52/JPR XXII. GP

Eingelangt am 21.06.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher

und GenossInnen

an den Präsidenten des Nationalrates

betreffend Nicht-Beantwortung der Anfrage 4152/J XXII. GP.-NR durch den Bundeskanzler

Dass die Regierung Schüssel vom verfassungsrechtlich verankerten parlamentarischen
Interpellationsrecht nicht viel hält, ist bekannt. Besonders deutlich zeigt sich das an der
Beantwortung schriftlicher Anfragen. Sie werden entweder mangelhaft oder gar nicht
beantwortet. So geschehen im Falle der Anfragebeantwortung 4089/AB XXII. GP.-NR des
Bundeskanzlers zum Thema Offenlegung der Eurofighter-Kaufverträge.

Zum Hintergrund: Am 27. April des vorigen Jahres warf Bundeskanzler Schüssel anlässlich
einer Dringlichen Anfrage zur Eurofighter-Beschaffung der anfragestellenden
sozialdemokratische Fraktion folgende bemerkenswerte Worte entgegen: „(...) da sollten sie
einfach die Vertragstexte genauer studieren (...)"
(Nationalrat,
XXII. GP, Stenographisches
Protokolls, 107. Sitzung, S. 26). Da diese Aussage der bisher von der Regierung vertretenen
Argumentationslinie, derzufolge die Eurofighter-Kaufverträge aufgrund von
Geheimhaltungserfordernissen nicht einsehbar seien und daher auch nicht offengelegt werden
könnten, zuwiderläuft, wurde der Bundeskanzler mittels schriftlicher Anfrage um Auskunft
darüber geben, wie selbiger erklären könne, dass seiner Auffassung nach die Eurofighter-
Kaufverträge einsehbar seien, allen voran sein Regierungskollege, Verteidigungsminister
Platter, sich aber bis dato mit Händen und Füße wehre, gerade dies den Oppositionsparteien
SPÖ und Grüne zuzugestehen.

Die Antwort des Adressaten der Anfrage war eine Nicht-Antwort. Dazu die wesentliche
Passage: ,In meiner Antwort habe ich nicht nur das in der Anfrage genannte Zitat gesagt,
sondern auch zu dieser Frage - wie im Stenographischen Protokoll nachzulesen ist —
ausführlich Stellung genommen." Im Anschluss an diesen Versuch, sich über eine für den
Bundeskanzler allem Anschein nach höchst unangenehme Frage hinwegzuschwindeln, wird
zum x-ten Mal auf die auch von seinen Regierungsmitgliedern immer wieder ins Treffen
geführte   vertragliche   Prüfung   der   Eurofighter-Kaufverträge   durch   den   Rechnungshof


hingewiesen. Danach erfolgt noch eine Fleißaufgabe in Form der Wiederholung der im
Rahmen der „Dringlichen" getätigten Ausführungen zur Haftungsfrage. Eine Antwort auf die
oben erwähnten Anfrage bleibt der Bundeskanzler hingegen schuldig.

Zwar sieht das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates keinerlei Prüfungskompetenz des
Präsidenten hinsichtlich der pflichtgemäßen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage
durch ein Regierungsmitglied vor, § 13 Abs. 1 GOG verpflichtet denselben jedoch, über die
Würde und die Rechte des Nationalrates zu wachen. Dies und das in den „Salzburger
Nachrichten" (08.05.2006) abgelegte Bekenntnis des Nationalpräsidenten für eine
„kontrollfreundliche Auslegung des Anfragerechts" nehmen die unterzeichneten
Abgeordneten zum Anlass einer an selbigen adressierten nachstehenden

Anfrage:

1.              Teilen Sie die Auffassung, dass die Anfragebeantwortung 4089/AB XXII. GP.-NR
keine Antwort auf die Frage 1 der Anfrage 4152/J
XXII. GP.-NR darstellt?

2.              Wenn ja, wurden hierdurch die Würde und die Rechte des Nationalrates verletzt?

3.              Falls Sie Frage 2 bejahen: Werden Sie an den Bundeskanzler herantreten und ihn
um die Beantwortung der Anfrage 4152/J XXII. GP.-NR ersuchen?

4.              Wären Sie bereit, die gegenständliche Anfrage als zu behandelnden Punkt auf die
Tagesordnung der Präsidiale zu nehmen?

5.              Bei  Verneinung von  Frage   1:  Aus  welchen  Gründen teilen  Sie  nicht  die
Auffassung der Anfragestellerin?