4595/J XXII. GP

Eingelangt am 12.07.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Inneres

betreffend „Kriminalität und Spielsucht (Glückspiel & Wetten)"

In den letzten Jahren hat im Zusammenhang mit illegalem Glückspiel, dem kleinen legalen
Glückspiel oder mit Sportwetten in Wettcafes sowie mit Glückspielen im Internet (z.B.
Onlinecasinos) nicht nur die Anzahl der Spielsüchtigen und die damit verbundene Verschuldung
von Spielern (Pathologische Spieler) zugenommen, sondern auch die Kriminalität - und zwar in
den unterschiedlichsten Formen. Die Medien berichten nicht nur darüber, sondern auch über
Gerichtsverfahren und rechtskräftige Verurteilungen.

Wettcafes oder -büros ziehen Presseberichten zufolge Kriminelle geradezu magisch an. An die
100 Überfälle auf Wettbüros gibt es nach diesen Berichten pro Jahr in Österreich: Ein Ort für
Spieler und Kriminelle. 2005 überführte eine DNA-Spur eine Bande, die in Wien 20 Wettbüros
überfallen hatte (Öffentliche Sicherheit 9-10/05).

Pathologische Glücksspieler begehen wie Drogenabhängige häufig Überfälle auf Tankstellen,
Trafiken oder Banken oder veruntreuen anvertraute Gelder um ihre Spielsucht zu finanzieren
(Beschaffungskriminalität). Schließlich betragen die Schulden pro Betroffenen durchschnittlich
rund 46.500 Euro.

Die österreichischen Medien berichten laufend über derartige Fälle:

„6.000 Euro erbeuteten zwei Maskierte in der Nacht auf Freitag in einem Wettbüro in Wels" (SN
05.07.2006), „Überfall auf Karten-Casino" (Krone 21.04.2006), „Pfefferspray und Videokamera"
(SN 18.03.2006), „Spielsüchtiger Amtsleiter veruntreute 631.000 Euro" (Krone 13.06.2006),
„70.000 Euro bei Fußballwetten verspielt: Polizist vor Gericht" (Krone 30.05.2006), „Raub
wegen Spielschulden: Wienerin gab drei Überfälle zu - Auf Flucht verfolgt" (SN 20.05.2006),
„Räuber stürmte mit einer Softgun ins Spiellokal" (Krone 20.03.2006), „Sieben von
17 Überfällen geklärt" (Presse 28.02.2005), „Tolle Kreditkartenumsätze in „Spielhölle" (SN
01.04.2005), „Strumpfhosen-Bande schlug schon 12-mal in Wettlokalen zu" (Krone 13.05.2005),
„Die bildhübsche Bankräuberin" (Krone 17.05.2005), „Fahndungsfoto in der „Krone" überführte
Wettbüro-Räuber!" (Krone 09.06.2005), „Spielsucht, Überfall, Flucht" (SN 10.06.2005),
„Spielsucht soll Motiv für Bankraube sein" (Kurier 24.06.2005), „Brüderpaar raubte neun


Wettbüros in Wien aus" (Krone 24.06.2005), „Wettbüro-Bande: Fernfahrer half bei
Ausforschung" (Presse 09.07.2005), „Serien-Überfälle auf Wettbüros: Zwei Familienväter als
Räuber!" (Krone 09.07.2005), „Nach 19. Überfall enttarnt" (SN 09.07.2005), „Mit Geld der Bank
ins Casino" (Krone 08.07.2005), „Wettbüro-Räuber flüchtete mit schmerzenden Fingern" (Kurier
13.10.2005), „Banker stahl 10 Millionen Euro für Pferdewetten" (Kurier 06.10.2005),
„Spielsüchtiger beginn neun Raubüberfälle" (Kurier 27.05.2004), „Gesamte Sozialhilfe verspielt,
dann wurde Mann zum Räuber" (Kronenzeitung 15.06.2004), „36-Jähriger steht als Serienräuber
in Linz vor Gericht: Firmenchef verspielte seine Existenz am Roulette-Tisch" (Kronenzeitung
11.02.2003), „Bruck: Von Firmenmitarbeiter veruntreut - Tageslosung beim Spielen „verzockt""
(Kronenzeitung), „Maschinen verkauft - Erlös im Casino verspielt" (Kurier), „Banker verspielte
Kundengeld im Casino" (Kurier), „ 6,58 Mio. € Kundengelder veruntreut - Börsen-Guru ging
736-mal ins Casino" (Kronenzeitung 27.06.2003), „Krankhafter Spieler wurde zum Betrüger"
(Kronenzeitung 19.05.2002), „Spielsucht war die Hölle - Bankangestellte betrog ihre Firma um
6 Mio. Schilling" (SN 28.04.2001), „Spielsüchtiger Wiener plünderte am Arbeitsplatz den
Tresor: Prozess" (APA 08.06.2000), „Siebeneinhalb Jahre Haft für Überfall auf Wettbüro"
(Presse 23.05.2000).

In Österreich wird die Zahl der Pathologischen Spieler auf zirka 50.000 spielsüchtige Personen
geschätzt. In der Steiermark gibt es beispielsweise 5.000 krankhafte Spieler, weitere
30.000 Menschen sind gefährdet. In Salzburg sind 1.000 bis 1.500 Menschen akut vom
pathologischen Glückspiel betroffen. Die Dunkelziffern sind bei diesen Gruppen enorm hoch.

Besonders bedenklich stimmt, dass immer mehr Kinder und Jugendliche in die Spielsucht
abgleiten. In Salzburg ist bereits jeder dritte krankhafte Spieler jünger als 18 Jahre. Fehlende
gesetzliche Regelungen und mangelhafte behördliche Kontrollen erleichterten in der
Vergangenheit diese Entwicklung. Betroffen sind davon nicht nur die Spieler selbst, sondern
insbesondere auch deren Familienangehörige. Es kommt dabei zu einem sozialen Sturzflug.

Durch die Liberalisierung und neue Techniken im Wert- und Glückspielbereich sowie
zusätzliche Angebote ist der Spielerschutz europaweit in den Hintergrund getreten. Bei
weiteren Liberalisierungen werden sich die gesellschaftlichen und sozialen Probleme enorm
verschärfen. Je mehr gespielt wird, desto größer ist das Risiko für pathologisches
Spielverhalten. Gleichzeitig wird auch die Kriminalität in diesem Bereich weiter ansteigen.
Daran werden auch die so genannte Sozialkonzepte in den einzelnen Mitgliedsstaaten nicht
viel ändern.


Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Inneres
nachstehende

Anfrage:

1.  Wie viele Ermittlungen durch die Exekutive bzw. Sicherheitsbehörden wurden gegen Spieler
durchgeführt, weil diese zur Befriedigung ihrer Spielsucht (z.B. Beschafrungskriminalität)
gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen haben und damit straffällig geworden sind
(z.B. Einbruch, Einbruchdiebstahl, Überfall, Raub, Untreue, Betrug etc.)?

2.         Wie viele Verdächtigte betrafen diese Ermittlungen?

3.         Wie viele Strafanzeigen wurden diesbezüglich in diesen Jahren jeweils erstattet
(Aufschlüsselung auf Jahre)?

Wie viele Verdächtigte wurden angezeigt?

Welche Delikte wurden angezeigt (Aufschlüsselung auf Jahre und Nationalität)?

4.         Wie viele Ermittlungen durch die Exekutive bzw. die Sicherheitsbehörden wurden 2000, 2001,
2002, 2003, 2004 und 2005 wegen eines Einbruchs bzw. Überfalls auf ein Wettbüro,
Kartencasino etc. durchgeführt (Aufschlüsselung auf Jahre und Delikte)?

5.         Wie viele Verdächtigte betrafen diese Ermittlungen?

6.         Wie viele Strafanzeigen wurden diesbezüglich in diesen Jahren erstattet?
Wie viele Verdächtigte wurden angezeigt?

Wie viele Delikte konkret angezeigt (Aufschlüsselung auf Jahre und Delikte)?

 

7.         Wie viele Ermittlungen durch die Exekutive bzw. die Sicherheitsbehörden wurden in den
Jahren 2000, 2001,
2002, 2003, 2004 und 2005 im Zusammenhang mit Wett- und Spielsucht
wegen Untreue, Betrug oder Unterschlagung durchgeführt (Aufschlüsselung auf Jahre und
Delikte)?

8.         Wie viele Verdächtigte betrafen diese Ermittlungen?

 


9.   Wie viele Strafanzeigen wurden diesbezüglich in diesen Jahren erstattet?
Wie viele Verdächtigte wurden angezeigt?

Welche Delikte wurden angezeigt (Aufschlüsselung jeweils auf Jahre und Delikte)?

10. Werden durch das BM für Inneres Selbsthilfegruppen bzw. Beratungsstellen für Spielsüchtige
(Pathologische Spieler) unterstützt?

Wenn ja, welche und in welchem Umfang?

Wenn nein, sind Sie bereit dies in Zukunft vorzunehmen?

11. Liegen Ihnen rechtssoziologische Studien zur Spielsucht bzw. über pathologische Spieler und
Kriminalitätsentwicklung vor?

Wenn nein, werden Sie eine derartige Studie in Auftrag geben?

12.    Sind Sie bereit mit anderen (teil)zuständigen Bundesministerien ein Maßnahmenpaket zur
Bekämpfung der Spielsucht und damit verbundener Kriminalität auszuarbeiten?

13.    Werden Sie dafür eintreten, den „Spielerschutz" im Glückspielbereich generell effizient zu
gestalten?

14.    Werden Sie dafür eintreten, den „Spielerschutz" bei Internetwetten und Internetspielen
(Onlinecasinos) zu verbessern?

Wenn ja, welche Maßnahmen sind für Sie denkbar?
Wenn nein, warum nicht?

15.    Werden Sie dafür eintreten, den „Spielerschutz" im Wettbereich zu verbessern?
Wenn nein, warum nicht?

 

16.    Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen bzw. vorschlagen, um Manipulationen und
Betrügereien bei Sportwetten (Wettbetrug) zu verhindern?

17.    Wie wird seitens des Innenressorts „Spielersucht" kriminalpolitisch beurteilt?

Sind zu diesen Problemstellungen (rechtspolitischen) Maßnahmen notwendig bzw. geplant?
Wenn ja, welche?