4688/J XXII. GP

Eingelangt am 14.07.2006
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur

 

betreffend Universitäts- und Forschungszentrum Tulln

 

 

Die Anfragebeantwortung Nr. 4161/AB (XXII GP) vom 05.07.06 hat bedauerlicherweise nicht alle Fragen zufriedenstellend beantwortet und darüber hinaus auch neue Unklarheiten geschaffen. Die Resolution des Forum BOKU-Wien vom 22.06.06, die auch an das Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft & Kultur ergangen ist, hat außerdem gezeigt, wie umstritten das Projekt Universitäts- und Forschungszentrum Tulln (UFT) an der BOKU ist. Die in der Resolution enthaltenen Forderungen dokumentieren, dass der bisherige Planungsprozess für über 80% der BOKU-MitarbeiterInnen unzureichend ist. Die Berichterstattung, vor allem in niederösterreichischen Medien, gibt Anlass zur Sorge, dass das Vorhaben UFT trotzdem mit politischem Druck realisiert werden soll. Dies ist demokratiepolitisch bedenklich und dokumentiert, dass die als Autonomie getarnte Autokratie eine der größten Schwächen des Universitätsgesetzes 2002 ist.

 

Es ist wahrscheinlich, dass das UFT trotz der massiven Bedenken der zuständigen Interessenvertretungen und einer überwältigenden Mehrheit der BOKU-MitarbeiterInnen seitens Ihres Ressorts über die Leistungsvereinbarung finanziert werden könnte. Die Betroffenen der BOKU-Belegschaft wären dann diejenigen, die durch verschlechterte Arbeits- und Studienbedingungen den Preis für die Begehrlichkeiten und die Großmannssucht Niederösterreichs zahlen müssen. Universitätspolitik soll optimale Bedingungen für Lehre und Forschung bieten, und darf nicht für einseitige Projekte zur Regional- und Wirtschaftsstandortentwicklung missbraucht werden.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Ist es Ihres Erachtens nach Aufgabe der Universität über einen Kooperationsvertrag die Entwicklung von Dienstleistungen voranzutreiben?

 

2.      Kann nach Ihrer Einschätzung es durch die langfristige Bindung an einen Standort nicht doch zur einer Einschränkung der Universitätsautonomie kommen?

 

3.      Ist der Kooperationsvertrag mit dem Land Niederösterreich aus Ihrer Sicht nicht zu einseitig, müssten nicht beiden Seiten Rechte und Pflichten aus einem solchen Vertrag erwachsen?

 

4.      Wie stehen Sie zu der Tatsache, dass es in Bezug auf das UFT keine Standortanalyse, keine Bedarfserhebung, und auch keine Folgenabschätzung gibt?

 

5.      Wie sehen Sie die fehlende uni-interne Information - so findet sich beispielsweise auf der Homepage der BOKU keine Information zum UFT, abgesehen vom Entwicklungsplan - und Diskussion in Bezug auf das UFT?

 

6.      Ist es Ihrer Meinung nach akzeptabel, über die Leistungsvereinbarungen Entwicklungen zu finanzieren, die für eine Mehrheit der Universitätsangehörigen aufgrund mangelnder Kommunikation, Argumentation und als unseriös empfundene Planung kritisch gesehen werden?

 

7.      Wie stehen Sie zu der Resolution des Forum BOKU-Wien, die viele kritische Punkte aufzeigt und unter anderem sorgfältige Planung und Alternativensuchen fordert?

 

8.      Wird das UFT, im Fall einer Ablehnung durch die Betriebsräte und die ÖH-BOKU, trotzdem über die Leistungsvereinbarung durch das Ministerium finanziert?

 

9.      Das IFA Tulln ist erst durch das Universitätsgesetz 2002 zu einem Teil der BOKU geworden. Außerdem findet Lehre am IFA Tulln nur sehr eingeschränkt statt. Welchen Vorteil sehen Sie darin, dass sich das IFA Tulln von einem Forschungsstandort zu einem Campus entwickelt?

 

10.    Wissenschaft und Interdisziplinarität leben von räumlicher Nähe. Wie kann Ihrer Ansicht nach einem mit der Absiedelung verbundener Schaden für den Standort Türkenschanze vorgebeugt?

 

11.    Gibt es in Ihrem Ressort Überlegungen dazu, wie im Falle einer Finanzierung des UFT über die Leistungsvereinbarungen die gerade für die BOKU wichtige Interdisziplinarität nicht unter der räumlichen Trennung leidet?

 

12.    Führt fachliche Schwerpunktbildung auf verschiedenen Standorten nicht automatisch zu einem Auseinanderdriften und einer Verselbstständigung der einzelnen Standorte?

 

13.    Durch welche Maßnahmen kann Ihr Ministerium den langfristigen  Zusammenhalt der BOKU und die Zusammenarbeit der drei Standorte sicherstellen?

 

14.    Wie kommen Sie zur der Annahme, dass Erwerb und Miete an oder von Grundstücken oder nicht vorhandenen Gebäuden nicht der Anwendung des Bundesvergabegesetzes unterliegt? 

 

15.    Aus einer parlamentarischen Anfrage und einem Gutachten bzgl. des Finanzzentrums Linz[1]) geht hervor, dass - sollten spezifische Vorgaben bzgl. des künftigen Mietobjekts gemacht werden - das Mietvorhaben als Bauauftrag zu werten ist. Es werden seitens ARCS und BOKU sehr spezifische Vorgaben gemacht [2].Weshalb wird das Mietvorhaben der BOKU dennoch nicht rechtskonform ausgeschrieben?

 

16.    Wie wirkt sich eine unterlassene Ausschreibung am Beispiel UFT auf die Haftungsfragen von Rektorat und Universitätsrat der BOKU aus?

 

17.    Welche Verantwortung trifft den Bund, wenn er eine solche unterlassene Ausschreibung toleriert?

 

18.    Warum wurde das Vorhaben Muthgasse rechtskonform ausgeschrieben, dies beim UFT jedoch unterlassen?

 

19.    Wie gedenken Sie mit dieser widersprüchlichen Vorgangsweise umzugehen?

 

20.    Warum wird trotz fehlender Ausschreibung das UFT positiv beurteilt?

 

21.    In Ihrer Anfragebeantwortung schreiben Sie, dass der Standort Tulln durch die vorhandenen Universitätseinrichtungen des IFA Tulln vorgegeben war, sodass sich eine weitere Standortsuche erübrigte. Aus der öffentlichen Berichterstattung geht jedoch hervor, dass die BOKU in Wien Alternativen gesucht hat. Wie kommen Sie zu der Ansicht, dass der Standort Tulln vorgegeben war?

 

22.    Genügt das bisherige Vorgehen der BOKU Ihrer Ansicht nach, um dem Anspruch auf Sorgfalt und seriöse Planung gerecht zu werden?

 

23.    Wie und in welcher Form hat das Ministerium bereits zugesichert, dass das Projekt Universitäts- und Forschungszentrum Tulln in den Verhandlungen zu der ersten Leistungsvereinbarung anhand der vorgelegten Projektunterlagen eingehend erörtert werden wird?

 

24.    In der Betriebsratszeitung Nr. 6 der BOKU wird kolportiert, dass die bei einem möglichen Ausstieg der BOKU anfallenden Kosten bereits durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur abgesichert wurden. Aufgrund einer Nachfrage durch den Anfragesteller beim Betriebsrat wurde bestätigt, dass der Rektor die Absicherung der Mittel durch das Ministerium mehrmals bestätigte. Wie erklären Sie den diesbezüglichen Widerspruch zu Ihrer Anfragebeantwortung?

 

25.    Worin besteht die in Ihrer Anfragebeantwortung formulierte „gründliche Vorbereitung" und die "bestmögliche Entwicklung", die die Bundesregierung für das "Wissenschaftsprojekt" UFT und ISTA "gewährleistet"?

 

26.    Wie kann die Bundesregierung eine „bestmögliche Entwicklung“ für das UFT gewährleisten, wenn der Standort Tulln die fachspezifischen Anforderungen nur in einem „ausreichenden Ausmaß“ erfüllt?

 



[1] http://www.parlament.gv.at/pls/portal/docs/page/PG/DE/XXII/AB/AB_03672/FNAME_057320.PDF#

[2] http://www.noe.gv.at/service/politik/landtag/LandtagsvorlagenXVI/05/532/532B6.pdf