Anschrift

An
Präsident des Nationalrates
Dr. Karl Renner-Ring  3
1017 Wien

 

BMF - IV/4 (IV/4)
Himmelpfortgasse 4-8
Postfach 2
A-1015 Wien

Sachbearbeiterin:
Mag. Judith Herdin-Winter
Telefon +43 (1) 514 33 2742
e-Mail Judith.Herdin-Winter@bmf.gv.at
DVR: 0000078

GZ. BMF-010221/0364-IV/4/2006

 

 

 

Betreff:

»Internationales Doppelbesteuerungsgesetz - IDBG

 

Erledigungstext:

»Das Bundesministerium für Finanzen übermittelt den angeschlossenen Entwurf zur gefälligen Kenntnisnahme mit dem Bemerken, dass dieser Entwurf den begutachtenden Stellen zur Stellungnahme bis längstens »30. September 2006 übermittelt wurde.

 

Gleichzeitig wurden die Interessenvertretungen ersucht, ihre Stellungnahme in elektronischer Form sowie in 25facher Ausfertigung dem Herrn Präsidenten des Nationalrates zuzuleiten.

 

 

 

Anlage

 

28.06.2006
Für den Bundesminister:
iV Dr. Heinz Jirousek
(elektronisch gefertigt)

 


Entwurf

Bundesgesetz über die Vermeidung einer internationalen Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Territorien ohne Völkerrechtssubjektivität (Internationales Doppelbesteuerungsgesetz – IDBG)

§ 1. (1) Der Bundesminister für Finanzen kann zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu einem ausländischen Territorium, dem keine Völkerrechtssubjektivität zukommt, anordnen, dass in Österreich ansässige Personen hinsichtlich bestimmter Gegenstände der Steuererhebung von der österreichischen Steuerpflicht ausgenommen sind oder dass auf solche Gegenstände entfallende ausländische Steuern ganz oder teilweise auf die inländischen Steuern anzurechnen sind.

(2) Die in Abs. 1 vorgesehene Steuerentlastung kann sinngemäß auch zu Gunsten von Personen, die im ausländischen Territorium ansässig sind, angeordnet werden.

(3) Maßnahmen im Sinne der Abs. 1 und 2 können durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen angeordnet werden. Der Inhalt und die Durchführung dieser Verordnung richten sich auf der Grundlage der Gegenseitigkeit nach den Grundsätzen des internationalen Steuerrechts.

(4) Der Bundesminister für Finanzen oder ein von ihm bevollmächtigter Vertreter ist ermächtigt, als zuständige Behörde unmittelbar mit der obersten Abgabenbehörde des ausländischen Territoriums oder einem von dieser Behörde bevollmächtigten Vertreter als zuständiger Behörde des ausländischen Territoriums nach Maßgabe der §§ 2 und 3 zu verkehren.

§ 2. (1) Ist eine Person der Auffassung, dass Maßnahmen der Republik Österreich oder des ausländischen Territoriums oder beider Seiten für sie zu einer Besteuerung führen oder führen werden, die einer Verordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 nicht entspricht, so kann sie unbeschadet der nach dem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Rechtsmittel ihren Fall der zuständigen Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 unterbreiten. Der Fall muss innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme unterbreitet werden, die zu einer der Verordnung nicht entsprechenden Besteuerung führt.

(2) Hält die zuständige Behörde die Einwendung für begründet und ist sie selbst nicht in der Lage, eine befriedigende Lösung herbeizuführen, so wird sie sich bemühen, den Fall durch Verständigung mit der jeweils anderen zuständigen Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 so zu regeln, dass eine der Verordnung nicht entsprechende Besteuerung vermieden wird. Die Verständigungsregelung ist ungeachtet der Fristen des innerstaatlichen Rechts durchzuführen.

(3) Die zuständigen Behörden im Sinne des § 1 Abs. 4 werden sich bemühen, Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung einer Verordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 entstehen, in gegenseitigem Einvernehmen zu beseitigen. Sie können auch gemeinsam darüber beraten, wie eine Doppelbesteuerung in Fällen vermieden werden kann, die in der Verordnung nicht behandelt sind.

(4) Die zuständigen Behörden im Sinne des § 1 Abs. 4 können zur Herbeiführung einer Einigung im Sinne der Abs. 1 bis 3 unmittelbar miteinander verkehren, gegebenenfalls auch durch eine aus ihnen oder ihren Vertretern bestehende gemeinsame Kommission.

§ 3. (1) Die zuständige Behörde der Republik Österreich im Sinne des § 1 Abs. 4 tauscht mit der zuständigen Behörde des ausländischen Territoriums auf Grundlage der Gegenseitigkeit die Informationen aus, die zur Durchführung einer Verordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 oder des innerstaatlichen Rechts betreffend die unter diese Verordnung fallenden Steuern erforderlich sind, soweit die dem innerstaatlichen Recht entsprechende Besteuerung nicht dieser Verordnung widerspricht. Alle Informationen, die die Republik Österreich erhalten hat, sind ebenso geheim zu halten wie die auf Grund des innerstaatlichen Rechts beschafften Informationen und dürfen nur den Personen oder Behörden (einschließlich der Gerichte und der Verwaltungsbehörden) zugänglich gemacht werden, die mit der Veranlagung oder Erhebung, der Vollstreckung oder Strafverfolgung oder mit der Entscheidung von Rechtsmitteln hinsichtlich der unter diese Verordnung fallenden Steuern befasst sind. Diese Personen oder Behörden dürfen die Informationen nur für diese Zwecke verwenden. Sie dürfen die Informationen in einem öffentlichen Gerichtsverfahren oder in einer Gerichtsentscheidung offen legen. Auch in einem solchen Fall darf die Vertraulichkeit personenbezogener Daten nur durchbrochen werden, soweit dies zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines Anderen oder überwiegender öffentlicher Interessen notwendig ist.

(2) Abs. 1 ist nicht so auszulegen, als verpflichte er die Republik Österreich,

        a) Verwaltungsmaßnahmen durchzuführen, die von den Gesetzen und der Verwaltungspraxis der Republik Österreich oder des ausländischen Territoriums abweichen;

        b) Informationen zu erteilen, die nach den Gesetzen oder im üblichen Verwaltungsverfahren der Republik Österreich oder des ausländischen Territoriums nicht beschafft werden können;

        c) Informationen zu erteilen, die ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren preisgeben würden oder deren Erteilung dem Ordre public oder den von der Republik Österreich oder dem ausländischen Territorium gewährten Grundrechten, insbesondere auf dem Gebiete des Datenschutzes, widerspräche.

§ 4. Mit dem Vollzug dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Finanzen betraut.


Vorblatt

Problem:

Im Verhältnis zu ausländischen Territorien mit Steuerjurisdiktion, denen keine anerkannte Völkerrechtssubjektivität zukommt, erscheint der Abschluss von Staatsverträgen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung völkerrechtlich verwehrt.

Ziel:

Durch das vorliegende Bundesgesetz soll eine rechtliche Grundlage für die Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit im Verhältnis zu ausländischen Territorien mit Steuerjurisdiktion geschaffen werden, mit denen der Abschluss von Staatsverträgen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen mangels anerkannter Völkerrechtssubjektivität dieser Territorien nicht in Betracht kommt.

Inhalt:

Das Ziel dieses Bundesgesetzes soll im Wesentlichen durch eine Verordnungsermächtigung an den Bundesminister für Finanzen erreicht werden. Dadurch soll auf der Basis der Gegenseitigkeit der Eintritt der internationalen Doppelbesteuerung nach den Grundsätzen des internationalen Steuervertragsrechts beseitigt werden.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch das Bundesgesetz wird einerseits die Attraktivität Österreichs als Zielland für Investitionen von Auslandsunternehmen erhöht, weil Auslandsunternehmen, die Österreich als Stützpunkt für ihre internationalen Geschäftsbeziehungen wählen, durch jede Maßnahme der Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung eine Erweiterung ihres internationalen Betätigungsfeldes erlangen. Andererseits werden hierdurch aber auch von österreichischen Unternehmen in ausländischen Territorien ohne Völkerrechtssubjektivität geplante Investitionen ermöglicht.

Finanzielle Auswirkungen:

Negative finanzielle Auswirkungen des Bundesgesetzes auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Das Bundesgesetz hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich zum Abschluss von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine


Erläuterungen

I. Allgemeiner Teil:

Allgemeine Zielsetzungen:

Mit dem vorliegenden Bundesgesetz soll die innerstaatliche Rechtsgrundlage geschaffen werden, über den Einzelfall hinaus gehende Maßnahmen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung auf der Grundlage der Gegenseitigkeit auch gegenüber solchen ausländischen Territorien mit Steuerjurisdiktion, denen nach den Grundsätzen des Völkerrechts keine Völkerrechtssubjektivität zukommt, zu ergreifen. Damit ist gewährleistet, dass einerseits österreichische Unternehmen, die in wirtschaftlich interessanten ausländischen Gebieten dieser Art Investitionsentscheidungen planen, von der internationalen Doppelbesteuerung entlastet werden. Andererseits wirkt sich dieses Bundesgesetz auch positiv für Standortentscheidungen ausländischer Unternehmen aus, die vom Standort Österreich aus derartige Auslandsinvestitionen planen, oder – bezogen auf Unternehmen des jeweiligen betroffenen ausländischen Territoriums – in Österreich Investitionen vorzunehmen beabsichtigen. Das Bundesgesetz sieht die Erteilung einer Verordnungsermächtigung an den Bundesminister für Finanzen vor. Auf der Grundlage einer derartigen Verordnung könnte im Verhältnis zu den genannten Territorien der Eintritt einer internationalen Doppelbesteuerung unter Berücksichtigung der Grundsätze des internationalen Steuerrechts vermieden werden. Die Erlassung der Verordnung würde unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit stehen, d.h. es müsste gewährleistet sein, dass auch das ausländische Territorium zu einem entsprechenden Steuerverzicht gegenüber österreichischen Unternehmen bereit ist. Dadurch würde eine einseitige Belastung Österreichs zu Gunsten des ausländischen Territoriums vermieden.

 

II. Besonderer Teil:

Zu § 1:

§ 1 regelt zunächst die Rechtsvoraussetzungen zur Erlassung einer Verordnung, mit der der Eintritt einer Doppelbesteuerung im Verhältnis zu Jurisdiktionen, denen keine Völkerrechtssubjektivität zukommt, vermieden werden soll. Er derogiert dabei in seinem Anwendungsbereich der allgemeinen Norm des § 48 der Bundesabgabenordnung. Die Anwendung dieses Bundesgesetzes gegenüber völkerrechtlich anerkannten Staaten ist gemäß § 1 Abs. 1 ausgeschlossen. In diesen Fällen können nur wie bisher internationale Abkommen (Staatsverträge) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung Abhilfe schaffen. Die Art der Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung richtet sich nach den Grundsätzen des internationalen Steuervertragsrechts. § 1 schließt nicht aus, dass die näheren Bestimmungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in einem zwischen den Wirtschaftsverbänden der Republik Österreich und des ausländischen Territoriums abzuschließenden Übereinkommen geregelt werden, welches der Verordnung im Sinne des § 1 als integrierender Bestandteil angefügt wird.

Zu § 2:

§ 2 räumt den von der Verordnung betroffenen Personen das Recht ein, analog zum Verständigungsverfahren im Sinne des Art. 25 des OECD-Musterabkommens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ein Verfahren zur Verständigung zwischen den obersten Finanzbehörden zur Vermeidung des Eintritts oder zur Beseitigung einer internationalen Doppelbesteuerung zu beantragen.

Zu § 3:

Die Bestimmungen des § 3 dienen dazu, den Steuerbehörden Österreichs bzw. des jeweiligen ausländischen Territoriums ohne Völkerrechtssubjektivität den Austausch jener Informationen zu ermöglichen, die zur Anwendung der Verordnung oder des innerstaatlichen Rechts erforderlich sind und deren Erteilung ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung in Österreich durch § 48a der Bundesabgabenordnung verwehrt wäre. Die Bestimmungen orientieren sich im Wesentlichen an Art. 26 des OECD-Musterabkommens betreffend den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden.

Zu § 4:

Die Zuständigkeit zum Vollzug dieses Bundesgesetztes obliegt dem Bundesminister für Finanzen.