Stenographisches Protokoll

1. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Freitag, 20. Dezember 2002

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

1. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode             Freitag, 20. Dezember 2002


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Dauer der Sitzung

Freitag, 20. Dezember 2002: 9.16 – 16.08 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Angelobung der Abgeordneten

2. Punkt: Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsi­denten

3. Punkt: Wahl der Schriftführer und Ordner

4. Punkt: Wahl des Hauptausschusses

5. Punkt: Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Un­verein­barkeitsausschuss, Budgetausschuss)

6. Punkt: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatz­mitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948

*****

Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 2002/2003 ................................................... 7

1. Punkt: Angelobung der Abgeordneten ............................................................. 8

2. Punkt: Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsidenten                     10

Beschluss auf Durchführung einer Debatte ......................................................... 11

Redner:

Dr. Wolfgang Schüssel ............................................................................. 11

Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................. 13

Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 15

Dr. Alexander Van der Bellen .................................................................... 18

Maria Rauch-Kallat ................................................................................... 22

Dr. Josef Cap ............................................................................................ 24


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Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 26

MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 27

Wahlergebnis:

Präsident: Dr. Andreas Khol ........................................................................... 30

Zweiter Präsident: Dr. Heinz Fischer ................................................................ 36

Dritter Präsident: Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn ................................................ 37

Abschiedsansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer ................................. 30

Antrittsrede des Präsidenten Dr. Andreas Khol ............................................... 33

3. Punkt: Wahl der Schriftführer und Ordner ...................................................... 37

Wahlergebnis:

Schriftführer: Jakob Auer, Astrid Stadler, Mag. Dr. Josef Trinkl, Gabriele Binder und Rainer Wimmer ............................................................................................................. 37

Ordner: Ridi Steibl, Gerhard Reheis, Mag. Eduard Mainoni und Dieter Brosz                   38

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 11

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der so genannten Abfangjäger-Nachbeschaffung gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ............................... 67

Bekanntgabe .................................................................................................. 18

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 18

Redner:

Mag. Werner Kogler ................................................................................. 69

Walter Murauer ......................................................................................... 72

Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 73

Dr. Reinhard Eugen Bösch ........................................................................ 74

Dr. Peter Pilz ............................................................................................. 75

Ablehnung des Antrages .................................................................................. 76

Verlangen auf Durchführung der geheimen Abstimmungen in Wahlzellen gemäß § 88 Abs. 3 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 28

Unterbrechungen der Sitzung ........................................................  29, 29, 36, 37

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Proto­kolls dieser Sitzung durch Präsidenten Dr. Andreas Khol ........................................................................ 76

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .......................... 77

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung der Bundes­regierung und der Staatssekretärin und Staatssekretäre, Betrauung der Mit-


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1. Sitzung / Seite 3

glieder der Bundesregierung bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung und seiner Person mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung sowie Betrauung der Staatssekretärin und Staatssekretäre bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Funktionen durch den Bundespräsidenten ........... 7

Ausschüsse

4. Punkt: Wahl des Hauptausschusses ............................................................ 38

5. Punkt: Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Unver­einbarkeitsausschuss, Budgetausschuss) (Anhang S. 78) .................................................................... 39

6. Punkt: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatz­mitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 .................................................................................. 40

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Ergebnisse des Europäischen Rates Kopen­hagen am 12. und 13. Dezember 2002 (1/A) (E)                             41

Begründung: Dr. Michael Spindelegger ........................................................... 42

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................... 45

Debatte:

Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 49

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................... 51

Dr. Caspar Einem ...................................................................................... 52

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................... 54

Klaus Wittauer .......................................................................................... 56

Fritz Grillitsch ........................................................................................... 57

Kurt Eder .................................................................................................. 58

Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 60

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner ........................................... 62

Mag. Ulrike Sima ...................................................................................... 63

Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 64

Gerhard Reheis ......................................................................................... 66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend die für Österreich nicht befriedigenden Ergebnisse des Europäischen Rates von Kopenhagen – Ablehnung                53, 67

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Temelín-Politik der Bun­desregierung – Ablehnung ...........  62, 67

Annahme des Selbständigen Entschließungsantrages [(1/A) (E)] (E 1) ................ 67

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und 13. De­zember 2002 (1/A) (E)


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Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz (B-VG) in der Fassung von 1929 geändert wird (Bundesverfassungsgesetz-Novelle 2003) (2/A)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­verfas­sungs­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird und ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (3/A)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschaffungsstopp für Kampfflugzeuge (Abfangjäger, Überwachungsflugzeuge) (4/A) (E)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungs­ge­setz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz zur Begründung der Gesetzge­bungskompetenz des Bundes in Angelegenheiten des Tierschutzes geändert wird (5/A)

Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbe­dienstetengesetz 1948, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richter­dienstgesetz und das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Be­soldungs-Novelle 2003) (6/A)

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Un­fallrentenbesteuerung (7/A) (E)

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­ver­fassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zur Verankerung des Sozialstaats geändert wird (8/A)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz von Tieren (9/A)

Sigisbert Dolinschek, Dr. Andreas Khol, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Ge­werbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003) (10/A)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz und das Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert werden (11/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz – TSchG) (12/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (13/A)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (14/A)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Untersuchungsaus­schüsse als Minderheitsrecht (15/A)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Taxengesetz 1972, das Universitätsstudiengesetz 1997 und das Universitätsgesetz 2002 geändert werden (16/A)


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Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlegung des für das Wahl­alter maßgeblichen Stichtages (17/A)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Ambulanz­gebühr (18/A)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert und ein generelles Nachtfahr­verbot für LKW über 7,5 t in Österreich eingeführt wird (19/A)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz 1997 geändert wird (20/A)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zur Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz (21/A)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterbe­hand­lung von Volksbegehren trotz Beendigung der Legislaturperiode (22/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend begleitende Maß­nahmen nach der Aufhebung von § 209 StGB (23/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend innerstaatliche Maßnahmen zur Eindämmung des Transit- und Langstrecken-Straßengüter­ver­kehrs (24/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Devisentransaktionssteuer („Tobin-Tax“) (25/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Universitätsgesetz 2002 (26/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Beschluss eines österreichischen Antidiskriminierungsgesetzes (27/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten


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Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Vollziehung Medizinproduktegesetz – Fa. GEWOVIT“ (1/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Bankomatkartenmissbrauch – gesetzwidrige Bankomat­be­din­gungen“ (2/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Bankomatkartenmissbrauch – gesetzwidrige Bankomatbedingungen“ (3/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Bankomatkartenmissbrauch – gesetzwidrige Bankomatbedingungen“ (4/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend „Brandschutz & Sichere Fluchtwege etc. in Diskothe­ken und Pubs“ (5/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „U-Haft wegen HIV-Gefährdung“ (6/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Wissenschaftliche Prüfung von Lebens­mittelfragen: Amtliche Lebensmittelüberwachung – Endbericht“ (7/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend „Internationaler Organhandel und organisierte Kriminalität“ (8/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Internationaler Organhandel und orga­nisierte Kriminalität“ (9/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Internationaler Organhandel und organisierte Kriminalität“ (10/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Actimel – Werbung im Fernsehen“ (11/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Nachttempolimits auf Bundesstraßen (12/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend GATS-Verhandlungen – öffentliche Information – Inhalt der Forderungslisten (13/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das Linzer Verkehrsprojekt 4. Donau­brücke – Westring–Nordring (14/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkauf der bundeseigenen Wohnungen (15/J)


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Beginn der Sitzung: 9.16 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Präsident Dr. Andreas Khol, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie sehr herzlich bitten, die Plätze einzunehmen.

Ich weise darauf hin, dass es nach § 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung dem Präsidenten der ver­gan­genen Gesetzgebungsperiode obliegt, die Sitzung zu eröffnen und die Tagesordnung bis zur Wahl des Präsidenten durchzuführen.

In diesem Sinne eröffne ich – zur anberaumten Zeit – die erste und konstituierende Sitzung des neu gewählten Nationalrates der XXII. Gesetzgebungsperiode.

Ich darf Sie bitten, sich von den Plätzen zu erheben.

(Das auf der Galerie befindliche Wiener Horn-Ensemble intoniert die österreichische Bundes­hymne, die von allen Versammelten stehend mitgesungen wird.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf nunmehr alle Mitglieder des Hohen Hauses sehr herzlich begrüßen, und zwar sowohl jene, die neuerlich in den Nationalrat gewählt wurden, als auch jene, die heute als erstmals gewählte Abgeordnete am Beginn ihrer parlamentarischen Tätigkeit stehen – diesen ein besonders herzliches Willkommen.

Mit großem Respekt begrüße ich unseren Herrn Bundespräsidenten Dr. Klestil, der uns die Ehre gibt, an dieser Sitzung teilzunehmen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall. – Bundes­präsident Dr. Thomas Klestil erhebt sich von seinem Platz und dankt mit einer Verbeugung.)

Es ist Ihnen bekannt, dass wir die Genehmigung erteilt haben, dass der ORF die Sitzung bis zum Ende der Wahl des Präsidiums live mitfilmen kann.

Einberufung der ordentlichen Tagung 2002/2003


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass der Herr Bundespräsident mit Entschlie­ßung vom 17. Dezember gemäß Artikel 27 Abs. 2 der Bundesverfassung den am 24. November 2002 gewählten Nationalrat für den heutigen Tag zur XXII. Gesetzgebungsperiode und gemäß Artikel 28 Abs. 1 der Bundesverfassung zu seiner ordentlichen Tagung 2002/2003 einbe­rufen hat.

Auf Grund dieser Entschließung des Herrn Bundespräsidenten wurde die heutige Sitzung an­beraumt.

Einlauf


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf dem Hohen Haus Mitteilung von folgendem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers machen:

„An den Präsidenten des Nationalrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 29. Novem­ber 2002, GZ. 300.000/2-BEV/2002, die in der Sitzung des Ministerrates am 29. November be-


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1. Sitzung / Seite 8

schlos­sene Demission der Bundesregierung zur Kenntnis genommen hat und die Bundesre­gie­rung und die Staatssekretäre gemäß Artikel 74 Absatz 3 der Bundesverfassung vom Amte ent­ho­ben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident mich und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung gemäß Artikel 71 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer neuer Bundesre­gie­rung mit der Fortführung der Verwaltung und mich mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundes­regierung betraut.

Ferner hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Ver­bin­dung mit Artikel 78 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung den Herrn Staatssekretär Franz Morak, den Staatssekretär Dr. Alfred Finz, Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck sowie Frau Staatssekretärin Mares Rossmann mit der wei­teren Wahrnehmung ihrer Funktionen betraut.

Mit besten Grüßen

Dr. Wolfgang Schüssel.“


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe dies bekannt und bitte um Kenntnisnahme.

*****

Im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung, und zwar des § 3 Abs. 3, berufe ich bis zur end­gültigen Wahl der Schriftführer vier Abgeordnete, die mir namhaft gemacht wurden, zur vor­läufigen Besorgung dieser Funktion: Herrn Abgeordneten Jakob Auer, Frau Abgeordnete Ga­briele Binder, Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé und Herrn Abgeordneten Mag. Werner Kogler.

Dagegen gibt es keine Einwendungen.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung ist niemand.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir in die Tagesordnung eingehen, gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen das Verlangen gestellt haben, den eingebrachten Selbständigen Antrag 1/A (E) der Abgeordneten Dr. Spin­del­egger, Mag. Schweitzer betreffend Ergebnisse des Europäischen Rates von Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002 dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung muss die dringliche Behandlung spätestens um 15 Uhr stattfinden, frühestens kann sie drei Stunden nach Einbringung, also nach Eröffnung der Sitzung stattfinden, also um 12.15 Uhr. Die dringliche Behandlung findet also nach Erle­di­gung der Tagesordnung statt – es sei denn, dass die Zeit 15 Uhr bereits erreicht wurde. Das heißt in der Praxis: Der Dringliche Antrag wird nach Schluss dieser Sitzung – irgendwann zwi­schen 12 und 13 Uhr, nehme ich an – zum Aufruf gelangen, aber nicht während dieser Sitzung.

1. Punkt

Angelobung der Abgeordneten


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Es ist dies die Angelobung der Abgeordneten.

Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé bitte ich, als Schriftführerin zu fungieren. Frau Abgeordnete Dr. Par­tik-Pablé wird die Angelobungsformel verlesen; sodann werden die Damen und Herren


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Abgeordneten über Namensaufruf durch Frau Schriftführerin Dr. Partik-Pablé, die dann später von Herrn Abgeordnetem Auer abgelöst werden wird, die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

In diesem Sinne darf ich nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé bitten, die Angelobungs­for­mel zu verlesen und anschließend mit dem Namensaufruf zu beginnen. – Wir erheben uns zu diesem Zweck von den Plätzen.


Schriftführerin Dr. Helene Partik-Pablé: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Re­publik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Ge­setze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé beziehungsweise durch den Schrift­­führer Auer leisten die nachstehend angeführten Abgeordneten die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“:

Achleitner Elke, Dipl.-Ing.; Amon Werner, MBA; Auer Jakob; Auer Klaus Hubert, Dipl.-Ing.;

Bartenstein Martin, Dr.; Bauer Hannes, Dkfm. Dr.; Baumgartner-Gabitzer Ulrike, Dr.; Bayr Petra; Be­cher Ruth, Mag.; Binder Gabriele; Bleckmann Magda, Mag. Dr.; Böhm Franz Xaver; Böhm­dorfer Dieter, Dr.; Bösch Reinhard Eugen, Dr.; Brader Alfred, Mag. Dr.; Brinek Gertrude, Dr.; Brosz Dieter; Broukal Josef; Bucher Josef; Bures Doris;

Cap Josef, Dr.; Csörgits Renate;

Dobnigg Karl; Dolinschek Sigisbert; Donabauer Karl; Donnerbauer Heribert, Mag.;

Eder Kurt; Einem Caspar, Dr.; Ellmauer Matthias; Eßl Franz; Fasslabend Werner, Dr.; Faul Christian; Fekter Maria Theresia, Mag. Dr.; Ferrero-Waldner Benita, Dr.; Finz Alfred, Dr.; Fischer Heinz, Dr.; Fleckl Anita; Franz Anna; Freund Karl; Frieser Cordula, Mag.; Fuhrmann Silvia;

Gaál Anton; Gahr Hermann; Gartlehner Kurt, Ing.; Gaßner Kurt, Mag.; Gehrer Elisabeth; Glaser Franz; Glawischnig Eva, Dr.; Gradwohl Heinz; Grander Maria; Grillitsch Fritz; Grossmann Elisabeth, Mag.; Großruck Wolfgang; Grünewald Kurt, Dr.; Gusenbauer Alfred, Dr.;

Hagenhofer Marianne; Haidlmayr Theresia; Hakl Karin, Mag.; Haubner Peter; Haupt Herbert, Mag.; Heinisch-Hosek Gabriele; Heinzl Anton; Hofmann Maximilian, Dipl.-Ing.; Höllerer Anna; Hornek Erwin; Hoscher Dietmar, Mag.; Huainigg Franz-Joseph, Dr.; Hütl Günther, Dipl.-Ing.;

Jarolim Johannes, Dr.;

Kainz Christoph; Kaipel Erwin, Ing.; Kapeller Norbert, Ing.; Keck Dietmar; Keuschnigg Georg; Khol Andreas, Dr.; Kogler Werner, Mag.; Königsberger-Ludwig Ulrike; Kopf Karlheinz; Kößl Gün­ter; Krainer Kai Jan; Kräuter Günther, Dr.; Krist Hermann; Kukacka Helmut, Mag.; Kum­merer Werner, Dipl.-Ing.; Kuntzl Andrea, Mag.; Kurzbauer Johann;

Lackner Manfred; Langreiter Hans, Mag.; Lapp Christine, Mag.; Lentsch Edeltraud; Lichten­berger Evelin, Dr.; Lunacek Ulrike, Mag.;

Machne Helga; Maier Ferdinand, Dr.; Maier Johann, Mag.; Mainoni Eduard, Mag.; Mandak Sa­bine; Marek Christine; Marizzi Peter; Matznetter Christoph, Dr.; Miedl Werner; Mikl-Leitner Jo­han­na, Mag.; Missethon Hannes, Dipl.-Ing.; Mitterlehner Reinhold, Dr.; Molterer Wilhelm, Mag.; Morak Franz; Moser Gabriela, Dr.; Moser Hans, Mag.; Murauer Walter; Muttonen Christine, Mag.;

Neugebauer Fritz; Niederwieser Erwin, DDr.; Nürnberger Rudolf;

Oberhaidinger Georg; Öllinger Karl;


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Pack Jochen; Parnigoni Rudolf; Partik-Pablé Helene, Dr.; Pendl Otto; Petrovic Madeleine, MMag. Dr.; Pfeffer Katharina; Pilz Peter, Dr.; Pirklhuber Wolfgang, Dipl.-Ing.; Posch Walter, Mag.; Prähauser Stefan; Prammer Barbara, Mag.; Prassl Michael; Prinz Nikolaus; Prinzhorn Thomas, Dipl.-Ing.; Puswald Christian, Dr.;

Rada Robert, Dr.; Rädler Johann; Rasinger Erwin, Dr.; Rauch-Kallat Maria; Reheis Gerhard; Rest-Hinterseer Heidemarie; Riener Barbara; Riepl Franz; Rosenkranz Barbara; Rossmann Mares;

Sburny Michaela; Scharer Erika; Schasching Beate; Scheibner Herbert; Scheuch Uwe, Dipl.-Ing.; Scheucher-Pichler Elisabeth, Mag.; Schieder Peter; Schiefermair Notburga; Schöls Alfred; Schön­pass Rosemarie; Schopf Walter; Schultes Hermann, Ing.; Schüssel Wolfgang, Dr.; Schweisgut Johannes; Schweitzer Karl, Mag.; Sieber Norbert; Silhavy Heidrun; Sima Ulrike, Mag.; Spindelberger Erwin; Spindelegger Michael, Dr.; Stadlbauer Bettina; Stadler Astrid; Steibl Ridi; Steier Gerhard; Steindl Konrad; Stoisits Terezija, Mag.; Strasser Ernst, Dr.; Stummvoll Günter, Dkfm. Dr.;

Tancsits Walter, Mag.; Trinkl Josef, Mag. Dr.; Trunk Melitta, Mag.; Turkovic-Wendl Ingrid;

Van der Bellen Alexander, Dr.; Verzetnitsch Friedrich;

Walch Maximilian; Walther Heidrun; Wimmer Rainer; Winkler Josef, Ing.; Wittauer Klaus; Witt­mann Peter, Dr.; Wöginger August; Wolfmayr Andrea, Dr.; Wurm Gisela, Mag.

*****

(Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits leistet nach Aufruf ihres Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ und „Zagovaram se“. – Abgeordnete Mag. Melitta Trunk leistet nach Aufruf ihres Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ und „Jaz zaobljubim“.)

*****


Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist die Angelobung beendet.

Ist jemand ausgelassen worden? – Das ist nicht der Fall. Ich vergewissere mich nur, weil das schon einmal passiert ist.

Meine Damen und Herren! Sie haben sich durch die Leistung des Gelöbnisses zur gesetzes­treuen und gewissenhaften Ausübung Ihrer Funktion verpflichtet, und ich darf Ihnen als Mitglied des Nationalrates für Ihre künftige Arbeit alles Gute und viel Erfolg und viel Freude wünschen.

Den 1. Punkt der Tagesordnung haben wir damit erledigt.

2. Punkt

Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsidenten


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 2. Punkt: Es ist dies die Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsidenten des Nationalrates.

Wir führen dazu Debatten durch, und zwar unter einem.

Es liegen Wahlvorschläge schriftlicher Art vor, die ich wie folgt bekannt gebe:

Der Vorschlag für die Wahl zum Präsidenten des Nationalrates lautet auf den Abgeordneten Dr. Andreas Khol, der Vorschlag für die Wahl des Zweiten Präsidenten lautet auf den Abgeordneten Dr. Heinz Fischer, und für die Wahl des Dritten Präsidenten liegen zwei Vorschläge vor:


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Der Vorschlag des Klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs lautet auf Dipl.-Ing. Thomas Prinz­horn, und der Vorschlag des Klubs der Grünen lautet auf Frau Mag. Terezija Stoisits.

In Übereinstimmung mit der Präsidialkonferenz schlage ich vor, dass wir eine Debatte durch­füh­r­en, und zwar über alle drei Vorschläge gemeinsam. Dazu ist die Zustimmung des Hohen Hau­ses notwendig.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig so beschlossen.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben darüber hinaus besprochen, mit welchen Redezeiten wir diese Debatte durchführen wollen. Als Ergebnis wurde vereinbart, dass wir nach § 57 der Geschäftsordnung eine Blockredezeit von jeweils 20 Minuten pro Fraktion vorschlagen, wobei diese 20 Minuten auf einen oder auf zwei Redner einer Fraktion entfallen können, aber nicht auf mehr als zwei Redner.

Gibt es gegen diese Vereinbarung betreffend Blockredezeit einen Einwand? – Dies ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Schüssel. – Bitte.

9.35


Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Herr Bundespräsident! Herr Präsident des Na­tionalrates! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als ersten Akt in der neuen Gesetzge­bungs­periode wählt das Hohe Haus das Präsidium des Nationalrates und damit höchste Ämter in unserem Staate. Diese Funktionen waren in der vergangenen Legislaturperiode in den Hän­den von Persönlichkeiten, die sie gut und verantwortungsvoll im Interesse des Staates und auch im Interesse des Parlaments ausgefüllt haben, und dafür möchte ich an dieser Stelle na­mens der Österreichischen Volkspartei Heinz Fischer, Thomas Prinzhorn und Werner Fassl­abend ganz besonders danken. (Allgemeiner Beifall.)

Zugleich möchte ich auch all jenen Abgeordneten des Nationalrates danken, die ausgeschieden sind, die zum Teil lange Jahre dem Hohen Haus angehört haben und ihre Arbeitskraft, ihre Ideen, ihre Phantasie, ihren politischen Einsatz hier eingebracht haben, und wir wollen auch die neuen Abgeordneten sehr herzlich in unserer Mitte willkommen heißen. Ganz besonders freut mich, dass darunter Vertreter aller Generationen sind und dass vor allem auch sehr viele junge Ab­geordnete heute in unserer Mitte sind.

Mit der Wahl am 24. November hat in Österreich ein deutlicher Aufbruch zur Mitte stattge­fun­den, und viele Österreicher haben mit ihrer Wahlentscheidung auch den Wunsch ausgedrückt, den Reformkurs der letzten Jahre weiterzuführen, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen und die notwendigen Veränderungen für Österreich behutsam, aber zugleich entschlos­sen miteinander und nicht gegeneinander voranzubringen.

Die Österreichische Volkspartei hat deutlich dazugewonnen – Hunderttausende haben uns das erste Mal gewählt, viele haben uns wieder gewählt –, und ich möchte an dieser Stelle den Wäh­lerin­nen und Wählern, den Zuseherinnen und Zusehern, die uns auch in dieser Parla­ments­de­batte beobachten, sagen, dass wir mit diesem klaren Auftrag, der einen unglaublich großen Er­folg für uns gebracht hat, den wir in diesem Ausmaß nicht erwartet haben, dass wir also mit die­sem Erfolg behutsam und umsichtig umgehen werden. Ich weiß ganz genau, dass damit die gro­ße Verantwortung verbunden ist, unser Land ruhig und sicher in eine gar nicht einfache Zu­kunft zu führen.

Meine Damen und Herren! Österreich steht heute im Vergleich zu anderen Ländern gut da, weil wir uns immer wieder den notwendigen Problemen gestellt haben. Zugleich stehen aber auch


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gro­ße Herausforderungen vor uns: Europapolitisch bringt uns etwa die historische Erweiterung der Union um zehn neue Mitgliedstaaten – in 16 Monaten wird dies stattfinden – von der Peri­phe­rie wieder ins Zentrum zurück, und wir müssen und wollen diese Chance energisch aktiv nützen: zum Vorteil der Menschen, der Betriebe und der Mitarbeiter.

Die internationale Konjunktur erfordert von uns, die begonnenen Maßnahmen zur Ankurbelung von Wachstum und mehr Beschäftigung fortzusetzen. Angesichts der angespannten Wirt­schafts­­lage müssen wir aber auch Maßnahmen ergreifen, um unsere sozialen Sicherungs­syste­me – vor allem das Pensions- und das Gesundheitssystem – auch in Zukunft stabil und finan­zier­bar zu halten.

Zur Erhaltung des Friedens innerhalb und außerhalb unserer Grenzen ist es notwendig, die funktio­nierenden Sicherheitsinstitutionen – Gendarmerie, Polizei, Bundesheer, Rettungs­dienste – zu stärken.

Bei der Lösung all dieser Fragen, meine Damen und Herren, hat das Parlament eine ganz be­sonders wichtige Rolle, und wir alle, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben die Verant­wortung, die uns vom Wähler übertragen wurde, nach bestem Wissen und Gewissen zu erfül­len, denn das Parlament ist in der Demokratie der beste Ort, wo die Parteien um die besten Lösun­gen für die Probleme unseres Landes – im positiven Sinn – streiten und ringen sollen.

Ich bin froh darüber, dass zu Beginn dieser Legislaturperiode von vornherein das Parlament als der einzige wirkliche Ort der politischen Auseinandersetzung unumstritten ist und dass sich der Druck von anderen Orten hierher verlagert hat, was wichtig ist. Das ist gelebte Demokratie!

Meine Damen und Herren! Es liegen heute Wahlvorschläge für den Ersten, für den Zweiten und für den Dritten Präsidenten des Nationalrates vor. In diesem Zusammenhang ist für uns – das habe ich auch zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode gesagt – die parlamentarische Regel, der parlamentarische Brauch, die Usance, etwas sehr, sehr Wichtiges. Die entsprechen­de Spielregel, die seit über 20 Jahren gilt, lautet, dass die stärkste Partei den Ersten Prä­si­denten stellt, die zweitstärkste Fraktion das Recht hat, einen Vorschlag für den Zweiten Präsi­denten zu machen, die drittstärkste Fraktion für den Dritten Präsidenten. Die ÖVP hat diese Regel anerkannt, als sie nach der letzten Wahl mit 415 Stimmen Abstand – das war für uns sehr, sehr schmerzlich – die drittstärkste Fraktion war, und wir fühlen uns dieser Spielregel na­tür­lich auch als die stärkste Fraktion dieses Hohen Hauses verpflichtet.

Ich schlage Ihnen daher im Namen der Volkspartei für die Funktion des Ersten Präsidenten Andreas Khol vor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Andreas Khol ist ein erfahrener, ein profilierter, ja ein leidenschaftlicher Verfechter der parla­mentarischen Demokratie. Er gehört dem Hohen Haus seit dem Jahr 1983 an, und er hat in all die­sen Jahren bewiesen, dass er den Parlamentarismus wirklich von Grund auf gelernt hat, und ist heute auch sicher als einer der besten Kenner der Geschäftsordnung, aber auch der parla­mentarischen Gepflogenheiten in allen Fraktionen anerkannt. Er war bisher durchaus auch manch­mal als ein „Häuptling Scharfe Zunge“ bekannt. Viele haben das geschätzt – die Bericht­erstatter, aber auch das Hohe Haus.

Er wird nun, wenn er gewählt wird, eine andere Funktion ausüben. Es ist ganz klar, dass Andreas Khol sich ab der Stunde seiner Wahl in diese andere Funktion mit ganzer Kraft für das Haus, für alle Fraktionen, für die Belebung des Parlamentarismus einsetzen wird – genauso wie dies Heinz Fischer vor ihm getan hat.

Ich denke, dass Andreas Khol für das gesamte Hohe Haus, für alle Fraktionen, auch gegenüber der Regierung ein starker Verfechter des Parlamentarismus und parlamentarischer Usancen und Gepflogenheiten sein wird. Ich bitte und ersuche Sie daher, Andreas Khol Ihr Vertrauen bei der Wahl zum Ersten Präsidenten zu schenken. Er verdient es, er wird Sie nicht enttäuschen. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Die Volkspartei wird natürlich auch die Wahl von Heinz Fischer zum Zweiten Präsidenten un­ter­stützen. Ich möchte ihm auch im Namen meiner Fraktion aufrichtigen Dank dafür sagen, dass er weiterarbeitet – obwohl er nicht mehr Erster Präsident sein wird –, dass er der Präsidiale angehören und als Zweiter Präsident mitarbeiten wird. Wenn jemand dies tut, dann zeigt das eigentlich auch, wie hoch seine Wertschätzung der parlamentarischen Arbeit insgesamt ist. Sich hier in den Dienst der Demokratie zu stellen, ist ein ganz wichtiges Signal.

Ich kenne Heinz Fischer seit sehr, sehr langer Zeit. Wir waren vor vielen, vielen Jahren noch ge­meinsam Klubsekretäre, Fraktionssekretäre. Er ist etwas früher als ich in das Hohe Haus ge­wählt worden. Wir sind einen langen politischen Weg gemeinsam gegangen. Wir sind sehr oft auf ganz unterschiedlichen Positionen gestanden, haben unterschiedliche Auffassungen ge­habt. – Dies hat nichts gemindert vom menschlichen Respekt und von der fachlichen Hoch­ach­tung, die Heinz Fischer bei mir und meiner Fraktion – ich bin sicher, für meine Fraktion als Gan­zes sprechen zu können – genießt. Wir werden daher diese Wahl gerne unterstützen. (Allge­meiner Beifall.)

Genauso gilt dies für die Wahl des Dritten Präsidenten. Auf Grund der Fraktionsstärke steht der Freiheitlichen Partei der Wahlvorschlag zu. Thomas Prinzhorn war in den vergangenen drei Jah­ren Zweiter Nationalratspräsident, und er hat dieses Amt umsichtig und klug geführt. Er hat unsere volle Unterstützung dabei. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich hoffe und ich wünsche mir, dass wir durch eine möglichst große Unterstützung aller Kandidaten für das Präsidium gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode sicht­bar machen, dass wir ein Zeichen setzen, dass wir gemeinsam für Österreich, für die Men­schen in unserem Land arbeiten wollen und dass wir dabei dem Parlamentarismus einen be­son­ders hohen Stellenwert geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Ab­ge­ordneten der SPÖ.)

9.44


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir setzen die Debatte fort. Nächster Redner ist Herr Abgeord­ne­ter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: zirka 10 Minuten. Die Restredezeit der ÖVP beträgt 11 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer.

9.45


Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs allen ausgeschiedenen Mitgliedern des Nationalrates sehr herzlich für ihren Einsatz für die österreichische Demokratie und für das Parlament danken; ebenso jenen, die die Präsidiale in der letzten Legislaturperiode geführt haben. Ganz besonders möchte ich mich bedanken beim scheidenden Ersten Präsidenten des Nationalrates, der dieses Amt zwölf Jahre lang innegehabt hat, es, wie ich meine, mit großer Umsicht wahrgenommen hat und der zum Inbegriff eines Parlamentspräsidenten geworden ist. – Heinz Fischer, herzlichen Dank im Namen der Sozialdemokraten! (Allgemeiner Beifall.)

Ich freue mich auch darüber, dass sehr viele neue Abgeordnete im Hohen Haus vertreten sind. Das ist ein gutes Zeichen für die österreichische Demokratie. Wenn da und dort gesagt wird, dass sich in der Politik an den Persönlichkeiten wenig ändert und immer alles beim Gleichen bleibt, dann muss ich sagen: Es zeigt gerade die Zusammensetzung dieses Nationalrates, dass es einen sehr gro­ßen Austausch gegeben hat, und zwar nicht nur auf Grund der Veränderung der Stärke­ver­hält­nisse, sondern auch in den einzelnen Fraktionen. Das Parlament heute ist ein erneuertes Par­lament, und dazu haben die Österreicherinnen und Österreicher mit ihrem Votum am 24. No­vem­ber einen ganz deutlichen Beitrag geleistet.

Ich möchte alle neuen Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen herzlich im Parlament be­grüßen und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit in der nächsten Legislaturperiode. (All­ge­meiner Beifall.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen vor großen Herausforderungen – vor gro­ßen Herausforderungen, die sich aus der internationalen Situation und auch aus den Bedingun­gen Österreichs selbst ergeben. Die internationale Wirtschaft ist in einer schwierigen Situation.


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Wir können nicht darauf hoffen, dass sich wirtschaftliche Lösungen durch das Anspringen der Konjunktur in anderen Teilen der Erde ergeben. Wir sind in vielen Bereichen auf uns selbst ge­stellt. Daher wird es in den nächsten Jahren sehr zentral darauf ankommen, welchen Beitrag wir dazu leisten können, dass die Wirtschaft bei uns eine größere Dynamik annimmt, dass wir den An­stieg der Arbeitslosigkeit stoppen, um somit mehr Österreicherinnen und Österreichern die Mög­lichkeit zur Beschäftigung zu geben, und damit auch einen entscheidenden Beitrag dazu leis­ten, dass die sozialen Sicherungssysteme in unserem Land auch weiterhin finanzierbar sind. Harte Arbeit liegt vor uns – gehen wir sie gemeinsam an! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Unsere Spielräume sind nicht sehr groß. Das Budget des Jah­res 2003 wird einige Distanz zum Nulldefizit oder zu einem ausgeglichenen Haushalt aufweisen, und somit sind die wirtschaftspolitischen budgetären Spielräume begrenzt. Wenn diese Spiel­räume begrenzt sind, weil sich alle Parteien, auch in der Wahlauseinandersetzung, dazu be­kannt haben, dass wir die Budgetstabilität erhalten und ausbauen wollen, dann bedeutet das, dass wir große Initiativen in Angriff nehmen müssen und uns ganz genaue Fragen stellen müs­sen: Was soll in Österreich stärker werden? Für welchen Bereich brauchen wir mehr Ausgaben und mehr Engagement? Für welche Bereiche unseres Lebens sollten wir effizienter und spar­samer umgehen?

Ich meine, dass es angesichts dieser internationalen Wettbewerbssituation, in der wir uns be­fin­den, dringend notwendig ist, dass wir nicht nur darüber reden: Wie können wir die Pensionen für heute und für die Zukunft sichern?, sondern dass wir, wenn wir darüber reden, auch klar­stel­len müssen, dass wir die Pensionssicherheit und die Pensionsgerechtigkeit erhöhen wollen und dass daher Pensionen der Österreicherinnen und Österreicher von der Beschäftigungs­situation in unserem Land abhängig sein sollen und nicht von Spekulationen auf internationalen Aktien­märkten. An solch einer Reform mitzuarbeiten ist ganz wesentlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Gesellschaft mit einer höheren Lebenserwartung – Prognosen lauten dahin gehend, dass u­n­­sere Söhne und Töchter, die heute geboren werden, vielleicht schon 90 oder 95 oder 100 Jah­re alt werden – bedeutet, dass wir es mit einer geänderten Gesellschaft zu tun haben wer­den, und das heißt, dass wir für die Gesundheitsversorgung unserer Gesellschaft mehr Mit­tel vorsehen müssen als in der Vergangenheit. Eine älter werdende Gesellschaft, eine Ge­sell­schaft mit Menschen mit einer höheren Lebenserwartung muss die Prioritäten in unserem Land än­dern. Ziel bei allen Reformen, die wir angehen, muss es sein, dass in Österreich die Gesund­heits­versorgung nicht vom Einkommen eines Einzelnen abhängig sein soll, sondern dass wir ver­su­chen, eine Gesundheitsversorgung für alle zu garantieren – egal, wie hoch das Einkom­men des Einzelnen sein mag! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt immer Länder, mit denen wir uns vergleichen. Will man die Bilanz positiv darstellen, vergleicht man sich mit jenen Ländern, die weniger gut ar­beiten als wir. Blickt man nach vorne, dann sollte man sich mit jenen Ländern vergleichen, die es besser machen als wir. Wenn heute anerkannt ist, dass die Ausgaben für Forschung und Ent­wicklung die tatsächliche Reichtumssicherung unseres Landes darstellen, dann müssen wir uns mit jenen Ländern messen, die in diesem Bereich weit vor uns liegen. Daher betrachte ich es als eine große Herausforderung für die nächste Legislaturperiode, Reformen einzuleiten, die da­zu führen, dass wir mehr Mittel für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellen können, da­mit nämlich der Reichtum Österreichs und seiner Bevölkerung nicht nur heute vorhanden, sondern auch in Zukunft gesichert ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Viele jener Reformen, die notwendig sind, werden eine breite Mehrheit im österreichischen Na­tionalrat benötigen. Daher soll es ein lebendiges und ein konstruktives Parlament sein, ein Par­la­ment, das versucht, die großen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, auch wenn es unterschiedliche Vorstellungen über den Weg der Lösung gibt. Dabei wird eine entschei­den­de Rolle spielen, mit welcher Umsicht und mit welcher Weisheit die Präsidiale des österrei­chi­schen Par­laments versucht, unsere Arbeit zu organisieren. Wir Sozialdemokraten stehen zu den Usancen und Praktiken des österreichischen Parlaments. Auch wenn Herr Klubobmann Khol uns mit seinen Wortmeldungen als Abgeordneter nicht immer große Freude bereitet hat, erken­nen wir an, dass die Österreichische Volkspartei als stärkste Partei das Recht hat, den Ersten


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Präsidenten zu nominieren. Ich gehe davon aus, dass Herr Abgeordneter Khol dieses Amt auch mit großer Umsicht wahrnehmen wird – von mir bekommt er einen Vertrauensvorschuss. (Bei­fall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In der Demokratie ist es so: Die stärkste Partei stellt den Ersten und die zweitstärkste Partei den Zwei­ten Präsidenten. Auch wenn es für Heinz Fischer vielleicht persönlich nicht so einfach ist, nach zwölf erfolgreichen Jahren als Parlamentspräsident nun für die Position des Zweiten Prä­si­denten zu kandidieren, so ist es, glaube ich, ein Gewinn für uns alle, dass die reiche Erfah­rung von Heinz Fischer uns auch in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen wird und er in der Prä­sidiale all seine Erfahrungen einbringen wird, die wir alle gemeinsam in den letzten zwölf Jah­ren so geschätzt haben. Daher ist Heinz Fischer der Kandidat der Sozialdemokraten für den Zweiten Präsidenten, und ich ersuche um Ihre Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)

Auch wenn die Entscheidung der Freiheitlichen Partei, wer ihr Kandidat für den Dritten Prä­si­denten sein soll, parteiintern umstritten war, respektieren wir die Entscheidung, die die Frei­heitli­che Partei getroffen hat: Thomas Prinzhorn hat als Zweiter Präsident in der letzten Legislatur­pe­riode, so finde ich, versucht, ein guter Zweiter Präsident zu sein. Ich kann ihm auch keine Vor­würfe in Bezug auf seine Vorsitzführung machen. Es spricht daher nichts dagegen, dass wir bei der Usance bleiben, der drittstärksten Partei die Postition des Dritten Präsidenten zuzuweisen. Ich werde die Kandidatur von Thomas Prinzhorn für diese Funktion unterstützen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden heute noch einige sachpolitische Fragen zu beurteilen haben. Ich möchte aber eines zu Beginn dieser Legislaturperiode sagen, und zwar vor allem deshalb, weil noch nicht klar ist, wie die künftige österreichische Bundesregierung zu­sam­mengesetzt sein wird. Wir als Sozialdemokraten haben heute einen Antrag dahin gehend eingebracht, dass in Zukunft im österreichischen Parlament die Einsetzung von Untersuchungs­aus­­schüssen ein Minderheitsrecht sein soll. Egal, wer in der Opposition oder wer in der Re­gie­rung ist: Ich würde es für gut halten, wenn diese Initiative unterstützt wird, denn ein Parla­ment braucht starke Kontrollrechte, ein Parlament muss lebendig sein, wenn es wirklich mit der Re­gierung auch verantwortungsvoll umgehen will.

Daher würde ich mich freuen, wenn wir über diese Frage, noch bevor es zu einer Regierungs­bil­dung kommt, Konsens erzielen könnten, sodass eine effiziente Kontrolle der Exekutive im öster­reichischen Nationalrat möglich ist. Unterstützen Sie unseren Antrag, setzen wir jetzt Schritte für ein wirksames, effizientes Parlament in der nächsten Legislaturperiode! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

9.56


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es verbleibt eine Redezeit von 9 Mi­nuten für die SPÖ-Fraktion.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

9.57


Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Mit der heutigen Angelobung der Damen und Herren Abgeordneten der XXII. GP hat eine neue Stunde des österreichischen Parlaments begonnen. Die Wahlen vom 24. November dieses Jahres haben für meine Fraktion einen schmerzlichen Verlust mit sich ge­bracht, trotzdem ist unübersehbar, dass noch immer die Mehrheit der Österreicherinnen und Ös­ter­reicher eine Fortsetzung des Reformweges für Österreich und im Interesse Österreichs wünscht.

Ich möchte mich zu Beginn der XXII. Gesetzgebungsperiode bei den bisherigen drei Prä­si­den­ten, bei Ihnen, Herr Präsident Dr. Fischer, beim Zweiten Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinz­horn und beim Dritten Präsidenten Dr. Werner Fasslabend, sowie bei allen ausge­schie­de­nen Kolleginnen und Kollegen für die in der XXI. Gesetzgebungsperiode geleistete Arbeit herz­lichst bedanken. (Allgemeiner Beifall.)


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Ich möchte namens der freiheitlichen Fraktion allen heute im Nationalrat neu angelobten Kolle­ginnen und Kollegen eine gute Zusammenarbeit für die XXII. Gesetzgebungsperiode im Interes­se aller Österreicherinnen und Österreicher signalisieren.

Mit der Wahl des Präsidiums des österreichischen Nationalrates werden neben dem Bundes­prä­­sidenten und neben dem Verfassungsgerichtshof die Hüter der österreichischen Bundesver­fas­sung gewählt. Die Nationalratspräsidenten sind in ihrer Funktion als Hüter der Verfassung, vor allem in einer Zeit, wo die Regierungsbildung noch aussteht und wo es durchaus möglich ist, dass die Optionen in diesem Hohen Haus auch eine Regierung ergeben, die über eine satte Vier-Fünftel-Mehrheit in diesem Parlament verfügt und daher alle verfassungsmäßigen Möglich­keiten der Änderung dieses Staates hat, von besonderer Bedeutung.

Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist es gute Tradition in diesem Hause, dass der Erste Präsident von der stimmenstärksten Fraktion des österreichischen Parlaments gestellt wird. Wir erkennen da­­her die Kandidatur von Klubobmann Dr. Andreas Khol für die Position des Ersten Präsi­den­ten des Nationalrates nicht nur an, sondern wir werden als freiheitliche Fraktion die Wahl von Dr. Andreas Khol in die Funktion des Ersten Präsidenten des Nationalrates auch bestens unter­stützen.

Es war unübersehbar, lieber Andreas, dass wir in all den Jahren, in denen wir beide gemeinsam die­sem Parlament angehört haben, persönlich sehr unterschiedliche Positionen vertreten ha­ben. Aber für mich als ehemaligem Dritten Präsidenten dieses Nationalrates war es auch un­über­sehbar, dass du dich immer auf der Seite der Hüter der Verfassung und des Parlamentaris­mus befunden hast. Daher ist deine Kandidatur eine gute Kandidatur und wird von uns unter­stützt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist für meine Fraktion auch beachtenswert, dass mit der Kandidatur des derzeitigen Ersten Prä­sidenten Dr. Heinz Fischer – der mehr als ein Jahrzehnt lang die Funktion des Ersten Prä­si­denten im österreichischen Nationalrat innegehabt hat – für die Position des Zweiten Präsi­denten des österreichischen Nationalrates ein deutliches Signal der Kontinuität und der Weiter­führung der Traditionen in diesem Hohen Hause gegeben wird. Gemeinsam mit meiner Fraktion werde ich die Kandidatur der sozialdemokratischen Fraktion für den Zweiten Präsidenten des Nationalrates ausdrücklich mit unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir Freiheitlichen haben für die Wahl des Dritten Präsidenten des Nationalrates mit Dipl.-Ing. Tho­mas Prinzhorn den derzeitigen Zweiten Präsidenten des Nationalrates vorgeschlagen. Wir setzen mit Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn – wie das dankenswerterweise auch die beiden Vor­red­ner der stimmenstärksten und der zweitstärksten Fraktion dieses Hauses erwähnt haben – auf einen Präsidenten, der sich in der vergangenen Legislaturperiode, in der XXI. GP, in seiner Funktion als Zweiter Nationalratspräsident bewährt hat.

Wir setzen im Übrigen mit dieser Kandidatur, ähnlich wie die sozialdemokratische Fraktion, trotz des schmerzlichen Verlustes von Wählerstimmen, den wir hinnehmen mussten, bei der Be­setzung der Position des Dritten Präsidenten auch auf Tradition und Kontinuität in der Führung des Präsidiums des österreichischen Nationalrates.

Sehr geehrte Damen und Herren! Man mag in der Öffentlichkeit oft über manche Traditionen im Hohen Hause lächeln, aber in schwierigen Stunden des Parlamentarismus hat es sich bewährt, dass auch die stimmenstärkste, die stimmenzweitstärkste und die stimmendrittstärkste Fraktion des Hohen Hauses in ihrem Vorschlagsrecht jeweils von der Mehrheit des österreichischen Nationalrates unterstützt worden sind.

Das Präsidium des Nationalrates als Hüter der Verfassung und das Wort des Parlamentarismus in Österreich sind uns Freiheitlichen wichtig. Wir meinen, dass wir mit der Kandidatur von Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn eine hervorragende Persönlichkeit zur Wahl vorschlagen, denn er hat durch sei­ne Geschäftsführung in der letzten Gesetzgebungsperiode bewiesen, dass er dem Parla­mentarismus und den Verfassungsfunktionen nicht nur verpflichtet ist, sondern sie auch best­möglich und nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Österreich steht vor schwierigen Entscheidungen. Die Welt­wirt­schaftssituation hat sich in den letzten Jahren deutlich getrübt. Die internationalen Medien be­richten – trotz der vorweihnachtlichen Zeit in den christlichen Ländern – von ernstlichen Be­mühungen und Waffenrasseln im Nahen Osten. Viele Menschen in Österreich zittern um ihren Arbeits­platz, und die älteren Menschen in unserem Lande machen sich um ihre gesundheitliche und pflegerische Versorgung Sorgen.

Wir haben in der XXI. Gesetzgebungsperiode dafür gesorgt, dass wir durch Einsparungen im Staats­haushalt heute die Möglichkeit haben, unter Einhaltung der Maastricht-Kriterien wichtige zu­sätzliche Anreize für die Zukunft dieses Landes zu setzen, wichtige Anreize, um die Arbeits­plätze in Österreich abzusichern und die Arbeitslosenzahlen wieder auf jenes Maß zu redu­zie­ren, das der Vollbeschäftigung hoffentlich bald wieder nahe kommt. Aber wir dürfen auch nicht über­sehen, dass ein kleines Land wie Österreich mit all seinen budgetären Maßnahmen nur in der Lage ist, beginnende Strukturankurbelungseffekte zu verstärken, aber nicht imstande ist, als Bin­nen­land von sich aus gegen den internationalen Trend in entscheidender Form Schwer­punkte zu setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass in dieser Zeit, in der wir uns alle noch in Son­dierungsgesprächen zur Regierungsbildung befinden, die Zukunft dieses Landes so wichtig ist, dass meine Fraktion sich trotz einer schmerzlichen Wahlniederlage zu Recht dazu ent­schlos­sen hat, sich nicht der Verantwortung für die Zusammenarbeit in diesem Staat im In­teres­se aller Österreicherinnen und Österreicher zu entziehen, sondern sich dieser Zusam­men­ar­beit verpflichtet zu fühlen und dafür bereitzustehen.

Wir glauben, dass uns die gute Arbeit der XXI. Gesetzgebungsperiode, aber auch die noch aus den vorangegangenen Gesetzgebungsperioden herüberreichenden Probleme auch in der Zu­kunft zur Sanierung dieses Staates und zur weiteren Fortführung eines gesunden Wirtschafts­kurses im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher zwingen. Wir sind bereit, diese Auf­gabe anzunehmen und uns dieser Ansage auch zu stellen.

Wir stehen vor der Öffnung Osteuropas. Gerade mein Ministerium hat im Sozialbereich, aber auch im Gesundheitsbereich in den letzten zwei Jahren sehr viele Kontakte mit den künftigen euro­päischen Partnern gehabt. Es ist daher vielleicht keiner hier in diesem Saale so befugt wie ich, davon zu sprechen, dass wir in Zukunft gerade in den Sozialbereichen und in den Gesund­heitsbereichen eine maßgebliche Veränderung in Europa erleben werden.

Die östlich von uns liegenden Staaten sind in diesen beiden Bereichen noch deutlich schlechter ge­stellt als die Republik Österreich, und daher wird es wichtig sein, die Absicherung unseres Wirt­­schaftsstandortes, die Absicherung unseres hervorragenden Gesundheitssystems, die Ab­sicherung des Rückgrats der österreichischen Wirtschaft, nämlich der Klein- und Mittel­be­triebe, vorrangig so zu betreiben, dass wir auch in der XXII. GP und in den nachfolgenden Gesetz­ge­bungs­perioden zu den reichsten Ländern Europas, zu den blühendsten und prosperie­rendsten Staaten Europas gehören werden.

Wir haben wichtige Herausforderungen und Vorhaben vor uns. Der österreichische Nationalrat wird berufen sein, diese Vorhaben nicht mit der Brille der Parteien zu betrachten, sondern mit der Brille der Notwendigkeit des Staates zu regulieren und durchzuführen. Meine Fraktion, sehr geehrte Damen und Herren, wird dazu bereit sein, und ich wünsche dem neuen Nationalrat für die XXII. Gesetzgebungsperiode viel Erfolg und alles Gute!

Ich darf Sie alle ersuchen, unseren Kandidaten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn bei der Wahl zum Drit­ten Nationalratspräsidenten – der guten Tradition seit dem Jahre 1983 folgend – zu unter­stützen und mit zu wählen. – Danke schön! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.08


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die restliche Redezeit der freiheitlichen Fraktion beträgt 10 Mi­nu­ten.


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1. Sitzung / Seite 18

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich be­kannt­ geben, dass die Abgeordneten Mag. Kogler und Fraktion nach § 33 der Geschäfts­ordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der so genannten Abfangjäger-Nachbeschaffung einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gestellte geschäftsordnungsmäßige Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Diesem Verlangen ist Rechung zu tragen.

Für die Struktur der Debatte gilt § 57a der Geschäftsordnung, das heißt, Herr Abgeordneter Kogler wird den Antrag 10 Minuten lang begründen, und dann hat jede Fraktion in der Reihen­folge des Stärkeverhältnisses eine Redezeit von 5 Minuten. Für den Zeitpunkt gilt § 57b der Ge­schäftsordnung, das heißt, die Debatte findet nach Erledigung der Debatte über den Dringli­chen Antrag statt, aber spätestens um 15.00 Uhr.

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

10.09


Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Das Wahlergebnis vom 24. November 2002 hat in der Tat eine erhebliche Ver­schiebung der relativen Kräfteverhältnisse gebracht, das wissen wir alle, unter anderem auch eine Än­de­rung der Sitzordnung in diesem Hohen Haus. Ich freue mich für die Grünen, dass wir einige Plätze mehr besetzen. Ich freue mich über neue Nachbarn, das sage ich ganz offen. Einige Kolle­gen von der Sozialdemokratischen Partei hospitieren sozusagen in unserem Flügel. – Wel­come to the Club! (Heiterkeit.)

Über den Gang und teilweise weiter oben haben einige Kollegen neue Nachbarn in Form von Ab­geordneten der Freiheitlichen Partei. Auch hier – gar keine Vorbehalte! Ich kann mich noch gut erinnern, als ich vor acht Jahren ins Parlament gekommen bin, saß ich auch an diesem Gang, glaube ich, irgendwo da weiter hinten, und mein Kollege auf der anderen Seite des Gan­ges waren, glaube ich, Sie, Herr Schweitzer! (Heiterkeit. – Abg. Mag. Schweitzer: War doch okay!) – Wir haben schon ein bisschen eine Hetz miteinander gehabt hin und wieder, nicht? – Ja, okay.

Hauptsache ist heute natürlich der Tagesordnungspunkt 2, die Wahl der Präsidenten. Die Usancen – diese berühmten Usancen des Hohen Hauses; „Spielregel“ wäre, finde ich, zu viel ge­sagt – besagen, dass die nunmehr stärkste Partei, die Österreichische Volkspartei, den Prä­sidenten des Nationalrates vorschlagen kann, der gleichwohl von der absoluten Mehrheit der Abgeordneten dieses Hohen Hauses zu wählen ist.

Ich will diese Usancen nicht gering schätzen – ich möchte das ausdrücklich betonen –, denn sie ha­ben in verschiedener Hinsicht Vorteile: Sie geben eine gewisse Sicherheit im Procedere, in den Vorgangsweisen, in den Spielregeln, ja sie haben sogar die Eigenschaft, zumindest manch­mal einen gewissen Minderheitenschutz darzustellen, dagegen, dass die Mehrheit des Hauses, wie immer sie gestaltet sein mag, über die jeweilige Minderheit drüberfährt.

Aber wie es halt so ist in der Politik, gibt es immer Pros und Contras, und das Contra in diesem Fall ist die Tatsache, dass Herr Kollege Khol natürlich Mitglied der ÖVP und daher Mitglied der al­ler Wahrscheinlichkeit nach – mit fast 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit kommenden – jetzigen und kommenden Regierungspartei ist, und daher wird auf den Herrn Präsidenten, der gleich­zeitig dieser Partei angehört, eine besondere Verantwortung zukommen. Ich werde später darauf kurz zu sprechen kommen.


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1. Sitzung / Seite 19

Das Wahlergebnis vom 24. November 2002 bringt es auch mit sich, dass Heinz Fischer nicht für das Amt des Ersten Präsidenten, sondern für jenes des Zweiten Präsidenten kandidiert. Gestatten Sie mir, dass ich darauf kurz Bezug nehme.

Heinz Fischer war im Großen und Ganzen ein fairer und vorbildlicher Präsident dieses Hohen Hau­ses. Natürlich waren wir nicht immer mit allem einverstanden, aber heute ist nicht der Zeit­punkt, sich mit Kleinlichkeiten auseinanderzusetzen. Wie gesagt, im Großen und Ganzen fan­den wir diese Präsidentschaft vorbildlich. Das empfinden auch alle meine Kolleginnen und Kollegen im grünen Klub so.

Dies ist nicht ganz selbstverständlich. Heinz Fischer ist ja nicht sozusagen als Vorbild vom Him­mel gefallen, auch nicht als Präsident, er war früher Klubobmann bei den Sozialdemokraten. Die­se Zeit habe ich nicht erlebt, aber wie ich höre, war Heinz Fischer als Klubobmann so wie die anderen Klubobleute auch parteiisch und im Interesse der Sozialdemokraten tätig. Das neh­me ich einmal an, das ist jeder Klubobmann. Er hat sich aber in diesem Amt des Ersten Prä­sidenten gewandelt.

Es gab eine zweite, wie ich meine, einschneidende Geschichte, und das sollte man schon beto­nen: Als Heinz Fischer in der letzten Legislaturperiode gewählt wurde, nämlich 1999, war er Mit­glied einer Regierungspartei, und zwar der damaligen Kanzlerpartei. Im Februar 2000 war das an­ders, da war er Mitglied einer Oppositionspartei, und wenn ich mich nicht täusche – korri­gie­ren Sie mich, Herr Khol, wenn ich mich irre! –, ist das einmalig in der gesamten Geschichte der Zweiten Republik, dass der Präsident des Nationalrates Mitglied einer Oppositionspartei ist. Doch: Es hat funktioniert! Es ist nicht notwendig – das sollte man sich für die Zukunft auch mer­ken! –, dass der Präsident des Nationalrates in all seiner Machtfülle Mitglied einer Regierungs­par­tei ist. Es hat mit Heinz Fischer als Sozialdemokraten und damit oppositionellem Abgeord­neten glänzend funktioniert.

Ich halte diese Erfahrung für sehr gut, gut für den Parlamentarismus, dass der Präsident des Par­laments, das ja weder Erfüllungsgehilfe der Regierung ist und sein kann, aber gleichzeitig auch nicht Obstruktion gegen die Regierung betreiben kann, in dieser schwierigen Situation die Inter­essen des Parlaments in Kooperation mit den Regierungsparteien durchaus perfekt wahr­nehmen kann.

Ich habe immer wieder festgestellt, dass der Präsident vom Gesetz her eine Fülle von Macht­mög­lichkeiten hat. – Herr Kollege Khol! Bitte seien Sie ein bisschen vorsichtig, ich mahne Sie schon jetzt. Ich traue es Ihnen ohnehin zu, es auch zu sein. Die Präsidiale als Konsens­konfe­renz, wo man versucht, Konsens herzustellen – schön und gut! Fast immer ist es uns gelungen, Kon­sens herzustellen, aber wenn es nicht gelänge, dann könnte der Präsident allerhand ma­chen.

Eine Anekdote zum Beispiel ist mir in Erinnerung. War es nicht das letzte Mal 1999, als wir wie­der große Probleme hatten, die Sitzordnung festzulegen? Da hat uns der Präsident, Heinz Fi­scher, gedroht, die Sitzordnung alphabetisch vorzunehmen, falls die vier Parteien zu keiner Einigung kämen. – Das hat übrigens gewirkt! (Heiterkeit.)

Auch in Erinnerung bleiben wird mir die Eigenart von Heinz Fischer, nach Möglichkeit Präjudize zu vermeiden, was ich für ein völlig aussichtsloses Unterfangen halte. Aber bei jeder Entschei­dung, die er trifft, sagt er: „unpräjudiziell“ – auch dann, wenn sie der Geschäftsordnung ent­spricht! (Heiterkeit.)

Ich habe es mir einmal geleistet – ich glaube, das ist ein berühmter und noch immer einzigarti­ger Fall –, in eigener Sache eine tatsächliche Berichtigung vorzunehmen. Herr Kollege Khol hat mir damals inhaltlich geholfen. Ich hatte behauptet – der Zusammenhang ist ja egal –, etwas wä­re von Shakespeare. Es gab lange Debatten, ob das überhaupt stimmt, und Herr Khol hat mich dann aufgeklärt und gesagt, nein, Schiller wäre es. Dann habe ich eine tatsächliche Be­rich­­tigung gemacht, aber weil das so eigenartig war, ging ich vorher zum Präsidenten und sagte, dass ich eine tatsächliche Berichtigung machen möchte, aber mich selbst berichtigen


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wer­de. – Das löste großes Stirnrunzeln aus, großes Stirnrunzeln und Blättern in der Geschäfts­ordnung, und es wurde mir dann „unpräjudiziell“ genehmigt. (Neuerliche Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren! Das ist eine geheime Wahl. Ich wundere mich ja, wie die anderen Klubs mit Sicherheit wissen können, wer da wie abstimmt. Ich meine, wir sind immer noch im Na­tionalrat, wo frei gewählte Abgeordnete sitzen, die in geheimer Wahl die Präsidenten wäh­len. (Lebhafter Beifall bei den Grünen.) Im grünen Klub haben wir das betont, und es steht jeder und jedem Abgeordneten frei, abzustimmen, wie sie oder er es für richtig hält.

Abgesehen davon nehme ich doch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an, dass die meisten Grünen – ich drücke mich jetzt ohnehin vorsichtig aus, aus Respekt vor meinem Klub – Heinz Fischer wählen werden, und zwar aus Respekt vor der Person. Ich betone, aus Respekt vor der Person, und – sorry! – nicht, weil ihn die Sozialdemokraten vorgeschlagen haben.

Für das Amt des Dritten Präsidenten schlagen wir Terezija Stoisits vor. Alle kennen Terezija Stoi­sits. Sie ist eine langjährige, erfahrene Abgeordnete. Sofern ich mich nicht irre, ist sie seit zwölf Jahren im österreichischen Parlament als Abgeordnete tätig. Sie ist bekannt für ihren Ein­satz als Justizsprecherin und als Minderheitensprecherin der Grünen. Sie ist Vorsitzende des Aus­schusses für Menschenrechte. Sie hat sich in ihrem Engagement nicht nur Freunde ge­macht, das wissen wir auch alle in diesem Haus. Aber dafür sitzen wir auch nicht hier, dass wir uns nur Freunde machen, sondern wir machen uns hin und wieder auf Grund unserer politischen Positionen auch Gegner und Gegnerinnen.

Last but not least halte ich und hält der grüne Klub es für richtig und angemessen, wieder ein­mal eine Präsidentin zu haben. Mein Gedächtnis ist nicht sehr gut, aber ich glaube nicht, dass man die fünf Finger einer Hand braucht, um die Präsidentinnen dieses Hohen Hauses ab­zu­zäh­len. Zwei, glaube ich, hat es in der Vergangenheit gegeben, und zwar in mittlerweile 57 Jah­ren des Nationalrates seit 1945. – Das ist schon sehr bescheiden, meine Damen und Her­ren!

Es geht auch nicht darum, die Usancen in diesem Fall beim Amt des Dritten Nationalratspräsi­den­ten zu zitieren. Der Erste Präsident, der ist tatsächlich mächtig, wenn er will, wenn er kann; der Zweite und Dritte nicht. Es geht um die Mitarbeit mit den Präsidenten, es geht natürlich um die Vorsitzführung, es geht darum, am Präsidium zu versuchen, die Leidenschaft der Abgeord­neten irgendwie unter Kontrolle zu halten, was in der Regel gelingt. Das sind alles wichtige Din­ge, aber dafür die Usancen zu strapazieren, das halte ich in diesem Fall nicht für richtig.

Die Grünen unterscheiden sich genau durch ein Mandat von den Freiheitlichen. – Ich glaube, dass es vollkommen legitim ist, von Seiten der Grünen, so wie bei den vergangenen Malen, aber jetzt ganz besonders, eine Kandidatin für das Amt des Dritten Präsidenten aufzustellen. (Beifall bei den Grünen.)

Nun zu Herrn Khol. Es ist keine Frage, dass die ÖVP ihren prominentesten, wichtigsten und span­nendsten Parlamentarier der letzten Jahre hier für das Amt des Ersten Präsidenten aufbie­tet. Das, glaube ich, steht völlig außer Streit.

Wir kennen Herrn Khol als längjährigen Klubobmann, wir kennen ihn aber auch – und das trifft jetzt insbesondere für die Grünen zu – als Koordinator der blau-schwarzen Regierung. Wir ken­nen Sie, Herr Khol, als Koordinator der Klubs: des schwarzen Klubs mit der Regierung, aber vor allem auch des ÖVP-Klubs mit dem Klub der Freiheitlichen. Sie und Westenthaler werden ir­gend­wie schon rein optisch in die Geschichte eingehen. Das ist uns auch noch im Kopf. – Das war halt Ihr Job. Sie haben ihn gut gemacht.

Politisch gesehen waren wir natürlich auf der anderen Seite des Zauns. Es hat genug Anlässe ge­ge­ben, bei denen wir einander in die Haare geraten sind. Da hat es Konflikte auf politischer Ebene ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.) – Nun ja, Sie haben noch ein paar Haare, und ich habe auch noch ein paar Haare. Das geht schon. Für Konflikte reicht es, Herr Khol.


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Dieser Manager von Blau-Schwarz ist uns im Kopf. Es stimmt schon, dass die Menschen mit dem Wechsel des Amtes in der Regel auch noch mehr ändern, aber Vorbehalte in diese Rich­tung gibt es noch.

Dessen ungeachtet waren unsere persönlichen Beziehungen – jetzt meine ich Sie und mich ganz persönlich und nicht meinen Klub – nicht schlecht. Als ich vor acht Jahren im Parlament als Hinterbänkler anfing, hatte ich genau den gleichen Stress bei Reden wie ihn, glaube ich, je­der Neuling im Parlament hat, und ich kann mich gut daran erinnern, dass mir in den ersten Mo­naten, wenn ich hier am Rednerpult halt irgendetwas dahergestottert habe, Kollege Khol aus mir bis heute unerfindlichen Gründen irgendwie hilfreich zur Seite stand, dass er nicht unan­genehme Zwischenrufe von sich gegeben hat und nicht versucht hat, mich zu verwirren, son­dern, im Gegenteil, irgendwie unterstützend tätig war. Ich meine, das registriert man schon!

Anekdotisch fällt mir dazu meine „Tabakrede“ ein, mein Grimm über die Illiberalität und die Graus­­lichkeiten der damaligen Tabaknovelle, die mich heute noch in Wut bringt. Ich bin damals zum Rednerpult herausgegangen, und Khol sagte aus unerfindlichen Gründen: „Der Van der Bellen ist ein gescheiter Mensch.“ – Ich weiß nicht, wie er darauf kam. (Heiterkeit bei Abge­ord­neten der Grünen und der SPÖ.) Ich sagte vom Rednerpult aus: „Ich danke ... Ich spreche aller­dings jetzt nicht als g’scheiter Mensch, sondern als Raucher.“ (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grü­nen sowie des Abg. Dr. Khol.) – Das waren so Kleinigkeiten, die für den Neuling in diesem Parla­ment hilfreich waren.

Welche Eigenschaften ich an Herrn Khol schätze, habe ich schon hinreichend öffentlich gesagt. Ich glaube, das brauche ich heute nicht zu wiederholen.

Ich hoffe, dass Sie registrieren, Herr Khol, dass Sie zwar Mitglied – selbstverständlich – der Ös­ter­reichischen Volkspartei sind, dass die ÖVP aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren Regie­rungspartei sein wird, dass aber das Amt des Präsidenten nicht das des Erfüllungs­ge­hilfen des Ballhausplatzes ist, sondern etwas ganz anderes. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich zweifle nicht daran, dass Sie gute Vorsätze haben, aber Sie wissen ja, wie das mit den gu­ten Vorsätzen ist und welche Wege damit gepflastert sind. Ich hoffe, dass Sie diese Vorsätze dann, wenn sie gut sind, ausführen und durchhalten werden und dass Sie den Versuchungen, die zweifellos auf Sie zukommen werden, widerstehen werden.

Sie sehen schon: Ich gehe davon aus, dass Sie gewählt werden – selbstverständlich. Ich würde nach vielen Gesprächen mit meinen Kolleginnen und Kollegen, ungeachtet der Wahlzelle und des Geheimnisses der Stimmabgabe, sagen: Sie werden die eine oder andere Stimme von Grü­nen als Vertrauensvorschuss erhalten, und Sie werden die eine oder andere Stimme von Grü­nen nicht erhalten, weil sie noch in Reserve sind. Aber die Verhältnisse können sich auch än­dern.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls schon jetzt alles Gute! Ich wünsche mir eine gute Zusammen­ar­beit innerhalb und außerhalb der Präsidiale, Herr Kollege Khol! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Schüssel.)

10.24


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die restliche Redezeit des grünen Klubs beträgt 5 Minuten.

Die Formulierung „ohne Präjudiz“ bei der tatsächlichen Berichtigung war berechtigt, denn wenn sich Kollege Van der Bellen jetzt zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort melden würde, um die Formulierung „dahergestottert“ zu korrigieren, würde er nicht das Wort zu einer tatsächli­chen Berichtigung erhalten. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ.)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Die Uhr ist auf 15 Minuten eingestellt. (Abg. Rauch-Kallat: Wir haben nur mehr elf!) Der Bundeskanzler hat nur 5 Minuten geredet. (Abg. Rauch-Kallat: Nein, neun!)


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Ich bitte um Entschuldigung. Es gab am Anfang ein Problem mit der Zeitnehmung. Man hat mir hier gesagt, 5 Minuten. (Abg. Rauch-Kallat – auf dem Weg zum Rednerpult –: Ich nehme auch 15!) Ich korrigiere auf eine restliche Redezeit von 11 Minuten.

10.25


Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Hohes Haus! Lassen Sie mich ganz am Beginn mei­ner Rede dem scheidenden Präsidium des Nationalrates sehr herzlich für die gute Zusammen­ar­beit und die hervorragende Vorsitzführung danken, aber auch dem Ersten Präsidenten auch für sein Amt als Zweiter Präsident und dem Zweiten Präsidenten für die neue Funktion als Drit­ter Präsident Glück wünschen und vor allem unserem Dritten Präsidenten Werner Fasslabend ganz besonders herzlich für seine besonders gute Vorsitzführung in dieser Funktion danken! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der heutige Tag bietet aber auch Gelegenheit, am Beginn einer Legis­la­tur­periode eine kurze Standortbestimmung vorzunehmen und zu fragen: Wo steht Öster­reich heute? – Österreich steht am Beginn dieser Legislaturperiode gut da, und das ist nicht selbst­verständlich, denn in weltwirtschaftlicher Hinsicht haben wir schwierige Jahre hinter uns und ganz sicher auch noch schwierige Jahre vor uns.

Österreich hat sich aber in den letzten drei Jahren, seit Beginn der letzten Legislaturperiode im Jahr 1999, hervorragend behaupten können. Wodurch könnte das besser bewiesen werden als durch internationale Rankings? – Österreich steht nach dem World Competitiveness Re­port 2002 wie im Vorjahr in der Wettbewerbsfähigkeit international auf Platz 18. Wir liegen auf Platz 15 beim liberalen wirtschaftlichen Umfeld. Das bedeutet, dass sich Österreich im Ver­gleich von 123 Ländern gegenüber 1995 von Platz 28 um 13 Plätze verbessern konnte.

Österreich nimmt bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Platz 13 ein. Auch das ist eine Verbesserung um fünf Plätze seit dem Jahr 1999: Im Jahr 1999 nah­men wir Platz 18 ein, im Jahr 2000 Platz 15, 2001 Platz 14 und jetzt, im Jahr 2002, liegen wir auf Platz 13. – Herzlichen Dank, Wolfgang Schüssel und Martin Bartenstein, für diese her­vor­ragende Performance! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Österreich liegt bei den Ländern, die am stärksten international verflochten sind, auf Platz 9 und bei den Ländern, die ein besonderes internationales politisches Engagement zeigen, auf Platz 6. – Herzlichen Dank, Wolfgang Schüssel und vor allem auch Benita Ferrero-Waldner, für dieses Ranking! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)

Österreich liegt – und darauf sind wir unglaublich stolz – bei der Qualität der Gesundheitsinfra­struktur, der Luftqualität, der persönlichen Sicherheit und der allgemeinen Lebensqualität welt­weit an erster Stelle. – Ein herzliches Dankeschön allen Ministern, Regierungsmitgliedern, aber auch allen Abgeordneten dieses Hohen Hauses, die dazu beigetragen haben! Danke sehr! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ganz besonders stolz waren wir darauf, dass Österreich nicht nur bei der PISA-Studie hervor­ragend abgeschnitten hat, sondern dass wir bei einer internationalen Bewertung der öffentli­chen Schulen in Österreich, die von 80 Managern vorgenommen wurde, gemeinsam mit Finn­land an erster Stelle gelandet sind. – Danke vielmals, Elisabeth Gehrer! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)

Danke natürlich auch all den Lehrerinnen und Lehrern, die dabei mitgeholfen haben! Danke auch allen Beamtinnen und Beamten des Innenressorts, der Gendarmerie, der Polizei, die die­ses Land zu einem sicheren Land gemacht haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen diese Position auch weiterhin halten, auch wenn wir wis­sen, dass das nicht ganz leicht sein wird, denn es werden sowohl international große Herausfor­de­rungen auf uns zukommen als auch national bei der Sicherung unseres hervorragenden Gesund­heitssystems und unseres hervorragenden Sozialsystems.


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Wir wollen daher diesen Wettbewerb weiter sehr ernst nehmen, aber gleichzeitig die kommende Legis­laturperiode vor allem für eine Schwerpunktsetzung im sozialen Bereich nützen.

Wir haben im nächsten Jahr, 2003, das „Internationale Jahr der Behinderten“, wir haben im Jahr 2004 das „Internationale Jahr der Familie“, und es ist uns von der Österreichischen Volks­partei ein ganz besonderes Anliegen, den sozialen Zusammenhalt zwischen den Generationen und Geschlechtern ganz oben anzusiedeln.

Meine Damen und Herren! Wir möchten vor allem im nächsten Jahr und in dieser Legislatur­periode die Bedürfnisse, die Sorgen, aber vor allem auch die berechtigten Anliegen von behin­derten Menschen oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen ganz besonders in den Vorder­grund stellen.

Ich freue mich daher ganz besonders darüber, dass wir mit Franz-Joseph Huainigg einen be­troffenen, engagierten Menschen dafür gewinnen konnten, in dieser Legislaturperiode für die Anliegen behinderter Menschen hier in diesem Haus und darüber hinaus zu wirken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin überzeugt davon, dass es uns – wie schon in der Vergangenheit – gelingen wird, gerade in Behindertenfragen gemeinsam über Fraktionsgrenzen hinweg gute Ergebnisse zu erzielen, und ich hoffe sehr, dass es uns gelingen wird, das seit vielen Jahren ins Auge gefasste Gleich­stellungsgesetz für behinderte Menschen zustande zu bringen.

Es ist uns aber auch ein ganz besonderes Anliegen, insbesondere was die Familien anbelangt, auch in dieser Legislaturperiode an unserer Arbeit für Österreichs Familien weiterzuwirken. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Kinderbetreuungsgeld für drei Jahre Ös­ter­reich einmal mehr an die Weltspitze in der Familienförderung gebracht, und es wird uns auch in dieser Legislaturperiode ein besonderes Anliegen sein, daran intensiv weiterzuarbeiten.

Es ist für uns ganz wichtig, dass wir den Eltern in einer sich ständig verändernden Welt mehr Zeit für Kinder geben. Es ist uns ganz besonders wichtig, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur für Väter, sondern auch für Mütter eine Selbstverständlichkeit ist und dass dabei trotzdem die Kinder nicht zu kurz kommen dürfen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)

Wir werden daher unser Augenmerk ganz besonders darauf richten, Eltern bei ihrer schwierigen Aufgabe zu unterstützen und ihnen möglichst viel Hilfe auch bei der Erziehung ihrer Kinder anzubieten.

Meine Damen und Herren! Es ist mir aber auch ganz besonders wichtig, dass diese Legislatur­periode von einer Fairness zwischen den Geschlechtern und den Generationen getragen wird. Als Frauenpolitikerin, als Frauensprecherin meiner Partei ist es mir ein besonderes Anliegen, dass jene Benachteiligungen, die in unserer Gesellschaft in der Realität – im Gesetz nicht mehr, aber in der Realität – tatsächlich noch existieren, in dieser Legislaturperiode intensiv abgebaut werden. Ich möchte in diesem Bereich vor allem, was die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern und die Karrierechancen von Frauen anlangt, in dieser Legislaturperiode eine ganz deutliche Weiterentwicklung zustande bringen.

Es ist mir daher ein Anliegen, dass das Gender Mainstreaming – ein Ausdruck, von dem nie­mand weiß, was er wirklich bedeutet; im Prinzip handelt es sich dabei um die geschlechter­bezogene Betrachtungsweise jeder gesetzlichen Maßnahme – in dieser Legislaturperiode auch einen entsprechenden Niederschlag findet.

Es ist mir aber auch wichtig, dass vor allem zwischen den Generationen Fairness herrscht, dass vor allem bei den Pensionen ganz entscheidend weitergearbeitet wird. Wir wissen: Wer Gutes bewahren will, muss manches verändern. – Ich bin froh, dass es in der letzten Legislaturperiode ge­lungen ist, einen ersten ganz wichtigen Schritt zur Sicherung der Pensionen zu setzen, und ich bin froh, dass wir mit den jüngsten und ältesten Abgeordneten in diesem Haus – Andreas


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Khol ist ja Vizepräsident des Seniorenbundes – auch innerhalb unserer Fraktion diese Genera­tionen­gerechtigkeit haben.

Ich wünsche mir Fairness zwischen Stadt und Land, Fairness zwischen den Sozialpartnern und vor allem auch eine gute ökosoziale Marktwirtschaft.

Meine Damen und Herren! Wir bieten Ihnen eine faire und gute Zusammenarbeit an. Ich hoffe, dass es uns auch gelingen wird, in Verfassungsfragen Einigkeit zu finden, und ich bin sehr froh, dass wir auch in dieser Legislaturperiode ein lange gehegtes Anliegen erfüllen werden: Sie haben uns überzeugt; wir werden auch im Tierschutz darauf achten, dass es ein Bundesgesetz geben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

10.36


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Uhr ist auf 9 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.36


Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss mich hier ein we­nig durch die Nebelschwaden des Regierungsweihrauches am Rednerpult durcharbeiten. Es war ein bisschen viel! Ich verstehe ja, dass die Generalsekretärin der ÖVP sich nach diesem Wahl­er­gebnis hier hergestellt hat und in Dankesworten auf die vielen, vielen Dinge ein­ge­gangen ist, aber das steht nicht wirklich in einem Zusammenhang mit der Tagesordnung, die wir heute zu behandeln haben. (Ruf bei der ÖVP: Das war aber jetzt nicht notwendig! – Abg. Dr. Fekter: Das war jetzt aber unnötig!) Ich möchte mich hingegen auf das konzentrieren, was das Thema der heutigen Sitzung ist. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es war Wahlkampf, aber der ist schon vorbei. Das wollte ich damit sagen, sonst gar nichts!

Noch nie hat es im Parlament – und ich nehme jetzt doch schon einige Male hier an einer An­gelobung teil – so viele neue Abgeordnete gegeben wie diesmal. Das muss man auch einmal wür­digen! Bei den Sozialdemokraten sind es 21 – elf Männer und zehn Frauen. Es hat hier wirk­lich noch nie so viele neue Abgeordnete gegeben!

Ich kann mich noch an meinen ersten Tag hier erinnern. Es ist eigentlich jedes Mal ähnlich, es ist fast wie eine Schulanfangsstimmung: Man ist ein bisschen aufgeregt und fragt sich: Wie wird das hier laufen?, und man ist dann auch gleich mit vielen Schrulligkeiten konfrontiert, die es im Par­la­ment gibt und an die man sich erst gewöhnen muss. Da gibt es Usancen und Ge­wohn­heiten und Traditionen – das werden die vielen jungen Abgeordneten, Frauen und Männer, hier dann noch kennen lernen –, den Kampf um die Rednerplätze, den Kampf um die Ausschuss­mitgliedschaften und vor allem auch das Problem: Wie kann ich meinen Wählerinnen und Wählern in meinem Wahlkreis meine Arbeit auch optimal vermitteln?

Das ist oft auch eine Frage der medialen Berichterstattung, und daher schlagen wir Folgendes vor: Man sollte in Hinkunft das Parlament und die parlamentarische Arbeit transparenter ge­stal­ten. Man soll ruhig die Ausschusssitzungen öffentlich machen – grundsätzlich öffentlich, auch für das Fernsehen zugänglich –, damit die Wählerinnen und Wähler einfach sehen, was wir hier machen, und das besser vermittelt bekommen. Das würde auch den Jungen sehr helfen, die am Anfang das Problem haben – man wird eben nicht gleich Erstredner in einer Debatte, ich ha­be das damals auch schmerzhaft empfinden müssen –, dass sich die Wähler, wenn man nicht Erstredner ist und die Rede im Fernsehen nicht gebracht wird, fragen: Wo ist er eigent­lich? Was macht er? – Daher, denke ich, ist das mit Sicherheit auch ein Vorschlag, der unter Umständen mithelfen würde, die Arbeit hier zu erleichtern.

Sie werden dann bei Ihren ersten Reden auch feststellen, dass es hier die Gewohnheit gibt, nicht Zwischenrufe zu machen, sondern vielleicht sogar ein bisschen behilflich zu sein. Aller­dings muss man sich auch darauf einstellen – das war bei mir beim ersten Mal der Fall –, dass nicht jeder zuhört. Aber es hat sich etwas verbessert, und es ist auch hier schon die Bereit­schaft, sich mit den Inhalten zu konfrontieren, größer geworden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Es kommt auf Ihren Inhalt an, ob wir zuhören oder nicht!)


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Ich biete mich daher als Ombudsmann für alle Jungen an – auch von der ÖVP! (Allgemeine Hei­terkeit.) Sie sollen zu mir kommen, wenn sie ein Problem haben. Ich helfe ihnen, ich gebe ihnen Tipps! (Beifall bei der SPÖ.)

Sollten sie mit der Klubführung eine Schwierigkeit haben, dann gebe ich ihnen besonders gerne Rat­schläge. Sollten sie Ideen für Initiativen hier im Haus brauchen, dann, schlage ich vor, setzen wir uns einfach zusammen. Wenn Sie nicht weiter wissen, gibt es die Möglichkeit einer Selbsthilfegruppe – dort bin ich dann auch behilflich, kein Problem. Wir können da sicher eine Verbesserung erreichen.

Was die Probleme der Freiheitlichen betrifft, so überfordern diese, muss ich sagen, etwas mei­ne Ausbildung und meine Kräfte. Da muss man schon Experten heranziehen, das wird wahr­scheinlich etwas schwieriger sein.

Weil ich vorhin die Reform des Nationalrates angesprochen habe: Als einer, der jetzt in der Prä­sidiale mitarbeiten durfte und dort die feine Konsenskultur kennen gelernt hat, die nie in Ka­meraderie ausartete und nie zur Verwischung der politischen Unterschiede geführt hat, aber man war doch bemüht, in einer vernünftigen Form gemeinsam für das Hohe Haus die Arbeit zu orga­nisieren, muss ich schon sagen – ich möchte damit das unterstreichen, was Dr. Gusen­bauer in seiner Rede gesagt hat –: Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir hier die Minderheitsrechte stärken und ausbauen. Die Balance zwischen Oppositions- und Regierungs­par­teien gehört verbessert, vor allem auch deshalb, weil sich die Regierungsparteien in erster Li­nie doch als jene Fraktionen verstehen, welche die Regierungsarbeit hier im Hohen Haus um­setzen.

Wir haben das in den letzten zweieinhalb Jahren besonders intensiv kennen gelernt, und daher auch das Bestreben, dass es hier zum Beispiel die Möglichkeit gibt, dass ein Drittel der Abge­ord­neten einen Untersuchungsausschuss einfordern und einrichten kann. Gerade was die Fra­ge der Anschaffung der Kriegsflugzeuge, der „Eurofighter“, betrifft, ist es besonders wichtig, dass endlich ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Wir hätten ihn schon längst, gäbe es dieses Minderheitsrecht. Weil es dieses Minderheitsrecht jedoch nicht gibt und die beiden bis­herigen und jetzigen und wahrscheinlich auch künftigen Regierungsfraktionen das nicht wollen, gibt es diesen Untersuchungsausschuss noch nicht. Das ist schlecht.

Viele von jenen, die heute zusehen, werden zu denen gehören, die die Volksbegehren der letzten Zeit unterstützt haben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Sozialstaat-Volks­begehren, hinsichtlich dessen wir einen Antrag einbringen werden, dass es in dieser Le­gis­laturperiode weiter behandelt wird. Ich verweise auf das in der FPÖ schon in Vergessenheit ge­ratene Temelín-Volksbegehren sowie auf das Volksbegehren betreffend die Kriegsflugzeuge beziehungsweise Abfangjäger. Man muss eine Regelung finden, damit nicht nach dem Ende einer Legislaturperiode die Volksbegehren im Hohen Haus nicht mehr behandelt werden kön­nen. Wir müssen eine Regelung finden, wonach künftig auch nach einem Wechsel der Legisla­tur­periode die Volksbegehren weiter Gegenstand der Behandlung im Hohen Haus bleiben. Es soll ja nicht so sein, dass es umsonst war, dass viele diese Volksbegehren unterzeichnet ha­ben; unterzeichnet in der Hoffnung, dass sie hier im Hohen Haus behandelt werden und auch entsprechende Schritte gesetzt werden.

Wir sind da eigentlich der Anwalt all jener, die in letzter Zeit so zahlreich die Volksbegehren un­terzeichnet haben. Uns ist es ein Anliegen, dass diese Volksbegehren hier im Hohen Haus be­handelt und im Sinne der Volksbegehrens-Betreiber die entsprechenden Beschlüsse gefasst werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Viele jener, die manchmal hier Fragestunden mitgehört haben, wünschen sich zu Recht eine Be­lebung der Fragestunden. Es soll also nicht eine schriftliche Frage eingebracht werden, die der Minister dann schriftlich nicht beantwortet, sondern es soll wirklich ein Frage-Antwort-Spiel g­e­ben, es soll wirklich dafür gesorgt werden, dass man darauf eingehen kann.


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Zum Schluss nur noch einen Satz zur aktuellen politischen Situation: Herr Bundeskanzler und Klub­obmann Dr. Schüssel! Ich verstehe schon, dass man sich freut, wenn man einen solchen Wahl­sieg errungen hat, aber nach dem, wie die bisherigen Sondierungsgespräche im We­sent­lichen verlaufen sind, muss ich sagen: Man sollte doch einen in der Bevölkerung sehr be­kannten Satz berücksichtigen: Übermut tut selten gut! Man sollte diesen Satz deswegen berück­sichtigen, weil es hier um Österreich, um Österreichs Zukunft geht und nicht um einen Macht­poker, Machtspiele oder sonstige machtpolitische Überlegungen. Man sollte sich zusammentun und darüber nachdenken, was der beste Weg für dieses Land ist – gerade in dieser Zeit, in der sich die Europäische Union erweitert, gerade in dieser Zeit, in der so viele und oft schwierige wirt­schaftliche Fragen zu beantworten sind, gerade in dieser Zeit, in der es große Reformen geben muss, kein Weiterwursteln und Herumwursteln und Herumbasteln, das diesem Land nicht dient.

In diesem Sinne rufe ich als österreichischer Patriot auf zu einer vernünftigen Arbeit im Parla­ment, zu einer vernünftigen Arbeit für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

10.45


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Die Uhr ist auf 10 Minuten gestellt. – Bitte.

10.45


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine Bemerkung zu meinem Vorredner: Kollege Cap hat dort fortgesetzt, wo er am Schluss der vergangenen Legislaturperiode geendet hat. Er hat einmal mehr eine Rolle gespielt, die nicht zum Stück gepasst hat, aber das sind wir inzwischen schon gewohnt.

Herr Kollege Cap! Es ist eine, wie ich meine, sehr erfolgreiche Legislaturperiode gewesen, die mit dem heutigen Tag zu Ende gegangen ist, eine Legislaturperiode, die zu Beginn von äußerst schwie­rigen Voraussetzungen gekennzeichnet war, die nicht zuletzt auch deshalb zustande ge­kom­men sind, weil Sie etwas verlassen haben, was in Österreich so notwendig wäre, wenn schwie­rige Zeiten zu bewältigen sind, nämlich den Grundkonsens.

Deshalb ersuche ich zu Beginn meiner Rede, sich wieder des Grundkonsenses anzunehmen, der notwendig ist, wenn es darum geht, österreichische Interessen gegenüber anderen erfolg­reich zu vertreten. Das mahne ich heute hier zu Beginn der neuen Legislaturperiode für uns alle ein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Kollegin Kallat hat bereits viele Erfolge dieser Bundesregierung aufgezählt. Ich darf nur ergän­zen, dass auch im Sozialressort sehr, sehr große Meilensteine zur Umsetzung gelangt sind, wie etwa das Kindergeld für alle, die Beschlussfassung der „Abfertigung neu“, was nichts anderes ist als der Beginn einer umfassenden und dringend notwendigen Pensionsreform, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Oder: der Generalverkehrsplan, die Verwaltungsreform, viele not­wendige Dinge wurden endlich angegangen. Es wurde in diesem Land etwas bewegt.

Wenn auch das Wahlergebnis für uns Freiheitliche noch so schmerzlich war, so hat es uns doch eines gezeigt: Der Weg, den zu gehen diese Bundesregierung begonnen hat, ist der richtige Weg. Das lese ich aus diesem Wahlergebnis heraus, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch ich nütze die Gelegenheit, mich als geschäftsführender Klubobmann für die Zusam­men­arbeit mit den Mitgliedern der Präsidiale zu bedanken. Herr Präsident Fischer, Herr Präsi­dent Prinzhorn, Herr Präsident Fasslabend, herzlichen Dank für die sehr, sehr gute Zusammenarbeit!

Ich bedanke mich auch bei all jenen, die mit heutigem Tage aus dem Nationalrat scheiden, wün­sche aber vor allem unseren neuen Kolleginnen und Kollegen für ihre neuen Aufgaben sehr, sehr viel Erfolg. Wir werden gemeinsam daran zu arbeiten haben, dass wir die schwie­rigen Zeiten, die vor uns liegen, erfolgreich bewältigen können. Wenn wir diese schwierigen Zei-


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ten erfolgreich bewältigen wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, geschätzte Kolle­gin­nen und Kollegen, dann brauchen wir den eingangs schon angesprochenen Grundkonsens in den wesentlichen Fragen. Wir werden schon heute ganz wesentliche Fragen, die Österreich be­treffen, diskutieren, wie etwa eine Transitlösung, auch die weitere Vorgangsweise in Sachen Anti-AKW-Politik. Doch wenn wir da weiterkommen wollen, liebe Kollegen, braucht es einen Grund­konsens.

Diesen Grundkonsens sollte es, glaube ich, auch bei der anstehenden Wahl geben. Es ist par­la­mentarische Usance, dass bei der Wahl des Präsidenten die stärkste Partei den Ersten Prä­sidenten bekommt, die zweitstärkste Partei den Zweiten Präsidenten und die drittstärkste Partei den Dritten Präsidenten, und so sollten wir es auch heute und in Zukunft halten.

Andreas Khol ist für mich jemand, den ich als begeisterten Parlamentarier kennen gelernt habe, der immer wieder scharfzüngig gegen die FPÖ aufgetreten ist, und zwar ab dem Jahre 1990. Im Laufe der Zeit habe ich aber viele positive Eigenschaften, die ein Volksvertreter haben soll, an ihm kennen gelernt: Nicht nur die scharfe Zunge in Wort und Schrift, auch die pointierten, sach­kundigen Meinungsäußerungen zeichnen Andreas Khol aus, vor allem aber – was ich an ihm sehr schätze – seine Grundsatztreue und seine Gesprächsbereitschaft, auch nach härtesten Kon­flikten. Es gibt zwei Ebenen, auf denen wir einander begegnen können: auf der harten sachlichen Ebene, wo wir uns auseinander setzen, und auf einer davon völlig unbeeinflussten freundschaftlichen Ebene. Das schätze ich an Andreas Khol ganz besonders.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich auch ein hervorragender Kandidat ist Heinz Fischer, der Erster Präsident wurde, als ich zum ersten Mal in diesem Hause angelobt wurde. Mit Heinz Fischer habe ich als neuer Parlamentarier natürlich noch keine allzu großen direkten Aus­einandersetzungen gehabt, aber vieles hat uns inhaltlich getrennt. Im Laufe der Zeit, als ich doch einige Sitzreihen nach vorne gekommen bin, habe ich dann auch die Möglichkeit der direk­ten Auseinandersetzung mit Heinz Fischer gehabt. Das, was ich an Ihnen, Herr Präsident Fischer, so geschätzt habe, war, dass Sie Ihre Konflikte mit mir immer schriftlich ausgetragen ha­ben, dass Zettel zu mir gebracht wurden, worin ich schriftlich über Ihren Unmut informiert wurde.

Ich nehme diese Gelegenheit auch wahr, Herr Präsident, dass ich mich für den Missbrauch eines solchen Zettels – es waren viele, es waren, wie ich meine, 20, 30, 40 solcher Zettel im Laufe der Zeit, und einen dieser Zettel habe ich missbraucht, Herr Präsident – heute in aller Form entschuldige. Ich hoffe, Sie nehmen diese späte Entschuldigung noch an. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wir wollen jetzt aber wissen, was das war!)

Es ist mir, Herr Präsident, ein Anliegen, Ihnen für Ihre umsichtige Tätigkeit zu danken. Ich bin über­zeugt davon, Sie werden ein würdiger Präsident und Sie werden einen würdigen Platz in der Reihe der Präsidenten dieses Hohen Hauses haben. Ich begrüße Ihre Kandidatur für die Funktion des Zweiten Präsidenten. Unsere Fraktion wird Sie unterstützen.

Wir Freiheitliche – das sage ich zu den Grünen, auch für die Zukunft – standen und stehen zu den Usancen in diesem Hohen Hause und werden dies auch in Zukunft tun, genauso wie das auch meine Vorredner zum Ausdruck gebracht haben. Deshalb ersuche ich auch Sie, unserem Kandidaten Thomas Prinzhorn, der in den vergangenen Jahren gezeigt hat, dass er ein um­sich­tiger Präsident ist, Ihre Unterstützung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.53


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste und letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abge­ordnete Dr. Petrovic. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.53


Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Usancen sind für das Funktionieren eines Hauses, wie der Nationalrat es ist, unerlässlich. Ich halte sie für wichtiger und richtiger als Regelungen, die wir bei anderen obersten Organen haben, wie etwa


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bei der Volksanwaltschaft, wo ein Automatismus zwischen Parteistärke und Besetzung des Amtes festgelegt ist. Ich finde, das hat in einer modernen Demokratie nichts mehr verloren.

Meine Damen und Herren! Aber Usancen – und das ist eben das Feine und Wertvolle daran – sind keine starren Korsette, sondern sie geben einen gewissen Spielraum, der im Rahmen der poli­tischen Handlungsmöglichkeiten, im Rahmen des innenpolitischen Kontextes und natürlich gerade bei einem Amt, das die Person sehr stark in den Mittelpunkt stellt, persönlichen Eigen­schaften entsprechend ausgefüllt werden kann.

Abgeordneter Dr. Schüssel – heute spreche ich Herrn Dr. Schüssel als Abgeordneten an – hat in Bezug auf den Dritten Präsidenten gesagt: Es spricht nichts dagegen, Abgeordneten Prinz­horn zu wählen. – Ja, das glaube ich auch. Ich muss sagen – ich habe das auch in der Öffent­lich­keit festgestellt –, dass ich jenseits aller fundamentalen politischen Unterschiede, die zwi­schen Grünen und Freiheitlichen bestehen – wir sehen uns hier als absoluter Gegenpol zu den pro­grammatischen Inhalten der Freiheitlichen –, ad personam nicht anstehe, zu sagen, dass Abge­­ord­neter Prinzhorn dieses Amt fair und besonnen ausgeübt hat und, wenn es schwierige Situationen gab, die Spielräume weit gehandhabt hat. Das habe ich richtig gefunden. Insofern könnte ich das unterstreichen, es spräche nichts dagegen, aber das wäre mir und das ist uns zu wenig, denn die andere Frage müsste lauten: Was spricht denn dafür und – auch dieses Wort ist gefallen – welches Zeichen wird mit der Kandidatur oder der Wahl einer Person gesetzt?

Ich glaube, dass es hoch an der Zeit wäre, bei zwei Fraktionen, die ungefähr gleich groß sind ... (Zwischenruf.) – Ja, es stimmt, ein Mandat ist hier noch dazwischen, aber die Größenordnung ist die gleiche. Da erinnere ich die ÖVP daran, dass sie ja auch diese berühmten 415 Stimmen nicht im Sinne eines Automatismus gehandhabt hat (Abg. Dr. Stummvoll: Wir haben sie ak­zeptiert!), sondern wenn wir entsprechend der Parteistärke gesprochen haben, dann hat gele­gent­lich die ÖVP den zweiten Platz eingenommen, gelegentlich haben dies die Freiheitlichen ge­tan. Das heißt, Sie haben abgewechselt und insofern im Rahmen der Usancen einen gewis­sen Spielraum möglich gemacht. Dasselbe scheint mir auch bei der dritten Präsidentschaft – ich hoffe, der Dritten Präsidentin – des Hohen Hauses durchaus möglich und durchaus hoch ange­bracht zu sein. (Beifall bei den Grünen.)

Erstens freut es mich, dass der grüne Klub eine Frau für dieses Amt vorschlägt, und es freut mich ganz besonders, dass wir erstmals einen ganz deutlichen Überhang von Frauen in der grü­nen Fraktion haben. Die neu hinzugekommenen Abgeordneten sind alle Frauen. Das heißt, die 17 grünen Mandate werden jetzt von 10 Frauen und 7 Männern ausgeübt. Ich denke, es ist das auch ein Zeichen, das die Grünen setzen wollen.

Dazu kommt die Person meiner Kollegin Terezija Stoisits, die als Angehörige der kroatischen Min­derheit im Burgenland auch ein Zeichen für die Buntheit des Landes, für seine kulturelle Viel­falt setzt, und zwar durch ihre Funktion in diesem Hohen Haus ein gelebtes Zeichen. Es handelt sich eigentlich um noch mehr als ein Zeichen, sie hat sich nämlich immer identifiziert mit den Menschenrechten und der Verteidigung der Menschenrechte. Insofern würde es mich sehr freuen, wenn dieses Haus im Präsidium wieder einmal eine Frau begrüßen könnte.

Ich begrüße hier auf der Galerie die Expräsidentin des Hohen Hauses Marga Hubinek und hoffe, dass es mit Terezija Stoisits wieder einmal die Chance gibt, dass eine Frau im Präsidium des Hohen Hauses vertreten ist und dieses Amt bekleidet. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.59


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher diese Debatte.

Wir werden nun die Wahl der Präsidenten in Angriff nehmen.

Es liegt mir das Verlangen vor, die Wahl aller drei Präsidenten in Wahlzellen durchzuführen, und ich werde daher so vorgehen.


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Wahl des Präsidenten


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Erstes erinnere ich noch einmal daran, dass für die Wahl des Präsidenten ein Wahlvorschlag lautend auf Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Khol vorliegt.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.

Nach der gleichen Bestimmung ist die Wahl des Präsidenten geheim und mit Stimmzettel durch­zuführen.

Wenn wir geheim mit Stimmzettel und in Wahlurnen abstimmen, dann sind gewisse technische Vorbereitungen erforderlich. Ich bitte, diese Vorbereitungen zu treffen. Zu diesem Zwecke wird die Sitzung ganz kurz unterbrochen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 11 Uhr unterbrochen und um 11.02 Uhr wieder aufgenommen.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Die Vorbereitungen sind beendet. Ich lade Sie daher ein, wieder in den Sitzungssaal zu kommen.

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich bitte Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, sich als Schriftführerin für den Namensaufruf be­reit­zuhalten. Ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé im Saal? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie schau­en noch in die falsche Richtung!) – Ich schaue aus alter Gewohnheit in die falsche Richtung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Stimmzettel, der bei dieser Wahl zu verwenden ist, wird samt Kuvert nach dem Namensaufruf durch die Frau Schriftführerin von den hiezu be­stimmten Bediensteten der Parlamentsdirektion ausgegeben. Für die Wahl kann ausschließlich dieser ausgegebene amtliche Stimmzettel verwendet werden.

Auf diesen Stimmzettel ist in der Wahlzelle der Name des gewünschten Kandidaten oder der ge­wünschten Kandidatin zu schreiben. Nach dem Ausfüllen des Stimmzettels ist dieser, im Ku­vert verschlossen, in die hiefür bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche nunmehr die einzelnen Abgeordneten, die Kuverts entgegenzunehmen, sich dann in die Wahlzellen zu begeben und den Wahlakt in der jetzt beschriebenen Form durchzuführen.

Ich ersuche die Frau Schriftführerin um den Namensaufruf. – Bitte, Frau Schriftführerin.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé beziehungsweise durch den Schrift­führer Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und werfen sodann die Stimm­zettel in die Urne.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Darf ich an das Hohe Haus die Frage richten, ob alle Stimmbe­rechtigten ihre Stimme abgegeben haben und ich daher die Stimmabgabe für beendet erklären kann? – Das ist der Fall.

Hiemit erkläre ich die Stimmabgabe für beendet.

Ich bitte die Bediensteten des Hauses, die darüber bereits instruiert wurden, nunmehr die Stim­men­zählung vorzunehmen. Die Schriftführer des Hauses haben das Recht, als Beobachter an der Stimmenzählung teilzunehmen.

Zum Zwecke der Auszählung der Stimmen unterbreche ich die Sitzung für die erforderliche Zeit.

Die Sitzung ist unterbrochen.


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(Die Sitzung wird um 11.36 Uhr unterbrochen und um 11.47 Uhr wieder aufgenommen.)


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf die unterbrochene Sitzung wie­der aufnehmen und Ihnen das Wahlergebnis wie folgt bekannt geben:

Es wurden 183 Stimmen abgegeben; von diesen 183 Stimmen waren 23 ungültig und daher 160 Stimmen gültig. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt somit 81.

Es entfielen auf Herrn Abgeordneten Dr. Khol 130 Stimmen, die restlichen Stimmen auf andere Abgeordnete.

(Die restlichen Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Amon, MBA: 1, Dr. Fasslabend: 3, Mag. Dr. Fekter: 1, Dr. Fischer: 9, Mag. Frieser: 1, Rauch-Kallat: 11, Scheibner: 1, Dr. Schüssel: 1, Mag. Stoisits: 1, Dkfm. Dr. Stummvoll: 1.)

Ich stelle daher fest, dass Herr Abgeordneter Dr. Khol zum Präsidenten des Nationalrates ge­wählt wurde. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP, der SPÖ, den Freiheitlichen und bei Abge­ord­neten der Grünen. – Die Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen erheben sich von ihren Sitzen. – Einige Abgeordnete, allen voran Abg. Dr. Schüssel, begeben sich zu Abg. Dr. Khol und gratulieren diesem. – Abg. Dr. Khol nimmt die auf dem Revers seines Sakkos angesteckte weiße Rose ab und reicht sie Abg. Dr. Schüssel.)

Ich frage den Gewählten, ob er die soeben bekannt gegebene Wahl annimmt.


Abgeordneter Dr. Andreas Khol: Ich nehme diese Wahl in Demut und mit Freude an.


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gratuliere dem neuen Herrn Präsidenten zu seiner Wahl. (Neu­erlicher Beifall bei der ÖVP, der SPÖ, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Abschiedsansprache des Präsidenten


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich den neu ge­wählten Präsidenten, dem ich soeben gratuliert habe, bitte, den Vorsitz zu übernehmen und in der Erledigung der Tagesordnung fortzufahren, darf ich mich, einer alten parlamentarischen Ge­pflogenheit folgend, als scheidender Präsident mit einigen Worten an das Hohe Haus wenden. Vor allem möchte ich natürlich meinen Dank dafür aussprechen, dass ich mehr als zwölf Jahre Prä­sident dieses Nationalrates sein durfte.

Sie werden es irgendwie verstehen können, hoffe ich, dass das für mich ein bewegender Augen­­blick ist, dass ich mit einer gewissen Unsicherheit, mit gemischten Gefühlen aus diesem Amt scheide, und zwar deshalb, weil ich mich einerseits dieser Funktion wirklich verbunden ge­fühlt habe und wirklich keinen Tag der parlamentarischen Arbeit missen möchte, auch nicht die Zu­sammenarbeit mit Parlamentariern, die Freundschaften, die man in einer solchen Zeit schlie­ßen kann, und weil ich andererseits wirklich stolz und glücklich bin, in einem Land zu leben, wo sich dieser demokratische Wechsel mit einer solchen Selbstverständlichkeit, in einer Art ab­spielt – wie wir alle beobachten können und wie auch die österreichische Öffentlichkeit beobach­ten kann –, die auf hohe Reife unserer Demokratie, jedenfalls in wichtigen Momenten, schließen lässt. Das macht mich glücklich, und darüber freue ich mich.

Meine Damen und Herren! Ich habe in diesem Haus vor fast 41 Jahren zu arbeiten begonnen, ge­nau genommen am 2. Jänner 1962, als juristischer Berater im Parlamentsklub der SPÖ. Da­mals gab es ein Parlament, in dem Leopold Figl Präsident war – noch für einige Monate; er wur­de dann von Alfred Maleta abgelöst –, ein Parlament, in dem man Raab und Gorbach, Withalm und Kreisky, Rosa Jochmann und Karl Kummer und viele andere Persönlichkeiten wie Willfried Gredler, Jörg Kandutsch, Emil van Tongel et cetera kennen lernen durfte. Diese Persönlich­keiten und viele andere auch sind mir in bleibender Erinnerung.


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Ich bin dann 1963 zum Klubsekretär der SPÖ bestellt worden. Mein Visavis in der ÖVP war Dr. Smejkal, ich würde fast sagen, der – jedenfalls damals – legendäre Dr. Smejkal. Da sich die par­la­mentarische Arbeit damals noch nicht so entfaltet hat wie heute, hat es im gesamten Parla­ment bei allen drei Fraktionen insgesamt nur fünf Mitarbeiter gegeben. Als ich zum Klubsekretär be­stellt wurde, musste ich mich beim Herrn Bundespräsidenten Dr. Schärf vorstellen gehen, denn dieser hat ein strenges Auge auf das Parlament gehabt. Er war ja selbst in der Ersten Re­publik Klubsekretär gewesen, und er wollte daher die Leute, die diese Arbeit machen, kennen ler­nen. Dann hat ein langsamer Ausbau begonnen. Erhard Busek ist auf der ÖVP-Seite dazu­gekommen, Hannes Androsch auf der SPÖ-Seite, und einige Jahre später – weil er es erwähnt hat; ich glaube, es war 1968 – Dr. Wolfgang Schüssel. Das war auch eine spannende Zeit: ÖVP-Alleinregierung. Damals habe ich schon kennen gelernt, welch große Bedeutung der politi­sche Wechsel für die Demokratie hat.

Es gibt Politikwissenschafter, die Demokratie als jenes politische System definieren, in dem der Mehr­heits- und Machtwechsel auf friedliche Weise vor sich geht – keine schlechte Definition, und sie sagt viel aus. Ganz besonders deutlich habe ich das dann im Jahr 1970 kennen gelernt, denn das Wahlresultat von 1966, das für die ÖVP so hervorragend war, hat sich im Jahr 1970 um­gekehrt. Im Präsidium des Nationalrates – Präsident Maleta war zu diesem Zeitpunkt acht Jahre Präsident des Hohen Hauses – hat es auf Grund des Wahlergebnisses vom 1. März 1970, das der SPÖ 81 Mandate und der ÖVP 78 Mandate beschert hat, den Freiheitlichen zu­-nächst fünf und nach einer Wahlanfechtung sechs Mandate, einen Wechsel gegeben. Damals, bei dieser Wahl des Nationalratspräsidenten am 31. März 1970, bin ich als Klubsekretär hier im Saal irgendwo links gestanden – ich kann mich ziemlich genau erinnern; ich weiß nicht, wo Wolfgang Schüssel gestanden ist, wahrscheinlich weiter rechts (Heiterkeit) –, und es ist der Wechsel von Maleta zu Waldbrunner ganz reibungslos vollzogen worden. Präsident Maleta hat die Funktion des Zweiten Präsidenten übernommen. Ich habe in den letzten Tagen einige Male an diese Situation gedacht.

Ich werde Sie jetzt nicht mit weiteren Schilderungen der Entwicklung des Parlamentarismus auf­halten. Ich möchte Ihnen nur sagen, dass es zum Beispiel in den siebziger Jahren und auch in den späten sechziger Jahren, als es absolute Mehrheiten im Parlament gegeben hat, auch kla­re politische Meinungsunterschiede und dennoch bemerkenswerte persönliche Freund­schaf­ten ge­geben hat. Zur Zeit, als Withalm und Pittermann Klubobmänner waren, war es so: Wenn Dr. Withalm zur Kur nach Montecatini gefahren ist, hat er zu seinem Visavis Bruno Pittermann ge­sagt: Und du passt mir auf, dass in den 14 Tagen kein Blödsinn geschieht im Parlament! Die haben sich menschlich aufeinander verlassen können, und das ist bemerkenswert.

Ich selbst habe eine wirklich echte und große Freundschaft zum Beispiel mit Stephan Koren, dem Klubobmann der ÖVP, gehabt und habe seine Witwe bis zuletzt noch besucht, auch als sie krank war, auch als sie in einem Altersheim war. Wolfgang Schüssel weiß das wahrscheinlich. Es ist schön, wenn man über so etwas berichten kann.

Ich bin dann dem Nationalrat während meiner Tätigkeit als Wissenschaftsminister einige Jahre un­treu geworden, dann wieder zurückgekommen und im November 1990 zum Präsidenten ge­wählt worden. Ich habe das als eine wirklich wichtige, schöne Aufgabe empfunden und mich be­müht, sie zu erfüllen, so gut es geht. Niemand kann sagen, dass er nicht auch Fehler gemacht hat, aber ich habe versucht, es so gut wie möglich zu machen. Ich habe in dieser Zeit auch eine sehr gute Zusammenarbeit in der Präsidialkonferenz gehabt, eigentlich mit allen, die seit 1990 Mit­glieder der Präsidialkonferenz waren; ich will sie jetzt nicht einzeln aufzählen.

Es ist dann zum Wahlergebnis vom 24. November gekommen, das wiederum einen großen Wech­sel ausgelöst hat, zu einem Wahlresultat, das starke Veränderungen, wie es das Gesetz der Demokratie nun einmal vorsieht, gebracht hat. Und es fällt mir nicht nur kein Stein aus der Kro­ne, die ich ohnehin nicht habe, sondern ich mache es gerne, Bundeskanzler Schüssel zu seinem großen Erfolg in sportlicher Gesinnung herzlich zu gratulieren. Es steht ein großer Ein­satz dahinter. Aber ich möchte auch den anderen Spitzenkandidaten, Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Haupt, Dr. Van der Bellen, zu ihrem unglaublich großen Einsatz, den sie letzten Endes


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nicht nur für ihre Partei, sondern auch für das Funktionieren des parlamentarischen Systems leis­ten, gratulieren und herzlich danken. Danke vielmals.

Meine Damen und Herren! Wenn ich beim Danken bin, dann beginne ich in meiner engsten Um­gebung. Ich möchte mich bei meiner Büroleiterin Frau Mag. Gaugl sehr, sehr herzlich be­dan­ken. Ich möchte mich bei meinem Pressesprecher Bruno Aigner bedanken. Er hält es als Pressesprecher mit mir seit 27 Jahren aus. Das muss ihm erst einmal jemand nachmachen. Ich glaube, das ist reif für das Buch der Rekorde, wenn ein Politiker 27 Jahre lang den gleichen Pres­sesprecher hat. Ich möchte mich beim Herrn Parlamentsdirektor sehr, sehr herzlich be­dan­ken und dem neuen Präsidenten sagen, dass er da einen ganz hervorragenden Mitarbeiter an der Spitze der Parlamentsverwaltung hat. Das gilt auch für die Vizedirektoren, das gilt für die Leiter der einzelnen Abteilungen.

Eigentlich sage ich es gerne: Ich bedanke mich bei jedem einzelnen Mitarbeiter und bei jeder einzelnen Mitarbeiterin dieses Hauses, weil man sich immer auf sie verlassen kann, weil sie immer zur Verfügung stehen, weil sie auf ihren Arbeitsplatz im Parlament stolz sind und weil sie gute Arbeit leisten.

Da heute schon gesagt wurde, dass auch ein Präsident irgendwie eine politische Heimat hat – meine Heimat ist der Parlamentsklub der SPÖ –, möchte ich mich bei meiner engeren politi­schen Familie für ihre Freundschaft, für die netten Worte, die gerade in den letzten Tagen und Wochen an meine Adresse formuliert wurden, herzlich bedanken.

Jetzt wende ich mich gerne meinen beiden Kollegen Dipl.-Ing. Prinzhorn und Dr. Fasslabend zu. Wir haben uns noch heute in der Früh als Präsidium zusammengefunden, weil es immer ver­schiedene Fragen zu klären gibt.

Da ich, wie Sie hören, ganz offen und frei von der Leber weg zu Ihnen spreche, sage ich: In den ersten Monaten habe ich es mit dem Kollegen Dipl.-Ing. Prinzhorn emotional nicht ganz leicht ge­habt – wahrscheinlich auch er nicht mit mir –, aber wir haben dann zu einer sehr befrie­digen­den und der Sache dienenden Zusammenarbeit gefunden. Ich freue mich darüber und bedanke mich dafür.

Beim Kollegen Dr. Fasslabend war es ein bisserl leichter, weil wir uns ja davor schon viel länger gekannt und auch als Partner in früheren Koalitionsregierungen zusammengearbeitet haben.

Die beiden Kollegen Fasslabend und Prinzhorn, die jetzt nicht so wie ich die Chance haben, das Wort zu ergreifen, haben mich gebeten, allen Mitgliedern des Hauses ihren ganz persönli­chen Dank auszusprechen, und ich tue das somit.

Meine Damen und Herren! Es stehen uns große Aufgaben bevor. Mit Spannung sehe ich den Problemen entgegen, die wir jetzt im Zusammenhang mit der Bildung einer neuen Bundesre­gierung zu lösen haben. Ich wünsche mir, dass es in diesem Zusammenhang kluge und weise und den Interessen unseres Landes dienende Lösungen geben wird. Ich wünsche vor allem dem österreichischen Nationalrat alles Beste, jener Körperschaft, der ich mich wirklich sehr eng verbunden fühle und der ich voraussichtlich noch in einer anderen Funktion werde dienen dürfen, wobei ich der Meinung bin, dass es in jeder Funktion im Präsidium ehrenvoll ist, zu arbeiten. Ich sehe dieser Arbeit mit Freude und Interesse entgegen.

In dieser Gesinnung und mit Hochachtung für unsere Vorgänger in der Geschichte des Parla­mentarismus und mit der Bitte, die menschliche Komponente in der Politik immer zu beachten und auch immer hochzuhalten, möchte ich nun den Vorsitz an den neu gewählten Präsidenten Dr. Andreas Khol übergeben und wünsche ihm nochmals alles Gute.

Bitte, Herr Präsident, fahren Sie pflichtgemäß in der Erledigung der Tagesordnung fort! (Die Ab­ge­ordneten erheben sich von ihren Plätzen und leisten lang anhaltenden lebhaften Beifall. – Präsident Dr. Andreas Khol begibt sich auf das Präsidium, wo ihm der scheidende Präsident Dr. Heinz Fischer zu seiner Wahl gratuliert, und übernimmt die Vorsitzführung. – Der scheiden­de Präsident Dr. Heinz Fischer dankt für den neuerlichen Beifall, der ihm beim Verlassen des


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Präsidiums gespendet wird, mit einer Verbeugung und bedankt sich mit einem Handschlag bei den Klubobmännern Dr. Gusenbauer, Dr. Van der Bellen, Mag. Haupt und Dr. Schüssel sowie bei Dipl.-Ing. Prinzhorn und Dr. Fasslabend.)

Antrittsrede des Präsidenten


Präsident Dr. Andreas Khol: Hohes Haus! So wie es der parlamentarischen Tradition ent­spricht, dass der scheidende Präsident eine Abschiedsrede hält, so entspricht es der Tradition dieses Hohen Hauses, dass der neu gewählte Präsident eine Antrittsrede hält, in welcher er darlegt, wie er sein Amt, das Sie ihm übertragen haben, gestalten möchte.

Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zuerst einmal aus tiefem Herzen für diese Wahl dan­ken. Stimmen habe ich offenkundig aus allen politischen Lagern, aus allen parlamentari­schen Fraktionen bekommen, und ich bedanke mich für das, was Parteivorsitzender Gusen­bauer als „Vertrauensvorschuss“ bezeichnet hat. Ich bedanke mich auch für Ihre, wie gewohnt, brillante Rede, Herr Kollege Dr. Van der Bellen, und für die freundschaftliche Rede von Mag. Haupt, der meine Wahl namens der Freiheitlichen unterstützt hat.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich auf diese meine Zusammenarbeit mit Ihnen allen, mit allen Fraktionen dieses Hohen Hauses.

Ich begrüße die neu gewählten Abgeordneten – es sind sehr viele neu hier, wie wir es gehört ha­ben, und zwar über 70 – und wünsche ihnen viel Glück und Erfolg. Ich möchte Ihnen allen – ich bin jetzt über 20 Jahre lang hier im Hohen Haus –, Ihnen, den neuen Kolleginnen und Kollegen, zurufen: Seien Sie stolz auf diese Funktion! Es ist ein wunderbares Amt, das Ihnen übertragen wurde. Seien Sie mutig und seien Sie fleißig! Es ist eine schöne Aufgabe, in diesem Hohen Haus, dem Angelpunkt der Demokratie, arbeiten zu dürfen.

Wir haben große Aufgaben vor uns. Ich sehe das ganz im Lichte der Diskussion, die wir gehabt haben. Wir brauchen große Reformen. Daher brauchen wir sehr bald eine neue Regierung. Es wird eine intensive Gesetzgebungszeit kommen. Gemeinsam mit dem Bundesrat, der zweiten ge­setz­gebenden Körperschaft hier im Hohen Haus, werden wir gefordert sein: mit den Refor­men im Inneren, aber auch mit der Erweiterung der Europäischen Union, mit der Wiederver­einigung Europas und mit der europäischen Verfassung, die im Entstehen ist und an der wir alle durch unsere Entsandten, durch unser Interesse, durch den Hauptausschuss mitarbeiten wer­den.

Meine Damen und Herren! Das Wahlergebnis hat mir vermittelt, dass dieser Vertrauensvor­schuss besteht, und ich werde mich bemühen, ein Präsident aller Abgeordneten in diesem Hohen Haus und ein Präsident aller parlamentarischen Fraktionen zu sein. Daher habe ich nicht ohne Wehmut die weiße Rose, die ich als Zeichen für meine Gesinnung als Christdemokrat an meinem Anzug getragen habe, in die treuen Hände meines Freundes Wolfgang Schüssel ge­geben: um zu zeigen, dass so wie Heinz Fischer hier heroben auf dem Präsidium keine rote Nel­ke getragen hat, auch ich hier heroben keine weiße Rose tragen und auch nicht als Partei­politiker tätig sein werde.

Eine objektive Amtsführung sichere ich Ihnen zu. Ich weiß, dass das oft eine schwierige Aufga­be ist, weil, wie wir alle wissen, die Emotionen oft hochgehen. Ich habe immer wieder meine Vor­gänger bewundert, als in den stürmischen Zeiten – ich erinnere an die Sanktionen unseligen Ange­denkens im Jahre 2000, ich erinnere an die Demonstrationen, ich erinnere an das Bestrei­ten der Legitimität der Regierung – die Emotionen hochgegangen sind, es dem Präsidium aber immer gelungen ist, objektiv den Vorsitz zu führen und die Geschäftsordnung zu handhaben.

Die Geschäftsordnung, meine Damen und Herren, ist für mich der Maßstab der Gerechtigkeit. Und nach Gerechtigkeit streben wir, denn: Iustitia fundamentum regnorum – die Gerechtigkeit ist die Grundlage allen Regierens.


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Konsens ist angesagt. In der vergangenen Gesetzgebungsperiode haben wir 42 Prozent aller Ge­setze im Konsens beschlossen; in der vorvorgehenden Legislaturperiode waren es nur 29 Prozent. Ich werde mich bemühen – ich bin acht Jahre lang in die Schule von Heinz Fischer ge­gan­gen –, in der Präsidialkonferenz, dem Ort, den ich Konsensschmiede nenne, den Kon­sens herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Was die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten anlangt, so hat ja be­reits Heinz Fischer erzählt, wie das einmal war. Als ich hier ins Hohe Haus gekommen bin, war alles, was ein Abgeordneter hatte, ein Postfach – und sonst nichts! In der Zeit, in der Heinz Fi­scher das Präsidium geleitet hat, in der Heinz Fischer Präsident des Nationalrates war, hat sich da unendlich viel verbessert. Ganze Generationensprünge haben da sozusagen stattge­funden – und ich werde mich bemühen, das in diesem Geiste weiter zu gestalten.

Auch die Vertretung des Nationalrates nach außen hin ist eine große Aufgabe: eben im Zuge des Zusammenwachsens Europas, im Zuge der Wiedervereinigung mit vielen Ländern, mit de­nen wir uns einmal in einem gemeinsamen Staatsverband befanden.

Sehr bald wird es nicht mehr nur ein „Haus am Ring“ geben, sondern „Häuser am Ring“ – auch das eine Errungenschaft der letzten Arbeiten. Ich möchte diese „Häuser am Ring“ als offene Häu­ser für das, was Kunst, was Literatur, was Wissenschaft, was Diskussion ist, mit Ihnen zusammen weiter ausgestalten und zu einem Ort der Bürgergesellschaft machen, an dem die vielen Freiwilligenorganisationen, die vielen Freiwilligen, die mehr als ihre Pflicht tun, auch mit den Vertretern der gesetzgebenden Körperschaften zusammentreffen können.

Lassen Sie mich bitte kurz meine Zielsetzungen in diesem hohen Amt skizzieren. Ich bin ein überzeugter Europäer, ich war Schüler von Felix Ermacora, den viele von Ihnen noch als Abge­ordneten hier gekannt haben, und daher werde ich mit allem Nachdruck den Europa-Konvent und das Arbeiten an einer europäischen Verfassung unterstützen.

Als Tiroler bin ich überzeugter Föderalist, und daher ist es mir ein Anliegen, mit dem Bundesrat und mit den Landtagen zusammenzuarbeiten, die ich als wichtige Orte der Demokratie nach wie vor in ihrem Bestand als unerlässlich und unersetzlich erachte: Ebenso ist es mir ein Anliegen, mit den Bundesländern zusammenzuarbeiten, denn Österreich ist die Summe seiner neun Bun­desländer.

Als Südtiroler darf ich Ihnen auch sagen, dass ich eine einzige Bitte an das Hohe Haus habe: dass man mir den Vorsitz im Südtirol-Unterausschuss belässt, jenen Vorsitz, den ich viele Le­gislaturperioden hindurch ausüben durfte – ein Ausschuss, mit dem unsere Verbundenheit zu Südtirol unter Beweis gestellt wird.

Heute hat Mag. Haupt von den Hütern der Verfassung gesprochen. Das Präsidium ist ein Hüter der Verfassung; der Herr Bundespräsident – den ich respektvoll begrüße – ist ein anderer Hüter der Verfassung; weitere sind unsere Höchstgerichte. Ich meine, dass wir auch als Hüter der Ver­fassung in diesem Haus den Gedanken, den ein steirischer Bundesrat, nämlich Herwig Hö­sele, das erste Mal in die Debatte gebracht hat, aufgreifen sollten – Alfred Gusenbauer hat diesen Gedanken in der Wahldebatte aufgegriffen, Franz Fiedler hat diesen unterstützt –, dass wir eben einen Österreich-Konvent zur Durchsicht unserer Verfassungsentwicklung initiieren und unterstützen sollten.

Ich habe bereits von den „Häusern am Ring“ gesprochen und auch das Palais Epstein erwähnt. Ich meine, dass es all unser Trachten sein sollte, ein „Haus der Geschichte“ in Wien von den Ge­danken zur Tat werden zu lassen; nicht im Palais Epstein – dieses wird im Konsens aller Fraktionen für parlamentarische Zwecke genützt –, aber ich meine, dass wir im Zusammenhang mit dem Anliegen „Haus der Geschichte“, von dem wir so viel gesprochen haben und worüber sich alle Fraktionen einig sind, von den Worten nun zur Tat kommen sollten.

Meine Damen und Herren! Ich lade alle Abgeordneten ein, ihre Anliegen, ihre Wünsche, Anre­gungen und Beschwerden ganz offen an mich heranzutragen; ich wäre dafür sehr dankbar. Jo­sef Cap, du hast heute gesagt, du bist sozusagen der „Ombudsmann der Neugewählten“; du


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hast das scherzhaft gemeint, ich kenne dich. – Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, ich meine es ernst, meine Tür wird für alle offen sein.

Bevor ich jetzt zum Schluss komme, möchte ich die Arbeit von Heinz Fischer würdigen. Er wird uns ja weiter im Präsidium erhalten bleiben, und ich bedanke mich bei ihm, dass er in sehr nobler Weise seine Arbeit fortsetzt – und ich denke, dass ich noch oft seinen Rat brauchen werde.

Heinz Fischer, du bist ein großer Präsident des Nationalrates gewesen. Eine umfassende Ge­schäftsordnungsreform, die uns erst ein modernes Beraten möglich gemacht hat, ist unter dei­ner Führung entstanden. Du warst und bist ein Meister des Konsenses: auf festem Ufer einer über­zeugten Sozialdemokratie stehend – ein ideologisch ganz fester Standpunkt, den Heinz Fischer hier hatte –, war er aber doch immer wieder der Meister des Konsenses. Unter Heinz Fischer wurden die Arbeitsbedingungen hier im Hohen Haus fundamental verbessert, und unter Heinz Fischer wurde auch die Rolle des Nationalrates gestärkt, meine Damen und Herren.

Als ich in dieses Haus gekommen bin, hat es kein einziges Diskussionsforum in den Räumen die­ses Hauses gegeben, hat es keine Ausstellung, hat es kein Konzert, hat es kein Theater­stück gegeben. – Heute ist dieses Haus ein Zentrum der politischen, künstlerischen und allge­meiner Diskussionen. Das war die Öffnung des Hauses durch Heinz Fischer!

Heinz Fischer war immer ein überzeugter Sozialdemokrat, wie ich bereits gesagt habe, aber auch ein toleranter Humanist – mit Humor und Witz. Ich glaube, dass der Dank aller Fraktionen hier und heute dir, lieber Heinz Fischer, ausgesprochen werden soll. (Allgemeiner Beifall. – Der schei­dende Präsident Dr. Heinz Fischer erhebt sich von seinem Platz und dankt mit einer Ver­beugung.)

Danken möchte ich aber auch allen ausgeschiedenen Abgeordneten, und ganz besonders wür­digen möchte ich Werner Fasslabend als Dritten Präsidenten des Nationalrates – und als treuen Freund. Herzlichen Dank, Werner Fasslabend, für deine Haltung, für deine Arbeit und für dein Vorbild! (Allgemeiner Beifall.)

So danke ich Ihnen nun allen, meine Damen und Herren. Heinz Fischer hat mir Georg Posch, den Parlamentsdirektor, ans Herz gelegt. – Lieber Heinz, ich darf dich beruhigen: Sein Vater und meine Mutter waren schon Freunde im Rahmen der Pfadfinderbewegung in Innsbruck, und ich glaube, dass Georg Posch und ich auch Freunde werden. Ich bedanke mich bei ihm, denn ich weiß, wie hervorragend dieses Haus geführt ist und wie großartig die Mitarbeiter motiviert sind.

Herzlichen Dank – und auf gute Zusammenarbeit! (Allgemeiner Beifall.)

So danke ich Ihnen nun allen, meine Damen und Herren.

Gehen wir gemeinsam und mit Gottes Segen an die Arbeit! (Allgemeiner Beifall.)


Wahl des Zweiten Präsidenten


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Wahl des Zweiten Präsidenten.

Es liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Dr. Heinz Fischer vor.

Gemäß § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist auch diese Wahl mittels Stimmzetteln durchzu­führen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.

Der Wahlvorgang ist der gleiche wie vorher.


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Ich bitte nun die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird sie später hiebei ablösen.


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(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé sowie durch den Schriftführer Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzelle und werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich frage noch: Ist irgendein Abgeordneter zum Nationalrat oder eine Abgeordnete zum Nationalrat überlesen oder übersehen worden? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Daher ist die Stimmabgabe endgültig beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr wie vorhin die Stimmen­zählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 12.47 Uhr unterbrochen und um 12.58 Uhr wieder aufgenommen.)


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 181; davon gültig: 162. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen be­trägt 82. Auf Heinz Fischer entfielen 131 Stimmen. (Allgemeiner Beifall.)

31 Stimmen entfielen auf andere Abgeordnete.

(Diese 31 Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Dr. Cap: 3, Dr. Einem: 5, Gaál: 1, Dr. Gu­sen­bauer: 1, Mag. Kuntzl: 1, Marizzi: 2, Mag. Prammer: 10, Dipl.-Ing. Prinzhorn: 1, Riepl: 1, Schieder: 1, Silhavy: 1, Mag. Stoisits: 2, Dr. Strasser: 1, Dr. Wittmann: 1.)

Damit ist Dr. Heinz Fischer zum Zweiten Präsidenten des Nationalrates gewählt.

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.


Abgeordneter Dr. Heinz Fischer: Ich bedanke mich und nehme die Wahl gerne an. (Allge­meiner Beifall.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich beglückwünsche Herrn Abgeordneten Dr. Heinz Fischer zur Wahl und bitte ihn, auf dem Präsidium Platz zu nehmen. (Präsident Dr. Fischer nimmt auf dem Präsidium Platz.)

Wahl des Dritten Präsidenten


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommen wir zur Wahl des Dritten Präsidenten.

Es liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn vor. Ferner liegt ein Wahl­vorschlag lautend auf Mag. Terezija Stoisits vor.

Gemäß § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist auch diese Wahl mit Stimmzetteln durchzuführen. Wiederum mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.

Auch hier ist der Wahlvorgang der gleiche wie vorher.

Ich bitte die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, mit dem Namensaufruf zu be­gin­nen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird Frau Dr. Partik-Pablé später hiebei ablösen.

Es erfolgt nunmehr der Namensaufruf und die Stimmabgabe.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé sowie durch den Schriftführer Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzelle und werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Namensaufruf ist beendet. Ist ein Abgeordneter oder eine Ab­geordnete im Plenum, der oder die übersehen wurde? Wenn ja, bitte noch abstimmen!

Die Stimmabgabe ist jetzt definitiv beendet.

Die damit beauftragten Mitarbeiter des Hauses werden nun ebenso wie bei den vorange­gan­genen Wahlen die Stimmenzählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 13.27 Uhr unterbrochen und um 13.39 Uhr wieder aufgenommen.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis wie folgt bekannt:

Abgegebene Stimmen: 182; davon gültig: 164. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 83.

Auf Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn entfielen 90 Stimmen, auf Mag. Terezija Stoisits 53 Stimmen. 21 Stim­men entfielen auf andere Abgeordnete.

(Diese 21 Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Dr. Fasslabend: 2, Mag. Haupt: 2, Dr. Lich­ten­berger: 1, Scheibner: 15, Mag. Schweitzer: 1.)

Damit ist Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn zum Dritten Präsidenten des Nationalrates gewählt. (Allge­meiner Beifall.)

Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.


Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Wahl gerne an.


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich beglückwünsche Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn zur Wahl zum Drit­ten Nationalratspräsidenten und darf ihn bitten, auf dem Präsidium Platz zu nehmen. (Prä­sident Dipl.-Ing. Prinzhorn nimmt auf dem Präsidium Platz.)

3. Punkt

Wahl der Schriftführer und Ordner


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung: Wahl der Schriftführer und Ordner.

Einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz entsprechend schlage ich vor, die Wahl der Schrift­führer und Ordner unter einem durch Erheben von den Sitzen vorzunehmen.

Erhebt sich gegen diese Vorgangsweise ein Einwand? – Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen.

Wir gelangen zur Wahl der Schriftführer und Ordner.

Es liegt mir der Vorschlag vor,

die Abgeordneten Jakob Auer, Astrid Stadler, Mag. Dr. Josef Trinkl von der Österreichischen Volks­partei sowie Gabriele Binder und Rainer Wimmer von den Sozialdemokraten zu Schrift­führern sowie


Nationalrat, XXII.GP
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1. Sitzung / Seite 38

die Abgeordneten Ridi Steibl von der ÖVP, Gerhard Reheis von den Sozialdemokraten, Mag. Eduard Mainoni von den Freiheitlichen und Dieter Brosz von den Grünen zu Ordnern

zu wählen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Wahlvorschlag sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich gehe davon aus, dass die Gewählten die Wahl annehmen.

Damit ist die Wahl der Schriftführer und Ordner vollzogen.

4. Punkt

Wahl des Hauptausschusses


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen somit zum 4. Punkt der Tagesordnung: Wahl des Hauptausschusses.

Gemäß § 30 Abs. 1 der Geschäftsordnung wird die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses durch Beschluss des Nationalrates festgesetzt.

Die Wahl erfolgt gemäß § 30 Absätze 2 und 3 der Geschäftsordnung auf Grund von Wahllisten, wobei von jeder Liste so viele Abgeordnete als gewählt gelten, wie es dem Verhältnis der Zahlen der Abgeordneten entspricht, die die einzelnen Listen unterfertigt haben. Für die Wahl ist die Reihenfolge des Wahlvorschlages entscheidend.

Für den Hauptausschuss sind einvernehmlich 32 Mitglieder vorgeschlagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Vorschlag sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen und daher beschlossen.

Demnach entfallen gemäß § 30 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf den Klub der ÖVP 14 Mit­glieder, auf den Klub der SPÖ 12 Mitglieder, auf den Klub der FPÖ 3 Mitglieder und auf den Grünen Klub 3 Mitglieder.

Es sind somit auf Grund der mir übermittelten Listen die folgenden Abgeordneten gewählt:

vom Klub der Österreichischen Volkspartei: Dipl.-Ing. Klaus Auer, Karl Donabauer, Franz Eßl, Dr. Wer­ner Fasslabend, Silvia Fuhrmann, Fritz Grillitsch, Mag. Karin Hakl, Dr. Andreas Khol, Mag. Helmut Kukacka, Maria Rauch-Kallat, Dr. Michael Spindelegger, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Walter Tancsits, Ingrid Turkovic-Wendl;

vom Klub der Sozialdemokraten: Dr. Josef Cap, Dr. Caspar Einem, Christian Faul, Dr. Heinz Fi­scher, Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Christine Lapp, Mag. Christine Muttonen, DDr. Erwin Nie­derwieser, Stefan Prähauser, Mag. Barbara Prammer, Peter Schieder, Dr. Peter Witt­mann;

vom Klub der Freiheitlichen: Mag. Karl Schweitzer, Dr. Helene Partik-Pablé, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn;

vom Grünen Klub: Dr. Evelin Lichtenberger, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Peter Pilz.

Damit sind Wahl und Bestellung der Mitglieder des Hauptausschusses ebenfalls vollzogen.


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1. Sitzung / Seite 39

5. Punkt

Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Budgetausschuss)


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung: Wahl von stän­digen Ausschüssen.

Es liegt mir der einvernehmliche Vorschlag vor, zunächst folgende ständige Ausschüsse einzu­setzen: Immunitätsausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Budgetausschuss.

Ich ersuche nun jene Damen und Herren, die sich für die Einsetzung der erwähnten Aus­schüs­se aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle wiederum die Einstimmigkeit und damit den Beschluss fest.

Gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung setzt der Nationalrat die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder jedes Ausschusses fest. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder werden auf die parlamentarischen Klubs im Verhältnis der Zahl der ihnen angehörenden Abgeordneten nach den im § 30 der Geschäftsordnung festgelegten Grundsätzen verteilt.

Die Klubs haben die auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder dem Prä­sidenten namhaft zu machen. Diese gelten damit als gewählt.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz ist nun für den Immunitätsausschuss und den Unver­ein­barkeitsausschuss jeweils eine Zahl von 13 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern einvernehm­lich vorgeschlagen, deren Aufteilung auf die Fraktionen sich wie folgt errechnet: je sechs Mit­glieder und Ersatzmitglieder auf die Österreichische Volkspartei, je fünf Mitglieder und Ersatz­mit­glieder auf die Sozialdemokraten, je ein Mitglied und Ersatzmitglied auf die Freiheitlichen, je ein Mitglied und Ersatzmitglied auf die Grünen.

Für den Budgetausschuss ist eine Ausschussgröße von 26 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern vor­geschlagen. Diese werden auf die Fraktionen wie folgt verteilt: Je zwölf Mitglieder und Ersatz­mitglieder auf die ÖVP, je zehn Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die SPÖ, je zwei Mit­glieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je zwei Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grü­nen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über die Ausschussgröße des Immunitätsausschusses und des Unverein­barkeits­ausschusses abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für eine Ausschussgröße von 13 Mitgliedern und Er­satz­mitgliedern sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die einstimmige Beschluss­fassung und damit Annahme fest.

Nun lasse ich über die Ausschussgröße des Budgetausschusses abstimmen.

Jene Damen und Herren, die für eine Ausschussgröße von 26 Mitgliedern und Ersatzmit­glie­dern sind, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum einstimmig ange­nommen.

Die Namen der von den Klubs dem Präsidenten als Mitglieder beziehungsweise als Ersatzmit­glieder bekannt gegebenen und damit als gewählt geltenden Abgeordneten werden im Steno­graphischen Protokoll angeführt. (Zum Zeitpunkt der Drucklegung waren noch nicht alle Listen verfügbar; s. Anhang.)


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1. Sitzung / Seite 40

6. Punkt

Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständi­gen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 6. und letzten Punkt der Tagesordnung: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen ge­mein­samen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948.

Dieser Ausschuss besteht aus insgesamt 26 Mitgliedern, die je zur Hälfte vom Nationalrat und Bundesrat gewählt werden.

Was die 13 Mitglieder des Nationalrates betrifft, zu denen noch 13 Ersatzmitglieder hinzu­kom­men, werden auf Grund des Einvernehmens in der Präsidialkonferenz 6 von der ÖVP vorge­schlagen, 5 von der SPÖ und je 1 Mitglied von der FPÖ und den Grünen.

Es liegen mir folgende Wahlvorschläge vor:

Als Mitglieder:

vom Klub der ÖVP: Jakob Auer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Johann Kurzbauer, Johan­nes Schweisgut, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Ing. Josef Winkler;

vom Klub der SPÖ: Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Dr. Josef Cap, Kurt Eder, Marianne Hagen­hofer, DDr. Erwin Niederwieser;

vom Klub der FPÖ: Dr. Dieter Böhmdorfer;

vom Grünen Klub: Dr. Alexander Van der Bellen.

Als Ersatzmitglieder:

vom Klub der ÖVP: Peter Haubner, Karlheinz Kopf, Edeltraud Lentsch, Dr. Ferdinand Maier, Werner Miedl, Mag. Walter Tancsits;

vom Klub der SPÖ: Heinz Gradwohl, Ing. Erwin Kaipel, Manfred Lackner, Erika Scharer, Mag. Melitta Trunk;

vom Klub der FPÖ: Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn;

vom Grünen Klub: Mag. Werner Kogler.

Sie haben die Vorschläge gehört.

Gibt es einen Einwand dagegen, die Vorschläge unter einem abzustimmen? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Wahl der genannten Abgeordneten – wie ich sie genannt habe – sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit ist auch diese Wahl vollzogen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Ich übergebe den Vorsitz an den Dritten Präsidenten, Herrn Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn. (Prä­sident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)


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1. Sitzung / Seite 41

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und 13. De­zember 2002 (1/A) (E)


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages (1/A) (E), der soeben verteilt wurde.

Da dieser Antrag inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

„Der Europäische Rat hat bei seiner Tagung am 12. und 13. Dezember 2002 in Kopenhagen die Verhandlungen über die Erweiterung der Europäischen Union abgeschlossen. Estland, Lett­land, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern sollen zum 1. Mai 2004 vollberechtigte Mitglieder der Europäischen Union werden.

Der Europäische Rat von Kopenhagen stellt damit einen historischen Meilenstein in der Wie­der­vereinigung Europas dar. Die Europäische Union schafft nunmehr für 25 Länder und fast einer halben Milliarde Menschen die Basis für Frieden, Demokratie, Stabilität und Wohlstand. Mit der Erwei­terung erlangt die Union neues Gewicht auf globaler Ebene, wovon auch die unmittelba­ren Nachbarn der Europäischen Union profitieren sollen.

Die Verhandlungen zur Erweiterung der Europäischen Union wurden im Jahr 1998 unter dem Vor­sitz Österreichs begonnnen. In den vergangenen vier Jahren wurden die Grundlagen für die Inte­gration der neuen Mitgliedstaaten vorbereitet. Ebenso wurden die notwendigen Vorkehrun­gen für das weitere effiziente Funktionieren einer erweiterten Union getroffen.

Österreich hat beim Europäischen Rat von Kopenhagen auch die im Zusammenhang mit der Er­weiterung stehenden Fragen des Transitverkehrs und des „Melker-Abkommens“, das zwi­schen Österreich und der Tschechischen Republik hinsichtlich des Kernkraftwerks Temelin ab­ge­schlossen wurde, thematisiert. In den Schlussfolgerungen des EU-Gipfels wird der Rat aufge­fordert, noch vor Jahresende eine Verordnung über die Zwischenlösung für den Transitverkehr von Schwerlastkraftwagen durch Österreich für den Zeitraum 2004 bis 2006 anzunehmen. Wei­ters wird die Europäische Kommission beauftragt, spätestens bis Ende des ersten Halbjahres 2003 einen Vorschlag für eine neue Richtlinie über die Eurovignette vorzulegen. Das „Melker-Abkommen“ wurde vom Europäischen Rat zur Kenntnis genommen und es wurde festgestellt, dass der Europäische Rat erwartet, dass dieses Abkommen nun umfassend angewendet wird.

Bereits beim Europäischen Rat von Laeken im Dezember 2001 war auf Verlangen Österreichs die Kommission ersucht worden, einen Vorschlag bezüglich der Verlängerung des Öko­punkte­systems zu unterbreiten, damit das Kapitel „Verkehr“ im Rahmen der Beitrittsverhandlungen noch vor Jahresende 2001 abgeschlossen werden kann. Weiters sagte der Europäische Rat in Laeken zu, in der Union weiterhin ein hohes Maß an nuklearer Sicherheit zu gewährleisten. Der Euro­päische Rat betonte in diesem Zusammenhang, dass der Schutz und die Sicherheit von Kern­kraftwerken überwacht werden müssen und ersuchte um die regelmäßige Vorlage von Be­richten der Atomenergieexperten der Mitgliedstaaten.

Die genaue und rechtzeitige Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Kopenhagen und Laeken hat für Österreich vorrangige Bedeutung.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundeskanzler gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR folgenden

Dringlichen Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
1. Sitzung / Seite 42

„Die Bundesregierung wird ersucht, mit Nachdruck die Umsetzung der von Österreich in die Schluss­­folgerungen des Europäischen Rates von Laeken (Dezember 2001) und von Kopen­hagen (Dezember 2002) eingebrachten Punkte einzufordern.

Die Bundesregierung wird ersucht, insbesondere auf die Erfüllung jener Vereinbarung zu drän­gen, wonach der Rat aufgefordert ist, rechtzeitig eine Verordnung über die Zwischenlösung für den Transitverkehr von Schwerlastkraftwagen durch Österreich für den Zeitraum 2004 bis 2006 anzunehmen.

Die Bundesregierung wird ersucht, weiterhin für die umfassende Erfüllung des Melker Abkom­mens zwischen Österreich und der Tschechischen Republik Sorge zu tragen.

Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Ra­tes von Laeken bezüglich der Sicherheit von Kernkraftwerken aktiv zu unterstützen und wei­ter­hin die Initiative der Europäischen Kommission für gesamteuropäische hohe Sicherheits­standards unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtssprechung des EuGH betreffend ein­heitliche Regeln für die Sicherheit aller europäischer Kernkraftwerke zu verfolgen.

Der Bundeskanzler wird ersucht, dem Parlament rechtzeitig vor Unterzeichnung des Beitritts­vertrages im April 2003 über die Umsetzung dieser Punkte zu berichten.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.“

*****


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Spindelegger als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten.

13.48


Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Außenministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegen­heit in der ersten Sitzung des Nationalrates in der neuen Legislaturperiode auch namens meiner Fraktion dazu nützen, mich auf die jetzt anstehenden Fragen, die uns im europäischen Zusammenhang im Augenblick beschäftigen, zu konzentrieren.

Ich möchte als Erstes auch namens der ÖVP meine besondere Freude darüber ausdrücken, dass beim Rat in Kopenhagen ein wirklich historisches Ereignis stattgefunden hat: Zehn Länder, die Beitrittskandidaten waren, wurden dort per Beschluss in die Europäische Union – vorbe­halt­lich der notwendigen Beschlüsse – aufgenommen. Ich glaube, das ist wirklich ein Grund, eine Entscheidung als „historisch“ zu bezeichnen. Wir begrüßen das außerordentlich, denn damit wird Europa ein wirklich großes Friedens- und Wohlstandsprojekt, wie wir es vorhergesehen haben. Ich denke, wir haben allen Grund, darauf stolz zu sein! (Beifall bei der ÖVP, den Frei­heitli­chen sowie des Abg. Eder.)

Ich möchte diese Gelegenheit aber auch dazu nützen, auf Grund eines Dringlichen Antrages über die besonderen, spezifisch österreichischen Probleme zu reden, die uns bei diesem Gipfel, wie bei den vorangegangenen, als besonders wichtig erschienen sind und für die wir noch Lö­sungen brauchen, die im Sinne Österreichs sind.

Es geht insbesondere um zwei politische Fragen, die Transitfrage und die Frage Temelín, die uns dabei beschäftigen. Ich möchte mit der Transitfrage beginnen, weil manchmal in der Öffent­lich­keit Eindrücke erweckt werden, die fern jeder Realität sind, und weil ich es für notwendig er­achte, die Dimensionen zurechtzurücken.


Nationalrat, XXII.GP
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1. Sitzung / Seite 43

Bei den gesamten Fragen rund um den Transitvertrag Österreichs müssen wir immer zwei Vor­aus­setzungen mit berücksichtigen: Die eine ist, dass wir vor der Tatsache stehen, dass En­de 2003 die vertragliche Regelung ausläuft. Wir brauchen daher eine Ersatzlösung, wir brau­chen für unser Land eine Regelung in diesen Fragen – rund um die Ökopunkte oder wie immer man das bezeichnen mag –, damit der schwere Güterverkehr durch Österreich bei der Alpen­querung auf der Basis von Regelungen innerhalb der Europäischen Union stattfindet und nicht das Prinzip der freien Fahrt gilt.

Die zweite Voraussetzung ist, dass wir dazu Partner brauchen. Es ist nicht so, dass man in der Euro­päischen Union einfach nur eine Entscheidung abzuholen hat, sondern wir brauchen dazu Partner, wir brauchen dazu das Einvernehmen mit den anderen Mitgliedsländern – und dieses ist schwierig zu erreichen. Wie wir wissen, ist trotz der Aufforderung beim Europäischen Rat bisher kein Ergebnis zustande gekommen.

Die Zielsetzung für Österreich ist dabei ganz klar: Wir wollen, dass der Transitvertrag nicht aus­läuft. Wir brauchen eine Verlängerung, und zwar eine Neuregelung, die zumindest für drei Jahre eine befriedigende Regelung für uns darstellt.

Wir brauchen zweitens eine klare Richtlinie dahin gehend, dass es sich bei dieser Regelung um eine für ganz Österreich handelt. Schlupflöcher darf es da nicht geben!

Wir brauchen drittens in der Europäischen Union das klare Bekenntnis, dass künftig über eine neue Wegekostenrichtlinie auch andere als bisher mögliche Faktoren in eine Maut mit einge­rech­net werden dürfen. Es wird notwendig sein, dass nicht nur alle Fragen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz hiebei eine Rolle spielen, sondern dass auch eine Quersubventionierung des Schienenausbaues durch eine LKW-Maut möglich wird.

Ich denke, dass der Europäische Rat in Kopenhagen unter diesen Voraussetzungen ein be­stimmtes Zwischenergebnis aufzeigt, aber natürlich noch nicht die Lösung. Es muss bis Jahres­ende – so hat es der Europäische Rat bei Punkt 35 in den Schlussfolgerungen formuliert – eine Ver­ordnung über eine Zwischenlösung für den Transitverkehr von Schwerlast­kraftwagen durch Österreich für den Zeitraum von 2004 bis 2006 geschaffen werden.

Wenn ich die öffentliche Meinung dazu betrachte, meine Damen und Herren, dann muss ich bei dieser ersten Sitzung auch ein paar kritische Worte dazu sagen.

Wir alle sind doch einer Meinung darin, dass wir für Österreich eine Lösung erreichen wollen. Und keiner von uns hat es nötig, zu versuchen, sich in der Öffentlichkeit in der Art zu profilieren, wie dies etwa Frau Kollegin Lichtenberger gemacht hat, die gemeint hat, dass die ÖVP/FPÖ-Re­gierung der Bevölkerung einen ungebremsten Transit zumuten will. – Meine Damen und Her­ren, weit gefehlt! Das sind Worte, die, wie ich meine, in diesem Zusammenhang nicht zu fallen bräuchten.

Oder: Ich darf Herrn Kollegen Eder zitieren, der erklärt hat, es handle sich um ein Versäumnis, man habe nicht rechtzeitig geredet. – Wenn Sie die Liste all der Ereignisse in diesem Zusam­menhang verfolgen, und zwar alles, was von Österreich in der Europäischen Union bis hin zur Klage beim Europäischen Gerichtshof wegen der Ökopunkte bereits unternommen wurde, dann sollten Sie, finde ich, von solchen Äußerungen Abstand nehmen!

Betreffend Herrn Landeshauptmann Niessl aus dem Burgenland habe ich in der APA gelesen, er habe erklärt, es gebe hier eine Westlastigkeit der Regierung. – Er weiß offenbar nicht, dass der Transitvertrag bisher für ganz Österreich Gültigkeit hat und dass das natürlich auch in Zukunft fortgesetzt werden soll.

Ich möchte Ihnen aus Anlass dieser Pressemeldungen auch vorschlagen: Nützen wir diese neue Legislaturperiode, die heute mit der ersten Sitzung beginnt, doch dazu, in solchen Euro­pa­fragen, wo vitale Interessen Österreichs auf der Tagesordnung stehen, einen nationalen Kon­sens herzustellen! Ich möchte Sie darum bitten, das auch so zu sehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
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1. Sitzung / Seite 44

Meine Damen und Herren! Wenn wir die Schlussfolgerungen des Rates zum Thema Temelín betrachten, dann müssen wir zugeben, dass viele Länder der Europäischen Union nach wie vor die Atomkraft nützen, und das spiegelt sich in allen Entscheidungen wider. Wir haben aber mit un­se­rem Nachbarland, der Tschechischen Republik, mit dem Melker Übereinkommen Standards gesetzt, wonach gerade in die Sicherheit investiert werden muss, im gleichzeitigen Wis­sen, dass wir einem Nachbarland nicht vorschreiben können, ob es ein Atomkraftwerk in Betrieb nimmt oder nicht.

Der Melker Prozess mit der verbindlichen völkerrechtlichen Erklärung Tschechiens, diese Standards einzuhalten, und zwar mit einer Road Map, die auch exakte Daten festlegt, was bis zu welchem Zeitpunkt zu geschehen hat, bietet doch eine gewisse Sicherheit. Wenn Tsche­chien außerdem beim Europäischen Rat in Kopenhagen noch einmal mit uns gemeinsam ein bi­la­te­rales Übereinkommen unterzeichnet hat, in dem bekräftigt wird, dass man zu diesen Ver­ein­barungen steht, dann ist das, wie ich meine, das, was man auf europäischer Ebene im Augen­blick erreichen kann.

Entscheidend für uns ist, dass das Erreichte eingehalten wird, dass es rechtsverbindlich ist. Es ist weniger entscheidend, ob der Europäische Gerichtshof oder der Internationale Gerichtshof da­für zuständig ist. Wir wollen, dass Sicherheit auch bei Temelín groß geschrieben wird, und ich glaube, das können wir mit dieser Vorgangsweise auch erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben all diese Fragen in Österreich längst diskutiert. Es geht jetzt darum, das umzusetzen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch ganz klar von unserer Seite aus sagen, dass alle Beobachter der internationalen Sphäre, die in der Europäischen Union tätig sind, wissen, dass unsere Regierungsmitglieder – egal, ob das der Bundeskanzler, die Außenministerin oder der Infra­strukturminister ist – ihr Bestes gegeben haben, damit eine Lösung zustande kommt.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch für diesen Einsatz bedanken, denn viele Entscheidun­gen, die in Europa schon in eine bestimmte Richtung gehen, wären früher nicht denkbar gewe­sen. Gerade im Zusammenhang mit dem Thema Temelín erinnere ich daran, dass die Euro­päische Union früher über Sicherheitsstandards für europäische Kernkraftwerke nicht einmal re­den wollte. Wenn man bedenkt, dass heute einige dieser Kraftwerke bereits auf der Liste jener stehen, die geschlossen werden müssen, und dass Vorschläge betreffend Sicherheits­standards auch in der Kommission in entsprechender Weise erarbeitet werden, dann muss man sagen: Es ist hier bereits sehr viel geschehen.

Ich möchte Sie alle darum bitten, dass wir uns bei der kommenden Arbeit darauf konzentrieren, zu versuchen, die österreichischen Standpunkte gemeinsam umzusetzen. Dazu bedarf es der Mit­­hilfe jeder Fraktion in diesem Haus. Wenn wir so weit sind, dass wir wissen, was wir wollen – und da sind wir uns, glaube ich, bei Temelín und auch in der Frage Transit einig –, dann sollten wir miteinander eine Strategie entwickeln, wie wir das umsetzen können.

Die Hauptspieler dabei sind die Regierungsmitglieder – die haben auch in der Vergangenheit be­wiesen, dass sie in diesem Metier geradezu perfekt sind. Das, was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist ein Lobbying bei den anderen Ländern! (Die Abgeordneten Eder und Mag. Wurm: Genau! Jetzt haben Sie es selbst gesagt!)

Geschätzte Damen und Herren von der SPÖ! Sie haben sich in der Opposition so sehr in die Aufgabe, gegen die Bundesregierung vorzugehen, verkrallt, dass Sie gar nicht mehr sehen, wo die Gegner der Lösung, die wir haben wollen, sitzen! Die sitzen nämlich in den anderen Län­dern der Europäischen Union, und daher brauchen wir eine Unterstützung aus Österreich! (Bei­fall bei der ÖVP.)

Ich möchte Sie daher bitten und auffordern, dass Sie mit uns gemeinsam heute in der ersten Sitzung den Dringlichen Antrag beschließen, in dem die wesentlichen Punkte noch einmal fest­ge­halten sind und wir gemeinsam der Bundesregierung den Auftrag erteilen, im Sinne Öster­reichs weiterzuverhandeln.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
1. Sitzung / Seite 45

Ich glaube, es wäre gut, würden wir die bisherigen Pressemeldungen, die es dazu gegeben hat, der vergangenen Legislaturperiode zuschreiben und heute neu beginnen. Meine Bitte und mein Angebot an alle Fraktionen dieses Hauses ist: Setzen wir uns gemeinsam für die Ziele Öster­reichs ein! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Schweitzer. – Verzeihung, zuerst gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort.

14.00


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Ich darf mich zwischen Michael Spindelegger und Karl Schweitzer hineindrängen und zu diesem sehr wichtigen Thema Stellung nehmen. Ich danke den beiden Fraktionen von ÖVP und FPÖ dafür, dass damit auch das Hohe Haus und indirekt auch die Öffentlichkeit die Möglichkeit bekommt, einen Bericht über den Europäischen Rat von Kopenhagen zu erhalten. Dies ist ja ein wesentliches Thema, das unsere Zukunft in den nächsten Jahren massiv beeinflussen wird, und daher ist es auch klug und richtig, dass wir an diesem ersten Tag der Konstituierung auch über diese Herausforderung für unsere Zukunft reden können.

Der Europäische Rat in Kopenhagen, der vor einer Woche stattgefunden hat, hat etwas zu­stan­de gebracht, was viele von uns durch Jahre, um nicht zu sagen, Jahrzehnte, erhofft haben. Ich habe heute auf der Besuchergalerie Alois Mock, unseren früheren Außenminister und Vizekanz­ler, gesehen, und ich werde nie vergessen, wie er schon 1994, als wir unsere Beitrittsverhand­lun­gen abgeschlossen hatten, den zwölf EU- oder EG-Mitgliedstaaten gesagt hat: Vergesst mir nicht die kommende Erweiterungsrunde um Mittel- und Osteuropa! – Dr. Mock hat das ange­kündigt, er hat das vorausgeahnt zu einem Zeitpunkt, als wenige daran geglaubt haben, dass das überhaupt möglich sein wird. Ich hatte die Ehre, als Außenminister im Herbst 1998 die Ver­handlungen beginnen zu können, die jetzt in Kopenhagen unter der dänischen Vorsitzführung zu Ende gegangen sind, und auf der Akropolis wird in wenigen Wochen, im April, dieses histori­sche Dokument der Wiedervereinigung Mitteleuropas unterzeichnet werden.

Es hat auch in der Vergangenheit unzählige Versuche gegeben, Europa zu einigen. Aber das wa­ren eigentlich alles Versuche, eine Einigung des Kontinents von oben, meist mit Gewalt, durch Hegemonie zustande zu bringen. Der Unterschied zu damals ist der, dass eine solche Vereinigung des Kontinents zum ersten Mal in der Geschichte Europas überhaupt in Freiheit, in demokratischer Zustimmung – denn es braucht ja Volksabstimmungen in den Beitrittsländern – und durch freiwillige Verhandlung jetzt möglich wird.

Das gibt für Europa, aber auch für Österreich, wie ich glaube, eine glänzende Perspektive. Man kann durchaus Probleme dabei sehen, aber man darf die historische Chance, die diese Mög­lichkeit eröffnet, nicht gering achten.

Ich möchte an dieser Stelle den früheren Vorsitzen, nicht nur Dänemark, sondern auch allen an­de­ren, die hiezu die ersten Schritte gesetzt oder das Projekt weitergeführt haben, danken. Ich möchte der Europäischen Kommission, die ja die Hauptlast der Verhandlungen zu tragen hatte, gra­tu­lieren. Romano Prodi, von Anfang an ein wirklicher, entschlossener Befürworter dieses Wie­dervereinigungsprojekts, Günter Verheugen, der zuständige Kommissar, und auch – das sa­ge ich nicht ohne Stolz – der Österreicher Franz Fischler haben in den entscheidenden Fra­gen, etwa in der Landwirtschaft, eine ganz wichtige Rolle gespielt und damit den Weg für diese Einigung in Kopenhagen mit bereitet. Danke an alle, die daran mitgewirkt haben!

Zugleich gilt unser Dank aber auch der Bevölkerung in den Ländern Mittel- und Osteuropas, in den baltischen Ländern, die zum Teil unter großen Opfern, mit Widerstand gegenüber dem früheren Hegemon bewiesen hat, dass sie sich den Weg nach Europa freikämpfen kann und will: den Tschechen, den Polen, den Ungarn und so weiter. Das Modell der Zivilcourage in die­ser Bevölkerung sollte für uns jedenfalls Vorbild sein und nicht vergessen werden in einem Mo­ment, in dem man sich anlässlich des Europäischen Rates in Kopenhagen mit diesem Projekt auseinander setzt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
1. Sitzung / Seite 46

Die Beitrittsverhandlungen selbst haben für uns, glaube ich, ein gutes Ergebnis gebracht. Ich glaube, dass auch die Bevölkerung in den Kandidatenländern das ähnlich sieht, und ich wün­sche mir und uns, dass die notwendigen Volksabstimmungen auch mit deutlicher Mehrheit po­sitiv ausgehen werden.

Ich sage das nicht nur, weil wir nachbarschaftliche, gute Gefühle haben, sondern auch, weil die­se Vereinigung Europas in unserem ureigensten Interesse liegt. Sie ist ein wichtiger Beitrag zu Frieden und Stabilität, gerade in unserer Zone Europas, wo es Krieg, Gewalt, Vertreibungen, Ent­eignungen gegeben hat. Sie ist ein wichtiger Beitrag zur inneren Sicherheit. Denken Sie nur daran, dass die Bekämpfung von grenzüberschreitenden Risken, gegen die sich heute kein Na­tionalstaat mehr alleine wappnen kann – organisierte Kriminalität, Geldwäsche, Drogen- oder Men­schenhandel –, viel besser international und europäisch koordiniert werden kann! Die bei­tre­tenden Länder gehören nicht gleich der Schengen-Zone an, aber sie arbeiten sehr engagiert darauf hin, dass sie so bald wie möglich dieser inneren Zone der Sicherheit angehören können.

Für uns von Anfang an ein ganz wichtiges Thema war die Umweltqualität. Ich darf daran erin­nern, dass jetzt mit der Übernahme der EU-Standards in diesen Kandidatenländern an die 100 Mil­li­arden € investiert werden müssen, um die Wirtschaften und die diversen umwelt­ver­schmutzenden oder -belastenden Einrichtungen auf ein saubereres, europäisches Niveau zu brin­gen. Ich bin ganz sicher, dass mit dem Umweltcluster, den wir in der Wirtschaft aufgebaut ha­ben, auch die österreichische Wirtschaft dabei eine exzellente Chance haben wird.

In der Wirtschaft ist es für uns besonders wichtig zu sehen, dass wir als kleineres Land im Her­zen Europas, mit einem Anteil von 2 Prozent an der EU-Bevölkerung, jetzt schon 8 Prozent des Handelsvolumens der Europäischen Union haben und dass wir damit auch einen Teil der Wachs­tumsgewinne oder der Wachstumsvorteile unserer Nachbarländer für uns nutzen kön­nen. Die realen Wachstumsraten liegen in den Kandidatenländern rings um uns zwischen 3,5 und 4 Prozent, sodass dies auch für uns eine Arbeitsplatz- und eine Gesamtwirtschaftschance sein wird.

Sehr heftig umstritten waren bis zum Rat von Kopenhagen die Finanzströme. Die Einigung kos­tet uns insgesamt für ganz Europa 40,9 Milliarden €, kumuliert bis zum Jahre 2006. Das heißt, wir liegen damit, und zwar ungefähr mit 1,75 Milliarden €, unter den Beschlüssen von Berlin, ob­wohl wir damals ja nur sechs Länder aufnehmen wollten, heute aber zehn aufgenommen ha­ben. Die Nettokosten für die heutigen 15 EU-Mitgliedsländer liegen bei knapp über 10 Milli­arden €. – Allein der Mitgliedsbeitrag der neuen Kandidaten macht 15 Milliarden € aus! – Ich sage das, damit man hier auch ein wenig die Relation sieht.

Die „Herald Tribune“ hat in diesen Tagen in einem sehr interessanten Leitartikel geschrieben, dass die Erweiterung für Europa und für die heutigen EU-15 eigentlich ein sehr gutes Geschäft ist, eine der besten Investitionen in unsere eigene Zukunft. Wir haben uns ausgerechnet, dass wir in den nächsten drei Jahren, ab 2004, 570 Millionen € investieren werden, das sind für jeden Ös­terreicher 25 €.

Interessant ist, dass die neuen Kandidatenländer dabei nicht zu den gleichen Bedingungen ein­steigen wie die heute bestehenden Mitglieder. Griechenland erhält pro Kopf etwa 437 € pro Jahr, Spanien etwa 126 €, Slowenien 41 €, Ungarn 49 €, Polen 67 € und die Tschechen sogar nur 29 €. Dass wir daneben noch erreicht haben, dass wir die Agrarausgaben bis zum Jahr 2013 stabilisiert haben, und damit eine Kostenexplosion auf der einen Seite, aber auch eine Verunsicherung der heimischen Landwirtschaft auf der anderen Seite verhindert haben, ist wichtig und ist, glaube ich, auch ein Element dieser positiven Beschlüsse von Kopenhagen.

Österreich hat sich, genauso wie Deutschland, massiv dafür eingesetzt, dass wir für eine Über­gangsfrist von sieben Jahren unseren Arbeitsmarkt kontrollieren können, und zwar selbst kontrol­lie­ren können. Das wurde von allen akzeptiert. Die Frage, ob wir diese Frist zur Gänze aus­schöpfen oder nicht, wird sehr wohl davon abhängen, wie sich bei uns die Arbeits­markt­entwicklung abzeichnet. Jetzt wäre es zu früh, darüber ein endgültiges Urteil zu treffen. Aber es ist unsere Entscheidung, und das ist, glaube ich, eine sehr vernünftige Sache gewesen.


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Wir haben uns massiv – Michael Spindelegger hat darauf hingewiesen – gemeinsam in einem weit­gehenden Parteienkonsens für die atomare Sicherheit eingesetzt, weil durch den Beitritts­pro­zess erstmals die Möglichkeit bestand, dass wir unsichere Kernkraftwerke in unserer Nach­bar­schaft stilllegen oder jedenfalls sicherheitsmäßig aufrüsten können. Es werden drei Kern­kraftwerke überhaupt zugesperrt: Ignalina und Bohunice stehen bereits außer Streit – die betref­fen­den Länder sind ja schon Beitrittskandidaten –, und gestern hat, wie ich mit großer Freude gehört habe, die bulgarische Regierung beschlossen, dass auch Kozloduj, genauso, wie es vereinbart gewesen ist, stillgelegt wird, was den Bulgaren große Opfer abverlangt; aber es ist ein Beitrag zu einer vernünftigen Atomsicherheitspolitik innerhalb Europas.

Was Temelin betrifft, so haben wir darum gerungen. Temelin war nicht auf der Liste der zu schlie­­ßenden Kernkraftwerke – das haben die Kommission und die anderen Länder nie akzep­tiert –, sondern es ist ein jetzt erst in Betrieb gehendes Kernkraftwerk. Hier haben wir mit Hilfe der Mediation der Kommission erreicht, dass es einen bilateralen Vertrag, völkerrechtlich bin­dend, für Tschechien und Österreich gibt. Wir wollten im Einvernehmen mit Prag und mit der Kom­mission diesen Melker Vertrag als ein Protokoll dem Beitrittsakt beilegen und damit bis zum Europäischen Gerichtshof einklagbar machen.

Der letzte Punkt wurde nicht erreicht, und zwar nicht, weil die Tschechen sich quergelegt ha­ben, ganz im Gegenteil: Die sind zu ihrem Wort gestanden, und ich möchte das hier auch aus­drücklich festhalten. Prag hat sich in dieser Phase erstklassig verhalten und hat wirklich gut mit uns zusammengearbeitet. Der neue Ministerpräsident Špidla und Außenminister Svoboda ha­ben sehr eng und vertrauensvoll mit uns kooperiert. – Es haben vielmehr drei EU-Mit­glieds­län­der, die selbst Atomkraftwerke haben, verhindert, dass wir damit quasi durch die Hintertür ein Ge­meinschaftsrecht für Atomkraftwerke bekommen – ein Anliegen, das wir, glaube ich, gemein­sam vertreten, bezüglich dessen die Kommission auf unserer Seite ist und jetzt auch schon die ersten Vorschläge vorgelegt hat.

Dennoch haben wir erreicht, dass die Melker Konklusionen dem Beitrittsvertrag als Annex ange­fügt werden – nicht als Protokoll, aber als bilaterale Erklärung – und dass der Europäische Rat die­sen Vertrag positiv zur Kenntnis genommen und begrüßt hat und letztlich auch seine um­gehende Umsetzung erwartet.

Am schwierigsten für uns war die Transitfrage. Ich habe der Präsidialkonferenz hiezu einen ge­nauen Bericht erstattet, und ich möchte diese Dinge auch hier sehr realistisch beschreiben, um auch der Opposition, die das sehr kritisch sieht, meine Sicht der Dinge darzulegen und sie da­mit auch der Öffentlichkeit bekannt zu geben.

Als wir vor drei Jahren begonnen haben, hatten wir nichts an Vorarbeit oder an Zusagen für eine Verlängerung des Transitvertrages. Ich sage das hier, ohne jemanden zu beschuldigen. Es war völlig klar, dass mit dem Ende des Jahres 2003 die seinerzeit bei unserem Beitrittsvertrag aus­gehandelte Transitlösung ersatzlos auslaufen wird. Ich möchte sehr dafür danken, dass Mathias Reichhold, der Infrastrukturminister, aber ebenso auch die Außenministerin ein uner­müd­li­ches Lobbying betrieben haben, um den Boden dafür aufzubereiten, dass wir bei den an­de­ren 14 Mitgliedstaaten Verständnis dafür finden, dass es eine Verlängerung dieser Öko­punkte-, dieser Transitregelungen geben muss.

Wir haben das zum ersten Mal in Laeken, in den Schlussfolgerungen des vorjährigen Euro­päischen Rates, verankern können. Der Infrastrukturminister hat mir eine Liste gegeben, aus der hervorgeht, dass er allein in diesem Jahr bei 40 internationalen Begegnungen Lobbying für die­­ses wichtige Anliegen betrieben hat. Die Vizekanzlerin war gemeinsam mit der Außenminis­te­rin zu einem bilateralen Treffen in Italien. Der Herr Bundespräsident war im Herbst dieses Jahres auf Staatsbesuch. Ich habe es mir sogar mitgenommen, um es Ihnen zu zeigen (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe): Es ist am 25. September dieses Jahres von Lunardi und Reichhold unterschrieben worden – unterschrieben vom italienischen Verkehrsminister, je­de Seite, wie man das bei einem internationalen Vertrag macht –, dass der Kommissions­vor­schlag, den wir in Laeken erbeten haben und der wenige Tage später vorgelegt wird, auch wirklich genehmigt wird.


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Wir sind dann nach einer Verzögerungstaktik in Kopenhagen noch immer ohne ein konkretes Ergebnis dagestanden. Was hätten wir jetzt tun sollen? – Das möchte ich an dieser Stelle gerne fra­gen. Wir hätten sagen können: Tut uns Leid, es war halt nichts!, oder das tun, was wir auch ge­macht haben, nämlich beim Europäischen Rat in Kopenhagen massiv und nachdrücklich un­sere österreichischen Anliegen genauso vertreten, wie das andere Länder auch getan haben, Portugal etwa mit einem Berliner Protokoll oder wie manche der Beitrittskandidaten.

Ich habe es völlig unverständlich gefunden, dass manche das Gefühl haben, man darf bei einem solchen historischen Ereignis nicht auch ein wichtiges nationales Anliegen – das meiner Mei­­nung nach für die europäische Verkehrspolitik von größter Bedeutung ist – offen anspre­chen. Ich weiß, dass wir damit vielleicht manchen ein wenig auf die Nerven gegangen sind. Mittler­weile weiß natürlich jeder europäische nicht nur Verkehrsminister, sondern auch Regie­rungschef, was der österreichische Transitvertrag ist und was die Ökopunkte sind und warum wir keine Ausnahme auf unserem Staatsgebiet zulassen wollen. Österreich ist eben Österreich! Ob das jetzt Hörbranz betrifft oder das Burgenland oder Wien: Österreich ist Österreich!

Ich habe in den Schlussfolgerungen durchgesetzt, dass es eine dreijährige Verlängerung geben wird – das war ja auch bestritten – und dass diese Verlängerung in ganz Österreich Platz grei­fen wird. Was offen ist – ich möchte das hier auch sehr direkt sagen –, ist, dass wir noch nicht garantiert haben, in welchem Ausmaß die Zahl der Ökopunkte reduziert werden muss, wenn der modernste Lastkraftwagen, der „Euro 4“, der ab 2005 neu zugelassen wird, in Betrieb geht, da­mit wir die Schadstoffbilanz stabil halten.

Wir haben daneben massiv darum gekämpft, dass wir erreichen, dass gleichzeitig die Kommis­sion im ersten Halbjahr einen neuen Vorschlag für eine neue europäische Wegekostenrichtlinie vorlegt, denn eines sage ich Ihnen auch sehr offen – und ich weiß, dass ich diesbezüglich einer Mei­nung mit meinen Regierungskollegen bin –: Alles, was hiezu jetzt – hoffentlich – beschlos­sen werden wird, kann nur eine Übergangsregelung und ein Provisorium sein. Was wir eigent­lich brauchen, sind natürlich massive Investitionen in die Bahn. Daher hat auch die letzte Bun­des­regierung 17 Milliarden €, davon zwei Drittel für den Schienenausbau, zur Verfügung ge­stellt. Der Inntal-Ausbau ist bereits im Gang. Die Brenner-Basistunnel-Strecke soll als ein Private-Public-Partnership-Modell in Gang gesetzt werden. Dazu brauchen wir aber eine Wegekosten­richtlinie, die uns eine europaweite faire Bemautung und für den Mehrertrag eine Querfinanzie­rung für die Schiene erlaubt, denn sonst wird sich das alles nie rechnen. Nur wenn wir das als Ganzes sehen – Verlängerung um drei Jahre, bis diese neue Wegekostenrichtlinie mit den fai­re­ren Mauten in Kraft tritt, bis wir investieren können, damit der Schienenausbau so erfolgt, dass sich eine Alternative zum Straßenverkehr ergibt –, dann, glaube ich, können wir von einer echten Lösung reden.

Im Moment haben wir jedenfalls in Kopenhagen die Dinge wieder in Gang gesetzt, den Diskus­sions­prozess wieder eröffnet. Wir haben im Moment, glaube ich, die fünfte Unterbrechung des COREPER. Das ist der Ausschuss der Ständigen Vertreter; er wird, glaube ich, heute um 17 Uhr nach dem Fischereirat wieder aufgenommen werden. Ich verspreche Ihnen: Wir werden nicht locker lassen, sodass wir eine vernünftige Regelung für die österreichische Umwelt, für die öster­reichische Bevölkerung bekommen! Da dürfen wir nicht ermüden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind dann stark, wenn wir die Kräfte nicht gegeneinander wenden. Wir haben ja alle die glei­che Auffassung: Wir wollen eine klare Verlängerung mit allem Drumherum, wie der Transit­ver­trag einst gewesen ist. Das Problem ist nur: Wir müssen die anderen davon überzeugen – und das können wir überhaupt nur, wenn wir gemeinsam auftreten und nicht die Kräfte gegeneinan­der wenden.

Gestatten Sie mir noch ein letztes Wort zu den weiteren Beitrittsperspektiven: In Kopenhagen ist für Bulgarien und für Rumänien ein Beitrittsdatum von 2007 als realistisch, als möglich erklärt worden, was ich sehr begrüße. Für die Türkei ist kein Datum festgelegt worden – was ich auch begrüße, um das sehr offen zu sagen, denn zuerst soll die Kommission, so wie bei allen Bei-


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tritts­pro­zessen, ein objektives Kriterium, einen Report vorlegen: Erfüllt die Türkei die politi­schen und wirtschaftlichen Kriterien – ja oder nein?

Ich sage ganz offen dazu: Die Tür muss offen bleiben – das ist klar –, aber nur für diejenigen, die wirklich der Meinung sind, dass sie auch den gleichen Wertekanon mit uns verbinden, dass sie wissen, was Demokratie, Menschenrechte, Pluralismus letztlich bedeuten, was Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit bewirken. Diese Kriterien müssen ein für alle Mal geklärt sein, dann kann ein solcher Kandidat mit den Beitrittsverhandlungen beginnen: nicht, wenn erst das Prinzip Hoffnung gilt, sondern die Kriterien, die politischen Kriterien, müssen dabei erfüllt sein.

Ich sage gleichzeitig auch dazu, dass die Union selbst erweiterungsfähig und erweiterungswillig sein muss, überhaupt in einem solch schwierigen Prozess, wo jetzt gerade die Beitritts­perspek­tive für zehn Länder aufgemacht wurde. Ich sage ganz offen: Wenn man die Türkei in den Ver­hand­lungsprozess einbindet, dann muss man den Mut haben, gleichzeitig aber auch Balkanlän­dern, wie Kroatien oder Jugoslawien, eine mindestens genauso klare und deutliche Perspektive zu geben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Österreich wird mit die­sem Europäischen Rat von Kopenhagen das einzige Land sein, das vier Nachbarländer hat, die demnächst neue Mitglieder sein werden. Wir rücken damit von der Peripherie ins Zentrum Europas. Wir haben eine faszinierende Aufgabe vor uns: die Grenzregionen zu entwickeln – wirt­schaftlich, kulturell, bildungsmäßig. Das Ziel der Bildungsministerin ist es, in den Schulen ent­lang der Grenze immer auch die Sprache des jeweiligen Nachbarlandes mit anzubieten. Dass wir diese Chancen nützen, dafür sorgt das Netzwerk der regionalen Partnerschaft, das un­sere Außenministerin Benita Ferrero-Waldner großartig geknüpft hat und das gerade für die nächsten Jahre allergrößte strategische Bedeutung bekommen wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Schweitzer. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.20


Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Außen­ministerin! Werte Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen ha­ben uns auch im Regierungsübereinkommen zur Erweiterung der Europäischen Union be­kannt. Aber ich sage, wir stehen auch dieser Erweiterung – in der Form, wie sie jetzt über die Bühne gegangen ist – etwas kritisch gegenüber.

Herr Bundeskanzler! Wir wissen, dass die Europäische Union klare Regeln definiert hat, die zu erfüllen sind, wenn man Mitglied der Europäischen Union werden will. Immer wieder kann man sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass man dann, wenn ein Beitrittsdatum näher rückt, vom Einhalten dieser Regeln abrückt. Es werden Spielregeln, die eigentlich dazu aufgestellt wer­den, dass das Zusammenspiel funktioniert, auf einmal nicht zur Gänze eingehalten, es wer­den Spielregeln zum Teil gebrochen. Und das ist etwas, was abzulehnen ist; vor allem deshalb, weil wir feststellen müssen, dass es immer wieder große Länder sind, die sich dann, wenn eigene Interessen betroffen sind, nicht an die Spielregeln halten.

Nachdem wir keine Gelegenheit gehabt haben, hier in diesem Haus darüber zu diskutieren, möch­te ich in Erinnerung rufen, dass es erst vor kurzem eine Diskussion über die Einhaltung des Stabilitätspaktes gegeben hat. Dieser Stabilitätspakt wurde vom Finanzminister jenes Lan­des eingeführt, besonders verfochten und vertreten, das dann gesagt hat, es halte sich nicht mehr an das, was es von der Europäischen Union gefordert hat. – Eine solche Vorgangsweise ist abzulehnen!

In diesem Zusammenhang haben die kleinen Länder den Auftrag, gemeinsam dagegen auf­zu­treten, dass die Spielregeln nur dann eingehalten werden müssen, wenn kleine Länder betrof­fen sind, große hingegen können sie brechen. So kann es nicht gehen! (Beifall bei den Freiheit­li­chen.)


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Diese grundsätzliche kritische Bemerkung muss mir erlaubt sein, aber selbstverständlich ist die­ser Dringliche Antrag im Zusammenhang mit dem zu sehen, was österreichische Probleme auf dem Gipfel von Kopenhagen betroffen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin all unseren Verhandlern sehr dankbar dafür, dass sie es doch geschafft haben, für Österreich in der Transitfrage zumindest eine Vorgehens­weise zu erarbeiten, die die österreichischen Positionen nach wie vor beinhaltet, und dass diese auch entsprechend vertreten werden, ist doch diese Verhandlerrunde vor der Problematik gestan­den, dass im Vorfeld viele Fehler gemacht wurden, dass die Verhandler des seiner­zeitigen Transit­ver­trages darauf verzichtet haben, eine allfällige Übergangslösung gleich mitzuverhandeln, so­dass wir eben vor der Tatsache stehen, dass dieser Transitvertrag 2003 ausgelaufen wäre, ohne dass wir etwas in der Hand gehabt hätten.

So gesehen ist das, was bisher erreicht wurde, durchaus ein Fortschritt, insbesondere auch deshalb, weil die Ostregion jetzt in dieses Ökopunkte-Kontingent mit eingebunden wird. Ich sehe das durchaus als einen sehr großen Fortschritt.

Ich bin vor allem der Frau Außenministerin, dem Verkehrsminister und dem Bundeskanzler dank­bar dafür, dass sie in den Verhandlungen die notwendige Härte an den Tag gelegt haben, um überhaupt so weit zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Man muss sehen, dass die Europäische Union da einmal mehr in einer für Österreich beson­ders wichtigen Frage säumig war. Es hat fünf oder sechs Verschiebungen gegeben, was die Vorlage der Wegekostenrichtlinie betrifft. Und das kann man so nicht hinnehmen. Man kann es nicht hinnehmen, dass hier etwas, das für ein Land von fast überlebenswichtiger Bedeutung ist, einfach auf die lange Bank geschoben wird. Man muss auch aus diesem Grund mit klarer Härte vor­gehen und zeigen, dass es hier um Lebensinteressen eines Landes inmitten der Euro­päischen Union geht, das es sich nicht gefallen lassen wird, dass seine Bevölkerung in ihrer Lebensqualität von ungezügeltem Verkehr so eingeschränkt wird, dass das Leben im Inntal womöglich nicht mehr lebenswert ist. So kann es tatsächlich nicht sein.

Herr Bundeskanzler! Nun noch zu dem, was in der Frage Temelín erreicht wurde. Es war das offensichtlich das maximal Mögliche – wir hätten uns mehr gewünscht. Ich muss sagen, dass die Lösung in der Form für uns nicht zufrieden stellend ist, aber ich vertraue jetzt auf das, was die Grünen immer in diesem Haus gesagt haben: Lassen wir doch Tschechien Mitglied der Euro­päischen Union werden, dann haben wir die Chance, dass Temelín tatsächlich stillgelegt wird, wenn wir in der Europäischen Union die Nullvariante auch in der Form überprüfen können, ob es wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist, Temelín in Betrieb zu nehmen! (Abg. Dr. Gla­wischnig: Ja!)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Tschechien wird jetzt Mitglied der Europäischen Union, und jetzt können wir uns gemeinsam darum bemühen, die Wirtschaftlichkeit Temelíns in der Form zu überprüfen, ob es überhaupt sinnvoll ist, den dort teuer erzeugten Strom tat­säch­lich zu produzieren, da er angesichts der Liberalisierung des europäischen Energiemarktes ohne Quersubvention nicht auf dem Markt unterzubringen sein wird. Das bedeutet: Wird quer­subventioniert, verstößt man gegen europäische Wettbewerbsrichtlinien – geht also nicht! –, und wenn man nicht quersubventioniert, kauft niemand den Strom.

Gemeinsam mit den Grünen, der SPÖ und den beiden anderen hier im Haus vertretenen Par­teien wird es unter Umständen möglich sein, Temelín aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht in Betrieb gehen zu lassen. Ich habe die Hoffnung darauf noch nicht aufgegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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14.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Dr. Stummvoll. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.27


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mei­ne Damen und Herren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Abge­ord­neter einer Grenzregion, nämlich des Waldviertels, freue ich mich selbstverständlich besonders über die historischen Weichenstellungen, die der Europäische Rat in Kopenhagen vorgenom­men hat. Aus einer jahrzehntelang extremen Grenzlandsituation rücken wir mit der Wiederver­einigung Europas ins Herz, ins Zentrum Europas – mit allen Chancen, die sich daraus strate­gisch für die nächsten Jahrzehnte ergeben.

Ich glaube, dass in der Tat – wie einige Vorredner bereits betont haben – Kopenhagen zu Be­ginn des 21. Jahrhunderts der politische Neubeginn Europas war. Ich muss sagen: Das Jahr 2002, das in wenigen Tagen zu Ende geht, welch faszinierendes Jahr aus der Sicht Euro­pas! Zu Beginn des Jahres gab es die Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung – der Euro wurde eingeführt –, und jetzt, knapp vor Jahresende, diese historische Weichen­stel­lung in Kopenhagen.

Meine Damen und Herren! Für mich – ich hoffe, für uns alle – ist es ein wirklicher Grund zur Freu­­de, dass wir in dieser Zeit hier in unserem Parlament das tun können, was Politik sein soll: Politik soll Zukunftsgestaltung sein. Welch schönere Herausforderung gibt es, als Zukunfts­ge­staltung eines gemeinsamen Europas betreiben zu können?! Ich schätze mich glücklich, in die­ser Phase diesem Parlament anzugehören. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Österreich hat beim Europäischen Rat in Kopenhagen zwei Einzel­themen von wirklich nationalem Interesse und hoher Priorität eingebracht; die Vorredner haben es bereits betont. Ich glaube, man kann immer mehr erreichen, aber wenn man Politik nicht allein machen kann, wenn man ein Mitglied von vielen ist, dann muss man die Dinge auch realis­tisch sehen. Ich meine, dass das, was bisher hier erreicht wurde, im Rahmen des Mög­lichen eigentlich ein Maximum war.

Meine Damen und Herren! Vergessen wir nicht, dass etwa beim Transit zwei fundamentale Prin­zipien aufeinander prallen: einerseits das fundamentale Prinzip aus der Verfassung der Europäischen Union „Freiheit des Güter- und Dienstleistungsverkehrs“, auf der anderen Seite das genauso fundamentale Prinzip „Bewahrung des Menschen und der Umwelt vor negativen Einflüssen“; das heißt Erhaltung einer lebenswerten Umwelt, Erhaltung unseres weltweiten Spitzenplatzes, was die Lebensqualität betrifft. Was die Lebensqualität betrifft, nehmen wir nach wie vor weltweit Platz eins ein. Also zweifellos zwei Anliegen, die von höchstem nationalem Inter­esse sind.

Meine Damen und Herren! Wir sollten auch so ehrlich sein zu sagen, dass es hinsichtlich der Zielsetzung, diese beiden Prinzipien auf einen Nenner zu bringen – ich bin sehr froh, dass der Herr Bundeskanzler das auch sehr stark betont hat –, langfristig kausal eigentlich nur drei Möglichkeiten gibt: erstens die Entwicklung und den forcierten Einsatz modernster Technologie im Kraftfahrzeugbau, zweitens die Verlagerung von der Straße auf die Schiene und drittens, wenn möglich, die Verbannung des Verkehrs unter die Erde, ist gleich Untertunnelung, sprich Brenner-Basistunnel.

Wir sollten so ehrlich sein zu sagen – zumal dieser Transitvertrag demnächst das Zehn-Jahres-Jubliäum seines In-Kraft-Tretens feiert –, dass der Transitvertrag das historische Verdienst hat, die erste ökologische Regelung des Transitverkehrs in Europa zu sein. Österreich ist meines Wis­sens das einzige Land, das eine derartige ökologische Regelung des Transits hat. Wir müs­sen aber auch so ehrlich sein zu sagen: Der Transitvertrag, die Öko-Punkte waren immer nur als Übergangsregelung gedacht. Wir brauchen diese Übergangsregelung noch einmal, wir brau­chen sie noch einmal von 2004 bis 2006, aber wir sollten das größere Ziel nicht aus den Augen verlieren, nämlich jene drei Maßnahmen, die ich genannt habe.

Ich bin dem Bundeskanzler, der Frau Außenministerin, den Ministern Molterer und Reichhold wirklich sehr dankbar, denn es war Österreich, das die beiden Themen ökologische Regelung


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des Transits sowie Sicherheit von Kernkraftwerksanlagen auf europäischer Ebene erst zu einem Thema gemacht hat! Es geht dabei nicht nur um kurzfristige Erfolge, sondern es geht um lang­fristige Sicherheitsstrategien für Europa, meine Damen und Herren! – Herzlichen Dank dir, Herr Bundeskanzler, und deinem Regierungsteam, das hier erfolgreich verhandelt hat! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein Wort zu Temelín. – In meinem Wahlkreis Waldviertel gibt es vie­le Aussichtspunkte. Man hat Sichtkontakt, man sieht die Meiler von Temelín. Dennoch hat auch in dieser Grenzregion eine breite Mehrheit der Bevölkerung Vertrauen in das Melker Abkom­men, Vertrauen darauf, dass diese völkerrechtlich verbindlichen Verträge auch eingehalten wer­den; bisher haben sich die Tschechen genau daran gehalten. Wir vertrauen auch darauf, dass sich die neue tschechische Regierung unter Ministerpräsident Špidla daran halten wird. Wir sollten diese breite Stimmung in der Bevölkerung zum Anlass nehmen, auch hier in diesem Parlament diesem Melker Abkommen jenes Vertrauen entgegenzubringen, das es verdient.

Meine Damen und Herren! Zum Schluss kommend: Ich meine, dass das Themen von derart weit reichendem nationalem Interesse sind, dass wir allen Verlockungen widerstehen sollten, hier parteipolitisches Kleingeld zu wechseln. Sowohl Temelín als auch der Transit sind nicht ge­eignet für Parteien-Hickhack, sondern sind Themen, bezüglich deren man nur appellieren kann: Sig­nalisieren wir nicht nur europäische Solidarität, signalisieren wir nicht nur ökologische Soli­darität, sondern signalisieren wir auch nationale Solidarität!

In diesem Sinne meine Erwartungshaltung, dass alle vier Fraktionen dieses Hohen Hauses die­sem Dringlichen Antrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Einem. – Bitte.

14.33


Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist hier im Nationalrat offenbar wie­der Alltag eingekehrt. Ich darf es aber kurz machen: Wir werden dem Dringlichen Antrag, den die beiden Immer-noch-Regierungsfraktionen eingebracht haben, nicht zustimmen. (Abg. Groß­ruck: Das ist eh nichts Neues! – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist schade!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Versuch, immer dann, wenn Sie in Not geraten, wenn Sie etwas gerade wieder einmal nicht zustande gebracht haben, zu kommen und zu sa­gen: Jetzt brauchen wir einen nationalen Schulterschluss!, ist zwar verständlich, aber ein biss­chen billig. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es geht darum, dass Sie sehen, dass Sie die Not, in der Sie sich jetzt befinden, auch selbst ver­ursacht haben, und dafür werde ich das eine oder andere Beispiel anführen.

Ich darf kurz auf die Ausführungen des Abgeordneten Schweitzer, der in der Zwischenzeit den Saal schon wieder verlassen hat, eingehen. Er hat gemeint, schuld seien eigentlich jene, die den Transitvertrag ausgehandelt haben, denn hätten sie ihn nicht ausgehandelt ... – Nein, er hat es anders gesagt. Er hat gesagt: Wenn sie ihn gescheit ausgehandelt hätten, dann hätte er entweder 100 Jahre gegolten oder zumindest eine Übergangsregelung beinhaltet.

Das ist natürlich eine sehr schlaue Überlegung, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es war tatsächlich so, wie Kollege Stummvoll soeben gesagt hat: Der Transitvertrag war zu jener Zeit, als wir ihn abgeschlossen haben, eine Sensation, und er hat natürlich in der Zeit sei­ner Dauer auch etwas bewirkt: Er hat zu einer Reduktion der Abgasbelastung geführt, und das sollten wir klar und deutlich sehen. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Es ist auch nicht so, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, dass vor dem Antritt dieser schwarz-blauen Regierung gar nichts geschehen ist. Natürlich ist auch vorher schon etwas ge­schehen; ich komme gerne darauf zurück. Natürlich habe auch ich schon im Herbst 1999 als


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Ver­kehrsminister Gespräche mit der Kommission über eine Übergangsregelung begonnen. Es ist dann allerdings zu einem Regierungswechsel gekommen, und seither ist der Ball tatsächlich bei Ihnen.

Lassen Sie mich aber auch noch einen anderen Gesichtspunkt ins Treffen führen, weil Sie, Herr Bun­deskanzler, so getan haben, als sei das Ganze eine ausschließlich europäische Angele­gen­heit. Die Frage, wie stark die Österreicherinnen und Österreicher vom Transit belastet werden, ist keine Frage, die ausschließlich am Transitvertrag hängt, ist keine Frage, bei der man den 14 europäischen Partnern die ganze Schuld zuschieben kann, wenn unser Problem nicht gelöst worden ist. Ich darf daran erinnern, dass wir ein paar konkrete Dinge auch im Inland hätten tun können und dass wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dabei immer als Partner zur Verfügung gestanden sind, Herr Bundeskanzler, nur Sie sind jeweils abgesprungen!

Wir haben gemeinsam mit Ihnen im Jahr 1996 eine Vereinbarung getroffen, nämlich einen Koali­tionspakt, in dem gestanden ist, dass wir das LKW-Road-Pricing einführen. Natürlich wäre das eine Maßnahme, die zur Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene beiträgt, indem sie faire Wettbewerbsverhältnisse bei den Kosten des Transports schafft. Aber Sie sind im Frühjahr 1997 davon abgesprungen! Somit ist das Gesetz, das wir gemeinsam beschlossen hatten und das am 1. Juli 1998 ein LKW-Road-Pricing hätte bringen sollen, nicht in Kraft getreten. Heute, fünf Jahre später, haben wir immer noch kein LKW-Road-Pricing, und das bedeutet, dass ungefähr 1 Milliarde € an Einnahmen verfallen.

Herr Bundeskanzler, damals haben Sie unseren Schulterschluss gehabt! Es ist dabei um kon­kre­te Maßnahmen gegangen, aber da haben Sie nichts tun wollen – die Misere haben die Ös­ter­reicherinnen und Österreicher heute. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das Gleiche, meine sehr geehrten Damen und Herren, gilt etwa für die Frage des Verkehrs über den Brenner. Es war der ÖVP-Wirtschaftsminister, der eine bestimmte Brenner-Mautrege­lung mitgetragen hat, die rechtswidrig war. Österreich ist von der Kommission wegen diskrimi­nie­ren­der Einhebung der Maut und wegen einer zu hohen Maut geklagt worden. Es war immer klar, dass Österreich diesen Fall beim Europäischen Gerichtshof verlieren wird.

Das war auch der Grund dafür, dass ich im Herbst 1998 versucht habe, eine Regelung auf europäischer Ebene zu erreichen, die es uns erlaubt, die gleiche Mauthöhe aufrechtzuerhalten, allerdings unter der Bedingung, dass ein Drittel davon auf der Strecke zwischen Kufstein und Innsbruck eingehoben wird. – Die Regelung ist getroffen worden, die Kommission hat zuge­stimmt, die 14 Partner haben zugestimmt, aber die ÖVP-Tirol und die ÖVP auf Bundesebene haben nicht zugestimmt und es nicht realisiert! Wir haben das Verfahren verloren, und heute lesen wir in der Zeitung, dass es Österreich droht, in den nächsten Wochen Strafzahlungen von 1 Million Schilling täglich dafür leisten zu müssen, dass die Anpassung nicht erfolgt ist.

Herr Bundeskanzler! Sie können unseren Schulterschluss dann haben, wenn es um die konkre­te Problemlösung geht, aber wenn Sie auf Grund einer verfehlten Verhandlungsstrategie nicht zu einem Ergebnis kommen, dann löffeln Sie das bitte selbst aus! (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

Ich darf dazu abschließend noch anmerken: Wir werden Sie nicht daran hindern – das wissen Sie sehr gut –, das Nötige und Nützliche zu tun, aber die Verantwortung für das, was Sie in Ko­pen­hagen nicht erreicht haben und was abzuschließen Sie vorher die Außenministerin ge­hindert haben und was auch der Verkehrsminister nicht abgeschlossen hat, tragen Sie!

Ich darf zum Abschluss noch folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend die für Österreich nicht befriedigenden Ergebnisse des Europäischen Rates von Kopenhagen


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat regelmäßig in schriftlicher Form zu be­richten, welche konkreten zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen seitens der tschechischen Be­hörden für das AKW Temelín auf Basis des „Melker Abkommens“ ergriffen wurden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, über ihren Vertreter im Konvent und im Zuge der nächsten Regierungskonferenz für die Integration des EURATOM-Vertrags in den EU-Vertrag und für eine Beseitigung der wettbewerbsverzerrenden Sonderrolle der Nuklearenergie einzu­treten und darüber hinaus in der EU eine Initiative für einen europaweiten Ausstieg aus der Atom­energie zu setzen. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang auch aufge­for­dert, der von der Kommission vorgeschlagenen Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens nicht zuzustimmen, wenn diese Gelder auch für Neubauten, die Fertigstellung und die Effizienz­steigerung von AKWs verwendet werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei den Verhandlungen über eine Transitregelung nach 2003 keiner Regelung zuzustimmen, die Lkw der Euro-4-Klasse von der Ökopunkteregelung aus­nimmt und eine gänzliche Aufhebung der Transit-Obergrenze vorsieht.

Die Bundesregierung wird schließlich aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu unter­neh­men, um durch Maßnahmen, die Österreich eigenständig umsetzen kann, dafür zu sorgen, dass es zu einer massiven Verlagerung vom Straßengütertransit auf umweltfreundliche Trans­portoptionen (Bahn, Schiff) kommt, um so die lärm- und abgasgeplagte Bevölkerung endlich zu entlasten.

*****

(Beifall bei der SPÖ.)

14.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Ab­ge­ordneten Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

14.40


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Mi­nisterin! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass der Gipfel von Kopenhagen ein historischer Gipfel war und dass die Beschlüsse über die Beitritte unserer Nachbarn, aber auch der baltischen Staaten und auch Maltas sowie Zyperns ein historisches Ereignis sind, darüber be­steht kein Zweifel. Dass diese Chancen für Österreich große sind und genützt werden müs­sen, gut genützt werden müssen, in guter Nachbarschaft genützt werden müssen, darüber be­steht ebenfalls kein Zweifel. Und gerade weil das so ist, halte ich es für einen schweren histori­schen Fehler, dass man sich zwei Kernfragen österreichischer Interessen, nämlich die Transit­fra­ge und die Frage Temelín, genau bis zu diesem Gipfel aufgespart hat. Damit hat man die Chancen auf eine Lösung dramatisch gesenkt.

Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Sie haben heute einen Antrag eingebracht, der letzten Endes die Vertreter und Vertreterinnen der Bundesregierung dafür exkulpieren soll, dass die letzte Regierungsperiode ohne entscheidende und zielführende Aktivitäten in diesen beiden Fragen zu Ende gegangen ist. (Beifall bei den Grünen.)


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Es hat viel zu spät – und die falschen – Initiativen in beiden Bereichen gegeben. Lassen Sie mich hier in erster Linie zur Frage des Transitvertrags einige Worte sagen. Sie stellen einen Antrag und fordern uns auf, diesen Antrag zu unterstützen, in dem steht, dass eine Verordnung, irgendeine Verordnung – und wie wir nach dem Verhandlungsstand wissen: ohne Obergrenze im Transitverkehr – unterstützt, unterzeichnet werden soll.

Meine Damen und Herren! Ohne Obergrenze ist diese Ökopunkteregelung jenseits jeder Voll­ziehbarkeit. Das wäre ja genauso, als würden Sie an bestimmten Stellen das Parken verbieten, aber kein Mensch kümmert sich jemals darum, ob das kontrolliert wird, und kein Mensch be­straft jemanden dafür, wenn er dort parkt. Ohne diese Obergrenzenregelung, wie sie jetzt ent­halten ist, gibt es keine Vollziehbarkeit der Ökopunkteregelung mehr.

Wir waren schon alle entsetzt darüber, als bei der Diskussion um die Feststellungen von Lae­ken dieser magere Kompromiss zustande gekommen ist, der keine Obergrenze mehr vorsieht. Das Entsetzen entlang der Transitrouten ist gewachsen, da es nun heißt, es wird zugestimmt, dass eine Regelung mit einer Ausnahme für so genannte saubere LKW der Klasse EURO 4 kom­men soll.

Meine Damen und Herren! Vor kurzem haben wir wissenschaftliche Daten auf den Tisch be­kommen, die belegen, dass die so genannten sauberen LKW der Klasse EURO 2 und EURO 3 im realen Betrieb eben nicht sauberer sind als die so genannten schmutzigen LKW der Klasse EURO 1. Betreffend den EURO 4 wissen wir über das reale Emissionsverhalten überhaupt nichts. Trotzdem wird ein Blankoscheck ausgestellt, dass diese LKW von der Regelung ausge­nommen werden sollen.

Aber damit nicht genug: Ich habe den heutigen italienischen Medien entnommen, dass Minister Lunardi seinen Frächtern verspricht, überhaupt keiner Regelung mit Ökopunkten mehr zuzu­stim­men. Und ich schaue mir an, wie die von Frau Ferrero-Waldner ja immer so freudig be­grüßte italienische Rechtsregierung davon überzeugt werden kann, dass Österreich eine voll­ziehbare Regelung für den Transit braucht.

Das einzig Positive, das beim Gipfel in Kopenhagen in der Frage Transitverkehr passiert ist, ist das Versprechen über eine neue Wegekostenrichtlinie, die höhere Mauten in so genannten sen­siblen Gebieten – so hoffe ich zumindest – erlauben soll.

Aber das, meine Damen und Herren, gibt es nicht gratis. Das bedarf eines großen Verhand­lungs­geschicks, das Sie bis jetzt nicht bewiesen haben. Dabei wird es darum gehen, auch die eigenen Transporteure in die Pflicht zu nehmen. Ich kann nur hoffen, dass Sie Rückgrat genug besitzen, um sich in dieser Frage gegen Ihre eigenen Lobbyisten zu Wehr zu setzen und nicht wie­der sozusagen die Front für Klagen aufzumachen, die dann bewirken, dass wieder eine Maut­höhe oder eine andere Regelung vor dem Europäischen Gerichtshof fällt, wie wir es leider am Brenner schon erleben mussten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Diese Frage ist auch deswegen so besonders wichtig, weil wir kurz nach dem In-Kraft-Treten der Alpenkonvention stehen. Am 18. Dezember ist sie in Kraft getre­ten. Wir haben damit völkerrechtliche Verpflichtungen zum Setzen von Maßnahmen übernom­men, die eben auch im Verkehrsbereich – das schreibt uns das Verkehrsprotokoll vor – gesetzt werden müssen. Diese Alpenkonvention beschreibt das Gebiet einer sensiblen Zone in Form eines internationalen Vertrags. Diese sensible Zone Alpen muss vor dem Schwerverkehr und seinen negativen Auswirkungen geschützt werden. Ich verlange eines von Ihnen – wenn Sie das schon früher getan hätten, dann sähen die Verhandlungen heute auch anders aus –: Wir müs­sen eine internationale, alpenweite Lösung für den Transitverkehr bekommen, sodass die Grenz­übergänge nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden. Erst dann haben wir eine realistische Chance! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend zu Ihrem Antrag und den wortreichen Aufforderungen, diesen Antrag zu unter­stützen. Meine Damen und Herren von den jetzigen Noch-Regierungsfraktionen! Sie fordern uns so gerne zum Schulterschluss auf, auch Kollege Tilg, ein Freiheitlicher aus Tirol. Dieser for-


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dert aber einen ganz anderen Schulterschluss, aber das will ich jetzt einmal beiseite lassen, näm­lich den zugunsten der Bevölkerung und nicht den mit der ÖVP-Regierungslinie. (Zwischen­ruf des Abg. Großruck.) Gemeinsamkeit muss von beiden Seiten kommen. Eine Gemeinsam­keit kann nicht darin bestehen, zu erwarten und zu verlangen, dass die Opposition vor der Re­gie­rungslinie auf die Knie fällt und ungeschaut alles „frisst“, was da drinnen steht. Das ist in diesem Fall absolut unmöglich.

Meine Damen und Herren! Sie haben sich nie bemüht, hier mit uns eine gemeinsame Haltung einzunehmen. Das werfe ich Ihnen vor. Deswegen ist alles Wehklagen darüber, dass wir bei die­sem eher seltsamen Antrag nicht mitstimmen können, nicht einmal eine Krokodilsträne wert. Ge­meinsame Haltungen erfordern auch gemeinsame Verhandlungen und gemeinsames Re­den, wobei jeder ein Stück weit auf den anderen zugeht, aber nicht ein Diktat von Seiten der ÖVP-Re­gierungslinie, die inhaltlich indiskutabel ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Wittauer. – Bitte.

14.49


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Frau Außen­minister! Herr Minister! Bei Abschluss des Transitvertrages im Jahre 1991 haben es Streicher und Klima verabsäumt, eine Nachfolgeregelung zu vereinbaren. (Ironische Heiterkeit des Abg. Grad­wohl.) Es wurde eine Laufzeit von zwölf Jahren vereinbart, die mit dem EU-Beitritt Öster­reichs auf zehn Jahre verkürzt wurde. Wie ernst dieses Problem jedoch ist, zeigt eine von Minis­ter Reichhold in Auftrag gegebene Umfrage: 90 Prozent unserer Bevölkerung nehmen die Tran­sit­problematik sehr ernst, 62 Prozent sagen sogar, Österreich sollte dem EU-Vertrag über die Osterweiterung nicht zustimmen, wenn keine ausreichende Transitlösung gewährleistet ist.

Und in Tirol gab es eine Umfrage, nach der 78 Prozent der dortigen Bevölkerung dieser Mei­nung waren. (Zwischenruf des Abg. Reheis.)

Wenn nun Exverkehrsminister Einem unserem Verkehrsminister Reichhold vorwirft, dieser wäre nicht fleißig genug gewesen oder habe andere Sorgen und rede nur (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Reheis), dann muss ich schon Folgendes dazu sagen: Wenn ein Minister – gerade Mathias Reichhold als Minister – 40 Gespräche persönlich mit Ressortkollegen aus ganz Euro­pa geführt hat, um österreichische Standpunkte zu vertreten, dann bedanke ich mich als Tiroler Abgeordneter (Abg. Gradwohl: Was ist das Ergebnis?) bei diesem unserem Verkehrsminister, bei Mathias Reichhold. – Danke, Mathias! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Was hat es genützt?)

Ich möchte Frau Abgeordnete Lichtenberger kurz ansprechen. Es gibt eine APA-Meldung und folgende Aussage von ihr – diese ist auch nicht lange her –:

Klar gegen den sich abzeichnenden Transit-Kompromiss in Brüssel haben sich gerade die Grü­nen ausgesprochen. Das seien eine schlechte Transiteinigung und eine Nulllösung auf dem Rücken von Mensch und Umwelt. Grüne-Verkehrssprecherin Eva Lichtenberger fürchtet mit Fall der Obergrenze mehr Schadstoffe, mehr Lärm und mehr Unfälle. Dies sei keine Lösung für Ös­ter­reich. Die Grünen fordern nationale Solidarität gegen den Kompromiss.

Das ist schon eigenartig. Unser Kanzler und Mathias Reichhold haben diesem Kompromiss nicht zugestimmt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.) Und auf einmal ist es so, dass es jetzt der Fall ist? – Das ist schon eigenartig, muss ich sagen.

Frau Abgeordnete Lichtenberger! Der Tiroler Landtag hat einstimmig beschlossen, dass das Ver­kehrskapitel mit den EU-Beitrittskandidaten so lange nicht zum Abschluss gebracht werden solle, bis für den alpenquerenden Verkehr eine nachhaltige europäische Lösung gefunden wer­de. Dabei sollen die Grundsätze des von der Kommission verabschiedeten Weißbuchs erfüllt werden.


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Dazu gibt es ein Schreiben des Tiroler Landeshauptmannes an Mathias Reichhold – ich weiß nicht, ob es der Kanzler auch bekommen hat –, in dem alle Studien enthalten sind. Auch dort wird aufgefordert, diesem Kompromiss nicht zuzustimmen. Ich glaube, der Verkehrsminister braucht nun jede Unterstützung, und zwar von allen Abgeordneten, um gerade jetzt eine neue beziehungsweise bessere Lösung für Österreich zu finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Laeken wurde im Dezember 2001 ein Minimalkompromiss gefunden. Wenn wir diesen schon aufzuweichen beginnen, dann weiß ich nicht, wohin das alles noch führen soll. Für uns Tiroler Abge­ordnete ist es natürlich schwierig, das Ganze nachzuvollziehen. Angesichts der vorliegen­den Untersuchungen wird wirklich eine höhere Belastung auf uns zukommen.

Aber hören wir doch auf damit, der Bevölkerung einen Kompromiss vom Kompromiss und wie­derum einen Kompromiss zuzumuten! Wir alle müssen hier dagegen stimmen, müssen unsere Ver­handlungsteams in dieser Frage unterstützen, anstatt nur polemisch am Rednerpult zu agieren. – Das sage ich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Bevölkerung erwartet sich von uns Abgeordneten etwas Besseres, die Bevölkerung will, dass wir etwas tun. Wenn über 50 Prozent österreichweit sagen, dass wir diesen Kompro­mis­sen nicht zustimmen sollen, dann sind wir gewählte Abgeordnete verantwortlich dafür, dem Fol­ge zu leisten. Man soll nicht sagen, Mathias Reichhold ist schuld, denn dieser hat von Ihnen (in Richtung SPÖ und Grüne) nie eine Unterstützung bekommen. Das möchte ich auch gesagt haben. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube, wir alle sollten uns des Vertrauens würdig erweisen und diesem Dringlichen Antrag zu­stimmen, um nicht nur Mathias Reichhold, sondern auch dem Kanzler die Möglichkeit zu geben, das weiter zu verhandeln, was Sie abgelehnt haben. Sie aber von den Grünen haben vor­her gesagt, Sie werden nicht zustimmen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Da steht nichts drinnen im Antrag!)

Eines muss ich persönlich dazu sagen: Wir Freiheitlichen sind immer für eine harte Transitlö­sung gestanden, und wir werden weiterhin für diese Transitlösung kämpfen.

Dir, Mathias Reichhold, wünsche ich gerade bei den nächsten Verhandlungen viel Glück, um die­se Ziele zu erreichen, damit auch in Zukunft gewährleistet ist, dass Tirol und ganz Österreich von der künftigen Transitlawine verschont bleiben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.55


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Grillitsch. – Bitte.

14.55


Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminis­ter! Meine Herren Bundesminister! Es ist mir eine Freude und Ehre, dem Nationalrat der XXII. Ge­setzgebungsperiode angehören zu dürfen. Für mich ist es wirklich eine Freude, Vertre­ter der österreichischen Bevölkerung zu sein, und auch Aufgabe, mit Umsicht, Weitblick und Ver­lässlichkeit für die Bevölkerung da zu sein. Als neues Mitglied dieses Hohen Hauses möchte ich Ihnen versichern, dass ich mich mit voller Kraft und mit ganzem Herzen dieser Aufgabe widmen werde.

Nun zum Thema unserer Debatte: der Europäische Rat von Kopenhagen. Ich glaube, damit wur­de ein überaus ehrgeiziges Vorhaben zu Ende gebracht. Die bislang umfassendste Erweite­rung der Europäischen Union wurde politisch vollendet. Wir freuen uns darüber, dass wir mit 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedstaaten in unseren Kreis aufnehmen können. Sind die Ver­hand­lungen auch abgeschlossen, so wird die Erweiterung mit ihren zahlreichen Auswirkungen auf unterschiedlichsten Ebenen ein zentrales Thema sein.

Meine Damen und Herren! Diese Erweiterung war und ist Herzstück unserer Regierung – und das wird sie auch bleiben. Ich danke hier insbesondere unserem Bundeskanzler Dr. Wolfgang


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Schüs­sel und unserer Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner. Sie haben in hervorragen­der Weise nicht nur für das übergeordnete Ziel der Vereinigung Europas, sondern vor allem auch für die europäischen Interessen gekämpft. Das sage ich nicht nur bezüglich Transit und Temelín, das sage ich heute auch als österreichischer Bauernvertreter. Wir haben damit Plan­barkeit und Verlässlichkeit bis 2013 in unserem Programm. Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Thema Transit. Da gibt es eine schwierige Ausgangslage. Wir stehen vor der Heraus­for­derung, den Schutz der Menschen und der Umwelt vor den negativen Auswirkungen des Stra­ßengüterverkehrs auch in Zukunft zu gewährleisten und die aus der Anwendung des Öko­punktesystems resultierenden Umweltverbesserungen langfristig und nachhaltig zu sichern.

Transit ist jedoch nicht nur ein österreichisches Problem. Wir brauchen daher diese bereits an­ge­sprochene Wegekostenrichtlinie, die auch Umweltfaktoren wie Schadstoffemissionen und Lärm­belästigung bei der Festlegung der Mauthöhe berücksichtigt. Das ist das Ziel der öster­reichischen Verkehrs- und Umweltpolitik – und das muss es auch bleiben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, niemand braucht einen Kniefall vor der Re­gierungslinie zu machen. Man sollte nicht parteipolitisch taktieren, man sollte auch nicht mit Blocka­den drohen, sondern offene Gespräche und harte Verhandlungen sind notwendig, um die Transitfrage auch entsprechend lösen zu können. Diese Gesprächs- und Verhandlungsbe­reit­­schaft haben Bundeskanzler Schüssel und die ÖVP von Anfang an signalisiert – und das werden wir auch in Zukunft tun.

Nun zu Temelín. Wir sind in der glücklichen Lage, dass der Ausstieg aus der Kernenergie in Ös­terreich breiten Konsens genießt. Damit sollten wir uns aber nicht zufrieden geben. Unser grund­sätzliches Ziel bleibt der europaweite Ausstieg aus der Kernenergie und der Verzicht auf Atom­kraftwerke.

Es ist zweifellos ein erster österreichischer Erfolg, eine Diskussion über Sicherheitsstandards in der Europäischen Union erreicht zu haben. Dafür wurde auf Regierungs- und auch auf Parla­mentsebene jede Gelegenheit für Gespräche genutzt. Selten zuvor wurde eine derart aktive Anti-Atompolitik von einer Bundesregierung betrieben, und wir dürfen auf einen Drei-Parteien-Konsens in Fragen der nuklearen Sicherheit bauen.

Uns allen ist Folgendes klar: Die erhoffte Verankerung der Einklagbarkeit vor dem Euro­päischen Gerichtshof ist an den Atomstaaten in der Europäischen Union gescheitert. Dadurch wurde einmal mehr ersichtlich, dass ein Veto gegen den EU-Beitritt Tschechiens der falsche Weg gewesen wäre und die Falschen getroffen hätte. Damit ist aber auch klar, dass nur eine gemeinsame Strategie aller Beteiligten innerhalb der EU – und das ist die unumstrittene ÖVP-Forderung – zu einem nachhaltigen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie führen kann.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche Sie daher eindringlich, nicht aus parteipo­liti­schen Motiven dagegen zu sein, sondern gehen Sie mit uns aus einer großen Verantwortung heraus diesen eingeschlagenen Weg, um einerseits unsere Lebensgrundlagen zu sichern und um andererseits auch unseren Kindern keine Schulden zu hinterlassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Eder. – Bitte.

15.00


Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Außenminister! Sehr geehrte Kollegen auf der Ministerbank! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte zunächst Kollegen Spindelegger zitieren, der in seiner Rede gemeint hat: Was wir brau­chen, ist Lobbying. – Ich kann das nur unterstreichen, meine aber, dass es dieses Lobby-


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ing schon seit Jahren hätte geben müssen; man hätte es nicht erst in den letzten Monaten so besonders betonen müssen.

Was meine ich damit? – Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Bundesregierung in den letzten drei Jahren auch drei Verkehrsminister „verbraucht“ hat. Lobbying heißt aber natürlich auch, vie­le Gespräche zu führen, und wenn die Staaten, mit denen man Gespräche führt, immer von ande­ren Persönlichkeiten angesprochen werden, dann ist das für die Sache nicht gerade för­der­lich, sondern hinderlich. Man weiß ja, dass schwierige Fragen gerade im zwischenmenschli­chen Bereich oft sehr gut gelöst werden können, wenn man sich länger und gut kennt. – Das zum einen.

Zum Zweiten wurde von Ihnen auch Herr Landeshauptmann Niessl kurz erwähnt. Ich darf hiezu festhalten, dass Herr Landeshauptmann Niessl – und ich habe diese Presseaussendung da – lediglich von einer Westlastigkeit der Bundesregierung gesprochen hat. Er meinte damit, dass auch die Ostregion, nachdem nun weitere zehn Mitgliedstaaten in die Europäische Union kom­men werden – und das hat auch Kollege Stummvoll richtig gesagt: dass wir zu einem beachtli­chen Teil an der Grenze zu diesen Staaten liegen –, gerade deswegen dringend eine umfang­reiche Infrastruktur benötigt, um vor allem die zusätzliche Verkehrsbelastung, die auf uns zu­kom­men wird, zu bewältigen.

Ich darf nur daran erinnern, dass wir in den nächsten fünf bis acht Jahren beim Güterverkehr einen Zuwachs von etwa 70 Prozent haben werden. Daher sind wir jetzt alle miteinander aufge­for­dert – und vor allem auch die nächste Bundesregierung –, die entsprechenden Infra­struk­tur­maßnahmen zu setzen, da wir mit der derzeitigen Infrastruktur nicht das Auslangen finden wer­den. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nicht allein darum, dass wir eine Verlängerung des derzeitigen Transitvertrages brau­chen, sondern in der Europäischen Union muss möglichst rasch die Wegekostenrichtlinie in Kraft treten. Diese Wegekostenrichtlinie – und es gibt ja bereits das EU-Weißbuch – beinhaltet na­türlich auch die Definition der sensiblen Zonen – das wurde auch von Kollegin Lichtenberger an­gesprochen –, wonach in diesen sensiblen Zonen eine erhöhte LKW-Maut eingehoben wer­den darf und kann, und die Differenz zwischen der normalen und der erhöhten Maut kann für die Finanzierung der Bahn verwendet werden.

Meine Damen und Herren! Ohne die Bahn und ohne die Wasserstraße werden wir die 70 Pro­zent Verkehrszuwachs, die wir auf Grund der EU-Erweiterung zu erwarten haben, nicht bewälti­gen. Herr Bundeskanzler! Ich darf Sie ersuchen, dass Sie bei der zukünftigen Verhandlung die­ser Fragen in der Europäischen Union besonders mithelfen, diese Fragen zu lösen.

Was die Ostregion angeht, möchte ich auf die Situation in Wien und Niederösterreich hinwei­sen. Niederösterreich als ein Kernland, das ebenfalls an die neuen Länder angrenzt, und Wien als einer der zentralen Verkehrsknoten in der Ostregion werden natürlich dringend die ent­spre­chende Infrastruktur brauchen: Es ist dringend notwendig, dass wir die Nordautobahn in Angriff nehmen. Es ist dringend notwendig, dass wir die West- und Südbahn rasch ausbauen, dass der Sem­mering-Basistunnel rasch gebaut wird. Es ist dringend notwendig, dass wir in Wien den Zentral­bahnhof, die Bahninfrastruktur, die Güterbahninfrastruktur, aber auch die Süd-, die Nord­ost-Umfahrung und eine klare Ortsumfahrung von Wien zustande bringen.

Es ist unmöglich, dass wir den Güterverkehr, der auf Grund der wirtschaftlichen Prosperität um 70 Prozent ansteigen wird, durch die Stadt lenken können, ihn über die Brünner Straße oder über die Prager Straße nach Wien bringen. Es ist jetzt schon nicht mehr erträglich, und ich kann die Tiroler bezüglich all ihrer Sorgen, die sie im Zusammenhang mit dem Transit haben, beruhi­gen: In Wien haben wir auf der Tangente schon jetzt in Zeiten normalen Verkehrsaufkommens bis zu 140 000 PKW- und LKW-Fahrten täglich! Dass hier Abhilfe geschaffen werden muss, ist, glau­be ich, für alle verständlich. Daher muss es hier zu neuen Lösungen kommen. Am Gürtel ha­ben wir schon jetzt innerstädtisch 40 000 bis 50 000 LKW- und PKW-Bewegungen. Es ist daher dringendst notwendig, in dieser Region entsprechende Verkehrsinfrastruktur-Investitionen zu tätigen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Weil es heute hier schon um Schulterschlüsse und um das gemeinsame Auftreten gegangen ist, möchte ich dazu anmerken: Wenn Schulterschluss, wenn gemeinsames Auftreten, dann aber auch vorher gemeinsames Sprechen und gemeinsames Handeln, um gemeinsam auf einen Nenner zu kommen, den wir als Österreicher dann auch gemeinsam vertreten können! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte.

15.06


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der 13. Dezember in Kopenhagen war tatsächlich ein guter Tag für Europa. Der Beitritt von zehn Staaten, das damit verbundene Abschließen eines riesigen Frie­densprojektes, die endgültige Überwindung der Spaltung Europas und das tatsächliche En­de des Kalten Krieges sind Dinge, die die Grünen immer begrüßt haben und für die sie auch im­mer offensiv eingetreten sind.

Wir haben es auch immer deutlich und massiv abgelehnt, dass man im Rahmen dieses großen Frie­densprojektes bilaterale Probleme im Rahmen von Veto-Strategien zu lösen versucht. Einer­seits haben wir das für unangemessen gehalten, weil dadurch das große Projekt gefährdet oder aufgeschoben werden könnte, und andererseits war es unserer Meinung nach auch in­haltlich keine gute Strategie. In Kopenhagen hat sich letztendlich auch erwiesen, dass mit Veto-Strategien die Probleme Temelín und Transit nicht zu lösen waren. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben immer andere Vorschläge gemacht, und wir waren auch immer sehr konstruktiv in die­sem Bereich. Manchmal fühlt man sich als Sachpolitikerin wie die Seherin Kassandra aus dem alten Griechenland, die ja einen doppelten Fluch hatte: Einerseits sieht sie die Zukunft vor­her, andererseits glauben ihr die Betroffenen nicht. Wir haben bereits im Dezember 2001, also letztes Jahr, als die großartige Erklärung im Zusammenhang mit dem Brüsseler Übereinkom­men in ganzseitigen Inseraten in Tageszeitungen erschienen ist, das angezweifelt und auch darauf hingewiesen, dass das nicht stimmt. In diesen Inseraten ist damals angekündigt worden: Das Melker Abkommen ist rechtsverbindlich und wird vor dem EuGH einklagbar sein. – Damals wurde behauptet, es wird vor dem EuGH einklagbar sein!

Ein Jahr lang hat die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Schüssel, die österreichi­sche Bevölkerung an der Nase herumgeführt (Abg. Großruck: Deshalb haben sie ihn gewählt!), denn damals war allen Beteiligten schon bewusst: Es gibt Widerstand von den EU-14, es gibt massiven Widerstand, und von Seiten der Tschechischen Republik gibt es kein gro­ßes Interesse, diese Sicherheitsauflagen zu erfüllen. – Wir wissen das, und es gibt auch Zah­len, die das belegen. Die Schätzungen der österreichischen Expertinnen und Experten belaufen sich auf 4 Milliarden Schilling oder 290 Millionen € für die relevanten Sicherheitsnachrüstungen; die tschechischen Schätzungen belaufen sich auf 40 Millionen Schilling oder 2,9 Millionen €.

Das sagt sehr viel aus. Und was bleibt uns jetzt noch, nachdem all die Versprechungen, all die Ankündigungen wie eine Seifenblase zerplatzt sind?

Wir Grünen haben immer schon gesagt, dass es besser gewesen wäre, eine offensive Ange­bots­strategie zu fahren, dass es Sinn macht, Kooperationen einzugehen, Energiepartnerschaf­ten mit der Tschechischen Republik massiv auszuweiten – im Moment sind das lächerliche Be­träge –, und dass der Ausstieg nur dann gelingen wird, wenn vor allem auf der tschechischen Seite der Widerstand in der Bevölkerung stark genug ist, wenn auch die Industrie, vor allem eine alternative Energiewirtschaft, so stark ist, dass sie diesen Ausstieg auch erzwingt. Und letzt­endlich ist auch die wirtschaftliche Unsinnigkeit dieses Kraftwerkes etwas, das man besonders herausstellen muss.

Ein Jahr lang ist es eigentlich versäumt worden, bilateral auf eine Lösung hinzuarbeiten. Ich ha­be sie noch im Ohr, die großen Versprechungen der Vizekanzlerin: Ich persönlich werde nach den tschechischen Wahlen dorthin reisen und bilateral verhandeln! – Und ich habe sie nicht nur


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im Ohr, sondern auch vor mir liegen, die Entschließung des Nationalrates vom Juli dieses Jah­res, eine Drei-Parteien-Entschließung, in der erstmals die offensive Angebotsstrategie in Rich­tung Tschechien auch österreichische Position, Position des österreichischen Parlaments war. Da gab es eine deutliche grüne Handschrift, nämlich dahin gehend, erstmals auch ein Aus­stiegs­angebot zu formulieren.

Nur: Von all dem ist nichts geschehen! Nichts ist passiert! Keine dieser Versprechungen ist ein­gehalten worden! Und das ist letztendlich auch das Traurige, denn es ist inzwischen wieder wert­volle Zeit verstrichen. Der zweite Block in Temelín ist in Betrieb gegangen, und das Melker Ab­kommen ist wie eine Seifenblase zerplatzt. Es bleibt letztendlich nur der Goodwill der tsche­chischen Seite übrig.

Bei der Transit-Frage war es ähnlich. Was hindert uns eigentlich als starkes österreichisches Par­lament daran, Entschließungsanträge zu verabschieden, den Schulterschluss in dem Sinn zu vollziehen, dass wir eine harte österreichische Position festlegen? Was hindert uns daran, zu for­mu­lieren, dass wir nicht nur eine Übergangslösung wollen, sondern vielleicht eine Dauer­lö­sung für die betroffene Bevölkerung? Was hindert uns daran, heute zu beschließen, dass wir im­­mer noch am Ausstieg von Temelín festhalten wollen und uns nicht auf ein Melker Abkom­men verlassen wollen, das letztendlich nicht zu mehr Sicherheit geführt hat? Was hindert uns als österreichischen Nationalrat daran, alles zu tun, was im Inland möglich ist, um LKW-Transit zu erschweren, zu verteuern? Was hindert uns daran, ein Nachtfahrverbot festzulegen, sekto­rale Fahrverbote, entsprechende Bestimmungen für Gefahrguttransporte? – Es gibt Dutzende Möglichkeiten!

Einen solchen Schulterschluss aber, wie Sie ihn fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und den Freiheitlichen, lehnen wir ab! (Beifall bei den Grünen.) Es ist das ein Schul­ter­schluss auf niedrigstem Niveau, ein Schulterschluss, den man letztendlich in der Energiefrage, in der Antiatompolitik auch mit der pro-nuklearen Energiekommissarin Loyola de Palacio, der stärksten Verfechterin dieser so genannten Sicherheitsstandards, machen könnte. Mich wun­dert, dass sich niemand ernsthaft damit auseinander gesetzt hat, was in diesem Paket, in die­sem Sicherheitsstandardpaket, tatsächlich drinnen ist. Da ist kein einziges materielles Sicher­heits­­kriterium drinnen, keine Kontrolle, keine Sanktionen, sondern das ist die Festschreibung des Status quo. Jeder Staat kann in Zukunft seine Sicherheitskriterien festschreiben, wie er mag.

Wir haben immer davor gewarnt – und das ist mittlerweile wirklich ein Kassandra-Problem –, sich auf Diskussionen über Sicherheitsstandards einzulassen, wohl wissend, in welche Rich­tung die Energiekommissarin unterwegs ist, ohne das Wort „Ausstieg“ in irgendeiner Form – Rest­laufzeiten und so weiter – anzusprechen, ohne eine Garantie zu haben, dass vielleicht im Kon­vent, im wichtigen Verfassungsprozess der EURATOM-Vertrag zu guter Letzt als totaler Anachronismus endlich aufgelöst wird.

All das fehlt mir, all das fehlt in diesem Antrag, und es ist einfach nicht zumutbar, so einem schwa­chen Antrag zuzustimmen, wo wir uns doch heute als neues Parlament, als starkes Parla­ment, wie viele Redner heute gesagt haben, konstituiert haben, in dem der Parlamentaris­mus eine starke Rolle hat. Das ist auch nicht der Konsens in der österreichischen Bevölkerung. Da wäre weitaus mehr möglich gewesen, und es ist einmal mehr schade.

In diesem Sinne versuchen wir es weiter mit Konstruktivität und bringen wiederum einen Ent­schlie­ßungsantrag zur Neuorientierung der Temelín-Politik ein. Ich habe schon gesagt: Was bleibt uns? – Das eine ist das offensive Aufgreifen von Angeboten, die Angebotsstrategie, und das andere ist, noch einmal mit all den Betroffenen, mit den NGOs, mit den betroffenen Lan­des­hauptleuten eine neue Strategie festzulegen und das Ergebnis im Rahmen eines Gipfels in den Nationalrat hineinzutragen.

Ich trage daher diesen


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Entschließungsantrag im Folgenden in seinem Wortlaut vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Temelín-Politik der Bundesregierung

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wir aufgefordert, umgehend einen Temelín-Gipfel einzuberufen, an dem ne­ben dem Bundeskanzler und VertreterInnen der Bundesregierung auch VertreterInnen der be­trof­fenen Bundesländer, der im Nationalrat vertretenen Parteien sowie NGOs und Bürger­initiativen teilnehmen sollen, um konkrete Maßnahmen für eine Neuorientierung der öster­rei­chischen Temelín-Politik zu diskutieren und zu vereinbaren.

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, möglichst rasch einen Aktionsplan für eine „Temelín-An­ge­bots-Offensive“ zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen, worin unter anderem ein Aus­stiegsangebot für das AKW Temelín und die massive projektbezogene und finanzielle Stär­kung der Energiepartnerschaft mit Tschechien enthalten sein sollen. Gleichzeitig soll ein po­litischer Umsetzungsplan für die Angebots-Offensive erarbeitet und vorgelegt werden.

*****

In diesem Sinne, konstruktiv und kritisch, wie Grüne immer waren und immer sein werden, bitte ich Sie um Unterstützung für diesen Antrag. (Beifall bei den Grünen.)

15.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Ab­ge­ordneten Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Bundes­minister.

15.14


Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Prä­sident! Herr Bundeskanzler! Liebe Kollegen auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Ich möchte nur ganz kurz in die Debatte eingreifen und Ihnen, Frau Abge­ord­nete Glawischnig, sagen, dass Sie hier Dinge darstellen, die so einfach nicht stimmen.

Ich habe vor einem Jahr zuerst Auftrag gegeben, dass im COREPER die Melker Vereinbarung ganz klar angesprochen wird, und selbstverständlich wurde das dort von den anderen Kollegen zur Kenntnis genommen.

Ich selbst habe im Rat Allgemeine Angelegenheiten, und zwar im Dezember letzten Jahres, die Vereinbarung vorgestellt und selbstverständlich dazugesagt, dass diese in einem Proto­koll zu den Beitrittsverträgen abgesichert werden soll. Das wurde zur Kenntnis genommen. Ich bin extra noch einmal nach Brüssel gefahren – Sie werden sich daran erinnern – und habe in den Beitrittsverhandlungen, in der Beitrittskonferenz dieselbe Frage noch einmal ange­spro­chen. Das wurde von den Kollegen wieder zur Kenntnis genommen. Sie kennen die juristische Regel: Zurkenntnisnahme ist normalerweise Annahme. Wir konnten also sehr wohl davon aus­gehen, dass das auch akzeptiert wurde. – Das war der erste Punkt.

Der zweite Punkt: Die Tschechen selbst – das muss man schon auch sagen – haben sich eindeutig zu dieser Vereinbarung bekannt. Wir haben ja mit den Tschechen auch in Kopen­hagen ver­handelt. Sie hätten selbstverständlich genau das, was vereinbart war, auch akzep­tiert, aber die Realität ist – und Sie wissen es –: Drei Nuklearländer, die eben Angst haben, dass auf dem Um­weg über eine solche Akzeptanz in Zukunft ein Nuklear-Acquis kommt, haben diese Mög­lichkeit verweigert. Das ist der Hintergrund. Das ist das, was passiert ist.


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Es ist auch keineswegs so, dass deshalb das Melker Abkommen wie eine Seifenblase zerplatzt ist, wie Sie sagten. Es ist vielmehr so, dass wir in die Schlussfolgerungen von Kopenhagen einen Passus einfügen konnten und eine eigene Deklaration mit den Tschechen erfolgte, dass das Abkommen tel quel – so, wie es ist – umgesetzt wird. Auch die anderen Vierzehn haben dem ihre Zustimmung gegeben und wollen natürlich eine solche Umsetzung.

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Rede schon gesagt, dass unsere Völkerrechtsexperten, aber auch die Experten des Verfassungsdienstes hier durchaus eine Möglichkeit sehen, auch wenn dies nicht ausdrücklich festgeschrieben wurde, in ein Verfahren mit dem Europäischen Gerichtshof einzutreten, wenn das absolut notwendig wird. Sie wissen, es gibt jetzt auch ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das zumindest in die Richtung geht, dass Sicherheits- und Gesundheitsstandards der Bevölkerung hier berücksichtigt werden können.

Wenn Sie in Bezug auf die generelle Frage der Sicherheitsstandards im Bereich der Nuklear­energie sagen, dass Loyola de Palacio beziehungsweise die Europäische Kommission nicht das vorgelegt hat, was Sie sich vorstellen, dann möchte ich Sie im Gegenzug fragen: Was wür­den Sie denn tun, wenn die Nuklearstaaten hier einfach keine Zustimmung geben? – Ich glau­be, es wäre besonders gut und Grünen eigentlich angemessen, wenn sie mit den anderen Grü­nen oder mit den anderen umweltbewussten Parteien in Europa versuchen würden, diese Posi­tion aufzuweichen, denn nur dann ist es möglich, zu einer einstimmigen Entscheidung zu kommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Si­ma zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.18


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Meine Herrschaften auf der Regie­rungs­bank! Hohes Haus! Frau Außenministerin, gestatten Sie mir nur eine kurze Replik. (Abg. Großruck: Die Frau Außenministerin ist keine „Herrschaften“!) – Bitte, Herr Kollege, halten wir uns wenigstens am Tag der Angelobung ein bisschen zurück! Ich habe noch nicht einmal einen Satz gesagt, und Sie rufen schon hinein. Das ist ja unglaublich!

Frau Außenministerin, eine kurze Replik. – Das bloße Erwähnen des Melker Prozesses im COREPER oder das Erwähnen des Melker Prozesses in den diversen Räten hat offensichtlich nichts gebracht. Das ist einfach zu wenig. Das Erwähnen allein hat uns nichts gebracht, und das sieht man ja auch am Ergebnis. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: ... „Herrschaften“!) – Ich kann natürlich das nächste Mal auch „Frauschaften“ sagen, Herr Bundeskanzler. Aber es klingt einfach ein bisschen eigenartig.

Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sie haben in Kopenhagen die Rechnung für die verfehlte Antiatompolitik der letzten Jahre präsentiert bekommen. Darüber kann man auch mit diesem Dringlichen Antrag, den Sie heute eingebracht haben, nicht hinwegtäuschen. Die Temelín-Politik der letzten Jahre war geprägt von Widersprüchlichkeiten und von Uneinigkeiten, und zwar vor allem innerhalb der Regierungsfraktion. Das muss man auch einmal sagen.

Wenn Sie, Herr Spindelegger, heute hier so groß die Einigkeit beschwören und an uns appellie­ren, mit Ihnen einig zu sein, dann muss ich Ihnen schon sagen: Wenden Sie sich einmal an Ihren Noch- und vielleicht auch zukünftigen Koalitionspartner, denn das war ja das größte Problem Österreichs: dass wir im Ausland sozusagen mit zwei Zungen gesprochen haben und dass die FPÖ permanent die kontraproduktive Veto-Keule geschwungen hat, die das Verhand­lungsklima mehr als belastet hat. Das wissen Sie ganz genau, also kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Haustür!

Herr Bundeskanzler! Sie haben vor über einem Jahr einen Pakt mit dem damaligen tsche­chi­schen Premier Zeman abgeschlossen. Dabei hat es drei zentrale Punkte gegeben, die Sie als großen Erfolg feiern haben lassen: die Hebung der Sicherheitsstandards, die Verankerung im Beitrittsvertrag und die Einklagbarkeit vor dem Europäischen Gerichtshof.


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Das Ergebnis war an sich schon sehr mager, und wir haben Ihnen immer gesagt, dass es mit diesem Pakt zu keinen Sicherheitsaufrüstungen kommen wird, aber wenn wir uns das jetzt an­schau­en, dann müssen wir feststellen, dass von diesen drei zentralen Punkten, die Sie uns ver­spro­chen haben, nicht ein einziger umgesetzt worden ist. Kein einziger dieser Punkte ist umge­setzt worden! Das ist wirklich mehr als blamabel für die Bundesregierung, und ich wundere mich eigentlich, dass Sie sich heute hier herstellen und das auch noch in einem Dringlichen Antrag behandeln und hier so offen zugeben. Das ist mehr als blamabel. Bei Temelín haben Sie abso­lut nichts erreicht – leider! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Außenministerin! Sie haben gemeint, dass es ein großer Erfolg war, dass zumindest die­ses bilaterale Abkommen mit einem Satz in Kopenhagen erwähnt wurde. Aber Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass die Wahrscheinlichkeit, dass von diesem Melker Abkommen noch irgend­etwas umgesetzt wird, gleich null ist. Das war höchst blamabel, was in Kopenhagen pas­siert ist: Österreich hat offensichtlich sehr spät versucht, da noch etwas hineinzureklamie­ren. Die Fronten waren auf Grund der vorher angesprochenen vielen Veto-Drohungen sehr verfah­ren. Das Verhandlungsklima war im Wesentlichen zerstört. Mir ist es ein Rätsel, wie Sie jetzt noch an den Melker Prozess glauben können. Der Melker Prozess hat sich in Luft aufgelöst, den gibt es nicht mehr, und ich befürchte, es wird auch keine einzige Sicherheitsaufrüstung in Te­melín mehr geben. Das ist deswegen sehr bitter, weil das sehr, sehr vielen Menschen ein Anliegen ist, weil viele Menschen davon betroffen sind, weil es lange Diskussionen darüber gegeben hat und weil ich glaube, dass man es der österreichischen Bevölkerung schuldig ist, in diesem Punkt etwas zu erreichen. Es tut mir Leid, aber Sie haben hier wirklich kläglich versagt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte jetzt noch auf einen mir sehr wichtigen Punkt zu sprechen kommen, der durchaus auch eine Nagelprobe für die Antiatompolitik dieser Bundesregierung ist, Stichwort EURATOM-Kreditvergabe. Es gab in den letzten Wochen eine medial-öffentliche Diskussion zu diesem The­ma. Es ist, glaube ich, bekannt: Die EU-Kommission hat vor, den Kreditrahmen für EURATOM-Kredite um 2 Milliarden € zu erhöhen. Diese sollen für Neubauten, für Fertig­stel­lun­gen, aber auch für Sicherheitsaufrüstungen verwendet werden. Nur ein kleines Beispiel: In der Vergangenheit wurden 680 Millionen € für die Fertigstellung von K2/R4, dem Ersatzreaktor von Tschernobyl, verwendet.

Jetzt meine ganz klare Frage an Sie: Haben Sie mit Ihrem Finanzminister Grasser vor, dieser Auf­rüstung zuzustimmen, ja oder nein? Von der ÖVP hat es bisher keine einzige wirklich klare Aussage zu diesem Thema gegeben, und ich glaube, dass das eine wichtige Nagelprobe für die Zukunft ist und auch dafür, wie ernst Sie das mit diesem Appell an uns meinen, denn hier sind wir gerne zu einem gemeinsamen Vorgehen bereit, weil wir EURATOM für den Schlüssel eines ge­samteuropäischen Atomausstieges halten. Bekennen Sie endlich einmal Farbe und sagen Sie, was Sie da machen werden! Ich halte das für ein wichtiges Thema, und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie wirklich guten Herzens zustimmen können, dass 2 Milliarden € künftig in die Aufrüstung und in die Fertigstellung von Ost-AKWs fließen, die wir dann in den nationalen Parlamenten bekämpfen werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.23


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Mo­ser zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.24


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Bundesminister! Zweifellos ist am 13. Dezember in Europa durch die Beitrittsbeschlüsse nicht nur ein historischer Meilenstein gesetzt worden, sondern es wurde meines Erachtens wirklich ein Jahrtausendwerk geschaffen. Ich glaube, das muss man hier ein­deutig und über alle Parteigrenzen hinweg festhalten. Es ist ein Jahrtausendwerk in sicherheits­po­litischer Hinsicht, in wirtschaftspolitischer Hinsicht, vielleicht auch in sozialpolitischer Hinsicht, und ich hoffe, auch in umweltpolitischer Hinsicht. Und gerade vor diesem Hintergrund der histo­ri­schen Tragweite dieses Ereignisses ist für mich das Versagen der österreichischen Ver­hand-


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lungsstrategie und das Versagen Österreichs in zwei zentralen Existenzfragen wirklich ganz betrüblich, bedauerlich, für mich sogar verheerend.

Die zwei Existenzfragen, die zwei Lebensfragen sind einerseits der Verkehr, andererseits der Atom­bereich. Was das Letztere betrifft, möchte ich Sie, Herr Bundeskanzler, mit Ihren persön­li­chen Aussagen konfrontieren, die Sie vor einem Jahr, nämlich am 12. Dezember, hier in diesem Haus gemacht haben. Da ging es nämlich darum, noch einmal festzuhalten, inwieweit Öster­reich durch den Melker Prozess, durch den Brüsseler Vertrag in der atompolitischen Frage ein neues Reglement geschaffen hat, das hält und das die Existenzsicherheit der Österreicher und Österreicherinnen, vor allem der OberösterreicherInnen, auch wirklich berücksichtigt.

Herr Bundeskanzler! Was haben Sie damals gesagt? – Ich zitiere im Folgenden den Original­wort­laut von Dr. Schüssel:

„Wir haben durchgesetzt, dass die Schlussfolgerungen als Protokoll in die Beitrittsakte aufge­nom­men werden ..., und damit haben wir ab dem Beitritt Tschechiens praktisch ein neues Pri­märrecht ...“

Das stellten Sie hier vor einem Jahr als Tatsache in den Raum! – Ebenfalls am 12. Dezember 2001, in der 87. Sitzung, sagten Sie:

Diese Einklagbarkeit „ist nur deshalb gegeben, weil wir sichergestellt haben, dass es in die Beitrittsakte aufgenommen wird und daher dann nach dem Beitritt auch wirklich bis zum Euro­päischen Gerichtshof gehen kann.“

Das haben Sie gesagt: Es ist sichergestellt, dass wir bis zum Europäischen Gerichtshof gehen kön­nen. – Eine Seite weiter ist in diesem Protokoll zu lesen, dass Sie festgehalten haben:

„Damit wird der Beitrittsvertrag sämtliche von Tschechien bilateral übernommene Ver­pflich­tungen in Bezug auf das Kernkraftwerk Temelín enthalten.“

Das haben Sie hier versichert, schwarz auf weiß ist es nachzulesen. Und Sie setzten noch eines drauf, Sie haben nämlich noch formuliert:

„Und damit pickt’s, und das ist wichtig!“ – Originalzitat Schüssel.

Herr Bundeskanzler! Mit diesen Äußerungen hier vor diesem Hohen Haus haben Sie sich an­gesichts der heutigen Lage ein Jahr später wirklich völlig deklassiert. Wer kann noch darauf ver­trau­en, dass das, was Sie sagen, stimmt? Wer kann noch darauf vertrauen, dass die Posi­tio­nen, die Sie hier in diesem Haus vorgeben, dann wirklich eingehalten werden? Wer kann in Ös­ter­reich noch darauf vertrauen, dass bei Beitrittsverhandlungen das, was ein Jahr lang vorher hier versprochen worden ist, wirklich umgesetzt wird? – Niemand angesichts der jetzigen, an­gesichts der heutigen Situation am 20. Dezember!

Herr Bundeskanzler! Damit haben Sie wirklich ein Maximum an Glaubwürdigkeit verspielt. (Bei­fall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich bin neugierig, Herr Bundeskanzler, wie Sie noch ansatzweise das Ruder herumreißen wollen. Sie wissen genau, die Veto-Karte sticht nicht. Sie wissen genau, die Hausaufgaben haben wir nicht erledigt, weder im Transitbereich noch im atompolitischen Bereich. Wir haben bis jetzt keine LKW-Maut, die angekündigte ist viel zu niedrig. Wir haben bis jetzt in Österreich nicht das Verbot von Atomstromimport. Wir haben nach wie vor unsere Hausaufgaben auch in anderen Bereichen, was EURATOM-Gelder und die Ver­wendung von EURATOM-Geldern anlangt, nicht erledigt. Und mit diesen unerledigten Haus­auf­gaben wollen Sie dann in Brüssel bei den abschließenden Beitrittsverhandlungen noch einen Stich machen?! Das möchte ich wissen, wie das gehen soll, daran zweifle ich!

Die Bilanz ist klar: Sie haben versagt, Ihren Nimbus als Verhandlungskünstler auf jeden Fall ein­ge­büßt und leider auch die österreichischen Lebensinteressen links liegen gelassen! (Beifall bei den Grünen.)

15.28



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.29


Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister! Ich möchte zuerst auf Kollegen Klaus Wittauer Bezug nehmen, der hier von Unterstützen und Nicht-Polemisieren die Transitfrage be­treffend gesprochen hat. Der Herr Verkehrsminister brauche die Unterstützung von jedem, hat er gesagt.

Herr Kollege Wittauer! Ich habe hier eine APA-Meldung der Tiroler FPÖ, in der Folgendes steht:

„Die Tiroler Freiheitlichen haben in der Transitfrage am Freitag Bundeskanzler Wolfgang Schüs­sel (V) heftig kritisiert. Dieser habe von Anfang an eine absolut schädliche Transitpolitik verfolgt. Schüssel habe Tirol im Regen stehen gelassen und versuche, dies auch noch als Erfolg zu verkaufen, erklärte FP-Landesobmann, LAbg. Willi Tilg.“

Dies zum Unterstützen und Nicht-Polemisieren. Bundeskanzler Schüssel ist Chef der Re­gie­rung, in der auch Ihr Verkehrsminister seine Arbeit leistet, mehr oder weniger.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nach Kopenhagen und den Transitverhandlungen in Brüssel sind die von der österreichischen Bundesregierung immer sehr lautstark geführten Transit­ge­sprä­che leider gescheitert. Die EU macht sich daran, den Transitvertrag zu Grabe zu tragen, und die österreichische Bundesregierung stimmt hier mit. Wir stehen heute leider vor einem ver­kehrspolitischen Scherbenhaufen.

Meine Damen und Herren! In einer APA-Meldung von heute ist zu lesen, was der italienische Ver­kehrsminister Lunardi zur Transitfrage zu sagen hat. Im Folgenden ein Zitat daraus:

„,Italien wird bei Ökopunkten nicht nachgeben’. Verkehrsminister: Italienische Unternehmen kön­nen weitere Benachteiligungen nicht mehr akzeptieren. ... ,Im Gegenteil, wir erwarten uns eine Prämie als Kompensation für die Benachteiligungen, die wir bis heute hinnehmen muss­ten.’“ – Das sagt der italienische Außenminister Lunardi, meine Damen und Herren.

Jetzt muss man fragen: Was ist wichtiger in diesem Land, Transitgüter oder die österreichische Be­völkerung? – Die österreichische Bevölkerung wird das auch nicht mehr hinnehmen, was italienische Unternehmer und Transportunternehmer nicht mehr akzeptieren können! (Beifall bei der SPÖ.)

Gesundheitliche Benachteiligungen durch Lärm, durch Abgase, durch den Anstieg der NOX-Emissionen, das ist nicht mehr zu akzeptieren, meine Damen und Herren! Es reicht! Es reicht der Verkehr durch Tirol! Man muss sich jetzt endlich einmal entscheiden: Was wollen wir? Wollen wir die LKW-Lobby unterstützen, oder unterstützen wir die Menschen in diesem Land, die entlang dieser Transitrouten wohnen? Im Zweifel, meine Damen und Herren, muss man sich für die Menschen entscheiden und nicht für die Güter auf der Straße! (Beifall bei der SPÖ.)

Nur damit Sie sehen, was das bedeutet: Eine Studie des VCÖ berichtet, dass eine LKW-Lawine über Österreich hereinbrechen wird, dass in Ostösterreich bis 2010 eine Verdreifachung des LKW-Verkehrs zu erwarten ist und die LKW-Belastung am Brenner um 16 Prozent steigen wird. Demnach würden im Jahre 2010 am Brenner an einem durchschnittlichen Werktag 6 600 LKW durch das Tal rollen und am Semmering 6 400 LKW, das sind plus 248 Prozent, in Bruck an der Leitha 7 700 LKW, ein Plus von 235 Prozent, und über den A1-Knoten St. Pölten sogar 14 500 LKW, ein Plus von 73 Prozent, fahren.

Diese Belastung, meine Damen und Herren, lässt sich nicht aufrechnen, ob die Belastung in Wien auf der Tangente oder in Tirol über den Brenner läuft. Die Belastung ist zu groß, und es reicht, und es bedarf tatsächlich eines Zusammenschlusses aller österreichischen politischen Kräfte, um hier entgegenzuwirken, und da braucht es natürlich auch die Partnerländer, mit


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denen wir zu reden haben. Die Partnerländer sind keine Gegner, ob das die Italiener oder die Deutschen sind.

Der Tiroler Landeshauptmann Van Staa hat in einer Presseaussendung geschrieben, er fühle sich benachteiligt und von Wien im Stich gelassen. Er gibt aber auch Deutschland die Schuld. Auf der anderen Seite gibt die Frau Außenministerin Ferrero-Waldner Italien die Schuld, das offen­sichtlich alles blockiert hat.

Meine Damen und Herren! Wir brauchen Partner in Europa, und wir müssen darauf hinweisen, dass es hier um Menschen in unserem Land geht, die entlang der Transitrouten wohnen. Wir wer­den nicht zulassen, dass in Zukunft Österreich und die Menschen in diesem Land noch mehr belastet werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Und wir werden auch nicht zulassen, dass ab 2005 die Fahrzeuge der Klasse EURO 4 ohne Öko­punkteregelung fahren dürfen, denn das ist der Schritt in die vollkommene Liberalisierung des LKW-Verkehrs, und der Straßengüterverkehr und die damit verbundenen Belastungen können dadurch ungebremst weiter ansteigen.

Meine Damen und Herren! Was bedeutet das für das Inntal? Das Transitforum Tirol schreibt: Es ist in Tirol derzeit bereits so, dass 280 000 Tiroler im Inntal in von der Tiroler Landesregierung ausgewiesenen Sanierungsgebieten leben müssen, weil die Schadstoffe längst die Grenzwerte des Immissionsschutzgesetzes – Luft übersteigen.

Meine Damen und Herren! Das ist zu viel! Es reicht! So werden wir nicht mehr weitermachen können! Die österreichische Bundesregierung ist gefordert! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1/A (E) der Abgeord­neten Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und 13. Dezember.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 1.)

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend die für Österreich nicht befriedigenden Ergeb­nisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und 13. Dezember.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Temelín-Politik der Bundesregierung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den An­trag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungs­ausschusses im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der so genannten Abfang­jäger-Nachbeschaffung.


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Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht seine Verlesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Werner Kogler, Peter Pilz, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gem. § 33 GOG im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der sogenannten Abfangjäger-Nachbeschaffung

Am 2. Juli 2002 hat die Bundesregierung eine Typenentscheidung zum geplanten Ankauf von Ab­fangjägern bekannt gegeben. Rund um die Entscheidung, mit dem Konsortium EADS in Vertragsverhandlungen zu treten, sind zahlreiche Ungereimtheiten bekannt geworden.

Unter anderem im Zuge der Konflikte innerhalb der Noch-Regierungspartei FPÖ und der Bun­desregierung selbst, hat sich der Verdacht erhärtet, dass wesentliche Abläufe und einzelne Ent­scheidungen innerhalb des bisherigen Beschaffungsvorganges nicht nach den gesetzlichen und vergaberechtlichen Bestimmungen durchgeführt wurden.

Gegen mehrere Mitglieder der Bundesregierung wurden öffentlich und medial schwerwiegende Verdächtigungen erhoben:

„Da in den letzten Tagen für mich klar wurde, dass die wirtschaftlichen Interessen mit der Ab­fangjägeranschaffung die FPÖ in ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt ...“ so Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (14.9.2002, Kärntner FPÖ-Pressedienst)

So hat Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Passer wesentliche Vertreter ihrer Partei zur Abga­be einer schriftlichen Erklärung angehalten, die besagt, dass keiner auf welche Weise immer vom Ankauf neuer Jets profitieren soll (profil 30/02; Seite 18)

Oder der ehemalige FPÖ-Generalsekretär und EADS-Lobbyist Gernot Rumpold: „Das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, klappt gar nichts“ (Format 38/02; Seite 46)

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Zur Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Abläufe und Entscheidungen innerhalb des Be­schaf­fungs­vorganges betreffend die sogenannte Abfangjäger-Nachbeschaffung wird ein Unter­suchungsausschuss eingesetzt.

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebungen von mündlichen und schriftlichen Aus­künf­ten zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten der angeführten Bun­des­ministerien, bzw. Parteien, Organisationen und Firmen im Zusammenhang mit dem Untersu­chungs­gegenstand alle Sachverhalte hinsichtlich der politischen Verantwortlichkeit überprüfen.

Dabei sind insbesondere folgende VerantwortungsträgerInnen und Institutionen besonders in die Überprüfung einzubeziehen:

Involvierung und Verantwortung von Bundeskanzler Dr. Schüssel, Vizekanzlerin Riess-Passer und den Bundesministern für Finanzen (Grasser), Wirtschaft (Bartenstein) und Landesver­teidi­gung (Scheibner), deren Kabinette und von ihnen geleiteten Ministerien im Zuge des gesamten Be­schaffungsvorganges der Kampfflugzeuge


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Involvierung der Landeshauptleute im Rahmen des gesamten Beschaffungsvorganges, insbe­son­dere im Zusammenhang mit den sogenannten Kompensationsgeschäften

Involvierung der politischen Parteien in Österreich

Involvierung von parteinahen Organisationen und Vorfeldorganisationen

Involvierung von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung

Involvierung von parteinahen Firmen, insbesondere die von EADS seinerzeit beauftragte PR-Agentur für das „Eurofighter“-Lobbying „100% Comunications“, und deren Geschäftsführung

Involvierung von Unternehmen, die von den angeblichen Kompensationsgeschäften profitieren

Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis 6 ÖVP, 5 SPÖ, 2 FPÖ, 2 Grüne einzusetzen.

Die Antragsteller verlangen gem. § 33 Abs. 2 die Abhaltung einer Debatte.

*****


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Mi­nu­ten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatsse­kre­tären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

15.36


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Minister, die Sie heute in anderer Rolle hier sitzen. Ich werde Sie indirekt aber trotzdem ansprechen, deshalb mache ich auf diesen Umstand aufmerksam. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Warum ist uns dieser Untersuchungsausschuss so wichtig? Warum erscheint er geradezu als un­umgänglich? Ich meine das jetzt ohne Polemik. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier Chef­anklagereden halten müssen, sondern es geht um etwas ganz Einfaches: Es geht um das Infor­mationsbedürfnis, das hier ein jeder und eine jede hat oder zumindest haben sollte.

Warum? – Ich darf daran erinnern, dass auf Grund des nachhaltigen Drucks der grünen Fraktion überhaupt erst einmal in das Bewusstsein gerückt ist, dass ein Beschaffungsakt von derartiger Größe wie der geplante Ankauf der Abfangjäger eine Bestimmung tangiert, nämlich § 45 Abs. 4 Bundeshaushaltsgesetz, wonach eine bundesfinanzgesetzliche Ermächtigung, also unsere Zustimmung, für diesen Kauf notwendig ist. Deshalb sollten wir uns rechtzeitig um die Hintergründe dieser Beschaffung kümmern.

Da geht es jetzt nicht um Opposition oder Regierung, sondern da geht es einfach um das Infor­mationsbedürfnis – ich sage, um das Informationsrecht, ich sage aber auch, nachdem ich Sie auf diesen Umstand aufmerksam machte, um die Informationspflicht Ihrerseits. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt genügend Hinweise, dass es bei der so genannten Typenentscheidung nicht nur nach den gesetzlichen und vergaberechtlichen Bestimmungen zugegangen ist. Vielmehr gibt es gra­vie­rende Hinweise, dass diese Bestimmungen umgangen oder offenkundig gebrochen wurden.

Ich darf nur eines im Vorfeld herausgreifen: Die Angebotseinholung, also die Ausschreibung, be­stimmt in Punkt 4.1.3.8, dass Mehr- oder Mindermengen bei dieser Beschaffung unzulässig


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sind. Ich lade jetzt jeden und jede herzlich ein, sich die Angebotseinholung der Republik Österreich, die auf dem Pult hinter Klubobmann Van der Bellen steht, anzusehen. (Der Redner deutet auf einen auf dem Abgeordnetenpult stehenden Ordner.) Ich habe es schon markiert für jeden, der es jetzt wissen will oder vielleicht auch wissen sollte, nämlich für die Zukunft: Punkt 4.1.3.8, „Mehr- oder Mindermengen“ lautet die Überschrift. Lapidare Aussage: nicht zulässig.

Was heißt das? Nicht dass ich jetzt 24 statt 18 Abfangjäger präferiere, um das geht es nicht, es geht um die Rechte der unterlegenen Anbieter. Das ist ganz klar. Diese haben nicht die Mög­lich­keit gehabt, beim Modell „18 Stück“ mitzubieten.

Das wäre alles noch nicht so aufregend, wenn nicht die Bundesregierung selbst, Herr Bundes­kanzler, wenn nicht der Dienst Ihres Hauses festgestellt hätte oder zumindest ein Gutachten eingeholt hätte, aus dem hervorgeht, dass das massive Probleme für die Republik aufwirft.

Das kann sogar so weit gehen, dass die Republik rein rechtlich zu einem Doppelkauf gezwun­gen wird, nämlich dass die Rechte des vermutlichen oder vermeintlichen Bestbieters tangiert wer­den, der dann einen Anspruch auf Kaufzwang hat. Wer, bitte, soll diese Verantwortung über­nehmen?

Es gibt in dieser Frage ein Schweigekartell, das muss ich leider sagen – und es gibt noch viele weitere Fragen, die interessant sind; ich habe jetzt nur diese eine herausgegriffen –, und dieses Schwei­gekartell führt dazu, dass die Abgeordneten in keiner Weise darüber informiert sind, was die Hintergründe dieses Deals sind. Deshalb lade ich Sie ein – ganz egal, ob Regierung oder Op­po­sition –, diesem unserem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzu­stimmen, denn dieser ist der richtige Ort dafür, der die Gelegenheit bietet, diese Dinge auszu­leuch­ten. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht, denn die anderen Ausschüsse des Parlaments, etwa der Ausschuss, der sich mit den Bundesfinanzen befasst, haben die Unterlagen betreffend die Gegengeschäfte, die jetzt überall in den Medien zitiert werden, nicht bekommen. Daher wä­re ein Untersuchungsausschuss notwendig, um dieses so genannte wundersame Finanzie­rungs­modell überhaupt einmal einigermaßen überprüfen zu können.

Hingegen kann man im „trend“ lesen, dass jene Unternehmen, die Sie ja immer – auch Sie, Herr Bundeskanzler – gerne zitieren, sagen, mit dieser Finanzierungsplattform wollen sie nichts am Hut haben. Der Magna-Chef sagt sinnigerweise oder richtigerweise:

„In unserer Branche bekommt man einen Auftrag, wenn man gut ist. Wenn nicht, dann nicht.“

In dieser Aussage steckt sehr viel Weisheit, und sie weist auch auf den Anachronismus bei den Gegengeschäften hin.

Der KTM-Chef sagt dazu: „Eine Sauerei!“ Mit ihnen habe noch nicht einmal jemand geredet!

Und diese Firmen werden ständig als potentielle Gegengeschäftspartner geführt, Herr Minister Bartenstein?

Sie wollten die Vorgänge ins Internet stellen. Bitte tun Sie das endlich, damit wenigstens auf die­ser Ebene Transparenz herrscht!

Es passt also hinten und vorne nichts zusammen, und das sollte uns über das Vorliegende hinaus weiter stutzig machen. So sollte uns etwa auch stutzig machen, dass, um auf die Aus­schreibung zurückzukommen, ausgerechnet der amerikanische Anbieter Lockheed Martin mit seiner „F-16“ gar nicht mehr in die allerengste Wahl gekommen ist. Das ist schon sehr eigen­artig – Minister Scheibner ist jetzt nicht mehr da und kann daher jetzt leider nicht dazu befragt werden –: Das Flugzeugmodell, das für Zwecke, für die wir es auch in Österreich brauchen, welt­weit am meisten eingesetzt wird, soll ausgerechnet unserer Ausschreibung nicht entspre­chen?! – Entweder die Ausschreibung ist für den sprichwörtlichen Hugo – das glaube ich aber nicht unbedingt –, oder bei der Vergabe ist irgendetwas auf der Etappe schiefgegangen. Es riecht also aus mehreren Ritzen nach Schiebung. Ich komme nicht umhin, das festzustellen.


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Es war niemand anderer als der Finanzminister, der bis zwei Tage vor der legendären Minister­rats­entscheidung gesagt hat, das Sparsamste sei das Wichtigste. Es passe überhaupt nicht in sein Bild, dass Abfangjäger gekauft werden, aber jedenfalls müsse die sparsamste Lösung angestrebt werden.

Was herausgekommen ist, das ist die mit Abstand teuerste Lösung, und das ist nicht nachvollziehbar. Ich frage Sie: Wozu tun wir als Republik uns das an, eine solche Ausschreibung zu fa­bri­zieren, wenn sie nachher in ihren größten Teilen Makulatur wird? Wer trägt dafür die Verantwortung? Wer ist für die zu erwartenden potentiellen Mehrkosten verantwortlich? Genau das ist ein Grund für einen Untersuchungsausschuss per se. (Beifall bei den Grünen.) – Vielen Dank!

Es ist aber mindestens ein Grund dafür, die Sache noch rechtzeitig zu durchleuchten. Das ist heute mein Anliegen! Es geht nicht um einen Anklageausschuss, sondern es geht um einen Aus­schuss, der vielleicht als einziger hier im Hohen Haus die Möglichkeit hat, die Dinge recht­zeitig zu bewerten.

Ich muss Ihnen sagen, dass ja nicht nur wir diese Verdächtigungen hegen. Ich beziehe mich jetzt nicht auf die Vorgänge innerhalb der Freiheitlichen Partei, wo mit bestimmten öffentlichen An­schuldigungen sehr leichtfertig umgegangen wird – das ist zwar auch interessant –, sondern ich beziehe mich auf mehrere Anzeigen, die bei der Staatsanwaltschaft bis in den November hinein eingelangt sind. Darin werden schwerwiegende und massive Vorwürfe erhoben, die höchst aufklärungsbedürftig sind, bevor wir hier gegebenenfalls unsere Zustimmung geben. Da ist nicht von sehr schönen Dingen die Rede. Es darf nicht sein, dass wir die Augen davor ver­schlie­ßen und uns in diese Sache hineinstürzen, bloß deshalb, weil der Herr Bundeskanzler – zugegebenerweise geschickt – gemeint hat, die Sache werde aus dem Wahlkampf heraus­gehalten und nachher werde sie dann entschieden.

Wenn wir jetzt gescheiter geworden sind oder noch die Chance haben, gescheiter zu werden, dann sollten und, wie ich meine, müssten wir sie nützen. Deshalb hoffe ich auch auf Ihre Zu­stimmung zu diesem unserem Antrag. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn es nur gelänge, die Kosten dieses Projektes um 1 Prozent – und das ist durch effiziente Kontrollarbeit leicht möglich – zu senken – es geht an dieser Stelle nicht um pro oder kontra Ab­fang­jäger –, dann würden wir dadurch mehr Geld einsparen, als alle Gemeinden in ihren Wahl­krei­sen, die Sie hier repräsentieren, zusammengezählt an Jahresbudgets haben.

Herr Kollege Grillitsch, weil wir uns im Wahlkampf duelliert haben, möchte ich auch Ihnen sa­gen: Ein einziges Prozent macht das aus, und das sollte eigentlich Ihre Bereitschaft steigern, diesem unserem Antrag auch zuzustimmen.

Ich möchte wirklich wissen, was es da sonst zu verheimlichen gäbe. Wenn die Dinge geklärt wer­den können, dann ist es gut. Wenn ein Anreiz geschaffen wird, dass die Beschaffung effi­zien­ter erfolgen kann, dann muss es auch gut sein. Wenn herauskommt, dass einige Dinge schief gelaufen sind, dann wird man den Beschaffungsvorgang wahrscheinlich stoppen müs­sen, denn es kann nicht sein, Herr Bundeskanzler, dass wir ein solches Werk auflegen und sich dann niemand darum kümmert und die Republik sagt: Danke, her damit, aus welchen Motiven auch immer!

Ich bin damit bei meinem Schlusssatz angelangt – Sie haben das vielleicht übersehen, Herr Prä­si­dent.



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nein, überhaupt nicht, ich bin nur großzügig!


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Mein Schlusssatz lautet: Geben Sie Ihrem Ge­wissen eine Chance – und damit den Weg frei für diesen Untersuchungsausschuss! Stim­men Sie zu! Die Informationen, die dort zutage gefördert werden, werden Sie noch bitter brau­chen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Das wärs. (Beifall bei den Grünen.)

15.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt als nächster Redner Herr Abgeordneter Mu­rauer. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.47


Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Andreas Khol! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist wieder einmal eine Aktion der Grünen und der Bundesheergegner, um unter dem Vorwand, Licht in die Sache zu bringen, mehr Informationen zu erhalten.

Herr Kollege Kogler! Waren Sie selbst und auch Ihre Kollegen in keinem Ausschuss, waren Sie bei keiner Diskussion, wo es darum ging? – Diese Debatte führen wir ja nicht zum ersten Mal!

Jetzt zu den Vorwürfen. – In der Vergangenheit haben Sie den Vorwurf erhoben, dass die Aus­schreibungen auf den „Gripen“ zugeschnitten seien. Es wurde der Verdacht geäußert, das Bun­desheer, die Verantwortlichen wären selbstverständlich auf den „Gripen“ hin orientiert. Jetzt ist die Entscheidung anders ausgefallen, und jetzt gibt es eine pauschale Verdächtigung, da müs­se etwas faul sein, da die Wahl nicht auf den „Gripen“ fiel, sondern auf den „Eurofighter“.

Um das Ganze begründen zu können – Sie haben sich ja damit sehr schwer getan, ich habe Ihnen zugehört –, muss jetzt bei den Gegengeschäften etwas nicht in Ordnung sein, obwohl Sie wis­sen, dass gerade bei solch sensiblen Beschaffungen – und Beschaffungen für das Bundes­heer sind sensibel, darin gebe ich Ihnen Recht – alles genau untersucht wird. In diesem Fall hat eine 60-köpfige Kommission darüber befunden. In Sachen Gegengeschäfte, Kompensationen waren die Sozialpartner im Bundesministerium eingeladen. Eine zehnköpfige Kommission hat abgewogen, ob es stimmt, dass 200 Prozent Gegengeschäfte vorgesehen sind, oder nicht, und man hat sich in einem Abstimmungsverhältnis von sieben zu drei für den „Eurofighter“ ent­schie­den.

Eines sage ich Ihnen schon: Für die Österreichische Volkspartei und für die Regierung Schüs­sel I und auch für die Regierung Schüssel II steht die Sicherheit in unserer Republik an vor­ders­ter Stelle, und zwar nicht nur die Sicherheit in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Pensionen, sondern auch die Sicherheit unserer Bevölkerung im Land Österreich, und dazu gehört der Luft­raum genauso wie der Boden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitli­chen.)

Ich weiß vom Kollegen Pilz und von anderen Personen – in den Ausschüssen und in der Öffent­lichkeit gab es ja genug derlei Äußerungen –, dass sie grundsätzlich gegen das Bundesheer sind und meinen, dass 6 000 Mann ausreichen würden, um Österreich Sicherheit zu gewähren. Wir sind da anderer Meinung.

Es gibt kein Land, das seinen Luftraum nicht kontrolliert, meine Damen und Herren, insbeson­de­re jene von den Grünen, aber auch sonstige Bundesheergegner. Es gibt kein Land, egal ob in einem Bündnis oder neutral, das seinen Luftraum nicht kontrolliert. Jedes Land kontrolliert sei­nen Luftraum!

Meine Damen und Herren! Was machen wir an den Grenzen? – Wir kontrollieren die LKW, wir kontrollieren die PKW, wir kontrollieren die grüne Grenze – zu Recht, weil wir wissen wollen, was an unseren Grenzen passiert, und mit nachgelagerten Kontrollen wollen wir dies genauer recherchieren. Deswegen ist auch eine entsprechende Kontrolle in der Luft notwendig.

Ich darf Sie auch darauf aufmerksam machen, dass natürlich auch die Schweiz, Schweden und Finnland über Kampfflugzeuge beziehungsweise Abfangjäger verfügen, um ihren Luftraum zu überwachen, ja sogar zu verteidigen – davon sind wir weit entfernt.

Was die Gegengeschäfte betrifft, so darf ich Ihnen noch sagen, dass über die so genannte Ge­heimstudie, über die jetzt Gerüchte kursieren, bereits im Juni im „FORMAT“ zu lesen war und dass im Zusammenhang damit in keiner Weise von einem Geheimnis gesprochen werden kann. All das, was jetzt gegen die Entscheidung für den „Eurofighter“ vorgebracht wird, indem zum Beispiel Sie, Herr Kollege Kogler, sich für den „F-16“ aussprechen, der als dritte Möglichkeit in


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Frage kommt, ist wirklich hoch interessant: Weil die aus Ihrer Sicht erste Möglichkeit nicht zu­stande gekommen ist, sondern die zweite, deshalb machen Sie jetzt auf die dritte Möglichkeit auf­merksam!

Wir informieren das Parlament, wir informieren in den Ausschüssen, und wir laden Sie dazu ein, sich dort einzufinden. Ihrem Antrag werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

15.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräu­ter. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.52


Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass alle Damen und Herren, die hier heu­te ihre Tätigkeit starten, dies mit einem großen Gefühl der Verantwortung tun und die Arbeit hier sehr ernst nehmen werden – eine Arbeit, die aus Gesetzgebung und Kontrolle besteht. Das ist in einem demokratischen und parlamentarischen System ungeheuer wichtig.

Meine Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit mit der aus parteitaktischen Grün­den erfundenen Mär aufräumen, die da lautet, nur Regieren sei das Wahrnehmen von Ver­antwortung und der, der in Opposition ist, drücke sich vor der Verantwortung. So kann es nicht sein! In Ländern, Herr Bundeskanzler, wo nur regiert und nicht kontrolliert wird, schaut es dem­entsprechend aus und geht es auch dementsprechend zu.

Meine Damen und Herren! Instrumente der Kontrolle gibt es viele. Ein wichtiges, ein starkes Kont­rollinstrument ist der Untersuchungsausschuss, und ich möchte schon in Abwandlung eines Wahlslogans fragen: Was, wenn nicht dieses, gehört untersucht?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was, wenn nicht dieses, ruft nach einem Untersu­chungs­ausschuss: das größte Waffengeschäft in der Zweiten Republik? Es ist ein Rüstungs­ge­schäft, das besonders heikel und besonders problematisch ist, und ich appelliere an die Kontrollverantwortung aller Damen und Herren hier im Hohen Haus.

Das soll über die politische Frage hinaus gehen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich habe bei meinem Vorredner das Gefühl gehabt, dass es bei ihm nur um die politische Frage, um den po­li­ti­schen Zugang geht. Daher befürchte ich, dass das Abstimmungsverhalten der ÖVP dem­entsprechend sein wird, denn die ÖVP ist ja für die Abfangjäger, und dies trotz schlechter Wirt­schaftslage, trotz alarmierender Arbeitslosenzahlen, trotz der Finanzprobleme im Sozial- und Gesundheitsbereich – aber, so heißt es dann immer, wir haben ja die Kompensationsge­schäf­te! – Namhafte Ökonomen nennen das „Voodoo-Ökonomie“.

Meine Damen und Herren! Ich lese hier auf dem Titelblatt einer steirischen ÖVP-Zeitung (der Redner hält eine Zeitung in die Höhe): „Abfangjäger bescheren Steirern Euro-Milliarde.“ – Dazu muss ich sagen: Das ist ein „großartiges“ Weihnachtsgeschenk! Das kann man allen anderen Bundesländern nur empfehlen.

Es hat aber im Wahlkampf noch eine andere Idee gegeben, meine Damen und Herren, nämlich, dass die Wirtschaft über ein Konsortium, eine Plattform die Abfangjäger finanzieren wird. – Also wenn diese Kompensationsgeschäfte Voodoo-Ökonomie sind, meine Damen und Herren, dann ist diese Plattform Zombie-Ökonomie, denn unter Lebenden findet so etwas nicht statt!

Die ÖVP ist also dafür, mehr als 2 Milliarden € – ohne Folgekosten – für Abfangjäger auszuge­ben, die SPÖ hingegen hat andere Notwendigkeiten im Sinn. Bei der Beschaffung der „Dra­ken“ – ich möchte damit einem eventuellen Zuruf zuvorkommen – war die Situation eine andere: Es war die finanzielle Lage eine andere, und es war vor allem auch die geopolitische Lage eine an­dere, als wir sie heute vorfinden, denn jetzt sind wir – und da bin ich ganz der Meinung von Pro­fessor Van der Bellen – von Freunden umgeben. Wichtig wäre es, anstatt dessen in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren.


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Meine Damen und Herren! Die Grünen sind gegen den Ankauf der „Eurofighter“. Ich bin für die­sen Antrag dankbar. Wenn die Grünen ihn nicht eingebracht hätten, hätte ihn vielleicht die SPÖ eingebracht. Aber wie sieht es mit der Haltung der FPÖ dazu aus?

Meine Damen und Herren! Bei der FPÖ ist sehr vieles Tagesgeschäft. Ich bin auf die Ausfüh­run­gen des FPÖ-Redners schon sehr gespannt. Wie hat sich der ehemalige Finanzminister der FPÖ, Grasser, verhalten? Er hat zuerst gesagt: Nein, wir haben dafür kein Geld! Später hat er gesagt: Jawohl, wir nehmen die teuerste Variante!

Dieser Sinneswandel soll nicht untersucht werden, meine Damen und Herren?!

Später sagte er dann, eigentlich sei er nicht dafür. In der Zeitung „Die Presse“ – und das ist bei Gott kein sozialistisches Kampfblatt – hieß es dann: „Grasser ...: ,Wollte wegen Kosten ge­brauchte F16’“.

Meine Damen und Herren, das gehört doch untersucht! Was gibt es da für Vorverträge, für Vorgänge? Wie ist ein Ausstieg möglich? Ist überhaupt ein Ausstieg möglich? – Das sind doch die Fragen, die den Steuerzahler und die Steuerzahlerin brennend interessieren. Ein Untersu­chungs­aus­schuss ist zur Klärung dieser Fragen das richtige Gremium.

Geschätzte Damen und Herren! Die SPÖ wird diesem Antrag zustimmen. (Abg. Donabauer: Das ist keine Überraschung!) Die SPÖ wird sich weiterhin, Herr Kollege, leidenschaftlich gegen die Abfangjäger einsetzen.

Meine Damen und Herren! Wir haben grundsätzlich ganz andere Pläne, wenn es um die Frage geht, was wir mit dem Geld des Steuerzahlers finanzieren. Wir brauchen nämlich dieses Geld dringend für den sozialen Zusammenhalt, für die soziale Sicherheit und für eine bestmögliche Ar­beits­marktpolitik in unserem Land und wollen es nicht für überflüssiges Kriegsgerät ausge­ben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch zu Wort gemeldet. Seine Redezeit ist mit 5 Minuten begrenzt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.57


Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kogler und Herr Kollege Kräuter, Ihnen ist bei der Begründung Ihres An­trages ein kleiner Irrtum unterlaufen: Sie haben hier nämlich festgestellt, Sie hätten diesen An­trag gestellt beziehungsweise Sie unterstützen ihn, weil Sie die Absicht haben, einen Sach­verhalt zu erhellen. Das trifft nicht zu! Sie stellen diesen Antrag, meine Damen und Herren von den Grünen, und Sie unterstützen ihn, meine Damen und Herren von der SPÖ, um hier einfach Ihre Oppositionsspielchen zu spielen. Sie können von uns Freiheitlichen nicht erwarten, dass wir hier in die eingefrorenen Posthorntöne Ihres Wahlkampfes einstimmen, um Ihnen auf die Bei­ne zu helfen.

Meine Damen und Herren! Der Beschaffungsvorgang bei den Abfangjägern fand mit der mögli­chen und notwendigen Transparenz statt. Sie konnten das in den Ausschüssen des Parlaments beglei­ten, aber Sie konnten das auch in der Öffentlichkeit nachvollziehen. Verteidigungsminis­ter, Finanzminister und Wirtschaftsminister haben geprüft und haben diese Vorgänge begleitet und haben Entscheidungen getroffen. Die Regierung hat dazu Beschlüsse gefasst.

Auch die politische Vorgangsweise ist eine klare. Auf Grund der Diskussionen, die republikweit stattgefunden haben, hat diese Regierung den Beschaffungsvorgang abgebrochen, und die neue Regierung wird die Sachlage prüfen und entscheiden, wie sie vorgeht. Das ist politisch eine ganz klare Vorgangsweise.

Aber auch rechtlich, Herr Kollege Kogler, ist das klar begleitet worden. Der Rechnungshof hat den ersten Teil des Beschaffungsvorganges geprüft – Sie wissen das ganz genau –, und er ist da­bei, auch den zweiten Teil zu prüfen. Die anderen Vorwürfe, die Sie in der Begründung Ihres


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Antrages erheben, wurden der Staatsanwaltschaft übermittelt; auch das wissen Sie genau. Sie hat auch das geprüft und als Unterstellung zurückgewiesen.

Dieser Antrag, den Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, hier stellen und den Sie, me­ine Damen und Herren von der SPÖ, unterstützen, ist völlig unnötig. Sie wissen auch, dass all diese Vorgänge nicht nur schon geprüft worden sind, sondern auch derzeit noch geprüft werden und dass diese Frage auch politisch einer neuen Beurteilung unterworfen wird.

Grundsätzlich kann ich für die FPÖ sagen, dass wir auch in der jetzt beginnenden Legislatur­periode die Angelegenheiten der Landesverteidigung konsequent weiter betreiben werden, und dazu wird auch für uns Freiheitliche eine funktionierende Luftraumüberwachung gehören. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.00


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit Rührung zur Kenntnis genommen, dass die Freiheitliche Partei weiterhin verteidigungspolitische Verantwortung tragen will. Bis zu dieser Sitzung habe ich nicht gewusst, wer von Ihnen das über­haupt noch tun kann. Jetzt hat sich im letzten Aufgebot jemand gefunden. Gut, Herr Abge­ordneter Bösch, wir werden mit Ihnen die Diskussion führen.

Eine kleine Replik: Der Rechnungshof hat nicht den Beschaffungsvorgang geprüft. Das war ja gar nicht möglich. Er hat nur die Ausschreibungsunterlagen geprüft und sonst überhaupt nichts. Nur die Ausschreibung selbst ist geprüft worden und nicht der Beschaffungsvorgang!

Der Bereich, wo es so streng zu riechen begonnen hat, war ja der Beginn der Beschaffung bis heu­te, das war das freiheitliche Sparprogramm: Nur die Billigsten werden genommen! – Da war der freiheitliche Finanzminister im Auftrag seines ehemaligen Konzernchefs, der gesagt hat: Das Billigste ist das Teuerste. Wenn wir sparen wollen, müssen wir das Teuerste kaufen! – Und da war noch vieles andere mehr. Sie kennen es, und Sie kennen die Geschichte der Kompen­sa­tionsgeschäfte. Sie wissen das doch alles!

Wenn etwas schlecht riecht, dann wird es nicht besser, wenn zwei Parteien, die sich schon wie­der überraschend gut verstehen, eine Decke nach der anderen darüber legen. Sie müssen sich vorstellen: Unter Ihren schwarzen und blauen Decken gärt es weiter. Es wird noch schlechter riechen, wir werden noch öfter dahinterkommen, was da eigentlich unter den Decken ist, und irgendwann werden wir den Untersuchungsausschuss bekommen. Früher oder später wird das große freiheitliche Wahlkampfversprechen „Schluss mit den Abfangjägern! Ein Landeshaupt­mann und seine Partei garantieren es!“ eingelöst werden. (Beifall bei den Grünen.)

Bis dahin frage ich mich: Was ist los mit der Luftraumüberwachung? Jeden Tag fliegen amerika­nische Kampf- und Transportflugzeuge zum Teil illegal über den österreichischen Luftraum zu bereits laufenden Kampfeinsätzen in den beiden so genannten „no-fly zones“ im Süden und Norden des Irak. Das Verteidigungsministerium und das Außenministerium sind voll informiert, dass es da Überflüge an der Grenze und jenseits der Grenze der österreichischen Legalität gibt. Die „Draken“ bleiben auf dem Boden, und die zuständigen Ministerinnen und Minister bleiben in Deckung.

Da frage ich mich: Wozu Luftraumüberwachung, wenn dann, wenn die amerikanischen Freunde ihren nächsten Krieg vorbereiten und zum Teil bereits führen, nur ein Kommando gilt, nämlich auf dem Boden bleiben und wegschauen?! Ja, Sie könnten jetzt zeigen, ob Sie es mit der Luft­raumüberwachung ernst meinen! Aber es ist Ihnen offensichtlich so unernst wie mit dem Spa­ren, mit der Sicherheit, mit dem Nulldefizit und mit einer seriösen Politik. Deswegen, meine Damen und Herren, weil Sie so weitermachen, wird es den Untersuchungsausschuss geben.


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Heute wird es eine Nagelprobe für die Freiheitliche Partei. Der freiheitliche Nagel wird sich wieder einmal gründlich verbiegen. Aber der freiheitliche Nagel verbiegt sich so lange, bis er bricht. Das wird spätestens bei der nächsten Wahl der Fall sein. Dann wird es, wenn Sie so weitermachen, mit Sicherheit keine Möglichkeit von Ihrer Seite mehr geben, einen halbwegs kompetenten Menschen in den Ausschuss für Landesverteidigung zu schicken. Das kann der österreichischen Sicherheitspolitik nur gut tun. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlos­sen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Darf ich Ihnen nun den weiteren Vorgang unserer Beratungen erläutern. Wir werden jetzt ein schriftliches Teilprotokoll unserer Beratungen beschließen, das die Einsetzung des Hauptausschusses betrifft, und dann diese Sitzung abschließen. Ich werde für 10 Minuten unterbrechen. In diesen 10 Minuten wird der Haupt­aus­schuss im Lokal VI konstituiert, und es werden all die Organe und die Beschwerde­kommission Bundesheer gewählt. Hierauf wird die nächste Sitzung durchgeführt, in der wir die Beschwerdekommission und die Europaratsmitglieder wählen werden. Das heißt also, es ist jetzt Konzentration notwendig. Der Herr Bundespräsident wartet. Wir haben gesagt, wir kom­men um etwa 16.30 Uhr.

Jetzt zum amtlichen Text: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vor­gesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 4 be­treffend die Wahl des Hauptausschusses zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr die entsprechenden Teile des Amtlichen Protokolls:

„Es liegt ein Verlangen auf Verlesung des Amtlichen Protokolls der 1. Sitzung des Nationalrates hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 4 betreffend die Wahl des Hauptausschusses vor:

TO-Punkt 4: Wahl des Hauptausschusses

Die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses wird einstimmig mit 32 Mitgliedern festgesetzt (Demnach entfallen auf den Klub der ÖVP 14 Mitglieder, auf den Klub der SPÖ 12 Mitglieder, auf den Klub der FPÖ 3 Mitglieder und auf den Klub der Grünen 3 Mitglieder).

Auf Grund der übermittelten Listen gelten nachstehende Abgeordnete als gewählt:

Vom Klub der ÖVP: Dipl.-Ing. Klaus Auer, Karl Donabauer, Franz Eßl, Dr. Werner Fasslabend, Silvia Fuhrmann, Fritz Grillitsch, Mag. Karin Hakl, Dr. Andreas Khol, Mag. Helmut Kukacka, Ma­ria Rauch-Kallat, Dr. Michael Spindelegger, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Mag. Walter Tancsits, Ingrid Turkovic-Wendl.

Vom Klub der SPÖ: Dr. Josef Cap, Dr. Caspar Einem, Christian Faul, Dr. Heinz Fischer, Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Christine Lapp, Mag. Christine Muttonen, DDr. Erwin Nieder­wieser, Stefan Prähauser, Mag. Barbara Prammer, Peter Schieder, Dr. Peter Wittmann.

Vom Klub der FPÖ: Mag. Karl Schweitzer, Dr. Helene Partik-Pablé, Dipl.-Ing. Thomas Prinz­horn.


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Vom Grünen Klub: Dr. Evelin Lichtenberger, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Peter Pilz.“

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

Einlauf


Präsident Dr. Andreas Khol: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen Anträge 1/A bis 27/A und die Anfragen 1/J bis 15/J eingelangt.

*****

Bevor ich die Sitzung schließe, gebe ich bekannt, dass der Hauptausschuss nach Schluss die­ser Sitzung, also jetzt sofort, im Lokal VI eine konstituierende erste Sitzung abhält. Der Beginn der im Anschluss daran stattfindenden 2. Sitzung des Nationalrates wird durch Einläuten an­gezeigt werden. Ich denke, in 10 Minuten wird es so weit sein.

Die Tagesordnung der 2. Sitzung des Nationalrates wird im Wege der Klubs zugestellt und überdies im Saal aufgelegt werden.

Ich bitte jetzt alle Mitglieder des Hauptausschusses, sich in das Lokal VI zu begeben.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 16.08 Uhr



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Anhang

Verzeichnis der Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder laut von den Klubs eingereichten Listen

Budgetausschuss

(Stand: 13. Jänner 2003)

Mitglieder:

ÖVP: Jakob Auer; Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer; Matthias Ellmauer; Peter Haubner; Georg Keuschnigg; Johann Kurzbauer; Edeltraud Lentsch; Helga Machne; Dr. Ferdinand Maier; Fritz Neugebauer; Dr. Michael Spindelegger; Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

SPÖ: Kurt Eder; Ing. Kurt Gartlehner; Heinz Gradwohl; Kai Jan Krainer; Manfred Lackner; Dr. Christoph Matznetter; Mag. Hans Moser; Mag. Melitta Trunk; Friedrich Verzetnitsch; Rainer Wimmer

Freiheitliche: Dipl.-Ing. Maximillian Hofmann; Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn

Grüne: Mag. Werner Kogler; Dr. Alexander Van der Bellen

Ersatzmitglieder:

ÖVP: Dr. Gertrude Brinek; Mag. Heribert Donnerbauer; Franz Eßl; Mag. Cordula Frieser; Franz Glaser; Erwin Hornek; Christoph Kainz; Dr. Reinhold Mitterlehner; Johann Rädler; Konrad Steindl; Mag. Walter Tancsits; Mag. Dr. Josef Trinkl

SPÖ: Anton Gaál; Marianne Hagenhofer; Mag. Christine Lapp; Otto Pendl; Dr. Christian Puswald; Gerhard Reheis; Franz Riepl; Walter Schopf; Heidrun Silhavy; Erwin Spindelberger

Freiheitliche: Josef Bucher; Mares Rossmann

Grüne: Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber; Michaela Sburny

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