in diesem
Finanzstrafverfahren? Was wird konkret
den Verantwortlichen
der Diskothekenkette „Nachtschicht“ vorgeworfen?
21.
Wurden die von der Diskothekenkette „Nachtschicht“
verrechneten Kosten bereits
überwiesen?
Wenn ja, welcher Betrag wurde überwiesen?
Welche Kosten sind
insgesamt angefallen?