39/JPR XXII. GP

Eingelangt am 20.01.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Caspar Einem

und Genossen

an den Präsidenten des Nationalrates Univ. Prof. Dr. Andreas Khol

betreffend Brief an den Präsidenten des Europäischen Parlaments zur Frage der
Abhaltung von parlamentarischen Foren über die weitere Vorgangsweise im Zusammenhang
mit der Europäischen Verfassung.

Mit Datum vom 16. Jänner 2006 richteten die Präsidenten des österreichischen Nationalrates,
des deutschen Bundestages und der finnischen Eduskunta einen gemeinsamen Brief an den
Präsidenten des Europäischen Parlaments, mit dem sie auf die vom Europäischen Parlament
ausgesprochene Einladung zu gemeinsamen Aktionen für einen Dialog zur Zukunft Europas
ablehnten. Der Präsident des österreichischen Nationalrates hat in Interviews mit
verschiedenen Medien auch zu den Gründen, die für seine Entscheidung für diesen Brief
maßgeblich waren Stellung genommen. Es erscheint nicht bloß wert, sondern notwendig,
auch die Mitglieder des Nationalrates über die Beweggründe und Prämissen für diesen Brief
zu informieren.

Aus diesem Grunde stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Präsidenten des
Nationalrates, Univ. Prof. Dr. Andreas Khol die folgende

Anfrage

1.  Warum erfahren Angehörige des Nationalrates über diesen Brief, der doch relativ
grundsätzliche Weichenstellungen vornimmt, nur aus den Medien?

2.              Gibt es in Ihren Augen gute Gründe für die Zurückhaltung der nationalen Parlamente,
sich an der breiten Debatte über die Zukunft Europas zu beteiligen?

3.              Sollten die von Ihnen angeführten Gründe in der mangelhaften Ausstattung mit
Ressourcen gelegen sein: Wäre es die Sache nicht wert, das Parlament mit den
notwendigen Ressourcen auszustatten?

4.              Halten Sie den von Österreich betriebenen Aufwand für die Durchführung der
Präsidentschaft für übertrieben?


5.              Wie viel soll den Parlamenten die Zukunft Europas wert sein?

6.              Gibt es in Ihren Augen gute Gründe für die Zurückhaltung der nationalen Parlamente,
sich an der breiten Debatte über die Zukunft der Europäischen Verfassung zu
beteiligen?

7.              Sollten die von Ihnen angeführten Gründe in der mangelhaften Ausstattung mit
Ressourcen gelegen sein: Wäre es die Sache nicht wert, das Parlament mit den
notwendigen Ressourcen auszustatten?

8.              Halten Sie den von Österreich betriebenen Aufwand für die Durchführung der
Präsidentschaft für übertrieben?

9.              Wie viel soll den Parlamenten die Zukunft von Europas Verfassung wert sein?

10.       Gibt es in Ihren Augen gute Gründe für die Zurückhaltung der nationalen Parlamente,
sich an der breiten Debatte über die Zukunft Europas bzw. der Europäischen
Verfassung gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu beteiligen?

11.       Können Sie ausschließen, dass bei Ihrer Ablehnung der Einladung durch das
Europäische Parlament Funktionseifersucht im Verhältnis des Präsidenten eines
nationalen Parlaments gegenüber dem Europäischen Parlament eine Rolle gespielt
hat?

12.       Wenn ja: halten Sie das für eine angemessene Entscheidungsgrundlage?

13.       Welcher Gesamteindruck über die Haltung des Nationalrates zum europäischen
Projekt kommt durch Ihr Schreiben zum Ausdruck?

14.       Sind Sie wirklich der Meinung, Souverän über die europäische Verfasstheit seien die
Regierungen und nicht in letzter Konsequenz das Volk?

15.       Durch wen soll das Volk vertreten werden?

16.       Ist Ihre Position mit der des gegenwärtigen Bundeskanzlers kompatibel, der sich
wiederholt im Nationalrat für eine (gesamt-) europäische Volksabstimmung über die
Europäische Verfassung ausgesprochen hat?

17.       Sollte nach Ihrer Auffassung der österreichische Nationalrat in Fragen der
Weiterentwicklung der EU und der Europäischen Verfassung Zurückhaltung üben und
bloß dann, wenn der gegenwärtige Bundeskanzler gehandelt hat, seine Zustimmung
freudig zum Ausdruck bringen?

18.       Falls ja, halten Sie das nicht für Selbstentmachtung der Volksvertretung?

19.       Haben Sie bedacht, dass Ihre im Brief zum Ausdruck kommende Position darauf
hinaus läuft, das parlamentarische Vertretungsrecht in Fragen der Weiterentwicklung
der Europäischen Union an das Europäische Parlament abzutreten?


20.      Halten Sie die in Ihrem Brief zum Ausdruck kommende Position für kompatibel mit
der Position, die der österreichische Ratsvorsitzende am 18. 1. 2006 bei seiner Rede
vor dem Europäischen Parlament, vor allem in Hinblick auf die beabsichtigte enge
Kooperation mit diesem zum Ausdruck gebracht hat?

21.      Wer soll mit dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten?