4244/J XXII. GP
Eingelangt am
12.05.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten, Mag. Johann Maier, Riepl
und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend „lehrlingsevent 06"; Verantwortlichkeiten und Kosten
Mit einem vertraulichen „Du" wendeten sich
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Vizekanzler
Hubert Gorbach, Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit Martin Bartenstein und
Finanzminister Karl-Heinz Grasser an Österreichs Lehrlinge und luden diese zu
einem
Happening in die „Nachtschicht" samt freien Eintritt und einem
alkoholfreien Getränk ein.
Aus dem Brief ist nicht ganz ersichtlich, da vage
formuliert, ob alle Lehrlinge eingeladen
werden, oder nur solche, die besonders
erfolgreich an Leistungswettbewerben teilgenommen
haben. Jedenfalls aber wandte sich eine Reihe von besorgten Eltern an die
anfragestellenden
Abgeordneten, insbesondere warum der Brief des Bundeskanzlers und
anderer Minister an die
Arbeitsstelle der Lehrlinge gerichtet wurde, dieser also an den
Erziehungsberechtigten
vorbeigeschummelt wurde. Häufig entstand in
diesem Zusammenhang die Frage, woher der
Bundeskanzler überhaupt über diese Adressen verfügt und ob eine
Überlassung dieser
Adressen an bzw. eine Verwendung durch das Bundeskanzleramt, das
Bundesministerium für
Verkehr, Innovation und Technologie, das Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit und
das Bundesministerium für Finanzen datenschutzrechtlich möglich sei oder ob
eine solche
Vorgangsweise nicht dem Datenschutzgesetz widerspricht.
Ebenso gab es Irritationen über das Ende dieser
Veranstaltung mit 23.00 Uhr, was im
Hinblick z.B. auf das Tiroler
Jugendschutzgesetz, welches bis zum 16. Lebensjahr einen
Abendausgang nur bis 22.00 Uhr vorsieht, sogar im Widerspruch mit dem
geltenden
Landesgesetz steht.
Schließlich erscheint auch der Ort
des Tanzvergnügens, die Diskothekenkette „Nachtschicht"
nicht als optimale Wahl, denn laut „Salzburger Nachrichten" vom 10.
Februar 2006 sei gegen
die Betreiberfirma ein Finanzstrafverfahren im Laufen. Steuern in Millionenhöhe
sollen
„gespart" worden sein, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz Rainer
Schopper. Die
unterzeichneten Abgeordneten stellen sich daher die Frage, ob es tatsächlich
sinnvoll ist,
wenn höchstrangige Regierungsmitglieder wie der Bundeskanzler, der Bundesminister
für
Wirtschaft und Arbeit und der Finanzminister ein
Unternehmen bewerben, das solch
fraglicher Geschäftspraktiken verdächtigt wird.
Die unterzeichneten Abgeordneten
richten daher an den Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit nachstehende
Anfrage:
1.
Wer trägt die politische Verantwortung für diese
Schreiben an die österreichischen
Lehrlinge? (Das Kuvert titelt als Absender: „Der Bundeskanzler", das
Schreiben selbst
ist neben dem Bundeskanzler auch vom
Vizekanzler, Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit sowie dem Bundesminister für Finanzen gezeichnet.)
2.
An welche Personen wurde dieses im Betreff dargestellte
Schreiben versandt?
3.
An wie viele Personen wurde dieses Schreiben gerichtet?
4.
Wer hat die Entscheidung getroffen
und warum wurde diese so getroffen, das Schreiben
mit einer Einladung in eine Diskothek an Lehrlinge, die zum Teil deutlich
unter 16
Jahre alt sind, an die Arbeitsstelle des Lehrlinges und nicht an den Wohnort
des
Lehrlinges zu richten?
Sollten die Erziehungsberechtigten keine Kenntnis von diesem Schreiben erhalten?
5.
Warum wurde das Ende der Veranstaltung mit 23.00 Uhr
festgesetzt, obwohl z.B. in
Tirol das Jugendschutzgesetz bis zu 16-Jährigen
einen Ausgang am Abend nur bis 22.00
Uhr genehmigt?
6.
Woher oder von wem haben Sie das Adressenmaterial
erhalten?
7.
Wurden die Adresssätze elektronisch verarbeitet und
übermittelt?
8.
Welche Rechtsgrundlage besteht für
diese Datenübermittlung an den Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit oder das Bundeskanzleramt?
9.
Welche Kosten sind für die
Übermittlung dieser Adresssätze dem Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit entstanden?
10.
Wurden die Kuverts im Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit gedruckt?
Wenn ja, welche Kosten sind für diesen Druck im Haus entstanden?
Wenn nein, wer hat die Druckarbeit übernommen und welche Kosten sind dafür
angefallen?
Wenn nein, wurde diese Leistung ausgeschrieben?
11. Warum ist auf dem Kuvert keine DVR-Nummer aufgedruckt?
Welche Rechtsgrundlage wurde
herangezogen, um auf den Aufdruck der DVR-
Nummer, der die Rückverfolgung der Herkunft der Daten erleichtern soll, zu
verzichten?
12. Wer hat das Schreiben selbst konzipiert?
Sind für das Layout Kosten angefallen?
Wenn ja, welche und wer hat die Leistung erbracht?
13. Warum ist auf dem Schreiben keine DVR-Nummer
aufgedruckt, obwohl auch auf dem
Kuvert keine aufgedruckt ist?
Welche Rechtsgrundlage wurde
herangezogen, um auf den Aufdruck der DVR-
Nummer, der die Rückverfolgung der Herkunft der Daten erleichtern soll, zu
verzichten?
14.
Welche Kosten sind für das
Einkuvertieren entstanden?
Wer hat diese Leistung erbracht?
15.
Welche Kosten sind für das
Versenden dieser Schreiben entstanden?
Wer hat den Versand übernommen?
16.
Welche Kosten sind für Organisation, Durchführung,
Getränke, Live-Auftritte von
Bands, Moderation und Personal für die
Veranstaltungen in den Diskotheken der Kette
„Nachtschicht" am 3. März 2006 veranschlagt?
Wie lautet der Vertrag mit der
Diskothekenkette „Nachtschicht"?
Wer hat diesen Vertrag von Seiten des Bundes unterzeichnet?
17.
Warum waren die Anmeldungen beim
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
vorzunehmen?
18.
Welche Kostenteilung gibt es für
all die entstehenden Kosten zwischen den vier
betroffenen Ressorts?
Gibt es dazu eine Vereinbarung
zwischen den Ressorts?
Wenn ja, wie lautet diese?
Wenn nein, warum nicht?
19. Ist Ihnen bekannt, dass gegen die Betreiberfirma
der Diskothekenkette „Nachtschicht"
ein Finanzstrafverfahren läuft?
Wenn ja, warum wird ein solches
Unternehmen von Ihnen als Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit beworben?
Wenn nein, wie viele Abos der
Salzburger Nachrichten hat das Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit und warum werden Ihnen solche Dinge verheimlicht?
20. Wurden die von der Diskothekenkette
„Nachtschicht" verrechneten Kosten bereits
überwiesen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welcher Betrag wurde überwiesen?
Welche Kosten sind insgesamt angefallen?