4728/J XXII. GP

Eingelangt am 21.09.2006
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Dringliche Anfrage

gemäß § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Mag. Molterer

Kolleginnen und Kollegen

 

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend weitere Entlastung der Bürger und Unternehmer

 

Ende letzter Woche hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in ihrer Herbst­vorschau die Wachstumsprognose der österreichischen Wirtschaft für 2006 deutlich erhöht und rechnet nun mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,2 Prozent. Im Juni waren die Notenbankexperten noch von einem Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent ausgegangen.

 

Die OeNB ist damit optimistischer als der Internationale Währungsfonds (IWF) und die österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute. Der IWF erwartet laut seiner Mitte letzter Woche veröffentlichten Prognose ein Wachstum für Österreich von

2,8 Prozent (nach zuvor 2,2 Prozent). Es ist zu erwarten, dass die beiden großen Forschungsinstitute Österreichs, WIFO und IHS, diese Erwartungen in ihrer Herbstprognose 2006, die Anfang Oktober präsentiert wird, bestätigen werden.

 

Laut einer Studie des IHS von Ende Juli wird die österreichische Wirtschaft im Zeitraum 2006 bis 2010 um durchschnittlich 2,2 % pro Jahr und damit um ¾ Prozentpunkte höher wachsen als im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.

 

Einer der Gründe für dieses überdurchschnittliche Wachstum ist die von dieser Bundesregierung umgesetzte Steuerentlastung mittels der Steuerreform 2004/2005 mit einem Gesamtvolumen von über 3 Mrd. Euro. Besonders niedrige Einkommensbezieher, Familien und der Mittelstand profitierten in erster Linie davon. Von 5,9 Millionen Steuerpflichtigen zahlen 43 Prozent überhaupt keine Lohn- und Einkommenssteuer mehr. Infolge der Senkung der Körperschaftssteuer von 34 % auf 25 % für Kapitalgesellschaften und infolge der steuerlichen Entlastungen der Personengesellschaften mittels des KMU-Paketes Mitte 2006 wurden und werden tausende Arbeitsplätze gesichert bzw. geschaffen.

 

Der Konjunkturmotor Nr. 1 ist der Export: Österreich ist Exporteuropameister, denn seit dem Jahre 2000 sind die Warenexporte um 44 % gestiegen - so hoch wie in keinem anderen Land Europas. Bereits jeder zweite österreichische Arbeitsplatz wird durch Exporte gesichert. Jeder zusätzliche Prozentpunkt an Exportwachstum schafft zusätzlich 7.000 Arbeitsplätze bzw. trägt zur Sicherung dieser Arbeitsplätze bei. Mitte dieses Jahres wurde zudem auch die 100 Mrd. Euro-Schallmauer bei den Exporten durchbrochen. Dieser starke Exportanstieg führt seit dem Jahre 2004 auch zu einer positiven Leistungsbilanz. 2005 erreichte Österreich ein Leistungsbilanzergebnis von +3 Mrd. Euro (1,2% des BIP) und damit im Euroraum-Vergleich (-0,3%) ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis.

 

Im aktuellen World Competitiveness Yearbook konnte sich der Wirtschaftsstandort Österreich im Gesamtranking wieder um 4 Ränge verbessern und liegt nun im Jahr 2006 auf dem 13. Platz von insgesamt 61 geographischen Einheiten (d.h. Länder und Regionen).

 

In der Wettbewerbsfähigkeit, gemessen an den Strukturindikatoren, belegt Österreich hinter Dänemark und Luxemburg laut Lissaboner Scoreboard des Londoner Zentrums für Europäische Reform (CER) den 3. Platz.

 

Auch in der Kaufkraft pro Kopf, gemessen am BIP, ist Österreich das viert-reichste EU-Land (hinter Luxemburg, Irland und Dänemark) und liegt mit 23 % weit über dem

EU-Durchschnitt.

 

 

Ein weiterer wesentlicher Schritt soll im Rahmen der Bürokratiekostensenkung für Unternehmen gesetzt werden, wobei das niederländische „Standard Cost Model“ als Vorbild herangezogen werden soll. Die gesetzlichen Informationsverpflichtungen verursachten in den Niederlanden für die Unternehmen Kosten in Höhe von 16 Mrd. Euro. Eine Senkung um  4 Mrd. Euro soll erzielt werden – 1,4 Mrd. Euro wurden bereits erreicht. Umgelegt auf die österreichische Volkswirtschaft bedeutet dies grob geschätzte Gesamtkosten der Unternehmen in Höhe von 8 Mrd. Euro und ein Einsparungspotential von rund  2 Mrd. Euro.

 

Auch bei der Budgetsanierung hat das „Unternehmen Österreich“ eine Vorbildfunktion. Im Jahre 2000 wurde eine auf Schuldenpolitik aufbauende Budgetpolitik übernommen. Durch eine Änderung der Budgetpolitik konnte bereits in den Jahren 2001 und 2002 ein ausgeglichenes Budget erzielt werden. Die so erreichte Stabilisierung der öffentlichen Finanzen bildete die Voraussetzung für die große Steuerreform 2004/2005. Trotz dieser Steuerreform in Höhe von 3 Mrd. Euro konnte im Jahre 2005 mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 1,5 % ein im Vergleich zu unseren Nachbarländern (Durchschnitt der Eurozone:   -2,8 %) hervorragender Budgetvollzug erzielt werden.

 

Das Ziel der Bundesregierung, die Abgabenquote bis 2010 auf 40 % zu senken wurde bereits erreicht. Für die kommende Legislaturperiode plant die Bundes­regierung einen Impuls, der deutlich unter 40 % führt.

 

Demgegenüber zielt die Politik der SPÖ mehr auf eine Belastung und nicht auf eine Entlastung der Bürger ab.

 

So forderte die SPÖ u. a. wiederholt eine deutliche Erhöhung der Kranken­versicherungs­höchstbeitragsgrundlage auf 5.000 Euro pro Monat, die sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber zu gleichen Teilen trifft (insgesamt 420 Mio.). Auch die SPÖ-Forderung der Mit­einbe­ziehung von Mieterlösen in die Sozialversicherung würde zu einer Verteuerung der Mieten führen.

 

Darüber hinaus droht dem österreichischen Steuerzahler auch eine Belastung infolge der Rettung der BAWAG vor der Insolvenz. So hat die Bundesregierung im Mai 2006 nicht gezögert und rasch die notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung und Stärkung des Finanzplatzes Österreich und zur Rettung der BAWAG getroffen: Das Bundesgesetz betreffend die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG-P.S.K. stellt zur Sanierung des Kreditinstituts eine Haftung des Bundes bis zu einem Höchstbetrag von 900 Mio. Euro, befristet bis 1. Juli 2007, sicher. Korrespondierend zur Haftungsvereinbarung des Bundes mit der BAWAG-P.S.K. wurde mit dem Eigentümer ÖGB eine Vereinbarung getroffen, wonach im Haftungsfall zunächst der ÖGB leistungspflichtig ist, wobei diese Leistungen nicht dazu führen dürfen, dass der ÖGB insolvent wird. Vereinbart wurde unter anderem die Offenlegung der Vermögensverhältnisse des ÖGB einschließlich des Vermögens der Teilgewerkschaften. Die Veröffentlichung der ÖGB-Bilanz durch die ÖGB-Spitze unter Hundstorfer lässt nach wie vor auf sich warten, ebenso wie die Offenlegung des Vermögens des ÖGB, die im „BAWAG P.S.K. - Zukunftssicherungsgesetz“ bis zum 31. Mai 2006 zugesichert wurde. Es stellt  sich die Frage, warum diese – vor allem im Interesse des Steuerzahlers liegende - Aufklärung noch immer nicht erfolgt ist und anscheinend mutwillig hinausgezögert wird. Der Verdacht einer wahltaktischen Vorgangsweise liegt nahe.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Finanzen folgende

 

Anfrage:

 

  1. Die SPÖ-Finanzminister der letzten 30 Jahre haben dieser Bundesregierung einen enormen Schuldenberg aufgrund jahrzehntelanger Defizitpolitik hinterlassen. Wann haben diese mit dem „Unternehmen Österreich“ einen Überschuss erwirtschaftet? Wieviel an Zinsen müssen jährlich für den überlassenen Schuldenberg gezahlt werden?

 

 

  1. Die SPÖ gibt vor, in einer zukünftigen Regierung den privaten (500 Euro Entlastung) und betrieblichen Mittelstand entlasten zu wollen. Welche Maßnahmen hat diese Bundesregierung bereits zur Entlastung dieser Gruppen umgesetzt?

 

 

  1. Die SPÖ fordert einerseits eine Entlastung des Mittelstandes andererseits aber eine massive Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage der Kranken­versicherung. Die Grünen fordern eine Erhöhung der Mineralölsteuer auf Diesel. Beide Parteien sprechen sich jedoch gegen eine Abschaffung der Erbschafts-/ und Schenkungssteuer aus. Wie beurteilen Sie diese Vorschläge der Opposition und mit welchen Auswirkungen wäre zu rechnen?

 

 

  1. Was sind für Sie die wesentlichen Pfeiler einer zukünftigen Steuerreform und wann soll diese umgesetzt werden?

 

  1. Wie viele Mittel wurden im Jahre 1999 für die Arbeitsmarktpolitik ausgegeben – wie viele im Jahr 2006? Wie haben sich diese Investitionen in den Arbeitsmarkt im EU-weiten Vergleich der Arbeitsmarktdaten ausgewirkt?

 

  1. Wie hat sich Österreich im internationalen Vergleich als Wirtschaftsstandort nunmehr positioniert? Welche Bilanz können Sie für das „Unternehmen Österreich“ ziehen?

 

  1. Im finanzpolitischen Skandal der  BAWAG betreffend entstand dem Österreichischen Gewerkschaftsbund ein Schaden von mehr als 3 Milliarden Euro. Das Gehalt wie vieler Arbeitnehmer könnte ein Jahr lang damit bezahlt werden?

 

  1. Wie hoch war die Abfertigung des ehemaligen Generaldirektors der BAWAG und SPÖ-Mitglieds, des inzwischen inhaftierten Helmut Elsner, und wie lange muss ein durchschnittlicher Verdiener dafür arbeiten?

 

  1. Der Vorsitzende des Personenkomitees für Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Bundeskanzler Vranitzky, hat in einem Format-Interview bestätigt, 1 Million  Schilling für Beratungen rund um die Euro-Einführung bis 2000 von Wolfgang Flöttl erhalten zu haben. Wann war diese?

 

  1. Können Sie ausschließen, dass Gelder vom Eigentümer der BAWAG, dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, an die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) geflossen sind?

 

 

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR dringlich zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.