4499/J XXII. GP

Eingelangt am 04.07.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Weitergabe von vertraulichen Informationen

 

 

Wie in der Ausgabe des Nachrichtenmagazins Profil vom 22.5.2006 zu lesen war, hat der „Autor“ Ernst Hofbauer – früher Mitarbeiter der Presseabteilung der Wirtschaftskammer und der ÖVP – ein neues Buch mit dem Titel „Der graue Krieg – Österreich im Schatten des Terrors“ verfasst.

 

In diesem Buch finden sich auch nicht der Öffentlichkeit bekannte Informationen und Daten, von denen sicher scheint, dass sie aus dem Bereich des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) weiter gegeben worden sind.

 

Der „Autor“ berichtet in seinem Werk über die islamische Gefahr und deren Bekämpfung durch Gert-René Polli über eigene ausgedehnte Gespräche mit dem „hochgewachsenen Mittvierziger aus dem Kärntner Lavanttal“, dem Direktor des BVT. In diesen Gesprächen habe Polli den „Autor“ darauf hingewiesen, dass der Teufel niemals schlafe, „doch er weiß, dass auch wir Augen und Ohren offen halten. Rund um die Uhr, geduldig und allzeit bereit.

 

Hofbauer beschreibt Pollis Arbeitsweise: „Gesprächspartner trifft Polli vorzugsweise im Kaffeehäusern und Restaurants. Trotz seiner heiklen Profession hält er Kontakt zu den Medien. Dann und wann findet man sein Foto in Zeitungen und Magazinen. Nicht aus Eitelkeit, wie er mit sanfter Stimme versichert, sondern damit die Österreicher wissen, dass der Schutz ihrer Verfassung und der Kampf gegen den Terror ein Gesicht hat.“

 

Da in Kaffeehäusern und Restaurants ein großer Teil der Erkenntnisse des BVT an Hofbauer gelangt ist, stellt sich eine Frage: Welches Gesicht und welche Absicht hat Hofbauers Lieferant?

 

Um diese Frage zu klären, richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.)    Findet sich in einem Observationsbericht des BVT über die Konferenz Europäischer Imame und SeelsorgerInnen vom April dieses Jahres in Wien der Hinweis darauf, dass einer der TeilnehmerInnen „ein Hamas-Mann“ sei?

 

2.)    Finden sich im BVT Aufzeichnungen über eine in diesem Buch mit Namen und Adresse genannten Moschee in 1020 Wien, die „in einem Nebentrakt“ eines „ehemaligen Autohauses“ liegen soll, der „saudisch-wahhabitischen Glaubensauslegung“ zugeordnet wird und das „Interesse heimischer Sicherheitsbehörden“ auf sich gezogen hat?

 

3.)    Hat das BVT am 6. Dezember 2004 eine Kritik an den Geldgebern des Islamischen Gymnasiums geäußert?

 

4.)    Bei Bejahung von Frage 4: Gegenüber wem wurde diese Kritik von welcher Person des BVT geäußert und was war ihr konkreter Inhalt?

 

5.)    Können Sie ausschließen, dass jene Informationen und Daten der in diesem Buch namentlich genannten Personen, über die der „Autor“ mutmaßt, sie könnten Anhänger der „Al Tawhid wa Al-Jihad“ sein, aus dem Bereich des BVT weiter gegeben wurden?

 

6.)    Können Sie ausschließen, dass jene Daten und Informationen von in diesem Buch namentlich genannten Personen, die laut diesem Buch regelmäßig eine bestimmte Moschee in 1120 Wien besucht haben, aus dem Bereich des BVT weiter gegeben wurden?

 

7.)    Können Sie ausschließen, dass jene Daten und Informationen von in diesem Buch namentlich genannten Personen, die laut diesem Buch geschäftliche und private Verbindungen zur Personen haben, die der in Algerien verbotenen islamischen Heilsfront (FIS) nahe stehen, aus dem Bereich des BVT weiter gegeben wurden?

 

8.)    Können Sie ausschließen, dass jene Informationen und Details, die sich in genanntem Buch über das Asyl- bzw. das Auslieferungsverfahren Abdel Al Sayed Mohammed Abdel Q. alias Mohammed K. finden, aus dem Bereich des Bundesasylamtes, des UBAS oder des BVT weiter gegeben wurden?

 

9.)    Gibt es im BVT Aufzeichnungen über einen Grenzübertritt von drei Personen aus dem Spätherbst 1996 über die österreichisch-ungarische Grenze, wobei die in diesem Buch namentlich genannten Personen teilweise „Al-Qaida-Spitzenleute“ gewesen sein sollen?

 

10.)    Können Sie ausschließen, dass jene Details über den Aufenthalt des Mohammed Younis Al-Ahmed und seinen Kontaktpersonen, die sich in genanntem Buch finden, aus dem Bereich des BVT weiter gegeben wurden?

 

11.)    Können Sie ausschließen, dass jene Informationen über Funktionsweise und Datensätze der „Computer der Terrorismusexperten“ bei der Analyse arabischer Namen in Österreich aus dem BVT weiter gegeben wurden?

 

12.)    Können Sie ausschließen, dass die Angaben in diesem Buch über die Anzahl der vom BVT getätigten „kleinen Lausch- und Spähangriffe“ ohne Gerichtsbeschluss (gemeint sind offenbar Maßnahmen nach § 54 Abs. 4 SPG) aus dem Bereich des BVT weiter gegeben wurden?

 

13.)    Welche dieser Informationen ist vom BMI der Öffentlichkeit auf legalem Weg zugänglich gemacht worden?

 

14.)    Ist es richtig, dass mit den genannten Informationen ein großer Teil der Ermittlungsergebnisse des BVT über den Bereich des islamisch motivierten Extremismus aus dem BVT an Hofbauer gelangt ist?

 

15.)    Ist es richtig, dass Polli zu all den genannten Informationen Zugang hatte?

 

16.)    Ist durch die Veröffentlichung dieser Informationen aus dem BVT die Aufklärung im Bereich des islamisch motivierten Extremismus gefährdet?

 

17.)    Die oben genannten Informationen stammen aus Akten und Berichten verschiedener Abteilungen des BVT. Wer neben dem Direktor hat im BVT unbeschränkten Zugang zu allen Akten und Berichten des BVT?

 

18.)    Welchem Zweck diente die Zusammenarbeit von Polli mit Ernst Hofbauer?

 

19.)    Hat Polli die genannten Informationen persönlich an Hofbauer weiter gegeben?

 

20.)    Hat Polli Hofbauers Manuskript in Absprache mit dem Autor zur Korrektur gelesen?

 

21.)    Hat Polli sich damit an der Arbeit am Manuskript beteiligt?

 

22.)    Hat Polli dem BVT bzw. dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit bzw. der Frau Bundesminister darüber Mitteilung gemacht?

 

23.)    Hat Polli dem BVT bzw. dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit bzw. der Frau Bundesminister darüber Mitteilung gemacht, dass im Manuskript geheime und der Öffentlichkeit nicht bekannte Informationen aus Akten und Berichten des BVT wieder gegeben werden?

 

24.)    Hat Polli über dieses Faktum Untersuchungen im BVT eingeleitet?

 

25.)    Hat Polli zu diesem Faktum das BIA um Untersuchung ersucht?

 

26.)    Werden Sie den Fall „Polli-Hofbauer“ vom BIA untersuchen lassen?

 

27.)    Wie lange werden Sie Polli noch halten?