4345/J XXII. GP
Eingelangt am 08.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend „Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 - Maßnahmen seit 2005 -
Entwicklung der Produkt- und Markenpiraterie"
„Produkt- und Markenpiraterie" stellt eine nicht zu
unterschätzende Gefahr für die
europäischen Volkswirtschaften dar. Der beispielsweise durch Markenfälschungen
(Plagiate)
verursachte wirtschaftliche Schaden geht jährlich in die Milliarden. Wer
Produkte unerlaubt
herstellt
und nachbaut, zahlt keine Steuern, schafft keine Innovationen und reinvestiert
nicht in
Forschung
und Entwicklung. Markenpiraterie darf daher absolut nicht verharmlost werden.
Zur Bekämpfung der
Produktpiraterie wurde nun auch Ende April 2006 eine Richtlinie und
ein Rahmenbeschluss vorgeschlagen. Diese Richtlinie sieht bei gewerbsmäßigen
Verletzungen von geistigen Eigentumsrechten gerichtliche Strafbestimmungen vor
(von
mindestens 100.000 bis 300.000 Euro bzw. in schweren Fällen bis zu 4 Jahren
Gefängnisstrafen). Mitgliedsstaaten sollen dafür sorgen, „dass jede
vorsätzliche, in
gewerblichen Umfang begangene Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums,
der
Versuch einer solchen Rechtsverletzung sowie die Beihilfe und die Anstiftung
dazu als
Straftat
gilt".
In Österreich wurden nach Presseberichten beispielsweise
2004 rund vier Mio. Stück
gefälschter Ware beschlagnahmt, um 723 (!) Prozent mehr als 2003. Europaweit
waren es in
diesem Jahr 103 Mio. Stück. Deutsche Unternehmen erlitten durch Produkt- und
Markenfälschungen pro Jahr inzwischen Umsatzverluste in Höhe von 25 bis 30
Milliarden
Euro,
teilte der Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie
(APM)
Mitte Mai 2006 mit. Durch Produkt- und Markenpiraterie entsteht Europas
Wirtschaft laut EU-
Kommission
ein Schaden von bis zu 400 Mrd. Euro pro Jahr. Damit wird nicht nur der
Wettbewerb verzerrt, nach Presseberichten gehen damit jährlich auch bis 200.000
Arbeitsplätze an „Fälscherwerkstätten" verloren. 5 bis 9 % des Welthandels
geht mittlerweile
auf
das Konto dieser kriminellen Produkt- und Markenpiraten samt deren
Fälscherwerkstätten.
Bei diesen
gefälschten und nachgebauten Produkten (Plagiate) handelt es sich überdies oft
um
unsichere und minderwertige Waren, die nicht europäischen Standards und
Sicherheitsnormen
entsprechen
und damit auch eine Gefahr für Leib und Leben von Menschen darstellen. Gerade
Internet-Auktionsforen
sind nicht nur zum Marktplatz für gefälschte und nachgebaute Produkte,
- sondern
zunehmend auch für gesundheitsschädliche, unsichere und minderwertige Produkte
- geworden. Europäische
Verbraucherorganisationen haben daher aufgerufen
Produktfälschungen im Internet zu boykottieren. Unternehmen wiederum setzen
zunehmend
Fahnder auf Fälscher und Plagiate-Händler
im Internet an. In der Textilbranche sind bis zu 70
Prozent der Waren, die im Internet angeboten werden, gefälscht. Bei
Parfüms dürfte der
Anteil zwischen 30 und 40 Prozent liegen.
Die EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 selbst gilt in
Österreich unmittelbar seit
l. Juli 2004. Das österreichische
Produktpirateriegesetz 2004 wurde mit den
entsprechenden Durchführungsregem am 6.05.2004 im Nationalrat
beschlossen (BGBL I
Nr. 56/2004). Diese EU-Verordnung ist allerdings in den
EU-Mitgliedsstaaten -
insbesondere hinsichtlich der staatlichen Sanktionen - unterschiedlich
umgesetzt
worden.
Während
sich in den letzten Jahren Produktpiraterie vornehmlich auf Statussymbole und
Luxusgüter (Uhren, Schmuck, Parfüms, Designerkleidung etc.) beschränkte, werden
nun
zunehmend alle Güter des täglichen Bedarfs (No Name-Produkte) wie Lebensmittel,
Mobiltelefone, DVD's, Computersoftware,
Haushaltswaren, Geschenkartikel, Elektrogeräte,
Akkus, Kinderspielzeug, Autoteile und sogar (lebenswichtige) Arzneimittel
gefälscht und als
Originale verkauft. Attraktive Ideen
werden gestohlen (z.B. auf Messen) und gefälscht. Es gibt
heute kaum noch Waren, die nicht nachgeahmt und mit einem falschen Logo
versehen werden.
Ein lukrativer illegaler
Geschäftszweig mit fatalen Auswirkungen auf die Wirtschaft,
Beschäftigung und Konsumenten!
Gefälschte
Waren werden dabei in den Herkunftsstaaten nicht nur unkontrolliert
hergestellt, sondern entsprechen meist auch nicht den europäischen Standards
und
Sicherheitsnormen. Diese minderwertigen und
unsicheren Waren sind nicht zu teuer,
sondern gefährden auch die
Gesundheit der Konsumentinnen:
Ausdrücklich warnte beispielsweise bereits 2004 die
EU-Kommission vor gefälschten Handys,
deren Akkus
explodierten. Besonders problematisch - und eine enorme Gefahr für die
Verkehrssicherheit - ist die Fälschung von Flugzeug oder Autoersatzteilen (z.B.
minderwertige
Bremsbacken). Bei technischen Untersuchungen wurden in Deutschland
größte Sicherheitsdefizite nachgewiesen.
Berichtet wurde auch von zahlreichen Todesfällen in
Russland nach dem Konsum von gefälschtem Wodka, von Spielzeug mit giftigen
Farbstoffen
oder Software mit zahlreichen Sicherheitslücken.
Neu
ist, dass nunmehr zunehmend auch gefälschte Arzneimittel (in gefälschter
Originalverpackung), deren Zusammensetzung
höchst fragwürdig ist, in Europa - z.B. über das
Internet - verkauft werden. So hat
Presseberichten zufolge der Zoll Baden-Württemberg unter
anderem eine Warensendung mit 2200 gefälschten und teilweise defekten Auto-Ersatzteilen
aus der Türkei sowie 200 falsche
Viagra-Tabletten aus Indien entdeckt. Auch die WHO hat im
Jahr 2005 darüber mehrfach gewarnt (z.B. Tamiflu, Viagra), zuletzt auch die
EU-Kommission
(Zolloperation Fake).
Für die Zollbehörden ergibt sich dabei generell das
Problem, dass viele dieser Produkte
über Internet bestellt und per Post versendet werden. Damit lässt sich
auch der
gewerbsmäßig agierende Absender kaum identifizieren.
„Produktpiraterie" hat in Österreich wie insgesamt in
Europa absolut negative Auswirkungen
auf
viele unterschiedliche Wirtschaftsbereiche (z.B. Arbeitsmarkt; Freier und
fairer
Wettbewerb;
Wirtschaftlicher Erfolg von Unternehmen). In einigen Drittländern -
insbesondere in China, Türkei - haben sich in den letzten Jahren ganze
Fälscherindustrien
(mit entsprechenden Vertriebsnetzen)
etabliert (z.B. für Haushaltswaren, Elektrogeräte,
Textilindustrie, Geschenkartikel, Autoersatzteile): Über eigene
Vertriebsstrukturen werden
diese gefälschten Produkte von professionell agierenden Fälscherbanden außer
Landes
gebracht, die dann in den EU-Mitgliedsstaaten auch in großen Supermarktketten
und
Diskonter auftauchen, oft unter einem „Eigenlabel". Besondere Probleme
werden bei
Sportutensilien (z.B. Bekleidung) bzw. bei internationalen Sportevents (z.B.
bei
Merchandisingartikel zur Fußball-WM 2006) gesehen.
„Die
deutsche Wirtschaft befürchtet, dass die Produktpiraterie im Zusammenhang mit
der
Fußball- Weltmeisterschaft noch einmal
zunehmen wird. Zollfahnder beschlagnahmten Ende
2005 in den Niederlanden 14.500 Plagiate von Sportschuhen und Bekleidung
namhafter
Sportartikelhersteller. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)
rechnete vor,
dass rund fünf bis neun Prozent des Welthandels mittlerweile auf das Konto der
Markenpiraten gehe. Dies führe zu Umsatzausfällen in Höhe von 200 bis 300 Mrd.
Euro."
(Financial Times
Deutschland 12.12.2005)
Ein besonderer Schwachpunkt sind die mangelhaften Importkontrollen in
den Einfuhrhäfen
und
Flughäfen. Wegen der unterschiedlichen Kontrollstandards an den EU-Außengrenzen
und
des
scharfen Wettbewerbs der Hafenstädte betreiben Importeure eine Art
„Hafen-Hopping".
Auch
EU-Behörden (z.B. Europäischer RH) stellten immer wieder fest, dass die
Wirksamkeit
der
Einfuhrkontrollen von Hafen zu Hafen und von Flughafen zu Flughafen äußerst
unterschiedlich
ist. Dies ist eine offene Einladung zum Hafen-Hopping: Importeure können
mit problematischen d.h. gefälschten Produkten dorthin gehen, wo die
Zoll-Kontrollen
besonders lasch sind!
Mit
dem Produktpirateriegesetz 2004 (01.07.2004) wurden in Österreich
einerseits die sich
aus der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004
(EG Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli
2003) ergebenden ergänzenden Durchführungsbestimmungen (das ist das „vereinfachte
Verfahren") erlassen und andererseits die Befugnisse der Zollorgane
beim Vollzug der
Bekämpfung der Produktpiraterie näher
definiert. Befürchtet wurde allerdings eine
Instrumentalisierung der Zollbehörden durch Rechteinhaber.
•
Durch dieses Bundesgesetz wurde u.a. ein Instrumentarium
geschaffen, das es den
Zollbehörden erlaubt, schutzrechtsverletzende Waren möglichst frühzeitig aus
dem
Verkehr zu ziehen.
Die Rechteinhaber haben wiederum die Möglichkeit die
entsprechenden zivilrechtlichen und /oder strafrechtlichen Maßnahmen zu setzen.
Darüberhinaus wurde der Schutz am geistigen
Eigentum durch die Erweiterung des
Anwendungsbereiches verstärkt.
•
Nach diesen neuen Regelungen können nicht nur Fälscher,
Importeure, Händler bestraft
werden, sondern unter
bestimmten Voraussetzungen auch einzelne Käufer von
Plagiaten, wenn konkrete Hinweise vorliegen, dass diese Plagiate Gegenstand
eines
gewerblichen d.h. gewerbsmäßigen Handels sind. Diese können jedenfalls zum
Handkuss kommen, wenn der Wert der Ware 175
€ überschreitet. Auch Strafen können
nach dieser Regelung bei vorsätzlicher Begehung (bis zu 15.000 €) und bei
fahrlässiger
Begehung (bis zu 4.000 €) verhängt werden. Eine Erkennung auf Verfall
dieser Waren
ist nun - im Gegensatz zur alten Regelung - nur mehr bei „Vorsatz"
möglich.
•
Artikel 23 der EG-Produktpiraterie-Verordnung
verpflichtet die Kommission dem Rat
anhand
der in Artikel 22 genannten Angaben jährlich Bericht über die Anwendung
dieser
Verordnung zu
erstatten, wobei die Mitgliedstaaten der Kommission alle
zweckdienlichen
Angaben zur Anwendung dieser Verordnung übermitteln. Eine
Vorlage eines Berichts an den
Österreichischen Nationalrat ist im geltenden
österreichischen Produktpirateriegesetz
bedauerlicherweise noch nicht vorgesehen.
• Einen begrenzten Vorteil gibt es für
„Reisende", die in Drittstaaten nachgeahmte
oder unerlaubt hergestellte Waren eingekauft haben und diese nach
Österreich
einführen.
Punkt
11 der Erwägungsgründe der Produktpiraterie-Richtlinie spricht davon, dass es
angebracht ist, Reisende die im persönlichen Gepäck Waren die nachgeahmt oder
unerlaubt hergestellt sind oder bestimmte Rechte geistigen Eigentums verletzen
könnten, mit sich führen vom Geltungsbereich dieser Verordnung auszunehmen.
Diese Ausnahme ist in der Verordnung (EG)
Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003
normiert (Artikel 1 Abs. 2). Voraussetzung in Österreich ist
allerdings, dass diese
Ware den Wert von 175 Euro nicht
überschreitet!
•
Rechteinhaber
können somit
unter bestimmten Voraussetzungen auch Ansprüche
gegenüber Konsumentinnen richten, die nachgemachte oder unerlaubt hergestellte
Produkte gutgläubig im Inland oder Ausland erworben (und dann nach Österreich
eingeführt) haben. Ab einem Warenwert von
175 Euro kann bei der Einreise jede Person
(Reisende) kontrolliert und auch angehalten werden, vorausgesetzt, der
Markeninhaber
(etwa einer Luxusuhr) hat einen entsprechenden Antrag beim Zollamt Villach (in
Sachen Produktpiraterie für ganz Österreich zuständig) eingebracht; ohne
entsprechenden Antrag ermitteln die Zollbehörden österreichweit nur bei
Vorliegen
konkreter Verdachtsgründe, dass gewerbsmäßig die Rechte des geistigen Eigentums
verletzt werden.
•
Eine
unerlaubte Einfuhr von Waren interessiert auch die Finanzbehörden:
Verwaltungsstrafen bis zu 4.000 Euro (bei
Vorsatz 15.000 Euro) drohen, egal, ob die
Waren für geschäftliche Zwecke oder zum Eigenbedarf eingeführt wurden.
In Italien soll ein eigenes Gesetz Markenware (Gesetz zum Schutz des „Made in Italy")
schützen. Mit diesem Gesetz wurde gefälschter Markenware
der Kampf angesagt. Bestraft
werden
können Händler wie Käufer. Das Gesetz sieht auch vor, dass sich der
„Täter" innerhalb
von 60 Tagen an die Behörden wenden kann, sollte er beim Kauf nicht gewusst
haben, dass die
Ware gefälscht war. Diese Information hat die italienische Strafverfügung (Strafzettel) zu
beinhalten. Den meisten - insbesondere ausländischen - Käuferinnen ist dies natürlich nicht
bekannt. So kam es auch im Sommer 2005 nach Medienberichten zu mehreren Bestrafungen
von Käuferinnen im Ausland - insbesondere in Italien:
„In Italien wurde eine dänische Touristin beim Kauf einer Sonnenbrille von der Polizei
erwischt, jetzt drohen ihr 10.000 Euro Strafe." (Standard 25.06.2005)
„Zwei polnische Touristen sind in Rom zu einer Geldstrafe von insgesamt 6.666 Euro
verdonnert worden, weil sie gefälschte Uhren gekauft haben. Die Polizei habe das Paar in der
Nähe des Vatikans dabei erwischt, wie es bei einem fliegenden Händler die nachgemachten
Uhren einer Luxusmarke erstand, berichtete La Repubblica. Die Touristen hatten für die
Uhren 40 Euro bezahlt"(Standard 08.09.2005).
Zwischenzeitig gehen auch in Österreich Markenfirmen
bzw. Rechteinhaber selbst über
Mitarbeiterinnen
bzw. durch Berufsdetektive aktiv gegen Produktpiraterie vor:
„Den Kirtag in Mattsee nutzten die Firmen Puma und Red
Bull um gegen Marktfahrer
vorzugehen,
die gefälschte Markenwaren verkaufen." (SN 25.10.2005)
Auch die EU-Kommission startete 2005 Aktionen gegen die
Produktpiraterie, es kam
zur ersten
koordinierten Zolloperation aller 25 Mitgliedsstaaten gegen die Einfuhr
gefälschter Waren in den europäischen Binnenmarkt.
„Die EU-Kommission hat Anfang November über die
Ergebnisse einer ersten von Brüssel aus
koordinierten Zolloperation aller 25 Mitgliedsstaaten gegen die Einfuhr
gefälschter Waren in
den
Europäischen Binnenmarkt orientiert. Im Visier der gemeinsamen Aktion standen
Sendungen aus China, woher nach Angaben der Kommission 70 Prozent der in der EU
angebotenen gefälschten Konsumgüter stammen........
Dank der Operation „Fake" gingen den
Zollbehörden in der EU intern zehn Tagen 140
Luftfracht-Sendungen und 60
Schiffscontainer mit gefälschter Ware ins Netz. Beschlagnahmt
wurden nicht nur Textilerzeugnisse, Brillen, elektronische Geräte und
Zigaretten, sondern
auch Medikamente. "
(NZZ 11.11.2005)
China
bzw. Hongkong gelten als Eldorado für Produktpiraterie und Plagiate, China ist
nach Einschätzung von Experten das
Epizentrum globaler Produktpiraterie. Geschützte
Produktinnovationen werden schamlos gefälscht und auf die Märkte gebracht
(Shui-huo
d.h. verwässerte Ware): Diese Plagiate überschwemmen den europäischen
Markt.
„Jedes Jahr, so die Schätzungen, werden gefälschte Produkte im Wert von 19 bis 24 Mrd.
Dollar
produziert. Auch die Exporte boomen: 63 Prozent der kopierten Designer-Ware,
die
2005 in den USA beschlagnahmt wurde, stammte aus China. 95 Prozent der in China
verwendeten Software soll illegal kopiert sein. Patentrechte gelten fast nur
auf dem Papier"
(Presse 15.04.2006). In Deutschland wies die Zollbeschlagnahmestatistik
für 2005 rund 60 %
Fälschungen aus Fernost aus, 46 % für China und Hongkong!
Auch österreichische Unternehmen zahlen nach
Presseberichten zu den Opfern in China (z.B.
Doppelmayr-Lifte, KTM
etc.): Geschätzte 15 Mio. Euro Schaden fügen chinesische
Produktpiraten österreichischen Firmen jährlich zu. Diese Situation führte in
der EU bereits
zu entsprechenden Reaktionen.
"Auch der politische Druck auf China steigt. Die
EU-Kommission beklagt in ihrem Weißbuch
2005 den
Aufschwung von Fälschungen aller Art und eine Zunahme von unfairem und
unethischem Marktverhalten inländischer
chinesischer Konkurrenten " (SN 05.11.2005).
Vor kurzem hat daher auch die deutsche Bundeskanzlerin
Angela Merkel hat zum weltweiten
Kampf gegen
Markenpiraterie aufgerufen. Sie wird den Schutz geistigen Eigentums in den
Mittelpunkt der deutschen G8-Präsidentschaft im Jahr 2007 stellen, bemerkte sie
in einer
Rede auf dem World Economic Forum 2006 im schweizerischen Davos. Auch bei ihren
Chinabesuch hat sich die deutsche Bundeskanzlerin für noch härteres Vorgehen
gegen
Produktpiraterie ausgesprochen. China hat darauf ebenfalls angekündigt, die
Anstrengungen
zum Schutz geistigen Eigentums zu verstärken. So haben auch die Spitzenverbände
der
deutschen und chinesischen Textilwirtschaft Ende Mai 2006 eine Vereinbarung zum
Schutz
geistigen Eigentums unterzeichnet.
Im letzten Jahr hat sich allerdings ein neuer Trend
abgezeichnet. Immer mehr internationale -
aber auch europäische
- Unternehmen geben in Asien gefälschte Produkte (Plagiate) in
Auftrag. So tauchten in deutschen Handelsketten (d.s. Supermärkte) im letzten
Jahr immer
mehr Plagiate auf. Die meisten davon wurden in China hergestellt, die
Auftraggeber saßen
jedoch in Europa (z.B. Tchibo)!
Um
diese Produkt- und Markenpiraterie effektiv bekämpfen zu können, wurde ein
obligater
Herkunftslandhinweis am Produkt gefordert, denn Konsumenten orientieren sich
sehr oft an
derartigen Ursprungskennzeichnungen (z.B. Made in China, Made in Taiwan). Die
Gegner
einer solchen Kennzeichnung sitzen
allerdings auch in Europa. Es sind die Unternehmen, die
jetzt bereits in Asien produzieren lassen. Es ist eine vor allem
innergemeinschaftliche
Auseinandersetzung zwischen Handel und Industrie!
Europäische Konsumentenorganisationen haben dem
Vorschlag der Kommission für
eine
Verordnung des Rates über die Angabe des Ursprunglandes bei ausgewählten
Einfuhrwaren aus Drittländern ausdrücklich begrüßt.
Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die
Bundesministerin für Justiz
nachstehende
Anfrage:
1.
Ist
es auch nach dem Produktpirateriegesetz 2004 rechtlich möglich, dass bei einer
Bestellung einer nachgeahmten oder unerlaubt hergestellten Rolex durch einen
Konsumenten über das Internet (z.B. Kauf
über eBay) die Postsendung durch den Zoll auf
Verdacht oder im Auftrag des Rechteinhabers beschlagnahmt und vernichtet
werden
kann?
2.
Ist
es richtig, dass der gutgläubige Internetkäufer neben der Bezahlung, für die
Vernichtung der Ware wie auch für die Kosten des Rechtsanwalts des
Rechteinhabers
aufkommen oder sich auf ein
kostenaufwendiges gerichtliches Verfahren einlassen muss?
3.
Ist es für Sie denkbar, dass dieses Problem bei nicht
gewerbsmäßigen Internetbestellungen
in Zeiten von
e-commerce in einer Abänderung zur EU-Produktpiraterieverordnung als
Ausnahmebestimmung geregelt wird?
4.
Bei
einer Kfz-Reparatur (PKW oder LKW) werden mitunter unwissentlich nachgeahmte
oder unerlaubt hergestellte Kfz-Teile durch einen Kfz-Betrieb verwendet und
eingebaut
(z.B. Kotflügel, Bremsbeläge, Auspuff, etc.). Wenn der Rechtinhaber (z.B.
Mercedes,
Porsche) davon erfährt, kann dieser nach dem Produktpirateriegesetz 2004 und
u.a. in
Verbindung mit dem Markenschutzgesetz etc.
rechtlich dagegen vorgehen. Damit ergeben
sich für die Wirtschaft wie auch für Konsumentinnen eine Reihe von
offenen Fragen.
4.1. Mit welchen
rechtlichen Konsequenzen hat der Inhaber des Kfz-Betriebes zu rechnen, der
im guten Glauben
diese nachgeahmten oder unerlaubt hergestellte Ersatzteile erworben
und eingebaut hat?
4.2.
Mit welchen rechtlichen Konsequenzen hat der
Fahrzeughalter eines PKW oder eines
LKW zu rechnen, an bzw. in dem nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte
Ersatzteile
angebracht bzw. eingebaut wurden?
4.3.
Ist es richtig, dass die nachgeahmten oder unerlaubt
hergestellten Ersatzteile ausgebaut
bzw. entfernt werden
müssen und auf Antrag des Rechteinhabers vernichtet werden
können?
4.4.
Wer hat die Kosten für die Entfernung dieser Teile und
die Kosten für die Vernichtung
dieser zu tragen?
4.5.
Ist es richtig, dass im geschilderten Fall auf Antrag
des Rechteinhabers der PKW bzw. der
LKW sogar beschlagnahmt werden könnte?
5.
Welche Probleme hinsichtlich Produktpiraterie werden
seitens des Ressorts bei den
zukünftigen
EU-Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien gesehen?
6.
Welche
Arten von Verletzungen der geistigen Eigentumsrechte
(Schutzrechtsverletzungen) im Sinne der
Erklärung der Kommission zum Art. 2 der
Rechtsdurchsetzungsrichtlinie wurden 2004 und 2005 festgestellt?
7.
In welchen und wie vielen Fällen wurden 2004 und 2005
bestimmte Rechte des geistigen
Eigentums verletzt,
gegen welche gesetzlichen Bestimmungen wurde dabei jeweils
verstoßen (Auflistung der verletzten Rechte nach Rechtsmaterien und Jahren)?
8.
Wie viele und welche Waren, die 2004 und 2005 in
Verdacht standen, bestimmte Rechte
des geistigen
Eigentums (z.B. nachgeahmte oder unerlaubt hergestellte Waren) zu
verletzen, wurden in diesen beiden Jahren in Österreich beschlagnahmt? Um
welche
Mengen handelte es sich dabei? Welchen Wert hatten die beschlagnahmten Waren
(Aufschlüsselung jeweils auf Jahre, Waren und Mengen)? Wie sieht die Situation
vorläufig für 2006 aus?
9.
In welchen und wie vielen Fällen kam es 2004 und 2005 zu
zivilrechtlichen Verfahren
nach dem
Markenschutzgesetz (Aufschlüsselung der Fälle nach Jahren)?
10.
In welchen und wie vielen Fällen kam es 2004 und 2005 zu
gerichtlichen Strafanzeigen
und Strafverfahren,
weil bestimmte Rechte des geistigen Eigentums verletzt wurden?
Gegen welche Rechte und gegen gesetzliche Bestimmungen
wurde dabei jeweils
verstoßen
(Aufschlüsselung der Fälle bzw. Rechtsverletzungen nach Jahren)?
11.
Wie
hoch wird seitens Ihres Ressorts der durch derartige Produkt- und
Markenfälschungen jährlich in Österreich
angerichtete volkswirtschaftliche Schaden
geschätzt? Wie hoch wird der Schaden für die EU geschätzt?
12.
In welchen Mitgliedsstaaten der EU ist der (nicht
gewerbliche) Kauf und/oder Besitz von
nachgeahmten oder unerlaubt hergestellten Waren zum eigenen Gebrauch für
Konsumentinnen strafbar (ersuche um Aufzählung der Länder)?
13.
Unter
welchen Voraussetzungen können in diesen Mitgliedsländern bei Kauf und/oder
Besitz von nachgeahmten oder unerlaubt hergestellten Waren zum eigenen Gebrauch
Strafen gegenüber Konsumentinnen
ausgesprochen werden? Welche Strafen können dabei
verhängt werden (ersuche um landesbezogene Darstellung der Voraussetzungen
sowie des
jeweiligen Strafausmaßes)?
14.
Welche Maßnahmen und Aktionen gegen
„Produktpiraterie" wurden durch EURO-Justiz
im Jahr 2005
ergriffen? Welche sollen 2006 ergriffen werden?
15. Welche Ergebnisse wurden 2005
erzielt?
16.
Welche konkreten Ergebnisse erbrachten die bisherigen
Aktionen der EU-Kommission
(Zolloperation Fake)? Wie viele und welche Sendungen (Luftfracht oder
Schiffsfracht)
wurden kontrolliert?
Wo wurden diese Kontrollen durchgeführt? Welche gefälschten
Waren wurden gefunden? Welchen Wert hatten diese Waren?
17.
Aus welchen Ländern stammten diese gefälschten Waren?
Welche rechtlichen bzw.
behördlichen
Konsequenzen wurden gegen die „Fälscher" ergriffen?
18.
Zu welchen Konsequenzen und Maßnahmen der EU führten diese
Ergebnisse gegenüber
den einzelnen
Herkunftsländern?
19.
Wie sieht der europaweite „Aktionsplan zur Bekämpfung
von Nachahmungen, Produkt-
und Markenpiraterie für den Zoll" aus? In wie weit und in welcher Form ist
Österreich in
diesen Aktionsplan
eingebunden?
20.
Sind Ihnen auch in Österreich Fälle bekannt geworden, wo
große Handelsketten
„Plagiate"
angeboten und verkauft haben?
Wenn ja, um welche Unternehmen und um welche Produkte hat es sich dabei gehandelt?
21.
Welche Maßnahmen planen Sie gegen gefälschte und
nachgebaute Produkte (Plagiate) die
gewerbsmäßig im Internet angeboten werden?
22.
Sind
Sie auch der Auffassung, dass Rechteinhaber (z.B. Markenhersteller) gegen
gewerbsmäßig tätige Fälscher
(Produktpiraten) und Händler von nachgeahmten und
unerlaubt hergestellten Waren ihre Rechte konsequent durchsetzen sollen,
aber
Konsumentinnen nicht kriminalisiert werden dürfen?
23.
Welche
Maßnahmen werden Sie setzen, um österreichische Konsumentinnen über
Gefahren und Risken beim Kauf von
nachgeahmten oder unerlaubt hergestellten Waren
(Produktpiraterie) aufzuklären?
24.
Wie stehen Sie zur angekündigten Rahmenbeschluss über
die Verstärkung strafrechtlicher
Vorschriften zur
Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten?
Soll dieser Rahmenbeschluss für alle Formen von
Schutzrechtsverletzungen (auch bei
möglichen
Verletzungen von Patentansprüchen) gelten?
Welche Stellungnahme hat Österreich abgegeben?
25. Wie ist der Stand der Diskussion
innerhalb der EU?
26.
Wie stehen Sie zum Vorschlag einer Richtlinie des
Europäischen Parlaments und des
Rates über
strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen
Eigentums? Welche Stellungnahme hat Österreich abgegeben?
27. Wie ist der Stand der Diskussion
innerhalb der EU?