4388/J XXII. GP
Eingelangt am 19.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Werner Amon, MBA
Kolleginnen und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Haftung des ÖGB gegenüber der Republik Österreich
Laut Presseberichten vom 12. Juni
2006 übersteigt nach derzeitigem Stand der
Gesamtschaden aus dem Bawag-Kriminalfall
bereits unvorstellbare 3 Milliarden €, wobei
weitere Verluste nicht ausgeschlossen werden können, wie man anhand der
täglich neuen
Enthüllungen sehen kann.
Der Schuldenberg des finanziell
schwer angeschlagenen ÖGB von mittlerweile rund
2 Milliarden € hat somit dramatische Ausmaße angenommen und
lässt befürchten, dass der
ÖGB selbst nach dem Verkauf der Bawag noch immer Schulden in
beträchtlicher Höhe zu
verkraften haben wird. Von einem
erforderlichen Erlös aus dem Verkauf der Bawag in Höhe
von 2,3 bis 2,4 Milliarden € ist die Rede, damit der ÖGB
einigermaßen schuldenfrei aus dem
Debakel herauskommen kann.
Nach Medienberichten wurden 1,53
Milliarden € von diesem 2-Milliarden €-schweren-
Schuldenpaket des ÖGB von den früheren ÖGB-Spitzen Verzetnitsch
und Weninger mit
Unterstützung von Eisner zur Anteilsverwaltung Bawag (AVB), einer Tochter
des ÖGB,
transferiert und somit Schulden, die der Bawag zuzurechnen sind, dem ÖGB
übertragen.
Weitere 230 (von 670) Millionen €
sind dem Gewerkschaftsbund auf drei liechtensteinischen
Stiftungen verblieben, in die ÖGB-Weninger karibische
Bawag-Verluste umgebucht hat.
Letztendlich sind noch 380 Millionen €
für einen Kredit bei der Bayerischen Landesbank
offen, mit dem der ÖGB den Bawag-Anteil eben dieser Landesbank
zurückgekauft hat.
Alles in allem gewaltige
Verbindlichkeiten, die von der Bawag zum ÖGB verlagert wurden
und zu dieser äußerst
prekären Finanzsituation beim Gewerkschaftsbund geführt haben, deren
Konsequenzen für die Zukunft des
Gewerkschaftsbundes im Moment noch nicht absehbar
sind.
Zu hinterfragen ist in diesem
Zusammenhang allerdings auch, seit wann die nunmehrige
ÖGB-Spitze von dieser Konstruktion, vom „Schuldenparken" im
ÖGB, wusste. Denn einmal
mehr bestätigt sich der Verdacht, dass
Informationen, die zur Aufklärung des in Österreich
bislang größten Finanzskandals beitragen könnten, vom
ÖGB nur sehr zögerlich bis spärlich
bzw. nur dann zugegeben werden, wenn sich Fakten infolge medialer
Veröffentlichung nicht
mehr abstreiten lassen. Nach wie vor lässt die Informationspolitik der
ÖGB-Spitze, die bei
ihrem Antritt für die Zukunft
Transparenz und volle Aufklärung gelobt hat, sehr zu wünschen
übrig.
Bemerkenswert ist
dabei die erst jetzt bekannt gewordene Tatsache, dass ÖGB-Präsident
Hundstorfer in Vertretung für
Verzetnitsch die Übernahme der 1,53 Milliarden €-Bawag-
Schulden durch den ÖGB im Herbst 2005 unterschrieben und somit genehmigt
hat. Seine
Rechtfertigung, „Ich habe nur unterschrieben, dass ich dort war",
mutet kurios an und
verheißt nichts Gutes im Hinblick auf den Umgang der neuen
ÖGB-Spitze mit
Verantwortung.
Sämtliche
Transaktionen bedürfen jedenfalls einer lückenlosen Aufklärung,
im Zuge dessen
die handelnden
Personen zur Verantwortung gezogen werden müssen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen folgende
Anfrage
1)
Wie lauten die Eckpunkte des zwischen dem Gewerkschaftsbund und der
Republik
Österreich,
vertreten durch das BMF, vereinbarten Vertrages im Zusammenhang mit der
Haftung
der Republik zur Rettung der BAWAG P.S.K. in Höhe von 900 Millionen
€?
2) Ist es
richtig, dass der ÖGB - wie in einem „Kurier"- Artikel vom
12. Juni 2006
beschrieben - im Falle,
dass die Haftung des Bundes schlagend wird, 14 Jahre gegenüber der
Republik haftet?
3) Welche Vorkehrungen können
getroffen werden, damit die Republik Österreich und somit
der Steuerzahler nur im äußersten Notfall zur Haftung herangezogen
wird?
4) Sollte der
Steuerzahler tatsächlich zur Haftung herangezogen werden, besteht die
Möglichkeit
eines Regresses des Bundes gegen den ÖGB und wenn ja, wie ist diese
Regressmöglichkeit ausgestaltet?
5)
Nach dem Auftritt von ÖGB-Präsident Hundstorfer in der ZIB 2 vom
12. Juni 2006 stellt
sich
die Frage, wann die Schuldenübernahme in dieser gewaltigen Dimension durch
den ÖGB
eigentlich
erfolgte und wer davon zu welchem Zeitpunkt Kenntnis hatte: Können Sie
bestätigen, dass diese Schuldenübernahme durch den ÖGB im Herbst
2005 erfolgte? Wer
waren die handelnden und wissenden Personen bei dieser Schuldenübernahme?
Woraus
resultieren diese
Schulden?
6) Kann es sein, dass die Verluste
aus der Karibik vorsätzlich dem ÖGB übertragen bzw.
„untergejubelt" wurden, um die Bilanz der Bawag zu schönen?
7)
Wenn bereits
2005 in den ÖGB-Gremien die konkrete Absicht bestanden hat, die Bank bis
2008 zu verkaufen, wie Präs. Hundstorfer in der ZIB 2 vom 12. Juni 2006
überraschenderweise erstmals der
Öffentlichkeit erklärte: Wie beurteilen Sie unter diesem
Aspekt den Schuldentransfer von der Bawag zur AVB? Wurde mit dieser
„Bilanzverschönerung" gegen Gesetze verstoßen? Wie ist
diese „Bilanzverschönerung" im
Lichte des Verhältnisses von ÖGB-AVB-Bawag zu werten?