5/JPR XXII. GP

Eingelangt am 10.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Maga. Melitta Trunk, Rudolf Parnigoni und GenossInnen
an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend eigenartige Vorsitzführung im Nationalrat in den Abendstunden des 9. Juli
2003

Die Vorsitzführung im Nationalrat erfolgt in erster Linie auf der Basis der Geschäftsordnung
des Nationalrates sowie auf der Grundlage bestimmter Gewohnheiten und Gepflogenheiten.
In den Abendstunden der Nationalratssitzung vom 9. Juli war - davon abweichend - eine sehr
eigenartige Verhaltensweise des Ersten Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol bei
der Vorsitzführung festzustellen:

• Bei der Bezeichnung eines Abstimmungsgegenstandes, nämlich eines Abkommens mit den
Vereinten Nationen, wählte der Vorsitzende folgende Formulierung: „Wir gelangen nun zur
Abstimmung über das Abkommen .......... betreffend die Errichtung eines gemeinsamen Fonds

zur Finanzierung größerer Reparaturen und Erneuerungen im internationalen Zentrum Wien

- „jetzt kennen wir uns aus" - in 11 d.B........"

Das Ergebnis der Abstimmung gab der Präsident wie folgt bekannt: „Das ist einstimmig
angenommen. Wir freuen uns für die entern Gründ"

Die Wortmeldung des Abgeordneten Josef Broukal gab der Vorsitzende bekannt mit den
Worten: „Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Pepi Broukal". Der gleiche
Vorsitzende würde voraussichtlich dagegen protestieren, wenn man den Bundeskanzler aus
den Reihen anderer Parteien als „Wolferl Schüssel" oder die Außenministerin als „Betty
Ferrero" bezeichnen würde.

• Nach dem Ende der Rede des Abgeordneten Broukal, dessen Redezeit sich völlig im
Rahmen der Geschäftsordnung bewegt hatte, fühlte sich der vorsitzführende Präsident Dr.
Khol zu folgender Bemerkung veranlasst: „Abgeordneter Broukal hat sich eine Redezeit von
4 Minuten vorgenommen und 10 Minuten geredet. Ich bedanke mich dafür."

Die nachfolgende Rede der Abgeordneten Frau Dr. Gertrude Brinek kündigte Präsident
Khol in folgender Weise an: „Als nächste zu Wort kommt Frau Dr. Gertrude Brinek.
Freiwillige Redezeit 6 Minuten. Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach."
Nach
Meinung der unterzeichnenden Abgeordneten stehen einem vorsitzführenden Präsident solche
Bemerkungen über eine Rednerin nicht zu.

• Die Wortmeldung der Abgeordneten Dipl.-Ing. Elke Achleitner leitete der Präsident in der
gleichen Sitzung folgendermaßen ein: „Nunmehr gelangt Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke
Achleitner ans Rednerpult. Sie wünscht 5 Minuten, ich kann es aber nicht glauben." Auch
diese Bemerkung gegenüber einer weiblichen Abgeordneten verdient eine eindeutige
Zurückweisung.


Es hat in der gleichen Sitzung des Nationalrates während der Vorsitzführung von Präsident
Khol noch zahlreiche weitere ähnliche Beispiele gegeben.

Des weiteren reagierte der vorsitzführende Präsident Khol nicht auf die unfassbare Wortwahl
der Abg. Fuhrmann bei der Debatte zum Studienförderungsgesetz: „Sie tun ja gerade so, als
ob es in Österreich Reiche und Arme geben würde und es nur den Reichen ermöglicht würde
zu studieren und Kinder von vermögenden Familien sowieso alles in den Hintern
reingeschoben bekämen und selber nichts mehr leisten müssten."

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Präsidenten des Nationalrates
folgende

Anfrage

1.     Welche Umstände haben Sie in den Abendstunden der Plenarsitzung vom 9. Juli zu
diesen unpassenden Bemerkungen bei der Vorsitzführung veranlasst?

2.  Werden Sie in Zukunft bei der Vorsitzführung im Nationalrat sich auf die
ordnungemäße Leitung der Sitzungen und auf die Handhabung der Geschäftsordnung
beschränken und unpassende Bemerkungen, insbesondere gegenüber weiblichen
Abgeordneten unterlassen?