4556/J XXII. GP

Eingelangt am 11.07.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Wahlspenden und Universaldienstverordnung

 

 

Angesichts der Budgetlage Ihrer Partei (des BZÖs) gewinnen Finanzierungsfragen für die bevorstehende Wahlauseinandersetzung größte Bedeutung. Gerade Ihr Ressort steht in engen Kontakten mit verschiedensten Unternehmungen und spielt bei gesetzlichen Regelungen und Infrastrukturinvestitionen eine maßgebliche Rolle.

 

Laut Berichten verschiedener Medien (Kurier, Der Standard, profil) sollen zwei große österreichische Unternehmen dank Ihres Einsatzes Wahlspenden für das BZÖ in der Höhe von 500.000 und 250.000 leisten. Ihr Pressesprecher dementierte dies nicht, sondern ließ schlicht „Kein Kommentar“ verlauten. Den geäußerten Vermutungen nach stehen beide Firmen in engem wirtschaftlichen Kontakt mit Ihrem Ressort.

 

Außerdem hat nach der Berichterstattung des „Kurier“ die FPÖ eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt, die Sie der Untreue und „Geschenkannahme durch Machthaber“ beschuldigt, da Sie Spenden aus einem Telekom-Unternehmen erhalten haben sollen, auf das Sie als Vertreter der Republik Einfluss nehmen können. In der Sachverhaltsdarstellung heißt es laut APA: „Der kleine Regierungspartner sucht offenbar fieberhaft nach Sponsoren für die Wahl. BZÖ-intern soll Gorbach angekündigt haben, Geld zu bringen.“ Er habe bereits eine Zusage für 500.000 Euro und 250.000 Euro aus dem Telekom-Bereich und der Bauwirtschaft.

 

Mit diesen Vorwürfen steht nun eine geplante Maßnahme Ihrerseits, nämlich die Änderung der Universaldienstverordnung, zeitlich im Zusammenhang. In den nächsten Wochen soll durch Sie eine „Payphone Access Charge“ (PAC) in Telefonzellen per Universaldienstverordnung auf rein ministeriellem Weg eingeführt werden. Diese PAC käme ausschließlich der Telekom Austria (TA) zu Gute.

 

Ob es inhaltliche Zusammenhänge gibt, sei vorerst dahingestellt und gilt es auch mittels dieser Anfrage zu klären. Jedenfalls verweist der aktuelle Kommunikationsbericht 2004 (auch der Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle) des Regulators in keiner Weise auf eine Reform-Notwendigkeit der Universaldienstverordnung in diese Richtung, sondern im Gegenteil: Der Bericht spricht im Bereich des Festnetzes wiederholt von einer „beträchtlichen Marktmacht von Telekom Austria“.

 

Derzeit erhält die TA bei Anrufen von gebührenfreien Nummern (0800, häufig öffentliche und soziale Einrichtungen, Notdienste, Informationshotlines, Einwahlnummer für Calling Card Services) vom Zielnetz ein Orientierungsentgelt. Mit diesem wurden die Kosten der Verbindungsleistung vollständig abgedeckt. Seit Jahren strebt die TA die Einführung einer „Payphone Access Charge“ (PAC) ein, um bei Verbindungen auf Basis von gebührenfreien 0800er Nummern in Telefonzellen Entgelte einheben zu können. Mit der PAC will die TA vom Zusammenschaltpartner für alle Gespräche von Telefonzellen zu 0800er Nummern zusätzlich zum Orientierungsentgelt ca. 10 Cent/Minute als Kosten der Telefonzelle verlangen. Dieses Vorhaben geht bereits auf die Zeit vor 2002 zurück und hat eine aufschlussreiche Chronologie:

 

2002 lehnt die Telekom-Control-Kommission (TKK) die erste PAC-Forderung der TA ab. Begründung: Es liegt keine Zusammenschaltungsleistung vor. Der VwGH bestätigt diese Entscheidung.

 

Im August 2005 gibt die TKK der neuerlichen PAC-Forderung der TA statt.

 

Der VwGH hebt diesen Bescheid jedoch im Jänner 2006 auf und stellt dabei fest,

-        dass die PAC keine Zusammenschaltungsleistung abdeckt und auch keine Annexleistung dazu vorhanden ist;

-        dass die Leistung der Allgemeinheit (siehe auch § 3 Z 15 TKG) bzw. der EndnutzerIn der Telefonzelle zur Verfügung gestellt wird und nicht dem Zusammenschaltungspartner;

-        dass kein Unterschied zu privaten Telefonapparaten besteht;

-        und die Verrechnung einer PAC in anderen EU-Staaten eine derartige Regelung in Österreich nicht rechtfertigen kann.

 

Die TA teilte daraufhin mit, die Erreichbarkeit von 0800er Nummern selektiv zu unterbinden, wenn sich Alternative Netzwerkbetreiber nicht mit ihr "privatrechtlich einigen".

 

Das Handelsgericht untersagt der TA mittels einstweiliger Verfügung eine solche Sperre.

 

Das Handelsgericht weist den Antrag der TA auf eine einstweilige Verfügung ab und stellt fest,

-        dass kein Kontrahierungszwang besteht,

-        weder das Gesetz noch einschlägige VO noch Verträge eine PAC vorsehen,

-        und auch das UWG keine Anspruchsgrundlage für die PAC bietet.

 

Außerdem würde durch eine solche Änderung der Universaldienstverordnung ermöglicht werden, die Alternativen Netzbetreiber zu einer "privatrechtlichen Einigung" unter Androhung der sonstigen Sperre zu zwingen. Österreich würde damit gegen die Verpflichtungen der Europäischen Universaldienstrichtlinie (UD-RL, 2002/22/EG) verstoßen und ein Vertragsverletzungsverfahren riskieren.

 

Gemäß Art. 6 UD-RL ist sicherzustellen, dass öffentliche Münz- und Kartentelefone bereitgestellt werden; gemäß Art. 2a müssen diese auch mit Guthabenkarten (und mit Einwahlcode) verwendet werden können. Daher darf die Erreichbarkeit von 0800er Nummern zu Zwecken von Calling-Card-Diensten nicht einseitig eingeschränkt werden.

Gemäß Art. 28 ist nur der gerufene Teilnehmer berechtigt, die Erreichbarkeit von u.a. 0800er Nummern einzuschränken; ansonsten haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Endnutzer den Zugang zu solchen Nummern erhalten – und zwar ohne jede Einschränkung hinsichtlich Telefonzellen.

 

Auf der Homepage des Regulators ist demgemäß auf die Frage „Wie erfolgt die Tarifierung für Anrufe zu Universal International Freephone Numbers (Rufnummern­bereich (00)800)?“ die Antwort: „Gemäß § 7 Kommunikationsparameter-, Entgelt- und Mehrwertdienstverordnung - KEM-V sind Anrufe zu einer Universal International Freephone Number für den Anrufer entgeltfrei. Diese Regelung stützt sich auf die Empfehlung der ECTRA REC(00)01.“ zu lesen.

 

Nun ist es durchaus legitim, dass Unternehmen ihre Wettbewerbssituation verbessern wollen und sich dabei verschiedenster Argumentationen bedienen. Allerdings wäre es nicht legitim, politische Entscheidungen, wie etwa die Änderung der Universaldienstverordnung, mit Vorteilen für die eigene Gesinnungsgemeinschaft zu verknüpfen. Deshalb ist der Beweis zu erbringen, dass die geplante Änderung der Universaldienstverordnung ausschließlich zum Wohle der Allgemeinheit und zur Erhaltung der Universaldienste erfolgt und nicht dem Aufbessern der Kassen des BZÖ dient.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Aus welchen Gründen soll jetzt knapp vor Ende der Periode noch die Universaldienstverordnung zu Gunsten eines Telekommunikations-Anbieters geändert werden?

 

2.      Warum soll eine PAC eingeführt werden, wenn keine Zusammenschalt­leistungen vorliegen?

 

3.      Falls es sich um einen eklatanten Wettbewerbsaspekt handelte, hätte diese Änderung der UVD bereits früher erfolgen müssen. Warum geschah das nicht?

 

4.      Können Sie angesichts des offenkundigen zeitlichen Zusammenfallens ausschließen, dass zwischen den medial dargestellten Wahlspenden an das BZÖ und der geplanten Änderung der Universaldienstverordnung ein Zusammenhang besteht?

 

5.      Können Sie ausschließen, dass von Unternehmen, die von einer derartigen Änderung der Universaldienstverordnung profitieren würden, direkte oder indirekte Wahlkampfspenden an das BZÖ geleistet oder zugesagt wurden?