Eingelangt am 14.07.2006
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ANFRAGE
der Abgeordneten
Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend das
Ignorieren der Terrorgefahr bei grenznahen AKW durch die Bundesregierung
Der 11. September 2001 war der Tag des
bislang größten und folgenreichsten terroristischen Angriffs. Die zerstörten
Zwillingstürme der World Trade Center erinnern aber auch daran, dass die
staatliche Sicherheitspolitik auf diese Gefahren nicht vorbereitet war.
Über eines herrscht in Europa Einigkeit:
Offene Gesellschaften können sich nie vollständig gegen terroristische
Bedrohungen schützen. Aber sie können eines tun: Sie können dafür sorgen, dass
Terroristen keine Chance haben, die schlimmsten denkbaren Katastrophen
auszulösen. An der Spitze diese Katastrophen steht ein erfolgreicher Angriff
auf ein Atomkraftwerk.
Fünf Atomkraftwerke in der Nähe der
österreichischen Grenzen sind gegen einen terroristischen Angriff nicht
geschützt: Isar 1, Dukovany, Mochovce, Bohunice und Paks. Sie sind nicht gegen
einen Flugzeugabsturz ausgelegt. Dukovany, Mochovce, Bohunice und Paks verfügen
über keine Schutzhülle.
Ein Terrorangriff ist jederzeit möglich.
Mit einem Frachtflugzeug oder einem Hubschrauber, mit Lenkwaffen oder einem
Kommando, das in den Reaktor eindringt – keines der fünf gefährlichsten AKW ist
gegen einen dieser Fälle sicher. Gelingt der Anschlag, könnte innerhalb einer
Stunde der Reaktorkern schmelzen und eine Atomkatastrophe ungeahnten Ausmaßes
auslösen. Die verseuchte Fläche kann größer als das österreichische
Staatsgebiet sein. Wien als größte
betroffene Stadt hat nur für rund zwei Prozent der Bevölkerung Schutzräume. In anderen
Bundesländern sind es nicht wesentlich mehr. Für die Regierung gibt es Schutz
im Bunker in der Salzburger Liechtensteinklamm. Die große Mehrheit der
österreichischen Bevölkerung bleibt ungeschützt.
Trotzdem ignorieren die Regierungen der
AKW-Staaten und auch die österreichische Bundesregierung diese Gefahr.
Obwohl der Nationalrat der Bundesregierung
im Jänner 2004 per Antrag einen klaren Auftrag erteilt hat, wurde bisher nichts
getan, um das Risiko von Terroranschlägen auf grenznahe AKW auszuschließen.
Wörtlich wurde die Bundesregierung vom Nationalrat aufgefordert:
sich auf EU-Ebene für die rasche
Überprüfung aller europäischer AKW hinsichtlich Terrorsicherheit (v.a.
Terror-Attacken mit Flugzeugen) einzusetzen und für eine entsprechende Diskussion
und für die Einrichtung bzw. Ausweitung von Flugverbotszonen um alle europäischen Nuklearanlagen einzutreten
und in Folge aktiv für die Schließung jener – veralteten – Anlagen einzutreten,
für die keine ausreichende Sicherheit gegenüber Terror-Anschlägen mit
Flugzeugen gegeben ist.
Bis heute hat die Bundesregierung nichts
erreicht. Eine entsprechende Initiative während der österreichischen
Präsidentschaft ist nicht bekannt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen
daher folgende
ANFRAGE:
- Was haben Sie seit den Terroranschlägen vom 11.9.2001 auf das
World Trade Center in Ihrem Wirkungsbereich auf bilateraler, europäischer
und internationaler Ebene unternommen, um den Terrorschutz bei bestehenden Atomkraftwerken in
Europa und an Österreichs Grenzen zu erhöhen? Bitte um genaue Auflistung
aller von Ihnen bzw. Ihrem Ressort gesetzten Schritte.
- Was haben Sie in diesem Zusammenhang zur EU-Initiative zum
„Schutz kritischer Infrastrukturen“ beigetragen?
- Wie bewerten Sie die diesbezügliche Diskussion auf EU-Ebene?
- Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die jüngsten Äußerungen
deutscher Bundesländervertreter aus den Unionsparteien, die Laufzeiten
alter AKW über die im deutschen Atomkonsens vereinbarten Zeiten hinaus
verlängern zu wollen?
- Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund die Absichten des
Betreibers des ungarischen AKW Paks, die Betriebsdauer signifikant
verlängern zu wollen?
- Haben Sie sich auf EU-Ebene für die rasche Überprüfung aller
europäischer AKW hinsichtlich Terrorsicherheit (v.a. Terror-Attacken mit
Flugzeugen) eingesetzt? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum
nicht?
- Sind Sie auf EU-Ebene für eine entsprechende Diskussion und für
die Einrichtung bzw. Ausweitung von Flugverbotszonen um alle europäischen Nuklearanlagen
eingetreten? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum nicht?
- Sind Sie in Folge aktiv für die Schließung jener – veralteten –
Anlagen eingetreten, für die keine ausreichende Sicherheit gegenüber
Terror-Anschlägen mit Flugzeugen gegeben ist? Falls ja, mit welchem
Ergebnis bzw. wann werden die unsichern AKW stillgelegt? Falls nein, warum
nicht?
- Haben Sie in direkten bilateralen Verhandlungen konkrete
Vereinbarungen und Schritte mit den AKW-Nachbarstaaten Deutschland,
Tschechien, Slowakei und Ungarn hinsichtlich der Erhöhung der
Terrorsicherheit der besonders ungeschützten AKW Isar 1, Dukovany,
Mochovce, Bohunice und Paks verlangt? Falls ja, mit welchem Ergebnis bzw.
wann werden die unsichern AKW stillgelegt? Falls nein, warum nicht?
- Haben Sie in direkten bilateralen Verhandlungen die sofortige
Abschaltung der fünf am höchsten gefährdeten Anlagen Isar 1, Dukovany,
Mochovce, Bohunice und Paks verlangt? Falls ja, mit welchem Ergebnis bzw.
wann werden die unsichern AKW stillgelegt? Falls nein, warum nicht?
- Haben Sie das Thema Terrorsicherheit von AKW während der
österreichischen EU-Präsidentschaft auf die politische Agenda gesetzt?
Falls ja, mit welchem Ergebnis bzw. wann werden die unsichern AKW
stillgelegt? Falls nein, warum nicht?
- Haben Sie sich für
die Erarbeitung einer europäischen Richtlinie zum Thema AKW und
Terrorsicherheit eingesetzt? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein,
warum nicht?
- Haben Sie sich für
die Aktualisierung der Nuclear Safety Convention mit besonderem
Bezug auf die terroristische Bedrohung von Nuklearanlagen eingesetzt?
Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum nicht?
- Haben Sie sich für
eine Erhöhung der Betreiberhaftungssummen auf das potentielle Schadensniveau
terroristischer Anschläge auf AKW eingesetzt? Falls ja, mit welchem
Ergebnis? Falls nein, warum nicht?
- Existiert ein bundesweiter Katastrophenplan in Österreich für den Fall eines terroristischen
Angriffs auf ein Atomkraftwerk? Falls nein, warum nicht? Falls ja, welchen
Inhalt hat dieser Plan?
- Hat es in Österreich jemals eine Übung für den
katastrophalen Ernstfall eines Terroranschlags auf ein grenznahes AKW
gegeben? Falls ja, wann, wo und mit wie vielen Beteiligten? Falls nein,
warum nicht bzw. wann wird es eine solche Übung geben?