Eingelangt am 27.04.2005
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ANFRAGE
der Abgeordneten
Öllinger, Freundinnen und Freunde
an den Präsidenten des
Nationalrats
betreffend Rechtsfragen
im Zusammenhang mit Zahlungen, die die FPÖ an den Abgeordneten Gaugg für die
Zurücklegung seines Mandates geleistet hat
Am 5.8.02 verkündete der damalige
FPÖ-Genaralsekretär Schweitzer, dass Reinhart Gaugg als Abgeordneter zum
Nationalrat zurückgetreten sei. Der Rücktritt kam für die Öffentlichkeit
überraschend. Die damalige Parteiobfrau Riess Passer meinte in diesem
Zusammenhang: „Wir sind noch Deine Freunde.“
Das News 16/05 berichtet über eine
Vereinbarung, wonach Gaugg von der FPÖ im Zusammenhang mit seinem Rücktritt
eine Zusage über die Zahlung von € 300.000 erhalten hat. Die Vorgänge im August
02 – inkl der Aussage Riess Passers – erscheinen somit in einem neuen Licht.
Es stellt sich die Frage, wie sich
derartige Zahlungen auf den Anspruch auf Bezugsfortzahlung nach dem BBezG
auswirkt.
In Hinblick auf datenschutzrechtliche
Erwägungen beschränkt sich die folgende
ANFRAGE:
auf sich aus dem Einzelfall ergebenden
Rechtsfragen:
- Stellen Zahlungen einer Partei oder eines Klubs an einen Mandatar
auf Grund eines Werkvertrages eine „sonstige Erwerbstätigkeit“ iS des §6
Abs 2 Z. 2 BBezG in der im August 02 geltenden Fassung dar?
- Wäre Frage 1 anders zu beantworten, wenn zwar Zahlungen
geleistet wurden, der Mandatar aber die vereinbarte Gegenleistung nicht
erbracht hat?
- Wäre Frage 1 anders zu beantworten, wenn es sich von vornherein
um einen bloßen „Scheinvertrag“ handelt?
- Stellen Zahlungen einer Partei oder eines Klubs an einen
Mandatar (im News Bericht inhaltlich passend, aber rechtlich unzutreffend
als „Unterhalt“ bezeichnet!), die diesen dazu bewegen sollen, auf sein
Mandat zu verzichten, Einkünfte aus „sonstiger Erwerbstätigkeit“ iS des §6
Abs 2 Z. 2 BBezG dar.
- Entsprächen solche Zahlungen der Zweckwidmung des
KlubfinanzierungsG?
- Ist der Präsident des Nationalrates verpflichtet,
Verdachtmomenten nachzugehen, dass ein Mandatar die Meldung einer
„sonstige Erwerbstätigkeit“ unterlassen und daher Bezugsfortzahlung zu
Unrecht in Anspruch genommen hat?
- Wenn ja, stellt ein Medienbericht ein ausreichendes
Verdachtsmoment dar?
- Berühren Zahlungen einer Partei oder eines Klubs an einen
Mandatar, die diesen dazu bewegen sollen, auf sein Mandat zu verzichten,
die Würde des Nationalrates? Erwecken solche Zahlungen nicht den Eindruck,
dass Hauptzweck der Ausübung von Mandaten der betreffenden Partei die
Erzielung eines Einkommens und nicht die Vertretung der WählerInnen ist?
- Wie würden Sie in so einem Fall ihre Aufgabe wahrnehmen, über
die Würde des Nationalrates zu wachen (§13 GOG)?