4396/J XXII. GP
Eingelangt am 21.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier
und GenossInnen
an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit
betreffend „Heizölbetrug in Österreich möglich?"
Die Europäische
Messgeräterichtlinie harmonisiert europaweit die Regeln für das
Inverkehrbringen und Überprüfen von Abfüllanlagen und
Messgeräten durch die
Messgerätehersteller. Diese Harmonisierung führt aber insbesondere
bei der Kontrolle
beispielsweise von Messanlagen auf Tanklastwagen zu Kontrolllücken.
In der AB 3714 vom 08.03.2006 haben Sie
darauf hingewiesen, dass durch die Umsetzung der
EU-Messgeräterichtlinie
(2004/22/EG) in Österreich keine Schlechterstellung beim Tanken und
bei
Heizöllieferungen erfolgt.
„Seit vielen Jahren gelten
sowohl in Österreich wie auch in Deutschland Fehlergrenzen bei der
Eichung von +/- 0,5 %. Im Betrieb bzw. dann über eine
Eichgültigkeitsdauer von zwei Jahren
müssen die Messgeräte (bei allen
Witterungsbedingungen und Temperaturverhältnissen) +/-1 %
einhalten, um eingesetzt werden zu dürfen. Können diese
Messgeräte diese Fehlergrenzen nicht
einhalten, müssen sie repariert und gewartet werden oder dürfen nicht
verwendet werden. Eine
Schlechterstellung durch die Umsetzung der Messgeräterichtlinie in
Österreich erfolgt daher
nicht, da die Messgeräte auch nach den
derzeit geltenden Fehlergrenzen die gleiche Genauigkeit
einhalten müssen.
Das Maß- und Eichgesetz sieht weiters vor, dass
eine einseitige Ausnützung der Fehlergrenzen
(alle
Messgeräte zeigen weniger an) nicht zulässig ist. Weiters ist zu
berücksichtigen, dass diese
Messgeräte bei der Messung eine
Fehlerkurve aufweisen, die sich mit der Durchflussstärke
ändert. Um bei der Eichung +/- 0,5 % einzuhalten, müssen
bestimmte Bereiche des Zählers auch
in den Minusbereich justiert werden. "
Anders die Diskussion und Einschätzung in Deutschland:
In Deutschland haben bislang noch
Bestimmungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
(PTB) Geltung. Diese wurden in der
Vergangenheit durch die Erfahrung mit Manipulationen und
Betrug immer wieder weiterentwickelt, so dass Betrug bei
Heizöllieferungen erschwert wurde.
Messanlagen auf Tanklastwagen für
Heizöl werden in Deutschland streng kontrolliert, auf
Verdacht und regelmäßig
mit unangemeldeten Stichproben. Ein differenziertes Diese Regelwerk
legt bis in letzte Einzelheiten fest, wie Messgeräte gesteuert
werden dürfen und welche Zu- und
Ableitungssysteme erlaubt
sind. Dieses Regelwerk wurde von der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB) zusammen mit den zuständigen Eichbehörden der
Länder im langjährigen
Kampf gegen Betrüger entwickelt und
ständig fortgeschrieben. Diese PTB-Bestimmungen regeln,
wie Tanklastwagen technisch konstruiert sein müssen, um
Manipulationen auszuschließen und
werden nun durch die europäische
Messgeräterichtlinie außer Kraft gesetzt. Zwar ist Betrug auch
durch die EU-Messgeräterichtlinie verboten, aber in der
EU-Messgeräterichtlinie sind nur ganz
allgemeine Bestimmungen gefasst (Internationale Metrologie-Organisation). In
den PTB-
Bestimmungen war dies sehr viel
konkreter
gefasst und hat den Vollzug vereinfacht. Die Aufhebung der PTB-Bestimmungen
wird
als ein
Rückschritt für das Schutzniveau in Deutschland gesehen.
Befürchtet wird, dass
Messapparate an den Tankwagen manipuliert
werden. Der Hintergrund wird in der folgenden
Pressemeldung des Eichamts Nordrhein-Westfalen erklärt:
"Tankwagenmanipulationen:
EU-Recht macht's möglich:
Heizölbetrug wieder leichter gemacht
Beanstandungen durch
Eichbehörden werden erschwert
Manipulierte Tankwagen können von den Eichbehörden künftig in vielen Fällen nicht mehr wie
bisher verhindert, beanstandet und verfolgt werden. Dies ist eine Folge der Umsetzung der
Europäischen Messgeräterichtlinie in deutsches Recht. Ab Oktober entsteht dadurch
eine Lücke im Eichrecht mit drastischen Folgen für die Verbraucher.
Darüber berichtete das ARD-Magazin Plusminus in seinem Beitrag. Heizöl und Kraftstoff sind
wertvolle Flüssigkeiten, die einer stetigen Preissteigerung unterliegen und für die es reichlich
Abnehmer gibt.
Deshalb ist es für einige Schwarze Schafe ein lukratives Geschäft, ihre Kunden übers Ohr zu
hauen und den teuren Saft "schwarz" zu verkaufen.
Deutsche Eichbehörden haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aufs Neue
besonders manipulierte Messanlagen auf Tankwagen entdeckt.
Der Gesetzgeber hat jeweils versucht, durch entsprechende angepasste Bauanforderungen diese
Manipulationen zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Dadurch wurden die Eichordnung
und die PTB-Anforderungen (PTB-A 5) wesentlich fortentwickelt.
Diese nationalen Anforderungen verlieren mit Inkrafttreten der europäischen
Messgeräterichtlinie jedoch ihre Gültigkeit für neu auf dem Markt gebrachte Messanlagen mit
einer Konformitätsbewertung durch den Hersteller. Diese brauchen nur noch die wesentlich
allgemeiner formulierten grundlegenden Anforderungen der europäischen
Messgeräterichtlinie zu erfüllen. Allerdings ist es auch nach dieser Richtlinie nicht erlaubt,
Messanlagen mit vorhersehbaren Optionen zur Messwertverfälschung zu bauen und zu
verkaufen. Nur, das was bisher als vorhersehbare Betrugsmöglichkeit im deutschen Eichrecht
niedergelegt wurde, muss insbesondere dem ausländischen Hersteller nicht bekannt
sein. Und zwecks Änderung seiner Messanlagen ist es ihm gegenüber nicht
mehr zeitnah und ohne besonderen Verwaltungsaufwand durchzusetzen.
Bislang ist es so, dass das Eichamt einen Tankwagen mit vorbereiteter
Manipulationseinrichtung aufgrund der bestehenden technischen Regelungen beanstanden,
beschlagnahmen und ein Bußgeld verhängen kann.
Zukünftig fehlen aber die
konkreten technischen Beschreibungen, die viele zum Betrug geeignete
Vorbereitungen verhindern helfen. Deshalb können diese Messanlagen dann
auch nicht so
problemlos wie bisher von Eichbeamten beanstandet werden. Dann würde nur
noch das
Erwischen in Flagranti beim Betrug eine Handhabe zur Ahndung liefern. Das
bisherige
System der zufälligen Straßenkontrollen verliert somit einen
großen Teil seiner Wirksamkeit,
wenn im Einzelfall zunächst eine
europäische Klärung und Abstimmung über die
Vorhersehbarkeit einer technischen Bauform zur Messwertverfälschung
geführt werden muss.
Was das für die Branche und für die Verbraucher bedeutet, liegt auf
der Hand. Fachleute
wissen, dass mit entsprechenden
Manipulationen bei Heizöl leicht circa fünf bis zehn Prozent der
Liefermenge unterschlagen werden kann, ohne dass der Kunde dies bemerkt oder
gar nachweisen
kann.
Der Verbraucherzentrale
Bundesverband ruft inzwischen das Bundeswirtschaftsministerium zu
einer eingehenden Untersuchung der Folgen des neuen europäischen
Eichrechts auf. "Als
Müllermeister wird Michael Glos genau wissen, dass korrektes Wiegen und
Messen die Basis
für jede wettbewerbsorientierte Wirtschaft ist", sagte vzbv-Chefin
Edda Müller. "Es macht mich
fassungslos, mit welcher Nonchalance
jahrzehntelang bewährte Eichregeln zum Inbegriff der
Bürokratie umgedeutet werden."
Außerdem
unterläuft diese Entwicklung die ernsthaften Bemühungen der redlichen
Mineralölhändler durch eigene
Maßnahmen den erheblichen Wettbewerbsdruck durch einige
Schwarze Schafe wirksam zu bekämpfen. "
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an den Bundesminister für
Wirtschaft und
Arbeit nachstehende
Anfrage:
1. Wie
beurteilen Sie sie Darstellung des Eichamts Nordrhein-Westfalen hinsichtlich
manipulierter Messanlagen auf Tankwägen (s. Einleitungstext)?
Teilen Sie diese
Einschätzung?
Wird
dadurch Heizölbetrug erleichtert und werden behördliche
Maßnahmen der
Eichbehörden
erschwert?
2.
Bedeutet die Antwort in der zit. AB, dass von den Eichämtern in
Österreich Messanlagen in
der Vergangenheit
nicht nach den Bestimmungen der Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt (PTB) kontrolliert wurde?
3.
Wenn ja, nach welchen Kriterien bzw. Bestimmungen wurde dann in
Österreich Messanlagen
(z.B. bei
Tankwägen) geprüft?
4.
Bleiben Sie daher bei den Antworten (AB vom 08.03.2005) zu den in der
Anfrage (3819/J)
gestellten Fragen:
4.1 .Wann und wie wird in Österreich die zit. Europäische Messgeräterichtlinie umgesetzt?
4.2.Was soll sich konkret gegenüber der geltenden Rechtslage ändern?
4.3.Welche Toleranzen sind derzeit in Österreich bei der Abgabe von Heizöl eichrechtlich
zulässig?
4.4.Wie werden diese Toleranzen berechnet
und wie sieht dies konkret bei der Lieferung bzw.
Abgabe von
3.000 l Heizöl für ein Zweifamilienhaus
aus?
4.5.Welche Toleranzen sind derzeit in
Österreich bei der Abgabe von Treibstoff (Benzin) an
den
Tankstellen eichrechtlich zulässig?
4.6.Wie werden diese Toleranzen berechnet
und wie sieht dies konkret bei der Abgabe von
100 l Treibstoff (Benzin) durch Tankstellen aus?
5. Wenn nein, was hat sich an ihrer Einschätzung geändert?
6.
Wie beurteilen Sie den Kontrollstandard nach der
EU-Messgeräterichtlinie? Welche Regeln
gelten nach
Inkrafttreten der EU-Messgeräterichtlinie (2004/22/EG)?
7.
Wie wurden die Anforderungen der EU-Messgeräterichtlinie
europaweit durch OIML-
Regelungen
konkretisiert? Welche gibt es?
8.
Ist es richtig, dass es mit der Einführung der
EU-Messgeräterichtlinie keine europaweit
gültigen
konkretisierten Normen gibt?
9.
Wenn ja, was werden Sie unternehmen, um effektive Kontrollen der
Eichbehörden
abzusichern?
10.
Welche Normen und normativen Dokumente, die der
EU-Messgeräterichtlinie entsprechen
existieren bereits in
der EU?
11. Welche Normen müssen erst für bestimmte Bereiche erarbeitet bzw. angepasst werden?
12.
Stimmt es, dass auch in Österreich manipulationsfähige
Eichanlagen nicht kontrolliert werden
können, wenn
diese auf Basis der EU-Messgeräterichtlinie in Betrieb genommen werden?
13.
Schließen auch Sie sich der Forderung der deutschen
Verbraucherorganisationen nach einer
eingehenden Untersuchung der Folgen der
Messgeräterichtlinie (europäisches Eichrechts) an?
Wenn nein, warum nicht?