4464/J XXII. GP
Eingelangt am 29.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Ing. Gartlehner
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend nicht nachvollziehbare Vorgangsweise bei Verhängung der
Untersuchungshaft
In der Öffentlichkeit wurden immer wieder
Fälle bekannt, wo bei verhältnismäßig
geringfügigen
Delikten die Untersuchungshaft verhängt wurde. Vierzehnjährige
Supermarktdiebe wurden in Untersuchungshaft genommen, wenn sie über keinen
Wohnsitz in Österreich verfügten,
der Bürgermeister von Pasching wurde in einem
politisch brisanten Fall inhaftiert.
Im Fall der Verantwortlichen im BAWAG-
Skandal ist die Justiz mit dem
Verhängen der Untersuchungshaft weit
zurückhaltender.
Im Fall „BAWAG" wurde gegen keinen der Protagonisten bisher
die
Untersuchungshaft
verhängt. Involvierte Personen halten sich immer wieder im
Ausland auf und können sich ungestört
bewegen. Ein Schelm, der denkt, es könnte
Verdunkelungs- oder Verabredungsgefahr oder gar Fluchtgefahr bestehen.
Hier
herrscht offenbar von Seiten der Justiz noch
blindes Vertrauen in die
Rechtschaffenheit der Menschen.
Warum in diesem Fall zur Zeit so viel Rücksicht
genommen, in anderen Fällen aber sofort mit voller Härte
vorgegangen wird, ist
aufklärungsbedürftig. Insbesondere
wo im Profil (26.6.06) ein Ermittler zitiert
wird: „Es besteht nunmehr der
dringende Verdacht, dass sich damals gewisse
Personen innerhalb der Bank persönlich bereichert haben." Bei
der Höhe des
kolportierten Schadens sind dies massive Verdachtsmomente. Laut „Kronen
Zeitung"(28.6.06) gibt es bereits vierzehn Verdächtige.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Justiz nachstehende
Anfrage:
1.
Warum wurde in dem Fall rund um die BAWAG bisher in keinem einzigen
Fall
Untersuchungshaft verhängt?
2.
Wurde von Seiten des BMJ in Sachen der Ermittlungen um die BAWAG
Weisungen erteilt?
Wenn ja, wie lautet deren Inhalt, an wen gingen sie?
3.
Gibt es im
betreffenden Fall
Interventionen von Seiten
des
Bundeskanzleramtes
bzw. des Bundesministeriums für Finanzen im BMJ?
4.
Wird geplant, die Untersuchungshaft erst später zu verhängen,
um zu
gegebenen Zeitpunkt
die Causa wieder in den Mittelpunkt des öffentlichen
Interesses zu bringen?
5.
Was sind Gründe, die eine Untersuchungshaft bei dem Bankenskandal
rechtfertigen bzw.
nicht rechtfertigen?
6.
Besteht oder
bestand bei dem
Fall BAWAG jemals Flucht-,
Verdunkelungs- oder
Verabredungsgefahr?
7. Wurden Beweismittel zeitgerecht gesichert?
8.
Sollte die Untersuchungshaft in dem Fall während der
Beantwortungsfrist
dieser Anfrage verhängt
werden, wie wird die
Untersuchungshaft
begründet?
9.
Entspricht es nach Auffassung des BMJ der
Verhältnismäßigkeit, dass etwa
gegen
einen Vierzehnjährigen wegen Verdachtes des Ladendiebstahls die
Untersuchungshaft
verhängt wurde, hingegen sich im Fall BAWAG kein
einziger
Verdächtiger in Untersuchungshaft befindet?