4628/J XXII. GP
Eingelangt am 14.07.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Dr. Matznetter
und GenossInnen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Kontakte des Bundesministers für Finanzen mit Dr. Wolfgang Flöttl
Wie der
Zeitschrift „profil" in ihrer Ausgabe Nr. 28 vom 10. Juli 2006 auf
Seite 28 zu
entnehmen ist, hatte Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser „auch am
Höhepunkt
der
Bawag-Affäre" mehrfache Kontakte zu Dr. Wolfgang Flöttl.
Wie dem aktuellen
Bericht der Nationalbank über die Vor-Ort-Prüfung bei der
BAWAG-P.S.K. sowie einer Vielzahl von Medienberichten zu entnehmen ist, steht
Dr. Wolfgang Flöttl im Mittelpunkt eines der größten
Wirtschaftskriminalfälle der
österreichischen Geschichte. Nach Medienberichten laufen gegen Dr.
Flöttl
Vorerhebungen wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Der letzte Teil
der aufklärungsbedürftigen
Malversationen bei der Bawag betreffen den angeblichen
Totalverlust der letzten Tranche Karibik II über
350 Mio Euro im Jahr 2000.
Diesbezüglich
fand nach Ihren eigenen Angaben im Nationalrat im Rahmen der
dringlichen Anfrage in der 142. Sitzung der XXII. GP
am 24. Oktober 2000 ein
Managementgespräch der damals unter Ihrer persönlichen Leitung
stehenden
Bankaufsicht mit dem BAWAG-Vorstand über „Sorgfaltspflicht des
Vorstandes",
„Engagement in der Karibik" und Leistbarkeit des Erwerbs der P.S.K.
statt. Als
Resultat dieser Vorladung des BAW AG-Vorstandes
wurde mit Schreiben vom
1.12.2000, GZ. 23 5105/75-V/13/00 (MR Dr. Gancz) die OeNB mit der
Durchführung
einer Vor-Ort-Prüfung beauftragt. Das Ergebnis dieser
Vor-Ort-Prüfung
(Prüfungsbericht der Österreichischen Nationalbank vom 27. April
2001) wurde
bekanntlich vom BMF völlig ignoriert
und jede weitere - auf Grund der
Prüfungsergebnisse klar notwendige - Untersuchung unterblieb.
Über
die Motive für dieses gröbliche Versagen der Bankaufsicht und die
Weisungskette im BMF
verweigern Sie beharrlich jede Aufklärung.
Nun wird
durch die o.a. Berichterstattung der Zeitschrift „profil" vom
10.7.2006
evident, dass es offenbar mehrfache Kontakte zwischen Ihnen als damaligen
obersten
Behördenleiter der Bankaufsicht und dem Hauptverdächtigen der
Affäre,
Herrn Dr. Flöttl, gegeben hat.
Gleichzeitig wurde durch den
Prüfbericht der OeNB aus 2006 (veröffentlicht in der
Zeitschrift News) bekannt, dass der damalige Vorstand der BAWAG auch die
privaten Kreditschulden von Dr. Wolfgang Flöttl bei der Meinl Bank in
Höhe von
18 Mio Euro (!) bezahlt hat. Angeblich, um von Dr. Flöttl zur
Verfügung gestellte
Sicherheiten „loszueisen", was aber in Ermangelung aufzufindender
Sicherheiten
durch die BAWAG mehr als zweifelhaft erscheint. Damit ist aber klar, dass es
eine
Verbindung zwischen Dr. Wolfgang
Flöttl und der von Julius Meinl V geführten Meinl
Bank gibt. Weiteres
Indiz dafür ist, dass Dr. Flöttl bis Mitte 1999 auch dem
Aufsichtsrat der Meinl International AG angehört hat.
Es ist öffentlich bekannt,
dass Julius Meinl V zum intimen Freundeskreis des BM
Mag. Grasser zählt. Es sind der innige
Kontakt und die freundschaftlichen Bande von
Julius Meinl V zu Dr. Flöttl in diversen
Medien beschrieben worden. Zuletzt in der
letzten Ausgabe der Zeitschrift „Format", in der Meinl in einem
Interview seinen
Studienkollegen Dr. Flöttl mit der Bewertung von dessen Person als
„positiv"
hervorhebt.
Sie werden in der Berichterstattung in der Zeitschrift
„profil" vom 10.7.2006 mit den
Aussagen ,Flöttl lediglich „die Hand geschüttelt"' und ,in
weiterer Folge „zwei- oder
dreimal zufällig begegnet.'" zitiert. Dieser offenbar mehrmalige
Kontakt ist mehr als
aufklärungsbedürftig.
Der Ordnung halber
sei darauf verwiesen, dass jeder Kontakt des damals für die
Bankenaufsicht unmittelbar
ressortzuständigen Bundesministers und somit obersten
Behördenleiters der Bankaufsicht zu einer Schlüsselperson der
seit 1994 in
Untersuchung durch die Bankenaufsicht und
der OeNB stehenden Karibik-Geschäfte
der BAWAG keine persönliche Angelegenheit, sondern eine solche der
Vollziehung
ist. Jede Bemerkung Ihrerseits zum
Verfahren gegenüber Dr. Flöttl, jede Information
von Dr. Flöttl an Sie und jede auf Grund Ihrer Kontakte mit Dr.
Wolfgang Flöttl vom
BMF gesetzten oder auch unterlassenen Amtshandlungen ist unmittelbar
verfahrensrelevant und daher der Vollziehung zuzuordnen.
Aufgrund der
oben beschriebenen Sachverhalte richten die unterzeichneten
Abgeordneten
an den Bundesminister für Finanzen nachstehende
Anfrage:
1.
Wann hatten Sie bisher persönlichen Kontakt mit Dr. Wolfgang
Flöttl (genaues
Datum, Uhrzeit
von-bis, Anlass und Ort des Zusammentreffens)
2.
Nach Auskünften Ihres Pressesprechers gegenüber der
Zeitschrift „profil" sind
Sie Dr. Wolfgang
Flöttl auch danach „zwei- oder dreimal" begegnet. Wann
(Datum/Zeit) und wo fanden diese Treffen
statt? Was war der Gesprächsinhalt
dieser „Begegnungen" mit Dr. Flöttl?
3.
Hatten Sie neben den persönlichen Gesprächen mit Dr. Wolfgang
Flöttl auf
andere Art mit diesen Verbindung (Telefonate, Schriftverkehr, Email, SMS,
über Dritte)?
Wenn ja, wann, wie, welchen Inhalts?
4.
Haben Sie mit Julius Meinl V über Dr. Wolfgang Flöttl
gesprochen oder
korrespondiert? Wenn
ja, wann und welchen Inhalts?
5.
Haben Sie
über den Umstand Ihrer persönlichen Kontakte sowie über die
Inhalte dieser Gespräche entsprechende
Aktenvermerke gemacht? Wenn ja,
wurden diese Aktenvermerke der Bankenaufsicht bzw. den Anklagebehörden
zur Kenntnis gebracht?
6.
Werden Sie die damals zuständigen Beamten des BMF von der Wahrung
des
Amtsgeheimnisses
entbinden, damit diese über die Umstände und die
Weisungen, die zur Einstellung bzw. Nichtaufnahme weitere
bankaufsichtlicher Ermittlungen in der Sache BAWAG 2001 und Folgejahre
geführt haben, berichten können?
7.
Ist Ihnen
bewusst, dass es für einen österreichischen Finanzminister
untragbar ist, dass er zum Zeitpunkt, zu dem über die Person Dr.
Flöttl bzw.
seine Karibik-Firmen die
viertgrößte Bank gerade ihr Eigenkapital verloren hat,
mit just diesem Hauptverdächtigen Dr. Wolfgang Flöttl
persönliche
Aussprachen gehabt hat?
8. Besteht
zwischen Ihren persönlichen Kontakten zu Dr. Wolfgang Flöttl und
dem Umstand, dass Dr. Wolfgang Flöttl nach seiner Aussage vor dem
Untersuchungsrichter ohne weiteren Haftantrag der weisungsgebundenen
Staatsanwaltschaft und Vorlage des dieser
damals schon bekannt gewesenen
Zwischenergebnisses der OeNB-Prüfung einfach wieder ausreisen
konnte,
ohne dass die Republik Österreich die Chance hat, dieser Person mit
amerikanischer Staatsbürgerschaft habhaft zu werden, ein Zusammenhang?