4287/J XXII. GP

Eingelangt am 19.05.2006
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Anfrage

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend 0:9 – Keine Frauen in  Führungspositionen im Umweltministerium?

 

 

Am 4. April 2006 hat das BMLFUW die Stellen zweier SektionsleiterInnen zur Besetzung ausgeschrieben. Konkret sollen die Stellen „Funktion des Leiters / der Leiterin der Sektion VII (Wasser)“ und „Funktion des Leiters / der Leiterin der Sektion V (Allgemeine Umweltpolitik)“ neu besetzt werden. Die Bewerbungsfrist endet am 4. Mai 2006.

 

Derzeit sind die insgesamt neun Positionen in der höchsten Führungsebene des Ministeriums (8 Sektionschefs und ein Generalsekretär) zu 100% mit Männern besetzt.

 

Sektionschefs im BMLFUW (Stand 2006)

 

Männer

Frauen

8

0

100%

0%

Quelle: BMLFUW

 

Auch die stv. Sektionsleitungen sind mit sieben Männern und nur einer Frau männlich dominiert.

 

Stv. SektionschefInnen im BMLFUW (Stand 2003)

 

Männer

Frauen

7

1

87,5%

12,5%

Quelle: Bundesgleichbehandlungsbericht 2004

 

Auf Ebene der Abteilungsleitungen arbeiten 42 Männer und nur 18 Frauen. Gemäß Bundesgleichbehandlungsbericht 2004 (Daten 2003, aktuellster verfügbarer Bericht) gab es in den höherwertigen Verwendungen im BMLFUW 2003 keine einzige Frau mehr als 2001.

 

AbteilungsleiterInnen im BMLFUW (Stand 2003)

 

Männer

Frauen

42

18

70 %

30 %

Quelle: Bundesgleichbehandlungsbericht 2004

Insgesamt arbeiteten in den österreichischen Ministerien (inklusive Bundeskanzleramt)  mit Stichtag 1. Juli 2005 genau 168.903 Bedienstete, davon waren nur 64.552 oder 38,2 Prozent  weiblich. Bei der "höherwertigen Verwendung" (Sektionsleitungen, Abteilungsleitungen, Referatsleitungen, Direktion/Dienststellenleitung und sämtliche Stellvertretungen dieser Funktionen) von MitarbeiterInnen stand es per 1. Juli 2005 zwischen Frauen und Männern sogar 27,2 zu 72,8 Prozent (Quelle: APA).

 

Im Jahr 1989 waren 78 der damals insgesamt 80 Sektionsleitungs-Posten in den österreichischen Ministerien (inkl. BKA und Rechnungshof) mit Männern besetzt. Das entspricht einem Frauenanteil von 2,5%. Lediglich zwei Frauen arbeiteten als Sektionsleiterinnen. (Quelle: „In eigenem Namen, auf eigene Rechnung“, Hrsg. Marlies Meyer, Wien, 1990)

 

Im Jahr 2006 sind gerade einmal 7 von 69 Sektionsleitungen weiblich besetzt.  Das entspricht einem Frauenanteil von 10 %. Es hat also ganze 17 Jahre gedauert, den Frauenanteil auf Ebene der Sektionsleitungen von 2,5% auf 10% anzuheben. Wird die Gleichstellung von Frauen auf Sektionsleitungsebene in österreichischen Ministerien in diesem „Tempo“ fortgesetzt, wird es weitere 85 Jahre dauern, bis es dann im Jahr 2091 auf Ebene der Sektionsleitungen eine ausgewogene 50:50-Besetzung zwischen Frauen und Männern in österreichischen Ministerien gibt.

 

 

Sektionschefs in Österreichischen Ministerien: Entwicklung 2001 bis 2003 und Stand 2006

 

Ministerium

Männer 2001 (%)

Frauen 2001( %)

Männer 2003 (%)

Frauen 2003( %)

Männer 2006 (%)

Frauen 2006 (%)

BKA

k.A

k.A.

6

0

6 (100)

0 (0)

BMAA

4 (66,7)

2 (33,3)

5 (83,3)

1 (16,7)

6 (85)

1 (15)

BMBWK

9 (100)

0 (0)

6 (75%)

2 (25%)

5 (71)

2 (29)

BMF

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

6 (100)

0 (0)

BMGF

k.A.

k.A.

2 (66,7)

1 (33,3)

3 (75)

1 (25)

BMI

5 (100)

0 (0)

4 (100)

0 (0)

4 (100)

0 (0)

BMJ

6 (100)

0 (0)

6 (100)

0 (0)

6 (100)

0 (0)

BMLFUW

8 (100)

0 (0)

8 (100)

0 (0)

8 (100)

0 (0)

BMLV

k.A.

k.A.

4 (100)

0 (0)

2 (100)

0 (0)

BMSG

k.A.

k.A.

3 (75)

1 (25)

4 (80)

1 (20)

BMVIT

4 (100)

0 (0)

3 (100)

0 (0)

4 (100)

0 (0)

BMWA

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

3 (60)

2 (40)

Rechnungshof

5 (100)

0 (0)

4 (100)

0 (0)

5 (100)

0 (0)

SUMME

41[1]

21

511

51

62 (90)

7 (10)

Quellen: Bundesgleichbehandlungsbericht 2004, Geschäftseinteilungen der Ministerien, Amtskalender.

 

Eine Besetzung der zwei im BMLFUW ausgeschriebenen Sektionsleitungsposten durch Frauen wäre so gesehen eine historische Chance, den Frauenanteil bei den Sektionsleitungsposten in den österreichischen Ministerien mit einem Schlag von derzeit 10% auf 13% anzuheben.

 

Im „Nachhaltigkeitsbericht 2004 des BMLFUW ist im Kapitel „soziale Verantwortung“ auf Seite 58 folgendes Ziel zur Förderung von Frauen festgeschrieben:

 

„Erhöhung des Frauenanteils – speziell in Führungspositionen – durch die verbindliche, konkrete Umsetzung der Vorgaben des Frauenförderplans bei jeder Nachbesetzung“.

 

Laut § 11 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz besteht eine Verpflichtung zur Beseitigung einer bestehenden Unterrepräsentation von Frauen (unter 40% Anteil) in höherwertigen Verwendungen und Funktionen. Dieses Frauenfördergebot ist bei der Besetzung von Sektionsleitungen in Ihrem Ministerium, wo die Unterrepräsentation in ihrer krassesten Form gegeben ist - Frauenanteil 0% - zwingend anzuwenden. § 11c des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes beschreibt die genaue Ausgestaltung der Frauenförderung bei Bewerbungen: Bewerberinnen, die für die angestrebte Verwendung gleich geeignet sind wie der bestgeeignete Mitbewerber, sind vorrangig zu bestellen, es sei denn, ein in der Person eines Mitbewerbers liegender Grund für dessen Bestellung überwiegt.

 

Im BMLFUW gibt es ohne Zweifel  genügend hochqualifizierte Frauen für die beiden zu besetzenden Posten der SektionsleiterInnen. Alles andere als eine Besetzung der beiden Posten mit Frauen wäre eine klare Diskriminierung, ein Verstoß gegen die Vorgaben des EU-Gender-Mainstreamings und gegen die eigenen Ziele des Ministeriums.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Werden Sie die beiden ausgeschriebenen Stellen mit Frauen nachbesetzen? Wenn Nein, Warum nicht?
  2. Wie viele Frauen und wie viele Männer haben sich für die ausgeschrieben Posten zweier SektionsleiterInnen beworben?
  3. In welcher Form wurde oder wird bei der Nachbesetzung der beiden Sektionsleitungen auf das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz Bezug genommen?
  4. Sind/waren die weiblichen Bewerberinnen oder eine von Ihnen (mindestens) gleich geeignet wie der bestgeeignete Mitbewerber? Falls nein: Was sind/waren die konkreten Gründe für die schlechtere Eignung? Falls ja: Werden/wurden die Stellen mit den Frauen besetzt oder mit Männern? Falls mit Männern: Was sind/waren die konkreten Gründe in der Person der erfolgreichen Stellenbewerber, die eine Besetzung der Sektionsleitung durch diese rechtfertigten?
  5. Was tun Sie, um in Ihrem Ministerium Frauen, die bereits in höheren Verwendungen, etwa Abteilungsleitungen tätig sind, dahingehend zu fördern, dass Sie sich zu Sektionsleiterinnen qualifizieren? Wie werden diese Frauen in Ihrem Ministerium konkret gefördert?
  6. Was haben Sie in ihrer Amtszeit darüber hinaus für die Förderung von Frauen und konkret zur Erhöhung des Frauenanteils speziell in Führungspositionen unternommen?
  7. In wie vielen Führungspositionen („höherwertige Verwendung“) haben Sie seit Ihrem Amtsantritt Frauen nachbesetzt? (Bitte um genaue Auflistung in absoluten Zahlen)
  8. Ist es Ihnen nicht peinlich, dass bis zum heutigen Tag das Geschlechterverhältnis auf der Top-Ebene Ihres Ministeriums  0:9 steht?
  9. Kennen Sie ein historisches Beispiel, bei dem ein 0:9 –Debakel zum Rücktritt des Verantwortlichen geführt hat? Haben Sie sich schon überlegt, sich daran ein Beispiel zu nehmen?
  10. Wie bewerten Sie insgesamt das krasse Missverhältnis zwischen Frauen und Männern auf Ebene der SektionsleiterInnen in den österreichischen Ministerien?


[1] Aufgrund fehlender Daten unvollständig.