Stenographisches Protokoll
1.
Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode
Freitag, 20. Dezember 2002
Gedruckt auf 70g chlorfrei gebleichtem Papier
1. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich
XXII. Gesetzgebungsperiode Freitag, 20. Dezember 2002
Dauer der Sitzung
Freitag, 20. Dezember 2002: 9.16 – 16.08 Uhr
*****
Tagesordnung
1. Punkt: Angelobung der Abgeordneten
2. Punkt: Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsidenten
3. Punkt: Wahl der Schriftführer und Ordner
4. Punkt: Wahl des Hauptausschusses
5. Punkt: Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Budgetausschuss)
6. Punkt: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948
*****
Inhalt
Nationalrat
Einberufung der ordentlichen Tagung 2002/2003 ................................................... 7
1. Punkt: Angelobung der Abgeordneten ............................................................. 8
2. Punkt: Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsidenten 10
Beschluss auf Durchführung einer Debatte ......................................................... 11
Redner:
Dr. Wolfgang Schüssel ............................................................................. 11
Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................. 13
Mag. Herbert Haupt ................................................................................... 15
Dr. Alexander Van der Bellen .................................................................... 18
Maria Rauch-Kallat ................................................................................... 22
Dr.
Josef Cap ............................................................................................ 24
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 2 |
Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 26
MMag. Dr. Madeleine Petrovic .................................................................. 27
Wahlergebnis:
Präsident: Dr. Andreas Khol ........................................................................... 30
Zweiter Präsident: Dr. Heinz Fischer ................................................................ 36
Dritter Präsident: Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn ................................................ 37
Abschiedsansprache des Präsidenten Dr. Heinz Fischer ................................. 30
Antrittsrede des Präsidenten Dr. Andreas Khol ............................................... 33
3. Punkt: Wahl der Schriftführer und Ordner ...................................................... 37
Wahlergebnis:
Schriftführer: Jakob Auer, Astrid Stadler, Mag. Dr. Josef Trinkl, Gabriele Binder und Rainer Wimmer ............................................................................................................. 37
Ordner: Ridi Steibl, Gerhard Reheis, Mag. Eduard Mainoni
und Dieter
Brosz 38
Geschäftsbehandlung
Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 11
Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der so genannten Abfangjäger-Nachbeschaffung gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ............................... 67
Bekanntgabe .................................................................................................. 18
Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................... 18
Redner:
Mag. Werner Kogler ................................................................................. 69
Walter Murauer ......................................................................................... 72
Dr. Günther Kräuter .................................................................................. 73
Dr. Reinhard Eugen Bösch ........................................................................ 74
Dr. Peter Pilz ............................................................................................. 75
Ablehnung des Antrages .................................................................................. 76
Verlangen auf Durchführung der geheimen Abstimmungen in Wahlzellen gemäß § 88 Abs. 3 der Geschäftsordnung ........................................................................................... 28
Unterbrechungen der Sitzung ........................................................ 29, 29, 36, 37
Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidenten Dr. Andreas Khol ........................................................................ 76
Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls .......................... 77
Bundesregierung
Schreiben des Bundeskanzlers betreffend Amtsenthebung der Bundesregierung und der Staatssekretärin und Staatssekretäre, Betrauung der Mit-
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glieder der Bundesregierung bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung und seiner Person mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung sowie Betrauung der Staatssekretärin und Staatssekretäre bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Funktionen durch den Bundespräsidenten ........... 7
Ausschüsse
4. Punkt: Wahl des Hauptausschusses ............................................................ 38
5. Punkt: Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Budgetausschuss) (Anhang S. 78) .................................................................... 39
6. Punkt: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 .................................................................................. 40
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Dr.
Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und
13. Dezember 2002 (1/A) (E) 41
Begründung: Dr. Michael Spindelegger ........................................................... 42
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................... 45
Debatte:
Mag. Karl Schweitzer ................................................................................ 49
Dkfm. Dr. Günter
Stummvoll .................................................................... 51
Dr. Caspar Einem ...................................................................................... 52
Dr. Evelin
Lichtenberger ........................................................................... 54
Klaus Wittauer .......................................................................................... 56
Fritz Grillitsch ........................................................................................... 57
Kurt Eder .................................................................................................. 58
Dr. Eva Glawischnig ................................................................................. 60
Bundesministerin Dr.
Benita Ferrero-Waldner ........................................... 62
Mag. Ulrike Sima ...................................................................................... 63
Dr. Gabriela Moser .................................................................................... 64
Gerhard Reheis ......................................................................................... 66
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend die für Österreich nicht befriedigenden Ergebnisse des Europäischen Rates von Kopenhagen – Ablehnung 53, 67
Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Temelín-Politik der Bundesregierung – Ablehnung ........... 62, 67
Annahme des
Selbständigen Entschließungsantrages [(1/A) (E)] (E 1) ................ 67
Eingebracht wurden
Anträge
der Abgeordneten
Dr. Michael
Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002
(1/A) (E)
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Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz (B-VG) in der
Fassung von 1929 geändert wird (Bundesverfassungsgesetz-Novelle 2003)
(2/A)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert
wird und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung
des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (3/A)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Beschaffungsstopp für Kampfflugzeuge (Abfangjäger, Überwachungsflugzeuge)
(4/A) (E)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz zur
Begründung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Angelegenheiten des
Tierschutzes geändert wird (5/A)
Dr. Michael
Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz, mit dem das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948,
das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984, das Richterdienstgesetz und das
Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 geändert werden (Besoldungs-Novelle 2003)
(6/A)
Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Abschaffung der Unfallrentenbesteuerung (7/A) (E)
Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zur
Verankerung des Sozialstaats geändert wird (8/A)
Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz über den Schutz von Tieren (9/A)
Sigisbert Dolinschek,
Dr. Andreas Khol,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine
Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das
Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden
(Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – SVÄG 2003) (10/A)
Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das
Väter-Karenzgesetz und das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz geändert
werden (11/A)
MMag. Dr. Madeleine
Petrovic,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere
(Bundes-Tierschutzgesetz – TSchG) (12/A)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (13/A)
Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz
(Beh-GStG) erlassen wird (14/A)
Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Untersuchungsausschüsse als Minderheitsrecht (15/A)
Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschul-Taxengesetz 1972, das
Universitätsstudiengesetz 1997 und das Universitätsgesetz 2002
geändert werden (16/A)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 5 |
Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Verlegung des für das Wahlalter maßgeblichen Stichtages (17/A)
Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Abschaffung der Ambulanzgebühr (18/A)
Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend
ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert und ein
generelles Nachtfahrverbot für LKW über 7,5 t in Österreich eingeführt wird
(19/A)
Mag. Terezija
Stoisits,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das
Fremdengesetz 1997 geändert wird (20/A)
Mag. Terezija
Stoisits,
Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zur Rehabilitierung der
Opfer der NS-Militärjustiz (21/A)
MMag. Dr. Madeleine
Petrovic,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterbehandlung von Volksbegehren trotz
Beendigung der Legislaturperiode (22/A)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend
begleitende Maßnahmen nach der Aufhebung von § 209 StGB (23/A) (E)
Dr. Evelin
Lichtenberger,
Kolleginnen und Kollegen betreffend innerstaatliche Maßnahmen zur Eindämmung
des Transit- und Langstrecken-Straßengüterverkehrs (24/A) (E)
Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend
die Einführung einer Devisentransaktionssteuer („Tobin-Tax“) (25/A) (E)
Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Universitätsgesetz 2002 (26/A) (E)
Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Beschluss eines österreichischen Antidiskriminierungsgesetzes (27/A) (E)
Anfragen
der Abgeordneten
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 6 |
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Vollziehung
Medizinproduktegesetz – Fa. GEWOVIT“ (1/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Finanzen betreffend „Bankomatkartenmissbrauch –
gesetzwidrige Bankomatbedingungen“ (2/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend „Bankomatkartenmissbrauch –
gesetzwidrige Bankomatbedingungen“ (3/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend „Bankomatkartenmissbrauch –
gesetzwidrige Bankomatbedingungen“ (4/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Brandschutz & Sichere
Fluchtwege etc. in Diskotheken und Pubs“ (5/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend „U-Haft wegen HIV-Gefährdung“ (6/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
„Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Amtliche
Lebensmittelüberwachung – Endbericht“ (7/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Justiz betreffend „Internationaler Organhandel und
organisierte Kriminalität“ (8/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend
„Internationaler Organhandel und organisierte Kriminalität“ (9/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Inneres betreffend „Internationaler Organhandel und
organisierte Kriminalität“ (10/J)
Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend „Actimel –
Werbung im Fernsehen“ (11/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend
Nachttempolimits auf Bundesstraßen (12/J)
Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend GATS-Verhandlungen –
öffentliche Information – Inhalt der Forderungslisten (13/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das Linzer Verkehrsprojekt
4. Donaubrücke – Westring–Nordring (14/J)
Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Verkauf der bundeseigenen Wohnungen (15/J)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 7 |
Beginn der Sitzung: 9.16 Uhr
Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer,
Präsident Dr. Andreas Khol, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.
*****
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf
Sie sehr herzlich bitten, die Plätze einzunehmen.
Ich weise darauf
hin, dass es nach § 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung dem Präsidenten der
vergangenen Gesetzgebungsperiode obliegt, die Sitzung zu eröffnen und
die Tagesordnung bis zur Wahl des Präsidenten durchzuführen.
In diesem Sinne eröffne
ich – zur anberaumten Zeit – die erste und konstituierende Sitzung
des neu gewählten Nationalrates der XXII. Gesetzgebungsperiode.
Ich darf Sie
bitten, sich von den Plätzen zu erheben.
(Das auf der
Galerie befindliche Wiener Horn-Ensemble intoniert die österreichische Bundeshymne,
die von allen Versammelten stehend mitgesungen wird.)
Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf nunmehr alle Mitglieder des Hohen Hauses sehr herzlich
begrüßen, und zwar sowohl jene, die neuerlich in den Nationalrat gewählt
wurden, als auch jene, die heute als erstmals gewählte Abgeordnete am Beginn
ihrer parlamentarischen Tätigkeit stehen – diesen ein besonders herzliches
Willkommen.
Mit großem Respekt begrüße
ich unseren Herrn Bundespräsidenten Dr. Klestil, der uns die Ehre gibt, an
dieser Sitzung teilzunehmen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall. –
Bundespräsident Dr. Thomas Klestil erhebt sich von seinem Platz
und dankt mit einer Verbeugung.)
Es ist Ihnen bekannt, dass
wir die Genehmigung erteilt haben, dass der ORF die Sitzung bis zum Ende der
Wahl des Präsidiums live mitfilmen kann.
Einberufung der ordentlichen
Tagung 2002/2003
Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom
17. Dezember gemäß Artikel 27 Abs. 2 der Bundesverfassung den am
24. November 2002 gewählten Nationalrat für den heutigen Tag zur
XXII. Gesetzgebungsperiode und gemäß Artikel 28 Abs. 1 der
Bundesverfassung zu seiner ordentlichen Tagung 2002/2003 einberufen hat.
Auf Grund dieser
Entschließung des Herrn Bundespräsidenten wurde die heutige Sitzung anberaumt.
Einlauf
Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf dem Hohen Haus Mitteilung von folgendem Schreiben des Herrn
Bundeskanzlers machen:
„An den Präsidenten des
Nationalrates
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 29. November 2002, GZ. 300.000/2-BEV/2002, die in der Sitzung des Ministerrates am 29. November be-
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schlossene Demission der Bundesregierung zur Kenntnis
genommen hat und die Bundesregierung und die Staatssekretäre gemäß
Artikel 74 Absatz 3 der Bundesverfassung vom Amte enthoben hat.
Gleichzeitig hat
der Herr Bundespräsident mich und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung
gemäß Artikel 71 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer
neuer Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung und mich mit dem
Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung betraut.
Ferner hat der
Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Absatz 1
in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 des
Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung den
Herrn Staatssekretär Franz Morak, den Staatssekretär Dr. Alfred Finz,
Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck sowie Frau Staatssekretärin Mares
Rossmann mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Funktionen betraut.
Mit besten Grüßen
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Ich gebe dies bekannt und bitte um
Kenntnisnahme.
*****
Im Sinne der
Bestimmungen der Geschäftsordnung, und zwar des § 3 Abs. 3, berufe
ich bis zur endgültigen Wahl der Schriftführer vier Abgeordnete, die mir
namhaft gemacht wurden, zur vorläufigen Besorgung dieser Funktion: Herrn
Abgeordneten Jakob Auer, Frau Abgeordnete Gabriele Binder, Frau Abgeordnete
Dr. Helene Partik-Pablé und Herrn Abgeordneten Mag. Werner Kogler.
Dagegen gibt es
keine Einwendungen.
Als verhindert
gemeldet für die heutige Sitzung ist niemand.
Ankündigung eines
Dringlichen Antrages
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Bevor wir in die Tagesordnung
eingehen, gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Spindelegger,
Mag. Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen das Verlangen gestellt haben,
den eingebrachten Selbständigen Antrag 1/A (E) der Abgeordneten
Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer betreffend Ergebnisse des
Europäischen Rates von Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002 dringlich
zu behandeln.
Nach den
Bestimmungen der Geschäftsordnung muss die dringliche Behandlung spätestens um
15 Uhr stattfinden, frühestens kann sie drei Stunden nach Einbringung,
also nach Eröffnung der Sitzung stattfinden, also um 12.15 Uhr. Die
dringliche Behandlung findet also nach Erledigung der Tagesordnung
statt – es sei denn, dass die Zeit 15 Uhr bereits erreicht wurde. Das
heißt in der Praxis: Der Dringliche Antrag wird nach Schluss dieser
Sitzung – irgendwann zwischen 12 und 13 Uhr, nehme ich an – zum
Aufruf gelangen, aber nicht während dieser Sitzung.
1. Punkt
Angelobung der Abgeordneten
Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in
die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Es ist dies die Angelobung
der Abgeordneten.
Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé bitte ich, als Schriftführerin zu fungieren. Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé wird die Angelobungsformel verlesen; sodann werden die Damen und Herren
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Abgeordneten über Namensaufruf durch Frau
Schriftführerin Dr. Partik-Pablé, die dann später von Herrn Abgeordnetem
Auer abgelöst werden wird, die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu
leisten haben.
In diesem Sinne
darf ich nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé bitten, die Angelobungsformel
zu verlesen und anschließend mit dem Namensaufruf zu beginnen. – Wir
erheben uns zu diesem Zweck von den Plätzen.
Schriftführerin
Dr. Helene Partik-Pablé: „Sie werden geloben unverbrüchliche
Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der
Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer
Pflichten.“
Über
Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé
beziehungsweise durch den Schriftführer Auer leisten die nachstehend angeführten
Abgeordneten die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“:
Achleitner Elke, Dipl.-Ing.; Amon
Werner, MBA; Auer Jakob; Auer Klaus Hubert, Dipl.-Ing.;
Bartenstein Martin, Dr.; Bauer Hannes, Dkfm. Dr.; Baumgartner-Gabitzer
Ulrike, Dr.; Bayr Petra; Becher Ruth, Mag.; Binder Gabriele; Bleckmann Magda, Mag. Dr.; Böhm Franz Xaver; Böhmdorfer
Dieter, Dr.; Bösch Reinhard Eugen,
Dr.; Brader Alfred, Mag. Dr.; Brinek
Gertrude, Dr.; Brosz Dieter; Broukal Josef; Bucher Josef; Bures
Doris;
Cap Josef, Dr.; Csörgits Renate;
Dobnigg Karl; Dolinschek
Sigisbert; Donabauer Karl; Donnerbauer Heribert, Mag.;
Eder Kurt; Einem
Caspar, Dr.; Ellmauer Matthias; Eßl Franz; Fasslabend Werner, Dr.; Faul
Christian; Fekter Maria Theresia,
Mag. Dr.; Ferrero-Waldner
Benita, Dr.; Finz Alfred, Dr.; Fischer Heinz, Dr.; Fleckl Anita; Franz Anna; Freund Karl;
Frieser Cordula, Mag.; Fuhrmann Silvia;
Gaál Anton; Gahr Hermann; Gartlehner Kurt, Ing.; Gaßner Kurt, Mag.; Gehrer Elisabeth; Glaser
Franz; Glawischnig Eva, Dr.; Gradwohl Heinz; Grander Maria; Grillitsch
Fritz; Grossmann Elisabeth, Mag.; Großruck Wolfgang; Grünewald Kurt, Dr.; Gusenbauer
Alfred, Dr.;
Hagenhofer Marianne; Haidlmayr
Theresia; Hakl Karin, Mag.; Haubner Peter; Haupt Herbert, Mag.; Heinisch-Hosek
Gabriele; Heinzl Anton; Hofmann Maximilian, Dipl.-Ing.; Höllerer Anna; Hornek Erwin; Hoscher
Dietmar, Mag.; Huainigg
Franz-Joseph, Dr.; Hütl Günther,
Dipl.-Ing.;
Jarolim Johannes, Dr.;
Kainz Christoph; Kaipel Erwin, Ing.; Kapeller Norbert, Ing.; Keck Dietmar; Keuschnigg Georg; Khol
Andreas, Dr.; Kogler Werner, Mag.; Königsberger-Ludwig Ulrike; Kopf Karlheinz; Kößl Günter; Krainer
Kai Jan; Kräuter Günther, Dr.; Krist Hermann; Kukacka Helmut, Mag.; Kummerer
Werner, Dipl.-Ing.; Kuntzl Andrea,
Mag.; Kurzbauer Johann;
Lackner Manfred; Langreiter
Hans, Mag.; Lapp Christine, Mag.; Lentsch Edeltraud; Lichtenberger Evelin, Dr.; Lunacek
Ulrike, Mag.;
Machne Helga; Maier
Ferdinand, Dr.; Maier Johann, Mag.; Mainoni Eduard, Mag.; Mandak Sabine; Marek Christine; Marizzi
Peter; Matznetter Christoph, Dr.; Miedl Werner; Mikl-Leitner Johanna, Mag.; Missethon
Hannes, Dipl.-Ing.; Mitterlehner
Reinhold, Dr.; Molterer Wilhelm,
Mag.; Morak Franz; Moser Gabriela, Dr.; Moser Hans, Mag.; Murauer Walter; Muttonen
Christine, Mag.;
Neugebauer Fritz; Niederwieser
Erwin, DDr.; Nürnberger Rudolf;
Oberhaidinger Georg; Öllinger
Karl;
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Pack Jochen; Parnigoni Rudolf; Partik-Pablé
Helene, Dr.; Pendl Otto; Petrovic Madeleine, MMag. Dr.; Pfeffer
Katharina; Pilz Peter, Dr.; Pirklhuber Wolfgang, Dipl.-Ing.; Posch
Walter, Mag.; Prähauser Stefan; Prammer Barbara, Mag.; Prassl
Michael; Prinz Nikolaus; Prinzhorn Thomas, Dipl.-Ing.; Puswald
Christian, Dr.;
Rada Robert, Dr.; Rädler Johann; Rasinger
Erwin, Dr.; Rauch-Kallat Maria; Reheis Gerhard; Rest-Hinterseer
Heidemarie; Riener Barbara; Riepl Franz; Rosenkranz
Barbara; Rossmann Mares;
Sburny Michaela; Scharer Erika; Schasching
Beate; Scheibner Herbert; Scheuch Uwe, Dipl.-Ing.; Scheucher-Pichler
Elisabeth, Mag.; Schieder Peter; Schiefermair Notburga; Schöls
Alfred; Schönpass Rosemarie; Schopf Walter; Schultes
Hermann, Ing.; Schüssel Wolfgang, Dr.; Schweisgut Johannes; Schweitzer
Karl, Mag.; Sieber Norbert; Silhavy Heidrun; Sima Ulrike,
Mag.; Spindelberger Erwin; Spindelegger Michael, Dr.; Stadlbauer
Bettina; Stadler Astrid; Steibl Ridi; Steier Gerhard; Steindl
Konrad; Stoisits Terezija, Mag.; Strasser Ernst, Dr.; Stummvoll
Günter, Dkfm. Dr.;
Tancsits Walter, Mag.; Trinkl Josef,
Mag. Dr.; Trunk Melitta, Mag.; Turkovic-Wendl Ingrid;
Van der Bellen Alexander, Dr.; Verzetnitsch
Friedrich;
Walch Maximilian; Walther Heidrun;
Wimmer Rainer; Winkler Josef, Ing.; Wittauer Klaus; Wittmann
Peter, Dr.; Wöginger August; Wolfmayr Andrea, Dr.; Wurm
Gisela, Mag.
*****
(Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits leistet nach Aufruf ihres
Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ und „Zagovaram se“. –
Abgeordnete Mag. Melitta Trunk
leistet nach Aufruf ihres Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ und
„Jaz zaobljubim“.)
*****
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Damit ist die Angelobung beendet.
Ist jemand
ausgelassen worden? – Das ist nicht der Fall. Ich vergewissere mich nur,
weil das schon einmal passiert ist.
Meine Damen und
Herren! Sie haben sich durch die Leistung des Gelöbnisses zur gesetzestreuen
und gewissenhaften Ausübung Ihrer Funktion verpflichtet, und ich darf Ihnen als
Mitglied des Nationalrates für Ihre künftige Arbeit alles Gute und viel Erfolg
und viel Freude wünschen.
Den 1. Punkt
der Tagesordnung haben wir damit erledigt.
2. Punkt
Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten Präsidenten
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 2. Punkt: Es
ist dies die Wahl des Präsidenten, des Zweiten Präsidenten und des Dritten
Präsidenten des Nationalrates.
Wir führen dazu Debatten durch, und zwar unter einem.
Es liegen Wahlvorschläge schriftlicher Art vor, die ich wie folgt
bekannt gebe:
Der Vorschlag für die Wahl zum Präsidenten des Nationalrates lautet auf
den Abgeordneten Dr. Andreas Khol, der Vorschlag für die
Wahl des Zweiten Präsidenten lautet auf den Abgeordneten Dr. Heinz Fischer,
und für die Wahl des Dritten Präsidenten liegen zwei Vorschläge vor:
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 11 |
Der Vorschlag des
Klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs lautet auf Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn,
und der Vorschlag des Klubs der Grünen lautet auf Frau
Mag. Terezija Stoisits.
In Übereinstimmung
mit der Präsidialkonferenz schlage ich vor, dass wir eine Debatte durchführen,
und zwar über alle drei Vorschläge gemeinsam. Dazu ist die Zustimmung des Hohen
Hauses notwendig.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. –
Das ist einstimmig so beschlossen.
Redezeitbeschränkung
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir haben darüber hinaus
besprochen, mit welchen Redezeiten wir diese Debatte durchführen wollen. Als
Ergebnis wurde vereinbart, dass wir nach § 57 der Geschäftsordnung eine
Blockredezeit von jeweils 20 Minuten pro Fraktion vorschlagen, wobei diese
20 Minuten auf einen oder auf zwei Redner einer Fraktion entfallen können,
aber nicht auf mehr als zwei Redner.
Gibt es gegen
diese Vereinbarung betreffend Blockredezeit einen Einwand? – Dies ist
nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.
Wir gehen nunmehr
in die Debatte ein.
Zu Wort gemeldet
ist Herr Abgeordneter Dr. Schüssel. – Bitte.
9.35
Abgeordneter
Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Herr Bundespräsident! Herr
Präsident des Nationalrates! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Als ersten
Akt in der neuen Gesetzgebungsperiode wählt das Hohe Haus das Präsidium des
Nationalrates und damit höchste Ämter in unserem Staate. Diese Funktionen waren
in der vergangenen Legislaturperiode in den Händen von Persönlichkeiten, die
sie gut und verantwortungsvoll im Interesse des Staates und auch im Interesse
des Parlaments ausgefüllt haben, und dafür möchte ich an dieser Stelle namens
der Österreichischen Volkspartei Heinz Fischer, Thomas Prinzhorn und Werner
Fasslabend ganz besonders danken. (Allgemeiner Beifall.)
Zugleich möchte
ich auch all jenen Abgeordneten des Nationalrates danken, die ausgeschieden
sind, die zum Teil lange Jahre dem Hohen Haus angehört haben und ihre
Arbeitskraft, ihre Ideen, ihre Phantasie, ihren politischen Einsatz hier
eingebracht haben, und wir wollen auch die neuen Abgeordneten sehr herzlich in
unserer Mitte willkommen heißen. Ganz besonders freut mich, dass darunter
Vertreter aller Generationen sind und dass vor allem auch sehr viele junge Abgeordnete
heute in unserer Mitte sind.
Mit der Wahl am
24. November hat in Österreich ein deutlicher Aufbruch zur Mitte stattgefunden,
und viele Österreicher haben mit ihrer Wahlentscheidung auch den Wunsch
ausgedrückt, den Reformkurs der letzten Jahre weiterzuführen, das Gemeinsame
über das Trennende zu stellen und die notwendigen Veränderungen für Österreich
behutsam, aber zugleich entschlossen miteinander und nicht gegeneinander
voranzubringen.
Die
Österreichische Volkspartei hat deutlich dazugewonnen – Hunderttausende
haben uns das erste Mal gewählt, viele haben uns wieder gewählt –, und ich
möchte an dieser Stelle den Wählerinnen und Wählern, den Zuseherinnen und
Zusehern, die uns auch in dieser Parlamentsdebatte beobachten, sagen, dass
wir mit diesem klaren Auftrag, der einen unglaublich großen Erfolg für uns
gebracht hat, den wir in diesem Ausmaß nicht erwartet haben, dass wir also mit
diesem Erfolg behutsam und umsichtig umgehen werden. Ich weiß ganz genau, dass
damit die große Verantwortung verbunden ist, unser Land ruhig und sicher in
eine gar nicht einfache Zukunft zu führen.
Meine Damen und Herren! Österreich steht heute im Vergleich zu anderen Ländern gut da, weil wir uns immer wieder den notwendigen Problemen gestellt haben. Zugleich stehen aber auch
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 12 |
große Herausforderungen vor uns: Europapolitisch bringt uns etwa die
historische Erweiterung der Union um zehn neue Mitgliedstaaten – in
16 Monaten wird dies stattfinden – von der Peripherie wieder ins
Zentrum zurück, und wir müssen und wollen diese Chance energisch aktiv nützen:
zum Vorteil der Menschen, der Betriebe und der Mitarbeiter.
Die internationale
Konjunktur erfordert von uns, die begonnenen Maßnahmen zur Ankurbelung von
Wachstum und mehr Beschäftigung fortzusetzen. Angesichts der angespannten Wirtschaftslage
müssen wir aber auch Maßnahmen ergreifen, um unsere sozialen Sicherungssysteme –
vor allem das Pensions- und das Gesundheitssystem – auch in Zukunft stabil
und finanzierbar zu halten.
Zur Erhaltung des
Friedens innerhalb und außerhalb unserer Grenzen ist es notwendig, die funktionierenden
Sicherheitsinstitutionen – Gendarmerie, Polizei, Bundesheer, Rettungsdienste –
zu stärken.
Bei der Lösung all
dieser Fragen, meine Damen und Herren, hat das Parlament eine ganz besonders
wichtige Rolle, und wir alle, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, haben die
Verantwortung, die uns vom Wähler übertragen wurde, nach bestem Wissen und
Gewissen zu erfüllen, denn das Parlament ist in der Demokratie der beste Ort,
wo die Parteien um die besten Lösungen für die Probleme unseres Landes –
im positiven Sinn – streiten und ringen sollen.
Ich bin froh
darüber, dass zu Beginn dieser Legislaturperiode von vornherein das Parlament
als der einzige wirkliche Ort der politischen Auseinandersetzung unumstritten
ist und dass sich der Druck von anderen Orten hierher verlagert hat, was
wichtig ist. Das ist gelebte Demokratie!
Meine Damen und
Herren! Es liegen heute Wahlvorschläge für den Ersten, für den Zweiten und für
den Dritten Präsidenten des Nationalrates vor. In diesem Zusammenhang ist für
uns – das habe ich auch zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode
gesagt – die parlamentarische Regel, der parlamentarische Brauch, die
Usance, etwas sehr, sehr Wichtiges. Die entsprechende Spielregel, die seit
über 20 Jahren gilt, lautet, dass die stärkste Partei den Ersten Präsidenten
stellt, die zweitstärkste Fraktion das Recht hat, einen Vorschlag für den
Zweiten Präsidenten zu machen, die drittstärkste Fraktion für den Dritten
Präsidenten. Die ÖVP hat diese Regel anerkannt, als sie nach der letzten Wahl
mit 415 Stimmen Abstand – das war für uns sehr, sehr
schmerzlich – die drittstärkste Fraktion war, und wir fühlen uns dieser
Spielregel natürlich auch als die stärkste Fraktion dieses Hohen Hauses
verpflichtet.
Ich schlage Ihnen
daher im Namen der Volkspartei für die Funktion des Ersten Präsidenten Andreas
Khol vor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Andreas Khol ist
ein erfahrener, ein profilierter, ja ein leidenschaftlicher Verfechter der
parlamentarischen Demokratie. Er gehört dem Hohen Haus seit dem Jahr 1983
an, und er hat in all diesen Jahren bewiesen, dass er den Parlamentarismus
wirklich von Grund auf gelernt hat, und ist heute auch sicher als einer der besten
Kenner der Geschäftsordnung, aber auch der parlamentarischen Gepflogenheiten
in allen Fraktionen anerkannt. Er war bisher durchaus auch manchmal als ein
„Häuptling Scharfe Zunge“ bekannt. Viele haben das geschätzt – die Berichterstatter,
aber auch das Hohe Haus.
Er wird nun, wenn
er gewählt wird, eine andere Funktion ausüben. Es ist ganz klar, dass Andreas
Khol sich ab der Stunde seiner Wahl in diese andere Funktion mit ganzer Kraft
für das Haus, für alle Fraktionen, für die Belebung des Parlamentarismus
einsetzen wird – genauso wie dies Heinz Fischer vor ihm getan hat.
Ich denke, dass
Andreas Khol für das gesamte Hohe Haus, für alle Fraktionen, auch gegenüber der
Regierung ein starker Verfechter des Parlamentarismus und parlamentarischer
Usancen und Gepflogenheiten sein wird. Ich bitte und ersuche Sie daher, Andreas
Khol Ihr Vertrauen bei der Wahl zum Ersten Präsidenten zu schenken. Er verdient
es, er wird Sie nicht enttäuschen. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 13 |
Die Volkspartei
wird natürlich auch die Wahl von Heinz Fischer zum Zweiten
Präsidenten unterstützen. Ich möchte ihm auch im Namen meiner Fraktion
aufrichtigen Dank dafür sagen, dass er weiterarbeitet – obwohl er nicht
mehr Erster Präsident sein wird –, dass er der Präsidiale angehören und
als Zweiter Präsident mitarbeiten wird. Wenn jemand dies tut, dann zeigt das
eigentlich auch, wie hoch seine Wertschätzung der parlamentarischen Arbeit
insgesamt ist. Sich hier in den Dienst der Demokratie zu stellen, ist ein ganz
wichtiges Signal.
Ich kenne Heinz
Fischer seit sehr, sehr langer Zeit. Wir waren vor vielen, vielen Jahren noch
gemeinsam Klubsekretäre, Fraktionssekretäre. Er ist etwas früher als ich in
das Hohe Haus gewählt worden. Wir sind einen langen politischen Weg gemeinsam
gegangen. Wir sind sehr oft auf ganz unterschiedlichen Positionen gestanden,
haben unterschiedliche Auffassungen gehabt. – Dies hat nichts gemindert
vom menschlichen Respekt und von der fachlichen Hochachtung, die Heinz
Fischer bei mir und meiner Fraktion – ich bin sicher, für meine Fraktion
als Ganzes sprechen zu können – genießt. Wir werden daher diese Wahl
gerne unterstützen. (Allgemeiner Beifall.)
Genauso gilt dies
für die Wahl des Dritten Präsidenten. Auf Grund der Fraktionsstärke steht der
Freiheitlichen Partei der Wahlvorschlag zu. Thomas Prinzhorn war in
den vergangenen drei Jahren Zweiter Nationalratspräsident, und er hat dieses
Amt umsichtig und klug geführt. Er hat unsere volle Unterstützung dabei. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Ich hoffe und ich wünsche mir, dass wir durch eine möglichst große
Unterstützung aller Kandidaten für das Präsidium gleich zu Beginn der neuen
Legislaturperiode sichtbar machen, dass wir ein Zeichen setzen, dass wir
gemeinsam für Österreich, für die Menschen in unserem Land arbeiten wollen und
dass wir dabei dem Parlamentarismus einen besonders hohen Stellenwert
geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
9.44
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Wir setzen die Debatte fort. Nächster
Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige
Redezeitbeschränkung: zirka 10 Minuten. Die Restredezeit der ÖVP beträgt
11 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer.
9.45
Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte
eingangs allen ausgeschiedenen Mitgliedern des Nationalrates sehr herzlich für
ihren Einsatz für die österreichische Demokratie und für das Parlament danken; ebenso
jenen, die die Präsidiale in der letzten Legislaturperiode geführt haben. Ganz
besonders möchte ich mich bedanken beim scheidenden Ersten Präsidenten des
Nationalrates, der dieses Amt zwölf Jahre lang innegehabt hat, es, wie ich
meine, mit großer Umsicht wahrgenommen hat und der zum Inbegriff eines
Parlamentspräsidenten geworden ist. – Heinz Fischer, herzlichen Dank im
Namen der Sozialdemokraten! (Allgemeiner Beifall.)
Ich freue mich
auch darüber, dass sehr viele neue Abgeordnete im Hohen Haus vertreten sind.
Das ist ein gutes Zeichen für die österreichische Demokratie. Wenn da und dort
gesagt wird, dass sich in der Politik an den Persönlichkeiten wenig ändert und
immer alles beim Gleichen bleibt, dann muss ich sagen: Es zeigt gerade die
Zusammensetzung dieses Nationalrates, dass es einen sehr großen Austausch
gegeben hat, und zwar nicht nur auf Grund der Veränderung der Stärkeverhältnisse,
sondern auch in den einzelnen Fraktionen. Das Parlament heute ist ein
erneuertes Parlament, und dazu haben die Österreicherinnen und Österreicher
mit ihrem Votum am 24. November einen ganz deutlichen Beitrag geleistet.
Ich möchte alle
neuen Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen herzlich im Parlament begrüßen
und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit in der nächsten Legislaturperiode. (Allgemeiner
Beifall.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen vor großen Herausforderungen – vor großen Herausforderungen, die sich aus der internationalen Situation und auch aus den Bedingungen Österreichs selbst ergeben. Die internationale Wirtschaft ist in einer schwierigen Situation.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 14 |
Wir können nicht darauf hoffen, dass sich
wirtschaftliche Lösungen durch das Anspringen der Konjunktur in anderen Teilen
der Erde ergeben. Wir sind in vielen Bereichen auf uns selbst gestellt. Daher
wird es in den nächsten Jahren sehr zentral darauf ankommen, welchen Beitrag
wir dazu leisten können, dass die Wirtschaft bei uns eine größere Dynamik
annimmt, dass wir den Anstieg der Arbeitslosigkeit stoppen, um somit mehr Österreicherinnen
und Österreichern die Möglichkeit zur Beschäftigung zu geben, und damit auch
einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die sozialen Sicherungssysteme
in unserem Land auch weiterhin finanzierbar sind. Harte Arbeit liegt vor
uns – gehen wir sie gemeinsam an! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! Unsere Spielräume sind nicht sehr groß. Das Budget des Jahres 2003
wird einige Distanz zum Nulldefizit oder zu einem ausgeglichenen Haushalt
aufweisen, und somit sind die wirtschaftspolitischen budgetären Spielräume
begrenzt. Wenn diese Spielräume begrenzt sind, weil sich alle Parteien, auch
in der Wahlauseinandersetzung, dazu bekannt haben, dass wir die
Budgetstabilität erhalten und ausbauen wollen, dann bedeutet das, dass wir
große Initiativen in Angriff nehmen müssen und uns ganz genaue Fragen stellen
müssen: Was soll in Österreich stärker werden? Für welchen Bereich brauchen
wir mehr Ausgaben und mehr Engagement? Für welche Bereiche unseres Lebens
sollten wir effizienter und sparsamer umgehen?
Ich meine, dass es
angesichts dieser internationalen Wettbewerbssituation, in der wir uns befinden,
dringend notwendig ist, dass wir nicht nur darüber reden: Wie können wir die
Pensionen für heute und für die Zukunft sichern?, sondern dass wir, wenn wir
darüber reden, auch klarstellen müssen, dass wir die Pensionssicherheit und
die Pensionsgerechtigkeit erhöhen wollen und dass daher Pensionen der
Österreicherinnen und Österreicher von der Beschäftigungssituation in unserem
Land abhängig sein sollen und nicht von Spekulationen auf internationalen
Aktienmärkten. An solch einer Reform mitzuarbeiten ist ganz wesentlich! (Beifall
bei der SPÖ.)
Eine Gesellschaft
mit einer höheren Lebenserwartung – Prognosen lauten dahin gehend, dass unsere
Söhne und Töchter, die heute geboren werden, vielleicht schon 90 oder 95 oder
100 Jahre alt werden – bedeutet, dass wir es mit einer geänderten
Gesellschaft zu tun haben werden, und das heißt, dass wir für die
Gesundheitsversorgung unserer Gesellschaft mehr Mittel vorsehen müssen als in
der Vergangenheit. Eine älter werdende Gesellschaft, eine Gesellschaft mit
Menschen mit einer höheren Lebenserwartung muss die Prioritäten in unserem Land
ändern. Ziel bei allen Reformen, die wir angehen, muss es sein, dass in
Österreich die Gesundheitsversorgung nicht vom Einkommen eines Einzelnen
abhängig sein soll, sondern dass wir versuchen, eine Gesundheitsversorgung
für alle zu garantieren – egal, wie hoch das Einkommen des Einzelnen sein
mag! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Es gibt immer Länder, mit denen wir uns
vergleichen. Will man die Bilanz positiv darstellen, vergleicht man sich mit
jenen Ländern, die weniger gut arbeiten als wir. Blickt man nach vorne, dann
sollte man sich mit jenen Ländern vergleichen, die es besser machen als wir.
Wenn heute anerkannt ist, dass die Ausgaben für Forschung und Entwicklung die
tatsächliche Reichtumssicherung unseres Landes darstellen, dann müssen wir uns
mit jenen Ländern messen, die in diesem Bereich weit vor uns liegen. Daher
betrachte ich es als eine große Herausforderung für die nächste
Legislaturperiode, Reformen einzuleiten, die dazu führen, dass wir mehr Mittel
für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellen können, damit nämlich der
Reichtum Österreichs und seiner Bevölkerung nicht nur heute vorhanden, sondern
auch in Zukunft gesichert ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der
Grünen.)
Viele jener Reformen, die notwendig sind, werden eine breite Mehrheit im österreichischen Nationalrat benötigen. Daher soll es ein lebendiges und ein konstruktives Parlament sein, ein Parlament, das versucht, die großen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, auch wenn es unterschiedliche Vorstellungen über den Weg der Lösung gibt. Dabei wird eine entscheidende Rolle spielen, mit welcher Umsicht und mit welcher Weisheit die Präsidiale des österreichischen Parlaments versucht, unsere Arbeit zu organisieren. Wir Sozialdemokraten stehen zu den Usancen und Praktiken des österreichischen Parlaments. Auch wenn Herr Klubobmann Khol uns mit seinen Wortmeldungen als Abgeordneter nicht immer große Freude bereitet hat, erkennen wir an, dass die Österreichische Volkspartei als stärkste Partei das Recht hat, den Ersten
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 15 |
Präsidenten zu nominieren. Ich gehe
davon aus, dass Herr Abgeordneter Khol dieses Amt auch mit großer Umsicht
wahrnehmen wird – von mir bekommt er einen Vertrauensvorschuss. (Beifall
bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)
In der Demokratie
ist es so: Die stärkste Partei stellt den Ersten und die zweitstärkste Partei
den Zweiten Präsidenten. Auch wenn es für Heinz Fischer vielleicht persönlich
nicht so einfach ist, nach zwölf erfolgreichen Jahren als Parlamentspräsident
nun für die Position des Zweiten Präsidenten zu kandidieren, so ist es,
glaube ich, ein Gewinn für uns alle, dass die reiche Erfahrung von Heinz
Fischer uns auch in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen wird und er in der
Präsidiale all seine Erfahrungen einbringen wird, die wir alle gemeinsam in den
letzten zwölf Jahren so geschätzt haben. Daher ist Heinz Fischer der Kandidat
der Sozialdemokraten für den Zweiten Präsidenten, und ich ersuche um Ihre
Unterstützung. (Allgemeiner Beifall.)
Auch wenn die
Entscheidung der Freiheitlichen Partei, wer ihr Kandidat für den Dritten Präsidenten
sein soll, parteiintern umstritten war, respektieren wir die Entscheidung, die
die Freiheitliche Partei getroffen hat: Thomas Prinzhorn hat als Zweiter
Präsident in der letzten Legislaturperiode, so finde ich, versucht, ein guter
Zweiter Präsident zu sein. Ich kann ihm auch keine Vorwürfe in Bezug auf seine
Vorsitzführung machen. Es spricht daher nichts dagegen, dass wir bei der Usance
bleiben, der drittstärksten Partei die Postition des Dritten Präsidenten
zuzuweisen. Ich werde die Kandidatur von Thomas Prinzhorn für diese Funktion
unterstützen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Wir werden heute noch einige sachpolitische Fragen
zu beurteilen haben. Ich möchte aber eines zu Beginn dieser Legislaturperiode
sagen, und zwar vor allem deshalb, weil noch nicht klar ist, wie die künftige
österreichische Bundesregierung zusammengesetzt sein wird. Wir als
Sozialdemokraten haben heute einen Antrag dahin gehend eingebracht, dass in
Zukunft im österreichischen Parlament die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen
ein Minderheitsrecht sein soll. Egal, wer in der Opposition oder wer in der Regierung
ist: Ich würde es für gut halten, wenn diese Initiative unterstützt wird, denn
ein Parlament braucht starke Kontrollrechte, ein Parlament muss lebendig sein,
wenn es wirklich mit der Regierung auch verantwortungsvoll umgehen will.
Daher würde ich
mich freuen, wenn wir über diese Frage, noch bevor es zu einer Regierungsbildung
kommt, Konsens erzielen könnten, sodass eine effiziente Kontrolle der Exekutive
im österreichischen Nationalrat möglich ist. Unterstützen Sie unseren Antrag,
setzen wir jetzt Schritte für ein wirksames, effizientes Parlament in der
nächsten Legislaturperiode! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)
9.56
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es
verbleibt eine Redezeit von 9 Minuten für die SPÖ-Fraktion.
Zu Wort gemeldet
ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.
9.57
Abgeordneter
Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen
und Herren! Mit der heutigen Angelobung der Damen und Herren Abgeordneten der
XXII. GP hat eine neue Stunde des österreichischen Parlaments begonnen.
Die Wahlen vom 24. November dieses Jahres haben für meine Fraktion einen
schmerzlichen Verlust mit sich gebracht, trotzdem ist unübersehbar, dass noch
immer die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher eine Fortsetzung
des Reformweges für Österreich und im Interesse Österreichs wünscht.
Ich möchte mich zu
Beginn der XXII. Gesetzgebungsperiode bei den bisherigen drei Präsidenten,
bei Ihnen, Herr Präsident Dr. Fischer, beim Zweiten Präsidenten
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn und beim Dritten Präsidenten Dr. Werner
Fasslabend, sowie bei allen ausgeschiedenen Kolleginnen und Kollegen für die
in der XXI. Gesetzgebungsperiode geleistete Arbeit herzlichst bedanken. (Allgemeiner
Beifall.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 16 |
Ich möchte namens
der freiheitlichen Fraktion allen heute im Nationalrat neu angelobten Kolleginnen
und Kollegen eine gute Zusammenarbeit für die XXII. Gesetzgebungsperiode
im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher signalisieren.
Mit der Wahl des
Präsidiums des österreichischen Nationalrates werden neben dem Bundespräsidenten
und neben dem Verfassungsgerichtshof die Hüter der österreichischen Bundesverfassung
gewählt. Die Nationalratspräsidenten sind in ihrer Funktion als Hüter der
Verfassung, vor allem in einer Zeit, wo die Regierungsbildung noch aussteht und
wo es durchaus möglich ist, dass die Optionen in diesem Hohen Haus auch eine
Regierung ergeben, die über eine satte Vier-Fünftel-Mehrheit in diesem
Parlament verfügt und daher alle verfassungsmäßigen Möglichkeiten der Änderung
dieses Staates hat, von besonderer Bedeutung.
Seit mehr als zwei
Jahrzehnten ist es gute Tradition in diesem Hause, dass der Erste Präsident von
der stimmenstärksten Fraktion des österreichischen Parlaments gestellt wird.
Wir erkennen daher die Kandidatur von Klubobmann Dr. Andreas Khol für
die Position des Ersten Präsidenten des Nationalrates nicht nur an, sondern
wir werden als freiheitliche Fraktion die Wahl von Dr. Andreas Khol in die
Funktion des Ersten Präsidenten des Nationalrates auch bestens unterstützen.
Es war
unübersehbar, lieber Andreas, dass wir in all den Jahren, in denen wir beide
gemeinsam diesem Parlament angehört haben, persönlich sehr unterschiedliche
Positionen vertreten haben. Aber für mich als ehemaligem Dritten Präsidenten
dieses Nationalrates war es auch unübersehbar, dass du dich immer auf der
Seite der Hüter der Verfassung und des Parlamentarismus befunden hast. Daher
ist deine Kandidatur eine gute Kandidatur und wird von uns unterstützt. (Beifall
bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
Es ist für meine
Fraktion auch beachtenswert, dass mit der Kandidatur des derzeitigen Ersten Präsidenten
Dr. Heinz Fischer – der mehr als ein Jahrzehnt lang die Funktion des
Ersten Präsidenten im österreichischen Nationalrat innegehabt hat – für die
Position des Zweiten Präsidenten des österreichischen Nationalrates ein
deutliches Signal der Kontinuität und der Weiterführung der Traditionen in
diesem Hohen Hause gegeben wird. Gemeinsam mit meiner Fraktion werde ich die
Kandidatur der sozialdemokratischen Fraktion für den Zweiten Präsidenten des
Nationalrates ausdrücklich mit unterstützen. (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Wir Freiheitlichen
haben für die Wahl des Dritten Präsidenten des Nationalrates mit
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn den derzeitigen Zweiten Präsidenten des Nationalrates
vorgeschlagen. Wir setzen mit Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn – wie das
dankenswerterweise auch die beiden Vorredner der stimmenstärksten und der
zweitstärksten Fraktion dieses Hauses erwähnt haben – auf einen
Präsidenten, der sich in der vergangenen Legislaturperiode, in der
XXI. GP, in seiner Funktion als Zweiter Nationalratspräsident bewährt hat.
Wir setzen im
Übrigen mit dieser Kandidatur, ähnlich wie die sozialdemokratische Fraktion,
trotz des schmerzlichen Verlustes von Wählerstimmen, den wir hinnehmen mussten,
bei der Besetzung der Position des Dritten Präsidenten auch auf Tradition und
Kontinuität in der Führung des Präsidiums des österreichischen Nationalrates.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Man mag in der Öffentlichkeit oft über manche Traditionen im Hohen
Hause lächeln, aber in schwierigen Stunden des Parlamentarismus hat es sich
bewährt, dass auch die stimmenstärkste, die stimmenzweitstärkste und die
stimmendrittstärkste Fraktion des Hohen Hauses in ihrem Vorschlagsrecht jeweils
von der Mehrheit des österreichischen Nationalrates unterstützt worden sind.
Das Präsidium des
Nationalrates als Hüter der Verfassung und das Wort des Parlamentarismus in
Österreich sind uns Freiheitlichen wichtig. Wir meinen, dass wir mit der
Kandidatur von Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn eine hervorragende
Persönlichkeit zur Wahl vorschlagen, denn er hat durch seine Geschäftsführung
in der letzten Gesetzgebungsperiode bewiesen, dass er dem Parlamentarismus und
den Verfassungsfunktionen nicht nur verpflichtet ist, sondern sie auch bestmöglich
und nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 17 |
Sehr geehrte Damen
und Herren! Österreich steht vor schwierigen Entscheidungen. Die Weltwirtschaftssituation
hat sich in den letzten Jahren deutlich getrübt. Die internationalen Medien berichten –
trotz der vorweihnachtlichen Zeit in den christlichen Ländern – von
ernstlichen Bemühungen und Waffenrasseln im Nahen Osten. Viele Menschen in
Österreich zittern um ihren Arbeitsplatz, und die älteren Menschen in unserem
Lande machen sich um ihre gesundheitliche und pflegerische Versorgung Sorgen.
Wir haben in der
XXI. Gesetzgebungsperiode dafür gesorgt, dass wir durch Einsparungen im
Staatshaushalt heute die Möglichkeit haben, unter Einhaltung der
Maastricht-Kriterien wichtige zusätzliche Anreize für die Zukunft dieses
Landes zu setzen, wichtige Anreize, um die Arbeitsplätze in Österreich
abzusichern und die Arbeitslosenzahlen wieder auf jenes Maß zu reduzieren,
das der Vollbeschäftigung hoffentlich bald wieder nahe kommt. Aber wir dürfen
auch nicht übersehen, dass ein kleines Land wie Österreich mit all seinen
budgetären Maßnahmen nur in der Lage ist, beginnende
Strukturankurbelungseffekte zu verstärken, aber nicht imstande ist, als Binnenland
von sich aus gegen den internationalen Trend in entscheidender Form Schwerpunkte
zu setzen.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Ich glaube, dass in dieser Zeit, in der wir uns alle noch in Sondierungsgesprächen
zur Regierungsbildung befinden, die Zukunft dieses Landes so wichtig ist, dass
meine Fraktion sich trotz einer schmerzlichen Wahlniederlage zu Recht dazu entschlossen
hat, sich nicht der Verantwortung für die Zusammenarbeit in
diesem Staat im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher zu
entziehen, sondern sich dieser Zusammenarbeit verpflichtet zu fühlen und
dafür bereitzustehen.
Wir glauben, dass
uns die gute Arbeit der XXI. Gesetzgebungsperiode, aber auch die noch aus
den vorangegangenen Gesetzgebungsperioden herüberreichenden Probleme auch in
der Zukunft zur Sanierung dieses Staates und zur weiteren Fortführung eines
gesunden Wirtschaftskurses im Interesse aller Österreicherinnen und
Österreicher zwingen. Wir sind bereit, diese Aufgabe anzunehmen und uns dieser
Ansage auch zu stellen.
Wir stehen vor der
Öffnung Osteuropas. Gerade mein Ministerium hat im Sozialbereich, aber auch im
Gesundheitsbereich in den letzten zwei Jahren sehr viele Kontakte mit den
künftigen europäischen Partnern gehabt. Es ist daher vielleicht keiner hier in
diesem Saale so befugt wie ich, davon zu sprechen, dass wir in Zukunft gerade
in den Sozialbereichen und in den Gesundheitsbereichen eine maßgebliche
Veränderung in Europa erleben werden.
Die östlich von
uns liegenden Staaten sind in diesen beiden Bereichen noch deutlich schlechter
gestellt als die Republik Österreich, und daher wird es wichtig sein, die
Absicherung unseres Wirtschaftsstandortes, die Absicherung unseres
hervorragenden Gesundheitssystems, die Absicherung des Rückgrats der
österreichischen Wirtschaft, nämlich der Klein- und Mittelbetriebe, vorrangig
so zu betreiben, dass wir auch in der XXII. GP und in den nachfolgenden
Gesetzgebungsperioden zu den reichsten Ländern Europas, zu den blühendsten
und prosperierendsten Staaten Europas gehören werden.
Wir haben wichtige
Herausforderungen und Vorhaben vor uns. Der österreichische Nationalrat wird
berufen sein, diese Vorhaben nicht mit der Brille der Parteien zu betrachten,
sondern mit der Brille der Notwendigkeit des Staates zu
regulieren und durchzuführen. Meine Fraktion, sehr geehrte Damen und Herren,
wird dazu bereit sein, und ich wünsche dem neuen Nationalrat für die
XXII. Gesetzgebungsperiode viel Erfolg und alles Gute!
Ich darf Sie alle
ersuchen, unseren Kandidaten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn bei der Wahl zum Dritten
Nationalratspräsidenten – der guten Tradition seit dem Jahre 1983
folgend – zu unterstützen und mit zu wählen. – Danke schön! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
10.08
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Die restliche Redezeit der
freiheitlichen Fraktion beträgt 10 Minuten.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 18 |
Ankündigung eines
Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das
Wort erteile, darf ich bekannt geben, dass die Abgeordneten Mag. Kogler
und Fraktion nach § 33 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen
Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der so genannten
Abfangjäger-Nachbeschaffung einzusetzen.
Ferner liegt das
von fünf Abgeordneten gestellte geschäftsordnungsmäßige Verlangen vor, eine
Debatte über diesen Antrag durchzuführen.
Diesem Verlangen
ist Rechung zu tragen.
Für die Struktur
der Debatte gilt § 57a der Geschäftsordnung, das heißt, Herr Abgeordneter
Kogler wird den Antrag 10 Minuten lang begründen, und dann hat jede Fraktion
in der Reihenfolge des Stärkeverhältnisses eine Redezeit von 5 Minuten.
Für den Zeitpunkt gilt § 57b der Geschäftsordnung, das heißt, die Debatte
findet nach Erledigung der Debatte über den Dringlichen Antrag statt, aber
spätestens um 15.00 Uhr.
*****
Als Nächster zu
Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
10.09
Abgeordneter
Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Das Wahlergebnis vom 24. November 2002 hat in der Tat
eine erhebliche Verschiebung der relativen Kräfteverhältnisse gebracht, das
wissen wir alle, unter anderem auch eine Änderung der Sitzordnung in diesem
Hohen Haus. Ich freue mich für die Grünen, dass wir einige Plätze mehr
besetzen. Ich freue mich über neue Nachbarn, das sage ich ganz offen. Einige
Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei hospitieren sozusagen in unserem
Flügel. – Welcome to the Club! (Heiterkeit.)
Über den Gang und
teilweise weiter oben haben einige Kollegen neue Nachbarn in Form von Abgeordneten
der Freiheitlichen Partei. Auch hier – gar keine Vorbehalte! Ich kann mich
noch gut erinnern, als ich vor acht Jahren ins Parlament gekommen bin, saß ich
auch an diesem Gang, glaube ich, irgendwo da weiter hinten, und mein Kollege
auf der anderen Seite des Ganges waren, glaube ich, Sie, Herr Schweitzer! (Heiterkeit. –
Abg. Mag. Schweitzer: War doch okay!) – Wir haben schon
ein bisschen eine Hetz miteinander gehabt hin und wieder, nicht? – Ja,
okay.
Hauptsache ist
heute natürlich der Tagesordnungspunkt 2, die Wahl der Präsidenten. Die
Usancen – diese berühmten Usancen des Hohen Hauses; „Spielregel“ wäre,
finde ich, zu viel gesagt – besagen, dass die nunmehr stärkste Partei,
die Österreichische Volkspartei, den Präsidenten des Nationalrates vorschlagen
kann, der gleichwohl von der absoluten Mehrheit der Abgeordneten dieses Hohen
Hauses zu wählen ist.
Ich will diese
Usancen nicht gering schätzen – ich möchte das ausdrücklich
betonen –, denn sie haben in verschiedener Hinsicht Vorteile: Sie geben
eine gewisse Sicherheit im Procedere, in den Vorgangsweisen, in den
Spielregeln, ja sie haben sogar die Eigenschaft, zumindest manchmal einen
gewissen Minderheitenschutz darzustellen, dagegen, dass die Mehrheit des
Hauses, wie immer sie gestaltet sein mag, über die jeweilige Minderheit
drüberfährt.
Aber wie es halt
so ist in der Politik, gibt es immer Pros und Contras, und das Contra in diesem
Fall ist die Tatsache, dass Herr Kollege Khol natürlich Mitglied der ÖVP und
daher Mitglied der aller Wahrscheinlichkeit nach – mit fast
100-prozentiger Wahrscheinlichkeit kommenden – jetzigen und kommenden
Regierungspartei ist, und daher wird auf den Herrn Präsidenten, der gleichzeitig
dieser Partei angehört, eine besondere Verantwortung zukommen. Ich werde später
darauf kurz zu sprechen kommen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 19 |
Das Wahlergebnis
vom 24. November 2002 bringt es auch mit sich, dass Heinz Fischer nicht
für das Amt des Ersten Präsidenten, sondern für jenes des Zweiten Präsidenten
kandidiert. Gestatten Sie mir, dass ich darauf kurz Bezug nehme.
Heinz Fischer war
im Großen und Ganzen ein fairer und vorbildlicher Präsident dieses Hohen Hauses.
Natürlich waren wir nicht immer mit allem einverstanden, aber heute ist nicht
der Zeitpunkt, sich mit Kleinlichkeiten auseinanderzusetzen. Wie gesagt, im
Großen und Ganzen fanden wir diese Präsidentschaft vorbildlich. Das empfinden
auch alle meine Kolleginnen und Kollegen im grünen Klub so.
Dies ist nicht
ganz selbstverständlich. Heinz Fischer ist ja nicht sozusagen als Vorbild vom
Himmel gefallen, auch nicht als Präsident, er war früher Klubobmann bei den
Sozialdemokraten. Diese Zeit habe ich nicht erlebt, aber wie ich höre, war
Heinz Fischer als Klubobmann so wie die anderen Klubobleute auch parteiisch und
im Interesse der Sozialdemokraten tätig. Das nehme ich einmal an, das ist
jeder Klubobmann. Er hat sich aber in diesem Amt des Ersten Präsidenten
gewandelt.
Es gab eine
zweite, wie ich meine, einschneidende Geschichte, und das sollte man schon betonen:
Als Heinz Fischer in der letzten Legislaturperiode gewählt wurde, nämlich 1999,
war er Mitglied einer Regierungspartei, und zwar der damaligen Kanzlerpartei.
Im Februar 2000 war das anders, da war er Mitglied einer Oppositionspartei,
und wenn ich mich nicht täusche – korrigieren Sie mich, Herr Khol, wenn
ich mich irre! –, ist das einmalig in der gesamten
Geschichte der Zweiten Republik, dass der Präsident des Nationalrates Mitglied
einer Oppositionspartei ist. Doch: Es hat funktioniert! Es ist nicht
notwendig – das sollte man sich für die Zukunft auch merken! –, dass
der Präsident des Nationalrates in all seiner Machtfülle Mitglied einer
Regierungspartei ist. Es hat mit Heinz Fischer als Sozialdemokraten und damit
oppositionellem Abgeordneten glänzend funktioniert.
Ich halte diese
Erfahrung für sehr gut, gut für den Parlamentarismus, dass der Präsident des
Parlaments, das ja weder Erfüllungsgehilfe der Regierung ist und sein kann,
aber gleichzeitig auch nicht Obstruktion gegen die Regierung betreiben kann, in
dieser schwierigen Situation die Interessen des Parlaments in Kooperation mit
den Regierungsparteien durchaus perfekt wahrnehmen kann.
Ich habe immer
wieder festgestellt, dass der Präsident vom Gesetz her eine Fülle von Machtmöglichkeiten
hat. – Herr Kollege Khol! Bitte seien Sie ein bisschen vorsichtig, ich
mahne Sie schon jetzt. Ich traue es Ihnen ohnehin zu, es auch zu sein. Die
Präsidiale als Konsenskonferenz, wo man versucht, Konsens herzustellen –
schön und gut! Fast immer ist es uns gelungen, Konsens herzustellen, aber wenn
es nicht gelänge, dann könnte der Präsident allerhand machen.
Eine Anekdote zum
Beispiel ist mir in Erinnerung. War es nicht das letzte Mal 1999, als wir wieder
große Probleme hatten, die Sitzordnung festzulegen? Da hat uns der Präsident, Heinz
Fischer, gedroht, die Sitzordnung alphabetisch vorzunehmen,
falls die vier Parteien zu keiner Einigung kämen. – Das hat übrigens
gewirkt! (Heiterkeit.)
Auch in Erinnerung
bleiben wird mir die Eigenart von Heinz Fischer, nach Möglichkeit Präjudize zu
vermeiden, was ich für ein völlig aussichtsloses Unterfangen halte. Aber bei
jeder Entscheidung, die er trifft, sagt er: „unpräjudiziell“ – auch dann,
wenn sie der Geschäftsordnung entspricht! (Heiterkeit.)
Ich habe es mir einmal geleistet – ich glaube, das ist ein berühmter und noch immer einzigartiger Fall –, in eigener Sache eine tatsächliche Berichtigung vorzunehmen. Herr Kollege Khol hat mir damals inhaltlich geholfen. Ich hatte behauptet – der Zusammenhang ist ja egal –, etwas wäre von Shakespeare. Es gab lange Debatten, ob das überhaupt stimmt, und Herr Khol hat mich dann aufgeklärt und gesagt, nein, Schiller wäre es. Dann habe ich eine tatsächliche Berichtigung gemacht, aber weil das so eigenartig war, ging ich vorher zum Präsidenten und sagte, dass ich eine tatsächliche Berichtigung machen möchte, aber mich selbst berichtigen
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 20 |
werde. – Das
löste großes Stirnrunzeln aus, großes Stirnrunzeln und Blättern in der
Geschäftsordnung, und es wurde mir dann „unpräjudiziell“ genehmigt. (Neuerliche
Heiterkeit.)
Meine Damen und
Herren! Das ist eine geheime Wahl. Ich wundere mich ja, wie die
anderen Klubs mit Sicherheit wissen können, wer da wie abstimmt. Ich meine, wir
sind immer noch im Nationalrat, wo frei gewählte Abgeordnete sitzen, die in geheimer
Wahl die Präsidenten wählen. (Lebhafter Beifall bei den Grünen.)
Im grünen Klub haben wir das betont, und es steht jeder und jedem Abgeordneten
frei, abzustimmen, wie sie oder er es für richtig hält.
Abgesehen davon
nehme ich doch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit an, dass die meisten
Grünen – ich drücke mich jetzt ohnehin vorsichtig aus, aus Respekt vor
meinem Klub – Heinz Fischer wählen werden, und zwar aus Respekt vor der
Person. Ich betone, aus Respekt vor der Person, und – sorry! – nicht,
weil ihn die Sozialdemokraten vorgeschlagen haben.
Für das Amt des
Dritten Präsidenten schlagen wir Terezija Stoisits vor. Alle kennen Terezija
Stoisits. Sie ist eine langjährige, erfahrene Abgeordnete. Sofern ich mich
nicht irre, ist sie seit zwölf Jahren im österreichischen Parlament als
Abgeordnete tätig. Sie ist bekannt für ihren Einsatz als Justizsprecherin und
als Minderheitensprecherin der Grünen. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für
Menschenrechte. Sie hat sich in ihrem Engagement nicht nur Freunde gemacht,
das wissen wir auch alle in diesem Haus. Aber dafür sitzen wir auch nicht hier,
dass wir uns nur Freunde machen, sondern wir machen uns hin und wieder auf
Grund unserer politischen Positionen auch Gegner und Gegnerinnen.
Last but not least
halte ich und hält der grüne Klub es für richtig und angemessen, wieder einmal
eine Präsidentin zu haben. Mein Gedächtnis ist nicht sehr gut,
aber ich glaube nicht, dass man die fünf Finger einer Hand braucht, um die
Präsidentinnen dieses Hohen Hauses abzuzählen. Zwei, glaube
ich, hat es in der Vergangenheit gegeben, und zwar in mittlerweile 57 Jahren
des Nationalrates seit 1945. – Das ist schon sehr bescheiden, meine Damen
und Herren!
Es geht auch nicht
darum, die Usancen in diesem Fall beim Amt des Dritten Nationalratspräsidenten
zu zitieren. Der Erste Präsident, der ist tatsächlich mächtig, wenn er will,
wenn er kann; der Zweite und Dritte nicht. Es geht um die Mitarbeit mit den
Präsidenten, es geht natürlich um die Vorsitzführung, es geht darum, am Präsidium
zu versuchen, die Leidenschaft der Abgeordneten irgendwie unter Kontrolle zu
halten, was in der Regel gelingt. Das sind alles wichtige Dinge, aber dafür
die Usancen zu strapazieren, das halte ich in diesem Fall nicht für richtig.
Die Grünen unterscheiden
sich genau durch ein Mandat von den Freiheitlichen. – Ich
glaube, dass es vollkommen legitim ist, von Seiten der Grünen, so wie bei den
vergangenen Malen, aber jetzt ganz besonders, eine Kandidatin für das Amt des
Dritten Präsidenten aufzustellen. (Beifall bei den Grünen.)
Nun zu Herrn Khol.
Es ist keine Frage, dass die ÖVP ihren prominentesten, wichtigsten und spannendsten
Parlamentarier der letzten Jahre hier für das Amt des Ersten Präsidenten aufbietet.
Das, glaube ich, steht völlig außer Streit.
Wir kennen Herrn
Khol als längjährigen Klubobmann, wir kennen ihn aber auch – und das
trifft jetzt insbesondere für die Grünen zu – als Koordinator der
blau-schwarzen Regierung. Wir kennen Sie, Herr Khol, als Koordinator der
Klubs: des schwarzen Klubs mit der Regierung, aber vor allem auch des ÖVP-Klubs
mit dem Klub der Freiheitlichen. Sie und Westenthaler werden irgendwie schon
rein optisch in die Geschichte eingehen. Das ist uns auch noch im Kopf. –
Das war halt Ihr Job. Sie haben ihn gut gemacht.
Politisch gesehen
waren wir natürlich auf der anderen Seite des Zauns. Es hat genug Anlässe gegeben,
bei denen wir einander in die Haare geraten sind. Da hat es Konflikte auf
politischer Ebene ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.) – Nun ja, Sie haben
noch ein paar Haare, und ich habe auch noch ein paar Haare. Das geht schon. Für
Konflikte reicht es, Herr Khol.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 21 |
Dieser Manager von
Blau-Schwarz ist uns im Kopf. Es stimmt schon, dass die Menschen mit dem
Wechsel des Amtes in der Regel auch noch mehr ändern, aber Vorbehalte in diese
Richtung gibt es noch.
Dessen ungeachtet
waren unsere persönlichen Beziehungen – jetzt meine ich Sie und mich ganz
persönlich und nicht meinen Klub – nicht schlecht. Als ich vor acht Jahren
im Parlament als Hinterbänkler anfing, hatte ich genau den gleichen Stress bei
Reden wie ihn, glaube ich, jeder Neuling im Parlament hat, und ich kann mich
gut daran erinnern, dass mir in den ersten Monaten, wenn ich hier am
Rednerpult halt irgendetwas dahergestottert habe, Kollege Khol aus mir bis
heute unerfindlichen Gründen irgendwie hilfreich zur Seite stand, dass er nicht
unangenehme Zwischenrufe von sich gegeben hat und nicht versucht hat, mich zu
verwirren, sondern, im Gegenteil, irgendwie unterstützend tätig war. Ich
meine, das registriert man schon!
Anekdotisch fällt
mir dazu meine „Tabakrede“ ein, mein Grimm über die Illiberalität und die Grauslichkeiten
der damaligen Tabaknovelle, die mich heute noch in Wut bringt. Ich bin damals
zum Rednerpult herausgegangen, und Khol sagte aus unerfindlichen Gründen: „Der
Van der Bellen ist ein gescheiter Mensch.“ – Ich weiß nicht, wie er darauf
kam. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ.) Ich sagte
vom Rednerpult aus: „Ich danke ... Ich spreche allerdings jetzt nicht als
g’scheiter Mensch, sondern als Raucher.“ (Heiterkeit bei Abgeordneten der
Grünen sowie des Abg. Dr. Khol.) –
Das waren so Kleinigkeiten, die für den Neuling in diesem Parlament hilfreich
waren.
Welche
Eigenschaften ich an Herrn Khol schätze, habe ich schon hinreichend öffentlich
gesagt. Ich glaube, das brauche ich heute nicht zu wiederholen.
Ich hoffe, dass
Sie registrieren, Herr Khol, dass Sie zwar Mitglied –
selbstverständlich – der Österreichischen Volkspartei sind, dass die ÖVP
aller Voraussicht nach in den kommenden Jahren Regierungspartei sein wird,
dass aber das Amt des Präsidenten nicht das des Erfüllungsgehilfen des
Ballhausplatzes ist, sondern etwas ganz anderes. (Beifall bei den Grünen und
der SPÖ.)
Ich zweifle nicht
daran, dass Sie gute Vorsätze haben, aber Sie wissen ja, wie das mit den guten
Vorsätzen ist und welche Wege damit gepflastert sind. Ich hoffe, dass Sie diese
Vorsätze dann, wenn sie gut sind, ausführen und durchhalten werden und dass Sie
den Versuchungen, die zweifellos auf Sie zukommen werden, widerstehen werden.
Sie sehen schon:
Ich gehe davon aus, dass Sie gewählt werden – selbstverständlich. Ich
würde nach vielen Gesprächen mit meinen Kolleginnen und Kollegen, ungeachtet
der Wahlzelle und des Geheimnisses der Stimmabgabe, sagen: Sie werden die eine
oder andere Stimme von Grünen als Vertrauensvorschuss erhalten, und Sie werden
die eine oder andere Stimme von Grünen nicht erhalten, weil sie noch in
Reserve sind. Aber die Verhältnisse können sich auch ändern.
Ich wünsche Ihnen
jedenfalls schon jetzt alles Gute! Ich wünsche mir eine gute Zusammenarbeit
innerhalb und außerhalb der Präsidiale, Herr Kollege Khol! (Beifall bei den
Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Schüssel.)
10.24
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Die restliche Redezeit des grünen
Klubs beträgt 5 Minuten.
Die Formulierung
„ohne Präjudiz“ bei der tatsächlichen Berichtigung war berechtigt, denn wenn
sich Kollege Van der Bellen jetzt zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort
melden würde, um die Formulierung „dahergestottert“ zu korrigieren, würde er nicht das Wort zu einer tatsächlichen
Berichtigung erhalten. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen und der SPÖ.)
Zu Wort gelangt
Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Die Uhr ist auf 15 Minuten eingestellt. (Abg.
Rauch-Kallat: Wir haben nur mehr
elf!) Der Bundeskanzler hat
nur 5 Minuten geredet. (Abg. Rauch-Kallat:
Nein, neun!)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 22 |
Ich bitte um
Entschuldigung. Es gab am Anfang ein Problem mit der Zeitnehmung. Man hat mir
hier gesagt, 5 Minuten. (Abg. Rauch-Kallat – auf dem Weg zum Rednerpult –:
Ich nehme auch 15!) Ich korrigiere auf eine restliche Redezeit von
11 Minuten.
10.25
Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Hohes Haus! Lassen Sie mich
ganz am Beginn meiner Rede dem scheidenden Präsidium des Nationalrates sehr
herzlich für die gute Zusammenarbeit und die hervorragende Vorsitzführung
danken, aber auch dem Ersten Präsidenten auch für sein Amt als Zweiter
Präsident und dem Zweiten Präsidenten für die neue Funktion als Dritter
Präsident Glück wünschen und vor allem unserem Dritten Präsidenten Werner
Fasslabend ganz besonders herzlich für seine besonders gute Vorsitzführung in
dieser Funktion danken! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Der heutige Tag bietet aber auch Gelegenheit, am Beginn einer Legislaturperiode
eine kurze Standortbestimmung vorzunehmen und zu fragen: Wo steht Österreich
heute? – Österreich steht am Beginn dieser Legislaturperiode gut da, und
das ist nicht selbstverständlich, denn in weltwirtschaftlicher Hinsicht haben
wir schwierige Jahre hinter uns und ganz sicher auch noch schwierige Jahre vor
uns.
Österreich hat
sich aber in den letzten drei Jahren, seit Beginn der letzten Legislaturperiode
im Jahr 1999, hervorragend behaupten können. Wodurch könnte das besser
bewiesen werden als durch internationale Rankings? – Österreich steht nach
dem World Competitiveness Report 2002 wie im Vorjahr in der
Wettbewerbsfähigkeit international auf Platz 18. Wir liegen auf
Platz 15 beim liberalen wirtschaftlichen Umfeld. Das bedeutet, dass sich
Österreich im Vergleich von 123 Ländern gegenüber 1995 von Platz 28
um 13 Plätze verbessern konnte.
Österreich nimmt
bei der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes
Platz 13 ein. Auch das ist eine Verbesserung um fünf Plätze seit dem
Jahr 1999: Im Jahr 1999 nahmen wir Platz 18 ein, im
Jahr 2000 Platz 15, 2001 Platz 14 und jetzt, im Jahr 2002,
liegen wir auf Platz 13. – Herzlichen Dank, Wolfgang Schüssel und
Martin Bartenstein, für diese hervorragende Performance! (Beifall bei der
ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Österreich liegt
bei den Ländern, die am stärksten international verflochten sind, auf
Platz 9 und bei den Ländern, die ein besonderes internationales
politisches Engagement zeigen, auf Platz 6. – Herzlichen Dank,
Wolfgang Schüssel und vor allem auch Benita Ferrero-Waldner, für dieses
Ranking! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)
Österreich
liegt – und darauf sind wir unglaublich stolz – bei der Qualität der
Gesundheitsinfrastruktur, der Luftqualität, der persönlichen Sicherheit und
der allgemeinen Lebensqualität weltweit an erster Stelle. – Ein
herzliches Dankeschön allen Ministern, Regierungsmitgliedern, aber auch allen
Abgeordneten dieses Hohen Hauses, die dazu beigetragen haben! Danke sehr! (Beifall
bei der ÖVP.)
Ganz besonders
stolz waren wir darauf, dass Österreich nicht nur bei der PISA-Studie hervorragend
abgeschnitten hat, sondern dass wir bei einer internationalen Bewertung der
öffentlichen Schulen in Österreich, die von 80 Managern vorgenommen
wurde, gemeinsam mit Finnland an erster Stelle gelandet sind. – Danke
vielmals, Elisabeth Gehrer! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg.
Dipl.-Ing. Prinzhorn.)
Danke natürlich
auch all den Lehrerinnen und Lehrern, die dabei mitgeholfen haben! Danke auch
allen Beamtinnen und Beamten des Innenressorts, der Gendarmerie, der Polizei,
die dieses Land zu einem sicheren Land gemacht haben! (Beifall bei der
ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Wir wollen diese Position auch weiterhin halten, auch wenn wir wissen,
dass das nicht ganz leicht sein wird, denn es werden sowohl international große
Herausforderungen auf uns zukommen als auch national bei der Sicherung
unseres hervorragenden Gesundheitssystems und unseres hervorragenden
Sozialsystems.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 23 |
Wir wollen daher
diesen Wettbewerb weiter sehr ernst nehmen, aber gleichzeitig die kommende
Legislaturperiode vor allem für eine Schwerpunktsetzung im sozialen Bereich
nützen.
Wir haben im
nächsten Jahr, 2003, das „Internationale Jahr der Behinderten“, wir haben im
Jahr 2004 das „Internationale Jahr der Familie“, und es ist uns von der
Österreichischen Volkspartei ein ganz besonderes Anliegen, den sozialen
Zusammenhalt zwischen den Generationen und Geschlechtern ganz oben anzusiedeln.
Meine Damen und
Herren! Wir möchten vor allem im nächsten Jahr und in dieser Legislaturperiode
die Bedürfnisse, die Sorgen, aber vor allem auch die berechtigten Anliegen von
behinderten Menschen oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen ganz besonders
in den Vordergrund stellen.
Ich freue mich
daher ganz besonders darüber, dass wir mit Franz-Joseph Huainigg einen betroffenen,
engagierten Menschen dafür gewinnen konnten, in dieser Legislaturperiode für
die Anliegen behinderter Menschen hier in diesem Haus und darüber hinaus zu wirken.
(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Ich bin überzeugt
davon, dass es uns – wie schon in der Vergangenheit – gelingen wird,
gerade in Behindertenfragen gemeinsam über Fraktionsgrenzen hinweg gute
Ergebnisse zu erzielen, und ich hoffe sehr, dass es uns gelingen wird, das seit
vielen Jahren ins Auge gefasste Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen
zustande zu bringen.
Es ist uns aber
auch ein ganz besonderes Anliegen, insbesondere was die Familien anbelangt,
auch in dieser Legislaturperiode an unserer Arbeit für Österreichs Familien
weiterzuwirken. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode mit dem
Kinderbetreuungsgeld für drei Jahre Österreich einmal mehr an die Weltspitze
in der Familienförderung gebracht, und es wird uns auch in dieser
Legislaturperiode ein besonderes Anliegen sein, daran intensiv
weiterzuarbeiten.
Es ist für uns
ganz wichtig, dass wir den Eltern in einer sich ständig verändernden Welt mehr
Zeit für Kinder geben. Es ist uns ganz besonders wichtig, dass die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur für Väter, sondern auch für
Mütter eine Selbstverständlichkeit ist und dass dabei trotzdem die Kinder nicht
zu kurz kommen dürfen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)
Wir werden daher
unser Augenmerk ganz besonders darauf richten, Eltern bei ihrer schwierigen
Aufgabe zu unterstützen und ihnen möglichst viel Hilfe auch bei der Erziehung
ihrer Kinder anzubieten.
Meine Damen und
Herren! Es ist mir aber auch ganz besonders wichtig, dass diese Legislaturperiode
von einer Fairness zwischen den Geschlechtern und den Generationen getragen
wird. Als Frauenpolitikerin, als Frauensprecherin meiner Partei ist es mir ein
besonderes Anliegen, dass jene Benachteiligungen, die in unserer Gesellschaft
in der Realität – im Gesetz nicht mehr, aber in der Realität –
tatsächlich noch existieren, in dieser Legislaturperiode intensiv abgebaut
werden. Ich möchte in diesem Bereich vor allem, was die Einkommensschere
zwischen Frauen und Männern und die Karrierechancen von Frauen anlangt, in
dieser Legislaturperiode eine ganz deutliche Weiterentwicklung zustande
bringen.
Es ist mir daher
ein Anliegen, dass das Gender Mainstreaming – ein Ausdruck, von dem niemand
weiß, was er wirklich bedeutet; im Prinzip handelt es sich dabei um die
geschlechterbezogene Betrachtungsweise jeder gesetzlichen Maßnahme – in
dieser Legislaturperiode auch einen entsprechenden Niederschlag findet.
Es ist mir aber auch wichtig, dass vor allem zwischen den Generationen Fairness herrscht, dass vor allem bei den Pensionen ganz entscheidend weitergearbeitet wird. Wir wissen: Wer Gutes bewahren will, muss manches verändern. – Ich bin froh, dass es in der letzten Legislaturperiode gelungen ist, einen ersten ganz wichtigen Schritt zur Sicherung der Pensionen zu setzen, und ich bin froh, dass wir mit den jüngsten und ältesten Abgeordneten in diesem Haus – Andreas
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 24 |
Khol ist ja Vizepräsident des Seniorenbundes – auch innerhalb unserer
Fraktion diese Generationengerechtigkeit haben.
Ich wünsche mir
Fairness zwischen Stadt und Land, Fairness zwischen den Sozialpartnern und vor
allem auch eine gute ökosoziale Marktwirtschaft.
Meine Damen und
Herren! Wir bieten Ihnen eine faire und gute Zusammenarbeit an. Ich hoffe, dass
es uns auch gelingen wird, in Verfassungsfragen Einigkeit zu finden, und ich
bin sehr froh, dass wir auch in dieser Legislaturperiode ein lange gehegtes
Anliegen erfüllen werden: Sie haben uns überzeugt; wir werden auch im
Tierschutz darauf achten, dass es ein Bundesgesetz geben wird. (Beifall bei
der ÖVP.)
10.36
Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster
Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Uhr ist auf 9 Minuten gestellt. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
10.36
Abgeordneter
Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus!
Ich muss mich hier ein wenig durch die Nebelschwaden des Regierungsweihrauches
am Rednerpult durcharbeiten. Es war ein bisschen viel! Ich verstehe ja, dass
die Generalsekretärin der ÖVP sich nach diesem Wahlergebnis hier hergestellt
hat und in Dankesworten auf die vielen, vielen Dinge eingegangen ist, aber
das steht nicht wirklich in einem Zusammenhang mit der Tagesordnung, die wir
heute zu behandeln haben. (Ruf bei der ÖVP: Das war aber jetzt nicht
notwendig! – Abg. Dr. Fekter: Das
war jetzt aber unnötig!) Ich
möchte mich hingegen auf das konzentrieren, was das Thema der heutigen Sitzung
ist. (Weitere Zwischenrufe bei der
ÖVP.) – Es war Wahlkampf, aber der ist schon vorbei. Das wollte ich
damit sagen, sonst gar nichts!
Noch nie hat es im
Parlament – und ich nehme jetzt doch schon einige Male hier an einer Angelobung
teil – so viele neue Abgeordnete gegeben wie diesmal. Das muss man auch
einmal würdigen! Bei den Sozialdemokraten sind es 21 – elf Männer und
zehn Frauen. Es hat hier wirklich noch nie so viele neue Abgeordnete gegeben!
Ich kann mich noch
an meinen ersten Tag hier erinnern. Es ist eigentlich jedes Mal ähnlich, es ist
fast wie eine Schulanfangsstimmung: Man ist ein bisschen aufgeregt und fragt
sich: Wie wird das hier laufen?, und man ist dann auch gleich mit vielen
Schrulligkeiten konfrontiert, die es im Parlament gibt und an die man sich
erst gewöhnen muss. Da gibt es Usancen und Gewohnheiten und
Traditionen – das werden die vielen jungen Abgeordneten, Frauen und
Männer, hier dann noch kennen lernen –, den Kampf um die Rednerplätze, den
Kampf um die Ausschussmitgliedschaften und vor allem auch das Problem: Wie
kann ich meinen Wählerinnen und Wählern in meinem Wahlkreis meine Arbeit auch
optimal vermitteln?
Das ist oft auch
eine Frage der medialen Berichterstattung, und daher schlagen wir Folgendes
vor: Man sollte in Hinkunft das Parlament und die parlamentarische Arbeit
transparenter gestalten. Man soll ruhig die Ausschusssitzungen öffentlich
machen – grundsätzlich öffentlich, auch für das Fernsehen
zugänglich –, damit die Wählerinnen und Wähler einfach sehen, was wir hier
machen, und das besser vermittelt bekommen. Das würde auch den Jungen sehr
helfen, die am Anfang das Problem haben – man wird eben nicht gleich Erstredner
in einer Debatte, ich habe das damals auch schmerzhaft empfinden
müssen –, dass sich die Wähler, wenn man nicht Erstredner ist und die Rede
im Fernsehen nicht gebracht wird, fragen: Wo ist er eigentlich? Was macht
er? – Daher, denke ich, ist das mit Sicherheit auch ein Vorschlag, der
unter Umständen mithelfen würde, die Arbeit hier zu erleichtern.
Sie werden dann
bei Ihren ersten Reden auch feststellen, dass es hier die Gewohnheit gibt,
nicht Zwischenrufe zu machen, sondern vielleicht sogar ein bisschen behilflich
zu sein. Allerdings muss man sich auch darauf einstellen – das war bei
mir beim ersten Mal der Fall –, dass nicht jeder zuhört. Aber es hat sich
etwas verbessert, und es ist auch hier schon die Bereitschaft, sich mit den
Inhalten zu konfrontieren, größer geworden. (Abg.
Dr. Partik-Pablé: Es kommt auf
Ihren Inhalt an, ob wir zuhören oder nicht!)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 25 |
Ich biete mich
daher als Ombudsmann für alle Jungen an – auch von der ÖVP! (Allgemeine Heiterkeit.) Sie sollen zu
mir kommen, wenn sie ein Problem haben. Ich helfe ihnen, ich gebe ihnen Tipps! (Beifall
bei der SPÖ.)
Sollten sie mit
der Klubführung eine Schwierigkeit haben, dann gebe ich ihnen besonders gerne
Ratschläge. Sollten sie Ideen für Initiativen hier im Haus brauchen, dann,
schlage ich vor, setzen wir uns einfach zusammen. Wenn Sie nicht weiter wissen,
gibt es die Möglichkeit einer Selbsthilfegruppe – dort bin ich dann auch
behilflich, kein Problem. Wir können da sicher eine Verbesserung erreichen.
Was die Probleme
der Freiheitlichen betrifft, so überfordern diese, muss ich sagen, etwas meine
Ausbildung und meine Kräfte. Da muss man schon Experten heranziehen, das wird
wahrscheinlich etwas schwieriger sein.
Weil ich vorhin
die Reform des Nationalrates angesprochen habe: Als einer, der jetzt in der Präsidiale
mitarbeiten durfte und dort die feine Konsenskultur kennen gelernt hat, die nie
in Kameraderie ausartete und nie zur Verwischung der politischen Unterschiede
geführt hat, aber man war doch bemüht, in einer vernünftigen Form gemeinsam für
das Hohe Haus die Arbeit zu organisieren, muss ich schon sagen – ich
möchte damit das unterstreichen, was Dr. Gusenbauer in seiner Rede gesagt
hat –: Wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir hier die
Minderheitsrechte stärken und ausbauen. Die Balance zwischen Oppositions- und
Regierungsparteien gehört verbessert, vor allem auch deshalb, weil sich die
Regierungsparteien in erster Linie doch als jene Fraktionen verstehen, welche
die Regierungsarbeit hier im Hohen Haus umsetzen.
Wir haben das in
den letzten zweieinhalb Jahren besonders intensiv kennen gelernt, und daher
auch das Bestreben, dass es hier zum Beispiel die Möglichkeit gibt, dass ein
Drittel der Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss einfordern und
einrichten kann. Gerade was die Frage der Anschaffung der Kriegsflugzeuge, der
„Eurofighter“, betrifft, ist es besonders wichtig, dass endlich ein
Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Wir hätten ihn schon längst, gäbe es
dieses Minderheitsrecht. Weil es dieses Minderheitsrecht jedoch nicht gibt und
die beiden bisherigen und jetzigen und wahrscheinlich auch künftigen
Regierungsfraktionen das nicht wollen, gibt es diesen Untersuchungsausschuss
noch nicht. Das ist schlecht.
Viele von jenen,
die heute zusehen, werden zu denen gehören, die die Volksbegehren der letzten
Zeit unterstützt haben. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das
Sozialstaat-Volksbegehren, hinsichtlich dessen wir einen Antrag einbringen
werden, dass es in dieser Legislaturperiode weiter behandelt wird. Ich
verweise auf das in der FPÖ schon in Vergessenheit geratene Temelín-Volksbegehren sowie auf das
Volksbegehren betreffend die Kriegsflugzeuge beziehungsweise Abfangjäger. Man
muss eine Regelung finden, damit nicht nach dem Ende einer Legislaturperiode
die Volksbegehren im Hohen Haus nicht mehr behandelt werden können. Wir müssen
eine Regelung finden, wonach künftig auch nach einem Wechsel der Legislaturperiode
die Volksbegehren weiter Gegenstand der Behandlung im Hohen Haus bleiben. Es
soll ja nicht so sein, dass es umsonst war, dass viele diese Volksbegehren
unterzeichnet haben; unterzeichnet in der Hoffnung, dass sie hier im Hohen
Haus behandelt werden und auch entsprechende Schritte gesetzt werden.
Wir sind da
eigentlich der Anwalt all jener, die in letzter Zeit so zahlreich die
Volksbegehren unterzeichnet haben. Uns ist es ein Anliegen, dass diese
Volksbegehren hier im Hohen Haus behandelt und im Sinne der
Volksbegehrens-Betreiber die entsprechenden Beschlüsse gefasst werden können. (Beifall
bei der SPÖ.)
Viele jener, die
manchmal hier Fragestunden mitgehört haben, wünschen sich zu Recht eine Belebung
der Fragestunden. Es soll also nicht eine schriftliche Frage eingebracht
werden, die der Minister dann schriftlich nicht beantwortet, sondern es soll
wirklich ein Frage-Antwort-Spiel geben, es soll wirklich dafür gesorgt
werden, dass man darauf eingehen kann.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 26 |
Zum Schluss nur
noch einen Satz zur aktuellen politischen Situation: Herr Bundeskanzler und
Klubobmann Dr. Schüssel! Ich verstehe schon, dass man sich freut, wenn
man einen solchen Wahlsieg errungen hat, aber nach dem, wie die bisherigen
Sondierungsgespräche im Wesentlichen verlaufen sind, muss ich sagen: Man
sollte doch einen in der Bevölkerung sehr bekannten Satz berücksichtigen:
Übermut tut selten gut! Man sollte diesen Satz deswegen berücksichtigen, weil
es hier um Österreich, um Österreichs Zukunft geht und nicht um einen Machtpoker,
Machtspiele oder sonstige machtpolitische Überlegungen. Man sollte sich
zusammentun und darüber nachdenken, was der beste Weg für dieses Land ist – gerade
in dieser Zeit, in der sich die Europäische Union erweitert, gerade in dieser
Zeit, in der so viele und oft schwierige wirtschaftliche Fragen zu beantworten
sind, gerade in dieser Zeit, in der es große Reformen geben muss, kein
Weiterwursteln und Herumwursteln und Herumbasteln, das diesem Land nicht dient.
In diesem Sinne
rufe ich als österreichischer Patriot auf zu einer vernünftigen Arbeit im Parlament,
zu einer vernünftigen Arbeit für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)
10.45
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Die Uhr ist auf
10 Minuten gestellt. – Bitte.
10.45
Abgeordneter
Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident!
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir eine Bemerkung zu meinem
Vorredner: Kollege Cap hat dort fortgesetzt, wo er am Schluss der vergangenen
Legislaturperiode geendet hat. Er hat einmal mehr eine Rolle gespielt, die
nicht zum Stück gepasst hat, aber das sind wir inzwischen schon gewohnt.
Herr Kollege Cap!
Es ist eine, wie ich meine, sehr erfolgreiche Legislaturperiode gewesen, die
mit dem heutigen Tag zu Ende gegangen ist, eine Legislaturperiode, die zu
Beginn von äußerst schwierigen Voraussetzungen gekennzeichnet war, die nicht
zuletzt auch deshalb zustande gekommen sind, weil Sie etwas verlassen haben,
was in Österreich so notwendig wäre, wenn schwierige Zeiten zu bewältigen
sind, nämlich den Grundkonsens.
Deshalb ersuche
ich zu Beginn meiner Rede, sich wieder des Grundkonsenses anzunehmen, der
notwendig ist, wenn es darum geht, österreichische Interessen gegenüber anderen
erfolgreich zu vertreten. Das mahne ich heute hier zu Beginn der neuen
Legislaturperiode für uns alle ein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall
bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Kollegin Kallat
hat bereits viele Erfolge dieser Bundesregierung aufgezählt. Ich darf nur ergänzen,
dass auch im Sozialressort sehr, sehr große Meilensteine zur Umsetzung gelangt
sind, wie etwa das Kindergeld für alle, die Beschlussfassung der „Abfertigung
neu“, was nichts anderes ist als der Beginn einer umfassenden und dringend
notwendigen Pensionsreform, meine sehr geehrten Damen und Herren! Oder: der
Generalverkehrsplan, die Verwaltungsreform, viele notwendige Dinge wurden
endlich angegangen. Es wurde in diesem Land etwas bewegt.
Wenn auch das
Wahlergebnis für uns Freiheitliche noch so schmerzlich war, so hat es uns doch
eines gezeigt: Der Weg, den zu gehen diese Bundesregierung begonnen hat, ist
der richtige Weg. Das lese ich aus diesem Wahlergebnis heraus, meine sehr
verehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
Auch ich nütze die
Gelegenheit, mich als geschäftsführender Klubobmann für die Zusammenarbeit
mit den Mitgliedern der Präsidiale zu bedanken. Herr Präsident Fischer, Herr
Präsident Prinzhorn, Herr Präsident Fasslabend, herzlichen Dank für die sehr,
sehr gute Zusammenarbeit!
Ich bedanke mich auch bei all jenen, die mit heutigem Tage aus dem Nationalrat scheiden, wünsche aber vor allem unseren neuen Kolleginnen und Kollegen für ihre neuen Aufgaben sehr, sehr viel Erfolg. Wir werden gemeinsam daran zu arbeiten haben, dass wir die schwierigen Zeiten, die vor uns liegen, erfolgreich bewältigen können. Wenn wir diese schwierigen Zei-
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 27 |
ten erfolgreich bewältigen wollen, meine sehr
geehrten Damen und Herren, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dann brauchen
wir den eingangs schon angesprochenen Grundkonsens in den wesentlichen Fragen.
Wir werden schon heute ganz wesentliche Fragen, die Österreich betreffen,
diskutieren, wie etwa eine Transitlösung, auch die weitere Vorgangsweise in
Sachen Anti-AKW-Politik. Doch wenn wir da weiterkommen wollen, liebe Kollegen,
braucht es einen Grundkonsens.
Diesen
Grundkonsens sollte es, glaube ich, auch bei der anstehenden Wahl geben. Es ist
parlamentarische Usance, dass bei der Wahl des Präsidenten die stärkste
Partei den Ersten Präsidenten bekommt, die zweitstärkste Partei den Zweiten
Präsidenten und die drittstärkste Partei den Dritten Präsidenten, und so
sollten wir es auch heute und in Zukunft halten.
Andreas Khol ist
für mich jemand, den ich als begeisterten Parlamentarier kennen gelernt habe,
der immer wieder scharfzüngig gegen die FPÖ aufgetreten ist, und zwar ab dem
Jahre 1990. Im Laufe der Zeit habe ich aber viele positive Eigenschaften,
die ein Volksvertreter haben soll, an ihm kennen gelernt: Nicht nur die scharfe
Zunge in Wort und Schrift, auch die pointierten, sachkundigen Meinungsäußerungen
zeichnen Andreas Khol aus, vor allem aber – was ich an ihm sehr
schätze – seine Grundsatztreue und seine Gesprächsbereitschaft, auch nach
härtesten Konflikten. Es gibt zwei Ebenen, auf denen wir einander begegnen
können: auf der harten sachlichen Ebene, wo wir uns auseinander setzen, und auf
einer davon völlig unbeeinflussten freundschaftlichen Ebene. Das schätze ich an
Andreas Khol ganz besonders.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Für mich auch ein hervorragender Kandidat ist Heinz
Fischer, der Erster Präsident wurde, als ich zum ersten Mal in diesem Hause
angelobt wurde. Mit Heinz Fischer habe ich als neuer Parlamentarier natürlich
noch keine allzu großen direkten Auseinandersetzungen gehabt, aber vieles hat
uns inhaltlich getrennt. Im Laufe der Zeit, als ich doch einige Sitzreihen nach
vorne gekommen bin, habe ich dann auch die Möglichkeit der direkten
Auseinandersetzung mit Heinz Fischer gehabt. Das, was ich an Ihnen, Herr
Präsident Fischer, so geschätzt habe, war, dass Sie Ihre Konflikte mit mir
immer schriftlich ausgetragen haben, dass Zettel zu mir gebracht wurden, worin
ich schriftlich über Ihren Unmut informiert wurde.
Ich nehme diese
Gelegenheit auch wahr, Herr Präsident, dass ich mich für den Missbrauch eines
solchen Zettels – es waren viele, es waren, wie ich meine, 20, 30, 40
solcher Zettel im Laufe der Zeit, und einen dieser Zettel habe ich missbraucht,
Herr Präsident – heute in aller Form entschuldige. Ich hoffe, Sie nehmen
diese späte Entschuldigung noch an. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wir wollen jetzt aber
wissen, was das war!)
Es ist mir, Herr
Präsident, ein Anliegen, Ihnen für Ihre umsichtige Tätigkeit zu danken. Ich bin
überzeugt davon, Sie werden ein würdiger Präsident und Sie werden einen
würdigen Platz in der Reihe der Präsidenten dieses Hohen Hauses haben. Ich
begrüße Ihre Kandidatur für die Funktion des Zweiten Präsidenten. Unsere
Fraktion wird Sie unterstützen.
Wir
Freiheitliche – das sage ich zu den Grünen, auch für die Zukunft –
standen und stehen zu den Usancen in diesem Hohen Hause und werden dies auch in
Zukunft tun, genauso wie das auch meine Vorredner zum Ausdruck gebracht haben.
Deshalb ersuche ich auch Sie, unserem Kandidaten Thomas Prinzhorn, der in den vergangenen
Jahren gezeigt hat, dass er ein umsichtiger Präsident ist, Ihre Unterstützung
zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)
10.53
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Die nächste und letzte Rednerin in
dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Uhr ist auf
5 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.
10.53
Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Usancen sind für das Funktionieren eines Hauses, wie der Nationalrat es ist, unerlässlich. Ich halte sie für wichtiger und richtiger als Regelungen, die wir bei anderen obersten Organen haben, wie etwa
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 28 |
bei der Volksanwaltschaft,
wo ein Automatismus zwischen Parteistärke und Besetzung des Amtes festgelegt
ist. Ich finde, das hat in einer modernen Demokratie nichts mehr verloren.
Meine Damen und
Herren! Aber Usancen – und das ist eben das Feine und Wertvolle
daran – sind keine starren Korsette, sondern sie geben einen gewissen
Spielraum, der im Rahmen der politischen Handlungsmöglichkeiten, im Rahmen des
innenpolitischen Kontextes und natürlich gerade bei einem Amt, das die Person
sehr stark in den Mittelpunkt stellt, persönlichen Eigenschaften entsprechend
ausgefüllt werden kann.
Abgeordneter
Dr. Schüssel – heute spreche ich Herrn Dr. Schüssel als Abgeordneten
an – hat in Bezug auf den Dritten Präsidenten gesagt: Es spricht nichts
dagegen, Abgeordneten Prinzhorn zu wählen. – Ja, das glaube ich auch. Ich
muss sagen – ich habe das auch in der Öffentlichkeit
festgestellt –, dass ich jenseits aller fundamentalen politischen
Unterschiede, die zwischen Grünen und Freiheitlichen bestehen – wir sehen
uns hier als absoluter Gegenpol zu den programmatischen Inhalten der
Freiheitlichen –, ad personam nicht anstehe, zu sagen, dass Abgeordneter
Prinzhorn dieses Amt fair und besonnen ausgeübt hat und, wenn es schwierige
Situationen gab, die Spielräume weit gehandhabt hat. Das habe ich richtig
gefunden. Insofern könnte ich das unterstreichen, es spräche nichts dagegen,
aber das wäre mir und das ist uns zu wenig, denn die andere Frage müsste
lauten: Was spricht denn dafür und – auch dieses Wort
ist gefallen – welches Zeichen wird mit der Kandidatur oder
der Wahl einer Person gesetzt?
Ich glaube, dass
es hoch an der Zeit wäre, bei zwei Fraktionen, die ungefähr gleich groß
sind ... (Zwischenruf.) – Ja,
es stimmt, ein Mandat ist hier noch dazwischen, aber die Größenordnung ist die
gleiche. Da erinnere ich die ÖVP daran, dass sie ja auch diese berühmten
415 Stimmen nicht im Sinne eines Automatismus gehandhabt hat
(Abg. Dr. Stummvoll: Wir
haben sie akzeptiert!), sondern wenn wir entsprechend der Parteistärke
gesprochen haben, dann hat gelegentlich die ÖVP den zweiten Platz
eingenommen, gelegentlich haben dies die Freiheitlichen getan. Das heißt, Sie
haben abgewechselt und insofern im Rahmen der Usancen einen gewissen Spielraum
möglich gemacht. Dasselbe scheint mir auch bei der dritten
Präsidentschaft – ich hoffe, der Dritten Präsidentin – des Hohen
Hauses durchaus möglich und durchaus hoch angebracht zu sein. (Beifall
bei den Grünen.)
Erstens freut es
mich, dass der grüne Klub eine Frau für dieses Amt vorschlägt, und es freut
mich ganz besonders, dass wir erstmals einen ganz deutlichen Überhang von
Frauen in der grünen Fraktion haben. Die neu hinzugekommenen Abgeordneten sind
alle Frauen. Das heißt, die 17 grünen Mandate werden jetzt von
10 Frauen und 7 Männern ausgeübt. Ich denke, es ist das auch ein Zeichen, das die Grünen setzen
wollen.
Dazu kommt die
Person meiner Kollegin Terezija Stoisits, die als Angehörige der kroatischen
Minderheit im Burgenland auch
ein Zeichen für die Buntheit des Landes, für seine kulturelle Vielfalt setzt,
und zwar durch ihre Funktion in diesem Hohen Haus ein gelebtes Zeichen. Es
handelt sich eigentlich um noch mehr als ein Zeichen, sie hat sich nämlich
immer identifiziert mit den Menschenrechten und der Verteidigung der
Menschenrechte. Insofern würde es mich sehr freuen, wenn dieses Haus im
Präsidium wieder einmal eine Frau begrüßen könnte.
Ich begrüße hier
auf der Galerie die Expräsidentin des Hohen Hauses Marga Hubinek und hoffe,
dass es mit Terezija Stoisits wieder einmal die Chance gibt, dass eine Frau im
Präsidium des Hohen Hauses vertreten ist und dieses Amt bekleidet. –
Danke. (Beifall bei den Grünen.)
10.59
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr
gemeldet. Ich schließe daher diese Debatte.
Wir werden nun die
Wahl der Präsidenten in Angriff nehmen.
Es liegt mir das Verlangen
vor, die Wahl aller drei Präsidenten in Wahlzellen durchzuführen, und ich werde
daher so vorgehen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 29 |
Wahl des
Präsidenten
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Als Erstes erinnere ich noch einmal
daran, dass für die Wahl des Präsidenten ein Wahlvorschlag lautend auf Herrn
Abgeordneten Dr. Andreas Khol vorliegt.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen
gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.
Nach der gleichen
Bestimmung ist die Wahl des Präsidenten geheim
und mit Stimmzettel durchzuführen.
Wenn wir geheim mit
Stimmzettel und in Wahlurnen abstimmen, dann sind gewisse technische
Vorbereitungen erforderlich. Ich bitte, diese Vorbereitungen zu treffen. Zu
diesem Zwecke wird die Sitzung ganz kurz unterbrochen.
Die Sitzung ist unterbrochen.
(Die Sitzung
wird um 11 Uhr unterbrochen und
um 11.02 Uhr wieder
aufgenommen.)
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und Herren! Die Vorbereitungen sind beendet. Ich lade Sie
daher ein, wieder in den Sitzungssaal zu kommen.
Ich nehme die unterbrochene
Sitzung wieder auf.
Ich bitte Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, sich als
Schriftführerin für den Namensaufruf bereitzuhalten. Ist Frau Abgeordnete
Dr. Partik-Pablé im Saal? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie schauen noch in die falsche Richtung!) –
Ich schaue aus alter Gewohnheit in die falsche Richtung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Stimmzettel, der bei dieser
Wahl zu verwenden ist, wird samt Kuvert nach dem Namensaufruf durch die Frau
Schriftführerin von den hiezu bestimmten Bediensteten der Parlamentsdirektion
ausgegeben. Für die Wahl kann ausschließlich dieser ausgegebene amtliche
Stimmzettel verwendet werden.
Auf diesen Stimmzettel ist in der Wahlzelle der Name des gewünschten
Kandidaten oder der gewünschten Kandidatin zu schreiben. Nach dem Ausfüllen
des Stimmzettels ist dieser, im Kuvert verschlossen, in die hiefür
bereitgestellte Urne zu werfen.
Ich ersuche nunmehr die einzelnen Abgeordneten, die Kuverts
entgegenzunehmen, sich dann in die Wahlzellen zu begeben und den Wahlakt in der
jetzt beschriebenen Form durchzuführen.
Ich ersuche die Frau Schriftführerin um den Namensaufruf. – Bitte,
Frau Schriftführerin.
(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé beziehungsweise durch den Schriftführer Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und
werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Darf ich an das
Hohe Haus die Frage richten, ob alle Stimmberechtigten ihre Stimme abgegeben
haben und ich daher die Stimmabgabe für beendet erklären kann? – Das ist
der Fall.
Hiemit erkläre ich
die Stimmabgabe für beendet.
Ich bitte die
Bediensteten des Hauses, die darüber bereits instruiert wurden, nunmehr die
Stimmenzählung vorzunehmen. Die Schriftführer des Hauses haben das Recht, als
Beobachter an der Stimmenzählung teilzunehmen.
Zum Zwecke der
Auszählung der Stimmen unterbreche ich die Sitzung für die erforderliche Zeit.
Die Sitzung ist unterbrochen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 30 |
(Die Sitzung
wird um 11.36 Uhr unterbrochen und um 11.47 Uhr wieder
aufgenommen.)
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Meine Damen und
Herren! Ich darf die unterbrochene Sitzung wieder aufnehmen und Ihnen das
Wahlergebnis wie folgt bekannt geben:
Es wurden
183 Stimmen abgegeben; von diesen 183 Stimmen waren 23 ungültig und
daher 160 Stimmen gültig. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen
beträgt somit 81.
Es entfielen auf
Herrn Abgeordneten Dr. Khol 130 Stimmen, die restlichen Stimmen auf
andere Abgeordnete.
(Die restlichen
Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Amon, MBA: 1, Dr. Fasslabend:
3, Mag. Dr. Fekter: 1, Dr. Fischer: 9, Mag. Frieser: 1,
Rauch-Kallat: 11, Scheibner: 1, Dr. Schüssel: 1, Mag. Stoisits: 1,
Dkfm. Dr. Stummvoll: 1.)
Ich stelle daher
fest, dass Herr Abgeordneter Dr. Khol zum Präsidenten des
Nationalrates gewählt wurde. (Lang
anhaltender Beifall bei der ÖVP, der SPÖ, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten
der Grünen. – Die Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen erheben sich von
ihren Sitzen. – Einige Abgeordnete, allen voran Abg. Dr. Schüssel, begeben sich zu Abg.
Dr. Khol und gratulieren diesem. – Abg. Dr. Khol nimmt die auf dem Revers seines Sakkos angesteckte weiße Rose
ab und reicht sie Abg. Dr. Schüssel.)
Ich frage den
Gewählten, ob er die soeben bekannt gegebene Wahl annimmt.
Abgeordneter Dr. Andreas Khol: Ich
nehme diese Wahl in Demut und mit Freude an.
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Ich gratuliere dem
neuen Herrn Präsidenten zu seiner Wahl. (Neuerlicher
Beifall bei der ÖVP, der SPÖ, den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der Grünen.)
Abschiedsansprache
des Präsidenten
Präsident
Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Bevor ich den neu gewählten Präsidenten, dem ich soeben gratuliert
habe, bitte, den Vorsitz zu übernehmen und in der Erledigung der Tagesordnung
fortzufahren, darf ich mich, einer alten parlamentarischen Gepflogenheit
folgend, als scheidender Präsident mit einigen Worten an das Hohe Haus wenden.
Vor allem möchte ich natürlich meinen Dank dafür aussprechen, dass ich mehr als
zwölf Jahre Präsident dieses Nationalrates sein durfte.
Sie werden es
irgendwie verstehen können, hoffe ich, dass das für mich ein bewegender Augenblick
ist, dass ich mit einer gewissen Unsicherheit, mit gemischten Gefühlen aus
diesem Amt scheide, und zwar deshalb, weil ich mich einerseits dieser Funktion
wirklich verbunden gefühlt habe und wirklich keinen Tag der parlamentarischen
Arbeit missen möchte, auch nicht die Zusammenarbeit mit Parlamentariern, die
Freundschaften, die man in einer solchen Zeit schließen kann, und weil ich
andererseits wirklich stolz und glücklich bin, in einem Land zu leben, wo sich
dieser demokratische Wechsel mit einer solchen Selbstverständlichkeit, in einer
Art abspielt – wie wir alle beobachten können und wie auch die
österreichische Öffentlichkeit beobachten kann –, die auf hohe Reife
unserer Demokratie, jedenfalls
in wichtigen Momenten, schließen lässt. Das macht mich glücklich, und darüber
freue ich mich.
Meine Damen und
Herren! Ich habe in diesem Haus vor fast 41 Jahren zu arbeiten begonnen,
genau genommen am 2. Jänner 1962, als juristischer Berater im
Parlamentsklub der SPÖ. Damals gab es ein Parlament, in dem Leopold Figl
Präsident war – noch für einige Monate; er wurde dann von Alfred Maleta
abgelöst –, ein Parlament, in dem man Raab und Gorbach, Withalm und
Kreisky, Rosa Jochmann und Karl Kummer und viele andere Persönlichkeiten wie
Willfried Gredler, Jörg Kandutsch, Emil van Tongel et cetera kennen lernen
durfte. Diese Persönlichkeiten und viele andere auch sind mir in bleibender
Erinnerung.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 31 |
Ich bin dann 1963
zum Klubsekretär der SPÖ bestellt worden. Mein Visavis in der ÖVP war
Dr. Smejkal, ich würde fast sagen, der – jedenfalls damals –
legendäre Dr. Smejkal. Da sich die parlamentarische Arbeit damals noch
nicht so entfaltet hat wie heute, hat es im gesamten Parlament bei allen drei
Fraktionen insgesamt nur fünf Mitarbeiter gegeben. Als ich zum Klubsekretär bestellt
wurde, musste ich mich beim Herrn Bundespräsidenten Dr. Schärf vorstellen
gehen, denn dieser hat ein strenges Auge auf das Parlament gehabt. Er war ja
selbst in der Ersten Republik Klubsekretär gewesen, und er wollte daher die
Leute, die diese Arbeit machen, kennen lernen. Dann hat ein langsamer Ausbau
begonnen. Erhard Busek ist auf der ÖVP-Seite dazugekommen, Hannes Androsch auf
der SPÖ-Seite, und einige Jahre später – weil er es erwähnt hat; ich
glaube, es war 1968 – Dr. Wolfgang Schüssel. Das war auch eine
spannende Zeit: ÖVP-Alleinregierung. Damals habe ich schon kennen gelernt,
welch große Bedeutung der politische Wechsel für die Demokratie hat.
Es gibt
Politikwissenschafter, die Demokratie
als jenes politische System definieren, in dem der Mehrheits- und Machtwechsel
auf friedliche Weise vor sich geht – keine schlechte Definition, und sie
sagt viel aus. Ganz besonders deutlich habe ich das dann im Jahr 1970
kennen gelernt, denn das Wahlresultat von 1966, das für die ÖVP so hervorragend
war, hat sich im Jahr 1970 umgekehrt. Im Präsidium des
Nationalrates – Präsident Maleta war zu diesem Zeitpunkt acht Jahre
Präsident des Hohen Hauses – hat es auf Grund des Wahlergebnisses vom
1. März 1970, das der SPÖ 81 Mandate und der ÖVP 78 Mandate
beschert hat, den Freiheitlichen zu-nächst fünf und nach einer Wahlanfechtung
sechs Mandate, einen Wechsel gegeben. Damals, bei dieser Wahl des
Nationalratspräsidenten am 31. März 1970, bin ich als Klubsekretär hier im
Saal irgendwo links gestanden – ich kann mich ziemlich genau erinnern; ich
weiß nicht, wo Wolfgang Schüssel gestanden ist, wahrscheinlich weiter rechts (Heiterkeit) –, und es ist der
Wechsel von Maleta zu Waldbrunner ganz reibungslos vollzogen worden. Präsident
Maleta hat die Funktion des Zweiten Präsidenten übernommen. Ich habe in den
letzten Tagen einige Male an diese Situation gedacht.
Ich werde Sie
jetzt nicht mit weiteren Schilderungen der Entwicklung des Parlamentarismus aufhalten.
Ich möchte Ihnen nur sagen, dass es zum Beispiel in den siebziger Jahren und
auch in den späten sechziger Jahren, als es absolute Mehrheiten im Parlament
gegeben hat, auch klare politische Meinungsunterschiede und dennoch
bemerkenswerte persönliche Freundschaften gegeben hat. Zur Zeit, als Withalm
und Pittermann Klubobmänner waren, war es so: Wenn Dr. Withalm zur Kur
nach Montecatini gefahren ist, hat er zu seinem Visavis Bruno Pittermann gesagt:
Und du passt mir auf, dass in den 14 Tagen kein Blödsinn geschieht im
Parlament! Die haben sich menschlich aufeinander verlassen können, und das ist
bemerkenswert.
Ich selbst habe
eine wirklich echte und große Freundschaft zum Beispiel mit Stephan Koren, dem
Klubobmann der ÖVP, gehabt und habe seine Witwe bis zuletzt noch besucht, auch
als sie krank war, auch als sie in einem Altersheim war. Wolfgang Schüssel weiß
das wahrscheinlich. Es ist schön, wenn man über so etwas berichten kann.
Ich bin dann dem
Nationalrat während meiner Tätigkeit als Wissenschaftsminister einige Jahre untreu
geworden, dann wieder zurückgekommen und im November 1990 zum Präsidenten
gewählt worden. Ich habe das als eine wirklich wichtige, schöne Aufgabe
empfunden und mich bemüht, sie zu erfüllen, so gut es geht. Niemand kann
sagen, dass er nicht auch Fehler gemacht hat, aber ich habe versucht, es so gut
wie möglich zu machen. Ich habe in dieser Zeit auch eine sehr gute
Zusammenarbeit in der Präsidialkonferenz gehabt, eigentlich mit allen, die seit
1990 Mitglieder der Präsidialkonferenz waren; ich will sie jetzt nicht einzeln
aufzählen.
Es ist dann zum Wahlergebnis vom 24. November gekommen, das wiederum einen großen Wechsel ausgelöst hat, zu einem Wahlresultat, das starke Veränderungen, wie es das Gesetz der Demokratie nun einmal vorsieht, gebracht hat. Und es fällt mir nicht nur kein Stein aus der Krone, die ich ohnehin nicht habe, sondern ich mache es gerne, Bundeskanzler Schüssel zu seinem großen Erfolg in sportlicher Gesinnung herzlich zu gratulieren. Es steht ein großer Einsatz dahinter. Aber ich möchte auch den anderen Spitzenkandidaten, Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Haupt, Dr. Van der Bellen, zu ihrem unglaublich großen Einsatz, den sie letzten Endes
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 32 |
nicht nur für ihre Partei, sondern auch
für das Funktionieren des parlamentarischen Systems leisten, gratulieren und
herzlich danken. Danke vielmals.
Meine Damen und
Herren! Wenn ich beim Danken bin, dann beginne ich in meiner engsten Umgebung.
Ich möchte mich bei meiner Büroleiterin Frau Mag. Gaugl sehr, sehr herzlich
bedanken. Ich möchte mich bei meinem Pressesprecher Bruno Aigner bedanken. Er
hält es als Pressesprecher mit mir seit 27 Jahren aus. Das muss ihm erst
einmal jemand nachmachen. Ich glaube, das ist reif für das Buch der Rekorde,
wenn ein Politiker 27 Jahre lang den gleichen Pressesprecher hat. Ich
möchte mich beim Herrn Parlamentsdirektor sehr, sehr herzlich bedanken und
dem neuen Präsidenten sagen, dass er da einen ganz hervorragenden Mitarbeiter
an der Spitze der Parlamentsverwaltung hat. Das gilt auch für die
Vizedirektoren, das gilt für die Leiter der einzelnen Abteilungen.
Eigentlich sage
ich es gerne: Ich bedanke mich bei jedem einzelnen Mitarbeiter und bei jeder
einzelnen Mitarbeiterin dieses Hauses, weil man sich immer auf sie verlassen
kann, weil sie immer zur Verfügung stehen, weil sie auf ihren Arbeitsplatz im
Parlament stolz sind und weil sie gute Arbeit leisten.
Da heute schon
gesagt wurde, dass auch ein Präsident irgendwie eine politische Heimat
hat – meine Heimat ist der Parlamentsklub der SPÖ –, möchte ich mich
bei meiner engeren politischen Familie für ihre Freundschaft, für die netten
Worte, die gerade in den letzten Tagen und Wochen an meine Adresse formuliert
wurden, herzlich bedanken.
Jetzt wende ich
mich gerne meinen beiden Kollegen Dipl.-Ing. Prinzhorn und
Dr. Fasslabend zu. Wir haben uns noch heute in der Früh als Präsidium
zusammengefunden, weil es immer verschiedene Fragen zu klären gibt.
Da ich, wie Sie
hören, ganz offen und frei von der Leber weg zu Ihnen spreche, sage ich: In den
ersten Monaten habe ich es mit dem Kollegen Dipl.-Ing. Prinzhorn emotional
nicht ganz leicht gehabt – wahrscheinlich auch er nicht mit mir –,
aber wir haben dann zu einer sehr befriedigenden und der Sache dienenden
Zusammenarbeit gefunden. Ich freue mich darüber und bedanke mich dafür.
Beim Kollegen
Dr. Fasslabend war es ein bisserl leichter, weil wir uns ja davor schon
viel länger gekannt und auch als Partner in früheren Koalitionsregierungen
zusammengearbeitet haben.
Die beiden
Kollegen Fasslabend und Prinzhorn, die jetzt nicht so wie ich die Chance haben,
das Wort zu ergreifen, haben mich gebeten, allen Mitgliedern des Hauses ihren
ganz persönlichen Dank auszusprechen, und ich tue das somit.
Meine Damen und
Herren! Es stehen uns große Aufgaben bevor. Mit Spannung sehe ich den Problemen
entgegen, die wir jetzt im Zusammenhang mit der Bildung einer neuen Bundesregierung
zu lösen haben. Ich wünsche mir, dass es in diesem Zusammenhang kluge und weise
und den Interessen unseres Landes dienende Lösungen geben wird. Ich wünsche vor
allem dem österreichischen Nationalrat alles Beste, jener Körperschaft, der ich
mich wirklich sehr eng verbunden fühle und der ich voraussichtlich noch in
einer anderen Funktion werde dienen dürfen, wobei ich der Meinung bin, dass es
in jeder Funktion im Präsidium ehrenvoll ist, zu arbeiten. Ich sehe dieser
Arbeit mit Freude und Interesse entgegen.
In dieser
Gesinnung und mit Hochachtung für unsere Vorgänger in der Geschichte des Parlamentarismus
und mit der Bitte, die menschliche Komponente in der Politik immer zu beachten
und auch immer hochzuhalten, möchte ich nun den Vorsitz an den neu gewählten
Präsidenten Dr. Andreas Khol übergeben und wünsche ihm nochmals alles
Gute.
Bitte, Herr Präsident, fahren Sie pflichtgemäß in der Erledigung der Tagesordnung fort! (Die Abgeordneten erheben sich von ihren Plätzen und leisten lang anhaltenden lebhaften Beifall. – Präsident Dr. Andreas Khol begibt sich auf das Präsidium, wo ihm der scheidende Präsident Dr. Heinz Fischer zu seiner Wahl gratuliert, und übernimmt die Vorsitzführung. – Der scheidende Präsident Dr. Heinz Fischer dankt für den neuerlichen Beifall, der ihm beim Verlassen des
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 33 |
Präsidiums gespendet wird, mit einer Verbeugung und bedankt sich mit einem Handschlag bei den Klubobmännern Dr. Gusenbauer, Dr. Van der Bellen, Mag. Haupt und Dr. Schüssel sowie bei Dipl.-Ing. Prinzhorn und Dr. Fasslabend.)
Antrittsrede des
Präsidenten
Präsident Dr. Andreas Khol:
Hohes Haus! So wie
es der parlamentarischen Tradition entspricht, dass der scheidende Präsident
eine Abschiedsrede hält, so entspricht es der Tradition dieses Hohen Hauses,
dass der neu gewählte Präsident eine Antrittsrede hält, in welcher er darlegt,
wie er sein Amt, das Sie ihm übertragen haben, gestalten möchte.
Meine Damen und
Herren! Ich möchte Ihnen zuerst einmal aus tiefem Herzen für diese Wahl danken.
Stimmen habe ich offenkundig aus allen politischen Lagern, aus allen
parlamentarischen Fraktionen bekommen, und ich bedanke mich für das, was
Parteivorsitzender Gusenbauer als „Vertrauensvorschuss“ bezeichnet hat. Ich
bedanke mich auch für Ihre, wie gewohnt, brillante Rede, Herr Kollege
Dr. Van der Bellen, und für die freundschaftliche Rede von
Mag. Haupt, der meine Wahl namens der Freiheitlichen unterstützt hat.
Meine Damen und
Herren! Ich freue mich auf diese meine Zusammenarbeit mit Ihnen allen, mit
allen Fraktionen dieses Hohen Hauses.
Ich begrüße die
neu gewählten Abgeordneten – es sind sehr viele neu hier, wie wir es
gehört haben, und zwar über 70 – und wünsche ihnen viel Glück und Erfolg.
Ich möchte Ihnen allen – ich bin jetzt über 20 Jahre lang hier im
Hohen Haus –, Ihnen, den neuen Kolleginnen und Kollegen, zurufen: Seien
Sie stolz auf diese Funktion! Es ist ein wunderbares Amt, das Ihnen übertragen
wurde. Seien Sie mutig und seien Sie fleißig! Es ist eine schöne Aufgabe, in
diesem Hohen Haus, dem Angelpunkt der Demokratie, arbeiten zu dürfen.
Wir haben große
Aufgaben vor uns. Ich sehe das ganz im Lichte der Diskussion, die wir gehabt
haben. Wir brauchen große Reformen. Daher brauchen wir sehr bald eine neue
Regierung. Es wird eine intensive Gesetzgebungszeit kommen. Gemeinsam mit dem
Bundesrat, der zweiten gesetzgebenden Körperschaft hier im Hohen Haus, werden
wir gefordert sein: mit den Reformen im Inneren, aber auch mit der Erweiterung
der Europäischen Union, mit der Wiedervereinigung Europas und mit der
europäischen Verfassung, die im Entstehen ist und an der wir alle durch unsere
Entsandten, durch unser Interesse, durch den Hauptausschuss mitarbeiten werden.
Meine Damen und
Herren! Das Wahlergebnis hat mir vermittelt, dass dieser Vertrauensvorschuss
besteht, und ich werde mich bemühen, ein Präsident aller Abgeordneten in diesem Hohen Haus und ein Präsident
aller parlamentarischen Fraktionen zu sein. Daher habe ich nicht ohne Wehmut
die weiße Rose, die ich als Zeichen für meine Gesinnung als Christdemokrat an
meinem Anzug getragen habe, in die treuen Hände meines Freundes Wolfgang
Schüssel gegeben: um zu zeigen, dass so wie Heinz Fischer hier heroben auf dem
Präsidium keine rote Nelke getragen hat, auch ich hier heroben keine weiße
Rose tragen und auch nicht als Parteipolitiker tätig sein werde.
Eine objektive
Amtsführung sichere ich Ihnen zu. Ich weiß, dass das oft eine schwierige Aufgabe
ist, weil, wie wir alle wissen, die Emotionen oft hochgehen. Ich habe immer
wieder meine Vorgänger bewundert, als in den stürmischen Zeiten – ich
erinnere an die Sanktionen unseligen Angedenkens im Jahre 2000, ich
erinnere an die Demonstrationen, ich erinnere an das Bestreiten der
Legitimität der Regierung – die Emotionen hochgegangen sind, es dem
Präsidium aber immer gelungen ist, objektiv den Vorsitz zu führen und die
Geschäftsordnung zu handhaben.
Die
Geschäftsordnung, meine Damen und Herren, ist für mich der Maßstab der
Gerechtigkeit. Und nach Gerechtigkeit streben wir, denn: Iustitia fundamentum
regnorum – die Gerechtigkeit ist die Grundlage allen Regierens.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 34 |
Konsens ist
angesagt. In der vergangenen Gesetzgebungsperiode haben wir 42 Prozent
aller Gesetze im Konsens beschlossen; in der vorvorgehenden Legislaturperiode
waren es nur 29 Prozent. Ich werde mich bemühen – ich bin acht Jahre
lang in die Schule von Heinz Fischer gegangen –, in der
Präsidialkonferenz, dem Ort, den ich Konsensschmiede nenne, den Konsens
herbeizuführen.
Meine Damen und
Herren! Was die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten anlangt, so hat ja bereits
Heinz Fischer erzählt, wie das einmal war. Als ich hier ins Hohe Haus gekommen
bin, war alles, was ein Abgeordneter hatte, ein Postfach – und sonst
nichts! In der Zeit, in der Heinz Fischer das Präsidium geleitet hat, in der
Heinz Fischer Präsident des Nationalrates war, hat sich da unendlich viel
verbessert. Ganze Generationensprünge haben da sozusagen stattgefunden –
und ich werde mich bemühen, das in diesem Geiste weiter zu gestalten.
Auch die
Vertretung des Nationalrates nach außen hin ist eine große Aufgabe: eben im
Zuge des Zusammenwachsens Europas, im Zuge der Wiedervereinigung mit vielen
Ländern, mit denen wir uns einmal in einem gemeinsamen Staatsverband befanden.
Sehr bald wird es
nicht mehr nur ein „Haus am
Ring“ geben, sondern „Häuser am Ring“ – auch das eine Errungenschaft der
letzten Arbeiten. Ich möchte diese „Häuser am Ring“ als offene Häuser für das, was Kunst, was Literatur, was
Wissenschaft, was Diskussion ist, mit Ihnen zusammen weiter ausgestalten und zu
einem Ort der Bürgergesellschaft machen,
an dem die vielen Freiwilligenorganisationen, die vielen Freiwilligen, die mehr
als ihre Pflicht tun, auch mit den Vertretern der gesetzgebenden Körperschaften
zusammentreffen können.
Lassen Sie mich
bitte kurz meine Zielsetzungen in diesem hohen Amt skizzieren. Ich bin ein
überzeugter Europäer, ich war Schüler von Felix Ermacora, den viele von
Ihnen noch als Abgeordneten hier gekannt haben, und daher werde ich mit allem
Nachdruck den Europa-Konvent und das Arbeiten an einer europäischen Verfassung
unterstützen.
Als Tiroler bin
ich überzeugter Föderalist, und daher ist es mir ein Anliegen, mit dem
Bundesrat und mit den Landtagen zusammenzuarbeiten, die ich als wichtige Orte
der Demokratie nach wie vor in ihrem Bestand als unerlässlich und unersetzlich
erachte: Ebenso ist es mir ein Anliegen, mit den Bundesländern
zusammenzuarbeiten, denn Österreich ist die Summe seiner neun Bundesländer.
Als Südtiroler
darf ich Ihnen auch sagen, dass ich eine einzige Bitte an das Hohe Haus habe:
dass man mir den Vorsitz im Südtirol-Unterausschuss belässt, jenen Vorsitz, den
ich viele Legislaturperioden hindurch ausüben durfte – ein Ausschuss, mit
dem unsere Verbundenheit zu Südtirol unter Beweis gestellt wird.
Heute hat
Mag. Haupt von den Hütern der Verfassung gesprochen. Das Präsidium ist ein Hüter der Verfassung; der
Herr Bundespräsident – den ich respektvoll begrüße – ist ein anderer
Hüter der Verfassung; weitere sind unsere Höchstgerichte. Ich meine, dass wir
auch als Hüter der Verfassung in diesem Haus den Gedanken, den ein steirischer
Bundesrat, nämlich Herwig Hösele, das erste Mal in die Debatte gebracht hat,
aufgreifen sollten – Alfred Gusenbauer hat diesen Gedanken in der
Wahldebatte aufgegriffen, Franz Fiedler hat diesen unterstützt –,
dass wir eben einen Österreich-Konvent
zur Durchsicht unserer Verfassungsentwicklung initiieren und
unterstützen sollten.
Ich habe bereits
von den „Häusern am Ring“ gesprochen und auch das Palais Epstein erwähnt. Ich
meine, dass es all unser Trachten sein sollte, ein „Haus der Geschichte“ in Wien von den Gedanken zur Tat
werden zu lassen; nicht im Palais Epstein – dieses wird im Konsens aller
Fraktionen für parlamentarische Zwecke genützt –, aber ich meine, dass wir
im Zusammenhang mit dem Anliegen „Haus der Geschichte“, von dem wir so viel
gesprochen haben und worüber sich alle Fraktionen einig sind, von den Worten
nun zur Tat kommen sollten.
Meine Damen und Herren! Ich lade alle Abgeordneten ein, ihre Anliegen, ihre Wünsche, Anregungen und Beschwerden ganz offen an mich heranzutragen; ich wäre dafür sehr dankbar. Josef Cap, du hast heute gesagt, du bist sozusagen der „Ombudsmann der Neugewählten“; du
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 35 |
hast das scherzhaft gemeint, ich kenne dich. – Ich sage
Ihnen, meine Damen und Herren, ich meine es ernst, meine Tür wird für alle
offen sein.
Bevor ich jetzt
zum Schluss komme, möchte ich die Arbeit von Heinz Fischer würdigen. Er wird uns ja weiter im Präsidium
erhalten bleiben, und ich bedanke mich bei ihm, dass er in sehr nobler Weise
seine Arbeit fortsetzt – und ich denke, dass ich noch oft seinen Rat
brauchen werde.
Heinz Fischer, du
bist ein großer Präsident des Nationalrates gewesen. Eine umfassende Geschäftsordnungsreform,
die uns erst ein modernes Beraten möglich gemacht hat, ist unter deiner
Führung entstanden. Du warst und bist ein Meister des Konsenses: auf festem
Ufer einer überzeugten Sozialdemokratie stehend – ein ideologisch ganz
fester Standpunkt, den Heinz Fischer hier hatte –, war er aber doch immer
wieder der Meister des Konsenses. Unter Heinz Fischer wurden die
Arbeitsbedingungen hier im Hohen Haus fundamental verbessert, und unter Heinz
Fischer wurde auch die Rolle des Nationalrates gestärkt, meine Damen und
Herren.
Als ich in dieses
Haus gekommen bin, hat es kein einziges Diskussionsforum in den Räumen dieses
Hauses gegeben, hat es keine Ausstellung, hat es kein Konzert, hat es kein
Theaterstück gegeben. – Heute ist dieses Haus ein Zentrum der politischen, künstlerischen und allgemeiner
Diskussionen. Das war die Öffnung des Hauses durch Heinz Fischer!
Heinz Fischer war
immer ein überzeugter Sozialdemokrat, wie ich bereits gesagt habe, aber auch
ein toleranter Humanist – mit Humor und Witz. Ich glaube, dass der Dank
aller Fraktionen hier und heute dir, lieber Heinz Fischer, ausgesprochen werden
soll. (Allgemeiner Beifall. – Der scheidende Präsident Dr. Heinz Fischer erhebt sich von seinem Platz
und dankt mit einer Verbeugung.)
Danken möchte ich
aber auch allen ausgeschiedenen Abgeordneten, und ganz besonders würdigen
möchte ich Werner Fasslabend als Dritten Präsidenten des
Nationalrates – und als treuen Freund. Herzlichen Dank,
Werner Fasslabend, für deine Haltung, für deine Arbeit und für dein
Vorbild! (Allgemeiner Beifall.)
So danke ich Ihnen
nun allen, meine Damen und Herren. Heinz Fischer hat mir Georg Posch, den
Parlamentsdirektor, ans Herz gelegt. – Lieber Heinz, ich darf dich
beruhigen: Sein Vater und meine Mutter waren schon Freunde im Rahmen der
Pfadfinderbewegung in Innsbruck, und ich glaube, dass Georg Posch und ich
auch Freunde werden. Ich bedanke mich bei ihm, denn ich weiß, wie hervorragend
dieses Haus geführt ist und wie großartig die Mitarbeiter motiviert sind.
Herzlichen
Dank – und auf gute Zusammenarbeit! (Allgemeiner Beifall.)
So danke ich Ihnen
nun allen, meine Damen und Herren.
Gehen wir
gemeinsam und mit Gottes Segen an die Arbeit! (Allgemeiner Beifall.)
Wahl des Zweiten
Präsidenten
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Wahl des
Zweiten Präsidenten.
Es liegt ein
Wahlvorschlag lautend auf Dr. Heinz Fischer vor.
Gemäß
§ 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist auch diese Wahl mittels
Stimmzetteln durchzuführen.
Ich mache darauf
aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch
Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten
entfallen.
Der Wahlvorgang
ist der gleiche wie vorher.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 36 |
Ich bitte nun die
Schriftführerin, Frau Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé, mit dem
Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird sie später
hiebei ablösen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 37 |
(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé sowie
durch den Schriftführer Auer begeben sich die Abgeordneten in die
Wahlzelle und werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Ich frage noch: Ist irgendein
Abgeordneter zum Nationalrat oder eine Abgeordnete zum Nationalrat überlesen
oder übersehen worden? – Das scheint nicht der Fall zu sein.
Daher ist die
Stimmabgabe endgültig beendet.
Die damit
beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr wie vorhin die Stimmenzählung
vornehmen.
Die Sitzung wird
zu diesem Zweck unterbrochen.
(Die Sitzung
wird um 12.47 Uhr unterbrochen und um 12.58 Uhr wieder
aufgenommen.)
Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis bekannt.
Abgegebene Stimmen: 181; davon gültig: 162. Die
absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 82. Auf Heinz Fischer entfielen
131 Stimmen. (Allgemeiner
Beifall.)
31 Stimmen entfielen auf andere Abgeordnete.
(Diese 31 Stimmen entfielen auf die
Abgeordneten: Dr. Cap: 3, Dr. Einem: 5, Gaál: 1, Dr. Gusenbauer:
1, Mag. Kuntzl:
1, Marizzi: 2, Mag. Prammer: 10, Dipl.-Ing. Prinzhorn: 1, Riepl: 1, Schieder: 1,
Silhavy: 1, Mag. Stoisits: 2, Dr. Strasser: 1, Dr. Wittmann: 1.)
Damit ist Dr. Heinz Fischer zum Zweiten Präsidenten des Nationalrates gewählt.
Ich frage den Gewählten, ob er die Wahl annimmt.
Abgeordneter Dr. Heinz Fischer: Ich bedanke mich und nehme die Wahl gerne an. (Allgemeiner Beifall.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich beglückwünsche Herrn Abgeordneten Dr. Heinz Fischer zur Wahl
und bitte ihn, auf dem Präsidium Platz zu nehmen. (Präsident Dr. Fischer
nimmt auf dem Präsidium Platz.)
Wahl des Dritten Präsidenten
Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommen wir zur Wahl des Dritten Präsidenten.
Es liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn vor. Ferner liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Mag. Terezija Stoisits vor.
Gemäß § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist auch diese Wahl mit Stimmzetteln durchzuführen. Wiederum mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.
Auch hier ist der Wahlvorgang der gleiche wie vorher.
Ich bitte die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird Frau Dr. Partik-Pablé später hiebei ablösen.
Es erfolgt nunmehr der Namensaufruf und die Stimmabgabe.
(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Dr. Partik-Pablé sowie durch den Schriftführer Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzelle und
werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Der Namensaufruf ist beendet. Ist
ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete im Plenum, der oder die übersehen
wurde? Wenn ja, bitte noch abstimmen!
Die Stimmabgabe
ist jetzt definitiv beendet.
Die damit
beauftragten Mitarbeiter des Hauses werden nun ebenso wie bei den vorangegangenen
Wahlen die Stimmenzählung vornehmen.
Die Sitzung wird
zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.
(Die Sitzung wird um 13.27 Uhr unterbrochen und um 13.39 Uhr wieder aufgenommen.)
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene
Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis wie folgt bekannt:
Abgegebene
Stimmen: 182; davon gültig: 164. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen
beträgt 83.
Auf
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn entfielen 90 Stimmen, auf
Mag. Terezija Stoisits 53 Stimmen. 21 Stimmen entfielen auf
andere Abgeordnete.
(Diese 21 Stimmen entfielen auf die
Abgeordneten: Dr. Fasslabend: 2, Mag. Haupt: 2, Dr. Lichtenberger:
1, Scheibner: 15, Mag. Schweitzer: 1.)
Damit ist
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn zum Dritten Präsidenten
des Nationalrates gewählt. (Allgemeiner Beifall.)
Ich frage den
Gewählten, ob er die Wahl annimmt.
Abgeordneter Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die Wahl gerne an.
Präsident Dr. Andreas Khol: Ich beglückwünsche
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn zur Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten
und darf ihn bitten, auf dem Präsidium Platz zu nehmen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn nimmt auf dem Präsidium Platz.)
3. Punkt
Wahl der
Schriftführer und Ordner
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum
3. Punkt der Tagesordnung: Wahl der Schriftführer und Ordner.
Einer Vereinbarung
in der Präsidialkonferenz entsprechend schlage ich vor, die Wahl der Schriftführer
und Ordner unter einem durch Erheben von den Sitzen vorzunehmen.
Erhebt sich gegen
diese Vorgangsweise ein Einwand? – Das ist nicht der Fall. Ich werde daher
so vorgehen.
Wir gelangen zur
Wahl der Schriftführer und Ordner.
Es liegt mir der
Vorschlag vor,
die Abgeordneten
Jakob Auer, Astrid Stadler,
Mag. Dr. Josef Trinkl von der Österreichischen Volkspartei
sowie Gabriele Binder und Rainer Wimmer von den
Sozialdemokraten zu Schriftführern sowie
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 38 |
die Abgeordneten
Ridi Steibl von der ÖVP, Gerhard Reheis von den
Sozialdemokraten, Mag. Eduard Mainoni von den Freiheitlichen
und Dieter Brosz von den Grünen zu Ordnern
zu wählen.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für diesen Wahlvorschlag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. –
Das ist einstimmig angenommen.
Ich gehe davon
aus, dass die Gewählten die Wahl annehmen.
Damit ist die Wahl
der Schriftführer und Ordner vollzogen.
4. Punkt
Wahl des Hauptausschusses
Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen
somit zum 4. Punkt der Tagesordnung: Wahl des Hauptausschusses.
Gemäß § 30 Abs. 1 der Geschäftsordnung wird die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses durch Beschluss des Nationalrates festgesetzt.
Die Wahl erfolgt gemäß § 30 Absätze 2 und 3 der Geschäftsordnung auf Grund von Wahllisten, wobei von jeder Liste so viele Abgeordnete als gewählt gelten, wie es dem Verhältnis der Zahlen der Abgeordneten entspricht, die die einzelnen Listen unterfertigt haben. Für die Wahl ist die Reihenfolge des Wahlvorschlages entscheidend.
Für den Hauptausschuss sind einvernehmlich 32 Mitglieder vorgeschlagen.
Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Vorschlag
sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen und daher beschlossen.
Demnach entfallen
gemäß § 30 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf den Klub der ÖVP
14 Mitglieder, auf den Klub der SPÖ 12 Mitglieder, auf den Klub der
FPÖ 3 Mitglieder und auf den Grünen Klub 3 Mitglieder.
Es sind somit auf
Grund der mir übermittelten Listen die folgenden Abgeordneten gewählt:
vom Klub der
Österreichischen Volkspartei: Dipl.-Ing. Klaus Auer, Karl Donabauer,
Franz Eßl, Dr. Werner Fasslabend,
Silvia Fuhrmann, Fritz Grillitsch,
Mag. Karin Hakl, Dr. Andreas Khol,
Mag. Helmut Kukacka, Maria Rauch-Kallat,
Dr. Michael Spindelegger, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll,
Mag. Walter Tancsits, Ingrid Turkovic-Wendl;
vom Klub der
Sozialdemokraten: Dr. Josef Cap, Dr. Caspar Einem,
Christian Faul, Dr. Heinz Fischer,
Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Christine Lapp,
Mag. Christine Muttonen, DDr. Erwin Niederwieser,
Stefan Prähauser, Mag. Barbara Prammer, Peter Schieder,
Dr. Peter Wittmann;
vom Klub der
Freiheitlichen: Mag. Karl Schweitzer, Dr. Helene Partik-Pablé,
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn;
vom Grünen Klub:
Dr. Evelin Lichtenberger, Mag. Ulrike Lunacek,
Dr. Peter Pilz.
Damit sind Wahl
und Bestellung der Mitglieder des Hauptausschusses ebenfalls vollzogen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 39 |
5. Punkt
Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Budgetausschuss)
Präsident
Dr. Andreas Khol: Wir kommen zum
5. Punkt der Tagesordnung: Wahl von ständigen Ausschüssen.
Es liegt mir der
einvernehmliche Vorschlag vor, zunächst folgende ständige Ausschüsse einzusetzen:
Immunitätsausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Budgetausschuss.
Ich ersuche nun
jene Damen und Herren, die sich für die Einsetzung der erwähnten Ausschüsse
aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle wiederum die Einstimmigkeit
und damit den Beschluss fest.
Gemäß § 32
Abs. 1 der Geschäftsordnung setzt der Nationalrat die Zahl der Mitglieder
und Ersatzmitglieder jedes Ausschusses fest. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder
werden auf die parlamentarischen Klubs im Verhältnis der Zahl der ihnen
angehörenden Abgeordneten nach den im § 30 der Geschäftsordnung
festgelegten Grundsätzen verteilt.
Die Klubs haben
die auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder dem Präsidenten
namhaft zu machen. Diese gelten damit als gewählt.
Nach Beratung in
der Präsidialkonferenz ist nun für den Immunitätsausschuss und den Unvereinbarkeitsausschuss
jeweils eine Zahl von 13 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern einvernehmlich
vorgeschlagen, deren Aufteilung auf die Fraktionen sich wie folgt errechnet: je
sechs Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Österreichische Volkspartei, je
fünf Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Sozialdemokraten, je ein
Mitglied und Ersatzmitglied auf die Freiheitlichen, je ein Mitglied und
Ersatzmitglied auf die Grünen.
Für den
Budgetausschuss ist eine Ausschussgröße von 26 Mitgliedern und
Ersatzmitgliedern vorgeschlagen. Diese werden auf die Fraktionen wie folgt
verteilt: Je zwölf Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, je zehn
Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die SPÖ, je zwei Mitglieder und
Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je zwei Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die
Grünen.
Wir kommen zur Abstimmung.
Zunächst lasse ich
über die Ausschussgröße des Immunitätsausschusses und des Unvereinbarkeitsausschusses
abstimmen.
Ich ersuche jene
Damen und Herren, die für eine Ausschussgröße von 13 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern
sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle die einstimmige
Beschlussfassung und damit Annahme fest.
Nun lasse ich über
die Ausschussgröße des Budgetausschusses abstimmen.
Jene Damen und
Herren, die für eine Ausschussgröße von 26 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern
sind, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum einstimmig
angenommen.
Die Namen der von
den Klubs dem Präsidenten als Mitglieder beziehungsweise als Ersatzmitglieder
bekannt gegebenen und damit als gewählt geltenden Abgeordneten werden im Stenographischen
Protokoll angeführt. (Zum Zeitpunkt der
Drucklegung waren noch nicht alle Listen verfügbar; s. Anhang.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 40 |
6. Punkt
Wahl der vom
Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen
gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des
§ 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948
Präsident Dr. Andreas Khol:
Wir gelangen nun
zum 6. und letzten Punkt der Tagesordnung: Wahl der vom Nationalrat zu
entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen
Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des
§ 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948.
Dieser Ausschuss
besteht aus insgesamt 26 Mitgliedern, die je zur Hälfte vom Nationalrat
und Bundesrat gewählt werden.
Was die
13 Mitglieder des Nationalrates betrifft, zu denen noch
13 Ersatzmitglieder hinzukommen, werden auf Grund des Einvernehmens in
der Präsidialkonferenz 6 von der ÖVP vorgeschlagen, 5 von der SPÖ
und je 1 Mitglied von der FPÖ und den Grünen.
Es liegen mir
folgende Wahlvorschläge vor:
Als Mitglieder:
vom Klub der ÖVP:
Jakob Auer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer,
Johann Kurzbauer, Johannes Schweisgut,
Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Ing. Josef Winkler;
vom Klub der SPÖ:
Dkfm. Dr. Hannes Bauer, Dr. Josef Cap,
Kurt Eder, Marianne Hagenhofer, DDr. Erwin Niederwieser;
vom Klub der FPÖ:
Dr. Dieter Böhmdorfer;
vom Grünen Klub:
Dr. Alexander Van der Bellen.
Als Ersatzmitglieder:
vom Klub der ÖVP:
Peter Haubner, Karlheinz Kopf, Edeltraud Lentsch,
Dr. Ferdinand Maier, Werner Miedl,
Mag. Walter Tancsits;
vom Klub der SPÖ:
Heinz Gradwohl, Ing. Erwin Kaipel, Manfred Lackner,
Erika Scharer, Mag. Melitta Trunk;
vom Klub der FPÖ:
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn;
vom Grünen Klub:
Mag. Werner Kogler.
Sie haben die
Vorschläge gehört.
Gibt es einen
Einwand dagegen, die Vorschläge unter einem abzustimmen? – Das ist nicht
der Fall.
Wir gelangen zur Abstimmung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für die Wahl der genannten Abgeordneten – wie ich
sie genannt habe – sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig
angenommen.
Damit ist auch
diese Wahl vollzogen.
Die Tagesordnung
ist erschöpft.
Ich übergebe den
Vorsitz an den Dritten Präsidenten, Herrn Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn. (Präsident
Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 41 |
Dringlicher Antrag
der Abgeordneten
Dr. Michael Spindelegger, Mag. Karl Schweitzer, Kolleginnen und Kollegen
betreffend Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002
(1/A) (E)
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung des Selbständigen
Antrages (1/A) (E), der soeben verteilt wurde.
Da dieser Antrag
inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung
durch den Schriftführer.
Der Dringliche
Antrag hat folgenden Wortlaut:
„Der
Europäische Rat hat bei seiner Tagung am 12. und 13. Dezember 2002 in
Kopenhagen die Verhandlungen über die Erweiterung der Europäischen Union
abgeschlossen. Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei,
Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern sollen zum 1. Mai
2004 vollberechtigte Mitglieder der Europäischen Union werden.
Der Europäische
Rat von Kopenhagen stellt damit einen historischen Meilenstein in der Wiedervereinigung
Europas dar. Die Europäische Union schafft nunmehr für 25 Länder und fast einer
halben Milliarde Menschen die Basis für Frieden, Demokratie, Stabilität und
Wohlstand. Mit der Erweiterung erlangt die Union neues Gewicht auf globaler
Ebene, wovon auch die unmittelbaren Nachbarn der Europäischen Union
profitieren sollen.
Die
Verhandlungen zur Erweiterung der Europäischen Union wurden im Jahr 1998
unter dem Vorsitz Österreichs begonnnen. In den vergangenen vier Jahren wurden
die Grundlagen für die Integration der neuen Mitgliedstaaten vorbereitet.
Ebenso wurden die notwendigen Vorkehrungen für das weitere effiziente
Funktionieren einer erweiterten Union getroffen.
Österreich hat
beim Europäischen Rat von Kopenhagen auch die im Zusammenhang mit der Erweiterung
stehenden Fragen des Transitverkehrs und des „Melker-Abkommens“, das zwischen
Österreich und der Tschechischen Republik hinsichtlich des Kernkraftwerks
Temelin abgeschlossen wurde, thematisiert. In den Schlussfolgerungen des
EU-Gipfels wird der Rat aufgefordert, noch vor Jahresende eine Verordnung über
die Zwischenlösung für den Transitverkehr von Schwerlastkraftwagen durch
Österreich für den Zeitraum 2004 bis 2006 anzunehmen. Weiters wird die
Europäische Kommission beauftragt, spätestens bis Ende des ersten Halbjahres
2003 einen Vorschlag für eine neue Richtlinie über die Eurovignette vorzulegen.
Das „Melker-Abkommen“ wurde vom Europäischen Rat zur Kenntnis genommen und es
wurde festgestellt, dass der Europäische Rat erwartet, dass dieses Abkommen nun
umfassend angewendet wird.
Bereits beim
Europäischen Rat von Laeken im Dezember 2001 war auf Verlangen Österreichs die
Kommission ersucht worden, einen Vorschlag bezüglich der Verlängerung des Ökopunktesystems
zu unterbreiten, damit das Kapitel „Verkehr“ im Rahmen der
Beitrittsverhandlungen noch vor Jahresende 2001 abgeschlossen werden kann.
Weiters sagte der Europäische Rat in Laeken zu, in der Union weiterhin ein
hohes Maß an nuklearer Sicherheit zu gewährleisten. Der Europäische Rat
betonte in diesem Zusammenhang, dass der Schutz und die Sicherheit von Kernkraftwerken
überwacht werden müssen und ersuchte um die regelmäßige Vorlage von Berichten
der Atomenergieexperten der Mitgliedstaaten.
Die genaue und
rechtzeitige Umsetzung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von
Kopenhagen und Laeken hat für Österreich vorrangige Bedeutung.
Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an
den Bundeskanzler gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR
folgenden
Dringlichen Antrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 42 |
„Die Bundesregierung wird ersucht, mit Nachdruck
die Umsetzung der von Österreich in die Schlussfolgerungen des Europäischen
Rates von Laeken (Dezember 2001) und von Kopenhagen (Dezember 2002)
eingebrachten Punkte einzufordern.
Die Bundesregierung wird ersucht, insbesondere auf
die Erfüllung jener Vereinbarung zu drängen, wonach der Rat aufgefordert ist,
rechtzeitig eine Verordnung über die Zwischenlösung für den Transitverkehr von
Schwerlastkraftwagen durch Österreich für den Zeitraum 2004 bis 2006
anzunehmen.
Die Bundesregierung wird ersucht, weiterhin für
die umfassende Erfüllung des Melker Abkommens zwischen Österreich und der
Tschechischen Republik Sorge zu tragen.
Die Bundesregierung wird ersucht, die Umsetzung
der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Laeken bezüglich der
Sicherheit von Kernkraftwerken aktiv zu unterstützen und weiterhin die
Initiative der Europäischen Kommission für gesamteuropäische hohe Sicherheitsstandards
unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtssprechung des EuGH betreffend einheitliche
Regeln für die Sicherheit aller europäischer Kernkraftwerke zu verfolgen.
Der Bundeskanzler wird ersucht, dem Parlament
rechtzeitig vor Unterzeichnung des Beitrittsvertrages im April 2003 über die
Umsetzung dieser Punkte zu berichten.“
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen
Antrag im Sinne des § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum
frühest möglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit
zur mündlichen Begründung zu geben.“
*****
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem
Dr. Spindelegger als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages
das Wort.
Gemäß § 74a
Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht
überschreiten.
13.48
Abgeordneter
Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr
Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Frau Außenministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit in
der ersten Sitzung des Nationalrates in der neuen Legislaturperiode auch namens
meiner Fraktion dazu nützen, mich auf die jetzt anstehenden Fragen, die uns im
europäischen Zusammenhang im Augenblick beschäftigen, zu konzentrieren.
Ich möchte als
Erstes auch namens der ÖVP meine besondere Freude darüber ausdrücken, dass beim
Rat in Kopenhagen ein wirklich historisches Ereignis stattgefunden hat: Zehn
Länder, die Beitrittskandidaten waren, wurden dort per Beschluss in die
Europäische Union – vorbehaltlich der notwendigen Beschlüsse –
aufgenommen. Ich glaube, das ist wirklich ein Grund, eine Entscheidung als
„historisch“ zu bezeichnen. Wir begrüßen das außerordentlich, denn damit wird
Europa ein wirklich großes Friedens- und Wohlstandsprojekt, wie wir es
vorhergesehen haben. Ich denke, wir haben allen Grund, darauf stolz zu sein! (Beifall
bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie des Abg. Eder.)
Ich möchte diese
Gelegenheit aber auch dazu nützen, auf Grund eines Dringlichen Antrages über
die besonderen, spezifisch österreichischen Probleme zu reden, die uns bei
diesem Gipfel, wie bei den vorangegangenen, als besonders wichtig erschienen
sind und für die wir noch Lösungen brauchen, die im Sinne Österreichs sind.
Es geht
insbesondere um zwei politische Fragen, die Transitfrage und die Frage Temelín,
die uns dabei beschäftigen. Ich möchte mit der Transitfrage beginnen, weil
manchmal in der Öffentlichkeit Eindrücke erweckt werden, die fern jeder
Realität sind, und weil ich es für notwendig erachte, die Dimensionen
zurechtzurücken.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 43 |
Bei den gesamten
Fragen rund um den Transitvertrag Österreichs müssen wir immer zwei Voraussetzungen
mit berücksichtigen: Die eine ist, dass wir vor der Tatsache stehen, dass Ende 2003
die vertragliche Regelung ausläuft. Wir brauchen daher eine Ersatzlösung, wir
brauchen für unser Land eine Regelung in diesen Fragen – rund um die
Ökopunkte oder wie immer man das bezeichnen mag –, damit der schwere
Güterverkehr durch Österreich bei der Alpenquerung auf der Basis von
Regelungen innerhalb der Europäischen Union stattfindet und nicht das Prinzip
der freien Fahrt gilt.
Die zweite
Voraussetzung ist, dass wir dazu Partner
brauchen. Es ist nicht so, dass man in der Europäischen Union einfach nur eine
Entscheidung abzuholen hat, sondern wir brauchen dazu Partner, wir brauchen
dazu das Einvernehmen mit den anderen Mitgliedsländern – und dieses ist
schwierig zu erreichen. Wie wir wissen, ist trotz der Aufforderung beim
Europäischen Rat bisher kein Ergebnis zustande gekommen.
Die Zielsetzung
für Österreich ist dabei ganz klar: Wir wollen, dass der Transitvertrag nicht
ausläuft. Wir brauchen eine Verlängerung, und zwar eine Neuregelung, die
zumindest für drei Jahre eine befriedigende Regelung für uns darstellt.
Wir brauchen
zweitens eine klare Richtlinie dahin gehend, dass es sich bei dieser Regelung
um eine für ganz Österreich
handelt. Schlupflöcher darf es da nicht geben!
Wir brauchen drittens
in der Europäischen Union das klare Bekenntnis, dass künftig über eine neue
Wegekostenrichtlinie auch andere als bisher mögliche Faktoren in eine Maut mit
eingerechnet werden dürfen. Es wird notwendig sein, dass nicht nur alle
Fragen im Zusammenhang mit dem Umweltschutz hiebei eine Rolle spielen, sondern
dass auch eine Quersubventionierung des Schienenausbaues durch eine LKW-Maut
möglich wird.
Ich denke, dass
der Europäische Rat in Kopenhagen unter diesen Voraussetzungen ein bestimmtes
Zwischenergebnis aufzeigt, aber natürlich noch nicht die Lösung. Es muss bis
Jahresende – so hat es der Europäische Rat bei Punkt 35 in den
Schlussfolgerungen formuliert – eine Verordnung über eine Zwischenlösung
für den Transitverkehr von Schwerlastkraftwagen durch Österreich für den
Zeitraum von 2004 bis 2006 geschaffen werden.
Wenn ich die
öffentliche Meinung dazu betrachte, meine Damen und Herren, dann muss ich bei
dieser ersten Sitzung auch ein paar kritische Worte dazu sagen.
Wir alle sind doch
einer Meinung darin, dass wir für Österreich eine Lösung erreichen wollen. Und keiner von uns hat es nötig, zu
versuchen, sich in der Öffentlichkeit in der Art zu profilieren, wie dies etwa
Frau Kollegin Lichtenberger gemacht hat, die gemeint hat, dass die ÖVP/FPÖ-Regierung
der Bevölkerung einen ungebremsten Transit zumuten will. – Meine Damen und
Herren, weit gefehlt! Das sind Worte, die, wie ich meine, in diesem
Zusammenhang nicht zu fallen bräuchten.
Oder: Ich darf
Herrn Kollegen Eder zitieren, der erklärt hat, es handle sich um ein
Versäumnis, man habe nicht rechtzeitig geredet. – Wenn Sie die Liste all
der Ereignisse in diesem Zusammenhang verfolgen, und zwar alles, was von
Österreich in der Europäischen Union bis hin zur Klage beim Europäischen
Gerichtshof wegen der Ökopunkte bereits unternommen wurde, dann sollten Sie,
finde ich, von solchen Äußerungen Abstand nehmen!
Betreffend Herrn
Landeshauptmann Niessl aus dem Burgenland habe ich in der APA gelesen, er habe
erklärt, es gebe hier eine Westlastigkeit der Regierung. – Er weiß
offenbar nicht, dass der Transitvertrag bisher für ganz Österreich Gültigkeit hat und dass das natürlich auch
in Zukunft fortgesetzt werden soll.
Ich möchte Ihnen
aus Anlass dieser Pressemeldungen auch vorschlagen: Nützen wir diese neue Legislaturperiode,
die heute mit der ersten Sitzung beginnt, doch dazu, in solchen Europafragen,
wo vitale Interessen Österreichs auf der Tagesordnung stehen, einen nationalen
Konsens herzustellen! Ich möchte Sie darum bitten, das auch so zu sehen. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 44 |
Meine Damen und
Herren! Wenn wir die Schlussfolgerungen des Rates zum Thema Temelín betrachten,
dann müssen wir zugeben, dass viele Länder der Europäischen Union nach wie vor
die Atomkraft nützen, und das spiegelt sich in allen Entscheidungen wider. Wir
haben aber mit unserem Nachbarland, der Tschechischen Republik, mit dem
Melker Übereinkommen Standards gesetzt, wonach gerade in die Sicherheit
investiert werden muss, im gleichzeitigen Wissen, dass wir einem Nachbarland
nicht vorschreiben können, ob es ein Atomkraftwerk in Betrieb nimmt oder nicht.
Der Melker Prozess
mit der verbindlichen völkerrechtlichen Erklärung Tschechiens, diese Standards
einzuhalten, und zwar mit einer Road Map, die auch exakte Daten festlegt, was
bis zu welchem Zeitpunkt zu geschehen hat, bietet doch eine gewisse Sicherheit.
Wenn Tschechien außerdem beim Europäischen Rat in Kopenhagen noch einmal mit
uns gemeinsam ein bilaterales Übereinkommen unterzeichnet hat, in dem
bekräftigt wird, dass man zu diesen Vereinbarungen steht, dann ist das, wie
ich meine, das, was man auf europäischer Ebene im Augenblick erreichen kann.
Entscheidend für
uns ist, dass das Erreichte eingehalten wird, dass es rechtsverbindlich ist. Es
ist weniger entscheidend, ob der Europäische Gerichtshof oder der
Internationale Gerichtshof dafür zuständig ist. Wir wollen, dass Sicherheit
auch bei Temelín groß geschrieben wird, und ich glaube, das können wir mit
dieser Vorgangsweise auch erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den
Freiheitlichen.)
Wir haben all
diese Fragen in Österreich längst diskutiert. Es geht jetzt darum, das
umzusetzen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch ganz klar von unserer Seite
aus sagen, dass alle Beobachter der internationalen Sphäre, die in der
Europäischen Union tätig sind, wissen, dass unsere Regierungsmitglieder –
egal, ob das der Bundeskanzler, die Außenministerin oder der Infrastrukturminister
ist – ihr Bestes gegeben haben, damit eine Lösung zustande kommt.
Ich möchte mich an
dieser Stelle auch für diesen Einsatz bedanken, denn viele Entscheidungen, die
in Europa schon in eine bestimmte Richtung gehen, wären früher nicht denkbar
gewesen. Gerade im Zusammenhang mit dem Thema Temelín erinnere ich daran, dass
die Europäische Union früher über Sicherheitsstandards für europäische
Kernkraftwerke nicht einmal reden wollte. Wenn man bedenkt, dass heute einige dieser
Kraftwerke bereits auf der Liste jener stehen, die geschlossen werden müssen,
und dass Vorschläge betreffend Sicherheitsstandards auch in der Kommission in
entsprechender Weise erarbeitet werden, dann muss man sagen: Es ist hier
bereits sehr
viel geschehen.
Ich möchte Sie
alle darum bitten, dass wir uns bei der kommenden Arbeit darauf konzentrieren,
zu versuchen, die österreichischen Standpunkte gemeinsam umzusetzen. Dazu bedarf es der Mithilfe jeder Fraktion in diesem Haus.
Wenn wir so weit sind, dass wir wissen, was wir wollen – und da sind wir
uns, glaube ich, bei Temelín und auch in der Frage Transit einig –, dann
sollten wir miteinander eine Strategie entwickeln, wie wir das umsetzen können.
Die Hauptspieler
dabei sind die Regierungsmitglieder – die haben auch in der Vergangenheit
bewiesen, dass sie in diesem Metier geradezu perfekt sind. Das, was wir
brauchen, meine Damen und Herren, ist ein Lobbying bei den anderen Ländern! (Die Abgeordneten Eder und Mag. Wurm:
Genau! Jetzt haben Sie es selbst gesagt!)
Geschätzte Damen
und Herren von der SPÖ! Sie haben sich in der Opposition so sehr in die
Aufgabe, gegen die Bundesregierung vorzugehen, verkrallt, dass Sie gar nicht
mehr sehen, wo die Gegner der Lösung, die wir haben wollen, sitzen! Die sitzen
nämlich in den anderen Ländern der Europäischen Union, und daher
brauchen wir eine Unterstützung aus Österreich! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte Sie
daher bitten und auffordern, dass Sie mit uns gemeinsam heute in der ersten
Sitzung den Dringlichen Antrag beschließen, in dem die wesentlichen Punkte noch
einmal festgehalten sind und wir gemeinsam der Bundesregierung den Auftrag erteilen,
im Sinne Österreichs weiterzuverhandeln.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 45 |
Ich glaube, es
wäre gut, würden wir die bisherigen Pressemeldungen, die es dazu gegeben hat,
der vergangenen Legislaturperiode zuschreiben und heute neu beginnen. Meine Bitte und mein Angebot an alle Fraktionen
dieses Hauses ist: Setzen wir uns gemeinsam
für die Ziele Österreichs ein! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
13.59
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Verzeihung,
zuerst gelangt der Herr Bundeskanzler zu Wort.
14.00
Bundeskanzler
Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Ich
darf mich zwischen Michael Spindelegger und Karl Schweitzer hineindrängen und
zu diesem sehr wichtigen Thema Stellung nehmen. Ich danke den beiden Fraktionen
von ÖVP und FPÖ dafür, dass damit auch das Hohe Haus und indirekt auch die
Öffentlichkeit die Möglichkeit bekommt, einen Bericht über den Europäischen Rat
von Kopenhagen zu erhalten. Dies ist ja ein wesentliches Thema, das unsere
Zukunft in den nächsten Jahren massiv beeinflussen wird, und daher ist es auch
klug und richtig, dass wir an diesem ersten Tag der Konstituierung auch über
diese Herausforderung für unsere Zukunft reden können.
Der Europäische
Rat in Kopenhagen, der vor einer Woche stattgefunden hat, hat etwas zustande
gebracht, was viele von uns durch Jahre, um nicht zu sagen, Jahrzehnte, erhofft
haben. Ich habe heute auf der Besuchergalerie Alois Mock, unseren früheren
Außenminister und Vizekanzler, gesehen, und ich werde nie vergessen, wie er
schon 1994, als wir unsere Beitrittsverhandlungen abgeschlossen hatten, den
zwölf EU- oder EG-Mitgliedstaaten gesagt hat: Vergesst mir nicht die kommende
Erweiterungsrunde um Mittel- und Osteuropa! – Dr. Mock hat das angekündigt,
er hat das vorausgeahnt zu einem Zeitpunkt, als wenige daran geglaubt haben,
dass das überhaupt möglich sein wird. Ich hatte die Ehre, als Außenminister im
Herbst 1998 die Verhandlungen beginnen zu können, die jetzt in Kopenhagen
unter der dänischen Vorsitzführung zu Ende gegangen sind, und auf der Akropolis
wird in wenigen Wochen, im April, dieses historische Dokument der
Wiedervereinigung Mitteleuropas unterzeichnet werden.
Es hat auch in der
Vergangenheit unzählige Versuche gegeben, Europa zu einigen. Aber das waren
eigentlich alles Versuche, eine Einigung des Kontinents von oben, meist mit
Gewalt, durch Hegemonie zustande zu bringen. Der Unterschied zu damals ist der,
dass eine solche Vereinigung des Kontinents zum ersten Mal in der Geschichte Europas
überhaupt in Freiheit, in demokratischer Zustimmung – denn es braucht ja
Volksabstimmungen in den Beitrittsländern – und durch freiwillige
Verhandlung jetzt möglich wird.
Das gibt für
Europa, aber auch für Österreich, wie ich glaube, eine glänzende Perspektive.
Man kann durchaus Probleme dabei sehen, aber man darf die historische Chance,
die diese Möglichkeit eröffnet, nicht gering achten.
Ich möchte an
dieser Stelle den früheren Vorsitzen, nicht nur Dänemark, sondern auch allen anderen,
die hiezu die ersten Schritte gesetzt oder das Projekt weitergeführt haben,
danken. Ich möchte der Europäischen Kommission, die ja die Hauptlast der
Verhandlungen zu tragen hatte, gratulieren. Romano Prodi, von Anfang an ein
wirklicher, entschlossener Befürworter dieses Wiedervereinigungsprojekts,
Günter Verheugen, der zuständige Kommissar, und auch – das sage ich nicht
ohne Stolz – der Österreicher Franz Fischler haben in den entscheidenden
Fragen, etwa in der Landwirtschaft, eine ganz wichtige Rolle gespielt und
damit den Weg für diese Einigung in Kopenhagen mit bereitet. Danke an alle, die
daran mitgewirkt haben!
Zugleich gilt
unser Dank aber auch der Bevölkerung in den Ländern Mittel- und Osteuropas, in
den baltischen Ländern, die zum Teil unter großen Opfern, mit Widerstand
gegenüber dem früheren Hegemon bewiesen hat, dass sie sich den Weg nach Europa
freikämpfen kann und will: den Tschechen, den Polen, den Ungarn und so weiter.
Das Modell der Zivilcourage in dieser Bevölkerung sollte für uns jedenfalls Vorbild
sein und nicht vergessen werden in einem Moment, in dem man sich anlässlich
des Europäischen Rates in Kopenhagen mit diesem Projekt auseinander setzt.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 46 |
Die
Beitrittsverhandlungen selbst haben für uns, glaube ich, ein gutes Ergebnis
gebracht. Ich glaube, dass auch die Bevölkerung in den Kandidatenländern das
ähnlich sieht, und ich wünsche mir und uns, dass die notwendigen
Volksabstimmungen auch mit deutlicher Mehrheit positiv ausgehen werden.
Ich sage das nicht
nur, weil wir nachbarschaftliche, gute Gefühle haben, sondern auch, weil diese
Vereinigung Europas in unserem ureigensten Interesse liegt. Sie ist ein wichtiger
Beitrag zu Frieden und Stabilität, gerade in unserer Zone Europas, wo es Krieg,
Gewalt, Vertreibungen, Enteignungen gegeben hat. Sie ist ein wichtiger Beitrag
zur inneren Sicherheit. Denken Sie nur daran, dass die Bekämpfung von
grenzüberschreitenden Risken, gegen die sich heute kein Nationalstaat mehr
alleine wappnen kann – organisierte Kriminalität, Geldwäsche, Drogen- oder
Menschenhandel –, viel besser international und europäisch koordiniert
werden kann! Die beitretenden Länder gehören nicht gleich der Schengen-Zone
an, aber sie arbeiten sehr engagiert darauf hin, dass sie so bald wie möglich
dieser inneren Zone der Sicherheit angehören können.
Für uns von Anfang
an ein ganz wichtiges Thema war die Umweltqualität. Ich darf daran erinnern,
dass jetzt mit der Übernahme der EU-Standards in diesen Kandidatenländern an
die 100 Milliarden € investiert werden müssen, um die Wirtschaften
und die diversen umweltverschmutzenden oder -belastenden Einrichtungen auf
ein saubereres, europäisches Niveau zu bringen. Ich bin ganz sicher, dass mit
dem Umweltcluster, den wir in der Wirtschaft aufgebaut haben, auch die
österreichische Wirtschaft dabei eine exzellente Chance haben wird.
In der Wirtschaft
ist es für uns besonders wichtig zu sehen, dass wir als kleineres Land im Herzen
Europas, mit einem Anteil von 2 Prozent an der EU-Bevölkerung, jetzt schon
8 Prozent des Handelsvolumens der Europäischen Union haben und dass wir
damit auch einen Teil der Wachstumsgewinne oder der Wachstumsvorteile unserer
Nachbarländer für uns nutzen können. Die realen Wachstumsraten liegen in den
Kandidatenländern rings um uns zwischen 3,5 und 4 Prozent, sodass dies
auch für uns eine Arbeitsplatz- und eine Gesamtwirtschaftschance sein wird.
Sehr heftig
umstritten waren bis zum Rat von Kopenhagen die Finanzströme. Die Einigung kostet
uns insgesamt für ganz Europa 40,9 Milliarden €, kumuliert bis zum
Jahre 2006. Das heißt, wir liegen damit, und zwar ungefähr mit
1,75 Milliarden €, unter den Beschlüssen von Berlin, obwohl
wir damals ja nur sechs Länder aufnehmen wollten, heute aber zehn aufgenommen
haben. Die Nettokosten für die heutigen 15 EU-Mitgliedsländer liegen bei
knapp über 10 Milliarden €. – Allein der Mitgliedsbeitrag der
neuen Kandidaten macht 15 Milliarden € aus! – Ich sage das,
damit man hier auch ein wenig die Relation sieht.
Die „Herald
Tribune“ hat in diesen Tagen in einem sehr interessanten Leitartikel
geschrieben, dass die Erweiterung für Europa und für die heutigen EU-15
eigentlich ein sehr gutes Geschäft ist, eine der besten Investitionen in unsere
eigene Zukunft. Wir haben uns ausgerechnet, dass wir in den nächsten drei
Jahren, ab 2004, 570 Millionen € investieren werden, das sind für
jeden Österreicher 25 €.
Interessant ist,
dass die neuen Kandidatenländer dabei nicht zu den gleichen Bedingungen
einsteigen wie die heute bestehenden Mitglieder. Griechenland erhält pro Kopf
etwa 437 € pro Jahr, Spanien etwa 126 €, Slowenien 41 €, Ungarn
49 €, Polen 67 € und die Tschechen sogar nur 29 €. Dass wir
daneben noch erreicht haben, dass wir die Agrarausgaben bis zum Jahr 2013
stabilisiert haben, und damit eine Kostenexplosion auf der einen Seite, aber
auch eine Verunsicherung der heimischen Landwirtschaft auf der anderen Seite
verhindert haben, ist wichtig und ist, glaube ich, auch ein Element dieser
positiven Beschlüsse von Kopenhagen.
Österreich hat
sich, genauso wie Deutschland, massiv dafür eingesetzt, dass wir für eine Übergangsfrist
von sieben Jahren unseren Arbeitsmarkt kontrollieren können, und zwar selbst
kontrollieren können. Das wurde von allen akzeptiert. Die Frage, ob wir diese
Frist zur Gänze ausschöpfen oder nicht, wird sehr wohl davon abhängen, wie
sich bei uns die Arbeitsmarktentwicklung abzeichnet. Jetzt wäre es zu früh,
darüber ein endgültiges Urteil zu treffen. Aber es ist unsere Entscheidung, und
das ist, glaube ich, eine sehr vernünftige Sache gewesen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 47 |
Wir haben uns
massiv – Michael Spindelegger hat darauf hingewiesen – gemeinsam in
einem weitgehenden Parteienkonsens für die atomare Sicherheit eingesetzt, weil
durch den Beitrittsprozess erstmals die Möglichkeit bestand, dass wir
unsichere Kernkraftwerke in unserer Nachbarschaft stilllegen oder jedenfalls
sicherheitsmäßig aufrüsten können. Es werden drei Kernkraftwerke überhaupt
zugesperrt: Ignalina und Bohunice stehen bereits außer Streit – die betreffenden
Länder sind ja schon Beitrittskandidaten –, und gestern hat, wie ich mit
großer Freude gehört habe, die bulgarische Regierung beschlossen, dass auch
Kozloduj, genauso, wie es vereinbart gewesen ist, stillgelegt wird, was den
Bulgaren große Opfer abverlangt; aber es ist ein Beitrag zu einer vernünftigen
Atomsicherheitspolitik innerhalb Europas.
Was Temelin
betrifft, so haben wir darum gerungen. Temelin war nicht auf der Liste der zu
schließenden Kernkraftwerke – das haben die Kommission und die anderen
Länder nie akzeptiert –, sondern es ist ein jetzt erst in Betrieb
gehendes Kernkraftwerk. Hier haben wir mit Hilfe der Mediation der Kommission
erreicht, dass es einen bilateralen Vertrag, völkerrechtlich bindend, für
Tschechien und Österreich gibt. Wir wollten im Einvernehmen mit Prag und mit
der Kommission diesen Melker Vertrag als ein Protokoll dem Beitrittsakt
beilegen und damit bis zum Europäischen Gerichtshof einklagbar machen.
Der letzte Punkt
wurde nicht erreicht, und zwar nicht, weil die Tschechen sich quergelegt haben,
ganz im Gegenteil: Die sind zu ihrem Wort gestanden, und ich möchte das hier
auch ausdrücklich festhalten. Prag hat sich in dieser Phase erstklassig
verhalten und hat wirklich gut mit uns zusammengearbeitet. Der neue
Ministerpräsident Špidla und Außenminister Svoboda haben sehr eng und vertrauensvoll mit
uns kooperiert. – Es haben vielmehr drei EU-Mitgliedsländer, die selbst
Atomkraftwerke haben, verhindert, dass wir damit quasi durch die Hintertür ein
Gemeinschaftsrecht für Atomkraftwerke bekommen – ein Anliegen, das wir,
glaube ich, gemeinsam vertreten, bezüglich dessen die Kommission auf unserer
Seite ist und jetzt auch schon die ersten Vorschläge vorgelegt hat.
Dennoch haben wir
erreicht, dass die Melker Konklusionen dem Beitrittsvertrag als Annex angefügt
werden – nicht als Protokoll, aber als bilaterale Erklärung – und
dass der Europäische Rat diesen Vertrag positiv zur Kenntnis genommen und
begrüßt hat und letztlich auch seine umgehende Umsetzung erwartet.
Am schwierigsten
für uns war die Transitfrage. Ich habe der Präsidialkonferenz hiezu einen genauen
Bericht erstattet, und ich möchte diese Dinge auch hier sehr realistisch
beschreiben, um auch der Opposition, die das sehr kritisch sieht, meine Sicht
der Dinge darzulegen und sie damit auch der Öffentlichkeit bekannt zu geben.
Als wir vor drei
Jahren begonnen haben, hatten wir nichts an Vorarbeit oder an Zusagen für eine
Verlängerung des Transitvertrages. Ich sage das hier, ohne jemanden zu beschuldigen.
Es war völlig klar, dass mit dem Ende des Jahres 2003 die seinerzeit bei
unserem Beitrittsvertrag ausgehandelte Transitlösung ersatzlos auslaufen wird.
Ich möchte sehr dafür danken, dass Mathias Reichhold, der
Infrastrukturminister, aber ebenso auch die Außenministerin ein unermüdliches
Lobbying betrieben haben, um den Boden dafür aufzubereiten, dass wir bei den anderen
14 Mitgliedstaaten Verständnis dafür finden, dass es eine Verlängerung
dieser Ökopunkte-, dieser Transitregelungen geben muss.
Wir haben das zum
ersten Mal in Laeken, in den Schlussfolgerungen des vorjährigen Europäischen
Rates, verankern können. Der Infrastrukturminister hat mir eine Liste gegeben,
aus der hervorgeht, dass er allein in diesem Jahr bei 40 internationalen Begegnungen
Lobbying für dieses wichtige Anliegen betrieben hat. Die Vizekanzlerin war
gemeinsam mit der Außenministerin zu einem bilateralen Treffen in Italien.
Der Herr Bundespräsident war im Herbst dieses Jahres auf Staatsbesuch. Ich habe
es mir sogar mitgenommen, um es Ihnen zu zeigen (der Redner hält ein
Schriftstück in die Höhe): Es ist am 25. September dieses Jahres von
Lunardi und Reichhold unterschrieben worden – unterschrieben vom
italienischen Verkehrsminister, jede Seite, wie man das bei einem
internationalen Vertrag macht –, dass der Kommissionsvorschlag, den wir
in Laeken erbeten haben und der wenige Tage später vorgelegt wird, auch
wirklich genehmigt wird.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 48 |
Wir sind dann nach
einer Verzögerungstaktik in Kopenhagen noch immer ohne ein konkretes Ergebnis
dagestanden. Was hätten wir jetzt tun sollen? – Das möchte ich an dieser
Stelle gerne fragen. Wir hätten sagen können: Tut uns Leid, es war halt
nichts!, oder das tun, was wir auch gemacht haben, nämlich beim Europäischen
Rat in Kopenhagen massiv und nachdrücklich unsere österreichischen Anliegen
genauso vertreten, wie das andere Länder auch getan haben, Portugal etwa mit
einem Berliner Protokoll oder wie manche der Beitrittskandidaten.
Ich habe es völlig
unverständlich gefunden, dass manche das Gefühl haben, man darf bei einem
solchen historischen Ereignis nicht auch ein wichtiges nationales
Anliegen – das meiner Meinung nach für die europäische Verkehrspolitik
von größter Bedeutung ist – offen ansprechen. Ich weiß, dass wir damit vielleicht
manchen ein wenig auf die Nerven gegangen sind. Mittlerweile weiß natürlich
jeder europäische nicht nur Verkehrsminister, sondern auch Regierungschef, was
der österreichische Transitvertrag ist und was die Ökopunkte sind und warum wir
keine Ausnahme auf unserem Staatsgebiet zulassen wollen. Österreich ist eben
Österreich! Ob das jetzt Hörbranz betrifft oder das Burgenland oder Wien:
Österreich ist Österreich!
Ich habe in den
Schlussfolgerungen durchgesetzt, dass es eine dreijährige Verlängerung geben
wird – das war ja auch bestritten – und dass diese Verlängerung in
ganz Österreich Platz greifen wird. Was offen ist – ich möchte das hier
auch sehr direkt sagen –, ist, dass wir noch nicht garantiert haben, in
welchem Ausmaß die Zahl der Ökopunkte reduziert werden muss, wenn der modernste
Lastkraftwagen, der „Euro 4“, der ab 2005 neu zugelassen wird, in Betrieb
geht, damit wir die Schadstoffbilanz stabil halten.
Wir haben daneben
massiv darum gekämpft, dass wir erreichen, dass gleichzeitig die Kommission im
ersten Halbjahr einen neuen Vorschlag für eine neue europäische
Wegekostenrichtlinie vorlegt, denn eines sage ich Ihnen auch sehr offen –
und ich weiß, dass ich diesbezüglich einer Meinung mit meinen
Regierungskollegen bin –: Alles, was hiezu jetzt – hoffentlich –
beschlossen werden wird, kann nur eine Übergangsregelung und ein Provisorium
sein. Was wir eigentlich brauchen, sind natürlich massive Investitionen in die
Bahn. Daher hat auch die letzte Bundesregierung 17 Milliarden €,
davon zwei Drittel für den Schienenausbau, zur Verfügung gestellt. Der
Inntal-Ausbau ist bereits im Gang. Die Brenner-Basistunnel-Strecke soll als ein
Private-Public-Partnership-Modell in Gang gesetzt werden. Dazu brauchen wir
aber eine Wegekostenrichtlinie, die uns eine europaweite faire Bemautung und
für den Mehrertrag eine Querfinanzierung für die Schiene erlaubt, denn sonst
wird sich das alles nie rechnen. Nur wenn wir das als Ganzes sehen –
Verlängerung um drei Jahre, bis diese neue Wegekostenrichtlinie mit den faireren
Mauten in Kraft tritt, bis wir investieren können, damit der Schienenausbau so
erfolgt, dass sich eine Alternative zum Straßenverkehr ergibt –, dann,
glaube ich, können wir von einer echten Lösung reden.
Im Moment haben
wir jedenfalls in Kopenhagen die Dinge wieder in Gang gesetzt, den Diskussionsprozess
wieder eröffnet. Wir haben im Moment, glaube ich, die fünfte Unterbrechung des
COREPER. Das ist der Ausschuss der Ständigen Vertreter; er wird, glaube ich,
heute um 17 Uhr nach dem Fischereirat wieder aufgenommen werden. Ich
verspreche Ihnen: Wir werden nicht locker lassen, sodass wir eine vernünftige
Regelung für die österreichische Umwelt, für die österreichische Bevölkerung
bekommen! Da dürfen wir nicht ermüden, meine Damen und Herren! (Beifall bei
der ÖVP und den Freiheitlichen.)
Wir sind dann
stark, wenn wir die Kräfte nicht gegeneinander wenden. Wir haben ja alle die
gleiche Auffassung: Wir wollen eine klare Verlängerung mit allem Drumherum,
wie der Transitvertrag einst gewesen ist. Das Problem ist nur: Wir müssen die
anderen
davon überzeugen – und das können wir überhaupt nur, wenn wir gemeinsam
auftreten und nicht die Kräfte gegeneinander wenden.
Gestatten Sie mir noch ein letztes Wort zu den weiteren Beitrittsperspektiven: In Kopenhagen ist für Bulgarien und für Rumänien ein Beitrittsdatum von 2007 als realistisch, als möglich erklärt worden, was ich sehr begrüße. Für die Türkei ist kein Datum festgelegt worden – was ich auch begrüße, um das sehr offen zu sagen, denn zuerst soll die Kommission, so wie bei allen Bei-
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 49 |
trittsprozessen, ein
objektives Kriterium, einen Report vorlegen: Erfüllt die Türkei die politischen
und wirtschaftlichen Kriterien – ja oder nein?
Ich sage ganz
offen dazu: Die Tür muss offen bleiben – das ist klar –, aber nur für
diejenigen, die wirklich der Meinung sind, dass sie auch den gleichen
Wertekanon mit uns verbinden, dass sie wissen, was Demokratie, Menschenrechte,
Pluralismus letztlich bedeuten, was Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit
bewirken. Diese Kriterien müssen ein für alle Mal geklärt sein, dann kann ein
solcher Kandidat mit den Beitrittsverhandlungen beginnen: nicht, wenn erst das
Prinzip Hoffnung gilt, sondern die Kriterien, die politischen Kriterien, müssen
dabei erfüllt sein.
Ich sage
gleichzeitig auch dazu, dass die Union selbst erweiterungsfähig und
erweiterungswillig sein muss, überhaupt in einem solch schwierigen Prozess, wo
jetzt gerade die Beitrittsperspektive für zehn Länder aufgemacht wurde. Ich
sage ganz offen: Wenn man die Türkei in den Verhandlungsprozess einbindet,
dann muss man den Mut haben, gleichzeitig aber auch Balkanländern, wie
Kroatien oder Jugoslawien, eine mindestens genauso klare und deutliche
Perspektive zu geben.
Meine Damen und
Herren, lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Österreich wird mit diesem
Europäischen Rat von Kopenhagen das einzige Land sein, das vier Nachbarländer
hat, die demnächst neue Mitglieder sein werden. Wir rücken damit von der
Peripherie ins Zentrum Europas. Wir haben eine faszinierende Aufgabe vor uns:
die Grenzregionen zu entwickeln – wirtschaftlich, kulturell,
bildungsmäßig. Das Ziel der Bildungsministerin ist es, in den Schulen entlang
der Grenze immer auch die Sprache des jeweiligen Nachbarlandes mit anzubieten.
Dass wir diese Chancen nützen, dafür sorgt das Netzwerk der regionalen
Partnerschaft, das unsere Außenministerin Benita Ferrero-Waldner großartig
geknüpft hat und das gerade für die nächsten Jahre allergrößte strategische
Bedeutung bekommen wird. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und
bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
14.20
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter
Mag. Schweitzer. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
14.20
Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer
(Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Außenministerin!
Werte Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir Freiheitlichen haben
uns auch im Regierungsübereinkommen zur Erweiterung der Europäischen Union bekannt.
Aber ich sage, wir stehen auch dieser Erweiterung – in der Form, wie sie
jetzt über die Bühne gegangen ist – etwas kritisch gegenüber.
Herr
Bundeskanzler! Wir wissen, dass die Europäische Union klare Regeln definiert
hat, die zu erfüllen sind, wenn man Mitglied der Europäischen Union werden
will. Immer wieder kann man sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass man
dann, wenn ein Beitrittsdatum näher rückt, vom Einhalten dieser Regeln abrückt.
Es werden Spielregeln, die eigentlich dazu aufgestellt werden, dass das
Zusammenspiel funktioniert, auf einmal nicht zur Gänze eingehalten, es werden
Spielregeln zum Teil gebrochen. Und das ist etwas, was abzulehnen ist; vor
allem deshalb, weil wir feststellen müssen, dass es immer wieder große Länder sind,
die sich dann, wenn eigene Interessen betroffen sind, nicht an die Spielregeln
halten.
Nachdem wir keine
Gelegenheit gehabt haben, hier in diesem Haus darüber zu diskutieren, möchte
ich in Erinnerung rufen, dass es erst vor kurzem eine Diskussion über die
Einhaltung des Stabilitätspaktes gegeben hat. Dieser Stabilitätspakt wurde vom
Finanzminister jenes Landes eingeführt, besonders verfochten und vertreten,
das dann gesagt hat, es halte sich nicht mehr an das, was es von der
Europäischen Union gefordert hat. – Eine solche Vorgangsweise ist
abzulehnen!
In diesem
Zusammenhang haben die kleinen Länder den Auftrag, gemeinsam dagegen aufzutreten,
dass die Spielregeln nur dann eingehalten werden müssen, wenn kleine Länder
betroffen sind, große hingegen können sie brechen. So kann es nicht gehen! (Beifall
bei den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 50 |
Diese
grundsätzliche kritische Bemerkung muss mir erlaubt sein, aber
selbstverständlich ist dieser Dringliche Antrag im Zusammenhang mit dem zu
sehen, was österreichische Probleme auf dem Gipfel von Kopenhagen betroffen
hat.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich bin all unseren Verhandlern sehr dankbar dafür,
dass sie es doch geschafft haben, für Österreich in der Transitfrage zumindest
eine Vorgehensweise zu erarbeiten, die die österreichischen Positionen nach
wie vor beinhaltet, und dass diese auch entsprechend vertreten werden, ist doch
diese Verhandlerrunde vor der Problematik gestanden, dass im Vorfeld viele
Fehler gemacht wurden, dass die Verhandler des seinerzeitigen Transitvertrages
darauf verzichtet haben, eine allfällige Übergangslösung gleich
mitzuverhandeln, sodass wir eben vor der Tatsache stehen, dass dieser
Transitvertrag 2003 ausgelaufen wäre, ohne dass wir etwas in der Hand gehabt
hätten.
So gesehen ist
das, was bisher erreicht wurde, durchaus ein Fortschritt, insbesondere auch
deshalb, weil die Ostregion jetzt in dieses Ökopunkte-Kontingent mit
eingebunden wird. Ich sehe das durchaus als einen sehr großen Fortschritt.
Ich bin vor allem
der Frau Außenministerin, dem Verkehrsminister und dem Bundeskanzler dankbar
dafür, dass sie in den Verhandlungen die notwendige Härte an den Tag gelegt
haben, um überhaupt so weit zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und
bei Abgeordneten der ÖVP.)
Man muss sehen,
dass die Europäische Union da einmal mehr in einer für Österreich besonders wichtigen Frage säumig war.
Es hat fünf oder sechs Verschiebungen gegeben, was die Vorlage der
Wegekostenrichtlinie betrifft. Und das kann man so nicht hinnehmen. Man kann es
nicht hinnehmen, dass hier etwas, das für ein Land von fast überlebenswichtiger
Bedeutung ist, einfach auf die lange Bank geschoben wird. Man muss auch aus
diesem Grund mit klarer Härte vorgehen und zeigen, dass es hier um
Lebensinteressen eines Landes inmitten der Europäischen Union geht, das es
sich nicht gefallen lassen wird, dass seine Bevölkerung in ihrer Lebensqualität
von ungezügeltem Verkehr so eingeschränkt wird, dass das Leben im Inntal
womöglich nicht mehr lebenswert ist. So kann es tatsächlich nicht sein.
Herr
Bundeskanzler! Nun noch zu dem, was in der Frage Temelín erreicht wurde. Es war das
offensichtlich das maximal Mögliche – wir hätten uns mehr gewünscht. Ich
muss sagen, dass die Lösung in der Form für uns nicht zufrieden stellend ist,
aber ich vertraue jetzt auf das, was die Grünen immer in diesem Haus gesagt
haben: Lassen wir doch Tschechien Mitglied der Europäischen Union werden, dann
haben wir die Chance, dass Temelín tatsächlich stillgelegt wird, wenn wir in
der Europäischen Union die Nullvariante auch in der Form überprüfen können, ob
es wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist, Temelín in Betrieb zu nehmen! (Abg. Dr. Glawischnig: Ja!)
Meine Damen und
Herren von den Grünen! Tschechien wird jetzt Mitglied der Europäischen Union,
und jetzt können wir uns gemeinsam darum bemühen, die Wirtschaftlichkeit
Temelíns in der Form zu überprüfen, ob es überhaupt sinnvoll ist, den dort
teuer erzeugten Strom tatsächlich zu produzieren, da er angesichts der
Liberalisierung des europäischen Energiemarktes ohne Quersubvention nicht auf
dem Markt unterzubringen sein wird. Das bedeutet: Wird quersubventioniert,
verstößt man gegen europäische Wettbewerbsrichtlinien – geht also
nicht! –, und wenn man nicht quersubventioniert, kauft niemand den Strom.
Gemeinsam mit den
Grünen, der SPÖ und den beiden anderen hier im Haus vertretenen Parteien wird
es unter Umständen möglich sein, Temelín aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten
nicht in Betrieb gehen zu lassen. Ich habe die Hoffnung darauf noch nicht
aufgegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 51 |
14.27
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als
nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll.
Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr
Abgeordneter.
14.27
Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf
der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Abgeordneter einer
Grenzregion, nämlich des Waldviertels, freue ich mich selbstverständlich
besonders über die historischen Weichenstellungen, die der Europäische Rat in
Kopenhagen vorgenommen hat. Aus einer jahrzehntelang extremen
Grenzlandsituation rücken wir mit der Wiedervereinigung Europas ins Herz, ins
Zentrum Europas – mit allen Chancen, die sich daraus strategisch für die
nächsten Jahrzehnte ergeben.
Ich glaube, dass
in der Tat – wie einige Vorredner bereits betont haben – Kopenhagen
zu Beginn des 21. Jahrhunderts der politische Neubeginn Europas war. Ich
muss sagen: Das Jahr 2002, das in wenigen Tagen zu Ende geht, welch
faszinierendes Jahr aus der Sicht Europas! Zu Beginn des Jahres gab es die
Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung – der Euro wurde
eingeführt –, und jetzt, knapp vor Jahresende, diese historische Weichenstellung
in Kopenhagen.
Meine Damen und
Herren! Für mich – ich hoffe, für uns alle – ist es ein wirklicher
Grund zur Freude, dass wir in dieser Zeit hier in unserem Parlament das tun
können, was Politik sein soll: Politik soll Zukunftsgestaltung sein. Welch
schönere Herausforderung gibt es, als Zukunftsgestaltung eines gemeinsamen
Europas betreiben zu können?! Ich schätze mich glücklich, in dieser Phase
diesem Parlament anzugehören. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der
Freiheitlichen.)
Meine Damen und
Herren! Österreich hat beim Europäischen Rat in Kopenhagen zwei Einzelthemen
von wirklich nationalem Interesse und hoher Priorität eingebracht; die
Vorredner haben es bereits betont. Ich glaube, man kann immer mehr erreichen,
aber wenn man Politik nicht allein machen kann, wenn man ein Mitglied von vielen
ist, dann muss man die Dinge auch realistisch sehen. Ich meine, dass das, was
bisher hier erreicht wurde, im Rahmen des Möglichen eigentlich ein Maximum
war.
Meine Damen und
Herren! Vergessen wir nicht, dass etwa beim Transit zwei fundamentale Prinzipien
aufeinander prallen: einerseits das fundamentale Prinzip aus der Verfassung der
Europäischen Union „Freiheit des Güter- und Dienstleistungsverkehrs“, auf der
anderen Seite das genauso fundamentale Prinzip „Bewahrung des Menschen und der
Umwelt vor negativen Einflüssen“; das heißt Erhaltung einer lebenswerten
Umwelt, Erhaltung unseres weltweiten Spitzenplatzes, was die Lebensqualität
betrifft. Was die Lebensqualität betrifft, nehmen wir nach wie vor weltweit
Platz eins ein. Also zweifellos zwei Anliegen, die von höchstem nationalem
Interesse sind.
Meine Damen und
Herren! Wir sollten auch so ehrlich sein zu sagen, dass es hinsichtlich der
Zielsetzung, diese beiden Prinzipien auf einen Nenner zu bringen – ich bin
sehr froh, dass der Herr Bundeskanzler das auch sehr stark betont hat –,
langfristig kausal eigentlich nur drei Möglichkeiten gibt: erstens die
Entwicklung und den forcierten Einsatz modernster Technologie im
Kraftfahrzeugbau, zweitens die Verlagerung von der Straße auf die Schiene und
drittens, wenn möglich, die Verbannung des Verkehrs unter die Erde, ist gleich
Untertunnelung, sprich Brenner-Basistunnel.
Wir sollten so
ehrlich sein zu sagen – zumal dieser Transitvertrag demnächst das
Zehn-Jahres-Jubliäum seines In-Kraft-Tretens feiert –, dass der
Transitvertrag das historische Verdienst hat, die erste ökologische Regelung
des Transitverkehrs in Europa zu sein. Österreich ist meines Wissens das
einzige Land, das eine derartige ökologische Regelung des Transits hat. Wir müssen
aber auch so ehrlich sein zu sagen: Der Transitvertrag, die Öko-Punkte waren
immer nur als Übergangsregelung gedacht. Wir brauchen diese Übergangsregelung
noch einmal, wir brauchen sie noch einmal von 2004 bis 2006, aber wir sollten
das größere Ziel nicht aus den Augen verlieren, nämlich jene drei Maßnahmen,
die ich genannt habe.
Ich bin dem Bundeskanzler, der Frau Außenministerin, den Ministern Molterer und Reichhold wirklich sehr dankbar, denn es war Österreich, das die beiden Themen ökologische Regelung
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 52 |
des Transits sowie Sicherheit von Kernkraftwerksanlagen
auf europäischer Ebene erst zu einem Thema gemacht hat! Es geht dabei nicht nur
um kurzfristige Erfolge, sondern es geht um langfristige Sicherheitsstrategien
für Europa, meine Damen und Herren! – Herzlichen Dank dir, Herr
Bundeskanzler, und deinem Regierungsteam, das hier erfolgreich verhandelt hat! (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und
Herren! Ein Wort zu Temelín. – In meinem Wahlkreis Waldviertel gibt es viele Aussichtspunkte.
Man hat Sichtkontakt, man sieht die Meiler von Temelín. Dennoch hat auch in dieser
Grenzregion eine breite Mehrheit der Bevölkerung Vertrauen in das Melker Abkommen,
Vertrauen darauf, dass diese völkerrechtlich verbindlichen Verträge auch eingehalten
werden; bisher haben sich die Tschechen genau daran gehalten. Wir vertrauen
auch darauf, dass sich die neue tschechische Regierung unter Ministerpräsident Špidla daran halten wird. Wir sollten
diese breite Stimmung in der Bevölkerung zum Anlass nehmen, auch hier in diesem
Parlament diesem Melker Abkommen jenes Vertrauen entgegenzubringen, das es
verdient.
Meine Damen und
Herren! Zum Schluss kommend: Ich meine, dass das Themen von derart weit
reichendem nationalem Interesse sind, dass wir allen Verlockungen widerstehen
sollten, hier parteipolitisches Kleingeld zu wechseln. Sowohl Temelín als auch der Transit sind nicht geeignet
für Parteien-Hickhack, sondern sind Themen, bezüglich deren man nur appellieren
kann: Signalisieren wir nicht nur europäische Solidarität, signalisieren wir
nicht nur ökologische Solidarität, sondern signalisieren wir auch nationale
Solidarität!
In diesem Sinne
meine Erwartungshaltung, dass alle vier Fraktionen dieses Hohen Hauses diesem
Dringlichen Antrag zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
14.33
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort
gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.
14.33
Abgeordneter
Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Es ist hier im Nationalrat offenbar wieder Alltag eingekehrt. Ich darf
es aber kurz machen: Wir werden dem Dringlichen Antrag, den die beiden
Immer-noch-Regierungsfraktionen eingebracht haben, nicht zustimmen. (Abg. Großruck:
Das ist eh nichts Neues! – Abg. Dr. Stummvoll: Das ist schade!)
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Der Versuch, immer dann, wenn Sie in Not geraten,
wenn Sie etwas gerade wieder einmal nicht zustande gebracht haben, zu kommen
und zu sagen: Jetzt brauchen wir einen nationalen Schulterschluss!, ist zwar
verständlich, aber ein bisschen billig. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es geht darum,
dass Sie sehen, dass Sie die Not, in der Sie sich jetzt befinden, auch selbst
verursacht haben, und dafür werde ich das eine oder andere Beispiel anführen.
Ich darf kurz auf
die Ausführungen des Abgeordneten Schweitzer, der in der Zwischenzeit den Saal
schon wieder verlassen hat, eingehen. Er hat gemeint, schuld seien eigentlich
jene, die den Transitvertrag ausgehandelt haben, denn hätten sie ihn nicht
ausgehandelt ... – Nein, er hat es anders gesagt. Er hat gesagt: Wenn
sie ihn gescheit ausgehandelt hätten, dann hätte er entweder 100 Jahre
gegolten oder zumindest eine Übergangsregelung beinhaltet.
Das ist natürlich
eine sehr schlaue Überlegung, aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es
war tatsächlich so, wie Kollege Stummvoll soeben gesagt hat: Der Transitvertrag
war zu jener Zeit, als wir ihn abgeschlossen haben, eine Sensation, und er hat
natürlich in der Zeit seiner Dauer auch etwas bewirkt: Er hat zu einer
Reduktion der Abgasbelastung geführt, und das sollten wir klar und deutlich
sehen. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)
Es ist auch nicht so, wie der Herr Bundeskanzler gesagt hat, dass vor dem Antritt dieser schwarz-blauen Regierung gar nichts geschehen ist. Natürlich ist auch vorher schon etwas geschehen; ich komme gerne darauf zurück. Natürlich habe auch ich schon im Herbst 1999 als
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 53 |
Verkehrsminister Gespräche mit der Kommission
über eine Übergangsregelung begonnen. Es ist dann allerdings zu einem
Regierungswechsel gekommen, und seither ist der Ball tatsächlich bei Ihnen.
Lassen Sie mich
aber auch noch einen anderen Gesichtspunkt ins Treffen führen, weil Sie, Herr
Bundeskanzler, so getan haben, als sei das Ganze eine ausschließlich
europäische Angelegenheit. Die Frage, wie stark die Österreicherinnen und
Österreicher vom Transit belastet werden, ist keine Frage, die ausschließlich
am Transitvertrag hängt, ist keine Frage, bei der man den 14 europäischen
Partnern die ganze Schuld zuschieben kann, wenn unser Problem nicht gelöst
worden ist. Ich darf daran erinnern, dass wir ein paar konkrete Dinge auch im
Inland hätten tun können und dass wir
als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dabei immer als Partner zur
Verfügung gestanden sind, Herr Bundeskanzler, nur Sie sind jeweils abgesprungen!
Wir haben
gemeinsam mit Ihnen im Jahr 1996 eine Vereinbarung getroffen, nämlich
einen Koalitionspakt, in dem gestanden ist, dass wir das LKW-Road-Pricing
einführen. Natürlich wäre das eine Maßnahme, die zur Verlagerung von Verkehr
von der Straße auf die Schiene beiträgt, indem sie faire
Wettbewerbsverhältnisse bei den Kosten des Transports schafft. Aber Sie sind im Frühjahr 1997
davon abgesprungen! Somit ist das Gesetz, das wir gemeinsam beschlossen hatten
und das am 1. Juli 1998 ein LKW-Road-Pricing hätte bringen sollen, nicht
in Kraft getreten. Heute, fünf Jahre später, haben wir immer noch kein
LKW-Road-Pricing, und das bedeutet, dass ungefähr 1 Milliarde € an
Einnahmen verfallen.
Herr
Bundeskanzler, damals haben Sie unseren Schulterschluss gehabt! Es ist dabei um
konkrete Maßnahmen gegangen, aber da haben Sie nichts tun wollen – die Misere haben die Österreicherinnen
und Österreicher heute. (Beifall bei der
SPÖ und den Grünen.)
Das Gleiche, meine
sehr geehrten Damen und Herren, gilt etwa für die Frage des Verkehrs über den
Brenner. Es war der ÖVP-Wirtschaftsminister, der eine bestimmte
Brenner-Mautregelung mitgetragen hat, die rechtswidrig war. Österreich ist von
der Kommission wegen diskriminierender Einhebung der Maut und wegen einer zu
hohen Maut geklagt worden. Es war immer klar, dass Österreich diesen Fall beim
Europäischen Gerichtshof verlieren wird.
Das war auch der
Grund dafür, dass ich im Herbst 1998 versucht habe, eine Regelung auf
europäischer Ebene zu erreichen, die es uns erlaubt, die gleiche Mauthöhe
aufrechtzuerhalten, allerdings unter der Bedingung, dass ein Drittel davon auf
der Strecke zwischen Kufstein und Innsbruck eingehoben wird. – Die
Regelung ist getroffen worden, die Kommission hat zugestimmt, die
14 Partner haben zugestimmt, aber die ÖVP-Tirol und die ÖVP auf
Bundesebene haben nicht zugestimmt und es nicht realisiert! Wir haben das
Verfahren verloren, und heute lesen wir in der Zeitung, dass es Österreich
droht, in den nächsten Wochen Strafzahlungen von 1 Million Schilling täglich dafür leisten zu müssen,
dass die Anpassung nicht erfolgt ist.
Herr
Bundeskanzler! Sie können unseren Schulterschluss dann haben, wenn es um die
konkrete Problemlösung geht, aber wenn Sie auf Grund einer verfehlten
Verhandlungsstrategie nicht zu einem Ergebnis kommen, dann löffeln Sie das
bitte selbst aus! (Beifall bei der SPÖ
und den Grünen.)
Ich darf dazu
abschließend noch anmerken: Wir werden Sie nicht daran hindern – das
wissen Sie sehr gut –, das Nötige und Nützliche zu tun, aber die
Verantwortung für das, was Sie in Kopenhagen nicht erreicht haben und was
abzuschließen Sie vorher die Außenministerin gehindert haben und was auch der
Verkehrsminister nicht abgeschlossen hat, tragen Sie!
Ich darf zum
Abschluss noch folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend die für Österreich
nicht befriedigenden Ergebnisse des Europäischen Rates von Kopenhagen
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 54 |
Der Nationalrat
wolle beschließen:
Entschließung
Der Nationalrat
hat beschlossen:
Die
Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat regelmäßig in schriftlicher
Form zu berichten, welche konkreten zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen seitens
der tschechischen Behörden für das AKW Temelín auf Basis des „Melker Abkommens“
ergriffen wurden.
Die
Bundesregierung wird aufgefordert, über ihren Vertreter im Konvent und im Zuge
der nächsten Regierungskonferenz für die Integration des EURATOM-Vertrags in
den EU-Vertrag und für eine Beseitigung der wettbewerbsverzerrenden Sonderrolle
der Nuklearenergie einzutreten und darüber hinaus in der EU eine Initiative
für einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie zu setzen. Die
Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang auch aufgefordert, der von der
Kommission vorgeschlagenen Aufstockung des EURATOM-Kreditrahmens nicht
zuzustimmen, wenn diese Gelder auch für Neubauten, die Fertigstellung und die
Effizienzsteigerung von AKWs verwendet werden.
Die
Bundesregierung wird aufgefordert, bei den Verhandlungen über eine
Transitregelung nach 2003 keiner Regelung zuzustimmen, die Lkw der
Euro-4-Klasse von der Ökopunkteregelung ausnimmt und eine gänzliche Aufhebung
der Transit-Obergrenze vorsieht.
Die
Bundesregierung wird schließlich aufgefordert, alles in ihrer Macht stehende zu
unternehmen, um durch Maßnahmen, die Österreich eigenständig umsetzen kann,
dafür zu sorgen, dass es zu einer massiven Verlagerung vom Straßengütertransit
auf umweltfreundliche Transportoptionen (Bahn, Schiff) kommt, um so die lärm-
und abgasgeplagte Bevölkerung endlich zu entlasten.
*****
(Beifall bei
der SPÖ.)
14.40
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Einem,
Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in
Verhandlung.
Als nächste
Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.
14.40
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Herr
Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Dass der Gipfel von Kopenhagen ein
historischer Gipfel war und dass die Beschlüsse über die Beitritte unserer
Nachbarn, aber auch der baltischen Staaten und auch Maltas sowie Zyperns ein
historisches Ereignis sind, darüber besteht kein Zweifel. Dass diese Chancen
für Österreich große sind und genützt werden müssen, gut genützt werden
müssen, in guter Nachbarschaft genützt werden müssen, darüber besteht ebenfalls
kein Zweifel. Und gerade weil das so ist, halte ich es für einen schweren
historischen Fehler, dass man sich zwei Kernfragen österreichischer
Interessen, nämlich die Transitfrage und die Frage Temelín, genau bis zu
diesem Gipfel aufgespart hat. Damit hat man die Chancen auf eine Lösung
dramatisch gesenkt.
Meine Damen und
Herren der Regierungsparteien! Sie haben heute einen Antrag eingebracht, der
letzten Endes die Vertreter und Vertreterinnen der Bundesregierung dafür
exkulpieren soll, dass die letzte Regierungsperiode ohne
entscheidende und zielführende Aktivitäten in diesen beiden Fragen zu Ende
gegangen ist. (Beifall bei den Grünen.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 55 |
Es hat viel zu
spät – und die falschen – Initiativen in beiden Bereichen gegeben. Lassen Sie
mich hier in erster Linie zur Frage des Transitvertrags einige Worte sagen. Sie
stellen einen Antrag und fordern uns auf, diesen Antrag zu unterstützen, in dem
steht, dass eine Verordnung, irgendeine Verordnung – und wie
wir nach dem Verhandlungsstand wissen: ohne Obergrenze im
Transitverkehr – unterstützt, unterzeichnet werden soll.
Meine Damen und
Herren! Ohne Obergrenze ist diese Ökopunkteregelung jenseits jeder Vollziehbarkeit.
Das wäre ja genauso, als würden Sie an bestimmten Stellen das Parken verbieten,
aber kein Mensch kümmert sich jemals darum, ob das kontrolliert wird, und kein
Mensch bestraft jemanden dafür, wenn er dort parkt. Ohne diese
Obergrenzenregelung, wie sie jetzt enthalten ist, gibt es keine
Vollziehbarkeit der Ökopunkteregelung mehr.
Wir waren schon
alle entsetzt darüber, als bei der Diskussion um die Feststellungen von Laeken
dieser magere Kompromiss zustande gekommen ist, der keine Obergrenze mehr
vorsieht. Das Entsetzen entlang der Transitrouten ist gewachsen, da es nun
heißt, es wird zugestimmt, dass eine Regelung mit einer Ausnahme für so
genannte saubere LKW der Klasse EURO 4 kommen soll.
Meine Damen und
Herren! Vor kurzem haben wir wissenschaftliche Daten auf den Tisch bekommen,
die belegen, dass die so genannten sauberen LKW der Klasse EURO 2 und
EURO 3 im realen Betrieb eben nicht sauberer sind als die so
genannten schmutzigen LKW der Klasse EURO 1. Betreffend den EURO 4
wissen wir über das reale Emissionsverhalten überhaupt nichts. Trotzdem wird
ein Blankoscheck ausgestellt, dass diese LKW von der Regelung ausgenommen
werden sollen.
Aber damit nicht
genug: Ich habe den heutigen italienischen Medien entnommen, dass Minister
Lunardi seinen Frächtern verspricht, überhaupt keiner Regelung mit Ökopunkten
mehr zuzustimmen. Und ich schaue mir an, wie die von Frau Ferrero-Waldner ja
immer so freudig begrüßte italienische Rechtsregierung davon überzeugt werden
kann, dass Österreich eine vollziehbare Regelung für den Transit braucht.
Das einzig
Positive, das beim Gipfel in Kopenhagen in der Frage Transitverkehr passiert
ist, ist das Versprechen über eine neue Wegekostenrichtlinie, die höhere Mauten
in so genannten sensiblen Gebieten – so hoffe ich zumindest –
erlauben soll.
Aber das, meine
Damen und Herren, gibt es nicht gratis. Das bedarf eines großen Verhandlungsgeschicks,
das Sie bis jetzt nicht bewiesen haben. Dabei wird es darum gehen, auch die
eigenen Transporteure in die Pflicht zu nehmen. Ich kann nur hoffen, dass Sie
Rückgrat genug besitzen, um sich in dieser Frage gegen Ihre eigenen Lobbyisten
zu Wehr zu setzen und nicht wieder sozusagen die Front für Klagen aufzumachen,
die dann bewirken, dass wieder eine Mauthöhe oder eine andere Regelung vor dem
Europäischen Gerichtshof fällt, wie wir es leider am Brenner schon erleben
mussten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Meine Damen und
Herren! Diese Frage ist auch deswegen so besonders wichtig, weil wir kurz nach
dem In-Kraft-Treten der Alpenkonvention stehen. Am 18. Dezember ist sie in
Kraft getreten. Wir haben damit völkerrechtliche Verpflichtungen zum Setzen
von Maßnahmen übernommen, die eben auch im Verkehrsbereich – das schreibt
uns das Verkehrsprotokoll vor – gesetzt werden müssen. Diese
Alpenkonvention beschreibt das Gebiet einer sensiblen Zone in Form eines internationalen
Vertrags. Diese sensible Zone Alpen muss vor dem Schwerverkehr
und seinen negativen Auswirkungen geschützt werden. Ich verlange eines von
Ihnen – wenn Sie das schon früher getan hätten, dann sähen die
Verhandlungen heute auch anders aus –: Wir müssen eine internationale,
alpenweite Lösung für den Transitverkehr bekommen, sodass die Grenzübergänge
nicht mehr gegeneinander ausgespielt werden. Erst dann haben wir eine
realistische Chance! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Abschließend zu Ihrem Antrag und den wortreichen Aufforderungen, diesen Antrag zu unterstützen. Meine Damen und Herren von den jetzigen Noch-Regierungsfraktionen! Sie fordern uns so gerne zum Schulterschluss auf, auch Kollege Tilg, ein Freiheitlicher aus Tirol. Dieser for-
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dert aber einen ganz anderen Schulterschluss, aber das will
ich jetzt einmal beiseite lassen, nämlich den zugunsten der Bevölkerung und
nicht den mit der ÖVP-Regierungslinie. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)
Gemeinsamkeit muss von beiden Seiten kommen. Eine Gemeinsamkeit
kann nicht darin bestehen, zu erwarten und zu verlangen, dass die Opposition
vor der Regierungslinie auf die Knie fällt und ungeschaut alles „frisst“, was
da drinnen steht. Das ist in diesem Fall absolut unmöglich.
Meine Damen und
Herren! Sie haben sich nie bemüht, hier mit uns eine gemeinsame
Haltung einzunehmen. Das werfe ich Ihnen vor. Deswegen ist alles Wehklagen
darüber, dass wir bei diesem eher seltsamen Antrag nicht mitstimmen können,
nicht einmal eine Krokodilsträne wert. Gemeinsame Haltungen erfordern auch
gemeinsame Verhandlungen und gemeinsames Reden, wobei jeder ein Stück weit auf
den anderen zugeht, aber nicht ein Diktat von Seiten der ÖVP-Regierungslinie,
die inhaltlich indiskutabel ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten
der SPÖ.)
14.49
Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.
14.49
Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Hohes Haus! Herr Bundeskanzler! Frau Außenminister! Herr Minister! Bei Abschluss des Transitvertrages im Jahre 1991 haben es Streicher und Klima verabsäumt, eine Nachfolgeregelung zu vereinbaren. (Ironische Heiterkeit des Abg. Gradwohl.) Es wurde eine Laufzeit von zwölf Jahren vereinbart, die mit dem EU-Beitritt Österreichs auf zehn Jahre verkürzt wurde. Wie ernst dieses Problem jedoch ist, zeigt eine von Minister Reichhold in Auftrag gegebene Umfrage: 90 Prozent unserer Bevölkerung nehmen die Transitproblematik sehr ernst, 62 Prozent sagen sogar, Österreich sollte dem EU-Vertrag über die Osterweiterung nicht zustimmen, wenn keine ausreichende Transitlösung gewährleistet ist.
Und in Tirol gab
es eine Umfrage, nach der 78 Prozent der dortigen Bevölkerung dieser Meinung
waren. (Zwischenruf des Abg. Reheis.)
Wenn nun
Exverkehrsminister Einem unserem Verkehrsminister Reichhold vorwirft, dieser
wäre nicht fleißig genug gewesen oder habe andere Sorgen und rede nur (neuerlicher
Zwischenruf des Abg. Reheis), dann muss ich schon Folgendes dazu
sagen: Wenn ein Minister – gerade Mathias Reichhold als Minister – 40
Gespräche persönlich mit Ressortkollegen aus ganz Europa geführt hat, um
österreichische Standpunkte zu vertreten, dann bedanke ich mich als Tiroler
Abgeordneter (Abg. Gradwohl: Was ist das Ergebnis?) bei diesem
unserem Verkehrsminister, bei Mathias Reichhold. – Danke, Mathias! (Beifall
bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Was hat es genützt?)
Ich möchte Frau
Abgeordnete Lichtenberger kurz ansprechen. Es gibt eine APA-Meldung und
folgende Aussage von ihr – diese ist auch nicht lange her –:
Klar gegen den
sich abzeichnenden Transit-Kompromiss in Brüssel haben sich gerade die Grünen
ausgesprochen. Das seien eine schlechte Transiteinigung und eine Nulllösung auf
dem Rücken von Mensch und Umwelt. Grüne-Verkehrssprecherin Eva Lichtenberger
fürchtet mit Fall der Obergrenze mehr Schadstoffe, mehr Lärm und mehr Unfälle.
Dies sei keine Lösung für Österreich. Die Grünen fordern nationale
Solidarität gegen den Kompromiss.
Das ist schon
eigenartig. Unser Kanzler und Mathias Reichhold haben diesem Kompromiss nicht
zugestimmt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.) Und
auf einmal ist es so, dass es jetzt der Fall ist? – Das ist schon
eigenartig, muss ich sagen.
Frau Abgeordnete
Lichtenberger! Der Tiroler Landtag hat einstimmig beschlossen, dass das Verkehrskapitel
mit den EU-Beitrittskandidaten so lange nicht zum Abschluss gebracht werden
solle, bis für den alpenquerenden Verkehr eine nachhaltige europäische Lösung
gefunden werde. Dabei sollen die Grundsätze des von der Kommission
verabschiedeten Weißbuchs erfüllt werden.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 57 |
Dazu gibt es ein
Schreiben des Tiroler Landeshauptmannes an Mathias Reichhold – ich weiß
nicht, ob es der Kanzler auch bekommen hat –, in dem alle Studien
enthalten sind. Auch dort wird aufgefordert, diesem Kompromiss nicht
zuzustimmen. Ich glaube, der Verkehrsminister braucht nun jede Unterstützung,
und zwar von allen Abgeordneten, um gerade jetzt eine neue beziehungsweise
bessere Lösung für Österreich zu finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
In Laeken wurde im
Dezember 2001 ein Minimalkompromiss gefunden. Wenn wir diesen schon
aufzuweichen beginnen, dann weiß ich nicht, wohin das alles noch führen soll.
Für uns Tiroler Abgeordnete ist es natürlich schwierig, das Ganze
nachzuvollziehen. Angesichts der vorliegenden Untersuchungen wird wirklich
eine höhere Belastung auf uns zukommen.
Aber hören wir
doch auf damit, der Bevölkerung einen Kompromiss vom Kompromiss und wiederum
einen Kompromiss zuzumuten! Wir alle müssen hier dagegen stimmen, müssen unsere
Verhandlungsteams in dieser Frage unterstützen, anstatt nur polemisch am
Rednerpult zu agieren. – Das sage ich! (Beifall bei den
Freiheitlichen.)
Die Bevölkerung
erwartet sich von uns Abgeordneten etwas Besseres, die Bevölkerung will, dass
wir etwas tun. Wenn über 50 Prozent österreichweit sagen, dass wir diesen
Kompromissen nicht zustimmen sollen, dann sind wir gewählte Abgeordnete
verantwortlich dafür, dem Folge zu leisten. Man soll nicht sagen, Mathias
Reichhold ist schuld, denn dieser hat von Ihnen (in Richtung SPÖ und Grüne) nie
eine Unterstützung bekommen. Das möchte ich auch gesagt haben. (Neuerlicher
Beifall bei den Freiheitlichen.)
Ich glaube, wir
alle sollten uns des Vertrauens würdig erweisen und diesem Dringlichen Antrag
zustimmen, um nicht nur Mathias Reichhold, sondern auch dem Kanzler die
Möglichkeit zu geben, das weiter zu verhandeln, was Sie abgelehnt haben. Sie
aber von den Grünen haben vorher gesagt, Sie werden nicht zustimmen. (Abg.
Dr. Lichtenberger: Da steht nichts drinnen im Antrag!)
Eines muss ich
persönlich dazu sagen: Wir Freiheitlichen sind immer für eine harte Transitlösung
gestanden, und wir werden weiterhin für diese Transitlösung kämpfen.
Dir, Mathias
Reichhold, wünsche ich gerade bei den nächsten Verhandlungen viel Glück, um diese
Ziele zu erreichen, damit auch in Zukunft gewährleistet ist, dass Tirol und
ganz Österreich von der künftigen Transitlawine verschont bleiben. –
Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.55
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet
ist Herr Abgeordneter Grillitsch. – Bitte.
14.55
Abgeordneter
Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Meine Herren Bundesminister! Es ist mir
eine Freude und Ehre, dem Nationalrat der XXII. Gesetzgebungsperiode
angehören zu dürfen. Für mich ist es wirklich eine Freude, Vertreter der
österreichischen Bevölkerung zu sein, und auch Aufgabe, mit Umsicht, Weitblick
und Verlässlichkeit für die Bevölkerung da zu sein. Als neues Mitglied dieses
Hohen Hauses möchte ich Ihnen versichern, dass ich mich mit voller Kraft und
mit ganzem Herzen dieser Aufgabe widmen werde.
Nun zum Thema
unserer Debatte: der Europäische Rat von Kopenhagen. Ich glaube, damit wurde
ein überaus ehrgeiziges Vorhaben zu Ende gebracht. Die bislang umfassendste
Erweiterung der Europäischen Union wurde politisch vollendet. Wir freuen uns
darüber, dass wir mit 1. Mai 2004 zehn neue Mitgliedstaaten in unseren
Kreis aufnehmen können. Sind die Verhandlungen auch abgeschlossen, so wird
die Erweiterung mit ihren zahlreichen Auswirkungen auf unterschiedlichsten
Ebenen ein zentrales Thema sein.
Meine Damen und Herren! Diese Erweiterung war und ist Herzstück unserer Regierung – und das wird sie auch bleiben. Ich danke hier insbesondere unserem Bundeskanzler Dr. Wolfgang
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 58 |
Schüssel und unserer Bundesministerin Dr. Benita
Ferrero-Waldner. Sie haben in hervorragender Weise nicht nur für das
übergeordnete Ziel der Vereinigung Europas, sondern vor allem auch für die
europäischen Interessen gekämpft. Das sage ich nicht nur bezüglich Transit und
Temelín, das sage ich heute auch als österreichischer Bauernvertreter. Wir
haben damit Planbarkeit und Verlässlichkeit bis 2013 in unserem Programm.
Herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP.)
Nun zum Thema
Transit. Da gibt es eine schwierige Ausgangslage. Wir stehen vor der Herausforderung,
den Schutz der Menschen und der Umwelt vor den negativen Auswirkungen des Straßengüterverkehrs
auch in Zukunft zu gewährleisten und die aus der Anwendung des Ökopunktesystems
resultierenden Umweltverbesserungen langfristig und nachhaltig zu sichern.
Transit ist jedoch
nicht nur ein österreichisches Problem. Wir brauchen daher diese bereits angesprochene
Wegekostenrichtlinie, die auch Umweltfaktoren wie Schadstoffemissionen und Lärmbelästigung
bei der Festlegung der Mauthöhe berücksichtigt. Das ist das Ziel der österreichischen
Verkehrs- und Umweltpolitik – und das muss es auch bleiben.
Sehr geehrte
Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, niemand braucht einen Kniefall vor der Regierungslinie
zu machen. Man sollte nicht parteipolitisch taktieren, man sollte auch nicht
mit Blockaden drohen, sondern offene Gespräche und harte Verhandlungen sind
notwendig, um die Transitfrage auch entsprechend lösen zu können. Diese
Gesprächs- und Verhandlungsbereitschaft haben Bundeskanzler Schüssel und die
ÖVP von Anfang an signalisiert – und das werden wir auch in Zukunft tun.
Nun zu Temelín.
Wir sind in der glücklichen Lage, dass der Ausstieg aus der Kernenergie in Österreich
breiten Konsens genießt. Damit sollten wir uns aber nicht zufrieden geben.
Unser grundsätzliches Ziel bleibt der europaweite Ausstieg aus der Kernenergie
und der Verzicht auf Atomkraftwerke.
Es ist zweifellos
ein erster österreichischer Erfolg, eine Diskussion über Sicherheitsstandards
in der Europäischen Union erreicht zu haben. Dafür wurde auf Regierungs- und
auch auf Parlamentsebene jede Gelegenheit für Gespräche genutzt. Selten zuvor
wurde eine derart aktive Anti-Atompolitik von einer Bundesregierung betrieben,
und wir dürfen auf einen Drei-Parteien-Konsens in Fragen der nuklearen
Sicherheit bauen.
Uns allen ist
Folgendes klar: Die erhoffte Verankerung der Einklagbarkeit vor dem Europäischen
Gerichtshof ist an den Atomstaaten in der Europäischen Union gescheitert.
Dadurch wurde einmal mehr ersichtlich, dass ein Veto gegen den EU-Beitritt
Tschechiens der falsche Weg gewesen wäre und die Falschen getroffen hätte.
Damit ist aber auch klar, dass nur eine gemeinsame Strategie aller Beteiligten
innerhalb der EU – und das ist die unumstrittene ÖVP-Forderung – zu
einem nachhaltigen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie führen kann.
Meine lieben
Kolleginnen und Kollegen! Ich ersuche Sie daher eindringlich, nicht aus
parteipolitischen Motiven dagegen zu sein, sondern gehen Sie mit uns aus
einer großen Verantwortung heraus diesen eingeschlagenen Weg, um einerseits
unsere Lebensgrundlagen zu sichern und um andererseits auch unseren Kindern
keine Schulden zu hinterlassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten
der Freiheitlichen.)
15.00
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet
ist Herr Abgeordneter Eder. – Bitte.
15.00
Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Frau Außenminister! Sehr geehrte Kollegen auf der Ministerbank!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte zunächst Kollegen Spindelegger zitieren, der in seiner Rede gemeint hat: Was wir brauchen, ist Lobbying. – Ich kann das nur unterstreichen, meine aber, dass es dieses Lobby-
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 59 |
ing schon seit Jahren hätte geben müssen; man hätte es
nicht erst in den letzten Monaten so besonders betonen müssen.
Was meine ich
damit? – Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Bundesregierung in den
letzten drei Jahren auch drei Verkehrsminister „verbraucht“ hat. Lobbying heißt
aber natürlich auch, viele Gespräche zu führen, und wenn die Staaten, mit
denen man Gespräche führt, immer von anderen Persönlichkeiten angesprochen
werden, dann ist das für die Sache nicht gerade förderlich, sondern
hinderlich. Man weiß ja, dass schwierige Fragen gerade im zwischenmenschlichen
Bereich oft sehr gut gelöst werden können, wenn man sich länger und gut
kennt. – Das zum einen.
Zum Zweiten wurde
von Ihnen auch Herr Landeshauptmann Niessl kurz erwähnt. Ich darf hiezu
festhalten, dass Herr Landeshauptmann Niessl – und ich habe diese
Presseaussendung da – lediglich von einer Westlastigkeit der
Bundesregierung gesprochen hat. Er meinte damit, dass auch die Ostregion,
nachdem nun weitere zehn Mitgliedstaaten in die Europäische Union kommen
werden – und das hat auch Kollege Stummvoll richtig gesagt: dass wir zu
einem beachtlichen Teil an der Grenze zu diesen Staaten liegen –, gerade
deswegen dringend eine umfangreiche Infrastruktur benötigt, um vor allem die
zusätzliche Verkehrsbelastung, die auf uns zukommen wird, zu bewältigen.
Ich darf nur daran
erinnern, dass wir in den nächsten fünf bis acht Jahren beim Güterverkehr einen
Zuwachs von etwa 70 Prozent haben werden. Daher sind wir jetzt alle
miteinander aufgefordert – und vor allem auch die nächste
Bundesregierung –, die entsprechenden Infrastrukturmaßnahmen zu setzen,
da wir mit der derzeitigen Infrastruktur nicht das Auslangen finden werden. (Beifall
bei der SPÖ.)
Es geht nicht
allein darum, dass wir eine Verlängerung des derzeitigen Transitvertrages brauchen,
sondern in der Europäischen Union muss möglichst rasch die Wegekostenrichtlinie
in Kraft treten. Diese Wegekostenrichtlinie – und es gibt ja bereits das
EU-Weißbuch – beinhaltet natürlich auch die Definition der sensiblen
Zonen – das wurde auch von Kollegin Lichtenberger angesprochen –,
wonach in diesen sensiblen Zonen eine erhöhte LKW-Maut eingehoben werden darf
und kann, und die Differenz zwischen der normalen und der erhöhten Maut kann
für die Finanzierung der Bahn verwendet werden.
Meine Damen und
Herren! Ohne die Bahn und ohne die Wasserstraße werden wir die 70 Prozent
Verkehrszuwachs, die wir auf Grund der EU-Erweiterung zu erwarten haben, nicht
bewältigen. Herr Bundeskanzler! Ich darf Sie ersuchen, dass Sie bei der
zukünftigen Verhandlung dieser Fragen in der Europäischen Union besonders
mithelfen, diese Fragen zu lösen.
Was die Ostregion
angeht, möchte ich auf die Situation in Wien und Niederösterreich hinweisen.
Niederösterreich als ein Kernland, das ebenfalls an die neuen Länder angrenzt,
und Wien als einer der zentralen Verkehrsknoten in der Ostregion werden
natürlich dringend die entsprechende Infrastruktur brauchen: Es ist dringend
notwendig, dass wir die Nordautobahn in Angriff nehmen. Es ist dringend
notwendig, dass wir die West- und Südbahn rasch ausbauen, dass der Semmering-Basistunnel
rasch gebaut wird. Es ist dringend notwendig, dass wir in Wien den Zentralbahnhof,
die Bahninfrastruktur, die Güterbahninfrastruktur, aber auch die Süd-, die Nordost-Umfahrung
und eine klare Ortsumfahrung von Wien zustande bringen.
Es ist unmöglich,
dass wir den Güterverkehr, der auf Grund der wirtschaftlichen Prosperität um
70 Prozent ansteigen wird, durch die Stadt lenken können, ihn über die
Brünner Straße oder über die Prager Straße nach Wien bringen. Es ist jetzt
schon nicht mehr erträglich, und ich kann die Tiroler bezüglich all ihrer
Sorgen, die sie im Zusammenhang mit dem Transit haben, beruhigen: In Wien
haben wir auf der Tangente schon jetzt in Zeiten normalen Verkehrsaufkommens
bis zu 140 000 PKW- und LKW-Fahrten täglich! Dass hier Abhilfe
geschaffen werden muss, ist, glaube ich, für alle verständlich. Daher muss es
hier zu neuen Lösungen kommen. Am Gürtel haben wir schon jetzt innerstädtisch
40 000 bis 50 000 LKW- und PKW-Bewegungen. Es ist daher
dringendst notwendig, in dieser Region entsprechende
Verkehrsinfrastruktur-Investitionen zu tätigen. (Beifall bei der SPÖ.)
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 60 |
Weil es heute hier
schon um Schulterschlüsse und um das gemeinsame Auftreten gegangen ist, möchte
ich dazu anmerken: Wenn Schulterschluss, wenn gemeinsames Auftreten, dann aber
auch vorher gemeinsames Sprechen und gemeinsames Handeln, um gemeinsam auf einen
Nenner zu kommen, den wir als Österreicher dann auch gemeinsam vertreten
können! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
15.06
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete
Dr. Glawischnig. – Bitte.
15.06
Abgeordnete
Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Meine
Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der 13. Dezember in
Kopenhagen war tatsächlich ein guter Tag für Europa. Der Beitritt von zehn
Staaten, das damit verbundene Abschließen eines riesigen Friedensprojektes,
die endgültige Überwindung der Spaltung Europas und das tatsächliche Ende des
Kalten Krieges sind Dinge, die die Grünen immer begrüßt haben und für die sie
auch immer offensiv eingetreten sind.
Wir haben es auch
immer deutlich und massiv abgelehnt, dass man im Rahmen dieses großen Friedensprojektes
bilaterale Probleme im Rahmen von Veto-Strategien zu lösen versucht. Einerseits
haben wir das für unangemessen gehalten, weil dadurch das große Projekt
gefährdet oder aufgeschoben werden könnte, und andererseits war es unserer
Meinung nach auch inhaltlich keine gute Strategie. In Kopenhagen hat sich
letztendlich auch erwiesen, dass mit Veto-Strategien die Probleme Temelín und Transit nicht zu lösen waren. (Beifall
bei den Grünen.)
Wir haben immer
andere Vorschläge gemacht, und wir waren auch immer sehr konstruktiv in diesem
Bereich. Manchmal fühlt man sich als Sachpolitikerin wie die Seherin Kassandra
aus dem alten Griechenland, die ja einen doppelten Fluch hatte: Einerseits sieht
sie die Zukunft vorher, andererseits glauben ihr die Betroffenen nicht. Wir
haben bereits im Dezember 2001, also letztes Jahr, als die großartige
Erklärung im Zusammenhang mit dem Brüsseler Übereinkommen in ganzseitigen
Inseraten in Tageszeitungen erschienen ist, das angezweifelt und auch darauf
hingewiesen, dass das nicht stimmt. In diesen Inseraten ist damals angekündigt
worden: Das Melker Abkommen ist rechtsverbindlich und wird vor dem EuGH
einklagbar sein. – Damals wurde behauptet, es wird vor dem EuGH einklagbar
sein!
Ein Jahr lang hat
die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Schüssel, die österreichische
Bevölkerung an der Nase herumgeführt (Abg. Großruck: Deshalb
haben sie ihn gewählt!), denn damals war allen Beteiligten schon bewusst:
Es gibt Widerstand von den EU-14, es gibt massiven Widerstand, und von Seiten
der Tschechischen Republik gibt es kein großes Interesse, diese
Sicherheitsauflagen zu erfüllen. – Wir wissen das, und es gibt auch Zahlen,
die das belegen. Die Schätzungen der österreichischen Expertinnen und Experten
belaufen sich auf 4 Milliarden Schilling oder 290 Millionen €
für die relevanten Sicherheitsnachrüstungen; die tschechischen Schätzungen
belaufen sich auf 40 Millionen Schilling oder 2,9 Millionen €.
Das sagt sehr viel
aus. Und was bleibt uns jetzt noch, nachdem all die Versprechungen, all die
Ankündigungen wie eine Seifenblase zerplatzt sind?
Wir Grünen haben
immer schon gesagt, dass es besser gewesen wäre, eine offensive Angebotsstrategie
zu fahren, dass es Sinn macht, Kooperationen einzugehen, Energiepartnerschaften
mit der Tschechischen Republik massiv auszuweiten – im Moment sind das
lächerliche Beträge –, und dass der Ausstieg nur dann gelingen wird, wenn
vor allem auf der tschechischen Seite der Widerstand in der Bevölkerung stark
genug ist, wenn auch die Industrie, vor allem eine alternative
Energiewirtschaft, so stark ist, dass sie diesen Ausstieg auch erzwingt. Und
letztendlich ist auch die wirtschaftliche Unsinnigkeit dieses Kraftwerkes
etwas, das man besonders herausstellen muss.
Ein Jahr lang ist es eigentlich versäumt worden, bilateral auf eine Lösung hinzuarbeiten. Ich habe sie noch im Ohr, die großen Versprechungen der Vizekanzlerin: Ich persönlich werde nach den tschechischen Wahlen dorthin reisen und bilateral verhandeln! – Und ich habe sie nicht nur
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 61 |
im Ohr, sondern auch vor mir
liegen, die Entschließung des Nationalrates vom Juli dieses Jahres, eine
Drei-Parteien-Entschließung, in der erstmals die offensive Angebotsstrategie in
Richtung Tschechien auch österreichische Position, Position des
österreichischen Parlaments war. Da gab es eine deutliche grüne Handschrift,
nämlich dahin gehend, erstmals auch ein Ausstiegsangebot zu formulieren.
Nur: Von all dem
ist nichts geschehen! Nichts ist passiert! Keine dieser Versprechungen ist eingehalten
worden! Und das ist letztendlich auch das Traurige, denn es ist inzwischen
wieder wertvolle Zeit verstrichen. Der zweite Block in Temelín ist in Betrieb gegangen, und das
Melker Abkommen ist wie eine Seifenblase zerplatzt. Es bleibt letztendlich nur
der Goodwill der tschechischen Seite übrig.
Bei der
Transit-Frage war es ähnlich. Was hindert uns eigentlich als starkes
österreichisches Parlament daran, Entschließungsanträge zu verabschieden, den
Schulterschluss in dem Sinn zu vollziehen, dass wir eine harte österreichische Position festlegen? Was hindert uns
daran, zu formulieren, dass wir nicht nur eine Übergangslösung wollen,
sondern vielleicht eine Dauerlösung für die betroffene Bevölkerung? Was
hindert uns daran, heute zu beschließen, dass wir immer noch am Ausstieg von
Temelín festhalten
wollen und uns nicht auf ein Melker Abkommen verlassen wollen, das
letztendlich nicht zu mehr Sicherheit geführt hat? Was hindert uns als
österreichischen Nationalrat daran, alles zu tun, was im Inland möglich ist, um
LKW-Transit zu erschweren, zu verteuern? Was hindert uns daran, ein
Nachtfahrverbot festzulegen, sektorale Fahrverbote, entsprechende Bestimmungen
für Gefahrguttransporte? – Es gibt Dutzende Möglichkeiten!
Einen solchen
Schulterschluss aber, wie Sie ihn fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen von
der ÖVP und den Freiheitlichen, lehnen wir ab! (Beifall bei den Grünen.)
Es ist das ein Schulterschluss auf niedrigstem Niveau, ein Schulterschluss, den
man letztendlich in der Energiefrage, in der Antiatompolitik auch mit der
pro-nuklearen Energiekommissarin Loyola de Palacio, der stärksten Verfechterin
dieser so genannten Sicherheitsstandards, machen könnte. Mich wundert, dass
sich niemand ernsthaft damit auseinander gesetzt hat, was in diesem Paket, in
diesem Sicherheitsstandardpaket, tatsächlich drinnen ist. Da ist kein einziges
materielles Sicherheitskriterium drinnen, keine Kontrolle, keine Sanktionen,
sondern das ist die Festschreibung des Status quo. Jeder Staat kann in Zukunft
seine Sicherheitskriterien festschreiben, wie er mag.
Wir haben immer
davor gewarnt – und das ist mittlerweile wirklich ein
Kassandra-Problem –, sich auf Diskussionen über Sicherheitsstandards
einzulassen, wohl wissend, in welche Richtung die Energiekommissarin unterwegs
ist, ohne das Wort „Ausstieg“ in irgendeiner Form – Restlaufzeiten und so
weiter – anzusprechen, ohne eine Garantie zu haben, dass vielleicht im Konvent,
im wichtigen Verfassungsprozess der EURATOM-Vertrag zu guter Letzt als totaler
Anachronismus endlich aufgelöst wird.
All das fehlt mir,
all das fehlt in diesem Antrag, und es ist einfach nicht zumutbar, so einem
schwachen Antrag zuzustimmen, wo wir uns doch heute als neues Parlament, als
starkes Parlament, wie viele Redner heute gesagt haben, konstituiert haben, in
dem der Parlamentarismus eine starke Rolle hat. Das ist auch nicht der Konsens
in der österreichischen Bevölkerung. Da wäre weitaus mehr möglich gewesen, und
es ist einmal mehr schade.
In diesem Sinne
versuchen wir es weiter mit Konstruktivität und bringen wiederum einen Entschließungsantrag
zur Neuorientierung der Temelín-Politik ein. Ich habe schon gesagt: Was bleibt uns? – Das eine
ist das offensive Aufgreifen von Angeboten, die Angebotsstrategie, und das
andere ist, noch einmal mit all den Betroffenen, mit den NGOs, mit den
betroffenen Landeshauptleuten eine neue Strategie festzulegen und das
Ergebnis im Rahmen eines Gipfels in den Nationalrat hineinzutragen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 62 |
Entschließungsantrag im Folgenden in seinem Wortlaut vor:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten
Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Temelín-Politik der Bundesregierung
Der Nationalrat
wolle beschließen:
1. Die
Bundesregierung wir aufgefordert, umgehend einen Temelín-Gipfel einzuberufen, an dem neben
dem Bundeskanzler und VertreterInnen der Bundesregierung auch VertreterInnen
der betroffenen Bundesländer, der im Nationalrat vertretenen Parteien sowie
NGOs und Bürgerinitiativen teilnehmen sollen, um konkrete Maßnahmen für eine
Neuorientierung der österreichischen Temelín-Politik zu diskutieren und zu
vereinbaren.
2. Die
Bundesregierung wird aufgefordert, möglichst rasch einen Aktionsplan für eine
„Temelín-Angebots-Offensive“
zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen, worin unter anderem ein Ausstiegsangebot
für das AKW Temelín und die massive projektbezogene und finanzielle Stärkung der
Energiepartnerschaft mit Tschechien enthalten sein sollen. Gleichzeitig soll
ein politischer Umsetzungsplan für die Angebots-Offensive erarbeitet und
vorgelegt werden.
*****
In diesem Sinne,
konstruktiv und kritisch, wie Grüne immer waren und immer sein werden, bitte
ich Sie um Unterstützung für diesen Antrag. (Beifall bei den Grünen.)
15.14
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Glawischnig,
Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in
Verhandlung.
Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin
Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte, Frau Bundesminister.
15.14
Bundesministerin
für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Liebe Kollegen auf der Regierungsbank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur ganz kurz in die Debatte
eingreifen und Ihnen, Frau Abgeordnete Glawischnig, sagen, dass Sie hier
Dinge darstellen, die so einfach nicht stimmen.
Ich habe vor einem
Jahr zuerst Auftrag gegeben, dass im COREPER die Melker Vereinbarung ganz klar
angesprochen wird, und selbstverständlich wurde das dort von den anderen
Kollegen zur Kenntnis genommen.
Ich selbst habe im
Rat Allgemeine Angelegenheiten, und zwar im Dezember letzten Jahres, die
Vereinbarung vorgestellt und selbstverständlich dazugesagt, dass diese in einem
Protokoll zu den Beitrittsverträgen abgesichert werden soll. Das wurde zur
Kenntnis genommen. Ich bin extra noch einmal nach Brüssel gefahren – Sie
werden sich daran erinnern – und habe in den Beitrittsverhandlungen, in
der Beitrittskonferenz dieselbe Frage noch einmal angesprochen. Das wurde von
den Kollegen wieder zur Kenntnis genommen. Sie kennen die juristische Regel:
Zurkenntnisnahme ist normalerweise Annahme. Wir konnten also sehr wohl davon
ausgehen, dass das auch akzeptiert wurde. – Das war der erste Punkt.
Der zweite Punkt:
Die Tschechen selbst – das muss man schon auch sagen – haben sich
eindeutig zu dieser Vereinbarung bekannt. Wir haben ja mit den Tschechen auch
in Kopenhagen verhandelt. Sie hätten selbstverständlich genau das, was
vereinbart war, auch akzeptiert, aber die Realität ist – und Sie wissen
es –: Drei Nuklearländer, die eben Angst haben, dass auf dem Umweg über
eine solche Akzeptanz in Zukunft ein Nuklear-Acquis kommt, haben diese Möglichkeit
verweigert. Das ist der Hintergrund. Das ist das, was passiert ist.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 63 |
Es ist auch
keineswegs so, dass deshalb das Melker Abkommen wie eine Seifenblase zerplatzt
ist, wie Sie sagten. Es ist vielmehr so, dass wir in die Schlussfolgerungen von
Kopenhagen einen Passus einfügen konnten und eine eigene Deklaration mit den
Tschechen erfolgte, dass das Abkommen tel quel – so, wie es
ist – umgesetzt wird. Auch die anderen Vierzehn haben dem ihre Zustimmung
gegeben und wollen natürlich eine solche Umsetzung.
Der Herr
Bundeskanzler hat in seiner Rede schon gesagt, dass unsere
Völkerrechtsexperten, aber auch die Experten des Verfassungsdienstes hier
durchaus eine Möglichkeit sehen, auch wenn dies nicht ausdrücklich
festgeschrieben wurde, in ein Verfahren mit dem Europäischen Gerichtshof
einzutreten, wenn das absolut notwendig wird. Sie wissen, es gibt jetzt auch
ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das zumindest in die Richtung
geht, dass Sicherheits- und Gesundheitsstandards der Bevölkerung hier
berücksichtigt werden können.
Wenn Sie in Bezug
auf die generelle Frage der Sicherheitsstandards im Bereich der Nuklearenergie
sagen, dass Loyola de Palacio beziehungsweise die Europäische Kommission nicht
das vorgelegt hat, was Sie sich vorstellen, dann möchte ich Sie im Gegenzug
fragen: Was würden Sie denn tun, wenn die Nuklearstaaten hier einfach keine
Zustimmung geben? – Ich glaube, es wäre besonders gut und Grünen
eigentlich angemessen, wenn sie mit den anderen Grünen oder mit den anderen
umweltbewussten Parteien in Europa versuchen würden, diese Position aufzuweichen, denn nur dann
ist es möglich, zu einer einstimmigen Entscheidung zu kommen. – Danke. (Beifall
bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)
15.18
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau
Abgeordnete Mag. Sima zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.18
Abgeordnete
Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Meine
Herrschaften auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Frau Außenministerin,
gestatten Sie mir nur eine kurze Replik. (Abg. Großruck: Die Frau Außenministerin ist keine
„Herrschaften“!) – Bitte, Herr Kollege, halten wir uns wenigstens am
Tag der Angelobung ein bisschen zurück! Ich habe noch nicht einmal einen Satz
gesagt, und Sie rufen schon hinein. Das ist ja unglaublich!
Frau Außenministerin,
eine kurze Replik. – Das bloße Erwähnen des Melker Prozesses im COREPER
oder das Erwähnen des Melker Prozesses in den diversen Räten hat offensichtlich
nichts gebracht. Das ist einfach zu wenig. Das Erwähnen allein hat uns nichts
gebracht, und das sieht man ja auch am Ergebnis. (Bundeskanzler
Dr. Schüssel:
... „Herrschaften“!) – Ich kann natürlich das nächste Mal auch
„Frauschaften“ sagen, Herr Bundeskanzler. Aber es klingt einfach ein bisschen
eigenartig.
Meine Damen und
Herren auf der Regierungsbank! Sie haben in Kopenhagen die Rechnung für die
verfehlte Antiatompolitik der letzten Jahre präsentiert bekommen. Darüber kann
man auch mit diesem Dringlichen Antrag, den Sie heute eingebracht haben, nicht
hinwegtäuschen. Die Temelín-Politik der letzten Jahre war geprägt von Widersprüchlichkeiten und
von Uneinigkeiten, und zwar vor allem innerhalb der Regierungsfraktion. Das
muss man auch einmal sagen.
Wenn Sie, Herr
Spindelegger, heute hier so groß die Einigkeit beschwören und an uns appellieren,
mit Ihnen einig zu sein, dann muss ich Ihnen schon sagen: Wenden Sie sich
einmal an Ihren Noch- und vielleicht auch zukünftigen Koalitionspartner, denn
das war ja das größte Problem Österreichs: dass wir im Ausland sozusagen mit
zwei Zungen gesprochen haben und dass die FPÖ permanent die kontraproduktive
Veto-Keule geschwungen hat, die das Verhandlungsklima mehr als belastet hat.
Das wissen Sie ganz genau, also kehren Sie einmal vor Ihrer eigenen Haustür!
Herr
Bundeskanzler! Sie haben vor über einem Jahr einen Pakt mit dem damaligen tschechischen
Premier Zeman abgeschlossen. Dabei hat es drei zentrale Punkte gegeben, die Sie
als großen Erfolg feiern haben lassen: die Hebung der Sicherheitsstandards, die
Verankerung im Beitrittsvertrag und die Einklagbarkeit vor dem Europäischen
Gerichtshof.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 64 |
Das Ergebnis war
an sich schon sehr mager, und wir haben Ihnen immer gesagt, dass es mit diesem
Pakt zu keinen Sicherheitsaufrüstungen kommen wird, aber wenn wir uns das jetzt
anschauen, dann müssen wir feststellen, dass von diesen drei zentralen
Punkten, die Sie uns versprochen haben, nicht ein einziger umgesetzt worden
ist. Kein einziger dieser Punkte ist umgesetzt worden! Das ist wirklich mehr
als blamabel für die Bundesregierung, und ich wundere mich eigentlich, dass Sie
sich heute hier herstellen und das auch noch in einem Dringlichen Antrag
behandeln und hier so offen zugeben. Das ist mehr als blamabel. Bei Temelín haben Sie absolut nichts
erreicht – leider! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
Frau
Außenministerin! Sie haben gemeint, dass es ein großer Erfolg war, dass
zumindest dieses bilaterale Abkommen mit einem Satz in Kopenhagen erwähnt
wurde. Aber Sie wissen doch genauso gut wie wir, dass die Wahrscheinlichkeit,
dass von diesem Melker Abkommen noch irgendetwas umgesetzt wird, gleich null
ist. Das war höchst blamabel, was in Kopenhagen passiert ist: Österreich hat
offensichtlich sehr spät versucht, da noch etwas hineinzureklamieren. Die
Fronten waren auf Grund der vorher angesprochenen vielen Veto-Drohungen sehr
verfahren. Das Verhandlungsklima war im Wesentlichen zerstört. Mir ist es ein
Rätsel, wie Sie jetzt noch an den Melker Prozess glauben können. Der Melker
Prozess hat sich in Luft aufgelöst, den gibt es nicht mehr, und ich befürchte,
es wird auch keine einzige Sicherheitsaufrüstung in Temelín mehr geben. Das ist deswegen sehr
bitter, weil das sehr, sehr vielen Menschen ein Anliegen ist, weil viele
Menschen davon betroffen sind, weil es lange Diskussionen darüber gegeben hat
und weil ich glaube, dass man es der österreichischen Bevölkerung schuldig ist,
in diesem Punkt etwas zu erreichen. Es tut mir Leid, aber Sie haben hier
wirklich kläglich versagt! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der
Grünen.)
Ich möchte jetzt
noch auf einen mir sehr wichtigen Punkt zu sprechen kommen, der durchaus auch
eine Nagelprobe für die Antiatompolitik dieser Bundesregierung ist, Stichwort
EURATOM-Kreditvergabe. Es gab in den letzten Wochen eine medial-öffentliche
Diskussion zu diesem Thema. Es ist, glaube ich, bekannt: Die EU-Kommission hat
vor, den Kreditrahmen für EURATOM-Kredite um 2 Milliarden € zu
erhöhen. Diese sollen für Neubauten, für Fertigstellungen, aber auch für
Sicherheitsaufrüstungen verwendet werden. Nur ein kleines Beispiel: In der
Vergangenheit wurden 680 Millionen € für die Fertigstellung von
K2/R4, dem Ersatzreaktor von Tschernobyl, verwendet.
Jetzt meine ganz
klare Frage an Sie: Haben Sie mit Ihrem Finanzminister Grasser vor, dieser Aufrüstung
zuzustimmen, ja oder nein? Von der ÖVP hat es bisher keine einzige wirklich
klare Aussage zu diesem Thema gegeben, und ich glaube, dass das eine wichtige
Nagelprobe für die Zukunft ist und auch dafür, wie ernst Sie das mit diesem
Appell an uns meinen, denn hier sind wir gerne zu einem gemeinsamen Vorgehen
bereit, weil wir EURATOM für den Schlüssel eines gesamteuropäischen
Atomausstieges halten. Bekennen Sie endlich einmal Farbe und sagen Sie, was Sie
da machen werden! Ich halte das für ein wichtiges Thema, und ich kann mir nicht
vorstellen, dass Sie wirklich guten Herzens zustimmen können, dass
2 Milliarden € künftig in die Aufrüstung und in die Fertigstellung
von Ost-AKWs fließen, die wir dann in den nationalen Parlamenten bekämpfen
werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
15.23
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete
Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.24
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Bundesminister! Zweifellos ist am 13. Dezember in Europa durch die Beitrittsbeschlüsse nicht nur ein historischer Meilenstein gesetzt worden, sondern es wurde meines Erachtens wirklich ein Jahrtausendwerk geschaffen. Ich glaube, das muss man hier eindeutig und über alle Parteigrenzen hinweg festhalten. Es ist ein Jahrtausendwerk in sicherheitspolitischer Hinsicht, in wirtschaftspolitischer Hinsicht, vielleicht auch in sozialpolitischer Hinsicht, und ich hoffe, auch in umweltpolitischer Hinsicht. Und gerade vor diesem Hintergrund der historischen Tragweite dieses Ereignisses ist für mich das Versagen der österreichischen Verhand-
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 65 |
lungsstrategie
und das Versagen Österreichs in zwei zentralen Existenzfragen wirklich ganz
betrüblich, bedauerlich, für mich sogar verheerend.
Die zwei
Existenzfragen, die zwei Lebensfragen sind einerseits der Verkehr, andererseits
der Atombereich. Was das Letztere betrifft, möchte ich Sie, Herr
Bundeskanzler, mit Ihren persönlichen Aussagen konfrontieren, die Sie vor
einem Jahr, nämlich am 12. Dezember, hier in diesem Haus gemacht haben. Da
ging es nämlich darum, noch einmal festzuhalten, inwieweit Österreich durch
den Melker Prozess, durch den Brüsseler Vertrag in der atompolitischen Frage
ein neues Reglement geschaffen hat, das hält und das die Existenzsicherheit der
Österreicher und Österreicherinnen, vor allem der OberösterreicherInnen, auch
wirklich berücksichtigt.
Herr
Bundeskanzler! Was haben Sie damals gesagt? – Ich zitiere im Folgenden den
Originalwortlaut von Dr. Schüssel:
„Wir haben
durchgesetzt, dass die Schlussfolgerungen als Protokoll in die Beitrittsakte
aufgenommen werden ..., und damit haben wir ab dem Beitritt Tschechiens
praktisch ein neues Primärrecht ...“
Das stellten Sie
hier vor einem Jahr als Tatsache in den Raum! – Ebenfalls am
12. Dezember 2001, in der 87. Sitzung, sagten Sie:
Diese
Einklagbarkeit „ist nur deshalb gegeben, weil wir sichergestellt haben, dass es
in die Beitrittsakte aufgenommen wird und daher dann nach dem Beitritt auch
wirklich bis zum Europäischen Gerichtshof gehen kann.“
Das haben Sie
gesagt: Es ist sichergestellt, dass wir bis zum Europäischen Gerichtshof gehen
können. – Eine Seite weiter ist in diesem Protokoll zu lesen, dass Sie
festgehalten haben:
„Damit wird der
Beitrittsvertrag sämtliche von Tschechien bilateral übernommene Verpflichtungen
in Bezug auf das Kernkraftwerk Temelín enthalten.“
Das haben Sie hier
versichert, schwarz auf weiß ist es nachzulesen. Und Sie setzten noch eines
drauf, Sie haben nämlich noch formuliert:
„Und damit
pickt’s, und das ist wichtig!“ – Originalzitat Schüssel.
Herr
Bundeskanzler! Mit diesen Äußerungen hier vor diesem Hohen Haus haben Sie sich
angesichts der heutigen Lage ein Jahr später wirklich völlig deklassiert. Wer
kann noch darauf vertrauen, dass das, was Sie sagen, stimmt? Wer kann noch
darauf vertrauen, dass die Positionen, die Sie hier in diesem Haus vorgeben,
dann wirklich eingehalten werden? Wer kann in Österreich noch darauf
vertrauen, dass bei Beitrittsverhandlungen das, was ein Jahr lang vorher hier
versprochen worden ist, wirklich umgesetzt wird? – Niemand angesichts der
jetzigen, angesichts der heutigen Situation am 20. Dezember!
Herr
Bundeskanzler! Damit haben Sie wirklich ein Maximum an Glaubwürdigkeit
verspielt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich
bin neugierig, Herr Bundeskanzler, wie Sie noch ansatzweise das Ruder
herumreißen wollen. Sie wissen genau, die Veto-Karte sticht nicht. Sie wissen
genau, die Hausaufgaben haben wir nicht erledigt, weder im Transitbereich noch
im atompolitischen Bereich. Wir haben bis jetzt keine LKW-Maut, die
angekündigte ist viel zu niedrig. Wir haben bis jetzt in Österreich nicht das
Verbot von Atomstromimport. Wir haben nach wie vor unsere Hausaufgaben auch in
anderen Bereichen, was EURATOM-Gelder und die Verwendung von EURATOM-Geldern
anlangt, nicht erledigt. Und mit diesen unerledigten Hausaufgaben wollen Sie
dann in Brüssel bei den abschließenden Beitrittsverhandlungen noch einen Stich
machen?! Das möchte ich wissen, wie das gehen soll, daran zweifle ich!
Die Bilanz ist
klar: Sie haben versagt, Ihren Nimbus als Verhandlungskünstler auf jeden Fall
eingebüßt und leider auch die österreichischen Lebensinteressen links liegen
gelassen! (Beifall bei den Grünen.)
15.28
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 66 |
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter
Reheis zu Wort gemeldet. – Bitte.
15.29
Abgeordneter
Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr
Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Herren Bundesminister!
Ich möchte zuerst auf Kollegen Klaus Wittauer Bezug nehmen, der hier von
Unterstützen und Nicht-Polemisieren die Transitfrage betreffend gesprochen
hat. Der Herr Verkehrsminister brauche die Unterstützung von jedem, hat er
gesagt.
Herr Kollege Wittauer!
Ich habe hier eine APA-Meldung der Tiroler FPÖ, in der Folgendes steht:
„Die Tiroler
Freiheitlichen haben in der Transitfrage am Freitag Bundeskanzler Wolfgang
Schüssel (V) heftig kritisiert. Dieser habe von Anfang an eine absolut
schädliche Transitpolitik verfolgt. Schüssel habe Tirol im Regen stehen
gelassen und versuche, dies auch noch als Erfolg zu verkaufen, erklärte
FP-Landesobmann, LAbg. Willi
Tilg.“
Dies zum
Unterstützen und Nicht-Polemisieren. Bundeskanzler Schüssel ist Chef der Regierung,
in der auch Ihr Verkehrsminister seine Arbeit leistet, mehr oder weniger.
Sehr geehrte Damen
und Herren! Nach Kopenhagen und den Transitverhandlungen in Brüssel sind die
von der österreichischen Bundesregierung immer sehr lautstark geführten Transitgespräche
leider gescheitert. Die EU macht sich daran, den Transitvertrag zu Grabe zu
tragen, und die österreichische Bundesregierung stimmt hier mit. Wir stehen
heute leider vor einem verkehrspolitischen Scherbenhaufen.
Meine Damen und
Herren! In einer APA-Meldung von heute ist zu lesen, was der italienische Verkehrsminister
Lunardi zur Transitfrage zu sagen hat. Im Folgenden ein Zitat daraus:
„,Italien wird bei
Ökopunkten nicht nachgeben’. Verkehrsminister: Italienische Unternehmen können
weitere Benachteiligungen nicht mehr akzeptieren. ... ,Im Gegenteil, wir
erwarten uns eine Prämie als Kompensation für die Benachteiligungen, die wir
bis heute hinnehmen mussten.’“ – Das sagt der italienische Außenminister
Lunardi, meine Damen und Herren.
Jetzt muss man
fragen: Was ist wichtiger in diesem Land, Transitgüter oder die österreichische
Bevölkerung? – Die österreichische Bevölkerung wird das auch nicht mehr
hinnehmen, was italienische Unternehmer und Transportunternehmer nicht mehr
akzeptieren können! (Beifall bei der SPÖ.)
Gesundheitliche
Benachteiligungen durch Lärm, durch Abgase, durch den Anstieg der NOX-Emissionen,
das ist nicht mehr zu akzeptieren, meine Damen und Herren! Es reicht! Es reicht
der Verkehr durch Tirol! Man muss sich jetzt endlich einmal entscheiden: Was
wollen wir? Wollen wir die LKW-Lobby unterstützen, oder unterstützen wir die
Menschen in diesem Land, die entlang dieser Transitrouten wohnen? Im Zweifel,
meine Damen und Herren, muss man sich für die Menschen entscheiden und nicht
für die Güter auf der Straße! (Beifall bei der SPÖ.)
Nur damit Sie
sehen, was das bedeutet: Eine Studie des VCÖ berichtet, dass eine LKW-Lawine
über Österreich hereinbrechen wird, dass in Ostösterreich bis 2010 eine
Verdreifachung des LKW-Verkehrs zu erwarten ist und die LKW-Belastung am
Brenner um 16 Prozent steigen wird. Demnach würden im Jahre 2010 am
Brenner an einem durchschnittlichen Werktag 6 600 LKW durch das Tal
rollen und am Semmering 6 400 LKW, das sind plus 248 Prozent, in
Bruck an der Leitha 7 700 LKW, ein Plus von 235 Prozent, und
über den A1-Knoten St. Pölten sogar 14 500 LKW, ein Plus von
73 Prozent, fahren.
Diese Belastung, meine Damen und Herren, lässt sich nicht aufrechnen, ob die Belastung in Wien auf der Tangente oder in Tirol über den Brenner läuft. Die Belastung ist zu groß, und es reicht, und es bedarf tatsächlich eines Zusammenschlusses aller österreichischen politischen Kräfte, um hier entgegenzuwirken, und da braucht es natürlich auch die Partnerländer, mit
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 67 |
denen wir zu reden haben. Die Partnerländer
sind keine Gegner, ob das die Italiener oder die Deutschen sind.
Der Tiroler
Landeshauptmann Van Staa hat in einer Presseaussendung geschrieben, er
fühle sich benachteiligt und von Wien im Stich gelassen. Er gibt aber auch
Deutschland die Schuld. Auf der anderen Seite gibt die Frau Außenministerin
Ferrero-Waldner Italien die Schuld, das offensichtlich alles blockiert hat.
Meine Damen und
Herren! Wir brauchen Partner in Europa, und wir müssen darauf hinweisen, dass
es hier um Menschen in unserem Land geht, die entlang der Transitrouten wohnen.
Wir werden nicht zulassen, dass in Zukunft Österreich und die Menschen in
diesem Land noch mehr belastet werden. (Beifall
bei der SPÖ.)
Und wir werden
auch nicht zulassen, dass ab 2005 die Fahrzeuge der Klasse EURO 4 ohne Ökopunkteregelung
fahren dürfen, denn das ist der Schritt in die vollkommene Liberalisierung des
LKW-Verkehrs, und der Straßengüterverkehr und die damit verbundenen Belastungen
können dadurch ungebremst weiter ansteigen.
Meine Damen und Herren!
Was bedeutet das für das Inntal? Das Transitforum Tirol schreibt: Es ist in
Tirol derzeit bereits so, dass 280 000 Tiroler im Inntal in von der
Tiroler Landesregierung ausgewiesenen Sanierungsgebieten leben müssen, weil die
Schadstoffe längst die Grenzwerte des Immissionsschutzgesetzes – Luft
übersteigen.
Meine Damen und
Herren! Das ist zu viel! Es reicht! So werden wir nicht mehr weitermachen
können! Die österreichische Bundesregierung ist gefordert! – Danke. (Beifall
bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)
15.34
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn:
Zum Wort ist
niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag 1/A (E)
der Abgeordneten Dr. Spindelegger, Mag. Schweitzer, Kolleginnen und
Kollegen betreffend Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen am 12. und
13. Dezember.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der
Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.
(E 1.)
Wir gelangen jetzt
zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der
Abgeordneten Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend die für
Österreich nicht befriedigenden Ergebnisse des Europäischen Rates Kopenhagen
am 12. und 13. Dezember.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. –
Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.
Wir gelangen
nunmehr zur Abstimmung
über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Glawischnig,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Neuorientierung der Temelín-Politik der
Bundesregierung.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. –
Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.
Antrag auf
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur
Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Kolleginnen und
Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Zusammenhang mit
den Vorgängen bei der so genannten Abfangjäger-Nachbeschaffung.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 68 |
Da dieser Antrag
inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht seine Verlesung durch
den Schriftführer nicht zu erfolgen.
Der Antrag hat
folgenden Wortlaut:
Antrag
der Abgeordneten Werner Kogler, Peter Pilz, Freundinnen und Freunde auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gem. § 33 GOG im Zusammenhang mit den Vorgängen bei der sogenannten Abfangjäger-Nachbeschaffung
Am 2. Juli 2002 hat die Bundesregierung
eine Typenentscheidung zum geplanten Ankauf von Abfangjägern bekannt gegeben.
Rund um die Entscheidung, mit dem Konsortium EADS in Vertragsverhandlungen zu
treten, sind zahlreiche Ungereimtheiten bekannt geworden.
Unter anderem im Zuge der Konflikte innerhalb der
Noch-Regierungspartei FPÖ und der Bundesregierung selbst, hat sich der
Verdacht erhärtet, dass wesentliche Abläufe und einzelne Entscheidungen
innerhalb des bisherigen Beschaffungsvorganges nicht nach den gesetzlichen und
vergaberechtlichen Bestimmungen durchgeführt wurden.
Gegen mehrere Mitglieder der Bundesregierung wurden
öffentlich und medial schwerwiegende Verdächtigungen erhoben:
„Da in den letzten Tagen für mich klar wurde, dass
die wirtschaftlichen Interessen mit der Abfangjägeranschaffung die FPÖ in
ihrer politischen Handlungsfähigkeit offenkundig lähmt ...“ so
Landeshauptmann Dr. Jörg Haider (14.9.2002, Kärntner FPÖ-Pressedienst)
So hat Frau Vizekanzlerin Dr. Susanne
Riess-Passer wesentliche Vertreter ihrer Partei zur Abgabe einer schriftlichen
Erklärung angehalten, die besagt, dass keiner auf welche Weise immer vom Ankauf
neuer Jets profitieren soll (profil 30/02; Seite 18)
Oder der ehemalige FPÖ-Generalsekretär und
EADS-Lobbyist Gernot Rumpold: „Das ist ja wie in Uganda. Wenn man in Österreich
nicht mit dem Geldkoffer auftaucht, klappt gar nichts“ (Format 38/02;
Seite 46)
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher
folgenden
Antrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
Zur Untersuchung der Rechtmäßigkeit aller Abläufe
und Entscheidungen innerhalb des Beschaffungsvorganges betreffend die
sogenannte Abfangjäger-Nachbeschaffung wird ein Untersuchungsausschuss
eingesetzt.
Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebungen
von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und
durch Einsicht in die Akten der angeführten Bundesministerien, bzw. Parteien,
Organisationen und Firmen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand
alle Sachverhalte hinsichtlich der politischen Verantwortlichkeit überprüfen.
Dabei sind insbesondere folgende
VerantwortungsträgerInnen und Institutionen besonders in die Überprüfung
einzubeziehen:
Involvierung und Verantwortung von Bundeskanzler
Dr. Schüssel, Vizekanzlerin Riess-Passer und den Bundesministern für
Finanzen (Grasser), Wirtschaft (Bartenstein) und Landesverteidigung
(Scheibner), deren Kabinette und von ihnen geleiteten Ministerien im Zuge des
gesamten Beschaffungsvorganges der Kampfflugzeuge
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 69 |
Involvierung der Landeshauptleute im Rahmen des
gesamten Beschaffungsvorganges, insbesondere im Zusammenhang mit den
sogenannten Kompensationsgeschäften
Involvierung der politischen Parteien in
Österreich
Involvierung von parteinahen Organisationen und
Vorfeldorganisationen
Involvierung von Wirtschaftskammer und
Industriellenvereinigung
Involvierung von parteinahen Firmen, insbesondere
die von EADS seinerzeit beauftragte PR-Agentur für das „Eurofighter“-Lobbying
„100% Comunications“, und deren Geschäftsführung
Involvierung von Unternehmen, die von den
angeblichen Kompensationsgeschäften profitieren
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen den
Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis 6 ÖVP, 5 SPÖ,
2 FPÖ, 2 Grüne einzusetzen.
Die Antragsteller verlangen gem. § 33
Abs. 2 die Abhaltung einer Debatte.
*****
Präsident
Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen in die Debatte ein.
Im Sinne des
§ 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser
Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine
Redezeit von 10 Minuten verfügt.
Stellungnahmen von
Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären
sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.
Das Wort erhält
zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.
15.36
Abgeordneter
Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte
Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Minister, die Sie
heute in anderer Rolle hier sitzen. Ich werde Sie indirekt aber trotzdem
ansprechen, deshalb mache ich auf diesen Umstand aufmerksam. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)
Warum ist uns
dieser Untersuchungsausschuss so wichtig? Warum erscheint er geradezu als unumgänglich?
Ich meine das jetzt ohne Polemik. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier Chefanklagereden
halten müssen, sondern es geht um etwas ganz Einfaches: Es geht um das Informationsbedürfnis,
das hier ein jeder und eine jede hat oder zumindest haben sollte.
Warum? – Ich
darf daran erinnern, dass auf Grund des nachhaltigen Drucks der grünen Fraktion
überhaupt erst einmal in das Bewusstsein gerückt ist, dass ein Beschaffungsakt
von derartiger Größe wie der geplante Ankauf der Abfangjäger eine Bestimmung
tangiert, nämlich § 45 Abs. 4 Bundeshaushaltsgesetz, wonach eine
bundesfinanzgesetzliche Ermächtigung, also unsere Zustimmung, für diesen Kauf
notwendig ist. Deshalb sollten wir uns rechtzeitig um die Hintergründe
dieser Beschaffung kümmern.
Da geht es jetzt
nicht um Opposition oder Regierung, sondern da geht es einfach um das Informationsbedürfnis –
ich sage, um das Informationsrecht, ich sage aber auch, nachdem ich Sie auf
diesen Umstand aufmerksam machte, um die Informationspflicht Ihrerseits. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es gibt genügend
Hinweise, dass es bei der so genannten Typenentscheidung nicht nur nach den
gesetzlichen und vergaberechtlichen Bestimmungen zugegangen ist. Vielmehr gibt
es gravierende Hinweise, dass diese Bestimmungen umgangen oder offenkundig
gebrochen wurden.
Ich darf nur eines im Vorfeld herausgreifen: Die Angebotseinholung, also die Ausschreibung, bestimmt in Punkt 4.1.3.8, dass Mehr- oder Mindermengen bei dieser Beschaffung unzulässig
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 70 |
sind. Ich lade jetzt jeden und jede herzlich ein, sich die
Angebotseinholung der Republik Österreich, die auf dem Pult hinter Klubobmann
Van der Bellen steht, anzusehen. (Der
Redner deutet auf einen auf dem Abgeordnetenpult stehenden Ordner.) Ich
habe es schon markiert für jeden, der es jetzt wissen will oder vielleicht auch
wissen sollte, nämlich für die Zukunft: Punkt 4.1.3.8, „Mehr- oder
Mindermengen“ lautet die Überschrift. Lapidare Aussage: nicht zulässig.
Was heißt das?
Nicht dass ich jetzt 24 statt 18 Abfangjäger präferiere, um das geht es
nicht, es geht um die Rechte der unterlegenen Anbieter. Das ist ganz klar.
Diese haben nicht die Möglichkeit gehabt, beim Modell „18 Stück“
mitzubieten.
Das wäre alles noch nicht so aufregend, wenn nicht die Bundesregierung selbst, Herr Bundeskanzler, wenn nicht der Dienst Ihres Hauses festgestellt hätte oder zumindest ein Gutachten eingeholt hätte, aus dem hervorgeht, dass das massive Probleme für die Republik aufwirft.
Das kann sogar so
weit gehen, dass die Republik rein rechtlich zu einem Doppelkauf gezwungen
wird, nämlich dass die Rechte des vermutlichen oder vermeintlichen Bestbieters
tangiert werden, der dann einen Anspruch auf Kaufzwang hat. Wer, bitte, soll
diese Verantwortung übernehmen?
Es gibt in dieser
Frage ein Schweigekartell, das muss ich leider sagen – und es gibt noch
viele weitere Fragen, die interessant sind; ich habe jetzt nur diese eine
herausgegriffen –, und dieses Schweigekartell führt dazu, dass die
Abgeordneten in keiner Weise darüber informiert sind, was die Hintergründe
dieses Deals sind. Deshalb lade ich Sie ein – ganz egal, ob Regierung oder
Opposition –, diesem unserem Antrag auf Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses zuzustimmen, denn dieser ist der richtige Ort dafür,
der die Gelegenheit bietet, diese Dinge auszuleuchten. Eine andere
Möglichkeit gibt es nicht, denn die anderen Ausschüsse des Parlaments, etwa der
Ausschuss, der sich mit den Bundesfinanzen befasst, haben die Unterlagen
betreffend die Gegengeschäfte, die jetzt überall in den Medien zitiert werden,
nicht bekommen. Daher wäre ein Untersuchungsausschuss notwendig, um dieses so
genannte wundersame Finanzierungsmodell überhaupt einmal einigermaßen
überprüfen zu können.
Hingegen kann man
im „trend“ lesen, dass jene Unternehmen, die Sie ja immer – auch Sie, Herr
Bundeskanzler – gerne zitieren, sagen, mit dieser Finanzierungsplattform
wollen sie nichts am Hut haben. Der Magna-Chef sagt sinnigerweise oder
richtigerweise:
„In unserer
Branche bekommt man einen Auftrag, wenn man gut ist. Wenn nicht, dann nicht.“
In dieser Aussage
steckt sehr viel Weisheit, und sie weist auch auf den Anachronismus bei den
Gegengeschäften hin.
Der KTM-Chef sagt
dazu: „Eine Sauerei!“ Mit ihnen habe noch nicht einmal jemand geredet!
Und diese Firmen
werden ständig als potentielle Gegengeschäftspartner geführt, Herr Minister
Bartenstein?
Sie wollten die
Vorgänge ins Internet stellen. Bitte tun Sie das endlich, damit wenigstens auf
dieser Ebene Transparenz herrscht!
Es passt also
hinten und vorne nichts zusammen, und das sollte uns über das Vorliegende
hinaus weiter stutzig machen. So sollte uns etwa auch stutzig machen, dass, um
auf die Ausschreibung zurückzukommen, ausgerechnet der amerikanische Anbieter
Lockheed Martin mit seiner „F-16“ gar nicht mehr in die allerengste Wahl
gekommen ist. Das ist schon sehr eigenartig – Minister Scheibner ist
jetzt nicht mehr da und kann daher jetzt leider nicht dazu befragt
werden –: Das Flugzeugmodell, das für Zwecke, für die wir es auch in
Österreich brauchen, weltweit am meisten eingesetzt wird, soll ausgerechnet
unserer Ausschreibung nicht entsprechen?! – Entweder die Ausschreibung
ist für den sprichwörtlichen Hugo – das glaube ich aber nicht
unbedingt –, oder bei der Vergabe ist irgendetwas auf der Etappe
schiefgegangen. Es riecht also aus mehreren Ritzen nach Schiebung. Ich komme
nicht umhin, das festzustellen.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 71 |
Es war niemand
anderer als der Finanzminister, der bis zwei Tage vor der legendären Ministerratsentscheidung
gesagt hat, das Sparsamste sei das Wichtigste. Es passe überhaupt nicht in sein
Bild, dass Abfangjäger gekauft werden, aber jedenfalls müsse die sparsamste
Lösung angestrebt werden.
Was herausgekommen
ist, das ist die mit Abstand teuerste Lösung, und das ist nicht nachvollziehbar.
Ich frage Sie: Wozu tun wir als Republik uns das an, eine solche Ausschreibung
zu fabrizieren, wenn sie nachher in ihren größten Teilen Makulatur wird?
Wer trägt dafür die Verantwortung? Wer ist für die zu erwartenden potentiellen
Mehrkosten verantwortlich? Genau das ist ein Grund für einen
Untersuchungsausschuss per se. (Beifall bei den Grünen.) – Vielen
Dank!
Es ist aber
mindestens ein Grund dafür, die Sache noch rechtzeitig zu durchleuchten. Das
ist heute mein Anliegen! Es geht nicht um einen Anklageausschuss, sondern es
geht um einen Ausschuss, der vielleicht als einziger hier im Hohen Haus die
Möglichkeit hat, die Dinge rechtzeitig zu bewerten.
Ich muss Ihnen
sagen, dass ja nicht nur wir diese Verdächtigungen hegen. Ich beziehe mich jetzt
nicht auf die Vorgänge innerhalb der Freiheitlichen Partei, wo mit bestimmten
öffentlichen Anschuldigungen sehr leichtfertig umgegangen wird – das ist
zwar auch interessant –, sondern ich beziehe mich auf mehrere Anzeigen,
die bei der Staatsanwaltschaft bis in den November hinein eingelangt sind.
Darin werden schwerwiegende und massive Vorwürfe erhoben, die höchst
aufklärungsbedürftig sind, bevor wir hier gegebenenfalls unsere Zustimmung
geben. Da ist nicht von sehr schönen Dingen die Rede. Es darf nicht sein, dass
wir die Augen davor verschließen und uns in diese Sache hineinstürzen, bloß
deshalb, weil der Herr Bundeskanzler – zugegebenerweise geschickt –
gemeint hat, die Sache werde aus dem Wahlkampf herausgehalten und nachher
werde sie dann entschieden.
Wenn wir jetzt
gescheiter geworden sind oder noch die Chance haben, gescheiter zu werden, dann
sollten und, wie ich meine, müssten wir sie nützen. Deshalb hoffe ich auch auf
Ihre Zustimmung zu diesem unserem Antrag. (Beifall bei den Grünen.)
Wenn es nur
gelänge, die Kosten dieses Projektes um 1 Prozent – und das ist durch
effiziente Kontrollarbeit leicht möglich – zu senken – es geht an
dieser Stelle nicht um pro oder kontra Abfangjäger –, dann würden wir
dadurch mehr Geld einsparen, als alle Gemeinden in ihren Wahlkreisen, die Sie
hier repräsentieren, zusammengezählt an Jahresbudgets haben.
Herr Kollege
Grillitsch, weil wir uns im Wahlkampf duelliert haben, möchte ich auch Ihnen sagen:
Ein einziges Prozent macht das aus, und das sollte eigentlich Ihre Bereitschaft
steigern, diesem unserem Antrag auch zuzustimmen.
Ich möchte
wirklich wissen, was es da sonst zu verheimlichen gäbe. Wenn die Dinge geklärt
werden können, dann ist es gut. Wenn ein Anreiz geschaffen wird, dass die
Beschaffung effizienter erfolgen kann, dann muss es auch gut sein. Wenn
herauskommt, dass einige Dinge schief gelaufen sind, dann wird man den
Beschaffungsvorgang wahrscheinlich stoppen müssen, denn es kann nicht sein,
Herr Bundeskanzler, dass wir ein solches Werk auflegen und sich dann niemand
darum kümmert und die Republik sagt: Danke, her damit, aus welchen Motiven auch
immer!
Ich bin damit bei
meinem Schlusssatz angelangt – Sie haben das vielleicht übersehen, Herr
Präsident.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 72 |
Präsident Dr. Andreas Khol: Nein, überhaupt nicht, ich bin nur
großzügig!
Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Mein Schlusssatz lautet: Geben Sie Ihrem Gewissen
eine Chance – und damit den Weg frei für diesen Untersuchungsausschuss!
Stimmen Sie zu! Die Informationen, die dort zutage gefördert werden, werden
Sie noch bitter brauchen. (Präsident Dr. Khol gibt das
Glockenzeichen.) – Das wär’s. (Beifall bei den Grünen.)
15.47
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt als nächster Redner
Herr Abgeordneter Murauer. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. –
Bitte, Herr Abgeordneter.
15.47
Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident
Dr. Andreas Khol! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag auf
Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist wieder einmal eine Aktion der
Grünen und der Bundesheergegner, um unter dem Vorwand, Licht in die Sache zu
bringen, mehr Informationen zu erhalten.
Herr Kollege
Kogler! Waren Sie selbst und auch Ihre Kollegen in keinem Ausschuss, waren Sie
bei keiner Diskussion, wo es darum ging? – Diese Debatte führen wir ja
nicht zum ersten Mal!
Jetzt zu den
Vorwürfen. – In der Vergangenheit haben Sie den Vorwurf erhoben, dass die
Ausschreibungen auf den „Gripen“ zugeschnitten seien. Es wurde der Verdacht
geäußert, das Bundesheer, die Verantwortlichen wären selbstverständlich auf
den „Gripen“ hin orientiert. Jetzt ist die Entscheidung anders ausgefallen, und
jetzt gibt es eine pauschale Verdächtigung, da müsse etwas faul sein, da die
Wahl nicht auf den „Gripen“ fiel, sondern auf den „Eurofighter“.
Um das Ganze
begründen zu können – Sie haben sich ja damit sehr schwer getan, ich habe
Ihnen zugehört –, muss jetzt bei den Gegengeschäften etwas nicht in
Ordnung sein, obwohl Sie wissen, dass gerade bei solch sensiblen
Beschaffungen – und Beschaffungen für das Bundesheer sind sensibel, darin
gebe ich Ihnen Recht – alles genau untersucht wird. In diesem Fall hat
eine 60-köpfige Kommission darüber befunden. In Sachen Gegengeschäfte,
Kompensationen waren die Sozialpartner im Bundesministerium eingeladen. Eine
zehnköpfige Kommission hat abgewogen, ob es stimmt, dass 200 Prozent
Gegengeschäfte vorgesehen sind, oder nicht, und man hat sich in einem
Abstimmungsverhältnis von sieben zu drei für den „Eurofighter“ entschieden.
Eines sage ich
Ihnen schon: Für die Österreichische Volkspartei und für die Regierung Schüssel I
und auch für die Regierung Schüssel II steht die Sicherheit in unserer
Republik an vorderster Stelle, und zwar nicht nur die Sicherheit in den
Bereichen Gesundheit, Soziales, Pensionen, sondern auch die Sicherheit unserer
Bevölkerung im Land Österreich, und dazu gehört der Luftraum genauso wie der
Boden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)
Ich weiß vom
Kollegen Pilz und von anderen Personen – in den Ausschüssen und in der
Öffentlichkeit gab es ja genug derlei Äußerungen –, dass sie
grundsätzlich gegen das Bundesheer sind und meinen, dass 6 000 Mann
ausreichen würden, um Österreich Sicherheit zu gewähren. Wir sind da anderer
Meinung.
Es gibt kein
Land, das seinen Luftraum nicht kontrolliert, meine Damen und Herren, insbesondere
jene von den Grünen, aber auch sonstige Bundesheergegner. Es gibt kein
Land, egal ob in einem Bündnis oder neutral, das seinen Luftraum nicht
kontrolliert. Jedes Land kontrolliert seinen Luftraum!
Meine Damen und
Herren! Was machen wir an den Grenzen? – Wir kontrollieren die LKW, wir
kontrollieren die PKW, wir kontrollieren die grüne Grenze – zu Recht, weil
wir wissen wollen, was an unseren Grenzen passiert, und mit nachgelagerten
Kontrollen wollen wir dies genauer recherchieren. Deswegen ist auch eine
entsprechende Kontrolle in der Luft notwendig.
Ich darf Sie auch
darauf aufmerksam machen, dass natürlich auch die Schweiz, Schweden und
Finnland über Kampfflugzeuge beziehungsweise Abfangjäger verfügen, um ihren
Luftraum zu überwachen, ja sogar zu verteidigen – davon sind wir weit
entfernt.
Was die Gegengeschäfte betrifft, so darf ich Ihnen noch sagen, dass über die so genannte Geheimstudie, über die jetzt Gerüchte kursieren, bereits im Juni im „FORMAT“ zu lesen war und dass im Zusammenhang damit in keiner Weise von einem Geheimnis gesprochen werden kann. All das, was jetzt gegen die Entscheidung für den „Eurofighter“ vorgebracht wird, indem zum Beispiel Sie, Herr Kollege Kogler, sich für den „F-16“ aussprechen, der als dritte Möglichkeit in
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 73 |
Frage kommt, ist
wirklich hoch interessant: Weil die aus Ihrer Sicht erste Möglichkeit nicht zustande
gekommen ist, sondern die zweite, deshalb machen Sie jetzt auf die dritte
Möglichkeit aufmerksam!
Wir informieren das Parlament, wir
informieren in den Ausschüssen, und wir laden Sie dazu ein, sich dort
einzufinden. Ihrem Antrag werden wir nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
15.52
Präsident
Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist
Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Seine Redezeit beträgt
5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.52
Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes
Haus! Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass alle Damen und Herren, die hier
heute ihre Tätigkeit starten, dies mit einem großen Gefühl der Verantwortung
tun und die Arbeit hier sehr ernst nehmen werden – eine Arbeit, die aus
Gesetzgebung und Kontrolle besteht. Das ist in einem demokratischen und parlamentarischen
System ungeheuer wichtig.
Meine Damen und
Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit mit der aus parteitaktischen Gründen
erfundenen Mär aufräumen, die da lautet, nur Regieren sei das Wahrnehmen von
Verantwortung und der, der in Opposition ist, drücke sich vor der
Verantwortung. So kann es nicht sein! In Ländern, Herr
Bundeskanzler, wo nur regiert und nicht kontrolliert wird, schaut es dementsprechend
aus und geht es auch dementsprechend zu.
Meine Damen und
Herren! Instrumente der Kontrolle gibt es viele. Ein wichtiges, ein starkes
Kontrollinstrument ist der Untersuchungsausschuss, und ich möchte schon in
Abwandlung eines Wahlslogans fragen: Was, wenn nicht dieses, gehört untersucht?
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Was, wenn nicht dieses, ruft nach einem Untersuchungsausschuss:
das größte Waffengeschäft in der Zweiten Republik? Es ist ein Rüstungsgeschäft,
das besonders heikel und besonders problematisch ist, und ich appelliere an die
Kontrollverantwortung aller Damen und Herren hier im Hohen Haus.
Das soll über die
politische Frage hinaus gehen, sehr geehrte Damen und Herren. Ich habe bei
meinem Vorredner das Gefühl gehabt, dass es bei ihm nur um die politische
Frage, um den politischen Zugang geht. Daher befürchte ich, dass das
Abstimmungsverhalten der ÖVP dementsprechend sein wird, denn die ÖVP ist ja
für die Abfangjäger, und dies trotz schlechter Wirtschaftslage, trotz
alarmierender Arbeitslosenzahlen, trotz der Finanzprobleme im Sozial- und
Gesundheitsbereich – aber, so heißt es dann immer, wir haben ja die
Kompensationsgeschäfte! – Namhafte Ökonomen nennen das
„Voodoo-Ökonomie“.
Meine Damen und
Herren! Ich lese hier auf dem Titelblatt einer steirischen ÖVP-Zeitung (der Redner hält eine Zeitung in die Höhe):
„Abfangjäger bescheren Steirern Euro-Milliarde.“ – Dazu muss ich sagen:
Das ist ein „großartiges“ Weihnachtsgeschenk! Das kann man allen anderen
Bundesländern nur empfehlen.
Es hat aber im
Wahlkampf noch eine andere Idee gegeben, meine Damen und Herren, nämlich, dass
die Wirtschaft über ein Konsortium, eine Plattform die Abfangjäger finanzieren
wird. – Also wenn diese Kompensationsgeschäfte Voodoo-Ökonomie sind, meine
Damen und Herren, dann ist diese Plattform Zombie-Ökonomie, denn unter Lebenden
findet so etwas nicht statt!
Die ÖVP ist also
dafür, mehr als 2 Milliarden € – ohne Folgekosten – für
Abfangjäger auszugeben, die SPÖ hingegen hat andere Notwendigkeiten im Sinn.
Bei der Beschaffung der „Draken“ – ich möchte damit einem eventuellen
Zuruf zuvorkommen – war die Situation eine andere: Es war die finanzielle
Lage eine andere, und es war vor allem auch die geopolitische Lage eine andere,
als wir sie heute vorfinden, denn jetzt sind wir – und da bin ich ganz der
Meinung von Professor Van der Bellen – von Freunden umgeben. Wichtig wäre
es, anstatt dessen in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 74 |
Meine Damen und
Herren! Die Grünen sind gegen den Ankauf der „Eurofighter“. Ich bin für diesen
Antrag dankbar. Wenn die Grünen ihn nicht eingebracht hätten, hätte ihn vielleicht
die SPÖ eingebracht. Aber wie sieht es mit der Haltung der FPÖ dazu aus?
Meine Damen und
Herren! Bei der FPÖ ist sehr vieles Tagesgeschäft. Ich bin auf die Ausführungen
des FPÖ-Redners schon sehr gespannt. Wie hat sich der ehemalige Finanzminister
der FPÖ, Grasser, verhalten? Er hat zuerst gesagt: Nein, wir haben dafür kein
Geld! Später hat er gesagt: Jawohl, wir nehmen die teuerste Variante!
Dieser
Sinneswandel soll nicht untersucht werden, meine Damen und Herren?!
Später sagte er
dann, eigentlich sei er nicht dafür. In der Zeitung „Die Presse“ – und das
ist bei Gott kein sozialistisches Kampfblatt – hieß es dann:
„Grasser ...: ,Wollte wegen Kosten gebrauchte F16’“.
Meine Damen und
Herren, das gehört doch untersucht! Was gibt es da für Vorverträge, für
Vorgänge? Wie ist ein Ausstieg möglich? Ist überhaupt ein Ausstieg
möglich? – Das sind doch die Fragen, die den Steuerzahler und die
Steuerzahlerin brennend interessieren. Ein Untersuchungsausschuss ist zur
Klärung dieser Fragen das richtige Gremium.
Geschätzte Damen
und Herren! Die SPÖ wird diesem Antrag zustimmen. (Abg. Donabauer: Das ist keine Überraschung!) Die SPÖ wird
sich weiterhin, Herr Kollege, leidenschaftlich gegen die Abfangjäger einsetzen.
Meine Damen und
Herren! Wir haben grundsätzlich ganz andere Pläne, wenn es um die Frage geht,
was wir mit dem Geld des Steuerzahlers finanzieren. Wir brauchen nämlich dieses
Geld dringend für den sozialen Zusammenhalt, für die soziale Sicherheit und für
eine bestmögliche Arbeitsmarktpolitik in unserem Land und wollen es nicht für
überflüssiges Kriegsgerät ausgeben. – Danke schön. (Beifall bei der
SPÖ.)
15.57
Präsident
Dr. Andreas Khol: Als Nächster ist Herr Abgeordneter
Dr. Bösch zu Wort gemeldet. Seine Redezeit ist mit 5 Minuten
begrenzt. – Bitte, Herr Abgeordneter.
15.57
Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege
Kogler und Herr Kollege Kräuter, Ihnen ist bei der Begründung Ihres Antrages
ein kleiner Irrtum unterlaufen: Sie haben hier nämlich festgestellt, Sie hätten
diesen Antrag gestellt beziehungsweise Sie unterstützen ihn, weil Sie die
Absicht haben, einen Sachverhalt zu erhellen. Das trifft nicht
zu! Sie stellen diesen Antrag, meine Damen und Herren von den Grünen, und Sie
unterstützen ihn, meine Damen und Herren von der SPÖ, um hier einfach Ihre
Oppositionsspielchen zu spielen. Sie können von uns Freiheitlichen nicht
erwarten, dass wir hier in die eingefrorenen Posthorntöne Ihres Wahlkampfes
einstimmen, um Ihnen auf die Beine zu helfen.
Meine Damen und
Herren! Der Beschaffungsvorgang bei den Abfangjägern fand mit der möglichen
und notwendigen Transparenz statt. Sie konnten das in den Ausschüssen des
Parlaments begleiten, aber Sie konnten das auch in der Öffentlichkeit nachvollziehen.
Verteidigungsminister, Finanzminister und Wirtschaftsminister haben geprüft
und haben diese Vorgänge begleitet und haben Entscheidungen getroffen. Die
Regierung hat dazu Beschlüsse gefasst.
Auch die
politische Vorgangsweise ist eine klare. Auf Grund der Diskussionen, die
republikweit stattgefunden haben, hat diese Regierung den Beschaffungsvorgang
abgebrochen, und die neue Regierung wird die Sachlage prüfen und entscheiden,
wie sie vorgeht. Das ist politisch eine ganz klare Vorgangsweise.
Aber auch rechtlich, Herr Kollege Kogler, ist das klar begleitet worden. Der Rechnungshof hat den ersten Teil des Beschaffungsvorganges geprüft – Sie wissen das ganz genau –, und er ist dabei, auch den zweiten Teil zu prüfen. Die anderen Vorwürfe, die Sie in der Begründung Ihres
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 75 |
Antrages erheben, wurden der
Staatsanwaltschaft übermittelt; auch das wissen Sie genau. Sie hat auch das
geprüft und als Unterstellung zurückgewiesen.
Dieser Antrag, den
Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, hier stellen und den Sie, meine
Damen und Herren von der SPÖ, unterstützen, ist völlig unnötig. Sie wissen
auch, dass all diese Vorgänge nicht nur schon geprüft worden sind, sondern auch
derzeit noch geprüft werden und dass diese Frage auch politisch einer neuen
Beurteilung unterworfen wird.
Grundsätzlich kann
ich für die FPÖ sagen, dass wir auch in der jetzt beginnenden Legislaturperiode
die Angelegenheiten der Landesverteidigung konsequent weiter betreiben werden,
und dazu wird auch für uns Freiheitliche eine funktionierende
Luftraumüberwachung gehören. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei
Abgeordneten der ÖVP.)
15.59
Präsident
Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner gelangt Herr
Abgeordneter Dr. Pilz zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.
16.00
Abgeordneter
Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Ich habe mit Rührung zur Kenntnis genommen, dass die Freiheitliche
Partei weiterhin verteidigungspolitische Verantwortung tragen will. Bis zu
dieser Sitzung habe ich nicht gewusst, wer von Ihnen das überhaupt noch tun
kann. Jetzt hat sich im letzten Aufgebot jemand gefunden. Gut, Herr Abgeordneter
Bösch, wir werden mit Ihnen die Diskussion führen.
Eine kleine
Replik: Der Rechnungshof hat nicht den Beschaffungsvorgang geprüft. Das war ja
gar nicht möglich. Er hat nur die Ausschreibungsunterlagen geprüft und sonst
überhaupt nichts. Nur die Ausschreibung selbst ist geprüft worden und nicht der
Beschaffungsvorgang!
Der Bereich, wo es
so streng zu riechen begonnen hat, war ja der Beginn der Beschaffung bis heute,
das war das freiheitliche Sparprogramm: Nur die Billigsten werden
genommen! – Da war der freiheitliche Finanzminister im Auftrag seines
ehemaligen Konzernchefs, der gesagt hat: Das Billigste ist das Teuerste. Wenn
wir sparen wollen, müssen wir das Teuerste kaufen! – Und da war noch
vieles andere mehr. Sie kennen es, und Sie kennen die Geschichte der Kompensationsgeschäfte.
Sie wissen das doch alles!
Wenn etwas
schlecht riecht, dann wird es nicht besser, wenn zwei Parteien, die sich schon
wieder überraschend gut verstehen, eine Decke nach der anderen darüber legen.
Sie müssen sich vorstellen: Unter Ihren schwarzen und blauen Decken gärt es
weiter. Es wird noch schlechter riechen, wir werden noch öfter dahinterkommen,
was da eigentlich unter den Decken ist, und irgendwann werden wir den
Untersuchungsausschuss bekommen. Früher oder später wird das große
freiheitliche Wahlkampfversprechen „Schluss mit den Abfangjägern! Ein
Landeshauptmann und seine Partei garantieren es!“ eingelöst werden. (Beifall
bei den Grünen.)
Bis dahin frage ich mich: Was ist los mit der Luftraumüberwachung? Jeden
Tag fliegen amerikanische Kampf- und Transportflugzeuge zum Teil illegal über
den österreichischen Luftraum zu bereits laufenden Kampfeinsätzen in den beiden
so genannten „no-fly zones“ im Süden und Norden des Irak. Das
Verteidigungsministerium und das Außenministerium sind voll informiert, dass es
da Überflüge an der Grenze und jenseits der Grenze der österreichischen
Legalität gibt. Die „Draken“ bleiben auf dem Boden, und die zuständigen
Ministerinnen und Minister bleiben in Deckung.
Da frage ich mich: Wozu Luftraumüberwachung, wenn dann, wenn die
amerikanischen Freunde ihren nächsten Krieg vorbereiten und zum Teil bereits
führen, nur ein Kommando gilt, nämlich auf dem Boden bleiben und wegschauen?!
Ja, Sie könnten jetzt zeigen, ob Sie es mit der Luftraumüberwachung ernst
meinen! Aber es ist Ihnen offensichtlich so unernst wie mit dem Sparen, mit
der Sicherheit, mit dem Nulldefizit und mit einer seriösen Politik. Deswegen,
meine Damen und Herren, weil Sie so weitermachen, wird es den
Untersuchungsausschuss geben.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 76 |
Heute wird es eine Nagelprobe für die Freiheitliche Partei. Der
freiheitliche Nagel wird sich wieder einmal gründlich verbiegen. Aber der
freiheitliche Nagel verbiegt sich so lange, bis er bricht. Das wird spätestens
bei der nächsten Wahl der Fall sein. Dann wird es, wenn Sie so weitermachen,
mit Sicherheit keine Möglichkeit von Ihrer Seite mehr geben, einen halbwegs
kompetenten Menschen in den Ausschuss für Landesverteidigung zu schicken. Das
kann der österreichischen Sicherheitspolitik nur gut tun. – Ich danke
Ihnen. (Beifall bei
den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
16.04
Präsident
Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.
Die Debatte ist geschlossen.
Wir kommen nun zur
Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler,
Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.
Ich bitte jene
Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu
bekunden. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.
Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls
Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Darf ich Ihnen nun den weiteren Vorgang unserer
Beratungen erläutern. Wir werden jetzt ein schriftliches Teilprotokoll unserer
Beratungen beschließen, das die Einsetzung des Hauptausschusses betrifft, und
dann diese Sitzung abschließen. Ich werde für 10 Minuten unterbrechen. In
diesen 10 Minuten wird der Hauptausschuss im Lokal VI konstituiert,
und es werden all die Organe und die Beschwerdekommission Bundesheer gewählt.
Hierauf wird die nächste Sitzung durchgeführt, in der wir die
Beschwerdekommission und die Europaratsmitglieder wählen werden. Das heißt
also, es ist jetzt Konzentration notwendig. Der Herr Bundespräsident wartet.
Wir haben gesagt, wir kommen um etwa 16.30 Uhr.
Jetzt zum amtlichen Text: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von
20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls
hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 4 betreffend die Wahl des
Hauptausschusses zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als
genehmigt gilt. Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr die
entsprechenden Teile des Amtlichen Protokolls:
„Es liegt ein Verlangen auf Verlesung des Amtlichen Protokolls der
1. Sitzung des Nationalrates hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 4
betreffend die Wahl des Hauptausschusses vor:
TO-Punkt 4: Wahl des Hauptausschusses
Die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses wird einstimmig mit
32 Mitgliedern festgesetzt (Demnach entfallen auf den Klub der ÖVP
14 Mitglieder, auf den Klub der SPÖ 12 Mitglieder, auf den Klub der
FPÖ 3 Mitglieder und auf den Klub der Grünen 3 Mitglieder).
Auf Grund der übermittelten Listen gelten nachstehende Abgeordnete als
gewählt:
Vom Klub der ÖVP: Dipl.-Ing. Klaus Auer, Karl Donabauer, Franz Eßl,
Dr. Werner Fasslabend, Silvia Fuhrmann, Fritz Grillitsch, Mag. Karin
Hakl, Dr. Andreas Khol, Mag. Helmut Kukacka, Maria Rauch-Kallat,
Dr. Michael Spindelegger, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll,
Mag. Walter Tancsits, Ingrid Turkovic-Wendl.
Vom Klub der SPÖ: Dr. Josef Cap, Dr. Caspar Einem, Christian
Faul, Dr. Heinz Fischer, Dr. Alfred Gusenbauer, Mag. Christine
Lapp, Mag. Christine Muttonen, DDr. Erwin Niederwieser, Stefan
Prähauser, Mag. Barbara Prammer, Peter Schieder, Dr. Peter Wittmann.
Vom Klub der FPÖ: Mag. Karl Schweitzer, Dr. Helene
Partik-Pablé, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 77 |
Vom Grünen Klub: Dr. Evelin Lichtenberger, Mag. Ulrike Lunacek,
Dr. Peter Pilz.“
Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teils
des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.
Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51
Abs. 6 der Geschäftsordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.
Einlauf
Präsident Dr. Andreas Khol: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen
Anträge 1/A bis 27/A und die Anfragen 1/J bis 15/J eingelangt.
*****
Bevor ich die Sitzung schließe, gebe ich bekannt, dass der Hauptausschuss
nach Schluss dieser Sitzung, also jetzt sofort, im Lokal VI eine
konstituierende erste Sitzung abhält. Der Beginn der im Anschluss daran
stattfindenden 2. Sitzung des Nationalrates wird durch Einläuten angezeigt
werden. Ich denke, in 10 Minuten wird es so weit sein.
Die Tagesordnung
der 2. Sitzung des Nationalrates wird im Wege der Klubs zugestellt und
überdies im Saal aufgelegt werden.
Ich bitte jetzt
alle Mitglieder des Hauptausschusses, sich in das Lokal VI zu begeben.
Diese Sitzung ist geschlossen.
Schluss der
Sitzung: 16.08 Uhr
Nationalrat, XXII.GP | 1. Sitzung / Seite 78 |
Anhang
Verzeichnis der
Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder laut von den Klubs eingereichten
Listen
Budgetausschuss
(Stand:
13. Jänner 2003)
Mitglieder:
ÖVP: Jakob Auer; Dr. Ulrike
Baumgartner-Gabitzer; Matthias Ellmauer; Peter Haubner; Georg Keuschnigg;
Johann Kurzbauer; Edeltraud Lentsch; Helga Machne; Dr. Ferdinand Maier; Fritz
Neugebauer; Dr. Michael Spindelegger; Dkfm. Dr. Günter Stummvoll
SPÖ: Kurt Eder; Ing. Kurt Gartlehner;
Heinz Gradwohl; Kai Jan Krainer; Manfred Lackner; Dr. Christoph
Matznetter; Mag. Hans Moser; Mag. Melitta Trunk; Friedrich Verzetnitsch; Rainer
Wimmer
Freiheitliche: Dipl.-Ing. Maximillian Hofmann; Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn
Grüne: Mag. Werner Kogler; Dr. Alexander Van der Bellen
Ersatzmitglieder:
ÖVP: Dr. Gertrude Brinek; Mag. Heribert Donnerbauer; Franz Eßl; Mag. Cordula Frieser; Franz Glaser; Erwin Hornek; Christoph Kainz; Dr. Reinhold Mitterlehner; Johann Rädler; Konrad Steindl; Mag. Walter Tancsits; Mag. Dr. Josef Trinkl
SPÖ: Anton Gaál; Marianne Hagenhofer; Mag. Christine Lapp; Otto Pendl; Dr. Christian Puswald; Gerhard Reheis; Franz Riepl; Walter Schopf; Heidrun Silhavy; Erwin Spindelberger
Freiheitliche: Josef Bucher; Mares Rossmann
Grüne: Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber; Michaela Sburny
Wiener
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