Stenographisches Protokoll

38. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 13. November 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

38. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode  Donnerstag, 13. November 2003

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. November 2003: 9.00 – 21.06 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem im Zusammenhang mit der Erlassung des Außer­streitgesetzes die Notariatsordnung, das Gesetz betreffend die Einräumung von Not­wegen, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, die Exekutionsordnung, das Ge­richts­organisationsgesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Allgemeine Grundbuchs­anlegungsgesetz, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Ehegesetz, das Todeserklä­rungs­gesetz 1950, das Kraftloserklärungsgesetz 1951, das Eisenbahnenteignungs­ge­setz 1954, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Scheckgesetz 1955, das An­erbengesetz, das Aktiengesetz 1965, das Bundesgesetz über Notare als Gerichts­kom­missäre im Verfahren außer Streitsachen, das Personenstandsgesetz, das Gerichtsge­bührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Europäischen Übereinkom­mens vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts, das Unter­haltsvorschußgesetz 1985, das Rechtspflegergesetz, das Bundesgesetz zur Durchfüh­rung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, das Kartellgesetz 1988, das Jugendwohl­fahrts­ge­setz 1989, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, das Auslandsunterhaltsgesetz, das Fir­menbuchgesetz und das Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Eu­ro­päischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern geändert werden (Außerstreit-Be­gleit­gesetz – AußStr-BegleitG)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem im Zusammenhang mit der Neuordnung des Außer­streitverfahrensrechts das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Richt­­wert­gesetz, das Sportstättenschutzgesetz, das Landpachtgesetz, die Exekutions­ordnung und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Wohnrechtliches Außer­streitbegleitgesetz – WohnAußStrBeglG)

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden


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5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) und das Bundes­gesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz – GGG) geändert werden

6. Punkt: Bundesgesetz über die Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land nach Traun und die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes 1988

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Sicherheiten auf den Fi­nanz­märkten (Finanzsicherheiten-Gesetz – FinSG) erlassen wird und das Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch zur Umsetzung der Fair Value-Richtlinie geändert wird (Fair Value-Bewertungsgesetz-FVBG)

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körper­schaft­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschätzungsgesetz 1970, das Normver­brauchsabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Tabaksteuerge­setz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumwein­steuerge­setz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, die Bundesabgabenordnung, das Abga­ben­verwaltungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bun­des­ge­setz über den unabhängigen Finanzsenat, das Finanzstrafgesetz, das Kom­munalsteuergesetz 1993 und das Ausfuhrerstattungsgesetz geändert werden (Abga­benänderungsgesetz 2003 – AbgÄG 2003)

10. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG) geändert wird

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz betreffend die Veräußerung von Bundesanteilen an der Tiroler Flughafenbetriebsgesellschaft mbH und von unbeweglichem Bundesvermögen

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Kapital- und Zah­lungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) erlassen und das Überwei­sungs­gesetz und das Börsegesetz geändert werden

14. Punkt: Beschluss des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Re­gie­rungschefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank

15. Punkt: Änderung des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungs­über­nahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Europäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzuneh­men­de Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird

17. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Jemen über die Förderung und den Schutz von Investitionen

18. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Namibia über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll

19. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 189/A (E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fair Play“ für die österreichische Jugend


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20. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 97/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jugend-Demokratiepaket „Betei­ligung fördern, Wahlalter senken“

21. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 193/A (E) der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld

23. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 194/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinder­betreuungsgeldgesetzes

24. Punkt: Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grund­freiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe

25. Punkt: Sammelbericht über die Petitionen Nr. 2 bis 7, 9 und 13 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 1, 3, 4, 7, 9 und 10

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (155/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Ordnungsruf ................................................................................................................... 43

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Herbert Scheibner, Mag. Wilhelm Molterer, Kollegin­nen und Kollegen, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über die Re­gierungsvorlage 311 der Beilagen betreffend Bundesbahnstrukturgesetz 2003 gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 2. Dezember 2003 zu setzen ........................................................................................................................ 36

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................. 36

Redner:

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 171

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 173

Josef Broukal .............................................................................................................. 175

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................. 177

Karl Öllinger ................................................................................................................ 178

Annahme des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 180

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über die Regie­rungs­vorlage 313 der Beilagen betreffend Wachstums- und Standortgesetz 2003 gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 3. Dezember 2003 zu setzen – Annahme ................................................................................................  36, 225


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Antrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unter­richtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 284/A (E) betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerIn­nenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 2. Dezember 2003 zu setzen – Ab­lehnung  36, 225

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 37

Fragestunde (3.)

Bildung, Wissenschaft und Kultur ............................................................................. 14

Josef Broukal (28/M); Peter Haubner, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Dr. Kurt Grünewald

Werner Amon, MBA (21/M); Mares Rossmann, Dieter Brosz, Beate Schasching

Dr. Kurt Grünewald (26/M); Josef Broukal, Mag. Karin Hakl, Dipl.-Ing. Elke Achleitner

Mag. Dr. Magda Bleckmann (24/M); Dr. Kurt Grünewald, Kai Jan Krainer, Mag. Eli­sabeth Scheucher-Pichler

DDr. Erwin Niederwieser (29/M); Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer, Barbara Rosen­kranz, Dieter Brosz

Dr. Gertrude Brinek (22/M); Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Dr. Kurt Grünewald, DDr. Erwin Niederwieser

Dieter Brosz (27/M); Dr. Robert Rada, Karl Donabauer, Barbara Rosenkranz

Mares Rossmann (25/M); Mag. Brigid Weinzinger, Mag. Christine Muttonen, Franz Xaver Böhm

Beate Schasching (30/M); Carina Felzmann, Mares Rossmann, Dieter Brosz

Dr. Andrea Wolfmayr (23/M); Mag. Eduard Mainoni, Dr. Eva Glawischnig, Mag. Christine Muttonen

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  32, 225

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Paket wirksamer innerstaatlicher Maßnahmen gegen die LKW-Lawine (289/A) (E) .............................. 123

Begründung: Dr. Evelin Lichtenberger ...................................................................... 126

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 131


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Debatte:

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 136

Dr. Evelin Lichtenberger (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 140

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (tatsächliche Berichtigung) ................................................. 140

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 140

Dr. Alfred Gusenbauer .............................................................................................. 143

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 145

Vizekanzler Hubert Gorbach ..................................................................................... 148

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 151

Astrid Stadler .............................................................................................................. 153

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 155

Anton Wattaul ............................................................................................................. 156

Franz Eßl ..................................................................................................................... 158

Petra Bayr ................................................................................................................... 160

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 161

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 162

Peter Marizzi ............................................................................................................... 164

Anton Wattaul (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 165

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 166

Maximilian Walch ....................................................................................................... 168

Michaela Sburny ......................................................................................................... 169

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 289/A (E) ............................. 171

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (224 d.B.): Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG) (268 d.B.) ......................................................................................................................................... 37

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (225 d.B.): Bundesgesetz, mit dem im Zusammenhang mit der Erlassung des Außer­streit­gesetzes die Notariatsordnung, das Gesetz betreffend die Einräumung von Notwegen, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, die Exekutionsord­nung, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Allgemeine Grundbuchsanlegungsgesetz, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Ehegesetz, das Todeserklärungsgesetz 1950, das Kraftloserklärungsgesetz 1951, das Eisen­bahnenteignungsgesetz 1954, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Scheck­gesetz 1955, das Anerbengesetz, das Aktiengesetz 1965, das Bundes­ge­setz über Notare als Gerichtskommissäre im Verfahren außer Streitsachen, das Personenstandsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durch­führung des Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts, das Unterhalts­vorschuß­gesetz 1985, das Rechtspflegergesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Über­einkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte inter­nationaler Kindesentführung, das Kartellgesetz 1988, das Jugendwohlfahrts­ge­setz 1989, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, das Auslandsunterhaltsgesetz,  das Firmenbuchgesetz und das Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtli­nie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern geän­dert werden (Außerstreit-Begleitgesetz – AußStr-BegleitG) (269 d.B.) ................................ 37

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (249 d.B.): Bundesgesetz, mit dem im Zusammenhang mit der Neuordnung des Außer­streit-


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verfahrensrechts das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Richtwertgesetz, das Sportstättenschutzgesetz, das Landpachtgesetz, die Exe­kutionsordnung und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Wohnrecht­liches Außerstreitbegleitgesetz – WohnAußStrBeglG) (270 d.B.) ........................................... 38

Redner:

Doris Bures ................................................................................................................... 38

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 41

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 42

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 43

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 45

Doris Bures (tatsächliche Berichtigungen) ............................................................  47, 65

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 47

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer .............................................................  48, 55

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 51

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 52

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................... 56

Bettina Stadlbauer ....................................................................................................... 57

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 59

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 60

Franz Glaser .................................................................................................................. 62

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 63

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 64

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 66

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der neuen Kostenersatzregelungen des Außerstreitgesetzes – Annahme (E 26) ..................  58, 68

Annahme der drei Gesetzentwürfe ................................................................................ 67

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (250 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (273 d.B.) ......................................................................................................................................... 68

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (234 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und ge­richtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) und das Bun­desgesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebühren­gesetz – GGG) geändert werden (274 d.B.) ................................................................................. 68

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (235 d.B.): Bundesgesetz über die Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land nach Traun und die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes 1988 (275 d.B.) ........................................................................................................................ 69

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (251 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Sicherheiten auf den Finanz­märkten (Finanzsicherheiten-Gesetz – FinSG) erlassen wird und das Bundes­gesetz über das internationale Privatrecht geändert wird (272 d.B.)                       69

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (176 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch zur Umsetzung der Fair Value-Richtlinie geändert wird (Fair Value-Bewertungsgesetz-FVBG) (271 d.B.) ............................................................................................................ 69


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Redner:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 69

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................... 70

Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 72

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 74

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 76

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 76

Mag. Peter Michael Ikrath ............................................................................................ 78

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 79

Dr. Christian Puswald .................................................................................................. 81

Annahme der fünf Gesetzentwürfe ................................................................................ 82

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (238 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steu­er­gesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuerge­setz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschätzungsgesetz 1970, das Norm­verbrauchsabgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Ta­bak­steuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, die Bun­des­ab­gabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz,  das Zoll­rechts-Durchführungsgesetz, das Bundesgesetz über den unabhängigen Finanz­senat, das Finanzstrafgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Aus­fuhr­er­stat­tungsgesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2003 – AbgÄG 2003) (296 d.B.) ......................................... 83

10. Punkt: Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Regelung des Glücks­spielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), geändert wird (297 d.B.) ........................................................................................................................ 84

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird (298 d.B.) .......................................... 84

12. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (254 d.B.): Bundesgesetz betreffend die Veräußerung von Bundesanteilen an der Tiroler Flughafenbetriebsgesellschaft mbH und von unbeweglichem Bundes­vermögen (299 d.B.) ................................................................ 84

13. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (205 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) erlassen und das Überweisungsgesetz und das Börsegesetz geändert werden (300 d.B.) ....... 84

14. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (198 d.B.): Beschluss des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Re­gierungschefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Sat­zung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zen­tralbank (301 d.B.) ........................................................................................................................ 84

15. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (200 d.B.): Änderung des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Be­zeichnung von Edelmetallgegenständen (302 d.B.)     ............................................................................................................................... 84

16. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (175 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungs-


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übernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Europäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahn­material) aufzunehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (303 d.B.)           ............................................................................................................................... 84

17. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (178 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Jemen über die Förderung und den Schutz von Investitionen (304 d.B.) ......................................................................................................................................... 85

18. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (244 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Na­mibia über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (305 d.B.) ......................................................................................................... 85

Redner:

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 85

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 88

Michaela Sburny ........................................................................................................... 89

Dr. Christoph Matznetter ............................................................................................. 90

Josef Bucher ................................................................................................................. 92

Jakob Auer .................................................................................................................... 93

Mag. Hans Moser ......................................................................................................... 94

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 95

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 96

Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 98

Mag. Peter Michael Ikrath ............................................................................................ 99

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 100

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 101

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 104

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 105

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 107

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 108

Helga Machne ............................................................................................................. 109

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 109

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .............................................................................. ... 111

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 112

Annahme der sechs Gesetzentwürfe in 296, 297, 298, 299, 300 und 303 d.B. .......... 112

Genehmigung der vier Staatsverträge in 301, 302, 304 und 305 d.B. ......................... 114

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 301 und 302 d.B.                114

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Entschließungs­an­trag 189/A (E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Elmar Lichtenegger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend „Fair Play“ für die österreichische Jugend (277 d.B.) ......................................................................................................... 115

20. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Entschließungs­an­trag 97/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Jugend-Demokratiepaket „Beteiligung fördern, Wahlalter senken“ (278 d.B.) ....................................................................................... 116

Redner:

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 116

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 117


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38. Sitzung / Seite 9

Sabine Mandak ........................................................................................................... 118

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 120

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 122

August Wöginger ....................................................................................................... 180

Franz Riepl .................................................................................................................. 181

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 182

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 183

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 184

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 185

Dieter Brosz ................................................................................................................ 186

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 187

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 277 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „Fair Play“ für die österreichische Jugend (E 27) ................................................................. 188

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 278 d.B. ..................................................... 188

Gemeinsame Beratung über

21. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (248 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (279 d.B.) ........................................ 188

22. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Entschließungs­an­trag 193/A (E) der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld (280 d.B.) ................................................................................. 188

23. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Entschließungs­an­trag 194/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (281 d.B.) .................................................................. 189

Redner:

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 189

Ridi Steibl .................................................................................................................... 190

Sabine Mandak ........................................................................................................... 191

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 192

Mag. Barbara Prammer ............................................................................................. 194

Barbara Riener ........................................................................................................... 195

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 196

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 198

Dietmar Keck .............................................................................................................. 199

Anna Höllerer .............................................................................................................. 200

Karl Öllinger ................................................................................................................ 201

Mag. Andrea Kuntzl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 202

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 202

Gabriele Binder .......................................................................................................... 203

Bundesminister Mag. Herbert Haupt ....................................................................... 204

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 205

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 206

Annahme des Gesetzentwurfes in 279 d.B. ................................................................ 206

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 280 und 281 d.B. .............................. 207

24. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Regie­rungs­vorlage (208 d.B.): Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Men-


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schenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der To­des­strafe (262 d.B.) ...................................................................... 207

Redner:

Matthias Ellmauer ...................................................................................................... 207

Renate Csörgits .......................................................................................................... 208

Maximilian Walch ....................................................................................................... 209

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 209

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 210

Walter Schopf ............................................................................................................. 210

Astrid Stadler .............................................................................................................. 211

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 211

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 212

25. Punkt: Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 2 bis 7, 9 und 13 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 1, 3, 4, 7, 9 und 10 (261 d.B.) ........... 212

Redner:

Karl Freund ................................................................................................................. 212

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 213

Mares Rossmann ....................................................................................................... 214

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 214

Anna Franz .................................................................................................................. 215

Anton Heinzl ............................................................................................................... 216

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 216

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 217

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 217

Johann Ledolter ......................................................................................................... 218

Gerhard Steier ............................................................................................................ 218

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 219

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 219

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 220

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 221

Johann Kurzbauer ...................................................................................................... 221

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 222

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ................................................................... 223

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kol­­le­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­des­gesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (155/A) ................................................................................................... 223

Redner:

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 223

Jochen Pack ................................................................................................................ 224

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 224

Dieter Brosz ................................................................................................................ 225

Zuweisung des Antrages 155/A an den Geschäftsordnungsausschuss ..................... 225

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ...................................................................................................... 33

295: Änderung von Anhang II des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen


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Anträge der Abgeordneten

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Paket wirksamer innerstaatlicher Maßnahmen gegen die LKW-Lawine (289/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend generelles Verbot von „privaten Schusswaffen“ (290/A) (E)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird (291/A)

Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung der Pres­se erlassen (Presseförderungsgesetz 2004) sowie das KommAustria-Gesetz und das Publizistikförderungsgesetz geändert wird (292/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend „Gerichtsgebührengesetz – Änderung der Rechtsansicht – Tausende Woh­nungseigentümer in Österreich betroffen (293/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Vollziehung des Rechtspraktikantengesetzes (1069/J)

Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Gemeinnützigkeit der Nord-Süd-Institut für Entwicklungszusammen­arbeit Ges.m.b.H. (1070/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Umbau der Gleisanlagen im Bahnhof St. Pölten (1071/J)

Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Umsetzung des Generalverkehrsplans (1072/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Österreichischen Rat für Freiwilligenarbeit (1073/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Erarbeitung eines Gleich­stellungsgesetzes (1074/J)

Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Refundierung von Beförderungsentgelt auf Grund des ÖBB-Streiks (1075/J)


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Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Förderung von Vereinen, welche Deutschkurse für Migranten und Migran­tinnen durchführen (1076/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Förderung von Opferschutzeinrichtungen und die Auswirkungen der Strafprozessnovelle 1999 (1077/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Förderung von Bildungseinrichtungen und Vereinen, welche spezielle Deutschkurse für Migrantinnen durchführen (1078/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend das Volumen der i.V.m. Verwaltungsdelikten eingehobenen Strafgelder im Wirkungsbereich aller Bundespolizeidirektionen (1079/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Volumen der i.V.m. Verwaltungsdelikten eingehobenen Strafgelder im Wirkungsbereich aller Bundespolizeidirektionen (1080/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Förderung von Bildungseinrichtungen und Vereinen, welche Bildungsmaßnahmen für Migrantinnen (im besonderen Deutsch­kurse) durchführen (1081/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Affäre um die papierlose Außenwirtschaftsadministration (1082/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Hygiene und Lebensmittelkontrollen in Speisewägen auf österreichischem Gebiet“ (1083/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Schulen wurden mit mindestens 15 % Budget­kürzungen überrumpelt – ab November besteht teilweise Zahlungsunfähigkeit – Schu­len vor der Pleite?“ (1084/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend die Teilanerkennung als Ausbildungsstätte im Sonderfach Nuklearmedizin (Krankenhaus Wiener Neustadt) (1085/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Mittel für Universitätsbauten (1086/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend § 53 Abs. 3 WFG 84 – Änderung der Rechtsansicht bezüglich Gebührenbefreiung (Gerichtsgebühren) beim Ersterwerb von neu errichteten Wohnungen (1087/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Bahnhofsoffensive – Bahnhof Schwarzach/St. Veit (1088/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schließungen von Postbus-Verkehrsdienst­stel­len (1089/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Pflegescheck in Kärnten (1090/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­no­vation und Technologie betreffend Bahnhofsoffensive – Bahnhof Schwarz­ach/St. Veit (1091/J)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, In­novation und Technologie betreffend ÖBB-Immobilien – Immobilienmanagement-Ges.mbH (1092/J)

Dr. Reinhold Lopatka, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Förderung der Nord-Süd-Institut für Entwick­lungszusammenarbeit Ges.m.b.H. (1093/J)


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Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Holzforschungs- und Infrastruktur­zentrum in St. Veit/Glan (1094/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Transitlösung für die Ostregion (1095/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (803/AB zu 804/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (12/ABPR zu 12/JPR)



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Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße die Damen und Herren herzlich im Haus.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Sima, Mag. Lunacek, Silhavy, Eder und Miedl.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundes­kanz­leramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Bundesminister für In­neres Dr. Ernst Strasser wird durch den Bundesminister für Landesverteidigung Gün­ther Platter vertreten.

Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Fragestunde. Ich beginne die Fragestunde um 9.01 Uhr.

Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen zur 1. Anfrage, also jener des Abge­ordneten Josef Broukal. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Guten Morgen, meine Damen und Herren! Frau Bundes­ministerin, meine Frage lautet:

28/M

„Welche Sofortmaßnahmen setzen Sie, um die katastrophalen Zustände an den Uni­versitäten rasch zu beseitigen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Sehr geehrter Herr Broukal! Es herrschen keine katastrophalen Zustände an den Univer­sitäten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Bereits im Jahr 2003 haben die Universitäten 9,3 Millionen € für Implementierung und 5,4 Millionen € für zusätzliche Personalkosten erhalten. Nächstes Jahr wird das Budget um 6 Prozent höher sein. Zusätzlich kommen Mittel für Vorziehprofessuren und für technische Ausstattungen dazu.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Herr Kollege? – Bitte.

 



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Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Wenn Sie die Budgets für die Universitäten in den Jahren 2003 und 2004 addieren, dann durch zwei dividieren und mit dem Budget des Jahres 2002 vergleichen, welche Differenzen haben Sie da?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich glaube, dass derartige Rechnungen nicht zulässig sind, dass man Dinge addiert und dann durch zwei dividiert, sondern man sollte vielmehr darauf schauen, welche Fort­schritte man macht. Nächstes Jahr ist das Universitätsbudget um 6 Prozent netto – netto! – höher.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Haubner, bitte.

 


Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sie haben sehr viel für den Universitätsstandort Salzburg getan. Wie ist der Stand bei der Sanie­rung der Salzburger Universitätsbauten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es wurde mit dem Land Salzburg und mit der Stadt Salzburg ein Übereinkommen getrof­fen, wonach wir gemeinsam daran arbeiten, dass der Universitätspark Nonntal ver­wirklicht wird, das Mozarteum bis zum Mozart-Jahr 2006 saniert wird und die not­wendigen Räumlichkeiten geschaffen werden. Das Land wird mitarbeiten.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Bleck­mann, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Frau Ministerin! Wie viele Vorziehprofessuren konnten bei der ersten Tranche 2003 genehmigt werden, und wie sieht die Situation für 2004 aus? Welche Auswirkungen sind für die universitäre Land­schaft zu erwarten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es wurden für 2003 45 Professuren an 13 Universitäten bewilligt, genau soviel werden es 2004 sein. Sie werden mit 21 Millionen € dotiert sein.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grü­newald.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Die Kosten der medizinischen Universitäten erreichen nahezu 40 Prozent des Gesamt­bud­gets. Sie wissen, dass BundesärztInnen großteils Aufgaben der Länder in der Rou­tine­versorgung von Kranken übernehmen. Mit welchen ministeriellen Strukturen und Per­sonal wollen Sie dieses Problem in den Griff bekommen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Rechnung, die da aufgestellt wird, ist für mich nicht nachvollziehbar. Ich gehe davon aus, dass universitäre Einrichtungen auch in Zukunft miteinander arbeiten werden, auch in Zukunft gemeinsame EDV haben werden. Die ganze Frage von Bundes- und Landesärzten ist im Rahmen der neuen Zusammenarbeitsverträge zwischen den neuen medizinischen Universitäten und den Einrichtungen der Kliniken zu klären.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir haben damit die erste Frage beantwortet.


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Wir gelangen zum zweiten Fragenkomplex, zu dem die Einleitungsfrage Herr Abge­ordneter Amon formuliert. – Bitte.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Mei­ne Frage lautet:

21/M

„Welche Schritte werden Sie setzen, damit zur Sicherstellung adäquater Nach­mittags­betreuungsangebote vor Ort genauere Daten als Grundlage für die weiteren Maß­nahmen erhoben werden?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Nach­mittagsbetreuung, die Angebote am Nachmittag sind Kompetenz der Schulerhal­ter. Wir werden jetzt erheben, wie viele Angebote es derzeit gibt. Die Zielsetzung ist, alles Notwendige zu unternehmen, dass bis etwa 2006 das Angebot um 20 Prozent erhöht wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Amon.

 


Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Danke, Frau Bundesministerin. Das heißt, Sie wollen auf individuelle Bedürfnisse eingehen. Ein geflügeltes Wort ist „Auf die Birne kommt es an“, und diesen Birnen, vielmehr Köpfchen wollen Sie mit Ihrem Konzept der Schule nach Maß in besonderer Weise Rechnung tragen. Können Sie uns erläutern, was Sie unter dem Konzept der Schule nach Maß verstehen? (Von Abgeordneten der ÖVP werden im Saal Birnen verteilt.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Schule nach Maß heißt, auf die regionalen Bedürfnisse einzugehen und dort die Angebote zu machen, wo sie notwendig sind. Der Bedarf bestimmt die Angebote, und die Ent­scheidung fällt vor Ort. Schule nach Maß heißt keinen neuen Zentralismus, sondern echte föderalistische Strukturen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Rossmann, bitte.

 


Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Sehr verehrte Frau Bundesminister! In einzelnen Bundesländern wie auch in Kärnten gibt es erfolgreiche Modelle, und zwar in der Form, dass sich Vereine durchaus auch der Nachmittagsbetreuung annehmen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich halte es für sehr wichtig, dass wir eine Vielfalt an Angeboten haben. Es kann die Schu­le das Nachmittagsangebot organisieren, es können Vereine organisieren, es kann die Gemeinde organisieren, es können aber auch Tagesmütter dafür eingesetzt werden. Mir ist es wichtig, dass Wahlfreiheit besteht und dass individuelle Lösungen getroffen werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Brosz.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Bundesministerin! Ich hoffe, das ist kein Symbol dafür, dass im Ministerium des Öfteren Äpfel und Birnen verwechselt werden (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen), aber zu meiner Zusatzfrage. Die Frage des Kollegen Amon zielt darauf ab, dass es offenbar nicht genügend Daten für die Nach­mittagsbetreuungsplätze gibt. Das Problem haben wir des Öfteren, dass wir insbe­sondere bei den Pflichtschulen keine Daten bekommen können, wenn wir in den


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Landesbereichen nachfragen. Ich möchte Sie fragen, ob Sie das für adäquat halten, dass es angesichts der Datenvernetzung nach wie vor so ist, dass wir bei Fragen, was die Landeschulen betrifft, vom Ministerium immer die Antwort bekommen: Das ist nicht unsere Kompetenz!?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Der Geräuschpegel im Haus ist absolut zu hoch! Ich bitte also, etwas ruhiger zu sein!

Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich glaube, dass Zuständigkeiten berücksichtigt und Datenflüsse sehr genau untersucht werden müssen. Wir brauchen jene Daten, die wir für die OECD haben, automatisiert. Gerade Ihre Fraktion hat sich immer dagegen ausgesprochen, dass wir die Daten automatisiert erheben und an die Bundesdienststellen weiterleiten. Wir sind derzeit dabei, die Daten für die Nachmittagsbetreuung über die Ämter der Landesregierung sehr genau zu erheben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schasching.

 


Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Auch ich bin dafür, dass Äpfel Äpfel und Birnen Birnen bleiben. Daher möchte ich gerne wissen, wenn Sie immer von der Wahlfreiheit sprechen: Wie wollen Sie sicherstellen, dass dort, wo es zurzeit überhaupt kein Angebot gibt, wenigstens die 50 Prozent Ganz­tagsbetreuung möglich werden, von der Sie immer sprechen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich habe nie von 50 Prozent Ganztagsbetreuung gesprochen. Ich halte es für wichtig, dass die Angebote dort gemacht werden, wo es notwendig ist. Es ist die gesetzliche Grund­lage dafür geschaffen. Wir müssen schon Vertrauen in die Eigenständigkeit und in die Zuständigkeit der dafür Verantwortlichen haben und können meiner Meinung nach nicht alles zentral von oben verordnen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der zweite Fragenkomplex abgearbeitet. Wir kommen zum dritten. Die Einleitungsfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

26/M

„Wie können Sie es rechtfertigen, dass durch die jährlichen Kosten in der Höhe von Euro 4.074.600,–, die nach Berechnungen der Rektorenkonferenz die Ausgliederung der Medizinischen Universität Innsbruck verursachen wird, 89 Jahresstellen für junge ForscherInnen nicht finanziert werden können?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ers­tens sind diese Zahlen eine Vorausberechnung der Rektorenkonferenz. Wir werden sehen, was wirklich notwendig ist. Ich gehe aber davon aus, dass universitäre Ein­richtungen weiter miteinander verschiedene Einrichtungen betreiben.

Das Zweite: Wer sich letzte Woche in der „Wiener Zeitung“ die Stellenausschreibung angeschaut hat, der wird gesehen haben, dass an den Universitäten 200 Stellen


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ausgeschrieben sind, und zwar besonders viele Stellen an der Universität Innsbruck. Wer sich die Homepage der Universität Innsbruck, besonders die Homepage der Medi­zinischen Universität Innsbruck anschaut, der sieht, wie viele Stellen besetzt werden. 200 Stellen sind allein in dieser Zeitung ausgeschrieben. Sie sind finanziert, die Leute werden angestellt. Es gibt sehr gute, ja beste Chancen für junge Nachwuchs­wissen­schaftler. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grünewald, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Frau Bundesministerin! Sie haben durch Frühpensionierungen in Ihrem Ressort viel medizinische und juridische Sachkompe­tenz verloren. Wie garantieren Sie die sachgerechte Verwendung des klinischen Mehr­aufwandes nach Verlust dieser ressortinternen Kompetenzen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es ent­zieht sich meiner Kenntnis, worauf Sie ansprechen. Es ist auf alle Fälle so, dass eine Arbeitsgruppe zwischen Finanzministerium, Wissenschaftsministerium und Stadt Wien besteht. Es wird eine neue Vertragsgrundlage ausgearbeitet, die dann auch Muster­bei­spiel für Innsbruck und Graz sein wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Broukal, bitte.

 


Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Frau Bundesministerin! Ich denke mir, wenn man den Rückstau groß genug werden lässt, dann sieht der Aufholprozess sehr ein­drucksvoll aus, obwohl insgesamt eine Nullbewegung stattgefunden hat.

Ich möchte Sie fragen: Wie teuer sind nach Ihren bisherigen Erfahrungen im Vergleich zu vorher Anstellungen von UniversitätsmitarbeiterInnen im wissenschaftlichen Bereich geworden, und zwar auf Grund von höheren Gagen, die die Leute jetzt verlangen, und durch die Pensionskassen, die eingerichtet werden müssen? Haben Sie diesbezüglich schon einen Vergleich dahin gehend, wie viele Professuren man um dasselbe Geld neu einrichten kann, verglichen mit Professuren unter dem alten Regime?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es ist nicht die Zielsetzung, für jede alte Professur eine neue Professur einzurichten. Jede Universität hat ihre Schwerpunktsetzung, hat ihre neue Entwicklungsplanung, hat daher auch neue Notwendigkeiten, Professoren, Professorinnen, Nachwuchswissen­schaftler und -wissenschaftlerinnen anzustellen. Die zusätzlichen Kosten für die erhöhten Sozialabgaben werden den Universitäten zusätzlich abgedeckt. Ich glaube, dass es doch sehr wünschenswert ist, dass wir den Universitäten die Möglichkeit ge­geben haben, für Professoren bis zu 1,8 Millionen Schilling zu bezahlen – in alter Wäh­rung noch, weil es damals noch so ausgemacht wurde –, denn damit sind wir konkur­renz­fähig.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Hakl, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Wir disku­tieren immer darüber, dass wir zu wenig weibliche Forscherinnen haben. Ich hätte mich für Folgendes interessiert: Welche Programme und Preise gibt es zur Förderung weib­licher Forscherinnen in Österreich?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es gibt zahlreiche Studienprogramme, wo besonders Frauen gefördert werden. Ich erinnere an die Erwin-Schrödinger-Stipendien, APART-Stipendien, an die Charlotte-Bühler-Habili-


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ta­tionsstipendien und Lise-Meitner-Stipendien. Dafür werden 13 Millionen € zur Verfü­gung gestellt. Ich freue mich ganz besonders, dass eine Frau in Österreich den Witt­genstein-Preis erhalten hat, nämlich die bekannte Forscherin Renée Schroeder. Der Wittgenstein-Preis ist der österreichische Nobelpreis dotiert mit 1,5 Millionen € auf fünf Jahre, und da werden zahlreiche junge Wissenschaftlerinnen mit Frau Professor Schroe­der zusammenarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Wie sehen Sie die Entwicklung des spezifischen Doktoratsstudiums PhD für die weitere För­derung des wissenschaftlichen Nachwuchses?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die neu­en Doktoratsstudien sollen konzipiert und eingeführt werden. Es sollen begleitete und strukturierte Studien sein. Diese neuen Doktoratsstudien sind bereits einen Level höher als die alten Doktoratsstudien. Ich meine, dass, sobald das Bachelor-Studium gut ausgebaut ist, das Master-Studium gut ausgebaut ist, auch diese Doktoratsstudien an den österreichischen Universitäten angeboten werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der dritte Fragenkomplex beantwortet. Wir gelangen zum vierten, der eingeleitet wird durch eine Frage der Abgeordneten Mag. Dr. Bleck­mann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Werte Frau Bundesminis­terin! Meine Frage lautet:

24/M

„Wie wird sich die geplante Forschungs- und Entwicklungsoffensive konkret auf die universitäre Forschung auswirken?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Of­fen­sivmittel von 600 Millionen € für die nächsten Jahre werden auf 2004, 2005, 2006 aufgeteilt. Die universitäre Grundlagenforschung erhält davon 34 Prozent. Das sind im Jahr 2004 61,2 Millionen € für die universitäre Grundlagenforschung.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Wo werden Sie dann kon­kret die Schwerpunkte für die gesamten Programme setzen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Schwer­punkte sind bereits vorbereitet durch den Rat für Forschung und Technolo­gie­entwicklung. Sie werden im Bereich Biotechnologie, in den Bereichen der neuen Me­dien liegen. Es werden aber auch philosophische und geisteswissenschaftliche Projek­te davon gefördert.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Grünewald, bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Frau Minister! Im Zusammenhang mit der vorhergehenden Frage möchte ich bemerken, dass in der neu zu gründenden Stiftung


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die Gelder natürlich in die verschiedenen Forschungs- und Förderungseinrichtungen geshiftet werden. Da der Vorstand der Stiftung vom Finanzminister und Minister für Wirtschaft und Arbeit bestellt wird und vier Minister im Stiftungsrat sitzen, frage ich Sie: Glauben Sie wirklich, dass die Kompetenzen für Grundlagenforschung und das Inter­esse für Grundlagenforschung an den Universitäten ausreichend gesichert sind?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Im Stif­tungs­gesetz wird es eine erweiternde Bestimmung geben, dass der Stiftungsrat mit den Empfehlungen des Rates für Forschung und Technologieentwicklung seine Ent­scheidungen zu fällen hat. Es ist bereits besprochen, dass der FWF und der FFF grund­legend Mittel daraus erhalten, und dort ist garantiert sichergestellt, dass die Grund­lagenforschung genügend Unterstützung erhält. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Krainer, bitte.

 


Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Bundesminister! Um das selbst gesteckte Ziel von 2,5 Prozent Forschungs- und Entwicklungsquote bis 2006 erreichen zu kön­nen, müsste die private Wirtschaft zusätzlich bis dahin zirka 2,4 Milliarden €, das sind 33 Milliarden Schilling, investieren. Wie hoch wird die Forschungs- und Entwicklungs­quote sein, wenn die private Wirtschaft nicht diese zusätzlichen Euro-Milliarden inves­tiert?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir ge­hen davon aus, dass durch zusätzliche Abschreibemöglichkeiten wie auch Prämien­mög­lichkeiten, die mit dem Konjunkturpaket ja deutlich erhöht wurden, auch in der Privatwirtschaft ein neuer Trend entsteht und dass die Privatwirtschaft, die Wirtschaft, die Industrie, diesen Beitrag zur Forschung auch leisten wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage dazu stellt Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Welche Schwerpunkte im Bereich der Förderung der Humanressourcen werden durch das Offensivprogramm 2 der Bundesregierung ge­setzt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es wer­den zahlreiche junge Forscher und Forscherinnen gefördert; es werden die Vor­ziehprofessuren im Ausmaß von 21 Millionen € in diesen Projekten drinnen sein. Das heißt, gerade für junge ForscherInnen gibt es in den einzelnen Forschungsprojekten, die aus diesem Offensivprogramm gefördert werden, ganz besondere Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen zum 5. Fragenkomplex, den Herr Abgeord­neter DDr. Niederwieser mit seiner Frage einleitet. – Bitte.

 


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 21

29/M

„Wie viele SchülerInnen, die heuer im Herbst eine berufsbildende mittlere oder höhere Schule besuchen wollten, mussten aus Platzgründen abgewiesen werden?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es war so wie jedes Jahr, dass nicht jeder Schüler einen Platz in seiner Wunschschule be­kommen konnte, dass aber schlussendlich jeder Schüler – und das ist jedes Jahr so – einen Platz in einer berufsbildenden Schule gefunden hat und dass noch dazu in etli­chen Schulen – allerdings, ich gebe zu, nicht gerade in Wien – noch einige Plätze frei wären. Das heißt, es hat wie immer Doppelanmeldungen gegeben und es hat wie im­mer schlussendlich die Möglichkeit gegeben, dass jeder Schüler, der möchte und der die Voraussetzungen dafür hat, an einer berufsbildenden Schule seinen Platz hat. (Bei­fall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Niederwieser hat eine Zusatzfrage. – Bitte.

 


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Bundesministerin! Von Ihnen hört man ab und zu, dass so viele SchülerInnen deswegen aussteigen, dass wir so viele Dropouts gerade in den berufsbildenden Schulen haben, weil halt nicht jeder in der richtigen Schule sitzt, wofür er geeignet ist.

Jetzt sagen Sie umgekehrt, es kann nicht jeder in der Schule sein, für die er eigentlich geeignet ist und in die er eigentlich will, und dann halten Sie ihnen vor, sie sitzen in der falschen Schule. Ist da nicht ein erheblicher Widerspruch in Ihrer tatsächlichen Politik?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Zur Auf­klärung: Es gibt manchmal Wünsche, die nicht erfüllt werden können, auch weil die Schüler nicht geeignet sind. Sie wissen, dass an den berufsbildenden Schulen Auf­nahmeverfahren gemacht werden und Eignungen überprüft werden.

Auf der anderen Seite ist es so, dass etliche Schüler und Schülerinnen in die berufs­bildenden Schulen strömen, weil sie vielleicht keinen Lehrplatz gefunden haben. Wir haben jetzt die Funktion des Beauftragten für Jugendbeschäftigung und Lehraus­bil­dung geschaffen und des Regierungsbeauftragten und werden die neuen Vorarlberger Modelle für die Lehrlingsausbildung auch auf Bundesebene umsetzen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Bundesministerin! Es hat in den letzten Jahren eine Ausweitung des Ausbildungsangebotes für die wichtigen Zu­kunftsberufe im technisch-gewerblichen und insbesondere im IT-Bereich gegeben. Konnte diese Ausweitung auch im heurigen Jahr erzielt werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es hat innerhalb von drei Jahren im Bereich der berufsbildenden Schulen eine Ausweitung um 5 000 Ausbildungsplätze für junge Leute gegeben, und gerade im Bereich der EDV und der Kommunikationstechnologien haben wir einen Zuwachs von 9,5 Prozent zu ver­zeich­nen. Das Angebot wurde heuer deutlich ausgeweitet und ist eine gute Chance für die jungen Menschen.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 22

Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Derzeit wird weiterhin an der Umsetzung des Schulentwicklungsprogramms 2000 gearbeitet. Wie ist der aktuelle Stand? Wie viele Ausbildungsplätze in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen konnten bisher geschaffen werden, und wie viele sind noch ge­plant?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Seit dem Jahr 2000 wurden 5 000 neue Ausbildungsplätze geschaffen. Derzeit befinden sich 1 560 Ausbildungsplätze im berufsbildenden Schulbereich in Bau und in Planung, und in Vorbereitung sind weitere 5 610 Ausbildungsplätze. Für alle diese zusätzlichen Ausbildungsplätze sind in den nächsten Jahren 366,7 Millionen € notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeord­ne­ter Brosz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Bildungsministerin! Die Anzahl der Matu­rantInnen ist in Österreich im internationalen Vergleich nach wie vor relativ gering. Wir wissen aus den letzten Jahren, dass die Entwicklung nicht in Richtung AHS, sondern in Richtung berufsbildende höhere Schulen geht. Daher lautet meine Frage: Halten Sie es für sinnvoll, das Angebot entsprechend auszuweiten, damit auch die MaturantIn­nen­quote in Österreich steigen kann?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es machen derzeit über 6 000 Jugendliche die Berufsreifeprüfung. Wenn man diese Zahl dazuzählt, dann wird, muss man sagen, die Zahl derer, die Prüfungen für einen Ein­stieg in ein tertiäres System gemacht hat, sehr groß sein. Ich halte es für gut und rich­tig, dass das BHS-Angebot ausgebaut wird. Es ist aber sehr wichtig, dass das Qualitätsangebot an unseren guten Gymnasien in der Öffentlichkeit auch so dargestellt wird, dass es der Arbeit, die die Lehrer und Lehrerinnen dort leisten, auch wirklich ent­spricht. Sie leisten nämlich beste Arbeit, und die Maturanten und Maturantinnen sind nach Abschluss unserer Gymnasien sehr gut gebildet und sehr gut qualifiziert für wie­tere Studien.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 6. Fragenkomplex, der durch eine Anfrage der Frau Abgeordneten Dr. Brinek eingeleitet wird. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! 2002 haben wir das große Universitätsgesetz beschlossen. Es wird ab heuer und in den nächsten Jahren implementiert und gelingt auch gut, soweit man das sehen kann.

Meine Frage lautet daher:

22/M

„Welche Maßnahmen erachten Sie als besonders wichtig zur Unterstützung der Uni­versitäten bei der Umsetzung des Universitätsgesetzes 2002 in den kommenden Jah­ren?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 23

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Implementierung im Bereich der Rektorenbestellung, Vizerektorenbestellung, in der Wahl des Senates ist im Laufe dieses Jahres nun vollendet worden. Es geht jetzt da­rum, die Budgetaufteilung für die nächsten Jahre transparent und für alle zugänglich zu machen, die Qualitätsoffensive durch die Einrichtung der Qualitätsagentur voranzutrei­ben, den Universitätsbauplan zu erstellen, genauso wie wir einen Schulentwicklungs­plan haben, die Leistungsvereinbarungen vorzubereiten, und es geht auch darum, den Kollektivvertrag für die neuen Universitäten zu erarbeiten.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, wünschen Sie eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Frau Bundesministerin! Sie haben den Uni­versitäten schon zusätzliche Mittel für diese Implementierungskosten erstattet und wie­te­re Teile davon auch noch angekündigt. Wie wird die Aufteilung dieser zusätzlichen Implementierungsunterstützungsmittel erfolgen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es wer­den insgesamt 9,2 Millionen € ausgegeben. Das sind die Anforderungen der Uni­versitäten, die auch völlig abgedeckt werden. Den größten Anteil an den Implemen­tierungskosten haben die medizinischen Universitäten. Die drei Universitäten erhalten insgesamt 5,4 Millionen €. Ich möchte Sie aber bitten, die Liste der einzelnen Zutei­lungen an die Universitäten auf unserer Homepage abzurufen. Es ist dort transparent dargestellt, wie viel jede Universität erhält.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Abgeord­nete Dipl.-Ing. Achleitner gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Bundesministerin! Was er­warten Sie sich konkret von der künftigen Tätigkeit der Qualitätssicherungsagentur?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Qua­litätssicherungsagentur ist im Universitätsgesetz 2002 festgehalten. Die Qualitäts­siche­rungsagentur hat als erste Aufgabe, festzustellen, ob in den einzelnen Univer­sitäten die Qualitätssicherung vorgenommen wird, ob Qualitätssicherungsinstrumen­tarien eingerichtet wurden, und sie hat Hilfestellungen bei derartigen Maßnahmen zu geben.

Weiters ist es wichtig, auf europäischer Ebene mit anderen Qualitätssicherungs­agen­turen an Benchmarks zu arbeiten, und zwar deshalb daran zu arbeiten, um die Frage beantworten zu können: Was macht die Qualität einer Universität aus? Es wird auch die Aufgabe der Agentur sein, Peer-Review-Gruppen zur Verfügung zu stellen und Hilfestellungen bei Evaluierungen einzelner Teilbereiche der Universitäten zu geben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Frau Bundesministerin! Die Regierung hat die autonomen Forschungsförderungseinrichtungen ins Visier genommen und möch­te ihnen Geschäftsführung und Aufsichtsräte verordnen. Dabei ist es wichtig, zwischen harten und weichen Birnen und Williams zu unterscheiden. Wie objektivieren Sie die Kompetenz zukünftiger Aufsichtsräte und Geschäftsführer?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 24

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir sind derzeit in einer Diskussionsphase, wie wir durch vereinfachte und verbesserte Strukturen mehr Synergien erzeugen können, wie wir durch vereinfachte und verbes­serte Verwaltungsabläufe mehr Geld für die Forschung bekommen und weniger Geld für die Verwaltung ausgeben können. Es gibt eine große Evaluierung, die im BMVIT läuft. Diese Evaluierung und der allgemeine Diskussionsprozess werden dann die Grundlage für das Ergebnis sein, wie die Zusammenarbeit der Forschungseinrich­tun­gen ausschauen wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage zu diesem Fragenkomplex for­muliert Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

 


Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Die Frage vom Kollegen Grünewald war dahin gehend, ob ehemalige FPÖ-Politiker in diesen neuen Organisationen Posten be­kommen werden. Ich möchte zu dieser Implementierungsfrage noch Folgendes ergänzen: Sie haben bei der medizinischen Universität Innsbruck so genannte Ersatz­vornahmen durchgeführt. Das heißt, Sie als Ministerin haben gesagt: Ich entscheide bei der Rektorswahl so! Meine Frage ist daher: Halten Sie diese Bestimmung, dass Sie ersatzweise in die Autonomie der Universitäten eingreifen können, und zwar in jeden Verwaltungsakt, mit der Autonomie vereinbar?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir haben ein Bundesgesetz, in dem enthalten ist, dass, wenn die Universität auch nach mehrmaligen Aufforderungen und nach langer Dauer nicht in der Lage ist, eine eigene Entscheidung zu treffen, eine Ersatzvornahme gemacht werden muss. Ich glaube, es ist Aufgabe der Regierung, für das Funktionieren der Universitäten zu sorgen. Wenn jemand die Autonomie nicht selbst wahrnehmen kann, dann muss jemand anderer da­für einspringen. Ich habe das unter größter Wahrung der Selbständigkeit der Univer­sität gemacht. Ich habe in allen Phasen dem Universitätsrat die Linie und Richtung vor­geben lassen, und ich glaube, dass das schlussendlich zu einem Ergebnis geführt hat, mit dem alle zufrieden sind.

Noch einmal auf die Frage des Herrn Kollegen Grünewald zurückkommend: Für eine Einrichtung, deren Konstruktion, deren Art und Weise überhaupt noch nicht fix ist, wo noch nicht klar ist, ob es eine GesmbH werden wird, ob es eine besondere Ge­sell­schaft werden wird oder ob es etwas anderes werden wird, kann auch noch nicht fest­gestellt werden, wer welche Position besetzen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den 6. Fragenkomplex erledigt.

Wir gelangen nun zum 7. Fragenkomplex, der durch eine Frage des Herrn Abgeord­neten Brosz eingeleitet wird. – Bitte.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Bundesministerin! Meine Frage lautet:

27/M

„Welche Sofortmaßnahmen werden Sie setzen, damit jene LehrerInnen, die Anträge auf Frühpensionierungen gestellt haben, das laufende Schuljahr fertig unterrichten kön­nen, ohne dadurch Nachteile gegenüber einem Pensionsantritt während des Schul­jahrs in Kauf nehmen zu müssen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich glaube, es ist wichtig, dass man im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten jedem


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 25

Menschen die individuelle Entscheidung, ob er in Pension gehen möchte oder nicht, selbst überlässt. (Abg. Öllinger: Der Scherz des Tages!) – Wieso soll ich jemandem vorschreiben und sagen, er muss noch ein Jahr länger bleiben, wenn er für sich selbst auf Basis der derzeit geltenden Gesetze etwas anderes entschieden hat. Ich bin gegen diesen Zentralismus. Ich sage Ihnen: Ich bin dagegen, in die Lebensplanung der Men­schen – diese Frage haben Sie jetzt gestellt –, einzugreifen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wünschen Sie eine Zusatzfrage, Herr Abgeordne­ter Brosz? – Bitte.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Bundesministerin! Das hätten sich wahr­scheinlich mehr Menschen in Österreich gewünscht, dass Sie in ihre persönliche Pen­sionsplanung nicht eingreifen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich habe am Diensttag den „Report“ gesehen, wo Sie Studiogast waren. Der Ab­schlusssatz eines Lehrers, der jetzt einen Frühpensionierungsantrag gestellt hat, war, dass er eigentlich seine Maturaklasse gerne fertig unterrichten würde, aber ihm das nicht ermöglicht wird. Daher lautet meine Frage: Wie schaut es da mit der persönlichen Entscheidungsfreiheit der LehrerInnen aus?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es ist in dieser Republik jedem selbstverständlich möglich, weiterzuarbeiten, und ich wün­sche mir, dass die guten Lehrerinnen und Lehrer weiterarbeiten. Wenn sich aber je­mand entscheidet, in Pension zu gehen, dann hat er die Verantwortung für seine Ent­scheidung selbst zu tragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage in diesem Fragenkomplex formuliert Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

 


Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Aus den Medien wissen wir, dass ab 1. Dezember ungefähr 5 000 Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand treten werden. Meine Frage lautet daher: Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt beziehungsweise werden Sie setzen, damit die Schulorganisation einer­seits und die pädagogische Kontinuität andererseits erhalten bleiben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Abgeordneter Rada! Nachdem Sie aus dem Schulbereich kommen, wissen Sie, dass jedes Jahr im Herbst sehr viele Lehrerinnen und Lehrer in Pension gehen, sehr viele in Karenz gehen und dass es immer reibungslose Übergänge gibt. Nach meinem der­zeitigen Wissensstand sind es 4 600 Lehrerinnen und Lehrer von 120 000 österreich­weit, 1 600 Personen gehen völlig normal in Pension wie jedes Jahr.

Wir haben bereits Vorsorge getroffen. Etliche haben den Pensionsantritt schon am 1. Oktober gehabt. Die Klassen sind längst wieder mit neuen Lehrern besetzt. Gerade im Bundesschulbereich haben 1 600 junge Lehrer und Lehrerinnen damit die Chance gehabt, eine neue Stelle zu bekommen und sind bereits eingestellt. Der Übergang er­folgt völlig reibungslos. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordne­ter Donabauer. – Bitte.

 


Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Mir ist bewusst, dass die Planungsarbeiten im Schulbereich zurzeit intensiv geführt werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 26

Mich würde Folgendes interessieren: Hat diese Veränderung auch Auswirkungen auf die Neuanstellung von Junglehrerinnen und Junglehrern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich kann mich noch gut erinnern, als im Rahmen von früheren Fragestunden die Frage an mich gestellt wurde: Was werden Sie tun, um die lange Warteliste bei Junglehrern und Junglehrerinnen abzubauen? Dabei ist eine Zahl von 8 000 genannt worden. Ich sage Ihnen: Sie werden jetzt abgebaut, und das ist gut für die Jungen, und das ist gut für das Schulklima, weil junge und ältere Lehrer miteinander die pädagogische Offensive richtig weiterbringen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeord­nete Rosenkranz. – Bitte.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Kann jetzt schon gesagt werden, ob sich die ungünstigen Auswirkungen, die sich aus der unglei­chen Altersstruktur des Lehrkörpers in den Schulen ergeben, durch die jetzigen Pen­sionierungen verbessern werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir werden im Laufe dieses Jahres eine neue Statistik über die Altersstruktur des Lehr­körpers erstellen. Wir brauchen das auch, um Vorausplanungen für die pädagogischen Akademien, die notwendig sein werden, machen zu können. Wir werden dann wahr­scheinlich feststellen können, dass die Verteilung im Altersgefüge besser erfolgt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der 7. Fragenkomplex erledigt.

Wir gelangen zum 8. Fragenkomplex, der durch eine Anfrage der Frau Abgeord­ne­ten Rossmann eingeleitet wird. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Nach unseren Vorstellungen sollte die Nachmittagsbetreuung in Modulen möglich sein. Das heißt: Mittagessen, Lernbetreuung, Förderunterricht und auch Freizeitgestaltung.

Meine Frage lautet daher:

25/M

„Welche konkreten Schritte werden Sie für den Ausbau der Nachmittagsbetreuung setzen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie die Angebote gestaltet werden: entweder als ganz­tägige Betreuung oder im Modulangebot. (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Ich habe hier ein derartiges Beispiel, anhand dessen man klar und deutlich sieht, dass verschiedene Module angeboten werden. Gerade bei diesen Nachmittags­angeboten können die Eltern frei wählen, können die Kinder beispielsweise am Mon­tag, Dienstag und Mittwoch betreut werden und Donnerstag und Freitag nicht. Ich glaube, das ist auch im Zuge der vermehrten Teilzeitmöglichkeiten ein wichtiges Ange­bot. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 27

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Ein wesentlicher Faktor in der Nach­mittagsbetreuung stellt natürlich die Kostenstruktur dar. Wie stellen Sie sich in Zukunft die Gestaltung der Kosten vor, sodass es auch für sozial Schwache möglich ist, diese Nachmittagsbetreuung in Anspruch zu nehmen?

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 28

Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Im Bun­desbereich ist es so, dass 80 € pro Monat festgelegt sind, dass eine soziale Staffelung bis null möglich ist. Aus dem Pflichtschulbereich der Länder weiß ich, dass es Unterstützungen von Seiten der Länder gibt. Es soll das Mittagessen bezahlt wer­den, es soll ein gerechter Beitrag bezahlt werden. Für sozial Schwache müssen aber Maßnahmen ergriffen werden, damit es auch bis auf null heruntergestaffelt werden kann.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Mag. Wein­zinger, bitte.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Nachdem mit der Verteilung von italienischen Birnen offensichtlich darauf aufmerksam gemacht werden soll, dass selbst in Italien die Situation der Nachmittagsbetreuung und damit der beruflichen Mög­lich­keiten für Frauen besser ist, habe ich eine Frage an Sie betreffend den Bedarf an Nach­mittagsbetreuung. (Abg. Dr. Fekter: Steirische Birnen! Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich bitte, die Frau Abgeordnete ihre Frage formulieren zu lassen.

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Sie haben angegeben, dass es Ihr Ziel wäre, bis zum Jahr 2006 20 Prozent an Nachmittagsbetreuung zu erreichen. Sie haben gleichzeitig angegeben, dass es nicht Ihr Ziel sei, 50 Prozent zu erreichen, und Sie haben außerdem darauf hingewiesen, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Formulieren Sie bitte Ihre Frage, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (fortsetzend): Ich komme zur Frage. All das ist notwenig, um die Frage verstehen zu können. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben angegeben, dass eine Studie überhaupt erst den Bedarf ermitteln soll. Ich frage Sie daher: Auf welcher Grundlage haben Sie die Annahme getroffen, dass 20 Prozent bis 2006 ausreichend seien?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich stelle Folgendes fest. Ich habe erklärt, das bestehende Angebot um 20 Prozent zu erhöhen. Es geht nicht um ein Gesamtangebot in der Höhe von 20 Prozent. Derzeit werden im Schulbereich 45 000 Kinder und Jugendliche betreut. Ich habe angekündigt, dass bis 2006 dieser Betreuungsansatz um 20 Prozent erhöht wird.

Die Studien für die Kinderbetreuung insgesamt werden vom zuständigen Frauen­ministerium erstellt werden, und es gibt bereits zahlreiche Unterlagen und Grundlagen. Ich bin für den Schulbereich zuständig. Ich werde dafür sorgen, dass das Betreuungs­angebot im Schulbereich um mindesten 20 Prozent erhöht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Ministerin! Stellen die Schritte zum Ausbau der Nachmittagsbetreuung Chancen insbesondere für junge LehrerInnen dar, ihrer Ausbildung entsprechende Dienstposten zu erhalten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Wir werden nach der jetzigen Welle der Neueinstellungen sehen, wie viele Lehrer und Leh­rerinnen noch verfügbar sind, wie viele überhaupt noch verfügbar sind. Natürlich stellt das Möglichkeiten dar. Die Kompetenz, derartige Maßnahmen zu setzen, liegt aber bei den Schulerhaltern, also bei den Gemeinden, bei den Ländern für die Pflichtschulen und beim Bund für die Gymnasien. Diese Verantwortung nehmen wir auch wahr. Wenn junge KollegInnen gebraucht werden, dann ist das sicher eine gute Möglichkeit.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage in diesem Fragenkomplex for­muliert Herr Abgeordneter Böhm. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Namen aller Abge­ordneten möchte ich mich für die wunderbaren steirischen Birnen, die wir heute be­kommen haben (Beifall bei der ÖVP) und die in einer europäischen Verpackung an­geliefert worden sind, recht herzlich bedanken. (Abg. Brosz: Italienische Steigen wa­ren es!)

Frau Bundesministerin! Würden Sie es für sinnvoll halten, wenn in jedem Bundesland, sowie in meinem Heimatbundesland Salzburg, eigenständig statistische Erhebungen durchgeführt würden, damit alle Betreuungsmöglichkeiten erfasst werden können?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich halte es für sehr wichtig, dass wir die breite Palette der Betreuungsmöglichkeiten in einer ganz genauen Erhebung festhalten. Es gibt nicht nur die schulischen Angebote bei der Schule nach Maß, mit denen wir auf die Eltern eingehen, sondern es gibt auch die Möglichkeit von Tageshorten, die durch die Gemeinde geschaffen werden, es gibt die Möglichkeit von Kinderbetreuungsgruppen, die privat organisiert werden, es gibt Vereine, die diese Angebote und Schulen machen, und es gibt die Tagesmütter. Um einen ehrlichen Überblick zu bekommen, müssen all diese Angebote in einem Bericht erfasst werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den 8. Fragenkomplex abgearbeitet und kommen zum neunten, der durch eine Anfrage von Frau Abgeordneter Schasching eingeleitet wird. – Frau Kollegin, stellen Sie bitte Ihre Frage.

 


Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sie erlauben hoffentlich auch mir, mich für die saftigen Birnen zu bedanken (demonstrativer Beifall bei der ÖVP) und anzumerken, dass ich es für eine ganz eigenwillige Symbolik halte, dass es vor allem die weiblichen Abgeordneten der ÖVP waren, die uns die Birnen überreicht haben. (Abg. Dr. Fekter: Sehr charmant!) Ich hoffe, die weiblichen Abge­ordneten haben dadurch ihre besondere Wertschätzung ausgedrückt. Danke. (Ruf bei der ÖVP: Weil die Birne weiblich ist, die Birne!)

Frau Bundesministerin, meine Frage lautet:

30/M

„Wann beginnen Sie tatsächlich mit dem Ausbauprogramm zur Schaffung zusätzlicher ganztägiger Schulplätze?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte. (Abg. Dr. Pirklhuber: Herr Präsident! Dürfen wir die Birne essen?)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 29

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich hal­te nichts davon, zentral, von oben verordnet, ganztägige Schulplätze auszubauen. Die baulichen Gegebenheiten an den Schulen sind meistens so, dass diese Angebote gemacht werden können. Es muss der Bedarf erhoben werden, und dann müssen die­se Angebote an den Schulen umgesetzt werden. Ich halte nichts von einem zen­tralistischen Ausbauplan. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Schasching.

 


Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Frau Bundesministerin! Sie wissen, dass es sich bei meiner Frage nicht allein um die baulichen Möglichkeiten gehandelt hat, sondern um das Ausbauen, um die Schaffung dieser Plätze ging es mir.

Wir wissen, dass 58 Prozent der Eltern diese Plätze für ihre Kinder haben wollen, drin­gend brauchen, aber nur 3 Prozent aller Schüler zurzeit einen Ganztagsschulplatz ha­ben. Daher frage ich, warum Sie sich nicht prinzipiell für mehr Plätze stark machen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ich mache mich dafür stark, dass die Eltern jene Angebote an Betreuung bekommen, die sie brauchen und die sie wünschen. Der Bedarf muss vor Ort festgestellt werden, die Angebote können vor Ort verwirklicht werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür sind bereits im Schulorganisationsgesetz enthalten. Finanziell wird es von mir auch gesichert. Die zusätzlichen Betreuungsstunden werden den Schulen zur Verfü­gung gestellt, die Entscheidung muss aber vor Ort nach dem Bedarf fallen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Felzmann, bitte.

 


Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Welche Möglichkeiten der schulischen Betreuung sind schon vorhanden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Auf Basis des Schulorganisationsgesetzes gibt es die ganztägige verschränkte Betreuung, und es gibt die Betreuung als Nachmittagsangebote. Wenn man die ganztägig ver­schränkte Betreuung möchte, was voraussetzt, dass die ganze Klasse, alle Schüler und Schülerinnen, daran teilnehmen, muss es an der Schule mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Es kann jede Schule das beschließen. Die anderen Angebote werden je nach Bedarf an der Schule verwirklicht. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Rossmann, bitte.

 


Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Frau Bundesminister! Viele Jugend­liche leiden auch jetzt schon unter Bewegungsmangel. Wie ist sichergestellt, dass auch bei der Nachmittagsbetreuung Sport und Bewegung – auch im Sinne einer Gesund­heits­vorsorge – nicht zu kurz kommen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Be­treuungsangebote an den Nachmittagen beinhalten auch Bewegung, Sport, die Benut­zung der Sportplätze. Mir ist es auch sehr wichtig, die Sportvereine einzuladen, in die Schulen zu kommen, mit den Schülern und Schülerinnen dort zu arbeiten. Es ist sehr wichtig und sehr notwendig, dass sportliche Betätigung, Bewegung in den Nachmit­tags­angeboten zu finden ist.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
38. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage in diesem Fragenkomplex for­muliert Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Bildungsministerin! Da, wie wir wissen, im Moment etwa 3 Prozent der SchülerInnen Nachmittagsbetreuungsplätze haben, ent­spricht eine Erhöhung bis 2006 um 20 Prozent einer Erhöhung von 0,6 Prozent des Gesamtangebotes. Ich habe mir die Mühe gemacht, da weiterzurechnen: Geht es in diesem Tempo weiter, so sind wir im Jahr 2030 bei „immerhin“ 10 Prozent der Schü­lerInnen, die in Österreich einen Nachmittagsbetreuungsplatz bekommen können.

Halten Sie das angesichts der internationalen Entwicklung tatsächlich für ein adä­qua­tes Tempo? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Bei die­ser Zahl, die sie ständig kolportieren, nämlich den 3 Prozent, sind all die zusätz­lichen Angebote, die es im privaten Bereich gibt, die es in Horten von Gemeinden gibt, nicht mitgerechnet. Ich denke, wir sollten die Zahlen einmal auf eine andere Basis stellen, damit wir sehen, wie viele Kinder wirklich betreut sind.

Ich sage es noch einmal: Ich trete dafür ein, dass dort, wo es notwendig ist, wo die Eltern es wünschen, das entsprechende Angebot der Nachmittagsbetreuung geschaf­fen wird, und ich werde auch die dafür notwendigen finanziellen Ressourcen zur Ver­fügung stellen. Die Entscheidung liegt in der Kommune, in der Gemeinde, in der ein­zelnen Schule. (Abg. Dr. Pirklhuber: Eltern oder Gemeinden, wer entscheidet?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir diesen Fragenkomplex erledigt.

Ich bitte nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr, den 10. und letzten Fragenkomplex mit ihrer Frage einzuleiten. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Frage an Sie:

23/M

„Welche Schritte sind bereits erfolgt, um den Museumsentwicklungsplan 2010 umzu­setzen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Maßnahmen der baulichen Entwicklung, der baulichen Weiterführung bei den Museen wurden mit einem Aufwand von 270 Millionen € für Renovierungen in den letzten Jah­ren umgesetzt, und zwar seit 1997. Es erfolgt derzeit die Adaptierung des Palais Mol­lard für eine Globensammlung und für die Musiksammlung der Nationalbibliothek, das Museum für Völkerkunde wird demnächst generalrenoviert. Die Adaptierung des Zwan­ziger Hauses, die Überdachung der Ausstellungshalle im zweiten Hof und die Hofüber­dachung im Österreichischen Theatermuseum sind die nächsten Projekte. Es wird gezielt nach dem Museumsentwicklungsplan 2010 weitergearbeitet.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, eine Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Was sind die nächsten Schritte zur Realisierung der im Regierungsprogramm festgehal­te­nen Evaluierung der Museumslandschaft?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 



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Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Evaluierung ist von der zuständigen Sektion bereits in die Wege geleitet worden. Es wird die inhaltliche Profilierung der Museen geprüft, die Umsetzung des Bildungs­auftrages, es wird geprüft, welche wissenschaftlichen Forschungsvorhaben dort geleis­tet werden und die Besucherorientierung. Damit wird dann ein großes Evaluierungs­paket, ein Evaluierungsbericht für weitere Schritte zur Verfügung stehen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Mai­­noni, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminis­ter! Welche österreichischen Projekte werden in nächster Zeit für die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO eingereicht werden?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO ist bereits sehr riesig und umfangreich. Es sind dort von Österreich bereits sechs Weltkulturerbe verankert. Eingereicht sind nach meinem Wissensstand: der Nationalpark Hohe Tauern als Naturerbe, und für 2004 ist die Einreichung von Innsbruck mit Nordkette, Karwendel, Kulturlandschaft Bregenzerwald und auch die österreichische Eisenstraße vorgesehen und in Vorbereitung. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Gla­wischnig, bitte.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Frau Bundesministerin! Seit der Aus­gliederung der Bundesmuseen ist in einigen Bereichen eine sehr, sehr negative Ent­wicklung bei den Kartenpreisen festzustellen. Die Karten sind sehr viel teurer gewor­den, was dazu führt, dass sich immer weniger Schülerinnen und Schüler und Familien die Eintritte leisten können. Was werden Sie unternehmen, dass sich die Situation wieder bessert?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Aus den verschiedenen Berichten, den verschiedenen Kulturberichten ist ersichtlich, dass ge­rade die Schülerströme und die Besuche der Schüler und Schülerinnen in den letzten Jahren zugenommen haben, dass die Museumspädagogik im Aufwind ist. Die Museen werden – das stimmt –, wenn freier Eintritt ist, gestürmt. Wir werden uns mit den Direktoren bei den Direktorenbesprechungen über die Möglichkeit, für Familien besondere Vergünstigungen zu schaffen, unterhalten.

Man muss das auch im Zusammenhang mit den nächsten Budgetplanungen sehen, denn ich meine, nach fünfjähriger Deckelung, wo die Museen unglaubliche Leistungen erbracht haben, auch im privatwirtschaftlichen Bereich, werden wir miteinander darüber diskutieren müssen, wie wir dieses Basisbudget für die Museen in einem gewissen Ausmaß erhöhen können, damit auch derartige Vergünstigungen möglich sind. Das ist mir genauso ein Anliegen wie Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Mag. Mut­tonen. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Ministerin! Sie haben bereits vor einem Jahr angekündigt, Koordinierungsgespräche mit den MuseumsdirektorInnen füh­ren zu wollen. Wann werden Sie diese Gespräche führen, und werden die Vor-


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stellungen der Direktoren und Direktorinnen in diesen Museumsentwicklungsplan einfließen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Bundesministerin, bitte.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Ers­tens ist es selbstverständlich, dass die betroffenen Direktoren und Direktorinnen ihre Vorstellungen einbringen und am Museumsentwicklungsplan mitarbeiten.

Zweitens werden zahlreiche Gespräche geführt. Ich glaube aber nicht, dass ich jedes Koordinierungsgespräch mit jedem Direktor als „Runden Tisch“ an die große Glocke hängen muss, ich weiß aber, weil sie bei mir im Büro geführt werden, dass sehr viele Gespräche geführt werden. Es gibt auch Koordinierungsgespräche. Ich glaube nur nicht, dass jedes einzelne Gespräch in der Öffentlichkeit kommuniziert werden muss. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, Sie haben alle zehn Fragen und Zusatzfragen innerhalb kürzerer Zeit, als vorgesehen war, beant­wortet.

Wir hätten eigentlich noch 10 Minuten Zeit für weitere Fragen. Wir werden das in der Prä­sidialkonferenz besprechen, denn heute war es nämlich das zweite Mal, dass eine Ministerin die Fragen um 10 Minuten schneller beantwortet hat, wodurch die Frage­stunde auch sehr lebendig geworden ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auf die Frage des Abgeordneten Pirklhuber, ob man die steirische Birne auch essen kann, antworte ich von hier aus mit einem Ja. (Abg. Dr. Pirklhuber: Danke schön! – Abg. Mag. Molterer: Aber nicht im Plenarsaal!)

Damit ist die Fragestunde beendet. Danke, Frau Ministerin.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortung: 803/AB,

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 12/ABPR.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt­servicegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Insolvenz-Entgeltsi­che­rungs­gesetz geändert werden (308 d.B.),

2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003 (310 d.B.),

Antrag 252/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeits­zeitgesetz geändert wird,


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Antrag 255/A (E) der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Pflegegeldanspruch im Antrags- und Sterbemonat;

Finanzausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz und das Pensions­kas­sen­gesetz geändert werden (276 d.B.),

Änderung von Anhang II des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeich­nung von Edelmetallgegenständen (295 d.B.),

Wachstums- und Standortgesetz 2003 (313 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesund­heits­wesen geändert wird (DokuG-Novelle 2003) (282 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (292 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Tiergesundheitsgesetz (TGG) geändert wird (293 d.B.),

5. Ärztegesetz-Novelle (306 d.B.),

Tiermaterialiengesetz – TMG (314 d.B.),

Antrag 254/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schutzregeln für gesundheitsbezogene Lebensmittelwerbung im österrei­chi­schen Lebensmittelgesetz,

Antrag 256/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Reduktion der unsozialen Selbstbehalte und Harmonisierung des Beitrags- und Leistungsrechts im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung,

Antrag 257/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Festlegung von qualitativ und quantitativ messbaren Gesundheitszielen,

Antrag 258/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend mehr Rechte für PatientInnen,

Antrag 259/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Dämpfung des Zuwachses bei den Heilmitteln,

Antrag 260/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Erhöhung der Versorgungsqualität und Vermeidung von Mehrfachbefundungen und Mehrfachbehandlungen,

Antrag 261/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Dokumentation und Auswertung von Schlichtungsstellenentscheidungen im Zusammenhang mit behaupteten Behandlungsfehlern im Gesundheitsbericht,

Antrag 262/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schaffung einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die PatientInnenent­schädi­gung nach Behandlungsfehlern,

Antrag 263/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Neuregelung der Medizinhaftung,

Antrag 264/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend den Beitritt Österreichs zur Biomedizinkonvention des Europarates,

Antrag 265/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verbesserung der PatientInnen- und Serviceorientierung im Bereich des Gesund­heitswesens,


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Antrag 266/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung zur Vermeidung arbeits­bedingter Erkrankungen,

Antrag 267/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Ausdehnung der Jugendlichenuntersuchungen auf 18-, 19-Jährige,

Antrag 268/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend umfassende Qualitätsoffensive im Bereich der niedergelassenen Ärzte und im Spitalsbereich,

Antrag 269/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbesserung der regionalen Vernetzung der Gesundheits- und Sozialdienste,

Antrag 270/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Studien über den Einsatz von „Erwachsenenmedikamenten“ in der Kinder­heil­kunde,

Antrag 271/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Prüfung bei der Neuzulassung von Arzneimitteln für Kinder und Jugendliche,

Antrag 272/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Verbesserungen bei der Zulassung von Arzneimittelspezialitäten für Kinder und Jugendliche,

Antrag 273/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend kostenlose Schutzimpfung für Feuerwehrleute,

Antrag 274/A der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fortpflanzungsmedizingesetz geändert wird,

Antrag 275/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend gesetzliche Regelungen für Lagerungs- und Stützverbandstechniker in Spitals­ambulanzen,

Antrag 276/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend unentgeltliche Ausbildung für alle medizinisch-technischen Dienste über die Bundesländergrenzen hinweg,

Antrag 277/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend die Schaffung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes „AltenfachbetreuerIn“ und einer zeitgemäßen, in Modulen aufgebauten, umfassenden Ausbildung zur Altenfach­betreuerIn,

Antrag 278/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend umfassende Reform der Gesundheitsberufe,

Antrag 279/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend gesetzliche Regelungen für eine verstärkte Qualitätssicherung bei der Ver­wendung von Blut und Blutprodukten,

Antrag 280/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Verbreiterung der Beitragsgrundlage zur Finanzierung des Gesundheits­systems,

Antrag 281/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­treffend transparente Finanzierung der Krankenversicherung,

Antrag 282/A der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, BGBl. Nr. 746/1996, geändert wird,


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Antrag 283/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen be­tref­fend Maßnahmen zur Sicherstellung der fairen Finanzierung des Gesundheits­systems,

Antrag 286/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Schutz der Kinder- und Babygesundheit vor gefährlichen Chemikalien durch Erlass einer Kinder- und Baby-Kosmetikverordnung;

Gleichbehandlungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird (285 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehand­lungsgesetz – GlBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) geändert werden (307 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Antrag 287/A (E) der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagung des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres wegen tagtäglichen Rechtsbruchs durch Verweigerung der Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen;

Justizausschuss:

Strafrechtsänderungsgesetz 2003 (294 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird (309 d.B.);

Landesverteidigungsausschuss:

Wehrrechtsänderungsgesetz 2003 – WRÄG 2003 (260 d.B.);

Umweltausschuss:

Antrag 285/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Position Österreichs zu EU-Chemikalienpolitik-Reform;

Unterrichtsausschuss:

Antrag 284/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnen­wech­sel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen;

Verfassungsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem ein E-Government-Gesetz erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das Vereinsgesetz 2002 geändert werden (252 d.B.),

2. Dienstrechts-Novelle 2003 (283 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz geändert wird (Be­diens­tetenschutz-Reformgesetz – BS-RG) (284 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Informationssicherheitsgesetz geändert wird (312 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Bundesbahnstrukturgesetz 2003 (311 d.B.),

Antrag 253/A (E) der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Tätigkeit der Tiertransportinspektoren;


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Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 251/A (E) der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Offensive für Fachhochschulen.

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der Grünen hat gemäß § 74a der Geschäfts­ordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Paket wirksamer innerstaatlicher Maßnahmen gegen die LKW-Lawine dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr aufgerufen und behandelt werden.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Scheibner und Mag. Molterer beantragt haben, dem Verkehrsausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 311 der Beilagen betreffend Bundes­bahnstruktur­ge­setz 2003 eine Frist bis zum 2. Dezember 2003 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an dieselbe stattfinden. Die Abstimmung wird jedenfalls nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

*****

Weiters teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt haben, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 313 der Beilagen betreffend Wachstums- und Standortgesetz 2003 eine Frist bis 3. De­zem­ber 2003 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

*****

Darüber hinaus teile ich mit, dass der Abgeordnete Brosz beantragt hat, dem Unter­richtsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 284/A (E) betreffend Sofort­maßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel wäh­rend des Schuljahres durch Frühpensionierungen eine Frist bis 2. Dezember 2003 zu setzen.

Auch dieser Antrag wird nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.


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Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich teile weiters mit, dass vorgeschlagen ist, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 4 bis 8, 9 bis 18, 19 und 20 sowie 21 bis 23 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dau­er der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stun­den“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 123 Minuten, Freiheitliche 84 Minuten, Grüne 91 Minuten.

Darüber entscheidet das Hohe Haus, wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­be­zügliches Zeichen. – Herr Kollege Schieder, stimmen Sie zu? (Abg. Schieder: Ja!) Da bin ich froh, denn dann ist es einstimmig. Wir werden daher so vorgehen. – Herr Kol­lege Schieder, Sie als Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Euro­parates haben ein gewichtiges Wort. Das ist wichtig. (Heiterkeit.)

1. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (224 d.B.): Bundes­gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streit­sachen (Außerstreitgesetz – AußStrG) (268 d.B.)

2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (225 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem im Zusammenhang mit der Erlassung des Außerstreitgesetzes die Notariatsordnung, das Gesetz betreffend die Einräumung von Notwegen, die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung, die Exekutionsordnung, das Ge­richts­organisationsgesetz, das Tiroler Höfegesetz, das Allgemeine Grundbuchs­anlegungsgesetz, das Liegenschaftsteilungsgesetz, das Ehegesetz, das Todes­erklärungsgesetz 1950, das Kraftloserklärungsgesetz 1951, das Eisenbahnent­eig­nungs­gesetz 1954, das Allgemeine Grundbuchsgesetz 1955, das Scheckge­setz 1955, das Anerbengesetz, das Aktiengesetz 1965, das Bundesgesetz über Notare als Gerichtskommissäre im Verfahren außer Streitsachen, das Perso­nen­standsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Bundesgesetz zur Durchfüh­rung des Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 1980 über die Aner­ken­nung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts, das Unterhaltsvorschußgesetz 1985, das Rechtspflegergesetz, das Bundesgesetz zur Durchführung des Über­ein­kommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte inter­nationaler Kindesentführung, das Kartellgesetz 1988, das Jugendwohlfahrts­ge­setz 1989, das Kärntner Erbhöfegesetz 1990, das Auslandsunterhaltsgesetz, das Firmen­buch­gesetz und das Bundesgesetz zur Umsetzung der Richtlinie 93/7/EWG über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates


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der Europäischen Gemeinschaft verbrachten Kulturgütern geändert werden (Außerstreit-Begleitgesetz – AußStr-BegleitG) (269 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (249 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem im Zusammenhang mit der Neuordnung des Außerstreit­ver­fahrensrechts das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Woh­nungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heizkostenabrechnungsgesetz, das Richt­­wertgesetz, das Sportstättenschutzgesetz, das Landpachtgesetz, die Exe­ku­tions­ordnung und das Rechtsanwaltstarifgesetz geändert werden (Wohn­recht­liches Außerstreitbegleitgesetz – WohnAußStrBeglG) (270 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 3 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. Wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Bures. Sie wünscht, 7 Minuten zu uns zu sprechen. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


9.55

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister – er war gerade noch hier. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir behandeln heute unter dem Justizkapitel das Außerstreitgesetz, das Außerstreit-Begleitgesetz und das Wohn­rechtliche Außerstreitgesetz, auf das ich später noch zurückkommen möchte, weil gerade das Wohnrechtliche Außerstreitgesetz verheerende negative Auswirkungen für Mieterinnen und Wohnungseigentümer hat. (Unruhe im Saal.)

Ich möchte zuerst zum Stammgesetz Stellung nehmen, und zwar auch deshalb, weil es sich beim Stammgesetz erfreulicherweise um eine Regelung handelt, die ver­gleichsweise eher eine Konsensmaterie darstellt. Das neue Stammgesetz entspricht nämlich den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention. Es kann einige Regelungen ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Bitte, der Geräuschpegel ist wieder zu hoch – und es ist absolut unhöflich, der Rednerin zehn Rücken in diesem Haus zuzuwenden! Ich bitte um etwas mehr Respekt!

Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Ich danke Ihnen, Herr Präsident! – Mit dieser gesetzlichen Regelung werden, wie gesagt, einige Bestimmungen klarer definiert, weil es dadurch auch zu Bestimmungen kommt, die das Beweisverfahren und das Rechts­mittelverfahren betreffen.

Ich bin auch sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, da heute einen Vier-Parteien-Entschließungsantrag einzubringen, der den Justizminister verpflichtet, über die Hand­habung der neuen Kostenersatzbestimmungen des § 78 Außerstreitgesetz bis Mitte 2007 dem Hohen Haus zu berichten und diese einer Evaluierung zu unterziehen.

Dieser gemeinsame Entschließungsantrag, über den ich mich sehr freue, führt auch dazu, dass es meiner Fraktion möglich ist, diesem Stammgesetz die Zustimmung zu geben. Wir werden der Entschließung und dem Gesetz die Zustimmung geben. Ich gehe davon aus, dass es zu den mittlerweile seltenen Gesetzesmaterien gehört, bei denen es Konsens in diesem Haus gibt.


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Ganz anders ist der Sachverhalt beim Wohnrechtlichen Außerstreitgesetz, weil es dort in der Vergangenheit bewährte Sonderregelungen gegeben hat, die heute durch die Vorlage des Justizministers verändert werden sollen. Es soll im Verfahren rund um wohnrechtliche Fragen ein Kostenersatz, ähnlich wie es im streitigen Verfahren ist, eingeführt werden. Es wird damit sozusagen zu einer Kostenersatzpflicht kommen.

Unserer Einschätzung nach führt das eindeutig dazu, dass die Rechtspflege sozu­sagen einen großen Rückschritt erleiden wird. Es führt dazu, dass es ein sehr bewähr­tes System, nämlich einen formlosen, kostengünstigen Rechtszugang für Hilfesuchen­de und Rechtsuchende, in Zukunft auf Grund der Vorlage des Justizministers Böhm­dorfer leider nicht mehr geben wird.

Die Neuregelung bedeutet daher eine völlig unnötige Verteuerung und Behinderung der Rechtsdurchsetzung und natürlich auch eine massive Verschlechterung für die Rechts­durchsetzung von Mietern und Wohnungseigentümern.

Ich möchte heute auch ein bisschen im Detail erklären, worum es hier geht, weil ich denke, dass es eine zu wichtige Materie, um einfach nur drüberzufahren. Auch des­halb, weil wir im Mai 2003 hier im Hohen Haus noch ein neues Mediationsgesetz be­schlossen haben, wo auch Sie, Herr Bundesminister, in höchsten Tönen davon ge­sprochen haben, wie wichtig es ist, dass Streitigkeiten effektiver und kostengünstig geschlichtet werden, dass es Ziel der Justizpolitik sein muss, die Verfahrensdauer zu verkürzen und geringe Kosten zu haben.

Sie haben das vor sechs Monaten im Zuge des Mediationsgesetzes noch hoch be­jubelt, umso bedauerlicher ist es, dass Sie im wohnrechtlichen Teil des Außerstreit­gesetzes den entgegengesetzten Weg gehen wollen, nämlich einen Weg, der zu hö­heren Kosten und einem hohen Prozessrisiko führt und der dazu führen wird, dass Wohnungseigentümer und Wohnungsmieter von ihrem Recht in Wirklichkeit fernge­halten werden.

In Zukunft müssen Wohnungsmieter und Wohnungseigentümer eben mit einem hohen Prozessrisiko rechnen. Wir haben ein bewährtes System gehabt, das Sie jetzt plötzlich völlig verändern wollen. Sie wollen ohne ersichtlichen und nachvollziehbaren Grund den Rechtszugang für viele Bürger in Österreich erschweren.

Herr Bundesminister! Das sage nicht nur ich als eine, die natürlich dafür bekannt ist, dass sie auf Seiten der Mieter steht – wie ja überhaupt die Sozialdemokratie auf Seiten der Mieter steht –, sondern diese Kritik wird breit geteilt. Das ist nicht nur die Kritik der Op­position, über die Sie sowieso gerne drüberwischen, sondern wenn Sie sich die Stellungnahmen zu Ihrem Entwurf ansehen, dann sehen Sie, dass es eigentlich fast ausschließlich Kritik an dieser Vorlage gibt, ob es der Oberste Gerichtshof ist, ob es das Bundeskanzleramt ist, ob es die niederösterreichische Landesregierung, die Salz­burger Landesregierung, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist. Eine ganze Plattform, gebildet von Caritas, Volkshilfe, Wohnungseigentümergemeinschaften, hat sich gebildet, um Ihnen aufzuzeigen, dass Sie mit dieser Vorlage den völlig falschen Weg gehen und dass Sie in Wirklichkeit mit dieser Vorlage nur eines im Sinn haben, nämlich die Mieterrechte auszuhöhlen.

Ich möchte aus einer dieser Stellungnahmen zitieren, Herr Bundesminister. Ich hoffe, dass Sie als Justizminister dem Obersten Gerichtshof Glauben schenken, der, was die Frage der Kostenpflicht in Zukunft betrifft, in seiner Stellungnahme sagt – ich zitiere –: Die vorgeschlagene Variante würde demgegenüber zu einer gravierenden Aushöhlung des Mieterschutzes führen. – Das heißt, selbst der OGH sagt in seiner Stellungnahme, das, was Sie in diesem Haus heute beschließen wollen, ist eine gravierende Aushöh­lung des Mieterschutzes und geht zu Lasten der Wohnungseigentümer und -mieter in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)


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Man könnte sich natürlich fragen, wenn es eigentlich überhaupt keine positive Stellung­nahme zu Ihrem Entwurf gibt, außer jener der Immobilienverwaltungen: Warum tun Sie das, Herr Justizminister? Warum wollen Sie dieses Gesetz mit diesen drohenden Ver­schlechterungen und bei so massiven Bedenken durchdrücken?

Herr Bundesminister! Ich habe mir Ihre Stellungnahmen in den letzten Tagen ange­sehen und komme immer mehr zu dem Schluss, dass Sie offenbar ein völlig verzerrtes Bild vom Staatsbürger haben. Sie sprechen vom Staatsbürger als potentiellem Que­rulanten, von den sekkanten Mietern. Das ist offensichtlich Ihr Bild von österreichi­schen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die auf Rechtshilfe angewiesen sind. Dieses Bild führt offensichtlich auch dazu, dass Sie den Weg zum Recht für Menschen, die sich vielleicht nicht in Ihrer Einkommenskategorie finden, tatsächlich erschweren wollen. Natürlich wollen Sie auch jenen Interessenvertretungen Schaden zufügen, die sich auf die Seite der Mieter und Wohnungseigentümer stellen, was meiner Auffassung nach aber nicht aufgehen wird.

Herr Bundesminister! Das ist eine höchst zweifelhafte Haltung, die Sie einnehmen, zweifelhaft vor allem für einen Justizminister, denn wie kann ein Justizminister eine Gesetzesvorlage zum Beschluss einbringen, die in Wirklichkeit dazu führt, dass stillschweigend überhöhte und rechtswidrige Mieten, überhöhte und rechtswidrige Abrechnungskosten de facto legalisiert werden?

Sie sagen immer, es muss ja dann der, der Recht bekommt, keine Anwaltskosten bezahlen. Sie versuchen mit diesem vorgeschobenen Argument völlig vom Tisch zu wischen, dass es gerade bei wohnrechtlichen Fragen immer ein Prozessrisiko gibt, dass es für Mieter auf Grund Ihrer mietrechtlichen Regelungen immer schwierig ist, festzustellen, wie sich die Miete eigentlich zusammensetzt. Es ist bei wohnrechtlichen Fragen das Problem, dass das Prozessrisiko so gut wie gar nicht abzuschätzen ist, und daher bleiben die Mieter zumindest zum Teil auf den Rechtsanwaltskosten sitzen.

Wir haben in Österreich keine klaren, nachvollziehbaren Mietzinsobergrenzen – es wä­re gut, wenn wir uns hier im Haus dazu durchringen könnten –, sondern wir haben eine Mietzinsbildung, die derartig komplex und kompliziert ist, dass drei Sachverständigen­gutachten zu einem Fall drei unterschiedliche Mietenhöhen ergeben. Daher kann ei­gentlich kein Mieter nachvollziehen, ob seine Miete den gesetzlichen Bestimmungen entspricht oder nicht.

Herr Bundesminister, wenn Sie beweisen wollen, dass Ihr Argument stimmt – es gibt eh so gut wie kein Prozessrisiko, die Mieter müssen sich nicht fürchten, sich einen Kredit aufnehmen zu müssen, um Rechtsanwälte bezahlen zu können, weil es eh so einfach ist festzustellen, wie hoch die Miete ist –, dann möchte ich Sie als Rechts­anwalt und natürlich auch als Justizminister dazu einladen, mir in diesem konkreten Fall zu sagen – ich habe einen Mietvertrag mit, wo die Mietzinshöhe umstritten ist –, wie hoch das Prozessrisiko, die Kosten und das Kostenrisiko für diese Mieterin sind. Sie haben ja heute am Vormittag sozusagen dazwischen Zeit – Sie arbeiten ja jetzt auch Ihre Unterlagen durch –: Nehmen Sie sich die Zeit, arbeiten Sie diesen Miet­vertrag durch, und sagen Sie mir klar, wie hoch die gesetzliche Miete nach diesem Mietvertrag ist! Ich bin auf Ihre klare Antwort schon sehr gespannt. (Abg. Bures übergibt dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Böhmdorfer be­sag­ten Mietvertrag. – Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck – in Richtung der Abg. Bures –: Tragen Sie es zur Mietervereinigung!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. (Abg. Bures: Herr Präsident! Ich habe meine Rede noch nicht beendet!) – Ah, Sie haben die Rede noch nicht beendet? Entschuldigen Sie!

 



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Abgeordnete Doris Bures (fortsetzend): Ich habe die Rede deshalb noch nicht beendet, weil ich dem Herrn Bundesminister auch noch sagen möchte, was sich hinter seiner Gesetzesvorlage versteckt. Wir haben in Österreich zwei Millionen Miet- und Woh­nungseigentumsverhältnisse. Es sind 4,3 Millionen Menschen, die von dieser Gesetzeslage negativ betroffen sind, denen durch Ihre Vorlage, die ÖVP und FPÖ womöglich auch beschließen werden, der Rechtszugang erschwert wird, die dadurch ein Kostenrisiko haben. Illegale Abrechnungen werden durch diesen Beschluss lega­lisiert. Das ist eine Vorgangsweise, die von der Sozialdemokratie abgelehnt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fekter zu Wort. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.07

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Und auch die Zuhörer auf der Galerie seien begrüßt. Die Tagesordnungspunkte 1 bis 3, nämlich Außer­streit­gesetz, Außerstreit-Begleitgesetz und Wohnrechtliches Außerstreitbegleitgesetz, stel­len eine Jahrhundertreform dar, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieses Pa­ket ist die größte Reform, die wir im Justizbereich jemals beschlossen haben! (Beifall bei der ÖVP.)

Nach der Zivilprozessreform und nach dem strafrechtlichen Vorverfahrensreformpaket, das ja im Unterausschuss ist, bekommen wir mit dem heutigen Reformwerk eine mo­derne Verfahrensordnung für die allermeisten Fälle, bei denen Bürger mit dem Gericht zu tun bekommen. Quantitativ ist das Außerstreitverfahren wesentlich bedeutender als der Strafprozess. Trotz der medialen Nebenbühnen, bei denen der Herr Minister ge­legentlich Kritik erntet, hat sich Minister Böhmdorfer mit den Reformumsetzungen be­reits jetzt als Justizreformer, als Justizreformminister in die Geschichtsbücher einge­tragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieses Jahrhundertwerk – Jahrhundertwerk deshalb, weil es immerhin die Vorschriften aus dem Jahr 1854 ersetzt – wurde im Ressort jahrelang vorbereitet, und ich bedanke mich für die hervorragende Vorarbeit, die es uns Abgeordneten leicht gemacht hat, das Gesetz ohne Abänderungsantrag beschließen zu können. Ein besonderer Dank gilt hier Frau Dr. Kloiber, die dieses Werk begleitet hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

Das Außerstreitpaket ist ein Dienstleistungsgesetz für die Bürger. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darin werden in Verfahrensregelungen und auch in Detailma­te­rien­regelungen Erbschaftsangelegenheiten, die einvernehmliche Scheidung, Unter­halts­ansprüche, Mietrechtsansprüche, wie Kollegin Bures ausgeführt hat, Vaterschafts­klagen, Adoptionsverfahren, Obsorgeregelungen, Sachwalterregelungen, das Eisen­bah­n­en­teignungsgesetz, Grundbuchangelegenheiten und noch vieles mehr geregelt.

Mit diesem Gesetz soll der Bürger rasch, bürgerfreundlich und vor allem effizient bei Gericht zu Recht kommen, und vor allem soll damit gleichzeitig auch die Gerichts­belastung etwas vermindert werden. Wir hatten ja einen Aktionstag, an dem sich die Richter über die hohe Belastung, die sie haben, beklagt haben.

Lassen Sie mich zu zwei Punkten dezidiert Stellung nehmen.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es bei der Scheidung Anwaltszwang für beide Teile. Dies deshalb, damit beide Partner gleichzeitig gleichwertig vertreten sind und nicht ein Partner unvertreten über den Tisch gezogen wird. Diese Regelung schützt meist die Frauen, die sich keinen Anwalt leisten oder den Anwalt des Mannes bei


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Gericht mithaben. Dr. Böhmdorfer hat einen ähnlichen Vorschlag auch für Österreich eingebracht und reflexartig sofort Kritik geerntet. Meiner Meinung nach war diese Kritik unsachlich und vorschnell, weil wir nämlich sehr häufig den Fall haben, dass un­ver­tretene Frauen bei der Scheidung im Einvernehmen Unterhaltsverzichte eingehen, Zugeständnisse machen und erst viel später die Tragweite dessen erkennen.

Daher haben wir, weil die professionelle Vertretung politisch abgelehnt worden ist, jetzt in dieses Gesetz eine Aufklärungspflicht des Richters mit aufgenommen. Er soll sich ein Bild von den Kenntnissen des unvertretenen Partners machen. Er soll dann diesen Partner auf die Scheidungsfolgen dezidiert aufmerksam machen, insbesondere auf so­zialversicherungsrechtliche Folgen, kreditrechtliche Folgen, aber auch darauf, was es bedeutet, auf den Unterhalt zu verzichten.

Diese Aufklärungspflicht des Richters ist eine Schutznorm, die von uns besonders begrüßt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es freut mich, dass der überwiegende Teil der Reform die Zustimmung aller Fraktionen finden wird – kontroversiell ist lediglich der wohnrechtliche Teil. Dazu wird insbeson­dere noch Kollege Tancsits für die ÖVP Stellung nehmen. Ich möchte aber ausdrück­lich betonen, dass es eine gerechte Lösung ist, wenn der Recht Bekommende auch die Kosten des Verfahrens ersetzt bekommt. Immerhin hat er seine Ansprüche zu Recht geltend gemacht, und es ist nicht einzusehen, warum ein Mieter, der zu Recht etwas eingeklagt oder eingebracht hat, das auf eigene Anwaltskosten tun soll.

Die Kritik des OGH, welche Kollegin Bures angeführt hat, nehmen wir selbst­ver­ständ­lich sehr ernst, und wir haben auch die Kritik der anderen Organisationen sehr genau gelesen. Daher haben wir nach der Begutachtung, nachdem diese Kritik angekommen ist, eigens eine neue Billigkeitsregelung bei der Kostenteilung aufgenommen und damit diesen Bedenken Rechnung getragen.

Ich glaube, dass dieses Reformwerk ein sehr gelungenes ist, und ich bin stolz, im Justizausschuss diese Reformkonzeptionen des Herrn Ministers begleiten zu dürfen und bei dieser Reformepoche in der Justiz dabei zu sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­ge­ordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. Herr Kollege, Sie kennen die Geschäfts­ordnung: Sie stellen den zu berichtigenden Sachverhalt dar und dann den richtigen – und: keine politischen Werturteile! (Abg. Scheibner – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Dr. Puswald –: Heute ganz in Schwarz!)

 


10.14

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Heute ganz in Schwarz, für die Herr­schaften (in Richtung ÖVP weisend), für die das ja passend ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es freut mich immer wieder, wenn ich bei den Damen Anklang finde. Ich danke herzlich! (Abg. Dr. Fekter: Tatsächliche Berichtigung!)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Frau Dr. Fekter hat gerade über diese Außerstreitgesetz-Novelle gesagt, es handle sich dabei um die größte Reform, die es im Justizressort jemals gegeben hätte. – Diese Aussage ist falsch! (Abg. Scheib­ner: Das ist ja keine tatsächliche Berichtigung! Das geht nicht! Das ist eine politische Wertung!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Das ist keine tatsächliche Berichtigung, Herr Abgeordneter!

 



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Abgeordneter Dr. Christian Puswald (fortsetzend): Richtig ist, dass die völlige Neu­ordnung des Strafrechtes und des Ehe- und Familienrechtes unter Kreisky und Broda in den siebziger Jahren ein weit größeres Reformwerk war, an das diese Novelle nicht annähernd heranreicht. (Beifall bei der SPÖ.)

10.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Ich erteile Ihnen einen Ordnungs­ruf für eine vorsätzlich falsche tatsächliche Berichtigung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Den Vorsatz bitte mir zu bewei­sen, Herr Präsident! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschgemäße Redezeit: 7 Mi­nu­ten. – Bitte.

 


10.15

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Dass man einen Ordnungsruf bekommt wegen einer tatsächlichen Berichtigung (Abg. Dr. Fekter: Das war keine!), die etwas großzügig ausgelegt wird, ist auch für mich eine Neuheit, obwohl ich schon mehrere Jahre hier in diesem Hohen Haus verbracht habe. – Aber nun zur Sache.

Herr Minister Böhmdorfer! Meine Damen und Herren! Das Entscheidende bei dieser heu­tigen großen so genannten Justizreform ist meines Erachtens die Tatsache, dass ein jahrelanger, vielleicht sogar ein zehn Jahre langer Prozess, der sehr wohl unter Herrn Justizminister Michalek beinahe abgeschlossen war, heute von meiner Vorred­nerin als das Werk von Herrn Minister Böhmdorfer dargestellt wird.

Frau Kollegin Fekter, lesen Sie nach, lernen Sie Geschichte, Justizgeschichte! Bitte, das ist nicht das Werk des Herrn Ministers Böhmdorfer, sondern das ist die jahrelange korrekte, sehr intensive Arbeit der Fachbeamten im Ressort, und dafür müssen wir uns auch bedanken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) – Frau Kollegin, was aber das Werk des Herrn Ministers Böhm­dorfer ist, das ist ein Zurückschrauben eines rechtlichen Reformprozesses der Zwi­schenkriegszeit. Herr Minister Böhmdorfer hat innerhalb relativ kurzer Zeit zur Regie­rungsvorlage vom 30. September, die dann am 22. Oktober dem Parlament übermittelt worden ist, Änderungen auf den Tisch gelegt, die einen Rückschritt sondergleichen in der österreichischen Rechtskultur bedeuten, nämlich jene Änderungen, die sich auf das Wohnrechtliche Außerstreitbegleitgesetz beziehen.

Es geht hier um Änderungen, die eine Qualität des österreichischen Rechtssystems aus­höhlen, unterminieren, ja den Zugang zum Recht für eine breite Schicht der Be­völkerung – und die Mehrzahl der Österreicher und Österreicherinnen sind MieterIn­nen – erschweren. Es ist nicht die Diskussion darüber zu führen, ob jemand, der in einem Zivilprozessverfahren siegt, dadurch die Kosten nicht zahlen muss, das ist nicht der Punkt, sondern der Punkt ist der, dass sich jeder traut, sich an Gerichte zu wen­den, dass sich jeder das Risiko eines Prozesses einzugehen traut. Das ist jetzt in Gefahr, denn das tatsächliche Problem besteht darin, dass diejenigen, die nicht viel verdienen und das Prozesskostenrisiko auch nicht abschätzen können, von vornherein auf ihren Zugang zum Recht verzichten.

Das ist unser großer Kritikpunkt gegenüber dem Herrn Minister Böhmdorfer, der hier Änderungen vorgenommen hat, die wirklich einen Großteil der Bevölkerung betreffen und auf der anderen Seite eine relativ kleine Schicht bevorzugen. Wer wird denn be­vorzugt durch diese Änderung? – Eindeutig diejenigen, die es sich besser richten kön­nen, die in besseren materiellen Verhältnissen leben, mehr materiellen Rückhalt ha-


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ben – das sind die Hausbesitzer. Und die zweite Gruppe, die daran verdient, weil sie jetzt mehr Arbeit hat, die auch konkret bezahlt wird, sind natürlich die Rechtsanwälte. Gegen solche Umverteilungsmechanismen über Justizreformen wenden wir uns ganz, ganz entschieden, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Dafür sind mir nämlich wirklich sowohl der Rechtsstaat als auch das Justizwesen viel zu wichtig und viel zu wesentlich, als dass es so instrumentalisiert wird.

Herr Minister, Sie werden sich ja zu Wort melden und Ihre Argumente vortragen. Ich argumentiere ja gerne mit Ihnen und habe mir deshalb schon im Vorfeld Ihren Beitrag aus der „Kronen Zeitung“ organisiert, um darauf vorweg eingehen zu können. Sie sa­gen ja immer, es sei ungerecht, dass derjenige, der siegt, jetzt womöglich auch zahlen muss. Ich sehe es als ungerecht an, dass derjenige, der sozusagen darunter leidet, dass er bei den Mietverträgen oder bei der Betriebskostenabrechnung eventuell etwas Falsches vorgeschrieben bekommt, sich gar nicht mehr traut, den Rechtsweg zu beschreiten, weil er ja nicht weiß, ob er sich durchsetzen wird oder nicht. Sie wissen es ja selbst – auch meine Kollegin Bures hat es sehr deutlich herausgestrichen –, das Mietrecht ist überhaupt das komplexeste, komplizierteste und vielschichtigste Rechts­system, das sowieso nur mehr im Expertenkreis einigermaßen rezipiert werden kann.

Es kann doch niemals ein einfacher Mieter, eine einfache Mieterin von sich aus ent­scheiden. Wenn sie entscheiden wollen, müssen sie sofort einen Rechtsanwalt beizie­hen, aber der kostet. – Das ist das Problem.

Ihr zweites Argument – dem ich auch gleich vorweg etwas entgegenhalten möchte – ist das Argument, dass die MieterInnen praktisch gezwungen sind, bei Mieterschutz­verei­nen Mitglied zu werden, damit sie in einem Schlichtungsverfahren vertreten werden. – Das ist eben ein Grundprinzip im Versicherungswesen: dass ich dann versicherungs­mäßig abgedeckt bin, wenn ich eine Versicherung eingehe.

Als Mieterin ist es mir immer noch lieber, ich habe eine Vereinigung, die sich für meine Interessen einsetzt, und die Entwicklung nimmt für mich einen kostenmäßig günstige­ren Verlauf, als ich gehe das Risiko ein, dass ich in einem Prozess lande, dessen Kosten nicht absehbar sind.

Ich möchte Ihnen auch die Kosten deutlicher darstellen. Es gibt Fallbeispiele von der Ar­beiterkammer, es gibt Fallbeispiele auch von Mieterschutzvereinigungen: Mietzins­überprüfung. Jetzt belaufen sich die Kosten auf 266 €. In Zukunft kann es passieren, dass die Sachverständigenkosten und insgesamt die Rechtsanwaltskosten einen Anteil von 1 550 € ausmachen. – Das ist mehr als eine Verdoppelung bei der Mietzinsüber­prüfung. (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Betriebskostenüberprüfung: Jetzt belaufen sich die Sachverständigenkosten auf unge­fähr 900 €. In Zukunft kann es passieren, dass derjenige, der verliert, vielleicht sogar zu Unrecht verliert – ich sage: vielleicht –, über 4 731 € ... (Abg. Neudeck: Also jetzt stellen Sie aber alles in Frage! Was heißt: „zu Unrecht verliert“?) Ich habe gesagt: vielleicht. Ich habe immerhin darauf hingewiesen, dass der Sachverständigenbereich ein sehr ausgedehnter ist, weil das Mietrecht sehr kompliziert ist.

Noch einmal: In Zukunft können die Sachverständigenkosten mehr als 4 730 € ausma­chen. – Das ist mehr als eine Vervierfachung!

In diese Richtung geht Ihre Regelung bei diesem Wohnrechtlichen Außerstreit­begleit­gesetz. Aber das wollen wir nicht einfach nur hinnehmen, sondern das gehört argu­mentativ ausgehebelt und das gehört auch politisch massiv bekämpft. Ich sehe wirklich nicht ein, dass wir gerade im Außerstreitgesetz, das insgesamt auf einem guten Kon­sens basiert und mit dem gute Regelungen erzielt worden sind, durch diese massiven


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Interventionen von Seiten des Herrn Ministers Böhmdorfer einen schlechteren Zustand haben sollen als vorher.

Dass unserem Argument eine breite Öffentlichkeit Recht gibt, dass unserem Argument und unserer politischen Herangehensweise eine breite Unterstützung zuteil wird – vom Obersten Gerichtshof, von der Caritas, von allen Mieterschutzverbänden –, das zeigen auch die Reaktionen in den Zeitungen. Es wird auch formuliert: illegale Abrechnungen de facto legalisiert. – Das ist das Werk von Herrn Minister Böhmdorfer, das von Ihnen heute – leider – abgesegnet und beschlossen wird. Dagegen verwahren wir uns ganz massiv! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.23

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich finde es eigentlich bestürzend und auch empörend, wie man hier versucht, an und für sich gute Regelungen, ein Reformprojekt absichtlich falsch darzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Bures arbeitet mit Unterstellungen wie: Die Mieter werden von ihren Rechten fern gehalten. Nur eines hat der Minister im Sinne, nämlich die Mieterrechte auszuhöhlen. Den Interessenvertretungen soll Schaden zugefügt werden. – Das ent­behrt doch wirklich jeder sachlichen Grundlage, was Sie da behaupten.

Frau Abgeordnete Moser, wenn Sie meinen, die Zeitungen hätten im Sinne von Ihnen und von Frau Abgeordneter Bures geschrieben, dann nur deshalb, weil sie falsch infor­miert worden sind. Sie haben auch die Zeitungen falsch informiert, indem Sie gesagt haben, das Verfahren vor den Schlichtungsstellen werde in Zukunft etwas kosten, auch die Kostentragungspflicht werde sich ändern. – In Wirklichkeit ändert sich überhaupt nichts im Schlichtungsverfahren! Sie haben falsch informiert, und dann sagen Sie, die Medien berichten in Ihrem Sinne. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber das gehört alles zu Ihrer Verunsicherungspolitik; auch das hier wieder. Sie betrei­ben in vielen Ressorts eine Verunsicherungspolitik, sei es im Sozialbereich, sei es im Gesundheitsbereich, und das setzen Sie hier fort. Sie wollen die Menschen absichtlich verunsichern. Offensichtlich fühlen Sie sich wohl dabei, wenn die Leute Angst haben. Ich würde Sie wirklich bitten, den Leuten nicht Angst zu machen, sondern sie objektiv zu informieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Bures, es ist doch wirklich unseriös, was Sie machen. Sie be­haupten kühn in einer Zeitung, dem „Wiener Bezirksblatt“: „Böhmdorfer bittet Mieter zur Kasse.“ (Abg. Dr. Fekter: Eine Unterstellung ist das!) – Sie stellen es so dar, als ob der Mieter in jedem Fall bezahlen müsste, als ob der Mieter auf alle Fälle zur Kassa gebe­ten würde. Das ist doch wirklich nicht fair, Frau Abgeordnete Bures.

Wenn es nicht zu einem Ordnungsruf hier im Parlament führen würde, würde ich sa­gen: Sie lügen die Mieter mit Absicht an, Frau Abgeordnete Bures! – Ich weiß nicht, geht es Ihnen wirklich um die Mieter? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Ihnen um die Mieter geht!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete! Nehmen Sie den Vorwurf bitte zu­rück. Sie haben ihn indirekt gemacht. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich habe keinen Vorwurf ge­äußert, sondern ich habe gesagt, das zu sagen, sei ohnehin verboten, folglich sage ich


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es nicht. – Aber es ist reine Unwahrheit, Frau Abgeordnete Bures! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Bures, Ihre gesamte Verhaltensweise erweckt in mir den Anschein, als gehe es Ihnen gar nicht um die Menschen. Offensichtlich geht es Ihnen um die Inter­essen der Gemeinde Wien als größtem Hauseigentümer, der unter Umständen zur Kasse gebeten wird, wenn er ein Verfahren verliert. – So scheint Ihre Interessenlage zu sein. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: So schaut es aus!)

Sie schreiben weiter: „Es drohen allen Mietern hohe Rechtsanwaltskosten.“ Und wie­ters: „Bald schon könnte ein Verfahren Tausende Euro kosten – selbst dann, wenn der Mieter Recht bekäme.“ (Abg. Scheibner: Für die Gemeinde!) – Woher haben Sie das eigentlich? (Abg. Dolinschek: Das ist eine Frechheit! Eine Frechheit sondergleichen! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist unerhört! – Abg. Scheibner: Pure Polemik von der Op­position! Sie verängstigen die kleinen Mieter!) Haben Sie das Gesetz nicht gelesen? Ich habe angenommen, dass die Mitglieder des Justizausschusses wenigstens Min­destkenntnisse über dieses Gesetz haben. Aber bei Ihnen vermisse ich jedwede Kennt­nis des Gesetzes, meine sehr geehrten Damen und Herren! Falschinformationen von A bis Z! Ich würde Sie bitten, dass Sie das das nächste Mal in Ihrer Zeitung, dem „Wiener Bezirksblatt“, richtig stellen, Frau Abgeordnete Bures – Sie als Vertreterin der Mietervereinigung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie verschweigen den Mietern absichtlich, dass sie einen Kostenersatzanspruch ha­ben, wenn sie obsiegen, was eine tolle Neuerung gegenüber der bisherigen Situation ist. Denn worum geht es denn bei diesen Prozessen hauptsächlich? – Um Betriebs­kosten. Viele Mieter bestreiten die Betriebskosten, lassen sie durch Experten prüfen, und bisher gab es für sie selbst dann, wenn sie obsiegten, keinen Kostenersatz. – Jetzt werden die Kosten ersetzt! Das muss man doch wirklich als Vorteil hinstellen, anstatt zu sagen, dass die Mieter auf alle Fälle zur Kasse gebeten werden.

Fanden Sie es in Ordnung, dass die Mieter keinen Kostenersatz bekommen haben? Ist das Ihre Auffassung von Gerechtigkeit, Frau Abgeordnete Bures? Sie schreiben, dass sich viele Mieter wegen des hohen Kostenrisikos nicht mehr trauen würden, ihr Recht geltend zu machen. – Gerade bei den Betriebskosten lässt es sich relativ leicht abschätzen, ob die Prozesschancen gut sind oder nicht. Und wenn sie nicht gut sind, dann wird man eben den Ratschlag bekommen, auf keinen Fall einen Prozess zu wagen. Aber wenn die Prozesschancen gut stehen, dann hat man eben Anspruch auf Ersatz aller Kosten.

Ich meine, Sie sollten wirklich die Kirche im Dorf lassen, Sie sollten richtig informieren, anstatt die Menschen, die ohnehin Probleme haben, wenn sie ein Verfahren vor Ge­richt ins Auge fassen, noch zu verunsichern, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das neue Außerstreitverfahren wird mehr Gerechtigkeit bringen. – Das nehmen Sie einmal zur Kenntnis, Frau Abgeordnete Bures!

Gleichzeitig wird natürlich auch mutwillige Prozessführung hintangehalten oder ein­gedämmt werden. Darum geht es uns auch. Auch die Gemeinde Wien beispielsweise als Hauseigentümer hat sich auf Prozesse eingelassen, weil sie gewusst hat, dass es in Wirklichkeit kein Prozessrisiko gibt. – Das wird jetzt anders werden! Es werden nach wie vor Prozesse geführt werden, und es wird eine gerechte Aufteilung der Kosten ge­ben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben auch – ich habe es schon er­wähnt – verunsichert, indem Sie so getan haben, als ob sich das Verfahren vor der


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Schlichtungsstelle ändern würde, als ob da plötzlich neue Kosten entstehen würden. – Das ist falsch! Vor der Schlichtungsstelle hat sich überhaupt nichts geändert. Es kön­nen auch Kosten, die bei der Schlichtungsstelle entstanden sind, nicht ins Gerichts­verfahren übernommen werden.

Diesbezüglich bleibt alles unverändert. Nehmen Sie das zur Kenntnis, informieren Sie richtig, dann werden Sie den Menschen wirklich das Beste tun – nicht durch Ihre stän­digen Verunsicherungskampagnen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine notwendige Reform. Wie wir schon gehört haben, gibt es dieses Gesetz seit 1854, seit 30 Jahren läuft der Ge­setzwerdungsprozess, und jetzt hat es Herr Minister Böhmdorfer mit seinen Beamten endlich so weit gebracht, dass wir ein Außerstreitgesetz haben, das auch für die viel­fältigen Fälle, für die es ausgelegt ist, geeignet ist. Bisher waren die wenigen Bestim­mungen des Außerstreitgesetzes nicht ausreichend. Man musste immer wieder auf die Zivilprozessordnung zurückgreifen, man hatte kein geschlossenes Verfahren für diese wichtige Materie.

Ich denke, wie schon gesagt, Sie sollten sich noch ein bisschen mit der Materie be­fassen, Ihre Polemik außer Acht lassen, dann werden auch Sie mit uns zu dem Schluss kommen, dass wir hier einen wichtigen Reformschritt gesetzt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Bures zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit, zu berichtigender Sach­verhalt – richtiger Sachverhalt, ohne politische Wertung. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.32

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat behauptet, dass ich die Mieter durch meine Aussage, dass für sie durch diese gesetz­liche Regelung ein Kostenrisiko von 1 000 € besteht, falsch informiert hätte.

Ich berichtige tatsächlich: Es sind nicht nur 1 000 €, bei Hauptmietzinsüberprüfungen, bei Betriebskostenüberprüfungen, bei Investitionsersatzüberprüfungen werden die Mie­ter durch Ihre Regelungen mit mehreren 1 000 € getroffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Nehmen Sie endlich diese Verängstigungen zurück!)

10.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. 4 Minuten Wunschredezeit. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


10.32

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Ich frage mich, wenn ich Kollegin Partik-Pablé zuhöre: Wenn dieses Außerstreitverfahren als Rechtsfürsorge so unbestritten ist, weshalb ist es das einzige Verfahren, wo jetzt zusätzlich Kostenersatz eingeführt wird, zumal das bei anderen Rechtsfürsorgeverfahren, bei den Witwen und Waisen und so weiter, nicht mehr der Fall ist?!

Dieser neu eingeführte Kostenersatz im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren wird auch immer wieder damit begründet, dass dadurch mehr Gerechtigkeit vorherrschen soll. – Das ist doch eine sehr merkwürdige Gerechtigkeitsvorstellung, die Sie hier an den Tag legen, weil genau das Gegenteil der Fall ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Bisher war der Rechtszugang für so wichtige und sensible Fragen des Wohnens für alle Bevölkerungsschichten mit keinem Kostenrisiko verbunden, war einfach offen


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gestaltet, jeder kann – bis jetzt! – zu Gericht gehen. Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel im Zusammenhang mit Betriebskosten klar darlegen:

Ein Mietvertrag wird unterschrieben, die Mietzinshöhe ist mit 7 € vorgeschrieben, der Mieter meint, es sollten nur 4,5 € sein, geht zu Gericht und beantragt ganz einfach: 4,5 € sollte die Miete sein! Das Gericht kommt nach längerem Nachdenken und nach Abwägung der Sachlage zu der Lösung, dass 5,55 € als rechtmäßige Miete anzusehen sind. – Das heißt, es ist doch so, dass der Mieter in diesem Gerichtsverfahren zwar Recht bekommen hat, aber nicht überwiegend obsiegt hat. Er hat nur zur Hälfte ge­wonnen und muss daher auch die Hälfte der Prozesskosten tragen.

Und genau das ist das Problem: dass es bei solch einem Verfahren nie einen hun­dertprozentigen Sieg gibt. Dieses mietrechtliche Verfahren führt immer nur zu einer Lösung der Probleme.

Dem Mieter wird jetzt im neuen Außerstreitverfahren eine ganz präzise Formulierung abverlangt, mit der er zu Gericht gehen soll. Somit müsste er eigentlich schon vorher ein Gutachten erstellen und genau sagen, wie hoch die Miete sein muss, damit er gewinnt. – Das ist nicht möglich. Es wird auch vom Vermieter beim Mietvertrags­ab­schluss nicht verlangt, dass er schon im Voraus die Miete genau festlegt.

Das heißt, wenn der Mieter keine Kosten riskieren will, müsste er ein Gutachten er­stellen lassen, das bei anderen nicht verlangt wird. Das heißt de facto, dass das Über­prüfungsrecht der Mieter ad absurdum geführt wird. De iure bleibt es natürlich bestehen, aber de facto ist durch diese Einführung der Kostenersatzpflicht eine Unter­minierung des Mieterschutzes gegeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister Böhmdorfer! Für Verbesserungsvorschläge sind Sie an sich nicht sehr empfänglich, im besten Fall – so geschehen im Zusammenhang mit der Stellungnahme des OGH; Kollegin Bures hat ja die Stellungnahme des OGH vorgelesen – sagen Sie: Der OGH kann irren.

In der Debatte im Juni dieses Jahres zum Außerstreitrecht haben Sie die Mieter pau­schal diffamiert. Sie haben gesagt, diesen Asozialen müsse man einen Riegel vor­schieben. – Das ist sehr zynisch und beweist, wie verantwortungslos Sie sich eigentlich gegenüber rechtsuchenden Mietern verhalten.

Zusammenfassend kann man zu dem Gesetzentwurf Folgendes sagen: Freuen wer­den sich die Vermieter und Hausverwalter, denn diese haben ein ungleich gerin­geres Risiko als die Mieter. Es wird zu weniger Prozessen kommen. Freuen werden sich auch die Rechtsanwälte, denn diese werden viel mehr Fälle zu vertreten haben. Für die Mieter und die Wohnungseigentümer hingegen ist es ein sehr schwarzer Tag, und das sind immerhin fast 4,5 Millionen Menschen. Mit dem heutigen Tag wird, wenn dieser Gesetzentwurf beschlossen wird, der Mieterschutz für die Mieter und Woh­nungs­eigentümer zu Grabe getragen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundes­minister Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


10.37

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Präsident! Es sollte in der heutigen Diskussion nicht untergehen, dass es sich bei dem Außerstreitverfahren wirklich um einen großen Wurf handelt. Ich sage in einem Atemzug dazu, dass das nicht in den letzten Jahren gemacht wurde, dass es aber in den letzten Jahren vollendet wurde.


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Die Diskussion um die Reform des Außerstreitverfahrens hat bereits im Jahre 1973 begonnen, und Broda hätte sie durchaus mehr forcieren können, das sage ich ganz offen. Wir haben damals schon gewusst, dass wir ein neues Außerstreitgesetz brau­chen, ich gebe aber zu, dass das sehr schwierig war, und bestätige ausdrücklich, dass das nicht ein Minister allein zustande bringen konnte, sondern dass es sich natürlich um das Ergebnis einer legistisch hervorragenden Beamtenschaft handelt. Ich nehme den Dank für diese Beamten ausdrücklich und gerne entgegen. (Allgemeiner Beifall.)

Das Team um Sektionschef Dr. Hopf, Dr. Stabentheiner und Dr. Kloiber war hier feder­führend tätig. Nicht zum ersten Mal hat es seine Visitenkarte in diesem Haus abge­geben, und nicht zum ersten Mal konnten Sie sehen, wie objektiv und wie wissen­schaftlich diese Beamten tätig sind. Es freut mich, dass sie heute hier sind. (Allge­meiner Beifall.)

Wenn Sie mit Kennern der Materie über das alte Außerstreitgesetz, das aus dem Jahr ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß nicht, weshalb Sie die objektive Information nicht wollen. Ich sage es Ihnen noch einmal: Das alte Außerstreitgesetz stammt aus dem Jahr 1854, und wir haben natürlich viel Arbeit gehabt, um es von Grund auf zu erneuern. Es ist eines jener Gesetze, die von Grund auf zu erneuern waren, weil sie insgesamt nicht mehr den rechtsstaatlichen Kriterien von heute ent­sprochen haben.

Das beginnt beim Parteienbegriff, das setzt sich fort bei der Durchführung der Ver­handlungen, und vor allem – das möchte ich hier auch deponieren, Frau Abgeordnete Bures – gibt es in erster Instanz keine Vertretungspflicht. Jeder kann mit einer Person seines Vertrauens oder auch allein hingehen und wird dort sein Recht finden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir danken auch den Richtern, die hier großartig mitgearbeitet und viele Ideen einge­bracht haben, insbesondere Richter Dr. Fucik vom Oberlandesgericht Wien. Das muss auch einmal gesagt werden dürfen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP. – Abg. Bures: Und die Richter „bedanken“ sich auch bei Ihnen!)

Nun zur Frage, ob es einen Rückschritt gibt oder nicht. – Es gibt ihn selbstverständlich nicht. Kein einziges Gesetz und keine einzige Novelle, die wir gemacht haben, hat einen Rückschritt zu verantworten.

Wir haben, wie Sie, Frau Abgeordnete Bures und alle anderen, die sich dazu geäußert haben, möglicherweise wissen, im österreichischen Kostenrecht das Gerechtig­keits­prinzip. Das heißt: Wer in einem Verfahren obsiegt oder gewinnt, wie immer Sie es aus­drücken, bekommt seine Kosten vom Gegner im Verhältnis des Obsiegens ersetzt. Das ist gerecht, denn es ist nicht einzusehen, dass derjenige, der die Hilfe und die Tätigkeit des Gerichtes zu Unrecht in Anspruch nimmt, auch noch dadurch belohnt wird, dass das gratis geschieht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben bei Gerichtsverfahren in Mietrechtssachen und bei Verfahren vor der Schlich­tungsstelle natürlich im Auge gehabt, dass dieses Gerechtigkeitsprinzip zwar eingeführt wird, aber in einer Art und Weise, dass es insgesamt eine Verbesserung darstellt. Deshalb betone ich das, was schon Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé sehr deutlich gesagt hat: Vor der Schlichtungsstelle gibt es keine Änderungen, weder be­züglich der Existenz der Schlichtungsstelle noch in der Frage des Kostenersatzes! Hier gibt es keinen Kostenersatz, auch in Zukunft nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Mainoni: So ist es!)

Frau Abgeordnete Bures! Gehen Sie mit dem von Ihnen erwähnten Antrag zur Schlich­tungsstelle (Abg. Bures: Aber das ist doch so einfach, Herr Minister!), Sie werden


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dann eine entsprechende Auskunft bekommen. Ich nehme deshalb nicht darauf Bezug, weil Sie es unterlassen haben, den Fall ausreichend zu anonymisieren. Wenn ich darauf eingehe, weiß man, um wen es sich handelt. (Abg. Bures: Das sagen sie ja nur mir!) Dieses Präjudiz verlangen Sie bitte nicht von mir! Nehmen Sie das bitte zurück! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie von der Schlichtungsstelle keine Auskunft bekommen (Abg. Bures: Ge­stehen Sie ein, dass Sie nicht in der Lage sind!), dann gehen Sie zu einem der 3 600 österreichischen Rechtsanwälte. Die erste Auskunft dort ist gratis, sie wird ausreichen. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Bures: Das ist ja keine Schande! Das macht ja nichts!)

Nun zur Frage selbst: Was ist gerecht, was ist ungerecht? – Ich gebe Ihnen folgendes Beispiel: Ein Hauseigentümer oder Hausverwalter schreibt im Jahr 1990 – das ist eine hypothetische Jahreszahl – bestimmte Betriebskosten, zum Beispiel Liftreparatur­kos­ten, die er nicht verrechnen darf, zu Unrecht vor. Der Mieter geht zur Schlichtungsstelle und erhält dort Recht. Im nächsten Jahr aber schreibt der Hauseigentümer die Repa­raturkosten wieder – und natürlich wieder zu Unrecht – vor. (Abg. Neudeck: Das muss die Gemeinde Wien sein!) Der Mieter geht zur Schlichtungsstelle, das Verfahren wird ver­schleppt; es kommt zu einem Gerichtsverfahren, er kämpft sich durch und gewinnt neuerlich, muss aber seinen Aufwand wieder selbst bezahlen. Das kann sich dann in den Jahren 1993, 1994, 1995 neuerlich wiederholen.

Das ist ungerecht – es sei denn, er begibt sich in den Schutz einer Vorfeldorganisation einer politischen Partei beziehungsweise einer politisch orientierten Organisation, zum Beispiel der Mietervereinigung, deren Obfrau Sie, Frau Bures, ja sind. Das ist aber doch nicht notwendig. Warum drängen wir Leute auf der Suche nach ihrem Recht in politische Organisationen? Es soll jeder, der Recht bekommt, sich auch eines Rechts­anwalts bedienen dürfen, und nicht nur die Mietervereinigung, um sich vor Gericht durchkämpfen zu können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und tun Sie doch nicht so, als ob Sie für Ihre Tätigkeit nichts verlangen würden! Das stimmt nämlich nicht. Die Mieter zahlen Jahr für Jahr Beiträge, auch dann, wenn sie gar keinen Rechtsschutz benötigen. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Ge­ben Sie das Geld zurück, wenn der Mieter nichts beansprucht? – Ich glaube nicht! Sie vereinnahmen Gelder, für die Sie gar keine Gegenleistung erbringen, und das Jahr für Jahr, von jenen Mietern, die überhaupt keinen Rechtsschutz vor Gericht benötigen, weil die Hauseigentümer ohnedies korrekt abrechnen. Das muss auch gesehen wer­den! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Es gibt auch solidarische Beiträge, Herr Minister!)

Wenn Sie das Beispiel für Beispiel durchdenken, so werden Sie sehen, dass dieses Gesetz mehr Gerechtigkeit bringt. Warum sind denn die Mieterschutzverfahren so leicht zu beurteilen? – Weil die Hauseigentümer nach einem genauen Katalog – Punkt für Punkt, Ziffer für Ziffer – Euro für Euro in der Betriebskostenabrechnung zu Papier bringen und diese im Haus aushängen müssen, sodass jeder (Abg. Bures: Völlig falsch!) – zumindest jeder Fachmann – überprüfen kann, ob die Betriebskostenabrech­nung richtig oder falsch ist.

Wenn ich das überprüfen kann, dann weiß ich auch, ob ich vor Gericht gewinne oder unterliege. (Abg. Bures: Dann sagen Sie es mir in meinem Beispiel!) Deswegen sind diese Verfahren leicht zu prognostizieren, und deswegen ist es gar nicht notwendig, dass die Mieter ihr Geld Jahr für Jahr zur Mietervereinigung tragen. Es genügt viel­mehr, wenn sie einmal in fünf Jahren einen Anwalt bezahlen und dieses Geld dann, wenn sie gewinnen, vom Gegner sogar ersetzt bekommen. Das ist Gerechtigkeit, und


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das wollen wir haben! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Krainer: Unwahrscheinlich!)

10.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.46

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn es ein Gebiet, eine politische Materie gibt, wo die Erstarrung und Rückwärtsverliebtheit der SPÖ geradezu symbolhaft zum Ausdruck kommt (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen), dann ist es das Miet- und Wohnrecht. Ich werde trotzdem versuchen, sachlich auf diese not­wendige Reform des Außerstreitverfahrens im Wohnrecht einzugehen.

Natürlich ist die gesamte Wohnbevölkerung – Mieter, Vermieter – potentiell davon be­troffen, und natürlich ist daher der freie Zugang, der barrierefreie Zugang zum Recht für alle hier ein besonderes Anliegen. Und dafür wurden nicht nur Vorkehrungen ge­troffen, sondern es gibt auch eindeutige Verbesserungen im Verhältnis zur Rechtslage von 1922, der Frau Kollegin Moser nachgeweint hat.

Erstens: Der Zugang zur Schlichtungsstelle bleibt kostenfrei.

Zweitens: Die Kosten des Verfahrens und der Vertretung im Verfahren können dem Obsiegenden in Zukunft ersetzt werden. Dies ist allerdings keine starre Bestimmung, sondern vom Richter nach Billigkeit zuzumessen. Das heißt: Ein sozial Schwacher, der falsch informiert wurde, aber nicht bei einer Mietervereinigung ist, wird beim ersten Versuch wahrscheinlich keine Kosten zu tragen haben, sehr wohl aber derjenige, der schon bisher und bewusst die Kostenfreiheit zur Rechtsbeugung und zum eigenen Nutzen in Anspruch genommen hat.

Ein Beispiel: Bisher war es einem Wohnungseigentümer, der die Heizkosten­abrech­nung etwa einer größeren Anlage durch einen Ziviltechniker überprüfen hat lassen, nicht möglich, diese Kosten von der Hausverwaltung ersetzt zu bekommen. Bisher war es einem Mieter, der eine Nutzflächenfeststellung überprüfen hat lassen, weil sie falsch war – wie es übrigens die Gemeinde Wien vor allem in ihren Bauten aus den fünfziger und sechziger Jahren flächendeckend gemacht hat –, nicht möglich, die Kosten für dieses Verfahren zurückzubekommen. Er hat nur dann eine Chance darauf gehabt, wenn er Mitglied einer diese Versicherungsfunktion wahrnehmenden Mietervereinigung war.

Und das, Frau Kollegin Bures, werfe ich Ihnen vor, nicht, dass Sie in bestimmten Rechtsfragen anderer Ansicht sind. Sie stellen hier Ihr Privatinteresse an der österreichischen, an der sozialistischen Mietervereinigung eindeutig über die Inter­es­sen der rechtsuchenden Bevölkerung. Das lehnen wir ab, und das verbessern wir mit diesem Gesetzesbeschluss. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Ein zweites mir wichtiges Anliegen in diesem Wohnrechtlichen Außerstreitbegleitgesetz ist der Ersatz eines vorläufigen, unstrittig zu stellenden Mietzinses in bisher oft jahrelang dauernden Verfahren wegen Nichtbezahlung des Mietzinses.

Bisher war es möglich, dass jemand eine Räumung wegen Nichtbezahlung des Mietzinses jahrelang in die Länge ziehen konnte, nämlich durch wiederholtes Ausweichen auf ein kostenfreies außerstreitiges Verfahren, etwa zur Überprüfung des Mietzinses, zur Betriebskostenüberprüfung und so weiter und so fort, sodass der Vermieter nicht einmal die Kosten für die Wohnung oder das Haus hereinbekommen hat. Auch das wurde übrigens von der SPÖ in alter ideologischer Verblendung


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verdeckt, weil man nicht zur Kenntnis nehmen wollte, dass sich die Dinge geändert haben und dass glücklicherweise 91 Prozent der österreichischen Eigenheime und Ei­gen­tumswohnungen im Besitz von unselbständig Erwerbstätigen sind, sodass es durchaus vorkommen konnte, dass ein Angestellter, der zur privaten Vorsorge eine Eigentumswohnung angespart hatte, einem vorsätzlich nicht zahlenden Mieter aufge­sessen ist. In Zukunft wird in solchen Fällen ein vorläufiger, sofort exekutierbarer un­strit­tiger Teil des Mietzinses festzulegen sein.

Auch das, meine Damen und Herren, ist eine eindeutige Verbesserung, so wie über­haupt das Außerstreitverfahren in wohnrechtlichen Angelegenheiten meiner Meinung nach nicht dazu dient, Mitgliederwerbung für die sozialistische Mietervereinigung zu ma­chen, nicht als ideologische Spielwiese dient, sondern eine Serviceleistung für die rechtsuchende Bevölkerung sein muss! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 7 Minuten. (Abg. Mag. Stoisits – auf dem Weg zum Rednerpult –: Nur 7 Minuten?)

Wünschen Sie mehr? (Abg. Mag. Stoisits: Ich werde sehen, ob ich auskomme!) – Bitte.

 


10.52

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospo­do! 7 Minuten werden deshalb zu wenig sein, weil ich in meinem Redebeitrag drei verschiedene Komplexe behandeln möchte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes widme ich mich der heftig vorge­tragenen Kritik von Partik-Pablé und Böhmdorfer. – Entschuldigen Sie, Herr Minister, wenn ich das so zusammenfasse, aber es kommt nicht sehr oft vor, dass Frau Dr. Par­tik und Sie so einheitlich sind und so voller Emotion die Dinge hier auf den Punkt bringen. (Abg. Mag. Mainoni: Das kann Ihnen aber egal sein! – Bundesminister Dr. Böhm­dorfer: Wir sind immer einer ...! – Abg. Neudeck: Das war jetzt der erste Komplex! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Was sind denn das für persönliche Angriffe?)

Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass mich erst Sie, Frau Dr. Partik-Pablé, und dann Sie, Herr Minister, als Zweiter, dazu animiert haben, etwas zum Wohnrechtlichen Außerstreitbegleitgesetz zu sagen.

Frau Dr. Partik-Pablé hat nämlich als Erste ganz – ich würde sagen, mitleidig beklagt, dass die Opposition das zum Thema gemacht habe. Die Opposition! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Nein! Unsachlich!) – Also unsachlich.

Jedenfalls habe auch ich Zeitung gelesen, als das in der Öffentlichkeit aufgearbeitet wurde (Abg. Neudeck: Wenn Sie die Rede vorbereitet hätten, wären 7 Minuten ge­nug!), denn, meine Damen und Herren, und das sollten jene, die sich bis jetzt nicht im Detail damit beschäftigt haben, auch wissen: Es stimmt, Herr Minister, dass über das Außerstreitgesetz seit 1973 gesprochen wird, aber über das mietrechtliche Außer­streitgesetz wird erst geredet, seit Sie im Justizministerium den Ton angeben. Darum ist das natürlich besonders zu behandeln. Nicht zuletzt wird es ja auch in einem Extragesetz festgelegt.

Und darum habe ich mir die Mühe gemacht, in den Zeitungen nachzusehen, wer da eigentlich so unsachlich kritisiert hat. Ich zitiere den „Standard“: „Unruhe in puncto Wohnrecht“ – darin kommt die Opposition mit keinem Wort vor. Im „Kurier“: „Recht bekommen oder ,brennen“ – kein Wort von der Opposition. Noch einmal im „Kurier“: „Wohnrecht: Wer verliert, zahlt“ – kein Wort von der Opposition.


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Wieder der „Kurier“, Ausgabe vom 21. Oktober: „Konsumentenschützer sorgen sich um Rechte der Mieter“ – die Opposition wird darin bedauerlicherweise mit keinem Wort erwähnt, nämlich bedauerlicherweise für die Grünen, da wir uns mit so viel Empathie gegen diese Regelung gestellt haben.

In einem einzigen „Kurier“-Artikel mit dem Titel: „Mietrecht: Wer verliert, muss zahlen“ kommt die Opposition vor – in diesem Fall die sozialdemokratische, bedauerli­cher­weise nicht die grüne – mit ihrer Kritik, die ich nicht zu wiederholen brauche, denn Kol­legin Bures hat sie schon vorgebracht. Darin kommt aber auch die bereits von Frau Kollegin Becher zitierte Äußerung des Obersten Gerichtshofes – sehr „oppositionell“, kann ich nur sagen (Abg. Neudeck: Das haben wir auch schon gemerkt!) – vor, der – ich zitiere – eine „gravierende Aushöhlung des Mieterschutzes“ befürchtet und pro­gnostiziert.

Es geht dann weiter mit der „Opposition“, zitiert wird nämlich – hören Sie gut zu, liebe Frau Dr. Partik-Pablé – der „FP-Stadtrat Johann Herzog“ – FP: Freiheitliche Partei! –, und zwar mit folgender Aussage: „Das kann Mietern Angst machen. Ich hoffe, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“ (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das basiert auf einem anderen Artikel!) – Frau Dr. Partik-Pablé, das ist ja furchtbar „oppositionell“, diese Kritik! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das basiert auf einer Falschmeldung der Schlich­tungs­stelle!)

Damit bin ich, was diesen Punkt angeht, Herr Minister, mit meinen Ausführungen auch schon zu Ende. Ich kann Ihre Gründe dafür nicht nachvollziehen, aber es hat mich vor allem die Art und Weise geärgert, was Sie da soeben – und darum habe ich noch ein­mal dazu gesprochen – gesagt haben, immer zur Kollegin Bures hin, die die Mie­tervereinigung vertritt, wie Sie Mieterschutzverbände insgesamt in ein schiefes Licht setzen wollen. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Böhmdorfer.)

Ich bitte um Verzeihung, Herr Minister, aber wenn man einem Mieterschutzverband bei­tritt, dann ist das ungefähr so, als wenn man ÖGB-Mitglied wird: Man kann durch den Mitgliedsbeitrag, den man dort leistet, bestimmte Gegenleistungen erwarten. – Das kann sein: eine Beratung, ein klärendes Gespräch, aber auch Rechtsbeistand in be­stimmten Fällen! Ja, ist das verboten, Herr Minister? Ist das verboten, sodass Sie sich hier von der Regierungsbank sozusagen herablassen, um zu sagen, das sei Miss­brauch, was die Mieterschutzverbände hier betreiben? – So habe das ich, und nicht nur ich, sondern alle hier, verstanden.

Bitte, lassen Sie die Kirche im Dorf und hören Sie mit dieser Unsitte auf, für die Sie ganz besonders stehen, nämlich hier von der Regierungsbank aus polemische Kritik an VolksvertreterInnen zu üben. Das steht Ihnen nicht zu! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Minister, Sie sollten Ihre persönliche Auseinandersetzung als Rechtsanwalt mit der Mietervereinigung irgendwo anders führen, aber nicht im Parlament! – Das zum Ersten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun zu dem, wozu ich eigentlich sprechen wollte. (Das rote Lämpchen beim Rednerpult blinkt.) – Sie sehen, Herr Präsident, die eingestellte Redezeit wird nicht ausreichen, aber wir haben ja Redezeit übrig. Es geht um das Außerstreitgesetz.

Es ist heute schon gesagt worden und ich wiederhole es nur ganz kurz: Dieses Außer­streitgesetz wird in die Geschichte eingehen, verbunden vor allem mit – und jene, die ich jetzt nicht nenne, mögen mir verzeihen – drei Namen: Hopf, Kloiber und Fucik. Ich beziehe mich jetzt nicht auf das Wohnrechtliche, sondern auf das Außerstreitgesetz. Es wird ganz bestimmt nicht mit dem Namen Böhmdorfer verbunden werden (Abg.


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Neudeck: Außerstreitgesetz heißt nicht, dass man im Parlament nicht darüber redet!), denn dieses Außerstreitgesetz lag im Wesentlichen schon vor, als Sie noch gar nicht Minister waren, Herr Dr. Böhmdorfer. (Bundesminister Dr. Böhmdorfer: Ich habe nicht ...!) – Nein, Herr Minister, da kritisiere ich jetzt nicht Sie, sondern Frau Dr. Fekter, die versucht hat, hier die Legende des großen Außerstreitreformers Böhmdorfer zu weben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre Sorgen möchte ich haben!) – Nein, das ist keine Sorge (Heiterkeit bei der ÖVP), sondern das sage ich, um dieser Legendenbildung ein wenig entgegenzutreten. (Abg. Dr. Fekter: Warum haben es die anderen Minister nicht umgesetzt? Das tut euch weh, dass da etwas weitergeht, gell?) – Hopf, Kloiber und Fucik können sich das auf ihre Fahnen heften. Auch ich bin den kreativen Geistern, die es dort gegeben hat, dankbar.

Nun zum Entschließungsantrag zum Außerstreitgesetz, den alle vier Parteien noch ge­meinsam einbringen werden und in dem es um den Kostenersatz und § 78 Außer­streitgesetz geht. Es ist uns – und da spreche ich für die Opposition insgesamt – ganz wesentlich, dass der Nationalrat dem Ministerium den Auftrag erteilt, einen Bericht bezie­hungsweise eine Evaluierung über die Anwendung des Kostenersatzes zu machen, und zwar nach einem, wie ich meine, durchaus sinnvollen Beobachtungs­zeitraum von zwei Jahren. Das wird also erst im Jahre 2007 sein, einem Jahr, in dem Sie, Herr Bundesminister, wie ich intensiv hoffe – was heißt hoffe; davon bin ich über­zeugt! –, es ganz bestimmt nicht mehr sein werden, der diesen Bericht dem Nationalrat vorlegen wird. (Abg. Dr. Fekter: Täuschen Sie sich nicht!)

Aber wer immer dann das Justizressort leiten wird, wir von der Opposition sind sehr neugierig darauf, welche Auswirkungen diese Neuregelungen in der Praxis haben werden, denn ich bin von diesem neuen Außerstreitgesetz überzeugt. Dass etwas, was aus dem Jahr 1854 stammt, im Jahr 2003 sozusagen überholungsbedürftig ist, war im­mer Konsens, aber der Nationalrat hat auch die Pflicht, die Auswirkungen zu beob­achten. Deshalb möchte ich das hier noch ganz besonders betonen und den Regie­rungs­parteien dafür danken, dass sie dem mit diesem Entschließungsantrag, der von der Opposition angeregt wurde, Rechnung tragen.

Eine letzte Bemerkung noch in Bezug auf eine weitere Feststellung der Obfrau des Justizausschusses, in der sie die Situation in Deutschland, wo es den Anwaltszwang bei Scheidungen gibt, als so ideal hingestellt und damit indirekt sogar unterstellt hat, dass jene, die sich gegen diese Regelung wehren, nicht für die Sache der Frauen Partei ergreifen.

Liebe Frau Dr. Fekter: Das Gegenteil ist der Fall! Wir haben Sorge – und das war auch eine oppositionelle Initiative –, dass es zu einer Benachteiligung der schwächeren Par­tei in einem Scheidungsverfahren kommt – ich spreche jetzt von einvernehmlichen Scheidungen, aber auch dort gibt es kein ausgewogenes Verhältnis; das zeigt ja die Tatsache, dass im Außerstreitgesetz jetzt ausdrücklich die Manuduktionspflicht ver­ankert wird. Das ist eine Initiative unsererseits, und ich stehe nicht an, Ihnen zu danken dafür, dass Sie solchen Ideen so aufgeschlossen gegenübertreten, dass sie auch tatsächlich umgesetzt werden. Ich hoffe und glaube, dass sich das auch in einem wesentlichen Ausmaß positiv auswirken wird und dass diese Böhmdorfer-Fekter-An­waltsgeldaktion damit ein für alle Mal aus der Diskussion genommen wird. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Zum Abschluss, Herr Bundesminister, weil hier – auch von Frau Dr. Fekter, nicht von Ihnen – der so genannte Notstandstag der österreichischen RichterInnen und Staats­anwältInnen, der letzte Woche im Justizpalast stattgefunden hat, erwähnt wurde, nur ein Punkt dazu: Die RichterInnen und Staatsanwälte, vertreten durch die Organe der Standesvertretung, bringen Ihnen 50 Vorschläge, wie Sie gemeinsam jene Herausfor­derungen bewältigen können, um die es in einem modernen Rechtsstaat, der in erster


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Linie die Unabhängigkeit der Rechtsprechung im Auge zu haben hat, geht! – Ich greife hier jetzt willkürlich nur einige heraus: zum Beispiel die Abschaffung der verhand­lungsfreien Zeit, der so genannten Gerichtsferien – das habe ich dort gelesen auf den Tafeln, die Sie ja leider nicht mehr sehen konnten, weil Sie schon vorher weggegangen sind; aber die RichterInnen haben diese sichtbar in die Höhe gehalten!

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Dieser Notstandstag der Richter war über­haupt ein besonderes Erlebnis für mich, denn ich bin es nicht gewohnt, dass RichterInnen und StaatsanwältInnen plötzlich mit Tafeln dastehen. Das ist eher etwas, was nicht ganz der Art und Weise entspricht, in der sich die österreichische Richter­In­nenschaft bisher auszudrücken pflegte. Darum habe ich es auch besonders ernst genommen, wenn diese zu solchen auch durchaus alternativen Maßnahmen, wie Ta­feln zu schreiben, greift. – Und das war eben einer der Vorschläge.

Ein zweiter betraf die Frage des Beisitzers im Schöffenverfahren. Ebenso war dort davon, die Technik zu verbessern, zu lesen; auch der Vorschlag, leichte Verkehrs­unfälle auf Schiedsstellen zu übertragen. – Diese Punkte seien hier nur exemplarisch angeführt.

Herr Minister! Es steht mir nicht an, Ihnen einen Rat zu geben. Ich kann nur darum bitten, dass Sie sozusagen so viel politische Klugheit an den Tag legen, dass Sie nicht die in den letzten Tagen und Wochen gezeigte – wie soll ich sagen? – Hartherzigkeit, jetzt im politischen Sinn, mit der Sie den RichterInnen und StaatsanwältInnen gegen­übertreten, weiter an den Tag legen, sondern dass Sie die Kooperationsbereitschaft, die dort demonstriert wurde, ernst nehmen, denn die österreichische rechtsuchende Bevölkerung möchte diese Kooperationsbereitschaft! Und sie möchte, dass die Justiz unabhängig, schnell und im Sinne der rechtsuchenden Bevölkerung arbeitet.

Das wünschen wir uns, und das ist Ihr Auftrag. Das ist der Auftrag, den Sie als höchs­tes Justizverwaltungsorgan zu erfüllen haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ord­neten der SPÖ.)

11.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte, Herr Minister.

 


11.03

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte wieder zum Außerstreitverfahren und zum mietrechtlichen Außerstreitgesetz zurückkommen. Sie, Frau Abgeordnete Mag. Stoi­sits, haben einen Artikel zitiert, dessen Titel lautet: „Recht bekommen oder ,brennen‘“. Das bedeutet, dass man entweder überhöhte Betriebskosten bezahlt oder zu Gericht geht; so scheint dieser Artikel angelegt zu sein.

Richtiger wäre, Frau Abgeordnete Mag. Stoisits, die gegebene Situation so zu be­schreiben: „Recht bekommen und trotzdem ,brennen‘“, denn wenn Sie heute Mieter sind, müssen Sie entweder der Mietervereinigung Ihre Beiträge bezahlen oder einen Rechtsanwalt bezahlen, sonst bekommen Sie nicht Recht. Also „Recht bekommen und trotzdem ,brennen‘“, so ist die derzeitige Situation.

Weil Sie mich in Bezug auf meine Ausführungen zur Frau Abgeordneten Bures kritisiert haben: Ich habe es nicht unsachlich gemeint, es tut mir Leid, wenn es anders ver­standen wurde. Ich reiche die Ziffern nach: Die Einschreibegebühr bei der Mieter­ver­einigung beträgt 43,60 €, die Jahresmitgliedschaft kostet 36,10 €, und wenn Sie in einem Verfahren, das anhängig ist, Rechtsschutz benötigen und Sie nicht sechs Mo­na­te versichert sind, dann müssen Sie weitere 120 € bezahlen, also in diesem Fall ins­gesamt nahezu 200 €.


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Das ist auch Geld – bitte nicht böse zu sein. Und darum wäre es richtig, die gegebene Situation so zu beschreiben, dass man sagt, dass man derzeit nur Recht bekommt, wenn man auch gleichzeitig auf jeden Fall „brennt“.

Was will das Gesetz in Zukunft haben? – Recht bekommen ohne „brennen“, nämlich ohne zu bezahlen: Wer zu Gericht geht und gewinnt, dem werden die Kosten vom Geg­ner ersetzt. – Bitte, sagen Sie mir, wo hier die Ungerechtigkeit liegt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Bures. – Abg. Dr. Jarolim: Das kann man ja nicht glauben, Herr Minister, dass das wirklich geglaubt wird! – Abg. Dr. Fekter – in Richtung SPÖ –: ... die ganze Zeit nicht da! Hätten Sie aufgepasst!)

11.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mainoni. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.06

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Bures hat sich mit ihrer Äußerung und mit ihren tendenziösen Aussagen ja wohl selbst entlarvt, nämlich dahin gehend, dass sie sich hier nicht als Abgeordnete zu Wort gemeldet hat, sondern in ihrer politischen Funktion, die sie neben ihrer Abgeordnetentätigkeit hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was die Aussage von Frau Abgeordneter Stoisits betrifft, muss man schon dazusagen: Selbstverständlich sind es die Beamten, die hier wirklich großartige Leistungen vollbracht haben, aber es bedarf sehr wohl auch eines Justizministers – und das wird ja wohl unbestritten sein –, der gleichsam den letzten Kick dafür gibt, dass dieses Gesetz, das nunmehr seit 30 Jahren bearbeitet wird, dann wirklich zu uns in den Nationalrat zur Beschlussfassung kommt. Es ist also sehr wohl auch der Herr Bundesminister hierfür verantwortlich, und es gilt ihm deshalb auch das Lob des Nationalrates. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dieses Außerstreitgesetz aus dem Jahr 1854, zu dem es bekanntlich im Jahr 1867 die ersten Reformbestrebungen gab, war dringend reformbedürftig. Das war allen klar. Ins­besondere das Verfahren, das ja selbst nur 19 Paragraphen hat, war äußerst lücken­haft; in letzter Zeit konnte man das erkennen. Durch die analoge Anwendung der ZPO und die Weiterentwicklung durch die Judikatur war der Zustand natürlich sehr unbe­friedigend, der auch einen gewissen Druck verursacht hat.

Bei dieser Neufassung konnten aber alle betroffenen Berufsstände intensiv mitarbei­ten, was ein weiteres Verdienst dieses Ministeriums und selbstverständlich auch des Herrn Ministers ist. Mein Dank gilt daher den Beamten im Ministerium, die immer ge­sprächsbereit waren und immer für diese Anliegen zur Verfügung standen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte aber die Gelegenheit nützen, hier zu einem aktuellen Artikel Stellung zu nehmen, der in der heutigen Ausgabe des „Ku­rier“ unter dem Titel „Appell an die Richter: ,Mehr freilassen‘“ erschienen ist: Überfüllte Gefängnisse und dazu der Vorschlag eines Richters – sehr medienwirksam –, ein Ratschlag an seine Kolleginnen und Kollegen, „mehr Fingerspitzengefühl im Umgang mit der Freiheit“ an den Tag zu legen. Und: Die Richter verwechseln „die vorgesehene Abschreckung ... mit dem aus der Bevölkerung kommenden Vergeltungsbedürfnis“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heißt im Klartext eigentlich nichts an­deres, als dass er behauptet, manche Richter geben dem Druck der Straße nach. Er selbst präzisiert es in dem heutigen Artikel, in diesem Interview, in dem er vollkommen


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unverblümt sagt: Die Richter müssen aufpassen, dass sie nicht „in Populismus“ ver­fallen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist schon sehr denkwürdig (Abg. Dr. Fek­ter: Das dürfte ein Politiker nie sagen!), und es kommt in diesem Zusam­menhang dann auch noch ein Verein zu Wort, ein Sozialverein, der sich „Neustart“ nennt und der einen wertvollen Ratschlag gibt, wie man denn erreichen könnte, dass die Gefangenenzahlen wieder sinken. Dieser sagt nämlich: Wenn man statt 40 Prozent nunmehr 50 Prozent der gesetzlich möglichen bedingten Entlassungen aussprechen würde, dann wären 414 Gefangene frei. Er geht sogar noch weiter und sagt dann: Eine weitere Reduktion von Gefangenen wäre zu erzielen, wenn die U-Haft um 5 Prozent weniger verhängt werden würde, was bedeuten würde, dass 246 Häftlinge weniger im Gefängnis wären. Und wenn man letztendlich dann auch noch die Dauer der U-Haft von 42 Tagen auf 30 Tage senken würde, dann wäre überhaupt kein neues Gefängnis notwendig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So viel Unsinn kann nicht unwidersprochen blei­ben, und deshalb habe ich mich hier auch zu Wort gemeldet. Es dürfte dem Sozial­verein und seinem Sprecher völlig entgangen sein, dass die Kriminalität steigt (Abg. Mag. Wurm: Das war gestern, diese Debatte!) und dass in absoluten Zahlen in gewis­sen Deliktsgruppen auch die Aufklärungsquote höher ist. Na logischerweise werden dadurch die Gefängnisse stärker belegt!

Das wichtigste Argument, das dieser Vereinssprecher völlig außer Acht gelassen hat: Es wird bei der Rechtsprechung immer auf den Einzelfall abgestimmt. Ich kann doch nicht einfach sagen: Statt 40 Prozent sollen 50 Prozent bedingte Entlassungen ausge­sprochen werden. – Nein, es kommt doch immer auf den Einzelfall an und nicht auf den Prozentsatz! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Vertrauen in die unabhängige Richter­schaft ist ungebrochen. Dieser unnötige Appell des Richters und vor allem auch dieses Sozialvereins, mehr freizulassen, wird, so hoffe ich, ungehört verhallen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer zu Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.11

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Minister, es geht um das Prozesskostenrisiko. Ihre Nicht-Beantwortung des Beispiels (Bundes­minister Dr. Böhmdorfer spricht mit der vor der Regierungsbank stehenden Abg. Mag. Stoisits) – Sie können dann ohnedies im Protokoll nachlesen, was ich Ihnen sa­ge – von Kollegin Bures zeigt ja, dass es nicht einmal für Sie einfach ist, das Pro­zesskostenrisiko abzuschätzen. Das heißt, es ist auch für die Mieter und Mieterinnen nicht einfach, das Prozesskostenrisiko abzuschätzen – anders als Sie es immer dar­stellen wollen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dass es für Sie nicht einfach ist, wundert mich nicht!)

Aber jetzt zu einer anderen Sache. Ich habe in meiner letzten Rede hier von Minister Böhmdorfer eingefordert, dass die Unterhaltsverfahren für volljährige Kinder schnell vereinfacht werden müssen, und ich stehe nicht an zu betonen, dass es mich sehr freut, dass wir das heute auch tatsächlich beschließen. Damit wird das Unterhalts­verfahren für volljährige Kinder jetzt vom strittigen ins Außerstreitverfahren verschoben, und das ist nur allzu logisch, denn wir sollten hier keinen Unterschied machen zwi­schen minder- und volljährigen Kindern.


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Allerdings ist trotzdem noch ein Pferdefuß dabei, und zwar der Kostenersatz für die volljährigen Kinder. Wir haben zwar einen Kompromiss erreicht – über den ich auch sehr froh bin und auf den ich später auch noch zu sprechen komme –, aber ich bin dennoch immer noch der Meinung, dass der Kostenersatz eine Hürde für volljährige Kinder ist, wenn es darum geht, von ihrem Vater oder von ihrer Mutter Unterhalt vor Gericht einzufordern.

Volljährige Kinder machen es sich ohnehin nicht einfach, ihren Vater oder ihre Mutter vor Gericht zu belangen. Es handelt sich immerhin um die eigenen Eltern, und da ist doch eine gewisse Hemmschwelle vorhanden. Die Aussicht, dass möglicherweise auch noch Anwalts- beziehungsweise Gerichtskosten dazukommen, wenn der Prozess ver­loren wird, stellt dann eine weitere Hürde dar, die wir, so meine ich, nicht unbedingt aufbauen müssen.

Jetzt bin ich aber im Vorfeld mehrmals auf den § 78 aufmerksam gemacht worden, das so genannte Billigkeitsprinzip. Das heißt also, der Richter oder die Richterin kann fest­legen, ob überhaupt und wenn ja, wie viel ein volljähriges Kind an Kostenersatz leisten muss. Das ist ein positiver Schritt. Lieber wäre es mir trotzdem, wenn es überhaupt keinen Kostenersatz gäbe, vor allem für jene Kinder, die sich noch in Ausbildung befinden.

Der Kompromiss, von dem ich zuerst gesprochen habe, ist der Vier-Parteien-Ent­schließungsantrag, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der neuen Kostenersatzregelungen des Außer­streitgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird ersucht, dem Nationalrat bis Mitte 2007 einen Be­richt über die in den Jahren 2005 und 2006 zu beobachtende gerichtliche Anwendung des § 78 AußStrG vorzulegen.

*****

Ein Satz in diesem Antrag ist mir ganz wichtig, und zwar folgender: „Diese Evaluierung soll sich insbesondere auf Verfahren zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche voll­jähriger Kinder beziehen.“

Ich hoffe, dass die Richter und Richterinnen bis zu dem im Antrag genannten Zeitpunkt im Sinne der volljährigen Kinder handeln und hier keine zusätzliche Hürde aufbauen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir noch einen Vorgriff auf den nächs­ten Tagesordnungspunkt (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es klatscht niemand von Ihnen! Ist das nicht komisch? Frau Kollegin Wurm, klatschen Sie einmal! Fünf Minuten redet die Kollegin schon, und ihr klatscht nicht ein einziges Mal!), und zwar betreffend die Ver­legung des Bezirksgerichtes Linz-Land nach Traun. Ich zitiere im Folgenden aus der Stellungnahme des Landes Oberösterreich, weil es zum Thema passt – ich möchte dazusagen, dass es eine negative Stellungnahme ist –:

„Bei einer Zersplitterung der bislang bei einem Gericht konzentrierten Zuständigkeit auf verschiedene Gerichte wird es, vor allem in den hoch sensiblen Obsorgeverfahren, für die betroffenen RichterInnen auch bei weit überdurchschnittlichem Engagement wohl


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schon aus Kapazitätsgründen unmöglich sein, das nötige Know-how aufzubauen und die Kontakte im sozialen Netzwerk zu pflegen.“

Ich zitiere weiter: „Es liegt auf der Hand, dass ein Richter, der im Jahr vielleicht 5 Ob­sorgeentzugsverfahren zu führen hat, zu 95 % aber mit anderen Materien beschäftigt ist, die ebenfalls spezifisches Fachwissen und Vernetzungen erfordern, nicht zum Ex­perten für die Verfahren besonders gefährdeter Minderjähriger werden kann.“

Sie sehen also, meine Damen und Herren: Eine Hürde wird weggeräumt, dafür wird die nächste schon wieder aufgestellt! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag, der von Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Dr. Fekter und Dr. Partik-Pablé unterzeichnet ist, ist ordnungsgemäß eingebracht und wird zur Abstimmung gelangen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.16

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es steht heute hier die Außerstreit-Reform auf der Tagesordnung, und es wurde bereits von vielen Seiten gewürdigt, welch wichtigen Schritt dies darstellt, ein Gesetz, das knapp 150 Jahre alt ist, auf einen neuen Stand zu bringen.

Diese Reform wurde, wie auch bereits von einigen Vorrednern betont wurde, sehr gut vorbereitet. Sie wurde eigentlich über Jahrzehnte, kann man sagen, in den ent­sprechenden fachlichen Gremien diskutiert. Es hat in diesen 15 bis 20 Jahren eine Vielzahl von hochkarätigen Veranstaltungen gegeben. So wurden – um nur einige Bei­spiele zu erwähnen – auf drei Richterwochen, auf Anwaltstagungen und auch auf anderen einschlägigen juristischen Veranstaltungen und Symposien Arbeiten geleistet, durch die, gemeinsam mit den Beamten im Ministerium, dieses Gesetz vorbereitet wurde.

Ich war heute etwas verwundert über die Aussage von Kollegin Stoisits, die das auch bestätigt hat – zwar mit einer anderen Zielrichtung, nämlich um hier den Anteil von Minister Böhmdorfer zu schmälern –, indem sie gesagt hat, dass das Gesetz schon jahrelang im Ministerium liegt und nur mehr beschlossen werden müsse.

Mich wundert das insofern, als im Ausschuss gerade die Vertreter der Opposition, Kol­legin Stoisits und vor allem auch Kollege Jarolim, weil sie so unvorbereitet wären und weil man dieses Gesetz erst intensiv überprüfen und studieren müsse, verlangt haben, das noch einmal auf die lange Bank zu schieben und sich damit intensiv zu be­schäftigen – unter Missachtung dieser vielen, vielen Vorbereitungsarbeiten, die da schon erfolgt sind.

Es freut mich aber natürlich, dass diese paar Tage seit dem Justizausschuss doch ausreichend Zeit geboten haben, dass Sie, die Vertreter der Opposition, sich doch mit diesem Gesetz vertraut machen konnten, und dass Sie heute letztlich auch zustimmen werden und die positiven Seiten dieses Werkes heute auch schon mehrmals betont und herausgestellt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

Ich möchte auch noch einen Beitrag aus meiner beruflichen Erfahrung zum Thema dieser viel diskutierten Kostenersatzregelung leisten, die heute, sehr beschränkt – was mich wundert – auf den wohnrechtlichen Teil, immer wieder kritisiert worden ist und auch im Ausschuss das einzige Thema war, worüber diskutiert wurde. Dieses Beispiel


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aus meiner beruflichen Praxis betrifft eine Mutter mit zwei Kindern, eines ist minder­jäh­rig, eines ist volljährig. Beide wollen ihren Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem Vater geltend machen, der alle Möglichkeiten ausnützt, das Verfahren zu verzögern, Ein­wän­de zu erheben. So ein Verfahren kann dann wirklich auch ein Jahr oder länger dauern und auch entsprechend hohe Kosten verursachen.

Als Ergebnis bekommen beide Kinder den angemessenen Unterhalt vom Gericht bestätigt und zugesprochen. Allerdings: Das volljährige Kind erhält auch die Kosten – und diese sind bei solch einem langen Verfahren nicht unbeträchtlich – vom Vater ersetzt, das minderjährige Kind hingegen nicht. Dieses kann einen guten Teil der Un­ter­haltsbeiträge, die nachzuleisten sind, gleich dazu verwenden, die Kosten, die für die Durchsetzung dieses Anspruchs notwendig waren, abzudecken. – Und das soll fair und gerecht sein, meine Damen und Herren? – Meiner Meinung nach ist es das nicht.

Mit diesem Gesetz wird nunmehr der Schritt dahin gesetzt, dass derjenige, der letztlich Recht bekommt, auch die Kosten ersetzt erhält. Das ist ein guter Grundsatz unserer Rechtsordnung in anderen Bereichen und soll daher in Zukunft auch für diesen Bereich gelten.

Es wurde heute von Frau Kollegin Bures, aber auch von Frau Kollegin Stoisits gesagt, dass im mietrechtlichen Bereich die Abschätzung des Prozesskostenrisikos so schwie­rig ist. Dieses Problem kann man, glaube ich, nicht über die Kostenersatzregelung lö­sen, sondern da wäre es ein gemeinsames Ziel, einfachere Regelungen zu finden, wo eben das Prozesskostenrisiko leichter abzuschätzen ist (Abg. Bures: Ja, gerne!) und es eben nicht einer Vielzahl von Gutachtern bedarf, um letztlich überhaupt zu wissen: Wie hoch ist eigentlich der Mietzins, der gerechtfertigt und angemessen ist? (Abg. Bures: Gerne!)

Das wäre, glaube ich, der richtige Weg – und nicht der Weg der Kosten­ersatzre­ge­lung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


11.20

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister, wenn Sie mir bitte Ihr Ohr leihen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren heute über eine Neuregelung eines Gesetzes, das schon in die Jahre gekommen ist. 150 Jahre ist das Außerstreitgesetz jetzt schon alt. Wir von der SPÖ stimmen der Stammmaterie zu, ich möchte mich aber dem widmen, was nach wie vor strittig ist, wo wir nicht zustimmen können: dem Wohnrechtlichen Außerstreit­begleit­gesetz.

Ich habe den Herrn Bundesminister noch im Ohr (ironische Heiterkeit bei der ÖVP), als er mit Gründen dafür geworben hat, warum gewisse Bezirksgerichte geschlossen wer­den sollen. Er hat hier diesbezüglich mit Engelszungen argumentiert und gesagt, dass der durchschnittliche Österreicher und die durchschnittliche Österreicherin so selten zu Gericht kommen – maximal einmal, wenn überhaupt –, und es daher kein Problem ist, wenn der Gerichtsstandort weiter weg ist.

Das war damals die Argumentationslinie des Herrn Ministers für Justiz Böhmdorfer. (Abg. Neudeck: Was ist da falsch?) Heute ist es so, dass anscheinend kein Problem mehr besteht, wenn Menschen, die Recht suchen, eben nicht die Gewohnheit haben, sich am Gericht zu tummeln, sondern dass das oft das einzige Mal ist, dass sie Recht suchen, dass sie Recht bekommen wollen, Herr Neudeck. Das ist dann der Fall, wenn der Mieter, die Mieterin zum Beispiel nicht nur die Betriebskosten überprüfen lassen


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möchte, bei denen das relativ einfach sein kann, sondern vielleicht auch die Angemes­senheit des Mietzinses, Ablösefragen und das, was es in diesem Bereich noch alles gibt. (Abg. Neudeck: Das ist alles gratis!)

Das ist keine so einfach abschätzbare Materie für den Laien, für eine Mieterin, die keine Anwälte beschäftigt, weil sie eben keine Firma hat, sondern eine normale – unter Anführungszeichen – „Angestellte“ ist, die nicht täglich etwas am Gericht zu tun hat. Ich sage Ihnen eines: Die Scheu, der Respekt und die Hemmschwelle des Bürgers, der Bürgerin vor einer Befassung des Gerichts ist groß. Daher, glaube ich, sollte man es nicht daran scheitern lassen, dass die Menschen auch zu ihrem Recht kommen. Das ist unser Anliegen, das ist unser Bedürfnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht nicht nur um die Mieter und Mieterinnen in diesem Land. Ich komme aus einer Gegend, in der es sehr viele Wohnungseigentümer gibt, in der sehr viele Hausbesitzer – Gott sei Dank! – die Möglichkeit haben, in den eige­nen vier Wänden zu wohnen.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel dafür bringen, wie es etwa auch Wohnungseigentümern gehen kann: Bei einer Beschlussanfechtung ficht ein Wohnungseigentümer einen gesetzwidrigen Mehrheitsbeschluss mittels Antrag beim Bezirksgericht an. Er muss den Antrag gegen alle übrigen 61 WohnungseigentümerInnen richten. Nach dem derzeitigen Entwurf ist der Streitwert 4 000 €, nach dem derzeitigen Rechtsanwaltstarif kostet die erste Verhandlungsstunde 400,03 € – Wohnungseigentümer und Schrift­satz –, für jede weitere Verhandlungsstunde stehen 50 Prozent dieses Betrages zu. Die anderen WohnungseigentümerInnen bestreiten den obigen Antrag, 10 der insge­samt 61 WohnungseigentümerInnen lassen sich durch jeweils eigene Anwälte oder Anwältinnen vertreten.

Wie geht es jetzt weiter? (Abg. Neudeck: Der Richter wird ... überprüfen!) – Sie wissen es wahrscheinlich: Über den Antrag und über das Gegenvorbringen der anderen Woh­nungseigentümerInnen wird in zwei Verhandlungsterminen zu jeweils zwei Stunden entschieden. Überdies erstatten alle zehn AnwältInnen jeweils eigene Beantwortungen des Antrages. Drei AnwältInnen erstatten zwischen den Verhandlungen jeweils einen weiteren Schriftsatz. Das Kostenrisiko – das ist das Hauptproblem – für den Antrag­steller beträgt somit für die Antragsbeantwortungen 10 mal 400 €, also 4 000 €, für drei Schriftsätze zirka 1 200 €, für zwei Verhandlungen 12 000 €. Das sind Gesamtkosten von 17 200 €, wenn er unterliegt.

Allein die Vorstellung, dass das passieren könnte, schreckt viele ab. Glauben Sie mir das, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Don­ner­bauer: Aber jetzt haben es die anderen bezahlt! Bis jetzt haben es die bezahlt, die Recht bekommen haben!)

Bezüglich Querulanten – meine Redezeit reicht leider nicht aus, dass ich darauf jetzt entsprechend eingehe – sage Ihnen nur Folgendes: Wir hatten heute in der Früh eine Besprechung mit der Volksanwaltschaft. Kollege Freund war dabei. Da wurde uns glaubwürdig versichert, dass sich bei den Anliegen der so genannten Querulanten, wenn man sich ihre Probleme genauer anhört, wenn man sich ausführlich mit ihren Problemen befasst, oft derart darstellen, dass sie in vielen Fragen Recht haben, dass sie oft mit dem Recht durchdringen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Dann haben sie keine Kosten, wenn sie Recht haben!)

Man sollte also vorsichtig sein mit dem Begriff „Querulanten“. Sie wissen genau, dass Recht haben und Recht bekommen nicht immer das Gleiche ist. Daher ist dieser Teil­bereich des Gesetzes ein Problem für die Mieter und Mieterinnen, für die Wohnungs­eigentümer und -eigentümerinnen und erschwert den Rechtszugang. Das ist das Tragische. (Abg. Dr. Trinkl: Kann aber auch umgekehrt sein!)


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Sie wissen, Herr Minister – das ist auch das, was die Richter einfordern –: Da teilweise nach Billigkeit entschieden werden muss, wird es einen größeren Arbeitsanfall bei der Richterschaft geben, und diese leiden jetzt schon unter Personalnot. Wir haben uns letzten Donnerstag davon überzeugen können. Sie, Herr Minister, waren dort, ich war dort. Das war eine Veranstaltung, bei der sämtliche Richter über Personalnot geklagt haben.

Ich habe heute von Regierungsseite, von Frau Abgeordneter Partik-Pablé, über Zei­tungs­meldungen und auch von Ihnen, Herr Minister Böhmdorfer, gehört, dass Sie sich von einer akademischen Versammlung mehr Respekt erwartet hätten als zum Beispiel bei den ÖBB, wo man mit Pfiffen und Buh-Rufen geantwortet hat. Dazu sage ich Ihnen, Herr Minister: Sie haben einen Standesdünkel. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: „Tosender“ Applaus!)

11.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


11.27

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Ich möchte zunächst feststellen, dass es für mich einigermaßen irritie­rend ist, dass heute zu diesen Gesetzen praktisch nur über das Mietrecht ge­sprochen wird. Im Ausschuss war es noch wesentlich anders. (Abg. Dr. Jarolim: Nach den Ausfällen des Herrn Tancsits ist das auch gerecht! Mieterhasser!) Dort wurde über viele Dinge gestritten, auch über andere, denen jetzt die SPÖ und die Grünen ihre Zustimmung geben.

Ich möchte festhalten, dass die Ausschussberatungen für mich sehr interessant waren. Ich glaube auch, dass das eine Materie ist, die durchaus auch für Nichtjuristen sehr interessant ist, vor allem deswegen, weil doch jeder Bürger im Laufe seines Lebens davon zumindest einmal, wahrscheinlich auch öfters, betroffen ist.

Es war überhaupt interessant, im Ausschuss zu beobachten, wie sich die Opposition in ihrer Argumentation im Kreise gedreht hat. Es wurde einerseits die hohe Qualität die­ses Gesetzentwurfes gelobt, gleichzeitig aber auch wieder bestritten. Es wurde die Not­wendigkeit dieses Gesetzeswerkes – das wurde heute schon ein paar Mal gesagt – durchaus bejaht, aber gleichzeitig gemeint, man könne das jetzt noch nicht be­schließen. Da wurde gemeint, dass man noch mehr Zeit zur Beratung brauchen würde. Aber man weiß doch, dass dieses Gesetz schon drei Jahre in Begutachtung war, es eine 30 Jahre lange Vorbereitung gab und dass im Prinzip, so wie es im Ausschuss formuliert wurde, jeder jeden Paragraph gekannt hat. (Abg. Mag. Donnerbauer: Leider nicht! – Abg. Dr. Fekter: Nicht alle waren vorbereitet!)

Was also bleibt für den betroffenen Bürger übrig? – Wie gesagt: Es ist fast jeder im Laufe seines Lebens irgendwann einmal davon betroffen. Es wird ein Gesetz aus dem Jahre 1854 mit gerade einmal 18 Paragraphen, das – wie es Minister Böhmdorfer for­mu­liert hat – gerade noch aus Gewohnheit funktioniert hat, gründlich novelliert, aus­führlich und gut geregelt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Es gibt klare Begriffsbestimmungen, Herr Kollege. Es gibt klare Regelungen über Ver­tretungsfristen und Kostenersätze. (Abg. Mag. Wurm: Wir stimmen zu!) – Es ist ja schön, dass Sie zustimmen, ich hätte nur erwartet, dass Sie auch ein paar Worte dazu verlieren und sich nicht nur zu diesem Entschließungsantrag zurückflüchten, denn das hätten Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, schon im Ausschuss ha­ben können. Es wäre überhaupt kein Problem gewesen, dem bereits im Ausschuss zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)


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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es wird auch versucht, der Prozessflut Einhalt zu gebieten, die ja teilweise durch das alte Gesetz mehr oder weniger provoziert wur­de. Es geht in diesem Gesetz um so essentielle Dinge wie die Regelung von Vater­schaftsfragen, Erbschaften, Scheidungen, Unterhaltsfragen, aber auch um Neurege­lun­gen von Todeserklärungen und Enteignungsfragen.

Zwei Punkte, die mir wesentlich erscheinen, sind Folgende: Es geht in diesem Zusam­menhang auch um eine Neuregelung im Notariatswesen und um eine Neuregelung im Bereich des Notwegerechtes. Gerade Letzteres ist eine Materie, von der man im länd­lichen Raum – ich weiß ja, wovon ich spreche – immer wieder betroffen ist und be­züglich deren es immer wieder Sorgen gegeben hat.

Ich möchte zusammenfassen: Ich meine, dass wir hier eine Materie, in der es doch viele Unsicherheiten, zum Beispiel im Bereich des Notwegerechtes, gegeben hat, neu regeln. Wir sorgen mit diesem Gesetz für mehr Klarheit, wir sorgen dafür, dass es zu weniger Verfahren kommt. Und wir sorgen – das sollte ja der Sinn jedes Gesetzes sein – letztlich auch für mehr Gerechtigkeit.

Ich möchte damit abschließen, dass ich nicht nur der Beamtenschaft, der ja ohnehin be­reits viel gedankt wurde, sondern auch Minister Böhmdorfer und auch der Vorsit­zenden des Justizausschusses Maria Fekter sehr herzlich danke. Letztere hat, wie ich glaube, mit viel Kenntnisreichtum und sehr zielgerichtet die Ausschussberatungen ge­führt und geleitet. (Abg. Dr. Fekter: Danke!) – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

11.32

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


11.33

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Ich halte es an sich für sehr wichtig, dass man hier über mehr debattiert als nur über den Mietteil dieses neuen Außerstreitgesetzes, weil das Ganze nämlich eine unglaublich wichtige und überfällige Grundsatzreform darstellt.

Heute kann ich es mir aber trotzdem nicht verkneifen, mein Befremden, meine Er­schütterung darüber zum Ausdruck zu bringen, wie diese wichtige Materie im Aus­schuss behandelt worden ist, weil ich mir zum ersten und einzigen Mal wirklich gedacht habe, dass im Ausschuss zwanzig Beamte gesessen sind, denen wir ein erbärmliches Schauspiel geboten haben. Ich sage jetzt einfach „wir“, meine aber eigentlich im Besonderen die SPÖ.

Es hat mich erschüttert, dass SPÖ-Justizsprecher Jarolim dieses Gesetz ganz offen­sichtlich nicht einmal durchgelesen hat, bevor es im Ausschuss zur Abstimmung ge­langt ist. Ich habe es mir die ganze Zeit verkniffen, mich dort mehrmals zu Wort zu mel­den, weil ich mir gedacht habe, ich explodiere gleich.

Ich habe an dieser Stelle eine dringende Bitte an den Herrn Justizminister, nämlich in Zukunft die Vorbesprechungen, die im Justizministerium zwischen den Sprechern aller Fraktionen stattfinden, insbesondere auch mit Herrn Dr. Jarolim, so abzustimmen, dass er daran teilnehmen kann, um ihm zu ermöglichen, sich tatsächlich entsprechend auf die Gesetze und Gesetzesvorhaben, die zur Beschlussfassung anstehen, vorzu­be­rei­ten, weil eine derartige Vorbereitung, die Sie, Herr Jarolim, geboten haben, auf uns Par­lamentarier in unserer Gesamtheit zurückfällt (Abg. Dr. Jarolim: Danke schön, Frau Kollegin!) und ich mich deswegen wirklich aufrichtig geniert habe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Puswald: Zu Recht! – Ruf bei der SPÖ: Für wen?) Für Sie! Für Sie, weil ich finde, das fällt auf uns alle zurück, das können wir uns gar


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nicht leisten. Und alle, die hier seriöse Arbeit leisten, waren gleichermaßen betroffen. (Abg. Dr. Fekter: Er war gar nicht vorbereitet! – Abg. Dr. Jarolim: Sie müssten sich eigentlich für andere Dinge genieren!)

Das hat sich auch darin geäußert, dass ohne Begründung – oder vielleicht wollen Sie aber nach 40 Jahren noch länger brauchen, um ein solches Gesetz, gegen das Sie jetzt Gott sei Dank keine Einwendungen mehr haben, tatsächlich zu beschließen. Ich bin froh darüber, dass es jetzt einstimmig geht. Bis jetzt habe ich immer noch nicht verstanden, warum das im Ausschuss nicht möglich war (Abg. Dr. Puswald: Wir er­klären es Ihnen gerne, Frau Kollegin!), vielleicht legt das noch einmal jemand dar. Wenn es nur darum gegangen ist, noch länger zu brauchen, bin ich doppelt froh darüber, dass Sie nicht die Regierungsverantwortung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Bezüglich des Inhalts möchte ich noch auf einen kleinen Punkt eingehen, weil ich auch im Gespräch mit den Journalisten vor der Tür festgestellt habe, dass noch immer Irr­tümer bestehen. Nach wie vor ist die Tätigkeit der Schlichtungsstelle wie bisher kosten­los. Wenn die Schlichtungsstelle jemanden vertritt, dann bekommt die Schlichtungs­stelle ihre pauschalen Kosten in der Höhe von zirka 200 € vom unterliegenden Partner in diesem Streit ersetzt. (Abg. Bures: Wie viele haben Sie in Tirol?)

In Tirol, Frau Kollegin, ist es Gott sei Dank so, dass wir sehr viel weniger Streitigkeiten haben. Ich weiß nicht, aber die Tiroler sind im Großen und Ganzen recht friedfertig. (Abg. Dr. Stummvoll: Im Großen und Ganzen!) Es ist so, dass wir auf die Dienste der Schlichtungsstelle verzichten können (Abg. Dr. Fekter: ... die Gemeinde Wien muss ...!), weil es in der Stadt Innsbruck weniger städtische Wohnungen als in der Ge­meinde Wien gibt, die Mietverhältnisse üblicherweise kein Problem darstellen und die privaten Vermieter und Mieter so wenig wie möglich streiten wollen. Und das scheint zu funktionieren. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

11.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. Er hat das Wort.

 


11.37

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist schon so, dass der überwiegende Teil dieses Außer­streitgesetzes auch hier im Haus außer Streit steht. Es ist aber gerade der Teil der mietrechtlichen oder wohnrechtlichen Regelungen, der hier zu Diskussionen führt. Für mich ist es bezeichnend, dass sich der Justizsprecher der SPÖ zu diesem Thema über­haupt nicht gemeldet hat. (Abg. Dr. Fekter: Er war ja gar nicht da den ganzen Vormittag!)

Er sitzt zeitweise im Saal, aber auf der Rednerliste zu diesem Thema steht er nicht. (Abg. Mag. Wurm: Doch!) – Bis jetzt war es so! Wenn es ihm jetzt einfällt, dann tut es mir ja fast Leid, denn so wichtig sind seine Aussagen sowieso nicht. (Abg. Dr. Jarolim: Sie sind ja so ein raffinierter ...!) – Das hat mit raffiniert überhaupt nichts zu tun. Es zeigt nur, dass Sie sich mit der Materie überhaupt nicht auseinander gesetzt haben, wie Frau Kollegin Hakl bereits gesagt hat. (Abg. Dr. Fekter: Er ist – wie immer – schlecht vorbereitet!) Sie haben ja auch im Ausschuss durch Nichtwissen geglänzt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist ein Lob aus Ihrem Mund!)

Es ist aber interessant, dass die Einzige, die sich dieses Thema besonders zu Herzen genommen hat, die Interessenvertreterin des größten Hausherren Europas ist, die


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Obfrau der Mietervereinigung, Kollegin Bures. Sie meint entgegen dem, was in den Ge­setzesregelungen steht, dass für die Mieter der Zugang zum Recht verteuert wird.

Jetzt mögen der Justizminister und seine Beamten ein bisschen weghören, wenn ich sage, die größte Hürde zum Zugang zum Recht der Mieter ist das Recht selbst. Ich muss Ihnen sagen: Man braucht ja einen Schriftgelehrten, um das zu verstehen und zu interpretieren, was mit den vielen gesetzlichen Regelungen gemeint ist. (Abg. Dr. Pus­wald: Sie sind kein Mieter?! Stimmt das?) – Jetzt darf der Justizminister wieder zu­hören.

Es ist also laut Bures so, dass der Zugang zum Recht bisher kostenlos war. So kosten­los, wie er bisher war, ist er für einen Großteil der Fälle sowieso, weil 85 Prozent oder fast 90 Prozent der Fälle ohnehin bei der Schlichtungsstelle landen (Zwischenrufe bei der SPÖ), deren Tätigkeit – auch wenn es die SPÖ anders trommelt, es gilt hier das Recht und nicht die Aussagen der SPÖ – auch weiterhin kostenfrei bleibt. Der über­wiegende Teil der Fälle – 85 bis 90 Prozent – wird in der Schlichtungsstelle end­er­ledigt.

Natürlich ist es für Frau Kollegin Bures ein Problem, dass es jetzt einen Kostenersatz gibt, weil für den Fall, dass der größte Hausherr Europas, ihr Auftraggeber, die Ge­meinde Wien, solche Fälle verliert, wird er in nächster Zeit den Mietern Kostenersatz zahlen müssen.

Schauen wir uns einmal den bisher gratis ermöglichten Zugang zum Recht an! Ein Mieter hat ein Problem in einem Gebäude und wendet sich an die Mietervereinigung. Der Zugang zum Recht soll kostenlos sein, habe ich gehört. Die Einschreibgebühr beträgt immerhin – es ist nicht so arg wie bei einem Golfklub – 43,60 €. Das ist die erste Hürde, der erste Kostenersatz. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Ich bin kein Golfspieler, Kollege Puswald, aber ich habe ein besseres Handicap als du! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich wiederhole: Die Einschreibgebühr beträgt 43,60 € beziehungsweise 600 S. Die Jah­resgebühr bei der Mietervereinigung macht 36,10 € beziehungsweise 500 S pro Jahr aus. – So weit der bisherige „Gratiszugang“ zum Recht.

Meine Damen und Herren! Dann gibt es noch, so wie bei Versicherungen, wo man das ankreidet, eine „Inkubationszeit“ oder wie das heißt. Das heißt: Wenn man zur Mie­tervereinigung geht und einen Fall gelöst haben will, hat man eine sechsmonatige Wartezeit. Wenn man diese nicht einhält, hat man wieder eine Gebühr von 120 € be­zie­hungsweise 1 650 S zu bezahlen. Also der Zugang zum Recht über die Mieter­ver­einigung kostete bisher im besten Fall 1 100 S beziehungsweise 80 €, und wenn man gleich eine Auskunft braucht, kommen noch einmal 120 € dazu, also man kommt auf 200 €.

Meine Damen und Herren, bleiben Sie direkt bei den Schlichtungsstellen, die für Sie weiterhin gratis sind, und wählen Sie nicht den Umweg über die Mietervereinigung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Ab­geordnete Bures zu Wort gemeldet. Redezeit 2 Minuten. Zu berichtigender Sach­ver­halt, tatsächlicher Sachverhalt – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


11.42

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Der Herr Abgeordnete Neudeck hat behauptet, dass der Auftraggeber der Mietervereinigung die Gemeinde Wien ist. – Diese Behauptung ist falsch!


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Ich stelle richtig: Auftraggeber der Mietervereinigung sind jene Menschen, die Hilfe- und Ratsuchende sind, und die werden von der Mietervereinigung bei Gericht und beim OGH erfolgreich vertreten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Aber was ist mit den Kosten? Die Kosten stimmen! – Abg. Scheibner: Sehr teuer das Ganze!)

11.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.43

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Es geht mir nicht so sehr darum, den Herrn Kollegen Neudeck hier nicht zu enttäuschen. Es ist von Kollegen Neudeck und Frau Kollegin Hakl erstaunlicherweise doch einiges von Sachkompetenz gesprochen worden, und ich darf nach den Debattenbeiträgen der beiden, die hier heute geliefert wurden, mein Verständnis dafür zum Ausdruck bringen, dass sie im Ausschuss nichts gesagt haben.

Herr Bundesminister! Ich bin erstaunt, mit welcher Unsachlichkeit und mit welcher nahezu schon betonenswerten Ausfälligkeit Sie heute hier gegen die Mietervereinigung zu Felde gezogen sind. Ich sage das deshalb, weil wir im Ausschuss, wo ich mich eigentlich mit der Mehrheit schon in einem Boot gesehen habe, festgestellt haben, dass Sie sich in puncto Unseriosität und Machtgier jedenfalls von den jüngsten Pro­jekten des Innenministers Strasser sehr angenehm abheben. (Abg. Dr. Fekter: Das war gestern, Herr Jarolim! Haben Sie wieder etwas verschlafen?) Ich weiß nicht, ob das heute noch nach dem, was Sie hier im Zusammenhang mit dem Mieterschutz ge­sagt haben, aufrechterhalten werden kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollegin Fekter! Damit man da einer Legendenbildung entgegentreten kann, darf ich Ihnen sagen: Sie sind in der letzten Ausschusssitzung, was die Debatte, ob das Miet­rechtsgesetz oder das Außerstreitgesetz verabschiedet werden muss, mit einer beson­deren Hektik vorgegangen. Das ist bemerkenswert, denn dieses Gesetz tritt ja erst mit 1. Jänner 2005 in Kraft, und insofern ist Hektik völlig unverständlich. Der wahre Grund dafür war, Kollegin Hakl, dass Sie einen Abänderungsantrag eingebracht haben, über den nahezu alle Experten, die ihn durchgelesen haben, geschmunzelt haben.

Wenn Sie für sich in Anspruch nehmen, einen derartigen zu beschmunzelnden Antrag einzubringen, dann müssen Sie der Opposition zugestehen, dass sie für sich bean­sprucht, dass es eigentlich sie war, die wieder einen gewissen Grundkonsens und Sach­lichkeit in die Debatte über diese Gesetzesmaterie hineingebracht hat, und darauf können wir stolz sein. An dieser Stelle danken wir auch dem Herrn Bundesminister, der jedenfalls in der damaligen Debatte doch durch Sachbeiträge bestochen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Zwei Sachen möchte ich Ihnen jetzt aber schon noch sagen: Ich glaube, das Außerstreitgesetz steht in seiner Hauptmaterie außer Streit, wiewohl Ihre Bemühungen im Ausschuss – und das, Frau Kollegin Fekter, muss man auch sagen –, aus dem Außerstreitgesetz ein Streitverstärkungsgesetz zu machen, bemerkenswert waren, aber die sind Gott sei Dank gescheitert, und daher möchte ich darauf jetzt gar nicht näher eingehen.

Aber für jene – auch für den Kollegen Tancsits, der sich hier heute als Mieter­nicht­ver­treter besonders etabliert hat – darf ich die Stellungnahme des OGH vorlesen, der ja nicht irgendeine Organisation ist, die willkürlich Statements von sich gibt, die nicht nachvollziehbar sind, und zwar die Stellungnahme zum jetzigen Mietrechtsentwurf, den wir ablehnen. Der OGH sagt in seiner Stellungnahme Folgendes – ich zitiere –:


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„Der eben erwähnte spezifische sozialpolitische Auftrag“ – der OGH bekennt sich zu einem sozialpolitischen Auftrag, Sie offenbar nicht – „des wohnrechtlichen Außerstreit­verfahrens erfordert allerdings die Beibehaltung des Ausschlusses des Ersatzes der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung mit Ausnahme von Mutwillensfällen.“ – So weit die OGH-Stellungnahme.

Für diejenigen, die es nicht verstanden haben, möchte ich dazusagen: Das ist das Ge­genteil von dem, was Sie heute hier beschließen wollen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Kollegin Fekter! Sie finden es in den Materialien, lesen Sie es durch! Ich würde Sie wirklich ersuchen, dass wir auf dieser Basis diskutieren. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Der OGH sagt des Weiteren – ich zitiere –: „Die Neuregelung ist daher grundsätzlich abzulehnen“ – dass man einen OGH dazu kriegt, sich zu überwinden, solche dra­matischen Worte zu sprechen, bedarf auch schon einiger nicht unwesentlicher Grün­de –, „wenn man unterstellt“ – und das ist eben nicht der Fall –, „dass der Gesetzgeber sozialpolitisch am Mieterschutz festhalten will.“

Also wenn er daran festhalten will, dann müsste man Ihren Vorschlag ablehnen. Wenn Sie ihn aufgeben wollen, dann sind Sie auf dem richtigen Weg, Herr Kollege Tancsits. Sie sollten dann aber als Mietervertreter auch sagen, dass Sie da einen völlig anderen Weg verfolgen, oder Sie sollten sich schämen, hier die Öffentlichkeit falsch informiert zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Letztes noch, um die ganze Unseriosität dieser Debatte zum Vorschein zu bringen: Herr Bundesminister! Es wurde in der APA darüber berichtet, dass Sie – zugegeben, dass war schon vor längerer Zeit, nämlich im September 2000, aber immerhin, dieser Vorfall hat stattgefunden – eine Fülle von Verfahren gegen eine Hauseigentümerin ge­führt haben und sich dabei als Anwalt Ihrer eigenen vorhandenen Kapazität sehr wohl bedienen konnten. In dieser APA-Meldung steht drinnen – ich zitiere –:

„Die Frau des Hausbesitzers, Helga Kohl, erklärte dazu: ‚Es wurde wiederholt versucht, mich einzuschüchtern. Auch mein Rechtsanwalt wurde unter Druck gesetzt. Herr Böhm­dorfer versucht mit allen Mitteln, die Klagen abzuwenden, weil er Haftungen’“ und so weiter befürchtet.

Wir wollen diesen Druck nicht, sondern wir wollen eine Mietervereinigung, die sachlich hilft. Herr Bundesminister, das nehmen Sie bitte zur Kenntnis! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend das Außer­streit­gesetz samt Titel und Eingang in 268 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig an­genommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass diese Vorlage auch in dritter Lesung einstimmig angenommen ist.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag betreffend Evalu­ierung der neuen Kostenersatzregelungen des Außerstreitgesetzes, der im Zusam­men­hang mit dieser Vorlage von den Abgeordneten Dr. Jarolim, Mag. Stoisits, Dr. Fek­ter und Dr. Partik-Pablé eingebracht wurde.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die mit diesem Entschließungsantrag einver­standen sind, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Ich stelle fest: Dieser Ent­schließungsantrag ist einstimmig angenommen. (E 26.)

Als Nächstes stimmen wir ab über den Gesetzentwurf betreffend das Außerstreit-Begleitgesetz samt Titel und Eingang in 225 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage: Außerstreit-Begleitgesetz, ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Diese Vorlage ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zu­stimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Diese Vorlage ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend das Wohnrechtliche Außerstreitbegleitgesetz samt Titel und Eingang in 249 der Beilagen.

Ich darf wiederum bitten, dass diejenigen Damen und Herren, die der Vorlage 249 der Beilagen zustimmen wollen, dies entsprechend bekunden. – Ich stelle fest, dass diese Vorlage in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen wurde.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Diese Vorlage ist auch in dritter Lesung mit Stim­menmehrheit angenommen.

4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (250 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und die Reise­gebührenvorschrift 1955 geändert werden (273 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (234 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG) und das Bundesgesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (Gerichtsgebührengesetz – GGG) geändert werden (274 d.B.)


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6. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (235 d.B.): Bundes­gesetz über die Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land nach Traun und die Än­derung des Jugendgerichtsgesetzes  1988 (275 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (251 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Sicherheiten auf den Finanzmärkten (Fi­nanz­sicherheiten-Gesetz – FinSG) erlassen wird und das Bundesgesetz über das internationale Privatrecht geändert wird (272 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (176 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch zur Umsetzung der Fair Value-Richtlinie geändert wird (Fair Value-Bewertungsgesetz-FVBG) (271 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun kommen wir in der Tagesordnung zu den Punkten 4 bis 8. Die Debatte darüber wird unter einem durchgeführt.

Gibt es einen Wunsch nach Berichterstattung in mündlicher Form? – Dies ist nicht der Fall.

Damit gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erste Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minu­ten eingestellt. – Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete.

 


11.52

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich darf Ihnen gleich zu Beginn meiner Rede mitteilen, dass wir von diesen insgesamt fünf Tagesordnungspunkten, die jetzt hier unter einem verhandelt werden, vier Tagesordnungspunkten zustimmen wer­den. Die Begründung der Zustimmung zu den beiden Finanzgesetzen wird Herr Mag. Kog­ler dann später noch bringen.

Die Änderung der Jurisdiktionsnorm, der Zivilprozessordnung und der Reisegebühren­vorschrift findet auch die Zustimmung der Grünen. Schon im Justizausschuss wurden die Fragen zur Zufriedenheit der Opposition beantwortet, wobei Zufriedenheit heißt, dass sie unser Abstimmungsverhalten positiv beeinflussend beantwortet wurden.

Ebenso stimmen wir dem Gerichtsgebührengesetz zu. Im Wesentlichen stellen diese beiden Gesetze eine durch EU-Richtlinien gebotene Änderung der österreichischen Ge­setze dar.

Wo wir bereits im Justizausschuss eine kontroversielle Diskussion hatten, das ist der Tagesordnungspunkt 6: Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land nach Traun und Änderung des Jugendgerichtsgesetzes, wobei das Reizwort in diesem Fall Jugend­gerichtsgesetz heißt. Die Grünen sprechen sich nicht gegen das Gesetz betreffend die Verlegung des Bezirksgerichts Linz-Land aus. Ich bin zwar nicht so im Detail orts­kundig in Oberösterreich, aber mir erscheint diese Änderung durchaus plausibel, wiewohl dadurch natürlich gewisse Gewohnheiten, die sich über Jahrzehnte aufgebaut haben, jetzt abgeändert werden, worüber einige vielleicht nicht so glücklich sind, aber dafür hat ein Großteil der Bevölkerung, nämlich alle Menschen, die im Großraum Traun leben, Vorteile.


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Was jedoch unsere Ablehnung findet, ist die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes, die eine Folge der Zerschlagung des Jugendgerichtswesens in Österreich ist. Das haben wir ja im Frühjahr dieses Jahres höchst kontroversiell hier diskutiert, Herr Bun­desminister. Die Folgen dieser Ihrer Entscheidung, die sich nur auf eine Beharrlichkeit oder Sturheit Ihrerseits, sich Argumenten zu verschließen, zurückführen lässt, sind quasi eine logische Weiterführung dieses Konzepts.

Die Versicherung Ihrerseits, dass der Präsident des OLG-Linz Ihnen versprochen be­ziehungsweise zugesagt hat, dass es keine negativen Folgen dieser Einrichtung im Bezirksgericht Linz und Linz-Umgebung deshalb nicht geben wird, weil die eine Richter­stelle sozusagen zwar geteilt wird, aber in einer Person verbleibt, ist die einzige positive Meldung dazu. Aber, wie wir bereits im Ausschuss vermerkt haben, die Sicherheit für solche Zusagen beziehungsweise Versprechungen gibt es nicht. Es kann der nächste OLG-Präsident seine Meinung ändern, und dann ist nicht mehr sicher­gestellt, dass sich die Kompetenz für das Spezialwissen dort und für die Speziali­sierung dort in einer Person vereinigt. Der Schaden ist dann nicht mehr abzuwenden, und deshalb ist es nur konsequent, von unserer Seite – und da sind wir nicht stur, sondern konsequent – diese Änderung abzulehnen.

Als Ceterum censeo, Herr Minister: Das, was Sie in den letzten Wochen und Monaten über die Situation in der Justizanstalt Josefstadt hier gesagt haben, die ja jetzt auch den Jugendgerichtshof beherbergt – jetzt beziehe ich mich nicht auf die gerichts­organi­satorischen Fragen, sondern nur auf die Frage der Unterbringung –, steht meiner Mei­nung nach in krassem Widerspruch zu dem, was Sie immer in der Öffentlichkeit als tat­sächliche Situation weiszumachen versuchen, indem Sie es so darstellen, als ob jetzt im österreichischen Jugendstrafvollzug, und zwar vor allem in Bezug auf U-Häftlinge, alles so wunderbar wäre, wohingegen es vorher in Erdberg so schrecklich gewesen wäre.

Ich gebe zu, es war in Erdberg einiges nicht in Ordnung, aber es ist vor allem am Un­willen auch der Justizverwaltung gescheitert, es dort zu korrigieren (Zwischenbe­mer­kung von Bundesminister Dr. Böhmdorfer), und zwar durch zusätzliche Maßnah­men. Sie haben einem weltweiten Modellfall, nach welchem sehr viele Länder das öster­rei­chische Jugendgerichtswesen kopiert haben, sein Ende beschert. Ich habe es Ihnen, Herr Bundesminister, schon im Ausschuss gesagt: Das wird Ihnen hoffentlich noch viele schlaflose Nächte bereiten. Ich meine das nicht in gesundheitlicher Hinsicht, Herr Bundesminister, sondern nur dahin gehend, dass Sie deswegen Ihr schlechtes Gewis­sen belasten wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. –Bitte, Herr Kollege.

 


11.58

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Vorlagen in dieser De­batte Stellung nehmen.

Das Finanzsicherheiten-Gesetz sieht in der Umsetzung einer EU-Richtlinie über Finanz­sicherheiten vor, dass es für bestimmte Wertpapiere, die auf den Finanzmärkten eingesetzt werden, vereinfachte Verwertungsverfahren gibt. In einem ersten Schritt soll sich der Anwendungsbereich des Gesetzes auf professionelle Akteure beschränken, also auf Banken und Versicherungsunternehmen.

Die EU-Richtlinie hätte allerdings auch vorgesehen, dass neben den professionellen Akteuren auch juristische Personen einer Personengesellschaft, auch Einzelunter-


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nehmen einbezogen worden wären. Dies hätte allerdings bedeutet, dass Wirtschafts­unternehmen unabhängig von der Rechtsform und der Betriebsgröße dem neuen Re­gime unterworfen worden wären.

Das hat etwas für sich, weil andere Staaten auch diesen Weg gehen. Die öster­reichische Kreditwirtschaft wünscht sich internationale Standards, und es kann durch­aus auch Vorteile für den Kreditwerber selber bringen, wenn er zusätzliche Sicher­heiten anbieten kann.

Wir gehen diesen Weg vorläufig nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer­seits gibt es Bedenken aus der Sicht des Gläubigerschutzes, und andererseits wollen wir unsere klein- und mittelständische Wirtschaft nicht in Abhängigkeiten bringen, die wir uns selbst nicht wünschen.

Dass diese Vorsicht richtig ist, zeigt auch die Diskussion in anderen Ländern, beson­ders jene in der Bundesrepublik Deutschland, wo mittlerweile sehr massive Forderun­gen bestehen, zum Schutz des Mittelstandes ähnliche Regelungen einzuführen, wie wir sie mit unserer heutigen Beschlussfassung vorschlagen.

Dieser unser heutiger Weg deckt sich mit vielen Wegen und vielen Vorgangsweisen dieser Koalition. Es soll niemand von vornherein Gefahr laufen, unter die Räder zu kommen. Das ist der Grund, warum wir da Vorsicht walten lassen wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Fair Value-Bewertungsgesetz sieht Bilanzierungsregeln für Unternehmen vor, die den Abschluss nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufstel­len. Zweitens wären in der Richtlinie auch Auflagen für die Abschlussprüfung vor­ge­se­hen gewesen, was ja mittlerweile noch diskutiert wird. Und genau dieser Punkt betrifft eine Frage, mit der sich vor allem Herr Kollege Matznetter auseinander setzen und für die er sich besonders interessieren sollte, denn ich meine, dass ihn seine Vergan­genheit eingeholt hat. (Rufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Steibl: Wo ist denn der Matznetter jetzt? – Gegenruf bei der SPÖ.)

Kollege Matznetter war in den Jahren 1997 bis 1999 Steuerberater des skandal­um­witterten SPÖ-nahen Vereins „Euroteam“, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Rufe bei der ÖVP: Da schau her! – Abg. Dr. Fekter: Der ist auch verstrickt in diese Sache!)

Ich zitiere jetzt aus dem „FORMAT“ vom 7. November 2003, in dem es heißt:

„Matznetter war in den Jahren 1997 bis 1999 für das Rechnungswesen von Euroteam zuständig. So auch bei vier Projekten, die nun von der Staatsanwaltschaft laut der FORMAT exklusiv vorliegenden Anklageschrift als ‚Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Betrugs‘ und ‚Verbrechen der Bestimmung zur Untreue‘ angeklagt werden.“ (Abg. Steibl: ... Verschwendung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Par­tik-Pablé: Wo ist denn der Matznetter? Da ist er hinausgegangen! – Gegenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: „Schwerer Betrug“ ist das bereits genannt worden! Ein tiefer Sumpf ist das ...! Und Jarolim war der Anwalt! – Gegenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich danke in diesem Zusammenhang aus­drücklich der Staatsanwaltschaft, namentlich Herrn Dr. Schön, dass es möglich war, sich in sehr kurzer Zeit durch diesen Skandal-Dschungel durchzuarbeiten und die An­kla­geschrift fertig zu stellen! (Abg. Dr. Fekter: Schwerer Betrug!) – Ja, schwerer Be­trug. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Gaßner, ich darf daran erinnern: Wir haben im Untersuchungsausschuss versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. (Abg. Öllinger: Die ÖVP eher nicht! – Abg.


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Mag. Gaßner: Bleiben Sie bei der Wahrheit!) Das war leider nicht möglich, weil sich die Opposition nämlich damals schon verweigert hat. (Abg. Mag. Gaßner: Bleiben S’ bei der Wahrheit, Herr Kollege!)

Sie wissen, Herr Kollege: Die „Euroteam“-Gruppe hat von der Republik Österreich „För­derungen in Höhe von 92,293 Millionen Schilling bezogen“. „Mehr als ein Drittel davon, nämlich 31,795 Millionen, dienten laut Staatsanwaltschaft bloß einem Ziel: ... die ‚wiederkehrende Begehung schwerer Betrügereien‘ und die ‚Abschöpfung von Budgetmitteln ...‘“ zu erreichen. – Zitat aus dem „FORMAT“, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Dr. Wittmann: Zur Sache! Was hat das mit diesem Tages­ordnungspunkt zu tun?)

Und wer war Steuerberater in dieser Zeit? – Herr Kollege Matznetter! (Abg. Dr. Fekter: Er hätte wissen müssen, was da passiert!) Matznetter ließ sich sogar ein Inserat von den Auftraggebern bezahlen, und zwar mit dem Wortlaut: Von ihm kann man etwas lernen!  – Bezahlt wurde damals vom AMS, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Die Frage, die im Raum steht – und da deckt sich auch meine Frage mit der des „FORMAT“ –: Wie viel Einblick hatte Matznetter? War er informiert über die Mal­versationen von „Euroteam“? (Abg. Dr. Fekter: Als Sachverständiger muss Matznetter gesehen haben, dass ...!) Ich kann sagen, ja, Matznetter war involviert, ist er doch im Jahre 1999, als das sozusagen schon am Höhepunkt war, der Firma nochmals zur Seite gesprungen und hat die Bilanzen neu aufgestellt. (Ruf bei der SPÖ: Zur Sache!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich gibt es in diesem Zusammenhang zwei mögliche Erklärungen. Erstens: Herr Kollege Matznetter versteht sein Handwerk als Steuerberater nicht, denn sonst hätte er doch auf Grund der Saldenbilanzen und der Kontierungen sehen müssen, woher das Geld kommt und wohin es geht. Und wenn Differenzen von 30 Millionen € auftauchen (Abg. Dr. Fekter: Schwerer Betrug!), dann hätte das einem rechtskundigen Steuerberater auffallen müssen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Zweitens – wenn diese Feststellung nicht stimmen sollte –: Matznetter hatte sehr wohl Einblick in die Vorgänge und hat seine Klientel dabei unterstützt, die Vorgänge in den Bilanzen zu verschleiern. (Ruf bei der ÖVP: Ungeheuerlich!)

Ich zitiere nochmals das „FORMAT“: Matznetter „sprang den Euroteam-Gründern noch im Sommer 1999 hilfreich zur Seite ...“.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In beiden Fällen eine schlechte, eine er­schütternde Bilanz, die Kollege Matznetter zu legen in der Lage ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als nächster Redner Herr Abge­ordneter Mag. Maier. – Herr Abgeordneter, ich traue mich jetzt nicht zu sagen, Sie sollen zur Sache sprechen, weil eben das, was vorgebracht wird, natürlich auch im nächsten Diskussionsbeitrag widerlegt werden kann. Entweder hätte ich schon vorher zur Sache rufen müssen (Abg. Dr. Fekter: Das hat mit Bilanzen ... zu tun, und Matz­netter hat die Bilanz gemacht!) – oder ich muss eben beiden Gelegenheit geben, Stel­lung dazu zu nehmen.

Bitte, Herr Abgeordneter Maier.

 


12.05

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschäftigen uns hier mit


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einigen Materien aus dem Justizbereich, und ich darf sagen: Die Sozialdemokratische Partei wird diesen Vorlagen grundsätzlich zustimmen.

Herr Bundesminister! Wir sind froh, dass es im Justizausschuss einen Abänderungs­antrag zum Finanzsicherheiten-Gesetz gegeben hat. Wäre das in der alten Regie­rungs­vorlage beschlossen worden, hätten wir Sozialdemokraten dem nicht zuge­stimmt.

Wir von der SPÖ stimmen dem Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher und das Bundesgesetz über die Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren geändert werden, zu. Ich möchte aber diese Gelegenheit dazu wahrnehmen, auch hier im Hause auf die großen Probleme im Sachverständigenbereich, insbesondere im strafgericht­lichen Verfahren, zu verweisen.

Herr Bundesminister! Wir haben Probleme bei den Kosten, die von den Sachver­stän­digen berechnet werden. Kostenvorschreibungen werden kaum beeinsprucht. Wir er­warten uns sehr klar und sehr deutlich, dass seitens der Justizverwaltung derartige Forderungen von gerichtlich beeideten Sachverständigen auch entsprechend überprüft werden.

Das Zweite ist die Dauer. Wie lange muss das Gericht warten, bis Sachverständige mit ihrem Sachverständigenerkenntnis kommen? Es ist teilweise untragbar für die Justiz, dass Monate auf deren Sachverständigengutachten gewartet werden muss.

Der dritte Problembereich betrifft die Art und Weise, wie Sachverständige mit Beweis­mitteln umgehen. Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie kennen die Problematik seit dem Fall Tibor Foco. – In Salzburg haben wir das Problem mit Kaprun, wo einerseits Beweismittel im Bereich der Polizei gelagert wurden, dann bei Sachverständigen – und niemand wusste, welche Beweismittel tatsächlich jemand hatte.

Herr Bundesminister! Wir erwarten uns, dass erlassmäßig die Tätigkeit der Sach­verständigen hier im Detail geregelt wird, denn alle derartigen Problembereiche sind ein Nachteil für die Justiz, ein Nachteil für die Rechtsstaatlichkeit – und darüber hinaus wird das Ansehen der Justiz international beschädigt. Ich denke da etwa nur an den Kaprun-Prozess.

Herr Bundesminister! Ich möchte aber diese Gelegenheit auch dazu nutzen, auf ein be­sonderes Problem hinzuweisen. Wir Sozialdemokraten haben für heute hier einen Entschließungsantrag vorbereitet, und zwar einen betreffend Gerichtsgebührengesetz, Änderung der Rechtsansicht. Tausende Wohnungseigentümer in Österreich sind da­von betroffen.

Ich lese Ihnen jetzt ein Schreiben vor, das ich Anfang Oktober bekommen habe und in dem es heißt:

Ich wurde vor kurzem von meinem Bezirksgericht Saalfelden aufgefordert, Unterlagen bezüglich meines Einfamilienhauses, das 1998 mittels Wohnbauförderungskredit er­richtet beziehungsweise wo im Grundbuch für dieses Darlehen eine Hypothek, zum damaligen Zeitpunkt von der Eintragungsgebühr befreit, eingetragen wurde. Jetzt wur­de vom Bezirksgericht eine Zahlungsaufforderung über 1,2 Prozent Eintragungs­gebühr für das Pfandrecht samt Nebengebühren geschickt, die ich heute erhielt. – Zitatende.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Davon sind in Österreich x-tausende Wohnungseigentümer und Häuslbauer betroffen, die eine Subjektförderung erhalten haben und von Gerichtsgebühren befreit waren. Hintergrund dieser Forderung


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des Justizministeriums ist eine geänderte Rechtsansicht, nicht jedoch eine Änderung der Rechtslage.

Wir werden diesen Antrag, Herr Bundesminister – das sage ich in Absprache mit den Justizsprechern –, heute hier nicht abstimmen lassen, weil wir meinen, dass rasch eine Lösung für diese Menschen gefunden werden muss. Im Bundesland Salzburg sind laut Auskunft der Abteilung 10 der Landesregierung 3 500 bis 4 000 Wohnungseigentümer davon betroffen. Die Forderungen betragen zwischen 2 000 und 7 600 €.

Letztendlich, Herr Bundesminister, geht es nur um die Frage, ob diese Verwaltungs­ge­richtshof-Entscheidung auch auf neu errichtete Wohnungen anwendbar ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, ich appelliere an Sie, auch an Sie, Herr Bundesminister Böhmdorfer – ich weiß, am Montag gibt es diese Ge­spräche –, das einer Regelung zuzuführen, denn es ist unerträglich, wenn rück­wirkend Familien gegenüber Forderungen gestellt werden, die nicht klein sind, geht es dabei doch – um das noch in Schilling auszudrücken – um Forderungen bis zu 100 000 S. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.10

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass Herr Abgeordneter Trinkl im Zusammenhang mit dem Fair Value-Bewertungsgesetz, das wir jetzt behandeln, den „Euroteam“-Untersuchungsausschuss angeschnitten hat: Wir hatten ja leider keine Chance, das Ergebnis oder zumindest einen Zwischenbericht über „Euroteam“ ... (Abg. Dr. Puswald: Zur Sache, Frau Kollegin!) Das ist die Sache! Aufpassen, Herr Abge­ordneter!

Nochmals: Wir hatten keine Gelegenheit, das Thema „Euroteam“ hier zu behandeln. (Abg. Öllinger: Stimmt!) Da ich die Vorsitzende dieses Untersuchungsausschusses war, möchte ich nur sagen: Dort haben sich wirklich Abgründe aufgetan (Abg. Dr. Ja­rolim: Können Sie uns über Ihren Geburtstag auch etwas erzählen? – weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ), wie in dieser Causa leichtfertig mit Steuergeldern umge­gan­gen wurde! (Abg. Dr. Jarolim: Zur Sache!)

Herr Abgeordneter Jarolim, Sie waren ja am Anfang auch in diesem Untersuchungs­ausschuss; Sie kennen die Vorwürfe. – Dann allerdings mussten Sie gehen, weil Sie auf eine gewisse Art und Weise selbst in diese Sache verwickelt waren! (Zwischenruf bei der SPÖ.) Sie, Herr Abgeordneter Jarolim, konnten ja dort gar nicht verfolgen, was da noch alles herausgekommen ist! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Und dann stellte sich heraus, dass der Rechnungsprüfer für diese „Euroteam“-Firmen niemand anderer als der Budgetsprecher der SPÖ, Herr Kollege Matznetter war! (Abg. Dr. Fekter: Das ist der SPÖ-Sumpf! – Gegenrufe der Abgeordneten Dr. Puswald und Dr. Jarolim.) Da frage ich mich wirklich: Was qualifiziert Kollegen Matznetter, sich hier immer wieder quasi als der steuerpolitische Oberlehrer hinzustellen, der Finanzminister Grasser sehr gerne auf die Finger klopft und immer alles besser weiß, wenn er, Matz­netter, das „Euroteam“-Unternehmen geprüft hat, wo immerhin jetzt gegen den Haupt­verantwortlichen eine Anklage von der Staatsanwaltschaft Wien ergangen ist, die ihn schwerster Verbrechen verdächtigt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Puswald: Den Kollegen Matznetter – oder wen meinen Sie? Wissen Sie überhaupt, wovon Sie re­den?)


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Ich, Herr Abgeordneter Puswald, weiß genau, wovon ich spreche, und ich weiß auch, wovon ich spreche, wenn ich Ihnen beziehungsweise Kollegem Matznetter jetzt noch etwas vorhalte. (Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Ja wo ist er denn?) Kollege Matznetter hat es vorgezogen, jetzt nicht hier zu sein. (Abg. Dr. Wittmann: Jetzt weiß ich, warum Sie in Wien nicht gewählt wurden! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ihnen von der SPÖ beziehungsweise Herrn Kollegem Matznetter halte ich vor, dass er sich auf Kosten der Steuerzahler, und zwar auf Kosten des Arbeitsmarktservice, auch noch Farbinserate hat zahlen lassen! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das heißt also, Matznetter weiß überhaupt nicht, wie man sorgfältig mit Steuergeldern um­geht, versucht aber hier, den sorgfältigen Budgetsprecher zu spielen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Und bilanzieren kann er auch nicht! – Gegenrufe der Abge­ordneten Dr. Puswald und Dr. Jarolim. – Abg. Scheibner – in Richtung SPÖ –: Wa­rum seid ihr denn so nervös?)

Klopfen Sie von der SPÖ sich lieber an die Brust – und versuchen Sie, eine Änderung in Bezug auf Ihre Bereichssprecher durchzuführen, statt dass Sie mir da immer dazwi­schen reden, Herr Abgeordneter! (Die Abgeordneten Dr. Jarolim und Dr. Puswald: Sie sollen zur Sache reden ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dass Ihnen das alles unangenehm ist, was ich sage, das sehe ich schon ein, denn wer will sich schon gerne vorhalten lassen, dass der Budgetsprecher Farbinserate auf Kos­ten des AMS für seine Treuhandfirma schalten lässt! Damit Sie es noch einmal wissen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ: Zur Sache!)

Aber vielleicht beruhigen Sie sich wieder, und ich komme jetzt zu einem weniger emotionalen Thema, und zwar zu einem anderen aus dem Justizkapitel, das wir heute besprechen. Es geht um die Beweisaufnahme im Ausland ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Präsident, es wird immer wieder gesagt, man soll einen Redner nicht unterbre­chen. SPÖ-Abgeordnete und Abgeordnete von den Grünen sind sogar in die Präsidiale damit gegangen und haben sich darüber beschwert, Freiheitliche würden durch Zwi­schenrufe sexistisch handeln, weil weibliche Abgeordnete hier am Sprechen gehindert würden. Ich aber, Herr Präsident, werde jetzt dauernd ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, da Sie nur eine Redezeit von 5 Mi­nuten haben – ich gebe Ihnen noch eine dazu –, wollte ich Sie nicht unterbrechen. Aber ich rüge – in Ihrem Sinne – gerne zu viele Zwischenrufe, die einen Redner per­ma­nent stören, muss aber auch sagen, dass ich genau zugehört habe, ob es irgend­einen Versuch, einen Konnex zur Reisegebührenvorschrift, zur Jurisdiktionsnorm, zur ZVO herzustellen, gegeben hat. Das konnte ich jedoch nicht wahrnehmen, wenn man über die Qualitäten eines Abgeordneten als Wirtschaftssprecher spricht.

Ich bitte die Kollegen, jetzt nicht zu unterbrechen (Abg. Dr. Jarolim: Das ist sehr schwer!) – und Frau Kollegin Partik-Pablé hat ohnehin schon angekündigt, dass sie jetzt das Thema wechselt. Wir können das jetzt ganz harmonisch weiterführen.

Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (fortsetzend): Ich wollte noch ein paar Worte dazu sagen, dass es jetzt, mit einer Änderung der Jurisdiktionsnorm besser möglich sein wird, Beweisaufnahmen, die nur im Ausland gemacht werden dürfen, zu machen: beispielsweise Zeugeneinvernahmen eines Zeugen, der im Ausland lebt, oder auch Hausdurchsuchungen, und so weiter.


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Da haben wir ja bisher mit Rechtshilfeersuchen arbeiten müssen – und mit manchen Ländern hat das gut funktioniert, mit anderen Ländern hingegen nicht. Oft musste man jahrelang warten, bis ein Rechtshilfeersuchen beantwortet wurde. Jetzt wird es, und zwar über Initiative der EU, die Möglichkeit geben, dass ein ausländisches Ermittlungs­organ, also ein Richter bei uns in Österreich oder auch ein österreichischer Richter im Ausland selbst, bei einem Mitgliedstaat die Erhebungen durchführt, und zwar unter ganz bestimmten Bedingungen. Das ist eben hier in der Änderung der Jurisdik­tions­norm enthalten, und ich glaube, das wird auf alle Fälle dazu beitragen, dass Verfahren beschleunigt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.16

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte. (Abg. Dr. Matznetter betritt soeben den Sitzungssaal! – Ruf bei der ÖVP: Da ist er ja! Jetzt können wir ihn fragen ...!)

 


12.16

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte an die Ausführungen von Kollegin Partik-Pablé anschließen (Abg. Dr. Puswald: Das würde ich nicht!) und sagen, dass ich auch jene internationale Regelung für sehr bedeutend halte, wonach wir im Hinblick auf Beweisermittlungen neue Regelungen schaffen.

In der Jurisdiktionsnorm, im Zivilprozess und in der Reisegebührenvorschrift regeln wir ge­mäß einer Verordnung der EU, nämlich der Verordnung 1206/2001, genau: vom 28. Mai 2001, jene Maßnahmen, welche es ausländischen Gerichten erlauben, hier bei uns in Österreich Beweise aufzunehmen – oder eben umgekehrt, dass unsere Ermittler in den EU-Staaten Beweisaufnahmen machen können: über das Instrument der Rechts­hilfe, das ja an und für sich bekannt ist, hinaus.

In diesem Zusammenhang weiten wir diese Arbeit nicht nur auf EU-Staaten aus, sondern auch – unter ganz strengen Genehmigungskriterien – auf andere Länder. Ausländische Gerichte können dann bei uns tätig sein, wenn erstens Gegenseitigkeit besteht; das heißt, wenn wir bei ihnen tätig werden dürfen, dürfen sie es auch bei uns. Zweitens: wenn es gegen keinerlei Grundrechte verstößt; das heißt, unsere Rechts­staat­lichkeit lassen wir uns nicht antasten. Und drittens: wenn es keine Zwangs­maß­nahmen betrifft, wie zum Beispiel Hausdurchsuchungen oder Haftbefehle. Und viertens kann natürlich der österreichische Richter anwesend sein, wenn Befragungen direkt im Rahmen der Ermittlungen geschehen.

Insbesondere an der Gegenseitigkeit sind wir interessiert, weil ja auch unsere Gerichte gelegentlich Beweise im Ausland aufnehmen möchten. Wir geben mit dieser Novelle – das hat Kollegin Partik-Pablé schon erwähnt – einen Teil unserer Souveränität auf, wenn wir fremden Gerichten erlauben, bei uns tätig zu werden. Wir geben aber nicht unsere rechtsstaatlichen Grundprinzipien auf. Daher glaube ich, dass man dieses Prin­zip auch für die Zukunft beibehalten muss, nämlich: internationale Zusammenarbeit ja – aber nicht auf Kosten unserer Rechtsstaatlichkeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


12.19

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Einige der Ausführungen,


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die von Vorrednerinnen und Vorrednern von sich gegeben wurden, muss man schon ein bisschen ins rechte Licht rücken.

Die Inseratenkampagne, die hier angesprochen wurde, war eine Inseratenkampagne zur Lehrlingsinitiative der Regierung. Und, Herr Abgeordneter Trinkl: Die Testimonials, die dort vorgekommen sind, waren unter anderem die Steuerberatungskanzlei Matz­netter, weil sie zu diesem Zeitpunkt als einzige Steuerberatungskanzlei Lehrlinge aus­ge­bildet hat.

Aber auch Abgeordnete der ÖVP waren dabei, zum Beispiel Frau Abgeordnete Pecher. (Abg. Dr. Fekter: Er hat die Bilanzen gemacht, darum ist sein Name drin!) Auch Unternehmen wie Umdasch waren bei dieser Inseratenkampagne dabei. Daraus etwas zu konstruieren, was einem strafrechtlichen Tatbestand nahe kommt (Abg. Dr. Fekter: ... dort hat es keine Betrügereien gegeben! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), das ist tiefste Schublade und eine bewusste Schlechtmachung eines Ange­hörigen dieses Hauses, ohne dass man einen Zusammenhang herstellen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dass jemand eine Steuerberatung für ein zu diesem Zeitpunkt florierendes Unter­neh­men übernimmt und dass dieses Unternehmen dann irgendwann einmal einen Straf­tatbestand verwirklicht, das kann man doch wirklich niemandem zur Last legen! Ich sage Ihnen, ich habe als Anwalt auch schon Mörder vertreten, und daraus kann man auch nicht konstruieren, dass ich einen Straftatbestand gesetzt hätte. (Abg. Dr. Fekter: Aber er war es doch, der Bilanzen ...! Das ist doch ganz etwas anderes!)

In diesem Sinne sollte man also sehr vorsichtig sein. (Abg. Dr. Fekter: Er hat doch die Bilanzen gemacht!) Das ist tiefstes Niveau, Sie begeben sich immer tiefer in diesen Sumpf und setzen das Niveau immer tiefer. (Abg. Dr. Fekter: Tiefes Niveau ist von der SPÖ!) – Reden Sie nur weiter, Sie reden sich um Kopf und Kragen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu Frau Partik-Pablé möchte ich sagen: Nach ihrem Redebeitrag ist mir klar geworden, warum sie in Wien so ein Wahlergebnis hatte. (Abg. Dr. Fekter: ... aber überhaupt nicht!) Wenn man nur anschüttet, dann wird eben nichts herauskommen. Das ist nun einmal so, und das wird auch immer so bleiben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Zu den Themen, die hier zu behandeln sind: Ich glaube, dass es vernünftig ist, dass wir eine elektronische Liste für die Sachverständigen bekommen. Ich glaube, dass es eine vernünftige Arbeitserleichterung ist – sowohl für die Beamten als auch für die Recht­suchenden –, Klarheit darüber zu haben, wer auf dieser Liste steht. Das ist eine vernünftige Vorgangsweise.

Das gilt, glaube ich, auch für die beiden Gesetze, durch die einerseits die Sicherheit der Finanzmärkte etwas besser geregelt werden soll, nämlich die Verwertung von Wertpapieren erleichtert werden soll; auch das ist eine vernünftige Regelung, die wir übernehmen sollten.

Und auch die Richtlinie, mit der das Bewertungsgesetz geändert wird, die Fair Value-Richtlinie, ist eine durchaus begrüßenswerte Neuerung, die wir heute hier zu be­schließen haben. Sie wird es europäischen Unternehmen in Zukunft wahrscheinlich leich­ter machen, am internationalen Kapitalmarkt außerhalb Europas Gelder zu lukrie­ren. Ich glaube, dass man hier einen richtigen Weg beschritten hat.

Ganz kurz zu dem Gesetz über die Verlegung des Bezirksgerichtes Linz-Land nach Traun und insbesondere die Änderung des Jugendgerichtsgesetzes: Es ist ein Gesetz, das man ablehnen muss, weil wir in Österreich eine vorbildliche Jugendgerichtsbarkeit gehabt haben. Einer Ihrer größten Fehler, Herr Bundesminister, war es, diese Jugend-


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gerichtsbarkeit abzuschaffen. Sie hat international Anklang gefunden, sie hat interna­tional Beachtung genossen, sie ist eine der Vorzeigematerien im österreichischen Justiz­bereich gewesen. Sie haben es leider, leider zerschlagen!

Ich möchte dazu nur noch sagen: Auch die Haftbedingungen für die Jugendlichen sind nicht besser geworden, so wie Sie es gesagt haben. Im Jugendgerichtshof hat es zwar Missstände gegeben, aber im Grauen Haus ist es nicht besser. Jeder hat Sie davor gewarnt, dass es zu Übergriffen oder unangenehmen Situationen dadurch kommen kann, dass die Jugendlichen mit anderen Häftlingen zusammen sind. Komischerweise haben Sie alle diese Warnungen in den Wind geschlagen, und wir alle kennen den Fall des 14-jährigen Rumänen, der dann dort zum Handkuss gekommen ist und der sicher­lich ein Opfer dieser Haftbedingungen im Grauen Haus war.

Daher muss man ganz einfach sagen, es ist nicht in Ordnung, dieses hervorragende System zu zerschlagen und durch ein System, das nicht adäquat ist, zu ersetzen. Das passiert jetzt leider auch noch in Linz. Man hat dort nicht die Fachkompetenz, wenn man das auf alle Linzer Gerichte aufteilt, so wie man sie eben in einem Spezialge­richtshof hat. Die Jugendlichen verdienten sich allemal eine Sonderbehandlung.

Ich glaube, es ist schade, dass man diesen Weg weitergeht, es ist schade, dass man hier einen bewährten österreichischen Justizweg verlässt, und es ist schade, dass man vernünftigen Argumenten nicht zugänglich war. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Großen und Ganzen finden vier der Tagesordnungspunkte, die Gegenstand dieser Debatte sind, unsere Zustimmung, aber dieses Gesetz nicht. Die anderen Punkte sind, wie erwähnt, durchaus eine Erweiterung des Justizbereiches in die richtige Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der stellvertretende Klubobmann der SPÖ macht mich darauf aufmerksam, dass es so gehört wurde, als hätte Frau Abgeordnete Dr. Fekter dem Kollegen Matznetter schweren Betrug vorgeworfen. Ich muss sagen, ich habe es nicht so gehört. (Abg. Dr. Fekter: Nein!) Aber ich werde das anhand des Protokolls überprüfen, und damit ist die Sache geklärt. (Abg. Dr. Fekter: Ich habe das „Euro­team“ ...!)

Ich möchte nur sagen, wie das zu handhaben ist: Jeder im Saal hat das Recht, einen Ordnungsruf zu verlangen. In diesem Fall wäre er zu erteilen, wenn ein Abgeordneter einem anderen Abgeordneten schweren Betrug vorwirft. Ich habe es so nicht gehört, aber ich werde es überprüfen. Wenn ich im Laufe des Tages keinen Ordnungsruf erteile, dann ist es auch nicht so gesagt worden. (Abg. Rädler: Er wird es ja selber wissen, der Kollege! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. Er wird jetzt sicherlich einen Bei­trag dazu leisten, dass man auch eine solche Debatte ganz fair führen kann. – Bitte.

 


12.26

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Herr Präsident, ich danke für Ihr Vertrauen! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich möchte zuerst eine kurze Stellungnahme abgeben, anschließend an Kollegen Trinkl – und jetzt nicht nervös werden, sondern entspannt bleiben, Kollegen von der SPÖ! –, zum Fi­nanz­sicherheiten-Gesetz.

Wir haben uns nach sehr intensiven Diskussionen entschlossen, die Unternehmen, die nicht professionelle Finanzmarktteilnehmer sind, von der Regelung dieses Gesetzes auszunehmen. Allerdings – und darauf möchte ich verweisen: damit beweisen wir auch das große Vertrauen, das wir alle in den Justizminister haben – haben wir auch eine Ausschussfeststellung getroffen: Der Justizausschuss geht „davon aus, dass das


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Bundesministerium für Justiz die Situation weiter beobachtet“, die für die kleinen und mittleren Unternehmen im Besonderen entsteht, und dass es „im Falle einer negativen Auswirkung“ unserer Ausnahmeregelung „eine entsprechende Änderung des Anwen­dungs­bereiches vorschlägt“.

Warum das? – Wir glauben, dass es im Augenblick in einer Güterabwägung gerecht­fertigt und sachlich richtig ist, diese Ausnahme für die kleinen und mittleren Unter­nehmen zu machen. Wir wissen aber auch, dass die europäische Entwicklung jetzt erst im Gange ist und die EU-Länder – die vielfach auch die wichtigen österreichischen Handelspartner sind – mehrheitlich nun eher dazu tendieren, diese Regelung ohne Ausnahmen zu gestalten. Da wird es wesentlich darauf ankommen, wie die Regelung in Deutschland endgültig ausschauen wird.

Wir können daher auch nicht ausschließen, dass sich die nun durch uns getroffene Regelung in der Folge als Nachteil gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen erweisen sollte. Sie könnte die Finanzierungen verteuern – Hinweis: Basel II –, oder es könnte bei europaweiten Ausschreibungen Probleme geben. Für diesen Fall behalten wir uns vor, nach einem entsprechenden Bericht des Justizministeriums die Regelung noch einmal zu überdenken.

Weil das rote Licht schon blinkt, nur noch eine Anmerkung zur Umsetzung der Fair Value-Bilanzierung: Es ist sicherlich eine ganz wesentliche Wettbewerbsverbesserung für alle österreichischen Unternehmen, die in Konkurrenz zu anderen international täti­gen Konzernen am internationalen Kapitalmarkt Geld aufnehmen, dass es künftig möglich sein wird, Finanzinstrumente nach Zeitwert zu bilanzieren.

Liebe Kollegen von der SPÖ und Kollege Matznetter! Im Zusammenhang mit Kon­zer­nen, die international tätig sind und an der Börse notieren, werde ich jetzt nicht YLine anführen, werde nicht die Frage der Prüfung von YLine durch die Kanzlei Matznetter anführen (Abg. Dr. Matznetter: Warum nicht?) und werde auch nicht die Volksweisheit zitieren, dass einmal keinmal und zweimal ein Mal zu viel sein könnte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Matznetter: Warum nicht, Herr Kolle­ge? Sagen Sie es! – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und Abg. Dr. Matznetter.)

12.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kogler. Er hat das Wort.

 


12.30

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Justizminister! Es wird einem ja nicht wirklich leicht gemacht, ausschließlich positive Anmerkungen zu Vorlagen, die von den Mehrheitsfraktionen und von der Regierung ins Haus kommen, zu machen, wenn dann Kollege Ikrath mit seinem Redebeitrag wieder so endet. Ich möchte mich in diesen Konflikt vorläufig nicht einmischen, aber eines sage ich Ihnen schon: Wenn Sie hier noch fünf Mal „YLine“ sagen, dann werden wir eben wieder verstärkten Bedarf haben, Untersuchungsausschüsse zu diskutieren, die Rolle des Finanzministers und anderer Personen. Da können wir das dann mit aufklären. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Matznetter: ... tue ich gern!)

Ich glaube, dass Kollege Matznetter, wie ich ihn kennen gelernt habe, obwohl er Abge­ordneter des Hauses ist, möglicherweise sogar in seiner dann anderen Funktion als entsprechende Auskunftsperson, als Zeuge – in Ihrer Welt (in Richtung ÖVP) vielleicht sogar als Angeklagter – einem solchen Untersuchungsausschuss zur Verfügung ste­hen würde, während Sie mit Ihrer Mehrheit nichts anderes tun, als ständig zu mauern, abzuwiegeln und Kontrollverweigerung zu betreiben, was nur dem Parlament und der


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Demokratie schadet! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sind Sie der Verfahrenshelfer von Abgeordneten?)

Aber es ist ja, wie erwähnt, wirklich schwierig, hier ausschließlich positive Dinge an­brin­gen zu wollen. Sie tun da Ihr Bestes als Fundamental-Regierungsvertreter, zumin­dest von fundamentalen Regierungswalzen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Verfahrenshelfer von Matznetter! – Abg. Mag. Molterer: Was ist der Tarif von einem Pflichtverteidiger?)

Wir wollten uns ja nur kurz auseinander setzen mit der Fragestellung der Tages­ord­nungspunkte 7 und 8 – wenn ich sie jetzt richtig im Kopf habe; es ist ja nicht so einfach, wenn immer so viele Punkte zusammengefasst werden. Im TOP 8 geht es nämlich um das Fair Value-Bewertungsgesetz beziehungsweise um die entsprechende Richtlinie, und zuvor eben um das Finanzsicherheiten-Gesetz.

Ich sage deshalb nur einen Beitrag, damit klar ist, dass wir, obwohl wir „contra“ ge­meldet sind, hier ausdrücklich unsere Zustimmung geben. Sie möchten meinen, das sei keine große Kunst, weil ja die EU-Richtlinien entsprechende Vorgaben machen? – Ja, ist keine Kunst, aber auch unsere Fraktion anerkennt die Bemühungen, dass es dann, wenn sich schon der internationale Kapitalverkehr immer liberaler gestaltet, auch unsere Intention ist, klarere Regeln zu schaffen, damit nicht durch diese Liberalisierung im internationalen Kapitalverkehr weitere Bruchstellen auftauchen, die das an sich – das muss man eben auch zur Kenntnis nehmen – fragile System der internationalen Finanzmärkte in ihrer Fragilität noch unterstützen, und dem entgegenzuarbeiten, etwa mit bestimmten Maßnahmen des Gesetzgebers oder hier eben mit Richtlinien, die wir ja nur nachvollziehen.

An dieser Stelle sage ich aber Folgendes: Hier reift schon die Erkenntnis – diese sollte auch bei Ihnen mehr reifen –, dass der Staat sehr wohl gebraucht wird, und zwar gerade dann, wenn es darum geht, bestimmte Marktvorgänge entsprechend – sagen wir es, wie’s ist – zu regulieren, und zwar zum Wohle von Marktwirtschaft und, wenn Sie so wollen, sogar Kapitalismus. Das ist, wenn wir das schon haben, eine gute Sache, und das wollten wir ausdrücklich betonen. Immerhin hätte zum Beispiel das Finanzsicherheiten-Gesetz die Konsequenz, dass Dominoeffekte, die tatsächlich im­mer eine fürchterliche Angelegenheit sind, auf den Finanzmärkten hintangehalten be­ziehungsweise jedenfalls leichter verhindert werden könnten.

Mit Fair Value und der entsprechenden Richtlinie möchte ich mich nicht mehr lange aufhalten, sondern nur sagen: Ich finde auch, dass das eine gute Sache ist. Natürlich gilt das, was Kollege Ikrath ausgeführt hat: Es ist dies für die heimischen Unter­neh­men, die sich international – auch über Europa hinaus – betätigen wollen, eine Hilfe­stellung.

Da muss ich aber schon anmerken, dass da aus handelsrechtlichen Überlegungen heraus auch besondere Transparenzgebote mit gemeint sind, die im Wirtschaftsleben immer gut sind. Natürlich haben wir bei kleineren und mittleren Unternehmen das Problem, dass wir nicht ständig zwischen Handels- und Steuerbilanz hin und her hüpfen können und gleichzeitig noch das Maßgeblichkeitsprinzip dominiert. Es könnten also entsprechende Auswirkungen auf die Steuerleistungen dieser Unternehmen da sein.

Diese Umsetzung der Richtlinie ist ja nur ein erster kleiner Schritt, weil man nicht sofort so weit gehen will. Ich kann dieses Anliegen verstehen, sage aber schon dazu: Es wäre auch für andere Wirtschaftsunternehmen, die sich nicht am internationalen Markt in einer derartigen Weise beweisen müssen, die börsenotiert sind, unter Umständen sinnvoll, wenn sie dem Transparenzgebot, was die Bilanzierungsrichtlinien beziehungs­weise den Anhang zu den Bilanzen betrifft, und mehr diesen Werten verpflichtet wären, die hier herauskommen, sodass auch dann, wenn kein börsenotiertes, international


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agierendes Unternehmen betrachtet wird – wenn sich etwa jemand dafür interessiert: mit wem handle ich denn überhaupt in Österreich – und wenn es nur ein mittleres Un­ter­nehmen ist, bestimmte Bewertungsgrundsätze zu befolgen sind, die sukzessive hö­here Standards erreichen. Da würde ich ja doch hoffen, dass wir über das hinaus­gehen. Ich verstehe aber die Vorsicht, die hier zunächst walten soll.

Daher, wenn Sie so wollen: unsere Anerkennung, unsere Zustimmung. Ich kann aller­dings nicht verstehen, wieso bald schon jede Gelegenheit benutzt wird, um gerade von Ihrer Seite diverse Skandale zu monieren. Bei der Kontrollverweigerung, die Sie be­treiben, sollten Sie da zunächst in sich gehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. Er hat das Wort. (Abg. Wittauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Puswald –: Aber red ja nicht über die Bundesbahn!)

 


12.36

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Hohes Haus! Wenn es nach Frau Kollegin Fekter und Herrn Präsidenten Khol geht, müsste ich als ÖBBler sagen: „Puswald entgleist“. Das hätten Sie gerne – leider ist das Gegenteil die Wahrheit: Entgleisen tut nämlich die ÖVP, ge­meinsam mit der FPÖ und dem Herrn „Reformminister“, wenn man die Dinge etwas genauer betrachtet. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Ich nehme jetzt die jüngste Aussendung von Frau Dr. Fekter her, die von „Jahr­hun­dertreform“ spricht. (Abg. Dr. Fekter: Ist es auch!) Danach ist dieses Paket die größte Reform, die jemals im Justizbereich vorgenommen wurde. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Da möchte ich den Herrschaften etwas sagen: Bruno Kreisky hat einmal gesagt: „Lernen Sie Geschichte!“, und das kann ich auch den Herrschaften der Re­gierungsparteien anvertrauen. Tun Sie das und erinnern Sie sich, wer wirklich Reform­kraft hatte: Das war immer nur die Sozialdemokratie! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es freut mich, dass Sie hier auch einen Beitrag zum Fasching leisten. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wenn Sie sich allein die Paragraphenanzahl Ihrer „großen Gesetzesreform“, die wir heute beschließen, anschauen, dann werden Sie merken, dass allein die Neuordnung des Strafrechts unter Christian Broda schon von der Quantität her Sie bei weitem übertrifft. Und von der Qualität wollen wir überhaupt nicht sprechen! Die „Qualität“ dieser Gesetze zeichnet sich einmal mehr dadurch aus, dass das, was Sie, sehr geehrte Frau Dr. Fekter, mir als Husch-Pfusch und Biertisch-Jargon unterstellen, leider wahr ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wahr ist leider, dass am 6. Juni über Mehrheitswunsch der Regierungsparteien in diesem Hause der Jugendgerichtshof zerschlagen wurde. – Jetzt, nicht einmal ein halbes Jahr später, kommt der Herr Justizminister drauf: Wir müssen das Jugend­ge­richtsgesetz wieder novellieren. Wenn das nicht Husch-Pfusch ist, dann frage ich mich: Was geschieht eigentlich im Justizministerium? – Das alles nicht einmal ein halbes Jahr später! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Wir diskutieren aber jetzt das Gericht in Traun! Ist Ihnen das entgangen?)

Das Gericht in Traun, liebe Frau Kollegin, ist mir nicht entgangen, und darauf wollte ich gerade kommen. (Abg. Dr. Fekter: Schon wieder nicht vorbereitet!) Das zeigt nämlich das interessante Verhältnis des Herrn Justizministers zur Justiz: Da wird mit Gerichten wie mit Schachfiguren verfahren, mit Richterposten wie auf dem Schachbrett gehan­delt – und das von einem Justizminister, der sich an die Fahnen heftet, die Justiz


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reformieren und die Verfahren beschleunigen zu wollen. (Abg. Dr. Trinkl: Sie sind nicht informiert! Sie sollten sich informieren!)

Wenn Sie sich vor Augen halten, dass Sie nicht einmal 2 000 Richter und Staats­an­wälte haben (Abg. Neudeck: Beim Schach gibt es keinen Elfmeter!), und selbst wenn Sie die alle wegrationalisieren, aber im Budget nichts passiert, dann kann ich nur sa­gen: Das ist eine Ideenlosigkeit des Herrn Justizministers, die ihresgleichen sucht! Wenn das auch noch von der ÖVP unterstützt wird, dann kann ich nur sagen: Wir Sozialdemokraten stehen hinter den Richtern und Staatsanwälten, wir stehen hinter der Justiz, und wir sind dafür, dass die Justiz mit allen Mitteln gestärkt und nicht auch noch geschwächt wird! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie meinen, die Justiz reformieren zu wollen, dann lassen Sie sich bitte etwas Intelligenteres einfallen! (Abg. Dr. Fekter: ... nicht sagen! Wir machen es eh selbst!) Dann lassen Sie sich doch etwas einfallen, was die Richter nicht derart brüskiert, dass sie vor einer Woche einen „Notstandstag“ ausrufen mussten, dass dort die Emotionen übergehen und dass dort ein Justizminister die Stützen der Demokratie, nämlich die Vertreter der Justiz, derart brüskiert, dass er kurzerhand sozusagen den Koffer neh­men und gehen musste. (Abg. Dr. Fekter: ... überprüfen das schon die längste Zeit!) Ein Justizminister, der sich vor der Justiz verstecken und aus dem Justizpalast flüchten muss, ist eine Schande für diese Republik! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Hallo, was soll denn das? Was ist das für eine Wortwahl? Das ist ja ungeheuerlich!)

Meine Damen und Herren! So ein Justizminister ist etwas, was ich mir nicht wünsche, und er verdient erst recht nicht die Bezeichnung „Reformminister“! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Herr Präsident! „Schande für diese Republik“ – da gibt es nichts? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie ist es da mit einer Rüge für den Herrn Abgeord­neten?)

12.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Die De­batte ist geschlossen.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, die, so wie immer, über die einzelnen Aus­schuss­anträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Jurisdiktionsnorm, die Zivilprozessordnung und die Reisege­bühren­vor­schrift geändert werden, samt Titel und Eingang in 250 der Beilagen.

Ich darf jene Damen und Herren, die dieser Vorlage zustimmen, um ein Zeichen er­suchen. – Das in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Wir kommen sofort zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, dass die Zustimmung für den Fall, dass sie gegeben wird, bekundet wird. – Ich stelle fest, die Vorlage ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Als nächstes gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifi­zierten Sachverständigen und Dolmetscher und das Gerichtsgebührengesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 274 der Beilagen.

Auch hier darf ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen ersuchen. – Der National­rat beschließt dies in zweiter Lesung einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung ein­stimmig angenommen.

Als nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz über die Verlegung des Bezirksgerichtes Linz-Land nach Traun und die Änderung des Jugend­gerichtsgesetzes, samt Titel und Eingang in 235 der Beilagen.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die dieser Vorlage zustimmen, dies bekun­den. – Diese Vorlage ist in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Auch hier bitte ich im Falle der Zustimmung um ein Zeichen. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzsicherheiten-Gesetz erlassen und das Bundesgesetz über das inter­nationale Privatrecht geändert wird, samt Titel und Eingang in 272 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dieses Gesetz ist in zweiter Lesung mit Stimmen­ein­helligkeit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Dieses Gesetz wird auch in dritter Lesung einstimmig angenom­men.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend das Fair Value-Bewertungsgesetz, samt Titel und Eingang in 176 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, der Nationalrat beschließt dieses Gesetz in zweiter Lesung einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zu­stimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Beschlussfassung in dritter Lesung erfolgt einstimmig.

Damit haben wir diese Tagesordnungspunkte erledigt.

9. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (238 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuer­ge­setz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Be­­wer­tungsgesetz 1955, das Bodenschätzungsgesetz 1970, das Normver­brauchs­abgabegesetz, das Energieabgabenvergütungsgesetz, das Tabaksteuer­ge­setz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Biersteuergesetz 1995, das Schaum­weinsteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, die Bundesabgaben­ord­nung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Zollrechts-Durchfüh­rungs­gesetz, das Bundesgesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Fi­nanz­strafgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Ausfuhrerstattungs­gesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2003 – AbgÄG 2003) (296 d.B.)


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10. Punkt

Bericht und Antrag des Finanzausschusses betreffend den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Bundesgesetz zur Regelung des Glücksspielwesens (Glücksspielgesetz – GSpG), geändert wird (297 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (237 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird (298 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (254 d.B.): Bundes­gesetz betreffend die Veräußerung von Bundesanteilen an der Tiroler Flughafen­betriebsgesellschaft mbH und von unbeweglichem Bundesvermögen (299 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (205 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) erlassen und das Überweisungsgesetz und das Börsegesetz geändert werden (300 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (198 d.B.): Be­schluss des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Euro­päischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (301 d.B.)

15. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (200 d.B.): Ände­rung des Übereinkommens betreffend die Prüfung und Bezeichnung von Edel­metallgegenständen (302 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (175 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Euro­päische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzuneh­mende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (303 d.B.)


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17. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (178 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik Jemen über die För­derung und den Schutz von Investitionen (304 d.B.)

18. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (244 d.B.): Abkom­men zwischen der Republik Österreich und der Republik Namibia über die För­derung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll (305 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 9 bis 18 der Tages­ordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung ist mir nicht bekannt.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.46

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Allein die Verlesung der gemeinsam zu debattierenden Tagesordnungspunkte durch den Herrn Präsidenten zeigt, was wir alles unter einem diskutieren. Die Präsidiale hat sich darauf verständigt, aber vielleicht ist angesichts der sehr heterogenen Materie die Anregung hilfreich, dass man manches doch wieder trennt und der Abstimmungsvorgang dann halt eine halbe Sekunde länger dauert. Es werden da viele Materien gemeinsam beraten, die miteinander exakt nichts zu tun haben. Deshalb müssen wir uns da jetzt irgendwie durchhanteln, und ich versuche, so weit mir das gelingen mag, nachvollziehbar zu bleiben.

Eine ähnliche Problematik hat uns ja schon bei der Ausschussplanung tangiert, und ich möchte das auch dem Plenum nicht vorenthalten: Es besteht immer öfter durch wohl­wollendes und vorauseilendes Zustimmen der Opposition der Umstand, dass der Finanzausschuss oder der Budgetausschuss ohne Tagesordnung terminisiert werden. Dies geschieht natürlich unsererseits im Vertrauen darauf, dass man jene dann recht­zeitig bekommt und entsprechend agieren kann.

Letztes Mal ist das aber einigermaßen schief gegangen. Als Konsequenz daraus musste unter anderem der Wirtschaftsausschuss überhaupt abgesagt werden, weil er viel zu knapp angesetzt war. Hätte man schon in der Präsidiale gewusst, dass es im Finanzausschuss zwölf Tagesordnungspunkte gibt, wäre selbstverständlich niemand auf die Idee gekommen, den Wirtschaftsausschuss eineinhalb Stunden später anzu­setzen. Herr Präsident! Das wäre Ihnen allen aufgefallen. Man könnte diesbezüglich das Management ein bisschen verbessern. Sei es drum.

Ich sage das auch deshalb, weil ich mich in diesem Zusammenhang immer wieder über folgenden Punkt sehr ärgere: Es gelingt nicht – zum Leidwesen etwa des Rechnungshofpräsidenten Fiedler samt seinem ganzen Staff –, dass wir hier einmal mit Mehrheit beschließen, dass die Kontrollausschüsse – etwa der Rechnungs­hof­ausschuss – ähnlich „vorauseilend“ geplant werden können. – Da hängen ja auch viele „teure Leute“ dran, und der Rechnungshof soll ja auch effizient arbeiten dürfen.

Es ist aber sehr schwer möglich, Rechnungshofausschüsse grundsätzlich zu termini­sieren. Da gibt es immer mehr Schwierigkeiten, und daher möchte ich einmal zu­mindest für ein Gleichgewicht werben, was einerseits die Ausschüsse betrifft, die eben naturgemäß eher der Opposition ein Anliegen sind, und andererseits jene, die eher den


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Regierungsfraktionen ein Anliegen sind. Andernfalls wird sich das mit dieser Mentalität der vorauseilenden Zustimmung unsererseits in Hinkunft auch etwas zurückhaltender ge­stalten. – Das liegt ja in der Natur der Sache.

Von diesen Punkten 9 bis 18 ist meines Erachtens der gravierendste zunächst einmal das Abgabenänderungsgesetz. Darauf will ich mich auch in allererster Linie kon­zen­trieren. Auch da müssen wir die vielen verschiedenen Gesetze, die unter einem abge­ändert werden, unterscheiden.

Ich beginne mit einer Sache, in der die Regierungsparteien, namentlich Herr Abge­ordneter Stummvoll, mein ausdrückliches Lob erhalten. – Ich weiß nicht, ob er sich darüber freut. – Wir haben im Ausschuss beziehungsweise erst im Nachhinein das Problem gehabt, dass manches, was vorgelegt wurde, noch nicht in voller Tragweite erkannt wurde. Das kommt im Verhältnis zwischen dem Ministerium, das die Vorlagen erstellt, und den Abgeordneten immer wieder vor und ist ja an sich gar nichts Schlim­mes. Schlimm wäre, wenn man daraus keine Konsequenzen ziehen würde.

Jetzt hat es noch den Versuch einer Klarstellung gegeben. Auch das ist löblich. Heraus­gekommen ist, dass wir uns vertagen, und ein Abänderungsantrag im Sinne des Herausnehmens des entsprechenden Artikels ist Ihnen natürlich vorbehalten. Ich muss das nur jetzt erwähnen, weil ich ja nachher nicht mehr loben kann, wenn ich dann nicht mehr reden kann.

Das könnte man öfter machen. Ich fände das sehr okay, weil das ja heißt, dass sich auch die Mitglieder der Regierungsfraktionen sozusagen in ihren Rollen als Abgeord­nete in gewisser Weise von den Ministerien – wenn man es so will – emanzipieren beziehungsweise dass da halt ein Dialog oder ein Austausch entsteht.

Das ist, glaube ich, ganz gut. Damit ist dieser Punkt aber auch schon wieder kom­mentiert.

Der Hauptpunkt, warum wir dem ganzen Konvolut Abgabenänderungsgesetz skeptisch gegenüberstehen, ist etwas, das in der Vergangenheit schon öfter strapaziert wurde, nämlich die Bestimmungen rund um den so genannten nicht entnommenen Gewinn. Ich sage deshalb „so genannt“ in Zusammenhang mit diesen Steuerbegünstigungen, weil der Gewinn in Wirklichkeit – zwar nach Ablauf einer Frist von mittlerweile sieben Jahren – immer noch ohne Nachversteuerung entnommen werden kann.

Das wollen wir absolut nicht einsehen, obwohl – wie Sie gestern schon bemerken konnten, wenn Sie aufmerksam waren – meine Kollegin Sburny in der Sache selber eine Annäherung angedeutet hat, dass man in der Frage der Eigenkapitalbildung und der diesbezüglichen Förderung vielleicht durchaus auch steuerliche Instrumente heran­ziehen darf, so wie es die bestehende Gesetzeslage ab 1. Jänner 2004 ja ohnehin vor­sieht. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist allerdings wieder eine kleine Zusatzregelung enthalten. Wir sind aber deshalb dagegen, weil diese unselige Sieben-Jahres-Rege­lung nicht und nicht herausgenommen wird.

Die andere größere Frage war das Tabaksteuergesetz. Dazu gibt es ja quer durch die Fraktionen nicht wirklich nur einhellige Meinungen. Ich selbst denke, es ist berechtigt, das in dieser Höhe einzuführen. In Wirklichkeit entspricht es ja einer zollähnlichen Be­stimmung auf Grund der Preisdifferenzen zu den Beitrittsländern, was Tabakwaren betrifft.

Schwierig wird ganz offensichtlich die Kontrolle, aber nichtsdestotrotz muss man, was man beschließt, auch kontrollieren können. Ich weiß nicht, ob es mir recht ist, dass dann immer mehr Zivilstreifen und Ähnliches zum Einsatz kommen sollen, aber ich sehe ein, dass man die Sache dann mit den vorhandenen Mitteln auch exekutieren muss.


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Mir fällt zum Tabaksteuergesetz aber schon noch etwas auf, das eigentlich viel wich­tiger ist, weil es nämlich damals beim Budgetbegleitgesetz untergegangen ist – da ist ja vieles untergegangen –: dass nämlich eine Anfang des Jahres angekündigte Zweck­bindung der Tabaksteuereinnahmen für die Dotierung des Gesundheitswesens im All­ge­meinen, aber wohl auch für die Kassenfinanzierung im Besonderen, nicht nur in vermindertem Ausmaß stattgefunden hätte. – Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie das aufklären. Ich gebe mich da offen unkundig.

Mein grausamer Verdacht ist, dass wir eigentlich hier mit Mehrheit beschlossen haben, dass von diesen Dingen überhaupt nichts mehr zweckgebunden ist, obwohl seitens des Herrn Finanzministers im Vorjahr sehr wohl – da gibt es viele, die das immer be­haupten! – in diversen Regierungsverhandlungen oder „Ehrenrunden“ – wie auch im­mer Sie das qualifizieren mögen – noch immer von der Papierform her davon ausge­gan­gen wurde, dass die Tabaksteuer zweckgewidmet wird, und zwar in einem erheb­lichen Ausmaß. – Wir haben ja selber ein solches Papier aus Ihrem Hause bekommen.

Da geht es aber um etliche Millionen, die sonst in der Gesundheitsfinanzierung nicht auftauchen. Das wäre immerhin eine gewisse Mindestabsicherung gewesen. Ich sage das, obwohl ich kein Freund von Zweckbindungen bei größeren Steuern und Abgaben bin, weil das, wie im ersten Semester Finanzwissenschaft vorgetragen wird – der Herr Staatssekretär nickt –, in der Effizienz der Abwicklung von Steuereinnahmen und zu do­tierenden Verwendungszwecken aus Budgets heraus besondere Probleme erzeugt. Sei es drum. In diesem Fall macht eine Zweckbindung aber, so meine ich, schon einen Sinn, weil der Grundgedanke sehr nahe liegend ist und der Zusammenhang zwischen vermehrten Gesundheitsausgaben und dem Raucherverhalten nicht ganz geleugnet werden kann.

Unser Problem war, dass uns für die Kassenfinanzierung das Geld abgegangen ist. Es wäre interessant, wenn man sich noch einmal daran erinnert, wie das damals war. Herr Staatssekretär, vielleicht können Sie heute noch etwas dazu sagen, genau jetzt, wo ja eigentlich neue Quellen sprudeln sollen. Ich weiß ja nicht, was der Herr Sozialminister sagt. – Er ist jetzt naturgemäß nicht anwesend, aber er hat ja bis zum Schluss gemeint, dass er das durchgesetzt hat. (Abg. Öllinger: Der ist ja nicht zuständig!) – Das mag ja sein, aber er hätte sozusagen von der Dotierungsseite her etwas davon, wenn es zweckgebunden wäre.

Herbert Haupt ist ja bis zum Schluss davon ausgegangen, dass das so ist. Vielleicht sollten Sie auch ihn aufklären, vielleicht weiß er noch weniger als ich, denn er hat seine Meinung auch nie mehr korrigiert. (Abg. Sburny: Das ist leicht möglich! – Abg. Öl­linger: Sehr leicht möglich!) Haupt ist das letzte Mal mit der Aussage zu dieser Sache gesichtet und gehört worden, dass das zweckgebunden ist. Vielleicht kann man da auch innerhalb der Regierung entsprechende Aufklärung betreiben. Das wäre ja ein netter Anlass, das Problem noch einmal aufzuwerfen.

Ich habe jetzt ohnehin schon lange genug gesprochen. Bezüglich der Fragestellung des Artikels 15, der hier noch enthalten ist, was die Organisation der Abgaben­ver­wal­tung betrifft, wären wir an sich grundsätzlich nicht skeptisch, es fehlen uns aber etliche Hinweise, was die Kosteneinsparungspotentiale dieser Umstrukturierung anlangt. Da gibt folgendes interessante Phänomen, und zwar wieder ein Wechselspiel zwischen dem Abgeordneten Stummvoll einerseits und dem Haus in der Himmelpfortgasse an­de­rer­seits:

Die Ausschussmitglieder sind mit der frohen Botschaft entlassen worden, dass es eine Aufklärung geben wird. – Es gibt aber keine Aufklärung. Wenn man im Finanzminis­terium anruft, hört man, das hätte die ÖVP-Fraktion machen müssen, und umgekehrt. Auch das ist nicht wirklich unsympathisch, wenn da einmal ein gewisser Sand im


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Getriebe ist, nur ist die Aufklärung bis jetzt nicht erfolgt, und daher dürfen Sie natürlich nur mit endenwollender Zustimmungsbereitschaft rechnen, was das Gesamte auch in dritter Lesung betrifft.

Abschließend: Ganz toll finde ich – und das sollte man mit dem Herrn Bundeskanzler diskutieren, der ja jetzt ständig im Flugzeug zu diversen Regierungschefs unterwegs ist – die Stimmrechte nach der EU-Erweiterung in der EZB. Die EZB-Rotation teilt die Euro-Zone in Klassen, heißt es. – Super! Die großen Länder haben eine andere Rolle als die kleinen, und es gibt ein Rotationssystem. Beides will der Herr Bundeskanzler nicht. – Gut, dass er nicht da ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend gemel­det. – Bitte.

 


12.57

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte beim vorlie­gen­den Tagesordnungspunkt gerne zu zwei ganz konkreten Gesetzentwürfen Stellung neh­men, und zwar zum Devisengesetz und auch ganz kurz zur Frage EUROFIMA.

Was das neue Devisengesetz betrifft, so geht es nicht nur um die Derogation zweifellos überholter devisenrechtlicher Bestimmungen, die ja aus 1946 stammen und die auch den Geist der Nachkriegszeit mit Restriktionen und Devisenkontrollen et cetera atmen. Meiner Ansicht nach geht es dabei durchaus auch um den Punkt, dass uns bewusst sein muss, wie sehr sich die Situation in der Zwischenzeit geändert hat.

Wir haben im letzten Jahr zum ersten Mal neben dem traditionellen Zahlungsbilanz­überschuss auch einen Handelsbilanzüberschuss, und der konnte wahrscheinlich nur dadurch erreicht werden, dass es nicht nur gelungen ist, die Exporte zu fördern, in­dem exportstarke Unternehmen Anreize erhalten haben, sondern dass die mittel­stän­dische Wirtschaft die Möglichkeit erhalten hat, stärker zu exportieren. (Abg. Dr. Matz­netter: Und ein schlechter Inlandskonsum!)

Das hat mit sich gebracht, dass wir neben dem Plus im Dienstleistungssektor insbe­son­dere auch im Produktionsbereich stark zulegen konnten und heute fast jeder zweite verdiente Euro im Produktionsbereich bereits in den Export geht. Insofern ist das eine absolute Notwendigkeit.

Schaut man sich den Gesetzentwurf an, wird einem gleichzeitig auch bewusst, dass nach wie vor Bipolaritäten vorhanden sind, etwa im § 3, wenn man sieht, welche Ein­schränkung des Kapital- und Zahlungsverkehrs getroffen werden können – nicht nur von der EU, sondern auch in Zukunft von einem Nationalstaat. In Wirklichkeit handelt es sich dabei nur um den traditionellen Rest nationalstaatlichen Agierens. Wie auch in den Erläuterungen zu dem Entwurf bereits angemerkt, wird das wahrscheinlich nur ganz selten – ich behaupte, überhaupt nie – zur Anwendung kommen, handelt es sich nämlich tatsächlich um theoretische Rechte.

Das macht uns natürlich auch bewusst, dass sich eben ein guter Teil des Handelns auf andere Institutionen oder Zentren verlagert hat und dass man diese Entwicklung nicht nur beobachten muss – sie ist ja für uns ungeheuer positiv –, sondern dass man auf der anderen Seite auch versuchen muss, diesen Institutionen einen entsprechenden Hand­lungsrahmen zu geben. – Dazu gehört der Stabilitätspakt. Ohne die entspre­chen­de Währungsstabilität ist auch dieser gemeinsame wirtschaftliche Aufschwung nicht möglich, und man muss, weil es noch keine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik im EU-Raum gibt, auch dort entsprechend ansetzen.


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Es wird immer deutlicher sichtbar, dass auch für die übrigen Bereiche eine gemein­sa­me EU-Außenpolitik immer dringender und notwendiger wird, weil die Außenpolitik von wirtschaftspolitischen, finanzpolitischen und devisenrechtlichen Zielsetzungen nicht zu trennen ist. Das ist der Punkt!

Ein paar Worte zum Thema EUROFIMA: Ich begrüße das. Es geht um eine Auswei­tung des Haftungsrahmens, damit die ÖBB in Zukunft ihre finanziellen Abwicklungen besser durchführen und auch ihren Kreditbedarf entsprechend bedienen kann. Ich möch­te vor allem auch deshalb kurz dazu Stellung nehmen, weil es, so meine ich we­nigstens, selbstverständlich unser aller Anliegen ist, für die Bundesbahn die notwen­di­gen modernen Voraussetzungen für die Zukunft zu schaffen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich spreche das auch deswegen an, weil mir gerade vor kurzem ein Aufruf in die Hände geraten ist, ein Aufruf von OMV-Betriebsräten, in dem der Zentralbetriebs­rats­vorsitzende, ein prominenter SPÖ-Betriebsrat, alle OMV-Betriebsräte ersucht, am Don­nerstag, den 13. November, um 10.30 Uhr zum Südbahnhof zu kommen. – Jetzt frage ich mich: Was tun die wirklich dort? Geht es vielleicht darum, dass sie sich darum be­mühen, Verständnis für die Transportnotwendigkeiten der OMV auf der Bahn zu wecken, oder steckt etwas anderes dahinter? – Ich fürchte, es steckt etwas anderes dahinter! (Abg. Broukal: Solidarität! Also etwas, das Sie nicht kennen!)

Solidarität – das hätte ich erwartet, und genau das verstehe ich jetzt eben nicht. Sie wissen sicherlich, dass bei der OMV gerade eine ähnliche Maßnahme umgesetzt wird, wie sie für die Bundesbahn geplant ist, nämlich dass oben eine Holding eingezogen wird und darunter GesmbHs errichtet werden, also genau das, was Sie hier bei der ÖBB als „Zerschlagung“ bezeichnen. (Abg. Broukal: Bei der OMV geschieht dies aber im Einvernehmen mit den Dienstnehmern!) Bei der OMV wird also gerade das als der moderne Ansatz erkannt, um damit in Zukunft besser auf dem Markt operieren zu können. (Abg. Auer: Darum geht es auch so gut!)

Eine solche Solidarität wäre hier erforderlich, aber Solidarität in einem modernen Sinn – und nicht einfach „Solidarität“, die sich gegen alle wirtschaftliche Vernunft stellt. In diesem Sinne wäre es ganz, ganz wichtig, dass man wirklich vorurteilsfrei denkt, zu ergründen versucht, was die Ursachen bestimmter Maßnahmen sind – und dann auch die entsprechenden politischen und rechtlichen Konsequenzen zieht. (Abg. Broukal: Da muss sich eine Unternehmensleitung aber auch einmal dazu bereit finden!)

Wir werden weiterhin versuchen, der Modernität nicht nur Vorschub zu leisten, son­dern diese herbeizuführen, weil man mit einer Gesinnung, die alles abbremst und blockiert im wirtschaftlichen Bereich zweifellos nicht weiterkommt: weder international noch national. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


13.03

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir diskutieren hier, wie schon angesprochen, eine Menge Tagesordnungs­punkte. Ich beziehe mich jetzt auf die beiden letzten aus dem Finanzausschuss – 17 und 18 –, das sind die Investitionsschutzabkommen der Republik Österreich mit der Republik Jemen beziehungsweise mit Namibia.

Der Finanzausschuss behandelt in jeder zweiten Sitzung derartige Investitionsschutz­abkommen, und im Prinzip haben wir auch immer zugestimmt, weil wir sie für die österreichische Wirtschaft und für Österreich natürlich grundsätzlich für sinnvoll halten.


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Allerdings muss man schon – und das möchte ich jetzt eben auch gerne tun – gerade im Zusammenhang mit den gescheiterten Verhandlungen in Cancun diese Sache auch einmal ein bisschen ausführlicher beleuchten und behandeln. Ich halte diese bilate­ralen Abkommen für diskutierenswert. Man hat auch in Cancun gesehen, dass der Versuch, multilaterale Abkommen auf Handels-, aber auch auf Finanzebene zu instal­lieren, nicht ganz friktionsfrei vonstatten geht, um das einmal dezent auszudrücken. Die Entwicklungsländer haben immer wieder – und sie haben das auch in Cancun sehr stark demonstriert – den Eindruck, dass sie von den industrialisierten Ländern sozu­sagen über den Tisch gezogen werden. Dafür sprechen auch die bisherigen Erfah­rungen. Sämtliche Studien besagen, dass von derartigen Abkommen in erster Linie die industrialisierten Länder profitieren werden und die Entwicklungsländer dabei immer den Kürzeren ziehen.

Im Zusammenhang mit dieser Diskussion geht es also auch darum, wie solche Ab­kommen in Zukunft gestaltet werden sollten. Wir würden gerne diskutieren, ob nicht multilaterale Abkommen bilateralen Abkommen vorzuziehen wären. Es geht dabei sowohl um das Verhältnis von industrialisierten Ländern zu Entwicklungsländern, aber auch darum, wie sich Österreich und wie sich die österreichische Regierung bei welt­weiten Abkommen innerhalb der EU positioniert.

Ich meine, dass wir Abgeordnete hier im Parlament die Verantwortung dafür nicht einfach an die Regierung abschieben sollten. Im Zusammenhang mit dem WTO-Ab­kommen haben wir schon des Öfteren diskutiert, dass wir im Parlament eigentlich zu wenig Information haben, um breit darüber diskutieren zu können, welche Auswir­kungen das sowohl für Österreich als auch für andere Länder hat.

In diesem Sinne haben wir das auch im Finanzausschuss diskutiert, und ich freue mich, dass es eine Einigung aller Fraktionen im Wirtschafts- und im Finanzausschuss darüber gegeben hat, dieses Thema auch einmal auf einer Veranstaltung mit Experten und Expertinnen zu diskutieren, um so auch auf parlamentarischer Ebene den Prozess weiterzuführen, damit wir in Zukunft besser sehen können, auf welcher Basis, auf welchen Grundlagen wir hier eigentlich Entscheidungen treffen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen.)

13.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Ich erteile es ihm.

 


13.07

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ganz kurz: Wir haben auf Grund der Dichte des Programms – Kollege Kogler hat schon darauf hingewiesen – enormen Zeitdruck. Leider sind wir wieder in der Situation, dass wir fast „speed kills“ haben: Das heißt, wir haben Bestimmungen, wo dieses Haus – und ich meine bewusst nicht die Opposition, die sehr spät informiert wird, sondern alle Damen und Herren, die einen Gesetz­ge­bungs­prozess zu gestalten haben – eigentlich an die Grenze seiner Möglichkeit gelangt, diese Dinge zu behandeln. Ich sage das jetzt bewusst nicht als Kritik am Vor­sit­zenden des Finanzausschusses, sondern allgemein im Hinblick auf das Procedere, weil es auch für die Fraktionen der Regierungsparteien eine Zumutung ist, ganz kurz­fristig so eine Latte von Vorlagen (der Redner macht dazu die entsprechende Hand­bewegung) zu bekommen, deren Auswirkungen im Einzelnen zu prüfen sind.

Zur Sache selber: Das Abgabenänderungsgesetz 2003 hat uns unter anderem eine Ausbesserung der Bestimmungen über den nicht entnommenen Gewinn beschert. Sie wissen, dass wir diese Maßnahme aus grundsätzlichen Erwägungen nicht für ver­nünf­tig gehalten haben, das daher bereits im Budgetbegleitgesetz abgelehnt haben, weil es


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nämlich ein Steuergeschenk für bestimmte Unternehmen ist, aber die Vielzahl der KMUs, vor allem die Vielzahl derer, die bei den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen jeden Euro entnehmen müssen, nicht begünstigt. Die Kapitalgesellschaften – und dorthin wollten wir die Unternehmen viele Jahre lang bringen: durch Struktur­verbes­serungsgesetz, Umgründungssteuergesetz – sind ebenfalls davon nicht umfasst. Wir haben daher den Antrag auf eine gesonderte Abstimmung eingebracht, da wir diesem Teil nicht zustimmen möchten.

Auch der zweite Punkt ist ein bedauerlicher: Hier waren wir nämlich – selbst in An­betracht der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit – dazu bereit, darüber zu reden und mitzustimmen. Dies betrifft die Frage der Abgabenorganisation. Der Herr Staats­sekretär hat uns angeboten, uns rechtzeitig zu informieren, denn wir haben im Finanz­ausschuss zugestimmt, wenn wir entsprechende Informationen über die regionale Aus­wirkung der Änderungen in der Finanzorganisation vor heute, Donnerstag bekommen. Wir haben sie nicht bekommen. Mag sein, es war ein Irrtum. Nur: Die Abgaben­or­ganisation hat Auswirkungen bis in jede Stadt, in der es ein Finanzamt gibt. Kol­legInnen von mir werden darauf noch extra eingehen. Das hat auch regionale Be­deutung; auch beim Finanzamt handelt es sich nämlich um Bürgerservice, und daher haben wir auch diesbezüglich eine gesonderte Abstimmung beantragt.

Der dritte Punkt betrifft die Umsatzsteuerfragen. Wir haben da eine Fülle offener Frau­gen, deren bisherige Klärungen – ganz ehrlich – eine Zumutung sind. Alle Fraktionen waren gemeinsam in einer Besprechung, was als Gelegenheit genutzt wurde, um hier im Saal gegen mich irgendetwas vorzubringen. Nützen Sie von der ÖVP die Gelegen­heit, wenn ich einmal da und nicht in einer Besprechung mit Ihrer Fraktion bin! Wie Sie mich kennen, können wir gerne darüber reden.

Während dieser Zeit haben wir jedenfalls festgestellt, dass es am vernünftigsten wäre, diese Materie noch einmal im Finanzausschuss zu behandeln. Alle vier Parteien wer­den sich nicht dagegen wehren, dass im Rahmen eines §-27-GO-Antrages zum Wachs­tumspaket der Bundesregierung der Teil zur Umsatzsteuer mit neuen Varianten diskutiert wird. Wir wollen uns als Parlament nicht einfach präjudizieren lassen, so nach dem Motto: Es gibt ein EuGH-Urteil, so setzen wir es um! Und: „Friss Vogel oder stirb!“, so kann dieses Haus nicht Gesetzgebung machen! In diesem Fall stehe ich nicht an, auch die Abgeordneten der Regierungsfraktionen zu loben, die bereit sind, eine vernünftigere Vorgangsweise zu wählen.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Matznetter, Mag. Hoscher, Kolleginnen und Kollegen zum Ge­setzentwurf im Bericht des Finanzausschusses 296 d.B. über die Regierungs­vorla­ge 238 d.B. betreffend Abgabenänderungsgesetz 2003 – AbgÄG 2003

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

„Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

Artikel IV entfällt.“

*****

Ich glaube, das ist auch schriftlich beim Präsidenten abgegeben worden.

Ich darf noch kurz die verbleibende Zeit nutzen, um zu den anderen Themen ein paar Bemerkungen zu machen. Punkt eins: Ich habe im Ausschuss bereits darauf hin­ge-


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wiesen, dass wir auf der einen Seite großes Verständnis gerade für die Trafikanten und die lokalen Handelsbetriebe in Grenzenähe haben. Naturgemäß müssen wir uns Ge­danken darüber machen, wie wir verhindern können, dass es mit der Eröffnung des Binnenmarkts für die neuen Beitrittsländer am 1. Mai 2004 zu großen Kaufkraftab­flüssen und einer Reduktion des Tabaksteuereinkommens kommt. Ich habe allerdings auch gleichzeitig Bedenken angemeldet, dass es wenig Sinn macht, einen Binnen­markt zu eröffnen, an dem Österreich ein sehr großes Interesse hat – und gleichzeitig neue bürokratische Hürden der Grenzkontrolle zu errichten, intensive Kontrollen des Personenverkehrs durchzuführen, denn sonst würden wir in dem, was eigentlich eine Öffnung darstellen sollte, nur neue Formen von Bürokratie – sei es an der Grenze oder in der Grenzraumfahndung – etablieren.

Daher das dringende Ersuchen in diesem Bereich: Wir werden diesem Bereich in zweiter Lesung zustimmen, damit aber das dringende Ersuchen verbinden, auch im Rahmen des ECOFIN, in den Übergangsregelungen mit den neuen Beitrittsländern darauf zu drängen, dass alle Staaten die Mindestbesteuerungssätze einhalten. Wir müssen Schluss machen mit dem dauernden Wettbewerb unter den EU-Ländern um niedrigere Steuersätze. Das geht von der Körperschaftssteuer bis zur Frage der Ta­baksteuer. Wir sollten darauf achten, dass wir Mindestbesteuerungsgrenzen haben, damit dieser ruinöse Wettbewerb aufhört. Daran sollten alle Fraktionen interessiert sein, und ich hoffe, dass wir hier an einem Strang ziehen, was das betrifft. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

13.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dr. Matznetter verlesene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.12

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein sehr umfang­reicher Tagesordnungspunkt mit insgesamt an die zehn Gesetzentwürfen, die wir hier heute besprechen und beschließen wollen. Ich möchte, weil das ja auch gerade eben erst angesprochen wurde, zwei Punkte herausgreifen, die meiner Ansicht nach sehr wesentlich sind, weil sie vor allem auch die Reformkraft dieser Bundesregierung sehr deutlich unterstreichen. Das ist zum einen die Verwaltungsvereinfachung und Verwal­tungsreform, mit der das Finanzministerium sehr beispielhaft vorangeht, indem eine neue Organisationsstruktur eingeführt wird, die den Wegfall der Finanzlandes­direk­tionen bedeutet.

Dabei geht es immerhin um eine Einsparung von 250 Millionen €. Es werden 600 von den derzeit bestehenden 12 000 Dienstposten eingespart. Ich denke, dass das ein sehr richtiger und wichtiger Schritt ist, und zwar auch aus der Sicht der Wirtschaft, ein Schritt, den wir anerkennen sollten. Ich meine vor allem, dass das Finanzministerium damit einen sehr wesentlichen Beitrag dazu leistet, dass diese Bundesregierung die Verwaltungsreform zügig vorantreiben kann.

Meine Damen und Herren! Ein zweiter Punkt, der gerade auch vom Kollegen Matzenetter angesprochen wurde, betrifft die Steuervereinfachung und Steuergerech­tig­keit. Ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur die Strukturen vereinfachen, diese bür­gernäher, bürgerfreundlicher, serviceorientierter machen, sondern auch das Steuer­system selbst, also zu einer vernünftigen, einfacheren Regelung gelangen, sodass jeder Steuerzahler künftig in der Lage sein wird, seine Steuerleistung selbst zu berech­nen.


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Was die ebenfalls bereits angesprochene Regelung betrifft, die nicht entnommenen Ge­winne mit dem halben Steuersatz zu versehen, so haben wir damit einen sehr wichtigen Schritt zur Eigenkapitalstärkung der kleinen und mittleren Unternehmen getan. Mit dieser Etappe der Steuerreform, mit der großen Steuerreform werden wir sicherstellen, dass zwischen den Personengesellschaften und den Kapitalgesellschaf­ten wieder ein Ausgleich stattfindet, sodass auch da Steuergerechtigkeit einzieht.

In Summe freue ich mich ganz besonders darüber, dass auch im Finanzausschuss doch ein sehr harmonisches Klima vorherrscht, ein Klima der Vernunft, und wir da­durch in der Lage sind, in sehr vielen Bereichen einen Konsens herbeizuführen, wie das heute auch bereits mehrfach angeklungen ist. Ich freue mich auch auf die gute Zusammenarbeit in Zukunft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Auer zu Wort. – Bitte.

 


13.15

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Grundsätzlich könnte man festhalten: Es ist zwar schon alles gesagt, nur nicht von mir, weil ich mich heute auch bei den meisten Ausführungen auch von Seiten der Opposition zu diesen Punkten dem Gesagten anschließen könnte.

Ich möchte daher die Chance nützen, auch das Umfeld ein wenig zu beleuchten. Wenn mir der Herr Präsident auch die großzügige Auslegung gestattet, wie sie dem Kollegen Kogler und gestern auch dem Kollegen Schieder zugestanden wurde, so darf ich ein wenig darauf verweisen, dass wir sehr oft – und gerade am Abgabenänderungsgesetz kann dies auch tatsächlich so festgestellt werden – das Schlagwort vom „schlanken Staat“, von einer „bürgernahen Verwaltung“ oder von „Bürokratieabbau“ verwenden. Wie gesagt: Wenn im Abgabenänderungsgesetz vorgesehen ist, dass in Zukunft die Steuererklärung per Internet möglich ist, so ist dies ein wichtiger, ein erster, ein notwendiger, wenngleich auch noch ein kleiner Schritt. Dazu bekennen wir uns.

Es gäbe aber auch noch andere Bereiche. Und jetzt darf ich mir unter großzügiger Aus­legung der Geschäftsordnung vielleicht erlauben, einmal zwei Punkte aufzuzeigen: Jakob Auer ist als Betriebsführer eines landwirtschaftlichen Betriebes bei der Bauern­krankenversicherung in Oberösterreich versichert. Er ist hier im Parlament bei der Beamtenkrankenversicherung versichert, und da er auch Bürgermeister einer kleinen Gemeinde ist, erhält er die erfreuliche Mitteilung, dass er auch bei der Kranken­für­sorge- und Unfallversicherung der oberösterreichischen Gemeinden versichert ist. (Abg. Gradwohl: Das ist die beste!) – Das ist die beste, das ist mir klar.

Nun weiß ich, dass zwar der Beitrag durch die Höchstbeitragsgrundlage gedeckelt ist; das ist selbstverständlich alles fixiert. Ich frage mich allerdings, welcher Verwaltungs­aufwand da zu betreiben ist, um das alles abzuwickeln, auszufüllen, die Datenblätter zu sichern, abzusichern und so weiter. Meine Damen und Herren, ich kann mir dann überlegen, ob ich bei einer Grippe den Krankenschein der Bauern-Sozialversicherung, bei einer Sehschwäche die Unfallfürsorge der oberösterreichischen Gemeindebediens­teten und vielleicht, wenn ich einmal Rheumaschmerzen haben sollte, zur dritten Ver­sicherung gehe. Es wäre notwendig, auch da über Änderungen im Sinne dessen nachzudenken, was uns im Finanzbereich möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ein zweiter Punkt: Wir haben in der Wasserrechtsgesetz-Novelle beschlossen, die Zu­ständigkeit an die Länder abzugeben. Meine Damen und Herren, bis zu dieser Ände­rung war für die Donau oder bei Einleitung von Gewässern, die mehrere Bezirke oder


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Länder betrafen, das Bundesministerium und in Fortführung dessen der Landes­haupt­mann zuständig. Wissen Sie, wer jetzt in Oberösterreich für das Gewässer Donau zu­ständig ist? – Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Was­serwirtschaft, der Landeshauptmann, die Bezirkshauptmannschaft Schärding, die Be­zirks­hauptmannschaft Rohrbach, die Bezirkshauptmannschaft Grießkirchen, die Be­zirks­hauptmannschaft Eferding, die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, die Be­zirkshauptmannschaft Linz-Land, Magistrat Linz, die Bezirkshauptmannschaft Berg – und, wie gesagt, davor waren das zwei Stellen. Auch da wäre im Sinne dessen, was uns im Finanzbereich gelungen ist, dringender Handlungsbedarf gegeben.

Daher begrüßen wir das Abgabenänderungsgesetz in den Bereichen, in denen es um moderne Verwaltung geht. Ich bitte alle Damen und Herren des Hohen Hauses mit­zuhelfen, dass wir auch in anderen Bereichen diese rasche, konstruktive und schlanke Verwaltung fertig bringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Grad­wohl: Die BHs abschaffen!)

13.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Moser. – Bitte.

 


13.20

Abgeordneter Mag. Hans Moser (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte mit einer Replik auf Werner Fasslabend beginnen. Wenn er einen Vergleich zwischen OMV und ÖBB bringt, so kann man das hier in diesem Haus nicht stehen lassen. Die OMV hat im Gegensatz zur ÖBB klare Eigentümervorgaben. Wenn sie als AG eine Holding gründet und darunter GmbHs hat, dann ist das eine sehr logische Gliederung, wie man Großunternehmen und Konzerne führt. – In der ÖBB sieht das ganz anders aus. (Abg. Dr. Fasslabend: Leider! Leider!) Das ist ein wirklich wichtiger Punkt, und ich glaube, da sind wir uns auch einig.

Da gibt es in Zukunft eine Holding, die eine Aktiengesellschaft ist, und darunter gibt es auch Aktiengesellschaften. Jeder von uns, der solche Unternehmen geführt hat, weiß, dass solche Unternehmen nicht zu führen sind, weil es kein Weisungsrecht gibt und der Konzerncharakter dadurch verloren geht. Daher ist dieses Unternehmen in Zukunft so gefährdet.

Dazu kommt bei der ÖBB noch, dass der Gesetzgeber nicht nur die Unternehmens­ziele, sondern auch die Unternehmensorganisation vorgibt. Das führt zu dem riesigen Dilemma, dass sich die Organe nicht mehr mit dem identifizieren, was vorgegeben wird. Das führt letztlich auch zu diesem Desaster, und daher sind wir so gegen dieses Zerschlagungsmodell der ÖBB.

Kommen wir zu dem Punkt, den wir heute tatsächlich behandeln.

Der erste Punkt – das wurde hier schon mehrfach angeführt – ist eigentlich, dass wir uns in diesem Hause immer öfter mit der Reparatur von Gesetzen auseinandersetzen müssen. Dieses Gesetz betreffend den halben Steuersatz für nicht entnommene Gewinne, bedarf, ehe es im kommenden Jahr in Kraft tritt, schon einer Reparatur, einer Ergänzung. Man muss sich mit dieser Ineffizienz, die uns hier von der Bundes­regie­rung zugemutet wird, wirklich auseinandersetzen. Wir werden hier ständig mit Re­paraturen konfrontiert, und jeder weiß: Wenn man solche Gesetze vorweg ordentlich diskutiert, erspart man sich sehr, sehr viel Arbeit im Nachhinein, und es gibt – was noch viel wichtiger ist! – für die Betroffenen eine klare Kalkulation. Doch das ist bei diesem Zickzack- und Ho-Ruck-Gesetzgebungen nicht der Fall. Wenn ein privates Unter­nehmen solche Methoden anwenden würde, wäre es längst in Konkurs. Und das


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ist eigentlich auch die Botschaft, die ich dieser Bundesregierung übermitteln möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein zweiter Punkt zu diesem Gesetz betreffend nicht entnommene Gewinne: Mir ist bis jetzt nicht klar geworden, obwohl das in den ÖVP-Papieren immer wieder dargelegt wird, wo der konjunkturpolitische Effekt dieser Maßnahme sein soll. Einen solchen kann ich nicht erkennen. Es gibt ja keinerlei Verpflichtung, wie die Mittel verwendet werden sollen, und daher weiß eigentlich niemand, was das ist. Es stellt sich auf den ersten Blick heraus, dass es eine klare Sparförderung für diese Unternehmen ist, denn man kann ja diese nicht entnommenen Gewinne nach sieben Jahren ohne jegliche Steuernachzahlung herausnehmen. Das kann im Bestfall 175 000 € pro Fall bewirken. Das ist nicht wenig, und das muss man hier, glaube ich, auch ganz deutlich sagen.

Ich möchte auch feststellen, dass wir Sozialdemokraten sehr wohl für die Eigenkapital­bildung sind, weil eine gute Eigenkapitalausstattung für Unternehmen eine sehr wich­tige Grundlage darstellt. Wir wissen, man kann die Unternehmensexpansion besser finanzieren, man bekommt bessere Finanzierungskonditionen, es stärkt aber auch das Selbstbewusstsein für die Unternehmen. Man tritt selbstbewusster auf, wenn man weiß, dass man krisensicherer ist. Daher unterstützen wir schon alle Maßnahmen, die allen zugute kommen.

Jetzt bin ich beim dritten Punkt. Ein Großteil dieser Zielgruppe ist ja gar nicht in der Lage, diesen Vorteil der nicht entnommenen Gewinne zu lukrieren. 56 Prozent der GSV-Mit­glieder sind Mindestzahler. Diese kommen gar nicht in die Lage, da einen Vorteil herauszuholen. Daher ist es verteilungspolitisch aus meiner Sicht eher ein entsprechender Nachteil, den man hier noch einmal anführen muss.

Aber noch wesentlicher in diesem Zusammenhang ist, glaube ich, dass es andere Ge­sell­schaftsformen nicht beinhaltet. Die gesamten Freiberufe – das wurde hier von meinem Kollegen Matznetter angesprochen – sind nicht drinnen, also eine sehr große Gruppe, die auch das gleiche Problem hat. Desgleichen sind auch sämtliche Kapitalge­sell­schaften – Sie wissen, welch große Masse das ist – nicht in diesem Bereich enthalten.

Wir glauben, dass das eine sehr ungerechte Lösung ist – laut Angaben dieser Regie­rung geht es um 120 000 Betroffene –, und daher werden wir dieser Maßnahme nicht zustimmen. Wir sind aber offen für alle Maßnahmen, mit denen man eine generelle Eigen­kapitalstärkung für die Unternehmen erreichen kann, weil das eine wesentliche Voraussetzung auch für das Wirtschaftswachstum in Österreich ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


13.24

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ho­hes Haus! Ich möchte schon kurz noch einmal auf das Thema ÖBB zurückkommen. An­dere Länder haben uns ja vorgezeigt, dass verschiedene Gesellschaften notwendig sind, um ein solches Unternehmen effizient zu führen. (Abg. Dr. Bauer: Ja, England!) Warum sollte das für uns falsch sein, was die Schweiz uns schon seit langem zeigt. (Abg. Sburny: In der Schweiz machen sie es ein bisschen anders! – Abg. Dr. Bauer: England hat uns das negativ gezeigt!) Man darf nicht immer einen negativen Zugang haben. In England war die Situation sehr wohl anders, das wissen Sie auch, Herr Ab­ge­ordneter. (Abg. Sburny: Aber in der Schweiz auch!) Bei uns wird es sicher so


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gemacht, dass es zielführend ist, zukunftssichernd auch für die ÖBB, und ich glaube, das ist wesentlich. Da sollte man nicht Äpfel mit Birnen verwechseln.

Als Tiroler Abgeordneter möchte ich gerade der heutigen Gesetzesvorlage wirklich zu­stimmen, denn ich bewerte es als positiv, dass zwei Tiroler Anliegen darin behandelt worden sind. Das betrifft zuerst einmal die Drautal Bundesstraße und diesen Streit um Gelder zwischen Kärnten und Tirol, wobei der Verfassungsgerichtshof zu Recht gesagt hat, man muss da etwas tun. Großzügigerweise hat da der Bundesminister 6 Millionen mehr zur Verfügung gestellt, sodass die B 100 in Osttirol jetzt auch gesichert ist, und die Länder Kärnten und Vorarlberg haben 4 Millionen € abgeben müssen.

Ich glaube, gerade dieser nicht Streit, aber diese Ungereimtheit zwischen zwei Bun­des­ländern wurde sehr effizient mit den Landeshauptleuten und mit dem Finanzminis­ter geregelt. Das ist auch eine Konsenspolitik, mittels der für wichtige Vorhaben für die Bevölkerung etwas getan wird. Diese 16 Millionen €, die jetzt für die B 100 zur Ver­fügung stehen – jeder kennt die Problematik in Lienz – stellen einen sehr positiven Schritt dar. (Abg. Mag. Kogler: Das war ja auch ein Husch-Pfusch-Gesetz!)

Das nächste Tiroler Anliegen, für das wir seit langem gearbeitet haben, ist der Flug­haben Innsbruck. Nicht nur, dass es dadurch, dass der Bund sich zurückgezogen hat, eine Verwaltungsvereinfachung gibt, sind auch 150 Hektar Liegenschaft an die Stadt Innsbruck geflossen. Jeder weiß, wie Innsbruck liegt. Die Technologie schreitet voran, und das ist ein Projekt für die Zukunft. Sollte der Flughafen nicht mehr in diesem Ausmaß gebraucht werden, so sind über 150 Hektar fast mitten in der Stadt für Bebau­ung oder andere Dinge für die Stadt verfügbar. Ich glaube, dies ist eine zukunfts­wie­sende Entscheidung, weil die nächsten Generationen auch Platz brauchen und wir gerade im Gebirge wenig Platz für diese Vorhaben haben.

Dieses Übereinkommen, dieser Verkauf, den nicht nur der Finanzminister, sondern auch die Flughafengesellschaft, die ja auch zu 50 Prozent dem österreichischen Staat gehört hat, getätigt haben, haben gezeigt, das der Staat Österreich Tirol und Innsbruck hinsichtlich der Preissituation entgegengekommen ist, und ich möchte mich herzlich dafür bedanken, denn das war eine schnelle Entscheidung. Wir haben vorher lange darauf gewartet, und ich sehe gerade in diesem Gesetz eine positive Entscheidung

Ich möchte nicht nur sagen, dass wir alle zustimmen, sondern als Tiroler Abgeordneter freue ich mich, dass es zu diesen Entscheidungen gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


13.27

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was den von Kollegem Kogler angespro­chenen Ablauf in der letzten Sitzung des Finanzausschusses und dann die unmittel­bare Ansetzung des Wirtschaftsausschusses anlangt, kann ich ihm nur zustimmen. Von unserer Seite werden wir daher alles tun, damit so etwas nicht mehr vorkommt. Das heißt, wenn nicht klar ist, wie viele Tagesordnungspunkte es gibt, dann soll nicht zu unbestimmter Zeit ein anderer Ausschuss nachher angesetzt werden. Das war im Sinne des Ablaufes nicht optimal.

Zum Zweiten: Was den Inhalt anlangt, möchte ich zu dem, was hier mehrmals ange­sprochen worden ist, nämlich zu den nicht entnommenen Gewinnen, auch noch ganz kurz etwas anmerken, obwohl wir eigentlich jetzt nur ein redaktionelles Versehen klä­ren. Die Hauptmaterie ist ja schon beschlossen, und jetzt geht es nur noch darum, den


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Eigenkapitalanstieg zu präzisieren und das entsprechend abzuklären. Aber von der Sache her möchte ich schon sagen, dass es eine sehr wichtige Maßnahme ist, dass wir den nicht entnommenen Gewinn in dieser Weise forcieren, denn bei dem Ganzen geht es natürlich nicht um eine Sparform, sondern das ist eine Form, die Eigen­kapital­ausstattung der Betriebe zu verbessern.

Herr Kollege Moser, wenn Sie sagen, man sollte das auch auf die Freiberufler und auf die Kapitalgesellschaften ausweiten, so bestätigt das ja nur, dass Sie die Maßnahme an sich als richtig sehen: eben als eine Maßnahme, das Eigenkapital zu stärken. Lo­gisch ist, dass es nur jemanden stärken kann, der entsprechend bilanziert, daher ist meines Erachtens eigentlich die Notwendigkeit gegeben, Eigenkapital stärkende Maß­nahmen beispielsweise für Einnahmen- und Ausgabenrechner zu tätigen. Dort haben wir nichts vorgesehen. Aber ansonsten ist die Maßnahme eine durchaus begrüßens­werte Maßnahme, und sie wird vor allem den Mittelstand stärken. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Dritte, was ich ansprechen möchte, ist die an sich sehr positive Einführung der elektronischen Abgabenerklärung, die wir jetzt in diesem Jahr ausweiten, sodass sie nicht nur für die Umsatzsteuer, sondern auch für die Einkommen- und Körperschaft­steuer angewendet werden kann. Doch gerade, was die Einkommensteuer anlangt, sehe ich jetzt bei den Kleinbetrieben die Problematik, dass sie, die vorher keine be­stimmten Gliederungen vorgegeben hatten, sich nun an solche Gliederungen halten müs­sen. Das heißt, wir werden zwar jetzt Bescheide schneller erhalten, ersparen uns Wegkosten und vieles andere mehr, aber der Ausschuss hat dazu festgestellt, dass es bestimmte Toleranzen braucht, damit man den Übergang entsprechend bewältigt. Das halte ich für ausgesprochen sinnvoll, dass es dazu kommt, denn ansonsten könnte das ein problematisches Instrument werden.

Was mir allerdings abgeht, ist die Einhaltung des Versprechens, dass der Betrieb Wahlfreiheit hat. Wer bei der Form der alten Abgabenerklärung bleiben möchte, hat diese Möglichkeit offensichtlich nicht mehr. Darüber sollte man eigentlich noch reden.

Wie wichtig die elektronischen Möglichkeiten sind, haben wir bei diesem dritten Bereich gesehen, der heute debattiert wird und ein bisserl strittig war, nämlich die Umsatz­steuer­problematik, wenn es darum geht, dass Liegenschaften nicht mehr ausschließ­lich betrieblich genutzt werden, sondern bei Aufgabe des Betriebes teilweise auch privat, denn hätten nicht Steuerberater oder andere, die das aufmerksam mitverfolgt haben, mit elektronische Mails reagiert, wäre das vermutlich nicht gesehen worden. Es spricht schon für den Ausschuss – für den Vorsitzenden, aber auch für die anderen Mitglieder –, dass diese Thematik einvernehmlich abgeklärt wurde und wir nun eine Umsetzung haben, die wirklich auch den Interessen der Betriebe entspricht – oder ent­sprechen sollte.

Was da dahinter steht, ist ja die schon mehrmals angesprochene Richtlinie der EU, diese Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie, und da sehe ich schon ein Problem. Es wird einige Verschärfungen bringen, was zum Beispiel Zuwendungen auch an Arbeitnehmer anlangt. Diese sind auf einmal umsatzsteuerpflichtig. Es wird aber auch, was die Klä­rung der Frage, die ich schon vorher erörtert habe, anlangt, noch schwierig werden, jetzt genau dem zu entsprechen, was der EuGH und was die Richtlinie vorgibt. Nur, auf der anderen Seite: Wenn wir uns diesem Problem nicht stellen, wenn wir hier keine Lösung zustande bringen, die auch lebbar ist, dann dürfen wir uns meines Erachtens nicht wundern, wenn die Akzeptanz der EU bei vielen Bürgern, bei vielen Unternehmen in Zukunft Probleme macht. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)


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Daher ist die Vorgangsweise, was wir hier und heute tun, ausgesprochen richtig. Das Ein­vernehmen im Ausschuss spricht eigentlich für die konstruktive Arbeit dort. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

13.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


13.32

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Auch einige Worte zum Abgabenänderungsgesetz 2003. – Kollege Mitterlehner, ich denke, die Zukunft wird weisen, wie das Modell der Halbsatz­besteuerung bei den nicht entnommenen Gewinnen funktionieren wird. Wir sind halt anderer Meinung. Wie gesagt, schauen wir uns an, wie es funktionieren wird, welche Auswirkungen das tatsächlich haben wird. Ich persönlich glaube halt – und damit bin ich gleich beim Punkt des Abgabenänderungsgesetzes –, dass es im Tourismus relativ wenig Auswirkungen haben wird, und da ist es mir doch ein bisschen sauer aufge­stoßen, dass von den meisten Abgeordneten der Regierungsparteien bei der ursprüng­lichen Beschlussfassung des § 11a dieser so als eine Art „Allheilmittel“ für den Touris­mus und für die Eigenkapitalschwäche in diesem Bereich dargestellt wurde.

Tatsache ist, dass die meisten Betriebe dort keine Gewinne haben, die sie stehen las­sen können, das heißt, denen nützt das nichts. Der andere Teil sind GmbHs, denen nützt das auch nichts. Das heißt, Allheilmittel für den Tourismus wird es keines sein, es wird dort relativ wenig Anwendung finden können. Das sagen auch die Vertreter der Bran­chen inzwischen selbst und bemängeln auch, dass für sie in diesem Bereich eigentlich kaum etwas getan wurde.

Tatsache ist – wenn man kurz bei diesem Bereich bleibt –, dass eine eklatante Eigen­kapitalschwäche des Tourismus besteht. Das kann nicht negiert werden. Das durch­schnittliche Eigenkapital ist negativ, insbesondere bei den Betrieben in den Ein- bis Drei-Stern-Kategorien; bei vier und fünf Sternen ist es dann ein bisserl besser, aber in Wirklichkeit auch nicht viel. Tatsache ist meiner Ansicht nach, dass auch die Be­steuerung in diesem Bereich zu hoch ist.

Was ist die Folge? – Die Folge ist – das ist inzwischen auch bei Vertretern der Branche unbestritten –, dass ein gewisser Teil der Umsätze an der Steuer vorbeiläuft. Jetzt ist die Frage: Wie geht man damit um? Was tut man damit? Ich denke, dass die Antwort darauf nicht lauten kann, die Branche zu kriminalisieren. Die Antwort kann auch nicht lauten, dass man die Steuerfahndung hinschickt, weil es eben Tatsache ist, dass die Be­steuerung zu hoch ist. Immerhin ist der Tourismus einer der wesentlichen Wirt­schafts­zweige unseres Landes, das heißt, man muss sich überlegen, wie man aus dieser Sache anders herauskommt.

Meiner Ansicht nach kann das nur lauten, dass es zu einer Steuersenkung in diesem Bereich kommt – und nicht zu einer Kriminalisierung der Betriebe, die das ja schon selbst zugeben, dass sie gewisse Dinge, sozusagen als „Notwehrmaßnahme“ – unter Anführungszeichen –, halt in, sagen wir einmal, extensiver Auslegung tun müssen, um überhaupt überleben zu können im Steuerbereich, etwa im Umsatzsteuerbereich.

Das heißt – da sind wir bei einem zweiten Bereich, der auch im Abgabenänderungs­gesetz bei der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie angesprochen wird –, und ich denke, dass man wirklich ernsthaft überlegen sollte und gemeinsam überlegen sollte, ob eine Möglichkeit besteht, den ermäßigten Umsatzsteuersatz in der Hotellerie von 10 Pro­zent auf 5 Prozent abzusenken. Es ist dies eine Initiative, die bereits etwa von der französischen Regierung bei der EU eingebracht wurde, dort allerdings nicht auf


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wirkliche Gegenliebe bei anderen Kollegen – ich geb’s zu: auch bei den deutschen Kol­le­gen nicht – gestoßen ist.

Ich denke, dass wir das unterstützen sollten – eine Aufforderung diesbezüglich auch an das Finanzministerium, hier einmal Modelle durchzurechnen –, weil ich der Überzeu­gung bin, dass ein nicht unerheblicher Teil des Steuerausfalls durch das letztendlich dann doch erfolgende Deklarieren aller Umsätze aufgefangen werden könnte. Bran­chenvertreter sagen mir, sie wären dazu durchaus bereit. Diese Gespräche sollte man daher führen.

Man muss schauen, auf welchen Bereich man das überhaupt ausdehnen kann. Man könnte sozusagen den ganzen ermäßigten Mehrwertsteuersatz senken, doch die Aus­fälle, die dadurch produziert würden, wären wahrscheinlich zu hoch. Wenn man es auf Teilbereiche konzentriert – und darüber muss man nachdenken, da muss man Modelle finden –, dann muss man das eben auf EU-Ebene verhandeln und dort entsprechend einbringen. Wie gesagt, große Länder wie Frankreich würden hier mitziehen, weil auch sie ihren Satz senken wollen, und es gibt etliche konkurrierende Länder in diesem Be­reich in unserem Umfeld, die einen niedrigeren Steuersatz haben. (Abg. Bucher: Die Deutschen heben an!)

Wobei da auch noch dazuzusagen ist, dass, wenn es zu einer derartigen Steuer­entlastung kommt, das Verlangen dann nicht sein kann, dass das im Wege niedrigerer Preise an die Konsumenten weitergegeben werden sollte. Das nützt dann den Unter­nehmen nichts. Das heißt, das müsste den Unternehmen als Eigenkapitalstärkung ver­bleiben. Das Argument, dass dann immer kommt, ist: Wie wollen Sie die Unternehmen dazu zwingen? Ich muss sie nicht dazu zwingen, weil Basel II sie dazu zwingen wird, die Eigenkapitalbasis zu verbessern. Das heißt, jeder Unternehmer, der rechnet – ich leite selbst ein Unternehmen, und alle müssen rechnen –, wird das zur Eigenkapital­stärkung einsetzen. Davon bin ich überzeugt.

Um das abzuschließen: Wir sollten gemeinschaftlich auch noch überlegen, ob man im Bereich der Abzugsfähigkeit von fiktiven Eigenkapitalzinsen etwas tun kann, denn das ist eine grobe Benachteiligung gerade des Tourismus.

Man muss auch sagen, dass das Argument, es wäre kein Kapital vorhanden, nicht stimmt: Mehr als 50 Prozent der Betriebe in der Hotellerie arbeiten mit Privatdarlehen, weil eben Fremdkapitalzinsen abzugsfähig sind. Das heißt, eine Umwandlung dieser Privatdarlehen vom Unternehmer selbst in Eigenkapital, wäre, wenn er hiefür eine steuerliche Begünstigung bekommt, durchaus möglich. Kapital wäre da, und das würde auch im Hinblick auf Basel II helfen.

Ich bin sehr froh darüber, dass es uns eben, wie Kollege Mitterlehner gesagt hat, in diesem Zusammenhang gelungen ist, gemeinsam auch den Artikel IV aus dem Ab­ga­benänderungsgesetz herauszunehmen, weil diese Eigenverbrauchsverschlechte­rung klarerweise insbesondere auch die Hoteliers getroffen hätte. Da bin ich sehr froh für die Branche, dass uns das gelungen ist, und ich hoffe, dass wir gemeinsam auch über die anderen Punkte, die ich angezogen habe, sprechen können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. – Bitte.

 


13.37

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte ganz kurz zum Devisengesetz Stellung nehmen. Das Devisengesetz aus dem Jahre 1946 – Kollege


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Fasslabend hat es schon gesagt – war von einem gänzlich anderen Wesen und Geist geprägt, als das der heutigen europäischen und Euro-Wirklichkeit entspricht, und die Anpassung, die wir gemeinsam vornehmen, war daher überfällig und notwendig. Man darf nicht vergessen, dass mit einem von derartigen Restriktionen und Kontrollen ge­prägten Gesetz auch ein enormer zusätzlicher Aufwand sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in den betroffenen Unternehmen verbunden ist. Und Aufwand bedeutet vor allem Kosten. Es ist also auch von diesem Gesichtspunkt her zu begrüßen, dass diese Anpassung nun heute erfolgen kann.

Einen Aspekt möchte ich aber besonders herausheben, und zwar einen konsu­menten­schutzrechtlichen Aspekt. Wir haben gleichzeitig mit dem Devisengesetz auch das Überweisungsgesetz novelliert, und zwar gemäß der Verordnung des Europäischen Parlaments und Rates vom 19. Dezember 2001, in der festgelegt wird, dass für grenz­überschreitende innergemeinschaftliche Zahlungen keine höheren Gebühren verlangt werden dürfen als bislang für Inlandszahlungsüberweisungen. Wir setzen das jetzt mit dem neuen § 7a um.

Aber vor allem statuieren wir auch entsprechende Informations- und Aufklärungspflich­ten, die den Geldinstituten obliegen, die nicht nur die Gebühren oder Gebührenände­run­­gen auszuweisen haben, sondern jetzt bei An- und Verkauf von Euro auch die ent­sprechenden Umtauschgebühren klarstellen müssen, aber insbesondere –und daran ist jetzt die Wirksamkeit der niedrigen Gebühren bei Überweisungen gebunden – den Kunden auch aufklären müssen über die internationale Kontonummer wie die inter­nationale Bankleitzahlen, die erforderlich sind, damit er vor allem beim Empfänger die­se vergünstigte Kostenstruktur für sich nutzen kann.

Also alles in allem ein Gesetz, das nicht nur eine Anpassung an die gegenwärtigen Markt­bedingungen darstellt, sondern insbesondere auch für die Konsumenten eine ganz wesentliche Verbesserung und auch Senkung der Kosten bedeutet. Ich bin froh darüber, dass wir das heute einstimmig beschließen werden können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte.

 


13.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf die Ausführungen einiger Vorredner eingehen. Kollege Auer hat aufgezeigt, wenn etwas föderalisiert oder in die Länderkompetenz übertragen wird, wie zum Beispiel beim Wasserrecht, so ist das noch lange keine Einsparungsmaßnahme, wie sich zeigt. Ich glaube, dafür gibt es auch andere gute Beispiele. Nicht umsonst warnen auch schon Experten davor, dass „Öster­reich mal neun“ entsteht und dadurch ein höherer Verwaltungsaufwand gegeben ist, als er von Bundesseite seinerzeit bestanden hat. Ich glaube, dass daher darüber nach­zudenken ist, was mit Verlagerungen verbunden ist, welche Einsparungspotentiale wirk­lich nutzbar sind. Es sollte keinesfalls zu einer Vervielfachung der Kosten und Zu­ständigkeiten kommen.

Geschätzte Damen und Herren! Kollege Fasslabend hat hier die Frage gestellt, was ein Betriebsrat der OMV mit Betriebsräten der Österreichischen Bundesbahnen zu tun hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Eine berechtigte Frage!) Es wundert mich, dass eine der­ar­tige Frage jemand stellt, der ÖAAB-Obmann war, ganz besonders – aber dass diese Frage jemand stellt, der Gewerkschafter war, weil zumindest das Wort „Solidarität“ wenn auch nicht immer von allen gelebt, aber vielleicht doch verstanden werden sollte. Ich meine, dass das sehr wichtig ist. (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich möchte feststellen, dass es schon auch etwas bedenklich ist, dass man heute das Streikrecht überhaupt quasi in Frage stellt. (Abg. Dr. Brinek: Nein, das stimmt nicht!) Es gibt viele, die sagen: Dürfen die das überhaupt? Andere wiederum sagen: Die werden wir kündigen, wenn sie es tun! – Meine geschätzten Damen und Herren! Es ist eigentlich ungeheuerlich, wenn in einer Demokratie ein uraltes Recht der Arbeitnehmer in Frage gestellt wird oder Sanktionen angedroht werden. Ich halte das wirklich für eine bedenkliche gesellschaftliche Entwicklung! Das wurde von dir (in Richtung ÖVP) nicht angesprochen, aber ganz allgemein wurde es in der Öffentlichkeit manches Mal so kommuniziert. (Beifall bei der SPÖ.)

Zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Mitterlehner: Es wird offensichtlich das Ver­ständnis nicht aufgebracht, dass es ein Unterschied ist, ob man eine Maßnahme setzt, die Eigenkapitalbildung ermöglicht – das soll bei den nicht entnommenen Gewinnen auch der Fall sein. Aber wenn die Mittel dann nach sieben Jahren ohne irgendeine Ver­wendungszusage oder Verwendungsbindung herausgenommen werden können, dann ist das ein Ansparmodell und kein Kapitalstärkungsmodell. Darum geht es eigentlich.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch auf das Thema Tabaksteuer ein­gehen. Es wurde schon gesagt: Wir wollen nicht zusätzliche Kontrollen, aber ich kenne auch die Bilanzen der Exportüberschüsse und des Kauf-Tourismus. All das kenne ich. Dennoch glaube ich, dass es für die Grenzregionen notwendig ist, dass ein gewisser Schutzmechanismus gegeben sein soll und so lange beibehalten wird, bis die Anpassung an das Mindeststeuerniveau bei den neuen Beitrittsländern gegeben ist.

Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, dass es nicht nur um die Tabaksteuer geht, sondern eine Harmonisierung des Steuerrechtes dringend notwendig ist, denn wir er­leben immer mehr, dass sich der Wettbewerb über Steueranreizsysteme abspielt. Wenn der Nachbarstaat sagt, wir bieten eine Flat-Steuer von 19 Prozent, dann meine ich, trotz aller Verbindung zu diesem Staat, dass das Anreizsysteme sind, die falsch gesetzt sind. In Europa sollte es diesbezüglich ein abgestimmtes Vorgehen geben.

Es gibt auch noch das Abgabenorganisationsgesetz zu besprechen. Herr Staatssekre­tär Finz, Sie tun ja immer so, als ob Sie auf diesem Gebiet schon alles gut vorbereitet hätten, nur: Wenn man etwas sehen will, so wie wir das auch zugesagt bekommen haben, dann bekommt man keine Unterlagen. Da Sie der Experte sind, der sich an­geblich so lange vorbereitet hat und schon so lange darüber nachdenkt, wie er die bes­te Organisationsform findet, ist es für mich verwunderlich, dass die Zusage, die im Finanz­ausschuss erfolgt ist, nicht gehalten wurde. Ein getrenntes Abstimmungsverhal­ten ist die logische Folge.

Als interessierter Abgeordneter der Regionen bitte ich darum, dass ich diese Unterlage bekomme, um auch kompetent hier diese Schritte der Verwaltungsreform mitvollziehen zu können oder so meine Position einzubringen, wie ich glaube, es im Interesse der Regionen tun zu müssen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


13.46

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Kolleginnen und Kollegen! Ich bringe zwei Abänderungsanträge ein.


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38. Sitzung / Seite 102

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher und Kollegen zur Regierungs­vorlage (237 der Beilagen) betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Zweckzu­schuss­gesetz 2001 geändert wird, in der Fassung des Berichtes des Finanzausschus­ses (298 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die Regierungsvorlage (237 der Beilagen) betreffend das Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird, wird wie folgt geändert:

§ 4a, Abs. 5 lautet:

„(5) Der Bund leistet in den Jahren 2002 bis 2010 Zuschüsse in der Höhe von 58,135 Mil­lionen Euro an das Land Kärnten, in der Höhe von 14 Millionen Euro an das Land Tirol und in der Höhe von 68,67 Millionen Euro an das Land Vorarlberg.“

*****

Begründet wird das damit, dass Kärnten und Tirol bereits Zahlungen bis zum Jahr 2010 bekommen und Vorarlberg da mitziehen möchte.

Der zweite Antrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher und Kollegen zur Regie­rungs­vorlage (238 der Beilagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuerge­setz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Bodenschät­zungs­gesetz 1970, das Normverbrauchsabgabegesetz, das Energieabgabenvergü­tungs­gesetz, das Tabaksteuergesetz 1995, das Alkoholsteuergesetz, das Biersteuer­ge­setz 1995, das Schaumweinsteuergesetz 1995, das Mineralölsteuergesetz 1995, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Zoll­rechts-Durch­füh­rungsgesetz, das Bundesgesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Finanzstrafgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Ausfuhrerstattungs­gesetz geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2003 – AbgÄG 2003), in der Fassung des Berichtes des Finanzausschusses (296 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

1. Artikel IV (Änderung des Umsatzsteuergesetzes) entfällt.

*****

Die Beratungen darüber sind noch nicht abgeschlossen und werden im nächsten Finanzausschuss mit allen vier Parteien fortgesetzt werden. Es wird ein neuer Be­schluss gefasst werden.

*****

2. In Artikel 15 wird nach der Z 4 folgende Z 4a eingefügt:

„4a. § 7 Abs. 2 lautet:


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„(2) Dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien obliegt für den Bereich des Landes Wien die Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer nach dem Kraftfahrzeug­steuergesetz 1952.““

3. In Artikel 15 Z 2 lautet die Z 10:

„10. In § 17 b wird ein neuer Abs. 8 angefügt:

„(8) Die Änderungen in § 3 Abs. 5, § 7 Abs. 1 und Abs. 2 und so weiter sollen mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten.

*****

Da gibt es noch einiges, aber ich glaube, ich werde mit der Zeit nicht auskommen.

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete! Wenn ich Sie kurz un­terbrechen darf: Sie müssen diesen Antrag zur Gänze verlesen. – Bitte vielmals.

 


Abgeordnete Gabriele Tamandl (fortsetzend): „(8) Die Änderungen in § 3 Abs. 5, § 7 Abs. 1 und Abs. 2, § 8 Abs. 1 und § 13a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft. Die Änderungen in § 1, § 2, § 14 und § 17a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Mai 2004 in Kraft. § 14a und § 14b entfallen mit Ablauf des 30. April 2004. Verordnungen auf Grund dieses Bundesgesetzes können von dem seiner Kundmachung folgenden Tag an erlassen werden; sie treten frühestens zugleich mit den durchzuführenden Ge­setzesbestimmungen in Kraft.““

4. In Artikel 18 Z 2 lautet die lit. b:

„b) Abs. 1 lit. e lautet:

„e) in den Fällen der §§ 39 und § 40 die Finanzämter Freistadt, Rohrbach, Urfahr, Salz­burg-Land, Graz-Umgebung, Klagenfurt, Innsbruck und Feldkirch, wenn diese Finanz­vergehen in den Ländern, in denen sie ihren Sitz haben, begangen oder entdeckt worden sind, und das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien, wenn diese Finanzvergehen in den Ländern Wien, Niederösterreich und Burgenland began­gen oder entdeckt worden sind;““

In Artikel 18 lautet die Z 14:

„14. In § 265 wird nach Abs. 1c als Abs. 1d eingefügt:

„(1d) § 58 Abs. 1 lit. e und § 65 Abs. 1 lit. a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft. § 5 Abs. 2, § 58 Abs. 1 lit. a und Abs. 3, § 68 Abs. 5, § 70, § 71, § 85 Abs. 2, § 89 Abs. 2, § 95, § 97, § 181 Abs. 3, § 197 Abs. 1, 3 und 5 und § 227 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/2003 treten mit 1. Mai 2004 in Kraft. Die von den Präsidenten der Finanz­landesdirektionen gemäß § 85 Abs. 2 vorgenommenen Bestellungen von Organen der Finanzämter bleiben von der Änderung dieser Bestimmung unberührt.““

Begründung

Zu Z 2 und 4 (§ 7 Abs. 2 AVOG, § 58 Abs. 1 lit. e FinStrG):


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Die Änderungen sind eine Folge der Änderung in § 7 Abs. 1 AVOG durch den Abän­derungsantrag zur Regierungsvorlage.

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die beiden von Frau Abgeordneter Tamandl verlesenen Abänderungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


13.51

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit 1. Jänner 2004 tritt das Abgabenver­wal­tungs­organisationsgesetz in Kraft, von dem zumindest wir von den Oppositions­parteien auf Grund der letzten Ausschussdebatte nicht genau wissen, was dieses Gesetz wirk­lich alles bewirkt. Und ich bin mir auch nicht sicher, ob alle Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien wissen, was dabei gemacht wird. Ich möchte jetzt nicht un­bedingt dem Herrn Staatsekretär die Schuld zuschieben (Ruf bei der ÖVP: Das ist aber bei Ihnen ungewöhnlich!), sondern im Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz steht: der Bundesminister für Finanzen.

Jetzt weiß ich nicht, hat der Bundesminister für Finanzen gesagt, der Herr Staats­sekretär soll uns bewusst nicht informieren, weil da irgendetwas im Gange ist, was den Regionen nicht gut tut (Abg. Mag. Posch: Der Herr Finz und der Herr Grasser haben schon lange keine gute Kommunikation mehr!), oder hat dies andere Gründe. Im Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht schon, dass mit 1. Jänner 2004 „beson­dere Organisationseinheiten“ gegründet werden sollen. Ich frage nur: Was sind „beson­dere Organisationseinheiten“?

Der Herr Staatsekretär hat uns gesagt, es gibt Wirtschaftsräume. Der Wirtschaftsraum Innviertel etwa hat drei selbstständige Finanzämter. Wird das auch in Zukunft so sein? Der Herr Staatsekretär hat gesagt: Ja, daran ändert sich nichts. Ich stelle jetzt die Frage dazu: Im Gesetz steht ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist keine Frage­stun­de!) – Nein, das ist keine Fragestunde, sondern ich werfe das auf in der Diskussion, damit Sie sich damit auseinandersetzen und wissen, was Sie beschließen.

Da steht nämlich: Die Gesamtleitung des Finanzamtes – also eines – erfolgt durch den Vorstand und den für die fachliche Leitung des Finanzamtes zugeteilten Fach­vor­stand. – Also haben wir jetzt drei Finanzämter mit drei Chefs, so wie jetzt, oder werden wir in Zukunft drei Finanzamtshäuser haben, also Einbringungsstellen, und einen Chef? Das heißt, ich sehe die Gefahr, dass die qualifizierten Arbeitsplätze, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien und besonders von der „F“, weil Sie sich da so lustig darüber gemacht und echauffiert haben, zu einem zentralen Punkt wandern. Das kann doch nicht Ihr Interesse und auch nicht unser Interesse sein, dass wir mit 1. Jänner 2004 beginnend die qualifizierten Arbeitsplätze in den Bezirken in Schritten zentralisieren.

Weiters hätten wir auch gerne gewusst, nach welchen Kriterien zentralisiert wird. Es gibt bei uns im Innviertel ein großes Finanzamt, und zwar Braunau, und zwei kleinere, die nicht den Umsatz des großen haben. Ich höre, eines der kleineren soll die zentrale


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Leitung bekommen. Eine Kosten-Nutzen-Rechnung hätten wir auch gerne gehabt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


13.55

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich werde versuchen, jetzt alle Geheimnisse der angeb­lich so geheimen Reform zu lüften. Ich habe ja schon versucht, das im Finanzaus­schuss zu erklären, aber ich arbeite jetzt alle offenen Fragen einzeln ab.

Zweckbindung Tabaksteuer. Herr Abgeordneter Kogler, es gibt keine Zweckbindung für die Tabaksteuer. Wie Sie ja richtig gesagt haben, ist es aus finanzwirtschaftlichen, aus finanz­technischen Gründen nicht zweckdienlich, eine Zweckbindung einzuführen, weil man damit eine inflexible Budgetverwaltung schafft. Ohne Zweckbindung kann man lau­fend Schwerpunkte festlegen. Wir haben aber durch eine höhere Tabaksteuer Mehreinnahmen. Wir haben daher im Zuge der Budgetgestaltung für die Budgets 2003 und 2004 mit dem Sozialminister eine Vereinbarung dahin gehend erzielt, wie diese Mehreinnahmen budgetär zu verwenden sind. Aber dies gilt zuerst einmal für die Budgets 2003 und 2004.

Zur Abgabenverwaltung. Warum überhaupt eine Reform der gesamten Abgaben­ver­waltung? – Ziel ist eine schnellere Abwicklung von Steuererklärungen. Wenn Sie heute als Arbeitnehmer über Internet eine Abgabenerklärung machen, dann haben Sie im Regelfall diese Abgabenerklärung am nächsten Tag über Internet zurück. – Das bis­herige händische Verfahren hat wochenlang gedauert. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweites Ziel: Besseres Service vor allem für die Lohnsteuerzahler und die KMU, nämlich all jene Personen und Betriebe, die sich keinen teuren Steuerberater leisten können. Im Rahmen der Abgabenverwaltungsorganisationsreform wird kein Finanzamt geschlossen. Ganz wichtig für die regionalen Besonderheiten: kein Finanzamt wird geschlossen! Ich gebe also hier eine Standortgarantie ab. (Beifall bei der ÖVP.)

Bei jedem Finanzamt wird nach demselben Design eine Informationsstelle eingerichtet, wo der Finanzbeamte den Bürger betreut und berät. Er kann dort auch seine Ab­gabenerklärung abgeben und bekommt dort auch Hilfe. Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Funktion. (Abg. Mag. Gaßner: Eine Einlaufstelle!) – Nein, keine Einlaufstelle, sondern eine Beratungsstelle. Ich lade Sie ein. Ich zeige Ihnen einmal, wie diese aussieht und funktioniert. Das ist keine normale Einlaufstelle, sondern, wie gesagt, eine Beratungsstelle.

Weiteres Ziel ist: Wir wollen für ganz Österreich gleichmäßige Prüfungsintervalle – und erreichen das auch. Bisher war es so, dass kleine Finanzämter in ländlichen Regionen regelmäßig alle drei Jahre eine Betriebsprüfung durchgeführt haben, weil sie genügend Personal gehabt haben, andere in Ballungsräumen haben zehnjährige Prüfungs­inter­valle gehabt. Das ist keine Steuergerechtigkeit! Daher ist es das Ziel, in gleichmäßigen Intervallen sollen alle Betriebe geprüft werden.

Ein weiteres wichtiges Vorhaben ist die Intensivierung der Bekämpfung der Korruption, die es vor allem im Umsatzsteuerbereich gibt. Wie wollen wir das erreichen? – Wir ha­ben zunächst – und das ist der erste Gesichtspunkt, warum wir heute auch diese Ände­rung brauchen – aus den Finanzlandesdirektionen die so genannten Berufungs­senate herausgenommen und haben daraus einen unabhängigen Finanzsenat ge­macht, also eine Art Finanzgericht, wo jetzt, im Gegensatz zu früher, eine gleiche Stel­lung, also Chancengleichheit zwischen dem Steuerklienten und dem Finanzamt


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herrscht. Diese müssen gemeinsam mit den gleichen Rechen und Pflichten vor dem Finanzrichter auftreten. Außerdem werden alle Entscheidungen veröffentlicht – und nicht so wie bisher fallweise einzelne. Das soll einer einheitlichen Vollziehung, auch im Berufungsverfahren, dienen und das gesamte Verfahren transparent machen.

Die nächste Maßnahme war – und diese beginnt mit 1. Jänner 2004 –, dass die 80 Finanzämter in ganz Österreich verteilt auf 43 Wirtschaftsräume zusammengezo­gen werden, das heißt, zwei, drei Finanzämter sind unter einen einheitlichen Führung. Einer ist für die Gesamtführung zuständig, und er hat zusätzlich einen Zweiten aus dem so genannten Fachbereich, der steuerlich berät und auf eine einheitliche Vollzie­hung achtet.

Dieser Wirtschaftsraum hat den Vorteil, dass zwischen zwei, drei Finanzämtern ein Kräfteausgleich passiert und die gleichen Prüfungsintervalle leichter eingehalten wer­den können. Es ist dies ein Konzept, mit dem dezentralisiert wird. Von den Finanz­landesdirektionen kommen hoch spezialisierte Fachkräfte in die Regionen, das heißt also, den Regionen werden keine hochwertigen Posten weggenommen, sondern sie werden ihnen zugeführt. (Beifall bei der ÖVP.)

Der nächste Schritt ist, dass eine Buchhaltungsagentur für alle öffentlichen Dienst­stel­len eingeführt wird. Daher verlieren die bisherigen Finanzlandesdirektionen ihre Buch­haltungen. Diese werden in eine Buchhaltungsagentur zusammengeführt. Daher ist aus all diesen Gründen eine Neuordnung des regionalen Managements notwendig.

Ich kann Ihnen noch keine schriftlichen Unterlagen darüber geben, weil wir derzeit noch bei der letzten Stufe dieser Neuordnung sind, und wir müssen das erst endgültig festlegen. Aber die Regionen verlieren nichts, sondern sie haben mehr Personal ge­wonnen.

Wir wollen auch eine Verflachung der gesamten Abgabenorganisation von bisher drei Ebenen – das ist das Konzept des 19. Jahrhunderts gewesen; das war die alte Ver­waltung nach 1848, Freiherr vom Stein  – auf zwei Stufen erreichen. Das Regional­management wird vor allem darauf achten, dass Budget- und Personalverwaltung nach einheitlichen Gesichtspunkten geführt werden, und vor allem auch auf eine einheitliche Dienst- und Fachaufsicht achten. – Das sei zu diesem Thema gesagt.

Frau Abgeordnete Sburny, Sie haben das Investitionsschutzabkommen angeführt und quasi kritisiert, dass es bilaterale Investitionsschutzabkommen gibt. 47 Abkommen sind derzeit in Geltung, zehn Abkommen sind unterzeichnet und noch nicht in Kraft, und drei sind paraphiert, aber noch nicht unterzeichnet.

Es gibt leider kein multilaterales Investitionsschutzabkommen (Abg. Mag. Gaßner: Gott sei Dank!), daher müssen wir auf das alte Instrumentarium der bilateralen Investitions­schutzabkommen zurückgreifen. Unsere Investitionsschutzabkommen sind nach inter­nationa­len Verträgen, die überall so verwendet werden, ausgerichtet. Schöner wäre es, wenn es ein multilaterales geben würde, aber leider gibt es das noch nicht. Wenn wir ein derartiges Investitionsschutzabkommen nicht schließen würden, würde eben ein an­deres Land das Geschäft machen, und ich glaube, das kann nicht im Sinne unserer Exportwirtschaft sein.

Zur Tabaksteuer: Den neuen Mitgliedsländern wurde eine mehrjährige Frist zur Errei­chung der Tabakbesteuerungshöhe, so wie sie derzeit bei uns und in anderen EU-Länder ist, zugestanden. Das ist der Grund, warum wir die von Minister Edlinger ein­geführte – nicht von uns eingeführte! – Regel, dass man nur Packungen bis 25 Stück mitnehmen kann, weiterhin aufrechterhalten. Es muss dazu keine neue Behörde ein­geführt werden, weil es nach der Erweiterung am 1. Mai 2004 noch immer eine Schen­gen-Grenze gibt. Es wird also weiterhin der Pass kontrolliert, und bei dieser Gelegen-


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heit kann man stichprobenweise – so wie bisher – die Einhaltung dieser Regelung untersuchen.

Wir brauchen also keine Zivilstreifen, wir brauchen keine neuen Standorte, sondern das wird als einstweilige Maßnahme weiterhin kontrolliert, und im Laufe der Jahre, wenn die neuen Mitgliedsländer auf unserem Niveau der Besteuerung sind, wird sich diese Kontrolle erübrigen. Das heißt also, wir brauchen sie dann nicht mehr, und dann wird es vermutlich auch keine Schengen-Grenzen mehr geben.

Noch einmal zur Begünstigung nicht entnommener Gewinne: Das ist keine wirt­schaftliche Maßnahme, sondern das soll vor allem die Betriebe in ihrer Eigenkapital­kraft – das ist bei uns in Österreich ein ganz besonderes Problem – stärken. Damit dies keine Sparform wird, haben wir diese Maßnahme zum Beispiel nicht auf die Frei­berufler ausgedehnt, weil in diesem Bereich keine so anlageintensiven Einrichtungen vorhanden sind und es daher nicht benötigt wird. Es soll der Stärkung der Betriebe dienen, vor allem damit sie im Hinblick auf Basel II zu Krediten mit günstigen Kondi­tionen kommen können. Ich erachte diese Regelung als äußerst wichtig und günstig.

Herr Abgeordneter Bauer, Sie haben die internationale Steuerharmonisierung erwähnt. Ich pflichte Ihnen voll bei, das wäre wichtig, das ist auch bei jedem ECOFIN unter dem Punkt „Allfälliges“ ein Thema. Jeder sagt es, aber niemand macht etwas. Das wäre eine Aufgabe der EU, und zwar müssten wir als ersten Schritt einmal zu einheitlichen Steuerbemessungsgrundlagen kommen, die wir nicht haben, und dann könnte ein Wettbewerb nur mehr über die Sätze stattfinden.

Das stört mich auch bei dem Modell der Slowakei ein bisschen. Bei dieser 19-pro­zentigen Körperschaftssteuer, Einkommensteuer gibt es keine Ausnahmeregelungen. Selbst wenn Sie eine Forderungsabschreibung haben, können Sie diese nicht abset­zen. Wenn man das mit westlichen Systemen oder unserem System vergleicht, ist es in Wirklichkeit eine 25-prozentige Steuer, aber trotzdem ist dieser Steuersatz spekta­kulär und für uns eine Herausforderung. Diesbezüglich müssen wir uns bei der Steuer­reform ab dem Jahr 2005 äußerst anstrengen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. – Bitte.

 


14.06

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! In meinem Kurzbeitrag möchte ich auf die Veräußerung der Anteile des Bundes an der Tiroler Flughafen-Betriebsgesellschaft in der Höhe von 50 Prozent – zu gleichen Teilen an das Land Tirol und an die Stadtgemeinde Innsbruck – eingehen.

Die Republik Österreich hat seit Mitte der siebziger Jahre 50 Prozent Anteile an dieser Flughafengesellschaft gehalten, und es war sehr sinnvoll, dass man in der Startphase, in der Aufbauphase einer wichtigen infrastrukturellen Einrichtung Geld in die Hand genommen hat und Risiko getragen hat, um schneller zum Erfolg zu kommen.

Jetzt hat sich die Situation geändert. Dieses Miteigentum bringt im Sinne der ursprüng­lichen Intentionen der Standortpolitik eigentlich nichts mehr. Es führt in Wahrheit zu einer Verkomplizierung der Abläufe und auch zu einer gewissen Verzettelung der Res­sourcen. Zu jeder Sitzung, bei jeder Investitionsentscheidung und so weiter müssen die Beamten des Ministeriums anreisen. Das heißt, es sind – das empfiehlt der Rech­nungs­hof seit langem – die Kompetenzen zu bereinigen.


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Die Bundesregierung ist diese Sache klar und konsequent angegangen. Nach Salz­burg, Graz und Klagenfurt hat man sich nun von den Anteilen an der Tiroler Flug­hafengesellschaft getrennt, und was auch besonders wichtig und interessant ist, ist, dass mit dieser Trennung auch ein Privatisierungsauftrag verbunden ist. Das heißt, die Anteile werden nicht einfach von einer öffentlichen Hand auf die andere übertragen, sondern die Anteile sollen in letzter Konsequenz auch tatsächlich von privaten Händen verwaltet werden. Das hat vor allem mit dem Engagement der regionalen Wirt­schafts­treibenden, mit den Verankerungen dieses Unternehmens im Umfeld der regionalen Wirtschaft zu tun.

Ich möchte mich für diese Maßnahmen sehr herzlich bedanken. Ich glaube, man kann sagen, das Engagement des Bundes hat sich gelohnt. Wir haben heute in Tirol einen florierenden regionalen Flughafen, wir haben ein florierendes regionales Unternehmen. Es ist eine für den Standort eminent wichtige Infrastruktur, die wöchentlich und monat­lich von Tausenden Wirtschaftstreibenden und Privatpersonen genützt wird und die letzt­lich auch wir Abgeordnete dankbar Woche für Woche in Anspruch nehmen kön­nen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


14.09

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! Es ist zwar schön, dass Sie hier das Geheimnis gelüftet haben, aber es wäre besser gewesen, wenn Sie uns die Unterlagen zum Abgabenänderungsgesetz zur Verfügung gestellt hätten, und zwar rechtzeitig zur Verfügung gestellt hätten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir behandeln jetzt unter einem zehn Vorlagen von dieser umfangreichen Tagesordnung. Wir als Sozialdemokraten werden fast alle Punkte mittragen – bis auf das eben erwähnte Abgabenänderungsgesetz, bei dem wir eine getrennte Abstimmung fordern.

Gestern wurde über ein neues Konjunkturbelebungspaket gesprochen, und ich möchte dazu einige Sätze sagen.

Seit gestern ist dieses Konjunkturpaket im Haus. Man kann heute schon sagen und davon ausgehen, dass diese Maßnahmen wieder nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein werden. Das heißt nicht, dass wir dieses Belebungsprogramm grundsätzlich ablehnen, aber es ist einfach zu wenig.

Meine Damen und Herren! Dieses Wirtschaftsbelebungsprogramm wird sicher nicht ausreichen, um die Konjunktur nachhaltig zu verbessern – und das war auch schon bei den letzten Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, unser wesentlicher Kritikpunkt. Diese Konjunkturmaßnahmen, gepaart mit Sparpaketen, wie sie damals geschnürt wurden, sind letztlich ein Nullsummenspiel und werden in Wirklichkeit nicht wirksam. Wir haben Beispiele aus der Vergangenheit, die das bewiesen haben.

Natürlich wurde Österreich auch von der weltweiten „Konjunkturabkühlung“ der letzten Jahre nicht verschont, aber die Regierung hat diesen Konjunkturabschwung mit diesen Sparpaketen noch selbst verstärkt. Ich denke da einmal an die Sparpakete der letzten Jahre, die bis heute voll greifen, und ich denke an jene Maßnahmen, mit denen die öffentlichen Investitionen zurückgenommen wurden.

Wir glauben nicht, meine sehr geschätzten Damen und Herren der Regierungsfrak­tionen, dass das der richtige Weg, die richtige Politik sein kann. Wir werden aber den-


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noch, wie schon erwähnt, bis auf die getrennte Abstimmung über das Abgaben­än­de­rungsgesetz den anderen Punkten unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Machne. – Bitte.

 


14.12

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr verehrte Frau Staatssekretärin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen im Hohen Hause! Gestatten Sie mir als Osttiroler Abgeordnete noch einige Bemerkungen zu Tagesordnungspunkt 10, dem Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert werden soll.

Gut Ding braucht Weile könnte man zum heute zu fassenden Beschluss über die Finanzierung für den Ausbau der B 100 sagen. Mit dem Ausbau der B 100 im Oberen Drautal geht nicht nur ein lang gehegter Wunsch der Bevölkerung in Oberkärnten in Erfüllung, sondern auch in Osttirol, da die B 100 bis Südtirol führt und auch die Um­fahrung in Silian mit einbezogen wird.

Zugegebenermaßen – aber darüber wurde heute schon gesprochen – hat es einige Irritationen im Laufe der Verhandlungen gegeben, die nun aber ausgeräumt sind. Ein großer Dank gebührt hier Herrn Staatssekretär Finz und unserem Bundesminister für Finanzen, aber auch den Landeshauptleuten von Kärnten und Vorarlberg, die Ver­ständ­nis für die Osttiroler Situation gezeigt haben.

Anlässlich eines Treffens in Lienz haben sich Landeshauptmann Van Staa und Lan­des­hauptmann Haider auf den gemeinsamen Ausbau der gesamten B 100 geeinigt. Für die Umfahrung Silian werden also von Seiten des Bundes 14 Millionen € zur Verfügung stehen. Dieselbe Summe wird noch einmal das Land Tirol aufbringen, und so steht einer Verwirklichung nichts mehr im Wege, auch wenn – das muss ich noch an­merken – die Trasse in Silian noch nicht feststeht.

Sie alle wissen, wie schwer erreichbar und entlegen Osttirol und auch Oberkärnten sind. Nicht zuletzt auf Grund dieser Tatsache befinden sich die Regionen Osttirol und Oberkärnten in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation. Mit diesem Projekt – und ich hoffe, es werden auch viele Aufträge in unserem Raum zu vergeben sein – wird auch ein Beitrag zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung Osttirols und Oberkärntens ge­leistet werden. – Herzlichen Dank dafür, und ich kann nur sagen: Ende gut, alles gut. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


14.14

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Es ist schon aben­teuerlich, was Sie heute hier gesagt haben: Sie können uns dieses Konzept über die Neuorganisation der Finanzämter noch nicht geben, aber Sie wünschen sich von uns, dass wir dieses Gesetz beschließen. Wie soll das gehen? – Ich verstehe das nicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich möchte mich aber in meinem kurzen Beitrag noch einmal mit diesem Investitions­schutzabkommen beschäftigen. Ich bin wahrscheinlich der Einzige hier, der ein solches Abkommen noch nicht genau gelesen hat – ich nehme es zumindest einmal an. Ich


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habe mich bemüht, ein solches Abkommen, und zwar das mit dem Staat Namibia, zu lesen, und es ist wirklich spannend:

Zum einen ist es bilateral. Wenn Sie einmal das Abkommen lesen sollten, dann müs­sen Sie das, was darin steht, immer von zwei Seiten her überlegen. Denken Sie immer: Was würde geschehen, wenn ein namibischer Unternehmer bei uns investieren wür­de?

Zum Zweiten: Es wäre doch durchaus auch vor einer solchen Entscheidung einmal ganz interessant zu erfahren: Wieso haben wir das heute und gerade jetzt auf der Tagesordnung? – Es wird hier Wünsche geben, es wird hier jemanden geben, der der Meinung ist, er möchte – ich denke jetzt einmal den umgekehrten Weg – in Namibia investieren.

Namibia – das wusste ich – liegt irgendwo im südlichen Afrika, ich habe dann aber noch nachgelesen, dass es zwei bis drei Mal so groß wie Deutschland ist und 1,6 Mil­lionen Einwohner hat – na, wunderschön! Beim Kapitel „Wirtschaft“ bin ich drauf­gekom­men, dass die hauptsächliche Wirtschaft im Export von Bodenschätzen wie Diamanten und Ähnlichem mehr besteht und dass 50 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben, die allerdings nicht sehr ertragreich ist.

Wenn ich mir das anschaue und dann ansehe, wie dieses Abkommen aufgebaut ist, dann denke ich mir, dass wir uns wirklich hinsetzen und solche Abkommen einmal ganz genau lesen sollten.

Es ist zum Beispiel das Kapitel „TransFair“ enthalten, in dem es darum geht, was alles aus diesem Land transferiert werden kann – aus welchen Gründen immer. Natürlich geht es dabei um das investierte Kapital, das zusätzlich investierte Kapital und die Erträge. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir diesen armen Ländern, diesen ärmsten Ländern alle Erträge, all das, was dort von den Menschen erwirt­schaftet wird, jederzeit und ohne Weiteres entziehen können, dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn sie sich wirtschaftlich nie erholen können. Aber das beschließen wir jetzt! (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)

Das ist nicht nicht genügend, Herr Staatssekretär: Erklären Sie mir das, bitte! Dort wird investiert, um die Erträge wegholen zu können. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist die Zeit zu kurz. Ich habe mir nur noch die internationale Kritik an dem offiziellen MAI-Abkommen  angesehen und habe es mit dem, was in diesem Abkommen steht, verglichen. Ich muss Ihnen sagen: Das MAI-Abkommen ist deswegen zurückgestellt worden, weil viel weniger darin gestanden ist als in diesem Abkommen. Und das wurde schon sehr heftig international kritisiert.

Noch eine Bemerkung zum Schluss: In der namibischen Geschichte – und das hat mir die internationale Abteilung des ÖGB recherchiert – kommen sehr bekannte Namen von Österreichern vor, nämlich Namen wie Waldheim, Jankowitsch, die sich vor dem Jahr 1990 sehr stark dafür gemacht haben, dass Namibia unabhängig wird. – Ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur solche Verträge hier beschließen, sondern dass die Bundesregierung solch einen jungen Staat, einen wirtschaftlich nicht sehr kräftigen Staat auch auf diplomatischer Ebene, auf internationaler Ebene massiv unterstützt, denn nur so wird es möglich sein, dass sich diese Länder auch wirt­schaftlich erholen können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte.

 



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38. Sitzung / Seite 111

14.19

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch eine Anmerkung zum Abgabenänderungsgesetz.

Wir alle – und ich denke, darin sind sich die Fraktionen hier in diesem Hause einig – sind für eine Verwaltungsvereinfachung, wo immer sie möglich ist. Ein Schritt zur Ver­waltungsvereinfachung ist sicherlich auch die elektronische Übermittlung von Einkom­men­steuererklärungen.

Ich würde aber, sehr geehrter Herr Staatssekretär, in Anbetracht der Tatsache, dass es Betriebe gibt, die keine eigene EDV-Ausstattung besitzen und denen auch der Zugang zur EDV nicht möglich ist, vorweg – und nicht im Nachhinein – eine Möglichkeit schaf­fen, sodass ein daraus resultierender Nachteil für diese kleinen Betriebe auszu­schließen ist, das heißt eine Festlegung, die per Erlass getroffen wird, für jene Be­triebe, die sehr klein sind, keine EDV-Ausstattung und eben keinen Zugang haben.

Geschätzte Damen und Herren! Für ausgesprochen begrüßenswert halte ich den unabhängigen Finanzsenat. Ich denke, dass die Einrichtung dieses unabhängigen Fi­nanz­senates eine schnelle, eine unbürokratische und eine effiziente Arbeitsweise mit sich bringt und das im Sinne einer modernen, zukunftsorientierten Verwaltung zu sehen ist.

Geschätzte Damen und Herren! Zum Zweckzuschussgesetz ist anzumerken, dass in der letzten Gesetzgebungsperiode eine Verländerung der Bundesstraßen stattgefun­den hat. Das heißt, die Bundesstraßen sind in den Verwaltungsbereich der Länder eingegliedert worden. Durch eine Tiroler Initiative ist es dazu gekommen, dass dieses Zweckzuschussgesetz durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Letztlich kam es zu einer Neuregelung der Zuschüsse, die mit allen Ländern akkordiert sind. Tirol kann sich glücklich schätzen, denn Tirol erhält 14 Millionen € mehr, 6 Millionen € werden seitens des Bundes mehr ausgegeben.

Noch eine Anmerkung zur Veräußerung von Bundesanteilen an der Tiroler Flughafen­betriebsgesellschaft mbH  und von dazugehörendem unbeweglichem Bundesvermö­gen. Durch diese Abgabe der Anteile des Bundes in der Höhe von 50 Prozent an der Flughafengesellschaft findet, wie ich meine, eine Kompetenzbereinigung statt. Der Anteil des Bundes rührt noch aus den fünfziger Jahren, als Österreich wieder seine Lufthoheit erlangte, und dieser 50-Prozent-Anteil wird jeweils zur Hälfte an die Stadt Innsbruck und das Land Tirol übergeben beziehungsweise veräußert. Gleichermaßen veräußert werden die Liegenschaften, die die Stadt Innsbruck erhält.

Ich halte das für eine vernünftige Kompetenzbereinigung, die hier stattfindet, und es entspricht auch einer Empfehlung des Rechnungshofes.

Abschließend noch eine kurze Anmerkung zum Investitionsschutzabkommen. Unab­hängig von der heutigen Beschlussfassung darf ich festhalten, dass eine grund­sätz­liche Diskussion zum Themenbereich Investitionsschutz stattfinden sollte, durchaus vorstellbar, wie im Ausschuss vorgeschlagen wurde, im Rahmen einer Enquete, um die Auswirkungen von Investitionsschutzmaßnahmen insbesondere auf kleine und arme Länder zu diskutieren oder auch die von Kollegen Gaßner aufgezeigten Problematiken, diesen Problembereich genauso wie die Schadensregelung und das Gleichbehand­lungs­gebot. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheuch. – Bitte.

 



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38. Sitzung / Seite 112

14.24

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekre­tär! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte nur noch kurz Stellung nehmen zur Änderung des Zweckzuschussgesetzes aus dem Jahr 2001 – es wurde bereits darüber referiert. Es kommt dabei zu einer Neuverteilung von Mitteln, zu einer Neuregelung, durch die Tirol sozusagen 14 Millionen € zusätzlich bekommt und jeweils 4 Millionen € der bereits zugesagten Mittel von Kärnten und von Vorarlberg verteilt wurden.

Ich möchte das deshalb noch einmal hier erwähnen, weil ich mich sehr gut an sehr böse Pressemeldungen von Frau Kollegin Trunk erinnere, in denen es hieß, dass Herr Landeshauptmann Haider das Geld für Kärnten verloren hätte. (Abg. Mag. Trunk – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Das ist der Beweis!) Ich erwarte mir, Frau Kollegin Trunk, einmal eine positive Pressemeldung von Ihrer Seite in die Richtung, dass wir es sehr wohl verstehen, Gelder für Bundesländer zu sichern, sowohl für Kärnten als auch für Tirol und Vorarlberg.

Ich möchte in diesem Zusammenhang aber noch einmal erwähnen, dass die Vor­gangsweise, mit der die Gelder für Tirol erreicht werden konnten, vielleicht nicht von der feinsten Art ist. Ich bin nicht der Überzeugung, dass man sich über eine Klage beim Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof Geld beschaffen sollte (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk), aber am Ende des Tages haben wir – wie so oft in dieser Regie­rung – eine vernünftige Regelung gefunden.

Frau Kollegin Trunk! Noch einmal: Ich fordere Sie als Kärntner Abgeordnete auf, eine sehr positive Pressemeldung auszusenden: dass wir nach jahrzehntelangen Verhand­lun­gen endlich Millionen Euro für den Ausbau der B 100 gesichert haben und dass damit gewährleistet ist, dass die peripheren Räume im Oberkärntner Raum ausgebaut und damit infrastrukturell an den Nabel der Zeit angeschlossen werden können. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall. – Ich bitte, die Plätze einzunehmen, auch Sie, Herr Abgeordneter Parnigoni. (Abg. Parnigoni: Dan­ke, Herr Präsident!)

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Abgabenänderungs­gesetz 2003, in 296 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Schließlich liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Matz­netter vor.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungs­anträgen betroffenen Teile unter Berücksichtigung des Verlangens auf ge­trenn­te Abstimmung und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen.


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Wir kommen zunächst zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffer 2 des Ge­setzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Abge­ordneten, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben jeweils einen Abänderungs­an­trag betreffend den Entfall des Artikels IV eingebracht, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zu­satzantrag betreffend die Einfügung einer neuen Ziffer 4a in Artikel XV eingebracht, und ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel XV Ziffer 10 eingebracht, und ich bitte jene Abgeordneten, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über die restlichen, noch nicht abge­stimmten Ziffern des Artikels XV des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschuss­berichtes, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben einen Ab­änderungsantrag betreffend Artikel XVIII Ziffern 2 und 14 eingebracht, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Abgeordneten, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Ge­setzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Glücksspielgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 297 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zweckzuschussgesetz 2001 geändert wird.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.


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Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 298 der Beilagen in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, ersuche ich um ein bejahendes Zei­chen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz zur Veräußerung von Bundesanteilen an der Tiroler Flughafenbetriebs­gesell­schaft mbH und von unbeweglichem Bundesvermögen, samt Titel und Eingang in 254 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ein­stimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Devisengesetz 2004 erlassen und das Überweisungsgesetz und das Börse­gesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 300 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Beschluss des Rates in der Zusam­mensetzung der Staats- und Regierungschefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, in 198 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung die­ses Staatsvertrages in der dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechi­schen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spa­ni­schen Sprachfassung dadurch zu erfolgen hat, dass diese zur öffentlichen Einsicht­nahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Änderung des Übereinkommens betref-


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fend die Prüfung und Bezeichnung von Edelmetallgegenständen, dessen Artikel 12 Absätze 1 und 2 verfassungsändernd sind, in 200 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnte verfassungsändernde Bestimmung stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Absatz 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen. Ich vermerke ausdrücklich die verfassungsmäßig notwendige Mehrheit.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses im Sinne des Artikels 49 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung der französischen Sprachfassung dieses Vertrages durch Auflage zur öffentlichen Ein­sichtnahme beim Bundesministerium für Finanzen zu erfolgen hat.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Einstimmig angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Öster­reichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ aufzunehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird, samt Titel und Eingang in 303 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies in dritter Lesung ebenfalls einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zu einer weiteren Abstimmung über den Antrag des Finanz­aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Jemen über die Förderung und den Schutz von Investitionen in 178 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Na­mibia über die Förderung und den Schutz von Investitionen samt Protokoll in 244 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist einstimmig angenommen.

19. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Entschließungsantrag 189/A (E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Elmar Lichtenegger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Fair Play“ für die österreichische Jugend (277 d.B.)


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20. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Entschließungsantrag 97/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Jugend-Demokratiepaket „Beteiligung fördern, Wahlalter senken“ (278 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen damit zu den Punkten 19 und 20 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. Ich erteile ihr das Wort.

 


14.35

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Hohes Haus! Endlich haben wir heute zwei Jugend-Anträge zur Diskussion hier im Hohen Haus. Das Jugend-Demokratiepaket der SPÖ hat eine lange Geschichte: Es wurde schon in der letzten Legislaturperiode eingebracht, dann wurde vertagt, vertagt, vertagt, und dann gab es Neuwahlen. Heuer im Frühling wurde es neu eingebracht, vertagt, dann im Familienausschuss behandelt.

Natürlich hat es eine Reaktion auf unser Jugend-Demokratiepaket gegeben: nämlich den Antrag „Fair Play“  für die österreichische Jugend von der Kollegin Fuhrmann und vom Kollegen Lichtenegger.

Ich denke, es ist wichtig, einen kurzen Blick auf die Qualität dieser beiden Anträge zu werfen.

Unser Antrag beinhaltet neun Punkte, die wirklich Mitbestimmung, Beteiligung aus­bauen würden, erweitern würden, verbessern würden. Demgegenüber steht der ÖVP/FPÖ-Antrag mit sechs Punkten, von denen, sage ich, vier bereits im Laufen sind, weshalb es überflüssig ist, diese noch einmal zu behandeln. Ein Punkt dieser sechs Punkte bringt keine wirkliche Verbesserung in Bezug auf Mitbestimmung, denn die Beteiligung der Jugendlichen wird gering bleiben. Und ein Punkt war so unpräzise formuliert, dass wir im Ausschuss sehr genau nachfragen mussten, bis auch wir ge­nügend informiert waren, um diesem Antrag im Ausschuss letztendlich doch die Zu­stimmung zu geben.

„Fair Play“ für die Jugend wäre gewesen, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, wenn Sie auch unseren Antrag im Ausschuss positiv behandelt hätten, da Sie doch gesagt haben, dass Sie bei acht von unseren neun Punkten keine Probleme gehabt hätten, zuzustimmen – aber bei einem Punkt hatten Sie ein Problem. Ich ver­sichere Ihnen, dass wir Sie mit einem neuen Antrag mit genau diesen acht Punkten nächstes Mal im Familienausschuss an Ihr Einverständnis erinnern werden.

Um diesen neunten Punkt geht es nun, nämlich den ersten Punkt unseres Jugend-Demokratiepaketes: Ausweitung der Mitbestimmung der Jugendlichen in Österreich, Wahlaltersenkung auf 16 Jahre für alle Ebenen, das heißt für Bund, Länder und Gemeinden. Aber das eine ist ohne das andere nicht möglich, nämlich was Land und Gemeinden betrifft. Der Bund könnte die Vorreiterrolle einnehmen, tut dies aber nicht – ich fürchte, dass auch heute diese Thematik von Ihnen nicht positiv diskutiert wird – wobei ich jedoch nicht verstehe, warum nicht, und schon neugierig bin auf Ihre Argumente.

Ich weiß nicht, ob Sie sich vor den rund 200 000 Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren in diesem Land so fürchten. Ich glaube, Sie machen in Wirklichkeit eine Anti-


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Jugendpolitik, sodass Sie die Ergebnisse, die durch diese Änderung entstünden, zu fürchten hätten – ich glaube, es ist so.

Die Widersprüche an nur einem Beispiel aufgezeigt: Vorige Woche wäre in Nieder­österreich die Möglichkeit gewesen, auf Landesebene das Wählen mit 16 Jahren zu ermöglichen. – Die ÖVP hat es verhindert!

Wissen Sie, welches Argument dafür gebracht wurde? – Der Bund solle das doch zu­erst beschließen. Auf Bundesebene, im Familienausschuss, jedoch sagt Kollegin Fuhr­mann: Die Länder sollen es doch zuerst beschließen! – Bei diesem Verwirrspiel soll sich noch einer auskennen!

Apropos Junge ÖVP – ich sage Ihnen zum Abschluss Folgendes: Auch wenn Sie drei Mal so viele unter 30-jährige Abgeordnete hier im Hohen Haus sitzen haben, Sie werden sich einfach nicht durchsetzen, weil das die „alte ÖVP“ nicht zulassen wird. Sie werden die Interessen der Jugend nicht durchsetzen, weil der Herr Bundeskanzler das nicht will. (Abg. Ellmauer: Sie brauchen sich um die Junge ÖVP keine Sorge zu machen!) Das ist Pech für Sie, aber Glück für die nächsten Wahlen, nämlich für die jungen Wählerinnen und Wähler in diesem Land, die Ihnen die Rechnung präsentieren werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. – Bitte.

 


14.40

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Hohes Haus! Wenn ich jetzt zynisch wäre, würde ich die Frage stellen, nachdem die Frau Kollegin geschildert hat, dass ihr Demo­kratiepaket schon seit Jahren durch die Ausschüsse wandert und nichts passiert, ob das vielleicht auch eine Frage des politischen Geschickes ist, das Sie hier vielleicht nicht effizient genug einsetzen.

Warum heißt der Antrag „Fair Play“ für die Jugend, und warum beinhaltet er einige Punkte, die sich bereits in der Umsetzung befinden? Das ist ganz einfach zu erklären: „Fair Play“ für die Jugend waren die Punkte, die Anliegen, die wir Jungen in der ÖVP politisch umzusetzen den jungen Leuten versprochen haben. Wir haben den jungen Menschen versprochen, dass wir authentisch, nämlich als Menschen, die selber jung sind, dafür sorgen werden, bestmöglich diese Zielgruppe zu vertreten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Dieses Wahlprogramm – der Titel war „Fair Play“ für die Jugend – findet sich jetzt im Regierungsprogramm wieder. Ich erinnere an die Jugendverträglichkeitsprüfung, ich erinnere an die Umverteilung der Lebensverdienstkurve. Schauen Sie, so einfach geht das: Die Jungen in der Volkspartei sagen, was ihre Anliegen sind, und der Bundes­kanzler nimmt uns ernst und schreibt es in das Regierungsprogramm hinein. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Kabarett!)

Jetzt finden Sie das Ganze im Ausschuss wieder und können es nicht glauben, dass wir derart effizient arbeiten, laufen Sie doch schon jahrelang durch die Gegend und funk­tioniert leider nichts. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass das, was wir in dem Antrag zusammenfassen, genau das wider­spiegelt, was Ihr Problem ist. Ich sage Ihnen eines: Der Vierte Jugendbericht bringt zum Ausdruck, dass die wichtigste Wertehaltung der Jungen die Authentizität ist. (Abg. Dr. Cap: Kabarett! Müssen wir Eintritt zahlen?) Die Frage wird sein, inwieweit die Politik dem entspricht, und dementsprechend werden auch zukünftige Wahlergebnisse ausschauen. Ich fürchte mich nicht davor, junge Menschen wählen gehen zu lassen,


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vielleicht auch die Altersgrenze zu senken, denn sowohl die Wahl in Tirol als auch die Wahl in Oberösterreich sowie die letzte Nationalratswahl haben bewiesen, dass der Großteil der Jungen die ÖVP unterstützt hat und nicht die SPÖ. Also: Ich würde mir an Ihrer Stelle schon Sorgen machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, bei Ihnen herrscht noch immer das Gedan­ken­gut „Kompetenz ist gleich Erfahrung“, und die haben Sie ja durchaus, wesentlich länger als ich zum Beispiel, und Erfahrung hat wiederum etwas mit Alter zu tun. Wenn ich Ihnen zuhöre, dann habe ich immer wieder den Eindruck, Sie möchten den jungen Menschen erklären, was für sie gut und richtig ist. Solange dieses Denkmuster bei Ihnen vorherrscht, wird Jugendpolitik nicht funktionieren. Ich sage Ihnen, wir haben den Paradigmenwechsel schon längst vollzogen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was ist ein Paradigma?) Das kann ich Ihnen sehr einfach erklären; mich wundert gar nicht, dass Sie das nicht verstehen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Beifall bei der ÖVP.) Der Paradigmenwechsel ist, dass wir junge Menschen permanent einbeziehen, ihnen Ver­antwortung übergeben. Wir haben die meisten jungen Gemeinderäte. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Cap.)

Auch wenn Sie es nicht mehr hören können: Wir haben viele junge Abgeordnete im Parlament, und ich sage Ihnen, das ist fünf Mal mehr wert, als wenn man einmal in vier Jahren ein Kreuzerl machen darf! Das ist eine Pflanzerei! (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist eine Pflanzerei?!)

Was Sie hier machen wollen, ist, den Jugendlichen den Ball zuzuspielen, indem Sie sagen: Ihr habt die Wahlberechtigung, und wenn ihr nicht zu den Wahlen geht, seid ihr selber schuld! Dann kommt in der Jugendstudie heraus, die Jungen sind alle nicht interessiert – dann sind die Jungen wieder böse. So funktioniert das nicht, das wäre zu einfach!

Deshalb würde ich bitten, den Antrag zu unterstützen. Er beinhaltet wesentliche Punkte wie zum Beispiel, den Bereich Jugend als Querschnittsmaterie zu sehen (Abg. Bayr: Das ist ja „revolutionär“!), wie zum Beispiel, Jungen ein höheres Einstiegsgehalt zu er­möglichen, gerade wenn wir an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf denken, wenn wir an die Gerechtigkeit bei Förderleistungen im öffentlichen Verkehr, bei öffentlichen Einrichtungen denken. Ich glaube, das ist das, was wirklich etwas für die jungen Menschen bringt, denn wir handeln und reden nicht einfach nur heiße Luft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Dr. Cap – in Richtung ÖVP –: Aber der Amon war besser!)

 


14.44

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Fuhrmann, Sie unterstellen der SPÖ mangelndes politisches Geschick, weil der Antrag erst jetzt abgestimmt wird. Ich denke mir, da haben Sie leicht reden, Sie haben nämlich die Mehrheit hinter sich, und Sie sagen, was ins Parlament kommt und was nicht hereinkommt. Politisches Geschick ist dann gegeben, wenn wir als die Minderheit es erreichen, etwas hier herinnen diskutieren zu können. Das ist der Unter­schied, und das sollte man sich schon ein bisschen genauer anschauen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir haben hier den Antrag „Fair Play“ für die österreichische Jugend vorliegen, und trotzdem kommt es zu dem Umstand, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen werden. Ich werde Ihnen sagen, warum. (Abg. Dolinschek: Weil Sie gegen die Jugend sind!)


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Auf Seite 1 im Einleitungstext steht zum Beispiel, dass Gesetze und legistische Vor­haben „verpflichtend auf ihre Jugendverträglichkeit hin geprüft werden“ sollen, zum Beispiel auf Umweltschäden, Verschuldung und so weiter. Schwups, blättern Sie um, im Antrag steht dann: „Überprüfung von Maßnahmen und legistischer Vorhaben auf ihre Jugendverträglichkeit, sofern es sich dabei um Jugend- oder Generationenangele­gen­heiten handelt“!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP und FPÖ! Es gibt sehr, sehr we­sent­liche Dinge – und ich würde fast sagen, es sind dies die wesentlichsten Dinge –, die nicht unter diesen Begriff der Jugend- oder Generationenangelegenheiten fallen. Das ist der gesamte Umweltschutz, das ist der gesamte Bereich des Verkehrs, das ist der gesamte Bereich der erneuerbaren Energien, das ist der gesamte Bereich einer Friedenspolitik, das ist der gesamte Bereich einer Antiatomkraftenergiepolitik, die Sie nicht so machen und nicht so vertreten, dass man von einer nachhaltigen Politik sprechen kann, die auch wirklich an die nächsten Generationen denkt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dolinschek: Das verstehen Sie zu wenig!)

Kollegin Heinisch-Hosek hat die Punkte schon kurz angesprochen; ich möchte doch noch einmal etwas näher darauf eingehen. Da gibt es also diese Überprüfung auf Jugendverträglichkeit, die Sie verlangen und schon im Regierungsabkommen stehen haben. Genauso im Regierungsabkommen stehen haben Sie Ihre Forderung nach der Um­verteilung der Lebensverdienstkurve im öffentlichen Dienst.

Kollegin Fuhrmann und Kollege Lichtenegger: Offenbar haben Sie sehr wenig Ver­trauen in Ihre eigene Regierung – das sind Ihre eigenen Parteifreundinnen und Partei­freunde, die dafür verantwortlich sind! –, wenn Sie einen Antrag machen müssen, um ihnen noch einmal zu sagen, was sie im Regierungsprogramm festgeschrieben haben und sich verpflichtet haben umzusetzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie verlangen die Evaluierung des Bundesjugendvertretungsgesetzes und des Bun­des­jugendförderungsgesetzes. Das ist in Ordnung. Wir wollten einen präzisierenden Abänderungsantrag dazu stellen, haben aber erfahren, dass das völlig unnotwendig ist, weil das bis Dezember erledigt sein wird. Sie sind jetzt schon verdammt weit hinten nach, wenn Sie nicht einmal wissen, wie die Abläufe sind. Bitte informieren Sie sich! Sie brauchen keinen Antrag einzubringen für Dinge, die ohnehin schon demnächst verhandelt und behandelt werden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Den Bundesminister für Verkehr ersuchen Sie, bei verkehrsrechtlichen Maßnahmen ein spezielles Augenmerk auf Mobilitätsbedürfnisse junger Menschen zu legen. – Bitte, schauen Sie sich das Budget an! Wissen Sie, was da passiert? Da werden die Zuwen­dungen des Bundes im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs gekürzt – ge­kürzt! (Abg. Ellmauer: Ist ja gar nicht wahr! Woher haben Sie denn das?) Und genau in diesem Bereich wäre es notwendig, dass öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen, dass Jugendliche auch am Abend und an Wochenenden wirklich von den Discos, von ihren Freizeitaktivitäten wieder nach Hause kommen. Das wäre notwendig, aber nicht solche Wischiwaschi-Forderungen, wie Sie sie hier aufstellen in diesem Antrag! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie fordern mehr Rechte für die Jugendlichen und verwehren ihnen im Handumdrehen das wichtigste politische Recht, nämlich das Wahlrecht, und zwar in einer derart bevor­mundenden Art und Weise, dass sie mich immer wieder erschüttert, muss ich schlicht­weg sagen. Sie wissen offenbar, was für 16-, 17-, 18-Jährige gut ist, und zwar des-


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wegen, weil sich vielleicht nicht in allen Altersgruppen die Mehrheit für das Wahlrecht ausspricht.

Bitte geben Sie den 16-, 17-, 18-Jährigen die Möglichkeit, wählen zu gehen, wenn sie wählen gehen wollen! Da können Sie zeigen, ob Ihnen die Jugend wichtig ist, ob Sie wirklich bereit sind, ihnen Rechte zu geben, statt derartig hohle Anträge zu stellen wie den hier vorliegenden, dem wir uns keineswegs anschließen werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lichtenegger. – Bitte.

 


14.50

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Staatssekre­tärin! Wir in Kärnten sind unserer Zeit voraus: Die Kärntner Jugend darf schon wählen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Sburny: Dann stimmen Sie halt da auch dafür!)

Es ist schon eigenartig und auffallend, wer aller für sich in Anspruch nimmt, Jugend­politik zu betreiben. Ich möchte vielleicht einmal ganz kurz aus der Praxis erzählen.

Unlängst war ich bei einer Diskussion in Wien eingeladen, veranstaltet von der Jungen SPÖ. 30 Leute waren da, also offensichtlich war das Interesse nicht sehr groß, denn selbst das waren geladene und hinzitierte Leute. Bei uns in Kärnten gibt es Ver­anstaltungen von uns mit 1 000 Jugendlichen. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Ho­sek.) Dann ist der Herr Krainer hingekommen, der eigentlich ständig bemüht ist, zumindest einen relativ gescheiten Eindruck zu machen, was er vielleicht auch schafft, und hat dort zu den Jugendlichen gesagt, wie schlimm doch die Bundesregierung sei, wie schlimm es sei, dass wir die Pensionssicherungsreform gemacht hätten. Er hat es bis heute nicht verstanden, dass wir diese Reform eigentlich für die Jugendlichen gemacht haben, damit sie in 30 Jahren immer noch eine Pension von unserem Staat bekommen. Das hat er nicht verstanden! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Heinisch-Hosek: Sie haben es nicht verstanden!)

Auffallend im Familienausschuss, wo wir unter anderem auch den Jugendbericht behandelt haben, war Folgendes: Wir waren um 15 Uhr mit der Behandlung des Jugend­berichts fertig. Um 11.55 Uhr hat es bereits eine Presseaussendung von unserer lieben Kollegin Trunk gegeben, die darin schon erzählt hat, wie das Ganze ausgegangen ist. Schon drei Stunden vorher! Also sie ist überhaupt nicht daran inter­essiert, mitzudiskutieren und mitzureden. Der geht es gar nicht um die Jugend, der geht es rein um Parteipolitik, und das ist nicht das, was in unserem Interesse ist. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unvorstellbar ist das!)

Dann gibt es noch immer eine Kollegin von den Grünen, die Frau Mandak, die glaubt, wenn die Drogen freigegeben werden, sind alle Probleme der Jugend gelöst. In der „Kleinen Zeitung“ habe ich dieser Tage einen Bericht gelesen: Ein junger Mann namens Markus, 18 Jahre alt, aus Klagenfurt gibt ein Interview, in dem er sagt: Mit 16 habe ich meinen ersten Joint geraucht, seitdem vielleicht noch zwei, drei Mal. Mir gibt das eigentlich nicht sehr viel. Außerdem sehe ich, was mit den Leuten passiert, die das ständig machen: Die bauen immer mehr ab, werden immer gleichgültiger. Man merkt bei den Kiffern total, das Zeug verändert etwas im Gehirn. – Das ist nicht das, was wir wollen! Das ist nicht unsere Jugendpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Heinisch-Hosek: Da geht es um das Wahlalter!) – Zum Wahlalter habe ich schon gesagt: Wir haben das in Kärnten schon gelöst.

Jugendpolitik betrifft aber auch andere Bereiche. Nehmen wir die ÖBB her: Wer waren denn die Leidtragenden? – Die vielen Jugendlichen und Schüler, die heute nicht zur


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Schule gehen können. Heute war auch der Unterricht ein Thema, bei dem es darum gegangen ist, wie es denn mit der Ausbildung der Kinder in Österreich aussieht. Ja, wie sollen sie denn ausgebildet werden, wenn sie jetzt nicht einmal mehr mit der Bahn in die Schule fahren können? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir machen Jugendpolitik von der Jugend und für die Jugend. Wir haben das ver­standen. Denn was will die Jugend? – Die Jugend will eine funktionierende Familie – oberste Priorität! Was machen wir? – Wir machen Familienpolitik. Die Jugendlichen wollen Jobs, die auch Spaß machen. Was machen wir? – Wir sind seit Jahren die Antiprivilegienpartei (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen – Abg. Öllinger: Der war gut!) und schauen, dass jeder die gleichen Möglichkeiten hat, wenn er in einen Job eintreten will, und daran auch Spaß hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Jugend will auch Mitspracherecht, nicht nur in der Familie, sondern auch im Staat. Was machen wir? – Die Uschi Haubner veranstaltet einen Jugendkonvent mit sehr großer Beteiligung. Wir machen einen Antrag, „Fair Play“, der eine verstärkte Einbin­dung der Bundesjugendvertretungen bedeutet, einer wichtigen gesetzlichen Interes­sen­vertretung der Jugend. Wir machen Jugendverträglichkeitsüberprüfungen. Das heißt, wenn ein Gesetz beschlossen wird, wird überprüft, ob das auch für die Jugend in Ordnung ist.

Wir wollen auch aktive Schritte in Richtung Einkommenssituation setzen: die vorher an­gesprochene Abflachung der Lebensverdienstkurve. Das zu starke Ansteigen war ein Fehler nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern auch in der Privatwirtschaft. Das steht allerdings noch nicht drinnen, aber das haben wir jetzt im Antrag. Das ist nachzulesen, das steht, glaube ich, auf der zweiten oder dritten Seite.

Die Jugend wird selbständiger und verantwortungsbewusster, und das ist auch gut so, und wir unterstützen sie mit unserer Politik, wo wir können. Denn in einem Europa, das immer globaler wird, wird Selbständigkeit immer mehr groß geschrieben. Die Zeiten, in denen der Staat alles für die Jugend macht, sind vorbei – die Jugend muss das lernen, und wir haben unsere Politik danach ausgerichtet.

Unter anderem steht auch in unserem Antrag, dass wir verstärkt Angebote für die Jugend wollen, die es für die Senioren schon gibt. Frau Glawischnig hat in der Früh gefragt, warum denn Jugendliche weniger in die Museen gehen. Wir haben in diesem Antrag zum Beispiel vorgesehen, dass man die Preise für Freizeitangebote der Jugendlichen senkt, um sie mehr zu den Kulturstätten zu locken. Das wäre schon ein Grund, dass Sie bei diesem Antrag mitstimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sehen schon, wir sind sicher die aktivste Jugendpartei. Mit diesem Antrag haben wir das, gemeinsam mit der Kollegin Fuhrmann, noch einmal unterstrichen. Wir wollen absolutes Mitspracherecht der Jugend, Gerechtigkeit für und von der Jugend, denn wir sind nicht so hochnäsig und glauben, mit 50 Jahren zu verstehen, was die Jugend will. Wir gehen hinaus, reden mit den Kindern, mit den Jugendlichen, wissen, was sie brauchen, und setzen das dann entsprechend um. Wir erwarten uns dabei allerdings auch die Unterstützung der anderen Parteien. Dass hier Parteienwirtschaft gemacht wird auf Kosten der Jugend, finde ich persönlich sehr schade. Wir machen auf alle Fälle weiter verantwortungsvolle Regierungspolitik für die Jugend! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

14.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 



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14.56

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kommen wir zum Kern der vorliegenden Anträge zurück. Es liegen uns zwei Anträge zur Diskussion und dann zur Abstimmung vor. Der eine ist sehr nebulos und wird für die jungen Menschen nichts zum Positiven, aber auch nichts zum Negativen verändern, was man vielleicht schon hervorheben muss in diesem Haus. Der andere, den Sie leider ablehnen werden und im Familien­ausschuss schon abgelehnt haben, ist ein Antrag, der tatsächlich eine ganz konkrete Verbesserung für junge Menschen bringen würde, nämlich das Wahlrecht schon für 16-Jährige.

Im Ausschuss wurde seitens der ÖVP immer wieder damit argumentiert, dass es irgendwelche Umfragen gäbe, wonach die jungen Menschen gar nicht wählen wollen, das Wahlrecht ablehnten, und deswegen dürfe man sie damit nicht belasten. Ich würde sagen, dass wir uns einmal anschauen sollen, wie die Wahlbeteiligung der Jugend­lichen in den Bundesländern war, in denen es das Jugendwahlrecht gibt. Das spricht eine ganz andere Sprache. Im Burgenland nämlich haben die Jugendlichen in sehr hohem Ausmaß von diesem Recht Gebrauch gemacht, nämlich zu 80 bis 97 Prozent, also in einem sehr, sehr hohen Ausmaß. In der Steiermark haben wir die Erfahrung mit der Grazer Wahl. Da war die Beteiligung auch sehr hoch, nämlich zwischen 75 und 80 Prozent.

Es sind also durchaus Wahlbeteiligungen der jungen Menschen zu verzeichnen, die den Schnitt der Wahlbeteiligung in die Höhe treiben, ja ich würde sagen, ein über­durchschnittliches Interesse. In den anderen beiden Bundesländern Wien und Kärnten werden wir es bald sehen, wie es angenommen wird. – Das ist das eine.

Das andere ist, dass ich sagen würde: Lassen wir die jungen Leute dort abstimmen! Schauen wir uns dort ihre Meinung an, wo sie dann von diesem Wahlrecht Gebrauch machen können! Haben Sie ein bisschen mehr Mut und beschließen Sie auch einmal einen konkreten Verbesserungsschritt für junge Menschen mit! (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Statt einem solchen sinnvollen Schritt geistern aber diverse Ideen in diversen Ecken Ihrer Parteien und in den Medien umher, nämlich die Idee eines Familienwahlrechts, das ich der Idee einer tatsächlichen Ausweitung der Mitsprache von jungen Menschen genau entgegengesetzt sehe. Denn die eigentliche Errungenschaft unseres modernen Wahlrechts war es ja, dass das Prinzip „one man – one vote“ gilt beziehungsweise, natürlich erweitert durch das Frauenwahlrecht, jeder Mensch ab einem gewissen Alter seine eigene Stimme abgibt, dass Schluss ist mit der Bevormundung und das unmittelbare persönliche Wahlrecht gilt. Und so soll es auch bleiben!

Es ist eine geradezu paradoxe Idee, die weitergedacht vielleicht dazu führt, dass wir wieder zurückgehen und auch noch die Dimension einführen, wie viel Grund- und Bodenbesitz jemand hat, und danach das Wahlrecht gewichten. Oder, wenn man die Idee Familienwahlrecht weiterdenkt, vielleicht kommt dann aus Ihren Reihen auch die originelle Idee, dass wir wieder ein Familienoberhaupt einführen. Dann können wir uns auch das Frauenwahlrecht ersparen, denn dann stimmt das Familienoberhaupt gleich für die ganze Familie ab. Also eine völlig paradoxe Idee! (Abg. Ellmauer: Muss diese Polemik sein?)

Genau diesem Konzept, dem Konzept der Bevormundung, das Sie offenbar hier weiter verfolgen und noch ausweiten wollen, steht unser Konzept gegenüber, das zum Beispiel die Einführung des Jugendwahlrechtes und Partizipationsmöglichkeiten auch schon für Kinder und Jugendliche vorsieht, um in ihren Lebensbereichen tatsächlich


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die Mitsprache und Mitbestimmung auszubauen, statt von Ihnen bevormundet zu wer­den. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 19 und 20 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringli­chen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr stattfinden kann.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Paket wirksamer innerstaatlicher Maßnahmen gegen die LKW-Lawine (289/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Entschließungsantrages 289/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

In nicht einmal 50 Tagen läuft das Transit-Protokoll Nr. 9 zum EU-Beitrittsvertrag aus. Sein Ziel – die Reduktion der Schadstoffemissionen im LKW-Transit durch Österreich um 60% auf dauerhafter und umweltgerechter Grundlage – wurde bei weitem nicht erreicht.

Die Verhandlungen über eine Nachfolgeregelung nach 2003 auf EU-Ebene haben sich unter Federführung der schwarzblauen Bundesregierungen höchst unerfreulich ent­wickelt. Unter anderem wurde von Bundeskanzler Schüssel in Laeken auf die exis­tenziell wichtige Obergrenze bei der Transitfahrtenzahl verzichtet, Verkehrsminister Reich­hold hat in Rom sogar den Verzicht auf jede Art von Transitbegrenzung unter­schrieben. Seit 2001 und auch im derzeitigen Vermittlungsverfahren zwischen den EU-Institutionen stehen nur mehr inhaltlich indiskutable und völlig wirkungslose „Schein­lösungen“ zur Diskussion. Sofern eine Regelung überhaupt noch zustande kommt, wird diese nichts mehr zu einer Begrenzung des LKW-Transitverkehrs und seiner Belas­tungen für Mensch und Umwelt beitragen. Wenn mit 1. Mai 2004 die bilateralen Kon­tingentregelungen mit den Beitrittsstaaten ebenfalls entfallen, ist die praktisch voll­umfängliche Freigabe des Transits Realität. Ein neuerlicher Wachstumssprung der ohne­dies ständig anschwellenden LKW-Lawine wäre unausweichlich die Folge.

Weder auf europäischer noch auf innerstaatlicher Ebene sind zugleich ausreichende alternative Instrumente in Anwendung oder auch nur in Sichtweite:

Der Vorschlag für eine neue EU-Wegekostenrichtlinie ist unzureichend und wird abseh­bar erst in einigen Jahren Geltung erlangen. Da die Regierung sich weigert, den Spiel­raum der derzeit geltenden Wegekostenrichtlinie (Querfinanzierung, ...) zu nutzen, ist auch hinsichtlich ambitionierten Anwendung einer vielleicht besseren Nachfolge­rege­lung Skepsis angebracht.

Daneben soll auf EU-Ebene im Rahmen der so genannten „Harmonisierung“ von LKW-Fahrverboten und Fahrbeschränkungen im TEN-Netz der innerstaatliche Spielraum für verkehrsbegrenzende Maßnahmen weiter eingeschränkt werden.

Mit den für die Transeuropäischen Netze vorgesehenen Mitteln und anderen EU-Geldern wollen EU und Österreich weitere Aus- und Neubauten im Transitstraßennetz vornehmen.


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Griffige innerstaatliche Gegenmittel fehlen dank der Untätigkeit der ÖVP-FPÖ-Bundes­regierung:

Die LKW-Maut zum Spartarif, die 2004 endlich umgesetzt werden soll, wird von Steuer­geschenken für Frächter begleitet und alleine kaum Verlagerungswirkung erzeugen.

Dies umsomehr, als die Regierung gleichzeitig im Zug der Bahnreform die Schie­nenmaut massiv anheben und damit die Straße als Billigangebot im Österreichtransit erhalten will.

Nicht einmal geltende Sozial- und Sicherheitsregelungen im LKW-Verkehr können ernsthaft kontrolliert werden, da anstelle eines arbeitsfähigen Kontrollstellennetzes samt Personal österreichweit im Autobahnnetz nur zwei funktionsfähige Vollkontroll­stellen existieren.

LKW-Verkehrsbeschränkungen zugunsten von Gesundheit, Umwelt und Sicherheit auf StVO-Basis, wie ein generelles LKW-Nachtfahrverbot nach Schweizer Vorbild, wurden von den Regierungsparteien bisher trotz zahlreicher Grüner Anträge verschleppt.

Fahrverbote und Fahrbeschränkungen auf Grundlage des Luftreinhalterechts (IG-Luft) sind zwar regional sehr wichtig, können aber nur eine Ergänzung zu bundesweiten Schritten und kein Ersatz dafür sein, da sie nur in einigen wenigen Regionen und dort erst Jahre nach eingetretener Gesundheitsgefährdung statt vorsorgend anwendbar sind.

Eine Infrastrukturpolitik mit völlig falschen Schwerpunkten rundet dieses Versagen auf ganzer Linie ab, inzwischen haben sich Bundeskanzler und Verkehrsminister ja selbst vom GVP-Märchen des angeblichen (aber nie finanzierten) Schienenschwerpunkts ver­abschiedet und zeigen sich etwa im Rahmen des „Konjunkturpakets III“ stolz auf das „Jahr des Straßenbaus 2003“ und darauf, dass für die Straße mehr als für die Schiene ausgegeben wird.

Die Bundesregierung wurde solcherart als angebliche Speerspitze des Transitwider­stands völlig unglaubwürdig. Nicht nur in Brüssel und bei den Nachbarn, sondern vor allem bei der eigenen Bevölkerung, die Scheinaktivitäten und leere Wahlversprechen (ÖVP: "Der LKW-Transit muss nachhaltig verringert werden", "Ziel ist eine nachhaltige Verringerung der negativen Effekte des LKW-Transitverkehrs"; FPÖ: „Eine Lösung (...) muß jedenfalls eine nachhaltige Reduktion der Schadstoffemissionen im Straßen­verkehr in und durch Österreich sicherstellen“) erleben mußte.

Eine Trendwende in der Verkehrspolitik der Bundesregierung ist überfällig. Daß im Zweifelsfall stets die Interessen von Transportwirtschaft und Tiefbaulobby vehementer vertreten werden als die Lebensinteressen hunderttausender Menschen an den Transi­trouten in ganz Österreich, ist angesichts der Verkehrsprognosen inakzeptabel. Wir­kungs­volle Maßnahmen zur Eindämmung der LKW-Lawine im Interesse der Betrof­fenen und der Umwelt müssen umgehend erfolgen.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten gemäß §74a Abs. 1 iVm §93 Abs. 1 GOG-NR folgenden

Dringlichen Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt mit Priorität die folgenden innerstaatlichen Maßnahmen gegen die LKW-Lawine schnellstmöglich in nichtdiskriminierender Weise umzusetzen:

Generelles LKW-Nachtfahrverbot auf Grundlage der StVO


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Die StVO lässt (§42) allgemeine Fahrverbote sowie (§43) Fahrverbote und andere Verkehrsbeschränkungen aus Gründen der Sicherheit und des Umweltschutzes zu. Ein generelles LKW-Nachtfahrverbot ist seit 70 Jahren in der Schweiz erfolgreich und problemlos in Anwendung. Vom in Österreich derzeit geltenden Nachtfahrverbot sind hingegen so genannte „lärmarme“ LKW und damit der überwiegende Teil der Flotte ausgenommen. Da ein durchschnittlicher Einsatzzyklus von LKW seit der Einführung Anfang 1995 bereits abgelaufen ist und bei Autobahntempo kein nennenswerter Un­terschied in der Lärmbelastung besteht, müssen zum Schutz der Nachtruhe der Be­völkerung und der LKW-LenkerInnen so genannte „lärmarme“ LKW in die Ver­botsregelung einbezogen werden. Dies hat dringend zu erfolgen, da auf EU-Ebene eine Richtlinie im Entscheidungsprozeß ist, die dies nicht mehr zuließe. Im Gegensatz zu Regelungen nach IG-Luft kann damit auch vorsorgend und nicht erst im nachhinein und nur in einzelnen Regionen agiert werden.

Prioritäre Umsetzung eines arbeitsfähigen bundesweiten Kontrollstellennetzes in Zu­sammenarbeit mit den Ländern

Das überfällige „Kontrollpaket“ muß beschleunigt und finanziell aufgewertet werden. Kontrolldichten von 1% bis Ende 2005 und schleichender Ausbau des bisher so gut wie nicht vorhandenen Kontrollstellennetzes ist zuwenig. Anstelle der bisher zwei voll und zwei teilweise funktionsfähigen Kontrollstellen an den Autobahnen sind 20 Vollkon­trollstellen die Untergrenze, um alle wichtigen Verkehrsrelationen zu erfassen. Ein solches bundesweites Netz ausreichend dimensionierter und personell reichlich do­tierter Kontrollstellen muß umgehend realisiert werden. Dieses Kontrollstellennetz muß Investitionsschwerpunkt bei ASFINAG und Ländern werden; um kurzfristig die nötigen Mittel bereitzustellen, muß der Neubau und Ausbau von Transitstraßen demgegenüber zurückgereiht werden.

Weiterentwicklung der LKW-Maut Richtung Schweizer Modell

Die LKW-Maut muß ohne Verbilligung für einzelne LKW-Klassen ökologisiert werden, die bisher ungenutzten Spielräume der geltenden EU-Wegekostenrichtlinie für bessere Verwendung der Mauteinnahmen ist zu nützen, Ausweichstrecken sind einzubeziehen und die Weiterentwicklung der Mautsätze Richtung Schweizer Modell durchzusetzen.

Einbringen einer Klage beim EuGH wegen Nichtumsetzung des primärrechtlich ver­ankerten Ziels der Reduktion der Schadstoffemissionen im LKW-Transit durch Öster­reich um 60% auf dauerhafter und umweltgerechter Grundlage.

2. Darüber hinaus wird die Bundesregierung zur Herbeiführung und Umsetzung aller weiteren Maßnahmen auf europäischer und innerstaatlicher Ebene aufgefordert, die geeignet sind, den LKW-Verkehr und insbesondere den LKW-Fernverkehr in die Schran­ken zu weisen.

Auf europäischer Ebene sind dies beispielsweise:

Nachdrückliches Eintreten für deutliche Verbesserung des Vorschlags der nächsten Wegekostenrichtlinie,

Widerstand gegen Lockerungen bei Wochenend- und Feiertagsfahrverboten sowie beim Tonnagelimit,

Unterbinden sinnloser Tiertransporte,

Widerstand gegen Absichten, im TEN-Netz Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit einzuschränken,

Verwendung der TEN-Mittel für die Schiene und für umweltverträgliche Wasser­straßen­projekte.


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Auf innerstaatlicher Ebene sind dies beispielsweise:

Nachdenkpause beim Neubau und Ausbau von Transitstraßen

weitere zweckdienliche Maßnahmen im straßenpolizeilichen Bereich, etwa Tempolimits und Überholverbote zur Erhöhung der Verkehrssicherheit

Maßnahmen, die den besonderen Sicherheitsanforderungen auf alpinen Strecken mit hohem Tunnel- und/oder Brückenanteil gerecht werden (Abstandsregelungen, Ein­bahn­systeme, Dosiersysteme wie an anderen Alpentransitrouten).

Anhebung der Strafen für Sicherheits- und Sozialvergehen im Gütertransport und Be­messung der Strafhöhe im Einzelfall an den durch die Verstöße erzielbaren wirt­schaftlichen Vorteilen

strafrechtliche Ahndung von Sozialbetrug in der Transportwirtschaft

weitere Verbesserung und Beschleunigung beim Luftreinhalterecht/IG-Luft (Verdich­tung des Messstellennetzes in verkehrsbelasteten Regionen, weitere Beschleunigung der Abläufe im Fall von Grenzwertüberschreitungen, Fahrverbote für Stinker).

keine einseitigen Steuersenkungen für LKW

Klimaprüfung und strategische Umweltprüfung für den Generalverkehrsplan

Vorrang für die Schiene Richtung Beitrittsstaaten anstelle zusätzlicher Transitstraßen­projekte des Bundes und einzelner Länder

keine zusätzlichen Bundesmittel für Transitstraßenprojekte, auch nicht über Umwege wie den Finanzausgleich

Sichern der Kompatibilität der Infrastrukturpolitik und der Verkehrspolitik insgesamt mit internationalen Verpflichtungen, vom Klimaschutz bis zur Alpenkonvention

Transitbörse zur Versteigerung von Durchfahrtsrechten

Die unterfertigten Abgeordneten verlangen, diesen Antrag gemäß §§ 74a Abs. 1 in Verbindung mit 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln und der Erstunterzeichnerin Gelegenheit zur Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 74a Abs. 5 GOG darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte. (Abg. Rädler – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Lichtenberger –: Aber etwas Neues bitte!)

 


15.00

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sie rufen mir zu, Sie wollen etwas Neues hören. – Ich kann Ihnen leider nur mit sehr tristen neuen Nachrichten von der europäischen Ebene dienen: Im Vermittlungsausschuss – am Montag wurde die entsprechende Sitzung abgehalten – ist klar geworden, dass die beiden Lösungen, die jetzt auf dem Tisch liegen, als Nachfolgeregelung für den Transitvertrag – beide! – untauglich sein werden, nicht in der Lage sein werden, das Problem des Schwer­verkehrs und seiner Belastungen auf den österreichischen Transitrouten zu lösen.

Meine Damen und Herren! Das ist zur Kenntnis zu nehmen, und das tun auch Europa-Abgeordnete wie etwa Rack und Kronberger, die deutlich sagen, dass gerade auf


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Grund dieser Situation innerstaatliche Maßnahmen mehr als dringlich und notwendig sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! In diesem Ausschuss zeichnet sich eines ganz klar ab, und das muss hier einfach auch zur Kenntnis genommen werden: Während in Österreich darüber diskutiert wird, dass diese Nachfolgeregelung am Ende des Transitvertrages ein Übergang sein soll zu einer guten Wegekostenrichtlinie, die hohe Mauten erlauben wird, womit wir dann den Transit eindämmen können, sieht die Mehrzahl vor allem der konservativen Abgeordneten in diesem Vermittlungsausschuss das ganz anders. Für diese ist das nicht der Übergang zu einer guten Wegekostenrichtlinie, die den Schwerverkehr vermindert, nein, für sie ist das der Übergang zur Vollliberalisierung des Straßengüterverkehrs.

Was gewünscht wird und was sich die Ausschussmitglieder vorstellen, an vorderster Front der bayerische CSU-Abgeordnete Ferber, ist, dass nach einer kurzen Über­gangs­zeit irgendeine Wegekostenrichtlinie – auch so eine, die den Verkehr überhaupt nicht mehr eindämmen wird – das Ende jeglicher Beschränkungen bedeuten soll und dass all das, was jetzt verhandelt wird, halt noch so ein kleines Zugeständnis ist, damit die Bundesregierung über die nächsten Wahlen kommt – nicht mehr!

Für eine sachliche Lösung ist hier kein Spielraum mehr, denn die Obergrenze, meine Damen und Herren, ist schon in Laeken gefallen, ist durch Herrn Bundeskanzler Schüs­sel höchst persönlich fallen gelassen worden. Das war einer jener Momente, in dem die wichtige zweite Säule des Transitvertrags letzten Endes herausgeschossen wurde und somit das gesamte Vertragswerk wirkungslos geworden ist. Das, Herr Bundeskanzler Schüssel, ist Ihre ganz persönliche Verantwortung in diesem Problem­kreis! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn ich mir die jetzige Situation anschaue, dann kann ich gedanklich nur folgendes Bild malen: Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach sitzen gemeinsam am Steuer eines Vierzigtonners, der bei Überschreitung aller Geschwindigkeits­beschrän­kungen durch die Landschaft donnert. Wenn die beiden an eine Abzweigung kommen, dann übernimmt vorsichtshalber Schüssel das Steuer, damit man ja die richtige beziehungsweise die falsche Abzweigung erwischt. Aber wenn es darum geht, die Ruhezeiten einzuhalten, dann parkt man auf dem Bahngleis, damit die Bahn als wich­tiger Verkehrsträger für die Zukunft blockiert wird und der Straßengüterverkehr weiterhin den Vorrang hat. – Das ist die Wahrheit in Bezug auf die derzeitige Situation! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn einem klar ist, dass die Verkehrs- und Transportprobleme der Zukunft nur mit Hilfe eines optimalen Schienenverkehrs gelöst werden können, dann kann man am Problem des Bahnstreiks nicht vorbeisehen.

Wir brauchen eine leistungsfähige Bahn (demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Trinkl – Zwischenrufe bei der ÖVP), gerade weil wir die Transporte in der Zukunft über die Bahn abwickeln wollen. – Was Sie tun, meine Damen und Herren, ist die Zerstörung dessen, was jetzt noch vorhanden ist! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie wollen mit all Ihren Maßnahmen einen Vorrang für die Straße schaffen, und das kann ich Ihnen nun in einigen Punkten, bevor ich auf die notwendigen Maßnahmen eingehe, auch noch schön belegen.

Für die gesamte Bahnreform musste sogar ein Fristsetzungsantrag erfunden werden, damit man sie im Verkehrsausschuss noch bevorzugt behandeln kann. Um die Gewerkschaft unter Druck zu setzen und um die Situation weiter eskalieren zu lassen – einen anderen Zweck hat das Ganze ja nicht! (Beifall bei den Grünen.)


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Diese Beschleunigung in diesem Moment zeigt ganz klar die Absicht, das zu tun, was Thatcher vor etlichen Jahren mit den öffentlichen Diensten gemacht hat. Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, wollen den Weg von Margaret Thatcher gehen. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Sie wollen durch eine Liberalisierung auf der ganzen Linie, durch einen Verkauf, den Gorbach gestern in seiner öffentlichen Stellungnahme nicht ausgeschlossen hat, den Konkurrenzvorteil der Straße stärken. Das lässt sich ganz gut nachweisen. Während Sie bei der Bahnreform, ohne den Dialog mit den Eisenbahnern zu suchen, jetzt aufs Gas drücken, wo immer es geht, beschleunigen, ohne irgendwo noch Möglichkeiten der Verhandlung zuzulassen, lassen Sie sich bei all dem, was die Straße und den Schwerverkehr betrifft, so viel Zeit, dass das schon riesige Löcher ins Budget reißt.

Seit 1998 könnte man eine Schwerverkehrsmaut haben. Es war die ÖVP – unter tat­kräftiger Mithilfe einiger Landesfürsten wie etwa dem Tiroler –, die verhindert hat, dass die Maut rechtzeitig eingeführt wurde. Rechnen Sie sich, wenn Sie über die Bud­getdefizite jammern, doch einmal aus, wie viel Einnahmenentfall es bedeutet, dass die Schwerverkehrsmaut nicht schon 1998 eingeführt worden ist! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

In diesem Punkt stehen Sie auf der Bremse, dass es hinten fast schon glüht, und das ist wirklich eine schreckliche Geschichte, die natürlich entsprechende Auswirkungen auf das Budget hat.

Der zweite Punkt: Wir diskutieren jetzt seit drei, vier Jahren – und viele von Ihnen ge­ben mir ja Recht – über die Notwendigkeit von Kontrolle des Schwerverkehrs an­gesichts eines grässlichen Sozialdumpings auf unseren Straßen. Seit drei bis vier Jahren diskutieren wir darüber – und die Maßnahme, die jetzt großmundig verkündet wurde, weil man einen Kontrollschwerpunkt einsetzen will, lautet folgendermaßen: Bis Ende des Jahres 2005 will man eine Kontrolldichte von ungefähr 1 Prozent erreichen. Gleichzeitig beschwert sich der burgenländische Landeshauptmann mit Recht darüber, dass die Kontrollen des Schwerverkehrs in seinem Bundesland vermindert werden. – Was ist das anderes als das Schaffen unzulässiger Konkurrenzvorteile für einen Schwerverkehr, für ein Sozialdumping auf der Straße, das schon längst besorgniser­regende Ausmaße angenommen hat?! (Beifall bei den Grünen.)

Ich könnte Ihnen eine Studie zitieren, eine Studie vorlesen, die jetzt in Deutschland in die Medien gekommen ist und die zeigt, dass, kurz gesagt, 40 Prozent der ange­haltenen Lkw zu Recht angehalten wurden, kontrolliert werden und stehen gelassen mussten.

Wir haben eine viel zu geringe Kontrolldichte. Das, was von der Asfinag vorgesehen ist – worauf Sie sich ja immer wieder berufen –, ist eine Lösung, die zum Beispiel für den gesamten Verkehr in Ostösterreich überhaupt keine zielführenden, schlagkräftigen Kontrollen des Schwerverkehrs vorsieht. Wie wollen Sie denn auf der einen Seite weiterhin über die bösen, bösen Osttransite schimpfen, wenn Sie auf der anderen Seite nicht einmal bereit sind, die Gesamtschwerverkehre auch im ostösterreichischen Raum zu kontrollieren?

Meine Damen und Herren! Sie lassen hier sehenden Auges ein Sozialdumping zu, das sich auszeichnet durch extrem schlechte Entlohnung, durch gesetzeswidrige Entloh­nungsmechanismen, durch Überschreitung von Ruhezeiten und durch Nicht-Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen. – Das alles ist Ihnen gleichgültig. Das soll gar nicht weiter kontrolliert werden. (Abg. Ellmauer: Immer nur Unterstellungen!)

Ich verlange, und das können Sie meinem Antrag entnehmen, dass es jetzt einen echten Schwerpunkt für die Schaffung eines Kontrollnetzes in Österreich gibt. Dafür


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müssen auch die Investitionen vorgezogen werden. Man kann nicht bis zum Jahr 2005 warten, bis man vielleicht auch in Ostösterreich die eine oder andere Kontrollstelle baut, nicht einmal eine wirklich ausgerüstete Kontrollstelle baut, sondern das muss jetzt geschehen.

Meine Damen und Herren! Wir sind viel zu spät dran, aber wenn wir jetzt nicht handeln, dann lassen wir sehenden Auges zu, dass diese Verstöße immer mehr werden. Wir motivieren ja diesen ganzen Sektor fast schon dazu, die Gesetze zu überschreiten, weil wir ihm keinen Riegel vorschieben. Alle vernünftigen Unternehmer, solche, die sich an die Gesetze halten, beschweren sich schon darüber. Sie sagen: Sie lassen dieses Sozialdumping auf unseren Straßen einfach zu, ohne etwas dagegen zu tun!

Das ist ein Feld, wo man sofort handeln muss, wo man nicht bis Ende 2005 warten darf, bis man vielleicht die Hälfte aller notwendigen Kontrollstellen baut. Das muss sofort geschehen, und dazu müssen auch andere Bauvorhaben der ASFINAG zurück­gestellt werden. Das sage ich Ihnen ganz offen. Wenn wir das nicht jetzt machen, dann ist es zu spät, dann können wir mit diesen Kontrollen überhaupt nichts mehr bewirken. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben sich ewig Zeit gelassen. Wir haben dieses Thema – und ich habe es immer wieder zur Diskussion gestellt – in diesem Haus schon oft genug besprochen, und niemand von Ihnen sagt mir jetzt: Das stimmt alles nicht! (Abg. Großruck: Das stimmt alles nicht!), denn die Sachen sind aktenkundig. Es gibt Fahrzeitüberschreitungen von 38 Stunden, angehaltene Fahrzeuge mit Reifen, die überhaupt kein Profil mehr haben. Wir haben ungesicherte Ladungen auf den Lkw, die Unfälle verursachen. – Sie wollen das nicht kontrollieren! Sie verschaffen damit dem Straßengütertransit einen unzu­lässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Schiene. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Bleiben wir doch gleich bei den Preisen und reden wir wieder über die Bahn! In den neuen Konzepten, die Sie für die Bahnreform vorgelegt haben, ist natürlich auch an­gesprochen, woher die unterschiedlichen Verkehrsträger das Geld bekommen sollen.

Während Sie bei diesen Schienenbenutzungsentgelten – sie entsprechen ungefähr sozu­sagen einer Schienenmaut – eine jährliche Valorisierung von über 7 Prozent vor­sehen, die – in Klammern angeführt – den Güterverkehr auf der Schiene weiter un­attraktiv, weil zu teuer machen, wird die Maut beim Schwerverkehr nicht valorisiert. Ganz im Gegenteil! Man beginnt, darüber zu diskutieren, ob man nicht jetzt schon die Maut für bestimmte LkW-Klassen senken sollte. Jetzt beginnen Sie schon darüber zu diskutieren, jetzt beginnen Ihre Vertreter in der Wirtschaftskammer schon darüber zu lamentieren, dass Sie die gleich niedrige Maut wie in Deutschland wollen – ohne Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Bau und die Erhaltung im Alpenraum natürlich ganz anders gestalten als im Flachland. Das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie bevorzugen auch hier unzulässiger Weise die Straße und strafen Ihre Worte von „Von der Straße auf die Schiene“, „Verlagerung der Gütertransporte auf die Schiene“ täglich Lügen. Damit gefährden Sie auch – und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Satz – die Gesundheit der Bevölkerung.

Sie sollten sich die Resolution der Tiroler Ärzte zu Gemüte führen. 1 200 Ärzte in Tirol haben die Politik zum Handeln aufgefordert. Sie haben verlangt, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheitsgefährdung, vor allem bei den Kindern – dort wurde das fest­gestellt –, entlang der Transitrouten einzudämmen. Diese Resolution der Tiroler Ärzte ist kein grünes Projekt zum Kritisieren der Regierung, das ist die Feststellung von Ärzten, die besorgt sind um die Gesundheit der Kinder, der Jugendlichen, der alten Men­schen, der krankheitsanfälligen Menschen entlang der Straßen – und Sie igno-


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rieren das einfach! Es ist wichtiger, die Bahn zu zerstören, die Bundesbahnen ihrem Ende zuzuführen, anstatt wirklich einen guten Güterverkehr für die Zukunft zu ermög­lichen. (Zwischenruf des Abg. Wattaul.)

Herr Kollege, Sie rufen heraus, dass es die großen Schienenprojekte gibt. – Aber wenn die Österreichischen Bundesbahnen als Organisation nicht mehr funktionieren, dann sind die einzigen, die vielleicht noch darauf fahren – die vielleicht noch darauf fahren, wenn wir nicht zu viel Schienenmaut von ihnen verlangen –, die Italiener und die Deut­schen und die Slowaken und die Ungarn und alle unsere Nachbarn. Das ist nichts Schlim­mes, aber wenn Sie von vornherein ein österreichisches Unternehmen vom Markt werfen wollen, dann nützen Ihnen diese ganzen Tunnelprojekte überhaupt nichts, dann werden Sie niemals eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene bewirken können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dazu gehört natürlich auch, dass man die Preisstruktur zwischen Straße und Schiene endlich in Ordnung bringt. Wir fordern eine langsame Anhebung der Mauten auf Schweizer Niveau. Jetzt sind wir an die Wegekostenrichtlinie gebunden, und hier muss der Spielraum maximal ausgeschöpft werden, was Sie aber nicht tun. (Abg. Wattaul: Stimmt nicht!) Hier sind Sie vorsichtiger, als Sie das jemals bei irgendeinem ÖBB-Schilling, den Sie hätten ausgeben sollen, gewesen sind. (Abg. Ellmauer: Völlige Realitätsverweigerung, Frau Kollegin!)

Wir müssen gemeinsam mit den anderen Alpenregionen auf europäischer Ebene er­reichen, dass für sensible Regionen, für sensible Zonen ein echter Zuschlag auf die Maut erhoben wird; nicht irgendein Trinkgeld von 3 bis 5 oder 10 Prozent, auch 25 Pro­zent sind zu wenig, das sagen uns Europa-Abgeordnete auch der ÖVP, sondern das muss natürlich ein fühlbarer, merkbarer Zuschlag sein, der zumindest für ein bisschen mehr Kostengerechtigkeit auf der Straße sorgt, als das jetzt der Fall ist. – Wir werden das mit dieser Maßnahme allein nicht erreichen, da brauchen wir uns gar keine Illu­sionen zu machen.

Meine Damen und Herren! Im Moment stehen Sie weiterhin auf der Bremse und sind nicht bereit, von dieser Bremse runterzusteigen, bei allem, was Maßnahmen zur Eindämmung des Schwerverkehrs betrifft: Sie sind nicht bereit zu effektiven Kontrollen, Sie sind nicht bereit zu höheren Mauten, Sie sind nicht bereit, ein Nachtfahrverbot ohne Ausnahme für lärmarme LKW einzuführen – etwas, das es in der Schweiz schon lange gibt, ohne große Schäden in der Wirtschaft zu hinterlassen; auch keine kleinen, die Schweiz geht damit ausgezeichnet um –, aber Sie sind bereit, den konkurrierenden Verkehrsträger Schiene zu behindern, wo immer es geht!

Das, was Sie als Bahnreform vorgelegt haben – und ja, ich will eine Bahnreform! –, dient letzten Endes nichts anderem als Ihrem langsam zum Windmühlenflügelkampf verkommenen Bekämpfen eines von Ihnen phantasierten roten Molochs, sonst gar nichts!

Die Bahn interessiert Sie in Wirklichkeit überhaupt nicht (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), das war ja bei einigen Zwischenrufen in der gestrigen Debatte deutlich zu hören, als Leute herausgerufen haben: Was brauche ich die Bahn, ich fahre eh nicht damit! (Abg. Neudeck: Das war der Herr Puswald! – Rufe bei den Freiheitlichen: Der Puswald! – Abg. Sburny: Minister Grasser! – Abg. Mag. Kogler: Das war Grasser!)

Meine Damen und Herren! Es tut mir Leid: Wenn das Ihre Haltung zum wichtigsten öffentlichen Verkehrsträger in Österreich ist, dann bekommen wir nie eine vernünftige Lösung. Wir brauchen die Bahn, schon allein zur Bewältigung der derzeitigen Ver­kehrs­ströme. Wir brauchen sie dringend! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: Überhaupt wenn sie bestreikt wird!)


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Und um eine Bahn in vernünftiger Form zu haben, muss man auch mit den dort Tätigen vernünftig und anständig umgehen, und nicht so wie Sie das tun. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen. – Abg. Scheibner: Aus ist es!)

Sie versprechen Verhandlungen; Sie sagen, Sie seien immer für Gespräche offen. Aber in Wirklichkeit sagen Sie dann in diesen Gesprächen: Über das und über das und über jenes und solches ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, den Schlusssatz bitte!

 


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): ... über das und jenes darf man nicht verhandeln.

Worüber wollen Sie denn dann mit den „Bahnlern“ reden? Über das Wetter vielleicht? – So schaffen Sie keine Bahnreform, die in der Zukunft auch funktioniert. So eine brau­chen wir aber, genauso wie die Anti-Transitmaßnahmen, die wir in diesem Antrag vorschlagen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler. (Abg. Großruck – in Richtung Grüne –: Und jetzt erfahren Sie die Wirklichkeit!)

 


15.21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren Ich nehme gerne zu den Fragen Stellung, die Frau Abgeordnete Lichtenberger hier aufge­worfen hat.

Bisher war es so, dass uns in allen Fragen, die den Transitvertrag und die Verkehrs­politik betroffen haben – jedenfalls Richtung Europa –, immer ein gemeinsamer Stand­punkt geeint hat. Und ich hoffe sehr, dass dies auch in Zukunft so bleibt. Daher werde ich im Laufe meiner Stellungnahme auch einige kritische Bemerkungen zu manchen Ihrer Unterstellungen in Bezug auf die Haltung der Bundesregierung machen. Es ist mir nämlich schon wichtig, dass wir gegenüber der Öffentlichkeit, auch der europäischen Öffentlichkeit, gemeinsam zum Ausdruck bringen, wofür wir stehen, dass wir so realistisch sind, zu sehen, was geht und was nicht geht – das gehört dazu; manche Dinge kann man sich zwar wünschen, aber das „spielt“ es eben oft nicht im Rahmen des europäischen Regelwerks –, und es tut auch gut, wenn man diese realistischen Bewertungen in eine gemeinsame österreichische Diskussion mit einbringt.

Ich gebe aber gerne zu, auch ich bin alles andere als glücklich mit der jetzigen, völlig verfahrenen Situation im Vermittlungsausschuss. Allerdings muss man aber auch treffergenau analysieren, wer daran schuld ist.

Schuld ist nicht die Kommission, denn die Kommission war anfangs sehr skeptisch, aber dann hat sich Loyola de Palacio, Vizepräsidentin der Kommission und Verkehrs­kommissarin, eindeutig für die österreichischen Anliegen eingesetzt und immerhin einen Vorschlag eingebracht, der – und das wäre ja auf Grund der Rechtslage nicht notwendig gewesen; das war ein Entgegenkommen der Kommission! – eine bis zu dreijährige Verlängerung des Ökopunkte-Regimes vorsah. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ohne Obergrenze!)

Zweitens haben wir – und da waren eigentlich alle an Bord, neben mir alle Verkehrs­minister vor Hubert Gorbach, dann Hubert Gorbach, die Außenministerin – gemeinsam auf allen europäischen Ebenen dafür gekämpft, die anderen 14 Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, etwas zu tun, was ein europäisches Unikum ist, denn es gilt natürlich


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die Freiheit des Verkehrs in den Binnenmarktregelungen. Wir hatten bis zu unserem Beitritt zur Europäischen Union einen Transitvertrag. Und dieser Vertrag ist in ein Über­gangsprotokoll umgewandelt worden.

Diese Übergangsregelung wird jetzt, mit 31. Dezember, auslaufen. Das hat jeder ge­wusst. Man kann also nicht plötzlich diese amtierende Bundesregierung dafür ver­antwortlich machen, dass eine immer schon befristet ausverhandelte Übergangslösung durch Fristablauf ausläuft!

Wir haben uns aber immer – und das gilt für Rot, für Grün, für Blau, für Schwarz – ge­meinsam dafür eingesetzt, eine Verlängerung in einer geeigneten und modifizierten Form zumindest bis In-Kraft-Treten der neuen, von uns gewünschten Wegekosten­richtlinie, die vor allem für sensible Zonen eine höhere Bemautung erlaubt, zu bekom­men.

Frau Abgeordnete! Mir tut das weh, wenn man dann sagt, da sei etwas versäumt worden, da sei etwas fallen gelassen worden. (Abg. Dr. Glawischnig: Ja, stimmt ja! 100 Prozent!) – Nein, nein! Ich sage das schon auch hier, weil jeder einzelne Schritt mit dem Hohen Haus, mit dem Europaausschuss diskutiert worden ist. Wir hätten beim Europäischen Rat in Laeken niemals eine Zusage für eine Übergangsregelung be­kommen, wenn nicht der damalige Verkehrsminister – und auch ich und die Außen­ministerin sowie die Parlamentarier – grünes Licht dafür gegeben hätten, dass wir auf die quantitative Obergrenze verzichten. Das ist also nicht übersehen worden, und das ist auch nicht böswillig gemacht worden.

Frau Abgeordnete! Mit Ihrer Haltung hätten wir überhaupt keine Verhandlungsposition bekommen (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein!), dann wäre das Übergangsrecht ersatzlos ausgelaufen. Und das wollten wir nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe die neue Wegekostenrichtlinie bekanntlich im Juni 2001 beim Europäischen Rat in Göteborg erstmals zur Sprache gebracht. Im Dezember hat dann der Euro­päische Rat – und das war immerhin der erste Durchbruch – die Kommission ersucht, einen Vorschlag für eine Wegekostenrichtlinie auszuarbeiten sowie einen weiteren Vorschlag zu unterbreiten, der auf eine Verlängerung des Ökopunktesystems abstellt. Die Kommission hat diesem Ersuchen innerhalb weniger Tage Folge geleistet und ei­nen entsprechenden Vorschlag unterbreitet, die Verkehrsminister jedoch haben die Be­handlung ein ganzes Jahr lang verzögert. Im Dezember 2002 waren wir in der Situation, dass praktisch 14 Länder der Auffassung waren, dass nicht ganz Österreich geschützt werden müsse. Und auch bezüglich der Absenkung der Prozentzahlen der Ökopunkte gab es kein für uns befriedigendes Ergebnis.

Es war, wie Sie das indirekt behauptet haben, nicht in meinem Interesse, das beim Europäischen Rat in Kopenhagen zur Sprache zu bringen, um mich wichtig zu machen. Nur: Der Vorschlag war in der Form, wie er damals auf dem Tisch lag, un­annehmbar – nicht ganz Österreich und zu wenig Absenkung der Prozentsätze! Deswegen hat Verkehrsminister Reichhold damals nicht abgeschlossen.

Ich habe in Kopenhagen eine Bekräftigung dafür, dass es für ganz Österreich – also nicht nur die Alpentransversalen, sondern ganz Österreich – und drei Jahre lang gelten müsse, erreicht. Daraufhin hat der Rat in der Silvestersitzung erstmals die Position eingenommen, dass es für ganz Österreich und drei Jahre lang gelten könne. Der Rat war aber nicht beschlussfähig, daher hat der entsprechende Beschluss noch drei Monate lang gedauert, er ist dann am 28. März 2003 zustande gekommen.

Wir haben uns damals dagegen ausgesprochen. Das ist wahr, und ich kann auch be­gründen, warum: Die Italiener und wir, so war es abgesprochen, werden nicht


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mitstimmen, damit nicht der Eindruck entsteht, dass ein betroffenes Land einfach überfahren wird, sondern dass beide Länder – aus unterschiedlichen Gründen die Hauptproponenten der Diskussion und der Auseinandersetzung – mit diesem Vor­schlag zwar nicht zufrieden sind, aber damit leben können.

Wirklich bedauerlich aus meiner Sicht war die Haltung des Europäischen Parlaments, auf die ich später noch eingehen möchte.

Ich glaube daher, dass es sehr wichtig ist, dass wir in diesem Vermittlungsausschuss nicht den Eindruck erwecken, dass wir in alle Richtungen auseinander gehen. Wir Öster­reicher sollten uns in dieser Frage darauf konzentrieren, dass wir es massiv ablehnen, dass uns der Vermittlungsausschuss, angeführt durch das Europäische Parlament – und natürlich sind jetzt auch einige Ratsmitglieder aufgewacht –, ein sünd­teures, völlig uneffizientes LKW-Zählsystem aufs Auge drückt. Das wollen wir hoffent­lich gemeinsam ablehnen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

So haben wir das auch mit den Vorsitzenden der Oppositionsparteien, Alfred Gusen­bauer und Professor Van der Bellen, abgesprochen. Und ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken, dass uns jene Abgeordneten, die im Vermittlungsausschuss sitzen – es sind dies meines Wissens Abgeordneter Swoboda, Vizevorsitzender der sozial­demokratischen Fraktion, und Professor Rack für die Europäische Volkspartei –, tatkräftig in dieser Sache unterstützt haben.

Natürlich sind wir völlig damit einverstanden, alle rechtlichen Schritte zu ergreifen, die uns zur Verfügung stehen, bis hin zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Das werden wir natürlich machen! Nur, eines möchte ich auch sagen: Jetzt konzen­trieren wir uns selbstverständlich auf die wenigen Tage, die noch vor uns stehen, dass wir im Vermittlungsausschuss eine gemeinsame Lösung zustande bringen, die diesen Namen auch verdient. Wir werden keiner Lösung zustimmen, die nur ein Schein­kompromiss ist, der keinen Sinn macht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das war auch der Grund dafür, warum am Dienstagabend Hubert Gorbach – sehr ungewöhnlich für einen Vizekanzler; normalerweise macht das der Ständige Vertreter – zum Vermittlungsausschuss gefahren ist, um zu zeigen, wie wichtig uns diese nationa­le Frage ist, während ich zur gleichen Zeit in Rom bei Silvio Berlusconi war, als Erster der Mitgliedsländer, die bilateralen Fragen im Rahmen der Regierungskonferenz zu besprechen hatten, und dabei natürlich auch das Thema Transit angesprochen habe.

Das war eine relativ dramatische Situation, denn eigentlich wollte der Vermittlungs­ausschuss schon über uns drüberfahren. Es gab dann vereinte Anstrengungen – Hu­bert Gorbach in Brüssel, ich in Rom; ich habe dann auch noch Alfred Gusenbauer angerufen und ständig unsere Abgeordneten Professor Rack in Brüssel sowie Willi Molterer hier in Wien –, um wirklich eine Allparteienallianz für eine vernünftige Lösung zustande zu bringen.

Wir haben sie noch nicht, und es wird ein hartes Ringen bis zum Schluss werden, ich will Ihnen das ganz offen sagen. Aber wir haben zu diesem Zweck am 5. November zu einem Transitgipfel mit allen Bundesländern geladen und natürlich auch mit den Vorsit­zenden aller politischen Parteien geredet.

Wenn Sie, Frau Abgeordnete, behaupten, wir hätten kein Interesse an Kontrollen, dann lesen Sie doch bitte den Entschließungsantrag des Bundesrates, der von allen Frak­tionen einstimmig beschlossen wurde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.) In diesem Entschließungsantrag steht, dass wir die Asfinag damit beauftragen sollen,


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ein effizientes, gesamtösterreichisches Kontrollsystem aufzuziehen. (Abg. Dr. Gla­wisch­nig: Das hätten Sie schon längst können! Das ist ja ein Armutszeugnis!)

Ich nehme an, Sie hatten mittlerweile die Gelegenheit, die Texte zu studieren, die wir Ihnen gestern mit dem Wachstumspaket vorgelegt haben. Es ist darin ein eigener Gesetzeshinweis darauf enthalten, dass die Asfinag sofort nach der Beschluss­fassung im Hohen Haus mit diesem Kontrollsystem anfangen soll und dafür auch besonders geschulte Personen als Organe der Straßenaufsicht vorschlagen wird.

Weiters behaupten Sie, Frau Abgeordnete, dass wir kein Interesse daran haben, hö­here Mauten zu verlangen. Das ist wieder so eine Legendenbildung. Sie wissen doch – oder ich sage es Ihnen halt –: Über gewisse Dinge können wir gar nicht mehr allein entscheiden! (Abg. Dr. Lichtenberger: Na sicher! Das habe ich ja gesagt!) Die Mauthöhe beispielsweise ist eine Entscheidung, bei der wir an europäische Regeln gebunden sind. (Abg. Wattaul: So ist es!)

Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich halte es für verantwortungslos, wenn man sich hier hinstellt und den Eindruck erweckt, wir brauchen, wenn wir das wollen, nur höhere Schwerverkehrsmauten auf den Transitrouten vorzuschlagen, ohne das Risiko zu erwähnen, dass der Europäische Gerichtshof das wieder aufhebt (Abg. Dr. Lichten­berger: Spielräume ausnützen!) – was uns schon einmal passiert ist! – und dadurch für die Asfinag und damit natürlich für den österreichischen Steuerzahler ein Milliar­denrisiko entsteht. Frau Abgeordnete, so geht es eben nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Gleiches gilt für die Querfinanzierung. Sie behaupten, wir wollen keine Querfinan­zierung. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja!) – Frau Abgeordnete! Wir wollen eine Querfi­nan­zie­rung. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wo?) – Wir dürfen nicht (Abg. Dr. Lichtenber­ger: Wir dürfen schon!), weil die heutige Wegekostenrichtlinie eine Querfinanzierung verbietet, ausdrücklich verbietet! (Abg. Dr. Glawischnig: Stimmt nicht! Das ist un­wahr! – Abg. Parnigoni: Stimmt überhaupt nicht!) Es ist die gemeinsame öster­reichi­sche Position, in der neuen Wegekostenrichtlinie eine solche Querfinanzierung durch­zusetzen.

Sie sagen, es dürfe in der neuen Wegekostenrichtlinie kein Trinkgeld für sensible Zo­nen stehen. Ja, dann setzen Sie sich doch bitte einmal hin und schauen Sie sich an, wie die Verhandlungssituation ist! Wenn Sie beispielsweise sagen, 25 Prozent seien ein Trinkgeld, dann ist das einfach unseriös! (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist wenig!) Das ist eine mühsam herausverhandelte Position, die die Kommission jetzt vorgelegt hat. Wir werden darum ringen, dass man vielleicht noch höher geht! Aber erwecken Sie nicht den Eindruck, dass der gute Wille Österreichs hier fehlt.

Ich habe das Gefühl, dass Sie sich die Dossiers einfach nicht gut genug anschauen. Und man muss sich, will man etwas erreichen, schon auch realistisch mit diesen Frau­gen auseinander setzen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

Zur Bahn selber. In Ihren Ausführungen ist meiner Ansicht nach sehr viel Polemik enthalten gewesen, auf die ich nicht eingehe. Ich schaue nicht aus wie Margaret Thatcher, ich bin auch nicht wie Margaret Thatcher! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich habe auch nicht die Absicht, die österreichische Bundesbahn zu privatisieren, genauso wenig hat das Hubert Gorbach vor, damit das klar ist. (Rufe bei den Grünen: Aber der Kukacka!) Mein Handtascherl habe ich zu Hause gelassen. Auch Helmut Kukacka hat nicht die Absicht, die Bahn zu privatisieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger – mit Daumen und Zeigefinger einen geringen Ab­stand zeigend –: So klein wollen Sie sie haben!)


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Was wir aber wollen, ist eine moderne, effiziente Bahn – das wollen wir erreichen –, und durchaus auch private Partner. Und diese, das darf ich Ihnen auch sagen, sollte man nicht vergraulen! Ich habe zum Beispiel selber lange mit der Voest verhandelt, ob man nicht die Summerauer Bahn als eines der interessantesten Modelle für eine Private Public Partnership entwickeln könnte. Das, glaube ich, sollte man wirklich seriös prüfen.

Aber packen Sie doch nicht immer die Totschlagargumente aus! Da heißt es immer: „England!“ – Bitte, England ist weit weg, keiner von uns hat eine ... (Abg. Dr. Fischer: Ihr schreit: „Deutschland“!) – Bitte? Ich verstehe es nicht. (Abg. Dr. Fischer: „Deutsch­land“ zu schreien ist auch ein Totschlagargument!) – Nein, gar nicht! Die Deutschen machen manches sehr gut, manches machen sie weniger gut als wir, Herr Präsident Fischer.

Was ich meine, ist: Wir legen eigentlich eine sehr moderate Reform vor, die nichts anderes bedeuten wird, als dass zum Beispiel die von Ihnen erwähnte Schienenmaut – die übrigens auch wiederum die Europäische Union von uns verlangen wird; es sollen ja letztlich selbsttragende Finanzierungssysteme werden –, die ja nicht abkassiert und irgendwo versteckt wird, in die Infrastrukturgesellschaft zurückfließt! Sie wird also nicht abkassiert, sondern bleibt sozusagen im System. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist ja nicht das Problem!)

Also: Versuchen wir, die Themen sachlich zu begreifen und zu diskutieren, dann wird es wesentlich weniger dramatisch werden, als es hier dargestellt wurde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Letzter Punkt: Frau Abgeordnete, ich habe das Europäische Parlament erwähnt. Ich hätte das jetzt nicht ausgebreitet, aber wenn Sie schon einen Dringlichen Antrag der grünen Fraktion stellen, dann will ich Ihnen den Hinweis nicht ersparen, dass wir eigentlich eine gemeinsame Position im Europäischen Parlament bekommen hätten, wären nicht die Abgeordneten der Grünen (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist nicht wahr!) – ich lese es Ihnen gleich vor; seien Sie nicht unruhig, ich werde es sachlich vortragen – im Europäischen Parlament von Abänderungsanträgen, die der Sozial­demokrat Hannes Swoboda und der Christdemokrat Reinhard Rack vorgetragen ha­ben, abgesprungen.

Das Problem war nämlich, dass diese beiden österreichischen Parlamentarier, natür­lich mit Unterstützung auch der Freiheitlichen, einen Weg vorgeschlagen haben, der die volle Einbeziehung der Euro-3-LKW garantiert hätte, die Abstimmung darüber aber so knapp war, dass die 30 Stimmen der grünen Fraktion im Europäischen Parlament den Ausschlag gegeben hätten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein! Das ist nicht wahr!) Unter diesen waren auch zwei Abgeordnete der österreichischen Grünen! (Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Die beiden österreichischen Grünen Voggen­huber und Echerer haben gegen die Abänderungsanträge von Swoboda und Rack gestimmt. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Unglaublich!)

Hätten wir eine Mehrheit des Europäischen Parlaments für diese Abänderungsanträge bekommen, dann wäre die Position Österreichs im Vermittlungsausschuss natürlich eine ganz andere gewesen! So schaut es aus, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger begibt sich zum Präsidium.)

Sie wollen das offensichtlich tatsächlich berichtigen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja!) Da­mit Sie auch wirklich alle Argumente haben, lese ich Ihnen einen offenen Brief der beiden Mitglieder des Europäischen Parlaments Dr. Hannes Swoboda und Universi­täts­professor Dr. Reinhard Rack an die beiden österreichischen Abgeordneten der Grünen Voggenhuber und Echerer „zur gestrigen Transitabstimmung im Europäischen Parlament in Strassburg“ vor:


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„Sehr geehrte Kollegin Echerer, sehr geehrter Kollege Voggenhuber! Bei der Analyse des gestrigen Abstimmungsergebnisses zum Ökopunkt-Bericht des Europäischen Par­la­ments müssen wir leider feststellen, dass Sie und weitere 30 Mitglieder Ihrer Fraktion die von uns eingebrachten Abänderungsanträge 18 und 19 rundweg abgelehnt ha­ben.“ – Sie waren damit übrigens im Boot mit den Hardlinern aus Deutschland und Italien! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Jakob Auer: Pein­lich!)

Und weiters heißt es in diesem Brief: „Diese Anträge hätten im Wesentlichen die Einbeziehung der Transit-Lkw der Euro-Klasse 3 in ein Kontingentierungssystem für 2004 bis 2006 zur Folge gehabt.

Hätten Sie und Ihre Kolleginnen bei dieser Abstimmung für diese Anträge gestimmt, so wäre dafür eine Mehrheit zustande gekommen. Das hätte uns in weiterer Folge im Rahmen des im Herbst stattfindenden Vermittlungsverfahrens wesentlich in der Argu­mentation geholfen, um zu einem für Österreich annehmbaren Kompromiss in dieser Causa zu gelangen. Ihre ablehnende Haltung ist uns auch deswegen so unver­ständ­lich, weil die grüne Fraktion selbst nicht einen einzigen Plenaränderungsantrag als Alter­native vorgelegt hat.“ (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

„In dieser Frage ist eine gemeinsame österreichische Position von entscheidender Be­deutung. ... Mit besten Grüßen Swoboda und Rack.“

Frau Abgeordnete, das ist die Wahrheit! Daher: Nicht hier sagen, dass es am guten Willen der Regierung – von Gorbach, Reichhold, Schüssel, Ferrero-Waldner – gefehlt hat! Auch nicht an Ihrem – hier im Haus hatten wir nie ein Problem! Aber wenn, dann bitte die ganze Wahrheit! Und wäre damals dieser Fehler nicht passiert, wären wir viel­leicht schon bei einem akzeptablen Kompromiss. Das ist die Realität! (Vizekanzler Gorbach nimmt auf der Regierungsbank Platz.)

Wir, der Vizekanzler, der gerade eintrifft, und ich, werden uns anstrengen, diesen Fehler der Grünen im Europäischen Parlament noch auszubügeln. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Als erste Debattenrednerin hat sich Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig zu Wort ge­meldet. Wunschredezeit: 8 Minuten; gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


15.40

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, eines kön­nen Sie von den Grünen nie und nirgendwo erwarten (Ruf bei der ÖVP: Vernünftig sein!): Von den Grünen wird es auf keiner einzigen Ebene, ob das in den Gemeinden, in den Landtagen, im Nationalrat, im Bundesrat oder im Europaparlament ist, jemals eine Zustimmung geben zu Dingen, zu Vorschlägen, zu Visionen, die eine radikale Ver­schlechterung für die österreichische Bevölkerung darstellen. (Abg. Scheibner: So ist gar nichts da jetzt! Jetzt haben wir gar nichts!) Das können Sie, bitte, allein machen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte es wirklich für eine Unverschämtheit – ich zähle Ihnen jetzt einmal kurz Ihre Versäumnisse auf, die Sie in der Verkehrspolitik in den letzten zehn Jahren zu ver­antworten haben. (Abg. Scheibner: Nicht ablenken! ... Fundamentalopposition!) Und


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Sie sind auch tatsächlich dafür verantwortlich: Ich kenne keinen einzigen österreichi­schen Politiker außen Ihnen, Herr Bundeskanzler Schüssel, der so lange in der Bun­desregierung in irgendeiner Form für Verkehrspolitik zuständig war. Ein großer Anteil, der größte Anteil dieses Schlamassels, vor dem wir jetzt stehen, geht ausschließlich auf Ihre eigene persönliche Verantwortung zurück! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Grünen haben sich über Jahrzehnte für dieses Thema eingesetzt und haben vor dieser Entwicklung gewarnt, indem sie gesagt haben: Eine Verkehrspolitik, die auf Straßenbau, auf Transitrouten setzt, sodass man dann in Zukunft zweistöckig und vier­spurig durch Österreich durchfährt, ist zum Scheitern verurteilt! – Sie haben auf uns nie gehört. Also wagen Sie es nicht, uns in unserer Glaubwürdigkeit in der Ver­kehrspolitik anzutasten! (Abg. Dr. Stummvoll: „Wagen“? – Abg. Neudeck: Wollen Sie uns drohen?) Das ist wirklich eine Unverschämtheit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wir fürchten uns aber jetzt! – Heiterkeit des Abg. Mag. Mainoni. – Abg. Scheibner: Was passiert denn dann, wenn wir weiter kri­tisie­ren?) – Nein, ich meine das sehr, sehr ernst.

Jetzt kommen wir zum anderen Teil. – Wir sprechen heute hier über innerstaatliche Maßnahmen. Im Antrag geht es um innerstaatliche Maßnahmen, die Österreich setzen kann, um die österreichische Bevölkerung vor der drohenden Verkehrslawine zu schüt­zen. Herr Bundeskanzler, eines möchte ich Sie schon fragen: Wie stellen Sie sich das überhaupt vor? Was haben Sie denn für eine Lösung für die nächsten fünf bis zehn Jahre? – Wir haben in Österreich ein Problem, und dieses Problem haben Sie nicht einmal analysiert!

Wir werden in Ostösterreich in den nächsten Jahren bis zum Jahr 2010 ein Verkehrs­wachstum haben, das man mit bis zu 50 Prozent beziffern kann. Was ist denn Ihre Antwort auf dieses Problem – außer hier jetzt irgendwelche Anschuldigungen vorzu­nehmen? Haben Sie Vorschläge, wie man das Verkehrswachstum, das Wachstum des LKW-Verkehrs auch nur ansatzweise in den Griff bekommen kann?

Sie reden immer von Gemeinsamkeiten. Eines sage ich Ihnen: Gemeinsamkeit gibt es zwischen uns nicht, wenn es darum geht, LKW-Verkehr auf der Straße billiger zu machen, sich über Jahrzehnte gegen ein generelles Nachtfahrverbot auszusprechen, beim LKW-Road Pricing den billigsten Diskonttarif des ganzen Alpenbogens zu ver­ordnen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Wattaul.) Da haben wir wirklich keine Gemein­samkeit, sondern da haben wir eine ganz, ganz andere Position, eine grundsätzlich andere Position! (Beifall bei den Grünen.)

Immer dann, wenn Sie mit Ihrer Politik in Schwierigkeiten kommen, suchen Sie den be­rühmten Schulterschluss. – Diese Schwierigkeiten haben Sie wirklich ganz allein zu ver­antworten, nämlich durch die verfehlte Verkehrspolitik der letzten fünfzehn Jahre! (Beifall bei den Grünen.)

Wir versuchen jetzt noch einmal, konstruktiv zu sein, und legen Vorschläge vor, nen­nen alle nur irgendwie möglichen innerstaatlichen Maßnahmen (Abg. Ellmauer: Sie reden so viel Blödsinn!), die geeignet sind, um die Bevölkerung vor dieser Lawine zu schützen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Lawinenverbauung!) Und was machen Sie? – Sie reden nicht ein einziges Wort über das, was Österreich jetzt tun kann! – Sie reden über Brüssel, Sie fahren zu Berlusconi. – Ihre wahre Mission dort war im Grunde eine andere, um das auch noch einmal zu sagen. (Abg. Wittauer: ... was wir probieren, um noch eine Regelung zu bekommen!) Ihre Mission dort war im Grunde, die Frage Konstitutionen, Institutionen zu diskutieren – und Transit war das letztere, das zweite Thema.


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Was können wir in Österreich wirklich tun? Und nur so werden wir in der Europäischen Union auch glaubwürdig! Ich möchte das noch einmal betonen, wir stehen tatsächlich für eine Verbilligung der Schiene und für eine Verteuerung der Straße. – Sie machen im Moment das Gegenteil davon, und das machen Sie im Moment auch in Kärnten. Dort spricht man sich dafür aus, Mauten zu reduzieren, alles wegzutun, damit man möglichst billig durchfahren kann! (Abg. Wittauer: Das hat der Kärntner Landes­hauptmann sehr klar dargestellt! – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Die Tauern Autobahn ist jetzt schon die billigste Straße im ganzen Alpenbereich – nirgend­wo kann man billiger über die Alpen fahren. Sie wollen es noch billiger machen!

Ich frage Sie: Was ist Ihre Antwort? Was sagen Sie den Leuten, die jetzt mit diesen Zahlen konfrontiert sind? Was sagen Sie ihnen? Sagen Sie: Weiter Straßen bauen, weiter die Schiene in Bedrängnis bringen!? – Das sind keine Antworten, meine Herren! Das sind wirklich keine Antworten. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Wir haben das heute nicht auf die Tagesordnung gesetzt, um Polemiken auszutau­schen, sondern wir wollen tatsächlich, dass jetzt etwas passiert! Wir haben uns auch etwas überlegt, und wir haben das schon so oft vorgeschlagen – aber Sie setzen sich mittlerweile seit Jahren immer wieder auf die falsche Seite: Sie setzen sich fun­damental und konsequent immer auf die Seite von billigem LKW-Verkehr. (Abg. Dr. Trinkl: Geh!)

So sagt zum Beispiel die Wirtschaftskammer oder der Kollege Mitterlehner unterm Strich immer quasi: Na ja, wir werden doch nicht auch der österreichischen Trans­portwirtschaft etwas antun! (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) – Dieses Argu­ment betrifft genau jenen Bereich, wo wir auf europäischer Ebene gegen die Fräch­terlobby zu kämpfen haben – und das ist in Österreich genau dasselbe! Ich frage Sie: Wieso ... (Abg. Dr. Trinkl: Aber Arbeitsplätze wachsen nicht auf den Bäumen, Frau Kollegin!)

Dann nenne ich Ihnen einmal ein anderes Argument: Was glauben Sie, wie sich eine Zerstörung der Regionalwirtschaft auswirkt? Was glauben Sie, welche Auswirkungen billiger LKW-Transit auf die Regionalwirtschaft und auf die Arbeitsplatzsituation hat? (Abg. Steibl: Wie ist das jetzt, wenn die Züge stillstehen und MAGNA zum Beispiel alles auf LKW ...?)

Mich ärgert es wirklich jedes Mal, wenn Sie in der Diskussion immer wieder die Arbeits­plätze als Argument anführen. – Schauen Sie sich einmal an, was in Österreich tatsächlich Arbeitsplätze vernichtet: wenn Sie Strukturen zerschlagen, Regionalwirt­schaft zerschlagen! (Beifall bei den Grünen.) Das Joghurt in ganz Europa zum Dis­konttarif durch die Gegend zu chauffieren (Abg. Steibl: So ein Blödsinn!), das trans­portiert Arbeitsplätze von Österreich ins Ausland. Aber das haben Sie nicht begriffen, das haben Sie die letzten 15 Jahre noch nicht begriffen. (Abg. Steibl: Oja! Wir be­greifen ...!) Deswegen haben wir ja die Probleme! Deswegen schaut es so aus, wie es ausschaut! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wollen Sie tatsächlich das Gemüse von Italien nach Holland transportieren, um es dort zu waschen? Wollen Sie das wirklich? – Wenn nicht, dann sagen Sie nein und treten Sie für eine Erhöhung der LKW-Maut ein! (Abg. Dr. Mitterlehner: Die ist hoch genug! Wissen Sie überhaupt, wie hoch die ist? – Abg. Steibl: Dann sollen die Züge fahren, damit nicht die LKWs auf der Straße fahren müssen!) Es stimmt dezidiert nicht, dass es hier keinen Spielraum mehr gibt. Nützen wir die Spielräume aus, die wir noch haben – und dann reden wir über Verkehrswirtschaft, Regionalwirtschaft und Arbeits­platz­entwicklung!


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Diskutieren Sie einmal im Weinviertel oder im Burgenland mit den Leuten! Die haben das schon lange verstanden. Auch die Bürgermeister haben das mittlerweile verstan­den. Mittlerweile befinden wir uns alle gemeinsam in der Situation, dass wir uns mit der Frage auseinander setzen müssen: Wie schaffen wir es, diese Strukturen, die sich europaweit gebildet haben, ansatzweise wieder zusammenzuführen? (Abg. Dr. Trinkl: Ein wenig mehr Realitätssinn!) – Da ist die Frage der Kostenwahrheit im Verkehr auf der Straße die entscheidende Frage! Sie aber stellen sich dagegen – fundamental, im­mer wieder, die ganze Zeit!

Das ist der springende Punkt, und deshalb ist unser Ansatz in dieser Frage kein ge­mein­samer, sondern da unterscheiden wir uns fundamental! (Beifall bei den Grünen.)

Die Grünen stehen hinter den Interessen der österreichischen Bevölkerung – und Sie nicht, in der Verkehrsfrage nicht, dezidiert nicht!

Noch einmal zu den konkreten Punkten, Herr Bundeskanzler: Wir wollen ein generelles Nachtfahrverbot für Österreich (Abg. Dr. Mitterlehner: Na „super“! Und dann fahren sie bei Tag, oder was?) – und dies nicht nur, damit die ÖsterreicherInnen in Ruhe schlafen können, sondern das ist auch eine wichtige Maßnahme, um die Bahn im Verhältnis zum Straßentransit zu bevorzugen. Ein Stopp mitten in Europa hat eine massive Auswirkung auch auf die Wettbewerbssituation! (Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Ich weiß nicht, warum Sie sich so aufregen. Ich verstehe das nicht! (Neuerlicher Zwi­schenruf der Abg. Steibl.) Warum kein generelles Nachtfahrverbot? – Das fordert auch der Tiroler Landeshauptmann! Die Landeshauptleute vor den Wahlen fordern das alle, aber Sie haben ein Problem damit. Van Staa sagte im Sommer, er fordert ein gene­relles Nachtfahrverbot für Österreich. – Es ist mir unbegreiflich, warum Sie damit ein Problem haben.

Einen Satz möchte ich noch zum Thema Schienenausbau sagen: Die aktuellen Zahlen, was die Finanzierungsmittel für den Bereich Schiene und den Bereich Straße betrifft, stehen mittlerweile im Verhältnis ein Sechstel zu fünf Sechstel – und Sie sind noch stolz darauf! Verkehrsminister Gorbach ist im Zusammenhang mit dem Konjunk­tur­paket III stolz darauf, dass wiederum mehr Geld in die Straßeninfrastruktur fließt. – Das ist einfach der falsche Weg! (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Mainoni und Steibl.)

Falls Sie es noch nicht begriffen haben: Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten! – Wir brauchen eine vernünftige Schieneninfrastruktur, wir brauchen Schienen in den Osten. Der Großteil der Projekte ist nicht finanziert, die Finanzierung der Finanzierung der Schie­ne ist nicht finanziert. – Da liegt so viel im Argen, dass ich mich wundere, wie Sie mit solch einer Genugtuung und Gelassenheit jetzt die letzten 50 Tage Transitvertrag aussitzen können. Es schreit nach innerstaatlicher Politik, es schreit nach politischer Verantwortung für die österreichische Bevölkerung! (Abg. Dr. Mitterlehner: Ja, ja, ja!) – Das könnten Sie sich irgendwann einmal auch zu Herzen nehmen. – Danke. (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

15.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger zu Wort gemeldet.

Frau Abgeordnete, Sie kennen die Geschäftsordnung: Sachverhalt falsch, Sachverhalt richtig – und keine politischen Wertungen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sonst gibt’s einen Ordnungsruf!) – Bitte.

 



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15.48

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Punkt 1: Der Herr Bundeskanzler hat behauptet, dass die Grünen daran schuld gewesen wären, dass es zu keiner Be­schluss­fassung im Sinne Österreichs gekommen ist. – Das ist falsch!

Tatsache ist hingegen, dass die Mehrheit – auch mit den österreichischen Stimmen –aller Grünen, der gesamten grünen Fraktion nicht ausgereicht hätte, um diesen Be­schluss herbeizuführen, in die Tat umzusetzen, weil eine qualifizierte Mehrheit not­wendig gewesen wäre. (Zwischenrufe der Abgeordneten Wattaul, Großruck, Ell­mauer, Dr. Mitterlehner und Trinkl.)

Punkt 2: Der Herr Bundeskanzler hat die Grünen kritisiert, dass sie keine Anträge im Plenum eingebracht haben (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Als Einzige!), die eine Abän­derung bewirken hätten können.

Tatsache ist: Die Grünen können auf Grund ihrer Fraktionsstärke im Plenum keine Anträge mehr einbringen. (Abg. Großruck: Aber das ist ja die Aussage des Bun­deskanzlers!) Sie haben jedoch im Vorfeld jede Menge Anträge zur Veränderung dieser Geschichte eingebracht.

Zum Dritten möchte ich ergänzen: Eine Regelung ohne Obergrenze wird nichts mehr bewirken. Das weiß auch die Tiroler ÖVP (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zei­chen), die das in der nächsten Sitzung ihres Landtags beantragen wird. (Beifall bei den Grünen.)

15.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der letzte Satz war nicht geschäftsordnungsgemäß.

Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Schon wieder ein Schwin­del ins Plenum gebracht!)

 


15.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Kanzler! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Glawischnig hat in ihrer Re­de behauptet, dass Kärnten dafür eintrete, die Maut über die Tauernstrecke abzu­schaffen. – Das ist unrichtig!

Wofür wir in Kärnten eintreten, ist, dass wir im touristischen Bereich für jene Leute, die nach Kärnten kommen und in Kärnten bleiben, in Form einer Rückvergütung die Maut refundieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Mainoni: Da stimmt überhaupt nichts, was die Grünen sagen!)

15.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Reg­ler für 8 Minuten ans Rednerpult. – Bitte.

 


15.51

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Ich bin ganz ent­setzt darüber, dass es heute in diesem Hohen Haus nicht zu einem Schulterschluss aller Parteien kommt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Richtig! – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Es hat immer geheißen, der Nationalrat ist die erste Kammer des Parlaments und der Bundesrat die zweite Kammer. – In diesem Fall habe ich fast den Eindruck, der Bundesrat ist die erste Kammer, denn dort ist es geglückt, dass sich alle vier Parteien


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zu einem gemeinsamen Antrag bekannt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lich­tenberger: Mit Protokollerklärung! Mit Protokollerklärung! Das vergessen Sie immer!)

Ganz besonders empört bin ich darüber, dass von den Grünen der nationale Schul­terschluss eigentlich nur dazu verlassen wird, um die Bundesregierung und die Reform der Österreichischen Bundesbahnen, die unbedingt notwendig ist, anzupatzen (Abg. Mag. Mainoni: So ist es!) und darauf hinzuweisen, dass sie die Reform ablehnen. – In solch einer wichtigen Sache solch einen Schritt zu setzen, das ist für mich völlig unbe­greiflich.

Zum Transitvertrag selbst. – Der Herr Bundeskanzler hat es schon erwähnt: Er ist ein Teil des Beitrittsvertrages. So schlecht kann er nicht gewesen sein, denn er ist mit den Stimmen von zwei Dritteln der Österreicher und Österreicherinnen angenommen worden, ist damit also EU-Primärrecht. Wir haben wirklich erreicht, dass die LKW, die jetzt im Transit durch Österreich fahren, vielfach 5 Gramm NOx pro Kilowattstunde emittieren – damals, beziehungsweise im Jahre 1991, hatten sie noch 15,8 Gramm. (Abg. Dr. Lichtenberger: Und das war ein falscher Weg, Herr Kollege!) Also: Es ist sicherlich einiges geschehen.

Wir hören jetzt immer wieder: Warum hat man nicht überlegt, was nachher ge­schieht? – Als Mitglied der Verhandlungsdelegation in diesen berühmten vier Tagen und drei Nächten, die ich mit Viktor Klima und Alois Mock damals in Brüssel verbracht habe, kann ich Ihnen sagen: Mehr war einfach nicht herauszuholen. Und als man überlegt hat: Was kommt nachher?, so bestand Konsens darüber, dass es zu einer fiskalischen Koordinierung kommen muss: Die Lösung muss auf fiskalischem Gebiet erfolgen (Abg. Dr. Lichtenberger: Deshalb gibt es Steuergeschenke an die Frächter!), dort, wo entsprechende Umweltsensibilität gegeben ist.

Die Europäische Union hat dann – ich habe hier den Auszug aus dem Amtsblatt vom 26. Februar 1997 – den ersten Vorschlag für die neue Wegekostenrichtlinie – die alte war ja vom EuGH aufgehoben worden – gemacht, wonach für umweltsensible Strecken auch externe Kosten angelastet werden können. Wenn Sie mich fragen, wer damals Verkehrsminister war, als das im Rat verhandelt wurde: Es war Dr. Caspar Einem, der Ihnen sicher darüber erzählen kann (Abg. Scheibner: Das hat er schon al­les vergessen!); Bundeskanzler war übrigens Mag. Viktor Klima.

Der Widerstand der anderen Länder war so groß, dass am 23. Mai 1997 von all diesen umweltsensiblen Strecken, von denen in diesem Entwurf die Rede war, nur mehr zwei Strecken übrig geblieben sind: die Brennerstrecke und die Mont Blanc–Aostatal-Strecke. – Auch da hat Österreich gesagt: Na gut, nehmen wir das. – Und wenn Sie schauen, wie damals das Abstimmungsverhalten war, dann sehen Sie: Deutschland grundsätzlich dagegen, Italien grundsätzlich dagegen, Frankreich: Wozu brauchen wir das?, und so weiter.

Es ist dann 1998 unter österreichischer Präsidentschaft – Verkehrsminister Caspar Ei­nem, wer Bundeskanzler war, habe ich schon gesagt – ein gemeinsamer Standpunkt erzielt worden. In der neuen Wegekostenrichtlinie, die im Juni 1999 veröffentlicht wor­den ist, findet sich nichts mehr von umweltsensiblen Strecken – es konnte damals offensichtlich nicht durchgesetzt werden. Also das, worauf wir uns beim Beitrittsvertrag verständigt haben, konnte nicht durchgesetzt werden. 

Wenn Sie jetzt der Bundesregierung vorwerfen, dass sie nichts zustande bringt (Abg. Dr. Lichtenberger: Na, na, na! Das ist falsch! Es gibt neue Verhandlungen!), dann fra­gen Sie bitte Dr. Caspar Einem, wie das damals gelaufen ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Es gibt neue Verhandlungen!) Er wird vielleicht ein unverdächtiger Zeuge sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Wir haben uns im Transitvertrag aber auch – weil Sie immer wieder sagen, es ge­schieht nichts für die Eisenbahn – zum Ausbau der Bahn verpflichtet. Ich möchte Sie nur darauf hinweisen, dass die Punkte, zu denen wir uns verpflichtet haben, erfüllt wor­den sind: Wir bauen auf der Unterinntal-Strecke zu hohen Kosten die Eisenbahn aus, wir bauen die Tauernbahn aus – die Südrampe ist bereits zu einem großen Teil fertig ge­stellt, bei Gastein wird gebaut. Ein wesentlicher Punkt war die Bahnstrecke über den Schoberpass; im Vertrag hat es geheißen, diese wird zweigleisig ausgebaut. Ich habe daran gezweifelt, dass wir das so bald schaffen: Nächstes Jahr erfolgt der allerletzte Kilometer, der letzte Tunnel bei Wald am Schoberpass wird fertig. – Das haben wir auch gemacht! (Beifall bei der ÖVP.)

Und die Donau-Strecke? – Bitte, wenn man mit der Westbahn fährt, sieht man ja: Über­all wird gebaut – wenn nicht gerade wieder, wie beim Lainzer Tunnel, eine Initiative den Ausbau durch Vorbringen rechtlicher Gründe und Setzung rechtlicher Aktivitäten verhindert.

Wenn Sie sagen, es werde kein Geld investiert, so brauchen Sie sich doch wirklich nur den Generalverkehrsplan anzuschauen: Im Generalverkehrsplan sind Bahnausbauten im Ausmaß von 30 Milliarden € vorgesehen – 30 Milliarden €! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Und wenn Sie sagen, die Finanzierung sei nicht gesichert, dann sage ich Ihnen: Die Finanzierung erfolgt genau so, wie bisher die Bahn ausgebaut wurde (Abg. Dr. Van der Bellen: Oje! Oje!), nämlich durch den Staat. Und das wird auch weiterhin so sein – eine andere Möglichkeit gibt es nicht.

Und diesen 30 Milliarden € stehen gegenüber: 7,5 Milliarden € für den hochrangigen Straßenbau, also ein Viertel, und weitere 7,5 Milliarden € für alle Bundesländer, also für das, was diese sonst noch im Straßenbau ausbauen wollen. Hier ist das Gesamt­verhältnis 2 : 1 für die Bahn. Und im nächsten Jahr zum Beispiel – Sie brauchen ja nur einen Blick auf die Zahlen zu werfen – gehen wieder 2 Milliarden € in den Ausbau der Bahn, entweder über die ÖBB selbst oder über die Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft.

Heute haben wir weiters beschlossen, wir stocken den Haftungsrahmen auf – um fast 1 Milliarde € – für rollendes Material für die ÖBB, damit die ÖBB fahren können oder fahren. Ich müsste sagen: damit sie fahren könnten, denn sie fahren ja leider nicht. Aber immerhin, wir stellen den ÖBB die Möglichkeiten zur Verfügung. (Abg. Dr. Lich­tenberger: Das ist eine Frage des Preises, Herr Kollege!)

Wenn Sie behaupten, dass die ÖVP hier gegen die Bahn agiert, so muss ich Ihnen entgegenhalten: Ich habe momentan den Eindruck, dass die Eisenbahnergewerkschaft nur eines im Sinn hat, nämlich den Österreicherinnen und Österreichern zu beweisen, dass man die Bahn überhaupt nicht braucht, indem sie nicht fährt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Genau!) – Das kann es doch wirklich nicht sein!

Wir haben in Österreich im Jahr 180 Millionen Fahrgäste auf der Bahn, 550 Millionen in den Autobuslinien. – Offenbar möchte die Bahn beweisen: Kauft 2 000 Autobusse, und ihr braucht die Personenbeförderung nicht mehr! (Abg. Scheibner: Wenn es so weiter­geht, muss man das eh ...!) – Wir haben einen sehr hohen Anteil am Güterverkehr auf der Schiene. Die Eisenbahnergewerkschaft ist gerade eifrig dabei, diesen zu vertrei­ben, wie zum Beispiel die Firma Welser, wo wir ja mit viel Geld – das weiß ich aus meiner Zeit als Aufsichtsrat bei den ÖBB – die Schmalspurbahn zu einer Normalbahn ausgebaut haben, damit direkt zum Werk hingefahren werden kann. In der Wirt­schaftskammer Österreich gibt es die Arbeitsgemeinschaft der Anschlussbahn-Unter­neh­mer, die alle bemüht sind, möglichst viele Güter auf die Bahn zu bringen. – Und


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was ist das Ergebnis? – Chemiegüter, Holz, wandern ab, weil die Bahn nicht fährt – und darauf können sich die Firmen nicht einlassen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Nein, das ist eine Preisfrage! Das ist eine Preisfrage!)

Nehmen Sie zur Kenntnis: Diese Bundesregierung tut alles, was denkmöglich ist, um den Personenverkehr und den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu brin­gen – sie wird leider nur durch Gräuelpropaganda der Grünen (Abg. Mandak: „Gräuel­propaganda“?) und durch eine Haltung der Eisenbahnergewerkschaft, die alles andere als verständnisvoll ist, daran gehindert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Bravoruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

15.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Gu­sen­bauer. Wunschredezeit: 9 Minuten. – Bitte.

 


15.59

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir uns darauf geeinigt haben, in der Frage des Transits eine gemeinsame Vorgangsweise zu versuchen. Ich möchte aber nur daran erinnern, worin diese bestanden hat:.

Diese gemeinsame Vorgangsweise besteht im ersten Punkt darin, dass wir alle ge­meinsam davon ausgehen, dass es Teil des Beitrittsvertrages Österreichs war, dass es zu einer nachhaltigen Reduktion der Schadstoffe durch den LKW-Verkehr in Österreich kommt, und das Instrument, das dafür gewählt wurde, war letztendlich der Transit­vertrag.

Wenn nun die Europäische Union nicht bereit ist, eine gleichwertige Lösung anzu­bieten, nämlich – so wie mit dem Transitvertrag – eine Reduktion der Schadstoffe zu erreichen, dann bricht sie den Beitrittsvertrag und dann ist es das gemeinsame Ver­ständnis der vier Parteivorsitzenden, inklusive des Herrn Bundeskanzlers, dass wir zum Europäischen Gerichtshof gehen und dort auf die Rechte der Österreicherinnen und Österreicher pochen werden. Und diesen Konsens sollten Sie nicht in Frage stellen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Wittauer: Das hat er ja nie gesagt!)

Zweiter Punkt, Herr Kollege Mitterlehner, um das auch deutlich zu sagen: Bei der Be­sprechung der vier Parteivorsitzenden waren wir uns einig darüber, dass alle mög­lichen nationalen Maßnahmen getroffen werden – natürlich auch unter Prüfung von Fahr­verboten, seien es sektorale oder Nachtfahrverbote. Selbstverständlich wurde auch darüber Übereinstimmung erzielt, dass die Kontrollmechanismen im Zuge des Maut­systems durch die ASFINAG verstärkt werden konnten. Ich sage schon dazu, Konsensvorgangsweise heißt, dass das, was wir ausgemacht haben, auch hält und es nicht sein kann, dass 24 Stunden danach Herr Mitterlehner auf den Plan tritt und all das, was am Tag davor vier Parteivorsitzende als gemeinsame österreichische Vor­gangsweise ausgemacht haben, ablehnt und dann hier im Plenum gesagt wird, schuld, dass es keine gemeinsame Vorgangsweise gibt, seien die Grünen oder die SPÖ.

Halten Sie sich an das, was Ihr Parteiobmann mit uns als gemeinsame österreichische Vorgangsweise ausgemacht hat! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Dritten, was die Höhe der Mauten betrifft: Vor welcher Situation werden wir stehen? – Wenn es zu keiner Nachfolgeregelung kommt, werden die europäischen LKW kostengünstiger durch Österreich durchbrausen können als durch die Schweiz. Die Konsequenz wird sein, dass, wenn es keine zahlenmäßige Begrenzung gibt, natürlich der Weg durch Österreich gewählt werden wird, weil er ökonomisch der kos­tengünstigere ist. Eine der wenigen Möglichkeiten, da noch einzugreifen, ist, gleiche


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Verhältnisse herzustellen, was die Mauten betrifft, und der EU anzudrohen, dass wir Schweizer Verhältnisse schaffen werden.

Es kann wohl nicht sein, dass ein Land wie die Schweiz, das nicht Mitglied der Europäischen Union ist, mit der EU einen Vertrag hat, in dem die Schweizer Mauthöhe akzeptiert wird, und einem Mitgliedsland der Europäischen Union, nämlich Österreich, das Gleiche nicht erlaubt ist und wir schlechter behandelt werden als die Schweiz. (Abg. Scheibner: Na also! Genau das ist das Problem!) Das werden wir in keinem Fall akzeptieren, hier muss es zu gleichen Verhältnissen kommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Was habt ihr vorher gemacht dagegen?)

Im Übrigen habe ich mit Interesse und Genugtuung festgestellt, dass, als ich ver­gangene Woche Tirol besucht habe, der Tiroler Landeshauptmann van Staa völlig mei­ner Auffassung ist. Mir ist die Linie von van Staa noch allemal lieber als jene von Herrn Mitterlehner, der sich in der Öffentlichkeit dagegen ausgesprochen hat, um auch das deutlich zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und ein wesentlicher Punkt ... (Abg. Wittauer: ..., das ist scheinheilig!) – Sie kommen eh als Nächster dran, Sie brauchen jetzt nicht zu plärren.

Ein anderer wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist: Wie schaut es mit der Alternative auf der Schiene zu diesem LKW-Verkehr aus? – Das ist es ja, was die Verkehrspolitik erst richtig glaubwürdig macht. Wenn der Herr Staatssekretär schon anwesend ist, muss man auch sagen, Österreich hat in den vergangenen Jahren, was den Güterverkehr betrifft, Außerordentliches auf der Schiene geleistet. Pro Tonne und Einwohner gibt es keine andere Bahn in Europa, die mehr Güter befördert als die Österreichischen Bundesbahnen. Und überall in Europa, inklusive der Schweiz, wird die Güterbeförderung der Österreichischen Bundesbahnen als Vorbild genommen. In einer solchen Situation – nach dem Loblied, das Kollege Regler gerade auf die Öster­reichischen Bundesbahnen gesungen hat – stelle ich mir wirklich die Frage – nach all dem, was er hier erzählt hat –: Was ist der Grund dafür, diese erfolgreichen Öster­reichischen Bundesbahnen, die im Gütertransport Außerordentliches geleistet hat, jetzt zerschlagen zu wollen? Was ist der Grund? (Abg. Rädler: Verbessern!)

Sie sagen „verbessern“. – Wunderbar! Sagen Sie mir: Warum sind Sie nicht dazu bereit, sich mit dem Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler an einen Tisch zu setzen und ihn zu fragen: Wieso, Herr Rechnungshofpräsident, sind Sie der Meinung, dass die geplante Reform der ÖBB in die völlig falsche Richtung geht? Wieso sind Sie, Herr Rechnungshofpräsident, der Meinung, dass einzelne Teile der Bundesbahnen nach dieser Reform vom Konkurs bedroht sein werden?

Wieso sind Sie zu dieser Auseinandersetzung nicht bereit? – Sie haben gestern hier im Haus einen Gesetzentwurf eingebracht und heute bereits einen Fristsetzungsantrag mit dem Ziel, dass alles binnen weniger Wochen erledigt werden soll. Die gesamte gestrige Ankündigung des Bundeskanzlers, dass hier Bereitschaft zum Dialog und zur Verhandlung besteht, hat sich als hohle Ankündigung erwiesen (Abg. Scheibner: Wir werden in drei Wochen etwas zusammenbringen! Bringen Sie Ihre Vorschläge!), denn einerseits zu sagen, wir sind bereit zu verhandeln, aber andererseits zu sagen, Debatte beendet, Fristsetzung in drei Wochen und alles beschließen, das entlarvt den wahren Geist dahinter!

Sie zerstören eine erfolgreiche europäische Bahn. Und was danach kommen wird, sind Mutmaßungen darüber, wie es anderswo in Europa ausschaut. Sie werden die Ver­antwortung dafür tragen, dass neben einer nicht existierenden Begrenzung für den Transit auch die Österreichischen Bundesbahnen im Bereich des Güterverkehrs nicht mehr das leisten können, was sie in der Vergangenheit leisten konnten. Sie sind die


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wahren Totengräber der Eisenbahn in unserem Land, meine Damen und Herren! (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Hallo, hallo!)

Es gibt eine Zielsetzung, wo man wirklich besser werden muss. Wenn in der Schweiz jeden Tag 800 000 Menschen die Bahn benützen und in Österreich 500 000 Men­schen, obwohl wir mehr Einwohner haben, dann muss es unsere Zielsetzung sein, die Österreichischen Bundesbahnen so attraktiv zu machen, dass auch im Personen­verkehr dieselben Erfolge eingefahren werden können wie im Güterverkehr. (Abg. Ell­mauer: Das werden wir durch den Streik „schaffen“!) Aber es gibt keinen einzigen Ex­perten in unserem Land, weder den Aufsichtsrat noch den Vorstand, noch den Rech­nungshof oder noch sonst irgendjemanden, der sagen würde, dass diese Reform, die Sie auf den Tisch gelegt haben, einen Beitrag dazu leisten würde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reformen sind immer notwendig, aber wir diskutieren hier im Hohen Haus nicht über Reform ja oder nein, wir diskutieren darüber, welche Ziele eine Reform haben soll und mit welchen Instrumenten man diese Ziele erreicht. Wenn die Instrumente, die Sie anwenden wollen, von vornherein von allen als nicht erfolgsträchtig eingeschätzt werden, dann sind diejenigen, die sie kritisieren, nicht die Reformverhinderer, sondern dann machen Sie eine schlechte Reform zum Scha­den für die Verkehrspolitik in unserem Land.

Daher kann ich nur sagen: Mir scheint diese gesamte Auseinandersetzung ein politi­scher Willkürakt zu sein, der nichts zu tun hat mit einer konsequenten Weiter­ent­wicklung einer guten Verkehrspolitik, gepaart mit dem Interesse einiger Frächterlobby­isten, die es leider in diesem Hohen Haus auch gibt, denen der öffentliche Verkehr über­haupt ein Dorn im Auge ist.

Da stellt sich die Grundsatzfrage: Setzen sich die Lebensinteressen der öster­rei­chischen Bevölkerung durch oder die Lobby-Interessen einiger weniger? Wo Herr Mit­terlehner steht, das wissen wir: auf der Seite der Lobbys. Ich hoffe, die ÖVP kann sich noch rechtzeitig aus dieser Umklammerung lösen und zum Verhandlungstisch zurück­keh­ren, damit es eine gute Lösung für die Bundesbahnen in unserem Land gibt. (An­haltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

16.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Wittauer. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


16.09

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Es wundert mich schon eines hier, wenn ich Herrn Abgeordneten Gusenbauer am Rednerpult sprechen höre: Ich war vorher ganz überrascht davon; da bringt er etwas Konstruktives, wirklich etwas, womit man etwas anfangen kann, aber es dauert nicht lange, und er kommt auf die Bundesbahnen zu sprechen. Der Applaus dazu kann ja nur deshalb entstehen, weil die Bundesbahnen immer ein Mittel zum Zweck, ein politisches Mittel zum Zweck sind.

Ich finde das hier im Hohen Haus falsch. Wir reden heute über den Transit, wir reden heute über die Probleme, die Österreich in der Zukunft bekommen wird. Man kann einfach nicht darüber hinweggehen und ein paar formelle Sätze sagen. Es gibt Daten dazu: 2 400 vorzeitige Todesfälle, 2 007 zusätzliche Fälle von chronischer Bronchitis, 20 600 zusätzliche Fälle von chronischer Bronchitis bei Kindern, 15 000 zusätzliche Asthmaattacken bei Kindern und 1,3 Millionen zusätzliche Krankenstandstage allein in Tirol. Da kann man also nicht einfach hergehen und das irgendwie abtun.

Wo liegt denn die Verantwortung? – Ich möchte jetzt nicht wieder sagen, die Ver­gan­genheit allein ist es, natürlich war es mit die Schuld. Nicht der Transitvertrag war es,


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sondern die Übergangsregelung, das hat der Herr Bundeskanzler richtig beurteilt. In der Übergangsregelung hat eines gefehlt: eine Anmerkung, dass nämlich dieser Ver­trag so lange Gültigkeit hat, bis es eine Regelung gibt, die das tatsächlich zum Wohle unserer Bevölkerung umsetzt. Das hat gefehlt!

Die Sozialdemokraten haben das verabsäumt, und deshalb haben wir heute diese Probleme. Aber ich möchte schon eines dazu sagen, weil ich mir das extra heraus­ge­sucht habe: 1999 hat die damalige SPÖ/ÖVP-Regierung – das muss ich sagen, da war die ÖVP dabei – eine Erklärung deponiert – ich zitiere daraus –:

„Österreich betont nachdrücklich im Kontext einer erweiterten Union, dem Ziel der nachhaltigen Senkung der von Lastkraftwagen verursachten Schadstoffemissionen ver­pflichtet zu sein. Aus diesem Grund muss auch eine Lösung hinsichtlich der nach­haltigen Reduktion der Schadstoffemissionen im Straßenverkehr in und durch Öster­reich gefunden werden. Österreichs Zustimmung zu den endgültigen Ergebnissen der Erweiterungsverhandlungen wird von einer zufrieden stellenden Lösung in Bezug auf die Erreichung des oben erwähnten Zieles abhängig sein.“

Was heißt das? – Das heißt, Österreich stimmt in den Verhandlungen zur Osterwei­terung nur dann zu, wenn beim Transit eine Lösung gegeben ist. – Heute hört man nichts mehr davon, heute redet man von nationalen Maßnahmen. Ich gebe dir Recht, Eva: Nationale Maßnahmen sind anscheinend das einzige Mittel, weil wir uns in Brüs­sel nicht durchgesetzt haben, aber auch die Frage der Osterweiterung spielt in diesem Zusammenhang natürlich eine Rolle. Es ist einfach so, dass es mit der Osterwei­terung – da haben wir auch die Zahlen – mindestens 70 Prozent Zuwachs des Ver­kehrs geben wird. Der VCÖ erwartet sogar das Doppelte. Es wird einiges auf uns zu­kommen, und wir haben kein Mittel dagegen. Da reden wir über die Wegekosten­richt­linie, die natürlich ein Mittel wäre, um gewissen Verkehr abzuhalten, weil es dann nur über die Kosten geht. Diesbezüglich gebe ich Ihnen Recht, aber das ist reine Ver­hand­lungssache.

Es ist nicht so, dass wir in Österreich – und das haben wir beim Beitritt gewusst – sagen können, wir machen einmal höhere Mauten, einmal niedrige Mauten, so wie es uns passt. Wenn ich heute Ihr Einverständnis und dieses Lob, gerade von Herrn Abgeordnetem Gusenbauer, gegenüber Landeshauptmann van Staa sehe, dann ist mir schon eines klar: Es gibt in Tirol den Verkehrslandesrat Gschwentner, und der ist von der SPÖ. Deshalb loben Sie ihn.

Und noch etwas: Es wird ein Dringlichkeitsantrag im Tiroler Landtag eingebracht. Es ist ganz interessant, dass in diesem Dringlichkeitsantrag jene Dinge drinnen stehen, die diese Regierung praktisch auf den Weg gebracht hat.

Ich möchte es Ihnen auch vorlesen, nicht dass Sie es nachher wieder vergessen. Ich weiß jetzt nicht, ob die Grünen dabei sind, es ist auf alle Fälle ein Mehr-Parteien-Antrag. (Abg. Dr. Lichtenberger: Fahrtenobergrenze!) Das Verkehrsleitsystem, das emis­sionsgesteuert wirkt, ist ein gutes Projekt. Ich erinnere mich noch, wie hier im Parlament, im Landtag und auch in den Zeitungen auf diese Regierung geschimpft worden ist, dass das kein taugliches Mittel sei. Heute lese ich in diesem Tiroler Dring­lichkeitsantrag, der beim nächsten Mal eingebracht wird, die Sozialdemokraten sind mit dabei, den Namen Pechlaner lese ich hier als Unterschrift. Diese sagen, das ist ein Mittel, das man jetzt vorwärts bringen muss.

Dieses System hat unser Minister Gorbach nicht nur entwickelt, sondern er hat es auch inzwischen umgesetzt, indem die Ausschreibungen stattgefunden haben. 2004 wird es als Pilotprojekt mit 30 Millionen Investitionskosten umgesetzt. (Abg. Dr. Lichtenber­ger: Den Vorschlag gibt es seit 1988!) Wenn das nichts ist und wenn man da sagt, dass diese Regierung nichts tut, dann ist das eine Lüge und ist falsch.


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Bezüglich der Entrüstung der Frau Abgeordneten Lichtenberger: Ich glaube schon Bun­deskanzler Schüssel, dass wir von den Grünen in Europa ein bisschen verraten worden sind. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wenn Sie mir jetzt erklären wollen, dass die Grünen schuld am Transit sind, ... !) Wenn das stimmt – ich werde mir das genau anschauen –, dann ist es nicht nur „ein bisschen verraten“, dann ist das ein Verrat an Österreich, und dann haben Sie in der Transitproblematik nichts mehr zu sagen, Frau Abgeordnete. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir reden über ein Nachtfahrverbot, ein Nachtfahrverbot in ganz Österreich. Das wür­den wir gerne machen, wir sind diejenigen, die an Österreich denken, die immer an Österreich gedacht haben. Immer dann, wenn man weiß, das ist nicht umsetzbar, werden Vorschläge gemacht ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Warum?) – Weil sie auf euro­päischer Ebene nicht umsetzbar sind, Sie wissen das! Genau so ist es bei den Kosten, dass – und das hat der Kanzler auch genau gesagt – die Klagen, die Österreich zu erwarten hat, Österreich dann auch aushalten muss. Aber wahrscheinlich haben Sie von den Grünen, wenn wir die Strafe zahlen müssen, dann nichts damit zu tun und die Sozialdemokraten auch nicht. Das ist immer so! (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein! Ich habe gesagt, Spielraum ausschöpfen!)

Wenn ich mir heute so die grundsätzliche Diskussion anschaue, möchte ich schon kritisch anmerken, es wird immer das Veto angesprochen, das wir Freiheitliche oder ein­zelne von uns in den Raum stellen. Wir Freiheitlichen verstehen uns als gute Euro­päer. Ich verstehe mich als guter Europäer, und ich verstehe mich auch als einer, der das Friedensprojekt Europa immer unterstützt hat. Aber wenn ich heute an die öster­reichische Bevölkerung denke, so möchte ich nicht wissen, wenn sie gewusst hätte, in welches Desaster Österreich mit diesem Transitvertrag hineinkommt, ob sie überhaupt einem Beitritt zugestimmt hätte. Ich bezweifle das.

Ich habe hier eine Umfrage aus der Zeitschrift „NEWS“. Diese haben Sie sicher auch schon gelesen, „NEWS“ liest jeder von uns, obwohl wir es nicht mögen, scheint es. (Abg. Neudeck: Tatsächliche Berichtigung: stimmt nicht!) – Oder fast jeder. – Bei einem Veto (Abg. Dr. Glawischnig: Werden wir jetzt austreten?) beziehungsweise wenn wir die Einstimmigkeit verwenden, ist das Ergebnis so: 48 Prozent sagen ja, wir sol­len dieses Mittel verwenden. Nur 46 Prozent – das ist halb/halb – sagen nein. Wenn die Verantwortlichkeit abgefragt wird, dann wird gesagt, zu 47 Prozent liegt diese bei Brüssel, zu 38 Prozent bei Österreich. Also wahrscheinlich zu 38 Prozent auch damals, als der Transitvertrag abgeschlossen wurde, und zwar nicht von dieser Regierung. Denn diese Regierung tut alles in ihrer Macht Stehende, um dieses Desaster, das auf uns zukommt, zu verhindern.

Diese Regierung hat auch einige Möglichkeiten, das sieht man vor allem bei der Um­verteilung. Das ist vorhin ganz richtig gesagt worden: Der größte Teil der Mittel des Generalverkehrsplanes wird in die ÖBB gepumpt, um eine bessere Infrastruktur zu erreichen, um eine bessere Bahn zu erreichen. Wenn ich das so betrachte, wie die Situation momentan ausschaut, dann ist es so: Viele große Firmen sagen: Wir transportieren nicht mehr mit der Bahn, denn Pünktlichkeit ist das höchste Gebot, und das kann die Bahn nicht einhalten.

Jetzt gibt es einen Erlass, der vor zwei Monaten in Vorarlberg herausgekommen ist, der besagt, gewisse Güter werden nicht mehr transportiert. Die sind zu sperrig, die müssen auf den LKW. Diese Güter werden jetzt von der Bahn mit ihren eigenen LKW transportiert! Ich frage mich: Wo ist da die Politik der Bundesbahn, um positiv beim Transit oder verkehrsvermindernd zu wirken? – Ich glaube, da sind wir alle gefragt.

Betreffend diesen von den Sozialdemokraten hoch beschworenen Konsens: Hier heraußen hat Gusenbauer diesen eingefordert. Da muss ich mich fragen: Wo ist denn


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dieser Konsens? Wo ist er denn wirklich? – Im Bundesrat haben wir erstmalig einen gemeinsamen Antrag zur Transitproblematik, einen guten Antrag. Ich habe gestern probiert, diesen Antrag hier einzubringen. Das ist gescheitert, weil zwei Fraktionen ihn nicht mit unterschrieben haben: Sozialdemokraten und Grüne. (Abg. Mag. Mainoni: Bedauerlich!) Das ist wirklich bedauerlich. – Jetzt muss ich mich fragen: Im Bundesrat gibt es vorher einen Vier-Parteien-Antrag, dann probieren wir, ihn hier im Nationalrat einzubringen – und er wird abgelehnt.

Ich weiß schon, warum er abgelehnt wird. Er wird deshalb abgelehnt, weil Sie heute eine Dringliche gestellt haben, weil Sie heute dieses Thema parteipolitisch miss­brau­chen, weil Sie heute probieren, der Öffentlichkeit etwas zu suggerieren, was tatsächlich nicht da ist. Das ist der einzige Grund, denn sonst hätten Sie gestern genauso mit­gestimmt, und wir hätten gestern diesen Antrag gemeinsam einbringen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Leistungen von Verkehrsminister und Vizekanzler Gorbach sind nicht hoch genug einzuschätzen. Er hat eines erreicht: Der Brenner-Basistunnel ist wirklich auf Schiene, und er ist wichtig für uns, gerade deshalb, weil wir wissen, dass allein nur der Zu­wachs ... (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Ist das eine freiwillige Rede­zeitbeschränkung?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nein, das ist eine gesetzliche Redezeitbeschränkung. Den Schlusssatz bitte!

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (fortsetzend): Dann bleibe ich beim Lob für Minister Gorbach. Mit ihm haben wir sicher die Garantie, dass diese Dinge, die gut für Öster­reich sind, die gut sind, um den Verkehr zu vermindern, umgesetzt werden. Wir werden ihn dabei unterstützen. Ich hoffe, die beiden Oppositionsparteien tun das Gleiche zum Wohle Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gemeldet hat sich nun Herr Vizekanzler Gor­bach. Auch er hat eine gesetzliche Redezeitbeschränkung von 10 Minuten. – Bitte, Herr Minister.

 


16.20

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gor­bach: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich darf dort fortführen, wo der Vorredner aufgehört hat, nämlich dass es in vitale österreichische Interessen berührenden Fragen so etwas wie einen Schulterschluss über Parteigrenzen hinweg geben sollte – auch dann, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn man weiter überlegen und sich auch öffentlich äußern kann, wer eigentlich wie viel Schuld daran hat, dass wir keine Verlängerung des Transitvertrages haben könnten, keine Übergangslösung haben könnten und uns mit anderen Maßnahmen selber helfen müssen.

Aber ich sage Ihnen eines ganz deutlich: Ich war stolz und angenehm überrascht, als ich am letzten Mittwoch der Sitzung des Bundesrates beigewohnt habe und dort nicht nur eine sehr gute Diskussion in der Frage: Wie gehen wir mit dem drohenden Transit um?, feststellen konnte, sondern auch erleben konnte, wie die gemeinsamen Inter­essen über die Parteiinteressen gestellt wurden. Das war vorbildlich, und ich dachte, wir sind zumindest in dieser Frage auf einem sehr guten Weg in Europa und in Richtung eines größeren, erweiterten Europas, das schon bald Realität wird.

Ich habe selbiges verspürt am vergangenen Montag in Brüssel, bei der Sitzung des COREPER, bei einer Sitzung mit anschließendem Vermittlungsausschuss, wo es unüblich ist, dass ein Fachminister selber kommt. Ich habe es mir aber nicht nehmen


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lassen, dort hinzugehen, um alles Gewicht als Fachminister und als Vertreter der Re­publik Österreich einzubringen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Es herrschte dort dieselbe Stimmung wie hier – ich schaue jetzt bewusst in Richtung der noch hier anwesenden SPÖ-Mandatare und auch der Grünen –, und zwar gab uns dort die Stimmung im kleinen Büro, wo wir uns getroffen haben, eindeutig das Signal: Wir müssen zum Wohle unserer Bevölkerung etwas tun, aber alles, was wir jetzt tun können, müssen wir gemeinsam tun! Das wird wichtig sein, nämlich ein rot-weiß-rotes Auftreten in Brüssel. Das haben wir befolgt, und das hat auch Eindruck gemacht. Sonst wäre es am vergangenen Montag vielleicht nicht gelun­gen, einen vorbereiteten Beschluss, der auch vorgesehen war, zuungunsten Öster­reichs noch einmal abzuwenden.

Auch wenn die Frist bis 25. November kurz ist, auch wenn es schwierig sein wird, eine gute, eine taugliche Lösung noch herbeizuführen, so kann man doch sagen: Das wäre vermutlich nicht gelungen, wäre ich nicht selber dort hingefahren. Vor allem aber wäre die rot-weiß-rote Allianz dort nicht spürbar gewesen, und zwar auch bei den anderen Ländern wie etwa Frankreich, England und Deutschland, die dann spontan gesagt haben: So können wir über die geschlossene österreichische Delegation nicht drüber­fahren! Wir stimmen heute nicht zu! Ich muss sagen: Das war erfreulich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir befinden uns weiterhin im Prozess der Verhandlungen. Das, was auf den Tisch gelegt wurde, war ein Kompromiss – und auch das möchte ich als positiv bewerten –, der sozusagen zwischen den Türen kolportiert wurde und auch durchgesprochen wur­de, wo sich insbesondere die Frau Kommissarin Loyola de Palacio eingesetzt hat, die mir gegenüber gesagt hat: Wo liegt denn die Schmerzgrenze? Sie sind übrigens die Einzigen, die ein Computerprogramm da haben, die auch die Zahlen, die gerade dis­kutiert werden, eingeben können und wo man dann eine Ökobilanz ziehen kann, wo man dann sehen kann, was das umgelegt auf theoretische LKW-Fahrten bedeuten würde!

Da waren wir sehr flott. Da haben uns auch andere gelobt, und auch die Kommissarin hat sich an unser System angehängt und hat gesagt: Wo ist die Schmerzgrenze, wenn wir diesem italienischen Vorschlag folgen, der jetzt im Parlament zur Kenntnis genom­men wurde und gute Chancen hätte, beschlossen zu werden? Wie viel Ökopunkte kön­nen wir dann verteilen?

Meine Damen und Herren! Eines ist klar: Wenn wir liberalisieren, dann müssen wir weniger Ökopunkte vergeben dürfen, sonst macht das keinen Sinn. Sie kennen sicher diese Diskussion!

Auch die Kommissarin hat sich gut eingebracht, und wir sind schon – ich darf das hier sagen – bei 6,5 Millionen Ökopunkten als Basis angelangt. 9,4 Millionen waren es 2002. Das heißt, wir haben schon sehr viel Bewegung in die Diskussion gebracht, und würden wir unter 5 Millionen kommen, wäre wieder eine echte Diskussionsbasis, viel­leicht sogar eine Beschlussbasis da, wäre es möglich, doch noch etwas zu erreichen, bis die Wegekostenrichtlinien auf dem Tisch liegen und in Kraft sind.

Meine Damen und Herren! Ich habe das als ernormen Fortschritt empfunden, und ich gebe deshalb auch in den nächsten Tagen die Hoffnung und den Kampf nicht auf, weil es um vitale Interessen Österreichs und seiner Bevölkerung geht. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Ich appelliere an Sie, das zu unterstützen. Ich sage Ihnen: Der betroffenen Bevöl­kerung in Tirol, in Kärnten, in Salzburg, in Wien oder wo auch immer ist es Wurscht beziehungsweise egal, wer wie viel schuld ist, die hat ein Interesse daran, dass eine


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Lösung gefunden wird, national, aber noch besser europäisch oder international, die sie vor der drohenden Lawine, die sie in Sachen Transit überrollen könnte, schützt.

Das ist das Entscheidende! (Abg. Dr. Puswald: Da kommen Sie jetzt drauf, wo es zu spät ist?) Wenn Sie von da hinten dazwischenrufen, dann muss ich sagen: Das habe ich gar nicht gerne – und ich bin sonst alles andere als aggressiv – von einem Mitglied einer Partei, dessen Vorsitzender vor zehn Jahren den Transitvertrag verhandelt hat und es versäumt hat, eine Nachfolgeregelung hineinzureklamieren. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Also kehren wir zur Sache zurück, das wird der Bevölkerung mehr dienen! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, diese Zwischenrufe können Sie dann später machen, zuerst sollten wir eine Lösung suchen. Aber diese Lösung sollten wir gemeinsam anstreben und gemeinsam erkämpfen. Ich appelliere an Sie, das zu tun! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eines sei auch gesagt: Alle Möglichkeiten, die in Ihrem Dringlichen Antrag aufgezeigt sind, sind sehr wohl zu überlegen. Erstens ist das rechtlich zu prüfen. Das tun wir, das haben wir auch versprochen. Bei der Landeshauptleutekonferenz und auch im Bun­desrat haben wir darüber diskutiert. Es war in den Medien nachzulesen. Sie kennen die Möglichkeiten.

Wir werden rechtlich die Frage prüfen: Wie hält das gegenüber der EU, aber vor allem, welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen? Es ist leicht zu sagen, Frau Abge­ordnete Lichtenberger: Wir wollen ein Nachtfahrverbot in ganz Österreich! Reden Sie bitte aber auch einmal mit der österreichischen Wirtschaft! Man muss da einen Mittel­weg finden. Überlegen Sie auch, was das für Auswirkungen hat! Es ist die Frage zu prüfen: Fahren dann am Tag mehr LKW, und um wie viel LKW fahren dann mehr? Was bedeutet das für die Umwelt, aber auch für die Sicherheit? Was bewirkt man damit? Also Schnellschüsse sind in einer solch sensiblen Frage sicherlich nicht gut. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich war ein bisschen überrascht, als vor gut einer Woche, und zwar am 4. November, der Vorsitzende der Sozialdemokraten Alfred Gusenbauer gesagt hat: Ja wenn es sein soll, dann würde ich auch in Europa, in der EU unter meinen europäischen Partei­freunden lobbyieren!

Entschuldigung, aber ich bin eigentlich schon davon ausgegangen, dass er das schon monatelang tut – so wie das ich auch getan habe und so wie das ÖVP-Abgeordnete auch getan haben und wie das Europa-Abgeordneter Swoboda in Brüssel auch getan hat. Von einem Vorsitzenden einer großen Partei und Stellvertretenden Vizepräsi­den­ten der Sozialistischen Internationale hätte ich schon erwartet, dass er das schon längst tut. Da kann ich nur sagen: Guten Morgen, Herr Gusenbauer! Etwas Besseres fällt mir da nicht ein. Leider ist das so, aber sei’s drum. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es war ja auch wieder typisch, dass er, wie ich es vorhin gehört habe, zu einem an­deren Thema die Kurve gut gekratzt hat, nämlich zu den ÖBB, einem Thema, das mit dem Transit zusammenhängt.

Meine Damen und Herren! Ich habe es gestern schon gesagt: Der Generalverkehrs­plan ist aufgestellt. Zwei Drittel der Investitionen sollen in den Schienenausbau fließen, ein Drittel in den Ausbau der Straßeninfrastruktur. Das ist ein gutes Verhältnis. Die Investitionen für den Bereich Schiene werden optimal vorbereitet. Heute hat es wieder Gespräche mit dem Landeshauptmann von Tirol Van Staa gegeben, in welchen es


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darum ging, möglichst rasch einen Baubeginn für den Brenner-Basistunnel – um nur ein Beispiel zu nennen – herbeizuführen.

Wir haben dort eine erhöhte Kofinanzierung von bis zu 30 Prozent zugesagt, 50 Pro­zent der Planungskosten. Wir haben den Anteil von Tirol und der Republik Österreich heute besprochen und eigentlich beschlossen. Das muss nur mehr in eine schriftliche Vereinbarung gegossen werden. Wir sind aktiv dabei. Machen Sie in diesen Fragen mit! Das ist mein Appell an Sie.

Sagen Sie nicht, was die ÖBB-Reform betrifft – das möchte ich abschließend aus­drücklich betonen –, kein Mensch halte sie für gut, außer jenen, die sie entworfen haben, die sie auf den Tisch gelegt haben. Es sei hier deutlich gesagt: Es haben Ex­per­ten, Fachleute wie Mazal, Bruckner, Platzer und Moser daran mitgearbeitet, und zwar sowohl was die Wirtschaftlichkeit als auch was die Verfassungskonformität be­trifft, aber auch Mayer, Berka und weitere mehr.

Es ist so, dass diese Gesetze mehrfach geprüft wurden und als plausibel, was die Wirtschaftlichkeit betrifft, und als verfassungskonform, was die rechtliche Seite betrifft, bewertet wurden. Es ist so, dass das ÖBB-Gesetz, wie es im Ministerrat beschlossen wurde, ein gutes Gesetz ist.

Nur noch drei Sätze, Herr Präsident, weil hier gesagt wurde, ich wäre jetzt bereit, in die Privatisierung hineinzugehen. Das, meine lieben Damen und Herren von der Oppo­sition, kann ich so nicht im Raum stehen lassen.

Jeder, der gestern das Interview in der „ZiB 2“ gesehen hat und es nicht böse meint, sondern dem es um die Sache geht, wird den Satz, den ich dort gesagt habe, richtig interpretieren und zur Gänze wiederholen. Richtig ist: Daran denkt die Regierung im Moment nicht! Das ist keine Absicht der Regierung, aber garantieren kann man in der Politik wenig. Was weiß ich, was eventuell andere Regierungen in zehn Jahren denken. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) An Privatisierung ist nicht ge­dacht, sondern an Erneuerung und Dynamisierung der ÖBB ist gedacht. Lassen Sie sich das heute klipp und klar gesagt sein: Es ist so, wie ich es gesagt habe, und nicht anders! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Warum haben Sie es dann gesagt? – Vizekanzler Gorbach: Schau einmal, was gesagt wurde! Du hast offensichtlich nicht den ganzen Satz gehört!)

16.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser zu Wort. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.32

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Regierungsmitglieder auf der Regierungsbank! Mei­ne Damen und Herren! Herr Minister, persönlich kann ich Ihnen durchaus Vertrauen schenken, was Ihren Einsatz bei diesem verlorenen Spiel auf europäischer Ebene an­langt. Auf europäischer Ebene werden Sie sich sicher bemühen. Keine Frage! Da neh­me ich Ihnen ab, dass es Ihnen um die vitalen Interessen der österreichischen Bevöl­kerung geht.

Aber Ihre Glaubwürdigkeit, Herr Minister, hat ja hier in Österreich die Nagelprobe zu be­ste­hen. Darauf kommt es an! Deshalb ersuche ich Sie, Herr Minister: Bitte bewerten Sie wirklich unsere konkreten Vorschläge! Bewerten Sie genau, was wir heute an nationalen Maßnahmen auf den Tisch gelegt haben! Sie sagen es ja auch: Es stehen wirklich ganz vitale österreichische Interessen auf dem Spiel!

Es steht auf dem Spiel die Gesundheit der Kinder in Tirol. Es steht auf dem Spiel das Leben von Asthmatikern. Herr Minister, ja, es sind vitale Interessen, und daher machen


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Sie endlich etwas, damit auf nationaler Ebene eine Einschränkung des Lkw-Verkehrs erfolgen kann! Dann sind nicht nur Sie persönlich glaubwürdig, sondern dann ist auch die österreichische Politik glaubwürdig.

Das war ja das Problem in den vergangenen Jahren, seit es den Transitvertrag gibt. Uns ist auf EU-Ebene politisch nichts gelungen, weil man hier ständig mit zweierlei Maß vorgegangen ist, weil man ständig die nationalen Frächter ausgenommen hat und auf EU-Ebene die Mauten erhöht hat. Das war ja unglaubwürdig! Das kann ja der EuGH mit einem Federstrich innerhalb von 14 Tagen sofort beseitigen. Das war ja das Grundproblem!

Herr Minister, Sie werden glaubwürdig und auch die österreichische Politik auf euro­päischer Ebene wird wieder glaubwürdig, wenn wir bei uns selber anfangen!

Wie oft habe ich in diesem Hohen Haus schon gehört, man müsse vor der eigenen Türe kehren. Ja warum machen wir das nicht? (Abg. Dr. Trinkl: Da können Sie anfan­gen!) Warum nehmen wir das nicht ernst, was wir von anderen verlangen? Warum schließen Sie sich unserem Dringlichen Antrag nicht an, wo wir im Bundesrat eine Vorleistung erbracht haben?

Im Bundesrat haben wir sehr wohl den Konsens gesucht und haben gesagt: Das ist die Ausgangsbasis, das ist ein Minimalkompromiss! Ich zitiere wörtlich: ein Minimal­kom­promiss! Für uns war es klar, dass dieser Minimalkompromiss die notwendige Vorleis­tung für einen nächsten konkreten nationalen Maßnahmenkatalog ist. Den kann be­kann­ter­weise, Herr Minister, Herr Bundeskanzler, nur der Nationalrat beschließen. Da kann nicht der Bundesrat legistisch vorarbeiten. (Abg. Großruck: Da ist aber ein Dring­licher Antrag ein schlechtes Mittel!)

Nein, die Verhältnisse sind schon so richtig, wie sie sind: Das Parlament, der National­rat, beschließt, und der Bundesrat vollzieht. Zudem ist es notwendig, jetzt auch kon­krete nationale Maßnahmen zu setzen. Sie sind wirklich äußerst dringend notwendig, und deswegen bin ich ja dem Herrn Kollegen Wittauer dankbar, dass er uns mit wirklich sehr drastischen Zahlen die Belastungssituation noch einmal vor Augen ge­führt hat. Deshalb wundere ich mich, weshalb Sie sich, obwohl es wirklich gesund­heitlich um die AnrainerInnen sehr schlecht bestellt ist und obwohl es auch vom Ge­fährdungspotential durch Verkehrsunfälle für jeden von uns, der sich auf der Autobahn oder auf der Straße bewegt, sehr bedrohlich bestellt ist, angesichts dieses Bedro­hungs­potentials nicht endlich überwinden und die einzelnen konkreten Schritte unter­nehmen, die da sind: Einschränkung des LKW-Verkehrs, verstärkte Kontrollen, ver­stärk­te nationale Verkehrsmaßnahmen dahin gehend, dass weniger und effizienter ge­fahren wird, denn das ist auch im Sinne der Wirtschaft. Das wird meine Kollegin noch näher ausführen.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass wir gerade bei den Kontrollstellen, bei diesen national sehr wichtigen Maßnahmen, die all diesen Gesichtspunkten dienen und die, Herr Minister, vor allem vitale Interessen der Bevölkerung berühren, völlig hinten nach­hinken. Derzeit gibt es zwei Kontrollstellen, die funktionieren: eine in Tirol und eine in Oberösterreich. Wie lange hat es gedauert, bis die etabliert waren? Fünf Jahre! Doch was haben wir jetzt? In 50 Tagen läuft der Transitvertrag aus, und in fünf Jahren gibt es vielleicht verstärkte Kontrollstellen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Herr Kollege Großruck! Von Grieskirchen ist die Innviertler Autobahn doch nicht weit weg, da ist sie doch ganz nahe! Das ist Ihr vitales Interesse als Bürgermeister. Sie soll­ten wirklich dafür eintreten, dass verschärfte Kontrollen endlich einmal Platz greifen!

Aber Sie wissen genau, dass die Kontrollstelle Kematen nur in eine Fahrtrichtung wirkt. Ich betone: Nur in einer Fahrtrichtung! In Kundl ist das genauso. Wir bräuchten an sich


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Kontrollstellen, die beide Fahrtrichtungen umfassen. 20, 30 sollten es sein! Dafür ist aber derzeit nichts budgetiert. Wie wollen Sie denn das umsetzen? Deshalb müssen Sie unserem Dringlichen Antrag unbedingt zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Noch eine Bitte, Herr Kollege Großruck: Schließen Sie sich doch Ihrem Landes­haupt­mann an! Ihr Landeshauptmann Pühringer ist wirklich, zumindest in der Absichts­er­klärung, vorbildlich, denn er hat eindeutig festgestellt: Wir müssen jetzt inneröster­reichi­­sche Maßnahmen ergreifen, und zwar auch eine Verdichtung der Kontrollen ist sehr wirksam! – Das sagte Pühringer, Ihr Parteivorsitzender in Oberösterreich. Dem sollten Sie auch in Ihrer Sachpolitik auf Bundesebene endlich Folge leisten. (Abg. Großruck: Ihr Koalitionspartner!) Ja, selbstverständlich! Gott sei Dank haben wir ihn dazu überreden können, sinnvolle verkehrspolitische Maßnahmen zu ergreifen und vor­anzutreiben.

Es kam von einem meiner Vorredner – ich glaube, es war Herr Kollege Regler – das Argument, dass die Generalverkehrspläne durchaus ein Silberstreif am Horizont seien. Darf ich Ihnen in diesem Zusammenhang ein kleines zahlenmäßiges Detail nahe bringen, und zwar wieder aus dem Land Oberösterreich, weil es verstärkt im Faden­kreuz des Transits ist: West–Ost, Nord–Süd, Linz, Linzer Zentralraum.

Wie schaut es da aus? – Linz-Staatsgrenze, Summerauer Strecke, Summerauer Bahn beziehungsweise auf der anderen Seite S 10-Planung, Linz-Westspange: Kosten der Straße: budgetiert waren 575 Millionen €, und derzeit haben wir Kostensteigerungen auf 1,018 Milliarden €. Kosten der Bahn laut Generalverkehrsplan: 138 Millionen €.

Was ist finanziell gesichert? – Ansatzweise die ASFINAG-Regelung über die Bemau­tung, und zwar mit über einer Milliarde. Aber was ist von dem, was effizienter und billiger, umweltverträglicher, gesundheitspolitisch sinnvoll, verkehrspolitisch effizient und so weiter ist, nämlich der Bahnkorridor mit 138 Millionen €, im Paket vorhanden? Nichts! Nichts budgetiert! Ich kann Ihnen gerne die Unterlage darüber geben.

Es ist verheerend! Schauen wir uns einmal die Relation an! Verhältnis Straße zu Schie­ne: 80 Prozent Straße, 20 Prozent Schiene. Verhältnis laut Kostenabschätzung: 88 Prozent Straße zu 12 Prozent Schiene. Verhältnis bei Einbeziehung der Finanzie­rungs­situation: 100 Prozent Straße zu null Prozent Schiene. – Das ist unser Problem, Herr Minister! Genau daran wird Ihre Glaubwürdigkeit gemessen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Als Schlusssatz vor diesem Problemhorizont und vor dem drohenden Transithorizont möchte ich sagen, dass bereits am 1. Jänner 2004 (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Am 1. Mai 2004!) auch die bilateralen Kontingente (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni) – Herr Kollege Mainoni, Salzburg; denken Sie auch an den West-Ost-Transit! – fallen werden.

Angesichts dieser Tatsache ist es dringendst notwendig, all diesen detaillierten Punk­ten heute und jetzt zuzustimmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Winkler: Das ist 1. Mai 2004!)

16.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. 5 Minu­ten Redezeit werden wunschgemäß eingestellt. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


16.40

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Herr Präsident! Verehrter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Ich gebe meinen Kolleginnen von der grünen Fraktion Recht: Es war eine triste Aussicht, als die deutsche Bundesregierung, in der die Grünen regierungsbeteiligt sind, gegen die Kommissionsklage Österreichs gestimmt hat. Es war eine triste Aussicht, als die europäischen Abgeordneten der Grünen gegen Österreich gestimmt haben.


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Frau Kollegin Moser, warum sollen nur wir vor unserer Haustür kehren? – Ich bitte Sie darum: Kehren auch Sie vor Ihrer europäischen Haustür! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ich fahre eh mit dem Radl!) Es wäre notwendig, einen gemeinsamen Schulterschluss zu machen. (Beifall bei der ÖVP.) Diesen Schulterschluss, den wir auch im Bundesrat vor einigen Tagen zuwege gebracht haben, sollten wir gemeinsam für die Menschen in diesem Lande machen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Dann helft auch ihr uns einmal!)

Frau Kollegin Lichtenberger! Es ist nicht die Tiroler Position – Sie haben den Dring­lichen Antrag hoch gehalten, auch ich habe ihn hier –, es ist nicht die Tiroler Position, die Sie festhalten. Die Tiroler Position findet die Basis in dem Vier-Parteien-Antrag, der im Bundesrat beschlossen wurde. (Abg. Dr. Lichtenberger: Der verlangt die Ober­gren­ze!) Schauen Sie den Punkt 4 an, im Punkt 4 steht es dezidiert: Engste Kontakt­haltung mit den Bundesländern, mit bestmöglicher Abstimmung in der Vorgangsweise, im Besonderen in den Bundesländern im Alpenkorridor.

Was Tirol betrifft: Wir haben belastete Gebiete, das wissen Sie – im Unterinntal, die Bren­nerstrecke. Für uns ist es keine Tiroler Position, ein generelles Nachtfahrverbot drüberzustülpen. Die Tiroler Position ist, dass man in diesen belasteten Gebieten ent­spre­chende Maßnahmen zur Entlastung schafft. Teile davon wurden bereits durch­gesetzt. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist Ihre Position in diesem Dringlichen Antrag – und es ist überhaupt für mich eigentlich sehr verwunderlich, wie Sie einen Vier-Parteien-Antrag umwandeln in einen Dringlichen Antrag der Grünen zum Transit –, dass Sie die Einschränkung der Projekte im Generalverkehrsplan wollen. Sie sind eine Tirolerin, Sie wissen daher auch das: Wir haben zwei Tiroler Projekte im Generalverkehrsplan, den Tschirganttunnel und die zweite Röhre in Roppen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.) Das dient zur Er­höhung der Sicherheit, das sind Maßnahmen, damit man Staus und Kolonnenbildung verhindert. Sie wissen als grüne Abgeordnete, dass Stau und Kolonne zehnfache Belastung für Mensch und Umwelt bedeuten. (Beifall bei der ÖVP.) Sie widersprechen sich, wenn Sie solche Projekte ablehnen. Sie widersprechen sich deswegen, weil es Umweltprojekte sind und weil sie der Entlastung der Menschen und unserer Umwelt dienen.

Es darf nicht heißen „entweder Straßenausbau oder Bahninfrastruktur“, sondern wir brauchen Sowohl-als-auch. Die Tiroler Position ist, dass wir es als langfristiges Ziel sehen – und es muss auf der Nord-Süd-Achse massiv daran gearbeitet werden –, dass der Weiterbau und die Fertigstellung der Unterinntaltrasse forciert wird, die als Zubrin­gerstrecke für den Brenner-Basistunnel gilt. Dafür sind alle notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Das ist unsere Position, und hier gibt es große Unterstützung seitens des Bundeskanzlers, seitens der Bundesregierung für die Tirolerinnen und Tiroler. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass diese Voraussetzung, der Ausbau dieser Infrastruktur in der Unterinntaltrasse, für den Brenner-Basistunnel wichtig ist, um einen Großteil des Güterverkehrs auf die Schiene zu bringen.

Es ist auch notwendig, dass wir für unsere Wirtschaft eine moderne Bahn, eine gute Logistik vorgeben. „Just in time“ muss für die Wirtschaft möglich sein, ich glaube, da dürfen wir uns nicht verschließen. Gleichzeitig werden diese Projekte – das ist wich­tig – eine Entlastung vom Schwerverkehr bringen, es kommt zu einer Luftverbesse­rung, und damit sind es Gesundheitsmaßnahmen.

Ich appelliere noch einmal an alle: Gehen wir es in dieser Geschlossenheit – mit einem Schulterschluss, wie es dem Beschluss des Bundesrates entspricht – gemeinsam an, dass wir vor allem den Menschen in den betroffenen Regionen, in den betroffenen Alpenregionen die Entlastung geben, die sie brauchen! Tun wir es alle gemeinsam!


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Und noch einmal meine Bitte: Bringen Sie sich ein bei den grünen Freunden in Deutschland und Italien, dass wir Verbündete finden zum Wohle der Menschen in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Die sind eh für Österreich, nur ...!)

16.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. 6 Minu­ten Redezeit. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.45

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte auf die Tiroler Position eingehen. Die Tiroler Position ist der Schutz der Bevöl­ke­rung vor Lärm und vor Emissionen, wie sie der Transit hervorruft. Da sind wir wirklich aufgerufen, in einem gemeinsamen Schulterschluss alles dagegen zu tun, sodass auch in weiterer Zukunft diese Beeinträchtigung der Tiroler Bevölkerung verhindert werden kann.

Was haben wir heute gehört? – Salbungsvolle Worte vom Herrn Bundeskanzler, aber es fehlen Taten! Wenn man sich die Vergangenheit anschaut: Es haben wir Sozial­demo­kraten und die Grünen im Hohen Haus und im Verkehrsausschuss ständig darauf aufmerksam gemacht, was die Mängel in der Vergangenheit waren und was Fors­tinger, Schmid und Reichhold bis hin zu Gorbach, was alle vier Verkehrsminister ver­säumt haben. (Abg. Scheibner: Streicher, Einem!)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass bisher Minister Gorbach derjenige war, der sich am glaubwürdigsten für die Interessen der Bevölkerung und gegen den Transit­verkehr eingesetzt hat. Aber trotzdem muss man schauen, was passiert ist. Wir haben keine Allianzen in Europa, und dafür sind auch die Regierungsverantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen. Wie hat gestern Frau Außenministerin Ferrero-Waldner hier gesagt? – Wer keine Allianzen in Europa sucht, der kommt zu spät.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie sind zu spät! Sie haben das Suchen von Allianzen seit Regierungsantritt der schwarz-blauen Regierung versäumt, ja Sie haben sogar Partner in Europa verärgert. Da braucht man sich nicht zu wundern, dass wir jetzt vor der Situation stehen, dass am 31. Dezember der Transitvertrag ausläuft und wir ab 1. Jänner 2004 keine Nachfolgeregelung haben!

Meine Damen und Herren! Wie ist die Stimmung in der Tiroler Bevölkerung? – Die Tiroler Bevölkerung ist enttäuscht, sie fühlt sich ausgeliefert und im Stich gelassen. Dafür, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, sind Sie verantwortlich, we­sentlich mitverantwortlich! Wenn wir heute von einem Schulterschluss sprechen, dann sprechen wir bitte auch von einem Schulterschluss innerstaatlicher Maßnahmen. Diese innerstaatlichen Maßnahmen werden von diesem Dringlichen Antrag der Grünen gefordert, und wir Sozialdemokraten möchten uns diesem vollinhaltlich anschließen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat auch von der Freiheit des Verkehrs gesprochen. Dem setze ich entgegen, dass es auch Verträge gibt. Herr Bundesminister, Sie kennen das Schreiben des Transitforums Austria an Sie, worin Antworten eingefordert werden, zum Beispiel: Was werden Sie daransetzen, dass es endlich zur dauerhaften und nach­haltigen Reduktion der NOX-Emissionen um minus 60 Prozent, wie im Artikel 11 des Protokolls Nr. 9 der Beitrittsakte vereinbart, kommt? – Jetzt ist es so, dass die NOX-Emissionen steigen und nicht sinken. Dieser Vertrag wurde von der EU, so wie er vereinbart wurde, auch gebrochen!

Ebenfalls im Protokoll Nr. 9 steht seit 1. Jänner 1995, dass damit auch die mengen­mäßige Begrenzung der LKW-Transitfahrten im Primärrecht abgesichert ist. Das ist


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auch aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Sache Ökopunkte-Klage vom 11. September 2003 zu entnehmen und daher zur Vertragserfüllung unverzicht­bar. Dieses „unverzichtbar“ wollen wir von österreichischer Seite aus auch durchge­setzt sehen! Die österreichische Bevölkerung hat es sich verdient, nicht weiter von der EU und von der Transit-Lobby überfahren zu werden.

Zu unseren Forderungen für die Zukunft, für einen Schulterschluss mit innerstaatlichen Maßnahmen, gehört auch die weitere Verlängerung des Transitvertrages, bis dieses Minus bei den Stickoxiden von 60 Prozent erreicht worden ist. Wir brauchen eine höhere LKW-Maut, ähnlich oder genauso wie in der Schweiz. Die Transitvertrags­regelung muss wie bisher für ganz Österreich gelten, auch die Mittel für den EU-Brenner-Basistunnel und für grenzüberschreitende Tunnelprojekte müssen eingefor­dert werden. Der Brenner-Basistunnel muss spätestens im Jahr 2015 fertig sein.

Letztendlich ist es wichtig, endlich das Projekt „Straße auf die Schiene“ umzusetzen. Es darf keine Zerschlagung der ÖBB geben! Gerade jetzt, angesichts der Osterwei­terung und der damit verbundenen Transporte, ist eine starke und umweltfreundliche Bahn unverzichtbar.

Ein äußerst wichtiger Punkt ist schließlich die Kontrollmöglichkeit. Wir brauchen mehr Kontrollen, und die SPÖ hat dazu einen eigenen Antrag eingebracht, das Bundesamt für Güterverkehr mit umfassenden und stärkeren Kompetenzen auszustatten. Eine unzu­reichende Kontrolle wie derzeit ist nicht mehr hinzunehmen. Ich fordere Sie auf, auch diese Punkte in Ihre Überlegungen mit einzubeziehen und umzusetzen. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wattaul ans Rednerpult. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.51

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das Wort „Glaubwürdigkeit“ ist heute oft gefallen. Glaubwürdigkeit setzt aber auch voraus, dass man weiß, wovon man redet, und dass man sich, auf Deutsch gesagt, auskennt. Frau Lichtenberger, bei Ihnen weiß ich, dass Sie sich auskennen. Sie sprechen absichtlich die Unwahrheit oder machen ein Spiel aus der ganzen Tran­sit-Problematik, weil Sie ganz genau wissen, dass der Antrag, den Sie heute hier gestellt haben, mit EU-Recht nicht konform geht. Ich werde auch versuchen, das jetzt sachlich zu erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Wo denn ...?)

Es hat ein Protokoll gegeben, das Protokoll 9 – das haben wir heute schon gehört –, und darin sind zwei wesentliche Ziele enthalten: die Schadstoffreduktion und die Verla­gerung von der Straße auf die Bahn. Schadstoffreduktion beim LKW bedeutet in Wirk­lichkeit, dass die Wirtschaft riesengroße Kosten auf sich genommen hat und ganze LKW-Flotten mit Euro-3- und Euro-2-Motoren umgerüstet hat. Das ist eine Vorleistung der Wirtschaft gewesen. Die Wirtschaft war zu schnell, deshalb hat die Wirtschaft zu wenige Ökopunkte verbraucht, und so ist es dazu gekommen, dass wir die 108-Prozent-Grenze überschritten haben. Das ist die Wahrheit! (Abg. Dr. Lichtenberger: Wenn sie zu wenig verbraucht hat, ist das unlogisch, Herr Kollege!) Sie wissen das ganz genau: Wenn Sie eine Begrenzung haben und es nur ein gewisses Kontingent an Punkten gibt, dann ergibt sich das automatisch, wenn die Höchstzahlen der LKW überschritten werden – weil die Wirtschaft zu schnell war.

Zu dem Vertrag über die Verlagerung auf die Bahn: Das ist teilweise erreicht worden. Aber Sie wissen genauso wie ich, dass Italien und Deutschland bei diesem Problem


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nicht mitgespielt haben. Es stimmt, dass Österreich diesbezüglich Anstrengungen un­ternommen hat, aber es ist im Transit nun einmal so, dass man auch die anderen Länder dazu braucht, denn sonst wird es nicht funktionieren. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wo war jetzt Ihre Widerlegung?)

Herr Gusenbauer, Vorsitzender der Sozialdemokratie, sagt uns heute: Es kann doch nicht sein, dass die Schweiz höhere Mauten haben darf als wir Österreicher als EU-Mit­glied. – Das ist ganz einfach, und das wissen Sie auch. (Abg. Dr. Lichtenberger: Spielräume, steht drin!) Es gibt eine EU-Kostenrichtlinie, diese besagt: Errichtungs­kosten, Erhaltungskosten und Finanzierungskosten. Max Härri, ein unabhängiges Büro, hat diese Kosten – das sind unsere Mautsätze – jetzt berechnet, das Ganze ist an die EU gegangen und von der EU geprüft worden. Sie wissen genauso wie ich, dass es höher nicht geht, weil es uns die EU sonst zurückschmeißt.

Dazu kann ich Ihnen auch einen Fall nennen. Wir haben die 12-Tonnen-Vignette gehabt, dafür haben wir 12 000 S verlangt. Die EU hat gesagt, das ist regelungswidrig, und wir haben den Preis für diese Vignette auf 9 000 S reduzieren müssen. Das wissen Sie ganz genau, darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. (Abg. Dr. Lich­tenberger: Steht ja nicht drin!) Nur bei der Wahrheit bleiben – wir wollen nur bei der Wahrheit bleiben! (Abg. Dr. Lichtenberger: Das steht ja nicht drin!)

Nachtfahrverbot: Was hat die österreichische Republik unter sozialdemokratischen Verkehrsministern gemacht? – Man hat gesagt: Gute Wirtschaft, kauft euch LKW, die lärmarm sind, dann dürft ihr in der Nacht fahren! Die Wirtschaft ist hergegangen, hat alle LKW umgestellt, hat die LKW lärmarm gemacht – und dann hat man auf einmal gesagt: Jetzt machen wir ein Nachtfahrverbot! Das ist das so genannte Kufsteiner Ur­teil, das hat der Verfassungsgerichtshof aufgehoben. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das hat mit dem nichts zu tun!) Warum? – Weil die Wirtschaft darauf vertrauen kann, wenn sie Investitionen tätigt, sprich die ganze LKW-Flotte umrüstet, dass es nicht so sein kann, dass der Gesetzgeber dann sagt: Ätsch, jetzt darfst du eh nicht fahren! Das wissen Sie ganz genau. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein! Das ganze Urteil lesen!) Natürlich wissen Sie es, ganz klar! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zur ÖBB: Die ÖBB ist so gut, hat Herr Gusenbauer gesagt, die ÖBB ist im Güter­verkehr die Beste in Europa. – Ja, wenn ich heute Statistiken anschaue! Wenn man aber weiß, dass durch Gütertransporte und Personenverkehr nicht einmal die Per­so­nal­kosten hereingebracht werden, dann frage ich Sie: Was ist da los? Sind die Herrschaften doch nicht so gut? – Eines muss man eben auch wissen: Wenn Sie nur ein Zwei-Kilo-Paket in einen Waggon drinnen haben, dann sagt die Statistik: 18 Ton­nen. Deswegen haben wir so viele Tonnen! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ja, das ist Statistik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zu den Kontrollen: Da gebe ich Ihnen Recht, das ist im Sinne der Wirtschaft. Wett­bewerb funktioniert nur dann, wenn es gleiche Voraussetzungen für alle gibt; die Vor­aussetzungen müssen gleich sein, das ist absolut richtig! Eines können Sie natürlich nicht machen, nämlich quasi Schikaniermaßnahmen. Damit werden Sie auch ein Problem kriegen, das wissen wir ja aus Tirol. Frau Lichtenberger, was bedeutet „Stop and go“-Verkehr? Was haben wir denn auf der Brennerautobahn, wenn im Kolonnenverkehr, im Zehn-Kilometer-Kolonnenverkehr gefahren wird, Lastwagen fünf Meter vor, fünf Meter zurück? Wissen Sie, was Sie da haben? – Da haben Sie einen vielfachen Schadstoffausstoß, das wissen Sie wieder ganz genau. Das kann doch nicht der Sinn sein! (Abg. Dr. Lichtenberger: Das gibt es ja nur, wenn der Brenner zugesperrt ist und die Italiener streiken!) Das kann nicht der Sinn sein, wiewohl ich Ihnen Recht gebe: Die Kontrollen müssen verstärkt werden. (Abg. Jakob Auer: Da sieht man wieder den Praktiker!) Ja, so einfach ist die Geschichte.


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Eines möchte ich Ihnen noch sagen: Es stimmt, Tirol hat ein Problem mit dem Verkehr. Aber ich würde mir von Tirol erwarten, dass man nicht glaubt, wenn man um Tausende LKW reduziert, dass dort dann das Luftproblem gelöst wäre. Da muss ich andere Maßnahmen auch noch ergreifen, dann wäre ich auch glaubwürdiger! Da müsste man zum Beispiel sagen: Hausbrand mit „Heizöl extra leicht“ – das ist ein Diesel – werden wir verbieten, und wir werden uns überlegen, welche Industrie wir in Tirol ansiedeln, weil natürlich alles, was Emissionen und Immissionen bewirkt, für diese Kessellage, für diese Topographie problematisch ist. – Sonst ist es unverständlich, und es wird Ihnen in der EU niemand glauben.

Wir wissen, dass wir auf dem Brenner täglich 5 000 LKW in beiden Richtungen haben. Wir haben ein Vielfaches in Wien, wir haben das auf der West Autobahn – was würde die niederösterreichische und die Wiener Bevölkerung dazu sagen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wörthersee-Autobahn!) Das ist ja wirklich ein Wahnsinn! Denn – das möchte ich zum Abschluss auch noch sagen – Transit gibt es nicht nur in Tirol, son­dern in ganz Österreich!

Vielleicht noch eine ganz lustige Geschichte, weil das der letzte Punkt in Ihrem Antrag ist – auch deswegen kann man wirklich nicht zustimmen –: Transitbörse zur Versteige­rung von Durchfahrtsgenehmigungen. Wie stellen Sie sich denn das vor? (Abg. Dr. Lichtenberger: Wie die Schweiz!) Ist es vielleicht Transit, wenn man von Italien nach Deutschland fährt? Wissen Sie, was das ist? – Das ist innereuropäischer Ver­kehr! Sie müssten sich einmal auskennen, was da überhaupt los ist: Das ist schon lan­ge kein Transit mehr! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Lichtenberger.)

16.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl für 5 Minu­ten ans Rednerpult. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.59

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich glaube, für eine ver­nünftige Verkehrslösung treten wir alle ein. Wir alle wollen eine vernünftige Verkehrslö­sung, und damit wäre auch der Grundstein dafür gelegt, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen sollten, der heute offensichtlich durch einen Vorstoß der Grünen verlassen worden ist, nachdem im Bundesrat dieser gemeinsame Weg eigentlich vorgezeichnet war.

Die Basis, auf welcher wir diskutieren, ist sicherlich der Transitvertrag, der ausläuft. Ich wundere mich nur deshalb, dass dieser Transitvertrag momentan tatsächlich von allen so sehr gelobt wird, weil er doch seinerzeit, als er ausverhandelt wurde, doch auch von einigen sehr stark kritisiert wurde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Ich behaupte allerdings, dass dieser Transitvertrag doch auch sehr viele positive Sei­ten aufweist. Die Schadstoffreduktion, insbesondere die Reduktion der NOX-Werte, ist dabei ein wesentlicher Punkt. Mag sein, dass dieser angepeilte Wert einer Reduktion um 60 Prozent nicht erreicht wurde. Ich bin aber überzeugt, dass man an dieser Forderung weiterhin festhalten sollte, damit der angestrebte Wert erreicht werden kann. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es ist aber durchaus auch zu einer Modernisierung der Fahrzeugflotte gekommen, und der Transitvertrag hat auch dazu geführt, dass nicht nur all diejenigen, die zum Transit­verkehr beitragen, mit moderneren Lkw unterwegs sind, sondern dass heute auch innerhalb Österreichs modernere Lkw im Einsatz sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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In einzelnen kleineren Gewerbebetrieben mag man sich da und dort vermutlich auch den Kopf zerbrochen haben. Wir wollen nicht einer Frächterlobby huldigen, wenn wir auch für angenehme Bedingungen für die Wirtschaft eintreten, sondern wir müssen bedenken, dass auch Klein- und Mittelbetriebe eigene Lkw haben, mit denen sie nicht eine Million Kilometer im Jahr fahren, sondern wesentlich weniger, und genau diese Betriebe müssen wir natürlich auch in Schutz nehmen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn man feststellt, dass dieser eigentlich gute Transitvertrag jetzt im Auslaufen ist, dann muss man auch dazu sagen, dass es der damalige politisch Verantwortliche Vik­tor Klima offensichtlich seinerzeit nicht geschafft hat, eine Verlängerungsregelung bereits im Vertrag zu verankern. Jetzt sind wir dabei, dafür zu sorgen, dass ein ver­nünftiger Übergang geschaffen wird und in der Folge eine gute Wegekostenrichtlinie zustande kommt.

Ich bedanke mich beim Vizekanzler und auch bei Bundeskanzler Schüssel, und ich nenne auch unseren Landeshauptmann Schausberger, der sich massiv und ständig dafür einsetzt, dass wir eine gute Richtlinie bekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

Ich nenne Landeshauptmann Schausberger auch deshalb, weil er sich in mehreren Ge­sprächen auch mit der zuständigen Kommissarin de Palacio zusammengesetzt und die diversen diesbezüglichen Sorgen und Nöte tatsächlich an den Mann beziehungs­weise an die Frau gebracht hat.

Wenn wir in die Zukunft schauen, dann sehen wir selbstverständlich die Interessen der Menschen in diesem Lande, die zu vertreten sind. Wir haben die Interessen der Anrainer, aber auch die Interessen der Umwelt zu vertreten. Wir haben außerdem aber auch die Auswirkungen auf die Wirtschaft zu beachten. Wir alle wollen den Lebens­raum lebenswert erhalten. Ein vernünftiger Lebensraum muss aber auch ein vernünf­tiger Wirtschaftsraum sein, und wir brauchen eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Wenn ich in diesem Zusammenhang die Situation im Lungau betrachte, wo ich persönlich lebe, und Frau Glawischnig sagen höre, dass eine höhere Maut eigentlich das Allheil­mittel ist, dann sage ich: Teile der Bevölkerung haben auch das Pech, zwischen zwei Tunnels ansässig zu sein und ohne Autobahn überhaupt keine Möglichkeit der Anbin­dung an die Wirtschaft zu haben. In Anbetracht dessen müssen wir wohl auch nach anderen Lösungen suchen und dürfen nicht nur die Maut erhöhen! (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Allein die Umstellung des Mautsystems auf das neue System bedeutete für den Lun­gau eine Mehrbelastung um eine halbe Million beziehungsweise inklusive Road Pricing um eine Million €, und eine zusätzliche Mehrbelastung ist der Bevölkerung durch­aus nicht mehr zuzumuten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir brauchen für unseren Bezirk auch die zweiten Tunnelröhren und dazu die ent­sprechenden Begleitmaßnahmen für die Anrainer.

Es gäbe natürlich eine generelle Möglichkeit, die Situation insgesamt zu verbessern, nämlich die Verlagerung auf die Schiene. Dafür ist es aber notwendig, dass wir die Bahn, die wir haben, reformieren und verbessern. Ich sehe überhaupt nicht ein, dass dagegen gestreikt und demonstriert wird, denn wir sehen, dass wir mit dieser Bahn nicht konkurrenzfähig sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Abschließend möchte ich noch einmal erwähnen, dass wir unsere Bürger nicht im Stich lassen werden. Der Vizekanzler, Bundeskanzler Schüssel, aber auch Landeshaupt­mann Schausberger zeigen vollen Einsatz für eine gute Lösung im Sinne unserer Be-


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völ­kerung, und auch wir, die Abgeordneten aus Salzburg, werden dafür kämpfen, dass die Menschen in unserem Bundesland auch in Zukunft gute Bedingungen betreffend Verkehr und Wirtschaft sowie insgesamt gute Lebensbedingungen vorfinden werden. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. Die freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

 


17.06

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Frage der Problematik des Transits stellt sich nicht nur in den sensiblen Alpenregionen. Die Ostregionen – übrigens die am dichtesten besiedelte Region Österreichs – leiden ebenso unter starken Verkehrsströmen. Durch die EU‑Er­weiterung wird uns ein weiterer Anstieg des Verkehrsaufkommens ins Haus stehen, besonders durch Ost-Lkw mit sehr schlechten Abgasnormen.

In Summe ist bis zum Jahr 2015 ein Anstieg des Güterverkehrs von bis zu 70 Prozent zu erwarten. Das heißt, es ist wirklich mehr als höchste Eisenbahn, dass wir etwas tun! So ist zum Beispiel die A 23, die Südosttangente, mit über 210 000 Kfz in 24 Stunden die am stärksten belastete Straße Österreichs und dementsprechend natürlich auch anfällig für Staus, was sowohl eine Belastung für die Menschen als auch für die Umwelt bedeutet.

Aktuelle Konjunktur- und Beschäftigungsprognosen verlangen wirtschaftliche, infra­struk­tu­relle und beschäftigungspolitische Sofortmaßnahmen, damit Österreich bei der EU-Osterweiterung nicht um die Vorreiterrolle gebracht wird. Die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Wien und damit auch der kompletten Vienna Region hat unmittelbare Auswirkungen auf den gesamten Wirtschaftsstandort Österreich.

Ich möchte jetzt trotz der Kürze meiner Redezeit drei für mich sehr wichtige Infra­strukturprojekte erwähnen, die zumindest ein bisschen dabei helfen könnten, das Transitproblem in der Ostregion Österreichs einzudämmen.

Ein Projekt betrifft den Bahnhof Wien – Europa Mitte, und dieses ist nicht nur für Wien selbst von großer Bedeutung. Dieser Bahnhof könnte bis Ende des Jahrzehnts realisiert sein und so etwas wie das Interface der transeuropäischen Verbindungen werden und die gesamte Ostregion erschließen. Wien soll ein attraktiver Durchgangs- und Umsteigeknoten im Personenverkehr und ein intermodaler Güterverkehrsknoten mit einem Logistikcluster werden. Im Übrigen ist der Ausbau dieses Bahnhofs Wien auch für den Bezirk Favoriten von sehr großer Bedeutung.

Aber auch eine Umfahrung von Wien wird notwendig sein, und ebenso sind natürlich auch alle kleineren Städte bemüht, den motorisierten Individualverkehr außen herum zu leiten. Insbesondere ist es aber natürlich notwendig, für den Ballungsraum Wien eine Problemlösung zu finden. – Es ist ganz klar, dass der Nationalpark Lobau eine aus­gesprochen sensible Zone ist und man dementsprechend sensible, umweltbe­wusste und -verträgliche Antworten auf die Frage, wie man die Nordostumfahrung Wiens am besten bewerkstelligen kann, geben müssen wird. Es gab eine strategische Umweltprüfung zu dieser Frage, die uns einige mögliche Wege und Problemlösungen aufgezeigt hat. Ich denke mir, dass es uns darum gehen muss, die besten Wege auszuwählen und so schnell wie möglich zu realisieren.

Ich möchte noch einen dritten Punkt ansprechen, nämlich den Semmering Basistunnel, der, wie ich meine, nach wie vor eine verkehrstechnisch sehr sinnvolle Lösung für die Ostregion Österreichs und natürlich auch dazu angetan wäre, den öffentlichen Verkehr weiter zu attraktivieren. Ich würde es sehr gut finden, wenn es einen neuen Anrand in


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Sachen Semmering Basistunnel gäbe, wenn einige Leute über ihren Schatten springen und damit dazu beitragen würden, dass wir nicht buchstäblich quasi auf dem euro­päischen Abstellgleis landen.

Voraussetzung sowohl für die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs sowie für die Sinnhaftigkeit des Baus des Bahnhofs Wien und auch des Semmering Basistunnels sind natürlich intakte, leistungsfähige ÖBB, die nicht durch Filetierung in die Selbstzer­störung getrieben werden.

Lobbying für Österreich bei der EU ist nicht nur in der Frage des Ökopunkteersatzes ganz dringend notwendig und gefragt, wobei es uns die EU in der Tat schuldig ist, dass wir da gemeinsam Lösungen finden. Das war immerhin Teil unseres Beitrittsvertrages. Es sind aber auch andere dringend von der EU zu fördernde Infrastrukturprojekte der transeuropäischen Netze gut und wichtig und würden Österreich auf jeden Fall helfen, die grenzüberschreitenden Herausforderungen im Bereich des Verkehrs gut zu be­wältigen. Ich meine, dass ein 30-prozentiger Zuschuss von EU-Mitteln bei diesen Infra­strukturprojekten eine wirkliche Offensive für den österreichischen Verkehr bedeuten wird, mit welcher auch dringend notwendige beschäftigungspolitische Effekte erzielt wer­den könnten. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Die 30 Prozent bekommen wir für die T‑Netze, aber das werden Sie nicht wissen!)

17.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Ihre freiwillige Redezeitbeschränkung beträgt gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

 


17.10

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Eine meiner Vorrednerinnen – ich glaube, es war Frau Abgeordnete Lichten­ber­ger – hat gemeint, dass die Lösung der Transitproblematik die Nagelprobe für Minis­ter Gorbach ist.

Frau Abgeordnete, das ist doch ganz einfach lächerlich! Schauen wir doch einmal, wie es zu einer Situation wie dieser, vor der wir jetzt stehen, gekommen ist! (Zwischenruf des Abg. Gaál.) Es waren sozialistische Minister, die diesen Transitvertrag ausgehan­delt haben, und zwar noch bevor wir Mitglied der EU waren. (Beifall bei den Freiheit­lichen. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kummerer.) Streicher und Klima haben damals den Transitvertrag ausgehandelt, ohne darauf zu achten, welche Nachfolgere­ge­lung es geben wird. (Zwischenruf des Abg. Reheis.) Sie haben sich keine Gedanken darüber gemacht, was sein wird, wenn der Transitvertrag, der damals abgeschlossen wurde, ausläuft.

Wir hätten damals genauso agieren können wie die Schweiz heute: Wir hätten sagen können, dass wir Maut in einer bestimmten Höhe haben, dass wir nur Lkw unter 28 Tonnen zulassen, oder was auch immer! Wir hätten die Bedingungen diktieren können! Was aber hat Herr Minister Streicher getan? – Er hat den Vertrag ohne Wenn und Aber abgeschlossen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Deshalb haben Sie überhaupt keine Veranlassung, an irgendjemandem hier die Nagel­probe durchzuführen, meine sehr geehrte Damen und Herren!

Wie schlecht nicht nur die Verhandlungen, die Herr Minister Streicher seinerzeit geführt hat, waren, sondern auch wie falsch seine Einschätzung war, sieht man daran, dass er davon ausgegangen ist, dass bis Ende der neunziger Jahre der Verkehr halbiert werden wird, weil alles auf die Schiene übertragen wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Das war eine völlig falsche Einschätzung! Das Gegenteil war der Fall! Es hat sich erwiesen, dass der Verkehr gigantisch gestiegen ist! Außerdem hat er auch


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nichts getan, um den Verkehr auf die Schiene zu bringen. (Beifall bei den Frei­heit­lichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Herr Abgeordneter Puswald! Ich sehe schon, dass Ihnen und der SPÖ all das unan­ge­nehm ist! Aber seht doch endlich einmal ein, wo eigentlich die Ursachen für die Misere liegen, in der wir uns jetzt befinden! (Abg. Dr. Puswald: Vier Minister von Ihnen haben versagt!)

Wir sind dann, wiederum ohne Wenn und Aber, der EU mit dem Transitvertrag bei­ge­treten. Wir hätten damals noch sagen können: Nein, Herrschaften, wir wollen zwar zur EU kommen, aber wir wollen den Transitvertrag modifizieren! Wir wollen höhere Gren­zen einziehen oder was auch immer! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kum­me­rer. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist versäumt worden! Packen Sie sich bei der Nase, anstatt Zwischenrufe zu machen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Reheis hat heute hier gesagt: Die Bundesregierung hat keine Al­lian­zen geschlossen, es ist Schuld der Bundesregierung, dass niemand zu uns hält. (Abg. Reheis: Richtig!) Herr Abgeordneter Reheis! Ich werde Ihnen etwas sagen (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Puswald): Wenn es um wirtschaftliche Interessen geht, dann hel­fen Ihnen keine Allianzen! Und die Laster aus der Bundesrepublik Deutschland und aus Italien und woher sie noch alle kommen, die wollen rollen und billig durch Öster­reich durchfahren. Die scheren sich nicht darum. Ob wir lieb sind oder nicht, das ist denen völlig egal! Die wollen billig fahren!

Ich möchte Sie wirklich bitten, dass Sie anerkennen, dass der Minister von Pontius zu Pilatus gelaufen ist und bei der EU Unglaubliches geleistet hat. Er hat Lobbying betrie­ben, und er hat alles getan, was nur möglich ist. Was aber ist ihm entgegengebracht worden? – Eine harte, kalte Front der wirtschaftlichen Interessen und der Ablehnung!

Ich würde Sie wirklich bitten, nachdem Sie schon so großartig von Lobbying reden: Unterstützen Sie mit Ihrer großen sozialdemokratischen Fraktion in der EU doch Öster­reich, indem beispielsweise endlich eine Wegekosten-Richtlinie vorgelegt wird, so dass wir Möglichkeiten haben, einigermaßen auf den Transitverkehr einzuwirken! (Neuer­liche Zwischenrufe des Abg. Dr. Puswald.)

Damit haben Sie eine große Aufgabe! (Zwischenruf des Abg. Reheis.) Aber Nagel­pro­ben und alle anderen Verteufelungen des Ministers sind wirklich fehl am Platz! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.15

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Die Redezeitbeschränkung beträgt gleichfalls 5 Minuten. – Bitte.

 


17.15

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Ich möchte meine Rede heute damit begin­nen, dass ich feststelle, dass ich es eigentlich sehr unfair gefunden habe, dass viele Vorredner von der Opposition einen Totalangriff auf die Wirtschaft gestartet haben.

Sie haben gesagt: Die Wirtschaft ist der Bösewicht des Verkehrs! Die Wirtschaft ist der Vernichter unserer Umwelt! Die Wirtschaft ist der Vernichter unserer Lebensqualität! – Ich glaube, diese Anschuldigung, die ich aus den vielen nicht nur zwischen den Zeilen zu lesenden Worten herausgehört habe, und auch die direkten Angriffe auf Herrn Mit­terlehner, ohne dass man ihm den Kern seiner Aussage, dass auch die Wirtschaft wie­ter existieren können muss, abgenommen hat, sind ausgesprochen unfair! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Wenn Herr Gusenbauer in seiner Rede primär auf die ÖBB eingegangen ist, dann ver­kennt er, glaube ich, die momentanen Tatsachen. Der ÖBB-Streik und der Zustand der ÖBB sind sicherlich nicht nur mit Schlagworten wie „Die ÖBB sind Spitze!“, „Wir brauchen nichts zu tun, denn wir sind in Europa ohnehin führend, wir müssen nur noch mehr Geld hineinstecken, dann werden wir noch besser!“ zu verharmlosen.

Diese Aussagen sind auch insofern nicht förderlich, als wir so die Transitprobleme nicht lösen können. Vielmehr müssen wir Zukunftsprojekte starten: Dazu dient eine ÖBB neu, dazu dient eine Umstrukturierung und dazu dient auch eine Zukunfts­orien­tierung der Bundesbahnen. (Abg. Wattaul: Jawohl!) All das brauchen wir viel eher als das Beschönigen von Vergangenheitsleistungen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Mich als Tiroler hat es natürlich auch getroffen, dass gerade ein Kollege, den ich an sich schätze, nämlich Kollege Reheis, erklärt, dass er sich vollinhaltlich allem an­schließen kann, was an innerstaatlichen Maßnahmen hier von den Grünen gefordert wird. – Ich glaube nicht, dass es in Tirol sehr gut ankommt, wenn man sagt: Wir wollen in Zukunft keinen Straßenbau mehr! (Abg. Reheis: Das ist eine Unterstellung!) Das würde bedeuten, dass wir auf den zweiten Roppener Tunnel und auf den Ausbau der Fernbaustrecke verzichten. (Abg. Dr. Lichtenberger: Gern!)

In diesem Antrag steht wortwörtlich, dass auf Straßenbau verzichtet werden muss. – Ich werde das sicherlich auch entsprechend präsentieren können. Dass wir ein ge­nerelles Nachtfahrverbot für Österreich brauchen und dass höhere Mauten kommen sol­len, sind, wie ich glaube, insgesamt etwas unrealistische Forderungen. Als Tiroler und Anrainer – und ich bin ein direkter Anrainer, und zwar nicht einer Transitstrecke, sondern direkt der Tiroler Unterinntal-Bahn – sowie als Unternehmer und auch als Touristiker habe ich vielleicht ein bisschen mehr Einblick als viele andere.

Was wollen wir als ÖVP? – Wir wollen bis zum Ende der Fristen verhandeln. Das ist unser erstes Gebot. Uns wird immer vorgehalten, wenn irgendjemand mit einer Veto­drohung kommt: Ja nicht mit Veto-Drohungen kommen, zuerst verhandeln und erst dann, wenn die Verhandlungen scheitern, drohen! – Aber wir drohen mit inner­staat­li­chen Maßnahmen, bevor eigentlich unsere Verhandlungen in Brüssel wirklich zu Ende sind. Auch das möchte ich sagen.

Im Bundesrat wurde am 6. November beantragt, dass aus vier Punkten über zwei Punkte betreffend EU‑Maßnahmen bis zum Ende verhandelt wird. Nur die Hälfte der Maßnahmen sind innerstaatlich. Wenn man aber vier Tage später nur mehr – wie die Grünen und die Sozialdemokraten – innerstaatlichen Maßnahmen nachgeht, dann ist das, glaube ich, eine falsche Maßnahme! Diese Regierung wird bis zum Ende alles aus­schöpfen und verhandeln! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen.)

Ich glaube einfach, dass dieser Vier-Parteien-Antrag insgesamt eine viel bessere Maß­nahme darstellt als diese überzogenen und unrealistischen Forderungen, welche die Grünen heute gestellt haben.

Ich glaube, wir müssen so realistisch sein, dafür zu sorgen, dass es in Zukunft auch weiterhin eine Balance zwischen Wirtschaft, Umwelt und dem Schutz der Bevölkerung im Zusammenhang mit Transitmaßnahmen gibt. Ich glaube, nur eine Kombination und die Herstellung von Balance sind zielführend! (Abg. Dr. Lichtenberger: Eben weil die Balance bei uns gestört ist, stellen wir einen Antrag!)

Ich höre in jedem zweiten Satz von Ihnen das Wort „Transportlobby“. – Wir reden überhaupt nicht von der Transportlobby! Wir reden beim Transit zum großen Teil von Wirt­schaftstransporten, die vorwiegend im Interesse auch unserer heimischen Wirt-


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schaft stehen, etwa zur Sicherung unserer Arbeitsplätze. Ich glaube, dass das auch in Zukunft für uns sehr, sehr wichtig sein wird.

Wir sind für einen Ausbau der Bahn. Ich glaube, man hat es heute sehr gut gehört: Wir alle – die gesamte ÖVP und die gesamte Freiheitliche Partei – stehen hinter dem Aus­bau der Österreichischen Bundesbahnen. Wir stehen hinter dem Ausbau der Unter­inntal-Trasse. Wir stehen vollinhaltlich hinter einem möglichst rasch und möglichst schnell realisierten Bau des Brenner Basistunnels, der uns natürlich im Transit helfen wird.

Wir brauchen aber auch leistungsfähige Lkw, die uns unsere täglichen Güter abneh­men. Zurzeit sieht man es bei der Voest. Sehr bald werden auch dort für Wochen die Maschinen stillstehen. Auf Grund des nicht möglichen Antransports und Abtransports von Gütern wird dort der Betrieb stillstehen.

Transport ist notwendig. Wir brauchen die Wirtschaft. Die Wirtschaft sichert Arbeits­plätze. Wir müssen gemeinsam über Lösungen für die Zukunft nachdenken, die für die Umwelt, für unsere Bürger, aber auch für die Wirtschaft verträglich sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

 


17.20

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Dr. Partik-Pablé, natürlich kann man ununterbrochen die Vergangenheit aufarbeiten und sagen, Verkehrsminister Streicher war schuld, Kli­ma war schuld, Einem war schuld und so weiter. (Abg. Ellmauer: Das stimmt ja!) Aber wie viele Verkehrsminister haben das Kabinett Schüssel I und Schüssel II verbraucht? (Widerspruch bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – Vier! Vier Stück, Frau Dr. Pablé! (Beifall bei der SPÖ.)

Jetzt könnte man fragen, wer für den Straßenausbau in den letzten zehn Jahren ver­antwortlich war. – Da fallen mir die Namen Graff, Schüssel, Ditz und Farnleitner ein. Ich glaube, das sollte eigentlich nicht das Thema sein, weil der Herr Bundeskanzler und auch der Herr Vizekanzler gemeint haben, diese Transitproblematik sollte eine Kon­sensmaterie sein (Abg. Wattaul: Das stimmt!) und wir sollten darüber im Parlament eigentlich im Sinne der österreichischen Bevölkerung über Parteigrenzen hinweg auch einen Konsens erreichen.

Ich will mich mit Tirol nicht entsolidarisieren, aber ich möchte einen Fokus auf die Ostregion werfen. Herr Staatssekretär! Sie kennen sicher den Artikel in der „Presse“ über die LKW, und Sie wissen auch ganz genau, dass die Länderchefs für schärfere LKW-Kontrollen plädieren.

Schauen wir uns einmal die Tangente in Wien an. Herr Wattaul! 4,1 Millionen schwere LKW – über 3,5 Tonnen – sind auf der Tangente unterwegs. (Zwischenruf des Abg. Wattaul.) – Herr Wattaul, auf der Ost Autobahn sind es 1,3 Millionen LKW. Am Brenner sind, wie Sie wissen, 1,7 Millionen LKW unterwegs, am Semmering 490 000 und am Wechsel 1,2 Millionen. – Das ist mein Bezirk. Da sind es eigentlich genau so viele LKW wie am Brenner.

Lieber Herr Kollege Wattaul, Sie haben das auch gesagt: Bei der EU-Osterweiterung wird 70 Prozent mehr an Verkehr entstehen. (Abg. Wattaul: Das hab ich nicht gesagt!) Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass im Jahr 2010 der Straßenverkehrsplan fertig ist und ab 1. Mai 2004 die LKW aus dem Osten auf uns zudonnern werden, dann muss ich mit aller Deutlichkeit sagen: Herr Klubobmann Molterer! Da kommt der Straßenverkehrs­plan zu spät!


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Daher haben wir Sozialdemokraten, so glaube ich, einen sinnvollen Vorschlag ge­macht: Wir fordern eine Verlängerung des Transitvertrages. Ich will das jetzt nicht ausführen, weil ich keine Zeit dazu habe, aber wenn das nicht passiert, sollten wir eigentlich beim Europäischen Gerichtshof klagen. Herr Kollege Molterer! Herr Kollege Wattaul! Ich glaube, es ist in dieser Frage immerhin besser, eine Klagsdrohung auszu­sprechen als die Vetokeule zu schwingen. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Wenn wir – hauptsächlich von Ihrer Partei – immer hören, wir sollten uns mit der Schweiz vergleichen, dann sollten wir auch die gleiche Maut wie die Schweiz ha­ben, denn wenn wir billiger sind, entsteht ein Umwegverkehr. (Zwischenruf der Abg. Rossmann.) – Sehr geschätzte Ex-Tourismus-Staatssekretärin! Fahren Sie bei uns durch! Sie sollten wissen, dass zu viel Verkehr den Tourismus kaputtmacht. Daher sollten wir das Schweizer System annehmen, und der Transitvertrag – das wurde heu­te schon gesagt – sollte für ganz Österreich gelten.

Was uns besonders wichtig ist: Wir sind immer Nettozahler und haben natürlich die netten Autobahnen in Spanien, in Portugal, in Griechenland subventioniert. Wenn es jetzt um die Existenz und die Lebensräume der Österreicherinnen und Österreicher geht, dann erwarten wir uns von der Europäischen Union auch, dass sie unsere Pro­jek­te mit mindestens 30 Prozent fördert!

Jetzt zur Eisenbahn: Es darf auch keine Zerschlagung der Österreichischen Bundes­bahnen geben. (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Gibt es ja nicht!) – Geh, bitte! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wer zerschlägt sie?) Lesen Sie den gestrigen Artikel „Anders ge­sehen“ von Günther Nenning! (Abg. Dipl.-Ing. Regler: Das ist ein Eisenbahn­spe­zialist?)

Wenn man den Eisenbahnern sagt, 12 000 von euch putzen wir weg, 5 000 kommen in eine andere Gesellschaft und dann verordnen wir der Bahn vier Aktiengesellschaften und fünf GesmbHs, womöglich mit 30 Vorständen – da sparen wir dann ja nicht! –, dann ist das ein Schnellschuss, und der geht bei Ihnen ins Knie! Sie nehmen nicht einmal die Kritik des Rechnungshofes zur Kenntnis, den Sie immer so gerne zitieren, und lutschen uns dann ununterbrochen von da hinten ins Ohr, Sie hätten ja gerne eine Konsenspolitik, um auf der anderen Seite innerhalb von 14 Tagen die ÖBB-Reform durch­zuziehen. – Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. – Widerspruch bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Wattaul zu Wort gemeldet. – 2 Minuten, zuerst den zu berichtigenden Sach­verhalt, dann den tatsächlichen Sachverhalt. – Bitte.

 


17.26

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Kollege Marizzi hat gesagt, ich hätte gesagt, dass der Transitverkehr um 70 Prozent steigen wird.

Das stimmt nicht, weil der Transitverkehr in Österreich insgesamt nur 10 Prozent beträgt. Alles andere ist Ziel- und Quellverkehr.

17.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Mag. Kukacka, der sich zu Wort gemeldet hat. (Abg. Mag. Posch: Herr Präsident! Das war geschäfts­ordnungswidrig! Der Herr Wattaul hat sich selbst berichtigt! Lesen Sie das Protokoll!) – Herr Abgeordneter Posch, ich muss Sie leider korrigieren, es gibt von vor drei Jahren ein Präjudiz dafür. Damals hat sich Herr Abgeordneter Van der Bellen selbst berichtigt. Da das der Präsident damals zugelassen hat, habe ich es jetzt auch zugelassen.


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Am Wort ist jetzt Herr Staatssekretär Kukacka. – Bitte.

 


17.27

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Einleitend möchte ich in Richtung der Frau Kollegin Lichtenberger sagen: Hüten wir uns doch davor, immer die Straße gegen die Schiene auszuspielen! Das ist genau der falsche Weg. Sie wissen doch selbst: Wenn wir die Verkehrsprobleme der Zu­kunft lösen wollen, brauchen wir beides – eine gut ausgebaute Straße und selbst­verständlich auch eine leistungsfähige Schiene. Meine Damen und Herren! Das ist es, was wir anstreben.

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass im Generalverkehrsplan für den vollständigen Ausbau 30 Milliarden € für die Schiene vorgesehen sind und 15 Milliarden € für die Straße. – Also doppelt so viel für die Schiene als für die Straße! Diese Bundes­regierung legt einen ganz klaren Schwerpunkt auf ökologisch verträgliche Verkehrs­mittel. Eigentlich sollten Sie diese Politik unterstützen, Frau Kollegin Lichtenberger! (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber einen kleinen Unterschied gibt es natürlich zusätzlich noch: Diese 15 Milliarden € für den Ausbau der Straße tragen der Güterverkehr und auch der einzelne Autofahrer. Die 30 Milliarden für die Schiene hingegen, wer trägt die, Frau Lichtenberger? – Die trägt der Steuerzahler. Die tragen wir alle, meine Damen und Herren! Also das ist doch wirklich keinerlei Verzerrung zugunsten der Straße, sondern ganz im Gegenteil ein eindeutiger politischer Schwerpunkt zugunsten der Schiene, und das sollten Sie ei­gentlich entsprechend unterstützen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den Ausführungen des Kollegen Marizzi möchte ich Folgendes sagen: Sie haben beklagt, dass der Ausbau der Straßen nach dem Osten im Hinblick auf die EU-Erwei­terung nicht rasch und nicht schnell erfolgt ist. – Das mag sein. Das stimmt sogar. Wir sind da sehr spät dran. (Abg. Dr. Lichtenberger: Die Bahnen überhaupt nicht!) Sie selbst und auch ich haben aber miterlebt, was die Verkehrsminister der Sozialde­mo­kraten vertreten haben, was zum Beispiel Herr Verkehrsminister Einem mit dem so ge­nannten Masterplan vertreten hat: keinen Ausbau der Autobahnen und Schnellstraßen zum Beispiel in die EU-Osterweiterungsländer, sondern bestenfalls Ausbau der Bun­des­straßen, weil ja sonst der Verkehr angezogen wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja! Das war richtig!) – Meine Damen und Herren! Das war die Ideologie, und heute wissen wir, dass sie sich als falsch herausgestellt hat und dass wir alle darunter leiden müs­sen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Das war richtig! Recht hat er gehabt, der Einem!)

Tun wir doch nicht so, als ob diese Bahnreform überraschend käme! Seit 15 Jahren diskutieren wir das Thema Bahnreform in Österreich. In den „Oberösterreichischen Nachrichten“ steht heute eine wirklich ganz interessante Historie der Bahnreform. Ich bin selbst zum Großteil Zeitzeuge, weil ich schon damals Verkehrssprecher der Volks­partei war. Es hat dabei eine einzige Konstante gegeben: Die Gewerkschaft war im­mer gegen jede Art von Bahnreform, ob es um Strukturreformen gegangen ist oder um Dienstrechtsreformen. – Daran hat sich seit 15 Jahren nichts geändert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Das ist falsch! Die ASVG-Verträge ...!)

Das ist nicht falsch, Herr Kollege! Ich darf Ihnen sagen: Schon 1992 hat der Eisen­bahner-Gewerkschafter Hums Verkehrsminister Streicher bei dessen Konzept der neuen Bahn ganz eindeutig zerzaust. (Abg. Broukal: Immer diese Propaganda!) Die Gewerkschaft hat diese Reform abgelehnt, und die Dienstrechtsreform, die damals schon geplant war, wurde verschoben. (Abg. Broukal: 1995 hat die Gewerkschaft zu­ge­stimmt!)


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Herr Kollege! Ein Jahr später hat ebenfalls die Eisenbahner-Gewerkschaft die Reform­pläne des damaligen Verkehrsministers Viktor Klima abgelehnt. Wieder sollte nach der Ausgliederung eine Änderung des Dienstrechtes bewirkt werden, und wieder hat die Gewerkschaft gesagt, nein, das kommt nicht in Frage. – Ich weiß selbst noch genau, wie sehr sich der damalige Finanzminister Lacina darüber geärgert hat. Er hat gesagt, ja um Gottes willen, dann gibt es Einsparungen beim Dienstrecht ja erst im Jahre 2030, wir brauchen das aber viel früher! – Die eigenen sozialdemokratischen Finanzminister waren mit dieser Linie also nicht einverstanden.

Auch Verkehrsminister Einem wollte schon eine Strukturreform. – Ich kenne die Pläne, sie liegen auch im Ministerium auf! Es ist grundsätzlich genau dieselbe Strukturreform, die wir jetzt auch realisieren: Auch er wollte starke operative Aktiengesellschaften, er wollte Absatz, Personen- und Güterverkehr und Infrastruktur trennen, so wie wir das auch gemacht haben. Woran ist es gescheitert? – Am Widerstand der Gewerkschaft, meine Damen und Herren!

Das ist die Geschichte der Bahnreform, und diese Regierung ist angetreten, um endlich das zu tun, was notwendig ist (Abg. Gaál: Alles zerstören!), nämlich eine leis­tungsfähige Bahn in Österreich zu schaffen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Sie nennen hier als Gegenbeispiel immer die englische Bahnreform. Es ist in England manches falsch gemacht worden, und diese Reform ist auch kein Modell für Öster­reich. – Ich sage das ganz klar und eindeutig. Sie so undifferenziert schlecht zu ma­chen, wie das immer geschieht, hält aber einfach keiner objektiven Überprüfung stand. Fragen Sie tatsächlich die Experten – die internationalen Experten! –, was sie dazu sagen!

Noch nie in der Geschichte Englands fuhren so viele Menschen mit der Bahn, wie das heute der Fall ist. (Abg. Dr. Kräuter: Noch nie so viele Unfälle!) Noch nie wurden in England so viele Güter von der Bahn befördert, wie das jetzt der Fall ist. Die Zahl der beförderten Fahrgäste ist seit 1994 um 30 Prozent, das Frachtaufkommen um 50 Pro­zent gestiegen! Es verkehren heute mehr Züge, und es gibt große Fortschritte in der Modernisierung der Infrastruktur. – Die Bahn ist wettbewerbsfähiger, effizienter und attraktiver für die Kunden geworden. (Abg. Broukal: Aber nicht sicherer! 50 Tote!)

Herr Kollege! Auch da irren Sie! Auch die Zahl der Unfälle ist in den letzten Jahren zurück­gegangen. Nehmen Sie doch das zur Kenntnis, was in einem Vortrag vor dem österreichischen Eisenbahn-Regulator erst vor drei Tagen festgehalten wurde und was auch in den Zeitungen in Österreich nachzulesen war, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Brou­kal: Das glauben Sie wirklich? Alle Berichte im Fernsehen waren falsch?) – Ich weiß, dass es schwierig ist, wenn die Realität gegen die Ideologie gestellt wird und sich herausstellt, dass Realität noch immer stärker ist als Ideologie.

Abschließend: Wir sind auch nicht die Einzigen, die diese Struktur haben. Studieren Sie einmal die Eisenbahnstruktur in den europäischen Ländern! Da werden Sie fest­stellen, dass in zwölf europäischen Staaten die Eisenbahn völlig geteilt wurde, dass es da Infrastruktur-Gesellschaften gibt und ganz andere davon unabhängige Transport­gesellschaften – in zwölf europäischen Ländern! Das ist ein viel radikaleres Modell, als wir es in Österreich durchführen!

Sechs europäische Länder haben ein sehr ähnliches Holding-Modell, wie wir es ma­chen. Meine Damen und Herren! Das heißt, wir gehen hier einen Mittelweg! Wir ma­chen nicht die radikalen Schritte, wie es sie in anderen europäischen Ländern gibt, sondern wir gehen einen sehr vernünftigen, sehr moderaten Mittelweg. Ich darf Sie


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wirklich ersuchen, uns in dieser Frage entsprechend zu unterstützen. (Abg. Öllinger: Nein! Sie sind der beste Garant dagegen!)

Meine Damen und Herren! Unsere Reform ist moderat, sachlich richtig und sozial verträglich. Ich darf Sie auch im Interesse des österreichischen Verkehrssystems er­suchen, diese Reform zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei der SPÖ: Wer glaubt Ihnen das?)

17.37

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Die rest­liche Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


17.37

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Staatssekretär! Ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Marizzi: Bevor Sie das Rednerpult verlassen haben, haben Sie gesagt: Schämen Sie sich! – Ich glaube, Sie haben dabei zu Ihrer Fraktion geschaut, denn über 30 Jahre lang war die SPÖ für den Straßen- und Schienenbau verantwortlich. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wo waren Sie? – Vorausschauend haben Sie nicht gedacht, das muss ich wirklich sagen! Ihr hättet Zeit genug gehabt, Geld zur Verfügung zu stellen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was haben die SPÖ-Infrastrukturminister oder -Verkehrsminister gemacht? – Planen, planen, planen! (Abg. Großruck: Fehlplanen!) Prüfen, prüfen, prüfen! – Und dann ist alles im Papierkorb gelandet. Jetzt, seitdem ein Freiheitlicher Infrastrukturminister ist, seitdem wir Freiheitliche gemeinsam mit der ÖVP in der Regierung sind, wird ver­wirklicht! (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wie würde es im Mühlviertel ausschauen? – Wir hätten keine A 7! Für den Schie­nen­ausbau werden in den nächsten Jahren über 30 Milliarden € zur Verfügung gestellt, wie der Herr Staatssekretär gesagt hat. Was haben die Sozialdemokraten dort gemacht? – Nichts! Sie haben nicht vorausschauend gedacht! (Abg. Öllinger: Nur der Walch schaut voraus!)

Das Schönste ist aber, dass man sich dann noch ans Rednerpult stellt und die Öko-Punkte-Regelung und vieles mehr einfordert. Wer hat denn das verabsäumt? – Die SPÖ! Sie waren für den EU-Beitritt, selbstverständlich und ohne Wenn und Aber! Macht ja nichts! Und jetzt stellen Sie sich her, spielen den schönen Apostel und beschuldigen diese „böse“ Regierung! – Hättet ihr doch etwas gemacht! Hättet ihr vor­ausschauend geplant, etwas verwirklicht und die Schiene früher ausgebaut, hätten wir viel Schwerverkehr schon auf die Schiene bringen können. Gemacht habt ihr nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was eure Polemisierungspolitik betrifft, so weiß die Bevölkerung schon, was wirklich passiert. (Abg. Dr. Cap: Atmen! Atmen nicht vergessen!) – Haben Sie ein Problem, Herr Kollege Cap? Besprechen wir es nachher!

In unseren Infrastrukturminister Vizekanzler Hubert Gorbach habe ich großes Ver­trauen. Er war in seinem Bundesland zuständig für Bauten und weiß, wie man ver­handelt und wie man sich durchsetzt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Das wird er in Brüssel auch machen!

Ich würde die Opposition überhaupt ersuchen, ihren Abgeordneten in Brüssel einmal zu sagen, wie sie sich dort zu verhalten haben, damit sie nicht immer gegen die öster­reichischen Interessen reden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das ist Ihr Verständnis!)


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Ein Wort noch zu den ÖBB: Streik! Ich fordere die Gewerkschaft, was heißt die Ge­werkschaft, Herrn Haberzettl auf, er soll noch einmal an den Verhandlungstisch zu­rückgehen. (Abg. Öllinger: Wohin denn, wo ist der?) Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie viele Anrufe in mein Büro kommen, wie sehr sich ÖBB-Bedienstete aufregen. Sie sagen: Ich bin kein Gewerkschaftsmitglied. Bei mir verhindern ein paar Betriebsräte, dass ich an meinen Arbeitsplatz komme. Ich bekomme keine Entschädigung; der Be­trieb zahlt mir nichts, und von der Gewerkschaft bekomme ich auch keine Entschädi­gung. Ja wo kommen wir denn da überhaupt hin, wenn jemand daran gehindert wird, dass er seine Arbeit antritt! (Abg. Dr. Cap: Atmen nicht vergessen!)

Und das Allerschönste ist: Das ist kein ÖGB-Streik, sondern das ist ein SPÖ-Streik. Jawohl! Und das beweise ich euch auch. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wo war der Gewerkschaftsbund – und das habe ich von euren Personalvertretern, denn es gibt auch Rote, die den Blauen etwas erzählen –, als 30 Jahre lang die ÖBB ausgehungert worden sind, total ausgehungert worden sind?! Geht einmal nach Linz in die ÖBB-Werkstätte. Da stehen noch Maschinen drinnen, mit denen kann nicht einmal ich etwas anfangen. Ihr habt nichts modernisiert und vieles andere mehr! (Abg. Dr. Wittmann: Und wie kommt es zu den Wahlergebnissen in Oberösterreich?) Unter einer SPÖ-Regierung sind Eingriffe in das Dienstrecht gemacht worden.

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege, ich bitte um den Schlusssatz, weil die Redezeit jetzt abgelaufen ist!

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): Als die ehemalige Kommunikations­chefin, die jetzige ÖIAG-Sprecherin Kickinger – SPÖ – behauptet hat, Lokführer bekämen 2 160 S Zulage pro Nacht – tatsächlich nur 30 S in der Stunde –, wo waren denn da die Gewerkschaften?

Also, ich sage allerweil: lesen, denken, sprechen. ÖGB, SPÖ zurück an den Verhand­lungstisch! Es geht um die Interessen der arbeitenden Menschen bei den ÖBB. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Lesen – denken – sprechen – und dem Präsidenten zuhören: Das ist der vierte Punkt, wenn die Redezeit aus ist! (Allgemeine Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.42

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer die leuchtenden Augen des Herrn Staatssekretärs Kukacka bei seiner Rede über Großbritannien gesehen hat, der weiß, wo wir hin­kommen sollen. Er hat nur vergessen, bei seinen Statistiken über Großbritannien ein paar Punkte anzugeben, nämlich dass es in Großbritannien im Wesentlichen nur mehr Hauptstrecken gibt und die Nebenstrecken abgedreht worden sind (Abg. Mag. Mol­terer: Darum wollen wir das Modell auch nicht!), und zweitens, dass der Staat um teures Geld Infrastruktur zurückkaufen musste, damit überhaupt die Möglichkeit be­standen hat weiterzufahren. (Abg. Mag. Molterer: Darum wollen wir auch das britische Modell nicht!) Und das hat den Staat einiges gekostet, und irgendwer hat ziemlich gut daran verdient. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Kollege Schweisgut, Sie haben vorhin gesagt: Transporte sind für unsere Wirt­schaft wichtig. Ja, manche; aber ich habe große Zweifel, dass das für alle Transporte gilt, dass alle Transporte, die da quer durch Österreich und auch durch Europa rollen, wirtschaftlich sinnvoll und gesellschaftlich erwünscht sind. Ein kleines Beispiel:


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Shrimps von der Nordsee werden nach Marokko transportiert, dort geschält, wieder retour zur Nordsee gebracht und dann von dort aus verteilt. Und das rechnet sich! (Abg. Donabauer: Und essen tun Sie sie dann doch!) Nein, selten! Ich kaufe kaum welche. (Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Der Punkt ist: Warum rechnet sich das? Sie werden mir ja wohl nicht erzählen wollen, dass das irgendwer macht, wenn es sich nicht auszahlt. Und es zahlt sich genau des­wegen aus, weil die Transportkosten so gering sind – das ist der eine Grund – und weil – und das ist der zweite Grund – die Sozialbestimmungen nicht eingehalten werden. Deswegen zahlen sich solche wahnsinnigen Transporte aus. Und jetzt er­zählen Sie mir bitte nicht, dass das gesellschaftlich erwünscht und wirtschaftlich sinn­voll ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deswegen ist auch ein zentraler Punkt – und das haben ja mehrere Redner und Red­nerinnen bereits angesprochen – die Wegekostenrichtlinie, und eine unserer Forde­rungen ist, sich jetzt einmal am Schweizer Modell zu orientieren. Dagegen hat es schon mehrmals den Einwurf gegeben, dass wir das nicht einführen können, weil wir ja Mitglied der EU sind. Richtig! Deswegen geht es auch um Orientierung daran, das heißt um Klärung, wohin wir wollen. Das Schweizer Modell ist ein leistungsabhängiges, das heißt, je mehr gefahren wird, umso mehr kostet es. Es ist auch ziemlich teuer, und es hat – man höre und staune! – zu einer Reduktion vor allem der Leerfahrten geführt, und zwar um gar nicht wenig, nämlich um 30 Prozent. Das bedeutet: Es ist auch wirt­schaftlich effizient, wenn man Kostenwahrheit einführt und wenn man sich an diesem Modell orientiert.

Was wir jetzt tun können, um dem Einwand zu entgehen, dass wir bei der EU sind und deswegen wieder einmal nichts machen können, ist, den Spielraum bei unserer Wege­kostenrichtlinie, den wir sehr wohl noch haben, ausnützen. Das müssen wir in Öster­reich tun. Selbstverständlich muss dann auch auf EU-Ebene weiterverhandelt werden. Und Sie können nicht auf der einen Seite erzählen, Herr Staatssekretär, wie super Sie immer verhandeln, und auf der anderen Seite sagen, wir können leider nichts tun. Also entweder – oder. Wir werden dafür etwas tun, nämlich weiter dafür verhandeln, dass die Wegekostenrichtlinie im Sinne des Schweizer Modells angehoben wird.

Noch einmal zum Thema Bahn, weil doch auch eine wesentliche Frage ist, wie viel wir auf die Bahn bekommen. Ich möchte mich jetzt nicht darüber verbreiten, welche Art von Reform für die ÖBB gut wäre, denn dass es eine Reform braucht, ist, so meine ich, unbestritten. Ich habe jetzt die ganze Zeit über von niemandem etwas anderes gehört. Es geht jedoch vor allem auch um die Glaubwürdigkeit dieser Regierung. Ich erinnere mich daran, dass Ministerin Rauch-Kallat vor der Wahl gesagt hat, es werde keine An­hebung des Pensionsalters geben. Und was gibt es jetzt? Ich erinnere mich daran, dass Ministerin Gehrer gesagt hat, es werde keine Studiengebühren geben. Und was gibt es jetzt? Und wenn ich heute Bundeskanzler Schüssel gehört habe, der gesagt hat: Nein, wir wollen keine Privatisierung der Bahn!, und gestern Minister Gorbach, der das heute im Übrigen ja noch einmal bestätigt hat, der gesagt hat: Im Augenblick wollen wir keine Privatisierung der Bahn!, dann weiß ich, was das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu bedeuten hat, nämlich eine Privatisierung der Bahn, und hiefür wird es keinen Schulterschluss mit den Grünen geben. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit schließe ich die Debatte.


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Zur Abstimmung steht der Selbständige Antrag 289/A (E) der Abgeordneten Dr. Lich­ten­berger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Paket wirksamer innerstaatlicher Maßnahmen gegen die LKW-Lawine.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag der Kollegin Dr. Lich­­tenberger zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zur Kurzdebatte, die den Antrag der Abgeordneten Scheibner und Mag. Molterer betrifft, dem Verkehrsausschuss zur Be­richt­erstattung über die Regierungsvorlage 311 d.B. betreffend ein Bundesbahnstruk­tur­gesetz 2003 eine Frist bis zum 2. Dezember 2003 zu setzen.

Die Abstimmung über diesen Antrag wird unmittelbar nach der Kurzdebatte stattfinden.

Ich mache darauf aufmerksam, dass in dieser Debatte der Erstredner über eine Rede­zeit von 10 Minuten verfügt, die anderen Redner aus dem Kreis der Abgeordneten haben eine Redezeit von 5 Minuten. Wenn eine Wortmeldung von der Regierungsbank zur Fristsetzung erfolgen sollte, dürfen die Ausführungen 10 Minuten ebenfalls nicht überschreiten.

Ich erteile Herrn Abgeordnetem Scheibner als Erstunterzeichner das Wort. – Bitte.

 


17.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Debatte um die ÖBB-Reform begleitet uns ja schon den ganzen Tag. Auch die gestrigen Debatten waren dadurch maßgeblich bestimmt, vor allem auch wegen des Streiks. (Abg. Mag. Posch: Sie können auch weniger lange reden, hat der Präsident gesagt!)

Ja, lieber Herr Abgeordneter, das wird schon meine Sache sein, und ich meine, dass dieses Thema sehr, sehr ernst und sehr wichtig ist, und daher geht es mir nicht darum, ob Sie eine Minute früher oder später nach Hause kommen, sondern es geht mir da­rum, dass wir hier eine ordentliche Debatte abführen können und eine sinnvolle Lö­sung, eine zukunftsorientierte Lösung für die Österreichischen Bundesbahnen zustan­de bringen. Und genau darum geht es, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Und wenn Sie eine ordentliche Debatte wollen, dann stellen Sie einen Fristsetzungsantrag?)

Ich habe heute von Seiten der Opposition gehört, wir sollten uns schämen, dass wir die Österreichischen Bundesbahnen modernisieren wollen oder dass – ich denke, Abgeordneter Öllinger hat das heute in einem Interview gesagt – allein der Umstand, dass man von einem geschäftsordnungsmäßigen Instrument, nämlich der Fristsetzung, Gebrauch macht, eine Kriegserklärung sei. Meine Damen und Herren! Gerade von einem von den Grünen, die ja immer dem Pazifismus gefrönt haben, wundert mich das schon. Wenn man sich also geschäftsordnungsmäßig verhält und dafür sorgen möch­te, dass eine Reform auch wirklich so, wie es vorgesehen ist, nämlich mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten kann, dann soll das eine Kriegerklärung an irgendjemanden oder an irgendetwas sein.

Was Sie hier permanent zum Ausdruck bringen, ist Ihr Verständnis für Streiks, und das, meine Damen und Herren, verstehe ich überhaupt nicht, denn gerade für diese politisch motivierten Streiks haben wir überhaupt kein Verständnis. (Abg. Öllinger: Das glaube ich ihm!) Es gibt seit vielen, vielen Wochen Verhandlungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


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Seit vielen, vielen Wochen verhandelt die österreichische Bundesregierung mit der Eisenbahnergewerkschaft über diese Reform. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) Und genau das ist auch der Grund für den Zeitdruck, den wir jetzt haben, weil die Bundesregierung, allen voran Vizekanzler Gorbach, bis zum Schluss alles versucht hat, eine Einigung mit der Gewerkschaft zu erzielen. (Widerspruch bei der SPÖ.) Letzte Woche ist der Ministerrat der allerletzte Termin, die letzte Möglichkeit gewesen, um diese Reform noch mit 1. Jänner 2004 in Kraft zu setzen. 13 oder 14 Mal hat es in den letzten Wochen Termine zwischen dem Vizekanzler und dem Gewerk­schafts­vorsitzenden Haberzettl gegeben, aber keine Bewegung bei der Gewerkschaft, meine Damen und Herren! (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ.)

Da hat es nur geheißen: entweder Absage dieser Reform oder Streik. Das war die Kom­promissbereitschaft der Gewerkschaft! Und jetzt haben wir diesen politischen Streik. Natürlich war man gar nicht bereit zu konstruktiven Verhandlungen, denn es hat noch eine Runde gegeben, da hat die Gewerkschaft schon Inserate in Auftrag gege­ben. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glocken­zeichen.) Also noch bevor diese Verhandlungen abgeschlossen gewesen sind! Da können Sie doch nicht sagen, dass man wirklich davon ausgegangen ist, dass es eine Einigung geben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Was bewirken denn diese Streiks? Was bewirken diese politisch motivierten Streiks? (Der Redner hält eine Ausgabe der „Kronen Zeitung“ in die Höhe.) Die Überschrift sagt alles! Egal wie auch immer der Streik ausgeht, Verlierer ist die Bahn, meine Damen und Herren! Da kann man Ihnen nur gratulieren. Wir versuchen diese Österreichischen Bundesbahnen modern zu machen, ihnen eine Struk­tur zu geben, damit sie im Wettbewerb, der auf uns zukommt, bestehen können. Sie schaden der Bahn mit diesen politisch motivierten Streiks, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann heißt es: Für die Mitarbeiter machen wir es. Dazu noch eine Überschrift: Wir wollten arbeiten, durften aber nicht, meine Damen und Herren! Es wurden Mitarbeiter, die sich an diesen politischen Streiks nicht beteiligen wollten, daran gehindert, am Arbeitsplatz zu erscheinen und zu arbeiten. Was ist denn das, meine Damen und Herren, eine Belegschaftsvertretung, die historisch dafür eingestanden ist, dass man die Belegschaft vor den Unternehmungen in Schutz nimmt, wenn es ungerechte Be­handlungen gibt? Jetzt muss man die Belegschaft vor den Belegschaftsvertretern in Schutz nehmen – so weit sind wir gekommen! –, weil sie daran gehindert werden, am Arbeitsplatz ihre Arbeit für die Bevölkerung zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Image der Österreichischen Bundesbahnen, meine Damen und Herren, haben Sie damit auch wunderbar zerstört. Herzliche Gratulation! Die Bundesbahn ist immer dafür gestanden, zuverlässig zu sein, weil es eben keine Streiks gibt. Wir diskutieren heute gerade die Transitregelung. Ständig wird hier in Wortmeldungen dafür plädiert, den Transit, den Güterverkehr auf die Bahn zu schaffen, zu verlegen. Ja wunderbar, das ist eine herrliche Werbung für die Österreichischen Bundesbahnen, für die Zuverlässigkeit auch im Transit und im Güterverkehr, was Sie hier aufführen. Sie wissen ganz genau, dass es für die Unternehmungen wichtig ist, dass sie sicher sein können, dass ihre Güter innerhalb einer bestimmten Zeit auch dorthin gebracht werden, wo sie sie haben wollen, und nicht durch derartige Streiks auf Halde gelegt werden. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie schaden damit auch dem Image Österreichs insgesamt. Wir waren doch alle stolz darauf, dass es genau solche Streiks, so eine Unsicherheit, eine Verunsicherung in Österreich nicht gibt. (Heftiger Widerspruch bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Aber weil sie keine Argumente gegen diese Bundesregierung


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haben, zetteln Sie einen Streik nach dem anderen an. Zuerst die Lehrer, wo es darum gegangen ist, dass eine Stunde mehr in der Woche gearbeitet wird. Auf dem Rücken der Kleinsten, der Volksschüler, ist gestritten und gestreikt worden, meine Damen und Herren! Dann kommen die Piloten der AUA, denen es darum geht, ihre Privilegien zu erhalten. Und jetzt kommen 2 600 Betriebsräte, teilweise freigestellte Betriebsräte, die am Rücken der Bediensteten und am Rücken Hunderttausender Österreicher ihre Privilegien behalten wollen. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren: Nicht zu­gunsten, sondern zulasten Österreichs und der Bevölkerung! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann sagen Sie noch etwas von Solidarität, meine Damen und Herren. Ja Solidarität –dieser Streik – mit wem denn? – Mit den Tausenden Pendlern, die sich Urlaubstage nehmen mussten, weil sie nicht zum Arbeitsplatz kommen konnten? Mit den Müttern, die versucht haben, dass ihre Kinder doch irgendwie in die Schule kommen können? Ist das die Solidarität mit der Bevölkerung? Ja mit wem sind Sie denn solidarisch, meine Damen und Herren? – Nur mit jenen, die ihre Privilegien erhalten wollen. Und das ist doch die Frage, um die es geht. Fragen Sie doch einmal Ihre Arbeiter, Ihre An­gestellten, was sie davon halten, dass jetzt gestreikt wird, dass das Pensionsalter im Durchschnitt weiter bei 52 bleiben kann, während alle anderen länger arbeiten müssen, um weniger Pension zu bekommen als bei den Österreichischen Bundesbahnen! Darum geht es, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Unser Ziel ist es, die Österreichischen Bundes­bah­nen nicht zu privatisieren, wie Sie das unterstellt haben. Uns geht es darum, eine moderne Struktur und ein modernes, gerechtes Dienstrecht für die Österreichischen Bundesbahnen auszuverhandeln und auch umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Es wird ausreichend Zeit für Diskussion geben, und zwar in den Ausschüssen, in einem Unterausschuss, meine Damen und Herren, und wir wer­den sehr genau darauf achten, ob Sie auch Ihre Ideen einbringen werden, ob Sie kons­truktiv arbeiten werden oder ob Sie es so machen wie damals bei der Pensionsreform, als Sie zuerst einen Wirbel inszeniert haben, weil angeblich zu wenig Zeit für Ver­handlungen gewesen ist, und dann haben Sie nicht einmal genug Argumente gehabt, um die vorhandene Zeit auch mit Argumenten auszuschöpfen. Da mussten Termine abgesagt werden, weil Sie nicht mehr gewusst haben, worüber Sie diskutieren sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir stehen dazu, wir stehen zu Verhandlungen der Re­gierung mit den Gewerkschaftsvertretern, mit den Belegschaftsvertretern. Dazu steht die Bundesregierung, dazu stehen auch wir. Kehren Sie zurück zum Verhandlungs­tisch, aber beenden Sie diese politisch motivierten Streiks! Dann wird es auch ein gutes Ende für die Österreichischen Bundesbahnen und auch für das politische Klima in diesem Land geben. Wir verhandeln, wir diskutieren, wir streiten hier, aber nicht auf der Straße und nicht durch Streiks bei den Österreichischen Bundesbahnen oder in anderen lebensnotwendigen Institutionen für die Bevölkerung der Republik Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mis­sethon. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.58

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir begrüßen diesen Frist­setzungsantrag. (Abg. Dr. Puswald: Das glaube ich!) Und das ganz einfach deswegen,


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weil er Klarheit schafft, dass die Regierung rasch reagiert, weil er Klarheit schafft vor allem gegenüber den Bahnkunden, der Wirtschaft und den Fahrgästen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die letzten Tage haben gezeigt, geschätzte Damen und Herren, dass diese Bahn­re­form notwendig ist, und zwar rasch notwendig ist. (Abg. Mag. Kogler: Wieso? Damit sich der Streik nicht auswirken kann oder was?)

Geschätzte Damen und Herren! Ich sage einen kleinen Satz zur Rechnungshofkritik, ich bringe einen Vergleich, den Bundeskanzler Schüssel gestern in die Debatte ein­gebracht hat, nämlich den Vergleich mit der voestalpine. Ich sage Ihnen: Wir haben heute am Standort Donawitz fünfmal so viele Firmen mit fünfmal so vielen Führungs­ebenen. Und ich sage Ihnen auch, was heute im ORF-Internet gestanden ist: Voest­alpine mit kräftigem Gewinnzuwachs. Mit dem besten Halbjahresergebnis der Konzern­geschichte wartet der Linzer Stahl- und Verarbeitungskonzern auf, geschätzte Damen und Herren! – So viel zur Rechnungshofkritik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte mich aber einer Zielgruppe zuwenden, über die ich in der ganzen Debatte heute von Ihnen nichts gehört habe, diese Zielgrup­pe heißt Kunde, dieses Zielgruppe sind die 1,2 Millionen Streikopfer, und dieser Ziel­gruppe möchte ich mich zuwenden. (Abg. Mag. Johann Maier: Redest du über mich? Ich bin auch Kunde!)

Geschätzte Damen und Herren! Das wollen wir: „Kundenservice statt Streik“. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Der Redner hält eine blaue Tafel in die Höhe, auf der in weißer Schrift „Kundenservice statt Streik“ steht. – Abg. Mandak: Sie neh­­men die Kräfte weg, die man braucht, um Kundenservice zu bieten!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich verlasse mich nicht auf das Urteil von Experten, nicht auf das Urteil von Gewerkschaftern, ich verlasse mich auf das Urteil der Kunden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt sollten wir uns die Frage stellen: Wie geht es den Kunden mit den ÖBB? – Ich sage Ihnen: Es geht den Kunden nicht gut mit den ÖBB (Abg. Dr. Puswald: Es geht ihnen auch mit dieser Regierung nicht gut!), weil die Qualität der Dienstleistung man­gelhaft ist (Abg. Mag. Johann Maier: Weil kein Personal da ist, Kollege Missethon!), weil Kunden, wenn sie sich beschweren, nicht gehört werden. Es gibt derzeit seitens der ÖBB kein organisiertes Ohr zum Kunden. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Es ist dringender Handlungsbedarf in Richtung Qualitätsmanagement, es ist dringender Handlungsbedarf in Richtung bessere Dienstleistungen für die Kunden, geschätzte Damen und Herren.

Der Kunde ist derzeit nicht König, der Kunde ist derzeit Bettelmann. (Abg. Dr. Matz­netter: Genau! Wegen dieser Regierung!) Er muss um seine Rechte betteln, ge­schätzte Damen und Herren. Er ist entrechtet. Wir haben es bei den ÖBB mit einem entrechteten Kunden zu tun. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grü­nen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wenn es dem Herrn Kollegen Haberzettel gerade einfällt, wird er auch noch von ihm bestreikt. (Abg. Mag. Kogler: Äußerst schwach, Herr Kollege! – Abg. Dr. Glawischnig: Reden Sie zu dem Antrag! Halten Sie sich an die Geschäftsordnung!)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Spätestens seit dem Haberzettelschen Su­perGAU – mit „GAU“ meine ich den Größten Anzunehmenden Unsinn, den ein Mit­ar­bei­ter der ÖBB machen kann (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen) –, spätestens seit Dienstag wissen die meisten Österreicherinnen und Öster­rei-


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cher, dass diese Reform der ÖBB höchst notwendig ist. (Jawohl-Rufe und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Ziel des Reformprozesses muss es sein, dass der Kunde im Mittelpunkt der Dienstleistung der ÖBB steht. Alles andere ist nicht nachhaltig. Ich würde mir am Ende dieses Reformprozesses auch sehr eine Geld-Zu­rück-Garantie für nicht erbrachte Dienstleistungen wünschen. (Abg. Dr. Glawischnig: Das wünsche ich mir auch von dieser Bundesregierung!) Die derzeitige Situation ist unzumutbar für Kunden, geschätzte Damen und Herren. Ich möchte aus dem entrech­teten Fahrgast einen berechtigten Partner in diesem Dienstleistungsprozess machen. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Der Kunde ist im Mo­ment geduldet, habe ich den Eindruck, herzlich willkommen ist er nicht. (Abg. Mag. Gaßner: So ein Schmarren!)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist abgelaufen. Einen Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (fortsetzend): Wir reformieren die Bahn, weil wir die Fahrgastzufriedenheit erhöhen wollen, und wir reformieren die Bahn, weil wir den Wirtschaftsstandort Österreich stärken wollen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Herr Abgeordneter, wenn Sie das selber entfernen wollen, sonst bitte ich einen Mitarbeiter. (Abg. Broukal: Ich habe keine Berührungsängste! – Abg. Broukal legt die von Abg. Dipl.-Ing. Missethon am Rednerpult vergessenen Tafeln auf den Stenographentisch.)

Am Wort ist Herr Abgeordneter Broukal mit einer Redezeit von – ab jetzt – 5 Minuten. – Bitte.

 


18.04

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einer der schönsten Teile meines Berufslebens vor dem Oktober 2002 war, dass ich seit vie­len Jahren für das Management der Österreichischen Bundesbahnen die Manage­ment­tage und auch sonstige Großveranstaltungen ausgerichtet habe. (Ironische Hei­terkeit bei der ÖVP.) Im Gegensatz zu den meisten von Ihnen bin ich mit den Interna der Bahn gut vertraut, und ich finde es ungeheuerlich, wie Sie einen Betrieb, der von Jahr zu Jahr seine Leistung steigert, der heute mit 47 000 Mitarbeitern mehr leistet als vor zehn Jahren mit 67 000 Mitarbeitern, schlecht machen, nur um damit Ihre Refor­men gutzureden, die Sie nicht gutreden können. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen. – Zahlreiche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Scheib­ner: Es geht nicht gegen die Mitarbeiter, sondern es geht gegen die Gewerkschaft! – Abg. Wittauer – eine „Kronen Zeitung“ in die Höhe haltend –: Haben Sie heute die Zeitung gelesen?)

Ich würde Ihnen vorschlagen: Lassen Sie heute Ihre Audis und BMWs stehen, fahren Sie mit der Westbahn nach Hause (Abg. Scheibner: Wie soll das gehen, wenn ge­streikt wird? So ein Zynismus!) und sehen Sie einem Schaffner ins Gesicht, der Sie fragt: Was ist mit mir, was mit meiner Frau, was ist mit meinen Kindern? – So weit sind wir heute! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Welche Unwahrheiten hier geäußert werden, nur damit Sie auf Ihr Recht kommen, wel­che eklatanten Unwahrheiten! Die Österreichischen Bundesbahnen waren, bevor Sie sich ihrer angenommen haben, die beste Güterbahn in Europa. Sie werden das ruinie­ren! Oder? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Die Streiks ruinieren sie! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Drüberfahren, dreinfahren, weg damit! Aber glauben Sie nicht mir – ich sage wie immer, glauben Sie nicht mir –, glauben Sie der Vorarlberger Landesregierung – ÖVP/FPÖ, Herr Gorbach war dort lange Verkehrsreferent –, die hat diesen Gesetzent­wurf begutachtet. ÖVP/FPÖ-Landesregierung. Ich zitiere auszugsweise:

Gegen die Umstrukturierung der ÖVP in der geplanten Art und Weise bestehen gravie­rende Bedenken. Es ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass die Schiene durch die Aufteilung der ÖBB in neun Gesellschaften effizienter und gegenüber der Straße wett­bewerbsfähiger ist. – Die Vorarlberger Landesregierung sagt das. (Abg. Dr. Gla­wischnig: In den Ländern erkennt man, dass das ein Blödsinn ist! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Weiters heißt es hier: Es deutet im Gegenteil vieles darauf hin, dass durch die Des­integration wichtige Synergieeffekte verloren gehen, aufwendige Doppel- und Mehr­fach­strukturen entstehen und die Organisationsreform zu noch höheren Overhead­kosten und zusätzlichem Abstimmungsbedarf führen wird. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich lege es Ihnen dann gerne vor.

Aber die Vorarlberger Landesregierung hat ja etwas nicht verstanden, die glaubt ja im­mer noch, Ihnen geht es um die bessere Bahn, aber Ihnen geht es nur darum, eine Be­rufsgruppe von Menschen, die es – wie wir heute wissen, aus sehr gutem Grund – immer abgelehnt hat, Sie zu wählen, fertigzumachen, kaputtzumachen und ihr die so­zialen Rechte zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber ich sage Ihnen eines – und das sage ich den Arbeitnehmervertretern unter Ihnen, dem Herrn Neugebauer, dem Herrn Miedl, dem Herrn Amon, dem Herrn Präsidenten Fasslabend –: Mit den Eisenbahnern fängt es an, und wenn dann die Beamten dran sind, dann werden Sie Verbündete suchen. Ich sage Ihnen: Wir werden dann auch zu Ihren Beamten stehen, auch wenn Sie zu unseren Eisenbahnern in aller Not nicht gestanden sind! (Beifall bei der SPÖ.)

Aus einer Firma machen sie zehn und behaupten hier, das funktioniere dann besser. Machen Sie das in Ihren Privatfirmen auch, Sie, die Unternehmer da? Jede Raiffeisen­bank in zehn Teile zerlegen, jedes Lagerhaus in zehn Teile zerteilen? (Lebhafter Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe.) Herr Neudeck zerteilt seine Immobilienfirma in zehn Teile, denn dann geht es ihr nämlich viel besser. – Sie muten den Menschen wirklich viele Dinge zu!

Die Eisenbahner sind jedenfalls kompromissbereit, ihre Vorschläge sind mäßig und moderat, und ich bitte Sie, dafür zu sorgen, dass es im Verkehrsausschuss genug Zeit gibt, um nicht nur Ihre Experten zu hören, sondern auch die Experten, die anderer Mei­nung sind. (Abg. Dr. Glawischnig: Aus den Bundesländern! Zum Beispiel aus Vor­arlberg!) Ich glaube, dass der Rechnungshof, ich glaube, dass die Professoren für Eisen­bahnwesen, ich glaube, dass auch die Landesregierungen, die Ihnen nahe ste­hen und sagen, so gehe es nicht, qualifizierte Stimmen sind, die zumindest das gleiche Recht auf Gehör haben wie Ihre Experten.

Zum Schluss noch eines ins Stammbuch geschrieben: Ein Kompromiss ist, womit bei­de Seiten gerade noch zufrieden sein können. Es ist kein Kompromiss, wenn der eine sich auf Kosten des anderen brutal durchsetzt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Bra­vorufe und Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

18.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte.

 



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18.09

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Nach all dieser Emotion und dieser Polemik sollte man doch auch wieder die Fakten sprechen lassen. (Abg. Dr. Bauer: Wer betreibt da Polemik?)

Ich darf Ihnen schon etwas sagen, sehr geehrte Funktionäre der Sozialdemokraten: Sie haben sich das falsche Aufmarschgebiet gesucht, um wieder einmal gegen die Re­gie­rung zu polemisieren (Abg. Broukal: Sagen Sie uns ein besseres Aufmarsch­ge­biet!), Sie haben sich das falsche Instrumentarium gesucht, um gegen die Regierung an­zutreten. So lange die Donnerstag-Demonstrationen waren, na ja gut, da ist halt am Ring alles stillgestanden. Dann sind unter anderem Demonstrationen gekommen – zum Beispiel gegen die Pensionsreform –, bei welchen Sie versucht haben, die Straße mobil zu machen. Aber was jetzt kommt und was gegenwärtig geschieht, dass über Ihre Gewerkschafter der Österreichischen Bundesbahnen Hunderttausende Österrei­che­rin­nen und Österreicher zu Schaden kommen, das haben einzig und allein Sie zu verantworten, das sage ich Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Broukal: Weil Ihre Leute nicht verhandeln wollen!)

Aber kommen wir zu den Fakten. Sprechen wir, weil Sie vom Rechnungshof ge­sprochen haben, einmal über die Kritik des Rechnungshofes, der wortwörtlich sagt: Privilegien des ÖBB-Dienstrechtes verursachen jährlich Mehrkosten von 350 Millio­nen €. – Das ist doch wohl auch bei Ihnen unbestritten, oder? Das ist doch so? – Es ist unbestritten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann kritisiert der Rechnungshof weiter: Ab dem 50. Lebensjahr sind durchschnittlich 71,5 Kalendertage im Jahr Krankenstand. – Unbestritten.

Rechnungshof: Die letzten drei Jahre vor der Pensionierung 99 Krankenstandstage pro Jahr und Dienstnehmer. – Da stimmt doch irgendetwas nicht! (Abg. Broukal: Weil Sie 100 Tage für das Pensionsverfahren brauchen!) Wenn der Rechnungshof das fest­stellt, so ist das das beredteste Zeichen dafür, dass eine Reform notwendig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Broukal: Sie brauchen 134 Tage, um einen Eisenbahner zu pensionieren!)

Wir diskutieren hier zwar sehr emotional, vergessen aber oft die Fakten. (Abg. Reheis: Ja, Sie zum Beispiel!) Die Richtlinien im Eisenbahnpaket der Europäische Union, mei­ne Damen und Herren, machen diese Reform notwendig. Es ist nicht Jux und Tollerei, die uns veranlassen, hier eine Reform durchzuführen. Es sind dringende Notwendig­keiten finanzieller Natur, vor allem ist es notwendig, dem EU-Eisenbahnpaket gerecht zu werden. Das ist doch auch unbestritten.

Jahrzehntelang ist nichts geschehen. Was ist denn das Ergebnis? – Das Ergebnis ist, dass der Betrieb der Österreichischen Bundesbahnen den Staat, den Steuerzahler jährlich 3,3 Milliarden € kostet. Stimmt das? – Natürlich stimmt das. Es ist unbestritten. (Abg. Broukal: Sie können doch nicht sagen, dass nichts passiert ist!) Wissen Sie, was das für Dimensionen sind? – Das ist das Dreifache des Verteidigungsbudgets. Das ist wesentlich höher als das Aufkommen an Einkommensteuer aller Österrei­che­rin­nen und Österreicher in einem Jahr, meine sehr geehrten Damen und Herren. Da geht es um einen großen Brocken. Hier ist die Reform nun einmal notwendig.

Lassen wir die Privilegien aus, damit die Diskussion nicht allzu polemisch wird. Sie selbst kennen die Privilegien gut genug. Reden wir doch über die Reformen, die wir machen wollen. (Abg. Broukal: Ja, reden wir! Nicht diktieren! Reden!) Da ist nämlich, gerade was das Dienstrecht betrifft, gar nichts so Dramatisches, es wird nur von Ihnen hochstilisiert. Gekündigt kann nur werden, wer sich partout gegen jede sinnvolle Be­schäftigung wehrt. (Abg. Broukal: Was ist das für eine Reform? Das gilt ohnehin auch


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jetzt schon für jeden!) Ansonsten gilt nach wie vor das, wie es bereits jetzt besteht, meine Damen und Herren.

Auch bei der ÖBB-Dienstleistungsgesellschaft – Sie werden sich in der Zwischenzeit ja den Gesetzentwurf angesehen haben – geht es doch darum, dass es eine Zumut­barkeitsschranke gibt, da geht es darum, dass es eine Interessenschutzklausel gibt. Es sind die Arbeitsplätze aller ÖBB-Mitarbeiter, wenn sie arbeiten wollen, weiterhin ge­sichert. Das ist ja auch eine Notwendigkeit, damit es verfassungsrechtlich hält. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Mainoni! Irgendwo am Anfang oder am Schluss sollte das Wort „Fristsetzung“ noch vorkommen. – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Präsi­dent.

Dieser Fristsetzungsantrag ist leider Gottes notwendig geworden, weil wir erkennen, dass die Opposition dieses Instrumentarium, nämlich die Verzögerung in der parlamen­tarischen Beschlussfassung, plant. (Abg. Dr. Glawischnig: Genau!) Wir lassen uns die Reformen auch nicht durch die Opposition bremsen und eindämmen (Abg. Dr. Gla­wischnig: Vorbeugende Knebelung soll das sein!), denn die Reformen sind notwendig für Österreich, vor allem für die Steuerzahler und letztendlich für diejenigen, die jetzt da draußen stehen und durch diese Streiks Nachteile haben, Schwierigkeiten haben, Probleme haben (Abg. Broukal: Durch Ihre Ungeheuerlichkeiten!) – Probleme, Schwierig­keiten und Nachteile, für die letztendlich Sie verantwortlich sind! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Letzter Redner in dieser Firstsetzungsdebatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.(Abg. Wittauer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Öllinger –: Hoffentlich kommt jetzt einmal ein ordentlicher Beitrag!)

 


18.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Fristsetzungsantrag ist eine Provokation. Er ist mehr als eine Provokation, und Sie sollten das auch begreifen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regie­rungsparteien, weil die Fristsetzung ja nicht das bedeutet, was uns hier Klubobmann Scheibner suggeriert oder zu suggerieren versucht, nämlich verhandeln, verhandeln, ver­handeln, sondern weil sie Verhandlungen geradezu ausschließt, Herr Kollege Mol­terer. Dieser Fristsetzungsantrag bedeutet Folgendes: Am 2. Dezember wird diese Sa­che im Plenum behandelt, egal, ob im Ausschuss verhandelt worden ist oder nicht. So schaut die Sache aus! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wir wollten ja verhandeln!) Das ist eine Provokation nicht nur des Parlaments, sondern natürlich auch für die draußen, die streiken, denn die wollen verhandeln. (Abg. Scheibner: Ach so? Aber nicht die Gewerkschaft!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Eines ist doch klar: Der Ausschuss oder der Unterausschuss des Parlaments ist nicht der Ort, wo die Eisenbahnergewerkschafter verhandeln können. Das wollen Sie auch nicht. Sie machen eine Fristsetzung, um Verhandlungen geradezu auszuschließen. Daher, Herr Kollege Scheibner, kommt das einer Kriegserklärung an die Gewerkschaft gleich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist ein Vokabular! Das ist ungeheuerlich! Kriegserklärung!)

Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, müssen sich klar sein, was Sie da anfangen. Niemand in diesem Land wird bestreiten, dass die


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Regierung in dieser Sache auf dem längeren Ast sitzt, aber was Sie damit riskieren, das ist Ihnen offensichtlich völlig egal. (Abg. Scheibner: Und was Sie mit den Streiks riskieren?) Von allen Stellen wird Ihnen zugerufen: Diese Reform, so wie sie vorge­schlagen wird, macht keinen Sinn, ja im Gegenteil, sie ist unsinnig! Das sagt Ihnen der Rechnungshof, das sagt Ihnen die Vorarlberger Landesregierung, das sagt Ihnen die Kärntner Landesregierung, das sagen Ihnen die Verkehrslandesräte aus den Bundes­ländern. Ja, von wem möchten Sie es denn sonst noch hören, wenn Sie es schon von der Opposition oder von den Streikenden nicht annehmen können? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Von Ihnen vielleicht!)

Was Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, wollen, ist, die Ge­werk­schaften und eine Gewerkschaft, die Ihnen besonders unangenehm ist, weil sie eben rot, sozialdemokratisch ist, niederzuringen, sodass sie lange nicht mehr wieder aufstehen können. Das britische Beispiel, das jetzt der Herr Kukacka am Beispiel der Eisenbahnreform schon gelobt hat – er lässt sich das nicht schlecht machen –, dieses britische Beispiel will auch im Umgang zwischen Regierung und Gewerkschaften von dieser Bundesregierung nachgeahmt werden. Sie wollen das, was die Frau Thatcher mit den Bergarbeitern gemacht hat, in Österreich noch einmal wissen. Sie wollen es wissen, ob es in Österreich auch so geht.

Was Sie riskieren, ist der soziale Frieden, das soziale Klima, die Bereitschaft und die Fähigkeit, zu verhandeln. (Abg. Scheibner: Das ist eine Umkehrung der Tatsachen!) Das riskieren Sie, das geben Sie auf!

Herr Klubobmann Scheibner, Sie haben gesagt, wochenlang wurde verhandelt. – Das stimmt nicht! Anfang August hat Herr Kukacka die Reform zum ersten Mal mit einer Meldung angekündigt, Ende September kam dann der Begutachtungsentwurf; Ende September, Anfang Oktober. (Abg. Scheibner: Es ist vorher verhandelt worden!) Fünf Wochen sind seither vergangen, wenn man die Feiertage abzieht, nicht viel mehr. Das war die Zeit für Verhandlungen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Ell­mauer: Wir haben jetzt November! Von August bis jetzt sind vier Monate!)

Ich sage Ihnen eines: Der Herr Staatssekretär Kukacka hat die ÖBB-Reform Anfang August mit dem berühmten Satz, der leider in diesem Haus und auch draußen schon fast wieder vergessen ist, eingeleitet, der da lautet: Wären die ÖBB ein normales Un­ternehmen, müssten sie in Konkurs gehen. – Das sagt der Eigentümervertreter dieses Un­ternehmens! Der Eigentümer sagt über sein eigenes Unternehmen, es müsste eigentlich in Konkurs gehen. Das ist Ihre Vorstellung! (Abg. Scheibner: Es ist ja kein normales Unternehmen!)

Wozu Herr Kukacka diese ÖBB machen will, ist eben zu einem ganz normalen Unternehmen, aber nicht zu einem, sondern zu zehn, um sie in den Konkurs zu schicken. So schaut die Realität aus! Mit dieser Reform werden keine Einsparungen erzielt, das wissen Sie genau (Abg. Scheibner: 1 Milliarde €!) – das hat der Rech­nungs­hof bestätigt, das bestätigen die Bundesländer –, trotzdem ziehen Sie die Reform durch. Kukacka wird nur von einem übertroffen, der in vielerlei Hinsicht ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... unübertrefflich ist – danke, Herr Präsi­dent –, von Finanzminister Grasser, der gesagt hat: Als nur der Bereich Personen­ver­kehr gestreikt hat, habe ich mich gefreut. Wenigstens kein Defizit! – Diesen Zynismus leisten sich nur Vertreter der Regierungsparteien. Das ist beschämend. (Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

18.19

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, dem Verkehrsausschuss zur Be­richterstattung über die Regierungsvorlage 311 der Beilagen betreffend Bundesbahn­strukturgesetz 2003 eine Frist bis zum 2. Dezember 2003 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Fristsetzungsantrag ist mit Mehrheit angenommen. (Ruf bei der SPÖ: Bravo, Neugebauer! Bravo!)

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 19 und 20 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wöginger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.20

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen zurück zur Diskussion um die Jugend in diesem Land. Grundsätzlich ist es ja positiv zu bewerten, dass anscheinend alle Fraktionen in diesem Haus das Beste für die Jugend wollen. Wenn man jedoch genauer hinschaut, zum Beispiel bei den Mandaten, also bei der direkten Jugendmitbestimmung, dann sieht man ein etwas anderes Bild. Ich habe hier Daten vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung nach den Gemeinderatswahlen. Die ÖVP hat insgesamt 4 900 Mandate, die SPÖ hat 3 558 Mandate. Die ÖVP hat 399 Mandatare, die unter 30 Jahren alt sind, die SPÖ 203. Das ergibt einen pro­zentuellen Anteil bei der ÖVP von 8,14 Prozent, bei der SPÖ von 5,7 Prozent.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da haben Sie die Hausaufgaben nicht end­erledigt. Bei uns wird die Jugend auch bei den Mandaten eingebunden. Sie reden nur davon. Dieser Vergleich macht uns sicher! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ein weiterer Punkt in diesem Zusammenhang ist die geforderte Wahlalterabsenkung. Wir sollten hier die jungen Menschen mit einbinden und befragen, ob sie das über­haupt wollen, und keine Zwangsbeglückungen durchführen, meine Damen und Herren von der SPÖ. Die Jugendlichen sollen selbst entscheiden, ob sie das wollen oder nicht. Wir haben sie in Oberösterreich befragt, 1 014 Jugendliche zwischen 11 und 25 Jah­ren. Wissen Sie, was da herauskam? – Nur 14 Prozent sprachen sich für einen frü­heren Wahlgang aus. Dass die Altersgrenze wichtig ist, sagten 70 Prozent, dass erst später gewählt werden soll, 9 Prozent, und 7 Prozent machten keine Angabe.

Auch der Sinn vom Wählen ab 16 Jahren wurde abgefragt, wieder diese 1 014 Jugend­lichen: Sie wurden gefragt, ob es bei Nationalratswahlen sehr sinnvoll oder sinnvoll ist, ab 16 Jahren zu wählen. Da sagten 28 Prozent, dass es sehr sinnvoll oder sinnvoll ist, und 68 Prozent, dass es weniger oder gar nicht sinnvoll ist. 4 Prozent machten keine Angabe. – Dieses Ergebnis muss man doch zur Kenntnis nehmen, wenn man die jungen Menschen befragt, ob sie das wollen oder nicht. Bei uns in Oberösterreich ist das nicht der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek, wenn Sie sagen, die ÖVP fürchte sich vor einer Wahlaltersenkung, dann muss ich Ihnen nach den Landtags- und Gemeinderatswahlen in Oberösterreich Daten über das Wahlverhalten nach dem Alter, also von 18 bis 29 Jahren, entgegenhalten: Da hat die ÖVP einen Anteil von 37 Prozent, die SPÖ einen Anteil von 32 Prozent, die FPÖ einen Anteil von 12 Prozent und die Grünen


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einen Anteil von 18 Prozent. Wir brauchen uns vor einer Senkung des Wahlalters also nicht zu fürchten. Allerdings wollen wir das nur dann machen, wenn auch die Jugend das will. Doch das will sie nicht bei uns in Oberösterreich. Das sollten Sie als De­mokraten zur Kenntnis nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Ich komme zum Schluss. Bei uns, bei der Österreichischen Volkspartei, wird die Ju­gend auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene in die Entscheidungsprozesse mit eingebunden, und wer die Jugend hat, der hat die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das sind wir! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Bravorufe bei der ÖVP.)

18.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. Er hat das Wort.

 


18.24

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich stelle vorerst einmal fest: Von der Regierung ist anscheinend niemand mehr für die Ju­gend zuständig. (Bundesminister Mag. Haupt nimmt auf der Regierungsbank Platz.) Sie, Herr Minister Haupt, sind für die Jugend zuständig? (Bundesminister Mag. Haupt bejaht dies!) – Gut, ich nehme das zur Kenntnis.

Liebe Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Zukunft der Jugend ist mir als so­zialdemokratischem Abgeordneten natürlich ein besonders großes Anliegen. Im vorliegenden Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Fuhrmann von der FPÖ werden unter anderem der Herr Bundeskanzler, der Bundesminister für Finanzen so­wie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht, eine Umverteilung in der Lebens­verdienstkurve im öffentlichen Dienst zu ermöglichen sowie an die Sozial­partner heranzutreten, diesem Vorhaben auch in der Privatwirtschaft zum Durchbruch zu verhelfen. So lautet jedenfalls die Passage des Antrages.

Es geht also in der Debatte auch um die Umverteilung in der Lebensverdienstkurve. Jeder von Ihnen weiß, dass das nicht sehr einfach ist, aber es ist auch nicht unmöglich.

Eine Voraussetzung, wenn man von Lebensverdienst und von Lebensverdienstkurve spricht, auf die ich besonders hinweisen möchte, ist jedenfalls, dass auch ein Arbeits­platz während des gesamten Lebens zur Verfügung steht, denn nur dann gibt es einen Verdienst und eine Verdienstkurve. Wenn sich die Österreichische Volkspartei Sorgen um die Jugend macht, was an sich zu begrüßen ist, dann muss ich sagen, dass ich mir Sorgen über die Jugendarbeitslosigkeit mache, weil genau für einige Tausend in un­serem Land eben kein Verdienst, keine Verdienstmöglichkeit und keine Chancen für die Zukunft dargestellt werden können. Es wurde eben von der Volkspartei in der Ver­gangenheit zu wenig für die Jugend im Bereich der Beschäftigung getan. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke, dass es in einer Debatte, in der es wirklich um die Zukunftschancen der Jugend geht, notwendig ist, auch auf dieses Versäumnis insbesondere der Volkspartei hinzuweisen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Verteilung ist auch Umverteilung. Wenn ich die In­tentionen des Antrags der Frau Abgeordneten Fuhrmann richtig verstehe, so geht es darum, auch für Junge mehr Verdienst zu haben, also in Richtung Jugend zu verteilen. Ich meine, man soll bei dieser Verteilungsdiskussion auch daran denken, dass man auch für jene etwas tut, die wenig verdienen, also nicht nur jung sind, sondern auch wenig verdienen. Vielfach ist das die gleiche Zielgruppe.


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Dabei erzielten die Gewerkschaften, die vielfach jetzt verschmäht werden, in unserem Land schon einige Erfolge. Ich erinnere daran, dass beispielsweise in vielen Kollektiv­verträgen eine stärkere Berücksichtigung der unteren Einkommen und damit auch eine Bevorzugung Junger gelungen sind und dass beispielsweise in Kollektivverträgen heu­te schon Lehrlingsentschädigungssätze im letzten Lehrjahr von über 1000 € gang und gäbe sind, wie beispielsweise in der Metallindustrie.

Die Höhe des Verdienstes ist, wie ich meine, eine Frage der Gerechtigkeit. Die Um­verteilung in der Lebensverdienstkurve ist das eine. Aber brauchen wir in Unterneh­men, in Betrieben, in Konzernen nicht vielleicht auch eine Diskussion über die Um­ver­teilung der Verdienste insgesamt?

Ich zitiere aus der Oktober-Ausgabe des „trend“. Darin wird über Peter Michaelis Fol­gendes geschrieben:

„Der ÖIAG-Vorstand bezieht für seine bei der Voest-Privatisierung klar zutage ge­tretenen Fähigkeiten ein Jahresgrundgehalt von 320.633 Euro, eine maximale Erfolgs­prämie in derselben Höhe und einen Mietzuschuss von 43.604 Euro. Somit bringt er es auf stattliche 684.870 Euro Jahresgehalt.“

Das sind mehr als 9,4 Millionen Schilling Jahresgehalt, und wir reden von Lebens­verdienstkurven und einer Umverteilung zugunsten der Jugend. Ich frage, sehr ver­ehrte Damen und Herren: Ist es sozial gerecht, dass der ÖIAG-Boss in einem Jahr so viel verdient wie ein durchschnittlicher Schicht- oder Schwerarbeiter bei der Voest in 20 Jahren? Ich denke also, Fair Play für die Jugend hat auch viel damit zu tun, wie die Einkommensunterschiede in den Unternehmen, im öffentlichen Dienst oder in Institutionen der Republik gesehen werden zwischen jenen, die wenig verdienen, und jenen, die das meiste verdienen und die in der oberen Etage sitzen.

Sehr verehrte Damen und Herren! Möge dieser ÖVP-Antrag, den die SPÖ unterstützt, auch ein Beitrag zur Wiedererreichung der sozialen Gerechtigkeit bei den Einkommen in Österreich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


18.30

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dieser Antrag Fair Play für die österreichische Jugend ist ein guter Antrag, ein guter Ansatz, um die Interessen der österreichischen Jugend zu verwirklichen. Sämtliche Dinge sind auch schon im Regierungsübereinkommen integriert, wie zum Beispiel die Schaffung einer Kinder- und Jugendverträglichkeitsprüfung bei Gesetzesvorhaben. Ich glaube, das ist etwas ganz Wichtiges. Es gibt dadurch einen Jugendcheck, der die Fairness zwischen Jung und Alt sichert. Das betrifft auch die Pensionen. Ich glaube, die einzelnen Fragen liegen da gar nicht so weit auseinander.

Ich persönlich mache kein Hehl daraus, dass es auch mir darum geht, die Jugend­lichen immer mehr einzubinden. In Kärnten hatten heuer bei den Kommunalwahlen im Frühjahr bereits 16-Jährige die Möglichkeit, zu wählen. Die sind auch hingegangen. Die Wahlbeteiligung war ungefähr gleich groß wie jene der Gesamtbevölkerung. Das hat sich auch im Burgenland bestätigt. Ich muss sagen, man sollte die Senkung des Wahlalters prüfen. Ich weiß auch, dass für Jugendliche Wahlen, die vor allem das un­mittelbare Umfeld betreffen, von größerem Interesse sind. Das ist bei Kommunal­wah­len so, das ist unter Umständen auch bei Landtagswahlen so, vor allem aber in Be­trieben, bei Jugendvertrauensräten und in diversen Organisationen, wo sie mitwählen können. Studien haben auch ergeben – das sagt auch der Jugendbericht –, dass nur


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knapp die Hälfte der Jugendlichen für eine Senkung des Wahlalters plädiert, noch we­ni­ger sprechen sich für eine Abschaffung der Altersgrenze aus. Allerdings sehen sie es als eine Kompetenzfrage an, wählen zu dürfen.

Jugendliche sind vor allem gesellschaftspolitisch interessiert und orientiert und arbeiten gern an Projekten mit, welche die Freizeitgestaltung und die Bildung betreffen. Bei den Kommunal- und Landtagswahlen handelt es sich natürlich um Länderkompetenz. Wenn ich den Antrag „Das Wahlalter senken“ der Kolleginnen Heinisch-Hosek und Mag. Kuntzl betrachte, dann muss ich sagen: Planstellen für Kinder- und Jugend­ange­legenheiten, Jugendgemeinderäte und so weiter zu schaffen, das fällt nicht in die Kom­petenz des Bundes, sondern in die Kompetenz der Länder.

Innerhalb von Interessenvertretungen, innerhalb von politischen Vertretungen, den Par­teien, wollen die Jugendlichen ihre Ideen einbringen, und ihre unmittelbaren Bedürf­nisse wollen sie dort auch umgesetzt sehen. Bedürfnisse sind die Triebfeder jedes mensch­lichen Handelns. Das Interesse an Politik im Allgemeinen wird aber erst ab dem 25. Lebensjahr durch persönliche Entwicklung verstärkt, was aber nicht heißt, dass das Wahlalter hinaufgesetzt werden soll, sondern das Interesse wird dann einfach größer. Den Jugendlichen die Politik schmackhaft zu machen – das haben mir auch Fachleute bestätigt –, ist ungefähr gleich schwer, wie ihnen anstatt süßer Speisen und Getränke bittere schmackhaft zu machen. Das muss uns auch zu denken geben.

Künftig können aber alle Österreicherinnen und Österreicher, die am Wahltag das 18. Le­bensjahr vollendet haben, bei Nationalratswahlen, bei Bundespräsidentenwahlen und bei Wahlen des Europäischen Parlamentes wählen. Gleiches gilt auch für Volks­abstimmungen und Volksbefragungen.

Geschätzte Damen und Herren! Persönlich habe ich überhaupt kein Problem mit dem Absenken des Wahlalters, mit der Möglichkeit des Wählens ab dem 16. Geburtstag, aber wir sollten das in jenen Ländern beobachten, in welchen das bereits eingeführt ist. Wir sollten Studien berücksichtigen, aber wir sollten nichts übereilen, denn vor allem von der Opposition kommt immer wieder Kritik dahin gehend, dass die Bundes­regie­rung, die Koalitionsparteien das zu schnell machen. Es sei nicht ausgegoren. Schlag­wort: speed kills. Wir werden das mit dem Koalitionspartner absprechen. Wenn die SPÖ schon so erpicht darauf ist, das Wahlalter zu senken, dann muss ich dem entge­genhalten, dass im Jahr 1998, als Kollege Abgeordneter Dr. Martin Graf einen Antrag auf Absenkung des Wahlalters hier im Hohen Haus eingebracht hat, die SPÖ mit ihrem Koalitionspartner, der ÖVP, diesem Antrag nicht zugestimmt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Langreiter. Ich sehe, es sind 3 Minuten vorgeschlagen. – Bitte.

 


18.35

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Generationen­minis­ter! Geschätzte Damen und Herren! Fair Play für die Jugend – das wünscht sich auch die Jugend von den Volksvertretern, und zwar gerade zu einem Zeitpunkt, zu dem das Umgehen miteinander vielleicht doch auch etwas lautstark ist und sich auch die Ju­gend darüber Gedanken macht, warum man einander immer wieder befetzen und immer lautstark argumentieren muss.

Unter diesem Titel „Fair Play für die Jugend“ versteckt sich aber auch etwas anderes, näm­lich ein brisantes Themenfeld, das auch den Generationenvertrag betrifft. Vielleicht ist das Wort „Generationenvertrag“ auch etwas zu negativ besetzt. Es wäre besser, von Generationensolidarität zu sprechen. Diese Generationensolidarität kommt dieses


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Mal von einer anderen Seite, nämlich auch von Seiten der Jugend. Das ist ganz etwas anderes, eine ganz andere Seite, denn viele Diskussionen drehen sich zumeist nur um die Ansprüche der Damen und Herren im mittleren und gesetzteren Alter. Selten oder nie kommt das also auch von der Jugend. Somit ist also dieser Antrag, den die Junge ÖVP gemeinsam mit den Jugendvertretern unseres Regierungspartners eingebracht hat, wirklich ein erster großartiger Schritt, über Maßnahmen nachzudenken, und vor al­len Dingen auch, sich Ziele zu stecken.

Es ist ein legitimer Aufschrei der Jugend, denn letztendlich ist die Jugend interessiert am politischen Diskussionsprozess und auch interessiert an einer verstärkten Bewusst­seinsbildung für die Politik. Es geht auch um die Interessen der Politik, es geht um die Interessen, die wir Politikschaffende auch entsprechend umzusetzen haben.

Die Bewusstseinsbildung bei den Jugendlichen ist aber leider nicht sehr stark. Um­fragen zufolge beurteilen 69 Prozent die Demokratie als eine gute Staatsform. Diese Be­wusstseinbildung kann nicht durch das Herabsetzen des Wahlalters verbessert werden, sondern es ist wichtig, dass junge Menschen in den politischen Entschei­dungs­prozess eingebunden werden.

Meine Damen und Herren! Heute ist bereits die wirtschaftliche Situation, die Antiju­gend­politik angesprochen worden, und zwar, wie ich meine, auch von Frau Kollegin Heinisch-Hosek. Letztendlich zählen aber auch die Maßnahmen, welche diese Bun­desregierung gesetzt hat: zum einen das Beschäftigungspaket im letzten Jahr (Zwi­schenruf der Abg. Heinisch-Hosek), auch Schaffung von Lehrgangsplätzen; jeder Ju­gend­liche hat einen Lehrgangsplatz, einen Ausbildungsplatz und Lehrlingsplatz. Heuer werden 200 Millionen € zur Verfügung gestellt, damit die Jugendbeschäftigung auch das entsprechende Votum bekommt. Das ist ein Pakt für die Jugend, der die Jugend auch in eine entsprechende Zukunft führt.

Noch schnell ein Zweites – die Zeit läuft mir davon, mich macht das rote Licht auch närrisch –: Heute wurde auch das Kinderstimmrecht angesprochen. Ich gebe Ihnen Recht, Frau Kollegin Kuntzl – Sie brauchen zwar jetzt nicht aufzupassen, aber ich sage es Ihnen trotzdem –, dass wir von diesem Kinderstimmrecht noch weit entfernt sind. Aber auch Kinder haben Rechtspersönlichkeit, sind Rechtsträger und können erben, können Aktien erwerben, und das alles im Rahmen ihrer gesetzlichen Vertretung.

In Deutschland ist – glaube ich zumindest, sofern das stimmt, was ich gehört habe – mittlerweile auch ein Antrag betreffend Kinderstimmrecht von allen in Deutschland im Parlament vertretenen Parteien eingebracht worden, in welchem unter anderem auch steht, dass die Minderjährigen, die Kinder auch zum Volk gehören. Von diesem gehen ja die Demokratie und alle Macht aus. Letztendlich sollte man ihnen das Grundrecht des Wahlrechtes nicht vorenthalten, weil letztendlich auch da die Gleichheitswidrigkeit zum Vorschein kommen könnte.

Meine Damen und Herren! Laufen wir nicht Gefahr, dass wir den Jugendlichen zu viel freien Raum nehmen! Geben wir ihnen diesen Freiraum, den sie in der kurzen Zeit auch haben! Die Zukunft der Jugend liegt uns und auch Ihnen sehr am Herzen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


18.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine ge­schätz­ten Damen und Herren! Zu dieser Thematik wurde bereits sehr viel gesagt. Es ist in einigen Redebeiträgen auf das Wahlverhalten und das Wahlalter eingegangen


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worden. Wir haben uns ja in Kärnten – mein Vorredner Sigi Dolinschek hat es bereits erwähnt – mit dieser Thematik beschäftigt. Heuer konnten bei den Gemeinderats­wah­len Jugendliche ab 16 wählen. Es war nicht nur sehr interessant, zu beurteilen, wie die Leute gewählt haben, sondern auch das Wahlverhalten. Wir haben uns in einigen Po­diumsdiskussionen sehr intensiv mit den jungen Leuten dort auseinander gesetzt. Das Interessante war, dass die neuen Erstwähler, die in Kärnten mit 16 wählen durften, auf kommunaler Ebene eigentlich sehr stark an die Personen gebunden waren.

Das heißt, sie haben sich irrsinnig stark danach gerichtet, wer zu wählen war. Ich glaube, das ist auch ein interessanter Zugang, und deswegen ist eine gewisse Vorsicht bezüglich der Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre angebracht, weil man in diesem Alter sehr oft nur die Personen wählt. (Zwischenruf der Abg. Heinisch-Hosek.) – Ich habe gesagt: auf 16 Jahre. Man wählt Leute, die man kennt.

Ich bin auch der Meinung, dass man aufpassen sollte, dass man diese jungen Leute nicht für Parteipolitik missbraucht. Ich glaube, sie sind sicher sehr sensibilisiert und sehr gefährdet, parteipolitisch missbraucht zu werden. Davor würde ich warnen, weil ich davon überzeugt bin, dass damit der Zug in die falsche Richtung fahren würde und wir damit das Gegenteil erreichen würden, nämlich Politikverdrossenheit.

Wenn man sieht, wie offen Sie der Politik gegenüber stehen, wenn sie davon mehr oder weniger im privaten Bereich in Ruhe gelassen werden, dann, meine ich, sollte man das auch wahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Prinzipiell glaube ich, dass junge Leute an Politik nur dann interessiert sind und Politik nur dann wahrnehmen werden, wenn wir es erreichen, sie attraktiv zu machen. Des­wegen würde ich mir als zweitjüngster Abgeordneter meines Klubs wünschen, dass man über alle parteipolitischen Grenzen hinweg diesbezüglich eine Konsensmaterie schafft. Das ist ein Thema, das für uns gut genug sein sollte oder nicht zu schade sein darf, um einen Konsens zu finden, indem man einmal von dieser Parteipolemik, von der auch ich sehr oft beeinflusst bin, Abstand nimmt und etwas Vernünftiges erreicht.

Wir stehen dem sehr offen gegenüber. Wir stehen auch der jetzigen Diskussion sehr offen gegenüber, dass wir mit diesen Akzent neue Anreize schaffen wollen. Die Frei­heitlichen werden sich der Jugendarbeit auch sicherlich in den nächsten Jahren an­nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


18.42

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätz­te Damen und Herren! Da uns Kollegin Heinisch-Hosek versprochen hat, dass Sie den Antrag bei der nächsten Familienausschusssitzung wieder einbringen wird, möchte ich nur zwei Anregungen oder Ergänzungen dazu machen.

Zum einen: Wenn man schon davon spricht, die Jugend mehr einbinden zu wollen, dann würde ich vorschlagen, das Briefwahlrecht einzuführen, denn dann könnten die Jugendlichen wirklich wählen. Die Jugendlichen sind sehr mobil, und gerade die Jugend würde die Möglichkeit des Briefwahlrechts auch beanspruchen. Daher sollten wir zuerst die Briefwahl einführen, und dann reden wir weiter. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit der Briefwahl hat die SPÖ bis jetzt immer Probleme gehabt, aber vielleicht schwingt man sich doch dazu auf.

Zweiter Punkt: Ich bitte darüber nachzudenken, dass Sie per Gesetz einen Jugend­beirat, einen Jugendgemeinderat verordnen wollen. Kollege Wöginger hat die Zahlen von Oberösterreich genannt. Wahrscheinlich ist es in den anderen Bundesländern


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ähnlich. Ich würde Folgendes vorschlagen: handeln und nicht nur reden! Schauen Sie sich Beispiele an!

Zwei Beispiele darf ich bringen. Sie können durchaus mit Ihrem Kollegen Gaßner darü­ber reden, der für die SPÖ im Gemeinderat als Schwerpunkt das Thema junge Leute hat. Reden Sie einmal mit Ihrem eigenen Fraktionskollegen! Zweites Beispiel: Nun darf ich die eigene Heimatgemeinde anführen: Von neun Gemeinderäten sind zwei unter 30 Jahre alt, und der erste Ersatzgemeinderat ist 22 Jahre alt.

Daher: Nicht nur reden, sondern handeln und die Jugend einbinden! Darum geht es! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Frei­wil­lige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.44

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin immer wieder über die Argumentation der Regie­rungsparteien verblüfft, was die Wahlbeteiligung und das Wollen junger Menschen, an Wahlen teilzunehmen, betrifft.

Dann wird damit argumentiert, dass die Jugend eigentlich gar nicht wählen möchte. Es wird auf Studien verwiesen, bei denen all das zutage tritt. Ich habe Ihnen schon mehr­mals klarzumachen versucht, dass diese Studien sehr differenziert zu betrachten sind, weil nämlich die Jugend eine relativ breite Palette signalisiert. Man wird draufkommen, dass eigentlich jene, die schon wahlberechtigt sind, sagen, die Jüngeren bräuchten noch nicht zu wählen, und wenn man genau jene befragt, die es betreffen würde, dann kommt man zu ganz anderen Zahlen.

Im Übrigen brauchen Sie sich nur die Wahlbeteiligung anzuschauen, und da frage ich mich schon: Wird der Unterschied eigentlich wahrgenommen? Sie sagen, die Jugend wolle gar nicht wählen, und jedes Mal, wenn es erlaubt wird und sie bei Gemein­de­ratswahlen, bei Kommunalwahlen wählen können, stellt man fest, dass es eine extrem hohe Wahlbeteiligung gab. Jugendliche wählen in einem höheren Ausmaß als Erwach­sene. Das sollte zu denken geben!

Ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht die große Befürchtung der ÖVP, denn ich nehme mit Verwunderung zur Kenntnis, dass die ÖVP von relativ vielen jungen Men­schen gewählt wird. Das ist für mich zwar nicht ganz nachvollziehbar, und das wird schon seine Gründe haben, aber warum gerade dann von Ihnen seit Jahren die Blockade ausgeht und eine Beteiligungsverweigerung betrieben wird, das kann ich mir eigentlich nicht erklären. Ich würde Sie ersuchen, Ihre Argumente zu überdenken. Wenn es so ist, dass die Jugend im hohen Ausmaß an Wahlen teilnimmt, dann wird es wohl auch daran liegen, dass sie wählen wollen, denn zwingen wird sie niemand dazu. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt, den ich noch ansprechen will: Kollegen Lichtenegger fallen jedes Mal, wenn über Jugend geredet wird, Drogen ein. Das muss offenbar ein manischer Zusam­menhang sein. Das liegt vielleicht an der Zahl von Nahrungsergänzungsmitteln, die man im Laufe seiner Zeit zu sich nimmt. Möglicherweise gibt es auch da Zusammen­hänge. Aber gehen wir auf die Drogensituation selbst ein.

Der Vorwurf an Kollegin Mandak, wir würden wünschen, dass alle Drogen konsu­mie­ren, denn dann geht es allen gut, ist ziemlich weit hergeholt. Sie können in den Unter­lagen über den Drogenbericht 2003, die letzte Woche präsentiert worden sind, nach­lesen, was zum Beispiel zum Thema Cannabis geschrieben wird.


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Erstens einmal ist gefragt worden, wie viele Jugendliche Cannabis konsumieren. Es liegt wohl nicht an der Drogenpolitik der Grünen, dass eine sehr große Anzahl an Jugendlichen mit Cannabis in Berührung kommt. In dem Bericht steht: In Wien waren es im Jahr 2001 31 Prozent. Der größte Wert wurde in Graz festgestellt: 47,9 Prozent der 16- bis 17-Jährigen haben angegeben, Cannabis konsumiert zu haben.

Jetzt frage ich mich nur, Herr Kollege Lichtenegger: Welche Alternative gibt es da? Sol­len wir diese 47,9 Prozent der Jugendlichen einsperren, kriminalisieren? Ist das die Ant­wort auf das Problem? – Es gelingt offenbar weder uns noch Ihnen, zu verhindern, dass Drogen konsumiert werden. Mit Ihrer restriktiven Drogenpolitik gelingt es offenbar genauso nicht. Ich frage Sie, ob das die Antwort ist: Gefängnisse bauen, Jugendliche einsperren, weil sie mit Cannabis in Berührung kommen. – Das ist nicht unsere Antwort, das sage ich Ihnen auch ganz klar!

Im Zusammenhang mit dem Konsum steht in diesem Drogenbericht – ich zitiere daraus, vielleicht haben Sie es noch nicht gelesen –, dies zeige sich auch bei Can­nabis, wobei „der Anteil derer, die im Zusammenhang mit dem Konsum von Cannabis eine Behandlung oder Betreuung benötigen, im Vergleich zur Gesamtheit der Can­nabis-Konsumenten sehr gering“ ist. Das ist genau das, was immer argumentiert wird, nämlich dass das Problem Cannabis ein ziemlich gemachtes ist und dass die Realität anders ausschaut.

Zu bemerken ist aber – er hört jetzt nicht zu, wenn man über Drogenpolitik redet, dann ist das offenbar nicht so interessant –, dass genau das, was wir seit Jahren kritisiert haben, dass nämlich die Kriminalisierung zunimmt, massiv eingetreten ist. Ich gebe aus dem Drogenbericht wieder: Besonders viele Jugendliche werden in Österreich we­gen leichter Drogendelikte inhaftiert. Da geht es nicht nur um Anzeigen!– Im Bericht heißt es weiters: Die Zahl der Haftantritte bei den 14- bis 18-Jährigen stieg im Be­obach­tungszeitraum um 162 Prozent und bei den Inhaftierungen um 68,9 Prozent.

Herr Kollege Lichtenegger, ich weiß nicht, ob dass das Ziel von Drogenpolitik ist. 162 Pro­zent – die Zahl der inhaftierten Jugendlichen hat sich verdoppelt. Es ist offen­bar Ihre Drogenpolitik, zu sagen: Wir sperren sie weg! Wir ignorieren das Problem, Ver­stoße gegen Verbote müssen auch gehandhabt werden! Andere Drogen sind uns egal! Alkoholkonsum ist uns egal, aber bei Jugendlichen, die Cannabis konsumieren, hauen wir mit der Keule des Strafrechts drauf und inhaftieren sie!

Ich sage Ihnen: Das ist nicht unser Zugang, und dazu stehe ich mit gutem Gewissen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 


18.49

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Junge Menschen set­zen auf dauernde demokratische Mitwirkung und nicht nur auf ein politisches Einmal­erlebnis bei einer Wahl.

Herr Abgeordneter Brosz, Sie haben in Zweifel gezogen, ob diese Studien tatsächlich mit 16-Jährigen durchgeführt wurden, daher ich möchte aus diesem Grund ein paar an­füh­ren.

In einer AKS-Umfrage wurden an 39 Wiener Schulen, AHS, BS, BHMS, 13 800 Schü­ler befragt, und davon waren 62,5 Prozent gegen eine Senkung des Wahlalters. Die oberösterreichische Studie wurde auch schon genannt. In dieser wurden 11- bis 25-Jährige befragt, und dabei sprachen sich 70 Prozent für die Beibehaltung des


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Wahlalters mit 18 aus. Es gibt auch eine aktuelle Market-Umfrage, die am 1. Sep­tem­ber dieses Jahres im „profil“ veröffentlicht wurde. Hören Sie zu! Da heißt es: Nur 17 Pro­zent der Befragten befürworten eine Senkung, 83 Prozent sprachen sich dage­gen aus.

Achten wir doch darauf beziehungsweise fragen wir zuerst nach, ob die Jugendlichen, die 16-Jährigen, das wollen, und nehmen wir das dann als Grundlage.

In sehr vielen Regionen wollen einzelne Jugendliche individuelle Erfahrung sammeln und auch mitgestalten. Beispiele dafür sind: Jugendkonvent, Gemeindeparlament, Kin­der- und Jugendparlament, wo sich Jugendliche individuell, eigenverantwortlich und en­gagiert einbringen können. Außerdem beginnt die volle Rechtsfähigkeit, die volle strafrechtliche Verantwortung mit der Volljährigkeit, also mit 18 Jahren. Niemand denkt daran, diese Grenze zu senken. Rechte und Pflichten sollen sich die Waage halten.

Wenn ich mit gleichaltrigen Freundinnen meiner 16-jährigen Tochter über Anforde­run­gen, die an sie gerichtet sind, diskutiere, stellen sich für mich einige Fragen. Denken Sie einmal daran, was wir unseren Jugendlichen noch alles zumuten wollen: Ein Studium ist zu wenig, Doppelstudium, mindestens drei Sprachen, und zwar möglichst mit einem Auslandsaufenthalt, Aufbau des sozialen Netzes, Beziehungsaufbau, Sport, Hobbys, und dann soll, wenn es nach Ihnen geht, noch Zeit für politische Information, politisches Engagement aufgewendet werden. Bleibt da noch Zeit zum Jungsein?

Unter Jungsein verstehe ich: ausprobieren wollen, sich nicht permanent entscheiden zu müssen, auch nicht für alles Verantwortung zu tragen, sich einfach unbeschwert und frei zu fühlen. Als christlich-soziale Volkspartei wollen wir unseren Jugendlichen das ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir kommen nun zu den Abstimmungen, die über die einzelnen Ausschussanträge getrennt vorgenommen werden.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 277 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 27.)

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 278 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Ich stelle fest, dass dieser Bericht mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen wurde.

21. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (248 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (279 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Entschließungsantrag 193/A (E) der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufhebung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld (280 d.B.)


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23. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Entschließungsantrag 194/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbes­serungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (281 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nun gelangen wir als Nächstes zu den Punkten 21 bis 23 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


18.54

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundesminister! Der Regierungsvorlage bezüglich Reparatur des Kinderbetreuungsgeldgesetzes stimmen wir selbstverständlich zu. Das ist eine längst überfällige Korrektur, die in dieser Form natürlich einen Sinn hat. Aus unserer Perspektive gibt es allerdings einen Reparaturbedarf beim Kinderbetreuungsgeld und rund um das Kinderbetreuungsgeld, der bei weitem mit dieser Maßnahme nicht ge­deckt wird.

Seit einigen Tagen liegt ein Bericht der OECD vor, der der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in Österreich ein schlechtes Urteil ausstellt. Die OECD meint, dies sei in Öster­reich besonders schwierig, und schlägt auch einen Maßnahmenkatalog vor, wie man diese Situation verbessern könnte, zum Beispiel indem ein Recht auf Teilzeit eingeführt wird, das Kindergeld flexibilisiert wird, die Zuverdienstgrenze überdacht wird, der Kün­digungsschutz angepasst wird und die Kinderbetreuung ausgebaut wird.

All das sind Maßnahmen, Schritte, die wir seit langem fordern (Abg. Steibl: Das hättet ihr aber schon lange machen können!) und die in unserem Antrag auch enthalten sind, und all das sind Punkte, bei denen wir uns gemeinsam – Sie mit uns – aufraffen könnten, einen Schritt weiterzukommen und sie umzusetzen, wobei wir natürlich beim Recht auf Teilzeit davon ausgehen, dass das ein tatsächlicher Rechtsanspruch sein muss, von dem diejenigen Gebrauch machen können, die das wollen und auch brauchen, und nicht nur ein verschwindender Anteil, so wie das Ihre Regelung, die Sie jetzt vornehmen wollen, vorsieht.

Was die Flexibilisierung betrifft, so geht es darum, ein maßgeschneidertes Modell für Eltern anbieten zu können, das Freiraum schafft, das die Möglichkeit bietet, Kindergeld so zu konsumieren, wie es der jeweiligen Lebenssituation entspricht. Die OECD schlägt vor, dass diejenigen, die das Kindergeld kürzer in Anspruch nehmen, dafür einen höheren Betrag in diesem Zeitraum erhalten sollen. Das entspricht exakt dem Modell, das auch wir in unserem Antrag vorschlagen.

Die Zuverdienstgrenze sollte unserer Meinung nach aufgehoben werden. Insofern unter­stützen wir natürlich auch den Antrag der Grünen. Es ist auch Bestandteil unseres Antrags, weil es eine Systemänderung gegeben hat. Das Kindergeld ist im Unterschied zum alten Karenzgeld kein Ersatz für einen Einkommensverlust mehr, sondern eine Transferleistung, und daher ist die Zuverdienstgrenze nicht plausibel und argu­men­tierbar. Außerdem ist es nach der Pensionsreform, die Sie vorgenommen haben, umso wichtiger, gute Monate zu sammeln, und es darf auch für Frauen keine Hindernisse geben, gute Monate zu sammeln, auch während sie Kindergeld beziehen.

Kündigungsschutz ist ein sehr wichtiger Punkt. Da klaffen die Bezugsdauer des Kin­dergeldes und die Zeit, in der man vom Arbeitsplatz her geschützt ist, auseinander. Es


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wird bald die ersten geben, die ein böses Erwachen haben. Das ist eine Maßnahme, die dringendst notwendig ist.

Über den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen hat es in den letzten Wochen in Österreich eine absurde Debatte gegeben. Wir wissen, dass 90 000 Plätze fehlen. Die Regierung ist nicht bereit, Schritte zu setzen und uns dabei zu unterstützen, dass da etwas auf den Weg kommt. Man wird noch einmal befragen und befragen, bis dann irgendeine Umfrage passt und man die Legitimation hat, nicht zu handeln.

Nichtsdestotrotz gebe ich meine Hoffnung nicht auf. Schauen Sie sich den Antrag noch einmal an! Nutzen Sie ihn als Gelegenheit, den Empfehlungen in diesem OECD-Bericht Rechnung zu tragen! (Beifall bei der SPÖ.)

18.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


18.58

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Zuerst zu Ihnen, Frau Abgeordneten Kuntzl, ein paar Worte: Sie selbst haben in Ihrer Rede gesagt, Studienberichte könne man lesen, wie man will. Ja, ich glaube, so ist es bei der SPÖ. (Abg. Mag. Kuntzl: Das habe ich nicht gesagt!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesen Tagesordnungspunkten betreffend die Vorlagen des Familienausschusses geht es, wie schon gesagt, primär um das Kin­derbetreuungsgeld, das von der Opposition nach wie vor verschmäht wird. Ich lese den OECD-Bericht diesbezüglich ein wenig anders: Das Kinderbetreuungsgeld wird in diesem Bericht gelobt. Es gibt in keinem anderen Land solch eine Unterstützung, und ich zitiere aus dem Bericht: mehr Unterstützung für Kleinkinder als in anderen OECD-Ländern.

Meine Damen und Herren! Nun zur Falschmeldung, dass nur jede vierte Mutter nach der Karenz auf den Arbeitsplatz zurückkehrt. Das wurde in den letzten Tagen in größeren Tageszeitungen geschrieben. Dazu möchte ich anmerken, dass das Kinder­betreuungsgeld erst mit der Geburt ab 1. Jänner 2002 zum Tragen kommt.

Meiner Meinung nach ist es unseriös, jetzt schon Studien darüber zu machen, weil die Einschätzung noch gar nicht möglich ist, da das Kinderbetreuungsgeld – 30 Monate und eventuell noch 6 Monate dazu –, wenn man die gesamte Zeit in Anspruch nimmt, noch nie ausgelaufen ist.

Meine Damen und Herren! Laut Zwischenbericht und Evaluation des Kinderbetreu­ungs­geldes sind vor der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes – das ist auch sehr interessant – 79 Prozent der Mütter/Väter bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes wieder eingestiegen, seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes wollen 93 Pro­zent bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes wieder einsteigen. Meine Frage ist daher schlicht und einfach: Wo liegt dann das Problem, warum wird dann gesagt, dass das Kinderbetreuungsgeld sozusagen Mütter zurück an den Herd drängt? (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Übrigens: Der Herd ist momentan sehr modern, nicht nur in der Wellness-Linie, son­dern auch in vielen anderen Bereichen. Zeitschriften, Illustrierte sind voll damit, und Frauen bekennen sich wieder zum Kochen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber wenn man nur mehr den Herd hat, ist es ein bisschen wenig!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Eine weitere Vereinfachung beschließen wir heute, nämlich dass der Nachweis über die zehn Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes auch verspätet erbracht werden kann. Dies deshalb, weil leider – ich sage


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bewusst: leider – auch Erinnerungsschreiben über den Nachweistermin nicht ausrei­chend waren.

Erlauben Sie mir hier eine persönliche Anmerkung als Mutter: Was ich nicht verstehe, ist, dass ich, wenn ich eine Leistung kostenlos zur Verfügung gestellt und dazu dann auch noch Geld ausbezahlt bekomme, diese Leistung ohne Erinnerung nicht anneh­men kann. Das kann mir eigentlich niemand wirklich erklären.

Ein Punkt zum Antrag der Grünen: Wenn Sie sagen, dass diese Regierung bei der so­zialen Absicherung der Eltern, im Speziellen bei der Maßnahme zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie den Sparstift ansetzt, so sage ich, dass das schlichtweg falsch ist.

In den letzten Jahren wurden 41 000 Betreuungsplätze für 0- bis 15-Jährige geschaf­fen. Wir wollen in der nächsten Zeit über Bundesministerin Gehrer weitere 10 000 Ta­ges­betreuungsplätze einrichten. Wir haben jetzt die Elternteilzeit in Begutachtung, und ich denke, dass das ein weiteres zentrales Vorhaben dieser Regierung ist.

Zusammengefasst: Wir wollen auf alle Fälle keinen sozialistischen Zwang vor Ort. Das, was wir wollen, sind gute Angebote zur Vereinbarkeit mit verschiedenen Modellen, qua­litätsgesichert und mit Wahlfreiheit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

 


19.03

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage zum Kinderbetreuungsgeldgesetz repariert akute Schwächen, würde ich einmal sagen, aber die grundlegenden Probleme, die wir beim Kinder­betreu­ungsgeld haben, saniert sie nicht. Es hat deswegen einerseits einen Antrag von uns ge­geben, wenigstens die Zuverdienstgrenze aufzuheben, und den noch weiter gehen­den Antrag der SPÖ, der noch mehr Punkte an zu treffenden Veränderungen bein­haltet. Wir werden natürlich diesen beiden Anträgen unsere Zustimmung geben.

Es ist nicht so, dass ich glaube, dass das Kinderbetreuungsgeld gar nichts bewirkt hat. Wir wissen ja, was es bewirkt hat: Es vermeidet Armut von Familien mit kleinen Kin­dern – das ist so, und das ist gut so. (Abg. Dolinschek: Das ist der erste Weg zur Bes­serung von euch!) Es hat auch den Kreis der Anspruchsberechtigten ausgeweitet – das ist auch gut so. Und es wurden auch im Verhältnis zum Karenzgeld die Zuverdienst­grenzen erhöht. – So weit, so gut, aber auf der anderen Seite bleiben die Frauen län­ger zu Hause, es sind noch weniger Väter in Karenz, das Geld fehlt wesentlich in an­deren Bereichen, und die Frauen – de facto sind es nur die Frauen – bleiben in noch stärkerem Ausmaß in Teilzeitbeschäftigungen hängen.

Ich möchte mich auch auf diese OECD-Studie beziehen, natürlich kann man da das eine oder andere herauslesen, was sehr klar drinsteht. Sie verweist auf die Gefahren der Teilzeitarbeit ganz deutlich, sie sagt: Teilzeitarbeit ist im Normalfall mit schlechterer Entlohnung und verringerten Aufstiegschancen verbunden. – Ein Punkt, den man sehr, sehr ernst nehmen muss.

Die gleiche Studie sieht auch die Gefahr, dass – und das zitiere ich jetzt kurz – Bun­desländer die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes als Signal dafür sehen, das An­ge­bot der Kinderbetreuungseinrichtungen zu verringern oder nicht weiter auszubau­en. – Und genau das ist der Fall, genau das passiert: Die Gemeinden putzen sich an den Ländern ab, die Länder putzen sich am Bund ab, der Bund gibt den Ball wieder zurück an die Gemeinden, und so haben wir derzeit einen Kreislauf. Das Ganze findet


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ja jetzt auch an einem Runden Tisch statt, wo diese heiße Kartoffel der Kinderbe­treu­ung einander zugeschupft wird und nichts passiert.

Jetzt möchte man wieder eine Bedarfserhebung machen. – Wie viel Bedarf müssen Sie noch haben? Genügen Ihnen 90 000 Kinder nicht, die einen Betreuungsplatz su­chen? Was brauchen Sie noch, damit Sie endlich etwas tun in diesem Bereich? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Steibl: Frau Kollegin! Dass das Ländersache ist, das wissen Sie schon!? ... in der Steiermark hat ein SPÖ-Lan­desrat nicht einmal das Geld verbraucht!)

Eben, Frau Kollegin Steibl, genau das ist es: Sie sagen jetzt: „Dass das Ländersache ist, das wissen Sie schon!?“ – Das kenne ich ja. Ich komme ja aus der Gemeinde­poli­tik, und ich war im Landtag, ich habe das jetzt auf allen Ebenen live miterlebt: Tut ihr, macht ihr, tut ihr! – Ich sage Ihnen: Den Familien, den Müttern, den Vätern und den Kindern, die betroffen sind, ist es egal, wer zuständig ist, die wollen einen Betreuungs­platz haben! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) – Eben. Daher sorgen Sie bitte dafür einerseits von der Bundesebene her, andererseits in den Ländern, in denen Sie die Verantwortung tragen, und in den vielen Gemeinden, in denen auch die ÖVP drin­sitzt! Tun Sie etwas (Abg. Lentsch: Wir tun!), Sie haben ja die Möglichkeiten! Unsere Unterstützung haben Sie, das kann ich Ihnen versichern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

So kommt es, dass die von Ihnen so sehr gepriesene Wahlfreiheit einfach nicht erreicht werden kann, obwohl – und das, was Sie, Frau Kollegin Steibl, gesagt haben, stimmt – mit diesen 3,3 Prozent des BIP die österreichischen Sozialausgaben für die Familien im OECD-Vergleich am höchsten liegen. Und das genau ist die Frage: Wie kann es passieren, dass wir am meisten in die Familien investieren, trotzdem aber eine derart schlechte Situation bei der Kinderbetreuung haben? – Ich sage, das ist deswegen, weil es Ihnen nur auf dem Papier um eine Wahlfreiheit geht, in Wirklichkeit jedoch sind Sie sehr zufrieden damit, dass die Frauen zu Hause bleiben (Abg. Steibl: Also das ist aber eine Unterstellung!) und die Wahlfreiheit de facto nicht haben, sondern sich um die Kinder kümmern, und die Männer ihren Weg weitergehen können wie bisher, wie gehabt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Einstellung der Männer wird sich wesentlich ändern müssen, damit wir hier eine Veränderung erreichen.

Mein Kollege Karlheinz Kopf ist jetzt leider nicht im Saal, aber ich zitiere etwas von ihm, das er in den „Vorarlberger Nachrichten“ zum Besten gegeben hat: „Aber um den Herd, die Waschmaschine und ähnliche Geräte, die“ nur „für Frauen konstruiert wur­den, mache ich einen weiten Bogen.“ – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ord­neten der SPÖ. – Ruf bei den Grünen: Das ist der Wirtschaftssprecher der ÖVP!)

19.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Ro­senkranz. – Bitte.

 


19.08

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Mei­ne sehr verehrte Vorrednerin hat so gut angefangen – ich wollte schon sagen, dass das der richtige Zugang zur Materie ist, nämlich nicht parteipolitisch zu polemisieren, dann hat Sie aber doch wieder damit aufgehört. Ich nehme jetzt einmal auf den Beginn ihrer Rede Bezug.

Sie hat richtigerweise festgestellt, dass das Kindergeld die Familienarmut wesentlich zurückgedrängt hat. Sie hat festgestellt, dass es ein Vorteil gegenüber dem Karenzgeld ist, dass der Bezieherkreis ausgeweitet und damit auch Gerechtigkeit hergestellt wer-


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den konnte. Sie hat auch festgestellt, dass die Anhebung der Zuverdienstgrenze ein Verdienst derer ist, die das Kindergeld eingeführt haben. – Und das ist nicht stark genug hervorzustreichen.

Und wenn man jetzt davon ausgeht, dass man eine Sache dann noch weiter verbes­sern kann, wenn man das Ursprüngliche nicht aus den Augen verliert, die Absicht, die zugrunde lag, dann weise ich auch zurück, dass es sich jetzt um eine Reparatur han­delt. Der Anlass dieses Gesetzes ist: Man hat einfach die Möglichkeit ausgedehnt, Un­tersuchungen nachzureichen. Das ist in keiner Weise eine Reparatur, man schließt nur Härtefälle aus, die entstehen konnten, wenn jemand – wie auch in anderen Fällen – mit der Bürokratie nicht im Reinen ist.

Ich stelle fest, dass es auch immer unser Anliegen war, die Zuverdienstgrenze so weit wie möglich wegzubringen. Das ist sicher nicht vom Tisch, und das ist auch ein großer Vorteil. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der ursprüngliche Ansatz war, die Betreuung sicherzustellen, und zwar dem Prinzip der Wahlfreiheit folgend, und zwar nicht der Wahlfreiheit zwischen einzelnen Betreu­ungs­einrichtungen – es darf auf keinen Fall jetzt zugelassen werden, dass das so degeneriert und auf das verkürzt wird –, sondern der Wahlfreiheit über alle Biographie­vorstellungen, die Frauen haben. Das heißt, Beruf und Familie zu vereinbaren oder aber sich dem Beruf zu widmen und die Betreuung vollkommen außer Haus zu geben oder aber auch – und dafür breche ich immer eine Lanze, weil ich mich weigere, diese Tätigkeit abqualifiziert zu sehen – die kleinen Kinder gänzlich eine Zeit lang oder überhaupt selbst zu betreuen.

Das ist keine minderqualifizierte Tätigkeit, sodass Vater und Mutter sich diese sozu­sagen einander zuschieben müssten und wir auf jeden Fall darauf achten müssten, dass nur ja niemand in die Verlegenheit kommt, das selbst zu tun. Ich sage Ihnen: Sie müssen einmal mit den Menschen am Land reden, die sehen da weniger einen Zwang zurück zum Herd, sondern finden vielmehr, dass ihnen jetzt Gott sei Dank der Zwang an die Supermarktkassa für die ersten zweieinhalb Lebensjahre des Kindes nicht gebo­ten wird. Ich sehe den Nachteil nicht, dass kleine ... (Abg. Sburny: Sie müssen aber sehen, wie das mit der Pension und Versicherung ist!)

Ja, dass es in unserem Pensionsrecht nach wie vor einen Nachteil bringt – wogegen diese Regierung allerdings schon ein bisschen vorgearbeitet hat –, wenn man Kinder hat, ist überhaupt ein Absurdum, ein absolutes Paradoxon, denn das Erziehen von Kindern sichert ja die Pensionen. Ich bin absolut dafür, dass aus diesem Nachteil vielmehr ein Vorteil gemacht wird, und werde mich auch immer dafür einsetzen.

Die Lösung kann nicht sein, dass ich, weil das Erziehen von Kindern Nachteile bringt, sage: Liebe Frauen, ich nehme euch das ab und ihr lasst euch in den Erwerbsprozess eingliedern, auch wenn ihr eigentlich lieber eine Zeit lang eure Kinder selbst betreut hättet. – Der Ansatz kann ja nur sein: Ich schaffe die Nachteile, die die Kinder­erzie­hung mit sich bringt, aus der Welt. (Abg. Sburny: Zum Beispiel die niedrigen Ein­kom­men von Frauen!) Und das ist unser Ansatz, und zwar so, dass es jeder halten kann, wie er will! – Ich habe so wenig Redezeit, ich kann nicht auf alles eingehen.

Nun zur OECD-Studie – erschüttert mich nicht besonders. Die OECD ist eine Orga­nisation, die sich vor allem mit Wirtschaft und damit auch mit Profit beschäftigt. Es ist mir klar: Die hätte am liebsten auch bei hoher Arbeitslosigkeit möglichst viele Leute im Erwerb oder einen Erwerb suchend, um das Arbeitskräftepotential zu erhöhen.

Wenn ich feststelle, dass Frauen sagen: Ich bin gerne etwas länger bei meinem Kind geblieben!, dann kümmert es mich nicht, wenn die OECD sagt, dass die Zeit, die Frauen mit ihren Kindern verbringen – das war ja gewünscht! –, länger geworden ist.


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Wahlfreiheit ist ganz bestimmt der Ansatz, der am meisten gerecht wird (Abg. Öllinger: Aber nicht, wenn es eine leere Formel ist!) – und deswegen auch im Hinblick auf die Betreuung von Kindern nach dieser ersten Kleinkinderphase in den Bundesländern. Genau das zeigt ja – und damit schließe ich jetzt –, wie wichtig es wäre, das nicht ideologisch zu nehmen.

Ich darf auf das Beispiel von Hamburg verweisen: Hamburg ist eine mit absoluter sozial­demokratischer Mehrheit regierte Stadt. (Abg. Öllinger: Gewesen!) Gewesen. Sind Sie jetzt dabei? Auf jeden Fall ist es eine linke Mehrheit.

Die haben sich gesagt: Wir haben soundso viel Geld zur Verfügung, es wird immer we­niger, wir müssen es effizient nützen. Wie machen wir das mit der Kindererziehung? Das heißt, wir müssen sie so flexibel und an die Ansprüche der Eltern angepasst wie möglich organisieren, was tun wir also? – Wir geben den Eltern das Geld in die Hand – siehe Kindergeld –, wir schaffen eine Kita-Card, eine so genannte Kindertages­heim­karte, und rechnen damit – und das ist auch aufgegangen –, dass sich, da die Eltern als Kunden auftreten, die Einrichtungen am Bedarf der Eltern orientieren müssen und damit ein Optimum an Effizienz, an Eltern- und auch Kinderverträglichkeit entsteht. – Das wäre der Ansatz, der auch Ihnen nahe zu legen wäre, denn das ist der Ansatz, der den Eltern, den Familien, den Kindern nützt, die eine gute Betreuung wollen – außer Haus, zu Hause, aber auf jeden Fall ohne Nachteil für die Familien! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte.

 


19.14

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Kollegin Rosenkranz, der Unterschied zu Hamburg ist, dass in Hamburg (Ruf bei den Frei­heitlichen: Die Nächte lang sind!) mit solch einer Karte etwas eingekauft werden kann, nämlich eine Einrichtung. Es müssen aber zunächst einmal Einrichtungen da sein, um überhaupt eine Karte einlösen zu können. – Und genau das ist ja das Problem des Kinderbetreuungsgeldes, wo überhaupt nicht daran gedacht wird, Ein­richtungen zu schaffen, sodass man mit diesem Geld genau das nutzen kann, was vernünftigerweise – zumindest „vernünftigerweise“ aus unserer Sicht und auch aus der Sicht der OECD – angeboten werden muss, um Berufstätigkeit und Kind zu verbinden. Da unterliegen Sie eben einem sehr, sehr großen Trugschluss.

Das Erziehen von Kindern ist wichtig – das wissen wir alle –, und ich sage auch dazu: auch die Anerkennung für Pensionszeiten. Aber eines darf auch nicht passieren – da­gegen verwahre ich mich, und ich stelle mich schützend vor die vielen berufstätigen Mütter –: dass wir darauf vergessen und berufstätige Mütter – gerade auch berufstätige Mütter mit kleinen Kindern – womöglich dann diejenigen wären, die zwar die Beiträge leisten, aber keine Anerkennung finden. Das wäre der verkehrte Weg!

Ich möchte noch ein paar Worte über den Zwang verlieren, der da jetzt auch von Kol­legin Steibl formuliert wurde – „sozialistischer Zwang“, haben Sie gesagt. Ich erzähle Ihnen jetzt, wie Ihr Zwang ausschaut.

Kinderbetreuungsgeld 2003, Österreich: Eine Verkäuferin verdient 1 000 €, sie ist vollzeitbeschäftigt, bekommt ein Kind. Nach einem Jahr möchte sie gerne wieder be­rufs­tätig sein, Teilzeit, mehr lässt die Kinderbetreuungssituation nicht zu. – Sie wird ge­nau jene sein, die nicht Ihrem Gesetz – zumindest nicht dem, was jetzt in Begut­achtung ist – entspricht, sie wird keinen Rechtsanspruch auf Teilzeit haben, weil sie in einem kleinen Unternehmen beschäftigt ist mit, sagen wir, fünf Beschäftigten. Sie wird


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wahrscheinlich dort stehen und ... (Abg. Steibl: Das ist nur ein Beispiel, das nicht nachvollziehbar ist!) – Nein, das ist nachvollziehbar! Die vielen, vielen Verkäuferinnen sind in solchen Situationen!

Die zweite Frau, eine Frau mit mittlerem Einkommen, bekommt ein Kind, möchte auch nach einem Jahr zurück; sie könnte zwar Teilzeit arbeiten, aber ganz egal, ob Teilzeit oder nicht Teilzeit, sie fällt jedenfalls über die Zuverdienstgrenze. Sie wird lediglich vor der Entscheidung stehen: Bleibe ich ganz zu Hause und verliere damit auch meinen Fuß im Unternehmen, oder verzichte ich zur Gänze aufs Kindergeld? – Das sind Ihre Wahlfreiheiten! Da bedankt sich frau in Österreich sehr herzlich.

Ich rate Ihnen wirklich sehr und lege Ihnen sehr ans Herz: Nehmen Sie unseren Ent­schließungsantrag ernst, und verschließen Sie nicht die Augen vor der realen Situation der österreichischen Frauen, der österreichischen Familien! (Abg. Steibl: Eine Verkäu­ferin mit 1 000 € ist unter der Zuverdienstgrenze!)

Sie waren immer diejenigen, die genau Familienpolitik in ein unglaubliches ideologi­sches Dogma gestellt haben. (Abg. Steibl: Das ist eine Feststellung, die nicht stimmt!) Entfernen Sie sich davon, und entsprechen Sie den Lebenssituationen der österreichi­schen Familien! (Beifall bei der SPÖ.)

19.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rie­ner. – Bitte.

 


19.17

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren im Hohen Haus! Sehr geehrte Mütter und Väter – um die geht es ja heute! Wie bereits angesprochen, sind die vorgenom­menen Abänderungen im Kinderbetreuungsgeldgesetz zu begrüßen. Das Prinzip des Gesundheitsschutzes für Kinder bleibt in jedem Fall aufrecht, und das ist gut so.

Im Entschließungsantrag der SPÖ betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungs­geldgesetzes wird Folgendes kritisiert – ich zitiere wörtlich –:

„Insbesondere Frauen, die jung ein Kind zur Welt bringen, Frauen mit mehreren Kin­dern und Frauen mit geringeren Arbeitsentgelten ziehen sich nun längere Zeit aus dem Erwerbsleben zurück. Im Gegenzug zur längeren Inanspruchnahme von Karenz- bzw. Kinderbetreuungsgeld durch Mütter sinkt die Inanspruchnahme durch die Väter. Damit wurde bisher weder das Ziel einer Ausweitung der Beschäftigung von Frauen mit klei­neren Kindern erreicht, noch das einer faireren Aufteilung der Betreuungsarbeit zwi­schen den Eltern.“ – Zitatende.

Uns von der ÖVP ist die von Ihnen in diesem Antrag geforderte Wahlfreiheit der Eltern sehr wichtig, jedoch kann das Ziel, den Frauenbeschäftigungsanteil zu erhöhen, nicht so ausarten, dass gerade jungen Müttern quasi ein schlechtes Gewissen gemacht wird, wenn sie ihre eigenen Kinder in den wichtigsten, prägenden Lebensjahren selbst betreuen. (Abg. Mag. Prammer: Was sagen Sie damit? Welche Botschaft senden Sie aus?)

Gerade ich als Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin weiß auch, wie wichtig in dieser Zeit eine gleich bleibende familiennahe Betreuung und ein kontinuierlicher Tages­ablauf – auf das Kind abgestimmt – sind. Das Vertrauen der Eltern vorausgesetzt, ist bei unter 3-Jährigen Tagesmütter-Betreuung beziehungsweise die Betreuung in der ge­wohnten häuslichen Umgebung einer Betreuung in Institutionen vorzuziehen (Abg. Mag. Prammer: Wo bleibt denn da die Wahlfreiheit?), aber natürlich – genau das ist die Wahlfreiheit, liebe Kollegin! – soll auch Müttern oder Vätern, die rasch wieder ins Be­rufsleben einsteigen wollen oder müssen, kein Vorwurf gemacht werden. – Wenn


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Sie zuhören, dann komme ich zum Schluss, und Sie werden wissen, worauf ich hinaus will.

Für uns alle soll diesbezüglich Priorität haben, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, um einen Wiedereinstieg, wann auch immer, nach der Familienphase zu ermög­lichen, sei es durch Fortbildungsprogramme während der Karenzzeit oder an­deres. Sicherlich nicht hilfreich ist, wenn vom AMS Mütter, die mit 42 Jahren wieder ins Berufsleben einsteigen wollen, als nicht vermittelbar bezeichnet werden. Deshalb ap­pelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie: Über­denken Sie Ihre Frauen- und Familienpolitik, und stellen Sie das Wohl unserer Kinder in den Vordergrund! (Beifall bei der ÖVP.) Dort hört die Wahlfreiheit der Mütter und Väter auf, wenn es um das Wohl der Kinder geht, denn glückliche Kinder haben auch glückliche Mütter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. – Bitte.

 


19.21

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Ge­schätz­te Vorrednerin, wenn ich Ihren Ausführungen folge, müsste es jetzt heißen: Glückliche Kinder haben keine glücklichen Väter. Also was war da jetzt? Das war irgendwie etwas unsauber. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Das Zweite. Wenn ich jetzt zugehört habe, dann war die Argumentation in etwa so: Frau Abgeordnete Riener befindet, es ist für Kinder unter drei Jahren in jedem Fall besser, sie sind in einer häuslichen Umgebung. Das ist erstens, nehme ich einmal an, in ihrer Diktion ideologiefrei, und zweitens ist das Wahlfreiheit. (Abg. Steibl: Das ist eine Unterstellung! Das hat sie nicht gesagt!) Ich sage Ihnen eines: Wenn sich Wörter wegen Missbrauch krümmen könnten, dann wäre das Wort „Wahlfreiheit“ ein kleines zusammengeknuddeltes Ding, das sich irgendwo verstecken würde, so missbraucht wird das Wort! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hier wird argumentiert mit dem Gewissen. Werte Damen und Herren der Regierungs­frak­tionen in diesen schütter besetzten Reihen! Es geht nicht darum, was für ein Ge­wissen wer wem machen will, es geht um ganz klare, harte Fakten: Gibt es Kinder­be­treuungseinrichtungen – ja oder nein? Stehen sie in ausreichendem Maße für die Leute zur Verfügung – ja oder nein? Haben Frauen, die einen Arbeitsplatz haben, diesen auch noch nach der Karenzpause – ja oder nein? Haben sie die Möglichkeit, wenn sie das wollen, Karriere zu machen – ja oder nein? – In den meisten Fällen ist die Antwort nein, und ich bringe Ihnen ein kleines Beispiel dazu. (Abg. Steibl: Ist das jetzt ein Kreuz­worträtsel, oder was?) – Oje, zwischen „ja und nein“ und Kreuzworträtsel ist auch noch einmal ein Unterschied, Frau Abgeordnete Steibl! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein kleines Beispiel von der Frau Frauenministerin, sie hat ja doch einmal zum Thema Kinderbetreuung etwas zu sagen gehabt. Sie bietet uns – ganz passend zu ihrem Motto: Ich mache jetzt Gratislebensberatung! – eine Internet-Plattform für Kinderbe­treu­ung an, die eingerichtet wird – „eingerichtet“ ist vielleicht ein bissel übertrieben, denn manche der Angebote auf dieser Internet-Plattform datieren zurück in das Jahr 2002. „Ganz aktuell“: Kinderferienbetreuung 2002. – Diese Plattform kann also nicht gerade jetzt erst eingerichtet worden sein.

Ich finde es relativ aufschlussreich, nicht was uns die von Ihnen geschmähte OECD-Studie – wo ich mich frage, ob Sie sie gelesen haben oder nur das Briefing-Papier vom Ressort gelesen haben –, sondern was uns diese Internet-Plattform verrät darüber, wie


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es um die Kinderbetreuung in Österreich bestellt ist. Ich habe willkürlich verschiedenste Bundesländer, verschiedenste Bezirke, urbane und ländliche Regionen eingegeben und habe Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren gesucht. Und da wird ange­boten quer durch, bis zum Au-pair-Mädchen wird auf dieser Internet-Plattform alles als Kinderbetreuung angeführt. Wissen Sie, was ich in ungefähr 98 Prozent der Fälle als Antwort bekommen habe? – „Leider wurden keine mit Ihrer Suchanfrage übereinstim­menden Daten gefunden.“ – Auf gut Deutsch: Es gibt die Kinderbetreuungsplätze nicht, von denen Sie dauernd behaupten, man könne sie sich frei wählen, habe hier Wahl­freiheit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das bedeutet ganz konkret auch einiges insbesondere für die Mütter. Sie haben ja jetzt in Ihren Reden die Väter nicht einmal mehr mit erwähnt, seien sie jetzt glücklich oder unglücklich. Wir haben gesagt bekommen – und das passt ja zusammen mit dem, was Sie auch sonst vertreten –, wie toll das ist, dass der Herd jetzt wieder so in Mode ist, aber ich glaube, es ist ein Unterschied zwischen „Jamie Cooking“ einmal im Monat zum Spaß, ob Mann oder Frau, und dem Fehlen einer eigenständigen ökonomischen Ab­sicherung von Frauen, die sie auch selbstbestimmten Lebensentwürfen zugänglich machen würde.

Ihre Wahlfreiheit schaut dann so aus, dass der Kündigungsschutz abgeschafft wurde, wenn das Kinderbetreuungsgeld für die gesamte Dauer bezogen wird, dass eine Zu­ver­dienstgrenze besteht. – Machen Sie doch endlich wenigstens einen Teil Ihrer Versprechungen wahr, schaffen Sie eine Wahlfreiheit, damit die Väter oder Mütter ganz­tags arbeiten können! Aber nein, da hat Frau Abgeordnete Lentsch auch etwas dagegen, denn das wäre irgendwie nicht erwünscht; ich habe jetzt das wörtliche Zitat nicht dabei, aber Vollzeiterwerb neben Kinderbetreuung ist nicht erwünscht. Na was ist jetzt mit: Ich suche mir das Angebot aus und habe das Geld zur Verfügung!, und mit den ganzen Propagandasprüchen, die da so kamen?

Vielleicht ein Letztes noch, weil es bei dieser – uns doch nicht als Quantensprung an­gepriesenen – Reform des Kinderbetreuungsgeldgesetzes auch um den Mutter-Kind-Pass geht: Es wurde gesagt, die Maßnahmen dieser Bundesregierung werden zur Steigerung der Erwerbsquote von Frauen beitragen – die ich gemeinsam mit meiner Partei sehr wohl für ein Ziel halte, selbst dann, wenn Arbeitslosigkeit herrscht. Und ich habe da jetzt herausgehört, wenn es mehr Arbeitslose gibt, dann sollen die Frauen wieder daheim bleiben und keine Jobs in Anspruch nehmen. – Das weise ich aufs Entschiedenste zurück! Bitte, wie kommen Frauen dazu? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Einzige, was diese Regierung hier macht, ist dieser berühmte Bon im neu auf­gelegten Mutter-Kind-Pass, mit dem Frauen jetzt eine Gratisberatung über ihre Wie­dereinstiegsmöglichkeiten vom AMS bekommen sollen, so, als hätten sie bisher keine AMS-Beratung bekommen können, wenn sie wieder einsteigen wollen. Das Einzige, was neu dazu kommt, ist, dass die AMS-Beratungen immer schwieriger werden und vor allem die Arbeit in Projekten für Wiedereinsteigerinnen auch dort, wo Beratungs­einrichtungen sehr, sehr erfolgreich sind, sowohl im Vermitteln als auch ökonomisch erfolgreich sind, durch Ihre Politik verunmöglicht wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und da kann ich nur sagen: Denken Sie vielleicht einmal an das Wohl von Kindern, von Männern und von Frauen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 



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19.27

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Ge­schätz­ter Herr Bundesminister! Da ich der erste männliche Abgeordnete bin, der sich zu diesem Thema zu Wort meldet (Beifall bei den Freiheitlichen), möchte ich gleich vorweg dem Herrn Bundesminister einen herzlichen Dank aussprechen dafür, dass im Jahr 2004 im Familientopf wieder mehr drinnen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Du hast nicht nur als Sozialsprecher der FPÖ hier im Parlament dieses Paket vor zwei Jahren durchgedrückt – es ist von vielen kritisiert worden –, son­dern du hast auch in Kärnten beim Landeskinderbetreuungsgeld mitgearbeitet. Wenn ich mir die Debatte so anhöre, so stellt das Kinderbetreuungsgeld keiner mehr in Zwei­fel, weder die SPÖ noch die Grünen, niemand will es mehr abschaffen. Natürlich, kritisieren kann man immer etwas, das verstehe ich schon, und ich finde selbst, dass es Möglichkeiten geben muss, es noch zu verbessern.

Aber gerade jetzt mit dem zweiten Geburtstag des Kinderbetreuungsgeldes auf Bun­des­ebene am 1. Jänner 2004 gibt es für Mehrlingsgeburten pro Kind um 50 Prozent mehr Geld, und die pensionsbegründenden Zeiten, die immer wieder auf Kritik von SPÖ und Grünen gestoßen sind, werden von eineinhalb Jahren auf zwei Jahre aufge­stockt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kritik hört man in Bezug darauf, dass zu wenige Kinderbetreuungseinrichtungen vor­han­den sind. Die Kritik ist verständlich, aber wir können nicht alles auf einmal tun. Ich glaube, dass dieses Kinderbetreuungsgeld so, wie es geschaffen worden ist, ein fa­milien­politischer Meilenstein in Österreich ist, aber die Zeiten ändern sich, und wir müs­sen natürlich auch Kinderbetreuungseinrichtungen in den Gemeinden, in den Kommu­nen, in den Ländern bereitstellen, damit eben die Vereinbarkeit ... (Abg. Mag. Posch: Im Rosental!) Im Rosental ebenfalls, Herr Kollege! Weißt du, dass in meiner Gemeinde ein Kindergarten nur möglich war, weil das Land Kärnten seinerzeit eine Kindergärt­nerin finanziert hat? Sonst hätten wir nie einen bekommen! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bravo!) Und das unter einem Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, denn sonst wäre das nicht zustande ge­kommen! Danke für das Stichwort! (Abg. Mag. Posch: Wie heißt der Bürger­meis­ter?) Ja, das ist ein Roter, aber mit unserer Zustimmung ist das passiert! So ist es. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Von der absoluten Mehrheit der SPÖ in unserer Gemeinde haben zwei dagegen ge­stimmt, das muss ich dir auch sagen. Wenn wir von den freiheitlichen Gemeinderäten nicht mitgestimmt hätten, wäre nichts passiert! Du kannst dich erkundigen, Kollege Posch, so war das! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ausreichende Kinderbetreuungseinrichtungen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verwirklichen, muss es selbstverständlich geben.

Zur Kritik, dass der Kündigungsschutz 24 Monate dauert, während das Kinder­betreu­ungs­geld aber 30 Monate, plus sechs Monate für den Mann, bezogen werden kann, muss ich eines sagen: Es wird immer wieder kritisiert, dass die Frauen durch das Kin­derbetreuungsgeld an den Herd gedrängt werden, der Wiedereinstieg zu schwierig ist. Wenn wir jetzt den Kündigungsschutz verlängern, von mir aus bis zum Vorschulalter, was ist dann? – Dann kriegt eine Frau überhaupt nie mehr eine Arbeit! Man muss schon wissen, was man kritisiert und wie man es kritisiert, das ist nicht ganz so ein­fach. Frau Kollegin Prammer, das ist nicht ganz so einfach, denn wissen Sie, was jene Frauen, die einen gut dotierten Job haben und ein Kind bekommen, machen? Damit sie den Job nicht verlieren, gehen sie nach dem Mutterschutz sofort wieder arbeiten. Genauso schaut es aus, das ist die Wahrheit! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: So schaut es aus! Nur der Vergleich macht uns sicher!)


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Sie haben auch gesagt, und Frau Kollegin Mandak hat das auch gesagt, dass das vor allem jene Mütter in Anspruch nehmen, die relativ wenig verdienen. Sie haben als Beispiel eine Handelsangestellte angeführt, die 1 000 € verdient. Dass diese nach einem Jahr nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten geht ... (Abg. Mag. Pram­mer: Teilzeit!) Die kann doch gar nicht in Teilzeit gehen! (Abg. Mag. Prammer: Wieso denn nicht?) Weil sie das Geld braucht, weil sie eine Vollzeitbeschäftigung braucht, damit sie ihr Kleinkind und sich selbst drüberbringt! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie kritisieren jetzt dieses Recht auf Teilzeit. Mir geht es bei diesem Recht auf Teilzeit nicht um den Rechtsanspruch, sondern um die Wahlfreiheit, und zwar für alle und für alle gleich, in jedem Betrieb, weil es von der Art der Tätigkeit abhängt und nicht von der Betriebsgröße. Das möchte ich auch einmal deponiert haben. (Abg. Öllinger: Für was bist du jetzt?)

Zur Zuverdienstgrenze: Sie kritisieren, dass es die Zuverdienstgrenze gibt. Ich muss Ihnen sagen, ich war immer dafür, dass es die Zuverdienstgrenze nicht gibt, aber wenn es sie nicht gäbe, dann würden Sie hergehen und sagen, wir brauchen hier eine Ober­grenze, denn sonst finanzieren wir Millionäre. Das hat die SPÖ in Kärnten beim Kärnt­ner Kinderbetreuungsgeld kritisiert, dass die Frau Flick dann das auch in Anspruch nehmen kann. Aber sie muss einen Antrag stellen, sonst bekommt sie das nicht. Das ist die Realität.

Würde die Zuverdienstgrenze jetzt aufgehoben werden, dann würde es den Rahmen spren­gen. Es würden zirka 35 300 Personen mehr sein, die das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen würden, und das sind wir momentan nicht in der Lage zu be­zahlen. Das ist die Wahrheit! Das geht nicht! Dann würden auch sämtliche Männer diese 6 Monate in Anspruch nehmen, was zwar den Männeranteil anheben, aber den Rahmen sprengen würde. Wir würden mit dem Geld nicht auskommen, das ist eine Tatsache. (Abg. Dr. Glawischnig: Wer definiert denn den Rahmen? Ich frage Sie: Wo ist denn der Rahmen?)

Vor allem würde das ungefähr ... (Abg. Dr. Glawischnig: Wer legt den Rahmen fest? Der Schüssel oder der liebe Gott?) Frau Kollegin Glawischnig, die Mehrkosten würden ungefähr 253 Millionen € ausmachen. (Abg. Dr. Glawischnig: Was ist denn der Rahmen?) Schauen Sie, der Kuchen ist immer der gleiche, die Frage ist: Wohin verteilt man was? Mir sind die österreichischen Familien, die österreichischen Arbeitnehmer das größte Anliegen – und dem Sozialminister auch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bravo!)

19.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abge­ord­neter Keck zu Wort. – Bitte.

 


19.33

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Dolinschek, dein Kollege hat es schon gesagt, du warst zwar der erste Mann, aber bist nicht der einzige, der heute zum Thema Kinderbetreuungsgeld redet. Doch an­ders als bei dir liegt es mir nicht daran, es fälschlich zu idealisieren, sondern viel­mehr aufzuzeigen, dass die Form der Familienpolitik, die da betrieben wird, an der Realität vorbeigeht und damit auch an den Problemen und Sorgen der Österrei­che­rinnen und Österreicher.

Meine Damen und Herren! Natürlich ist es richtig, jenen, die sich entscheiden, Kinder zu bekommen, unter die Arme zu greifen, und natürlich ist es ein Ziel einer Gesell­schaft wie der unsrigen, die Geburtenrate zu stabilisieren, im Idealfall sogar zu stei-


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gern, denn wir sichern damit natürlich auch das Fundament unserer sozialen Systeme ab. Wenn es aber so weit geht, dass Sie das Geld dazu nutzen, Ihre falsche Ideologie umzusetzen, dann müssen wir als Oppositionsparteien stopp sagen, denn Sie machen nichts anderes, als den Abzug der Eltern vom Arbeitsmarkt zu subventionieren.

Sie subventionieren vor allem den beruflichen Ausstieg von Müttern, denn trotz Ihrer gloriosen Idee, drei volle Jahre Karenzgeld nur dann zu gewähren, wenn die Väter mitmachen, hat sich der Anteil der Väterkarenz nur wenig erhöht. 2003 haben es 3 255 Männer, das sind nur 2,2 Prozent von 147 732 Karenzen, in Anspruch genom­men. Die OECD belegt das, sie legt schwarz auf weiß auf den Tisch, was Schwarz und Blau im zweifelhaften Sinn erreicht haben, und ich sage Ihnen, es ist vernichtend, was Sie erreicht haben: Nur 32 Prozent aller Frauen mit Kindern unter drei Jahren arbeiten. Nur jede vierte Mutter kehrt nach der Karenz an ihren früheren Arbeitsplatz zurück. Ein Viertel arbeitet nach der Karenz in schlechteren Jobs oder überhaupt nur geringfügig, und nahezu 50 Prozent steigen sogar vorübergehend aus dem Berufsleben aus. Ich brauche Ihnen vermutlich nicht zu erläutern, welche Konsequenzen sich daraus erge­ben: geringere Monats- und Lebenseinkommen und später natürlich auch geringere Pensionen.

Unser Ziel ist ein anderes: Kinder dürfen kein Hindernis für ein berufliches Fortkommen sein. Ich lade Sie gerne ein, kommen Sie zu mir nach Linz und erleben Sie, was es heißt, in einer sozialen Musterstadt für jedes Kind unter sechs Jahren einen Betreu­ungsplatz anbieten zu können, denn im restlichen Österreich fehlen davon 90 000 Plätze, im Übrigen solche für Kinder unter drei Jahren. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist, weil ihr so wenig Kinder habt!) Dabei ist gerade das Vorhandensein von Kinder­garten- oder Tagesmutterplätzen ein Teil des Geheimnisses.

Vor zwei Jahren haben Sie noch davon gesprochen, Ihnen würde jedes Kind gleich viel wert sein, und heute steht Ihre Politik noch immer vor dem Dilemma, dass ein Kind, dessen Eltern, aus welchem Grund auch immer, weniger lang in Karenz sein können, in Summe weit weniger erhält als ein solches, dessen Eltern länger zu Hause bleiben, wie Sie es so schön formulieren.

Wir fordern daher, dass die Leistung des Staates nach einer Mindestbezugsdauer von einem Jahr auf die bezogenen Monate aufgeteilt wird. Ist die Karenz kürzer, muss die monatliche Zahlung höher sein. Machen Sie den Weg dazu frei, denn nur das ist ge­recht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Wittauer: Ich habe jetzt überhaupt nichts verstanden! – Abg. Mag. Prammer: Das glaube ich gleich!)

19.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Höllerer zu Wort. – Bitte.

 


19.37

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Keck, Sie können sehr gut und sehr viel dazu beitragen, dass die Väter in Karenz gehen und das Kinderbetreu­ungs­geld beanspruchen, alle können dazu beitragen. Selbstverständlich braucht es da noch ein Umdenken, aber es ist jeder von uns gefordert, in dieser Weise auch tätig zu werden.

Zu Ihrem Antrag, in dem Sie formuliert haben, dass Sie die Gesamtsumme auch für eine kürzere Zeit geltend machen wollen für diejenigen ... (Abg. Mag. Prammer: Wahl­freiheit!) – „Wahlfreiheit“ nennen Sie das? Wie hat Frau Abgeordnete Weinzinger ge­sagt: wenn sich dieses Wort nur krümmen könnte – das kann ich in diesem Fall auch sagen! Sie sprechen von Wahlfreiheit, obwohl in Ihrem Antrag steht, dass Eltern, wenn sie sich zu diesem Modell, das Sie hier vorgestellt haben, wirklich entschließen sollten,


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schon vor der Geburt oder kurz nach der Geburt genau festlegen müssen, welche Zeit sie tatsächlich in Karenz gehen wollen. Das nennen Sie Wahlfreiheit?

Wenn dann zu einem späteren Zeitpunkt irgendeine unvorhergesehene Situation ein­tritt, sei es Krankheit, sei es eine schwierige Situation am Arbeitsmarkt, dass kein Ar­beits­platz zur Verfügung ist, was auch immer, oder die Krankheit des Kindes, dann be­steht keine Möglichkeit mehr, die Karenz zu verlängern. (Abg. Öllinger: Bei Ihnen aber auch nicht!) Bei uns gibt es immerhin die Möglichkeit, bis zu drei Jahre Karenz zu be­anspruchen, und dann gibt es die Kinderbetreuungseinrichtungen sehr wohl, und in vielen Bundesländern gibt es diese Kinderbetreuungseinrichtungen auch in ausrei­chen­der Menge.

Hier kann ich auch das Land Niederösterreich nennen. Wir in Niederösterreich haben wirklich ein sehr gutes Modell und mittlerweile ein Pilotprojekt laufen, wo auch Kinder unter drei Jahren in die Kindergärten aufgenommen werden, wo tatsächlich ... (Abg. Sburny: Haben Sie es schon einmal in Langenlois probiert, wie das funktioniert dort?) Das ist zurzeit ein Pilotprojekt, das gestartet wurde und immerhin in 82 Gemeinden läuft; dieses wird evaluiert, und es wird dann tatsächlich auch auf den Bedarf der Eltern Rücksicht genommen. (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Es ist ein Ziel dieser Bundesregierung, für alle Kinder Betreuungsplätze in der Qualität zur Verfügung zu stellen, die sie tatsächlich brauchen. Die Länder, die Gemeinden sind hier gefordert. In Niederösterreich ist die Vormittagsbetreuung in den Kindergärten gratis. Schauen Sie doch nach Wien: Bis zu 300 € durchschnittlich kostet ein Kin­der­betreuungsplatz in Wien! Da wäre wirklich etwas zu tun, auch für die Damen und Herren der Sozialdemokratie! Hier könnten Sie einmal etwas unternehmen, um Kinder­betreuungsplätze günstig für die Eltern anbieten zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich denke, dass wir sehr viel erreicht haben, und im Großen und Ganzen haben auch die Redner heute hier das Kinderbetreuungsgeld an und für sich nicht in Frage gestellt. Daran erkenne ich, dass Sie die Leistung, die hier erbracht worden ist, auch zu schät­zen wissen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Öllinger zu Wort. – Bitte.

 


19.40

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, weshalb die familienpolitischen Debatten immer zu so später Stunde statt­finden. Das wird oft beklagt, und das muss auch einen Grund haben. Wenn man die Debatte jetzt verfolgt hat, dann kann man auch Gründe dafür finden.

Selten in Debatten wiederholen Sie sich dermaßen oft in Ihrer Argumentation wie in den familienpolitischen Debatten. So richtig bleiern kommt die Argumentation daher. Ich möchte Sie ersuchen, auch einmal darüber nachzudenken.

Ich lasse mir auch gerne etwas sagen (Abg. Dr. Spindelegger: Das ist uns aber neu!), was meine Argumentation betrifft, aber der springende Punkt ist doch, dass Sie immer wieder das Argument anführen, es sei gut, dass die Kinder bis zu drei Jahren bei den Eltern, sprich den Müttern, bleiben. (Abg. Riener: Familienähnliche Strukturen!) Es gibt keine Studie aus den letzten Jahren, die belegen würde, dass die Qualität der Kin­der­betreuung durch berufstätige Eltern, ganz egal, ob Mütter oder Väter – wenn sie vor­handen sind, denn das ist der springende Punkt, meistens sind die Väter eben nicht vorhanden –, schlechter wäre als jene durch nicht berufstätige Mütter oder Väter.


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Es gibt keine Untersuchungsergebnisse dahin gehend! Somit können wir das Argu­ment, dass es prinzipiell besser wäre, bliebe die Mutter beim Kind zu Hause, abhaken.

Das zweite Argument, das wir eigentlich abhaken können sollten, wäre: Frauen nur dann auf den Arbeitsmarkt, wenn es der Arbeitsmarkt verträgt! – Wissen Sie, was Sie damit eigentlich für Ungeheuerlichkeiten verbreiten? (Abg. Steibl: Das hat niemand gesagt! Das ist eine Unterstellung!) Die Frauen kommen nur dann in Frage ... (Abg. Steibl: Das hat niemand gesagt!) Oja, immer wieder taucht das auf. (Abg. Steibl: Das hat niemand gesagt, weil auch wir wissen, dass eine eigenständige Altersabsicherung einen hohen Stellenwert hat! – Abg. Dolinschek: Das stimmt überhaupt nicht! – Abg. Mag. Prammer: Das ist aber nachzulesen!)

Gerade der von den Herren aus Kärnten so viel gepriesene Kärntner Landeshaupt­mann hat vor der Einführung des Kindergeldes gesagt, das sei ein Beitrag dazu, dass die Frauen wieder dort sind, wo sie hingehören, nämlich zu Hause, und dass dadurch der Arbeitsmarkt für die Männer besser wird. Der Herr Sozialminister, der es inzwi­schen vorzieht, in derartigen Debatten überhaupt zu schweigen, wird sich wahrschein­lich noch erinnern können. Solche Debattenbeiträge sind gefallen.

Wenn man das abhaken würde, wenn man die Wahlfreiheit jenseits des ideologischen Palastes ein bisschen mehr abklopfen würde auf das materielle Substrat, dann käme man schnell dorthin, wo auch Kollege Dolinschek war: Es ist zu wenig Geld da. Aber wenn zu wenig Geld da ist, dann gibt es keine Wahlfreiheit. Wir, Sie müssen sich entscheiden: Ist Wahlfreiheit überhaupt möglich? Wenn ich einerseits das Geld für das Kinderbetreuungsgeld ausgebe und andererseits nichts mehr für Kinderbetreuungs­plätze habe, dann ist Wahlfreiheit nicht möglich. Ich muss überlegen, was ich mit dem vorhandenen Geld mache, und muss mich dafür entscheiden, die Ressourcen so zu verteilen, dass diese Wahlfreiheit auch tatsächlich möglich sein kann.

Das heißt: Kinderbetreuungsplätze nicht nur im Bedarfsfall, weil der Bedarf sich ja per­manent ändert, auch in kleinen Gemeinden, sondern prinzipiell – und das ist bei Ihrem Modell nicht möglich. Daher sollten wir die Debatte vielleicht zu einer früheren Zeit führen und auch etwas weniger ideologiebelastet. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


19.44

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Abgeordnete Höllerer hat behauptet, dass in Wien Kinderbetreuungsplätze über 300 € (Rufe bei der ÖVP: Bis zu!), bis zu 300 ... (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist in Wien so, dass die Preise für Kinderbetreuungsplätze sozial gestaffelt sind. 40 Prozent der Kinderbetreuungsplätze werden gratis zur Verfügung gestellt, 25 Pro­zent zu einem ermäßigten Tarif, und das ergibt einen Durchschnitt von 125 € im Monat, also weit von den genannten 300 entfernt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das war nur eine weitere Wortmeldung!)

19.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner zu Wort. – Bitte.

 


19.45

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Dass das Kinderbetreuungsgeld ein grundlegender Schritt dahin


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gehend ist, dass Kindererziehung endlich auch einmal als Leistung anerkannt wird, wurde – das konnte man heute schon feststellen – teilweise sogar von der Opposition gewürdigt. (Abg. Öllinger: Das ist aber schlecht anerkannt!)

Es bringt auch eine Entlastung für die Frauen, sie stehen nicht mehr so sehr unter Druck, sich zwischen Familie oder Erwerbstätigkeit zu entscheiden, wie das ja früher der Fall war. – Und genau das ist gemeint mit dem Wort „Wahlfreiheit“, das ja heute schon öfters zitiert worden ist. Wahlfreiheit soll bedeuten, dass man sich entscheiden kann, ob man das Kind betreuen lässt, ob man es selbst betreut oder ob man gleich­zeitig auch erwerbstätig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu jener Zeit, als Sie in der Regierung waren, Frau Kollegin Prammer, gab es das Ka­renzgeld, das ja fast einem Berufsverbot glich.

Laut einem Bericht des Familieninstitutes teilen die Frauen die Ansicht der Opposition, dass sie vom Arbeitsmarkt verdrängt werden, nicht. Die Zahlen zeigen das ganz deut­lich. An dieser Stelle die Bitte, Herr Kollege Keck, den Bericht ein wenig genauer zu lesen und vor allem noch weiter zu lesen, denn 96 Prozent der Frauen planen ab dem sechsten Lebensjahr des Kindes wieder in den Beruf einzusteigen, und das sind um mehr als 14 Prozent mehr als vorher.

Es kann ja nicht schlecht sein, wenn die Eltern die Wahlfreiheit haben und sich sor­genfrei um ihre Kleinkinder kümmern können. (Abg. Mag. Prammer: Was ist da Wahl dabei?)

Das Kinderbetreuungsgeld wurde im Laufe der Zeit auch angepasst. Ab 1. Jän­ner 2004 gibt es mehr Geld für die Kinderbetreuung, gibt es mehr Geld für Mehrlings­geburten. Weiters wurden die pensionsbegründenden Zeiten von 18 auf 24 Monate erhöht, und – eine weitere Maßnahme in der Novelle, die heute beschlossen werden soll – wenn die Gesundheitsvorsorge nachweisbar ist, wird das Kindergeld auch rück­wirkend erstattet. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir Freiheitliche waren und sind immer offen für Ver­besserungen des Kinderbetreuungsgeldes und unterstützen diese Verbesserungen auch. Wir waren auch nie abgeneigt, eine Anhebung oder sogar die Aufhebung der Zu­ver­dienstgrenze in Erwägung zu ziehen. Ich schließe mich aber vollkommen der Meinung von Staatssekretärin Uschi Haubner an, die meint, dass es einmal wichtig ist, eine gesamte Etappe des Kinderbetreuungsgeldes zu evaluieren, zu kontrollieren und abzuwarten, um abschätzen zu können, wie man große Veränderungen in den Griff bekommt.

Gerade Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, haben uns gerade heute sehr oft vorgeworfen, dass Reformen viel zu schnell durchgeführt werden, ohne irgend­welche Verhandlungen abzuwarten, ohne Evaluierungen durchzuführen. Ich wundere mich daher, weshalb Sie es beim Kinderbetreuungsgeld plötzlich so eilig haben und es nicht abwarten können, bis dieser Beobachtungszeitraum abgelaufen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

 


19.49

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Da­men und Herren! Die vorliegende Novelle ist notwendig und wichtig, um unnötige Härten zu vermeiden.


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Zu den beiden Anträgen, die sich mit dem Kinderbetreuungsgeld beschäftigen: Tat­sache ist, dass der Bezug gerade für erwerbstätige Frauen sehr schwierig ist, dass die Ermittlung der Zuverdienstgrenze sehr kompliziert ist und die Bereitschaft der Männer, in Karenz zu gehen, eher sinkt als steigt. Die letzte Komponente ist, wie lange das Kinderbetreuungsgeld tatsächlich noch finanzierbar ist.

Die Beurteilung der OECD wurde schon erwähnt. Resümee ist, dass die Chancen der Frauen in Österreich wesentlich gemindert sind und das lange Wegbleiben vom Arbeitsplatz gravierende Auswirkungen hat.

Wir, meine Damen und Herren, sind uns dessen bewusst – und viele Untersuchungen untermauern dies –, dass Kinder ihre Mütter, aber auch ihre Väter brauchen. Ich freue mich über die Initiative der Österreichischen Kinderfreunde, die gestartet wurde zum Thema Väter unter dem Motto: Mehr Zeit mit Kindern für Männer! Einer der wesent­lichen Forderungspunkte darin ist ein verpflichtendes Vätermonat nach der Geburt des Kindes. Es geht um die Stärkung der sozialen Kompetenz der Männer und um die In­ten­sivierung der Beziehung der Kinder zu ihren Vätern.

Ich denke, das ist ein wichtiger Aspekt, denn Kinder brauchen auch ihre Väter. Väter und Kinder werden Gewinner – und vor allen Dingen auch die Mütter, liebe Kolle­ginnen, denn durch die neue Väterrolle würden die Frauen entlastet werden. Schwe­den und Island könnten Vorbild sein.

Ich halte es mit den schwedischen Feministinnen, die sagen: Gleichstellung im Beruf ist nur durch Gleichstellung in der Familie erreichbar. (Beifall bei der SPÖ.)

19.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Sozialminister Mag. Haupt. – Bitte, Herr Minister.

 


19.51

Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte nur ganz kurz zu den erwähnten Studien und all den Argu­menten, die da pro und contra in die Diskussion eingebracht worden sind, etwas hinzu­fügen.

Wir haben in Österreich eine Studie vorliegen, die eindeutig und klar besagt, dass über 80 Prozent der Frauen den Wunsch haben, sich drei Jahre lang um die Betreuung ihrer Kinder zu kümmern. Wir haben auch erhoben, dass sich mehr als 80 Prozent der jun­gen Menschen zwei Kinder wünschen. Wir wissen aber leider aus der Erfahrung in der Praxis und aus dem Alltag, dass dieser Zwei-Kinder-Wunsch – zum Nachteil des So­zial­systems, das auf dem Generationenvertrag aufgebaut wird – nur mit 1,39 Prozent erfüllt wird.

Wir wissen jetzt aber durch die OECD-Studie auch, dass das Kinderbetreuungsgeld jene Wahlfreiheit gewährleistet, die sich die Frauen in Österreich gewünscht haben. Wie gesagt, mehr als 80 Prozent wollen sich nach der Geburt drei Jahre lang um ihre Kinder kümmern können. Und das ist gut so, sehr geehrte Damen und Herren! Die Wahlfreiheit ist nicht widerlegt, sondern die Wahlfreiheit liegt klar auf der Hand, und ich bitte Sie, das auch einmal zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin aber durchaus auch dankbar dafür, dass hier mehrere Herren an der Debatte teilgenommen haben. Vor allem bin ich dankbar dafür, dass der Kollege aus Linz in der Debatte einmal klargemacht hat, dass die Gemeinden und Länder für die Kinder­betreu­ungseinrichtungen zuständig sind und nicht der Bund. – Ich danke einem Vertreter der Sozialdemokratie, der so viel Wahrheit in seine Diskussion hat einfließen lassen, denn


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in der Öffentlichkeit, sehr geehrte Damen und Herren, hat man ja oft den Eindruck, dass die Verfassungslage eine umgekehrte wäre. Ich bitte daher all jene von Seiten der Sozialdemokratie und der Grünen, die in ihren Gemeinden mit den Kinderbetreu­ungs­einrichtungen nicht zufrieden sind, dort tätig zu werden, wo die Verfassungslage eindeutig und klar ist, dann werden wir uns in der Diskussion sehr viel an leeren Kilo­metern ersparen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch etwas: Ich komme dem Wunsch des Kollegen Öllinger gerne nach: Nicht nur, dass ich mich zu Wort gemeldet habe, Kollege Öllinger, ich werde beim Öster­reichischen Institut für Familienforschung auch gerne eine Studie in Auftrag geben, die den Unterschied in der Entwicklung jener Kinder, die länger von ihren Vätern und Müttern betreut werden, zu jenen, die relativ bald in Kinderbetreuungseinrichtungen kommen, aufzeigen soll; eine Studie, die aufzeigen soll, was es da unter Umständen sowohl im sozialen als auch im schulischen Bereich, als auch in ihrem weiteren Leben an Vor- und Nachteilen gibt. Zu gegebener Zeit werden wir hier dann auch darüber dis­kutieren.

Ich danke für die Anregung und hoffe, Sie kritisieren mich dann nicht, wenn ich diese Studie in Auftrag gebe. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

 


19.54

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Dass wir die Bestimmungen rund um das so genannte Kinderbetreuungsgeldgesetz ändern, beweist einmal mehr, wie wichtig uns, unserer Partei und dieser Bundesregierung Familien, Kinder, Kinder­betreuung und Kindererziehung sind.

Der Beschluss des Kinderbetreuungsgeldgesetzes war äußerst positiv, auch wenn die Oppositionsparteien, sowohl die SPÖ als auch die Grünen, nicht mitgestimmt haben. Ich kann Ihnen sagen, ich war erst kürzlich bei einer überparteilichen Diskus­sions­veranstaltung: Ihre Frauen, Ihre Wählerinnen können es nicht glauben, dass Sie bei diesem Gesetz nicht zugestimmt haben.

Nach einer Praxis von eineinhalb Jahren haben wir erkannt, dass dieses Gesetz noch Ecken und Kanten hat, die abgeschliffen werden müssen, und daher wird dieses Ge­setz heute novelliert.

Dass das Kinderbetreuungsgeld, geschätzte Damen und Herren, bei der Bevölkerung sehr gut ankommt, zeigt sich an dem Umstand, dass die Geburtenrate steigt. Diese positive Auswirkung haben wir alle in dieser kurzen Zeit sicherlich nicht erwartet.

Ich kenne keine Mutter, geschätzte Damen und Herren, die sagt, dass dieses Kin­der­betreuungsgeld unnötig wäre. Und ich kenne keine Mutter, die sagt, dass sie sich durch dieses Kinderbetreuungsgeld zurück an den Herd gedrängt fühlt. Daher würde ich mir wünschen, dass diese Negativpropaganda der Oppositionsparteien zu diesem Kinderbetreuungsgeld endlich aufhört. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich komme aus einer Kleinstadt, wo noch jeder jeden kennt und wo noch jeder mit jedem spricht. Überall wird dieses Kinderbetreuungsgeld begrüßt, überall hört man, dass die jungen Frauen nun freier geworden sind.

Frau Kollegin Prammer ist jetzt nicht im Saal, aber sie hat das Beispiel dieser Ver­käuferin gebracht, die im Monat 1 000 € verdient, und meinte, sie könne nicht arbeiten


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gehen. – Die Zuverdienstgrenze liegt bei 14 000 €. Ich weiß nicht, wie Frau Prammer das ausgerechnet hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Man braucht ja eigentlich nur die Eltern zu fragen, ob sie das Kindergeld wirklich als Bevormundung empfinden, und man braucht die Eltern nur zu fragen, ob sie dieses Kinderbetreuungsgeld als Drang zurück zum Herd emp­finden.

Die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition sollen endlich verstehen, dass die Frauen und die Familien kein Rezept zum Glücklichsein brauchen – schon gar nicht von uns Politikern. Die Politik ist dazu da, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich die Frauen frei entscheiden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Viele Menschen lieben ihren Job – das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst ist –, viele Menschen gehen arbeiten, weil sie das Geld brauchen, und viele Menschen wollen zu Hause bei ihren Kindern bleiben. Wir Politiker sind dazu da, diesen Müttern und Vätern das zu ermöglichen. Mit der hier vorliegenden Gesetzesänderung sichern wir dies noch besser ab – für alle Mütter und für alle Väter in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. – Bitte.

 


19.58

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Eine Frau hat diese Diskussion eingeleitet, ein Mann schließt sie ab. – Dass wir die Sozial­kompetenz in diese Bundesregierung mit einbringen, hat man in dieser Diskussion schon erkennen können. Ich möchte nur noch ganz kurz etwas zu der vorliegenden Gesetzesänderung sagen.

Damit man das volle Kinderbetreuungsgeld erhält, muss man zehn Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen nachweisen. Bisher war es so, dass man, wenn man das bis zum 18. Lebensmonat des Kindes nicht gemacht hat, ab dem 21. Lebensmonat des Kindes nur die Hälfte des Kinderbetreuungsgeldes bekommen hat. Neu ist jetzt, dass man den Nachweis für diese zehn Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen auch nachträglich erbrin­gen kann, man bekommt immer das volle Kindergeld.

In diesem Sinne wünsche ich noch (Ruf: Frohe Weihnachten!), nein, nicht frohe Weih­nachten, sondern einen schönen Abend. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, samt Titel und Ein­gang in 248 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 280 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. (Einige der Abgeordneten der SPÖ stehen. – Abg. Scheibner: Wie tun wir jetzt bei der SPÖ?) – Na? Ist egal.

Auf jeden Fall ist es die Mehrheit und damit angenommen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 281 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­spre­chendes Zeichen. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung SPÖ –: Probieren wir es noch einmal?) – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

24. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über die Regierungsvorlage (208 d.B.): Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe (262 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 24. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


20.01

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! Die Todesstrafe ist in der politischen Diskussion in Österreich Gott sei Dank kein kontroverses Thema. Es herrscht, und darüber sind wir glücklich, Konsens darüber, dass die Todesstrafe ein ungeeignetes Rechtsmittel darstellt.

Österreich hat wie bei vielen anderen Menschenrechtsangelegenheiten auch hier eine weltweite Vorreiterrolle inne. So besteht kein Umsetzungsbedarf des 13. Protokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, dass die vollstän­dige Abschaffung der Todesstrafe auch in so genannten Kriegszeiten auf der Ebene des Europarates zum Ziel hat, denn die Todesstrafe ist in Österreich schon 1968 dank der verdienstvollen Arbeit von der Regierung Klaus abgeschafft worden.

Wir von der ÖVP treten für eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein. Dies steht im Einklang mit unserer Weltanschauung und unserer christlichen Einstellung. Noch im­mer gilt es in vielen Staaten als Recht, Menschen zu töten, um so das Verhalten anderer zu beeinflussen.

Die Todesstrafe wird in vielen Staaten, wie zum Beispiel im Iran oder in China sowie in den Vereinigten Staaten von Amerika, vollzogen. So wurden im Jahr 2002 81 Prozent aller Hinrichtungen allein in diesen drei Ländern durchgeführt. In China wurden Zahlen von amnesty international zufolge mindestens 1 060 Personen hingerichtet. Die Dun-


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kelziffer scheint aber viel höher zu liegen. Im Iran wurden 2002 mindestens 113 Per­sonen hingerichtet, davon viele in aller Öffentlichkeit. Und in den USA waren es 71 Per­sonen, dort waren mit Stand vom 1. Jänner 2003 3 700 Gefangene zum Tode verurteilt.

Justizirrtümer treten immer wieder auf. In den letzten 20 Jahren wurden allein in den USA 107 Fälle von unschuldig zum Tode Verurteilten bekannt.

Ist die Todesstrafe ein geeignetes Abschreckungsmittel? – Gegen diese Ab­schreckungs­­hypothese spricht ein Forschungsbericht der Vereinten Nationen, der 2002 aktualisiert wurde. Dieser kommt zu dem Schluss, dass es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass die Todesstrafe eine abschreckendere Form der Bestrafung ist als lebenslange Haft. Auch das Argument, die Todesstrafe habe eine positive Aus­wirkung auf die Kriminalitätsrate, ist nicht stichhaltig. Jüngste Kriminalitätsstatistiken von Staaten, welche die Todesstrafe abgeschafft haben, zeigen, dass die Abschaffung in keiner Weise zu einem negativen Effekt führt. In Kanada zum Beispiel sank nach der Abschaffung der Todesstrafe im Jahr 1999 die Mordrate signifikant.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Meiner Fraktion und mir ist es klar, dass die Todesstrafe kein geeignetes Rechtsmittel ist. Daher begrüßen wir die Ratifizierung von Abkommen auf internationaler Ebene, wodurch Staaten sich selbst gegenüber verpflichten, die Todesstrafe nicht anzuwenden. Wir werden daher dieser Vorlage der Ratifizierung gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

20.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Csörgits zu Wort. – Bitte.

 


20.05

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Mehr als die Hälfte aller Staaten wendet die Todesstrafe zumindest in der Praxis nicht mehr an. Durchschnittlich schaffen drei Staaten pro Jahr die Todesstrafe ab, und in Europa ist die Todesstrafe seit vielen Jahren aus den Gesetzen verschwun­den. Das letzte Land, das die Todesstrafe abgeschafft und das Zusatzprotokoll Nr. 6 ratifiziert hat, war Armenien.

Trotzdem werden – mein Vorredner hat es schon erwähnt – jährlich Tausende von Menschen hingerichtet. Mein Vorredner hat die Zahlen aus dem Jahr 2002 zitiert, ich möchte ergänzend die Zahlen aus dem Jahr 2003 nachreichen: In den ersten 10 Monaten dieses Jahres sind in den Vereinigten Staaten 57 Menschen hingerichtet worden, im Iran waren es 83 und in Saudi-Arabien 40.

Ich bin sehr stolz und froh darüber, in einem Land leben zu dürfen, dass sich immer schon gegen die Todesstrafe ausgesprochen hat, das seit Jahren, seit Jahrzehnten eine Gesetzgebung ohne Todesstrafe hat, und dass sehr viele Österreicherinnen und Öster­reicher diesbezüglich VorreiterInnen waren und dafür Sorge getragen haben, dass auch in anderen Ländern ein Umdenken stattfindet.

Wichtig für uns alle ist, uns überall dort, wo wir die Möglichkeit haben, engagiert dafür einzusetzen, dass es wirklich einmal zu einer Welt kommt, in der die Todesstrafe ver­pönt ist, denn die Todesstrafe ist eine Verletzung des fundamentalsten Men­schen­rechtes, nämlich des Rechtes auf Leben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.07

 



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


20.07

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Protokoll Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Men­schenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todes­strafe war Gegenstand im Ausschuss für Menschenrechte. Ziel muss sein, dass es so­wohl in Kriegs- als auch in Friedenszeiten keine Todesstrafe mehr gibt. Gott sei Dank ist sie in Österreich seit 1950 abgeschafft. Es war dies auch immer ein Anliegen der Freiheitlichen, unser ehemaliger Justizminister Ofner war ein Vorreiter für die Abschaf­fung der Todesstrafe. Sehr positiv ist, dass der Europarat die absolute Abschaffung der Todesstrafe zum Ziel hat.

Wir von der FPÖ stehen voll hinter diesem Vorhaben. Österreich hat die wichtige Auf­gabe, insbesondere außenpolitisch auf alle Länder einzuwirken, die die Todesstrafe oder Körperstrafen kennen. In diesem schwierigen Prozess darf man nichts unversucht lassen, damit es einmal in allen Ländern so ist wie bei uns. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.08

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ratifizierung dieses Protokolls, dieses Signal, das vom Euro­parat ausgeht, ist – obwohl es auf unsere Rechtsordnung keine unmittelbare Aus­wir­kung hat, denn in Österreich ist, wie Sie wissen und wie ja hier auch schon gesagt wurde, die Todesstrafe für immer und, sage ich jetzt, ewig abgeschafft – vor allem des­halb für Österreich von Bedeutung, weil diese Initiative versucht, ein bestimmtes Bild Europas zu zeichnen und sich damit von anderen Kontinenten abzugrenzen; und jetzt möchte ich nicht wiederholen, was hier über die Situation auf anderen Kontinenten bereits ausgeführt wurde.

Als Mitglied der österreichischen Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates empfinde ich jetzt doppelte Genugtuung, dass wir uns so schnell dieser Initiative anschließen und damit vielleicht auch beispielgebend für andere Länder des Europarates sind, die wahrscheinlich nicht in dieser Geschwindigkeit agieren werden, zumal es ja noch Länder in Europa gibt, die – obwohl sie Mitgliedstaaten des Euro­parates sind – die Todesstrafe noch nicht zur Gänze abgeschafft haben, beispiels­wei­se die Türkei, aber auch Griechenland.

Die Hoffnung auf diese gesamteuropäische Kraftanstrengung ist groß. Jenen Kollegen, die nicht so eng mit dem Europarat verknüpft sind, möchte ich sagen: Der Europarat hat momentan 44 Mitgliedstaaten, es fehlen im Grunde nur mehr zwei europäische Staa­ten, nämlich Weißrussland und Monaco. Das Verfahren bezüglich den Beitritt Monacos ist schon ziemlich weit fortgeschritten; ich kann jedoch nicht exakt sagen, wie lange es noch dauern wird, bis Monaco Mitgliedstaat des Europarates wird. Weiß­russland ist problematisch. Aber sobald auch diese beiden Staaten quasi das Haus Europa endgültig bewohnen, wird diese europäische Initiative zur Ächtung der Todes­strafe auch wirklich weltweit von Bedeutung werden.

Herzlichen Dank an den österreichischen Nationalrat und in diesem Fall auch an das Außenministerium, das diesen Prozess so rasch hier ins Parlament gebracht hat.


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(Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP, der SPÖ und der Frei­heit­lichen.)

20.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Lentsch zu Wort. – Bitte.

 


20.11

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir Österreicher tun uns mit dieser Thematik leicht und schwer zugleich. Leicht tun wir uns deswegen, weil wir alle gegen die Todesstrafe sind. Wenn es ein Thema gibt, das alle vier Parteien hier in die­sem Hause eint, dann ist es wohl die Abschaffung der Todesstrafe. Schwer tun wir uns dabei nur, weil wir nicht verstehen können, dass man für die Todesstrafe sein kann. Selbst so große Länder wie die USA, die so viel für die Freiheit getan haben, glauben noch immer, dass sie ohne Todesstrafe nicht auskommen.

Wir begrüßen schon allein auf Grund unserer christlichen Überzeugung die vollstän­dige Abschaffung der Todesstrafe durch den Europarat im vorliegenden Protokoll zur Menschenrechtskonvention, denn damit wird die Todesstrafe nicht nur im Frieden abgeschafft, sondern auch im Kriegsfall oder bei Kriegsgefahr – mein Vorredner Max Walch hat das schon angesprochen.

Ich glaube, dass ist ein sehr, sehr deutliches Zeichen, und ich hoffe, dass dieses Zei­chen auch in anderen Ländern gesehen und anerkannt wird, denn schließlich haben wir in Österreich schon lange keine Hinrichtungen mehr, und man kann wohl nicht sa­gen, dass es bei uns unsicherer wäre als in Amerika, wo es die Todesstrafe leider Got­tes noch immer gibt.

Geschätzte Damen und Herren! Trotzdem muss uns klar sein, dass es immer wieder Menschen geben wird, die für die Todesstrafe eintreten. Und es ist noch gar nicht so lange her, dass auch bestimmte Medien auf diesem Thema „herumgeritten“ sind, nämlich immer dann, wenn besonders grausame Verbrechen passieren. Das ist nun hoffentlich endgültig vorbei, denn mittlerweile sollte jeder wissen, dass die Todesstrafe nichts löst. Über die vielen Justizirrtümer, die in der Vergangenheit leider Gottes immer wieder passiert sind und die möglicherweise auch in Zukunft passieren werden, möchte ich gar nicht reden.

Diese Ratifizierung kann man daher nur begrüßen. Wir empfehlen die Annahme des 13. Protokolls zur Menschenrechtskonvention. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

20.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


20.14

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Minister! Österreichs Politiker waren führend in der Bewe­gung gegen die Todesstrafe. Bereits am 28. Jänner 1987 hat der langjährige Justiz­minister Dr. Christian Broda vom Europarat den Europäischen Menschenrechtspreis für seine Verdienste im Kampf gegen die Todesstrafe verliehen bekommen.

An dieser Stelle muss ich betonen – und ich denke das ist wichtig –, dass unser zu­ständiger Minister, aber auch die gesamte Regierung gefordert ist, noch viel, noch sehr viel zu tun. Leider gibt es noch immer viele Länder in dieser Welt, in denen die To­desstrafe auf der Tagesordnung steht. Laut amnesty-Bericht wird die Todesstrafe in


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87 Ländern angewendet. In diesen Ländern wird die Todesstrafe mittels elektrischem Stuhl, Injektionen, Hängen, Erschießen und sogar Steinigen vollstreckt. Die Todes­stra­fe wird in den letzten Jahren – leider – verstärkt angewendet. (Das rote Lämpchen am Rednerpult blinkt.) – Herr Präsident, die Lampe hat bereits nach 20 Sekunden geleuch­tet, ich habe aber eine Redezeit von 2 Minuten. (Zwischenruf der Abg. Lentsch.)

Wir müssen jedoch, wenn wir die verschiedenen Diskussionen am so genannten Stammtisch verfolgen oder einen Blick in Internetchats machen, feststellen, dass die Todesstrafe in den Köpfen vieler Leute noch immer nicht geächtet ist. Kein noch so ausgeklügeltes Rechtssystem kann Fehlurteile verhindern. Beispiele dafür gibt es leider weltweit. Die Todesstrafe ist, einmal vollzogen, nicht rückgängig zu machen! Die unschuldig Hingerichteten – und solche Fälle gibt es leider immer wieder – werden nicht wieder zum Leben erwachen.

Kämpfen wir somit gemeinsam international gegen die Todesstrafe! Es sitzen nämlich noch Tausende Menschen in den Todeszellen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, den Grü­nen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Stadler zu Wort. – Bitte.

 


20.17

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit diesem Beschluss wird ein altes außenpolitisches Ziel Österreichs ratifiziert: die gänzliche Abschaffung der Todes­strafe in ganz Europa über das 6. Zusatzprotokoll der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinaus. Damit kann endlich auch in Kriegs- und Krisenzeiten die Todesstrafe nicht mehr angewendet werden. Ganz Euro­pa wird damit ein Zeichen in Richtung jener Länder senden, die die Todesstrafe immer noch anwenden. Es sind immerhin noch 84 Länder auf der Welt, in denen die Todes­strafe angewandt wird.

Martin Luther King hat einmal gesagt: „Unsere Generation wird nicht so sehr die Un­taten böser Menschen zu beklagen haben als vielmehr das erschreckende Schwei­gen der guten.“ – Europa schweigt nicht, sondern setzt ein Zeichen im Sinne der Mensch­lichkeit.

Österreich hat seit vielen Jahren dafür plädiert. Jetzt ist es endlich gelungen, das Recht zu töten auch in Kriegszeiten ein für allemal zu verneinen. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abge­ordneter Dobnigg zu Wort. – Bitte.

 


20.18

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist meiner Ansicht nach doch sehr erfreulich, dass es heu­te hier im Parlament eine hundertprozentige Übereinstimmung aller Parteien be­züglich die vollständige Abschaffung der Todesstrafe gibt. Das heute zu ratifizierende Protokoll ist übrigens der erste internationale Vertrag, welcher die vollständige und vorbehaltlose Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch in Kriegs­zeiten vorsieht.

Eine Justiz, welche die Todesstrafe kennt, ist ein Fremdkörper in jedem demo­kra­tischen System. Und es hat sich gezeigt, dass die Todesstrafe keine abschreckendere


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Wirkung als andere Formen von Strafe hat, denn keine Statistik kann dokumentieren, dass es einen Zusammenhang zwischen der Todesstrafe und einem Rückgang der Kri­minalität gibt. Vielmehr ist in vielen US-Bundesstaaten mit Todesstrafe die Zahl der Tötungsdelikte höher als in jenen ohne sie. Statt Abschreckung kommt es eher zu einer Verrohung. Wenn selbst der Staat tötet, zeigt er, dass er das Töten billigt. Gleich­zeitig besteht immer die Gefahr eines Fehlurteils. Kein Rechtssystem ist unfehlbar. Es gibt in der Vergangenheit leider sehr viele Beispiele von Justizirrtümern, Hinrichtungen können aber nach Fehlurteilen nicht mehr rückgängig und Menschen leider nicht mehr lebendig gemacht werden.

Trotz überzeugendster Argumente ist es leider heute noch immer notwendig, den politischen Kampf gegen diese Art der Bestrafung intensivst fortzusetzen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es ist daher auch eine der wich­tigsten und vordringlichsten Aufgaben der Europäischen Union einerseits und der Mit­glieder unserer österreichischen Bundesregierung andererseits, im Besonderen des Justizministers und der Frau Außenministerin, stärker als bisher bei Gesprächen und Verhandlungen Druck zu machen, damit diese unmenschliche Form der Strafe endlich weltweit abgeschafft wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.20

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Menschen­rechtsaus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 208 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht darauf, dass durch den vorliegenden Staatsvertrag Verfassungsrecht geändert wird, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgese­he­nen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

25. Punkt

Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 2 bis 7, 9 und 13 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 1, 3, 4, 7, 9 und 10 (261 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 25. Punkt der Tages­ord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

 


20.21

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren erstmals in dieser Gesetzgebungsperiode einen Sammel­bericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen.

Bürgerinitiativen und Petitionen sind für die Menschen in unserem Land eine wichtige Möglichkeit, sich mit ihren Anliegen direkt an die Politik zu wenden. Neben Volksbe-


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gehren, Volksabstimmungen und Volksbefragungen ist der Ausschuss für Bürger­initia­tiven ein wichtiges Instrument der direkten Demokratie. Er stellt eine direkte Verbin­dung zwischen dem Bürger und dem Parlament dar. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir einen Ausschuss haben, der diese direkte Kommunikation ermöglicht.

Der Sammelbericht des Ausschusses liegt nun vor, und ich glaube, dass der Aus­schuss gute Arbeit geleistet hat. Jede Bürgerinitiative und jede Petition wird hier aus­führlich diskutiert und auch behandelt. Es ist sehr vielfältig, was da an Abgeordnete heran­getragen wird. Egal, ob es sich um Verbesserungen von Lärmschutz­maßnah­men, höhere Bestrafung von Kindesmissbrauch oder um die Chancengleichheit behin­derter Menschen handelt: Wir müssen diese Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst nehmen und im Sinne der Bürger weiterleiten.

Es wird immer versucht, verträgliche Lösungen zu finden. Politik heißt, für die Men­schen im Land zu arbeiten, ihre Anliegen ernst zu nehmen und in diesem Sinne für bes­sere Bedingungen zu sorgen, damit ein besseres und verträgliches Leben geschaf­fen werden kann.

Es freut mich als Fraktionsvorsitzenden der ÖVP im Ausschuss für Petitionen und Bür­gerinitiativen, dass wir im Ausschuss erfolgreich gearbeitet haben. Wir konnten in dieser Gesetzgebungsperiode bereits sechs Bürgerinitiativen und acht Petitionen ab­schließen. Besonders hervorheben möchte ich die Bürgerinitiative Nummer 10, in der es um höhere Strafen für Kindesmissbrauch geht und die mehr als 40 000 Öster­rei­cherinnen und Österreicher mit ihrer Unterschrift unterstützt haben.

Bürgerinitiativen stellen also wertvolle Anregungen für Gesetzesänderungen dar. Viele der Anliegen fließen auch in die Gesetzgebung mit ein. Wir holen Stellungnahmen von Minis­terien, Ländern und Interessenvertretungen ein.

In Zukunft wird dieser Ausschuss noch effizienter arbeiten. Bereits heute früh haben wir ein Treffen mit der Volksanwaltschaft gehabt, wo wir uns für eine intensivere Zu­sammenarbeit eingesetzt haben und eine solche auch vereinbart haben, damit die Gesetze noch bürgernäher werden. Die Volksanwaltschaft weiß, welche Themen die Bürgerinnen und Bürger beschäftigen. Sie soll bei den Sitzungen des Ausschusses dabei sein und auch Stellung beziehen können. Damit können wir noch mehr für die Bürger da sein. Ich habe mich mit aller Vehemenz dafür eingesetzt, und es haben auch alle anderen Vorsitzenden dafür plädiert, dass wir dieses Angebot letzten Endes auch annehmen. (Beifall des Abg. Scheibner.)

Abschließend möchte ich mich noch bei den Mitgliedern des Ausschusses für das gute Klima in diesem Ausschuss und letzten Endes auch für die gute Zusammenarbeit be­danken. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Freiheitlichen so­wie der Abg. Mag. Wurm.)

20.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.25

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte an das, was Kollege Freund ausgeführt hat, an­schließen. Für einige in diesem Haus hat der Tag heute sehr früh begonnen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist aber nicht sehr früh!) Der erste Termin war um 7.30 Uhr, und es ist etwas Gutes dabei herausgekommen, etwas Gutes für die Bürger und Bür­gerinnen in unserem Land.

Es ist jetzt vereinbart, dass es regelmäßige Kontakte mit der Volksanwaltschaft gibt, dass die Volksanwaltschaft unseren Ausschusssitzungen zu aktuellen Aussprachen


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beigezogen wird. Die Volksanwaltschaft ist ja die Institution, die sich mit den Anliegen der Bürger und Bürgerinnen befasst –, und wir, der Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen, sind das ebenfalls. Hier, glaube ich, können Synergieeffekte geschaf­fen werden, die jenen gut tun, von denen wir auch gewählt werden. Und das, glaube ich, ist gut so.

Auch hier, möchte ich in diesem Sinne sagen, funktioniert die Zusammenarbeit für die Bürger und Bürgerinnen in unserem Land sehr gut. Auch ich sage daher herzlichen Dank an die Kollegen und Kolleginnen des Ausschusses und hoffe, dass diese gedeih­liche Zusammenarbeit weitergeht. Herzlichen Dank!

Zu den inhaltlichen Punkten der Petitionen werden die Kolleginnen und Kollegen nach mir Stellung nehmen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ross­mann. – Bitte.

 


20.26

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Auf Grund der vorgeschrittenen Stunde mache ich es relativ kurz. Meine Vorredner haben schon gesagt, wir hatten heute einen erfolgreichen Morgen. Es gibt sich nämlich der Petitionsausschuss sozusagen eine neue Qualität durch die Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft.

Ein Vorteil dabei ist, dass alle drei Volksanwälte einmal Parlamentarier waren und die Abläufe hier kennen, aber auch die Grenzen kennen und das Machbare und Um­setzbare durchaus rascher erfassen, als dies vielleicht bei Volksanwälten der Fall wäre, die nicht im Parlament waren. So können sie uns aus ihrem Tätigkeitsschatz durch­aus Anregungen geben.

Die Volksanwaltschaft ist heute mit den Vorsitzenden der Fraktionen so verblieben, dass sie in Zukunft bei wichtigen Materien hinzugezogen wird, uns Anregungen gibt – auch in der Umsetzung, also in der legistischen Umsetzung durchaus den Finger auf die Wunde legt, wo mehr Bürgernähe gefragt ist.

In diesem Sinne, glaube ich, ist dies ein guter Anfang einer Zusammenarbeit mit dem Ziel, zu mehr Bürgernähe zu gelangen. Es wird uns in der nächsten Zeit sicher hier beschäftigen, auch im Rahmen der weiteren Umsetzung beziehungsweise in weiteren Diskussionen zu den Sammelberichten, inwieweit es gefruchtet hat, dass die engere Zusammenarbeit mit der Volksanwaltschaft in Zukunft wahrgenommen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.28

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initiativen und die Ergebnisse, die wir im Ausschuss erarbeitet haben, sind bedauer­licherweise eigentlich immer wieder gleich.

Die Ignoranz der Bundesregierung bezüglich Interessen und Forderungen der Bürge­rin­nen und Bürger hat mittlerweile dazu geführt, dass die Berücksichtigung dieser Inter­essen und Forderungen de facto auf null gefallen ist. Ich kann Ihnen das anhand einiger Beispiele vor Augen führen.


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Zum Beispiel die Petition Nr. 2: Fortbestand von Radio Agora und Radio dva. – Jeder weiß, dass Minderheitenprogramme wichtig sind. Die Bundesregierung sagt: Uns ist das Wurscht! – Und deshalb wird diese Petition ganz einfach durch Kenntnisnahme des Ausschussberichtes erledigt. Darüber hinaus gibt es dazu nichts mehr.

Wenn man sich all die Bürgerinitiativen und Petitionen ansieht, dann stellt man fest, dass diese eigentlich nur zur Kenntnis genommen und damit schubladiert werden. All die Arbeit, die sich die Menschen mit dem Sammeln von Unterschriften machen, all die Hoffnungen, die geweckt werden, dass doch irgendetwas weitergeht, werden ganz einfach für nichtig erklärt, denn die Interessen der Bürger haben anscheinend in dieser Bundesregierung sowieso keine Priorität mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Man tut, was man will, die Bürger sind einem Wurscht. Egal, was die Bürger fordern, egal, was sie brauchen, egal, welche Schwierigkeiten sie haben: Es interessiert diese Bundesregierung nicht! (Abg. Freund: Nein, das stimmt nicht!) – Ich denke mir, das ist schon ein Armutszeugnis, das in den letzten drei Jahren in noch viel schlimmerem Ausmaß zutage getreten ist, als dies in den Jahren zuvor bereits der Fall war.

Meine Damen und Herren! Sie haben anscheinend alle miteinander vergessen – zu­min­dest Sie von der Bundesregierung –, dass der Petitionsausschuss das Spiegelbild der Gesellschaft ist. Er ist das Spiegelbild der Wählerinnen und Wähler, die ihr demo­kratisches Recht in Anspruch nehmen. Sie aber treten dieses demokratische Recht mit Füßen, indem Sie die Interessen ignorieren: Der Ausschussbericht wird zur Kenntnis genommen, und damit ist der Fall für Sie erledigt. – Und wenn die Menschen wieder etwas haben wollen, dann können sie es wieder probieren: Dann wird der Ausschuss­bericht wieder zur Kenntnis genommen, und der Fall ist wieder erledigt.

Herr Brader – Sie nicken mit dem Kopf, das ist nämlich genau Ihre Taktik und das Spiel, das Sie betreiben –: Dann sagen Sie doch endlich den Leuten, sie sollen sich diese Geschichte wieder abschminken, sie brauchen keine Bürgerinitiativen und Petit­ionen mehr einzubringen, denn Ihnen ist das sowieso egal! Sie sind doch glücklich darüber, wenn Sie diese Interessen nicht mehr vertreten müssen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das ist doch Ihr Ziel. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es ist verdammt zynisch, Herr Brader, wenn Sie dasitzen und bis über beide Ohren grinsen – dafür, dass sich die Leute einen Haufen Arbeit machen (Abg. Mag. Molterer: Ent­schuldigung! Wollen Sie den Leuten das Lachen verbieten?), Forderungen haben und Sie sagen: Mir ist das egal! Ich bin der Abgeordnete, wir haben die Mehrheit! Macht, was ihr wollt! Wir lachen euch im Grunde genommen nur aus! (Abg. Mag. Mol­terer: Aber lachen darf man schon noch? – Abg. Freund: Das stimmt ja gar nicht, was Sie da sagen!)

Aber in einem Punkt können Sie sicher sein, Herr Brader: Wir informieren die Men­schen schon, da brauchen Sie keine Angst zu haben! (Abg. Freund: Sie sagen be­wusst die Unwahrheit!) Ihre Tage sind gezählt – das wissen Sie selbst auch! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Franz zu Wort. – Bitte.

 


20.32

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Haidlmayr! Selbstverständlich werden die Bürgerinitiativen und Pe­titionen sehr, sehr ernst genommen. (Abg. Freund: Genau!)

Das beweisen die Folgen, auf die ich anhand eines Beispiels besonders hinweisen möch­te. Ich habe dieses Beispiel deshalb ausgewählt, weil eine Vorarlberger Abge-


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ordnete wesentlich dazu beigetragen hat, dass mehr als 40 000 Unterschriften in Österreich zustande gekommen sind, und auch deshalb, weil ich in meiner Gemeinde im letzten Jahr einen besonderen Fall hatte, der mir sehr unter die Haut gegangen ist.

Es geht um Kindesmissbrauch. Es geht darum, höhere Strafen für Kindesmissbrauch zu fordern. Der Strafrahmen für die Produktion und den Konsum von Kinder­porno­graphie ist sehr niedrig. Er soll in Zukunft massiv angehoben werden. (Beifall bei der ÖVP.)

So soll Kinderpornographie zum Beispiel höher bestraft werden als Vermögensdelikte. Das sind Forderungen, die wohl niemanden kalt lassen können. Wir alle sind immer wieder sprachlos, zu welch unfassbaren Taten Erwachsene gegenüber Minderjährigen fähig sind. Wir müssen diesen Taten hier mit Härte begegnen.

Stellen Sie sich vor: Für Kinderpornographie gibt es eine Strafe von maximal drei Jahren. Konsumenten erhalten überhaupt nur eine Strafe im Ausmaß von sechs Mo­naten.

Kinder sollen uns ein Anliegen sein, sie brauchen unseren besonderen Schutz. Wir sind für eine Verschärfung des Strafrechtes bei Kinderpornographie, und ich denke, alle in diesem Hause müssen diesem Anliegen auch positiv gegenüberstehen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Heinzl zu Wort. – Bitte.

 


20.34

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Eine Petition, die auch im Petitionsausschuss behandelt wurde, betrifft die Errichtung von Lärm­schutzmaßnahmen, die durch den Baustopp der Güterzugumfahrung St. Pölten notwendig geworden sind. Der Grund ist, dass im Streckenabschnitt der Gemeinde Prinzersdorf, der eigentlich durch die Güterzugumfahrung von den Güterzügen befreit werden sollte, der Zugsverkehr nun weiter ziemlich stark ansteigt.

Deshalb sind die Menschen entlang dieser Strecke natürlich verärgert, wenn im Zuge der Umweltverträglichkeitsprüfung der Güterzugumfahrung Zusagen gemacht und dann genau diese Zusagen von der HL-AG gebrochen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Petitionsausschuss hat diese Petition betreffend Lärmschutz dem Verkehrsausschuss zugewiesen, und ich ersuche jetzt schon alle Damen und Herren der Regierungsparteien, im Verkehrsausschuss diese Petition zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.36

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine ge­schätz­ten Damen und Herren! In Anbetracht der späten Stunde und weil meine Vorrednerin als Ausschussführende unserer Fraktion bereits alles gesagt hat, kann ich mich ihren Ausführungen nur anschließen.

Ich möchte aber in Bezug auf die Ausführungen von Frau Haidlmayr und des Kollegen von der SPÖ schon noch Folgendes sagen: Ich glaube, es tut unserem sehr guten Klima in diesem Ausschuss nicht gut, wenn hier vom Rednerpult aus wieder irgend-


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welche Dinge vermischt werden, wieder Kritik aufkommt, die zum Teil nicht gerecht­fertigt ist.

Wir täten gut daran, in diesem Ausschuss das Klima, das wir im letzten Jahr aufgebaut haben, beizubehalten, denn ansonsten wird die eine oder andere Petition nicht dort hinkommen, wo sie hinkommen soll. – Danke, schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Der „Klima-Experte“ Scheuch sprach ...!)

20.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Ab­geord­neter Dr. Brader zu Wort. – Bitte.

 


20.37

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde es auch ganz kurz machen.

Ich möchte mich den Ausführungen des Kollegen Heinzl anschließen. Ich hoffe, dass die Lärmschutzwand bald notwendig ist – also dass die Züge bald wieder fahren.

Sonst möchte ich mich mit meinen Ausführungen auf die Bürgerinitiative Nummer 1 beziehen. Ziel dieser Initiative war eine Änderung des § 21 im Privatschulgesetz, um auch für nichtkonfessionelle Privatschulen eine Übernahme der Personalkosten durch den Bund zu garantieren.

Die Opposition wollte eine Behandlung dieser Maßnahme im Unterrichtsausschuss. Die­ses Ansinnen wurde mehrheitlich abgelehnt, weil kein Anlass besteht, die derzeit geltende Regelung zu ändern. Diese Regelung sieht vor, dass nichtkonfessionelle Pri­vatschulen Subventionen bekommen können, aber kein Rechtsanspruch auf Vergü­tung der Personalkosten besteht.

Eigentlich braucht es diese Privatschulen, die keiner gesetzlichen Schulart entspre­chen, nicht, weil das öffentliche Schulsystem genügend Vielfalt und vor allem eine Spitzenqualität aufweist. Wer seine Kinder, aus welchem Grund auch immer, in eine Alternativschule geben möchte, der soll und kann dafür auch bezahlen.

Ich glaube, das war die richtige Vorgangsweise im Ausschuss, und ich hoffe, dass wir das gute Klima in diesem Ausschuss auch weiter so beibehalten können. (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf des Abg. Mag. Molterer.)

20.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Mag. Grossmann zu Wort. – Bitte.

 


20.38

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine der eingebrachten Bürgerinitiativen befasst sich mit höheren Strafen für Kindesmissbrauch. Dazu möchte ich sagen, dass die Intention der Bürgerinitiative durchaus begrüßenswert ist. Es besteht im Strafrecht tatsächlich ein krasses Miss­verhältnis der Strafrahmen bei Gewalt- und Sexualdelikten einerseits und Vermö­gens­delikten andererseits.

Dieses Missverhältnis ist nicht akzeptabel und wird bei der umfassenden Neukodi­fizie­rung des Strafrechtes zu überdenken sein.

Aber, meine Damen und Herren, lediglich eine Anhebung des Strafrahmens greift ein­fach zu kurz. Ansetzen muss man bei der Präventionsarbeit, beim Opferschutz und bei der Opferfürsorge. Daher geht es in die völlig falsche Richtung, dass Organisationen,


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die diese wertvolle Arbeit leisten, von der schwarz-blauen Bundesregierung syste­ma­tisch finanziell ausgehungert werden.

Daher, meine Damen und Herren, vor allem von der rechten Seite dieses Hauses: Wenn Ihnen das Wohl von Kindern und Jugendlichen wirklich ein Anliegen ist und nicht nur ein Mittel zur Sympathie-Hascherei, dann lassen Sie es nicht zu, dass jene behin­dert werden, die anderen helfen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gusen­bauer: Bravo!)

20.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Ledolter zu Wort. – Bitte.

 


20.39

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren! Dass es nicht so ist, wie Frau Kollegin Haidlmayr uns soeben zu vermitteln versucht hat, nämlich dass diese Bundesregierung sich nicht um die Anliegen der Bürger kümmere, zeigt das Vorgehen in Sachen Lärmschutz­maß­nahmen, ein Anliegen, über das zweifelsohne großer Konsens besteht, das Gegen­stand einer Petition ist und wo sich allein anhand der in den letzten Jahren gesetzten Maßnahmen nachweisen lässt, mit welcher Umsicht und Sorgfalt diese Bundesre­gie­rung zu Werk gegangen ist. Allein für Lärmschutzmaßnahmen bei Autobahnen und Schnellstraßen wurden von einem bescheidenen Aufwand von knapp einer Million € im Jahr 2000 ausgehend bis zum heurigen Jahr bereits 7 Millionen € jährlich investiert. Das ist eine tolle Leistung, die zeigt, dass die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger durchaus ernst genommen werden.

Dass Lärmvermeidung und der Schutz der Anrainer vor Lärm und Lärmbelästigung nicht nur im Bereich dieser Straßenzüge wesentlich ist, zeigt die Tatsache, dass auch entlang der Bundesstraßen, die per 1. April 2002 an die Länder übertragen wurden, umfangreiche Lärmschutzmaßnahmen getätigt werden. Da ist besonders in Nieder­österreich, wo ich die Verhältnisse gut kenne, vorbildliche Arbeit geleistet worden.

Im Hinblick auf die Übernahme der WHO-Richtlinien ist die Absenkung der Dezi­belbelästigung am Tag mit einer Obergrenze von 55 dBA und während der Nacht mit 45 dBA durch großzügige Förderungen, die Niederösterreich, aber auch andere Bun­desländer gewähren, gelungen. Das ist auch dem spontanen und konsequenten Einsatz der Straßenmeistereien und letztlich der guten Zusammenarbeit mit den Bür­ger­meistern im Rahmen der tollen Arbeit des Landes Niederösterreich zu verdanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Steier zu Wort. – Bitte.

 


20.42

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Im Artikel 8 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz heißt es:

„Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich zu ihrer gewachsenen sprachlichen und kulturellen Vielfalt, die in den autochthonen Volksgruppen zum Ausdruck kommt. Sprache und Kultur, Bestand und Erhaltung dieser Volksgruppen sind zu achten, zu sichern und zu fördern.“

Gleichzeitig beinhaltet das Regierungsübereinkommen Schüssel II folgenden Satz:


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Die Bundesregierung wird alles unternehmen, was Vielfalt und Freiheit der elektro­nischen und gedruckten Medien und der Kommunikationsmöglichkeiten nutzt. – Zitat­ende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Entwicklung der letzten Jahre lässt aller­dings den Eindruck entstehen, als ob zahlreiche freie Radios und Volksgruppensender damit nicht gemeint gewesen wären, denn sie werden nach wie vor im Verant­wor­tungskarussell zwischen Bund und ORF aufgerieben und kämpfen, sofern sie über­haupt noch on air sind, um das finanzielle Überleben.

Der Petitionsausschuss hat in seiner letzten Sitzung die Petition Nr. 2 durch Kennt­nisnahme des Ausschussberichts mit Regierungsmehrheit erledigt. Diese Petition hatte den Fortbestand von Radio Agora und Radio dva in Kärnten zum Ziel. Mehr als 10 000 Menschen haben mit ihrer Unterschrift bekundet, dass ihnen Medienvielfalt durch die slowenischen und slowenisch-deutschsprachigen Hörfunkprogramme ein Anliegen ist. Den Regierungsparteien offensichtlich nicht! Dies dokumentiert auch die Begründung der ÖVP, warum diese Petition und damit die Problematik der freien Radios nicht, wie von uns beantragt, im Verfassungsausschuss ausführlich diskutiert werden sollte.

Der Petitionsausschuss, so der O-Ton, habe sich bereits öfters mit diesem Thema aus­einander gesetzt und könne nichts mehr tun. – Dieser Aussage, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen, denn damit relativieren sich alle Bekenntnisse zur Medienvielfalt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Stoisits.)

20.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abge­ord­nete Schiefermair zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.44

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Werter Herr Präsident! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Man sieht die Vielfalt der Anliegen der BürgerInnen, die dem Petitionsausschuss geschickt werden. Uns ist das, so glaube ich, allen ein großes Anliegen. Ich muss Ihnen da schon ein bisschen widersprechen, Frau Abgeordnete Haidlmayr, und auch Ihnen, Frau Mag. Grossmann: Wir gehen nicht leichtfertig mit die­sen Themen um. Sie haben auch festgestellt, dass wir Leute behindern, die anderen Menschen helfen wollen. – So ist es nicht.

Mein kurzes Thema soll die Bürgerinitiative „Höhere Strafen für Kindesmissbrauch“ sein. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung, und das ist auch darin begründet, dass alle vier Fraktionen einstimmig diese Bürgerinitiative an den Justizausschuss weiter­geleitet haben.

Ich denke, es ist einfach unfair, wenn man sagt, die Regierungsparteien seien gegen Minderheiten, gegen Leute, die anderen helfen wollen. – So ist es nicht. Wir gehen mit sehr viel Engagement und Herz auch an diese Sache heran. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.46

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Meine Damen und Herren! Ich finde es wirklich toll, wenn, so wie in Österreich in einer Demokratie den Bürgerinnen und Bür­gern die Möglichkeit gegeben wird, sich mit Bürgerinitiativen direkt an den Nationalrat zu wenden. Immerhin sind in dieser Legislaturperiode bereits 15 Petitionen und zehn


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38. Sitzung / Seite 220

Bürgerinitiativen eingelangt, wobei heute im Sammelbericht eben acht Petitionen und sechs Bürgerinitiativen auf der Tagesordnung stehen. – So weit, so gut aus meiner Sicht.

Aber wenn die Geschäftsordnung vorsieht, dass der Nationalrat die eingebrachten Bürgerinitiativen und Petitionen in Verhandlung zu nehmen hat, dann sollte das auch im Sinne des Erfinders der Geschäftsordnung passieren beziehungsweise im Sinne der großteils berechtigten Anliegen unserer Bürgerinnen und Bürger.

Frau Abgeordnete Haidlmayr hat das genau auf den Punkt gebracht: Die Realität schaut ganz anders aus, nämlich so, dass von Seiten der Koalition politischer Miss­brauch betrieben wird. Wenn ich mir die Vorgangsweise der ÖVP- und FPÖ-Abge­ordneten im Ausschuss ansehe, dann wird bei mir immer stärker der Eindruck geweckt, dass es ihnen nicht darum geht, den berechtigten Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen, sondern einfach zu blockieren und die Themen abzuwürgen. (Abg. Murauer: Das ist ein falscher Eindruck!)

Das sage ich jetzt auch aus folgendem Grund: Nehmen wir nur die ÖIAG-Petition, eingebracht am 14. Mai auf Grund ihrer Dringlichkeit. Am 9. Juli wurde sie – wieder mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ – vertagt, und jetzt wird im Endbericht, weil sowieso schon alles verscherbelt ist, einfach so getan, als wenn nichts gewesen wäre. So kann man nicht damit umgehen! Sagen Sie doch gleich – und haben Sie den Mut dazu –: Schaffen wir den Petitionsausschuss ab und lassen wir den Präsidenten entscheiden, wie die Bevölkerung überhaupt noch Möglichkeiten haben sollte, ihren Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen. (Beifall bei der SPÖ.)

Da Kollege Gusenbauer am Nachmittag gesagt hat, Sie sind der Totengräber der ÖBB, sage ich: Mit der Vorgangsweise sind Sie der Totengräber der Demokratie! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: „Totengräber“?! – Ruf bei der ÖVP: Das ist ein Skandal!)

20.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Da­men und Herren! Ich möchte mich auch auf die Voest-Resolution beziehen, die hier in Wirklichkeit vom Voest-Betriebsrat der Diskussion zu Grunde gelegt worden ist. Ich denke: Beurteilen kann man das Ganze auf Grund von heutigen Aussendungen der voestalpine! Ich darf zitieren:

Voestalpine mit kräftigem Gewinnzuwachs aus einem um 12,6 Prozent gestiegenen Halbjahresumsatz; Steigerung des Betriebserfolges um sage und schreibe 62 Prozent im letzten halben Jahr. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Abg. Murauer: Na bitte!)

Geschätzte Damen und Herren! Weiters heißt es: „Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ wurde „mehr als versechsfacht“. (Ruf bei der ÖVP: Schwarze Zah­len!) Das ist das beste Ergebnis in der Konzerngeschichte der voestalpine.

Wolfgang Eder sagt – das steht auch in der voestalpine-Aussendung, ich zitiere –:

„Die gegenwärtige Aktionärsstruktur der voestalpine mit knapp 50 Prozent inländischen Aktionären sei ein ,starker Übernahmeschutz‛, ... und entspreche den Wunschvorstel­lungen des Vorstandes ...“

Geschätzte Damen und Herren! Wir dürfen in Ruhe feststellen: Die voestalpine-Privatisierung ist eine Erfolgsstory. (Neuerlicher Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)


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38. Sitzung / Seite 221

Wir haben heftige Diskussionen geführt, Herr Kollege Keck, Herr Kollege Dobnigg. Ich möchte aber heute auch bei Ihnen Abbitte leisten: Ich halte Sie für sehr vernünftige Betriebsräte. Sie haben Ihre Kunden, obwohl wir heftige Diskussionen geführt haben, nicht bestreikt. Das unterscheidet Sie von den ÖBB-Betriebsräten. Ich bitte Sie sehr um Folgendes: Wirken Sie auf Herrn Haberzettl ein! Er soll zurück an den Ver­handlungstisch kommen. Die Tür des Bundeskanzlers ist offen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Sagen Sie das dem Herrn Gorbach!)

20.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Wimmer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.50

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Kolle­ginnen! Liebe Kollegen! Kollege Missethon, natürlich ist die Voest ein hervorragendes Unternehmen. Deswegen hätten wir ja geglaubt, dass es notwendig ist, dass zu­mindest 25 Prozent plus eine Aktie in österreichischer Hand bleiben. Schade, dass das nicht gelungen ist! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Freund: Wo ist der Nachteil der Pri­vatisierung?)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Lieber Kollege Freund! Ich bin nicht ganz bei dir, wenn du meinst, es sei alles Liebe und Grießschmarren. – Vielleicht für euch von den Regierungsfraktionen, aber für uns von der Opposition ist dieser Ausschuss oft­mals sehr mühevoll zu bewältigen. Hier wird vertagt, hier wird verzögert, hier wird natürlich oftmals hinausgeschoben, hier wird Zeit gewonnen, hier wird taktiert. (Abg. Freund: Hier wird gearbeitet!)

Meine geschätzten Damen und Herren! Gerade diese heute angesprochene Petition betreffend Privatisierung der voestalpine hat gezeigt, wie eine Petition ganz vornehm abgewürgt werden kann. Es ist traurig, dass nicht einmal eine Debatte im zuständigen Ausschuss – nämlich im Industrieausschuss – zugelassen worden ist.

Ich meine daher, dass gerade für diesen Ausschuss ein besonderes Minderheitenrecht zu gelten hätte, denn sonst, befürchte ich, wird dieser Ausschuss wirklich einmal zur Farce. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Freund: Da nehmen wir sehr große Rück­sicht!)

20.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kurzbauer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.52

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit der Petition Nr. 4 – diese betrifft die Lärmschutzmaßnahmen im Gemeindegebiet Prinzersdorf entlang der Westbahn – befassen.

Bezüglich der Lärmschutzmaßnahmen entlang der Bahn müssen wir nämlich unter­schei­­den punkto Neubau und punkto bestehende Strecke. Ganz konkret: In Prin­zersdorf wurde ein Neubau durchgeführt. Wir wissen alle, dass bei einem Neubau oder einem Ausbau Lärmschutzmaßnahmen gesetzlich geregelt sind, vorgeschrieben wur­den und sozusagen mit dem Bau der Bahnstrecke auch die Lärmschutzwände errichtet wurden.

Seit einigen Monaten herrscht dort Betrieb. Bei der bestehenden Strecke – das ist ein Teil von Prinzersdorf – wurden seitens der Gemeinde Prinzersdorf selbstverständlich die Lärmschutzmaßnahmen beim Land Niederösterreich beantragt. Diese wurden mit


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der Priorität 1 gereiht. Aus heutiger Sicht können wir feststellen, dass im Jahr 2005 beziehungsweise 2006 dort diese Maßnahmen umgesetzt werden.

Geschätzte Damen und Herren! Grundsätzlich ein Hinweis: Es ist dem Land Nie­der­österreich in Zusammenarbeit mit dem Infrastrukturministerium gelungen, den ge­sam­ten Ausbau der Westbahn in Niederösterreich in einem Paket bis 2012 umzu­setzen. Aus heutiger Sicht ist in diesem Ausbaupaket auch die Güterzugumfahrung St. Pölten enthalten. Die Bürger werden es lohnen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Stellenwert, den Sie Bürgerinitiativen und Petitionen ein­räumen, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, ist wirklich beschämend, kann ich nur sagen. (Abg. Freund: Bei den Grünen ganz ...!) Beschämend, weil Sie seit Jahren nicht dazu bereit sind, hier Ministerialbeamte beizuziehen oder zuzulassen, dass Minister in den Petitionsausschuss kommen, um die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger einmal wirklich ernst zu nehmen und konkret auch schon im Ausschuss zu prüfen. (Abg. Großruck: ... den Saustall ausmisten!)

Abgesehen sei davon, dass Ihre völlige Ignoranz, Kollege Scheuch, auch darin be­steht, dass Sie Petitionen als Abgeordneter einbringen, hinter denen Sie überhaupt nicht stehen. Ich nenne hier nur die Petition Nr. 3 betreffend „Sichere Pensionen“, in der es zum Beispiel heißt – Kollege Scheuch, Sie haben sie eingebracht (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja, ich bin da!) –: Die für Frauen und Mütter besonders benachtei­ligenden Reformschritte müssen zurückgenommen werden.

Sie selbst haben aber in diesem Plenum für diese Einschnitte für Mütter und Frauen gestimmt, anstatt im Sinne dieser Petition wirklich ernsthaft dieses Anliegen der Bür­gerinnen und Bürger zu vertreten. Sie haben das nur eingebracht, und das ist völlig abgehoben und undemokratisch aus meiner Sicht. Wenn Sie nicht dahinter stehen, dann bringen Sie solch eine Petition nicht ein! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Ich möchte aber hier als Obmann der österreichisch-slowenischen parlamentarischen Freundschaftsgruppe besonders auf die Petition Nr. 2 eingehen. Meine Damen und Herren! Slowenien ist ein kleines Nachbarland, ein wichtiges Nachbarland, ein Partner Österreichs, ein Partner der österreichischen Gesellschaft und der österreichischen Wirtschaft.

Meine Damen und Herren! Sie wissen vielleicht, dass gerade Österreich der wichtigste Direkt-Investor in Slowenien ist, dass mehr Österreicherinnen und Österreicher derzeit in Slowenien arbeiten als umgekehrt. Aber gleichzeitig sind wir immer noch nicht fähig, der slowenischen Volksgruppe in Österreich und den freien Radios – hier trifft beides zusammen – ordentlich, ernsthaft zuzuhören und ihnen im Parlament auch wirklich den notwendigen Rahmen zu gewähren, der ihnen zusteht, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nein! Sie werden diese Petition einfach mit Mehrheit zur Kenntnis nehmen. Der Bun­deskanzler, das Bundeskanzleramt reden sich darauf aus, dass der ORF das schon aus­verhandeln werde, aber Ihrer Verpflichtung kommen Sie nicht nach. Diese Tatsache ist schon äußerst bedenklich und ungeheuerlich!

Ich möchte schon noch darauf hinweisen – das ist ja auch mehrfach von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt worden –, dass sich der Petitionsausschuss in


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Zukunft auch sehr intensiv mit den Volksanwälten austauschen wird, dass wir gezielter und offensiver versuchen werden, Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land sicherzustellen und ihre Anliegen auch ernsthaft hier in dieses Haus hereinzubringen.

Glauben Sie mir: Wir werden hart daran arbeiten und es wird uns gelingen, hier einen Schritt weiterzukommen. Es soll nicht mehr möglich sein, über die Bevölkerung, über Interessen, über soziale Ansprüche und über wichtige Anliegen zum Beispiel der österreichischen Minderheiten drüberzufahren. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Pe­titionen und Bürgerinitiativen, seinen Bericht 261 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

26. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (155/A)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Schließlich gelangen wir zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


20.58

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze: Im vorliegenden Antrag wird ein eigener Kinder- und Jugendausschuss ge­fordert. Die jetzige Geschäftsordnung sieht vor, dass einem Ausschuss eine Vorlage zugeordnet wird, der Fachausschuss berät und dann wird darüber befunden und abgestimmt.

Die Idee hier ist ein Novum. Die Situation ist Folgende: Wir sind der Ansicht, dass ein eigener Kinder- und Jugendausschuss selbst entscheiden können sollte, sich aus den anderen Fachausschüssen Vorlagen, wozu wir Stellungnahmen abgeben wollen, zu holen, das heißt, die eigene Tagesordnung selbst zu gestalten, die Stellungnahmen an die Fachausschüsse zurückleiten zu können und natürlich zu hoffen, dass diese in die Beratungen einfließen können. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das wäre ein weiterer Schritt dazu, dass Kinder- und Jugendpolitik nicht nur mit Fa­milienpolitik gemeinsam behandelt wird. Wir wissen, Kinder- und Jugendpolitik ist eine Querschnittsmaterie, ist fast in jedem Ausschuss ein Thema. Ein eigener Kinder- und Jugendausschuss in dieser Form könnte gewährleisten, dass wir als eigener bera­tender Ausschuss unterstützt von Expertinnen und Experten unser Wissen an die Fach­ausschüsse zurückgeben. Ich hoffe, dass Sie das positiv diskutieren können. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Pack 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


20.59

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kurz auf die Begründung Ihres Antrages Bezug nehmend: Es ist richtig, dass die Situation, Emanzipation und Partizipation von Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden gesellschaftlichen Bereichen entscheidende Faktoren für die Wei­terentwicklung und Zukunft unserer Demokratie sind.

Es ist auch fast richtig, dass viele gesetzliche Bestimmungen, die Kinder und Ju­gendliche betreffen, derzeit in den verschiedenen Fachausschüssen des Nationalrates beraten werden, aber nur fast richtig, denn eigentlich treffen alle gesetzlichen Be­stimmungen früher oder später auch auf Kinder und Jugendliche zu.

Um den Stellenwert der kinder- und jugendrelevanten Fragen zu erhöhen und zu stär­ken, fordern Sie die Einsetzung eines eigenen Ausschusses für Kinder und Jugend­liche. Das halten wir für ganz falsch, denn diese Forderung geht eindeutig in die falsche Richtung. Wieso? – Weil erstens die Installierung eines eigenen Ausschusses für Kinder- und Jugendanliegen, so wie Sie es vorhaben, nicht systemkonform mit der Geschäftsordnung ist, und zweitens hat meiner Meinung nach diese Forderung den Anschein einer Alibi-Aktion. Man schafft ein eigenes Gremium, in welchen man dann eigentlich Anliegen ganz einfach verschwinden lassen kann.

Einzig und allein Formalkriterien aufzustellen, ist eindeutig zu wenig. Entscheidend ist vielmehr, dass Kinder- und Jugendanliegen auch wirklich umgesetzt werden, das heißt, dass eine effiziente Vertretung und Umsetzung in allen Ausschüssen, nicht nur in einem Pro-forma-Kinder- und -Jugendausschuss gegeben ist.

Eine effiziente Vertretung und Umsetzung, das ist ein besonderes Anliegen der Öster­rei­chischen Volkspartei. Im Familienausschuss sind Kinder- und Jugendanliegen im Moment sehr gut aufgehoben. Das hat auch die letzte Ausschusssitzung gezeigt, in dem man immerhin vier Stunden lang über den Bericht über die Lage der Jugend ausführlich debattiert und danach zwei Entschließungsanträge die Jugend betreffend beraten hat. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. 4 Minuten Redezeit.

Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort. Sie können diese 4 Minuten auch als Obergrenze sehen.

 


21.02

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Ich habe mir eigentlich mehr erwartet. Offensichtlich ist dieses Anliegen doch nicht so ernst zu nehmen. Sie haben in der Kürze Ihrer Ausführungen nur wenig Inhaltliches gebracht. (Abg. Heinisch-Ho­sek: Sie haben es nicht verstanden!) – Ich habe es sehr wohl verstanden, und zwar auch semantisch, aber ich habe die Pragmatik nicht ganz verstanden. Mit uns kann man immer reden, und wir diskutieren das auch gerne, aber unserer Ansicht nach sind die Probleme der Jugend im Familienausschuss sehr gut aufgehoben sind. Wir haben immer wieder gute Vorschläge, und Sie sind herzlich eingeladen, im Familien­aus­schuss mitzudiskutieren, Vorschläge mitzutragen. Ich glaube, wenn Sie das schaffen, dann könnten wir vielleicht in drei, vier Jahren über einen eigenen Kinder- und Jugend­ausschuss diskutieren.


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Wir sind gerne bereit, Gespräche in diese Richtung zu führen. Wir sind immer offen für die Probleme der Jugendlichen und können sagen: Im Moment machen wir eine gute Arbeit für die Jugend im Familienausschuss und auch in der Regierung. Aber wir werden auf alle Fälle immer bereit sein, darüber zu diskutieren. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Letzter hat sich Herr Abgeordneter Brosz zu Wort gemeldet. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.03

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ursprünglich wollte ich anmerken, dass wir über den vorliegenden Antrag von der Intention her geteilter Meinung sind. Ob das die entsprechende Form und ge­schäftsordnungsgemäß ist, das ist eine andere Frage. Aber wenn ich mir die Ausführungen des Kollegen Lichtenegger vergegenwärtige, der uns erklärte, wie super der Familienausschuss arbeitet und dass dort die Interessen der Jugendlichen ohnehin vertreten werden, dann meine ich, dass man sich schon einmal genauer anschauen sollte, wo da die Unterschiede liegen, denn genau das ist das Problem. Gäbe es nämlich wirklich eine Diskussion, bei welcher man das Gefühl hat, dass die Anliegen der Kinder und Jugendlichen wahrgenommen werden, und würden zum Beispiel auch die geschäftsordnungsmäßigen Möglichkeiten, etwa die Einladung von Auskunfts­per­sonen, wahrgenommen werden, dann bräuchte man solche Anträge – sozusagen als Hilfsmaßnahme der Opposition, diesen Anliegen entsprechende Unterstützung hier zu gewähren – nicht zu stellen.

Ich glaube, wir sollten diesen Geschäftsordnungsantrag seriös behandeln und zumin­dest schauen, welche Möglichkeiten es gibt – auch wenn Sie sagen, es sei aus­reichend, was es an gesetzlicher Normierung gibt –, die Interessen von Kindern und Jugendlichen im Parlament besser zu verankern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 155/A dem Geschäftsordnungsausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzaus­schuss zur Berichterstattung über die Regierungsvorlage 313 der Beilagen betreffend Wachstums- und Standortgesetz 2003 eine Frist bis 3. Dezember 2003 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag eintreten, um ein entsprechendes Zeichen der Zustimmung. (Abg. Dr. Fischer erhebt sich als Einziger nicht von seinem Platz. – Abg. Mag. Molterer spendet ihm demonstrativ Beifall.) – Das ist weitgehend mit großer Mehrheit beschlossen.

*****

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen, dem Unterrichtsausschuss zur Berichterstattung über den


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Antrag 284/A (E) betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierung eine Frist bis 2. Dezember 2003 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 289/A bis 293/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1069/J bis 1095/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen dient, berufe ich für 21.06 Uhr – das ist jetzt im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.06 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien