4284/J XXII. GP

Eingelangt am 18.05.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Parnigoni, Dr. Elisabeth Hlavac

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend ungeschicktes und unseriöses Agieren in Integrationsfragen

In der Tiroler Tageszeitung vom 13.05.2006 war unter der „reißerischen" Schlagzeile:
„45% der Muslime wollen sich nicht integrieren - Tickende Zeitbombe für
ganze EU"
unter anderem folgendes zu lesen:

„Laut einer Studie des Innenministeriums wollen sich fast die Hälfte der
Muslime in Österreich nicht integrieren, sagt Ministerin Liese Prokop.

Das Innenministerium ließ in einer noch unter Verschluss gehaltenen
Studie der Sicherheitsakademie die Einstellung von in Österreich
eingewanderten Moslems abfragen (Zeitpunkt November bis Februar).
Brisantes Ergebnis: 45 Prozent haben wenig oder kein Interesse, sich in
Österreich zu integrieren."

Auch in der zweiten und dritten Generation von in Österreich lebenden
Muslimen sei diese Einstellung noch stark ausgeprägt, etwa in Vorarlberg,
betont Prokop. "Wir müssen da schon sehr aufpassen, dass nicht
irgendwann auch bei uns Ähnliches passiert wie zuletzt bei den Unruhen in
Frankreich oder Berlin." Das sei eine Zeitbombe. "Europa hat dies bisher
verschlafen." In Österreich sei diese Entwicklung aber noch überschaubar.

Für Prokop steht allerdings außer Zweifel, dass die Integrationswilligkeit
der Ausländer unabdingbar ist. "Wer sich nicht integrieren will, der hat in
Österreich auch nichts zu suchen. Wir zwingen niemanden, hier zu leben."
Daher seien Tests sowie das Erlernen der deutschen Sprache Pflicht.

Der drohenden Fundamentalisierung in Österreich will die
Innenministerin mit verstärktem Dialog begegnen. "Dazu werden wir die
Vertreter aller Religionsgemeinschaften einbinden." Außerdem macht sie
sich dafür stark, die Mittel des Integrationsfonds massiv aufzustocken."

Der Pressesprecher der Ministerin, Johannes Rauch, ergänzte in der APA 151 vom
13.05.2006 unter dem Titel: „Studie über integrationsunwillige Moslems sorgt für
Aufregung" folgendes:

 


„Der Pressesprecher der Ministerin, Johannes Rauch, erklärte, die Studie
werde Ende Mai fertig. Es lasse sich aber sagen, dass 20 Prozent der
Muslime aufgrund ihres religiösen Hintergrunds Schwierigkeiten mit der
Integration hätten, weitere 25 Prozent wegen des kulturellen
Hintergrunds. Befragt worden seien 500 Muslime mit
Migrationshintergrund, also nicht nur Gastarbeiter aus dem Kosovo oder
der Türkei, Asylwerber aus Tschetschenien, sondern auch österreichische
Staatsbürger mit türkischer Herkunft in dritter Generation. Die Zahl der in
Österreich lebenden Muslime liege bei knapp 400.000."

Die unterfertigten Abgeordneten sehen in diesen populistischen Aussagen, die sich
angeblich auf eine in Ausarbeitung und noch nicht veröffentlichte Studie des
Innenministeriums stützen, keinen Beitrag dazu, dass Fragen der Integration in
einem Klima des Miteinanders gelöst und bewältigt werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres
nachstehende

Anfrage:

1.             Wie lautet der Titel der zitierten Studie?

2.             Wer hat von Seiten Ihres Ressorts an der Erarbeitung der Studie mitgearbeitet?

3.             Welche Externen wurden zur Erstellung der Studie beigezogen?

4.             Aus welchen Bereichen der Wissenschaft stammen diese?

5.             Nach welchen wissenschaftlichen Kriterien wurde diese Studie erarbeitet?

6.             Wurde dazu auch statistisches Material herangezogen?

Wenn ja, wer hat die Statistiken erarbeitet, welcher Teilnehmerkreis (welches
Sample) wurde für die Befragungen herangezogen, wie lauteten die
Fragestellungen und welches Ergebnis brachte jeweils welche konkrete Frage?

7.   Wie wurden die angeblich 500 Befragten ausgewählt?


8.             Welche wissenschaftlichen Kriterien wurden für diese Auswahl herangezogen?

9.             Für wen wurde diese Studie in Auftrag gegeben?

10.     Wann wird diese Studie veröffentlicht bzw. wann wird sie dem Nationalrat
vorgelegt werden?

11 .Warum haben Sie ausgewählte Passagen vor der Veröffentlichung der
Gesamtstudie präsentiert?

12.     Konnte es dadurch nicht zu Verzerrungen, verglichen mit dem Gesamtergebnis,
kommen?

13.     Warum haben Sie so eine unseriöse Vorgangsweise gewählt und nicht die
Gesamtveröffentlichung der Studie abgewartet?

14.     Warum haben Sie ergänzend dazu Prozentzahlen zu Ergebnissen bekannt
gegeben, ohne die Fragestellungen, die diesen Antworten zu Grunde liegen,
gleichzeitig zu präsentieren?

15.     Warum haben Sie dadurch die Qualität der Studie gefährdet? Waren dafür
parteipolitische Überlegungen ausschlaggebend?

16.     Wann wurde diese Studie in Auftrag gegeben und wann hätte sie planmäßig
abgeschlossen werden sollen?

17.     Wie viele Arbeitsstunden von Mitarbeitern Ihres Ressorts sind in die Studie
geflossen?

18.     Welche Kosten sind für Externe entstanden und aus welchem Budgetansatz
wurden diese verrechnet?

19.     Wurden diese Leistungen ausgeschrieben?
Wenn ja, wo?

Wenn nein, warum nicht?

20. Was werden Sie tun, um wie angekündigt, die finanziellen Mitteln für den
Integrationsfonds aufzustocken?


21. Ihre unbedachten Äußerungen hatten bereits einen sehr ungustiösen
Medienbericht zur Folge. So „ziert" das Titelblatt der „Neuen Freien Zeitung" vom
18. Mai 2006 ein riesiges Foto, das zwei muslimische Frauen zeigt, deren Augen
wie bei Schwerverbrechern mit dunklen Balken überdeckt sind. Unterlegt ist
dieses Foto mit folgender Schlagzeile: „Integrationsunwillig! Fast jeder zweite
Moslem will sich bei uns nicht anpassen!" (siehe Beilage). Was sagen Sie zu
besagter Darstellungsform? Trifft diese Ihren Geschmack bzw. tut es Ihnen
angesichts dieser Folgen nicht leid, eine derart unsensible Vorgangsweise
gegenüber der Öffentlichkeit gewählt zu haben?

Wenn nein, wie begründen Sie dies?

22. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um diese Irritationen,
die infolge Ihrer verunglückten medialen Darstellung dieser sensiblen Thematik
entstanden sind, aus der Welt zu schaffen?