Stenographisches Protokoll

41. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 4. Dezember 2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

41. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode    Donnerstag, 4. Dezember 2003

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 4. Dezember 2003: 9.02 – 22.09 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfra­strukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unter­nehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österrei­chische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Europäische Gesellschaft für die Finan­zierung von Eisenbahnmaterial) aufzunehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 ver­tagten Verhandlungen)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen)

4. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertag­ten Verhandlungen)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (5. Ärztegesetz-Novelle)

6. Punkt: Bundesgesetz betreffend Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und Materialien (Tiermaterialiengesetz – TMG)

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Tiergesundheitsgesetz (TGG) geändert wird

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Ge­sundheitswesen geändert wird (DokuG-Novelle 2003)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003)

11. Punkt: Bericht über den Antrag 252/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Insol­venz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden

13. Punkt: Übereinkommen (Nr. 183) über die Neufassung des Übereinkommens über den Mutterschutz (Neufassung) samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Arti­kel 4 Abs. 2 des Übereinkommens sowie Empfehlung (Nr. 191) betreffend die Neufas­sung der Empfehlung betreffend den Mutterschutz

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinarge­setz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagergesetz 2003 und das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert werden (Wehrrechtsänderungs­gesetz 2003 – WRÄG 2003)

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhal­tige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002-AWG 2002) BGBl. I Nr. 102/2002 geändert wird (244/A)

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert wird (248/A)

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Verkehr (Bundesamt für Verkehr-Gesetz – BAVG) erlassen und das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967), das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Stra­ßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), das Bun­desgesetz über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG), das Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBG 1998), das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens über die internationale Beförde­rung leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchführungsgesetz 1970), das Bun­desgesetz über sichere Container (Containersicherheitsgesetz – CSG), das Kraftfahr­zeugsteuergesetz – KfzStG, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerschein­gesetz – FSG), das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG), das Bundesgesetz über die nicht­linienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gele­genheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), das Umsatzsteuergesetz, das Ausländer­beschäftigungsgesetz, das Außenhandelsgesetz, das Bundesgesetz über den Trans­port von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Zollrecht-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 3

Durchführungs-Gesetz, das Bundesgesetz über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz) und das Bundesgesetz über die Mauteinhe­bung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz) geändert werden (Bundesamt für Verkehr-Errichtungsgesetz) (247/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 15

Ordnungsruf ................................................................................................................. 107

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 855/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung .................................................................................................... 16

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         121

Redner:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 122

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 124

Ridi Steibl .................................................................................................................... 127

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 128

Josef Bucher ............................................................................................................... 129

Sabine Mandak ........................................................................................................... 129

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 16

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen, die Regie­rungsvorlage 311 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundes­pflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unternehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Be­triebsverfassungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungs­gesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturge­setz 2003), 340 d.B., gemäß § 73 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Ver­kehrsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ..............................................................................  21, 131

Wortmeldungen der Abgeordneten Dr. Josef Cap und Herbert Scheibner in Bezug auf Ausführungen des Vizekanzlers Hubert Gorbach .................................................................................  66, 66

Wortmeldung des Abgeordneten Peter Schieder in Zusammenhang mit einer Worterteilung durch Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn .................................................................... 106

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 15

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................  15, 251, 253, 254


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 4

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (311 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schienen­infrastrukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundes­gesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeld­gesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unternehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsverfas­sungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (340 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen) .............................................................................................................. 17

2. Punkt: Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Europäische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzu­nehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (341 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhand­lungen) .................... 17

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 17

Werner Miedl ................................................................................................................. 21

Dr. Evelin Lichtenberger ....................................................................................  26, 106

Herbert Scheibner ...............................................................................................  30, 114

Vizekanzler Hubert Gorbach ........................................................  34, 64, 107, 110, 116

Kurt Eder ..............................................................................................................  38, 107

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 41

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 44

Mag. Eduard Mainoni ..........................................................................................  47, 106

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ................................................................  50, 93

Friedrich Verzetnitsch ................................................................................................. 53

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 56

Karl Öllinger .........................................................................................................  58, 117

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 61

Josef Broukal .......................................................................................................  67, 100

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 69

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 71

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 72

Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 76

Franz Glaser .................................................................................................................. 80

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 85

Anton Wattaul ............................................................................................................... 86

Erika Scharer ................................................................................................................ 88

Johann Rädler .............................................................................................................. 89

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 91

Sabine Mandak ............................................................................................................. 91

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 95

Ing. Erwin Kaipel .......................................................................................................... 97

Christoph Kainz ............................................................................................................ 98

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) .......................................................... 99

Maximilian Walch ....................................................................................................... 100

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigungen) ............................................  102, 105, 111

Hermann Gahr ............................................................................................................ 102


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 5

Peter Haubner ............................................................................................................. 103

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 104

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 105

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 108

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 109

Michaela Sburny ......................................................................................................... 112

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 112

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 115

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 118

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend umgehende Einführung eines generellen LKW-Nachtfahrverbots in Österreich – Ablehnung       29, 131

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Evelin LIchtenberger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Qualitätssteigerung im öffentlichen Verkehr durch Ausbau der Rechte und der Teilhabe der Fahrgäste/KundInnen – Ablehnung .......................................................................  75, 131

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend den sofortigen Um- beziehungsweise Ausbau des Haupt­bahnhofes Salzburg – Ablehnung  78, 131

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Mag. Eduard Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einleitung einer Kundenzufriedenheitsoffensive bei den ÖBB – Annahme (E 33) .....................................................................................................................  82, 132

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Strategische Umweltprüfung für den Generalver­kehrsplan – Ablehnung .............  91, 132

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 340 und 341 d.B. ................................  131, 132

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (233 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (342 und Zu 342 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhand­lungen)     ............................................................................................................................. 132

4. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsan­trag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport (343 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlun­gen)      ............................................................................................................................. 132

Redner:

Anton Heinzl ............................................................................................................... 132

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 133

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 134

Anton Wattaul ............................................................................................................. 137

Vizekanzler Hubert Gorbach ..................................................................................... 138

Peter Marizzi ............................................................................................................... 139

Martin Preineder ......................................................................................................... 140

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 141

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 142

Gerhard Steier ............................................................................................................ 143

Heinz Gradwohl .......................................................................................................... 144


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 6

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Miedl, Kurt Eder, Mag. Eduard Mainoni, Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Sicherung der Tätigkeit der Tiertransportinspektoren – Annahme (E 34)                                                                                                                             134, 145

Annahme des Gesetzentwurfes in 342 d.B. ................................................................ 145

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 343 d.B. ..................................................... 145

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (306 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (5. Ärzte­gesetz-Novelle) (334 d.B.) .......... 145

Redner:

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 146

Manfred Lackner ........................................................................................................ 147

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 149

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 150

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...........................................................  152, 161

Ridi Steibl .................................................................................................................... 153

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 154

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 155

Karl Öllinger ................................................................................................................ 156

Maria Grander ............................................................................................................. 157

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 158

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 159

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 160

Entschließungsantrag der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Qualitätsoffensive im Bereich der niedergelas­senen Ärzte und im Spitalsbereich – Ablehnung      155, 163

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 162

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (314 d.B.): Bundesgesetz betreffend Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und Materialien (Tier­materialiengesetz – TMG) (336 d.B.) .......................................... 163

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tiergesundheitsgesetz (TGG) geändert wird (337 d.B.) .............................. 163

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (292 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (338 d.B.) ................................ 163

Redner:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 163

Anna Höllerer .............................................................................................................. 165

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 166

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 167

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 168

Erika Scharer .............................................................................................................. 168

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 169

Beate Schasching ...................................................................................................... 170

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 171

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 336, 337 und 338 d.B. ...................................... 172


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 7

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (282 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen geändert wird (DokuG-Novelle 2003) (335 d.B.) ...................................................................................................................... 173

Redner:

Barbara Riener ........................................................................................................... 173

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 174

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 176

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...........................................................  176, 182

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 177

Dr. Erwin Rasinger ..................................................................................................... 178

Renate Csörgits .......................................................................................................... 179

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 179

August Wöginger ....................................................................................................... 180

Heidrun Walther ......................................................................................................... 181

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhöhung der Versorgungsqualität und Vermeidung von Mehrfachbefundungen und Mehrfachbehandlungen – Ablehnung ..............................................................................................................................  175, 182

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 182

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversiche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialver­sicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz ge­ändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003) (316 d.B.) ...................................................................................................................... 183

Redner:

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 183

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 185

Karl Öllinger ................................................................................................................ 192

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 194

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat .................................................................... 195

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 196

Ridi Steibl .................................................................................................................... 197

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 198

Maximilian Walch ....................................................................................................... 200

Manfred Lackner ........................................................................................................ 201

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 205

Staatssekretärin Ursula Haubner ............................................................................. 206

Walter Schopf ............................................................................................................. 208

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................. 209

Barbara Riener ........................................................................................................... 210

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der betrieblichen Sicherheit und Gesundheits­prävention arbeitsbedingter Erkrankungen – Ablehnung ............................................................................................................  184, 211

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend rückwirkende Aufhebung der Ambulanzgebühr – Ableh-
nung .....................................................................................................................  197, 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Pensionserhöhung – Ablehnung ................................................  199, 212


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dämpfung des Zuwachses bei den Heilmitteln – Ableh-
nung .....................................................................................................................  202, 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungskosten der Versicherungsträger – Ableh-
nung .....................................................................................................................  209, 212

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des SchwarzunternehmerIn­nentums – Ablehnung  209, 212

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 211

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 252/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstal­ten-Arbeitszeitgesetz geändert wird (317 d.B.) ............................. 212

Redner:

Fritz Neugebauer ........................................................................................................ 212

Dietmar Keck .............................................................................................................. 213

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 214

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 215

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 217

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der Strafbestimmungen bei Übertretungen im Bereich des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes – Ablehnung ............................................................................................................  216, 218

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 217

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (308 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familienlastenausgleichs­gesetz 1967 und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (318 d.B.) ...................................................................................................................... 218

Redner:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 219

Karl Donabauer .......................................................................................................... 220

Mag. Barbara Prammer ............................................................................................. 221

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 222

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 224

Franz Riepl .................................................................................................................. 224

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 226

Mag. Dr. Josef Trinkl .................................................................................................. 226

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 227

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 231

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 231

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend die geplante Auslagerung der Betreuung und Vermitt­lung von KünstlerInnen im AMS Wien an eine private Organisation und den dar­aus resultierenden Qualitätsverlust – Ablehnung .......  220, 233


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 9

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend „Der Jugend faire Chancen für die Zukunft eröff­nen“ – Ablehnung .....................  228, 233

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 233

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (22 d.B.): Übereinkommen (Nr. 183) über die Neufassung des Übereinkommens über den Mutterschutz (Neufassung) samt Erklärung der Republik Österreich gemäß Artikel 4 Abs. 2 des Übereinkommens sowie Empfeh­lung (Nr. 191) betreffend die Neufassung der Empfehlung betreffend den Mutter­schutz (319 d.B.)                    233

Redner:

Christine Marek .......................................................................................................... 234

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 235

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 235

Sabine Mandak ........................................................................................................... 236

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 237

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG ........................................... 237

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes hinsichtlich der Empfehlung (Nr. 191) betreffend die Neufassung der Empfehlung betreffend den Mutterschutz .................................................................... 237

14. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungs­vorlage (260 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeres­disziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatz­gesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Muni­tionslagergesetz 2003 und das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2003 – WRÄG 2003) (333 d.B.) ..... 237

Redner:

Anton Gaál .................................................................................................................. 237

Walter Murauer ........................................................................................................... 238

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 240

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 241

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 241

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 242

Astrid Stadler .............................................................................................................. 242

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ..................................................................................... 243

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 244

Beate Schasching ...................................................................................................... 244

Karl Freund ................................................................................................................. 245

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 245

Jochen Pack ................................................................................................................ 246

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 247

Marianne Hagenhofer ................................................................................................ 247

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 248

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 248

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002-AWG 2002) BGBl. I Nr. 102/2002 geändert wird (244/A)                  249

Redner:

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 249

Konrad Steindl ............................................................................................................ 250


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 10

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 250

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................. 251

Zuweisung des Antrages 244/A an den Umweltausschuss ........................................ 251

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstraf­gesetz 1991 geändert wird (248/A)                    251

Redner:

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 251

Michael Praßl .............................................................................................................. 252

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 252

Karl Öllinger ................................................................................................................ 252

Zuweisung des Antrages 248/A an den Verfassungsausschuss ................................ 253

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Verkehr (Bundesamt für Verkehr-Gesetz – BAVG) erlassen und das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahr­wesen (Kraftfahrgesetz 1967 – KFG 1967), das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrs­ordnung 1960 – StVO 1960), das Bundesgesetz über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG), das Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahr­gutbeförderungsgesetz – GGBG 1998), das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens über die internationale Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchführungsgesetz 1970), das Bundesgesetz über sichere Container (Containersicherheitsgesetz – CSG), das Kraftfahrzeugsteuergesetz – KfzStG, das Bundesgesetz über den Führer­schein (Führerscheingesetz – FSG), das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG), das Bundesgesetz über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), das Umsatzsteuergesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Außenhan­delsgesetz, das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße – TGSt), das Zollrecht-Durchführungs-Gesetz, das Bundesgesetz über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialver­sicherungsgesetz) und das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundes­straßen (Bundesstraßen-Mautgesetz) geändert werden (Bundesamt für Verkehr-Errichtungsgesetz) (247/A)    ............................................................................................................................. 253

Redner:

Kurt Eder ..................................................................................................................... 254

Anton Wattaul ............................................................................................................. 254

Zuweisung des Antrages 247/A an den Verkehrsausschuss ...................................... 254

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhaltung der Mariazellerbahn und der Ybbstalbahn (303/A) (E)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 11

Walter Murauer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert wird (304/A)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Evaluierung der Auswir­kungen der steuerlichen Begünstigungen für Forschung und Entwicklung in zwei bis spätestens drei Jahren (305/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend die geplante Auslagerung der Betreuung und Vermittlung von KünstlerInnen im AMS Wien an eine private Organisation und den daraus resultierenden Qualitätsverlust (306/A) (E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ausdehnung des Anspruches auf Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und Sonderruhegeld nach den Bestimmungen des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG) sowohl auf Nachtarbeit als auch auf Schwerarbeit (307/A) (E)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Schaffung eines österreichweit einheitlichen Berufsbildes für Berufsfeuerwehrleute (308/A) (E)

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Gebäude- und Wohnungsregister (GWR-Gesetz) geschaffen und das Vermessungsgesetz geändert wird (309/A)

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird (310/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend den sofortigen Um- bezie­hungsweise Ausbau des Hauptbahnhofes Salzburg (311/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Vorlage des Berichts zur Lage der VerbraucherInnen für das Jahr 2002 (312/A) (E)

Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl Nr. 697/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr. 50/2002, geändert wird (313/A)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vergleichbarkeit der Kriminali­tätsstatistiken (314/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unglaubliche Vermehrung von Dienstposten im Ministerbüro (1196/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend unglaubliche Vermehrung von Dienstposten im Ministerbüro (1197/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend unglaubliche Vermeh­rung von Dienstposten im Ministerbüro (1198/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 12

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Qualifizierungs­projekte für behinderte Jugendliche (1199/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umstrukturierung der Kriminalpolizei in St. Pölten (1200/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend ERP-Fonds (1201/J)

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Forschungsstiftung (1202/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Verschärfung des Zu­gangs zur erhöhten Familienbeihilfe (1203/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Integrative Berufsausbildung (1204/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Integrative Berufsausbildung (1205/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderung des Österreichischen Pennäler Rings und des Alkoholmissbrauchs unter Jugendlichen durch das Bundes­ministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (1206/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Praxis, ältere arbeitslose Menschen in die Berufsunfähigkeitspension zu drängen (1207/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Praxis, ältere arbeitslose Menschen in die Berufsunfähigkeitspen­sion zu drängen (1208/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Schulaufsichtsfunktion der Landesschulräte und des Stadt­schulrates (1209/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung des Ozongesetzes (1210/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 13

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Konta­minanten – Bewertung der lebensmittelbedingten Exposition der Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten gegenüber Blei, Cadmium, Quecksilber und Arsen“ (1211/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Konta­minanten – Erhebung und Zusammensetzung von Daten über den Gehalt an 3-Mono­chlorpropandiol (3-MCPD) und verwandten Stoffen in Lebensmitteln“ (1212/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Konta­minanten – Erhebung von Daten über das Auftreten mehrkerniger aromatischer Koh­lenwasserstoffe in Lebensmitteln“ (1213/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Wissenschaftliche Prüfung von Lebensmittelfragen: Konta­minanten – Erhebung von Daten über das Vorkommen von Fusarientoxinen in Lebens­mitteln und Bewertung ihrer ernährungsbedingten Aufnahme durch die Bevölkerung der EU-Mitgliedstaaten“ (1214/J)

Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend Major Michael Marik (1215/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Unregelmäßigkeiten bei der Verleihung der Standesbezeichnung „Ingenieur“ (1216/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Auswirkungen rückläufiger Universitätsbudgets auf Studienbedingungen an den Universitäten (1217/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Ergebnisse von gemeinsamer Nieren-/Pankreastransplanta­tion bei Diabetes mellitus Typ I PatientInnen beziehungsweise Nierentransplantation bei Diabetes mellitus Typ II PatientInnen an den Univ.-Kliniken AKH-Wien, Graz und Innsbruck (1218/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die UNIFEM-Studie „Women, War and Peace“ (1219/J)

Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Finanzierung der SPÖ durch Spenden aus dem SPÖ Firmengeflecht (1220/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Aktion „Freies Geleit für antisemitisch motivierte Friedhofsschändung“ (1221/J)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Strafanstalt Rottenstein (1222/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kontrolltätigkeit im Bereich von Tiertransporten in und durch Österreich (1223/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend Kontrolltätigkeit im Bereich von Tiertransporten in und durch Österreich (1224/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend IT-Umschulung von arbeitslosen LehrerInnen (1225/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ver­kehr, Innovation und Technologie betreffend Verminderung des Fluglärms in Österreich (1226/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Aufgliederung der Inanspruchnahme des Vorruhestandes durch LehrerInnen mit 1. Dezember 2003 (1227/J)

Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Berichtspflicht gegenüber der Europäischen Union (1228/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 14

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Übersiedlung des Handelsgerichts Wien, Bezirksgerichts für Handelssachen Wien und Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City-Tower (1229/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Über­siedlung des Handelsgerichts Wien, Bezirksgerichts für Handelssachen Wien und Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City-Tower (1230/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Übersiedlung des Handelsgerichts Wien, Bezirksgerichts für Han­delssachen Wien und Bezirksgerichts Innere Stadt Wien in den City-Tower (1231/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zulassung gen­technisch veränderter Produkte (1232/J)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Zulassung gentechnisch veränderter Produkte (1233/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betref­fend den Drogenbericht 2003 des ÖBIG (1234/J)

Anfragebeantwortung

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (15/ABPR zu 16/JPR)



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 15

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 41. Sitzung des Nationalrates.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Sima, Nürnberger, Mag. Posch und Dr. Pilz.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser wird durch den Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 15/ABPR.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Familienausschuss:

Antrag 295/A (E) der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Sofortmaßnahmen-Jugend-Demokratiepaket „Beteiligung fördern“;

Justizausschuss:

Antrag 294/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird;

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 301/A (E) der Abgeordneten Elmar Lichtenegger, Peter Haubner, Dr. Peter Witt­mann, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines „Anti-Doping-Gesetzes“;

Umweltausschuss:

Antrag 298/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz zum Schutz von Mensch und Umwelt vor Schäden durch nichtionisierende Strahlung;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 16

Unterrichtsausschuss:

Antrag 296/A (E) der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Ausbau der Erwachsenenbildung;

Verkehrsausschuss:

Antrag 299/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Forschungsprogramm über Auswirkungen von GSM/UMTS-Emissionen,

Antrag 302/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Überwinden der „digital divide“ und der Nachteile des ländlichen Raums bei der Versorgung mit Informations- und Kommunikationsdiensten;

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 297/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Entwicklung und Umsetzung einer österreichischen Forschungsstrategie,

Antrag 300/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Entwicklung und Umsetzung einer österreichischen Forschungsstrategie.

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 855/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 855/AB der Anfrage 845/J der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kafka beim Karenzgeldzuschuss“ durch den Herrn Bundesminister für Finanzen durchzuführen.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 und 2, 3 und 4, 6 bis 8 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt.

Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 10 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 175 Minuten, Freiheitliche 120 Mi­nuten und Grüne 130 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatten in der Zeit bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen werden, getroffen: je eine Wortmeldung pro Fraktion à 15 Mi­nuten, anschließend der Vizekanzler mit 15 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 10 Minuten; in weiterer Folge der Staatssekretär im Bundesministerium


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 17

für Verkehr, Innovation und Technologie mit 10 Minuten, danach je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 10 Minuten, weiters ein Regierungsmitglied mit 5 Minuten und schließlich noch je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Die restliche Redezeit bis 13 Uhr wird vom vorsitzführenden Präsidenten nach Rück­sprache mit den Klubvorsitzenden auf die vier Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen gleich lang zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen darüber, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 13 Uhr aufgerufen werden.

Darüber entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Vorschlag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir werden daher so vorgehen.

1. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (311 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfrastruktur­finanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnach­folge-Unternehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Ange­stelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (340 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Verkehrsausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Österreichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ (Euro­päische Gesellschaft für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial) aufzuneh­mende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird (341 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tages­ordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 15 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.06

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Viel zu früh wird heute wahr­scheinlich das Parlament eine Reform der Österreichischen Bundesbahnen beschlie­ßen (Abg. Großruck: Wieso? Es ist eh schon 9 Uhr! – ironische Heiterkeit und Zwi­schenrufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen), viel zu früh deswegen, weil diese Reform, die heute beschlossen wird, eine unausgegorene und eine falsche Reform ist. Sie geht in die falsche Richtung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Viel zu spät!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 18

Wenn man sich den Zeitplan ansieht, mit dem diese so genannte Reform der Bundes­bahn durchgepeitscht wurde (Abg. Scheibner: Wann hätten Sie’s denn gerne ge­habt?), dann wird man erkennen, mit welcher Sorglosigkeit die beiden Regierungspar­teien mit den Österreichischen Bundesbahnen umgehen. (Ruf bei der ÖVP: In tiefer Sorge!) Es handelt sich um eines der größten Unternehmen in unserem Land, es handelt sich um das wichtigste Verkehrsunternehmen (Abg. Lentsch: Das teuerste!), das jeden Tag von mehr als einer halben Million Menschen benützt wird, und die Regierung ... (Anhaltende ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP und der Frei­heitlichen) – Eben diese Art von zynischem Gelächter ist Ihre Haltung zu den Österrei­chischen Bundesbahnen, und das verurteilen wir, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Bei Ihrer Rede muss man ja lachen!)

Sie gehen nämlich mit einem der größten Unternehmen in unserem Land um, als ob Sie einen Würstelstand reformieren wollten. (Widerspruch bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.) Das ist das, was wir Ihnen vorwerfen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn sich die Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen nicht auf die Beine gestellt und nicht dazu entschlossen hätten, gewerkschaftliche Maßnahmen zu setzen, dann hätte es nach Ihrer Vorstellung überhaupt keine Diskussion gegeben, dann hätte es überhaupt keine Verhandlungen gegeben, denn all die Gespräche der vergangenen Woche im Unterausschuss sind erst nach den Kampfmaßnahmen der Bediensteten zu­stande gekommen. (Abg. Scheibner: Da war es ja noch gar nicht im Ausschuss, Herr Kollege!) Unser Dank gilt daher den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern, denn sie haben das erst ermöglicht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber leider haben, meine Damen und Herren, auch diese Beratungen im Unteraus­schuss und dann im Ausschuss relativ wenig an der Substanz des so genannten Re­formpapiers geändert. Auch Ihre Lautstärke wird die bis zum heutigen Tag anhaltende Kritik nicht übertönen können, und diese Kritik kommt nicht nur von Menschen, die bei der Eisenbahn beschäftigt sind, sondern auch von hochkarätigen Experten!

Bis zum heutigen Tag sagt der Präsident des Rechnungshofes, die Einsparungen seien nicht nachvollziehbar, bis zum heutigen Tag sagt der Rechnungshofpräsident, diese Reform gehe in die völlig falsche Richtung! Es ist Ihnen bis zum heutigen Tag also nicht gelungen, diese Argumente zu entkräften. – Sie operieren nicht mit Argu­menten, sondern ausschließlich mit Drüberfahren, und das ist schlecht für die Bundes­bahn und schlecht für die Demokratie in unserem Land, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Erst vorgestern hat der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen erläutert, wie man eine Bahn erfolgreich reformiert. Ich weiß, Argumente zählen für Sie nicht. (Abg. Groß­ruck: Nein! Aber das sind falsche Argumente!) Für Sie zählen die Argumente nicht, und das ist genau das, was Ihre Politik bereits seit Jahren ausmacht, und diese Politik ist schlecht für unser Land, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen hat in sehr beeindruckender Art und Weise ausgeführt, wie die Bahn in der Schweiz reformiert wurde, und er hat dabei auf eine ... (Abg. Großruck: Ist die Schweiz bei der EU?) – Ah, Sie glauben, eine Eisen­bahn fährt außerhalb der EU anders als innerhalb der Europäischen Union? Na Sie haben eine Ahnung, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungs­parteien! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen hat ausgeführt, dass die Reform der Schweizerischen Bundesbahnen letztendlich deshalb gelungen ist, weil es ein einheit-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 19

liches Management gegeben hat und weil es einen Vertrag mit den dort Bediensteten über die Zielsetzungen der Bahnreform, über das Ausmaß der Bahnreform und über die Geschwindigkeit der Bahnreform gegeben hat.

Das, was Sie machen, ist das genaue Gegenteil davon! Sie zersplittern die Führungs­struktur der Österreichischen Bundesbahnen und erzielen keinen Konsens mit den dort Beschäftigten. Die Konsequenz daraus wird sein, dass Sie viele Millionen Euro mehr für Vorstandsgehälter bezahlen werden und dass es weniger Geld für die Be­diensteten geben wird.

Am Ende wird das stehen, was Rechnungshofpräsident Fiedler angekündigt hat: Die neue Struktur der Bundesbahn wird teurer sein als die alte, und es wird sich nichts ver­bessert haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Im gesamten Gesetz findet man überhaupt keinen Ansatz dazu, was eine positive Bahnzielsetzung wäre. Überhaupt nichts steht darin darüber, was sich im Service für die Passagiere verbessern soll. Nichts steht darin davon, welche Ausbaupläne Sie angehen wollen. Auch steht darin nichts davon, wie die Finanzierung des Eisenbahn­systems für die Zukunft gesichert werden soll. (Abg. Rädler: Lesen!) Die Wahrheit ist (Abg. Rädler: Lesen, dann sprechen!), dass mit diesem Gesetz die Finanzierungs­grundlage für die Österreichischen Bundesbahnen untergraben wird und dass im Jahr 2010 zwar 10 Milliarden € an neuen Schulden bei der Bundesbahn vorhanden sein werden (Abg. Scheibner: Neue Schulden? Das sind aber alte!), dass aber das Streckennetz um nichts besser sein wird als in der Vergangenheit.

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz löst kein einziges Problem der Österrei­chischen Bundesbahnen. Das wiederum ist das Problem, vor dem wir heute stehen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wenn Sie, Herr Abgeordneter Scheibner sagen: „neue Schulden?“, dann sage ich Ihnen: Ja, neue Schulden! (Abg. Scheibner: 10 Milliarden neue Schulden?) – 10 Mil­liarden € neue Schulden werden die Österreichischen Bundesbahnen nach diesem Ge­setz im Jahr 2010 haben. (Abg. Eder: Ungeheuerlich!) Sie gründen sogar eine eigene Gesellschaft innerhalb der Bundesbahn, um diese Schulden dort zu parken. (Ruf bei der ÖVP: Rechnen!)

Meine Damen und Herren! Eine Regierung, die angetreten ist, um Schulden zu redu­zieren (Abg. Scheibner: Das sind die Schulden, die von früher ...!), geht jetzt her und verschuldet vorsätzlich eines der größten Unternehmen in unserem Land (Zwischen­rufe bei der ÖVP), statt in die Infrastruktur zu investieren, was ihre eigentliche Aufgabe wäre! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Tun Sie nicht so, als ob das neue Schulden wären! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn der Bahnregulator sagt ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Ellmauer: Wie viele Schulden haben Sie bei der SPÖ?) – Meine Damen und Herren, ich verstehe Ihre Aufregung, denn so schwach ist das Gesetz, dass es nur durch Geschrei übertönt werden kann! Das sind die Argumente dieser Regierung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich verstehe Ihre Nervosität! Wenn der Bahnregulator über dieses Gesetz sagt, dieses Gesetz sei ein Todesstoß für die österreichische Verkehrspolitik, wenn der Vorstand der Innsbrucker Kommunalbetriebe sagt, diese Spaltung der Infrastruktur sei höchst unvernünftig, wenn der Präsident des Rechnungshofes sagt, die Reform gehe in die völlig falsche Richtung, wenn der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen sagt, so


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 20

könne eine Eisenbahnreform nicht funktionieren, dann ist in der Tat Nervosität ange­sagt! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man eine Debatte mit sachlichen Argumenten nicht mehr bestreiten kann, dann greift man gern zu jenen Mitteln, zu denen Sie heute offensichtlich greifen, nämlich in aller Geschwindigkeit ein Gesetz durch den Nationalrat zu peitschen, damit ja keine lange öffentliche Diskussion darüber stattfindet. (Abg. Wittauer: Wir haben einen Unterausschuss gehabt, wir haben Experten gehabt!) Das beste Zeichen dafür ist, dass die Fristsetzung von den beiden Regierungsparteien mit einem Kunstgriff erfüllt werden muss, damit heute überhaupt debattiert werden kann, denn Sie wollten ja schon in der letzten Nacht dieses Gesetz in einer Nacht- und Nebelaktion durch den Nationalrat bringen. (Abg. Scheibner: Das war Ihr Wunsch, dass man das verschiebt!)

Soll ich Ihnen dazu etwas sagen? – Das ist Diskussions- und Demokratieverweigerung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Das war Ihr Wunsch, dem wir nachgekommen sind! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Zeiten steigender Arbeitslosigkeit, in wel­chen rund 300 000 Menschen in unserem Land Arbeit suchen, eine Reform zu be­schließen, mit der jeder vierte Eisenbahner in Zukunft seinen Arbeitsplatz verlieren wird, mit der 12 000 Menschen bei der Eisenbahn abgebaut werden (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen), das ist kein Beitrag zur Beschäfti­gungspolitik in unserem Land, sondern das führt in eine noch höhere Arbeitslosigkeit, für die Sie die politische Verantwortung zu tragen haben, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Es ist der falsche Weg! Es sollte investiert und nicht abgebaut werden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Sie werden mit dieser so genannten Reform der Österreichischen Bundesbahnen keine erfolgreiche Weiterentwicklung des bisher erfolgreichen Güterverkehrs bewirken, und – was das Allerschlimmste ist! –, man sieht schon heute: Mit den Auswirkungen dieser Reform in finanzieller Hinsicht wird in Zukunft die Wirtschaft höhere Tarife für den Gütertransport zu zahlen haben und werden die Passagiere höhere Preise im Per­sonenverkehr zu zahlen haben.

Die Zeche zahlen also am Ende die Passagiere und die Wirtschaft. Das ist der falsche Weg! Es sollte der öffentliche Verkehr im Wettbewerb besser gestellt werden und nicht durch Preiserhöhungen schlechter, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Weg ist vorgezeichnet. Herr Staatssekretär Kukacka nimmt ja immer eine Anleihe (Abg. Dr. Jarolim: An der Unvernunft!) an der Reform der britischen Eisenbahnen. Diese Reform ist gründlich gescheitert! Es ist die Bahn in Großbritannien heute nicht imstande, die Sicherheitsstandards zu erfüllen, diese Bahn ist auch nicht imstande, den öffentlichen Verkehrsauftrag durchzuführen. (Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Aber was sie auf jeden Fall ist: Sie ist bedeutend teurer als unsere Bahn! – In Öster­reich kostet nämlich eine Monatskarte für einen Pendler, der zum Beispiel von Melk nach Wien fährt, also für 90 Kilometer, 111 €. Für dieselbe Strecke zahlt ein Pendler in Großbritannien 487 €! (Abg. Großruck: In England gibt es keinen Euro!)

Das ist die Zukunftsperspektive des Bahnkonzeptes à la Kukacka – und das ist der falsche Weg für die Verkehrspolitik in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei Abgeordneten der ÖVP und der Frei­heitlichen.)

Meine Damen und Herren! Eine Reform der Österreichischen Bundesbahnen mit einer positiven Zielsetzung hätte unsere Zustimmung gefunden (Geh-Rufe bei den Freiheit-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 21

lichen), und zwar mit einer Zielsetzung, die dazu führt, dass das Streckennetz ausge­baut wird, dass die öffentlichen Investitionen in den öffentlichen Verkehr gesichert sind, dass es eine stärkere Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene gibt sowie eine österreichische Bundesbahn, die denselben Weg geht wie die Schwei­zerischen Bundesbahnen. Eine solche Reform hätte die Unterstützung der Sozial­demokratie gefunden!

Eine Reform hingegen, die von allen namhaften Verkehrsexperten abgelehnt wird und nun durch das Parlament gepeitscht werden soll, eine solche Reform findet weder die Zustimmung der Sozialdemokratie noch die Zustimmung der Betroffenen noch die Zustimmung der österreichischen Bevölkerung, die diese Zerschlagung der Österrei­chischen Bundesbahnen auch nicht haben will, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Wahrheit ist die, dass Frächterinteressen innerhalb der Österreichischen Volkspar­tei es nicht zulassen, dass die Österreichische Volkspartei eine Verkehrspolitik macht, die im öffentlichen Interesse ist, sondern ausschließlich eine Verkehrspolitik, die den Interessen der österreichischen Frächterlobby entgegenkommen soll.

Damit ist das keine österreichische Verkehrspolitik, sondern eine Klientelpolitik und damit ist diese Reform der Österreichischen Bundesbahnen ein Symbol. Sie gehen nämlich mit den Österreichischen Bundesbahnen so um, wie Sie mit Österreich sonst auch umgehen: sorglos, politisch willkürlich und mit Ho-ruck-Reformen in die falsche Richtung. – Schade für die Bundesbahnen, schade für Österreich! (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen den geschäftsordnungsmäßigen Antrag gestellt haben, das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 an den Verkehrsausschuss rückzuverweisen. Der Antrag ist hinreichend unterstützt, und es wird dann darüber abgestimmt werden.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. Auch er spricht 15 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort. (Die Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen platzie­ren Tafeln mit der Aufschrift: „Reformen braucht die Bahn. Für modernes Service-Denken. ÖBB NEU. Wann, wenn nicht jetzt?“ auf ihren Tischen, ebenso Abg. Miedl auf dem Rednerpult.)

 


9.22

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Guten Morgen, Herr Gusenbauer, guten Morgen, SPÖ! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Gute Nacht, Bundes­bahn!)

Sie meinen also, Herr Gusenbauer, wir sollten alles beim Alten lassen und die ÖBB, so wie sie sind, in die Zukunft schicken. – Das ist grob fahrlässig, Herr Kollege Gusen­bauer! Nicht mit uns! Diese Politik nicht mit uns! Sie haben sie lange genug betrieben, wir tun da nicht mit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist unerhört! Nehmen Sie das zurück!)

Herr Kollege Gusenbauer! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines gleich zu Beginn – und das sage ich als stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschus­ses –: Ich lasse es nicht zu, dass Sie die Arbeit des Verkehrsausschusses in der Art und Weise abqualifizieren, dass Sie sie mit einer Würstelstand-Politik vergleichen. – Das war Ihre Politik! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 22

Herr Kollege Gusenbauer, ich bin empört über die Art und Weise, in der Sie hier ver­suchen, Politik zu machen! Wir haben es uns in diesem Verkehrsausschuss bei Gott nicht leicht gemacht. Diese Reform ist eine der bestvorbereiteten Reformen, die mit allen Fraktionen intensivst diskutiert wurde. Doch Sie gehen hier heraus und be­schreiben sie als Husch-Pfusch-Aktion. Das lasse ich nicht auf mir sitzen! Das sind wir, die wir daran gearbeitet haben, uns schuldig, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ihre Ausführungen waren schwach – eine schwache Meldung für die Mobilität Öster­reichs und eine schwache Meldung für die ÖBB! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Sind Sie schon einmal mit der Eisen­bahn gefahren?)

Herr Kollege Gusenbauer! Der Verkehr auf der Straße nimmt in ganz Europa zu – Sie wissen das –, die Belastung der Umwelt ebenso, Herr Kollege Gusenbauer! Öko­logisch und wirtschaftlich gesehen wäre es vernünftig, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, und Sie wissen das ganz genau. (Abg. Dr. Gusenbauer: Absoluter Unsinn, den Sie hier erzählen! – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Wir müssen auch danach trachten, dass wir die Menschen auf der Schiene zur Arbeit bringen. Das ist eine ernst gemeinte Politik von unserer Seite, doch Sie polemisieren, wie Sie es seit jeher gewohnt sind. Ich verstehe Sie und Ihre Politik nicht mehr, meine Damen und Herren!

Es ist der erklärte Wunsch der Europäischen Union, die Eisenbahnen in ganz Europa zu stärken. Wir sind leider Gottes ... (Zahlreiche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Vielleicht, Herr Präsident, wäre es möglich, die SPÖ dazu zu bringen, dass sie mir zuhört. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wer schreit, hat Unrecht!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Miedl, Sie sind am Wort! Gehen Sie näher ans Mikrophon, dann wird es lauter. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Abgeordneter Werner Miedl (fortsetzend): Sie wollen weder politische Argumente austauschen, meine Damen und Herren von der SPÖ, noch wollen Sie mit uns wirklich in einen Dialog treten. Sie wollen polemisieren – mir soll es recht sein! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Seit dem Jahr 1992 gibt es die Liberalisierung der Schiene. Als Erste – Herr Kollege Gusenbauer, das stimmt schon – haben sich die Engländer darum bemüht, das stimmt schon. Sie haben einen Weg beschritten, von dem der Herr Bundesminister und der Herr Staatssekretär sagen: Das ist nicht der österreichische Weg, wir wollen das anders machen!

Herr Kollege Gusenbauer! Man kann nicht wegdiskutieren, dass in England der Markt­anteil im Personenverkehr und im Güterverkehr gestiegen ist. Warum sagen Sie das nicht dazu? Man kann nicht leugnen, dass sich in Bezug auf Pünktlichkeit die Bahnen in England verbessert haben und dass sich die Unfallhäufigkeit auf der Schiene in Eng­land stark reduziert hat, Herr Kollege Gusenbauer! – Das sagen Sie alles nicht dazu.

Sie, Herr Abgeordneter Gusenbauer, haben auch die Schweiz bemüht. Sie haben mit Hilfe des Beispiels Schweiz versucht, uns und dem Steuerzahler zu erklären, wie un­möglich der österreichische Weg sei. Sie hätten auch dazusagen müssen, Herr Kollege Gusenbauer, dass die Schweiz nicht Unionsmitglied ist. Sie hätten dazusagen müssen, dass die EU-Richtlinien zur Liberalisierung für die Schweiz nicht gelten.

Weil wir schon dabei sind, eine Reform mit Hand und Fuß zu machen, Herr Kollege Gusenbauer: In der EU besteht das Verbot der Quersubventionierung, das für die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 23

Schweiz nicht gilt. – Das wissen Sie ebenso wie ich! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer! Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Sehen wir es einmal so: Die Schweizer transportieren seit einer Reform 340 Millionen Fahrgäste – doppelt so viel wie in Österreich. In der Schweiz gilt für Eisenbahner ein Pensions­antrittsalter von 62 und 65 Jahren. Herr Kollege Gusenbauer, bitte hören Sie mir zu: Pensionsantrittsalter von 62 und 65 Jahren!

Sehen wir es einmal so, Herr Kollege Gusenbauer: In der Schweiz liegt der durch­schnittliche Wert bei Krankenständen bei den Bediensteten der Bahn bei 16 Tagen – in Österreich sind 26 Tage üblich. Sehen wir es einmal so: Die Motivation der Mitarbeiter der Schweizer Bahn ist hoch – die der Mitarbeiter der Österreichischen Bundesbahnen ist niedrig, Herr Kollege Gusenbauer! (Abg. Sburny: Fragen Sie einmal, warum das so ist!)

Versuchen wir einmal, es so zu sehen: Die über 50-Jährigen bei den Österreichischen Bundesbahnen haben im Durchschnitt 100 Krankenstandstage. (Abg. Öllinger: Was hat das eine mit dem anderen zu tun!) Sehen wir es so! (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Oder sehen wir es so: Der Bundeszuschuss zu den Bundesbahnen hat sich jährlich um 6 Prozent erhöht – in der Schweiz hingegen ist er um 11 Prozent gesunken, Herr Kollege!

Der Chef der Schweizer Bahnen, Benedikt Weibel, sagt: Ein Bahnsystem europäischen Zuschnitts braucht die Unterstützung der öffentlichen Hand. – Was glaubt man jetzt, Kollegen, was glaubt man jetzt, meine Damen und Herren? Mit 80 Milliarden Schilling beziehungsweise 6,1 Milliarden € hat sich die Bundesregierung verpflichtet, die Bahn zu entschulden. 6,1 Milliarden € beziehungsweise 80 Milliarden Schilling! Die Regie­rung hat sich weiters dazu verpflichtet, jährlich 2,0 Milliarden € – das sind rund 28 Mil­liarden Schilling – in das System Bahn zu investieren. Wir haben uns dazu verpflichtet, 1,2 Milliarden € – das sind rund 16 Milliarden Schilling – für den Neuausbau der Schiene zu investieren. – Hat man das alles übersehen?

Sie sagen, das sei alles nicht finanziert?! – Wir bekennen uns zur Bahn als Ganzes, weil sie für die Wirtschaft und die Mobilität Österreichs notwendig ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Deshalb zerschlagen Sie sie!)

Meine Damen und Herren! Wie soll man ein Unternehmen führen, wie soll man Mit­arbeiter motivieren, wie soll man Anreize schaffen, wenn ohne Zustimmung der Ge­werkschaftsfunktionäre nichts geht? Weder Versetzung noch Verwendungsänderung noch die Schaffung von Planstellen ist ohne Zustimmung der Gewerkschaft möglich. – So kann man ein Unternehmen nicht führen, meine Damen und Herren!

Ich habe schon einmal hier im Hohen Haus darüber berichtet: Ich habe versucht, im Grazer Hauptbahnhof einen Informationsvormittag durchzuführen. Wir haben mit den Passanten gesprochen. Wissen Sie, wer mich des Platzes verweisen wollte? Ein Ge­werkschaftsfunktionär hat dort eine Eigentümerfunktion übernommen und einen Abge­ordneten der Republik Österreich des Platzes verwiesen. – So weit sind wir, meine Damen und Herren, und damit muss Schluss gemacht werden! Verstehen Sie das denn nicht? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das wissen auch die ÖBB-Mitarbeiter, daher zieht Ihre Angstmache Gott sei Dank nicht mehr. Die ÖBB-Mitarbeiter sind tüchtiger und vernünftiger, als Sie glauben, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Puswald und Faul.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 24

Meine Damen und Herren! Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der ÖBB, Reithofer, Holdingchef bei Wienerberger – Herr Kollege Gusenbauer, weil Sie unsere Arbeit mit einer Würstelbuden-Politik verglichen haben –, ist in einem Rollstuhl zu uns gekommen und hat uns erklärt, wie notwendig und richtig diese Reform sei. Aber das ist nicht irgendjemand, meine Damen und Herren!

Herr Reithofer hat uns erklärt, dass der Elefant ÖBB zerteilt werden muss, damit er nicht umkommt; dazu gibt es genug Beispiele aus der Natur. Er hat uns auch gesagt, dass die Struktur der ÖBB einer Kolchose ähnelt. – Wir schlagen jetzt eine neue Struktur vor. Das, was zwölf europäische Bahnen bereits erreicht haben, das, was die Beitrittsländer zum Teil getan haben und noch zu tun bereit sind, das muss Österreich tun, damit die Bahn wettbewerbsfähig wird. Polen und Rumänien haben es bereits ge­schafft, und Österreich wird es schaffen – wenn Sie nicht mithelfen wollen, wir schon! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Produktivität der Schiene ist der Beweis: Die Bahnen, die reformiert wurden, sind die produktiveren. Österreich muss die ÖBB so weit bringen, dann werden wir eines Tages stolz sein auf das Flaggschiff ÖBB in der österreichischen Wirtschaft, meine Damen und Herren!

Daher ist diese Reform notwendig, sie ist unaufschiebbar. Jeder Tag des Abwartens würde die Chancen auf Mobilitätssteigerung verzögern, jeder Tag des Nichtstuns schadet den Menschen, schadet der Umwelt und der Wirtschaft – kostet schlicht und einfach Geld.

Meine Damen und Herren! Wir haben ein Vier-Ebenen-Modell vorgeschlagen und um­gesetzt. Wir haben die Bedürfnisse der Menschen abgefragt. Wir – die Politik – hatten zu entscheiden und haben sozusagen als Schiedsrichter darauf geachtet, dass die Behörden diese Entscheidungen umsetzen. Und wir werden Unternehmen schaffen, die dort wirtschaften.

Der vorliegende Entwurf ist dann in Begutachtung gegangen, und jetzt werde ich Ihnen erzählen – ich war dabei, Herr Kollege Gusenbauer; Sie waren nicht dabei, Sie waren im Ausland –, wie die Geschichte gelaufen ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben uns im Verkehrsausschuss sehr ernsthaft mit dieser Thematik auseinander gesetzt. Wir haben alles hinterfragt. Im Unteraus­schuss ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP.) Hören Sie mir doch, bitte, endlich einmal zu!

Im Unterausschuss waren österreichische und internationale Experten anwesend. Und ich kann mich noch genau daran erinnern – die Anwesenden werden das bestätigen –, dass ich die Abgeordneten der SPÖ und der Grünen gebeten habe, Fragen zu stellen, solange die Experten noch anwesend sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Ich habe gesagt: Wenn es jetzt noch offene Fragen gibt, bitte, stellen Sie sie! – Herr Gusenbauer! Es ist keine Frage mehr gestellt worden. (Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Dr. Puswald.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Puswald, Sie können sich zu Wort melden. Wir haben uns in der Präsidialkonferenz darauf geeinigt, einen Redner nicht durch ständige Zwischenrufe zu stören!

Am Wort ist jetzt Herr Abgeordneter Miedl!

 


Abgeordneter Werner Miedl (fortsetzend): Mit Ihnen rede ich dann gerne unter vier Augen, Sie verstehen das sowieso nicht. Ich habe Sie im Ausschuss nie gesehen und sehe Sie auch sonst selten, Herr Kollege Puswald. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 25

Im Ausschuss war alles klar. Es war auch für die Abgeordneten der SPÖ alles klar, sonst hätte es Fragen gegeben.

Dann ist Folgendes passiert, Herr Kollege Gusenbauer: Es kamen plötzlich SPÖ-Abge­ordnete auf mich zu und haben die Bitte an mich gerichtet, doch in Verhandlungen zu treten, weil die SPÖ da grundsätzlich auch ganz gerne mittun würde, weil sie die Not­wendigkeit und Richtigkeit dieses Vorhabens erkannt habe. (Abg. Dr. Fischer: Das ist ja alles nicht wahr!)

Ich war beeindruckt, Herr Kollege Gusenbauer! Ich war beeindruckt von Ihnen, Herr Kollege Broukal, wie Sie argumentiert haben! Ich war beeindruckt vom Kollegen Eder und vom Kollegen Verzetnitsch. Da gab es ein ernsthaftes Bemühen. (Abg. Dr. Fischer: Aber nicht bei der ÖVP!) Da gab es einen Gewerkschafter der Eisenbah­ner, einen Herrn Haberzettl, der mir gegenüber gesessen ist, Herr Kollege Gusenbauer (Abg. Schieder: Das traut er sich!), Sie wissen das nicht, der mitformuliert hat, der um einen Konsens gerungen hat. (Abg. Dr. Fischer: Und ihr habt alles vom Tisch ge­wischt!) Und wir haben Donnerstag Abend einen Konsens zustande gebracht. Dieser war formuliert. Die SPÖ-Ausschussmitglieder waren grundsätzlich damit einverstanden und haben ihre Unterstützung nur von der Zustimmung ihrer Fraktion abhängig ge­macht.

Am Freitag war noch alles klar, ebenso am Samstag. Ich habe mit Ihren Mitarbeitern permanent telefoniert. (Abg. Dr. Puswald: Sie sollten nicht telefonieren, Sie sollten Politik machen!) Und am Montag, 10 Uhr ist die „Bombe“ geplatzt. Die SPÖ sagt nein zu dieser Reform und tut nicht mit. – Wieso denn, Herr Kollege Gusenbauer? (Abg. Dr. Gusenbauer: Weil sie schlecht ist!) Weil Sie parteipolitisch taktiert haben. In Wirk­lichkeit sind Ihnen die ÖBB Wurscht, Sie haben nur parteipolitisch taktiert! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Jetzt betreiben Sie von der SPÖ Angstmache. Jetzt wollen Sie die vielen tüchtigen Mit­arbeiter bei den ÖBB einschüchtern. Wir werden die Strukturen verändern, und wir werden die Kreativen und das arbeitsame Potenzial bei den ÖBB ganz sicher stei­gern – mit Leistungsanreizen, mit Motivation, wie man ein modernes Unternehmen eben führt, Herr Kollege, und davon verstehen wir mehr als Sie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das ist ja das Letzte!)

Ein Argument noch. – Eigentlich, Herr Kollege Gusenbauer, habe ich mich gar nicht gewundert – es war dermaßen schwach –, dass Sie auch noch das Argument Verkauf einbringen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie haben kein einziges Expertenargument ge­bracht!) Herr Kollege Gusenbauer! (Abg. Dr. Gusenbauer: Was sagen Sie zur Fiedler-Kritik?) Ein Politiker in Ihrer Stellung müsste wissen, dass die Holding zu 100 Prozent Eigentum des Staates ist. (Abg. Dr. Jarolim: Sie haben doch keine Ahnung, was Sie sagen!) Die Holding ist zu 100 Prozent Eigentum des Staates, und die Tochtergesell­schaften sind zu 100 Prozent Eigentum der Holding. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was sagen Sie zur Kritik des Rechnungshofes?)

Und da kommen Sie mit dem Argument der Privatisierung, Herr Kollege Gusenbauer?! Sie wissen ganz genau, dass ein Gesetz notwendig wäre, dem Sie auch zustimmen müssten, wenn wir privatisieren wollten, aber das ist nicht unsere Absicht. Unsere Ab­sicht ist es, die ÖBB auf Vordermann zu bringen. Hören Sie auf mit diesem Zerschla­gungsargument! Der letzte Eisenbahner hat begriffen, dass das hier niemand vorhat – mit Ausnahme von Ihnen, wenn ich mir Ihre Argumentationen anhöre. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Was sagen Sie zur Kritik des Rechnungshofes?)

Meine Damen und Herren! Es ist mir bewusster denn je geworden, dass eigentlich auch die Opposition in solch einem Gefüge wie dem Nationalrat eine hohe Verantwor-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 26

tung tragen könnte. Diese hohe Verantwortung hat die SPÖ nicht wahrgenommen, und auch die Grünen werden sie nicht wahrnehmen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Keine Argu­mente!) Die SPÖ wird mit Ihnen, Herr Kollege Gusenbauer, in die Geschichte jener eingehen, die nicht bereit waren, in so einer wichtigen Angelegenheit für die ÖBB und für Österreich zu stimmen.

Ich möchte mich bei Ihnen, Herr Bundesminister Gorbach, und bei Ihnen, Herr Staats­sekretär Kukacka, bedanken. Sie haben Übermenschliches geleistet. Sie haben einen Entwurf vorgelegt, dem die volle Zustimmung unserer Fraktion zuteil werden wird. Ich bin stolz darauf, daran mitwirken zu dürfen. (Abg. Öllinger: Machen Sie bitte einen Kniefall! Werfen Sie sich nieder!)

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne wünsche ich den ÖBB und ihren Mitarbei­tern alles Gute für die Zukunft. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

9.37

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichten­berger. 15 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.37

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Wenn es geht, bitte ich (auf das von Abg. Miedl auf dem Rednerpult platzierte Taferl weisend) um Entsorgung dieses Alt­papiers. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man ein derart großes Reformpaket vorliegen hat – wie das zu Recht behauptet wird –, dann hat man sich natürlich in erster Linie eine Frage zu stellen, die sich schon die alten Römer immer gestellt haben, nämlich: Cui bono? – Für wen ist es gut?

Wenn man sich dieses Reformwerk anschaut und es nach dieser Fragestellung ana­lysiert, dann kommt man relativ schnell dahinter, für wen das Ganze gut ist und gut werden kann.

Sie haben gesagt, für den Steuerzahler sei es gut, denn er würde Mittel einsparen. Sie haben gesagt, für die Bahn wäre es gut, weil es eine höhere Handlungsfähigkeit im Unternehmen bedeuten würde, wenn man das, was jetzt Abteilungen sind, zu eigenen Unternehmen macht, damit das Untereinander-Streiten ein bisschen besser funktio­niert.

Was bleibt, wenn man Ihre Argumente analysiert und nach dem alten Prinzip „Für wen ist es gut?“ vorgeht?

Gut ist diese Reform auf jeden Fall für den Straßenverkehr. Hervorragend! Der Stra­ßenverkehr wird immer noch konkurrenzfähiger. Da die Trassenentgelte, also die so genannte Schienenmaut, durch diese Reform – und das ist unwiderlegt und klar immer behauptet worden – steigen werden, wird es natürlich weniger Personen- und Güter­verkehr auf der Schiene geben. Die Gewinner sind die Frächter. – Ich gratuliere der österreichischen Frachtwirtschaft zu dieser Regierung, denn sie hat durch die Bundes­bahnreform gewonnen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kukacka als einer der besten Fürsprecher der Frachtwirtschaft hat es geschafft, die Zuschüsse bei der Bahn zu deckeln – und bei der Straße zu investieren! Minister Gorbach freut sich jedes Mal ganz besonders, wenn er wieder verkünden kann: Heuer ist das Jahr des Straßenbaus, und wir werden Straßen bauen, wie wir es noch nie getan haben, für so viel Geld, wie wir noch nie dafür aufgewendet haben! (Abg. Dr. Trinkl: Das wäre höchste Zeit, dass er das einmal sagen würde!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 27

Und dann soll mir einer sagen, dass wie durch ein Wunder die Bahn plötzlich konkur­renzfähiger werden soll! (Abg. Dr. Jarolim: Das „Wunder“ heißt Kukacka!) Auf der Bahn soll es teurer werden, auf der Straße wird es billiger! Auf der Bahn wird die Struk­tur zerkleinert, zerschlagen, damit man sich ja nicht am internationalen Markt positio­nieren kann, und auf der Straße räumt man alle Hindernisse aus dem Weg. Die steirische ÖVP fordert schon Tempo 180 auf der Autobahn! (Bundesminister Gorbach: 160! – Zahlen sind nicht so wichtig!) Das würde dann irgendwann einmal auch für LKW dort, wo es möglich ist, gelten.

Da wird alles freigemacht, freigeräumt für die Konkurrenz, und das, meine Damen und Herren, angesichts eines Transitdesasters, das Sie alle gleichermaßen beklagen (Abg. Mag. Mainoni: Jetzt retten wir uns in die Transit-Thematik!), das angesichts der Tat­sache, dass wir eigentlich jetzt aufgefordert wären, die Bahn so konkurrenzfähig wie nur irgend möglich zu machen, damit sie in diesem Wettbewerb mit der Straße, mit dem Straßentransit überhaupt eine Chance hat! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Und dann, meine Damen und Herren, machen Sie eine Reform – und das finde ich ja besonders pikant! –, in einer Zeit, in welcher der europäische Güterverkehrsmarkt neu aufgeteilt wird. Das ist nachvollziehbar, das weiß man, denn durch die Osterweiterung gibt es neue Marktanteile, es ist eine große Dynamik in diesem Bereich vorhanden. Und was tun Sie? – Sie schicken das Flaggschiff Österreichs gerade zu diesem Zeit­punkt zur zweijährigen Nabelschau auf das Trockendock, damit Sie effizient die Zertei­lung der Struktur vornehmen können!

Tatsächlich müssten die ÖBB um ihre Anteile am internationalen Güterverkehrsmarkt kämpfen, sie müssten selber strategische Partnerschaften eingehen und nicht, wie es in den Ausschussberatungen geheißen hat, Kandidat für strategische Partnerschaften sein; es geht sozusagen um das Marktfähigmachen von ein paar Teilen. – Ich kann mir schon vorstellen, wer da aller einkaufen gehen will.

Nein! Jetzt müsste die Bahn selber aktiv werden. So, wie Sie das gemacht haben, ist das aber unmöglich, und das bestätigen alle Experten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte nun noch auf ein paar Punkte aus dieser gesamten Reformdebatte, wie sie Herr Kollege Miedl geschildert hat, eingehen.

Erster Punkt: die Rolle der Länder, die Rolle des Nahverkehrs. – Dass nach der Re­formdebatte, nach dem Abschluss der Ausschussberatungen die Landeshauptleute noch immer kommen und sagen: Bitte schiebt diese Reform auf, so, wie sie jetzt ge­plant ist, nehmt ihr uns das Geld für den Nahverkehr weg, nehmt ihr uns den Hand­lungsspielraum für den Nahverkehr weg, vor allem im Personenbereich!, das spricht ja an und für sich schon Bände. Die Landeshauptleute gehören ja nicht unbedingt gerade alle den Roten und den Grünen an, aber sie sind natürlich auch in beeindruckender Weise informiert worden, nämlich letztendlich durch den Ersatz eines Glaubensbe­kenntnisses für die notwendige Mathematik.

Anders kann man das nicht erklären. Wenn man das Schienenentgelt, die Schienen­maut erhöht und dann den Bundesländern erklärt: Liebe Bundesländer, es wird keinerlei Einschränkungen der Leistungen geben, wir werden gleich viel fahren, zu den gleichen Preisen, es wird auch keine großen Preissteigerungen geben!, dann kann man das nur glauben – aber nur dann, wenn man sehr guten Willens ist und wenn man ans Christkind glaubt. Denn leider schlägt in diesen Bereichen die Mathematik immer wieder unbarmherzig zu. Sie wissen, dass, wenn Sie die Schienenentgelte hinauf­setzen, die Nahverkehrsleistungen teurer werden, und dass die Länder dann nur mehr


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 28

die Wahl haben, entweder die Fahrkarten zu verteuern oder weniger Züge fahren zu lassen.

Das sind die zwei Optionen, die es gibt, und jeder, der etwas anderes behauptet, steht schwerst neben der Realität und hat leider auch von der dringenden Notwendigkeit, dass wir mehr Kunden auf die Bahn bringen müssen, keine Ahnung. Und das ist traurig für dieses Reformvorhaben! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein weiterer Punkt, den ich unbedingt ansprechen möchte und der in den Ausschuss­beratungen sehr, sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat, war die Kritik des Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler an der Nicht-Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben, dass nämlich die finanziellen Folgen eines Gesetzes offen gelegt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Diese Kritik ist bis jetzt nicht widerlegt worden. Rechnungs­hofpräsident Fiedler hat bis jetzt noch nicht gesagt, dass die Vorgaben des Haushalts­gesetzes – nämlich, dass man wissen will, was ein Gesetz für finanzielle Auswirkungen hat – nun erfüllt seien. Er hat das nicht feststellen können, denn die Zahlen, die es gibt, sind nicht nachvollziehbar. Und das war seine Kritik von Anfang an!

Man hat dem Rechnungshof offensichtlich am Freitag ein Konvolut an Papier über­geben und angekündigt, dass dieses Papier auch den Abgeordneten zur Verfügung stehen werde. (Abg. Rädler: Das gibt es!) Bei mir ist es nicht eingetroffen. (Abg. Rädler: Das haben Sie ...!) – Nein, Herr Kollege, Sie irren sich! Wir haben im Aus­schuss dieses Konvolut nicht bekommen! Das ist nicht eingetroffen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Und wenn Sie das Gegenteil behaupten, dann wollen Sie entweder hier eine Märchenstunde abhalten, oder Sie wollen die Bevölkerung bewusst irreführen, die heute vor den Fernsehschirmen sitzt! So transparent war das nämlich nicht, wie Sie das jetzt behaupten wollen, was die Diskussionen im Ausschuss angeht.

Meine Damen und Herren! Das ist einfach Schaumschlägerei, die Sie hier betreiben wollen. Sie fürchten sich vor der Tatsache, dass Ihnen die Experten klar vorgerechnet haben, diese Reform bringt nicht eine Milliarde Einsparung – das war die Behauptung am Anfang –, sondern diese Reform bringt plus/minus null! Es hat aber Stunden ge­dauert, bis wir so weit waren, dass diese Fakten auf dem Tisch gelegen sind, meine Damen und Herren. Die Befragungen der Experten haben Stunden gedauert. Das hätten Sie doch einfach gleich sagen können! Auch wir hatten Möglichkeiten, uns zu informieren, und nicht nur aus den Quellen, die Sie uns zur Verfügung gestellt haben.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Rahmenbedingungen anschaut, unter denen diese Reform stattfindet, wird klar, was letzten Endes übrig bleibt: Die Straße wird noch konkurrenzfähiger, die Bahn wird zerschlagen, und einige Stückchen von der Bundesbahn – beileibe nicht alles! – werden mundfein für bestimmte gute Freunde aufbereitet. (Abg. Dr. Jarolim: Genau das ist es!) Niemand, der seriös rechnet, glaubt, dass die gesamte Bahn verkauft wird. Nein, die Gustostückerln sollen herausgelöst werden, genau so, wie es beim Postbus jetzt schon droht. Da sagen Sie heute schon, von dem, was die Bundesbahn am Postbus aufgekauft hat, sollen 20 Prozent an Pri­vate gehen. (Vizekanzler Gorbach: 30!)

Wie das Ganze funktionieren soll, ist nicht EU-konform, so wie Sie behauptet haben. Das, was mir vorliegt, widerspricht dem völlig.

Was bleibt an Vorteilen? – Es bleibt an Vorteilen für einige gute Freunde, sich ein Gustostückerl aus der Bahn herausreißen zu können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Es bleibt an Vorteilen, dass es viele neue Führungsjobs für viele neue, nette Parteifreunde geben wird. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Diese Parteifreunde werden langsam, aber sicher nichts mehr zu verwalten haben, wenn sie nämlich die Bahn so heruntergewirtschaftet haben, dass das Ziel erreicht ist, das der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 29

Kollege vorhin klar formuliert hat, nämlich die Zerschlagung der Gewerkschaften. – Das war das wahre Motiv.

Und das zweite Motiv war natürlich, dass die Straße im Denken unseres Ministers und unseres Staatssekretärs die größte Rolle spielt, und der Straße wird man wieder Konkurrenzvorteile verschaffen.

Meine Damen und Herren, zum Schluss kommend: Diese Reform ist nur ein Baustein in einem ganzen Konvolut an Maßnahmen, die die öffentlichen Verkehre kaputtmachen und die Verkehre auf der Straße begünstigen. Die Transitniederlage müsste uns eigentlich zum Gegenteil motivieren – und alle Anrainer an den Straßen fordern dies –, nämlich eine starke Bahn auf den Weg zu bringen, die endlich in Konkurrenz zum Güterverkehr auf der Straße treten kann. Sie aber tragen nichts dazu bei, dass diese Konkurrenz zwischen Schiene und Straße fairer wird. Während Sie bei der Schienen­maut laufend die Tarife erhöhen, soll die Maut für den Güterverkehr stabil bleiben; da sehen Sie keine Steigerungen vor.

Ich weiß, wer da Druck macht: Die Damen und Herren aus der Wirtschaft sind diejeni­gen, die den Straßenverkehr haben wollen, denen der Schienenverkehr gleichgültig ist. Auch ihr Druck trug dazu bei, dass wir hier Probleme im Schienenbereich haben. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte zum Abschluss, damit die Konkurrenzfähigkeit der Schiene gegenüber der Straße verbessert wird, noch einen Antrag einbringen, der natürlich auch im Zusam­menhang mit dem Transitdesaster steht. (Abg. Scheibner: Redezeit! Den soll wer anderer einbringen! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Die Erlassung eines Nachtfahrverbotes würde die Konkurrenzfähigkeit der Bahn im Güterverkehr enorm erhöhen.

Daher verlese ich nun den

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Einführung eines generellen LKW-Nachtfahrverbotes in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, dem Gesetzgeber umgehend einen Vorschlag für ein Bundesgesetz zuzuleiten, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 geändert und ein generelles Nachtfahrverbot für LKW in Österreich eingeführt wird. Der Vorschlag soll die Streichung der derzeit in § 42 Abs. 6 lit. c der StVO enthaltenen Ausnahme für sogenannte lärmarme Kraftfahrzeuge be­inhalten.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger, Kollegin­nen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

 


Zu Wort kommt nunmehr Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 30

9.53

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatsekretär! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gusenbauer hat uns zur Einleitung gesagt, diese Debatte heute käme zu früh.

Herr Abgeordneter Gusenbauer, wann hätten Sie diese Debatte gerne? (Abg. Dr. Gusenbauer: Wenn es eine gescheite Reform gibt!) – Wenn es eine gescheite Reform gibt. (Demonstrativer Beifall bei der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Gusenbauer, wenn es Ihnen heute auch zu früh ist, vielleicht machen wir das nächste Mal wieder eine Fragestunde und beginnen erst um 10 Uhr, wenn es Ihnen dann besser passt, zu debattieren. (Abg. Dr. Gusenbauer: Da wäre die Reform auch nicht besser!) Herr Kollege Gusenbauer, wenn wir auf Ihren Vorschlag und auf Ihren Wunsch eingehen, das heute Vormittag in einer auch für den Fernsehzu­schauer attraktiven Zeit zu debattieren und nicht gestern nach der EU-Debatte – auf Ihren Vorschlag! –, und Sie dann sagen, nur durch einen Kunstgriff habe man jetzt den Bestimmungen der Geschäftsordnung mit der Fristsetzung Genüge getan, so ist das ganz einfach unfair. Aber genau so unfair, wie Sie hier argumentiert haben, führen Sie auch die Debatte um die Österreichischen Bundesbahnen, meine Damen und Herren und Herr Abgeordneter Gusenbauer! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie von der SPÖ behaupten permanent, die Bundesbahn werde zerschlagen, die Be­diensteten müssen um ihren Arbeitsplatz bangen, es werden Defizite und Schulden angehäuft. – Meine Damen und Herren! Das ist Angstmache, das ist Panikmache! Wir wollen dieses Unternehmen durch eine Modernisierung fit machen für den neuen Wett­bewerb. Wir wollen die Arbeitsplätze bei den Österreichischen Bundesbahnen erhalten! Wir wollen auch in Zukunft den Bestand dieses großen, guten Dienstleistungsunterneh­mens garantieren. – Das ist das Ziel der österreichischen Bundesregierung, während Sie dieses Unternehmen, das Sie zu Ihrer Partei zählen, weiter dem parteipolitischen Einfluss aussetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Gusenbauer, Sie haben gesagt, man sei drübergefahren. – Das sind so diese stereotypen Sätze. (Abg. Dr. Puswald: Zynismus ist das!) – Herr Kollege Puswald! Wenn ich Sie da hinten stehen sehe, ganz lässig, mit einer orangefarbenen Krawatte (Abg. Dr. Puswald: Gefällt sie Ihnen?), und Sie dürfen nicht reden, sind nicht auf der Rednerliste, dann weiß ich, warum Sie in dieser Fraktion sind und nicht bei uns aufgenommen worden sind, wo Sie es versucht haben! Bei uns ist nämlich Sachlichkeit gefragt. Es ist der Austausch von Argumenten vom Rednerpult aus angezeigt – und nicht irgendwelche unverständlichen Zwischenrufe hier hereinzuschreien. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie das, was Ihr Vorsitzender gesagt hat: Wer hereinbrüllt, hat keine Argumente. Das zählt bei Ihnen sicherlich doppelt! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Gusenbauer, Sie haben gesagt, es sei nicht verhandelt worden, es sei nicht diskutiert worden, es sei drübergefahren worden. – Sie wissen es nicht, denn Sie waren nicht in Österreich. Sie haben sich am 26. November darüber auseinander ge­setzt, wie man die Beziehungen der europäischen Sozialdemokraten mit Amerika ver­stärken und die Integration der Türkei in die Europäische Union besser gestalten könnte. Mag sein, dass das gut und richtig und für Sie wichtig ist, aber dann behaupten Sie nicht etwas, von dem Sie nichts wissen können, weil Sie nicht hier gewesen sind!

Es hat sehr, sehr intensive Verhandlungen gegeben in den Ausschüssen, auch im Unterausschuss. Zu dem Zeitpunkt, als Sie über die Türkei gesprochen haben, haben sich Abgeordnete, auch aus Ihrer Fraktion, bis 23 Uhr mit dieser Reform sehr intensiv auseinander gesetzt und haben gute Verhandlungen geführt. Ihre Verhandler, Kollege


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 31

Eder, Kollege Broukal, Kollege Verzetnitsch und auch der Gewerkschaftsvorsitzende der Österreichischen Bundesbahnen, Haberzett, haben mit Vizekanzler Gorbach und mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen intensiv ein Kompromisspapier ausver­handelt.

Meine Damen und Herren! Es waren sieben Punkte, die Sie gefordert haben, und dar­über ist diskutiert worden, und zwar diskutiert worden über etwas, was eigentlich zu­mindest hier von der Debatte außer Streit gestellt worden ist. Sie wissen ganz genau, nach den Streiks gab es auch einen Kompromissvorschlag, ein Kompromissangebot durch Vizekanzler Gorbach, der gesagt hat, er möchte ein Angebot machen: Wir dis­kutieren über das Dienstrecht – das ist das besondere Anliegen der Gewerkschaft – später, wir nehmen das aus dieser Gesamtreform heraus, aber dafür wird die Struktur­reform so wie geplant hier im Parlament besprochen und auch beschlossen.

Da gab es Konsens. Dann hat es den Wunsch von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, gegeben, auch noch einmal über die Strukturreform zu diskutieren, und den Versuch, einen Konsens zu finden. Wir waren selbstverständlich dazu bereit, und Ihre Abgeordneten haben gut verhandelt: sieben Punkte, und man hat sich geeinigt!

Man hat sich darauf geeinigt, einen Abänderungsantrag für das Gesetz auszuarbeiten und insgesamt drei Ausschussfeststellungen zu machen, um weitestgehend Ihren Wünschen nachzukommen. Da gab es Konsens, und man muss das wirklich loben. Da waren die Experten aus Ihren Reihen am Werk, denen die Österreichischen Bundes­bahnen wirklich ein Anliegen gewesen ist. Sie wollten, so wie wir, den Konsens – schade, dass er nicht zustande gekommen ist.

Warum ist er nicht zustande gekommen? – Vielleicht wäre es besser gewesen, Sie wären noch ein paar Tage in Amerika geblieben. Aber kaum waren Sie wieder in Österreich, haben Sie anscheinend – ich weiß nicht, ob Sie es selbst dekretiert haben, Herr Abgeordneter Gusenbauer ... (Abg. Dr. Gusenbauer erhebt sich von seinem Platz und schickt sich an, den Sitzungssaal zu verlassen.) – Das ist Ihnen unangenehm, Herr Abgeordneter Gusenbauer, das verstehe ich schon.

Entweder haben Sie das selbst dekretiert, oder es ist wirklich so, wie wir gehört haben, dass es einige mächtige Landeschefs der Sozialdemokratie gewesen sind, nämlich Herr Haider in Oberösterreich und Herr Häupl in Wien, die ihr Veto eingelegt haben gegen einen Konsens hier im Parlament. (Abg. Mag. Molterer: Das ist die Wahrheit!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! War es so? (Ja-Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wollten Sie, aber durften Sie nicht dieser sinnvollen Strukturreform zustimmen? Meine Damen und Herren! Und wenn es so ist, dann sagen Sie hier nicht, Ihnen gehe es um die Bahn. – Nein! Ihnen geht es um Parteitaktik, denn Sie wollten sich dieses Argument nicht nehmen lassen, dass die österreichische Bun­desregierung und die Regierungsparteien die Bahn zerschlagen. Sie wollten weiterhin dieses wichtige Unternehmen politisch für Ihre Wahlbewegungen missbrauchen! Das ist der Hintergrund Ihrer Agitation: Angstmache, Panikmache, politische Agitation! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir sehen ja, worum es geht. (Abg. Dr. Matznetter: Hub­schrauber!) – Kollege Matznetter, ich will jetzt nicht schon wieder auf das aufmerksam machen, was Sie eigentlich alles aufzuarbeiten hätten. Aber in den letzten und vor­letzten Reihen wird dauernd dazwischengebrüllt, weil man halt in der Sozialdemokratie nicht nach vor kommen darf. Aber, meine Damen und Herren, worum geht es denn hier? – Ein reines Politikum! Ja, Sie (in Richtung des Abg. Broukal) dürfen zwar jetzt in der zweiten Reihe sitzen, aber den Konsens, den Sie mit vorbereitet haben, durften Sie nicht abschließen. Das ist natürlich auch ein Problem, mit dem Sie sich auseinander zu setzen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 32

Meine Damen und Herren! Diese Geschichte geht ja weiter. Wir lesen es ja heute im „NEWS“, wie es weitergeht. Was macht die Gewerkschaft jetzt? – Nachdem diese poli­tisch motivierten Streiks nur zu einer Verärgerung in der Bevölkerung und zu Millionen Euro Schaden geführt haben (Abg. Dr. Puswald: Die Sie verschuldet haben!), verfolgt man eine andere Strategie, Herr Kollege Puswald. Die Gewerkschaft, steht da, startet jetzt eine Kampagne in Haiders Kärnten. Proteste gegen die ÖBB-Reform gehen weiter. Aber neue Streiks, hat man erkannt, sind politisch nicht opportun. Also tritt man politisch motiviert von Ihrer Seite in Kärnten für einen schwachen Kandidaten ein und möchte jetzt wieder die Bundesbahner in Kärnten für politische Agitation in einem Landtagswahlkampf missbrauchen. – Das ist anscheinend die Aufgabe einer Gewerk­schaftsbewegung in Ihren Reihen!

Ich glaube, dass das auch ein Missbrauch dieser wichtigen Institution einer Interessen­vertretung ist. Meine Damen und Herren! Eine Interessenvertretung soll die Interessen der Bediensteten vertreten, vor allem im Bereich des Dienstrechtes, aber nicht Partei­politik machen auf dem Rücken dieser Institution und auf dem Rücken der Bedienste­ten der Österreichischen Bundesbahnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Weil Sie da heruntergerufen haben, die Streiks seien so wichtig gewesen – Abgeord­neter Gusenbauer hat ja gesagt, erst nach den Streiks oder durch die Streiks sei die Regierung zu Verhandlungen bewegt worden –, muss ich dem entgegenhalten: Auch das ist unwahr, meine Damen und Herren! Sie wissen ganz genau, dass man Wochen vor der Nationalratsdebatte bereits über diese Materien diskutiert hat. Die Angebote, die dann gemacht worden sind und auf die die Gewerkschaft eingegangen ist, sind ja bereits Wochen vorher gemacht worden, aber von Ihnen und von der Arbeitnehmerver­tretung abgelehnt worden.

Es war ja gar nicht möglich – Sie wissen es –, hier vorher im Parlament darüber zu debattieren, denn die Nationalratssitzung hat eben zufälligerweise gleichzeitig mit den Streiks stattgefunden, als diese Vorlage in die Ausschüsse eingebracht worden ist. Also Sie verdrehen auch hier bewusst die Tatsachen.

Da Sie sich rühmen, meine Damen und Herren, dass diese Streiks so „erfolgreich“ ge­wesen seien: Ja, sehr erfolgreich, aber in einem äußerst negativen Sinn, meine Damen und Herren! 1,2 Millionen Österreicher waren pro Tag von diesen Streiks negativ betroffen. Ein Schaden von 3 Millionen € pro Tag alleine bei den Österreichischen Bun­desbahnen! Sie wissen, dass viele österreichische Großbetriebe schon knapp daran waren, ihre Produktionen einstellen zu müssen. Unabsehbare Schäden wären zu verzeichnen gewesen. Das ist der „Erfolg“ von diesen Streiks!

Es ist auch ein Erfolg im negativen Sinn, dass Sie das Ansehen der Österreichischen Bundesbahnen massiv geschädigt haben. Frau Kollegin Lichtenberger hat gesagt, dass es so wichtig ist – und da gebe ich ihr Recht –, dass wir Anreize dafür schaffen, und zwar gerade im Transitverkehr, dass wir den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene bringen. Dazu muss ich sagen: Da haben Sie ein „wunderbares“ Signal, vor allem was die Zuverlässigkeit und die Sicherheit des Gütertransits auf der Schiene anlangt, gesetzt! Es ist ja das wichtigste Prinzip für die Frächter, dass sie sicher sein können, dass ihre Güter in halbwegs guter Geschwindigkeit und zu einem bestimmten Termin transportiert werden. Und die Unternehmen, die das brauchen, fragen sich auch, ob es sicher ist, dass sie die Rohstoffe und Betriebsmittel, die sie brauchen, auch bekommen.

Sie haben durch diese tagelangen Streiks genau gezeigt, dass man sich darauf nicht verlassen kann. Das ist das Problem, meine Damen und Herren: Sie schädigen mit diesen politisch motivierten Streiks das Unternehmen Österreichische Bundesbahnen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 33

und die Republik Österreich! Das sind die Tatsachen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber auch hier ein Positives: Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch und auch einige andere haben wirklich versucht, mäßigend einzuwirken. Da sieht man wirklich, wo In­teressenvertretung gut aufgehoben ist. Ich würde mir wünschen, Herr Präsident, dass Sie in Zukunft schon vorher Ihren Einfluss geltend machen, dann würden wir uns all diese Schäden und Probleme ersparen.

Meine Damen und Herren! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Sie haben eine gute Reform vorgelegt. Sie haben eine gute, neue, moderne Struktur vorgelegt: modern, kompatibel, mit einer Holding, mit Betriebsgesellschaften für Infrastruktur, Bau und Betrieb, Güter und Verkehr. (Zwischenruf des Abg. Mag. Hans Moser.) – Da gehen Sie hinaus zum Schultaferl und schreiben Sie das fünfmal! Ich schaue mir an, ob Sie das richtig geschrieben haben. – Wenn das Ihre einzigen Sorgen sind, die Sie hier in einer Debatte um die Zukunft der Österreichischen Bundesbahnen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, es ist notwendig, hier neue Strukturen zu schaffen. Abgeordneter Gusenbauer hat gesagt, in Zukunft werden 10 Milliarden € an Schulden angehäuft. – Nein, die werden nicht in Zukunft aufgehäuft. Sie verschweigen, dass wir 6 Milliarden € zur Entschuldung von 10 Milliarden € Schulden beitragen wer­den, die Sie während Ihrer Verantwortung angehäuft haben. Sie wissen ganz genau, dass heute der Steuerzahler 4,4 Milliarden € pro Jahr zur Abdeckung der Schulden der Österreichischen Bundesbahnen zuschießen muss. Und wofür? – Dass hier etwa Projekte finanziert werden, ... Ich weiß nicht, was Sie (in Richtung SPÖ) an Ihrem Laptop so sehr begeistert, dass Sie nebenbei noch Zwischenrufe machen! – Um 1,1 Milliarden € wurden 400 moderne Loks vom Typ Taurus angeschafft. Das wurde damals großseitig inseriert und beworben. Nur hat man darauf vergessen, dass der Be­darf an diesen Lokomotiven wesentlich geringer ist und dass man für das notwendige Projekt den Pool schafft, und zwar mit der Deutschen Bundesbahn, damit diese Loko­motiven auch eingesetzt werden können. Um das halbwegs darzustellen, hat man ältere noch funktionsfähige Lokomotiven verschrottet – nicht verkauft, sondern ver­schrottet, weil man die Konkurrenz nicht unterstützen wollte – und letztlich 1,1 Milliar­den € an Steuergeldern falsch investiert.

Das ist nur ein Beispiel dafür, meine Damen und Herren, was es bringt, wenn Ihre Struktur und Ihre Machenschaften weitergeführt werden können.

Oder ein kleines Beispiel dafür, dass man nicht einmal weiß, wo die eigenen Lokomoti­ven sind. Nach wochenlangem Suchen danach, wo sich eine bestimmte Lokomotive befindet, hat man die Eisenbahnfreunde via Internet gefragt, ob jemand weiß, wo diese Lokomotive ist. Nach wenigen Minuten wissen die Internetfreaks, wo sie ist: Sie steht auf einem stromlosen Gleis in der Werkstatt Linz – zumindest war es noch gestern so. Gott sei Dank gibt es die Eisenbahnfreunde, die das wissen, was Sie in Ihrem Manage­ment anscheinend nicht wissen.

Zwei kleine – oder größere – Beispiele für das Chaos, das herrscht, wenn man diese Struktur weiter beibehält. Für Österreich ist es wichtig, diese Strukturreform in Richtung einer modernen, sinnvollen, leistungsgerechten Bundesbahn im Interesse der Öster­reicher und der Bundesbahner umzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Vizekanzler Gorbach. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 34

10.09

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Staatssekretär! Liebe Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer! Geschätzte Kunden in der Wirtschaft und in der Industrie, deren Zahl in Zukunft hoffentlich größer wird! Es war der 34. Präsident der USA, Eisenhower, der einmal gesagt hat: Kein weiser oder tapfe­rer Mann legt sich auf die Schiene der Geschichte und wartet, dass der Zug der Zu­kunft ihn überfährt. Und ich sage Ihnen: Auch ein verantwortungsbewusster Verkehrs­minister wird sich nicht auf die Schienen der Geschichte legen und warten, dass der Zug Europa – und das ist unsere Zukunft – dieses Land überfährt. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Da Sie, Herr Dr. Gusenbauer, gemeint haben, das komme alles viel zu früh, nämlich die heutige Abstimmung und Entscheidung – vermutlich nach dem Motto, es ist nie zu spät, und man habe da etwas durchgepeitscht –, darf ich Ihnen ganz nüchtern und offen sagen: Wir haben nicht nur sehr viel diskutiert, sondern ich habe das Gefühl, dass die Bevölkerung in Österreich im Allgemeinen und, was die ÖBB-Reform und -Er­neuerung betrifft, im Besonderen schon gerne hat, dass man diskutiert, dass man auf Argumente eingeht, dass man den Dialog führt.

Aber die Bevölkerung will auch, dass einmal eine Entscheidung getroffen wird, und sie hat das Recht, dass eine handlungsfähige Regierung auch handelt. Und das tun wir! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Zerstören ist nicht han­deln!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich hatte letzte Woche auch den Eindruck, wie heute schon gesagt wurde, den erfreulichen Eindruck, dass auch der Opposition und dem Herrn Cap bewusst ist, dass es höchste Eisenbahn ist, Voraussetzungen zu schaffen, die die Österreichischen Bundesbahnen in einem stärker werdenden Konkur­renzkampf zu einem international wettbewerbsfähigen Verkehrsträger, Bahnunterneh­men machen (Abg. Dr. Cap: So nicht!), dass es höchste Eisenbahn ist, die Ver­teuerungsautomatik nach § 2 abzustellen, dass es höchste Eisenbahn ist, nicht mehr zeitgemäße und auch nicht mehr vertretbare Sonderrechte abzuschaffen, dass es höchste Eisenbahn ist, die Kunden der ÖBB wieder in den Mittelpunkt zu stellen – egal, ob Pendler, ob Schüler, ob Studenten, ob Reisende oder, im Güterbereich, ob Wirt­schaft oder Industrie. Sie alle sollen von einer pünktlichen, einer sauberen, einer schnellen, einer sicheren Bahn profitieren.

Die Verhandlungen von letztem Donnerstag sind schon erwähnt worden. Es war auch Freitag. Diese wurden von diesem Bewusstsein – diesen Eindruck hatte ich auch – getragen, und es zeichnete sich auch ein tauglicher Kompromiss mit der Opposition ab. Im Sinne der Österreichischen Bundesbahnen, auf die wir alle stolz sind, war mir immer – und das sei betont – ein möglichst breiter Konsens sehr wichtig. Auch deshalb haben wir, der Staatssekretär und ich insbesondere, in langen Verhandlungen sowohl mit der Opposition als auch mit der Gewerkschaft diskutiert, überlegt, Informationen, Argumente ausgetauscht, auch mit internen und externen Experten diskutiert. Möglich­keiten waren ausreichend vorhanden, sich auch konstruktiv in diesen Dialog einzubrin­gen.

Die Bundesregierung – das sei auch gesagt – hat Kompromissbereitschaft bewiesen. Einmal wurde es schon angesprochen, dass wir einen kritischen Bereich aus diesem Gesetz herausgenommen und gesagt haben: Gut, wenn ihr das auch könnt – was behauptet wird –, dann diskutiert ihr über das Dienstrecht und das Personalrechtliche! Wir werden ja sehen, was herauskommt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 35

Meine Damen und Herren! Umso verwunderter war auch ich, als ich feststellen musste, dass, aus welchen Gründen auch immer, am Montag alles anders war. Jedenfalls war der breite Konsens nicht möglich; ich bedauere das. Jedenfalls waren die Gespräche gut und konstruktiv; das hat mich gefreut. Ich bedauere es, wenn heute der Chef der großen Opposition dieses Vorgehen und das, was wir heute tun, mit einem Würstel­stand vergleicht. Er vergleicht das größte Unternehmen Österreichs mit einem Würstel­stand! Wenn ein Vergleich möglich ist, dann wäre ich geneigt zu sagen: Diese Regie­rung schaut, dass nichts mehr anbrennt. Es ist schon genug verbrannt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Worte des Generaldirektors der SBB AG Dr. Benedikt Weibel wurden heute auch zitiert, die er bei einer Diskussionsveranstaltung der Arbeiterkammer Wien auf Einladung derselben unter dem Motto: Überzeugungen eines Bahnchefs: Keine Fahrt ins Blaue! gesagt hat. Die meisten haben ja normalerweise nichts gegen Fahrten ins Blaue, aber es braucht noch einige Zeit, bis man das mit den ÖBB kann, da stimme ich Ihnen auch zu, wir müssen dort noch für den Sonnenschein und den blauen Himmel sorgen. Noch sind einige dunkle Wolken über den roten ÖBB. (Abg. Dr. Jarolim: Sie fahren in die verkehrte Richtung, das ist das Problem!)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich auf die Ausführungen von Dr. Weibel nur kurz eingehen. Ich habe mit ihm gesprochen, ich habe mir auch seine Ausführungen in schriftlicher Form geben lassen, sehr genau angeschaut und studiert und stelle mir schon die Frage, ob da alle richtig zugehört haben oder ob da nur ein kleiner Teil, zu­gegebenermaßen ein kritischer Teil, herausgenommen wurde und daraus Schlagzeilen gemacht oder provoziert wurden.

Auch Weibel spricht davon, dass die zentrale Herausforderung für jedes Bahnmanage­ment das Gleichgewicht zwischen Qualität und Effizienz ist. – Das sagen wir auch. Ich darf Weibel wortwörtlich zitieren: Ich freue mich nämlich, dass der Vergleich mit der SBB gezogen wird und dass die SBB plötzlich so wichtig ist. Ich habe das in den Dis­kussionen der letzten Wochen und Monate auch immer getan, aus gutem Grund.

Weibel sagt: Effizienz des Mitteleinsatzes ist eine zwingende Notwendigkeit. Die öffent­lichen Mittel sind beschränkt, und die Bahnunternehmung tut gut daran, den Nachweis für den optimalen Einsatz dieser Mittel permanent zu erbringen.

Meine Damen und Herren! Es gibt noch viele Passagen, die hier zitierbar wären und die ich auch vollinhaltlich unterstütze, Passagen, die sich so mancher Kritiker (Abg. Dr. Jarolim: Das ist das Gegenteil von Ihrem Konzept!) – horchen Sie bitte zu! – noch einmal genauer anhören sollte. Weibel spricht beispielsweise vom Sozialvertrag der SBB-Führung mit der dortigen Gewerkschaft, wo das Unternehmen einerseits zu­sichert, keine Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen vorzunehmen, weil sie das Gefühl haben, es geht uns eh gut, wenn alle an einem Strang ziehen, die Arbeitnehmer sich im Gegenzug jedoch zu beruflicher und geographischer Mobilität verpflichten. Eine Basis für diesen Vertrag bildet die gemeinsame Einsicht, sagt er, dass eine effiziente SBB die beste Garantie für eine langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen bildet. – Das­selbe gilt in Österreich.

Erlauben Sie mir zu dieser Passage jetzt noch ein Zitat von Weibel, das sehr gut ist und wirklich nur unterstrichen werden kann: Wir standen damals vor einer groß ange­legten politischen Bahnreform mit einer fundamentalen Umgestaltung sämtlicher Grundlagen. Ich war immer überzeugt, dass die Position der SBB in diesem Prozess umso glaubwürdiger ist, je besser wir den Beweis haushälterischen Umgangs mit öffentlichen Mitteln erbringen können. – Dasselbe gilt für Österreich, und solche Worte erwarte ich auch vom Vorstand der ÖBB. Ich bin mir sicher, dass ich meine Erwartun­gen auch erfüllt bekommen werde.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 36

Fazit, Hohes Haus: Wir bräuchten heute keine Reform, wären die Gewerkschaft in Österreich und das Management der ÖBB in den letzten Jahrzehnten und auch in den letzten Jahren in der Lage gewesen, seit dem Bundesbahngesetz 1992 eine taugliche Lösung in diesem Sinne hinsichtlich Struktur, aber auch hinsichtlich Dienstrecht vorzu­legen und beschließen zu lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Als wir den Entwurf zur ÖBB-Reform in die Begutachtung geschickt haben, war klar, dass die Eckpfeiler feststehen. Wenn ich von etwas über­zeugt bin – das habe ich öfters gesagt, es dauert mitunter ein bisschen –, kann ich auch sehr konsequent sein. Sie können mir glauben, dass wir gute Gründe haben, warum die Reform in der jetzigen Form vorliegt. (Abg. Mag. Hans Moser: Blaue Perso­nalpolitik!) So wird sie auch ein Meilenstein in der verkehrspolitischen Geschichte Ös­terreichs sein. Es ist spät genug, meine Damen und Herren, der Zug ins 21. Jahr­hundert ist schon unterwegs. Die Weichen sind gestellt, die Signale sind auf Grün, und wir, die Regierungsparteien, sorgen dafür, dass dieser Zug sicher an seinem Ziel ankommen wird und wir wieder stolz auf unsere Österreichischen Bundesbahnen sein können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Hohes Haus! Die ÖBB-Strukturreform erfüllt die Vorgaben der EU einerseits – auch das sei einmal gesagt –, und sie orientiert sich an den Bedürfnissen des Marktes, sprich an den Bedürfnissen der Kunden. Die Reform schafft Voraussetzungen dafür, dass die ÖBB erfolgreich im internationalen Wettbewerb überleben können und gleich­zeitig Marktanteile dazugewinnen.

Ein Beispiel: Die SBB – Frau Lichtenberger, hören Sie zu! – hat in den letzten zehn Jahren ein Plus von 30 Prozent bei den Tonnenkilometern (Abg. Dr. Lichtenberger: Eben nicht, das ist genau das Problem!), von 25 Prozent bei den Personenkilometern gemacht und gleichzeitig den Personalstand um 25 Prozent abgebaut. Ähnliches wird sich die ÖBB auch überlegen müssen und braucht deshalb neue, bessere Strukturen.

Meine Damen! Diese von Ihnen genannte Zerschlagung ist eine Stärkung der Ein­heiten, ist eine Verselbständigung jener Einheiten, die die Kernfunktionen besser wahr­nehmen sollen. Da kann nicht von Zertrümmerung, Zerschlagung die Rede sein. Viel­mehr ist entscheidend, dass sie nachhaltig Erlöse erzielen können, vielmehr ist ent­scheidend, dass der Bund nicht mehr einen so hohen Zuschuss leisten muss, denn das ist etwas, was nicht nur 47 000 ÖBBler angeht, das ist etwas, was nicht nur 1,2 Millionen Österreicher im Streikfall angeht, das ist etwas, was 8 Millionen in Öster­reich lebende Menschen etwas angeht, insbesondere die Steuerzahler, meine Damen und Herren! Und das muss reduziert werden. Es ist möglich, Sie werden es sehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die ÖBB-Reform – das sei auch gesagt – orientiert sich an Best-Practice-Beispielen unter Berücksichtigung österreichischer Bedingungen (Abg. Öllinger: Wo denn?), unter Berücksichtigung des Umstandes, dass wir im Gegensatz zur Schweiz EU-Mit­glied sind, und unter Berücksichtigung der Kundenwünsche.

Wir haben für unsere Bahn das Beste aus allen bisherigen internationalen Reformpro­jekten genommen. (Abg. Öllinger: Das stimmt überhaupt nicht!) Wir haben Experten der ÖBB ebenso eingebunden wie externe Berater und Fachleute.

Hohes Haus! Allein ich habe etwa 14 Gesprächsrunden – das sind nicht alle, sondern nur jene, an denen ich teilnehmen konnte und durfte, 14 Gesprächsrunden! – mit der Arbeitnehmervertretung absolviert. Die Gespräche und Verhandlungen dauerten Monate. – Hier von einem Höllentempo bei der Beschlussfassung, wie ich es gelesen habe, zu sprechen, ist daher, meine ich, geradezu polemisch und fehl am Platz. Etwas anderes war der Fall: Wir haben diskutiert, wir sind zu einer Entscheidung gekommen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 37

und wir werden handeln – die ÖBB und ihre Kunden haben es verdient und brauchen das auch! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte es nicht versäumen, heute hier auch meinem Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka recht herzlich zu danken. (Abg. Öllinger: Wofür?) Wie Sie wissen, war er mit der Vorbereitung und Umsetzung dieser ÖBB-Reform bis heute, bis zur parlamentarischen Behandlung betraut. (Ruf bei der SPÖ: So schaut es aus!) Wir haben das in guter Koproduktion, wenn man so will – schwerpunktmäßig er, und zum Schluss dann auch ich als Minister, als Letztverant­wortlicher stärker –, abgewickelt. Jedenfalls war das eine zeitaufwendige, ab und zu vielleicht auch nervenaufreibende Diskussion, ein guter Prozess; er ist gut gelungen. – Herzlichen Dank, lieber Helmut! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die ÖBB-neu, meine Damen und Herren, sieht – um das nur kurz zu sagen; Sie wissen es – eine Holding und vier weitere AGs als Töchter vor: die Güterverkehrs-AG, eine Personenverkehr AG, eine Infrastruktur Bau AG und eine Infrastruktur Betrieb AG (Abg. Öllinger: Genau das ist das Problem! – Abg. Dr. Cap: Das sind „fette“ Posten!); weitere Gesellschaften zur optimalen Abwicklung dessen, was wir wollen, klare Finanz­ströme, klare Eigenverantwortlichkeit, klare Konzentration auf die Kernaufgaben, auf die Kerngebiete und auch ein klares Ansprechen der jeweiligen Kunden – und die sind im Güter- und im Personenverkehr unterschiedlich, meine Damen und Herren! Deshalb auch diese Trennung! (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer.)

Auch der Neubau soll forciert werden. Deshalb haben wir ja sichergestellt, dass so viel ausgebaut werden kann wie noch nie zuvor, dass die Liquidität so gut ist wie nie zuvor, dass die Eigenkapitalquote so gut ist wie nie zuvor! Die ÖBB sind ab heute – oder ab morgen, wenn das beschlossen ist und umgesetzt werden kann – organisatorisch und vor allem auch finanziell so gut ausgestattet wie nie zuvor, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Noch etwas, weil immer davon gesprochen wird, dass es besser gewesen wäre, unter der Holding GesmbHs zu haben: Das hätte den Effekt gehabt, dass ein direktes Weisungsrecht von der Holding in die GesmbHs bestünde – und genau das wollen wir nicht mehr haben. (Abg. Dr. Glawischnig: Wieso?) Wir wollen, dass die Leute in der AG eigenverantwortlich sind, dass die Ergebnisse klar herauskommen – gute und schlechte –, dass wir reagieren können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich weiß schon, meine Damen und Herren, dass Sie ein anderes Verständnis von Unternehmertum haben – Sie haben ja jahrelang bewiesen, wohin Ihr Verständnis von Unternehmertum führt: nicht in eine gute Zukunft. Und das möchten wir den ÖBB und ihren Kunden nicht zumuten! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Hohes Haus! Ich komme zum Schluss. (Abg. Heinzl: Gott sei Dank! – Heiterkeit bei der SPÖ.) – Ich danke für Ihre Freundlichkeit – ich habe mir das bei Ihnen auch schon oft gedacht. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Aber so ist das Leben: Jeder kommt einmal zu Wort. (Rufe bei der SPÖ: Redezeit!) Auch Johann Wolfgang von Goethe hat einmal ein großes Wort gesprochen, das mich während dieses Reformprozesses immer wieder begleitet hat. Ich möchte heute mit diesem Zitat schließen. Es ist ein sehr ernst gemeintes Zitat, es lohnt sich, zuzuhören. Goethe sagt:

„Wenn wir bewahren wollen, was wir haben, werden wir vieles verändern müssen.“ (Abg. Bures: Aber nicht zerschlagen!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 38

In diesem Sinne unseren ÖBB alles Gute! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eder. 10 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


10.25

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe jetzt Ihren Ausführungen sehr genau zugehört, Herr Bundesminister, und Sie haben sich mit einem Satz de­maskiert, nämlich als Sie gesagt haben, „die rote Bahn“. – Und das ist genau der Ansatz, den Sie haben: Es geht Ihnen nur darum, die „rote Bahn“ zu zerstören (Abg. Scheibner: Das glaubt ihr!), und da sind Ihnen alle betriebswirtschaftlichen, volkswirt­schaftlichen und verkehrspolitischen Fragen völlig egal (Abg. Scheibner: Ihr seht das so!), Hauptsache, die „rote Bahn“ wird zerstört! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe hier auf der Regierungsbank bereits vier Verkehrsminister und drei Vizekanzler erlebt (Zwischenruf des Abg. Wittauer): Die vorhergegangenen drei Verkehrsminister, die ich erlebt habe, haben nicht viel getan, haben wenig getan; der jetzige Verkehrsminister und Vizekanzler aber macht in seiner ersten großen Reform einen riesigen Fehler: Er schadet den Österreichischen Bundes­bahnen, er schadet der Republik Österreich, er schadet der Umweltpolitik, er schadet der Verkehrspolitik! – Schade, Herr Verkehrsminister! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Warum? – Abg. Grillitsch: Können Sie das begründen?)

Heute hätte es, meine Damen und Herren, um eine wichtige Weichenstellung für Österreich, um eine wichtige Weichenstellung für die Österreichischen Bundesbahnen gehen sollen. Sie aber fahren auf Grund der Weichenstellung, die Sie heute hier be­schließen werden, mit Volldampf auf das Abstellgleis, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf Ihnen weiters sagen: Sie auf der Regierungsbank jammern und sagen: Der Zug Europa darf unser Land nicht überfahren! – Der überfährt jedoch jetzt gerade unser Land, da Sie eine Reform zu einem Zeitpunkt machen, zu dem die EU-Erweite­rung stattfindet, und da sich in den nächsten zwei Jahren die neuen Märkte ordnen werden (Abg. Scheibner: Eben!) – zu genau dieser Zeit lassen Sie die gesamten ÖBB Kästchen zeichnen, Verträge machen und nur intern arbeiten. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Anstatt die Leute auf den Markt zu schicken, sie jetzt schauen zu lassen, wo man die Geschäfte der Zukunft machen kann, blockieren Sie durch diese Reform das gesamte Unternehmen ÖBB! – Schade, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle – alle! –, die von der Eisenbahn in Europa etwas verstehen, sind gegen diese Reform, haben sich gegen diese Reform ausgesprochen! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Wir wollten viele von ihnen in den Unterausschuss einladen. Aber was war die Antwort von Ihnen von der ÖVP und von der FPÖ darauf? – Wir wollen die alle nicht! Wir wollen nur jene im Unterausschuss haben, die hoch bezahlte Mitarbeiter sind, die hoch bezahlte Experten sind, wir wollen jene haben, die vor allem willfährig zu dieser Reform im Unteraus­schuss ja sagen. – Das ist nicht die Art von Diskussion, die wir in der Republik Öster­reich zu führen haben.

Wir mussten eigenständig ein Hearing machen, zu dem ich auch Sie alle aus dem Unterausschuss eingeladen habe, um sich ein Bild darüber zu machen, wie es aus Expertensicht wirklich um diese Bahn aussieht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 39

Und da sind ganz andere Antworten gekommen. Der englische Bahnexperte Jon Shaw hat schon andere Dinge berichtet, als Sie heute hier in Schalmeientönen von der Regierungsbank erzählen. Die Preise in England – Kollege Gusenbauer hat es ja an einem Beispiel gezeigt – sind mittlerweile viermal so hoch wie in Österreich! Was bedeutet das für die österreichischen Bürger, für die Pendler, für all jene, die in Zukunft fahren werden? – Sie werden in Zukunft wesentlich mehr für die Bahn zu bezahlen haben als bisher! (Abg. Parnigoni: Ein Skandal!)

Die Qualität ist in England zurückgegangen, Firmenteile sind in Konkurs gegangen! – Sie splittern die Bahn jetzt in viele, viele Firmenteile auf. Sie haben jetzt gesagt, dass es zwölf Firmen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwölf Firmen mit neuen Vorständen (Abg. Parnigoni: Lauter Abkassierer!), wo nunmehr Ihre Parteigünstlinge hineinkommen werden, jede Menge Aufsichtsratsmitglieder werden da hineinkom­men! – Ich schaue mir schon an, wer die sein werden!

In Zukunft sind, wenn ein Zug aus einem Bahnhof fährt, fünf unterschiedliche Firmen – vier Aktiengesellschaften und eine GesmbH – verantwortlich für diesen einen Zug, der fährt! (Abg. Wittauer: Das war ja bisher auch so, dass verschiedene ...!) Das ist ver­rückt, meine Damen und Herren! Das ist keine Bahnpolitik, das ist reinster, blanker Wahnsinn! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Alle Experten haben gesagt: Die Trennung der Bahn in dieser Form führt zu weniger Qualität, höheren Kosten und letztlich höheren Preisen – manche Experten sprechen von bis zu 30 Prozent Erhöhung der Preise für Bahnfahr­karten, 30 Prozent Erhöhung der Kosten des Güterverkehrs! (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach.)

Das heißt im Klartext, dass auch der Wirtschaft durch diese Reform größter Schaden zugefügt wird. Wir haben auch Expertisen aus der Wirtschaft, die das belegen.

Wir haben einen weiteren Experten gehört, Herrn Dipl.-Ing. Klaus Rießberger von der TU Graz. Er sagte: Das Eisenbahnwesen ist ein extrem vernetztes System, und dieses extrem vernetzte System kennt eigentlich nur jemand, der von der Pike auf dieses System kennen gelernt hat. Wir haben vor allem Betriebsberater – da meint er Sie, Herr Bundesminister – hereingeholt, die, wie Sie mir glauben können, von dem, was sie da beraten, nicht die geringste Ahnung haben! – So sieht Ihre Reform auch aus, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich komme nun zur Landeshauptleutekonferenz. Die Landeshauptleute haben, obwohl die ÖVP immer so den Föderalismus predigt, überhaupt nichts mitzureden. Ich wollte sie in den Unterausschuss einladen, damit wir auch die kritischen Stimmen der Lan­deshauptleute hören. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – Sie wurden ad personam ausgeladen, mit Abstimmung. Sie haben gegen Herrn Haider gestimmt, Herr Kollege Wittauer. Gegen Ihren Landeshauptmann von Kärnten haben Sie gestimmt, dagegen, dass er hier betreffend die Bahnreform seine Stimme erheben darf – weil das eine kritische Stimme war! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie von der ÖVP haben gegen Herrn Präsidenten Leitl gestimmt, sodass er sich im Unterausschuss ja nicht melden kann (Abg. Parnigoni: Ein Skandal!), weil es vielleicht eine kritische Stimme gewesen wäre, meine Damen und Herren. Sie haben auch gegen andere Experten gestimmt, die Sie nicht haben wollten. (Abg. Scheibner: Sie wurden von Häupl und Haider aus Oberösterreich überstimmt!)

Die Landeshauptleutekonferenz vom 1. Dezember zeigt etwas anderes: Sie sagen, sie wollen da mitreden, man solle das Ganze noch einmal überarbeiten, durchdenken. Das hat auch seinen Sinn, denn die Landeshauptleute sind nämlich genau die, die am Schluss des ganzen Prozesses (Abg. Scheibner: Warum durften Sie nicht zustim-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 40

men?) – da werden Sie schon lange nicht mehr auf der Regierungsbank sitzen bei den Halbwertzeiten, die Sie haben (Ruf bei der SPÖ: Gott sei Dank!) – die Zeche zu be­zahlen haben werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ein weiterer Kritiker: der Rechnungshof. Da wurde mir mit Schalmeientönen erklärt: Der Rechnungshof hat das nur falsch gesehen, mit dem Rechnungshof werden wir noch einmal reden! (Abg. Scheibner: Warum durften Sie nicht zustimmen?) – Heutige Presseaussendung Rechnungshof: Der Rechnungshof bleibt bei seiner Meinung, bei seiner Kritik und sagt ganz klar, dass die Teilung der ÖBB-Infrastruktur in eine Bau- und eine Betriebsgesellschaft falsch sei. Das sei für einen liberalisierten Markt nicht geeignet. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Weiters heißt es, gleichzeitig habe Fiedler den Eindruck, dass es in der Folge dieser Reform bei den ÖBB zu einer wahren Ausverkaufsorgie kommen werde. (Abg. Parni­goni: Ein Skandal!) – Was heißt denn das? Wer wird sich denn da von dem Vermögen der 8 Millionen Österreicher bereichern? Das ist nicht Ihr Vermögen, Herr Bundes­minister! Das ist das Vermögen von 8 Millionen Menschen in unserem Lande! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Weil man hier von einer Ersparnis in der Höhe von einer Milliarde brutto spricht: Wir haben stundenlang versucht – Frau Kollegin Lichtenberger hat darauf hingewiesen –, diese Milliarde zu hinterfragen, und als wir endlich einige Experten dazu bewegt hatten, die Wahrheit zu sagen (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), kamen wir drauf, dass es in zehn Jahren ein Nullsummenspiel sein wird.

Wir sind draufgekommen, dass, wenn man die Zinsen, die auch noch vergessen wur­den, dazurechnet, sogar ein Minus von 300 Millionen in zehn Jahren sein wird. Das ist Ihre „Einsparung“, das ist Ihre Reform! – Da kann ich nur in den Keller lachen gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Woraus besteht nun diese Milliarde schwerpunktmäßig? – Diese Milliarde besteht schwerpunktmäßig daraus, dass man 12 000 Eisenbahner heimschicken will. (Abg. Scheibner: Sie haben 20 000 abgebaut!) Da gibt es die Rechnung: 12 000 mal 55 000 € sind 660 Millionen €. – Das ist der Schwerpunkt in Ihrem Konzept!

Ich bin dagegen, dass man 12 000 Eisenbahner einfach rausschmeißt! (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt doch nicht, das wissen Sie! – Abg. Scheibner: Das ist falsch! Das ist Panikmache!) Dafür hat die Bevölkerung kein Verständnis, dafür haben wir kein Ver­ständnis, und menschlich ist das völlig daneben! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Denken Sie an die Familien dieser Eisenbahner, denken Sie an die Kinder dieser Men­schen, die sind verunsichert, die wissen nicht, ob sie eine Pension bekommen werden. (Abg. Scheibner: Sie verunsichern die Menschen! Das ist Ihre Politik!) Herr Kukacka weiß, welche Pension er bekommen wird. Er wird eine sehr saftige Pension für die paar Monate, die er auf der Regierungsbank sitzen wird, bekommen. Aber der kleine Eisenbahner (Abg. Scheibner: Ihr habt 20 000 abgebaut!) ist für den Sozialstaat Österreich eine Belastung, den will man nicht haben.

Was ist die Wahrheit? Stimmt es, wenn in Schalmeientönen davon gesprochen wird, dass schön verhandelt wurde? – Wir haben nicht verhandelt, das war ein Diskussions­klub! (Abg. Scheibner: Warum durften Sie nicht zustimmen?) Wir haben Forderungen gestellt – der Minister hat sie alle abgelehnt. Es ist nichts davon übrig geblieben!

Ausschussbemerkungen kann man sich beim Christkindl abholen, aber nicht beim Ge­richt. Beim Gericht hat alles in ein Gesetz geschrieben zu sein – und das wurde abge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 41

lehnt. (Abg. Scheibner: Warum waren Häupl und Haider aus Oberösterreich gegen eine Zustimmung?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Uns hier vorzumachen, wir hätten bei den Parteienverhandlungen nicht genug versucht, ist nicht richtig! (Abg. Scheibner: Du durftest nicht zustimmen!) Wir wollten Schadensbegrenzung betreiben, reine Scha­densbegrenzung wollten wir betreiben, zum Schutz der Eisenbahner – aber diese Schadensbegrenzung haben Sie auch nicht zugelassen. Im Endeffekt wollen Sie den Eisenbahnern und diesem Unternehmen nur schaden!

Noch ein Satz zu den Landeshauptleuten. Bahn – nach Reform wird regionalisiert. – Zitat Kukacka. Was heißt denn das? – Das heißt, die Landeshauptleute haben Recht: Er will ihnen die Nebenbahnen, die nicht lukrativ sind, anhängen, die sollen die Länder bezahlen, die Menschen sollen dort höhere Fahrpreise bezahlen. – Der Rest ist den beiden Herren auf der Regierungsbank egal. So kann das nicht gehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf hat fünf grundsätzliche Fehler: Die Bahn ist kein Unternehmen wie jedes andere – es wird immer gesagt, sie sei betriebs­wirtschaftlich wie jedes andere zu führen, aber nein, sie ist ein unverzichtbarer Ver­kehrsträger.

Eine Bahnreform ohne verkehrspolitische Perspektiven ist zum Scheitern verurteilt. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Ich bin sofort fertig, Herr Präsident. Eine Bahnreform ohne Umweltpolitik ist nicht akzeptabel. Eine Bahnreform ohne Siche­rung der Finanzierung ist ein unverantwortliches Experiment.

Herr Bundesminister! Sie tragen hier ganz allein die Verantwortung. (Vizekanzler Gorbach: Ja, gerne!) Sie werden schon lange nicht mehr auf dieser Bank sitzen, wird die Bevölkerung noch die Schulden zu bezahlen haben, die Sie heute hier beschlie­ßen. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

10.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Lo­patka. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


10.37

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! (Die Abgeordneten Dr. Jarolim und Parnigoni: Sagen Sie etwas zur Bereicherung der Frau Forstinger!) Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass niemand 12 000 Menschen hinausschmeißt! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass es uns darum geht, Arbeitsplätze bei den ÖBB zu sichern! Darum geht es uns! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Verkaufen Sie nicht die Menschen für dumm! (Abg. Reheis: Sie verkaufen die Men­schen für dumm!) 10 Milliarden € Schuldenstand – das ist das, was wir jetzt bei der Bahn vorfinden, das ist der Ist-Zustand! (Anhaltende Zwischenrufe.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Meine Herren! Ich würde Sie alle bitten, etwas ruhiger zu sein, sodass man den Redner hört!

 


Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): Zurück in den Ausschuss – das war der Beginn der heutigen Debatte seitens des Chefs der SPÖ. „Zurück“ – das ist in Wirklichkeit ein Offenbarungseid, denn zurück wird immer mehr zu Ihrem Programm!

„Vorwärts“ – das war einst das, was nicht nur der Name eines großen Verlages der SPÖ war, sondern „vorwärts“ war auch Ihr politisches Anliegen. Als Sie dieses Anlie­gen noch hatten, hatten Sie auch einen politischen Erfolg. Heute fällt Ihnen nur noch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 42

eines ein, nämlich: Vorwärts, Genossen, wir müssen zurück! – Meine Damen und Herren, das ist zu wenig! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin absolut für eine Veränderung der Bahn. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sehen Sie, wie Sie diese Aussage aufregt. Aber das ist ein wörtliches Zitat Ihres Chefs, des SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer – allerdings nicht von heute. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Heute ist alles wieder anders.

Noch vor wenigen Wochen hat SPÖ-Chef Gusenbauer gemeint: Ich bin absolut für eine Veränderung der Bahn (Abg. Dr. Gusenbauer: Bin ich auch!), weil ich glaube – er hat geglaubt damals –, dass es zum einen ein besseres Service in Österreich für die Bahnkunden geben muss und dass wir zum anderen mehr Effizienz brauchen. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) Aber zwischen dem Sagen und den Ankündigun­gen und dem, was man hier dann tut, ist es ein weiter Weg. (Abg. Dr. Gusenbauer: Nur: Ihre Reform ist ein Unsinn, das ist das Problem!)

Jetzt ist dieser weite Weg von Ihnen leider wieder einmal so beendet worden, wie schon in der Vergangenheit: Es hat Sie auf diesem Weg der Mut verlassen. Es ist leider immer so: Sie machen immer sehr große, vollmundige Ankündigungen, wenn es dann aber darum geht, das auch innerparteilich durchzusetzen, bleibt leider dieser Mut auf der Strecke.

Wir nehmen das Wort „Reform“ sehr ernst. Uns geht es hier, im wörtlichen Sinn, um eine Verbesserung des Bestehenden. Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Ihr Reformwille ist keiner. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was sagen Sie zum Rechnungshof­präsidenten?) Das sage ich Ihnen sofort. Ihre Politik, Herr SPÖ-Chef Gusenbauer, ist gekennzeichnet durch reformunwilliges Weiterwursteln. Vom Wort zur Tat verlässt Sie immer wieder der Mut. Ich muss Ihnen das sagen, denn wenn Sie meinen, wir reformieren die ÖBB wie einen Würstelstand, dann mag das Ihre Philosophie sein, wie Sie glauben, dass man wirtschaftspolitisch vorgehen kann. Hier unterscheiden Sie sich grundlegend von uns. (Abg. Dr. Gusenbauer: Bestimmt!) Hier haben wir eine ganz andere Auffassung, denn das Einzige, das bei Ihnen gewiss ist: dass Sie immer auf dem Weg von der Ankündigung zur Umsetzung umfallen. Ungewiss ist immer nur der Zeitpunkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Fiedler!)

Leider ist es so, dass in der SPÖ bis zum heutigen Tag nicht die Reformer eine Mehr­heit in der Partei haben, sondern die Bremser. Das hat man ja jetzt ganz deutlich bei der ÖBB-Reform gesehen. Kennen Sie noch die Aussendung von Josef Broukal vom letzten Samstag? (Abg. Dr. Gusenbauer: Selbstverständlich!) Der ist einer, bei dem ich das Gefühl habe, dass er noch an die Reformfähigkeit der SPÖ glaubt; er ist noch nicht so lange in Ihrem Parteiapparat. Er hat gemeint, in wesentlichen Punkten – in wesentlichen Punkten, nicht in irgendwelchen Punkten – sei die Regierung der SPÖ entgegengekommen, daher könne man diese Reform gemeinsam beschließen.

Wir haben gedacht, die SPÖ habe dazugelernt. Hut ab!, habe ich mir gedacht. Doch es war ein Irrtum. Sie haben auch nichts aus Ihrer eigenen Vergangenheit gelernt. Man nehme nur das „Konsum“-Debakel her: ÖGB-Vorsitzender Anton Benya, jahrzehnte­langer Präsident des ÖGB, war auch mehr als ein Jahrzehnt Aufsichtsratsvorsitzender des „Konsum“. (Abg. Dr. Cap: Sind Sie der „Lehrer Lempel“?) Wissen Sie, was er noch wenige Wochen vor dem Ende des „Konsum“ gesagt hat? Ich zitiere ihn wortwörtlich: Den „Konsum“ wird es auch nach dem Ausgleich noch geben. Mir ist nicht bange um ihn! (Abg. Dr. Cap: Sagen Sie endlich etwas zum Fiedler!) – Wenige Wochen später war das Schicksal des „Konsum“ besiegelt. Ein fataler Irrtum zum Schaden der Arbeit­nehmerinnen und der Arbeitnehmer in diesem großen Betrieb, in diesem Flaggschiff der Sozialdemokratie. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 43

Heute stehen wir auch wieder an einer Wegkreuzung: Ohren zu, Augen zu, nichts tun, den Reformbedarf verkennen, wieder zurück in den Ausschuss – oder mutig Reformen angreifen. – Wir wollen den Österreichischen Bundesbahnen ein „Konsum“-Schicksal ersparen. Das ist unser Ziel! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wollen ein „Konsum“-Schicksal bei den Österreichischen Bundesbahnen verhin­dern. Wir wollen ein betriebswirtschaftlich geführtes Unternehmen und keinen struktu­rell veralteten Staatsbetrieb. Darum geht es uns! Natürlich kann man eine Zeitlang künstlich mit Milliarden an Steuergeldern auch die ÖBB aufrechterhalten, aber man muss die Weichen in Richtung Zukunft stellen, auch wenn Sie das nicht hören wollen. (Abg. Schieder: Ich sage sofort etwas zum Fiedler, haben Sie gesagt!)

Uns geht es bei dieser Reform um dreierlei:

Erstens: Wir wollen eine moderne, eine attraktive, eine wettbewerbsfähige Bahn – im Interesse der Bahnkunden! – Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Zweitens: Wir wollen diesen hohen Verschuldungsstand bei den ÖBB nicht noch weiter prolongieren – im Interesse des Unternehmens. 6,1 Milliarden macht der Betrag aus, mit dem es heute zu einer Teilentschuldung kommt. (Abg. Schieder: Ich sage sofort etwas zum Fiedler, haben Sie gesagt!)

Das Dritte: Wir wollen auch diese jährlich immens steigenden staatlichen Zuschüsse reduzieren – im Interesse aller Steuerzahler und Steuerzahlerinnen. (Abg. Dr. Gusen­bauer: Sie haben gesagt, Sie sagen sofort etwas zum Fiedler!)

Wissen Sie nicht, dass wir jetzt einen Schuldenstand von 10 Milliarden € haben, dass die jährlichen Zinszahlungen – nur die Zinszahlungen! – höher sind als das, was die ÖBB an Fahrkartenerlös hat. Das ist schon ein Zustand, über den man zumindest nachdenken sollte, ob das ein guter Zustand ist.

Es müsste Ihnen auch bekannt sein, dass der jährliche Finanzbedarf der ÖBB von 4,4 Milliarden dreimal so hoch ist wie der gesamte Betrag, den wir für unsere Univer­sitäten ausgeben können. Um diese riesige Summe geht es! (Abg. Dr. Jarolim: Was soll der Vergleich?) Ich sage Ihnen, was der Vergleich soll: Weil jeder Einzelne von uns momentan jährlich 540 € in diesen Bereich zu zahlen hat. Das sind 7 500 S! (Abg. Broukal: Und wie viel zahlen Sie für die Autobahnen?) Bei einem Ehepaar sind das 15 000 S! Bei meiner Familie sind das 45 000 S! – Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Das sind enorme Summen! (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Da ist Handlungsbe­darf gegeben, und da muss agiert werden, um in Zukunft eine starke Bahn zu haben. Davor mögen Sie die Augen verschließen, da mögen Sie sich die Ohren zuhalten – wir tun das nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir wollen – und lassen uns davon nicht abbringen – klare Zuständigkeiten und klare Verantwortlichkeiten, wie wollen, dass das Geld, das für Infrastruktur und für Investi­tionen vorgesehen ist, nicht in andere Bereiche fließt. Wir wollen keinen Dauerzustand, dass man bei den ÖBB mit 52 in Pension geht. Zu Recht hat es jetzt viel Aufregung darüber gegeben, dass Lehrer ausnahmsweise vor 60 in Pension gehen konnten. Dort ist es der Allgemeinzustand, mit 52 in Pension zu gehen. Das sind schon Zustände, die nach Verhandlungen und nach Reformen schreien. (Abg. Dr. Gusenbauer: Also was ist jetzt mit dem Fiedler?)

Unser Ziel ist es, meine sehr geehrten Damen und Herren, in allen Bereichen Öster­reich europafit zu machen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Es ist vom zuständigen Minister sehr deutlich gesagt worden: Man kann sich von europäischen Entwicklungen nicht abkoppeln. In unseren Nachbarstaaten Deutschland und Italien haben diese


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 44

Reformen längst stattgefunden. Selbst die neuen Beitrittsländer sind diesbezüglich in Wirklichkeit schon weiter als wir.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass es unser Ziel ist, die Österreichischen Bundesbahnen von einem schlecht geführten Staatsbetrieb zu einem modernen Unternehmen zu machen, auf das wir dann alle stolz sein können, und zwar nicht nur jene, die bei den Österreichischen Bundesbahnen arbeiten, sondern auch die Steuerzahler, die dann sagen können: Jawohl, es ist viel Geld, das wir für diesen Bereich zahlen müssen, aber wir tun es gerne, weil diese Österreichischen Bundesbahnen eine Zukunft haben. Wir geben den Bundesbahnen eine Zukunft! Sie mögen in die Vergangenheit blicken – unser Blick richtet sich in die Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. 10 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin. (Abg. Dr. Gusenbauer: Der Lopatka hat sein Versprechen gebrochen – er wollte sofort etwas zum Fiedler sagen!)

 


10.48

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Lopatka, ich möchte jetzt anhand Ihrer Rede einmal etwas aufgreifen, was bemerkenswert ist und was eine gängige Linie bei dieser Bun­desregierung ist; das hat auch mit diesem Taferl hier zu tun: Sie missbrauchen ständig die Sprache. Sie reden ständig von modern, von Innovation und Zukunft, Attraktivität und so weiter und stellen sich eigentlich nicht der Sachargumentation. Sie setzen sich auch nicht mit logischen Argumenten auseinander! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Diese Plattitüden haben Sie schon fünfmal hier erzählt! Immer dasselbe!)

Sie sprechen von einer Pensionssicherungsreform, diese hat aber eigentlich eine Kürzung zum Inhalt. Sie versuchen immer wieder, mit diesen Begriffen zu vernebeln, worum es Ihnen eigentlich geht. Ich möchte das jetzt anhand der ÖBB noch einmal ganz logisch zu beschreiben versuchen. (Abg. Dr. Fasslabend: Gehen Sie auf die Zahlen und auf die Fakten ein!)

Was machen Sie jetzt? – Sie zerteilen eine Aktiengesellschaft, die ÖBB, in zehn Unter­aktiengesellschaften und sagen, das sei sinnvoll. (Abg. Scheibner: Es sind eh nicht zehn!) Ich weiß nicht, warum das sinnvoll sein soll. Was ist der Zweck dieser ganzen Reform? Sie sagen, das sei von der EU vorgeschrieben. Das stimmt dezidiert nicht! Die Europäische Union schreibt nur Kostentransparenz vor. Dafür muss man das Unternehmen nicht in zehn Aktiengesellschaften aufteilen.

Warum soll man überhaupt in Aktiengesellschaften aufteilen? – Der Minister hat ge­meint, das habe deshalb einen Sinn, weil die dann selbständig arbeiten könnten. Ich verstehe das nicht, muss ich ehrlich sagen. Ich hätte die Vorstellung gehabt, dass ein Unternehmen wie die ÖBB gemeinsam arbeiten soll und dass da nicht die Aktienge­sellschaften untereinander in einen Wettbewerb treten sollen, wo es darum geht, wer mehr Gewinn macht. Ich finde das total unlogisch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich finde es auch unlogisch, sich nicht die Beispiele anzusehen, wie das international gemacht wird. Was sind denn erfolgreiche Beispiele? Sie machen Fehler, die inter­national niemand machen würde: Zum Beispiel schicken Sie jetzt die ÖBB mit dem gesamten Schuldenberg in die Liberalisierung. Das macht international auch niemand. (Abg. Scheibner: 6 Milliarden Zuschuss, das ist nichts! – Abg. Wittauer: Das stimmt ja


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 45

nicht!) Natürlich stimmt das! Entschulden Sie die ÖBB? – Nein! Sie sagen, sie soll das aus ihren Gewinnen heraus finanzieren. Das finde ich auch total unlogisch. Was hat das für einen Sinn?

Weil Sie immer sagen, da rinne so viel Geld hinein: Ich würde Sie bitten, seriös zu blei­ben. Verkehrsleistungen müssen etwas kosten, und in die Straße investiert die Repub­lik das Fünffache. Darüber sprechen Sie nie! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Ich finde es auch nicht logisch, dass man sagt, es soll sich aus den Gewinnen die Inf­rastruktur selber finanzieren. Ich finde das unlogisch! Übertragen auf ein anderes Ver­kehrssystem würde das bedeuten, dass sich die Frächter zu einer Aktiengesellschaft zusammenschließen und sie sich dann die Straße selber finanzieren sollen. – Ich frage Sie: Was hat das für einen Sinn? (Beifall und Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.)

Was ich auch nicht verstehen kann: Sie machen jetzt die Benützung der Schiene teurer. Sie verteuern diese Maut, die für die Benützung der Trasse zu entrichten ist. Deswegen gibt es auch in den Bundesländern große Sorgen, deswegen gibt es auch bei uns große Sorgen, weil selbstverständlich damit die Schiene teurer wird. Das heißt, die Benützung wird teurer, was sich entweder die Länder kostenmäßig aufteilen können oder auf die KundInnen abgewälzt wird. Anders geht das ja nicht, das ist ja eine logische Rechnung, irgendwer muss das ja bezahlen. Deswegen gibt es auch die Widerstände aus den Ländern, die fürchten, dass der Personennahverkehr weiter ausgehungert wird, und ich verstehe das. Ich fühle mich selten in einer solch illustren Gesellschaft, dass ich gemeinsam mit einem Landeshauptmann Van Staa, mit einem Landeshauptmann Pühringer (Abg. Scheibner: Beim Pühringer seid ihr eh gut aufge­hoben!), mit einem Landeshauptmann Haider genau diese Kritik vortragen kann – oder auch mit der Wirtschaftskammer. Auch die Wirtschaftskammer findet diese Reform nicht logisch, nicht gut und auch nicht sinnvoll. Auch der Rechnungshof findet sie nicht gut und nicht sinnvoll. Also es ist nicht nur die Opposition.

Ich verstehe das einfach nicht, warum Sie dann hergehen und mit einem solchen Werbematerial arbeiten müssen und sich mit den Sachargumenten nicht auseinander setzen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist ja nicht so, dass es in Österreich nicht den Konsens gegeben hätte, dass man bei der Bahn etwas tun muss, dass sie Reformen braucht. Im Gegenteil: Das war ein parteiübergreifender Konsens. Auch bei uns ist man dieser Ansicht. Wir sind sehr offen in diese Diskussion hineingegangen. Wir wollen mehr Qualität und mehr Angebote für die BahnkundInnen, wir wollen eine bessere Wettbewerbssituation, weil wir das ganz große Ziel haben, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, und natürlich wollen wir auch mehr Transparenz. Aber all das wird mit dieser Reform eigentlich nicht angegangen.

Ich verstehe diesen Punkt einfach nicht: Warum muss man die ÖBB in zehn Aktien­gesellschaften zerteilen?! Sie haben auch kein einziges Argument gebracht, das diese Vorgangsweise für irgendjemanden, auch zuhause vor den Fernsehapparaten, ver­ständlich machen könnte. Ich verstehe es einfach nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bevor ich etwas zum Ausschuss sage, möchte ich noch zu einem ernsteren Kapitel kommen. Wir haben in Österreich ein riesiges Problem: Es wird, was das Verkehrs­wachstum auf der Straße betrifft, eine gewaltige Belastung auf die österreichische Bevölkerung zukommen. Ich glaube, dass es einfach nicht reicht, eine starke Bahn zu fordern, sondern es bedarf eines ganzen Paketes von Maßnahmen. Im Zuge der EU-Erweiterung werden sich – wir wissen das – die Verkehrsströme, und zwar vor allem jene in Ostösterreich, verdreifachen. Wir wissen auch, dass sich der Großteil dieses


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 46

Verkehrswachstums auf der Straße abspielen wird. Wir brauchen ganz notwendig eine Politik für die Schiene.

Doch wie schaut das in Zukunft aus? – Sie wehren sich mit Händen und Füßen, die Schiene wettbewerbsfähiger gegenüber der Straße zu machen. Im Gegenteil: Sie arbeiten mit vollem Erfolg daran, die Straße weiter zu verbilligen, bis zum Jahr 2010 weiter auszubauen. Ich bin selbst erschrocken, als ich die Zahlen gelesen habe: Es wird siebenmal so viel in die Fertigstellung von Straßen in den Osten investiert wie in den Ausbau der Schiene in den Osten. – Ich finde, dass das eine verheerende Bilanz ist, und ich fürchte mich vor der Belastung und auch vor dem, was die österreichische Bevölkerung dann sagen wird. Sie wird nämlich sagen: Sie haben das die ganzen zehn Jahre lang verbockt! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Mir tut das unendlich Leid, auch für die Bevölkerung, die jetzt mit platten Werbesprü­chen abgespeist wird.

Wir brauchen ein vernünftiges Nachtfahrverbot. Wir brauchen eine generelle Anhebung der LKW-Maut, und wir brauchen Schieneninfrastruktur in den Osten. Herr Minister, mir reicht es nicht, dass Sie da nur platte Werbesprüche von sich geben. Nehmen Sie zu diesem entsetzlichen Missverhältnis zwischen Schieneninfrastrukturausbau und Stra­ßeninfrastrukturausbau Stellung! (Vizekanzler Gorbach: Zwei Drittel Schiene, ein Drit­tel Straße!) Nein, stimmt nicht! (Vizekanzler Gorbach: Weil Sie nicht lesen können!) – Ich kann sehr wohl lesen! Ich kann sehr gut lesen! (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist unerhört! Der sagt, sie kann nicht lesen!)

Wenn Sie sich im Gesamtverkehrsplan anschauen, was bis zum Jahr 2010 finanziert ist – und das sind nicht Berechnungen, die ich gemacht habe, sondern das haben Verkehrsexperten durchgerechnet –, dann werden Sie sehen, dass dieses Verhältnis 1 zu 7 beträgt. Ich finde das erschreckend! Das Einzige, was Sie jetzt machen, ist, zu sagen, das stimme nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es gibt „wunderbare“ Zahlen, die, wie ich glaube, auch Ihnen schlaflose Nächte be­reiten sollten. So wird sich zum Beispiel in Bruck an der Leitha der LKW-Verkehr ohne wirksame Gegenmaßnahen, also bei dem Kurs, den Sie jetzt fahren, von 2 300 LKW auf 7 500 LKW im Jahr 2010 erhöhen und am Semmering, wenn keine ordentliche Bahnverbindung geschaffen wird, von derzeit 2 000 LKW auf 5 800 LKW. Diese Belas­tung, die da auf die Bevölkerung zukommt, kann man nicht so einfach wegwischen, sondern da braucht es Politik, da braucht es Verkehrspolitik und da braucht es auch eine andere Struktur, auch für die ÖBB – nicht diese!

Folgendes möchte ich noch zum Abschluss formulieren – und das tut mir besonders Leid –: Wenn Sie sagen, es habe hier ein Dialog stattgefunden und es sei schade, dass dann die Opposition nicht zugestimmt hat, so muss ich Ihnen sagen: Es hat sehr wohl große Bereitschaft gegeben, in dieser wichtigen Frage einen Konsens zu finden, aber wenn der Dialog darin besteht, dass man Ihnen jede einzelne Zahl aus der Nase ziehen muss, dass Sie sich bei jeder – auch positiven – Festschreibung für die Bevöl­kerung mit Händen und Füßen wehren, und wenn Sie dann ausschließlich versuchen, zu einem Gesetz irgendwelche Feststellungen zu machen, politische Glaubensbe­kenntnisse abzugeben, und wenn Sie dann kritisieren, dass uns das nicht reiche, weil wir gerne wirklich etwas konkret verankert haben wollten, dann weiß ich nicht, was für Sie ein Dialog ist. Das war jedenfalls kein Dialog! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wie ich mitbekommen habe, haben Sie auch heute wieder vor – und das ist der Gipfel des Entsorgens jeder parlamentarischen Diskussion –, einen Abänderungsantrag ein­zubringen, und zwar beim 32. Redner, also so, dass die ganze Opposition, das ganze Haus und die ganze Öffentlichkeit nicht mehr mitbekommen können, was Sie jetzt noch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 47

machen werden. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist die Frechheit! Das ist die Unseriosität! Schämen Sie sich!)

Im Übrigen, – und das kann ich Ihnen nicht ersparen –: Es ist allgemein bekannt, warum diese AG so aufgespalten werden muss. Nämlich deshalb, weil FPÖ-Politiker oder ehemalige FPÖ-MitarbeiterInnen versorgt werden müssen. (Abg. Mag. Mainoni: So ein Blödsinn! Sagen Sie mir welche?) Sie können das jetzt gerne revidieren, und vielleicht können Sie es auch in Zukunft revidieren, aber dass der ehemalige Klub­direktor Moser, der hier in diesem Hohen Haus für die FPÖ gearbeitet hat, der Chef einer dieser AGs werden soll und dass die Frau Forstinger die Immobilien kriegen soll, das ist wirklich unerhört und hat mit der Bahnreform überhaupt nichts zu tun. Das ist reiner Postenschacher! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

10.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. 10 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Cap: Wer will sich da bereichern?)

 


10.58

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! (Abg. Dr. Cap: Wer will sich da bereichern?) Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ, Sie sind völlig von der Rolle! Es ist unglaublich! Es ist unglaublich! Ich erlebe es selbst hier mit: Es gibt einen konstruktiven Teil in der SPÖ, und es gibt einen destruktiven Teil in der SPÖ. Diesmal hat, wie so oft, der destruktive Teil in dieser Partei wieder die Oberhand gewonnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage Ihnen, was sich vor genau einer Woche abgespielt hat, denn ich bin der An­sicht, das Hohe Haus, vor allem aber die Österreicherinnen und Österreicher, die vor dem Fernseher sitzen, sollten genau wissen, wie die SPÖ agiert. Vor genau einer Woche sind zusammengesessen von den Sozialdemokraten Abgeordneter Verzet­nitsch, Abgeordneter Broukal und Abgeordneter Eder und von der Regierungsseite der Herr Bundesminister, der Herr Staatssekretär sowie die Vertreter unserer beiden Par­teien und auch noch der Herr Haberzettl, und wir haben uns konstruktiv unterhalten und haben verhandelt, und es ist ein Papier der Sozialdemokraten ans Tageslicht ge­kommen, ein durchwegs konstruktives Papier (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe): Verhandlungsposition SPÖ – ÖBB-Reform, 27. November 2003, 9.45 Uhr. Es waren sieben Punkte, über die wir 11,5 Stunden verhandelt haben, über jede Zeile, über jeden Beistrich, über den gesamten Inhalt. Ich nenne nur einige Beispiele.

Herr Kollege Eder, das finde ich ja so furchtbar: Sie waren konstruktiv, und heute kom­men Sie heraus und behaupten in marktschreierischer Form genau das Gegenteil! Das kann es doch nicht sein! Waren es nicht Sie selbst, der hier geschrieben hat: Rech­nungshofpräsident erhält vollständige Berechnungsunterlagen und stellt das Einspa­rungspotential von 1 Milliarde € außer Streit? – Wissen Sie, was der Herr Eder gesagt hat? – Er sagte, am liebsten wäre es uns, wenn der Rechnungshofpräsident vor der Abstimmung gar nichts mehr sagen würde, denn dann könnten wir zustimmen. (Abg. Scheibner: Da schau her!) Alle, die dabei waren, mögen meine Zeugen sein! – Stimmt es oder nicht? Wenn nicht, dann kommen Sie heraus! Das ist die Wahrheit! So schaut es aus! Alle SPÖ-Abgeordneten, die dabei waren, haben Gelegenheit, das zu wider­rufen. Meine Zeugen sind die Regierungsmitglieder! (Abg. Scheibner: ... Erich Haider, Häupl ...!)

Das nächste Thema: eine starke Holding. – War es nicht so, dass wir zwei Stunden über dieses Thema verhandelt haben und letztendlich zur Übereinstimmung gekom­men sind, dass der Vorstandsvorsitzende der Holding zugleich der Aufsichtsratsvor­sitzende der Tochtergesellschaften sein soll? (Abg. Scheibner: Das ist gescheit!) – Ja,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 48

Sie waren einverstanden, zufrieden. Auf gutem Wege sind wir, haben Sie gesagt – Sie, die Sozialdemokraten! Ich muss auch Herrn Haberzettl zugestehen, dass er sich in diese Diskussion konstruktiv eingebracht hat. (Abg. Mag. Wurm: Was haben Sie daraus gemacht?)

Wir waren der Meinung und sind bis heute der Meinung, es wäre gut gewesen, wenn die SPÖ konstruktiv an diesem Entscheidungsprozess teilnimmt, ihre Wünsche, ihre Forderungen mit einbringt und zum Ergebnis dann eine gemeinsame wichtige Abstim­mung über die Reform der ÖBB stattgefunden hätte. – Nein: Gusenbauer war in Ame­rika, hat sich dort mit irgendwelchen abgehalfterten Politikern getroffen (Abg. Dr. Gu­senbauer: Na, na, na! Was erlauben Sie sich?!) und ist dann zurückgekommen, um am Ende zu sagen: Nein, das kommt nicht in Frage!

Meine Damen und Herren! Das ist das destruktive Element! (Abg. Dr. Gusenbauer: So ein Quatsch!) In Wirklichkeit sind es Herr Gusenbauer, Herr Häupl, Herr Erich Haider in Oberösterreich und ein paar andere, die genau diese Reform, die die ÖBB notwendig hat, verhindern. Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Neuerliche Zwischenrufe des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Ja, ja, Herr Gusenbauer, Sie ärgern sich und alterieren sich, aber das ist doch die Realität! Sie hätten ja auch dabeisitzen können! Von unserer Seite waren der Minister und der Staatssekretär anwesend! Wir nehmen die Themen ernst, wir nehmen auch die Verhandlungen ernst. Während Sie in Amerika drüben sind – ich weiß nicht, welche Reise es war, aber offizielle war es jedenfalls keine –, wird hier herüben über wichtige Themen verhandelt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Eine Frechheit! Eine Frechheit ist das, was Sie da bieten!)

Meine Damen und Herren! Die Österreichischen Bundesbahnen müssen dringend re­formiert werden! (Abg. Dr. Gusenbauer auf den Redner weisend –: Eine Schande für dieses Haus!) Herr Gusenbauer, auch da werden Sie mir ja hoffentlich Recht geben! (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie sind eine Schande für dieses Haus!) Für alle Beteiligten inklusive der Gewerkschaft ist es klar, dass eine Reform notwendig ist. Warum ist diese Reform notwendig? – Ich sage es Ihnen, wenn Sie es nicht wissen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Es gibt zwei Hauptgründe: Die Österreichischen Bundesbahnen kosten in der derzeiti­gen Form zu viel. (Abg. Eder: Das kostet nachher noch mehr!) Es sind 4,4 Milliarden €! Ich möchte das immer wieder vor Augen führen, damit auch klar ist, warum es not­wendig ist, diese Reform durchzuführen (Abg. Eder: Das kostet nachher noch mehr!): 4,4 Milliarden € bezahlt der Staat Österreich jährlich für den Betrieb der Österrei­chischen Bundesbahnen! Wissen Sie, wie groß im Vergleich dazu das Heeresbudget jährlich ist? – Rund 1 Milliarde €. (Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.) Wissen Sie, wie groß das Einkommensteueraufkommen aller Österreicherinnen und Österreicher, die Einkommensteuer bezahlen, im Vergleich dazu im Jahr ist? – 3 Milliarden €! Die ÖBB kosten jährlich 4,4 Milliarden €. Deshalb ist die Reform notwendig, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt noch einen zweiten Grund dafür. Dieser zweite Grund sind (Abg. Mag. Kogler: Ökonomischen Unsinn verzapft ihr!) die Europäische Union und deren Vorschriften. Es stimmt einfach nicht, Frau Kollegin Glawischnig, wenn Sie hier nur halbe Sachen er­zählen. Faktum ist, dass die EU uns vorschreibt, dass andere Eisenbahnverkehrs­unternehmen das österreichische Streckennetz auch benützen können müssen (Abg. Dr. Lichtenberger: Das tun sie ja schon längst!), wobei folgende Bedingung gilt: Es ist wettbewerbsneutral zu organisieren. – Deshalb sind die Neustrukturierung und auch die Reform notwendig.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 49

Meine Damen und Herren! Was die Frage der Kosten betrifft, so ist es einfach nicht glaubwürdig, Herr Gusenbauer, Herr Cap, meine Damen und Herren vor allem von den Sozialdemokraten, die Sie schon lange hier in diesem Haus sitzen, wenn Sie hier diese Reform kritisieren, denn wir haben das alles doch nur deshalb notwendig, weil die SPÖ in den 30 Jahren ihrer Regierung alles heruntergewirtschaftet hat! Wir machen diese Reformen doch nicht aus Jux und Tollerei! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir machen doch nicht aus Jux und Tollerei eine Pensionsreform, eine Gesundheits­reform und auch eine ÖBB-Reform (Abg. Mag. Wurm: Freunde und Freunderl bedie­nen!), sondern deshalb, weil Sie all das 30 Jahre hindurch heruntergewirtschaftet ha­ben! (Abg. Mag. Wurm: Freunde und Freunderl bedienen, ...!) Ich werde Ihnen sa­gen – und es kann nicht oft genug gesagt werden –, was war, als wir letztendlich dann nach dem Zustandekommen der neuen Regierungskonstellation einen so genannten Kassasturz gemacht haben: 30 Jahre Sozialismus haben sich dokumentiert. Eine katastrophale Situation!

Was war? – In der EU waren wir das Schlusslicht bei der Neuverschuldung! Es war nichts mehr finanzierbar, der Staat war vor dem Bankrott! – Deshalb ist es notwendig geworden zu reformieren. (Abg. Reheis: Das ist ja unglaublich, was Sie ...!) Wir machen das nicht aus Jux und Tollerei – auch bei den ÖBB nicht! Wir machen das deshalb, weil es notwendig ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Entweder ahnungslos – oder Lüge!)

Kommen wir jedoch zu den ÖBB zurück. (Abg. Dr. Cap: Lüge oder Ahnungslosigkeit? Was war das jetzt?) Mir ist gesagt worden: Ja wollen wir eine Privilegiendiskussion führen? – Realität ist, dass es auch eine Privilegiendiskussion ist. (Abg. Dr. Cap: Lüge oder Ahnungslosigkeit? – Entscheiden Sie sich!) Es ist auch eine Privilegiendiskussion, denn wie kann es sonst sein, dass es hier ein Unternehmen gibt, wo die Mitarbeiter – vor allem 30 000, die im Verwaltungsdienst der ÖBB tätig sind – mit 52 Jahren legal in Pension gehen können? Wie kann es das geben? (Abg. Mag. Wurm: ... Lehrer!) Wie kann es das geben, dass auf der einen Seite 4,4 Milliarden € Zuschuss im Jahr not­wendig sind und auf der anderen Seite die Bediensteten, vor allem die Verwaltungs­bediensteten, mit 52,2 Jahren in Pension gehen können? (Abg. Dr. Wittmann: Jetzt weiß ich, warum Sie niemand mehr wählt!)

Wie kann es sein, dass nur zwölf Bedienstete der Österreichischen Bundesbahnen von den gesamten 43 000 (Abg. Mag. Kogler: Das ist ein ökonomischer Tiefflug!) über­haupt 60 Jahre alt sind oder – das sei für all jene gesagt, die ASVG-versichert sind und auf ihre Pension sehnsüchtigst warten – nur ganze drei Bedienstete bei den ÖBB über­haupt 65 Jahre und älter sind? (Abg. Mag. Kogler: ...! Das ist ja ein Unsinn!)

Meine Damen und Herren! Hier stimmt etwas nicht! (Zwischenruf der Abg. Hagen­hofer.) Hier besteht Reformbedarf! Ich kündige auch jetzt schon an: Im Dienstrecht muss eine Reform angesetzt werden. Es ist notwendig! (Abg. Mag. Kogler: Lernen Sie die Grundrechnungsarten! Eins und eins! Eins und eins, Herr Kollege!) – Wenn Sie das nicht erkennen und einfach nur irgendwelche Allgemeinplätze herausrufen, dann kann ich Ihnen nicht helfen. Wenn Sie es nicht erkennen, dass die ÖBB dringend reformiert werden müssen, können wir Ihnen nicht helfen. Wir machen es, weil es notwendig ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Cap und Dr. Wittmann.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss kommend ... (Abg. Dr. Gusen­bauer: Das ist gut!) – Das denke ich mir, dass Ihnen das, was ich hier gesagt habe, nicht sehr recht war, dass es Ihnen nicht sehr recht ist, wenn ich hier sage, dass vor einer Woche bei Ihnen alles vollkommen anders war und Sie sich jetzt um 180 Grad gedreht haben, weil Sie einer Parteiraison unterliegen und weil Sie glauben, dieser


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 50

Oppositionskurs ist wichtig. Ich sage Ihnen: Dieser Oppositionskurs bringt Ihnen über­haupt nichts! Es ist wie ein schlingerndes Schiff!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖBB und vor allem ihre Mitarbeiter (Abg. Dr. Wittmann: Ihre Reform schadet ...!) – und das betone ich: vor allem ihre Mitarbei­ter – haben diese Reform verdient, denn nur diese Reform garantiert die Zukunft der Österreichischen Bundesbahnen. (Abg. Mag. Kogler: Hören Sie auf zu schwindeln!) Das muss man im Auge haben! Und, wie unser Bundesminister gesagt hat: Pünktlich, schnell, sauber, sicher. Und vor allem werden sie auch entschuldet. – Deshalb machen wir die Reform! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Wittmann: Die­se Rede war ...! Jetzt weiß ich, warum Sie niemand mehr wählt! – Abg. Mag. Kogler: Es wird ein Schwindelkabinett verteidigt von den Abgeordneten! Jeder Schwindel wird verteidigt! Schmäh führen und schwindeln!)

11.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


11.07

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die doch, wie ich glaube, weitgehend unsachlichen Debattenbeiträge der Oppo­sition (Abg. Öllinger: Das haben wir gerne!) können, meine Damen und Herren, nicht darüber hinwegtäuschen, dass die heutige Reform ein Meilenstein in der österreichi­schen Verkehrspolitik ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Mit dieser Reform befreit die Bundesregierung die Bundesbahnen von den letzten Fes­seln einer Staatsbahn und macht das wichtigste Verkehrsunternehmen dieses Landes fit für das 21. Jahrhundert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen und Bravoruf bei der ÖVP.) Diese Reform schafft moderne und effiziente Unternehmensstrukturen (Abg. Dr. Niederwieser: Schlagworte! Schlagworte!), begrenzt die Staatszuschüsse und er­möglicht eine kundennahe Verkehrsleistung. Die ÖBB werden dadurch, meine Damen und Herren, vor allem endlich zu einem normalen Unternehmen, das nach betriebswirt­schaftlichen Gesichtspunkten geführt wird und sich in Zukunft stärker am Markt und am Wettbewerb orientieren wird. Die Bahn bekommt mehr Bewegungsfreiheit und Selb­ständigkeit, aber auch mehr wirtschaftliche Ergebnisverantwortung für ihre Manager und für ihre Mitarbeiter übertragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Diese Reform, meine Damen und Herren, war auch dringend notwendig, denn die Situation der Bahn war gekennzeichnet – einige der Vorredner haben ja darauf hinge­wiesen – durch ständig steigende Budgetzuschüsse: 1992: 2,5 Milliarden €, 2002: 4,4 Milliarden €. (Ruf bei der SPÖ: Rechnen Sie das einmal vor!) Ohne Reform würde dieser jährliche Staatszuschuss bis zum Jahr 2010 auf 5,1 Milliarden € ansteigen, meine Damen und Herren.

Wir geben damit insgesamt jährlich für das System Schiene dreimal so viel aus wie für die österreichischen Universitäten und wie für die Landesverteidigung. (Abg. Dr. Witt­mann: Wie hoch ist Ihre Pension, Herr Staatssekretär?) Wir geben für dieses System Schiene 7 Prozent der Staatsausgaben aus, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Witt­mann: Wie hoch ist Ihre Pension?) Da ist es doch selbstverständlich, dass der Staat hier die Verantwortung übernimmt und sagt: Diese steigenden Belastungen, vor allem für die Steuerzahler, müssen wir doch jetzt endlich einmal durchleuchten, da müssen wir doch entsprechende Reformen machen, das kann doch so nicht ungebremst wei­tergehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 51

Meine Damen und Herren! Was Generationen von sozialdemokratischen Verkehrs­ministern – von Streicher über Klima bis zu Einem – nicht zustande gebracht haben (Abg. Mag. Kogler: ... Forstinger! – Abg. Hagenhofer: ... Forstinger!), nämlich eine wirkliche Reform der Bundesbahnen, das greift nun diese Regierung auf. Wir setzen mit dieser Reform jener Mentalität ein Ende, die da lautet (Abg. Mag. Kogler: Forstin­ger, Reichhold! Serielle Inkompetenz! Serielle Inkompetenz im blauen Ressort!): Gleichgültig, was es kostet, der Steuerzahler wird es schon richten!

Wir streichen den § 2 des Bundesbahngesetzes, der eine automatische Verlustabde­ckung durch den Bund vorsieht, und wir werden den Zuschussbedarf aus dem Budget stabilisieren, nämlich durch Schaffung neuer organisatorischer und rechtlicher Grund­lagen, die ein wesentlich effizienteres Wirtschaften ermöglichen werden. Und wir wer­den auch dafür sorgen, dass in diesem System bis zum Jahr 2010 rund 1 Milliarde € an Einsparungspotential lukriert wird. (Abg. Dr. Wittmann: Wie hoch ist Ihre Pension?)

Meine Damen und Herren! Diese Reform muss in drei Bereichen, die auch untrennbar miteinander verbunden sind, umfassende Veränderungen bringen:

Erstens eine Reform der Unternehmensstrukturen, denn dadurch werden effiziente und überschaubare Unternehmensstrukturen geschaffen, wie sie auch sonst in anderen vergleichbaren Unternehmen vorhanden sind, sowie eine wirtschaftliche Selbständig­keit und Ergebnisverantwortung der operativen Unternehmen.

Wir brauchen zweitens eine Reform des Dienstrechtes. Damit wird das veraltete und starre ÖBB-Dienstrecht mit seinen auch vom Rechnungshof gerügten Sonderrechten an das in vergleichbaren Betrieben übliche Arbeits- und Dienstrecht angepasst. (Abg. Dr. Wittmann: Wie hoch ist Ihre Pension? Ihre Pension möchte ich wissen!) Den Sozialpartnern wird bis Ende April 2004 Zeit gegeben, diesen Anspruch einzulösen, meine Damen und Herren.

Wir brauchen drittens eine Reform des Personalvertretungsrechtes. Durch die Überfüh­rung des bisherigen Bahn-Betriebsverfassungsgesetzes in das für alle österreichischen Unternehmen gültige Arbeitsverfassungsgesetz werden jene notwendigen und ausge­wogenen Mitwirkungsrechte der Belegschaftsvertreter sichergestellt, wie sie auch in anderen vergleichbaren Großbetrieben herrschen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bedauere es außerordentlich – so wie auch der Herr Bundesminister –, dass kein Kompromiss mit der Opposition zustande gekommen ist. Offenbar hat die SPÖ ihren eigenen internen politischen Widerspruch nicht bewältigt und ist deshalb von dem am Donnerstag beinahe fixierten Kompromiss wieder abgerückt.

Meine Damen und Herren! Was hier manche Kollegen aufgeführt haben! Dieses Theater etwa des Kollegen Eder (Abg. Eder: Das ist kein Theater! – Rufe bei der SPÖ: „Theater“?! – Rufe der Empörung bei der SPÖ) spricht wirklich nicht für ihn, denn, meine Damen und Herren, es ist unsachlich, es ist ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Meine Damen und Herren! Ich schlage einen Kompromiss vor, der lautet: Von der Regierungsbank wer­den frei gewählte Abgeordnete nicht qualifiziert – und die frei gewählten Abgeordneten dämpfen den Lautstärkepegel so, dass unsere Zuseher im Fernsehen vom Niveau dieser Debatte keinen schlechten Eindruck haben. (Abg. Mag. Mainoni: Dürfen wir die Wahrheit nicht mehr sagen?)

 


Bitte, Herr Staatssekretär, setzen Sie fort!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 52

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Herr Präsident, ich nehme das zur Kenntnis. Ich war nur wirklich verblüfft durch den totalen Widerspruch zwischen dem, was am Don­nerstag und Freitag war, und dem, was ich heute hier erlebt habe – und diesen Wider­spruch habe ich offenbar noch nicht ganz bewältigt gehabt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit des Abg. Eder. – Ruf bei der SPÖ: Sie haben vieles noch nicht bewältigt! – Abg. Mag. Kogler: Wenigstens das ist gelungen!)

Meine Damen und Herren! Diese Regierung ist in diesen Verhandlungen zu ganz wich­tigen Klarstellungen bereit gewesen, nämlich erstens, dass es zu keiner Privatisierung der ÖBB kommen wird, sondern dass sich dieser Konzern auch in Zukunft zu 100 Pro­zent im Eigentum des Bundes befinden wird. Deshalb fällt die seit Monaten vorge­brachte dahin gehende Kritik völlig substanzlos in sich zusammen, meine Damen und Herren. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Wir haben weiters festgestellt: Die Bundesbahnen werden nicht zerschlagen, sondern sie bleiben selbstverständlich ein Konzern mit einer klaren strategischen Ausrichtung, der von einer entsprechenden koordinierenden Holding geführt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch hier zeigt sich, dass die Propaganda, die in den letzten Wochen und Monaten betrieben wurde, völlig unsachlich und unrichtig war.

Drittens, meine Damen und Herren: Wir haben klargestellt, dass auch in Zukunft rund 2 Milliarden € jährlich aus dem Budget für den Betrieb der Bundesbahnen zur Ver­fügung gestellt werden. Wir haben damit die Finanzierung des Betriebes der Bahn auf sichere und verlässliche Beine gestellt und damit auch die Zukunft der Bahn gesichert. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben darüber hinaus klargemacht, dass selbstverständlich – so wie im General­verkehrsplan vorgesehen – auch der weitere Ausbau der Schienenwege fortgesetzt wird. Rund 1,2 Milliarden € werden wir auch in den nächsten sechs Jahren – das ist vertraglich fixiert – in den Ausbau der Schienenwege stecken, meine Damen und Herren.

Da frage ich mich dann: Was bleibt eigentlich noch übrig von den vielen Vorwürfen, die Sie uns in den letzten Monaten diesbezüglich gemacht haben? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Darüber hinaus wurde auch klargestellt, dass die Strukturreform keine nachteiligen Veränderungen und Leistungsschmälerungen im öffentlichen Verkehr bringen wird. Die entsprechenden Verkehrsleistungsverträge, die die Bahn etwa mit den Gebietskörper­schaften abgeschlossen hat, bleiben selbstverständlich in vollem Umfang aufrecht und werden auch auf die neuen Gesellschaften übertragen. Es werden deshalb aus dieser Strukturreform weder den Gemeinden noch den Ländern irgendwelche zusätzlichen Kosten entstehen, meine Damen und Herren – damit das auch entsprechend klarge­stellt ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Gaßner: Das werden wir sehen! – Abg. Hagenhofer: Warum macht man es dann? Warum wird es dann ge­macht?)

All diese Befürchtungen sind also völlig unberechtigt. Und deshalb ist wahrscheinlich die Vermutung nicht ganz unberechtigt, dass sich die SPÖ-Führung aus Rücksicht eben auch auf ihre sozialistischen Kernwähler (Präsident Dr. Fischer gibt das Glo­ckenzeichen) dieser Reform verweigert hat und ihre auf Kompromisskurs befindlichen Vertreter bei den Verhandlungen wieder zurückgepfiffen hat.

 


Das, meine Damen und Herren, wollte ich Ihnen zu diesem Thema sagen. Und ich bin sicher: ...


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, die Redezeit zu beachten!

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Diese Reform wird die Bahn in eine positive Zukunft führen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Verzet­nitsch zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.18

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Beim Anblick dieses Bildes (der Redner hält eine kleine Tafel mit einer Abbildung und mit der Aufschrift „Reformen für die Bahn“ in die Höhe) würden Eisenbahnkenner wahrscheinlich sagen, dass das ein 40 Jahre alter Triebwagenzug ist, den Sie in die Zukunft schicken wollen. – Aber das sei nur neben­bei erwähnt (Beifall bei der SPÖ), denn auch Herr Klubobmann Molterer hat ja ein Taferl vor sich stehen, auf welchem steht: „Für ein modernes Servicedenken“.

Die ÖVP kommt da schon ein bisschen zu spät, denn den Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern bei der Bahn wird von vielen ... (Abg. Dr. Stummvoll: Zu früh! Laut Gusen­bauer ist es zu früh!) Mit diesem Argument kommen Sie zu spät, Herr Staatssekretär, ah, Herr Kollege. – Sie waren einmal Staatssekretär. (Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Mag. Molterer.) – Herr Kollege, achten Sie darauf, was da drauf­steht! Sie kommen zu spät! (Abg. Dr. Lopatka: Auf dem Taferl steht das nicht!) – Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn haben den Servicegedanken. Was ihnen fehlt, ist die Unterstützung der Politik, damit sie ihn auch umsetzen können! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. – Abg. Dr. Lopatka: Herr Präsident, das steht nicht drauf! – Rufe bei der ÖVP: Lesen Sie! Lesen!)

Der Herr Staatssekretär und Sie genauso bejammern die Kosten, die der Bürger für die Bahn zu bestreiten hat. Wo ist denn Ihr Jammern darüber, dass Sie jedes Jahr mehr als doppelt so viel für die Straße ausgeben? – Da hört man Ihr Jammern nicht!

Herr Staatssekretär, nicht jeder Vergleich ist ein Vergleich, den man anwenden kann, denn Bildung mit dem Verkehr zu vergleichen, das kann nur Ihnen einfallen – uns nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Ein Wiener, den man nicht der Sozialdemokratie und auch nicht den Gewerkschaften zuordnen kann, nämlich Peter Drucker – den Sie ja, so nehme ich an, kennen –, ein Management-Guru, schreibt zur Frage einer Unternehmenskultur:

Das Ziel bestimmt die Strategie. Die Strategie bestimmt die Struktur. Und in der Krise ist eine klare Hierarchie notwendiger denn je. – So weit Peter Drucker.

Was ist Ihre Zielsetzung für die Bahn? Wo ist Ihr Konzept für eine moderne Personen­transportgesellschaft in Österreich? Wo ist Ihr Konzept für eine moderne Infrastruk­tur? – Das finden Sie in diesem Gesetz nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Kästchen zeichnen, aufteilen, das ist Ihre Infrastruktur! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Sie von der Koalition kritisieren den Schuldenberg. Sie haben gerade vorhin darüber geredet, was im Ausschuss gesprochen worden ist. Im Ausschuss ist hauptsächlich von Ihrer Seite gesprochen worden. Im Jahre 2010 wird die Bahn wieder mehr als 10 Milliarden Schulden haben. (Abg. Scheibner: Das sind ja keine neuen Schulden!) Sie verschieben in Wirklichkeit nur die Bezahlung der Infrastruktur auf die Zukunft, da-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 54

mit Sie in ein paar Jahren wieder sagen können, der Koloss Bahn sei unbeweglich und lasse sich nicht reformieren.

Geben Sie der Bahn die notwendigen Mittel, dann wird sie auch erfolgreich für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes tätig sein! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Wo ist denn das klare gesetzliche Bekenntnis zur Infrastruktur und den notwendigen Krediten und die Zinszahlungen? Da herrscht das Prinzip Hoffnung vor. Sie machen Haftungsübernahmen, aber nicht eine Finanzierung der notwendigen Mittel für die Infrastruktur, die durch den Staat auch entsprechend beauftragt werden. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.)

Sie kritisieren Experten, Sie kritisieren Vorstände, Sie kritisieren Aufsichtsräte. Welche wurden denn zur Kritik zugelassen? War es nicht so, dass diese Bundesregierung den vormaligen Generaldirektor Draxler abgesetzt hat, weil er nicht Ihrer Zielsetzung ent­sprochen hat? Ist es nicht so, dass viele Experten in vielen Stellungnahmen – ob das die Wirtschaftskammer ist, ob das die Länder sind, ob das der Rechnungshof ist – Ihnen andere Zielsetzungen empfehlen und nicht das, was Sie uns immer wieder als einzig notwendige Struktur einreden wollen?

Was ist denn mit Herrn Rießberger, der Ihnen ebenfalls klar und deutlich sagt: So nicht!? – Ich könnte jetzt noch Herrn Abgeordneten König, den Sie alle kennen, zitie­ren, der ja sogar einmal Vorsitzender des Verkehrsausschusses war, der mir gestern hier im Haus gesagt hat, er verstehe überhaupt nicht, was da passiert, denn eine Modernisierung der Bahn sei das nicht.

Ich würde mir wünschen, dass jene Aufsichtsräte, die mich heute in der Früh angerufen und gesagt haben: Ein Wahnsinn, was da passiert!, das nicht nur mir sagen – ich habe ihnen das auch am Telefon gesagt –, sondern auch in der Öffentlichkeit auftreten; nicht so wie der Vorstand, der zuerst gegen die Reform ist, dann zum Minister vorgeladen wird und auf einmal für die Reform ist. Der Vorstand schiebt den Mut beiseite, anstatt für eine moderne Bahn einzutreten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Schöls: Sie unterstellen aber den Managern viel!)

Ja, so ist es auch! Damit habe ich auch gar nichts am Hut. Ich liebe Manager, die eine klare Meinung auch dann vertreten, wenn ihnen der Wind ins Gesicht bläst, und nicht dann, wenn es der Minister anordnet. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Herr Staatssekretär Kukacka, eines kann man Ihnen nicht absprechen: Sie sind gegen die Mitbestimmung, Sie sind dagegen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einem Unternehmen mitbestimmen. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Nein!) – Ich werde Ihnen das gleich beweisen. Ich erinnere vor allem all die ÖVP-Abgeordneten, die als Personalvertreter tätig sind, daran, was hier vom Staatssekretär öffentlich kundgetan wird. Da heißt es: Entfesselung des Unternehmens von der Mitbestimmung der Perso­nalvertreter, Aussendung vom 3. Dezember. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Nein!) – Lesen Sie es nach! (Staatssekretär Mag. Kukacka: Richtig zitieren!) – Ich zitiere richtig.

Und weiters: „Die Rückführung der Zustimmungsrechte der Personalvertreter auf jenes Maß, das im Arbeitsverfassungsgesetz für alle österreichischen Betriebe vorgesehen ist, ist auch ein Akt der unternehmerischen Entfesselung und entlässt es auch in diesem Bereich aus dem Korsett der staatlichen Monopolbahn (...).“

Die Personalvertreter mit ihrem Personalvertretungsrecht sollen sich das sehr gut mer­ken! Der nächste Angriff ist auf sie gemünzt, meine sehr geehrten Damen und Herren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 55

Wenn Sie jemandem Privilegien vorwerfen und immer von „Besitzstandswahrern“ re­den, frage ich Sie: Wie ist denn das mit der ÖVP? – Da wird den Eisenbahnern vorge­worfen, dass sie früher in Pension gehen, weil sie ein Lebensarbeitszeitmodell haben, das aber von der Bahn aufgekündigt worden ist, Kollege Schöls. (Abg. Schöls: Ihr habt dagegen gestimmt!) Und die gleiche ÖAAB-Fraktion schlägt jetzt als Modernisierung ein Lebensarbeitzeitmodell vor. Also: für die ÖVP-ler ja, aber für die bei der Bahn Beschäftigten nein! Das wird nicht funktionieren. Das wird nicht gehen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Herr Staatssekretär! Sie sprechen davon, niemand denke an Privatisierung. Was war denn in der ersten Jahreshälfte von Ihrer Fraktion und auch von Ihnen zu hören? – Privatisierung ist nicht ausgeschlossen in dem Konzept. (Abg. Miedl: Da muss man ein Gesetz machen!) Daher: Bleiben wir bei der Wahrheit! Sagen Sie, was Sie wirklich damit wollen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Trinkl.) Eine moderne Infrastruktur, eine moderne Bahn oder deren Zerschlagung, damit man sie privatisieren kann?! Das sollte meiner Meinung nach in der Öffentlichkeit dargestellt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe schon von der Mitbestimmung gesprochen. Wo kann denn der Beweis geführt werden, dass ein Aufstieg in einem Unternehmen nur dann gerecht ist, wenn ihn der Unternehmer alleine definieren kann? Wenn da vielleicht Arbeitnehmervertreter mit­reden können, dann ist das nicht gerecht. – Ihre Diktion, Herr Staatssekretär!

Sie, Herr Staatssekretär, bejammern, dass es so viele Betriebsräte beziehungsweise Personalvertreter bei der Bahn gibt. Ich erinnere Sie persönlich daran, dass Sie im Jahr 1997 mit dem Abgeordneten Feurstein als Minderheitenschutz eine Grenze im Bahn-Betriebsverfassungsgesetz eingezogen haben, damit mehr Minderheiten auch als Personalvertreter berücksichtigt werden können. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Richtig!) 1997! Und heute sagen Sie, das muss sich alles ändern.

Sie vermitteln der Öffentlichkeit auch, dass es weniger Freigestellte geben wird. Heute hat die Bahn 137 Freigestellte. Nach Ihrem Konzept, wenn das beschlossen wird, wird sie in Zukunft 172 Freigestellte haben. (Oh-Rufe und ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Das ist die „Modernität“ der Bahn, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Am 3. Dezember haben Sie ebenfalls behauptet: Endlich wird es dazu kommen, dass die Betriebsführung der Personalvertretung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bezahlt wird, weil hier das Arbeitsverfassungsgesetz wirksam wird. – Erlauben Sie mir, Folgendes zu zitieren: Beistellung von Sacherfordernissen: Für Personalvertreter – im Arbeitsverfassungsgesetz steht für Betriebsräte – sind im angemessenen Ausmaß vom Betriebsinhaber unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. – Also sagen Sie hier nicht, dass Sie das Arbeitsverfassungsgesetz kennen! Ich gebe es Ihnen gerne. Lesen Sie es nach! (Der Redner übergibt dem auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretär Mag. Kukacka ein Schriftstück. – Staatssekretär Mag. Kukacka: Ich kenne das! Wir haben das genau studiert!) Sie werden feststellen, dass die Betriebsführung der Perso­nalvertreter sehr wohl vom Unternehmen zu zahlen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Schluss kommend, halte ich fest, dass Ihre neue Struktur zu folgendem Ergebnis führt: Ein Reisezug soll sich in Bewegung setzen. Dafür sind nach der neuen Struktur die Infrastruktur Betrieb AG, die Personen­verkehr AG, die Technische Services-GmbH, die Traktions GmbH, eine Reinigungs­firma zuständig. Wenn es einen Speisewagen gibt, auch noch Wagons Lits oder andere Gesellschaften. – Das ist die „Modernität“: mehr Häuptlinge, weniger Indianer!

Wenn sie den Fahrplan ändern wollen, sind die Rail Cargo Austria AG, die Personen­verkehr AG, die Infrastruktur Betrieb AG zuständig, die Infrastruktur Bau AG und die Traktions GmbH zuständig. – Mehr Häuptlinge, weniger Indianer! (Abg. Silhavy: Un­glaublich!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 56

Für die Behebung von Betriebsstörungen sind in Hinkunft die Infrastruktur Betrieb AG, die Infrastruktur Bau AG, die Rail Cargo Austria AG, die Personenverkehr AG und wiederum die Traktions GmbH zuständig. – Mehr Häuptlinge, weniger Indianer!

Das ist Ihr Konzept, aber nicht unseres, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen einen modernen Personenverkehr. Wir wollen ein Angebot für Kunden. Wir wollen ein Angebot für die Wirtschaft, das zu einer modernen Bahn führt, und nicht eine Zerstückelung, die tatsächlich mehr Häuptlinge und weniger Indianer, die Kunden lukrieren können, bedeutet. (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall der Grünen. – Abg. Scheibner: Mehr Partei, weniger Dienstleistung!)

11.28

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Reg­ler. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.29

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Reformen braucht die Bahn – ÖVP“ vor sich auf das Rednerpult.) Wir haben heute eine Vorlage zu behandeln, mit der wir in Hinkunft eine wettbewerbsfähige Bahn haben wollen, eine Bahn, die sicher, schnell, sauber und serviceorientiert arbeitet. Diese Vorlage erfüllt unserer Meinung nach ein­deutig all diese Vorgaben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Ich möchte es heute nicht verabsäumen, mich bei allen Österreicherinnen und Öster­reichern herzlich dafür zu bedanken, dass sie uns jährlich 4,4 Milliarden € zur Ver­fügung stellen, damit wir unsere Bahn bezahlen können, und zwar vom kleinsten Baby bis zur Urgroßmutter. Ein herzliches Danke an alle Steuerzahler! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Mein weiterer Dank geht aber ganz besonders an die Autofahrer. Herr Präsident Ver­zetnitsch hat gesagt: Es wird so viel mehr in die Straße investiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die kraftfahrspezifischen Steuern, von der Mineralölsteuer bis zur Vignette – im nächsten Jahr kommt noch Road Pricing dazu –, bringen im Jahr Einnah­men in der Höhe von 6,3 Milliarden €. Also 85 Milliarden Schilling werden hier bezahlt.

Davon geht 1 Milliarde € an die ASFINAG, vielleicht noch maximal 1,5 Milliarden € – das hängt vom Finanzausgleich ab – an die Länder, und alles andere dient zur Finan­zierung unserer Bahn. Das muss auch einmal gesagt werden. Daher ein Danke an alle, die das bezahlen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Mathematik: Nicht genügend!)

Ich möchte mich auch bei Hubert Gorbach und Helmut Kukacka sehr herzlich für diese Vorlage bedanken. Einen ganz besonders schweren Stand hatte hier Helmut Kukacka, der persönlich diffamiert wurde und dem immer vorgeworfen wurde, er wolle das Unter­nehmen mit der Hacke zerschlagen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen Sie Helmut Kukacka an! Trauen Sie ihm zu, dass er mit der Hacke etwas Wertvolles zerschlägt? Ich glaube nicht. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Ihre Argumentation war: zerschlagen, verscherbelt, privatisiert – pfui Teufel! – und finanziell ausgehungert. Schauen wir uns einmal an, was Sache ist! Was passiert wirk­lich? – Wir gründen eine ÖBB-Holding AG. Ich war immer ein Anhänger einer Holding­lösung bei der Bahnreform, das habe ich immer gesagt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das glaube ich!) Diese Holding steht zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes. Das be­schließen wir heute, das steht im Gesetz. Das hat genau dieselbe Sicherheit wie das


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 57

derzeitige Bundesbahngesetz, in dem steht, die ÖBB sind im Eigentum des Bundes. Hier ändert sich also nichts.

Das Hohe Haus, die Repräsentanten des Volkes müssten eine Änderung beschließen, anders ginge es gar nicht. Also hören Sie bitte mit diesem Märchen einer Verscherbe­lung an vielleicht Günstlinge der Koalitionsparteien auf! Die ÖBB-Holding bleibt 100-prozentig im Eigentum des Staates.

Es gibt vier operative Töchter. Warum gibt es vier operative Töchter? (Abg. Gradwohl: Mehr Häuptlinge, weniger Indianer!) Weil es verschiedene Aufgaben gibt, völlig ver­schiedene Aufgaben. Die Töchter werden von der Holding durch personelle Verflech­tungen, durch den Eintritt der Vorstände der Holding in die Aufsichtsräte der Töchter, gesteuert. Wir haben diese Steuerungsinstrumente eingebaut, damit wir zu einem guten Ergebnis kommen.

Schauen wir uns einmal die erste operative Gesellschaft, die Personenverkehr AG an! Diese ist sicherlich für die Österreicherinnen und Österreicher ganz besonders wichtig. Diese AG wird entschuldet, also auch die Schulden, die jetzt im Absatzbereich da sind, wandern in die Infrastruktur Bau AG. Das heißt, es kann zu keiner Verteuerung kom­men, weil ja eine Entschuldung stattgefunden hat. Die Leistungsverträge, die mit den Verkehrsverbünden bestehen, bleiben aufrecht. Die Bahn erfährt also keine Schlech­terstellung.

Es soll sogar besser werden, wesentlich besser. Der Fahrgast soll in Hinkunft niemals das Gefühl haben, dass er der „Störfall“ ist. Derzeit hat man manchmal das Gefühl, als wollte man Eisenbahn im Maßstab eins zu eins spielen, und der „Störfall“ ist der Fahrgast, der da noch einsteigen will. Und was macht man dann am besten? (Abg. Mag. Trunk: Das ist unerhört! – Ruf bei der SPÖ: Frechheit!) – Am besten ist, dass man gar nicht stehen bleibt.

Schauen Sie sich die Verbindungsbahn in Hietzing, in meinem Bezirk, an! So lange kämpfen wir bereits um die Wiedererrichtung der zwei Perrons bei der Hietzinger Hauptstraße in Unter St. Veit. – Nein, die Schnellbahn fährt vorbei! Der Bürger, der ein­steigen will, sieht, dass sie fährt. Er hört, dass sie fährt, aber er darf nicht einsteigen. Wenn sie stehen bleiben würde, würde er ja einsteigen.

Oder – ein zweites Beispiel –: die Station Unter-Döbling. Als man die Vorortelinie wie­der errichtet hat, wurde die Station Unter-Döbling nur zur Hälfte errichtet. Bis jetzt ist sie noch nicht fertig gestellt. Das kostet einen Pappenstiel, bitte! Warum wird sie nicht fertig gestellt? – Es könnte ja dann ein Fahrgast einsteigen, man müsste stehen blei­ben. Das könnte den Fahrplan durcheinander bringen. Das ist keine kundenorientierte Bahn!

Ich wundere mich immer nur, dass Bürgermeister Häupl diesem Unfug überhaupt zu­schaut und nicht schon längst einen entsprechenden Vertrag mit den ÖBB abgeschlos­sen hat, dass diese Stationen wieder errichtet werden. (Abg. Scheibner: Dafür hat er die Einigung verhindert!)

Die zweite AG ist die Güterverkehr AG. Wir hoffen alle, dass die Güterverkehr AG einen merkbaren Anteil am Verkehrszuwachs bewältigen kann, vor allem im Transitver­kehr, wo an langen Strecken viel zu verdienen ist, wo sie bald auch im großen Wett­bewerb stehen wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das macht höhere Kosten!) – Und damit die Kosten nicht steigen, haben wir zugesagt, dass die gemeinwirtschaftlichen Leistun­gen weiterhin abgegolten werden. 585 Millionen €, 8 Milliarden Schilling, werden den ÖBB pro Jahr an gemeinwirtschaftlichen Leistungen abgegolten. Der Herr Verkehrs­minister, der Herr Staatssekretär haben gesagt, das wird auch in Zukunft so sein. Ich hoffe, dass damit diese beiden operativen Töchter ausgeglichen bilanzieren können.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 58

Sie fragen: Was ist mit der Infrastruktur? Sie vergleichen uns immer mit England. Der Fehler in England war, dass man versucht hat, die Infrastruktur zu privatisieren, und es auch getan hat. Das ist schief gegangen. Die beiden AGs, Infrastruktur Betrieb AG und Infrastruktur Bau AG, sind ebenfalls 100-prozentige Töchter der Holding und mit 100 Prozent im Eigentum des Staates. Das wird auch so bleiben!

Sie werden auch nicht finanziell ausgehungert. 1 Milliarde €, 14 Milliarden Schilling, wird jährlich direkt zugeschossen, und für 1,2 Milliarden €, 16 Milliarden Schilling, wird die Bundeshaftung übernommen. Das heißt, 30 Milliarden Schilling, 2,2 Milliarden €, stehen jedes Jahr für die Infrastruktur zur Verfügung.

Wenn Sie nur von Zerschlagung reden, so sage ich Ihnen: Wir führen die HL-AG, die Hochleistungsstrecken AG, und die Schieneninfrastrukturfinanzierungs-Gesellschaft zusammen. Diese werden jetzt mit der Infrastruktur Bau AG verschmolzen. Hier wird zusammengeführt, was sinnvollerweise zusammengehört.

Hohes Haus! Damit kann auch der Ausbau des Schienennetzes weiterhin finanziert werden. Wenn Sie sagen, das sei nicht sichergestellt – vor allem die Grünen bejam­mern das immer –, sage ich, es ist vollkommen klar: Die Schieneninfrastruktur wird durch den Staat ausgebaut. Das bezahlt der Staat. 30 Milliarden €, über 400 Milliarden Schilling, sind dafür im Generalverkehrsplan vorgesehen. Das ist viermal so viel wie für das hochrangige Straßennetz und doppelt so viel, wenn ich noch das niederrangige Straßennetz der Länder einrechne.

Über die Entschuldung ist schon gesprochen worden. 6,1 Milliarden €, 84 Milliarden Schilling, übernehmen wir heute zum Bund, damit die ÖBB entschuldet werden. Das ist wirklich viel Geld für die Bahn. (Abg. Oberhaidinger: Mehr Häuptlinge und weniger Indianer!)

Hohes Haus! Ich komme zum Schluss: Noch niemals in der Geschichte Österreichs ist für den Ausbau der Bahn so viel Geld (Abg. Dr. Lichtenberger: Verschleudert wor­den!) zur Verfügung gestanden wie jetzt und in den kommenden Jahren, in denen es mit dieser Koalition gut geht. Die ÖBB haben in dieser Konstellation wirklich gute Karten. Ich garantiere Ihnen, diese Bundesregierung und diese Abgeordneten der Koalition werden unsere Bahn sicher nicht im Stich lassen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.38

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


11.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, was sich die Zuschauer, Zuschauerinnen, die ZuhörerInnen bei dieser De­batte denken werden. Ich weiß es wirklich nicht. (Abg. Scheibner: Oje, der Öllinger!)

Ist es eine Hilfe für die ZuschauerInnen, auch hier auf der Galerie, wenn etwa ÖVP-Generalsekretär Kukacka stolz die Zukunft der Bahn beschwört und dabei immer nur von der Vergangenheit, nämlich vom „Konsum“, spricht? (Abg. Scheibner: Meinen Sie Kukacka oder Lopatka?) Was hilft das, das Unternehmen, die Reform bei der ÖBB durchzuführen, zu verstehen?

Herr Abgeordneter Regler, Sie sagen: Ich stelle Ihnen jetzt die Unternehmensstruktur dar, und skizzieren es kurz, nämlich die vier AGs, die unter der Holding gebildet wer­den. Und zeitlich schaffen Sie es gar nicht mehr, die zahlreichen GmbHs, die noch da­zu gegründet werden und die auch noch in Zukunft gegründet werden müssen, damit sie die Defizite, die sich aus den AGs ergeben, auffangen, etwa Infrastruktur Bau und Infrastruktur Betrieb bei der Vergabe von Aufträgen, darzustellen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 59

Zeitlich schaffen Sie es gar nicht mehr, das darzustellen, aber ich hoffe, dass jeder oder jede den richtigen Eindruck von dem, was diese Darstellung gezeigt hat, gewinnt.

Das ist ja ein Wahnsinn, der da abläuft! (Abg. Dr. Fekter: Es ist sinnvoll!) – Fünf AGs und zahlreiche GesmbHs! Für jeden Arbeitsschritt innerhalb dessen, was man dann gar nicht mehr als ÖBB bezeichnen kann (Abg. Mag. Mainoni: Ist das ein Problem?), sondern was viele einzelne Unternehmen sind, ist das Zusammenspiel zwischen vielen selbständigen Unternehmen notwendig, die alle ihre Eigeninteressen geltend machen werden, die alle ein unterschiedliches Interesse in diesem Zusammenspiel haben. (Abg. Mag. Mainoni: Sie haben halt von Wirtschaft keine Ahnung!) In Anbetracht des­sen stellt sich der Verkehrsminister her und sagt: Das wird funktionieren! Da kann ich nur sagen: Hoffen wir, dass es funktioniert! Aber wie es funktioniert, Herr Verkehrs­minister, das haben Sie uns verschwiegen. (Abg. Dr. Fasslabend: Besser! – Abg. Mag. Mainoni: Reden Sie vom Demonstrieren oder von sonst etwas, aber nicht vom Wirtschaften!)

Herr Verkehrsminister! Ich glaube, es ist schon auch wichtig, dass nicht nur die Abge­ordneten, sondern auch die Zuschauerinnen und Zuschauer erfahren, was es mit Ihren Zahlen auf sich hat. (Abg. Scheibner: Er ist kein Fernsehsprecher!) Sie waren bis heute nicht in der Lage, konkrete Zahlen zu nennen. Einsparung durch die so genannte Reform: 1 Milliarde €. Sie waren nicht in der Lage, die Zahlen dazu zu liefern. Aber was haben Sie gesagt, als die Abgeordneten versucht haben, die Konkretisierung dieser Zahlen von Ihnen zu erhalten? Sie sagten, in diesem Haus würden manche Abgeord­nete an übertriebenem Informationsbedürfnis leiden. – Das ist die Einstellung des zu­ständigen Verkehrsministers und Vizekanzlers zum Recht der Abgeordneten auf Infor­mation! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein bisschen übertrieben sei das Informationsbedürfnis, meinten Sie. Sie hätten es wohl lieber nach dem Prinzip: Schmecks!, aber das spielt es nicht, Herr Vizekanzler. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Sie waren keine Minute im Unterausschuss!)

Herr Staatssekretär Kukacka! Ich brauche dazu nicht im Unterausschuss zu sein, denn ich habe gute Informationen von meinen Kolleginnen und Kollegen. Außerdem lässt sich das auch über die APA nachlesen. – Zu Ihren Zitaten komme ich gleich im An­schluss.

Aber gestatten Sie mir davor noch einen Hinweis, Herr Vizekanzler, weil es jenseits der Frage, ob Sie ausreichend informieren können und wollen, nicht unwesentlich ist; es ist schon einmal angesprochen worden. In der Gesamtbetrachtung ist es nicht unwichtig.

Sie haben von der „roten Bahn“ gesprochen. Glauben Sie mir, Herr Vizekanzler (Ruf bei der ÖVP: Von roten Zahlen!) – nein, nein, von der „roten Bahn“ ist gesprochen wor­den! –, mir ist es relativ egal, ob die Bahn rot, blau, schwarz, grün oder orange ist, solange die Bahn gute Leistungen erbringt, aber das, was man aus Ihrer Wortmeldung erkennen kann, das ist das dahinter liegende Motiv bei dieser Regierungspolitik.

Über 40 Jahre haben Rot und Schwarz gemeinsam die Verkehrspolitik in diesem Land zu verantworten gehabt. (Ruf bei der ÖVP: Rot!) Jetzt wird da gegenseitig hin und her gefetzt, so, als ob die ÖVP bei dieser Verkehrspolitik nie dabei gewesen wäre. Das stimmt doch nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie haben auch die letzten 40 oder 50 Jahre zu ver­antworten, abgesehen von wenigen Unterbrechungen, und man wird den Eindruck nicht los – und ich glaube, er stimmt –, dass das, was Sie von ÖVP und FPÖ betrei­ben, Macht- und Rachepolitik am Beispiel der Österreichischen Bundesbahnen ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 60

Herr Abgeordneter Grillitsch! Ich könnte Ihnen viele Belege dafür bringen. (Abg. Gril­litsch: Na bringen Sie sie!) Nicht nur am Beispiel der Österreichischen Bundesbahnen machen Sie das. Ich belege es nicht nur am Beispiel der Bundesbahnen. (Abg. Gril­litsch: Nicht so viel Polemik!)

Ich halte es wirklich für fatal, dass wir, egal bei welchen Themen – Pensionen, ÖBB –, an die Frage herangehen mit dem Prinzip Rache oder, als zweites, mit dem Prinzip Macht. (Abg. Scheibner: Wo? Bringen Sie ein Beispiel!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Frühjahr hatten die ÖBB in ihrer Mitarbei­terInnenzeitung einen Artikel, und da wurde für die Bahn-Anleihe mit der Aufforderung „Zeichnen Sie jetzt!“ geworben. (Der Redner hält eine Kopie des genannten Artikels mit der Überschrift „Bahn-Anleihe: Zeichnen Sie!“ in die Höhe.) Das war im März. – Im Mai sagte derselbe Herr Staatssekretär, der jetzt davon spricht, dass das Unternehmen fast vor dem Konkurs steht, dass es konkursreif wäre, wäre es ein privates Unterneh­men ... (Staatssekretär Mag. Kukacka: Wäre es eines – ja, richtig!) Ja, das ändert nichts, Herr Kukacka! (Staatssekretär Mag. Kukacka: Weil es nicht 2 Milliarden Staats­zuschuss gäbe!)

Also derselbe Herr Staatssekretär sagte im Mai: Diese Bahn ist konkurrenzfähig und kundenorientiert! (Der Redner hält wieder eine Kopie eines Zitats mit der Überschrift „Konkurrenzfähig und kundenorientiert“ in die Höhe.) Er wundert sich immer wieder, wie gut diese Bahn funktioniert, und sagt, sie sei auf dem besten Weg.

Was entnehmen wir der Darstellung des Verkehrsministers und des Staatssekretärs und der Regierungsabgeordneten? (Abg. Mag. Mainoni: Wo ist da die Rache?) – Diese Bahn ist nicht serviceorientiert, sie leistet nichts, sie hat hohe Sozialleistungen, sie ist unfähig, sie kann nicht die Zukunft bewältigen, weil es so viele Gewerkschafter drinnen gibt, die auf der falschen Seite stehen, und weil die GewerkschafterInnen ihre alten Sozialleistungen verteidigen. (Abg. Mag. Mainoni: War das jetzt ein Beweis? Wo ist der Rachegedanke? Das ist kein Beweis!)

Der Herr Kollege Kukacka hat im Herbst davon gesprochen, diese Bahn wäre konkurs­reif, würde sie wie ein privates Unternehmen geführt. – Das sagt Kukacka als Eigen­tümervertreter und als einer, der noch wenige Monate davor bei Kunden und bei Mit­arbeitern geworben hat, eine Anleihe für ein Unternehmen zu zeichnen, das folgender­maßen beschrieben wird: Sowohl die Bank Austria als auch die BAWAG stufen die Bonität der ÖBB in ihren bankinternen Ratings sehr hoch ein. (Staatssekretär Mag. Ku­kacka: Weil der Bund zahlt!)

Interessant! – Was gibt es für einen Grund für den Staatssekretär, für den Verkehrs­minister, für die Abgeordneten von den Regierungsparteien, die Bahn schlechtzureden: die Erfolge, die sie in den letzten Jahren am Beispiel Güterverkehr geleistet hat? Im Personenverkehr schaut es leider anders aus, das gebe ich zu, aber die Entwicklung im Güterverkehrsbereich war eine positive. Doch denjenigen Generaldirektor, der dafür verantwortlich war – und ich muss sagen: ich befürworte nicht alle seine Schritte –, haben Sie gekündigt, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich frage noch einmal: Was läuft hier ab, meine sehr geehrten Damen und Herren? Was bringt diese Bahn?

Wir wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht eine Bahn, die wie eine Hochschaubahn oder an der Börse agiert, sondern wir wollen eine Bürger- und Bürge­rinnenbahn, die den Kunden verpflichtet ist, die tatsächlich den Verkehr von der Straße auf die Schiene bringt, und zwar mit klar erkennbaren Zielen und Angaben, innerhalb welcher Zeiträume wie viel davon bewältigt werden kann. Das würden wir uns als


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 61

Unternehmenskonzept vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Was läuft aber ab? Was wissen wir jetzt schon? – Mehr Jobs im Management und in den Aufsichtsräten, weil sich diese vervielfachen, aber ein massiver Abbau beim Per­sonal.

Mehr Jobs bedeuten aber auch mehr Spitzengehälter und Tantiemen für die Aufsichts­ratsvorsitzenden, für die Aufsichtsräte. Das heißt aber auf der anderen Seite – und das haben Sie auch schon gesagt – schlechtere Sozialleistungen.

Was heißt Ihr Konzept weiter? – Viele neue Honorare für die Unternehmensberatungen in den neu zu gründenden Unternehmen. Eine ganze Branche kann sich tatsächlich freuen, dass das kommt, was Sie machen, was Sie jetzt beschließen wollen, nämlich die Unternehmensberatungen. Die haben tatsächlich jetzt eine frohe Zukunft vor sich (Abg. Scheibner: Ist das die Rache?), aber auf der anderen Seite läuft die Massen­flucht von qualifizierten Leuten.

Was läuft weiter ab? (Abg. Scheibner: Die Redezeit ist schon abgelaufen!) – Investi­tionen in Fernstrecken, aber Ausdünnung des Netzes und Verluste beziehungsweise Einschränkungen im Nahverkehr. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese so genannte Reform der Bahn, die kommt uns teuer zu stehen, und wir werden wahrscheinlich in wenigen Jahren ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... viel daran zu arbeiten haben, diesen Scherbenhaufen, den Sie angerichtet haben, aufzuräumen und die Scherben wieder zu kitten. Aber: Die Kosten sind sehr hoch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung liegt vor von Frau Abgeord­neter Dr. Bleckmann. – Bitte.

 


11.50

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Öllinger, Sie agieren hier mit ungeheuerlichen Vorwürfen bezüglich irgendwelcher wie immer gearteter In­teressen, bringen aber keinen einzigen Beweis, keine Beispiele dafür. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist nun einmal die Art und Weise, wie Sie argumentieren, näm­lich Unterstellungen in den Raum zu stellen, aber keine Beweise zu bringen. Ich be­tone nochmals: Das ist die Art und Weise, wie Sie argumentieren. (Abg. Öllinger: Wo denn? Sie machen das Unternehmen schlecht!)

Eines können wir Ihnen aber garantieren: Die rote Bahn – und das ist beweisbar – schreibt leider rote Zahlen, und wir werden Ihnen beweisen, dass wir in der Zukunft schwarze Zahlen schreiben können (Abg. Öllinger: Uns wird schwarz vor den Augen!), weil wir einen blauen Verkehrs- und Zukunftsminister haben. Das werden wir Ihnen be­weisen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden den Beweis dafür erbringen!

Ich beginne mit einem Zitat, das mich heute in der Früh – vielleicht ist das auch auf die Morgenstunde zurückzuführen – eigentlich erschüttert hat. Dass der Vorsitzende der Sozialdemokraten die ÖBB als Würstelbude bezeichnet hat, zeugt von einem Ver­ständnis ... (Abg. Eder: Sie gehen damit um wie mit einer Würstelbude, hat er ge­sagt! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Er hat die ÖBB mit einer Würstel-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 62

bude verglichen. Sie können es nachlesen, ich habe es mir aufgeschrieben. Das ist die Wertschätzung, das Verständnis, das Sie von der Sozialdemokratie den ÖBB entge­genbringen, nämlich als eine Würstelbude sehen Sie die ÖBB!

Weiters ist das auch noch eine sehr teure „Würstelbude“, die 4,4 Milliarden € an Zu­schuss pro Jahr benötigt, und wenn nichts getan wird, dann werden das im Jahr 2010 5,1 Milliarden € sein. Allein im Jahr 2002 waren es 9,7 Milliarden € Verschuldung. Im Jahr 2003 werden es mehr als 10 Milliarden € Verschuldung sein – dieser „Würstel­bude“, wie Sie es nennen. Ich muss sagen: Es ist eine sehr, sehr teure „Würstelbude“. (Abg. Dr. Kräuter: Sie haben vier Minister in eineinhalb Jahren verbraucht! Sprechen Sie dazu!)

Das sind Zahlen, die nicht auf freiheitliche Regierung zurückzuführen sind, sondern das sind Zahlen, die darauf zurückzuführen sind, dass Sie schlecht gewirtschaftet haben, dass Sie es nicht geschafft haben, die Verschuldung einzubremsen, dass Sie jahrzehntelang zugeschaut haben und Wirtschaft à la Sozialdemokratie betrieben haben, nach dem Motto: Wir geben das Geld aus in großen Zügen, zahlen wird es eh der Papa Staat, denn der hat es ja! Das hat zur Folge, dass die ÖBB jeden einzelnen Österreicher und Österreicherin 525 € kostet. (Die Rednerin stellt einen aus Karton ge­fertigten fiktiven 525-€-Schein vor sich für alle Abgeordneten sichtbar auf das Redner­pult.)

Ich betone: Jeden einzelnen Österreicher und jede einzelne Österreicherin kosten die ÖBB das – ganz egal, ob er deren Dienstleistungen in Anspruch nimmt, ganz egal, ob er überhaupt in die Nähe eines Zuges beziehungsweise der Bahn kommt. Das sind die Kosten, die anstehen, und das darf man doch nicht so einfach vom Tisch wischen. Da können Sie doch nicht einfach sagen: Wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist! – Das ist realitätsfremd! Das ist das, was Sie jahrzehntelang gemacht haben: realitätsfremd agieren, wenn es um Kosten und um Schulden geht! Sie haben es nicht geschafft, die Schulden abzubauen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Schauen wir uns einmal die Zahlen näher an! – 45,6 Prozent der Gesamterträge erhal­ten die ÖBB und damit den höchsten Subventionsanteil in Europa. Ein Vergleich dazu: Die Schweizer Bahn liegt bei 30,4 Prozent Subventionsanteil, die Deutsche Bundes­bahn bei 28,5 Prozent, die Norwegische Bahn bei 21,2 Prozent.

Kollege Verzetnitsch, Sie brauchen sich keine Sorgen bezüglich Privatisierung zu machen. Solch ein Unternehmen wird niemand kaufen, wird der Regierung niemand abkaufen. Es wäre schön, wenn es einen Sponsor gäbe, aber Sie haben immer nur gesagt, der Sponsor ist der Vater Staat, der ohnehin für alles aufkommt. Ich kann Sie daher beruhigen und Ihnen sagen: Eine Privatisierung steht sicherlich nicht zur Diskus­sion, denn das wird sich kein Unternehmer leisten können, was sich der Staat jahr­zehntelang unter der sozialdemokratischen Ägide geleistet hat! (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist die Haltung der SPÖ schon sehr interessant – und das muss aufgezeigt wer­den –, denn es hat am Anfang der Diskussion beziehungsweise zu Beginn der Ver­handlungen im Ausschuss eine Bereitschaft seitens der Abgeordneten gegeben, zu einem konstruktiven gemeinsamen Weg im Sinne der ÖBB und der Bediensteten dort zu gelangen. Doch kaum ist der Obmann von seinem Urlaub in Amerika zurückgekehrt, war alles anders, da hat das nicht mehr sein dürfen. Offensichtlich hat man aus partei­taktischen Gründen die Überlegung angestellt: Das bringt uns nichts als Opposition, wenn wir da der Regierung zustimmen und sagen, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen! Das bringt einer Opposition parteipolitisch überhaupt nichts!

Genauso hat es dann der Obmann gehandhabt, nämlich: Alles wieder zurück in die andere Richtung, zurück wieder zu der Taktik: Nichts ist gut, was die Regierung macht!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 63

Ja keine Reformen! Ja weiterhin Stillstand bei den ÖBB! – Das ist die Haltung, die auf einmal nach der Rückkehr des Parteiobmanns der SPÖ aus dem Urlaub eingenommen worden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ich würde Sie schon auffordern ... (Abg. Dr. Matznetter setzt sich nach vorne in die dritte Reihe.) Ja, kommen Sie nur herunter, Herr Kollege! – Ich fordere Sie auf: Kehren Sie wieder zurück zu einer sachlichen, konstruktiven Mitarbeit, denn die würde den Mit­arbeiterinnen und Mitarbeitern in den ÖBB und auch dem österreichischen Staat etwas bringen.

Meine Damen und Herren! Es ist ja nicht nur die Rolle und Haltung der Sozialdemo­kratie interessant, sondern auch die Rolle der Gewerkschaft. Es sitzen hier auch einige Gewerkschafter in den Reihen der Sozialdemokratie, und zwar sind die Plätze der Ge­werkschaft prominent besetzt. Wenn Teile der SPÖ die Gewerkschaft als dritte Säule der Sozialdemokratie bezeichnen, dann ist klar, was seitens der Gewerkschaft be­zweckt wird, nämlich die Sozialdemokratie zu stärken. Da meine ich schon, dass es nicht sinnvoll ist, weiterhin Streiks „anzuhaberzetteln“, sondern vernünftiger wäre es, wenn auch die Gewerkschaft ihren Anteil dazu liefern würde, dass die Arbeitsplätze, vor allem auch jene bei den ÖBB, in Österreich gesichert sind. Wie kann man das machen? – Das weiß jedes Unternehmen, das zu wirtschaften weiß. Man kann Arbeits­plätze vor allem damit schaffen, dass die Kunden zufrieden gestellt werden. (Abg. Silhavy: Durch Personalabbau! – Abg. Broukal: Sie wollen 12 000 Arbeitsplätze ab­bauen!)

Sie sagen, ein Personalabbau dürfe es nicht sein. – Fragen Sie einmal ein Unterneh­men, wie es vorgeht, wenn es da etwas tun muss! Da muss es ein gutes gemeinsames Maßnahmenpaket geben, und das muss auch gemeinsam mit dem Personal gemacht werden. Die Personalvertreter in den Unternehmen, die vom Staat nicht beeinflusst sind, wissen, dass sie gemeinsam mit ihrem Unternehmen vorgehen müssen, denn nur dann sind die Arbeitsplätze gesichert. Aber die Gewerkschaft sieht das – vor allem bei den ÖBB! – anders und handelt nach der Devise: Wir sichern unsere eigenen Arbeits­plätze, unsere Gewerkschaftsarbeitsplätze dann, wenn es keine Reformen gibt! – Die eigenen Arbeitsplätze sind vielleicht gesichert, aber nicht die der kleinen ÖBBler, die nicht freigestellt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Arbeitsplätze sind dann nicht gesichert, denn mit dem Streik schaden Sie – und das wissen Sie – vor allem dem Unternehmen ÖBB, weil sich die Kunden dann abwen­den und sagen werden: Wenn keine Züge mehr fahren, dann weichen wir auf die Straße aus! Genau das, was Sie kritisiert haben, wird dann passieren, dass sich eben mehr Menschen der Straße bedienen werden.

Sie schaden damit dem Unternehmen ÖBB, und Sie schaden damit auch der Republik Österreich, denn das Eigentum an den ÖBB hat die Republik Österreich – und nicht die Gewerkschaft! Das müssen Sie auch einmal erkennen! Ich wiederhole: Nicht die Gewerkschaft hat das Eigentum an den ÖBB! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir wollen ein modernes, dynamisches, neues System in den ÖBB. Wir wollen die Schaffung einer modernen, wettbewerbsfähigen und transparenten Unternehmens­struktur in den ÖBB. Wir wollen die Senkung des Zuschussbedarfs, damit es zu einer Entschuldung kommt. Wir wollen die Schaffung von rechtlichen Grundlagen in der Organisation, um besser agieren und handeln zu können. Wir wollen die Entflechtung der bisher sehr komplizierten Finanzierungsströme, um das Unternehmen entschulden zu können und um auch maastrichtkonform vorgehen zu können. Das alles wollen wir, um eine positive Zukunft in der Bahn zu erreichen. Wir wollen die Bahn pünktlich,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 64

schnell, sauber und sicher machen, um sie damit in eine positive Zukunft in das 21. Jahrhundert zu führen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.59

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Vizekanzler Gorbach. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


11.59

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätzte Zuhörerinnen und Zuhörer! Es ist mir ein Bedürfnis, zu ein paar schweren Vorwürfen, die hier jetzt erhoben wurden, Stellung zu nehmen. Auf alle kann ich nicht eingehen, denn das würde die Redezeit wieder sprengen, aber zu einigen gravierenden möchte ich doch ein paar Bemerkungen machen und meine Meinung dazu deponieren.

Zum einen: Was die Rechnungshofkritik betrifft, können Sie sicher sein, dass diese Kritik sehr ernst genommen wird, weil ich nicht nur den Rechnungshof als Institution, sondern auch dessen Herrn Präsidenten sehr schätze. Ich bin mit ihm diesbezüglich auch in Kontakt und bitte schon um Nachsicht, dass jene Unterlagen, die wir dem Rechnungshof letzte Woche zur Verfügung gestellt haben, nachdem es zu einem Treffen und zu einer Aussprache auch zwischen Beamten gekommen ist, natürlich nur den interessierten Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden können, und zwar so, wie wir es auch schon im Unterausschuss getan haben.

Sie haben jene Unterlagen, die Sie wollten, bekommen – und Sie bekommen auch zu­sätzliche Unterlagen. Ich habe dazugesagt, und zwar mehr als einmal: Wer zusätz­liche Unterlagen möchte, möge diese anfordern! Wir wollen da zwar nicht unbedingt eine Papierflut herumsenden, haben aber überhaupt nichts zu verbergen.

Im Übrigen: Dass ich die Argumente mit dem Rechnungshof zuerst intensiv auf Fach­ebene austausche, bevor ich das über die Medien tue, entspricht eben dem Niveau, das ich mir in einer so wichtigen Diskussion über ein so wichtiges Unternehmen, wie es eben die ÖBB sind, vorstelle. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ganz grundsätzlich kann ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren, dass diese Ein­sparung von 1 Milliarde € keine Erfindung der Politik ist, sondern im Wesentlichen auf einem Programm des jetzigen Vorstandes beruht, nämlich auf dem Programm „Power 2005“. In Kombination mit diesem Programm und Änderungen im Dienstrecht werden entsprechende Einsparungen, Rationalisierungseffekte, aber auch, meine Damen und Herren von der SPÖ – und das scheint ja geradezu ein Fremdwort für Sie geworden zu sein –, Umsatzsteigerungen und dadurch ein gesteigerter Erlös erzielt werden können, etwas, das eben eine Rolle spielt in der neuen Rechnung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Der Grasser hat ...!)

Unbestritten, meine Damen und Herren, ist, dass ohne Reform im Jahre 2010 ein Zu­schussbedarf in Höhe von 5,1 Milliarden € gegeben wäre – das ergibt sich aus dem heutigen Zuschussbedarf in Höhe von 4,4 Milliarden € plus 0,7 Milliarden € zusätzlich auf Grund von Mehrkosten beim Personal, Mehrkosten beim Sachaufwand, infolge Zinskosten sowie eines Umsatzrückganges! (Abg. Eder: Das ist reine Theorie!) Das ist von mehreren unabhängigen Wirtschaftsprüfern bestätigt worden!

Meine Damen und Herren! Einsparungen in der Höhe von 700 Millionen € resultieren aus solchen beim Personal, beim Dienstrecht sowie aus Einsparungen beim Sachauf­wand; hingegen haben wir eine Umsatzsteigerung von etwa 0,3 Milliarden €. Das sind zusammen 1 Milliarde €. Daraus ergibt sich für das Jahr 2010 ein Zuschuss von 4,1 Milliarden € – gegenüber 5,1 Milliarden €, die sich aus der anderen Rechnung ergeben. Differenz: 1 Milliarde €.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 65

Jetzt sage ich Ihnen auch dazu, was ich bereits im Ausschuss erklärt habe – und alle, auch Sie von der SPÖ, haben genickt; wahrscheinlich weil die Öffentlichkeit nicht dabei war –: Das ist eine Zielvorgabe, das ist ein Ziel, das angestrebt wird! Bei 1 Milliarde € an Einsparung und Mehrerlösen kann man das doch nicht sozusagen auf Punkt und Beistrich genau auf sieben oder acht Jahre hinaus prognostizieren! Wenn Sie das können, Herr Abgeordneter Eder, dann bleiben Sie hier im Hohen Haus, aber gehen Sie auch zum Zirkus oder zu den Wahrsagern ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, bitte! Bitte! (Abg. Dr. Cap: Ordnungsruf, Herr Prä­sident! – Abg. Eder: 12 000 Leute entlassen Sie! Das ist die Realität! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder – in Richtung Vizekanzler Gorbach –: Das können Sie in Vorarlberg erzählen, im Landtag vielleicht ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach (fortsetzend): Dann wären Sie nämlich ein Zauberer, Herr Abgeordneter Eder! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Entschuldigen Sie sich gefälligst! – Gegenruf bei den Freiheitlichen: Ja wofür denn?)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Vizekanzler! Ich bitte Sie um Verständnis für die Haltung der Präsidialkonferenz, dass wir das hier anders handhaben! Man kann einem Abgeordneten nicht sagen, er soll „zum Zirkus gehen“, das muss ich wirklich deutlich sagen! (Rufe bei der SPÖ: Das ist doch unerhört! – Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bitte, setzen Sie fort!

 


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Eder, Sie wissen ganz genau, dass wir sehr viele konstruktive Gespräche hatten, und dabei habe ich Sie persönlich kennen gelernt. (Abg. Eder: 12 000 Leute werden entlassen! – Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich verwahre mich nur dagegen, hier so zu tun, als könnte man 1 Milliarde € an Einspa­rungen, Mehrerlösen, Ergebnisverbesserung und so weiter auf sieben oder acht Jahre hinaus exakt berechnen! Das sind bitte Zielvorgaben! Und jeder ... Also nicht Sie, son­dern von mir aus ich: Wenn ich das könnte, dann würde ich zum Zirkus, zu den Wahr­sagern oder ins Spielcasino gehen – wenn Sie das dann besser verstehen. Ich wollte Sie, Herr Abgeordneter Eder, überhaupt nicht beleidigen, und Sie wissen das ohnehin ganz genau! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt, meine Damen und Herren, zum Vorwurf, wir wollen die „rote ÖBB“ zerschlagen. (Abg. Eder: Das haben Sie gesagt! Sie haben von der „roten ÖBB“ gesprochen!) Dazu habe ich gesagt – und ich habe das abgeleitet von einer Überschrift, die lautete: „Keine Fahrt ins Blaue!“ –: Bisher ist die ÖBB eher rot gefahren, die dunklen Wolken werden noch nicht vorbei sein – und der blaue Himmel ist auch noch nicht da; daher müssen wir da noch einiges tun.

Die Firmenfarbe der ÖBB ist rot – und ich muss sagen: Mir gefällt sie. Und ich sage Ihnen noch etwas: Wenn die Bahn gut funktioniert, dann ist es gut, und da unter­scheide ich nicht in Blau, Grün, Schwarz oder Rot, sondern in fleißige beziehungs­weise in weniger fleißige Mitarbeiter, in gute beziehungsweise schlechte Ergebnisse (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), in viel Zuschuss aus Steuermitteln und weniger Zuschuss.

 


Wissen Sie, was ich mir wünsche? – Dass die Österreichischen Bundesbahnen in Zukunft unterwegs sind in Europa, das ja eine blaue Fahne sozusagen als Signal hat – aber nicht jetzt schon wieder kombinieren (Präsident Dr. Fischer gibt neuerlich das Glockenzeichen) –, und zwar wie? – Als Bahn, die überlebt hat ...


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 66

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

 


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach (fortsetzend): ... in diesem größeren Markt, und zwar als starke, als gute, als dynamische, als privatwirtschaftlich orientierte rot-weiß-rote Österreichische Bundes­bahn. Das möchte ich – und das wird auch kommen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Die rot-weiß-rote Bahn haben wir! Die brauchen wir nicht von Ihnen ...!)

12.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Cap zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.05

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Es reicht schon, dass hier eine Reform vorgelegt wird, die die Österreichischen Bundes­bahnen zerstören soll, und zwar auf dem Rücken der Passagiere und der Eisenbahner. (Abg. Scheibner: Was soll das? Das ist doch ungeheuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dass man aber seitens der Vertreter der Regierung nicht einmal imstande ist, vernünf­tig zu diskutieren, und hier die Abgeordneten, wie zum Beispiel Herr Abgeordneter Kurt Eder, vom Herrn Vizekanzler beschimpft werden, das ist ein Skandal! Ich fordere von Ihnen sofort eine Entschuldigung, Herr Minister! Im Prinzip sind Sie rücktrittsreif! (Bei­fall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner – in Richtung des Abg. Dr. Cap –: Das ist eine Frechheit!)

12.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


12.06

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Danke, Herr Präsident. – Gegen jede Vereinbarung, auch in der Präsidiale, hat sich Herr Kol­lege Cap hier zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet, hat aber offensichtlich nicht zugehört, was der Herr Verkehrsminister und Vizekanzler Gorbach gesagt hat: dass er den Kollegen Eder nicht beleidigen wollte, sondern dass er, Gorbach selbst, wenn er das prognostizieren könnte, was Sie von der SPÖ verlangen, in den Zirkus gehen oder als Wahrsager auftreten könnte. (Ruf bei der SPÖ: Verdrehen Sie nichts! – Zwischen­rufe der Abgeordneten Eder und Dr. Puswald.)

Vizekanzler Gorbach hat das eindeutig richtig gestellt. Daher: Stellen Sie, Herr Abge­ordneter Dr. Cap, Ihre Polemik hier im Rahmen dieser wichtigen Debatte ein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Vizekanzler Gorbach erhebt sich von der Regie­rungsbank und spricht mit Präsident Dr. Fischer. – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung SPÖ –: Sie reden immer so viel dazwischen, dass Sie gar nicht hören, was ein anderer sagt! – Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP in Richtung SPÖ: Zuhören! – Abg. Scheibner: Das war doch eindeutig, was der Herr Vizekanzler gesagt hat! – Abg. Schieder: Er hat gesagt: „Wenn Sie so wollen ...!“ – Abg. Scheibner: Es war klar, was er gemeint hat! – Abg. Schieder: Gemeint! – Gesagt hat er etwas anderes!)

12.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: So, meine Damen und Herren: Der Herr Vizekanzler hat mich gebeten, klarzustellen, dass er diese Äußerung bedauert – und das in einem per­sönlichen Gespräch mit Kollegem Eder ausdiskutieren wird. Ich bitte Sie, das zur


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 67

Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich hätte das nicht bedauert ...!)

*****

Wir bleiben dabei, dass die nächste Rednerrunde viermal 5 Minuten sein wird – und dann werden wir voraussichtlich sogar eine letzte Runde mit viermal 6 Minuten machen können. Oder wir drehen das um, machen jetzt viermal 6 Minuten – und dann die rest­liche Zeit. (Abg. Broukal – auf dem Weg zum Rednerpult –: Viermal sechs Minuten ist mir lieber, Herr Präsident!) – Sie haben kein Stimmrecht in dieser Frage, Herr Abgeord­neter. (Heiterkeit.)

Die nächste Rednerrunde also viermal 6 Minuten – und der Rest wird dann durch vier dividiert.

Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Broukal. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.08

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Danke schön, Herr Präsident. So kommt man doch ganz unverhofft gleich zu 20 Prozent mehr Redezeit. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon viel gesagt worden – aber auf ein bisschen etwas möchte ich doch noch eingehen.

Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann, wenn Sie eine Tafel zeigen, mit der Sie sagen wollen, 525 € zahlt jeder Österreicher/jede Österreicherin für die Bundesbahn, könnte ich auch eine Tafel bringen und sagen: 1 100 € im Jahr zahlt jeder für den Autobahn­bau – und da ich kein Auto habe, ist das für mich völlig unnötig! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich könnte auch eine Tafel hier herstellen, wo draufsteht: 825 € zahlt jeder für die Landwirtschaft! Und ich sage Ihnen, die zahle ich gerne, weil ich Lebensmittel aus Ös­terreich will. – Ich will aber auch eine österreichische Eisenbahn, die einen Personen­zug von Steyr nach St. Valentin noch um 22.30 Uhr führt; ebenso eine Wiener Schnell­bahn um 0.30 Uhr, obwohl nur drei Leute in einem Waggon sitzen, was sich wirtschaft­lich gesehen nie und nimmer rechnen kann! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wenn es einem so geht wie Ihnen, dann brauchen Sie natürlich keinen öffentlichen Verkehr – und dann ist das für Sie eine unnötige Ausgabe. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) – Für mich hingegen ist dieses Geld gut ausgegeben! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Dass alles so effizient wie möglich laufen soll und dass wir weder bei der ASFINAG noch bei der Landwirtschaftsförderung, noch bei der Bundesbahn einen Euro unnötig ausgeben, hoffe ich doch sehr. Und das ist doch hoffentlich auch das Bemühen des Eisenbahn-Vorstandes und des Herrn Vizekanzlers Gorbach.

Vergangenen Dienstag hat sich nach der Sitzung des Unterausschusses des Verkehrs­ausschusses ein erstes kleines Gespräch zwischen Herrn Abgeordnetem Miedl, Herrn Staatssekretär Kukacka, Herrn Abgeordnetem Eder und mir ergeben, wo erstmals angedacht wurde, ob es nicht möglich wäre, hinsichtlich der gröbsten Bedenken der Eisenbahner-Gewerkschaften Lösungen zu finden, mit denen man diesen Bedenken Rechnung tragen würde. Genau gesagt ging’s darum, dass die Holding oben ihre Vor­stände runtersetzt in die Töchter, sodass da eine institutionale Klammer gegeben ist.

Vergangenen Mittwoch, als wir diese zehn- oder zwölfstündige Unterausschuss-Sit­zung hatten, haben wir uns am Ende wieder zusammengesetzt und gesagt: Reden wir doch weiter! Und dann haben wir am Donnerstag verhandelt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 68

Richtig ist, dass diese Verhandlungen auf Grundlage eines Papiers erfolgten, das die Sozialdemokratische Partei Österreichs eingebracht hat. Und es ist richtig, dass man dort hinsichtlich der meisten Punkte gemeinsame Denk- und Lösungsansätze gefun­den hat. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist aber ebenso richtig, dass die Verhandler der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei Österreichs nur bereit waren, in einer sehr schwachen und rechtsunverbindlichen Form diese Vereinbarungen festzuhalten, nämlich in so genann­ten Ausschussbemerkungen, es aber keine Bereitschaft gegeben hat – mit einer Aus­nahme –, das, worüber man sich einig war, das, was man uns zugestanden hat – nennen wir es so –, auch in das Bundesbahnstrukturgesetz, das Sie heute hier be­schließen wollen, einfließen zu lassen. (Abg. Scheibner: Warum stimmen Sie dem nicht zu, wenn ...?)

Dann kam das Wochenende – und es gab ein Interview des Herrn Vizekanzlers Gor­bach in der Sendung „Im Journal zu Gast“. Gorbach wurde gefragt: Da liest man doch in den Zeitungen, dass es jetzt Annäherungen gegeben hat und dass die Sozialdemo­kraten, die Freiheitlichen, die Grünen und die ÖVP neue Modelle gefunden haben, die eine Zustimmung der Opposition vielleicht möglich machen würden. – Und was sagte dazu Herr Vizekanzler Gorbach? Ich zitiere:

Die Frage ist: Was ist neu daran? Da gibt es innerhalb der bestehenden Struktur, die wir nicht abändern werden, gewisse Beruhigungen für gewisse Gruppen in Öster­reich. – Zitatende.

Diese „gewissen Gruppen in Österreich“, die beruhigt werden sollten, waren die Sozial­demokratische Partei Österreichs, die Grünen, der Österreichische Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft der Eisenbahner. – Und als ich das gehört habe, habe ich ge­wusst: Der Kompromiss ist tot! (Abg. Scheibner: Wenn das der Grund war, war Ihnen die Sache aber nicht wichtig!)

So geht man nicht mit jemandem um, mit dem man verhandelt! So desavouiert man einen Verhandlungspartner nicht! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.) Wenn ich wollte, dass das platzt, würde ich genau das sagen, was der Herr Vize­kanzler dazu gesagt hat! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es geht aber weiter: In der „Wiener Zeitung“ – zugegebenermaßen nicht in der „Kro­nen Zeitung“ – konnte man lesen:

„Von einem, der die Strukturreform bestens kennt, jedoch nicht genannt werden will“, erfährt die „Wiener Zeitung“, Staatssekretär Kukacka habe „immer vorgehabt“, das Durchgriffsrecht der Mutter auf die Töchter zu gewähren. Und dieser Insider, so die „Wiener Zeitung“, sagte weiters:

„,Mir ist schleierhaft, was jetzt mit Pomp und Trara als Verhandlungserfolg gefeiert wird.‘“

Und weiters sprach dieser Insider laut „Wiener Zeitung“ über das „strategische Unge­schick und die Unwissenheit der Oppositionspartei“, denn, so das Zitat in der „Wiener Zeitung“, „,da wird etwas verkauft, das eh schon geschenkt war‘.“

Meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ: Wenn das Ihre Pressearbeit ist, um einen Kompromiss zu verkaufen, kann ich Ihnen nur „gratulieren“. Ich biete Ihnen jedenfalls an, ein Seminar bei mir zu besuchen, wo man’s besser lernt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Das meinen Sie!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 69

So, ich komme gleich zum Schluss. Sie sind ja arme Menschen: Ihnen drückt man diese kleinen Plakate in die Hand – und diese sollen für die moderne Bahn sprechen. (Der Redner hält eine Tafel in Richtung Freiheitliche und ÖVP, auf der eine rote Loko­motive mit der Aufschrift zu sehen ist: „Konstruktion 1962“.) – Ich wollte nur noch sagen, es handelt sich dabei um einen Steuerwagen der Reihe 6010, Konstruktionsjahr 1962. (Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn das jene „moderne Bahn“ ist, die Sie von ÖVP und FPÖ haben wollen, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Eisenbahn! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Abschließend (der Redner blickt Richtung Galerie): Mein Gruß gilt den Eisenbahnern auf der Galerie. Glück auf! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

12.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.14

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssek­retär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist das ja wirklich eine schwierige Diskussion heute – und ich sehe, es ist gut, wenn wir keine Mühen scheuen und sozusagen noch einmal mit dem kleinen Einmaleins auch für die Oppositionsparteien anfangen. (Ruf bei der SPÖ: Gerade Sie haben es notwendig! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich beginne also wieder ganz von vorn: Wozu eine Strukturreform? (Abg. Mag. Pram­mer: Ja, ja: Wozu eine Bahn?!) – Wir machen eine Strukturreform aus zwei Gründen. Zum einen, weil die Europäische Union uns vollkommen richtig vorgibt, dass Betrieb und Infrastruktur zu trennen sind; und wir machen daher eine Strukturreform in Form einer Holding. Würden wir das nämlich nicht in Form einer Holding machen – das ver­schweigen ja Sie von den Oppositionsparteien –, wären wir dazu gezwungen, das Unternehmen ÖBB tatsächlich zu zerschlagen.

Den Güterverkehr, den Personenverkehr und die Infrastruktur zusammen zu lassen, wäre nur dann möglich, wenn die Infrastruktur-Finanzierung völlig getrennt wäre vom Unternehmen. Dann aber hätten wir eine zerschlagene Bahn. Und das wollen wir nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wollen eine funktionierende Einheit funktionierender Glieder, die in einem Team zusammenarbeiten. Und damit es ja alle verstehen: Das ist wie bei einem Fußball-Team. Es braucht die Stürmer, es braucht die Verteidiger – aber es muss zuerst einmal jeder wissen, was er zu tun hat. – Auch bei den neuen AGs gibt es deren vier, und jede dieser AGs hat, im Unterschied zu jetzt, ganz klar definierte Aufgaben, definierte Ziele – und darüber gibt es eine strategische Holding, die, wie beim Fußball der Trai­ner, die Strategie vorgibt. Alle müssen zusammenspielen, ein Team bilden, damit es funktioniert – und genau so sind die Österreichischen Bundesbahnen jetzt auch kon­struiert. (Zwischenruf bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Ein Bahngleis ist kein Fußballfeld!) – Richtig, das Bahngleis ist ein Fußballfeld. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Es muss ohne Stoppeln und ohne Wellen sein; es muss optimal hergerichtet werden – und dafür wird die Infrastruktur-Baugesellschaft sorgen: für einen Gleisweg, der funktioniert und woran endlich die notwendigen Ausbauten vorge­nommen werden (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – die Abgeordneten Eder und Sburny: Unglaublich!), damit überhaupt die Möglichkeit besteht, die von Frau Lich­tenberger geforderte Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene vorzu­nehmen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eder.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 70

Herr Öllinger, Frau Glawischnig, Herr Gusenbauer: Ich weiß, dass es immer irrsinnig schwierig ist, über ein Thema zu sprechen, bei dem man sich eigentlich nicht auskennt. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Gaál: Das ist so primitiv! – Ruf bei der SPÖ: So gut wie Sie kennt sich jeder aus!)

Es liegt mir deswegen sehr am Herzen, jetzt noch etwas über die Entschuldung der ÖBB zu sagen. Wenn man 6,1 Milliarden Schilling von diesem Unternehmen an Belas­tungen wegnimmt, dieses Unternehmen im Ausmaß von 80 Milliarden Schilling ent­schuldet, so bedeutet das, dass wir dann ein Unternehmen mit einer Eigenkapitalaus­stattung von 47 Prozent haben werden.

Da sich wahrscheinlich die wenigsten von Ihnen regelmäßig mit den Eigenkapitalaus­stattungen österreichischer Unternehmen auseinander setzen, darf ich Ihnen sagen, dass ein durchschnittliches privates Unternehmen in Österreich eine Eigenkapitalquote von maximal 30 Prozent hat.

Das heißt, wir machen ein grundgesundes, ein entschuldetes Unternehmen ÖBB, das fit ist für den Wettbewerb der Bahnen in Europa, denn wir wollen eine ÖBB, die unter acht oder neun Eisenbahngesellschaften in Europa überlebt – ja sogar eine Vorreiter­rolle erringen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eine klare und straffe Struktur ist auch wichtig, damit man einmal genau schauen kann, wo es gut funktioniert. Die ÖBB hat Einheiten, hat Mitarbeiter, die exzellent sind. Aber man muss auch einmal neben all diesem Zahlengemenge – und diesbezüglich war die Unternehmenspolitik der ÖBB immer sehr undurchsichtig – schauen, wo es gut funktio­niert, wo weniger; wo muss man ansetzen, wo muss man etwas tun. Das nennt sich Transparenz – und eine solche wird durch diese Strukturreform gewährleistet.

Diese Strukturreform ist mit dieser Reform aber nicht beendet. Es gibt noch eine wei­tere Aktiengesellschaft, die wir gründen werden (Abg. Mag. Johann Maier: Noch eine?), nämlich eine eigene österreichische Aktiengesellschaft für die Errichtung des Brenner-Basistunnels. (Abg. Mag. Johann Maier: Und wer wird dort der General­direktor?)

Diese Gründung wird im nächsten halben Jahr vorgenommen werden, damit man diese österreichische Aktiengesellschaft – wenn das dann möglich ist – beispielsweise mit einer italienischen Aktiengesellschaft verschmelzen kann: zu einer europäischen AG eben, damit auch dieses Projekt auf professionelle Art und Weise in der kürzest möglichen Zeit abgeschlossen werden kann. Wir belassen es auch auf diesem Gebiet nicht nur bei Lippenbekenntnissen, sondern wir arbeiten endlich, um tatsächlich den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern zu können.

Vielleicht geben Sie uns dann wenigstens dazu Ihre Unterstützung, Frau Lichtenber­ger, anstatt ohne eigene Vorschläge nur immer kopfschüttelnd zu lächeln und zu sagen, was denn alles falsch laufe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Frau Kollegin, so geht es nicht!)

Wir entlassen ein entschuldetes, fittes Unternehmen mit klaren Zuständigkeiten und einer klaren Strategie in eine Zukunft, in der es die Probleme und Anforderungen be­wältigen kann. Ich hätte mir deswegen gewünscht, dass nicht die reine Eitelkeit der SPÖ es ihr unmöglich gemacht hätte, in Ermangelung besserer Ideen, die sie noch hätte einbringen können, einfach nur zu sagen: das ist nicht so schlecht, wir stimmen zu! – und dass man statt dieser Eitelkeit auch den Mitarbeitern ein deutliches Signal gegeben hätte, dass sie – und das können sie! – dieser Regierung und diesem Staat vertrauen können (Abg. Eder: Oje!), dass er dieses wichtige Verkehrsunternehmen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 71

(Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) in Zukunft besser unterstützt als in der Vergangenheit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung der sich zu ihrem Sitzplatz begebenden Abg. Mag. Hakl –: Das war ein liebes Adventlied!)

 


12.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Meine liebe Frau Kollegin Hakl, ich glaube, in einem sind wir uns sicher einig: Das Bahnsystem ist kein Fußballfeld! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Ich kann nicht auf der Schiene gleichzeitig von rechts hinten eine Flanke vorziehen, in der Mitte stürmen, links nach­ziehen und dann womöglich irgendwie in einem Knäuel vor dem Tor enden. (Abg. Dr. Fekter: Sie kennt sich aus beim Fußball!) Bitte, das ist der Ruin des Bahnsystems, Frau Kollegin! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber leider ist Ihre ÖBB-Politik wirklich eine Art Schlachtfeld Fußballfeld, das ist das Problem. In mancher Hinsicht haben Sie ja doch Recht. (Abg. Scheibner: Wie zieht man eine Flanke vor?) – Nun zu Ihren Argumenten und dann zu den generellen An­sätzen.

Europaweit gibt es einen Marktführer im Transfer von Gütern von der Straße auf die Bahn, auf die Schiene. Einen Europameister gibt es, Zahlen belegen das sehr deutlich, und Sie wissen genau, wie dieser Europameister heißt – auch Sie, Herr Vorsitzender Dr. Gusenbauer –: Das ist die Cargo-Bahn, der Güterverkehr der jetzigen ÖBB – Euro­pameister! (Die Rednerin stellt ein entsprechendes Informationsblatt vor dem Redner­pult auf.) Da gibt es moderne Transfersysteme. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Da gibt es Ansätze, Marktanteile zu gewinnen – und nicht zu verlieren wie in anderen europäischen Staaten. (Abg. Mag. Hakl: ... besser werden!)

Dieses Erfolgsmodell riskieren Sie durch Ihre Bahnpolitik der Zerteilung in neun AGs und Gesellschaften! Es kann nicht weiter diese Qualität geboten werden, wenn Ge­winne, die dem Transfer zugute kommen, die dem Transfer des Gütertransports von der Straße auf die Schiene zufließen, ständig abgeschöpft und in andere Bereiche und AGs transferiert werden. Es kann dann nicht mehr so weitergehen.

Wir brauchen Geldtransfer sehr wohl, wir brauchen ihn nämlich in die Qualität des Per­sonenverkehrs. Da könnten wir gemeinsam vor allem im Sinne der Kunden und Kun­dinnen sehr viel an Qualitätsoffensive vorantreiben. Deswegen denke ich mir, dass gerade Sie, Frau Kollegin Hakl, und auch der sehr seriöse Kollege Regler von der ÖVP unserem Antrag zustimmen werden, der einen Kundenbeirat für diese neue Struktur der ÖBB beinhaltet, der eine Qualitätsoffensive beinhaltet, in dem insgesamt Verbes­serungen vorgeschlagen werden, vor allem auch ein Verkehr, bei dem die Kunden Rechte haben, etwa das Recht, Verspätungen einzuklagen. Ich glaube, der Antrag ist Ihnen schriftlich zugegangen. Herr Präsident, hiermit bringe ich ihn offiziell ein: unseren Antrag zur Qualitätsverbesserung für den Personen- und für den Kundenverkehr.

Bei den Gütern klappt es schon, bei den Personen muss es besser werden. Aber mit Ihrem Konzept wird es nicht besser werden. Ich darf Ihnen das auch beweisen. Herr Staatssekretär Kukacka, Sie sagen: Wir zerteilen in AGs, damit wir wettbewerbsfähiger sind. – Die wettbewerbsfähigste Bahn Europas sind, wie ja der Herr Verkehrsminister herausgestrichen hat, die Schweizerischen Bundesbahnen. Der Direktor der Schwei­zerischen Bundesbahnen, Herr Dr. Benedikt Weibel – ich darf ihn im Folgenden zitie-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 72

ren –, hat einen Glaubensgrundsatz und ein Unternehmenskonzept als solches, und das lautet: Die Zerschlagung der Bahn in autonome Einheiten – wie Sie es machen – bricht diese Einheit der Verantwortung auf.

Es geht um unternehmenspolitische Verantwortung! Darum müssen wir die Bahn zu­sammenhalten (Abg. Mag. Hakl: Das ist die Holding!) und dürfen sie nicht zergliedern in rivalisierende Flügelkämpfer wie auf dem Fußballfeld! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dieser Zusammenhalt der einzelnen Bahnteile ist an sich ein Wettbewerbsvorteil ge­genüber der Straße. Sie haben immer wieder Kostenargumente angeführt. Ich darf Ihnen nur eines sagen, und das ist auch schriftlich oft vermerkt worden: 10 Milliarden € kostet die SteuerzahlerInnen der Straßenverkehr! Dagegen sind die Zahlen, die Sie für den Bahnverkehr genannt haben – 3 Milliarden, 5 Milliarden – nicht einmal die Hälfte von dem, was sozusagen an volkswirtschaftlichen Kosten entsteht, die teilweise be­triebswirtschaftlich nicht gedeckt sind. Aber Sie schichten mit Ihrer Bahnreform nun vom derzeit billigeren System in das teurere System Straße um!

Ich darf Ihnen dazu einen Vergleich nennen, weil Sie immer wieder sagen, dass diese wettbewerbsfähigen AGs und GesmbHs die Effizienz verstärken, und so weiter. Herr Staatssekretär! Herr Minister! Würde eine Familie, die auf Urlaub fährt, ihren Familien-PKW zerteilen in ein Lastwagenarrangement für die Koffer, in eine Flottille von Motor­rädern für die Töchter und Söhne, in ein Steuerungsfahrzeug für den Familienvater mit der Straßenkarte? Würde das eine vernünftige Familie vielleicht machen? – Nein! Das ist, glaube ich, die einfache Antwort.

Aber Sie machen das mit den ÖBB! (Abg. Ellmauer: Nicht alles, was hinkt, ist ein Ver­gleich!) Sie zerteilen in einzelne AGs, die womöglich schwer kommunizieren können, die womöglich unterschiedliche Strategien empfehlen, und darüber ist die Holding. (Abg. Mag. Hakl: Die Holding hat die Strategie!) Das ist dann irgendein Band, von dem man nicht weiß, ob es funktioniert. Klarer kann man die Sache nicht auf den Tisch legen als mit diesem Vergleich.

Herr Minister! Ich habe mich noch am Samstag, in meiner Freizeit, kundig gemacht. Ich war da bei der Betriebslehrstätte der ÖBB im Ausbildungszentrum und habe mir das komplexe System Bahn einmal vorführen lassen. (Abg. Schöls: Haben Sie die Rede­zeit ...? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glo­ckenzeichen.) Da gibt es eine Modellanlage, und ich sage Ihnen: Jeder Eisenbahn-Fan, der Kleineisenbahnen im Modell aufbaut, hat einen Steuerungsbereich, einen Hebel ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): ... – ich bin beim Schlusssatz – und nicht neun, wie Sie es machen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheib­ner: Der sitzt aber allein dort!)

12.27

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.27

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Moser, der einzige Zugang, den Sie zur ÖBB-Reform haben, besteht anscheinend darin, diese mit der Familienpolitik zu vergleichen. Ich würde sagen, diese Familie wäre Sozialbeihilfeempfänger und nichts anderes! Daher würde ich diese Vergleiche etwas zurücknehmen. (Widerspruch bei der SPÖ.) Ein Unternehmen zu führen und es unter Umständen Gewinn bringend in


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 73

eine positive Zukunft zu führen, ist etwas anderes als Ihr Vergleich. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie haben immer den Familienvergleich!)

Und Herr Abgeordneter Broukal sollte einmal so ehrlich sein und sagen, dass der Grund nicht darin bestand, dass wir uns in den Verhandlungen nicht gefunden hätten, sondern Häupl und Haider haben Druck ausgeübt, dass es zu keiner Vereinbarung zwischen den Sozialdemokraten und uns gekommen ist. (Ruf bei der SPÖ: Der Haider aus Kärnten?) Das ist die Wahrheit, und das soll auch die Bevölkerung wissen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das (der Redner stellt eine als Euro-Banknote gestaltete Tafel mit der Aufschrift „525 €“ vor dem Rednerpult auf) soll hier auch die Zuschauer vor dem Fernseher infor­mieren: 525 € zahlt jeder Österreicher an Zuschuss zu dieser Bundesbahn – egal, ob er ein Ticket kauft oder nicht. (Abg. Dr. Gabriela Moser: 10 Milliarden für den Stra­ßenverkehr!) Da muss man schon sagen, wenn man das mit dem Straßenverkehr vergleicht: Jede Familie hat mindestens zwei Autos und benützt natürlich die Straßen (heftiger Widerspruch bei der SPÖ), während die 525 € jeder zahlt, vom Baby bis zum Großvater (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen), egal, ob er die Bahn benützt oder nicht. (Abg. Mag. Wurm: ... Polemik hier!) Es heißt immer wieder: Die britische Eisenbahn ist so teuer. – Wenn ich das bei uns dazurechne, dann sind wir ja pro Ticket viel teurer als die Bahn in England! (Abg. Mag. Wurm: ... in Ihrer Partei die „kleinen Menschen“ vertreten!)

Man muss schon ein bisschen die Kostenwahrheit sehen, gerade Sie, Herr Abgeordne­ter Eder! Am Anfang haben Sie den Unterausschuss wieder für die Politik der Sozial­demokraten benutzt. Wir sind nicht weitergekommen. Sie haben als Vorsitzender des Ausschusses eine Gegenveranstaltung gemacht, und ich habe das kritisiert. (Abg. Eder: Den Kärntner Landeshauptmann haben wir hören wollen!) Das Einzige, was die Sozialdemokraten in den ersten eineinhalb Tagen in diesem Unterausschuss gemacht haben (Abg. Eder: ... ist ja abgelehnt worden im Unterausschuss!), war, dass sie ihn politisch missbraucht haben (Abg. Eder: Was erzählen Sie da für einen Unsinn?) – und nicht das, was Vizekanzler Gorbach am Ende eingefordert hat. Abgeordneter Eder, Sie wissen ganz genau, was er gefordert hat: Jetzt haben Sie alle Experten da, Sie haben den Vorstand der Bundesbahn da, Sie haben den Aufsichtsrat da – Sie können Ihre Fragen stellen! (Abg. Eder: Danke schön! Danke vielmals!) Das waren die gleichen Experten, die bei dieser Reform auch unseren Vizekanzler beraten haben. Erst dann war ein Schwenk da, und auf einmal waren die Sozialdemokraten sehr wohl bereit, mit uns konstruktiv zu reden.

Dann kamen Ihre Vorschläge – mit denen ich jederzeit leben kann –, und da haben wir versucht, wirklich einen Konsens zu finden. Der Konsens war da! Er ist aber seltsamer­weise nicht bei diesen Kritikpunkten gelandet. Das haben nämlich unsere Experten, die Experten für die Bahn, sehr wohl genau erklärt, alle diese Punkte waren weg. Dann hatten wir fünf Punkte, über die wir geredet haben, und sie waren geklärt. (Abg. Dr. Lichtenberger: Es waren neun!)

Auf einmal war es aber dann am Montag so weit: Abgeordneter Gusenbauer, der auch hier heraußen über die Reform geredet hat, obwohl er keine Ahnung hat – das habe ich gesehen –, ... (Abg. Gaál: Gerade Sie sagen das!) Wenig Ahnung hat er! Er hat sich nicht um das Unternehmen ÖBB gekümmert, sondern war in Amerika. Das ist eben Fakt! Dann geht er hier heraus und kritisiert das, obwohl die Einigung schon ganz knapp bevorgestanden ist.

Daher muss ich sagen: Diese Reform ist eine Reform, die von fast allen Abgeordneten getragen wird, aber von Ihnen, nur weil wir im Fernsehen viele Zuschauer haben, politisch anders interpretiert wird. (Abg. Dr. Matznetter: Der Grasser ist dabei, nicht


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 74

der Gusenbauer!) Im Sinne dessen, dass eine Reform stattzufinden hat, waren wir uns alle einig, über alle Fraktionen hinweg! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich darf im Folgenden auch Experten zitieren. Gerade was die Struktur betrifft, hat Max Schachinger gesagt: Kleine und flexible Einheiten sind ein Gebot der Stunde. Wettbe­werb soll nicht nur zwischen Schiene und Straße, sondern auch auf der Schiene be­stehen. – Auch das ist also ein Grund für diese Reform: dass ein Wettbewerb auch innerhalb des Bereichs Schiene bestehen muss, weil dadurch Wachstum und Dynamik der Bahn gefördert werden.

Ich möchte diesbezüglich auch auf ein Zitat aus dem „Standard“ verweisen, und zwar aus der Ausgabe vom 17. November. – Das ist die Wahrheit, und das sollen die Öster­reicherinnen und Österreicher auch wissen.

Zum Abschluss zitiere ich aus dem „WirtschaftsBlatt“ vom 18. November: „Hier prallt Österreich neu auf Österreich alt.“ – Das ist eine Wahrheit: Eine Regierung, die an­getreten ist, um die ÖBB zu reformieren, hat als Gegner die Sozialdemokraten, die 30 Jahre lang diesen Betrieb für ihren Privilegiendschungel benutzt haben und abge­wirtschaftet haben.

Dann heißt es weiter: Die ÖBB kämpft „in einem schwierigen Umfeld ums Überleben. ... um jede Veränderung wird zäh gerungen, Umstrukturierungen gibt es nur im Zeitlu­pentempo, während anderswo der Schnellzug vorbei rauscht. ... Vergrößert sich diese Tempolücke, droht“ die „ÖBB ..., endgültig den Zug der Zeit zu verpassen.“

„Den Zug der Zeit zu verpassen“: Das ist die Wahrheit, und das wird diese Bundes­regierung zu verhindern wissen!

Mit dieser Reform passiert der notwendige Schritt, um die Bahn in Zukunft wettbe­werbsfähig zu machen und sie zukunftsorientiert zu gestalten, gerade auch damit den Mitarbeitern der Bundesbahn die Zukunft ihres Arbeitsplatzes gesichert wird. Das ist ein wesentlicher Bereich. Es wird auch an Ihnen liegen, insbesondere an den Sozial­partnern, dieses Versprechen einzulösen und mit den Privilegien – das Dienstrecht wird also ein ganz wichtiger Faktor sein – Schluss zu machen.

Ich möchte diese Gelegenheit auch dazu benutzen, jedem nochmals in Erinnerung zu rufen: Die 525 € sind nicht nur für Strukturen und Sonstiges zu zahlen, sondern auch für die Privilegien, die Sie jahrelang aufgebaut haben. (Abg. Eder: Für die Forstinger!) Nein, nicht für die Forstinger! (Abg. Eder: Forstinger kriegt Aufträge von der Bahn! Das sind Privilegien ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Fast alle ÖBB-Bediensteten sind unkündbar und genießen Ver­setzungsschutz! Wo gibt es so etwas, dass man, wie bei der Bundesbahn, nicht ver­setzt werden darf? – Eine ganze Seite lang nur Privilegien! Auch mit diesen Privilegien werden wir Schluss machen, das versprechen wir.

Ich hoffe, Herr Abgeordneter ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte die Redezeit zu beachten!

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (fortsetzend): Der letzte Satz: Herr Abgeordneter Eder, ein Chamäleon zu sein (Abg. Eder: Forstinger hat Privilegien ...! Und der Herr Platt­ner!), das bitte ich in Zukunft zu vermeiden, damit wir wirklich für Österreich positiv ge­meinsam arbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Erstens trage ich nach, dass der Entschließungsantrag von Frau Abgeordneter Dr. Lichtenberger, der in seinen Grundzügen erläutert wurde, ordnungsgemäß eingebracht ist und mit in Verhandlung steht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 75

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitäts­steigerung im Öffentlichen Verkehr durch Ausbau der Rechte und der Teilhabe der Fahrgäste/KundInnen, eingebracht im Zuge der Debatte über 340 d.B.: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (311 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Errichtung einer "Brenner Eisen­bahn GmbH", das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädi­gungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichi­schen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unternehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeits­verfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstruktur­gesetz 2003)

Nicht zuletzt im Zusammenhang mit der ÖBB-Reform ist das bestehende Optimie­rungspotential bei der Wahrung der Rechte von Fahrgästen beziehungsweise Kunden im Öffentlichen Verkehr deutlich geworden: Anlässlich des ÖBB-Streiks wurde offen­sichtlich, dass Kunden und insbesondere Dauerkunden des Öffentlichen Personenver­kehrs bei Nichterbringung von bezahlten Dienstleistungen unzureichende rechtliche Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer Ansprüche gegenüber den Anbietern haben. Es besteht eine Schlechterstellung etwa im Vergleich zu den nach dem Konsumenten­schutzgesetz bestehenden Möglichkeiten.

Dies sollte Anlaß für eine Verbesserung der Rechte der Fahrgäste sein. Zugleich sollte auch die Teilhabe der Fahrgäste und Güterkunden verbessert werden, damit diese als wichtiger Stakeholder zur nötigen Qualitätsoffensive im Öffentlichen Verkehr beitragen können.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat stimmt darin überein, dass die stärkere Berücksichtigung der Interes­sen der Fahrgäste als KundInnen im Öffentlichen Verkehr ein wesentlicher Beitrag zu dessen Qualitätsverbesserung ist.

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird in diesem Sinne aufgefordert, auf der Grundlage nationaler und internationaler Best Practices bis 30.6.2004 Vorschläge für gesetzliche Verbesserun­gen zugunsten der Fahrgäste und der Angebotsqualität in den folgenden Bereichen vorzulegen:

1. Kunden im Öffentlichen Verkehr werden in ihren Rechten (Gewährleistung, ...) den KonsumentInnen anderer Produkte und Dienstleistungen gleichgestellt. Bestehende Schlechterstellungen von KundInnen im Öffentlichen Verkehr werden beendet, insbe­sondere durch Angleichung der Regelungen im Bereich des Öffentlichen Verkehrs an weitergehende Regelungen zum Beispiel des Konsumentenschutzgesetzes und ge­gebenenfalls durch entsprechende, kundenfreundlichere Neuregelungen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 76

2. Die Gestaltung von Verträgen zwischen dem Bund und Anbietern im Öffentlichen Verkehr wird im Hinblick auf größtmögliche Gewichtung von KundInneninteressen überprüft und optimiert.

3. Es soll sowohl für die Personenverkehrs- als auch die Güterverkehrskunden der ÖBB bei der ÖBB-Holding AG mit dem Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung ein Kun­dInnenbeirat geschaffen werden, in dem ein ständiger qualitätsverbessernder Dialog der Kunden mit den Unternehmen und ihrem Eigentümer stattfinden kann.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Maier. Bitte exakt 6 Minuten.

 


12.34

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Witt­auer, wir können gerne eine Privilegiendiskussion führen. Reden wir gleich über ein Privileg, das dieser Staatssekretär hat, nämlich eine Pension von 12 000 €! Ich frage Sie: Wer hier in diesem Raum hat eine Pension oder einen Anspruch auf 12 000 €? (Abg. Dr. Fekter: Die hat er noch nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Kol­lege Wittauer, reden wir darüber! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reden wir über die Privilegien im ÖIAG-Be­reich, wo sie sich schamlos bedient haben, die Aufsichtsräte und die Direktoren! (Der Redner hält eine Broschüre in die Höhe.) Das ist der Rechnungshofbericht. Über diese Privilegien diskutieren wir gerne mit Ihnen – aber nicht über die so genannten Privile­gien der Eisenbahner, die keine Privilegien sind! Oder, Hand aufs Herz, kennt einer von Ihnen einen reichen Eisenbahner in Österreich? – Ich nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Wittauer, es war eine Märchenstunde, Sie haben von einem Konsens gespro­chen. – Es hat in keiner Phase der Verhandlungen einen Konsens gegeben! (Abg. Wittauer: Das stimmt nicht!) Und wissen Sie, warum? – Weil Sie nicht bereit waren, insbesondere nicht der verantwortliche Verkehrsminister, unsere Forderungen legis­lativ, nämlich in Gesetzesform, umzusetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was haben wir von vagen Absichtserklärun­gen, von so genannten Ausschussfeststellungen? – Nichts! (Abg. Wittauer: Den ersten Teil des Unterausschusses habt ihr nur verwendet, um den Finanzminister anzugrei­fen!) Nehmen Sie eines zur Kenntnis – ich sage Ihnen das als Jurist, und zwar ganz klar –: Aktienrecht bricht jede Ausschussfeststellung, kein Vorstandsdirektor hat sich an Ausschussfeststellungen zu halten! (Abg. Scheibner: Aber Sie waren einverstan­den!) – Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, kam es nie zu einem Kon­sens. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Sehr verehrte Damen und Herren! Ein Kennzeichen der Politik dieser Bundesregierung lautet: Zerschlagen, Zerstören und Kostenverlagerung auf andere Gebietskörperschaften. – Wir haben es im Bildungsbereich, im Universitätsbereich und im ÖIAG-Bereich erlebt, wir erleben es im Gesundheitsbereich und nun bei der Eisen­bahn. Sie zerschlagen ein funktionierendes Unternehmen, Herr Bundesminister, und betreiben hier ganz klar eine Würstelbudenpolitik, das ist nichts anderes! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich mit den Zielsetzungen die­ser Regierung auseinander setzt, dann muss man die Unterlagen genau lesen. Es gibt


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 77

hier ein „Memorandum of Understanding“. Keine Angst, der Text ist in deutscher Spra­che – sonst hätten wir Interpretationsschwierigkeiten –, und daher kann man ganz klar erkennen, was diese Bundesregierung vorhat.

Oder man könnte auch zu einer anderen Auffassung kommen, und zwar in Bezug dar­auf, dass dieses „Memorandum of Understanding“ von Grasser und Gorbach unter­schrieben ist: Die Englischkenntnisse haben nur für die Überschrift gereicht. – Das ist eine andere Interpretation. (Vizekanzler Gorbach: Danke! – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man soll sich allerdings im Detail durch­lesen, was dieses „Memorandum of Understanding“ enthält. (Abg. Wittauer: Macht einmal einen Gegenvorschlag ...!) Ich ersuche alle Lokalpolitiker und Regionalpolitiker, aufzupassen: Es geht hier um die Zukunft der Regionalbahnen. (Abg. Dr. Jarolim: „Memorandum of Misunderstanding“!)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Maier, ich habe es nicht ganz genau gehört, aber ich möchte bitten, irgendwelche persönlichen Angriffe auf den Verkehrsminister hinsichtlich Sprachkenntnisse zu unterlassen. – Bitte setzen Sie fort. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

 


Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Ich zitiere: Begleitende Rahmenbe­dingungen wie zum Beispiel die Möglichkeiten der Querfinanzierung entsprechend der EU-Wegekostenrichtlinie ..., Synergieeffekte aus der Zusammenlegung von Post- und Bahnbus und damit verbundene Rationalisierungen bei den Nebenbahnen. – Zitat­ende.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wissen Sie, was das bedeutet? – Das heißt nichts anderes, als dass überall dort, wo es Busverbindungen gibt, die Regionalbahnen eingestellt werden. Wir befürchten, dass damit beispielsweise in Salzburg die Pinzgau­bahn eingestellt wird. Aber das gilt auch für alle anderen Bundesländer.

Insgesamt sehe ich das Problem, dass keine Geldmittel für die Infrastruktur zur Ver­fügung stehen, so auch für den sofortigen Um- und Ausbau des Hauptbahnhofes Salzburg. Ich bringe daher den Entschließungsantrag betreffend den sofortigen Um- beziehungsweise Ausbau des Hauptbahnhofes Salzburg ein. Dieser Entschließungs­antrag enthält die Aufforderung, finanzielle Mittel aus dem Titel Bahnhofsoffensive für den sofortigen Um- und Ausbau bereitzustellen; sich innerhalb der Bundesregierung dafür einzusetzen, dass die Mittel auch garantiert werden; innerhalb der Bundesregie­rung sicherzustellen, dass arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und konjunkturfördernde Bundesmittel zur Belebung der Bauindustrie für den Aus- und Umbau eingesetzt werden; und bei den zuständigen Stellen der EU entsprechende finanzielle Mittel dafür zu lukrieren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dieser Reform zerschlagen Sie ein funk­tionierendes Unternehmen. Der Bahnkunde hat nichts davon, sondern er muss be­fürchten, dass die Bahn teurer wird und dass bestimmte Regionalbahnen eingestellt werden. Daher: Gute Nacht, Bahn! Sie allein haben das zu verantworten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Maier, Scharer, Kolleginnen und Kollegen, der vom Redner in seinen Kernpunk­ten erläutert wurde, ist ordnungsgemäß eingebracht, vervielfältigt und steht zur Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 78

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier, Erika Scharer und KollegInnen betreffend den soforti­gen Um- bzw. Ausbau des Hauptbahnhofes Salzburg, eingebracht im Zuge der De­batte zum Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (311 der Bei­lagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schieneninfrastruk­turfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesgesetz zur Er­richtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unter­nehmen erlassen wird, mit dem das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz aufgehoben wird und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert wer­den (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (340 d.B.)

Auf Basis von Expertengutachten und unter Einbindung von Vertretern von Bund, Land und Stadt Salzburg, ÖBB und anderer Verkehrsunternehmen sowie des Salzburger Verkehrsverbundes wurde am 19.9.1997 von der Salzburger Landesregierung das NAVIS – Schieneninfrastrukturprogramm beschlossen.

Die darin enthaltenen Ausbaupläne sollten aus dem Salzburger Hauptbahnhof eine moderne Drehscheibe für den Schienennahverkehr für den Großraum Salzburg entste­hen lassen. Mit der damals von den ÖBB begonnen Ankündigung einer großen "Bahn­hofsoffensive" ergaben sich für den Salzburger Hauptbahnhof neue Perspektiven.

Mittlerweile ist von vielen innovativen Plänen nicht mehr viel übrig geblieben:

Streichung von Finanzmitteln, Redimensionierung von Projekten und Verschiebung von Bauterminen in weite Ferne ist mittlerweile die erkennbare Politik in vielen Fällen der Verkehrspolitik geworden.

Besonders das Bundesland Salzburg, scheint es, bleibt dabei auf der Strecke. Vom baldigen Ausbau bzw. großen Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes ist überhaupt keine Rede mehr, die HL-Strecke auf der Westbahnstrecke wird ausgerechnet zwi­schen Salzburg und Schwanenstadt zum Flaschenhals und der Ausbau der Tauern­bahn soll erst im Jahr 2012 fortgesetzt werden. Was derzeit erfolgt ist der Ausbau des Nahverkehrs im Großraum Salzburg (NAVIS). Die ersten Haltestellen wurden vor kur­zem in Betrieb genommen (S-Bahn Salzburg).

Die derzeitige Planung ist Stückwerk:

Die HL-AG plant den Westbahnausbau, die ÖBB nur den Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes und die neuen Haltestellen Salzburg-Süd (aufgrund des NAVIS – Nahverkehrsinfrastrukturprogramm). Damit ist es aus!

Erst eine integrierte Planung Westbahnausbau, Bahnhofsumbau Salzburg & Seekir­chen und die Zusammenführung der ÖBB- und Lokalbahngleise am Salzburger Haupt­bahnhof ergeben ein sinnvolles Ganzes.

Auch der Generalverkehrsplan (GVP) bringt dazu bedauerlicherweise keine Klarheit.

Es bleibt auf alle Fälle die Tatsache, dass der Hauptbahnhof Salzburg sowohl funktio­nell als auch in der sonstigen Infrastruktur dringend verändert und durchgehend er­neuert werden müsste.

Der Salzburger Hauptbahnhof zählt zu den drei wichtigsten und aufkommensstärksten Bundesländerbahnhöfen in Österreich – die Bundeshauptstadt Wien einmal ausge­nommen. Er befindet sich in einem baulich sehr unbefriedigendem Zustand. Mit seinen rund 66.000 Umsteigern (vergleiche die Studie von H. Koch aus dem Jahr 1996)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 79

kommt er in der Reihung der wichtigsten Bundesländerbahnhöfe gleich nach Linz und Graz und liegt noch vor Innsbruck und weit vor Klagenfurt.

Der EU-Beitritt Österreichs und die Aufhebung der Binnengrenzen innerhalb der EU haben seine Funktion nachhaltig verändert. Bisher ist die bauliche Infrastruktur vor allem von seiner Aufgabe als Österreichs wichtigster Grenzbahnhof geprägt: eine Reihe von Kopfbahnsteigen und sonstige bauliche Gegebenheiten zur Kontrolle der über die Landesgrenzen reisenden Fahrgäste haben dem Rechnung getragen.

Die Verkehrssituation für den Salzburger Hauptbahnhof stellt sich jedoch mittlerweile völlig anders dar.

Zum einen seine Rolle als zentrales Einfallstor für den Personenverkehr auf der Schie­ne von Westeuropa nach Österreich und in die Balkanländer. Zum Zweiten seine Funk­tion als zentrale Drehscheibe für den Nahverkehr im Großraum Salzburg und in der Europaregion Salzburg/Berchtesgadener Land.

Für diese neue Aufgabe ist der Salzburger Hauptbahnhof baulich rasch zu adaptieren. Dafür ist seine grundlegende bauliche und funktionelle Umgestaltung notwendig. Die vielen bisherigen Kopfbahnsteigen müssen zu einer größeren Zahl zu durchgehenden Bahnsteigen umgebaut werden. Nur so kann ein verstärkter Regionalverkehr auf der Schiene von Golling bzw. Straßwalchen nach Taxham/Freilassing und in den angren­zenden bayerischen Raum, für den Salzburg immer mehr in die Rolle eines Ober­zentrums hineinwächst, effizient und fahrgastfreundlich abgewickelt werden (NAVIS).

Dies alles wird unterstrichen durch die Ergebnisse der letzten Volkszählung. Die Ge­meinden um die Stadt Salzburg haben einen starken Zuwachs an Wohnbevölkerung erfahren. So beträgt bspw. der Zuwachs der Bevölkerung im Bezirk Salzburg Umge­bung rund 15 Prozent. Die Auswirkungen durch den zunehmenden Straßenverkehr (insbes. dem Pendlerverkehr) sind bereits täglich zu sehen. Neben den rein funktionel­len Umbauten im Gleisbereich ist auch eine bauliche Generalsanierung dringend ange­sagt. Diese ist ebenfalls für ein gut funktionierendes Nahverkehrszentrum notwendig.

Der derzeitige bauliche Zustand des Hauptbahnhofes Salzburg stellt außerdem kein Renommee, sondern eher eine Schande für die Festspielstadt Salzburg dar. Es darf daran erinnert werden, dass der Bahnhof in der Festspielstadt Bregenz bereits vor einigen Jahren neu gebaut wurde. Zur Zeit wurden bzw. werden zahlreiche Bahnhöfe in Österreich erneuert, nur nicht der der Landeshauptstadt Salzburg.

Die Situation am Arbeitsmarkt in Österreich entwickelt sich äußerst unerfreulich. Dies gilt besonders für die Baubranche. Aus- bzw. Umbauprojekte von Bahnhöfen würden für diese notleidende Branche wichtige Impulse bedeuten. Auch aus diesem Grunde sollten die vorgenommen Kürzungen der Gelder für die "Bahnhofsoffensive" neu über­dacht und rückgängig gemacht werden.

Absolut abzulehnen ist in diesem Zusammenhang auch die vorgesehene ÖBB-Finan­zierung 2003 – 2008.

Skurril und betriebswirtschaftlich bedenklich ist die ÖBB-Reform bzw. die Zweiteilung der Bahn-Infrastruktur in eine Neubau-AG und eine Betriebs-AG.

Laut Bundesregierung ist eine Neustrukturierung der Bahn nötig, um den enormen Zu­schussbedarf – derzeit angeblich 4,4 Mrd. Euro – zu senken. Hinter jedem erhaltenen Zuschuss steckt allerdings eine Leistung in Form des Infrastrukturerhaltes und Aus­baus (über 2,3 Mrd. Euro) bzw. in Form von gemeinwirtschaftlichen Leistungen (rol­lende Landstraße, ermäßigte Tarife für Jugendliche, Pendler und Senioren – insgesamt über 600 Mio. Euro) – zusammen mehr als 2,9 Mrd. Euro.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 80

Durch das nun vorliegende Bundesbahnstrukturgesetz werden die notwendigen Inves­titionen für den Bahnhofsausbau in keiner Weise gesichert. Das Wort Bahnhofsoffen­sive findet sich in keinen Unterlagen der Bundesregierung zur ÖBB-Reform. Zu be­fürchten ist daher, dass der Um- bzw. Ausbau des Hauptbahnhofes Salzburg wieder einmal auf die lange Bank geschoben wird, in Anbetracht der nächsten Großereignisse in Salzburg (z.B. Fußballeuropameisterschaft, Radweltmeisterschaft) ein unhaltbarer Zustand.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Verkehr, Technik und Innovation wird aufgefordert:

1. Finanzielle Mittel aus dem Titel Bahnhofsoffensive für den sofortigen Aus- und Um­bau des Salzburger Hauptbahnhofes zur Verfügung zu stellen, damit dieser seiner Funktion als zentrale Drehscheibe v.a. für den ÖPNV im Großraum Salzburg gerecht wird.

2. Sich innerhalb der Bundesregierung einzusetzen, dass entsprechende Mitteln für einen Aus- und Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes garantiert werden.

3. Innerhalb der Bundesregierung sicherzustellen, dass arbeitsmarktpolitische Maß­nahmen und konjunkturfördernde Bundesmittel zur Belebung der Bauindustrie für den Aus- und Umbau des Salzburger Hauptbahnhofes herangezogen werden.

4. Bei den zuständigen Stellen der EU entsprechende finanzielle Mittel zu lukrieren, da­mit notwendige Infrastrukturmaßnahmen (bspw. den Um- und Ausbau des Hauptbahn­hofes Salzburg) im Bahnbereich für die Euregio (Salzburg, Berchtesgader Land, Traun­stein) durchgeführt werden können.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Glaser zu Wort. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.41

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssek­retär! (Abg. Broukal – auf die am Rednerpult stehende Tafel mit der Aufschrift „Refor­men braucht die Bahn“, die einen Zug zeigt, deutend –: Baujahr 1962! – Ruf bei der ÖVP: Funktioniert immer noch! – Abg. Broukal: Sehr unbeliebt! Öfter kaputt wie ...!) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Broukal! Danke für das Stichwort. Es stimmt, die Lok, die Sie da sehen, ist aus dem Jahr 1962. (Abg. Broukal: Das ist ein Steuerwagen, keine Lok!) – Egal, wie auch immer: Man kann damit fahren. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Broukal! (Abg. Dr. Cap: Einstampfen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Haben Sie auch den Satz daneben gelesen? – „Reformen braucht die Bahn“! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Das ist ja ein Murks!) Das heißt, heute fahren wir noch mit diesen Steuerwägen, und gerade deswegen brauchen wir die Reform der Bahn. – Das will die Tafel aussagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Dr. Cap: Einstampfen!)

Das ist ein Symbol dafür, dass wir in vielen, ja in allen Bereichen der Bahn Reformen brauchen. (Abg. Dr. Cap: 40 Jahre sind Sie zurück! 40 Jahre!) Nicht für Zustände aus


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 81

dem Jahre 1962, sondern für Zustände, die für die Jahre nach 2003 notwendig sind, dafür brauchen wir die Reform! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Weder modern noch Service!)

Doch zurück zum Sachlichen. – Ich will mich wirklich bemühen, auch sachlich zu argu­mentieren. Kollege Cap! (Abg. Dr. Cap: 40 Jahre!) Es wäre gut gewesen, wenn auch Sie bei der Verkehrstagung der Wirtschaftskammer vor wenigen Wochen gewesen wären. Da hätten Sie nämlich auch einige interessante Daten und Fakten, was den Transit Richtung Osten und Süden betrifft, zu hören bekommen, zum Beispiel, dass das Transitaufkommen in diese Richtungen bis 2015 um 250 Prozent steigen wird. Ein weiteres Faktum ist, dass vor allem in Richtung der Südhäfen an der Adria der Güter­verkehr entsprechend zunehmen wird. Sogar – man höre und staune! – der Landver­kehr Richtung China und Japan werde zunehmen und an Bedeutung gewinnen. – Das ist etwas, das ich nicht für möglich gehalten hätte. Wenn, dann wird der Landverkehr wohl über die Bahn stattfinden und nicht per LKW.

Was – zumindest für mich – auch noch neu war: dass die westliche Endstation der Transsibirischen Eisenbahn in Krakau liegt. (Abg. Broukal: Nein!) – So haben es Experten gesagt. (Abg. Broukal: Das ist falsch! Die Russen haben eine andere Spur!) Das ist eine Stadt, die gerade einmal 400 Kilometer von Wien entfernt ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was belegt mehr, wie wichtig Reformen gerade im Hinblick auf den Transit Richtung Osten und Süden sind und dass die Österreichischen Bundesbahnen darauf reagieren müssen?

Im gleichen Atemzug wurde gesagt, dass man in Europa derzeit noch auf 16 verschie­denen technischen Gleisebenen fährt. Das ist, glaube ich, wiederum ein kräftiges Argu­ment dafür, dass diese Bahn eine entsprechende Reform braucht. (Abg. Dr. Nieder­wieser: Mit dem hat das ja gar nichts zu tun! Überhaupt nichts!) Kollege Niederwieser! (Abg. Dr. Jarolim: Man soll das auch sagen!) Im Unterausschuss gab es eine Reihe von Daten und Fakten bezüglich einer notwendigen Reform, denen durchaus auch Kolleginnen und Kollegen der SPÖ und der Grünen zustimmen konnten. Warum hätten Sie denn sonst mit uns verhandelt? – Damit man vielleicht doch zu einem gemein­samen Ergebnis kommt!

Sie haben verhandelt, weil auch Sie genau wissen und das immer wieder bestätigt haben, dass wir diese Bahnreform brauchen. Es geht genau darum, dass wir diese Reformen durchführen, dass wir auf dem vorhandenen Schienennetz die Qualität des Transportes entsprechend steigern, dass natürlich auch Ausbaumaßnahmen notwen­dig sind, aber dass wir die Verkehrsströme ganz einfach besser organisieren.

Es geht also darum, dass wir den Bahnverkehr in Europa zu möglichst gleichen und vergleichbaren Bedingungen bewerkstelligen, damit die Wettbewerbsfähigkeit auch tat­sächlich gegeben ist, die ja durch verschiedene EU-Richtlinien gewährleistet ist.

Ein Punkt in diesem Wettbewerb ist natürlich auch, dass wir die Bahn in verschiedene Bereiche strukturieren. Einer dieser Bereiche wird der Personenverkehr sein. Ich glaube, dass die Bahn gerade da sehr viel an ihren Kunden gutzumachen hat, denn speziell bezüglich dieses Bereiches möchte ich Sie fragen: Wie erklären Sie zum Beispiel einem burgenländischen, niederösterreichischen oder steirischen Pendler den Streik, der verhindert, dass er zu seinem Arbeitsplatz kommt? Wie erklären Sie ihm den Streik, den die Eisenbahner durchgeführt haben, um ihre Privilegien zu verteidi­gen, während er zu normalen ASVG-Bedingungen arbeiten muss?

Da es darum geht, die Qualität und die Verlässlichkeit des Nahverkehrs und des Pend­lerverkehrs für die Zukunft sicherzustellen, darf ich einen Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Missethon und Mag. Mainoni einbringen, der zum Ziel hat,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 82

dass die Qualität für den Fahrgast in der Zukunft steigt. Ich darf diesen Entschlie­ßungsantrag begründen:

Der Nationalrat wolle beschließen: Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, ...

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter! Der Antrag ist lang. Es geht sich nicht aus, ihn vorzulesen, aber wir können ihn verteilen. Sie haben ihn jetzt erläutert: Er soll die Kundenzufriedenheit erhöhen. Ich nehme ihn in Verhandlung. (Abg. Dr. Brinek: Danke für die Hilfe!)

 


Abgeordneter Franz Glaser (fortsetzend): Ich schließe damit, dass ich ganz einfach noch einmal wiederhole, dass gerade auch um die Qualität ...

12.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Die Redezeit ist er­schöpft – sonst geht es sich nicht aus.

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Glaser.)

Der Antrag steht, wie gesagt, zur Verhandlung und wird verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Missethon, Mag. Mainoni zur Einleitung einer Kunden­zufriedenheitsoffensive bei den ÖBB, eingebracht im Zuge der Debatte betreffend das Bundesbahnstrukturgesetz 2003, 311 d.B. in der Fassung des Ausschussberichtes (340 d.B.)

Die ÖBB sind das größte Verkehrsunternehmen Österreichs. Mit der Reform sollen nicht nur seine Strukturen modernisiert sondern mittel- und langfristig für die Kunden auch erreicht werden, dass das Service der Bahn noch attraktiver wird. Da das wert­vollste Kapital der ÖBB zufriedene Kunden sind, muss begleitend zur Reform der ÖBB der gesteigerte Nutzen für den Kunden rasch sichtbar und umfassend verbessert wer­den. Derzeit finden sich bereits Definitionen für Qualitätsanforderungen der Bahnkun­den in internationalen und nationalen Rechtsakten wieder:

1. Charta des Schienenpersonenverkehrs: Bekenntnis der europäischen Bahnen zu Qualitätsstandards

Die europäischen Bahnunternehmen – auch die ÖBB – haben sich in der Charta des Schienenpersonenverkehrs vom 4. Juni 2003 freiwillig verpflichtet, die Qualitätsstan­dards ihrer Service- und Reiseangebote anzuheben.

Sie erstreckt sich auf alle Schienenverkehre. Für Schienenverkehre, die auf Basis von Verkehrsverträgen im Auftrag der öffentlichen Hand betrieben werden, sollen weiterhin die nationalen Bestimmungen wie z.B. im Gesetz für den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr 1999 (ÖPNRV-G 1999) gelten.

Die Charta geht über die bisher im internationalen Personenverkehr praktizierte und den Kunden zugestandenen Rechte hinaus:

Information über Leistungen und Fahrscheine

Der Kunde ist unter anderem über die günstigsten Fahrverbindungen, die Platzverfüg­barkeit und den niedrigsten Tarif zu informieren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 83

Information über andere Verkehrsträger

Die Kunden werden über An- und Abfahrtswege zum und vom Bahnhof und über Ver­bindungen mit anderen Verkehrsträgern informiert.

Information über Serviceleistungen wie Gepäck- und Fahrradbeförderung

Die Reisenden dürfen bis zu 3 Gepäckstücke mit sich führen und sollen Informationen über den Fahrrad- und Reisegepäcktransport, insbesondere zu ausländischen Ziel­orten, zur Verfügung gestellt bekommen.

Reklamationen und Ansprüche

Unbürokratische Abwicklung von Reklamationen und Ansprüchen binnen vier Wochen. Einrichtung einer Reklamationsstelle bei jedem Bahnunternehmen. Bei Abweisung einer Reklamation hat der Kunde das Recht über eine Verbraucherorganisation oder einer anderen offiziellen Schlichtungsstelle Einspruch zu erheben.

Pünktlichkeit

Die Öffentlichkeit wird in Bahnhöfen, Plakaten oder anderweitig über Pünktlichkeits­ziele und -leistungen informiert. Bei Verspätungen, Ausfällen und Umleitung von Zü­gen, werden die Reisenden im Zug und in den Bahnhöfen, umfassend über Grund, Dauer und Auswirkungen auf Ihre Reise, informiert.

Verspätungen

Bei Verspätungen sollen den Reisenden

bei einer Fahrtunterbrechung von mehr als drei Stunden Erfrischungen gereicht wer­den und

wenn die Fahrt nicht am selben Tag fortgesetzt bzw. keine alternative Reisemöglichkeit organisiert werden kann, Übernachtungsmöglichkeiten angeboten werden.

Falls die Bahnunternehmen eine Verspätung alleine verschuldet haben,

haben die Reisenden Anspruch auf eine angemessene Entschädigung,

wird dem Reisenden bei Fahrtunterbrechung situationsgerecht und unentgeltlich eine Fahrkostenerstattung, ein Fahrschein für einen anderen Zug (gegebenenfalls in einer höheren Produktklasse) oder eine Ersatzreisemöglichkeit zu vertretbaren Kosten ange­boten.

Permanente Konsultation der Kunden

Die Bahnunternehmen oder ihre Verbände beteiligen sich an Konsultationsforen, in denen auch Verbraucherverbände vertreten sind.

Überwachung

Die Bahnunternehmen überwachen regelmäßig die Kundenzufriedenheit und Pünkt­lichkeit. Reklamationen werden im nationalen und internationalen Schienenpersonen­verkehr erfasst, nach Kategorien geordnet und in einer Übersicht veröffentlicht.

Auf der selben Basis haben sich die europäischen Bahnen mit der „Charta für den Güterverkehr“ vom 4. Juni 2003 freiwillig verpflichtet, die Qualitätsstandards ihrer Service- und Güterverkehrsgebote anzuheben.

2. ÖPNRV-G 1999: Verbindliche Qualitätskriterien zur Erbringung von öffentlichen Per­sonennah- und Regionalverkehrsleistungen

Auch für die ÖBB gilt als Voraussetzung für die Bereitstellung von Bundesmitteln die Einhaltung von gewissen Qualitätskriterien. Das legt das Gesetz für den öffentlichen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 84

Personennah- und Regionalverkehr 1999 (ÖPNRV-G 1999) im § 31 fest. Neben einer Reihe von technischen Merkmalen die zur benutzerfreundlicheren Gestaltung beitra­gen, wird auch dem Fahrkomfort durch Minimierung von Fahrt- und Umsteigdauern sowie der Zuverlässigkeit und Häufigkeit der Fahrten und der Sauberkeit Rechnung getragen.

Schon heute sind die ÖBB laut einer Vereinbarung verpflichtet über die zu erbringen­den gemeinwirtschaftlichen Leistungen einen quartalsweisen Qualitätsbericht zu legen, in dem auf den Pünktlichkeitsgrad im allgemeinen, den Pünktlichkeitsgrad im Früh- und Abendverkehr, Zugausfälle sowie eine von den Zugbildeplänen abweichende Zugbil­dung einzugehen ist.

3. BBSG 2003: Sechsjahres-Vertrag für Bereitstellung der Infrastruktur nach Bundes­bahnstrukturgesetz 2003

Das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 sieht in § 42 den Abschluss eines sechsjährigen Vertrages zwischen Bund und ÖBB vor, in welchem für die Bereitstellung der Schie­neninfrastruktur die Höhe des finanziellen Zuschusses festzulegen ist. Schwerpunkt des Vertrages ist die Sicherung und die laufende Verbesserung der Qualität der Schie­neninfrastruktur und ihrer Sicherheit insbesondere der Strecken unter Berücksichtigung des technischen Ausrüstungsstandes, der Verfügbarkeit und der Personalproduktivität.

Ziel

Ein wesentliches Ziel der ÖBB-Reform ist die umfassende Leistungs- und Qualitätsver­besserung der ÖBB in allen Bereichen. In der Charta des Schienenpersonenverkehrs der Europäischen Bahnen, dem ÖPNRV-G 1999 sowie dem vorliegenden Bundes­bahnstrukturgesetz 2003 sind die dazu erforderlichen Rahmenbedingungen verbindlich festgeschrieben und sollen u.a. durch laufende Überprüfungen und regelmäßig durch­geführte Umfragen zur Kundenzufriedenheit sichergestellt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, im Zusam­menwirken mit den übrigen zuständigen Bundesministern bei den bestehenden bzw. künftig abzuschließenden Leistungsverträgen mit der ÖBB-Holding und deren Gesell­schaften in geeigneter Weise auf die Einhaltung vor allem der die Kundenzufriedenheit fördernden Maßnahmen, zu achten:

1) Umsetzung der Charta des Personen- und Güterverkehrs in der sich die europäi­schen Bahnen freiwillig verpflichtet haben, die Qualitätsstandards ihrer Service- und Reiseangebote anzuheben.

2) Sicherstellung der im ÖPNRV-G 1999 im § 31 festgeschriebenen Qualitätskriterien.

3) Erfüllung der entsprechend BBSG 2003 § 42 festgelegten Qualitätskriterien für die Bereitstellung der Schieneninfrastruktur, die für die Gewährung des finanziellen Zu­schusses seitens des Bundes an die ÖBB erforderlich ist.“

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. Redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 85

12.48

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den heutigen Vormittag haben wir damit verbracht, über die ÖBB zu diskutieren. Alle bisherigen Redner habe ich eigent­lich – bis auf ganz wenige – noch nie im Zug gesehen. (Allgemeine Heiterkeit und Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Broukal: Mich!)

Jetzt möchte ich eigentlich ganz gern einmal die Probe aufs Exempel machen: Wer von Ihnen von den Regierungsparteien hat denn diese Vorteilscard? (Die Rednerin hält ihre ÖBB-Vorteilscard in die Höhe. – Abg. Scheibner: Wir sind Vollzahler! – Die Abge­ordneten Broukal, Mag. Hans Moser, Bayr sowie einige andere Abgeordnete halten eine ÖBB-Vorteilscard in die Höhe.) – Kennen Sie die? Das sind wenige! Schauen Sie sich einmal an, wie viele Leute Sie sind und wie wenige die Karte haben! (Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, was? Davon zu reden, dass die ÖBB reformiert werden müssen, dass die ÖBB selbstverständlich einen Zuschuss von Bundesebene brauchen, der selbstver­ständlich aus Steuermitteln zu bezahlen ist, und selbst null Beitrag dazu zu leisten, dass die ÖBB auch fahren können, dass die Leute sie benutzen, das ist ein verdammt schwaches Argument für Ihre Reform! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der öffentliche Personenverkehr ist nicht als betriebswirt­schaftlich rechnendes Unternehmen zu sehen, und das darf auch nie so sein, sondern öffentlicher Verkehr ist ein sozialer und umweltpolitischer Auftrag an uns alle, und den gilt es, zu erfüllen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie der Abg. Dr. Bleck­mann.)

Diese Bahnreform ist keine Reform, sondern es ist nichts anderes als „Rot raus, Schwarz und Blau rein“! (Abg. Wattaul: Wieso ist Rot drinnen? – Abg. Dr. Brinek: Ja, wieso ist denn Rot überhaupt drinnen?) Eine Reform ist es nicht. Sie haben die ganze Zeit davon gesprochen, man müsse das Unternehmen wieder auf die Beine stellen, man müsse es sanieren, man müsse es besser machen. – Wissen Sie, was? Wenn heute jemand krank ist, dann amputiert man ihm auch nicht Füße und Hände und hofft, dass er wieder gesund wird, sondern man versucht, das Gemeinsame zu erhalten. Das machen Sie aber nicht!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihre Reform ist keine Reform, sondern eine Demontage! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Wir hätten die ÖBB sehr wohl ver­ändern können, weil sie auch veränderungsbedürftig sind, zweifellos. Das Servicean­gebot und viele andere Angebote müssen verbessert werden. Eine Verbesserung ist notwendig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie des Abg. Miedl.)

Mit Ihrer Reform werden Sie diese Verbesserung aber nicht erreichen. Ganz im Ge­genteil: Durch den Personalabbau werden die Serviceleistungen immer weniger wer­den, und das geht auf Kosten der Kunden! (Abg. Gaál: Sehr richtig!) Wenn keine Leute mehr im Zug sitzen, dann ist es leicht, eine Bahn einzustellen. – Das praktizieren Sie mittlerweile seit drei Jahren. (Ruf bei der SPÖ: Vier Jahren!) So einfach machen Sie es sich!

Sie haben nicht vor, die Bahn als sozialen Auftrag weiter bestehen zu lassen. Herr Minister! Sie wollen – und Sie haben es in Ihrem letzten Redebeitrag explizit gesagt – eine privatwirtschaftliche Bahn und nicht mehr, dass die Republik Inhaberin dieser Bahn ist. (Abg. Miedl: Aber selbstverständlich!) Sie wollen sie privatisieren. (Vize­kanzler Gorbach: Nein!) Herr Minister! Sie wollen die Bahn privatisieren. (Vizekanzler Gorbach: Nein!) – Nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen, aber in den nächsten Jahren. (Abg. Miedl: Steht ja im Gesetz! Durchlesen!) Wenn wir bei der Bahn im Per-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 86

sonennahverkehr betriebswirtschaftlich rechnen, dann gibt es nur mehr ganz wenige Menschen, die sich den öffentlichen Verkehr auch leisten können. Die, die überbleiben und nicht mehr fahren können, sind SchülerInnen, mobilitätsbeeinträchtigte, umweltbe­wusste und ältere Menschen. – Herr Minister! Denen die Mobilität nicht mehr garantie­ren zu können, das ist ein starkes Stück! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Kehren Sie zurück zum sozialen Auftrag des österreichischen Verkehrsunternehmens Bahn und sorgen Sie dafür, dass Mobilität nicht nur für jene sichergestellt ist, die mit dem Auto fahren, sondern auch für die, die ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen. Viele von uns wissen, warum sie dies tun: Weil wir einfach auch an die Umwelt, an unsere Zukunft und an die Zukunft unserer Kinder denken. – Die brauchen eine ordentliche Umwelt. Die ÖBB können ihren Beitrag dazu leisten, wenn alle, die hier sitzen, als ersten Schritt auch einmal die Bahn benützen (Beifall bei den Grünen und der SPÖ) – und nicht verlangen, dass der Parkplatz vor dem Parlament vergrößert wird, weil Sie auch heute alle mit dem Auto da sind. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Wenn Sie es nicht glauben, dann gehen Sie hinaus und schauen Sie nach. Sie werden sehen, ich habe Recht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.53

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. Gleiche Redezeit. – Bitte.

 


12.53

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Parteipolitik hat auf dem Rücken eines Unternehmens grundsätzlich nichts verloren. In den letzten Jahrzehnten hat die SPÖ geglaubt, die ÖBB seien ein sozialdemokratisches Unternehmen. Jetzt ist es an der Zeit, aus den ÖBB ein modernes und kostenorientiertes Unternehmen zu machen. Das Bundesbahn­strukturgesetz schafft die Voraussetzungen dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Führung eines Unternehmens obliegt einzig und allein dem Vorstand, ohne partei­politisch motivierte Vorgaben. Ein Dienstleistungsunternehmen muss marktorientiert und kundenorientiert handeln. Parteipolitik ist hier fehl am Platz. (Abg. Gradwohl: Dann lasst eure Politik draußen, Herr Kollege!)

Zu Herrn Haberzettl: Wenn Arbeitnehmer selbst entscheiden, welche Arbeit sie wann und wo machen, kann kein Unternehmen funktionieren. Ausschließlich der Kunde ist entscheidend. Die Verantwortung hat natürlich der Vorstand. Unsere Verantwortung hier im Parlament ist es, den ÖBB ein Gesetz zu geben, sodass der Vorstand diesen Betrieb strukturiert und kostenorientiert führt.

Minister Gorbach hat die Verantwortung für die ÖBB übernommen. Mit diesem Gesetz ist sichergestellt, dass die Steuergelder der Österreicher und Österreicherinnen ziel­orientiert eingesetzt werden.

Vielleicht noch ein Wort betreffend die Frächterlobby: Wissen Sie eigentlich, wer der größte Frächter in Österreich ist? (Abg. Dr. Fekter: Die ÖBB!) – Das sind die Öster­reichischen Bundesbahnen. Ich halte nichts von den Versuchen, die Straße gegen die Schiene auszuspielen. Jede Infrastruktur hat ihre Berechtigung. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Wir sprechen von Wirtschaftswachstum und Exportwachstum. Dass die Waren auch transportiert werden müssen, ist völlig klar. Nicht die Transportunternehmer sind am hohen Verkehrsaufkommen schuld. Es gibt keinen Frächter, der umsonst herumfährt. Es sind weder die ÖBB noch die Frächter schuld. Die jahrelangen Versuche vor allem der SPÖ, die Schiene gegen die Straße auszuspielen, müssen endlich vorbei sein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 87

(Abg. Dr. Lichtenberger: Jetzt haben die Frächter freie Fahrt!) Die Verkehrssteigerung durch die EU-Erweiterung wird ohnehin für beide Verkehrsträger große Herausforde­rungen bringen. Wir bekennen uns zu den Österreichischen Bundesbahnen und ihren Mitarbeitern. (Abg. Brosz: LKW-Transitverkehr!) Dazu ein Spruch, den mein Vater immer gesagt hat: Da fährt die Eisenbahn drüber! – Mit diesem Gesetz werden wir die Eisenbahn auch in eine wirklich gute Zukunft führen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Lichtenberger: Drüberfahren, das ist richtig!)

Ich möchte jetzt noch folgenden Antrag einbringen: 

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Mainoni, Miedl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvor­lage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz 1992, das Schie­neninfrastrukturfinanzierungsgesetz, das Hochleistungsstreckengesetz, das Bundesge­setz zur Errichtung einer „Brenner Eisenbahn GmbH“, das Bundespflegegeldgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz sowie das Gesetz zur Neuordnung des Dienstrechtes der Österreichischen Bundesbahnen und deren Rechtsnachfolge-Unternehmen erlassen wird mit dem das Bahn-Betriebsverfassungsgesetz aufgehoben wird, und mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz und das Angestelltengesetz geändert werden (Bundesbahnstrukturgesetz 2003) (311 d.B.), in der Fassung des Ausschuss­berichtes (340 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschussberichtes wird wie folgt geändert:

Im Artikel 1 Zi 10 werden dem § 54 folgende Abs. 11 und 12 angefügt:

„(11) Insoweit die Bestellung der ersten Mitglieder der Vorstände oder Geschäftsfüh­rungen der ÖBB – Holding AG und deren umzuwandelnden oder zu gründenden Toch­ter- und Enkelgesellschaften aus dem Personenkreis der Mitglieder des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung sowie der Leiter der Geschäftsbereiche der von den im Arti­kel 1 dieses Bundesgesetzes angeordneten Umstrukturierungsmaßnahmen betroffe­nen Gesellschaften erfolgt, ist für diese Bestellungen das Stellenbesetzungsgesetz, BGBI. I. Nr. 26/1998, in der jeweils geltenden Fassung mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Ausschreibung der erstmals zu besetzenden Funktion nicht erforderlich ist.

(12) Bei der Bestellung von Mitgliedern der Vorstände oder Geschäftsführern der ÖBB-Holding AG sowie deren umzuwandelnden oder zu gründenden Tochter- und Enkelge­sellschaften ist jedoch eine Ausschreibung nach dem Stellenbesetzungsgesetz jeden­falls erforderlich, wenn die Bestellung nicht aus dem im Absatz 11 genannten Perso­nenkreis erfolgt.“

*****

Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.57

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Antrag ist genügend unterstützt und steht mit in Ver­handlung. Ich hoffe, dass dann alle Anträge eingebracht sind, damit das Croquis zeit­gerecht fertig werden kann; sonst geht es uns so wie gestern.

 


Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Scharer. – Bitte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 88

12.58

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekre­tär! Meine Damen und Herren! Wir stimmen der ÖBB-Reform keinesfalls zu, weil nach Ihrem Konzept die Finanzierung der ÖBB nicht gesichert ist, es eindeutig zu Neuver­schuldungen in Milliardenhöhe kommen wird, es keine Absicherung im Nahverkehrsbe­reich geben wird, es keine verkehrspolitischen Konzepte gibt und vor allem keine sicht­baren Zeichen der Absicherung der Tarife für die Bevölkerung erkennbar sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es ist schon eine eigenartige Strategie, die die Regierung einerseits im Unterausschuss und andererseits hier im Plenum durchgezogen hat be­ziehungsweise durchzieht. Ich denke, es ist ein Management nach dem Motto: Mit Kukacka den Gorbach runter! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Wie haben Sie Ihre Strategie angelegt? – Man nehme das Unternehmen ÖBB, ent­machte den Vorstand und den Aufsichtsrat, übe ein schwarz-blaues Regierungsreform­diktat aus, erteile der gescheiterten Kurzzeitministerin Forstinger einen gut dotierten Auftrag, um Expertisen über die 100 besten ÖBB-Immobilien zu erstellen – damit geht man sehr geheimnisvoll um –, man lege keinesfalls weder dem Rechnungshof noch dem Unterausschuss glaubwürdige Zahlen vor, man lade zu Expertenhearings nur Pro-Redner ein, man stimme gegen den SPÖ-Vorschlag, die Landeshauptleute Häupl, van Staa, Haider, gegen die Vertreter von Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer, man ignoriere jede Forderung der Oppositionsparteien und man tue so, als ob man sich annähern möchte, um ein paar Stunden später Keulen schwingend, Herr Minister, zu verkünden: Wir ziehen die Reform am Donnerstag, dem 4. Dezember, durch.

Es wird nichts mehr verändert. Alle fachlichen und sachlichen Argumente haben Sie vom Tisch gefegt. Sie haben sich so verhalten, als ob wir über den Einfluss des Mond­lichts auf Eisenbahnschienen diskutieren würden. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich rate Ihnen dringend, dass Angebot für ein Coaching von unserem Josef Broukal anzunehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir, meine Damen und Herren, nehmen die Sorgen der Menschen und die Sorgen der Länder ernst. Die Befürchtungen der Salzburger Landesregierung sind berechtigt, dass nämlich Land und Gemeinden zusätzliche Belastungen zu tragen haben werden, um den Nahverkehr abzusichern. Sie reden zwar jetzt nicht von Privatisierung, Ihre Loko­motive fährt aber eindeutig in diese Richtung. Uns ist es nicht egal, was mit den ÖBB-Kraftwerken passiert und damit auch mit dem Ausverkauf der heimischen Wasserkraft, wie zum Beispiel Uttendorf in einer Arbeitsmarktproblemregion im Oberpinzgau, dem der Verkauf droht. Es ist uns auch nicht egal, was mit der Pinzgauer Bahn passiert und mit allen Nebenbahnen in Österreich. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Sie werden heute die Reform – Sie haben die Mehrheit – beschließen. Ihre Verantwortung, Herr Minister, wird nur eine begrenzte sein, und nachfolgende Regierungen werden bezahlen und vor allem reparieren müssen. Eines ist aber irreparabel: In Ihren Managementprozess haben Sie die wichtigsten Partner und Partnerinnen, die Säulen eines Unternehmens nicht eingebunden, nämlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Arbeitnehmervertretung. Herr Minister! Sie haben vorhin erwähnt, dass es künftig fleißige Mitarbeiter geben wird. Ich fordere Sie auf, sich bei den MitarbeiterInnen der Eisenbahn jetzt zu entschuldigen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie haben es provoziert, dass die Berufsgruppe der angeblich privilegierten Eisenbah­ner gegen andere ausgespielt wurde. Sie haben das Prinzip des Vertrauensgrundsat­zes in Bezug auf die Arbeitnehmerrechte verlassen. Sie, Herr Staatssekretär, sprachen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 89

im Unterausschuss laut eigener Aussage nicht über Köpfe, Sie bestritten, dass es zum Personalabbau kommen wird. Sie sprachen über eine fragwürdige Personaleinspa­rungsgröße in der Bandbreite von 500 Millionen € bis 760 Millionen €. Es sind also zwei Drittel des Einsparungsziels, die zu Lasten von Arbeitsplätzen gehen. Das ist eine menschenverachtende Strategie. (Abg. Großruck: Hört doch einmal auf damit!) Wir sprechen über 12 000 Menschen, über engagierte, fleißige, motivierte EisenbahnerIn­nen, die bis 2010 in eine unsichere Existenz entlassen werden. (Abg. Großruck: Das ist ja unerträglich!) Das glaube ich Ihnen schon, dass es für Sie unerträglich ist, wenn es um Mitarbeiter geht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Könnt Ihr nicht einmal auch etwas anderes sagen!)

Wir wollen keine Lokomotive, die drüberfährt, und keine aufgeblähte Struktur, in der die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Wir wollen eine Bahn, die fährt – für die Menschen, für die ArbeitnehmerInnen, für die Wirtschaft, zum Schutz der Umwelt, für Österreich! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

13.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


13.04

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! (Abg. Gradwohl: Ich bin schon gespannt, was Sie außer Zwi­schenrufen noch zu sagen haben!) Ja, wir werden keine Zwischenrufe machen, wir werden direkt zur Sache kommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist notwendig, dass man jetzt einiges zurechtrückt, was von meinen Vorrednern hier vorgebracht wurde. Der Vorsitzende des Unterausschusses, Kollege Eder, etwa hat gemeint, dass 12 000 Menschen entlassen werden. Meine unmittelbare Vorrednerin hat von einer unsicheren Existenz gesprochen. (Abg. Eder: 600 Millionen € Einspa­rung – entweder stimmt das oder der Plan stimmt nicht!) Der Herr SPÖ-Vorsitzende hat davon gesprochen, dass er die Entwicklung dieser Reform mit großer Sorge betrachtet.

Ich meine, die große Sorge des Herrn SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer bezieht sich eigentlich auf die Erhaltung des Machtapparats der SPÖ, auf jene 2 200 freigestellten Personalvertreter, unter denen sich in Wiener Neustadt zum Beispiel einer befindet, der nichts anderes im Sinn hat, als während der Dienstzeit Anzeigen gegen jene Men­schen zu machen, die mit Sorge auf dem Hauptplatz und vor dem Bahnhof in Wiener Neustadt stehen. – Das ist unzumutbar! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Sie haben versprochen, sachlich zu werden! Bemühen Sie sich wenigstens darum!)

Ich habe mir erlaubt, jenes Inserat, dass die SPÖ gestern in den Tageszeitungen ge­schaltet hat, nämlich „Österreich will eine ÖBB mit Zukunft“, etwas abzuändern, denn ich denke, dass die Spindoktoren der SPÖ hier einen Rechtschreibfehler gemacht haben. Im Inserat hat es geheißen: „Morgen wird diese Zukunft von der schwarz-blauen Regierung zerschlagen!“ Eigentlich sollte es heißen: Heute wird diese Zukunft von der schwarz-blauen Regierung ermöglicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Zu dieser Zukunft: 80 Prozent wollen diese Reform! – Das ist keine Aussage von uns, sondern das ist eine Aussage des Kollegen Haberzettl im Unterausschuss des Ver­kehrsausschusses in der Diskussion rund um die ÖBB-Reform. Ich erinnere auch an die Aussagen des Kollegen Broukal und des Kollegen Eder als Vorsitzenden. Heute sagte er hier, weil das fernsehgerecht war, dass 12 000 Menschen entlassen werden sollen. (Abg. Eder: Nein, sondern weil die Rechnung sonst nicht stimmt!) Ich erinnere mich, dass Sie in diesen Unterausschussverhandlungen noch dieselbe Meinung wie wir vertreten haben, dass es um eine Dienstleistungs-GesmbH gehen soll und dass


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 90

neue Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden sollen, damit es nicht zu Entlassungen kommt.

Auch Ihr Einwand von heute, dass die Fahrpreise erhöht werden sollen, wurde im Unterausschuss nie aufs Tapet gebracht beziehungsweise diese Frage wurde sogar geklärt, weil sie mehrmals gestellt wurde. (Abg. Eder: Was wetten wir?!)

Kollege Broukal hat zu mitternächtlicher Stunde beziehungsweise knapp vor 1 Uhr, be­vor von Ihnen der Ausschuss aus gewissen Gründen, die heute nachvollziehbar sind, unterbrochen wurde, gemeint, dass man personelle Verschränkungen herbeiführen müsste mit der Holding, mit der AG und man sich dann treffen könnte. So sind wir aus­einander gegangen. Dann ist die Gewerkschaft auf den Plan getreten, wahrscheinlich Haider aus Oberösterreich oder wer auch immer. Am nächsten Tag hat jedenfalls alles anders ausgeschaut. Heute ist man wieder gegen diese Reform, und heute ist man nicht dafür, dass man sich irgendwo treffen könnte.

Dass es notwendig ist, das haben nicht nur die Gewerkschafter erkannt, sondern das hat auch einer jener, die für den Status verantwortlich sind, den wir heute vorfinden, bereits im Jahr 1997 hier in diesem Hohen Haus ausgesprochen. Er ist ja heute unter uns, es ist Nationalrat Einem. Er war damals Verkehrsminister und meinte – ich zitiere –:

Wir treten auch entschieden dafür ein, dass es zu flexibleren und preiswerteren Ange­boten der Anbieter auf den Schienen kommt. Aber dafür müssen Voraussetzungen geschaffen werden. Wir sind gerade dabei, das zu tun. – Zitatende.

2001 hat dann Draxler von Ausgliederungen gesprochen und von einer Management­leistungsgesellschaft, was ja nichts anderes ist als diese Dienstleistungs-GesmbH, die mit dieser Reform geschaffen werden soll. Passiert ist nichts, und der Schuldenberg ist weiter gewachsen!

Ich darf zum Abschluss auch noch Klima zitieren, ehemals Verkehrsminister, dann Bundeskanzler, heute in Argentinien. Klima hat gemeint – ich zitiere –:

Reformen sind notwendig, aber wie wir Österreich kennen, werden sie nicht durchge­führt werden. – Zitatende.

Dazu gibt es auch einen Artikel von Alfred Payrleitner im „Kurier“ vom 2. Oktober 2003, der sehr aktuell ist, in dem er schreibt:

„Aber es nützt alles nichts: Ein Zurück in die schönen alten Monopolistentage gibt es nicht. Wenn das Gewerkschafter nicht begreifen, sollten sie gleich als Parteien kandi­dieren. Damit alle merken, wie sie dann Pleite machen.“

Aber das nützt uns nichts! Wir brauchen eine ÖBB mit Zukunft, wir als Gemeinden brauchen diese Bundesbahn für unsere Fahrgäste, für unsere Pendler. Ich hoffe, dass hier vielleicht noch in den letzen Minuten ein Umdenken stattfindet, denn Österreich braucht diese Bahn. nützt Ein Zurück hilft dedem Wirtschaftsstandort, gerade heraus gesagt Niederösterreich im Zuge der Ostöffnung bei dem gestiegenen Verkehrsaufkommen nichts und es nützt vor allem den Kunden nichts, aber .g Genau für die sollten wir heute eigentlich eintreten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

13.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, beginnen Sie mit der Wiedergabe des zu berichtigenden Sachverhalts unds stellen Sie diesem den richtigen gegenüber.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 91

13.10

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Bleckmann hat heute Vormittag gesagt, sie sei erschüttert, weil Dr. Gusenbauer die ÖBB als Würstelbude bezeichnet hätte. (Abg. Wittauer: Hat er getan!)

Diese Behauptung ist falsch!

Wahr ist, dass Dr. Gusenbauer Folgendes gesagt hat – und ich zitiere wörtlich aus dem Vorabprotokoll –:

„Sie gehen nämlich“ – die Regierungsparteien – „mit einem der größten Unternehmen in unserem Land um“ – nämlich den ÖBB –, „als ob Sie einen Würstelstand reformie­ren wollten. Das ist das, was wir Ihnen vorwerfen, meine Damen und Herren!“

(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Da haben Sie es! Nur weil wir die ÖBB reformie­ren wollen!)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

 


13.11

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte der Bitte von Präsidenten Fischer nachkommen und mit dem Entschlie­ßungsantrag beginnen, damit er auch zeitgerecht eingebracht wird. Im Entschließungs­antrag geht es um einen Punkt, den Eva Glawischnig in ihrem Debattenbeitrag bereits angesprochen hat. Die Entwicklung wird nämlich die sein, dass bei den Verbindungen in Richtung Beitrittsstaaten bis 2010 für Autobahnen und Schnellstraßen rund sieben­mal so viel Mittel wie für die Schiene verwendet werden.

Wir stellen daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strategische Umweltprüfung für den Generalverkehrsplan

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird anlässlich der Bezugnahme auf den Generalverkehrsplan im Bundesbahngesetz aufgefordert, eine Strategische Umweltprüfung des Generalver­kehrsplans im Sinne der EU-Richtlinie 2001/42/EG baldmöglichst durchzuführen. Dabei ist Klimaschutzfragen hoher Stellenwert zuzumessen.“

*****

Herr Vizekanzler Gorbach, Sie haben in Ihrem Statement gesagt: Diese Regierung handelt! – Aber wie handelt sie, frage ich mich!

Die Regierung soll ruhig handeln, aber dieses Handeln soll zum Nutzen derer sein, die die ÖBB benutzen, und nicht zum Nutzen Ihrer Freunde und vielleicht auch Freun­dinnen, die schon in den Löchern scharren und auf einen Versorgungsposten in einer der neu geschaffenen Aktiengesellschaften warten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 92

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer auch immer von Ihnen hier heute behaup­tet hat – und diese Behauptung wurde tatsächlich bereits aufgestellt –, dass sich die ÖBB in den 30 Jahren nicht geändert haben, den würde ich herzlich einladen, einmal die ÖBB zu benutzen, denn der hat wirklich keine Ahnung, wie sehr sich die ÖBB in den letzten Jahren verändert haben, und zwar sehr zu ihren Gunsten, sehr in Richtung besseres Service, bessere und schnellere Verbindungen. Fahren Sie mit den ÖBB! Schauen Sie sich das an! Dann werden Sie hier von diesem Pult aus keine solchen Aussagen mehr tätigen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen und bei der SPÖ.)

Es ist so, dass sich die ÖBB auch im internationalen Vergleich sehen lassen können, und zwar auch im Kostenvergleich, wenn man ihn nämlich seriös anstellt und wirklich alle Komponenten mit einrechnet. Trotzdem sage ich: Man kann und soll die ÖBB durchaus durchleuchten, man soll sie auch verbessern. Das ist keine Frage! Aber man darf sie nicht zerschlagen. Es braucht Verbesserungen, es gibt Verbesserungsbedarf.

Dieser besteht einerseits im Güterverkehr, bei der Schnelligkeit, mit der die Abwicklung erfolgt. Wir haben in Österreich ganz große Defizite im grenzüberschreitenden Güter­verkehr. Da gehört vieles verbessert. Das ist keine Frage! Das ist aber nicht nur Auf­gabe der ÖBB, sondern das ist auch eine politische Aufgabe. Ich habe sie auch schon im Vorarlberger Landtag immer wieder eingefordert. Herr Vizekanzler, Sie wissen das ganz genau!

Aber passiert ist herzlich wenig. Was es nämlich braucht, sind auch auf politischer Ebene Gespräche, und zwar auf höchster Ebene; Gespräche, die international über die Güterverbindungen Deutschland, Österreich und Italien geführt werden. Hier zum Beispiel liegt sehr vieles im Argen, was dringend verbessert werden muss.

Auch im Personenverkehr braucht es Verbesserungen. Das ist überhaupt keine Frage! Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede! Ich habe mir ausgerechnet, dass ich heuer schon 51 000 Kilometer mit den ÖBB gefahren bin. Ich weiß, was da läuft und was da spielt! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder. – Abg. Brosz: Das ist so viel, wie alle Abgeordneten der Regierungsfraktionen zusammen mit den ÖBB fahren!) Das ist möglich, dass das in etwa dem entspricht, was die Regierungsfraktionen zusammen auf der Bahn fahren. Ich weiß es nicht, ich will es nicht unterstellen. (Abg. Öllinger: Mehr!)

Ganz klar ist, dass es derzeit im Personenverkehr noch immer Missstände wie über­füllte Züge zu Stoßzeiten gibt. Das ist keine Frage! Es gibt Warteschlangen an Bahn­schaltern. Bitte, gehen Sie einmal um 10 Uhr abends auf den Westbahnhof, um sich ihre Schlafwagen- oder Liegewagenplatzreservierung abzuholen! Dann werden Sie sehen: Da steht eine Schlage, und das auf einem international wichtigen Bahnhof! – Wissen Sie warum? Weil ein einziger Schalter offen ist! Die Leute motzen dann den armen Beamten an, der da am Schalter sitzt, aber der kann nichts dafür! Ich wieder­hole: Eine einzige Person sitzt dort! (Beifall bei den Grünen.)

Doch Sie wollen 12 000 weitere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der ÖBB abbauen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dann stehen wir überhaupt eine Stunde dort, bis wir eine Fahrkarte bekommen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder.)

Was genauso eingespart worden ist, was aber für mich nicht nachvollziehbar ist, sind Serviceleistungen bei Gepäckaufgaben. Immer mehr alte Menschen sind mobil. Das war ein hervorragendes Service für diese Leute. Solche Dinge werden mit der Begrün­dung des Einsparens aufgelassen. Bitte achten Sie darauf, wo gespart werden soll, wo es einen Sinn hat, und vermeiden Sie Einsparungen dort, wo es kontraproduktiv ist, weil Sie damit wichtige Kundenkreise vertreiben! (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 93

Ein letzter wichtiger Punkt, wo natürlich etwas getan werden muss, ist der ganze Bereich von Zugängen zu Bahnhöfen, wo es für Menschen mit Behinderung, wo es für Menschen mit Kindern, wo es vor allem auch wieder für sehr, sehr viele ältere Men­schen kaum möglich ist, zum Zug zu kommen, weil sie viele Stiegen überwinden müssen und weil sie zum Teil noch immer Schwierigkeiten beim Einsteigen haben. Bitte, denken Sie daran, und machen Sie die Bahn zugänglich für alle! Wir unterstützen Sie auf diesem Weg. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht bei dieser Bahnreform nicht um Versorgungsposten, und es geht auch nicht um eine Revanche gegenüber dem Machtapparat der SPÖ, wie gerade gesagt wurde. Wenn Sie, Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, mit der SPÖ ihre Fehden aus­tragen wollen, dann tun Sie das auf friedlichem Weg irgendwo anders, aber nicht auf dem Rücken der ÖBB! Die Kosten für Ihre Fehden bezahlen nämlich wir als Benutze­rInnen der Bahn, und das kann und darf nicht sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Regierung macht mit der ÖBB-Reform, wie sie jetzt geplant ist, eine nachhaltige Verkehrspolitik, allerdings eine nachhaltige Verkehrspolitik im allerschlechtesten Sinn, denn der Schaden, den Sie jetzt anrichten, wenn Sie dieses Gesetz so durchbringen, wie Sie es vorhaben, der ist nachhaltig, und es wird sehr, sehr schwer sein, den Schaden, den Sie jetzt verursachen, wieder gutzumachen und wieder zurückzuneh­men. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Rich­tung Staatssekretär Mag. Kukacka –: Sagen Sie etwas zu den 18 Vorstandsposten, die ohne Ausschreibung vergeben werden!)

 


13.18

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich möchte einiges zu dem, was meine Vorredner gesagt haben, sagen, insbesondere zu den Vor­würfen der Zerschlagung und der Zertrümmerung der Bahn, weil das nicht im Min­desten irgendwelchen internationalen Vergleichen standhält.

Fast alle europäischen Länder um Österreich herum haben ihre Bahnen schon längst neu organisiert. Die Deutsche Bahn zum Beispiel hat nicht vier Aktiengesellschaften wie wir, sondern sechs Aktiengesellschaften und noch rund zehn weitere GesmbHs – das muss einmal in diesem Zusammenhang klargestellt werden –, und die Deutsche Bahn ist dabei gut gefahren. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) Seit die Deutsche Bahn nämlich in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, ist ihre Produktivität um 154 Prozent gestiegen, hat sie 30 Prozent mehr Anteil im Personennahverkehr, hat sie insgesamt 12 Prozent mehr Umsatz gemacht, meine Damen und Herren! (Abg. Öllin­ger: Und was ist mit den Schulden!)

Wir sehen also, dass dieses Modell sehr wohl erfolgreich ist. Aber nicht nur die Deut­schen sind da mit gutem Beispiel vorangegangen, sondern auch in Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Bulgarien hat man reformiert. Dort überall gibt es bereits eine vollständige Trennung der Absatzgesellschaften von der Infrastruktur. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht! – Abg. Haidlmayr: Schauen Sie es sich an, wie es in England funk­tioniert!) Sechs weitere Länder, nämlich Deutschland, Italien, Polen, Spanien, Rumä­nien und Ungarn haben ebenfalls bereits eine Trennung der Unternehmensbereiche vorgenommen, diese aber unter einer gemeinsamen Holding organisiert, so wie wir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 94

das auch in Österreich machen. (Abg. Öllinger: Nein, nein! Da ist ein großer Unter­schied!)

Wir sind also keine Vorreiter in dieser Frage, sondern längst Nachzügler in einer euro­päischen Entwicklung, die unbedingt notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Sie haben hier die Schweiz angesprochen und sie als leuchtendes Vorbild hingestellt. Jawohl, in vielen Bereichen ist die Schweizer Bahn durchaus auch ein Vorbild, und dazu bekennen wir uns auch. Sie ist wesentlich kun­denorientierter, sie hat eine höhere Produktivität, aber der direkte Vergleich mit Öster­reich ist einfach nur sehr bedingt zulässig, weil die Schweizer Bahn auch EU-rechtlich ganz andere Voraussetzungen als Österreich hat. Nehmen Sie das endlich einmal zur Kenntnis!

Zum Beispiel kann die Schweizer Bahn für ihre Infrastruktur eine Quersubventionierung aus der Straßenmaut erhalten. Das ist etwas, was in Österreich auf Grund der EU-Richtlinien von vornherein schon völlig ausgeschlossen ist. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass der Güterverkehr in der Schweiz in einer eigenen Aktiengesellschaft organisiert ist, meine Damen und Herren.

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass die Produktivität der Schweizer Bahn um 30 Pro­zent höher als in Österreich ist, weil es dort vergleichsweise sehr viel weniger Mit­arbeiter gibt. Das heißt, dass dort die entsprechenden Verkehrsleistungen mit weniger Mitarbeitern als in Österreich erbracht werden. Sagen Sie, ob Sie das in dieser Form wollen, und sagen Sie auch, ob Sie wollen, dass wir einen höheren Eigenfinanzie­rungsgrad bei der Bahn durch höhere Personentarife haben sollen! Die Schweizer Tarife sind um 20 bis 30 Prozent höher als in Österreich.

Wenn das ein Vorbild ist, meine Damen und Herren von der Opposition, dann be­kennen Sie sich dazu! Sagen Sie: Jawohl, so wie in der Schweiz soll auch bei uns der Tarif um 30 Prozent erhöht werden!

Sagen Sie auch, dass Sie das Pensionsalter so wie in der Schweiz erhöhen wollen! Das Pensionsalter der Schweizer Bahnmitarbeiter ist nämlich 65 Jahre bei den Männern und 62 Jahre bei den Frauen. Ja, bekennen Sie sich auch dazu, wenn Sie uns die Schweizer Bahn als Vorbild vorführen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Jakob Auer – in Richtung SPÖ –: Da hat es euch die Sprache ver­schlagen! – Abg. Dr. Brinek: Schweigen im Walde!)

Es ist heute, und zwar unter anderen auch vom Kollegen Öllinger, der soeben hinaus­gegangen ist, der Herr Generaldirektor Draxler sehr gelobt worden, der bekanntlich ein SPÖ-Mitglied ist und der bekanntlich von Minister Klima bestellt worden ist und dessen Funktion bekanntlich von Minister Einem verlängert wurde. Er ist in meinen Augen ein exzellenter Manager, der auch jetzt in seiner neuen Funktion bei der RHI sehr erfolgreich tätig ist.

Aber was wollte denn, meine Damen und Herren, dieser Herr Generaldirektor Draxler, als er Generaldirektor bei den ÖBB war? Schauen Sie sich einmal das Organigramm an, das er entwickelt hat und das er vorbildhaft für die ÖBB einführen und umsetzen wollte! Jetzt sage ich Ihnen, was Draxler wollte. Er wollte den Infrastrukturbereich vom Güterverkehr und den Infrastrukturbereich vom Personenverkehr einmal überhaupt grundsätzlich trennen, daraus zwei völlig unterschiedliche Bereiche machen. Dann wollte er eine ÖBB-AG als Holding schaffen, und zwar mit folgenden Aktiengesellschaf­ten: mit einer Fernverkehrsaktiengesellschaft, einer Cargo Aktiengesellschaft, einer Euro-Traction Aktiengesellschaft, einer Industriewagen Aktiengesellschaft und einer Speditions- und Logistik Aktiengesellschaft. Dann wollte er noch eine Bahnimmobilien Aktiengesellschaft schaffen und darüber hinaus auch noch eine Regionalverkehr


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 95

GesmbH und eine Technische Service GesmbH. (Abg. Jakob Auer: Das kann ich mir vom Draxler nicht vorstellen! Hat ihm das der Einem angeschafft?)

Meine Damen und Herren! Das geht weit über das hinaus, was diese Regierung mit dem heutigen Gesetz umsetzen will. Ich frage mich: Wie können Sie denn auf der einen Seite den Herrn Generaldirektor Draxler loben – der Herr Öllinger hat gesagt, es sei ihm zu verdanken, dass der Güterverkehr auf der Bahn so zugenommen hat; okay, in Ordnung, das akzeptiere ich, es stimmt ja auch zu einem gut Teil –, aber auf der anderen Seite von all dem, was er als richtig und notwendig gefunden hat, nichts wissen wollen? Also da kann man nur sagen: Ihre Worte, meine Damen und Herren, sind völlig zweideutig, sind widersprüchlich und sind sachlich durch entsprechende Expertenmeinungen längst widerlegt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Erstens: Österreich ist bei der Bahnreform nicht Vorreiter, sondern Nachzügler. Zweitens: Unsere Reformen orientieren sich an erfolg­reichen Modellen im Ausland. Drittens: Die Trennung der Bahngesellschaften in ver­schiedene AGs ist für uns keine ideologische Frage (Abg. Dr. Einem: Was denn?), sondern sie findet aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen statt. Sie ist also keine ideologische, keine weltanschauliche Glaubensfrage, sondern (Abg. Dr. Einem: Partei­politik!) orientiert sich an nüchternen betriebswirtschaftlichen und finanzpolitischen Überlegungen. Wie auch die Beispiele aus Ihren Expertenreihen, meine Damen und Herren, gezeigt haben, sind wir damit vollkommen auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der ÖVP.)

13.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordnete Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


13.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Mandak, hat es eigentlich auf den Punkt gebracht, als sie hier über die langen Warteschlangen und über die zum Teil katastrophalen Verhältnisse berichtet hat. Es wäre nett, wenn Sie jetzt hier wäre, dann könnten wir es ihr persönlich sagen. Genau das, was sie angesprochen hat, ist nämlich das Problem, und das ist ja auch der Grund, warum diese Reform kommen soll. Damit wir eben diese Warteschlangen nicht mehr haben, damit wir eben eine neue Bahn haben, die sehr wohl in der Lage ist, die Personenkapazitäten, die Güterkapazitäten aufzunehmen und damit dafür zu sorgen, dass wir in einem zukünftigen internationalen Vergleich konkurrenzfähig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die einzigen Tage, an welchen die Schlange wirklich noch länger war, als an dem Tag, den Frau Kollegin Mandak beschrieben hat, dürften jene Tage gewesen sein, an denen die ÖBB gestreikt hat. Das dürften genau jene Tage gewesen sein, an welchen der ÖGB seine Kohorten versammelt und damit dafür gesorgt hat, dass niemand mehr fah­ren konnte. Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg in eine gute Zukunft ist.

So ist es eigentlich den ganzen Vormittag dahingegangen. Ich habe das heute sehr genau verfolgt. Ich habe mir wirklich die Zeit genommen und bin während der ganzen Diskussion hier herinnen gesessen. Dass das alle machen, das kann man jetzt nicht wirklich behaupten, wenn man in die Reihen schaut. Da macht sich halt doch das Ende der Übertragung des ORF bemerkbar.

Diese Diskussion hier war eigentlich geprägt von Polemik. Das hat schon in der Früh angefangen. Der Herr Staatssekretär außer Dienst Wittmann machte zu Staatssekretär


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 96

Kukacka Bemerkungen dahin gehend, wie hoch denn dessen Pension sein dürfte, ein anderer Abgeordneter wiederum fragte, ob hier oben irgendwelche arme oder reiche Leute säßen. – Ich glaube, die sollten alle vor der eigenen Türe kehren. Ich bin über­zeugt davon, dass auch der Herr Staatssekretär außer Dienst Wittmann in Zukunft in ein sicheres soziales Netz fallen wird, und daher soll er sich keine Sorgen um die Regierungsmitglieder machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es gab im Ausschuss, wie ich gehört habe – ich selbst war leider nicht dabei – eine sehr sachliche Diskussion. Es wurde sehr konstruktiv darüber diskutiert, wie man ein Ergebnis zusammenbringen könnte, das auch mehrheitsfähig ist. Doch kaum ist das Fernsehen da, kaum wird es medienmäßig interessant, überwiegt wieder die Polemik. Es ist schon irgendwie faszinierend: Alle verantwortlichen Herren picken sich für die Lifeübertragung irgendwelche Pickerl auf ihre Anzüge und die Damen irgendwelche Pickerl auf ihre Kostüme – um die Damen nicht auszulassen. Doch kaum ist die Fern­sehzeit vorbei, gibt man die Pickerl runter (Abg. Eder – auf einen Aufkleber auf seinem Platz deutend –: Ich habe es noch immer da!), ist Proporz im Herzen, und es geht schon wieder weiter wie während der letzten 40 Jahre. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wissen Sie, der Herr Präsident Verzetnitsch hat mir heute außerordentlich gut gefallen, das muss ich wirklich sagen. Er stand hier heraußen und schimpfte über den Ausbau der Straße, schimpfte über den vermehrten Ausbau der Straße und beklagte, dass so­zusagen die Schiene auf den Hund käme. (Abg. Verzetnitsch: So habe ich das nicht gesagt!)

Herr Präsident! Ich frage mich wirklich, wie das ist, wenn Sie mit Ihrem Dienst-BMW mit Chauffeur vorfahren, wenn Sie zu Ihrem Penthouse in den ersten Bezirk fahren. Ist es nicht so, dass Sie doch auch eine Straße brauchen, damit Sie von A nach B kommen? (Abg. Parnigoni: Das ist eine Argumentation! Also wirklich!) Ich halte das für sehr wichtig.

Oder: Frau Kollegin Moser verglich hier die ÖBB mit einer Modelleisenbahn. Man stelle sich das vor: Die ÖBB, eines der wichtigsten Unternehmen unseres Landes, werden mit einer Modelleisenbahn verglichen! Ich freue mich auf die nicht kommende tatsäch­liche Berichtigung, denn so hat sie es gesagt. Das war so! Sie verglich die ÖBB tatsächlich mit irgendwelchen Schaltern.

Die ÖBB, geschätzte Damen und Herren, sind ein wichtiges Unternehmen, und ich gehe davon aus, dass der Herr Vizekanzler dafür sorgen wird, dass es funktionieren wird. Ich glaube, es macht relativ wenig Sinn, permanent Straße und Schiene ausein­ander zu dividieren. (Abg. Parnigoni: Sind Sie schon einmal mit dem Zug gefahren?) Ich bin mit dem Zug gefahren, ich fahre mit dem Auto, ich mache beides. Ich halte es eher für sehr bedenklich, wenn man hier heraußen steht und fragt: Wer hat eine Vor­teilskarte? Da könnte man die Gegenfrage stellen: Wer hat einen Führerschein? Ich glaube, dass weder die Vorteilskarte noch der Führerschein dafür bezeichnend sind, welche Verkehrsmittel wir brauchen. Und wenn die Mitglieder der Koalition nicht alle eine Vorteilskarte haben, dann hat das wahrscheinlich damit zu tun, dass wir nicht un­bedingt das Ticket zum halben Preis in Anspruch nehmen, um das Defizit der ÖBB nicht größer zu machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deshalb, meine geschätzten Damen und Herren, abschließend für diese Runde, die heute Vormittag getagt hat: Da war noch der Herr Kollege Jackie Maier, der leider auch nicht hier ist. (Abg. Mag. Johann Maier: Ich bin da!) Ah! Er hat einen sehr interes­santen Schlusssager gehabt, den ich heute für mich verwenden werde. Jackie, du hast gesagt: Gute Nacht, ÖBB! Ich kann nur sagen: Guten Morgen, SPÖ! (Beifall bei den


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 97

Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kurzbauer – in Richtung SPÖ –: Aufwachen!)

13.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich trage nach, dass der Entschließungs­antrag der Abgeordneten Lichtenberger, Freundinnen und Freunde ausreichend unter­stützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


13.31

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! Es ist verantwortungslos, dass Sie aus blindem Hass gegen Rot die Österreichische Bundesbahn als erfolgreichste Bahn in Europa ins Blaue schicken und die Kunden und Steuerzahler zur Kasse bitten, bis sie schwarz werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Trotz aller Dementis war, ist und bleibt es Ihr Ziel, die Österreichische Bundesbahn zu zerschlagen, nicht weil es der Bahn gut tut, sondern weil das Ihren Freunden gut tut. Sie werden wieder 120 Freunde bedienen können. Sie machen das, weil Sie den Ge­werkschaftsbund, die Personalvertretung schwächen können. Sie werden auch nicht davor zurückschrecken, sich ein neues Gesetz zu geben, mit dem Sie die bisherigen Vorstände weiter beschäftigen können, mit dem Sie auch neue Vorstände nicht nach dem Stellenbesetzungsgesetz ausschreiben müssen, damit Sie frei sind in der Perso­nenwahl und damit Sie frei sind in der Preisgestaltung.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Skandal der Sonderklasse! Sie geben vor, spa­ren zu wollen, werfen aber das Geld mit beiden Händen hinaus. Sie bestreiten, dass Sie die Bahn vorbereiten wollen für den Verkauf, doch natürlich wollen Sie das, sonst wäre all das nicht nötig. Aber an Ihrer Sprache, meine Damen und Herren, wird man Sie erkennen. Es war der Herr Verkehrsminister, der in den letzten Tagen und Wochen immer wieder auch davon gesprochen hat, dass Privatisierung möglich ist, und auch die Regierungsexperten haben davon gesprochen. Es war im Ausschuss eindeutig erkennbar, dass manche diese Privatisierung nicht mehr erwarten können. Ich habe schon Verständnis, dass es manchen Frächtern ein Dorn im Auge ist, wenn der Güter­verkehr auf eine 44-prozentige Steigerung verweisen kann.

Apropos Experten. Es ist schon interessant, dass die österreichischen Experten, die in­ternational immer wieder angesprochen und gern gehört werden, etwa die Professoren Rießberger, Kopp und Ostermann, in dieser Frage in Österreich überhaupt keine Rolle spielen, aber die Regierungsexperten, die sich mit Autos, mit Baustoffen, mit Speditio­nen beschäftigen und denen, wie wir im Ausschuss miterleben konnten, teilweise auch die Unternehmenskennzahlen vollkommen unbekannt sind, die sollen die besseren Experten sein. So klingen dann auch die Botschaften dieser Regierungsexperten, die da zum Beispiel meinen: Über Erfahrung werden wir zu einem guten Modell kommen. „Toller“ Manager! Oder: Machen wir einmal, dann werden wir sehen! Ist das manager­würdig? Oder noch eine ganz „nette“ Aussage: Kundennähe entsteht durch Kleinheit.

Ich denke, da haben so manche doch den Schauplatz verwechselt und wissen nicht, dass es um eine sehr komplexe Struktur der Eisenbahn geht. Alle zusammen unter­stützen die Filetierung der Eisenbahn, behaupten dann aber gleichzeitig, wenn nicht die Möglichkeit besteht, rasch in die Eisenbahn zu investieren, dann wird die Eisen­bahn das nicht überleben. Also Sie tun genau das Gegenteil von dem, was Sie fordern. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich eine Zumutung, und ich glaube, dass die Österreichische Bundesbahn sich solche Experten nicht verdient hat.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 98

Ein Wort zu den Privilegien. Herr Staatssekretär, es ist gelungen, den Neidkomplex da­mit zu schüren, aber ich empfehle Ihnen: Schauen Sie einmal nach in den ÖVP-nahen Bereichen, da werden Sie Privilegien finden, von denen die Eisenbahner nur träumen können. Und von Ihren persönlichen Privilegien wurde heute ja schon mehrfach ge­sprochen. (Staatssekretär Mag. Kukacka: Sagen Sie mir, welche Privilegien ich habe!)

Auch wenn der Herr Miedl im Ausschuss sehr weinerlich gemeint hat, Sie müssen uns da vertrauen: Herr Miedl, ist nicht die Tatsache, dass Sie nicht bereit waren, unsere Vorschläge auch entsprechend abzusichern, genau der Beweis dafür, dass wir Ihnen nicht vertrauen können? – Also das sind sehr viele verräterische Sittenbilder, von denen es noch sehr viele gäbe, leider leuchtet das Licht.

Meine Damen und Herren! Erfahrung macht klug – nicht nur uns, auch die österrei­chische Bevölkerung. Ich bin überzeugt davon, es kommt die Zeit, wo die Menschen Ihr Spiel durchschauen werden. Leider wird bis dahin noch sehr viel Porzellan zer­schlagen werden. Schade für Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

13.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kainz. – Bitte.

 


13.36

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanz­ler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die ÖBB-Reform ist eines jener notwendigen Projekte, die diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel angeht, aber auch eine jener Reformen, die Österreich in den letzten Wochen massiv bewegt hat; massiv bewegt deshalb, weil Tausende Fahrgäste täglich mit dem Zug die Arbeitsstätte, aber auch die Schule oder den Studienplatz erreichen; massiv bewegt aber auch deshalb, weil der Streik der Österreichischen Bundesbahn zu Lasten dieser Pendler, aber auch zu Lasten der Wirtschaft ging.

„Wir sind zur Eskalation bereit“, hat Eisenbahnergewerkschafter Haberzettl am 1. No­vember gesagt. Oder: „gehen pfeilgerade in den Konflikt hinein“. Ich glaube, dieses „pfeilgerade in den Konflikt hineingehen“ geht zu Lasten der Pendler, aber auch zu Lasten unserer Steuerzahler. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich komme selbst – wie auch mein Kollege Rädler – aus einer Region im südlichen Niederösterreich, aus der täglich Tausende Pendler nach Wien pendeln. Ich bin auch Bürgermeister einer Südbahngemeinde, in der auch sehr viele Eisenbahner wohnen. Und ein Aspekt ging mir heute auch ab: Ich glaube, diesen Eisenbahnern sind wir es auch schuldig, dass wir eine notwendige Bahnreform über die Bühne bringen und die Bahn auf eine zukunftsorientierte Struktur umstellen. Meine Eisenbahner zu Hause ver­stehen die Notwendigkeit der Reformen (Beifall bei der ÖVP), und ich glaube, diesen Eisenbahnern sind wir es schuldig, eine zeitgemäße Struktur zu sichern, damit sie auch weiterhin in einem modernen, zukunftsorientierten Unternehmen ihren Dienst tun können.

Dass diese Österreichische Bundesbahn eine neue Struktur braucht, ist auch an einem anderen Beispiel erkennbar, nämlich am Beispiel der Deutschen Bahn, die sehr erfolg­reich auf diese neue Struktur umgestellt hat. Dass die Staatsbahnen in Europa tot sind, haben uns einige Experten auch beim Expertenhearing gesagt. Aber auch General­direktor Vorm Walde hat gesagt, Monopolbahnen gibt es nicht mehr. 4,4 Milliarden Defizit im Jahr, eine veraltete Struktur und die Kritik der Europäischen Union: dass die ÖBB reformiert werden muss, ist allen klar. „Format“ vom 14. November.

Diese Reform ist notwendig, und man kann den SPÖ-Verkehrsministern viel vorwerfen, nur eines kann man ihnen nicht vorwerfen: dass sie eine notwendige Reform der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 99

Österreichischen Bundesbahn nicht erkannt hätten. Nur sind sie an einem gescheitert, nämlich an der Struktur, an einer Struktur, die auch dafür verantwortlich ist, dass wir heute hier keinen Vierparteienantrag zustande bringen. Diese Reform wird deshalb von der Regierungskoalition der ÖVP mit der FPÖ beschlossen werden, weil die Hardliner in der SPÖ und auch die Gewerkschaften gegen diese notwendige Reform stimmen und auch seinerzeit bereits dagegengestimmt haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, wir brauchen eine neue Struktur, damit die Bahn gerade auch gegenüber der Straße erfolgreicher wird. Das hat auch Verkehrsexperte Dr. Schachinger, der selbst ein Großunternehmen hat, im Unterausschuss gesagt. Die Bahn braucht Schnel­ligkeit, Flexibilität. Das wird heute vorausgesetzt.

Ich möchte auch noch auf das gute, konstruktive Klima im Unterausschuss zu spre­chen kommen, weil ich wirklich überrascht war, nämlich freudig überrascht war, einer­seits über die hervorragenden Expertenbeiträge, andererseits aber auch über die aus­führliche Diskussion.

Ich war schon sehr überrascht über den Antrag von Dr. Cap auf Rückverweisung in den Verkehrsausschuss, denn wir hatten lange Zeit, darüber im Verkehrsausschuss zu diskutieren. Das Gesprächsangebot an euch Sozialdemokraten war da, aber ihr wart die, die gesagt haben: Stimmen wir jetzt darüber ab! Lassen wir es bleiben, stimmen wir darüber ab!

Also das verstehe ich nicht ganz. Ich kenne Sachpolitik auf Gemeindeebene und denke mir, wenn wir diesen sachlichen Weg, den wir auch begonnen haben, weitergegangen wären, dann hätten wir heute durchaus einen Konsens, einen Konsens zum Wohle der Österreichischen Bundesbahnen, zum Wohle der Fahrgäste, aber auch zum Wohle der Steuerzahler und – nicht zuletzt – auch zum Wohle der Eisenbahnerinnen und Eisen­bahner, die sich ein zukunftsorientiertes Unternehmen verdient haben.

Das setzen wir heute auf Schiene. Stimmen Sie mit! Das ist eine hervorragende Re­form für die Bundesbahn, eine gute Reform für Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Bitte beginnen Sie die tat­sächliche Berichtigung mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung, Herr Abgeordneter. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Rednerpult bege­benden Abg. Dr. Wittmann –: Ich hoffe, es ist jetzt richtig!)

 


13.41

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Abgeordneter Scheuch hat in seiner Rede behauptet, dass ich dieselbe soziale Absicherung aus meiner Tätigkeit als Staatssekretär hätte wie Herr Staatssekretär Kukacka. (Abg. Dr. Brinek: Die gleiche, hat er gesagt!)

Diese Behauptung ist unrichtig und falsch (Nein-Rufe bei der ÖVP), weil ich über keine Politikerpension in der Höhe von über 12 000 € verfüge wie Herr Staatssekretär Kukacka, sondern ausschließlich über eine ASVG-Pension mit Pensionskassenrege­lung. (Abg. Öllinger: Machen wir einen Eingriff in seinen Vertrag! – Staatssekretär Mag. Kukacka: Dann sind Sie aber auch betroffen, einschließlich des Pilz!)

Das heißt, diese Behauptung war unrichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

 


13.42


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 100

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. (Abg. Öllinger – in Richtung des auf der Regierungsbank sitzenden Staatssekretärs Mag. Kukacka –: Sie fordern es aber bei den ÖBBlern!)

 


13.42

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Ja, Peter (in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Dr. Wittmann), warum soll es dir „schlechter“ gehen als mir? – Ich muss mir anhören, ich war „AZ“-Redakteur, und solche Geschichten. Das ist „Learning by ,falsch doing“, nicht? Aber sie werden es schon noch lernen.

Ich möchte Sie noch auf Folgendes hinweisen – ich weiß ja nicht, ob Sie den Abände­rungsantrag, der Ihnen zuletzt genannt wurde, genau studiert haben: Dieser Abände­rungsantrag beinhaltet, dass der Herr Minister sämtliche Leitungspositionen bei der Bundesbahn – die derzeitigen Vorstände, das sind ja „unbekleckerte“ Menschen, die die Bahn, wie wir wissen, so hoch geführt haben, dass sie auf Jahre hinaus nicht mehr reformiert werden muss; oder aber auch andere Mitarbeiter – ohne jede Ausschrei­bung besetzen kann!

Meine Herren! Meine Damen! Das ist in der Wirtschaft des 21. Jahrhunderts unüblich (Ruf bei der ÖVP: Üblich!), dass man darauf verzichtet, den Markt zu befragen, Men­schen einzuladen, sich zu bewerben, und dann den Besten auszuwählen – in der zu­gegeben frohen Hoffnung, dass die Leute, die heute schon im Unternehmen sind, was die Sachkenntnis betrifft, wahrscheinlich unter den Besseren sein werden. (Abg. Jakob Auer: Vielleicht ist der Broukal dabei!) Aber bewusst darauf zu verzichten, dass man durch Ausschreibung die Besten bekommt, das hätte ich von Ihnen nicht geglaubt!

Ob das verfassungskonform ist, wird dann der Verfassungsgerichtshof klären. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Öllinger: ... ein paar Freiheitliche!)

13.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Walch zu Wort. – Bitte. (Abg. Eder – in Richtung des die beiden anwesenden Regierungsmitglieder begrüßenden Abg. Walch –: Ein ... der Sonderklasse! – Abg. Öllinger – ebenfalls in Richtung des Abg. Walch –: Auf den Boden werfen, bitte! – Abg. Eder: Hinlegen vorher!)

 


13.43

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Die ÖBB-Reform sichert die Zukunft der Bahn und ihrer Mitarbeiter! (Beifall und Bravorufe bei den Freiheitlichen sowie Bei­fall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber es ist ja interessant, wie sich Dr. Gusenbauer heute da herausgestellt hat und die ÖBB-Mitarbeiter retten will. – Wieso müssen wir denn überhaupt eine Gesetzesände­rung machen? Wieso müssen wir denn überhaupt eine ÖBB-Reform machen? (Abg. Eder: ... Die Hakl hat das erklärt!) – An die Adresse von Dr. Gusenbauer: Ich weiß nicht, wie lange er schon SPÖ-Mitglied ist und noch sein wird – es kann sich ja bei euch sehr viel ändern –, aber ihr seid diejenigen gewesen, die diesen Betrieb ÖBB in Richtung Ruin geführt haben! Wenn Vater Staat, die Steuerzahler, jährlich 4,4 Milliar­den € zuschießen müssen, damit der Betrieb aufrechterhalten werden kann, dann muss ich sagen: Schade, schade, die Mitarbeiter der ÖBB haben sich etwas anderes verdient!

Die haben dort beste Arbeit geleistet, leisten auch nach wie vor beste Arbeit, nur das Management, die Führung der ÖBB, war nicht fähig, das Unternehmen so zu führen, dass es gewinnbringend arbeitet (Abg. Eder: Der Vorm Walde ist ja von der Frau


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 101

Forstinger geholt worden!), und die Zukunft der ÖBB zu sichern, indem man zeitge­recht Reformen macht. Das hat man leider nicht durchgeführt!

Und zum Kollegen Eder: Ich weiß schon, dass es eine Parteizentrale der SPÖ ist. Das tut euch ja am meisten weh, dass diese Parteizentrale im Auslaufen ist. Und dass die SPÖ und ihre Manager dort noch nie eine Wirtschaftspartei waren (Abg. Eder: Forstin­ger hat das Management eingesetzt!), das hat sie in der Verstaatlichten und überall dort, wo die SPÖ das Sagen gehabt hat, bewiesen: Da ist es bergab gegangen: Milliar­den, Milliarden an Schulden!

Und Kollege Eder hat den Beweis hier angetreten, indem er gesagt hat: Unsere „rote Bahn“. (Abg. Eder: Nein, habe ich nicht gesagt!) – Das ist nicht eure Bahn, das ist nicht eure „rote Bahn“, sie ist Eigentum von Vater Staat! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Eder: Der Herr Bundesminister hat von der „roten Bahn“ gesprochen! Das habe ich aufgegriffen!)

Versucht hätten Sie von der SPÖ zwar schon öfter, ein bisschen etwas zu reformieren, es ist aber an Ihren Kollegen von der Gewerkschaft gescheitert! Kollege Haberzettl ist heute leider nicht mehr da – er ist ja nur da, während übertragen wird, damit er im Fernsehen ist (Abg. Reheis: Aber der sitzt ja nicht im Nationalrat!); bei Kollegen Gusenbauer ist es genau dasselbe.

Seit die Freiheitlichen den Verkehrsminister stellen, ist dies anders. Unser Vizekanzler Hubert Gorbach traut sich wenigstens und kämpft für die ÖBB-Mitarbeiter, damit diese eine Zukunft haben, dieser Betrieb in Österreich weiterleben kann und auf europäi­scher Ebene konkurrenzfähig ist sowie vieles mehr!

Und wer hat denn die Privilegien dort geschaffen? – Wenn ich mir das so anschaue, dann ist das wirklich unerhört, eine unerhörte Frechheit gegenüber einem ASVGler: Eine Entgeltfortzahlung, die sich die SPÖ dort in dieser SPÖ-Zentrale herausnimmt, von einem Jahr! (Abg. Eder: Was ist denn bei den Beamten?) Und beim ASVGler? – Gegenüber 52 Wochen bei den ÖBB habe ich beim ASVGler 12 Wochen! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Der ASVGler darf erst ab 61,5 Jahren in Pension gehen, der ÖBBler aber ab dem 52. Lebensjahr! (Abg. Eder: Red etwas Gescheites, das ist ja zum Lachen! Was ist bei Beamten?)

Ich habe viele Gespräche mit ÖBBlern geführt. Wisst ihr, was mir die Mitarbeiter dort sagen? – Bitte, Max Walch, geh her! Wir lassen uns in der Öffentlichkeit wegen ein paar Privilegienritter in der ÖBB nicht immer schlecht hinstellen! Wir sind bereit, länger zu arbeiten, so wie die ASVGler, aber gebt uns mehr Lohn! Das hat die SPÖ, haben die Sozialpartner nämlich verabsäumt, dass die Mitarbeiter dort ein entsprechendes Gehalt bekommen. Einer hat mir seinen Lohnzettel gezeigt: 1 280 € im Monat – eine Schande! Ihr habt in guten Zeiten geschlafen. Schaut einmal, dass das Gehalt dort ein­mal erhöht wird! Gleichen wir doch den Pensionsbeitrag beziehungsweise die Einzah­lung an, und stellen wir das Pensionsantrittsalter genau gleich! – Der ÖBBler hat sich das verdient!

Machen wir eine Reform, damit der Betrieb der ÖBB in Österreich aufrechterhalten werden kann und die ÖBB-Mitarbeiter wieder einen sicheren Arbeitsplatz haben! (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Öllinger: Ja, ja! Aber 12 000 streichen! Das ist ja unglaublich!)

13.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet.

Bitte beginnen Sie die tatsächliche Berichtigung mit der Wiedergabe der zu berichti­genden Behauptung, und stellen Sie dieser den berichtigten Sachverhalt gegenüber,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 102

Herr Abgeordneter. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Broukal ist ja heute ein richtiger Vielred­ner!)

 


13.48

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Walch hat behauptet, dass jedes Jahr 4,4 Milliarden € zugeschossen werden müssten, „damit der Betrieb“ – ich zitiere wörtlich – „aufrechterhalten werden kann“. – Das ist unrichtig!

In dieser Zahl sind auch die Kosten von Neubaustrecken enthalten, die nicht nur von den ÖBB-Zügen befahren werden können, sondern in Zukunft auch von jeder Privat­bahn (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für die Pensionen!), sowie das, was der Staat für die ÖBB-Pensionisten zahlt.

Und dass die ÖBB-Pensionisten den Betrieb der Bahn aufrechterhalten, das glaubt wahrscheinlich nur Herr Abgeordneter Walch. (Beifall bei der SPÖ und des Abg. Öllin­ger. – Abg. Dr. Stummvoll: Aber Recht hat er, der Walch! – Abg. Eder: Er hat immer Recht! – Abg. Walch – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Broukal –: Heiße Luft!)

13.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Gahr zu Wort. – Bitte.

 


13.49

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Verlauf dieser Debatte und die Ausführungen des Kollegen Broukal sind der Beweis dafür, dass es der SPÖ und den Grünen nicht um die Verantwortung für die Bahn geht, sondern darum, politisches Kleingeld zu wechseln. (Beifall bei der ÖVP.)

Die ÖBB-Reform ist eine Reform für die Zukunft, die ÖBB-Reform ist eine Reform für neue Chancen auf dem Markt! Vieles spricht für die Schiene und gegen die Straße. (Demonstrativer Beifall des Abg. Broukal.) Diese ÖBB-Reform ist eine Reform mit Weitblick und Verantwortung.

Die Österreichischen Bundesbahnen sind kein Sanierungsfall, sie sind ein Unterneh­men, das funktioniert (Abg. Parnigoni: Sie haben Recht! Aber jetzt ist sie ein Sanie­rungsfall!), es gibt jedoch gewisse Schwächen: zu wenig Effizienz, nicht wettbewerbs­fähig und zu wenig auf die Zukunft eingestellt.

Kollege Parnigoni, wir brauchen Unternehmen! In der Wirtschaft ist es eben ein Prinzip, dass sich Unternehmen nach dem Markt ausrichten – und das muss auch für die ÖBB Gültigkeit haben. Die ÖBB braucht einen Strukturprozess, braucht klare Vorgaben, und Verbesserungen – das haben wir heute ja von allen Fraktionen hier mitbekommen – sind möglich.

Wir brauchen also eine Struktur, die leistungsfähig ist. Die ÖBB muss auch in sich ge­schlossener werden, es darf also intern keinen Wettbewerb geben, sie muss vielmehr flexibel und gefestigt sein. Die ÖBB wird die Herausforderungen der Zukunft nur bewäl­tigen, wenn sie die Anforderungen der Wirtschaft erfüllt. Gerade der ÖBB-Streik lieferte den Beweis dafür, dass die Wirtschaft sehr schnell reagiert und sich nach Alternativen umschaut. Ich hoffe, dass dieser Streik auch eine Lehre für die Zukunft war.

Wir setzen in die ÖBB große Erwartungen für die Zukunft, gerade der grenzüberschrei­tende Güterverkehr ist eine große Herausforderung. Wir müssen aber auch den Nah­verkehr attraktiver gestalten. Und eine entscheidende Frage ist es auch, wie sich die ÖBB im Fernverkehr schneller, komfortabler und kundenorientierter präsentieren kann.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 103

Vier Feststellungen:

Ohne Reform wären viele weitere Arbeitsplätze bei den ÖBB in Gefahr, es wäre also unverantwortlich, nichts zu tun.

Der Investitionsbereich für die Infrastruktur bleibt in Staatsverantwortung, Zustände wie in England bleiben uns erspart. (Abg. Eder: Hoffentlich!)

Die Reform wird Einsparungen von 1 Milliarde € bis 2010 bringen.

Und: Niemand hier in diesem Haus will eine Zerschlagung, niemand will eine schwache Holding, aber niemand will auch steigende Verluste.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden die ÖBB-Reform, das Unternehmen Bahn auf Schiene bringen. Als Bahnkunde habe ich bisher viel erlebt. – Frau Abgeord­nete Haidlmayr! Bahn fahren ist kommunikativ, Bahn fahren bringt auch Zeit und Erholung.

Ich stimme deshalb heute dieser ÖBB-Reform gerne zu und freue mich auf eine neue, starke Bahn. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Haub­ner. – Bitte.

 


13.52

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! „ÖBB – Bahn wirkt“ Mit diesen Schlagworten warben die Österreichischen Bundesbahnen in der vergangenen Zeit. Die Bahn wirkt, die Frage ist aber: Wie und auf wen wirkt die Bahn? Die Bahn sollte nämlich auch auf den Wirtschaftsstandort wirken, denn es steht wohl außer Frage, dass für den Wirtschaftsstandort Österreich ein effizientes, modernes, leistungsfähiges Verkehrsnetz und Transportwesen sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr von immenser Wichtigkeit ist.

Eine leistungsfähige Bahn, die verstärkt Verkehrsanteile der Straße übernimmt, ist unser Ziel, denn das gewährleistet eine Ersparnis an Unfall-, Stau- und Umweltkosten in Milliardenhöhe.

Österreich als Kernland Europas ist verkehrspolitisch gesehen quasi eine Schnittstelle der europäischen Verkehrswege. Dies wird sich durch die EU-Erweiterung noch ver­stärken. Das bedeutet also, dass sich die österreichische Schieneninfrastruktur diesen Anforderungen anpassen und leistungsfähiger werden muss. Dazu braucht es ein starkes Flaggschiff im österreichischen Personen- und Güterverkehr, das Klippen um­schiffen kann und den Wogen künftiger großer Transportwellen gewachsen ist. Nicht zuletzt ist Verkehrsinfrastruktur und damit auch Schieneninfrastruktur ein wichtiger und entscheidender Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Die Österreichischen Bundesbahnen müssen ein Aushängeschild der österreichischen Transportwirtschaft und ein führendes Verkehrsunternehmen werden. Privatwirtschaft­liches Denken und Handeln unter den Gesichtspunkten der Wettbewerbsfähigkeit, der Qualität, der Kundenorientierung müssen auch bei den ÖBB in Zukunft im Vordergrund stehen.

Wir sind sicher einer Meinung, dass wirksame Verbesserungen bei der Bahn und an den verkehrspolitischen Rahmenbedingungen dringend nötig sind, um zu verhindern, dass immer mehr Verkehrsanteile zurück auf die Straßen wandern. In diesem Zusam­menhang möchte ich aber auch betonen, dass ein sinnvolles Miteinander zwischen Bahn und Transportwirtschaft-LKW wünschenswert und für die heimische Transport-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 104

wirtschaft insgesamt ganz wichtig ist, denn die heimische Transportwirtschaft leistet einen entscheidenden Anteil für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Herr Abgeordneter Maier, der Sie heute die Privilegien angesprochen haben: Es gibt auch eine Nebenwirkung der Bahn. Es gibt die EBG, eine gemeinnützige Wohnbauge­sellschaft von Eisenbahnern für Eisenbahner. Diese vermietet günstig Wohnungen bis zu einem Drittel unter dem ortsüblichen Preis, auch in Hallein an eine gewisse Familie Holzer. Frau Holzer kennen Sie besser unter dem Namen Gabi Burgstaller, meines Wissens keine Eisenbahnerin.

Sie sehen also, „Bahn wirkt“ nicht nur auf der Schiene, sondern auch bei Mietpreisen für SPÖ-Politikerinnen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Prammer – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz bege­benden Abg. Haubner –: Woher wissen Sie denn das?)

13.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

 


13.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich möchte mich zunächst (der Redner weist einen Fahrausweis vor) als Fahrgast der ÖBB legitimieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich verzichte aber auf das Erzählen von persönlichen Erlebnissen bei Fahrten mit der Bahn und möchte stellvertretend einen Fahrgast aus der „Kleinen Zeitung“ zitieren, der vielleicht für Hunderttausende von Fahrgästen steht. Ich zitiere:

Der Fahrgast wurde gefragt, „ob die Bahn mit der Reform ,zerschlagen oder ,gerettet werde“. Und er hat geantwortet:

„Dass sie ins 21. Jahrhundert hinübergeführt werden muss, steht außer Frage. Der Staat schießt Jahr für Jahr Milliarden zu, ohne dass sich am Zustand der Bahn etwas geändert hätte. Wir haben in den letzten 40 Jahren durch die Bank Minister gehabt, die den Eisenbahnern nahe standen oder aus ihnen hervorgegangen sind. Wieso ist da nichts geschehen? Es ist nur beharrt und Geld hineingesteckt worden. Das System ist veraltet. Die Bahn ist alles, nur kein kundenfreundliches Unternehmen.“ – Zitatende.

Geschätzte Damen und Herren! Dem kann man nur zustimmen. Dieser Fahrgast, der stellvertretend für Hunderttausende diese Antwort gegeben hat, war Franz Olah. (Oh-Rufe und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Franz Olah, ehemaliger ÖGB-Präsident und begeisterter Bahnfahrer!

Dieser Artikel erschien am 14. November 2003. (Abg. Dr. Fischer: Vom Franz Joseph haben Sie nichts?) Das zeigt, dass da Handlungsbedarf in Richtung Kundenorientie­rung gegeben ist. (Abg. Dr. Fischer: Haben Sie vom Franz Joseph auch etwas?) Nachhaltig ist dieses Unternehmen nur dadurch weiter zu entwickeln, dass man sich am Kunden ausrichtet. (Abg. Mag. Molterer: Präsident Fischer! Haben Sie ein Problem mit Franz Olah?) Darum haben wir auch diesen Entschließungsantrag betreffend Ein­leitung einer Kundenzufriedenheitsoffensive bei den ÖBB eingebracht, ganz im Sinne Franz Olahs, ganz im Sinne von Hunderttausenden Fahrgästen der ÖBB.

Ich bitte Sie daher, diesen Antrag zu unterstützen. Ich bitte Sie, diese Strukturreform zu unterstützen, sie wird den Kunden langfristig Vorteile bringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


13.58


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 105

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet. (Rufe bei der ÖVP: Aber nein! Nein!)

 


13.58

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Abgeordneter Haubner hat hier behauptet, dass Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin Gabi Burgstaller in einer Eisenbahner-Wohnbaugenossenschaft eine Wohnung hätte und diese bewohne. – Das ist falsch!

Ich stelle richtig: Sie wohnt in einer Eigentumswohnung, die ihrem Gatten Anton Holzer gehört. (Abg. Dr. Stummvoll: Seit gestern!)

Herr Präsident, ich bedaure es, dass das Institut der tatsächlichen Berichtigung mir nicht die Möglichkeit gibt, einen qualifizierenden Satz zu solchen Verleumdungen zu sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.59

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es geht heute dem Kollegen Broukal so, wie es mir oft gegangen ist, wenn er die Nachrichten gesprochen hat: Ich habe auch immer „tatsächlich berichtigt“, er hat es nicht gehört, aber ich habe das sehr oft ge­macht bei seinen Nachrichtensendungen. Leider ist Fernsehen nur ein eindimensiona­les Medium, und man kann nicht direkt ins Studio zurücksprechen.

Die heutige Diskussion zeigt Folgendes klar und deutlich, meine Damen und Herren: Die Fundis bei Rot und Grün fahren auf dem falschen Gleis. Die Fachleute beider Par­teien konnten sich zwar in den Ausschüssen artikulieren und dort durchaus Kompro­misse signalisieren, aber aus Amerika kam dann ein eisiger Wind, und Kollege Gusen­bauer hat aus politischer Rücksichtnahme jeden Kompromiss und jede Zusammen­arbeit abgelehnt. – So weit zur Opposition.

Meine Damen und Herren! 80 Prozent der Österreicher sind für diese notwendigen Re­formen. Die Bevölkerung will eine bessere Bahn und hat mit Sicherheit kein Verständ­nis für die Reformverweigerung. Unsere Bundesregierung wird die ÖBB vor einem Schicksal, das die SPÖ dem „Konsum“ beschert hat, bewahren.

Meine Damen und Herren! Der Gewerbeverein schreibt: Österreicher schenken ÖBBlern mehr als ihren Lieben zu Weihnachten. Erstaunlich, wenn man die Relation betrachtet: Den Österreichern ist die Alimentierung der ÖBB-Privilegien pro Jahr mit 550 € mehr wert als die Geschenke an ihre Liebsten mit 428 €. Sind denn die Fami­lienverhältnisse wirklich schon so desolat, dass einem ein zumeist wildfremder ÖBBler mehr wert ist als die eigene Verwandtschaft? Das fragt man sich im Österreichischen Gewerbeverein!

Meine Damen und Herren! Mit der folgenden Abstimmung sind die Weichen für eine gute Fahrt in die neue Zukunft der Österreichischen Bundesbahnen gestellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 106

14.02

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Eine halbe Stunde vor der Abstimmung über die ÖBB-Reform wird von den Regie­rungsparteien ein Abänderungsantrag auf den Tisch gelegt, der klarlegt, was eines der Hauptmotive dieser Reform ist, nämlich die Postenbesetzung, die getroffen werden soll – um nicht zu sagen Postenschacher!

In Ihrem Abänderungsantrag, in dem fixiert wird, dass Personen aus dem Unterneh­men wie etwa Moser oder Trattner ohne Ausschreibung einfach übernommen werden sollen, legen Sie offen, worum es Ihnen da wirklich geht. Da geht es offensichtlich ganz klar darum, die Postenbesetzung in diesem Bereich auf Ihre eigenen Gleise zu leiten. Alles andere, was in dieser Bahnreform enthalten ist, tritt da natürlich scharf in den Hintergrund.

Meine Damen und Herren! Diese Vorgangsweise, einen derartigen Antrag knapp eine Stunde vor der Abstimmung auf den Tisch zu legen und die Postenbesetzung auf diese Art und Weise und völlig ohne Ausschreibung regeln zu wollen, spottet jeder Beschrei­bung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Mainoni meldet sich per Handzeichen zu Wort und begibt sich zum Rednerpult!)

14.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. – Bitte. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


14.03

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Auch wenn es Ihnen nicht passt, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen, so möchte ich diese Gele­genheit doch kurz nutzen, um das richtig zu stellen, was Sie soeben unrichtig gesagt haben, Frau Kollegin Lichtenberger.

Im Unterausschuss, an dem Sie ebenso wie ich und andere teilgenommen haben, ist lange genug über dieses Thema gesprochen worden. Die Ausschreibungen sind längst erfolgt, und bei einer Überleitung in eine andere Strukturierung ist es doch wohl ver­nünftig – und sonst nichts anderes –, wenn auch die Vorstände in die neuen Unterneh­men übergeleitet werden.

Das ist vor einer Woche besprochen worden. Wenn Sie behaupten, Sie hätten das erst vor einer Stunde erfahren, so muss ich Ihnen sagen: Das stimmt nicht, das entspricht nicht der Wahrheit! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Zur Geschäftsordnung!)

14.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsordnung: Herr Abgeordneter Schieder. – Bitte.

 


14.04

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sie haben soeben einem Redner Ihrer eigenen Fraktion – ohne Eintragung in die Liste, nur durch Handzeichen angezeigt – das Wort erteilt. Ich möchte nur wissen: Können sich in Zukunft alle Abgeordneten auf diese Art und Weise zu Wort melden? (Abg. Mag. Wurm: Das ist ja unglaublich!)

14.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Das stimmt nicht! Herr Abgeordneter Mai­noni hat bereits vorher zu erkennen gegeben, dass er sich zu Wort meldet – und hat dann interveniert. Das hat mir mein Beisitzer gesagt. (Abg. Parnigoni: Das ist eine Lüge!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 107

Herr Parnigoni, ich erteile Ihnen dafür einen Ordnungsruf. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Das ist ein Skandal! – Abg. Dr. Wittmann: Eine unfassbare Vorgangsweise! Was soll diese Vorgangsweise? – Ruf bei der SPÖ: Das ist ja unerhört!)

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. (Weitere Zwischen­rufe bei der SPÖ.) – Herr Abgeordneter Eder, Sie sind am Wort! Wenn Ihr Kollege Parnigoni sich etwas zurückhalten würde, könnten Sie leicht das Wort ergreifen.

 


14.05

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren auf der Regierungsbank! Abgeordneter Mainoni hat gemeint, dass wir im Unterausschuss aus­führlich über die Bestellung und Überleitung – dieses Wort ist mir überhaupt neu – derzeitiger Vorstandsdirektoren in die neuen Gesellschaften diskutiert und stundenlang gesprochen hätten. Ich war bei allen Ausschusssitzungen – bei allen, Kollege Mai­noni! – ohne Pause anwesend – ich wurde, glaube ich, nur ein- oder zweimal für zwei Minuten von Kollegem Miedl vertreten –, aber ich habe von dem, was Sie hier sagten, nichts gehört.

Im Übrigen waren nicht Sie im Unterausschuss anwesend, sondern Kollege Wattaul. Sie waren dann bei den Verhandlungen zum Schluss dabei und können hier somit überhaupt nicht authentisch vom Unterausschuss berichten.

Ich darf Ihnen sagen, dass das kein Thema war und dass das jetzt für uns genauso überraschend gekommen ist wie für Frau Kollegin Dr. Lichtenberger und Kollegen Broukal. Was hier geschieht, das ist genau das, was Sie in meiner Rede als übertrie­ben bewertet haben. – Ich habe untertrieben! Dass Sie so schamlos vorgehen, was die Postenbesetzungen betrifft, das hätte ich mir nicht erwartet. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Vizekanzler Bundesminister Gorbach. – Bitte.

 


14.07

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Staatssekre­tär! Ich darf zu dieser Debatte eine Bemerkung machen: Ich verstehe die Aufregung nicht, und ich würde Sie bitten, sachlich zu bleiben und etwas abzuwarten. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.) Ich weiß nicht, warum Sie heute emotional so geladen und so nervös sind.

Wir sollten diese Debatte in Ruhe führen, und wir können sie sehr gut führen. Ich habe schon bei der ersten Pressekonferenz, bei der ich diese Reform, nachdem sie langsam Konturen angenommen hatte, gemeinsam mit Staatssekretär Kukacka und Finanz­minister Grasser vorgestellt habe, auf eine Journalistenfrage bezüglich der mehr Posi­tionen und neuen Vorstände, die man da brauchen wird, die Antwort gegeben: In Wahrheit, ehrlich gesagt, habe ich darüber noch nicht intensiv nachgedacht, weil es jetzt einmal um die Struktur ging, um die Organisation und jene Dinge im Dienstrecht, die wir beseitigen wollen – unabhängig von Köpfen, unabhängig von Namen, unab­hängig von Parteizugehörigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das war eine spontane und ehrliche Antwort. Im weiteren Verlauf ist natürlich auch darüber diskutiert worden, wie diese Gesellschaftsform und diese Organisation dann rechtlich perfekt und juristisch auch einwandfrei beschlossen wird – und zwar hoffentlich heute. Ich bin aber zuversichtlich, weil doch bestimmt die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 108

meisten Abgeordneten wissen, dass jeder Tag die Chance in sich birgt, für die Men­schen etwas Gutes zu tun.

In diesem Sinne haben wir natürlich bis heute mit unseren Rechtsberatern und Exper­ten auch darüber gesprochen, wie wir jetzt, kostengünstigst und ohne neue Positionen vergeben zu müssen, vor allem die rasche Umsetzung dieser neuen ÖBB-Struktur, dieser ÖBB-Reform sicherstellen können. Gewartet haben wir – und das sage ich Ihnen schon – lange genug. Ich habe heute schon einmal gesagt: Wir sind jetzt da, um zu handeln, und wir werden auch umsetzen! Das, was heute hoffentlich mehrheitlich beschlossen wird, wird rasch angegangen. (Abg. Dr. Fischer: Und dann wieder rück­gängig gemacht!) Es ist spät genug.

Wenn die neuen Vorstände – und ich sage das wirklich farbenneutral; sehr viele hier denken immer in der Farbenlehre, vergessen Sie das einmal für ein paar Minuten! –, also wenn die neuen Vorstände, und ich sage das farbenneutral, meine Damen und Herren, ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter. – Rufe bei der SPÖ – in Richtung Regierungsbank –: Rücktritt! Rücktritt! – Abg. Mag. Kogler: Postenschacherer!)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Vizekanzler Minister Gorbach ist am Wort!

 


Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach (fortsetzend): Danke, dass Sie mir wieder Ihr Ohr leihen.

Es ist wohl klar, und es wird ohnehin in jeder Position genau darauf geschaut – wir sind ja heute so transparent, und die Öffentlichkeit hat auch ein Recht darauf, zu wissen, welche wichtige Position wie besetzt wird –, und es ist sinnvoll, dass bestehende Ver­träge, soweit es Sinn macht und vom Verantwortlichen – das sind Organe wie ein Auf­sichtsrat, wie ein Eigentümervertreter – auch verantwortet werden kann, eingehalten werden, dass man nicht neue Leute betraut und jene, die jetzt noch Verträge haben, die ein Jahr, zwei oder drei Jahre laufen, auf einen Spaziergang schickt. Genau die­sem Spazierengehen möchte ich bei den ÖBB ein Ende setzen. Das gilt für die Vor­stände genauso wie für jeden Mitarbeiter. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Nein, das will ich nicht, ich will arbeitende Vorstände! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist gut und richtig. Wir haben damit die Möglichkeit, in einem Übergang einen Vorstand zu bestellen; Herrn Vorm Walde zum Beispiel oder Herrn Söllinger oder Herrn Zimmermann oder einen Vorstand von der HL-AG, Herrn Vavrovsky oder Herrn Moser, oder Herrn Falschlehner von der SCHIG oder Herrn Trattner. Oder vielleicht kommt aus der zweiten Ebene Herr Türinger oder wie sie alle heißen. Das werden wir sehen und gut begründen, meine Damen und Herren!

Aber ich merke jetzt, dass dieses Thema für Sie sehr, sehr wichtig ist. Ich sage Ihnen: Für mich wichtig waren die neue Struktur und die Chance, eine flotte ÖBB auf die Schiene zu bringen, und weiters wichtig ist für mich nicht die Personalbesetzung, son­dern, dass die Dienstrechtsänderung bis Ende April ordentlich abläuft. – Am 1. Mai sprechen wir uns wieder! Schauen wir einmal, ob Sie mit dabei sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. (Abg. Großruck: Der Lümmel von der letzten Bank! – Abg. Scheibner – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kog­ler –: Entschuldigen Sie sich gleich für Ihren Zwischenruf!)

 


14.12

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein Zwischenruf hat aus einem Wort bestanden, vielleicht, wenn Sie so wollen, mit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 109

einem Attribut versehen, nämlich: blau-schwarzer Postenschacher (Abg. Reheis: Ist es ja auch!), und genau darauf wollte ich jetzt einmal eingehen. (Abg. Scheibner: Nein, „Postenschacherer“ haben Sie zum Minister gesagt!)

Der Punkt ist ja nicht der, dass es oft sinnvoll sein kann, keine Ausschreibung zu machen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Hören Sie mir doch zu! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Es ist öfters sinnvoll, keine Ausschreibung zu machen, ja, aber wenn Sie hier ein Sakrosankt für sämtliche neue Posten etablieren, dann sollen wir Ihnen noch glauben, dass da Gutes kommt? Da droht nichts Gutes! Ich sage Ihnen auch, warum. Weil wir wissen – im Übrigen demnächst auch Thema im Rechnungshofausschuss –, wie Sie beim bisherigen Personalmanagement bei den ÖBB mit der Postenbesetzung umge­sprungen sind. Die Besetzung mit Vorm Walde hat doch auch nicht so funktioniert, wie sie funktionieren sollte. Ich sage Ihnen ebenfalls, warum. Sie haben dort extra einen Schwachen hingesetzt, damit Sie das aufführen können, was Sie heute hier zu Ende zelebrieren. Das ist Ihre Art von Politik! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es wurde auch einige Male der Präsident des Rechnungshofes, Herr Fiedler, ange­sprochen: Es ist einfach falsch, was Sie gesagt haben, denn das war kein Thema im Unterausschuss, und Herr Fiedler hätte Ihnen das auch entsprechend entgegenge­halten.

Herr Präsident Fiedler hat auch nichts damit am Hut, hier ein paar einfache Bemerkun­gen gemacht zu haben, und der Herr Präsident Fiedler nimmt die wichtigsten Kritik­punkte nicht zurück. Ich weiß gar nicht, was das hier alles soll. Das muss noch gesagt werden, bevor wir zur Abstimmung kommen: Der Rechnungshof ist ein Organ dieses Hauses, wie es heißt, und hat im Gesetzgebungsverfahren eine bestimmte Rolle, aber wie Sie hier mit dem Rechnungshof umgesprungen sind, das spottet jeder Beschrei­bung! Das muss noch einmal gesagt werden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es hat ja seinen Grund, weshalb Präsident Fiedler seine Kritik nicht zurücknimmt. Nicht genug damit, was ich bis jetzt gesagt habe: Sie haben mit Ihrer Vorgangsweise bei die­sem Gesetzesbeschluss – wie bei anderen auch, aber da speziell – das Bundeshaus­haltsgesetz, insbesondere den § 14, wieder mit Füßen getreten. Sie weisen die finan­ziellen Zusammenhänge dieser Reform, wie Sie das nennen, in keiner Weise aus. In keiner Weise! Zum Schluss sagt Finanzminister Grasser, das sei deshalb nicht notwen­dig, weil es keine finanziellen Auswirkungen auf das Budget gebe.

Das ist doch hanebüchen, und so schaut Ihre ganze Reform aus. Damit werden Sie nicht durchkommen! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

 


14.15

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Jetzt war ich schon versucht, zu glauben, dass diese meine Wortmeldung mittels Handzeichen nicht funktioniert. Ich bin hoch erstaunt, dass bei diesem Präsidenten zumindest das noch klappt, nämlich dass man, zumindest in dieser Sitzung, gleichbe­handelt wird.

Meine Damen und Herren! Zur Bestellung des Personals nur eine kurze Bemerkung. Ich stelle fest: Es gibt zwei unterschiedliche Bestellungsmodelle für das Personal.

Zunächst einmal möchte ich aber sagen, dass der Herr Bundesminister ganz eindeutig die Unwahrheit sagt, wenn er behauptet, im Antrag stehe drinnen, dass diese Rege-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 110

lung nur für auslaufende Verträge gilt. Das heißt, dass nur für Gilbert Trattner, der da oben sitzt und zuschaut und aufpasst, der Posten gesichert wird, dass nur er übernom­men werden kann. – Das stimmt nicht, sondern der Herr Minister kann sich aus­suchen, wen er will, und braucht keinen Posten auszuschreiben.

Nun zu den zwei Modellen:

Das eine Modell ist jenes von Herrn Bundesminister Strasser: Er macht eine Struktur­reform, schreibt alle Posten aus, und heraus kommt immer ein Schwarzer.

Das andere Modell ist das von Herrn Bundesminister Gorbach: Er schreibt keinen Pos­ten aus, strukturiert um, und heraus kommt immer ein Blauer.

Gute Nacht, Republik! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.17

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Vizekanzler Bundesminister Gorbach. – Bitte.

 


14.17

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Staatssekretär! Vielleicht kann ich etwas zur Beruhigung beitragen, Herr Abgeordneter, wenn ich Ihnen sage: Da ist natürlich nur an den Kreis gedacht, der jetzt die Verant­wortung trägt, und das wirklich nur aus dem Grund, dass wir erstens die Reform rasch umsetzen können, rasch abwickeln können, dass wir zweitens das, was den Personal­aufwand betrifft, auch kostengünstig tun können und dass wir drittens – und das ist eigentlich ein Grundprinzip in der Wirtschaft – die human ressources, die vorhandenen Kapazitäten und die vorhandenen Erfahrungen auch nützen.

Gerade in einer etwas unruhigen Phase der Umstrukturierung kann das sehr von Vor­teil für das Unternehmen und damit auch sehr von Vorteil für die Kunden und sehr von Vorteil für die Steuerzahler und damit von Vorteil für die Republik Österreich sein. – Das sage ich Ihnen grundsätzlich.

Zweitens, weil Sie hier schon wieder die bereits oft strapazierte Farbenlehre vertreten haben – aber ich muss vorsichtig sein, denn es gibt auch einen Spruch, der ungefähr damit anfängt: Wie der Schelm denkt ...!; aber mein Gott –, sage ich Ihnen: Ich bin der Meinung, wenn jemand eine Gesinnung hat, egal ob rot, schwarz, blau oder grün, und gut und tüchtig ist, dann soll er das werden. Warum sollen Schwarze oder Blaue oder Grüne nicht auch tüchtig sein? Eine Zeit lang hatte ich das Gefühl, dass es in diesem Land im öffentlichen Bereich und dort, wo die Regierungen etwas zu sagen haben, insbesondere in der Dominanz der SPÖ, nur SPÖ-Tüchtige geben kann, weil die Posi­tionen entsprechend besetzt waren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber lassen wir das heute! Sie können mich an den Taten messen, Herr Kollege.

Aber noch eines: Sie werden doch nicht annehmen, dass ich jemandem, bei dem nicht auf der Hand liegt, dass er für eine Position, wo noch Verträge weiterlaufen, geeignet ist, eine öffentliche Position übergeben werde, um mich dann womöglich der berechtig­ten Kritik und einer Diskussion darüber auszusetzen!

So viel Respekt habe ich erstens vor der objektiven Postenbesetzung und zweitens auch vor der Opposition, die das dann zu Recht aufzeigen würde. Glauben Sie mir, wenn es der Fall wäre, dass ich das als Eigentümervertreter in die Wege leite, dann wäre das gut begründbar, und das wäre dann für mich auch bei einem offensichtlich der SPÖ nahe stehenden Kandidaten gut begründbar.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 111

Ich würde das auch tun, so wie ich das übrigens auch in meinem Ministerium zu tun pflege; Sie können sich gerne erkundigen. Offensichtlich ist das aber unüblich. Ich merke das dort auch: Wenn ich mit Andersgesinnten dahin gehend rede, ob sie nicht für diese oder jene Position Interesse haben, weil sie gut sind, dann erschrecken sie fast, weil sie denken: Das kann ja nicht sein, der Mann muss mich verwechseln! (Hei­terkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da denken wir neu und anders! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.) Es ist so, und auch Sie müssen Ihr Gedankengut da jetzt etwas umstellen. Diese Regierung macht einiges anders – weil sie einiges besser macht.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten uns diesbezüglich jetzt wieder ab­regen, wenn das möglich ist. Es wird keinen Grund zur Aufregung geben, es sei denn, man will das künstlich hochspielen.

Ich will nichts anderes – und die Regierungsparteien detto –, als dass heute dieser Be­schluss zustande kommt, um diese längst überfällige Reform in die Realität umzu­setzen – ohne zusätzliche Kosten und ohne zusätzliche Posten.

Erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit auch noch, auf Herrn Verzetnitsch einzu­gehen, der auch in den Medien bereits einige Male den Spruch geprägt hat – und auch der Herr Haberzettl hat das getan –: mehr Häuptlinge, weniger Indianer. Das klingt gut und erinnert an Jugendzeiten, aber für solche Erinnerungen und Romanzen ist jetzt keine Zeit, und das ist auch der falsche Platz für derartige Sprüche.

Wir werden versuchen, durch Verschränkungen, durch Nutzen der vorhandenen Kapa­zitäten im Personalbereich insgesamt nicht mehr Vorstände zu brauchen als jetzt. Neh­men Sie das sehr ernst! Ich habe das auch schon in dieser ersten Pressekonferenz gesagt, weil es Sinn machen kann, dass zum Beispiel ein Vorstand in der Tochter-AG auch im Vorstand der Holding sitzt und ein Interessensaustausch und ein Informations­austausch stattfindet und und und.

Also, warten Sie doch ab! Haben Sie ein bisschen Vertrauen! So, wie Ihr großer Vor­sitzender einmal gesagt hat: Lernen Sie Geschichte!, empfehle ich Ihnen: Lernen Sie positiv denken! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Broukal. – Herr Abgeordneter, Sie kennen die Geschäftsordnung. Der Nachsatz zu Ihrer letzten tatsächlichen Berichtigung hat dem § 58 der Geschäftsordnung nicht entsprochen.

Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.22

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Das gebe ich zu und gelobe Besserung.

Wenn der Herr Vizekanzler hier behauptet, dass bei der Besetzung ohne Ausschrei­bung lediglich an die derzeitigen Mitglieder des Vorstandes der ÖBB gedacht sei (Vize­kanzler Gorbach: Leitende Mitglieder!) – Sie sagten: Vorstand der ÖBB; das Protokoll kann jederzeit eingesehen werden –, so ist das unrichtig.

Wahr ist vielmehr, dass das auch für den Vorstand beziehungsweise die Geschäfts­führung – das ist offensichtlich etwas Anderes als der Vorstand – und den Leiter der Geschäftsbereiche gilt. Jetzt haben wir einen Personenkreis, der aus Dutzenden Per­sonen besteht und der es dem Herrn Vizekanzler möglich machen würde, die neue ÖBB-Holding und alle Tochtergesellschaften ohne eine einzige Ausschreibung zu be­setzen. – Das mögen Sie mit Ihren Wirtschaftstheorien einmal in Einklang bringen!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 112

(Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Herr Minister! Sie kennen offensichtlich nicht einmal den Gesetzentwurf! Unfassbar! – Vizekanzler Gorbach: Ich kenne ihn gut! Seien Sie doch ein bisschen gut aufgelegt! Seien Sie nicht so nervös!)

14.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


14.24

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Vizekanzler, Sie reden da von Ver­trauen, aber es ist natürlich schwierig, Vertrauen zu haben, wenn Sie hier auf eine Art und Weise vernebeln, dass hier wirklich nur mehr Nebelschleier zu sehen sind.

Ich frage mich bei Ihrer Rede schon, warum Sie immer von „Ich“ sprechen, nämlich von Ihnen, dass Sie hier etwas besetzen. Normalerweise macht das nach dem Aktienrecht, soweit mir bekannt ist, der Aufsichtsrat. Ich finde, es spricht schon Bände, dass Sie das jetzt schon in die Hand genommen haben. Aber vielleicht können Sie hier aufklä­ren, wie das zu verstehen ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum Zweiten: In dem Abänderungsantrag, der uns vorliegt – anscheinend ist er Ihnen tatsächlich nicht bekannt –, steht – ich zitiere –, dass eine Ausschreibung der erstmals zu besetzenden Funktion nicht erforderlich ist. – Da steht nichts von einem bestimmten Personenkreis, nichts von einzelnen Posten, sondern einer „erstmals zu besetzenden Funktion“.

Was Sie sich dabei denken oder woran Sie dabei denken, das interessiert – mit Ver­laub – hier nicht, denn worüber wir abstimmen, das ist dieser Antrag – und nicht Ihre Gedanken! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die Uhr ist wunschgemäß auf 20 Minuten eingestellt.

 


14.25

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Minister Gorbach, Sie sollten ein bisschen mehr Respekt vor dem Parlament haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Sie sollten wissen: Wir brauchen uns von Ihnen hier nicht schulmeistern zu lassen, Sie brauchen uns nicht zu belehren, Sie brauchen auch nicht vorzuschreiben, wie wir hier denken! Wenn Sie hier herinnen keine Mehrheit mehr haben, dann sind Sie abge­wählt, Herr Minister! Das sollten Sie nicht vergessen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Aber das wird lange nicht der Fall sein!)

Es ist schon eine gewisse Arroganz, die hier in den Ausführungen der beiden Regie­rungsvertreter, die hier sitzen, mitschwingt, festzustellen. Dabei möchte ich hinzufügen: Sonst sitzt der Bundeskanzler immer hier, wenn so genannte wichtige Reformen be­schlossen werden. Wo ist er eigentlich heute, der Herr Bundeskanzler? Wieso lässt er diese Zwillinge hier auf der Regierungsbank das Ganze ausbaden? – Obwohl sie das natürlich zu Recht auch selbst zu verantworten haben, muss man bemerken. Schuld­bewusst ist Ihr Gesichtsausdruck, Herr Staatssekretär Kukacka, und auch der Ihre, Herr Minister Gorbach! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich frage mich schon die ganze Zeit: Warum sind Sie so unvernünftig – zum Schaden Österreichs, zum Schaden der Fahrgäste der Bundesbahn und deren Bediensteter und der Umwelt? Warum sind Sie so hartnäckig bei dieser so genannten ÖBB-Reform, wie dieses Zerstörungswerk genannt wird? Was kann da der wahre Hintergrund sein?

Langsam dämmert es uns: Sie wollen hier offensichtlich – und Sie haben schon Zu­sagen gemacht – die Immobilien einfach filetieren, verkaufen. An wen sollen die Immo-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 113

bilien gehen? Sagen Sie das endlich! Ist es der Herr Plech von der FPÖ? Wer ist es? Wer wird hier profitieren? Was geschieht mit den Geldern? Was wird nachher mit den Geldern geschehen, wenn die Immobilien verkauft sind? – Ich glaube, Sie sind bald reif für einen Untersuchungsausschuss – bei der Art und Weise, wie das hier abläuft, die ganze Causa der ÖBB! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. (Heiterkeit. – Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der Frei­heitlichen und der ÖVP.)

 


Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Welche Ungeduld! Welche Ungeduld! Sie werden noch ein bisserl zuhören müssen, auch wenn es unangenehm ist.

Ich wollte gerade sagen – auch wenn es einen Ordnungsruf provoziert –: Es stinkt hier nach Bereicherung! Es stinkt nach Bereicherung bei dem, was hier vor sich geht. Ich sage weiter: Es stinkt nach Korruption, wenn das hier so weitergeht! Warum hängen Sie an diesem Konzept so fest? – Da ist etwas faul! (Abg. Scheibner: Das ist ja unge­heuerlich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Die selbsternannten Wirtschaftsparteien, die hier herinnen sitzen ... (Abg. Scheibner: Ungeheuerlich ist das!) Ja, dazu stehe ich! Ich stehe auch zu der Aussage, dass hier mindestens 30 Vorstandsposten zur Verfügung stehen, die man besetzen will! (Abg. Scheibner: Nur weil der Häupl und der Erich Haider euch nicht zustimmen lassen, darum haben wir das Theater! Sagen Sie einmal ehrlich, was der wahre Hintergrund dafür ist!)

Wissen Sie, warum die FPÖ so dahinter ist? – Damit es da endlich einen Versor­gungsrahmen für die FPÖ-Parteigänger gibt, weil alles andere die ÖVP besetzt hat – zum Nachteil dieses Landes. – Das stinkt nach Bereicherung, und darüber sollten Sie endlich einmal ernsthaft nachdenken! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind der Schlawiner!)

Ich habe hier ja nicht die Zeit dafür, aber ich könnte eine ganze Liste anführen – ob das jetzt die Drohung gegen die Telekom ist, ÖIAG, Voest, BUWOG, all das, was es hier an Privatisierungsplänen gibt. Wer profitiert hier eigentlich? Ich möchte jetzt langsam die Namen hören, wenn die Aktien hinuntersausen, und zwar die Namen Ihrer Freun­derln, die im ÖIAG-Aufsichtsrat sitzen, die die ganzen Internas wissen, die sich in die Geschäfte hineinschleichen wollen, damit sie davon profitieren können.

Sie haben moralisch ganz schön abgewirtschaftet, das kann ich Ihnen sagen, und die beiden hier auf der Regierungsbank sitzenden Regierungsvertreter, die zu Recht hier schuldbewusst ins Plenum blicken und ohnehin kein Wort der Verteidigung mehr fin­den, sind ein Symbol dafür

Noch etwas: Sie haben drei Jahre den Transitmurks hier zu verantworten. Drei Jahre Transitmurks! Drei Jahre haben Sie Zeit gehabt, die ÖBB auszubauen. Drei Jahre hätten Sie auf Grund der Transitprotokolle des Beitrittsvertrages die Verpflichtung ge­habt, die Güterkapazität der ÖBB auszubauen. Sie haben nichts anderes im Kopf ge­habt, als dauernd auf die Eisenbahner loszugehen! Sie haben nichts anderes im Kopf gehabt, als die ÖBB zu zerschlagen – Wurscht, was es für die Fahrgäste bedeutet, Wurscht, was es für den Wirtschaftsstandort bedeutet, Wurscht, was es für Österreich bedeutet! – Das ist Ihre Vorgangsweise, und die ist zutiefst zu verurteilen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Daher wird, wenn Sie den Transit-Murks jetzt dem ÖBB-Murks anreihen, das Ganze nicht besser.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 114

Ich war nicht in der Gruppe, die sich im Verkehrsausschuss wirklich um einen Konsens bemüht hat, aber ich habe das auch mitverfolgt. Aber wenn Sie sich arrogant hinstellen und sagen: Das werden wir aber in das Gesetz nicht hineinschreiben!, und: Sicher ist gar nichts!, und: Es gibt dazu noch eine Anmerkung – und ansonsten gibt es einen feuchten Händedruck!, dann heißt das auf gut Deutsch: schmeck’s!

Wenn bezüglich dessen, was dabeisteht, was also nicht einmal im Gesetz enthalten ist, von Ihnen festgestellt wird: Aber die Eckdaten bleiben!, wenn Sie Verhandlungskom­promisse nur so verstehen, dass Sie ohnehin nicht an die Passagiere, nicht an die Bahn und nicht an Österreich denken – daran habe ich mich schon fast gewöhnt, muss ich zu meinem Leidwesen sagen –, wenn Sie außerdem sagen: Jeder Kompromiss kann nur damit enden, dass eine Seite der Verlierer ist und eine Niederlage erleidet, während der andere der Triumphator, der Sieger ist, und Sie im Cäsarenwahn dann hier oben sitzen, muss ich Ihnen sagen: Das ist keine Politik! Sie wollen den Konflikt haben – dann werden Sie den Konflikt bekommen, das kann ich Ihnen sagen, und an das werden Sie heute noch denken! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Was bleibt, sind Zynismus und Arroganz. (Abg. Neudeck: ... die sauren Wiesen tro­ckenlegen!) Was bleibt, ist der Verdacht der Bereicherung und der Korruption im Zusammenhang mit dieser ÖBB-Reform, der so genannten ÖVP-Reform. (Abg. Neu­deck: Sie wissen, wie’s geht!) Was bleibt, ist eine moralisch abgewirtschaftete Regie­rung, und Sie sind die Wasserträger für diese Unternehmungen. Das sollten Sie sich überlegen, denn der Tag der Abrechnung kommt. Der nächste Wahltag wird auch für Sie bestimmt kommen! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Scheibner. – Bitte.

 


14.33

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Cap, welche Erfahrungen müssen Sie und Ihre Partei haben, wenn es um Strukturreformen im öffentlichen Dienst, bei den Österreichischen Bundesbahnen geht (Rufe bei der SPÖ: Drei Jahre!), wenn Sie hier taxfrei jene, die die Reformen machen, der Korruption und der Rechtswidrigkeit bezichtigen! Welche Erfah­rungen muss jemand in den eigenen Reihen haben, wenn er dauernd derartige Vor­würfe in den Raum stellt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Welche Erfahrungen muss jemand haben, der bei einer Dienstrechtsreform sofort an Postenschacher denkt, meine Damen und Herren! Schauen Sie einmal in Ihre Be­reiche hinein! (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Was machen Sie mit den Mitarbeitern zum Beispiel der Österreichischen Bundesbahnen und in anderen Institu­tionen, wo Sie glauben, sie sind Ihr Eigentum? – Sie zwingen die Leute, dass sie in Ihr Lager hineingehen, und wer das nicht macht, wer die Schneid’ hat zu sagen: Nein, dazu bin ich nicht bereit!, der wird nichts, der wird ins Abseits gestellt, der wird bei Per­sonalbesetzungen nicht einmal zum Hearing zugelassen. – Das ist Ihre Personalpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da kommen Sie hier heraus und reden von Postenschacher. Das ist ja ungeheuerlich! Sie zwingen die Leute ... (Zwischenruf der Abg. Bures.) Sie drohen hier, meine Damen und Herren, und ich frage Sie: Womit drohen Sie denn? Was werden wir uns an­schauen, was Sie jetzt angekündigt haben? Was kommt? – Wieder ein Streik auf dem Rücken von 1,2 Millionen Österreichern oder was? Wieder Hunderte Millionen Euro Schaden für die Volkswirtschaft? Oder was sonst ist es, womit Sie drohen?


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 115

Meine Damen und Herren! Die Wahlen schauen wir uns an! Wenn Sie weiterhin wich­tige Institutionen der Republik Österreich für Ihre parteipolitischen Spielchen miss­brauchen, meine Damen und Herren, schauen wir uns die Wahlen sehr gerne an. Sie werden eines nicht los in der ganzen Sache, und da können Sie hier noch so viel agitieren, polemisieren und vorwerfen: dass es unter Ihnen Abgeordnete gibt, die heute anders reden mussten, als sie wollten, dass es heute in Ihren Reihen Abgeordnete gibt, die einen Konsens wollten, die nicht diese Polarisierung wollten, denen die Struk­tur und die Zukunft der Österreichischen Bundesbahnen wirklich ein Anliegen sind.

Sie haben auch diese Abgeordneten gezwungen, diesen Konsens nicht einzugehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sich nur dem Diktat eines Häupl, eines Erich Haider zu beugen und dann hier herauszugehen, um eine angebliche Zerschla­gung zu verhindern, das ist mies, meine Damen und Herren, das ist schäbig, ich sage das in aller Offenheit, und das ist Ihrer unwürdig. Aber das haben alle, die hier sitzen und die den Konsens wollten, mit sich selbst und auch mit Ihnen auszutragen.

92 Prozent, meine Damen und Herren, bei Personalvertretungswahlen der SPÖ bei den Österreichischen Bundesbahnen zeigen doch wohl, dass Demokratie und Pluralität in diesem Unternehmen politisch etwas anderes ist als das, was Sie hier mit Ihrer Per­sonalpolitik inklusive Druckausübung auf die Mitarbeiter gezeigt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung SPÖ –: Das ist Postenschacher!)

14.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


14.36

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich zwei Bemerkungen zu machen und eine Frage zu stellen.

Die erste Bemerkung: Vizekanzler Gorbach hat sich heute in dieser Debatte mehrfach zu Wort gemeldet, und ich möchte ausdrücklich sagen, ich begrüße das. (Demonstrati­ver Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.) Endlich haben wir einmal in diesem Hohen Haus eine, wenn auch sehr harte, aber doch so etwas Ähnliches wie eine Debatte. Das hätte ich mir bei vielen anderen Gesetzen auch gewünscht, dass der Minister hergeht und Rede und Antwort steht. (Beifall bei den Grünen.)

Aber – aber! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Jetzt kommt wieder der Oppositionelle zum Vor­schein!) –: Habe ich einen Abänderungsantrag der Regierungsparteien überlesen? Gibt es einen, wo drinnen steht, das Aktienrecht gilt bei der ÖBB-Reform nicht? (Ruf bei der ÖVP: Das hat eh die Lichtenberger auch schon gesagt! – Heiterkeit.)

Herr Vizekanzler Gorbach! Meine Kollegin Sburny hat an Sie eine Frage gerichtet, und Sie haben sich heute mehrfach zu Wort gemeldet, und ich bitte Sie, sich noch einmal zu Wort zu melden. Was meinen Sie mit der Aussage, wo Sie wörtlich sagen: Ich werde bestellen – ein Organ, sei es in der Holding, oder Sie sprachen sogar von den Untergesellschaften. Das ist mir neu, dass das Aktienrecht das zulässt. Was gilt jetzt: das ÖBB-Gesetz, so wie Sie es heute vorgeschlagen haben und wie Sie es zweifellos beschließen werden, oder gilt außerdem noch das Aktienrecht? Oder gilt es nicht?

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Das ist keine triviale Angele­genheit. Ich erinnere Sie daran, dass ein wesentlicher Punkt der Probleme, die wir mit der verstaatlichten Industrie früher hatten, vor 20, vor 30 Jahren, der war, dass von den zuständigen Ministern systematisch immer wieder das Aktienrecht nicht eingehalten wurde, sondern direkte Interventionen die Regel waren, nicht die Ausnahme.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 116

Und wozu hat das geführt? – Das hat dazu geführt, dass die Verantwortlichkeiten in diesen Bereichen nicht nur verwischt wurden, sondern de facto nicht mehr vorhanden waren. Herr Vizekanzler Gorbach, ich muss aber Ihren Ausführungen heute entneh­men, dass man offenbar diese Zustände, von denen ich gedacht hätte, dass wir sie 1986 mit der großen Krise der Voest endgültig hinter uns gelassen haben – ich weiß schon, dass das naiv ist –, wieder haben will. Diese Zustände wollen Sie wieder haben?

Es ist schlimm genug, wenn Finanzminister Grasser sich bei der ÖIAG Rechte anmaßt, die er nicht hatte und nicht hat nach Aktienrecht. Ich habe Papiere gesehen, in denen schriftlich festgehalten ist, wo überall das Einvernehmen mit dem Finanzminister zu suchen ist, auch im Zusammenhang mit der Voest-Privatisierung. Das ist aktienrechts­widrig, und ein Finanzminister und auch ein Vizekanzler, Herr Minister Gorbach, haben sich an das Recht zu halten!

Ich bitte Sie, zu dieser Frage heute noch einmal Stellung zu nehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Vizekanzler Gorbach. – Bitte.

 


14.39

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren Abgeordne­ten! Sehr gerne nehme ich ganz spontan und kurz zu dem Stellung, was Sie, Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen, gesagt haben. Ich möchte vielleicht auch sehr grund­sätzlich sagen: Mir gefallen diese Debatten ja auch, weil es sich wirklich um Debatten im wahrsten Sinne des Wortes handelt.

Aber diese Debatten haben auch einen Nachteil. Sie werden das auch aus anderen Gremien kennen, ich kenne es aus dem Vorarlberger Landtag, wo sich Regierungsmit­glieder öfter spontan ohne Redezeitbeschränkung zu Wort melden, es sei denn, man hat vorher etwas ausgemacht, was dort selten ist. Das wird hier nicht gehen. Ich möchte keinen Vergleich zwischen einem kleinen Bundesland und dem Hohen Haus hier in Wien ziehen. Aber dies hat den Nachteil, dass man eben spontan auftritt und in der spontanen Antwort eine Formulierung gerne übernimmt.

Ich glaube, es war Ihre Kollegin, ich möchte aber niemandem Unrecht tun. Meines Er­achtens hat dies zum Beispiel Herr Klubobmann Cap heute getan, indem er das Wort „Korruption“ verwendet, den Verdacht, es riecht nach Korruption, geäußert und in meine Richtung gezeigt hat. Ich wusste, was er damit ausdrücken will. Das tut mir weh. Das schmerzt mich, Herr Dr. Cap, da haben Sie mir Unrecht getan. Aber das ist nicht so schlimm, ich werde trotzdem noch schlafen können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mit Ab­sicht hat er das getan!)

Aber Ihre Frage konkret. Ich habe also eine Aussage übernommen – das wäre nachzu­lesen – von einem Mitglied des Nationalrates aus Ihrem Klub, wie ich meine, aber es könnte jeder andere auch gewesen sein, der gesagt hat: Wissen Sie eigentlich, was in diesem Abänderungsantrag drinsteht? – Wenn dieser Abänderungsantrag angenom­men wird, kann Minister Gorbach, kann der Verkehrsminister jederzeit einsetzen. Ich habe daraufhin geantwortet: Ich werde nicht einsetzen!, weil ich als Eigentümervertre­ter gedacht habe.

Ich sage ganz konkret auf Ihre Frage: Selbstverständlich werde ich penibelst das Aktiengesetz einhalten, gerade bei Personalangelegenheiten. Aber ich werde auch die Eigentümervertretung sehr ernst nehmen. Das sage ich hier und auch in der Öffentlich-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 117

keit nicht zum ersten Mal. Ich glaube, dass es in einer solchen Phase gut ist und spüre auch, dass man das will, wenn sich der Eigentümervertreter stark mit den gewählten Organen in Verbindung setzt. Dass er ein gewähltes wichtiges Organ natürlich beein­flussen kann, wissen wir, da brauchen wir ja nicht scheinheilig herumzutun, weil der Eigentümervertreter da und dort auch die Generalversammlung darstellt und Aufsichts­räte mit Brief bestellt, und das ist dann der Beschluss. Sie wissen das ja, Herr Doktor. Und das Organ Aufsichtsrat bestellt den Vorstand. Selbstverständlich wird und muss das so sein. Nur einen Vorstand, von dem ich zum Beispiel glaube, dass er tauglich ist, wird der Aufsichtsrat als Organ verantworten und bestellen können.

Ihre Frage beantworte ich also dahin gehend: Das war eine verbale Unschärfe, wenn Sie so wollen, die ich aber übernommen habe, trotz ... (Abg. Dr. Lichtenberger: Sehr bezeichnend!) – Ich glaube, sie war ohnehin von Ihnen, Frau Dr. Lichtenberger, wir können es ja dann nachlesen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein, sie war nicht von mir!) Okay, dies war also von irgendjemandem, der den Vorwurf erhoben hat: Der Verkehrs­minister kann. Sie haben mir eigentlich etwas Gutes getan, Sie haben richtig gestellt, Herr Dr. Van der Bellen: Er kann nicht! Er kann versuchen, ein Organ, das verantwort­lich ist und bestellen muss, zu beeinflussen. Mehr werde ich sicherlich nicht tun. Ich werde mich, wie gesagt, penibelst an das Aktienrecht halten. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

14.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


14.43

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn man Ihnen so zuhört, ist man ja fast geneigt, Ihnen zu glauben. Dann holt einen wieder die Realität ein. Und dann denke ich mir: Ja, schön und gut, der Bundesminister wird ge­genüber dem Aufsichtsrat seinen Willen klarmachen. Aha! Ja, das kann man so sehen und das kann man auch anders sehen.

Ersparen Sie mir bitte, die Qualität dieses Aufsichtsrates näher zu beschreiben. Bei der wichtigsten Aufsichtsratssitzung, in der nämlich die ÖBB-Struktur vorgestellt wurde, hat der Vorsitzende des Aufsichtsrates gefehlt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Er war auf Urlaub. Das kann ja irgendjemand anderer machen. – So schaut die Qualität und die Kompetenz dieses Aufsichtsrates aus! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Deshalb gibt es ja die Reform!)

Die Kompetenz des Vorstandes der ÖBB, der in dieser Frage ja gar nicht befugt ist, haben wir in den letzten Wochen und Monaten auch kennen gelernt. Die haben näm­lich vor einigen Monaten noch ganz andere Stellungnahmen von sich gegeben und sind nach einem Gespräch mit Ihnen eines Besseren belehrt worden. Entschuldigung, aber so wie wir über das Aktienrecht oder wie Professor Van der Bellen über das Aktienrecht Bescheid weiß, habe ich eine ungefähre Ahnung davon, dass der Vorstand dem Aufsichtsrat gegenüber verantwortlich ist. Also wenn, dann hat die Belehrungen des Vorstandes der Aufsichtsrat vorzunehmen, und nicht Sie, Herr Bundesminister. – Das soweit dazu. (Beifall bei den Grünen.)

Dann aber noch etwas anderes, Herr Bundesminister. Ich gebe schon zu, wir sind heute in die Debatte eingegangen mit dem Vorwurf von Seiten der Oppositionspar­teien, da geht es um Postenbesetzungen, um Postenschacher. Sie, alle Redner der Regierungsparteien, haben das entrüstet von sich gewiesen: Nein, nein, darum geht es nicht, die Strukturfrage steht im Vordergrund.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 118

Dann – „Zufall“ – kommt in letzter Minute – Muster kennen wir ja, Herr Kollege Molte­rer – dieser Abänderungsantrag, der das Stellenausschreibungsgesetz in einem, würde ich sagen, für das Stellenausschreibungsgesetz ganz wichtigen Punkt entscheidend modifiziert, der nämlich dem Minister diese Möglichkeiten gibt.

Und da wollen Sie, dass wir Ihren schönen Worten noch irgendwie Glauben schenken, Herr Bundesminister? Können Sie nach dem, was Sie da in dieser Veranstaltung unter diesem Tagesordnungspunkt geliefert haben, wirklich annehmen, dass wir, aber auch die Menschen draußen Ihnen auch nur ein Wort glauben, wenn Sie sagen, dass da nichts ausgedealt ist? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Herr Bundesminister! Nein, so einfach geht das nicht!

Ich möchte abschließend die Ausführungen des Kollegen Parnigoni inhaltlich etwas korrigieren. Kollege Parnigoni ist davon ausgegangen, es gibt ein schwarzes Modell für die Postenbesetzung, Modell Strasser, mit Ausschreibung, aber es kommt ein Schwar­zer heraus, und es gibt das Modell Gorbach, ohne Ausschreibung, und es kommen dann die Freiheitlichen heraus. Entschuldigung, Kollege Parnigoni, es gibt noch ein zweites Modell freiheitlicher Postenbesetzung, das haben wir bei der Pensionsver­sicherungsanstalt erlebt, das ist das Modell Haupt gewesen. Kollege Gaugg, der jetzt nicht mehr hier ist, ist auf Grund einer Stellenausschreibung bestellt worden. Er ist dann über sich selbst drübergefallen oder über sein Auto beziehungsweise den Um­gang mit seinem Auto. Angesichts der Umstände dieser Stellenausschreibung wäre es für den Kollegen Gaugg vielleicht ganz nützlich gewesen, sich bei der Bahn zu bewer­ben, denn da könnte er nicht über sein Auto beziehungsweise über die damit verbun­denen Fragen stolpern. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem. – Bitte.

 


14.48

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich noch einmal ein bisschen rekapituliere, wovor wir heute stehen. Wir haben jetzt vier Jahre eine schwarz-blaue Regierung. Und die schwarz-blaue Regie­rung I hat sich bereits vorgenommen, die ÖBB zu zerschlagen.

Sie haben als ersten Verkehrsminister Schmid aus der Steiermark gebracht. Es dauerte zwar nicht sehr lang, bis die Batterien von Minister Schmid leer geworden sind, aber eines hat er relativ bald erkannt: dass die Zerschlagung der ÖBB erstens be­triebswirtschaftlich nicht besonders sinnvoll ist und dass sie zweitens für die Freiheit­lichen politisch sehr nachteilig sein würde. Er war nicht wahnsinnig lang im Amt, aber er hat zumindest politisch verstanden, dass es keinen besonderen Sinn macht, eine wirtschaftlich nicht sinnvolle Maßnahme zu ergreifen und sich gleichzeitig die Eisen­bahner und ihre Familien, die zu unserem Bedauern vielfach auch bei Nationalratswah­len freiheitlich gewählt haben, zum Feind zu machen. Dann ist der Schmid gegangen, weil er müde war.

Dann ist Frau Forstinger in Aussicht genommen worden. Herr Vizekanzler, meine sehr geehrten Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, an dem Wochenende, an dem aus­gemacht worden ist, dass ein neuer Minister, eine neue Ministerin kommt, ist vorher im Bundeskanzleramt noch ausgemacht worden, dass der oder die, die dann als Ver­kehrsminister kommen wird, jedenfalls die ÖBB zu zerschlagen hat. (Vizekanzler Gorbach: Nein!) Nicht nein, Herr Vizekanzler, sondern ja. Mit diesem Ticket ist Frau Forstinger eingekauft worden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 119

Frau Forstinger hat es aber auch nicht getan. Jetzt möchte ich nicht qualifizieren, warum sie es nicht getan hat, aber sie hat es jedenfalls nicht getan.

Nachdem auch Forstinger nicht besonders lange und vor allem auch nicht besonders erfolgreich, allerdings mit einigen Kosten Verkehrsministerin war, ist Kollege Reichhold gekommen, Nummer drei in dieser Serie. Mit Reichhold ist es nicht mehr ausgemacht worden, dass er die ÖBB zu zerschlagen hat. Aber auch Kollege Reichhold hat die ÖBB nicht zerschlagen.

Herr Vizekanzler, ich sage Ihnen Folgendes: Jene, die das immer verlangt hat, war die ÖVP. Und es war immer das oberste Anliegen des Kollegen Kukacka, damals aller­dings noch nicht Staatssekretär, dass endlich diese rote ÖBB zerlegt wird, damit den Betriebsräten dort das Handwerk gelegt wird. Das war das Ziel, um das es gegangen ist. Herr Staatssekretär! Geben Sie es ruhig zu! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Dann sind die Wahlen gekommen, in denen es die Freiheitlichen zerlegt hat und somit nicht mehr die Möglichkeit bestand, dass ein freiheitlicher Minister allein im Verkehrs­ministerium sitzt. Da hat die ÖVP plötzlich durchsetzen können, dass ins Verkehrs­ministerium jetzt ein schwarzer Staatssekretär kommt, und es war natürlich nicht besonders überraschend, wer da zum Zug gekommen ist. Einerseits war die Pensions­frage des Kollegen Kukacka noch nicht befriedigend gelöst, also hat er noch eine Hacken gebraucht, bevor er in Pension geht. Er hat sie bekommen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Zweitens hat die ÖVP auch noch durchgesetzt, welche Aufgabe er im Verkehrsministe­rium übernehmen soll, und zwar gegen den Wunsch des Vizekanzlers, gegen den Wunsch des neuen Verkehrsministers, der keineswegs die Absicht gehabt hat, Herrn Kukacka mit der Aufgabe ÖBB zu betrauen. Aber es war eine der Bedingungen der ÖVP, dass Kukacka die ÖBB-Aufgabe zugeteilt bekommt und dort endlich sein Hand­werk ausüben kann, nämlich die ÖBB zerlegen. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen. – Ruf bei der ÖVP: Sehr „sachlich“! – Abg. Schöls: Schämen Sie sich!)

Es ist sein einziges Ziel, und es wird auch sein einziger Erfolg bleiben, ein sehr zweifel­hafter Erfolg, den er dort erzielen möchte und mit Ihrer Hilfe wohl auch erzielen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir stehen also jetzt an dem Punkt, an dem Kukacka an seinem beruflichen Höhepunkt angelangt ist. Er darf die ÖBB zerlegen, Sie werden ihm dabei helfen, obwohl Ihnen alle ernst zu nehmenden Fachleute gesagt haben, dass dieser Weg nicht die Lösung ist. Es geht nur um die Roten, und deswegen hat auch der „rote“ Herr Rechnungshof­präsident Fiedler gesagt, dass das die falsche Reform ist. (Abg. Murauer: Es geht nur um die roten Positionen!) Herr Murauer! Ich würde an Ihrer Stelle nicht unbedingt allzu stark eingreifen, wenn Sie keine Ahnung haben. Kümmern Sie sich um die Landesver­teidigung und nicht um die ÖBB, dann sind Sie bei Ihrem Geschäft! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Schöls: Schämen Sie sich!)

Es muss irgendeinen Grund haben, dass der Herr Rechnungshofpräsident schriftlich, mündlich und heute noch einmal zum Besten gegeben hat, dass diese Reform eine Reform ist, die den ÖBB nicht hilft, dass dies nicht zur wirtschaftlichen Gesundung führt, dass dies nicht zu der Effizienzsteigerung führt, die Sie behaupten. Und ehrlich gesagt, jedes Kind ist in der Lage, zu verstehen, dass, wenn plötzlich neun Gesell­schaften miteinander Eisenbahn spielen, der Aufwand für Kommunikation, der Auf­wand an Zeit dabei höher wird.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 120

Herr Kollege, nur Sie können es nicht verstehen. Und der Punkt ist, warum verstehen Sie das eigentlich nicht? Was hindert Sie, zu verstehen, dass es schwieriger wird, zu neunt Eisenbahn zu spielen?

Lassen Sie mich noch ein Weiteres sagen, weil Kollege Kukacka das heute auch schon mehrfach angesprochen hat. Es wird auch immer wieder behauptet, diese ÖBB-Reform sei von der Europäischen Union erzwungen worden. – Auch das ist falsch. Dies ist nicht von der Union erzwungen worden. Zufällig ist die Richtlinie, die diese Frage regelt, verhandelt worden, als ich noch Verkehrsminister war. Und zufällig war es so, dass wir dort in der Lage waren, zwei Modelle durchzusetzen: ein Modell, das auf Zerschlagung der Bahnen, auf gesellschaftsrechtliche Trennung der Eisenbahnen hinzielt, und ein zweites Modell, das ein integriertes Unternehmen zugelassen hätte unter der Bedingung, dass es einen Regulator gibt, der dafür sorgt, dass Drittbahnen, die auf diesen Schienen fahren wollen, unter fairen Bedingungen auf diesen Schienen fahren dürfen. Es war eine lange Schlacht in einer langen Ratssitzungsnacht, in der wir mit Unterstützung der Franzosen und der Deutschen diese besondere Position durch­gesetzt haben.

Jetzt komme ich zur großen verkehrspolitischen Leistung Ihrer Vorvorgängerin Forstin­ger. Bei dem, was sie eisenbahnpolitisch zurückgelassen hat, handelt es sich um zwei Dinge. Das eine ist, dass sie beschlossen hat, als Knickserl vor dem Herrn Landes­hauptmann von Kärnten, dass man den Koralmtunnel baut, allerdings nicht den Sem­mering Tunnel, der die Voraussetzung dafür gewesen wäre, dass der Bau des Koralm-Tunnels einen Sinn hat. Der Koralmtunnel wird für den Herrn Haider einfach extra gemacht, weil er ihn gerne gehabt hätte. – Das ist die eine Entscheidung Forstinger gewesen, Glückwunsch dazu.

Aber die zweite Entscheidung Forstinger war, dass sie dafür gesorgt hat, und zwar per Weisung, dass die von Österreich, von mir damals durchgesetzte Lösung: entweder Zerlegung der Gesellschaften oder Regulator zurückgezogen wird, dass Österreich sagt, wir wollen keinen Regulator, wir wollen die Zerlegung der Bahn. Insoweit hat auch Frau Forstinger getan, was die ÖVP von ihr verlangt hat, nämlich einen Beitrag zur Zerlegung der Bahn zu leisten. Sonst hat sie nichts getan, aber das hat sie gerade noch zustande gebracht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage ist, wofür Sie hier Politik machen, ob Ihnen wirklich daran gelegen ist, dass eine wettbewerbsorientierte Bahn in Öster­reich fährt, dass sie gute Leistungen erbringt, oder ob Ihnen daran gelegen ist, primär zu schauen, dass die Gfraster von der Gewerkschaft, die überwiegend rot wählen, wie vorhin von Herrn Scheibner dargetan worden ist, ... (Abg. Scheibner: Das kann ich mir nicht vorstellen, dass es ein Unternehmen gibt, wo nur SPÖ-Mitglieder sind!) Ja, aber sie wählen geheim, Herr Scheibner, und erstaunlicherweise wählen sie trotzdem SPÖ. Können Sie sich das überhaupt nicht vorstellen? (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Bei den Nationalratswahlen wird auch geheim gewählt, aber sie wählen Sie nicht mehr. Es ist ein Pech für Sie und ein Glück für die Eisenbahner-Gewerkschaft, dass dort die Fraktion Sozialdemokratischer Eisenbahner bei geheimer Wahl 92 Prozent erreicht. Mit ein Grund dafür, warum es dort keine Schwarzen mehr gibt, ist Herr Kukacka. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Freiheitliche gibt es dort auch keine, die irgendeine Rolle spielen würden.

Also noch einmal: Wenn es Ihnen darum geht, eine effiziente und leistungsfähige Bahn zu haben, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann hätten Sie erstens dafür sorgen müssen, dass Sie, wenn Sie schon Herrn Draxler, der ein fähiger und für den Eigentümer vielfach auch unangenehmer Generaldirektor war, verjagen, wenigstens ein fähiges Management nachholen, das in der Lage ist, den Erfolgsweg, den Draxler


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 121

im Güterverkehr eingeschlagen hat, fortzusetzen und einen vergleichbaren Erfolgsweg im Personenverkehr zu beginnen.

Das ist nicht geschehen. Sie haben sich einen Manager gesucht, der vorher in Berlin im Verkehrswesen tätig war, wo man aber leider Gottes hat hören müssen, dass die Berliner gar nicht besonders unglücklich waren, dass er gegangen ist. Sie waren froh, dass er in Österreich eine Perspektive gefunden hat, sie waren uns jedenfalls nicht neidig. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Sie haben in diesem Bereich nicht dafür gesorgt, dass die Bedingungen für die ÖBB in Richtung Wettbewerb verbessert werden. Sie haben nichts dazu beigetragen. Das, was Sie jetzt tun – das ist heute schon mit Recht gesagt worden –, ist, dass Sie Bedin­gungen wie im Innenministerium schaffen. Sie sorgen dafür, dass sich hinkünftig die Eisenbahner und das gesamte Management bei Zerlegung der Gesellschaft in neun Gesellschaften zumindest ein bis eineinhalb Jahre ausschließlich mit sich selbst beschäftigen. Der Markt findet bekanntlich woanders statt. Sie haben das gleiche Problem wie im Innenministerium, wo Herr Strasser dafür gesorgt hat, dass sich die Polizei-, Gendarmerie- und Kriminalbeamten ausschließlich mit sich selber beschäfti­gen. In der Zwischenzeit steigt die Kriminalität und purzelt die Aufklärungsrate. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Trauertag für die österreichische Verkehrspolitik, genauso wie das Scheitern Ihrer Verkehrspolitik in Sachen Transit ein Trauertag war. Das ist ein schlechter Tag für Österreich. Dies ist ein ganz schlechter Tag für die Verkehrspolitik. Man kann nur hoffen, dass die Menschen, die bis jetzt schon ein sehr klares Urteil bei der Bewertung Ihrer Reformen haben, wenn man Um­fragen glauben darf, diese ihre Bewertung auch in die nächste Wahlentscheidung ein­fließen lassen werden. Ich gehe davon aus, dass die österreichischen Wählerinnen und Wähler wissen, was sie von Ihnen halten sollen, und auch entsprechend entschei­den werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist jetzt noch Herr Abgeordneter Dr. Puswald.

Ich unterbreche aber nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 1 und 2 der Tages­ordnung.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 855/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Finanzen mit der Ordnungszahl 855/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf. Dem Erstredner kommt allerdings zur Be­gründung eine Redezeit von 10 Minuten zu. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bun­desregierung oder zu Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

 


Ich ersuche nun den Antragsteller, Herrn Abgeordneten Karl Öllinger, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit ist 10 Minuten. – Herr Abgeordneter, bitte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 122

15.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön wäre es schon gewesen, wenn der Herr Finanzminister selbst bei dieser Debatte anwesend gewesen wäre, aber ich sehe es schon ein, er hat auch das Recht, seinen Staatssekretär zu schicken (Abg. Sburny: Und nach Amerika zu flie­gen!), vor allem – das wissen wir aus der Zeitschrift „Falter“ –, da es Staatssekretär Dr. Finz ohnehin als seine primäre Aufgabe sieht, den Minister auch dort zu verteidi­gen, wo es unangenehm ist.

Eines kann ich Ihnen sagen, Herr Staatssekretär: Diese Sache ist für das Finanzminis­terium eine höchst unangenehme Angelegenheit, weil sie auch den Dilettantismus, mit dem Sie in der Sache Karenzgeldzuschuss operiert haben, offen legt. Also ehrlich gesagt, Herr Staatssekretär: Würde irgendwo anders, in einem privaten Betrieb der­maßen dilettantisch und rechtswidrig vorgegangen, dann wäre der Teufel los oder zu­mindest der Staatsanwalt oder ein Richter auf den Plan gerufen. Wenn jedoch das Bundesministerium für Finanzen – ich komme noch darauf zurück – so agiert, dann passiert Folgendes: Da gibt es einen Wirbel, Aufregung, und das Ministerium zieht sich dann zurück oder – wie es in der Anfragebeantwortung heißt; ich muss mir den Punkt jetzt suchen –: „Derzeit ist das Rückforderungsverfahren unterbrochen.“

Worum geht es eigentlich? – 1995, im Jahr des ersten Sparpaketes – da waren Sie von Rot-Schwarz auch noch dabei –, wurde im Rahmen des Karenzgeldgesetzes der bis dorthin gültige Zuschuss, der unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wurde – niedriges Einkommen bei Familie beziehungsweise bei allein stehenden Personen generell –, für die Zukunft als rückzahlbare Zuschussleistung festgeschrieben. Und da fängt das Problem an: schlampige Gesetzgebung – hatten wir gestern und heute schon.

Es wurden nämlich der Zuschuss sowie die Verpflichtung des Kindesvaters – in der Regel, jedoch nicht ausschließlich, da in der Regel die Kindesmutter den Zuschuss im Fall allein stehend bezogen hat –, diesen Zuschuss zurückzuzahlen, festgeschrieben. Das steht aber nur im Gesetz, und der Kindesvater weiß davon nichts, weil man sich, wie üblich – Behörde ist Behörde, Amt ist Amt, Regierung ist Regierung, Regierungs­parteien sind Regierungsparteien –, denkt, wenn man in ein Gesetz schreibt, dass er das zurückzahlen muss, dann passt das schon, dann muss er das wissen.

Aber bitte, woher soll er es wissen? Von wem weiß er es? Wer informiert ihn? – Ich habe mir zunächst auch gedacht, dass er von der zuständigen Behörde darüber infor­miert wird, dass die Kindesmutter oder – man kann das auch abwechselnd sagen – der Kindesvater den Zuschuss beantragt hat. Mitnichten! Er wird nicht informiert. Er ist über acht Jahre lang nicht informiert worden – 1995 ist das eingeführt worden. Er be­ziehungsweise sie ist über acht Jahre lang nicht darüber informiert worden, dass der andere – ich beschreibe es jetzt bei Nicht-Verheirateten – einen Zuschuss erhalten hat.

Natürlich gibt es, das wissen wir schon, Fälle – das wird häufig sein –, in denen der Vater oder die Mutter, der oder die den Zuschuss erhalten hat, dem anderen gesagt hat, dass er oder sie das beantragt hat. Aber bitte, woher weiß der oder die dann, dass er oder sie den Zuschuss zurückzahlen soll? – Nichts festgeschrieben! Wie üblich: Die Behörde glaubt, das wirkt von allein, das Wissen beziehungsweise die Verpflichtung für den Kindesvater wirkt von allein.

Faktum ist, dass sich im Jahr 2003 ausgerechnet jener Finanzminister, der immer ganz gut weiß, wo es um den eigenen Vorteil geht (Staatssekretär Dr. Finz: Der hat aber nicht dieses Gesetz gemacht!) – ausgerechnet der Finanzminister, der um den eigenen Vorteil weiß, das war die Verbindung beziehungsweise der Relativsatz; ich habe nicht gesagt: der Finanzminister, der das Gesetz gemacht hat –, die Frage gestellt hat:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 123

Woher kriege ich noch Geld herein? Und da ist man auf die Idee gekommen, beim Karenzgeldzuschuss Geld hereinzuholen, bei einem Gesetz, das zwar 1995/96 be­schlossen, aber nie so vollzogen wurde.

Sieben Jahre lang wurde dieses Gesetz, das man beschlossen hat, nämlich die Rück­zahlbarkeit von Zuschüssen, in dieser Republik nicht vollzogen. Das hat kein Finanz­minister angerührt – aus guten Gründen, weil vermutlich, wie wir schon damals gesagt haben, bei diesen Personen, also Familien mit niedrigen Einkommen, Alleinstehende beziehungsweise deren Partner – das sind in der Regel sehr junge und nicht gerade einkommensstarke Personengruppen –, wenig zu holen ist, der Aufwand aber, das über jährliche Vorschreibungen eines Jahresbeitrages – abhängig vom Einkommen ist der definiert – zurückzuholen, eine ordentliche Belastung für das Finanzamt darstellt und der bürokratische Aufwand unserer Meinung nach wesentlich höher ist als der Ertrag.

Das hat jedoch Finanzminister Grasser nicht gestört, er hat sich gedacht: Kohle ist Kohle, von wo, ist mir egal, ich hole sie mir, auch von denen, die kein oder kaum ein Einkommen haben. – Und genau das ist herausgekommen!

Und jetzt komme ich zu dem „Salat“ – ein unglaublicher Dilettantismus! –: 2003 kommt man im Finanzministerium auf die Idee, sich jetzt das Geld zu holen, in der Regel, wie schon gesagt, von den Kindesvätern, aber auch von Familien mit sehr nied­rigen Einkommen. Man macht eine Briefaktion, eine Informationsaktion. Im Rahmen dieser Informationsaktion werden die Menschen, nämlich jetzt die Unterhaltsverpflich­teten, die bis dato vom Gesetzgeber beziehungsweise von der Administration, Finanz­amt oder wem auch sonst immer nichts erfahren haben über ihr Glück, zurückzahlen zu müssen, aufgefordert, eben das zu tun, und zwar nach den Bestimmungen des KUZuG, des Karenzurlaubszuschussgesetzes! Und das wirklich interessant, denn das Karenzurlaubszuschussgesetz hat es damals gegeben, ist aber 1998 ersetzt worden.

Die Behörde will nun also das Geld von den Leuten zurück, weiß aber selbst nicht ein­mal, dass ein veraltetes Gesetz, ein außer Kraft getretenes Gesetz die Grundlage für die Rückforderung ist. – Da fängt es an. Die Menschen werden aufgefordert, melden sich, erklären ihr Einkommen für bestimmte Jahre – das war sehr unterschiedlich. Aber auch zu einer Erklärung für die Jahre 1996/97 wurden sie aufgefordert. Die Behörde, das Finanzministerium weiß nämlich nicht, dass für die Jahre 1996/97 gar nicht zu­rückgefordert werden kann, weil verjährt, da eine Abgabe – und es handelt sich um eine Abgabe – nach fünf Jahren verjährt ist. Trotzdem: Die Behörde – und das geht auch aus der Anfragebeantwortung hervor – hat von diesen Personen das Geld für die Jahre 1996/97 genommen. Entschuldigen Sie, Herr Kollege, aber das ist doch schlicht eine Sauerei! So kann man nicht agieren!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Öllinger! „Sauerei“ ist ein Wort, wofür ich Ihnen einmal einen Ordnungsruf erteilen musste. Ich will das nicht wieder tun – und ersuche Sie daher, diesen Ausdruck durch einen anderen zu ersetzen!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ich versuche das gedanklich: eine Zumu­tung, eine ordentliche Zumutung.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke Ihnen.

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist: Es wurde diese Rückzahlung von den betroffenen Menschen – die Finanzbehörde ist da sehr brutal – für mehrere Jahre, denn es sind ja inzwischen viele Jahre vergangen, gefordert, und zwar auf einmal. Das heißt, sie zahlen für die Jahre 1996, 1997, 1998, 1999, 2000 zurück – zwei Wochen Zeit, Ende der Debatte, Ende der Durchsage des Finanzamtes!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 124

Die Leute mussten sich Kredite aufnehmen, aber das ist dem Finanzminister egal, denn sie sind einkommensmäßig gar nicht in der Lage, das zurückzuzahlen. Das ist dem Herrn Finanzminister egal, es heißt zurückzahlen.

Nächster Punkt – und da wird es dann kritisch –: Festgelegt wurde im Gesetz: 115 Pro­zent des Betrages, der bezahlt wurde, müssen zurückgezahlt werden. Die 15 Prozent sind, das erklärt der Minister auch in der Anfragebeantwortung, sozusagen ein Zinsauf­schlag. Nur: Worauf mir der Finanzminister keine Antwort gegeben hat – das wäre aber wichtig gewesen, denn das ist verfassungswidrig, meine sehr geehrten Damen und Herren –, ist: Wenn jemand zu Unrecht diesen Zuschuss bezogen hat, dann muss er auch zurückzahlen, aber dann läuft das unter dem Titel „Rückforderung“ und er zahlt nur 100 Prozent des Ausgangsbetrages zurück. Wenn der, der zu Unrecht bezogen hat, ein niedriges Einkommen hat, kann ihm die Rückforderung gestundet oder erlas­sen werden. Das heißt, er ist besser gestellt als derjenige, der die Leistung zu Recht bezogen und dann zurückzahlen muss.

Das heißt mit Sicherheit, dass das Gesetz in dieser Konstruktion verfassungswidrig ist. Es ist verpfuscht. Es gab sieben, acht Jahre lang keine Information für die Betroffenen. Es wurde eingefordert für Jahre, für die die Finanzbehörde gar nicht mehr einfordern darf. Es wurde für mehrere Jahre eingefordert. Durch diese Rückforderungsaktion des Finanzministeriums sind Menschen in Lebenslagen gekommen, die eigentlich unglaub­lich sind. Man hat soziale Härten produziert in einem Ausmaß, wie man es vielleicht wirklich nur von diesem Finanzminister erwarten kann.

Angesichts all dessen hätte ich mir schon eine bessere und differenziertere Anfrage­beantwortung erwartet, als nur zu sagen: Die Aktion ist ausgesetzt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

15.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz zu Wort gemeldet. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


15.12

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der Ordnung halber möchte ich feststellen, dass für das Karenzgeldgesetz beziehungsweise das Kinderbetreuungsgeldgesetz grundsätzlich der Sozialminister zuständig ist. Das Finanzministerium ist mit dem Vollzug betraut. (Abg. Öllinger: Ja! Um den geht es!) – Ich stelle nur einmal die Zuständigkeiten fest.

Auf Grund dieser Bestimmungen – das haben Sie ja bereits ausgeführt, Herr Abgeord­neter Öllinger – haben allein stehende Elternteile beziehungsweise in Gemeinschaft lebende Elternteile einen dauerhaften Anspruch auf Zuschuss zum Karenzgeld bezie­hungsweise zum Kinderbetreuungsgeld, nämlich dann, wenn bestimmte Einkommens­grenzen nicht überschritten werden. – Dieser Zuschuss soll also die Bezieher kleiner Einkommen bei der Kinderbetreuung unterstützen.

Überschreitet das Einkommen in weiterer Folge eine bestimmte Grenze, ist der Zu­schuss in Form bestimmter Prozentsätze dieses Einkommens zurückzuzahlen. Bis zu dem im Gesetz definierten Mindesteinkommen hat also keine Rückzahlung zu erfolgen. Der rückzuzahlende Betrag ist – das ist richtig – mit 115 Prozent zu bemessen, weil ja einerseits darin ein Darlehen zu sehen ist – es ist ja vorausbezahlt worden – und ande­rerseits eine Bearbeitungskomponente dazukommt. Wenn man das mit Krediten ver­gleicht, stellt man fest, diese insgesamt 115 Prozent sind ein sehr günstiger Satz.

Sowohl das Karenzurlaubszuschussgesetz als auch das Karenzgeld sahen keine ge­setzliche Informationspflicht des zur Rückzahlung verpflichteten Elternteils im Falle der Gewährung des Zuschusses an einen allein stehenden Elternteil vor – das ist richtig.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 125

(Abg. Öllinger: Wie soll der von der Verpflichtung erfahren?) Offensichtlich hat der da­malige Gesetzgeber geglaubt – es wurde damals unter einem sozialdemokratischen Sozialminister und einem sozialdemokratischen Finanzminister, übrigens namens Klima, beschlossen –, die Kenntnis dieses Gesetzes allein genügt. Wenn man Zu­schüsse empfängt, sollte man sich die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen an­schauen (Abg. Mandak: Sie waren ja auch in der Regierung!) – sie liegen auch in den Finanzämtern auf –, aber ich muss auch sagen, dass diese Bundesregierung das aus­gebessert hat.

Wir haben das Kinderbetreuungsgeld eingeführt – eine wesentlich verbesserte Fami­lienleistung – und auch diese Informationsregelung ausgebessert. Als wir quasi diesen Rechtsbestand übernommen haben, haben wir das entsprechend ausgebessert. Man kann Herrn Finanzminister Karl-Heinz Grasser in diesem Sinne keinen Vorwurf machen (Abg. Öllinger: Na, na, na!), das haben andere Minister in einer früheren Ge­setzgebungsperiode verbockt. (Abg. Mandak: Sie waren ja auch in der Regierung! Es war eine SPÖ/ÖVP-Regierung! Sie putzen sich ab!) Es waren zwei sozialdemokra­tische Minister; der Sozialminister und der Finanzminister. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ruf bei den Freiheitlichen: Kanzler Vranitzky!)

Warum erfolgte erst so spät die Einhebung? – Nicht aus fiskalischen Gründen, denn Gesetze sind da, um vollzogen zu werden, sondern weil es ganz erhebliche Schwierig­keiten gegeben hat, die entsprechenden Grundlagen zu erarbeiten. Das war der Grund der Verzögerung. Nach Schaffung der technischen und organisatorischen Vorausset­zungen wurden bis zum Herbst 2003 an die 30 000 Erklärungen versendet – ich habe hier das Formular: Erklärung gemäß § 16 Karenzurlaubszuschussgesetz und so weiter.

Wieso kam es zu dieser späten Versendung? – Weil wir keine Datenbestände hatten. Wir haben die Datenbestände von den auszahlenden Stellen gebraucht; Datenbe­stände wie Zuschusshöhe, Name und Adresse des Kindes, der Kindesmutter sowie eines weiteren Rückzahlungsverpflichteten. Wer waren die auszahlenden Stellen? – Gebietskrankenkassen, AMS, bezugsauszahlende Stellen der Länder und des Bundes. Und erst auf Grund dieser Daten konnten wir zum nächsten Schritt übergehen. Außer­dem hatten diese Stellen, von denen wir das zu bekommen hatten, keine EDV-mäßi­gen Datenträger, sie mussten sie erst schaffen, und auf Grund dessen konnten wir einschlägige EDV-Programme machen.

Das war der einzige Grund dafür, dass wir jetzt damit begonnen haben. Wir hatten nicht die Absicht, hier eine fiskalische Aktion zu machen, das können Sie an den Bun­desvoranschlägen sehen. Wir haben in den Bundesvoranschlägen keine diesbezüg­lichen Einnahmen vorgesehen, weil wir nicht gewusst haben, wann wir die Daten bekommen und in welcher Höhe Ansprüche entstehen werden, da ja erst Erklärungs­versendungen gemacht werden mussten, aus denen wir schließen können, wie hoch allfällige Forderungen festgesetzt werden können. Es war also keine Fiskalaktion, diesen Vorwurf möchte ich ausdrücklich zurückweisen!

Die zuständigen Finanzämter haben richtigerweise die Erklärungen ab dem ersten Jahr, in dem so etwas hätte sein können, ab dem Jahr 1996 gemacht, weil das nach dem Gesetz vorgeschrieben ist. Dabei ist es unerheblich, ob schon eine Verjährung vorliegt oder nicht, weil – und da waren Ihre Ausführungen auch wieder falsch, Herr Abgeordneter Öllinger – bei der Feststellung dann berücksichtigt wird, ob ein Verjäh­rungszeitraum vorliegt, und für diesen erfolgt dann natürlich keine Rückforderung, aber für die Berechnung muss die gesamte Entwicklung aufgezeigt werden. Es liegt noch nicht so lange vor, weil das Gesetz erst 1996 eingeführt wurde, aber es ist ein 15-jähri­ger Beurteilungszeitraum dafür heranzuziehen. (Abg. Öllinger: Das ist ja unglaublich! Das stimmt ja nicht! Nein!) – So ist das Gesetz. Das ist damals gemacht worden, und damals hätten Sie das schon beanstanden müssen. (Abg. Öllinger: Verjährung nach


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 126

der Abgaben...!) – Es wurden keine verjährten Beträge eingehoben. Es wird genau festgestellt, was einzubezahlen ist. Wenn eine Verjährung vorliegt, dann wird für die­sen Zeitraum kein Betrag eingehoben, aber zur Beurteilung der gesamten Kette wird für jedes Jahr festgestellt, wann eine Rückzahlungsverpflichtung eintritt.

Die Regelung der Rückzahlungsverpflichtung wurde im Jahr 1996, wie ich gesagt habe, unter dem damaligen Finanzminister Viktor Klima eingeführt. Abgesehen von budgetären Nöten – Sie haben es erwähnt, das Sparpaket 1 – war unter anderem auch die Zielsetzung, sozialen Missbrauch hintanzuhalten. Dieser bestand – vielleicht erin­nern Sie sich daran – darin, dass, weil das Haushaltseinkommen als Bemessungs­grundlage heranzuziehen war, in einer Vielzahl von Fällen, wie bekannt wurde, die Elternteile, die vorher eine Lebensgemeinschaft hatten, auseinander gezogen sind, sich einer abgemeldet hat, um das Haushaltseinkommen zu drücken. Und ursprünglich war der Zuschuss auf Dauer, man musste ihn nicht zurückzahlen.

Nach Einführung dieses befristeten Zuschusses und dass dann erst das Einkommen bemessen wird, ist die Zahl der entsprechenden Anträge ungefähr um zwei Drittel gesunken.

Also wenn ich jetzt das Ganze hernehme, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Rückzahlungsverpflichtung stellt somit grundsätzlich sicher, dass nur jene eine soziale Unterstützung erhalten, die dieser auch bedürfen. Wir haben die Informationen verbessert.

Warum haben wir das gestoppt? – Weil wir nach dem ersten Versand – das ist ja eine neue Anwendung, wir haben jetzt erst die Daten erhalten, wir haben jetzt erst die ent­sprechenden Computerprogramme zur Verfügung – mit dem Sozialministerium, das ja die materiellrechtlichen Ansprüche an diese Regelung vorsieht, die ganze Vorgangs­weise, den Aufwand evaluieren wollen, um allfällige weitere Verbesserungen anzustel­len. Das ist der einzige Grund. (Abg. Öllinger: Sie haben sich auf verjährte Gesetze berufen!)

Verjährte Gesetze? – Sie können mir keinen einzigen Fall nennen, wo wir einen ver­jährten Betrag eingefordert haben. Es werden nur Beträge eingefordert, ... (Abg. Man­dak: Sicher, 1996/97!) Dann zeigen Sie mir den Bescheid! Es wurde nur festgestellt, ob überhöht oder nicht, aber die Vorschreibung bezog sich nur auf jenen Zeitraum, in dem keine Verjährung eingetreten ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) – Das stimmt! Zeigen Sie mir einen Fall, und ich gehe dem gerne nach, denn dann liegt ein Irrtum der Behörde vor.

Ich hoffe, dass ich die nötige Aufklärung gegeben habe. Es ist eine Gesetzeslage von früher, die zu vollziehen war. Wir haben die Informationspflicht verbessert – jetzt wird direkt der Vater ermittelt. Warum wir das so spät eingeführt haben, ist auch klar: weil wir mit den zuständigen Stellen erst ein Informationsnetz aufbauen mussten, und erst auf Grund dieses Informationsnetzes konnten wir entsprechende EDV-Programme er­stellen. Wir sind jetzt dabei, haben aber den ersten Durchgang einmal gestoppt, um zu beurteilen, wie aufwändig und wie gut das Verfahren läuft, um allfällige Verbesserun­gen durchzuführen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abge­ordneten beträgt gemäß unserer Geschäftsordnung 5 Minuten.

 


Ans Rednerpult gelangt Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte, Frau Abgeordnete.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 127

15.22

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich schon hochinteressant, dass diese Regierung für Maßnahmen aus Zeiten einer, ich würde fast sagen, alleinigen Regie­rung seitens der SPÖ verantwortlich gemacht wird. (Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen.) Ich glaube, dass es zeigt, dass auch eine SPÖ-Regierung nicht 100-prozentig gearbeitet hat, denn die Maßnahmen stammen eben aus dieser Zeit. Ich möchte nur in Erinnerung rufen: beschlossen am 4. 5. 1995, Finanzminister Andreas Staribacher, in der Folge Klima, Edlinger; Sozialminister Franz Hums und Bundeskanzler Vranitzky. (Abg. Mag. Lunacek: Und die ÖVP war da nicht dabei?) – Ich glaube, dass die SPÖ da in der Mehrheit war, und wir wissen, wie es uns damals gegangen ist. Wir wollen das heute nicht mehr – wir arbeiten darauf hin, dass es nachhaltig verträgliche Gesetze gibt und nicht so etwas wie zu Zeiten eines Sozialministers und eines Finanzministers von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Man muss auch dazusagen – und das haben wir ja mit dem Kinderbetreuungsgeld auch verbessert –, dass es sich dabei um eine, wenn notwendig, existenzsichernde Solidaritätsmaßnahme zum Wohle des Kindes handelt. Und es ist niemand gezwun­gen – hoffentlich! –, diesen Zuschuss auch anzunehmen. Ich wünsche mir an dieser Stelle, dass allein erziehende Mütter – und ich nehme einmal die Mütter als Fall her – von den Vätern viel mehr denn je unterstützt werden, in Form eines ordentlichen Unter­haltes, in Form einer ordentlichen und regelmäßigen Alimente-Zahlung. Genau das ist der Punkt, denn dann kommt es nicht zu Engpässen in Bezug auf das Einkommen.

Ich möchte auch noch einmal erwähnen, dass die Rückforderung, wenn es überhaupt zu einer Rückforderung kommt, erst zum Tragen kommt, wenn das Jahreseinkommen der Eltern, wenn Mutter und Vater da sind, über 25 500 € beträgt und bei den Allein­erziehern über 10 175 €.

Herr Staatssekretär Finz hat gesagt, dass sich diese Regierung das genau anschaut und darauf achtet, dass niemand benachteiligt ist.

Ich möchte in diesem Zusammenhang – auch wenn ich weiß, dass Herr Kollege Öllin­ger das überhaupt nicht mehr hören will; das hat er immer wieder gesagt – nur noch einmal in Erinnerung rufen, dass gerade diese Regierung in der ersten Periode und auch jetzt in der zweiten Periode ... (Abg. Öllinger: Jessas na, ich weiß schon, was kommt!) – Nicht „Jesus und Maria!“ sagen, sondern „Gott, hilf uns, dass wir weiter­arbeiten können!“

Wir haben mit dem Kinderbetreuungsgeld, gegen das Sie waren – SPÖ und Grüne! –, Wahlfreiheit geschaffen. Sie haben gesagt: Wenn es ein Kinderbetreuungsgeld gibt, dann müssen die einen einzahlen, wenn sie es sich leisten können, und die anderen vielleicht nicht! Ich habe einen Zeitungsartikel da, der das belegt. Wir haben mit dem Kinderbetreuungsgeld Wahlfreiheit geschaffen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Wir haben die Zuverdienstgrenze um das Vierfache angehoben. Wir haben die Fami­lienhospizkarenz eingeführt. All das gehört in dieses Familienpaket hinein. Wir haben die Anrechnung der Kindererziehungszeiten von 18 auf 24 Monate angehoben. Wir haben pro Kind einen dreijährigen Bezugszeitraum eingeführt, und es ist uns jetzt auch gelungen, das Kinderbetreuungsgeld im Falle von Mehrlingsgeburten ab dem 1. Jänner 2004 zu erhöhen.

Ich denke, dass das ein gutes Paket ist, und hoffe, dass es auch im Sinne dieser Rück­forderungen, die jetzt anstehen, zu einer optimalen Lösung kommt, dass weder Allein-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 128

erziehende noch einkommensschwache Familien zum Handkuss kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


15.27

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Wir sind ja in diesem Hause wirklich viel gewohnt in den letzten Jahren, was die Verleugnung der ÖVP in den letzten Jahren der Regierung der großen Koalition betrifft, aber, werte Kollegin Steibl, was Sie jetzt gesagt haben, näm­lich nahezu Alleinregierung der SPÖ, ist wirklich der Gipfel dieser Selbstverleugnung. Sie haben jetzt zwar sozialdemokratische Minister aufgezählt, aber wenn Sie sich richtig erinnern, dann war das natürlich in der großen Koalition eine Gepflogenheit, dass man Gesetze, derartige Vorhaben selbstverständlich verhandelt hat.

Und da ist auch die Crux der Sache, die wir jetzt gerade diskutieren, zu finden, genau in diesen Parteienverhandlungen. Damals ging es nämlich darum: Wird das erhöhte Karenzgeld völlig abgeschafft, oder findet man eine für beide Teile tragbare Kompro­misslösung? – Es wurde damals eine gefunden, das ist eben diese Regelung, die heute zur Diskussion steht beziehungsweise deren Handhabe heute zur Diskussion steht. Ich mache auch kein Hehl daraus, dass ich diese Regelung, diese Kreditrege­lung, nie als wirklich optimale Lösung empfunden habe, aber es war eben damals eine Möglichkeit, sich mit der ÖVP zu einigen, um Personengruppen, die ganz dringend Unterstützung notwendig haben, nämlich den Alleinerzieherinnen, den einkommens­schwachen Familien, Unterstützung zukommen zu lassen.

Dass diese Lösung nicht optimal war, zeigt sich jetzt. Die derzeitige Handhabe dieser Regelung übersteigt noch die Befürchtungen von damals. Herr Staatssekretär, in Ihrer Darlegung ist der Vorwurf, dass, wie vom Kollegen Öllinger herausgearbeitet, verjährte Forderungen eingefordert werden, meiner Meinung nach nicht wirklich schlüssig wider­legt worden. Also das ist auch nach Ihrer Beantwortung für mich in höchstem Ausmaß ungeklärt.

In Bezug darauf, dass mit der Einhebung ohne vorherige Information begonnen wurde, ist Ihre Haltung, nämlich sich einfach nur zurückzuziehen auf: Es hat keine Informa­tionspflicht gegeben!, wirklich zu wenig. Und dass hier immer automatisch das Maxi­mum der 115 Prozent ausgeschöpft wird und nicht überprüft wird, ob wirklich machbar, tragbar, notwendig, halte ich auch für eine soziale Härte in der Vorgangsweise, die nicht unbedingt an den Tag gelegt werden müsste.

Was aber der Unterschied zum immerhin damaligen Ringen um einen Kompromiss ist, ist, dass heute die Situation der AlleinerzieherInnen überhaupt kein Thema mehr der Politik ist, überhaupt nicht mehr vorkommt im Regierungsprogramm. Und dabei gäbe es hier sehr viel zu tun, wenn Sie nur daran denken, dass heute schon 25 Prozent, also ein Viertel, der Familien Familien sind, in denen ein Elternteil mit einem Kind zusammenlebt, hauptsächlich Frauen, und dass das in der Regel Familien sind, die armutsgefährdet sind.

Es würde sich also bei dieser Personengruppe tatsächlich lohnen, mehr zu tun, und es gäbe einige Punkte, bei denen man ansetzen könnte, zum Beispiel bei der Frage der Kinderbetreuung, denn natürlich geht es hier in einem noch stärkeren Ausmaß um die Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit. Man könnte auch stufenweise das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz einführen und diese Personengruppe in einem ersten Schritt bevorzugen. Es geht um Verbesserungen beim Kindergeld wie zum Beispiel hinsicht-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 129

lich der Zuverdienstgrenze, weil Alleinerzieher, Alleinerzieherinnen selbstverständlich erwerbstätig sein müssen, um den Lebensunterhalt für ihre Familie zu verdienen. Und selbstverständlich müsste man auch noch beim Unterhaltsrecht ansetzen, wo es viel zu verbessern gäbe.

Also insgesamt wichtig wäre es, die Gruppe der AlleinerzieherInnen, die armutsgefähr­det ist, besondere Unterstützung braucht, auch wieder als wichtige Gruppe für poli­tische Unterstützungsmaßnahmen zu erkennen. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Bucher. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.32

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es wurde heute schon sehr detailliert ausgeführt, worum es in dieser Anfrage, in dieser Themenstellung geht. Ich würde meinen, dass diese Bundesregierung in der Vergangenheit, in den letzten drei Jahren sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, dass sie eine familienfreundliche, kinderfreundliche Politik gemacht hat (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP – Abg. Öllinger: In diesem Fall nicht!) und dass es ihr gelungen ist, sehr, sehr viele Unebenheiten, die in der Vergangenheit bestanden haben, zu ebnen.

Diese Unebenheit, die wir heute diskutieren, ist eine Unebenheit, die aus der Ära der sozialdemokratischen Sozialminister und eines Herrn Vranitzky stammt, die auf gewisse Dinge nicht rechtzeitig Rücksicht genommen haben. Ich finde es von Ihnen, Herr Kollege Öllinger, nicht gerecht, dass Sie diese Sache zum Anlass nehmen, um einmal mehr dem Finanzminister etwas am Zeug zu flicken. Das ist nicht korrekt, das ist auch politisch nicht fair.

Es ist das ein sehr wichtiger Punkt in der Sozialgesetzgebung, der einvernehmlich verhandelt werden sollte. Wir werden dafür eintreten, dass Uschi Haubner gemeinsam mit dem Sozialminister eine soziale Abfederung zustande bringt, dass beispielsweise diese 15 Prozent mehr an Rückzahlung nicht gefordert werden müssen und dass es zu einer sozial verträglichen Lösung kommt. (Demonstrativer Beifall des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Das ist unser Beitrag dazu, und ich hoffe, dass das gemeinsam mit Ihnen auch erzielbar sein wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

15.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin dazu: Frau Abgeordnete Mandak. Die­selbe Redezeit. – Bitte.

 


15.34

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal kurz replizieren auf das, was Karl Öllinger schon angespro­chen hat. Erstens: Man hat 1995 ein Gesetz geschaffen, das man gar nicht handhaben kann, wie wir jetzt in der Anfragebeantwortung erfahren haben, weil man nämlich die Mittel zur Durchführung noch gar nicht hatte. Erst 2003 sieht sich die Regierung plötz­lich imstande, das Gesetz auch umzusetzen.

Man muss zur Ehrenrettung der SPÖ-Minister sagen, dass sie das Gesetz zwar er­lassen, aber nie vollzogen haben in dieser Art und Weise, wie Sie es jetzt plötzlich tun. Sie stellen sich zwar immer so als die Familienpartei dar, aber damit tun Sie den Fami­lien alles andere als etwas Gutes. Das muss Ihnen auch klar sein. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 130

Man muss noch einmal betonen, was Sie da machen: Sie gehen her und verlangen 115 Prozent von dem Geld, das Sie den Familien zur Verfügung stellen, nachher wieder zurück. Im Falle einer Rückforderung, wenn also jemand das Geld zu Unrecht bekommen hat, muss man nur 100 Prozent zahlen. Das ist eine ganz eklatante Un­gleichstellung, eine Benachteiligung für all jene, die dieses Geld in Anspruch nehmen konnten und durften.

Und das nennen Sie familienfreundliche Politik?! – Das ist absolut das Gegenteil, was Sie hier machen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Unruhe im Saal.)

Der Finanzminister findet, dass diese 15 Prozent ohnehin ganz günstige Kreditkonditio­nen sind.

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Darf ich bitten, den Ge­räuschpegel etwas zu senken und zuzuhören!

 


Abgeordnete Sabine Mandak (fortsetzend): Herr Staatssekretär! Glauben Sie mir, wenn Sie heute von einer Familie, die ein geringes Einkommen hat, plötzlich – im Durchschnitt – 1 330 € zurückverlangen, dann ist das für die Betroffenen keine Kleinig­keit! Das mag für Sie persönlich eine Kleinigkeit sein, für die Betroffenen ist das ein Haufen Geld. Und wenn Sie diese Relation schon verloren haben, dann sollten Sie auf­hören, diesen Job zu machen, denn dann leben Sie an der Realität der Bürgerinnen und Bürger vorbei. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben Geld zu Unrecht gefordert, das muss man ganz klar noch einmal sagen. Dieses Geld, das Sie verlangen, ist nur fünf Jahre lang einforderbar. Sie haben aber das Geld auch von Personen verlangt, die es 1996 und 1997 bekommen haben; das ist auch in der Anfragebeantwortung ersichtlich. Es sind in der Anfragebeantwortung ins­gesamt nur 21 Personen angeführt, aber trotzdem, ich frage Sie: Was werden Sie mit diesen 21 Personen tun, von denen Sie das Geld unrechtmäßig eingefordert haben? Werden Sie dieses Geld zurückzahlen – ja oder nein?

Was noch auffällt bei dieser Anfragebeantwortung: Karl Öllinger hat gefragt, welche Kosten, nämlich aufgeschlüsselt nach Material, Porto, Personalkosten und so weiter, den Finanzbehörden durch die Rückzahlungsaktion im Jahr 2003 bisher erwachsen sind. Darauf hat er folgende Antwort bekommen: „Der Sachaufwand beträgt pro ver­sendeter Erklärung rund 2 €.“

Na, meine Herren im Finanzministerium, wenn Sie so rechnen, dann wundert es mich nicht, dass Sie nicht immer wissen, wo das Geld hinkommt! (Beifall bei den Grünen.) Sie rechnen den Sachaufwand, haben aber eigentlich einen irrsinnig hohen Personal­aufwand, damit Sie das Geld bei Familien hereinholen können, die ohnehin wenig Ein­kommen haben – und dann reden Sie wirklich von 2 € Porto Sachaufwand! Rechnen Sie bitte einmal die wirklichen Kosten aus, dann wissen Sie, dass die Vollziehung die­ses Gesetzes völlig daneben ist, und ziehen Sie auch die Konsequenzen daraus!

Sie haben dieses Rückforderungsverfahren zurzeit unterbrochen. Ich fordere Sie auf, dass Sie dieses Verfahren gesetzlich endgültig einstellen, damit sämtliche Rückforde­rungen hinfällig werden! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 131

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung wieder auf: Bundesbahnstrukturgesetz 2003.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht Herr Berichterstatter Wattaul ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Hinsichtlich des Gesetzentwurfes betreffend das Bundesbahnstrukturgesetz 2003 liegt ein Rückverweisungsantrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen vor, über den ich jetzt sogleich abstimmen lasse.

Ich ersuche jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die für die Rückverweisung eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abge­lehnt.

Wir gelangen daher nun zu den Abstimmungen, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesbahn­strukturgesetz 2003 in 340 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Mainoni, Miedl, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Mainoni, Miedl, Kolle­ginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in 340 der Beilagen in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages ihre Zustimmung geben, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die umgehende Ein­führung eines generellen LKW-Nachtfahrverbots in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über einen weiteren Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitätssteige­rung im öffentlichen Verkehr durch Ausbau der Rechte und der Teilhabe der Fahr­gäste/KundInnen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend den sofortigen Um- beziehungs­weise Ausbau des Hauptbahnhofes in Salzburg.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 132

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dipl.-Ing. Missethon, Mag. Mainoni, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einlei­tung einer Kundenzufriedenheitsoffensive bei den ÖBB.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen. (E 33.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über einen weiteren Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Strategische Umweltprüfung für den Generalverkehrsplan.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Haftungsübernahme für von der Gesellschaft „Öster­reichische Bundesbahnen“ bei der „EUROFIMA“ aufzunehmende Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite geregelt wird, geändert wird, samt Titel und Eingang in 341 der Beilagen.

Jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich ebenfalls um ein Zeichen. – Das ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

3. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (233 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (342 und Zu 342 d.B.) (Wiederaufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen)

4. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Entschließungsantrag 50/A (E) der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Maßnahmen für den Schutz von Tieren beim Transport (343 d.B.) (Wieder­aufnahme der am 3. Dezember 2003 vertagten Verhandlungen)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Heinzl. Er wünscht 3 Minuten zu spre­chen. – Herr Kollege, ich erteile Ihnen das Wort.

Ich bitte, die allgemeinen Gespräche hier im Saale etwas einzuschränken!

 


15.44

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Hohes Haus! Seit der Ankündigung von Bundeskanzler Schüssel im Zuge des letz­ten Nationalratswahlkampfes, das Tierschutzgesetz auf eine bundeseinheitliche Basis zu stellen, und seit der Veröffentlichung des derzeit vorliegenden, vollkommen unzu­reichenden Entwurfes für ein Tierschutzgesetz sind auch Detailmaterien wie das Tier­transportgesetz in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 133

Obwohl die vorliegende Novelle eine durch EU-Richtlinien notwendige Anpassung des Tiertransportgesetzes vorsieht, so muss man doch feststellen, dass es hier die öster­reichische Agrarlobby in trauter Zusammenarbeit mit der österreichischen Frächter­lobby wieder einmal geschafft hat, aus einem sinnvollen Gesetz einen zahnlosen Papiertiger zu machen.

Die österreichische Lösung des notwendigen Verwaltungsaufwandes zur Administra­tion der bereits jetzt herrschenden Rechtslage sieht derzeit nämlich so aus: Man sorgt dafür, dass sich die Kontrollierten selbst kontrollieren und dies brav auf amtlichen For­mularen dokumentieren.

Es ist nämlich so, dass sich der Unternehmer die Beleitpapiere für einen Tiertransport selbst ausstellt. Laut Angaben der Beamten im zuständigen Ministerium haben sich die Unternehmer natürlich noch nie selbst beanstandet, obwohl man durch die zuständige Verwaltung aus Informationen von Kontrollorganen weiß, dass beispielsweise in Kärn­ten 70 Prozent und in Salzburg etwa 50 Prozent der Tiertransporte zu beanstanden sind.

Angesichts dieser Missstände im Bereich der Tiertransporte sollten – und das ist unsere Meinung – deshalb alle Förderungen für diesen Bereich ersatzlos gestrichen werden, denn die einzigen Verlierer auf Grund dieser Zustände sind die Tiere, die eigentlich die Einzigen wären, die durch diese Gesetze geschützt werden sollten.

Wir fordern deshalb, dass die Kontrollen von Tiertransporten wesentlich verstärkt und von kompetenten Veterinären durchgeführt werden. Wir fordern deshalb auch, dass in allen Bundesländern Tiertransportkontrollore angestellt werden. Weiters fordern wir, dass auch bei kurzen Transportstrecken geeignete Fahrzeuge zwingend eingesetzt werden müssen. Wir fordern auch, dass eine jährliche Berichterstattung über die Kontrollen an die EU-Kommission und an den Nationalrat vorgeschrieben wird.

Die vorliegende Novelle, sehr geehrte Damen und Herren, entspricht aus unserer Sicht den Ansprüchen eines humanen Tierschutzes nicht, und deshalb werden wir Sozial­demokraten dem vorliegenden Antrag unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Böhm. Redezeit: 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.

 


15.47

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Über 205 Millionen Schlachttiere werden alljährlich quer durch Europa transportiert, und das unter hinreichend bekannten Bedingungen.

Sich für den Tierschutz einzusetzen, ist nicht nur sympathisch, sondern notwendig. Wir, die ÖVP-Fraktion, messen dem Tierschutz eine sehr hohe politische Bedeutung sowie eine hohe ethische Dimension zu. Der Tierschutz gehört zu einer humanen Ge­sellschaft. Für uns Katholiken gehören die Tiere zur Schöpfung Gottes. Sie haben darum eine eigene Beachtung zu erfahren.

Der Mensch, das vernunftbegabte Wesen der Schöpfung, hat die Verantwortung, die Tiere ihrer Art entsprechend zu behandeln. Gerade wegen der hohen Bedeutung des Tierschutzes steht das Parlament in der Verantwortung, die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. Die Frage, was zu den geeigneten Maßnahmen zählt, ist dabei keine Frage des guten Willens, sondern nüchterner rationaler Bewertung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 134

Die Änderung des Tiertransportgesetzes – Straße, die derzeit im Parlament behandelt und beraten wird, zählt zu den geeigneten Maßnahmen.

Diesbezüglich darf ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Miedl, Eder, Mag. Mainoni, Dr. Lichtenberger, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Sicherung der Tätigkeit der Tiertransportinspektoren, eingebracht im Zuge der Debatte betreffend die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertransportgesetz-Straße-TGSt) geändert wird (233 d.B.)

Seit 1997 kontrollieren Tiertransportinspektoren an den österreichischen Transitrouten die Einhaltung des österreichischen Tiertransportgesetzes und leisten hierdurch einen wertvollen und unverzichtbaren Beitrag zum Tierschutz.

Für die Durchführung dieser verantwortungsvollen und zum Teil auch gefährlichen Tätigkeit sind die Tiertransportinspektoren auf die Assistenzleistung der Exekutive – im Konkreten auch der Zollwache – angewiesen. Die mobilen Überwachungsgruppen der Zollwache werden jedoch mit 1. Mai 2004 aufgelöst und die Zollwache ins Innenminis­terium eingegliedert.

Die Tätigkeit der Tiertransportinspektoren erfordert jedoch weiterhin die Assistenzleis­tung der Exekutive, weil die Tiertransportinspektoren nicht über die notwendigen be­hördlichen Kompetenzen verfügen, um die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, die Assistenzleistung für die Tiertransportinspekto­ren im notwendigen Ausmaß, zumindest jedoch im bisherigen Umfang sicherzustellen.“

*****

Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Böhm eingebrachte Ent­schließungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Herr Kollege, zur geschäftsordnungsmäßigen Einbringung hätte es genügt, die letzten zwei Zeilen zu verlesen – nur damit Sie wissen.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Redezeit: 8 Minuten. – Frau Kollegin, ich erteile Ihnen das Wort.

 


15.51

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Ich würde meinen Vorredner liebend gerne beim Wort nehmen. Er hat da­von gesprochen, dass Tiere Mitgeschöpfe sind. – Herr Kollege, ich möchte Sie ganz herzlich einladen, wenn ich Sie hier im Saal noch irgendwo finde; ach ja, da oben sitzen Sie –, sich in Ihrer eigenen Partei und beim Bundeskanzler dafür auszuspre­chen, dass man sich zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Bundes-Tierschutz-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 135

gesetz – zu dem jetzt ein Entwurf vorliegt, in dem Wesentliches fehlt – dafür einsetzt, dass die Forderung des Tierschutz-Volksbegehrens durchgesetzt wird, nämlich den Tierschutz in der Verfassung festzuschreiben – als Wahrung der Würde von Mitge­schöpfen. Das fehlt in diesem Entwurf zurzeit völlig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was im Bundes-Tierschutzgesetz auch fehlt – klarerweise, muss man fast dazu sagen –, ist der Bereich Tiertransporte. Daher ist es umso wichtiger, sich dem vorlie­genden Gesetz, das eine EU-Richtlinien-Umsetzung darstellt, genau zu widmen und sich auch genau anzuschauen, welche Veränderungen es bringt.

Es ist erstens natürlich notwendig – und mehr als überfällig –, EU-Gesetzgebung und ‑Richtlinien in Österreich umzusetzen.

Zweitens muss ich leider festhalten, dass dabei allerdings das geltende österreichische Tiertransportgesetz deutlich entschärft wird, das heißt, dass wir hier durch die EU veranlasst sind, Regelungen zu beschließen, die weniger scharf, weniger streng sind als das österreichische Tiertransportgesetz, das bislang gegolten hat. Ich nenne hiefür nur zwei Beispiele:

Laut diesem heute zu beschließenden Gesetz sollen Tiertransporte – so wird zumin­dest verkündet – nur acht Stunden dauern und sich maximal über 500 Kilometer er­strecken dürfen. – Das stimmt so nicht ganz, und ich möchte hier mit diesem kleinen Mythos aufräumen:

Die Regelung, die de facto zum Beschluss vorliegt – und ich denke, das muss man sich gut überlegen –, sieht vor, dass neun Stunden nicht überschritten werden dürfen – da sind 45 Minuten Pause des Fahrers dabei – und dann eine zwölfstündige Pause einzuhalten ist, bei der die Tiere aber nicht entladen werden müssen, und daran an­schließend wieder ein Transport von neun Stunden, mit 45 Minuten Pause, stattfindet.

Das kann beliebig oft wiederholt werden. Wo da der Vorteil für den Tierschutz und die Vermeidung von Tierleid liegt – im Vergleich zum österreichischen Gesetz, das jetzt schon maximal sechs Stunden und 130 Kilometer beziehungsweise, wenn es auf der Autobahn ist, 260 Kilometer vorsieht –, muss man sich schon fragen.

Nun ist natürlich klar, dass das österreichische Gesetz nicht die EU-weiten Tiertrans­porte, wo ja der größte Brocken des Problems liegt, regeln kann. Ich würde gerne auch auf die Ursache des Problems eingehen und nicht nur auf die Regelung der Symp­tome. Ein großer Brocken der Ursache des Problems liegt im Fördersystem der EU begründet, das nämlich nach wie vor eine Exporterstattung für Lebendexporte in Dritt­staaten, zum Beispiel nach Ägypten oder in den Libanon, gewährt, das heißt finanziert, dass Tiertransporte dorthin durchgeführt werden.

Ganz nebenbei gesagt ist dieser Umstand auch nicht so uninteressant im Zusammen­hang mit unserer Transitproblematik, weil ein Teil dieser Transporte natürlich auch Transitverkehr ist, der vor allem durch Tirol, aber nicht nur durch Tirol geht. Das heißt, hier sollten wir Diskussionen, die in diesem Hohen Haus schon lange, bevor ich ange­fangen habe, hier als Abgeordnete tätig zu sein, geführt wurden, ernst nehmen, in denen man sich schon einmal darauf verständigt hatte, in der EU dafür eintreten zu wollen, dass Lebendtiertransporte und Exporterstattungen dafür verboten werden sollten. – Bis heute ist mir nicht bekannt, dass sich die Bundesregierung dafür sehr engagiert stark gemacht hätte.

Noch ein zweites Beispiel, um den Unterschied zwischen der jetzt zu beschließenden Regelung und den bestehenden österreichischen Gesetzen zu verdeutlichen: Es gibt bekannte Fälle wie zum Beispiel jenen, wo schon vor Jahren am Brenner ein Transport aufgegriffen wurde, bei dem man feststellte, dass von den zu transportierenden Hüh-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 136

nern, die in Käfige gepfercht waren, die unten befindlichen an den herabfallenden Ex­krementen der über ihnen befindlichen erstickt waren, die oben befindlichen Hühner waren erfroren.

Das österreichische Tiertransportgesetz enthält Regelungen dahin gehend, dass es gar nicht erst dazu kommen darf, dass Schmutz oder Exkremente auf Tiere in unteren Etagen fallen. – Das schaffen wir mit der heutigen Vorlage de facto ab. (Abg. Wattaul: Das stimmt nicht! – Abg. Gradwohl – in Richtung des Abg. Wattaul –: ... nachweisen, dass das nicht richtig ist?) Das ist nämlich in der EU-Richtlinie nicht mehr drinnen und damit nicht zu halten.

Umso wichtiger ist es daher, so glaube ich, dass wir uns dem widmen, was wir jeden­falls eigenständig ganz deutlich machen können. Das wäre einerseits, im Gesetz zu regeln, was wir regeln können, zum Beispiel zu definieren: Was verstehen wir unter Ruhezeiten? In welchem Ausmaß sind sie einzuhalten? Was verstehen wir darunter, wenn wir sagen, Tiere müssen über „angemessenen“ Raum verfügen? Was meinen wir damit, wenn wir sagen, „leicht verletzte“ Tiere dürfen transportiert werden? Was ist denn eine „leichte Verletzung“? – Wenn ein Bein ohnedies „nur“ gebrochen ist und das Tier dann stundenlang steht? – Technisch gesehen ist das eine leichte Verletzung, aber praktisch gesehen ist das Tierquälerei.

Warum können wir uns nicht darauf verständigen, in diesem Gesetz klare Definitionen vorzusehen?

Das Zweite, wo wir sehr viel tun können und bei dem ich noch immer nicht die Hoff­nung aufgebe, dass auch etwas weitergeht, ist die Kontrolle. Die Kontrolle ist sicher das effizienteste Instrument, das wir zur Verfügung haben. Wir haben bei EU-Überprü­fungen auch immer wieder Anlass zu Kritik gegeben. Hier haben wir Möglichkeiten, Dinge auszubauen und zu verbessern.

Es wurde bereits ein Antrag eingereicht, wo ich sehr froh bin, dass es eine Vier-Par­teien-Einigung gibt, dass man zumindest den bestehenden Stand halten will, dass man also den Tierinspektoren, die bislang von der Zollwache unterstützt worden sind und die ja ihre Kontrollen ohne Unterstützung durch die Exekutive gar nicht durchführen könnten, nicht einfach Knall auf Fall diese Unterstützung wegnimmt, sondern sich ge­meinsam darum bemühen will, dass diese Unterstützung auch weiterhin im erforder­lichen Ausmaß und jedenfalls im bisherigen Umfang gewährt wird.

Wir werden aber auch in Zukunft noch zusätzliche geschulte Tierinspektoren zur Verfü­gung haben, weil mit dem Beitritt unserer Nachbarstaaten zur EU einiges an Grenzkon­trollen und damit auch an Tierschutz-Kontrollstellen wegfällt. Ich glaube, wir sollten die­ses ausgebildete Personal sinnvoll einsetzen, um auf der Straße und an den Grenzen tatsächlich Tiertransporte zu kontrollieren.

Minister Gorbach hat im Zuge der Transitdiskussion angekündigt, dass er sich verstärkt um eine Kontrolle der ordnungsgemäßen Einhaltung aller Vorschriften im Zusammen­hang mit dem Transit kümmern wird. Ich bin ja gespannt und ich muss gestehen, mein Vertrauen in die Ankündigungen ist heute Vormittag und Nachmittag ernsthaft erschüt­tert worden (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach), aber man kann ja hoffen, dass die Kontrollen zumindest im Tierschutzbereich so wie angekündigt durchgeführt werden und dass wir zu Instrumenten greifen, die wirken: dass man zum Beispiel die Einrichtung von Labestationen für Tiertransporte vorsieht, wo man mit der entspre­chenden Fachexpertise bei den Kontrollen feststellen kann, ob Tiere offensichtlich über viele Stunden hinweg nicht getränkt wurden. Das kann man erkennen – wenn man sich auskennt; das ist natürlich der Haken dabei.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 137

Wir können also Labestationen einrichten, wie es in Tirol zum Beispiel der Fall war, wo dann angehaltene Transporte, die ganz offensichtlich gegen geltende Tierschutzbe­stimmungen verstoßen, rückgeführt werden. Und man hat in Tirol etwa festgestellt, dass mit effizienten Kontrollen, mit Labestationen und mit wirklich konsequenter Befol­gung der Kontrollauflagen die Tiertransporte – siehe und staune! – um die Hälfte redu­ziert werden konnten.

Das muss wohl auch für die bundesweiten Bemühungen ein Ziel sein, damit wir Tier­schutz tatsächlich ernst nehmen.

Abschließend noch eine Bemerkung zum Tierschutz ganz generell: Ich denke, wir müssen sehr, sehr behutsam sein, auch bei dem vorliegenden Gesetzentwurf, um uns nicht automatisch auf unterstem EU-Niveau einzupendeln. Es gibt Gestaltungsspiel­räume in den EU-Richtlinien. Leider werden diese mit dem vorliegenden Entwurf in keiner Weise genützt. Wir hätten hier deutlich mehr Spielraum, um Dinge im Interesse des Tierschutzes umzusetzen.

Wir haben jedenfalls sehr viel Spielraum in einem bundeseinheitlichen Tierschutzge­setz, Spielraum dafür, uns darin nicht an Mindeststandards der EU zu orientieren, son­dern an den Höchststandards, die unsere eigenen Bundesländer schon längst erreicht haben. Diesbezüglich hinkt allerdings der Begutachtungsentwurf, den Bundeskanzler Schüssel jetzt einmal vorgelegt hat, leider sehr weit hinterher.

Ich hoffe – nicht nur im Sinne des Tierschutz-Volksbegehrens, sondern vor allem im Sinne der in den vielen kommenden Jahren, für die das Gesetz vermutlich gelten wird, betroffenen Tiere –, dass man am Begutachtungsentwurf deutliche Nachbesserungen vornehmen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wattaul. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.00

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Inhaltlich stellt diese Novelle ausschließlich die Umset­zung der EU-Richtlinie dar. Aus meiner Sicht ist diese Gesetzesnovelle eine prakti­kable. Es werden die Acht-Stunden-Höchstdauer und die Ausstattung der Fahrzeuge geregelt. Wichtig ist auch die gewerbliche Genehmigung für Tiertransporte; das heißt, in Zukunft kann nicht jeder Transportunternehmer, sondern nur jener, der die Genehmi­gung dazu hat, Tiere transportieren. Damit ist die Qualifizierung sichergestellt.

Alle Tiertransporte benötigen in Hinkunft eine Bewilligung. Diese muss im Vorhinein eingeholt werden. Neben der Transportbewilligung wird es auch noch einen Transport­plan geben. Das ist aus meiner Sicht auch sehr wichtig; das heißt, vor Antritt des Transports muss schon geplant sein, wo die Tränkungsstellen sein werden, wenn das notwendig ist, und wo Pausen gemacht werden. Was auch sehr wichtig ist, ist, dass bei schweren Verstößen diese Bewilligung natürlich entzogen werden kann.

Eine Verbesserung ist aus meiner Sicht auch, dass Verstöße ausländischer Unterneh­mer jetzt an deren Heimatland rückgemeldet werden und dort dann die Bewilligung ent­zogen werden kann. Außerdem ist die jährliche Meldung des Bundesministers an die EU vorgesehen.

Vielleicht noch einen Satz zu den Kontrollen: Natürlich sind Kontrollen – diesbezüglich sind wir konform – sehr wichtig. Ich glaube auch, dass man durch diese Novelle die Kontrollen erleichtert, weil man jetzt den Transportplan mithat, weil man jetzt die Be­willigung mithat, weil man ganz genau weiß, dass das Fahrzeug genehmigt ist. Dann kann ja so etwas gar nicht mehr passieren, dass Tiere unsachgemäß transportiert


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 138

werden, weil eben der Transportplan schon vorsieht, wie das Fahrzeug ausgestattet sein muss – das ist ja ganz klar –, und das ist ja das Wichtigste.

Ich glaube, dass man auch bei den Kontrollen einiges sieht. Da werden die Einsatz­zeiten kontrolliert, man weiß, wann der Laster weggefahren ist. Da braucht man kein Fachmann zu sein, um zu wissen, ob die Tiere getränkt sind, weil ja jeder weiß, wenn man acht Stunden unterwegs ist, wo sie getränkt werden.

Grundsätzlich muss man im Zusammenhang mit dem Tierschutz natürlich auch die Frage stellen: Warum gibt es Lebendschlachttiertransporte? – Das sind aus meiner Sicht religiöse Gründe. Da muss man auch einmal ganz klar die Wahrheit sagen können, die Wahrheit muss erlaubt sein. (Abg. Dr. Lichtenberger: Exportstützungen!) Wir wissen ganz genau, dass arabische Staaten wegen der Schächtung nur lebende Tiere kaufen. Würden wir in Europa diese Dinge verbieten, dann wäre der Effekt, dass sie Tiere aus Argentinien oder aus Australien kaufen. Man würde das Tierleid damit nicht lindern. (Abg. Dr. Lichtenberger: Wir stützen diese Exporte, Herr Kollege! Das ist das Problem!)

Insgesamt, glaube ich, ist das eine gute Novelle. Machen wir nicht immer alles schlecht, denn diese Novelle ist wirklich praxisorientiert und auch im Sinne des Tier­schutzes! Man muss nicht Grüner sein, um Tiere schützen zu dürfen, man kann das auch als normaler Bürger tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Gorbach. – Bitte.

 


16.03

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Staatssekretär! Ich möchte hier eigentlich nur einige grundsätzliche Bemerkungen machen. Es wurde schon gesagt, dass dieses Tiertransportgesetz-Straße mit dem Bei­tritt Österreichs zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995 in Kraft getreten ist und es sich jetzt, wenn Sie so wollen, darum handelt, dass wir gemeinschaftsrechtliche Vor­schriften vollständig umsetzen. In verschiedenen Bereichen hat sich das seit 1999 be­sonders ausgewirkt, insbesondere was die Fahrtdauer betrifft.

Ich glaube, dass mit diesem Tiertransportgesetz etwas gelungen ist, was wohl das Wichtigste ist, nämlich dass im Mittelpunkt der Überlegungen das Geschöpf, das Lebe­wesen, das Tier selber steht, dass es aber trotzdem ein Gesetz ist, das praktikabel ist. Mein Vorredner – der ein Anwender dieses Gesetzes sein wird – sagte schon, dass es anwendbar und praktikabel sei. Somit habe ich größtes Vertrauen, weil jene, die in der Praxis damit umgehen und in der Privatwirtschaft damit leben müssen, am besten wissen, ob es geht oder nicht; vor allem aber auch deshalb, weil mir auf Grund der Dis­kussion und des Textes wichtig ist, dass es durch das eigene Lizenzsystem wiederum einer Bewilligung durch die Behörde bedarf, die auch wieder entzogen werden kann, wenn im Wiederholungsfall dagegen verstoßen wird, und damit auch eine bessere Kontrolle der entsprechenden Unternehmen zu Gunsten des Tierschutzes erreicht wer­den kann.

Ich sage das nicht nur als zuständiger Verkehrsminister, sondern vor allem auch als Tierhalter und als jemand, der betreffend Tiere, die sehr oft transportiert werden, weiß, was da früher – ich rede nicht von den letzten Jahren, sondern von den letzten zehn, zwanzig und dreißig Jahren – im wahrsten Sinne des Wortes verbrochen wurde. Ich habe das des Öfteren bei Pferdetransporten mitverfolgt. Ich brauche Ihnen, die Sie ja


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 139

auch Kenner der Materie und deshalb interessiert sind, nicht zu sagen, was da mit Transporten Richtung Süden alles an Tierquälerei geschehen ist, nämlich alles andere als Tierschutz.

Ich denke, mit der maximalen Dauer der Durchführung von Tiertransporten, mit dieser Ausgangszeit von nunmehr acht Stunden kann bei entsprechender Ausstattung der Transportfahrzeuge und entsprechender zusätzlicher Betreuung und Versorgung je nach Tierart wirklich gut ausgekommen werden. Wir haben auch sichergestellt – ich glaube, das ist ebenfalls nicht unwichtig –, dass mit diesem Entschließungsantrag die Sicherung der Tätigkeit von Tiertransportinspektoren vorhanden und gewährleistet ist. Ich halte das für eine gute Ergänzung, die hier vorgenommen wurde.

Ich meine auch, dass der Transportplan, der mit dieser Regelung eingeführt wird, ins­gesamt eine deutliche Verbesserung für den Tierschutz möglich macht und wir gleich­zeitig noch entsprechendes EU-Recht umsetzen und in unsere Praxis einfließen lassen, sodass man eigentlich sagen kann, es ist allen geholfen, wenn man so will. Die Praktiker sind auch damit einverstanden, sodass ich der Auffassung bin, dass wir hier ein sehr modernes, zeitgerechtes und vor allem dem Tier selbst, dem Geschöpf ent­sprechendes Tiertransportgesetz verabschieden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Marizzi. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


16.06

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Leider muss ich Ihnen widersprechen, Herr Bundesminister, weil diese Novelle eigentlich nicht so weit geht, wie wir es uns wünschen. Aber das ist eben so. Die Regierung wird dieses Gesetz beschließen. Kollege Heinzl und Kollegin Weinzinger haben inhaltlich ganz genau jene Punkte her­ausgearbeitet, warum wir dagegen sind.

Ich habe mir im Vorfeld die Pressemeldungen der FPÖ-Abgeordneten, die über die APA gelaufen sind, angeschaut.

Erstens: Frau Partik-Pablé: Wir können nicht einfach Tierleid nur aus ökonomischen Gesichtspunkten heraus akzeptieren. – Erste Pressemeldung, verkürzt.

Zweite Pressemeldung: Frau Bleckmann, Ihre Generalsekretärin: Der Entwurf ist unzu­reichend.

Dritte Wortmeldung: Das Gesetz „light“, das die Interessen der Lobbies bedient, wird es so nicht geben.

Vierte Wortmeldung: Abgeordneter Wittauer, Ihr Kollege: „Die Bestimmungen beim Tiertransport“ – das kommt auch von der FPÖ, Herr Vizekanzler – „nehmen aus­schließlich auf die wirtschaftliche Situation der Frächter Rücksicht.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe schon zu, dass Verbesserungen eingetreten sind, aber es sind nicht nur wir von der SPÖ und die Grünen dagegen, sondern auch die Tierärztekammer, die Arbeiterkammer und Vereine wie „Vier Pfoten“ (Zwischenruf des Abg. Wattaul) kritisieren diesen Gesetzesvorschlag, Herr Kollege Wattaul.

Ich glaube, Sie kennen alle den letzten aktuellen Fall auf der Süd Autobahn, als ein aus Holland kommender Tiertransporter gestoppt wurde. Der Tiertransportinspektor kam dazu und es stellte sich Folgendes heraus – weil Sie gesagt haben, es komme auf die Fahrzeuge an; es kommt nicht auf die Fahrzeuge an, es kommt auf den Inhalt an!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 140

(Abg. Wattaul: Machen wir ja eh! Kontrolle ist klar!) –: Zugelassen waren 247 Schwei­ne, im Transporter waren 317 Schweine. Einige waren schon tot, einige waren in einem schrecklichen Zustand.

Glauben Sie mir: Wenn Sie nur das Gesetz sehen, aber keine Kontrolle haben, dann ist dieses Gesetz – ich will nicht sagen ein Murks, aber – nicht durchführbar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher sind wir gegen diese Novelle, denn immerhin geht es um Tiere, und diese können sich nicht wehren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Preineder. 4 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


16.09

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir behandeln das Tier­transportgesetz-Straße und setzen damit eine EU-Richtlinie zur Gänze um. (Abg. Dr. Lichtenberger: Auf niedrigstem Niveau!) Frau Weinzinger, Sie haben kritisiert, dass im geplanten Bundes-Tierschutzgesetz im Prinzip der Tiertransport nicht ver­ankert ist. Dieser ist aber hier in diesem Tiertransportgesetz-Straße beziehungsweise Schiene, Wasser oder Luft verankert.

Ich glaube, dieses Gesetz bringt schon eine Verbesserung zum Schutz der Tiere und gewährleistet, dass der Transport mit Schonung und durch fachgerechtes Personal durchgeführt wird. Gerade für mich als Bauer ist das wichtig, auch deswegen, weil wir kein Tierleid wollen: wir haben diese Tiere teilweise bei ihrer Geburt gesehen und dann gepflegt, bis sie zum Verkauf gelangen.

Unserer Überzeugung nach ist es auch wichtig, dass der Transport entsprechend schonend durchgeführt wird. Darum ist es eine gute Regelung, dass ein Tiertranspor­teur, der eine eigene Lizenz benötigt, damit auch die Verantwortung für diesen Trans­port übernimmt. Er übernimmt die Verantwortung für die Ausstattung der Fahrzeuge, für das fachkundige Personal, für korrekte Transportbescheinigungen und für die Er­stellung des Transportplanes. Er haftet dafür mit seiner Lizenz und daher auch mit seiner Existenz.

Vielleicht ein interessantes Detail am Rande, weil wir am Vormittag die ÖBB sehr ein­gehend diskutiert haben: Im Tiertransportgesetz-Eisenbahn übernimmt diese Verant­wortung der Absender, nur zu einem Teil der Transporteur und zu einem weiteren Teil wiederum der Empfänger. – Vielleicht wäre es auch im Eisenbahnbereich notwendig, diesbezüglich eine gewisse Professionalisierung herbeizuführen.

Ich darf mich noch mit dem Antrag der Grünen betreffend den Schutz der Tiere beim Transport beschäftigen. Ich habe schon gesagt, dieses Gesetz setzt die EU-Richtlinie um. Das sollten alle hier im Haus akzeptieren. Wir sind auch für Kontrolle; die Kontrolle soll verstärkt werden, und sie ist verstärkt gegeben: eben durch Tiertransportinspek­toren, durch Grenztierärzte, durch Amtstierärzte, durch Straßensicherheitsorgane und durch die Zollwache. Bezüglich Auslaufen der Tätigkeit der Zollwache haben wir heute einen Entschließungsantrag – Gott sei Dank gemeinsam! – vorgelegt.

Es gibt auch noch den Vorschlag, einen entsprechenden Tierarzt auszubilden, der jeden Tiertransport begleitet. Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass jeder Krankentransport von Intensivmedizinern begleitet wird, jeder Schultransport von Kinderärzten. Bleiben wir bei praxistauglichen Lösungen! 100 Prozent Kontrolle sind einfach unendlich teuer, das sollte uns auch von der Praxis her bewusst sein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 141

Zur Verpflichtung, den Nationalrat regelmäßig zu informieren: Ich denke, es gibt die Verpflichtung, dass der Landeshauptmann den Bundesminister informiert, und wir Nationalratsabgeordnete können hier jederzeit Nachfrage halten. (Abg. Wattaul: So ist es!)

Es war eine große Forderung, dass die EU-Exporterstattungen abgeschafft werden sol­len, weil sie doch die Ursache für das Tierleid, für die Tiertransporte sind. Ich glaube, mit dieser Abschaffung gefährden wir schon bäuerliche Existenzen, vor allem im Berg­gebiet, denn wir sind nicht jene, die große Tiertransporte in Europa durchführen. Es werden in Österreich zirka 108 000 Rinder in das benachbarte EU-Ausland verkauft und transportiert; mehr als 60 000 davon sind Zuchttiere, also nicht jene, die zur Schlachtung gelangen. Das ist eine wertvolle Einkommenssparte für uns Bauern in Österreich.

Das Tiertransportgesetz soll klarerweise die Tiere bei Transporten über größere Stre­cken schützen, und größere Strecken sind eigentlich vor allem jene in die EU-Dritt­länder. Diese Tiere sollen geschützt werden, weil sie wirklich sehr lange unterwegs sind. Ich habe mir das von der AMA untersuchen lassen: Im vergangenen Jahr ist eine Exportlizenz für sechs Tiere ausgestellt worden. Ich glaube, all jene schrecklichen Bilder, die wir alle noch in den Köpfen haben, von Tieren, die mit wirklich grausamen Mitteln – die wir alle nicht wollen – in Häfen verladen werden, kommen auch nicht aus Österreich.

Ich meine, Tierschutz ist eine Frage der ethischen Gesinnung. Tierschutz ist unteilbar für alle Tiere, ob es jetzt Nutztiere, Heimtiere oder Zootiere sind. Tierschutz darf nicht unsere Bauern in Österreich gefährden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

16.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist zwar richtig, was der Kollege von der ÖVP gerade gemeint hat, nämlich dass die Betriebe – und das ist positiv anzumer­ken – in Zukunft eine Lizenz haben müssen und dass sie auch entsprechend dazu aus­gestattete Fahrzeuge et cetera haben müssen.

Ich möchte aber auf einige Aspekte eingehen, die meiner Ansicht nach hier nicht korrekt wiedergegeben wurden, nämlich was den Export betrifft. Ich möchte schon anmerken, dass natürlich die Exporterstattung ein Bereich ist, den man sich genauer anschauen muss. OLAF, das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, hat das mehr­fach getan. Dabei kommt zum Beispiel doch immer wieder deutlich hervor, dass es im Rahmen dieser Exportprojekte – wenn ich sie so nennen will – zu massiven Unregel­mäßigkeiten auch in Österreich kam – das ist bekannt – und dass eines ganz klar ist, nämlich dass im Export vor allem Zuchtrinder exportiert werden – in den letzten Jahren zum Beispiel nach Marokko.

Wir müssten, wenn dieser Export innergemeinschaftlich wäre, nachweisen, dass diese Zuchtrinder auch weiter als Zuchtrinder verwendet werden, Kollege Preineder. Das ist eigentlich der Skandal: Da werden Zuchtrinder exportiert, die dort geschächtet werden. Das ist derzeit die Praxis, wie sie beim Export ist. An solchen Beispielen können Sie ersehen, dass hier einiges zu diskutieren und auch einiges grundsätzlich zu reformie­ren ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nun zum Tiertransport unter Qualitätsaspekten. Ich denke, das ist eine der zentralen Fragestellungen: Tierschutz und auch Qualität, nämlich Qualität dieses Rindfleisches


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 142

oder der Produkte, die aus diesen Tieren an irgendeinem Standort erzeugt werden können. Es gibt ein ganz altes praktisches Erfahrungsmerkmal, nämlich jenes, dass – wie die Bauern genau wissen –, wenn Tiere in Hofschlachtung stressfrei geschlachtet werden, die Fleischqualität auf jeden Fall ganz hoch ist. Das ist auch der Grund dafür, warum wir glauben, dass die regionale Schlachtung, die regionale Verarbeitung einer der wichtigsten Beiträge zu einer echten Qualitätssicherung im Fleischbereich ist.

Man soll nicht die Transportwege ausweiten, so wie das in diesem vorliegenden Geset­zesvorschlag passiert, dass nämlich Tiere, wenngleich auf Basis der EU-Verordnung, so doch deutlich über die bisherige Transportdauer hinausgehend transportiert werden. Das bedeutet für Österreich schon viel: Zwei Stunden Transport, bitte das ist die Strecke Salzburg – München! Da werden Rinder über weitere Strecken als bisher durch das Land zu den Schlachthöfen gebracht. Das benachteiligt auch unsere jetzt gut ausgestatteten, nach EU-Normen arbeitenden Schlachthöfe in den Regionen. Das dürfen wir nicht übersehen. Auch das ist uns ein großes Anliegen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl.)

Ganz klar ist natürlich, dass wir diesen Vier-Parteien-Antrag sehr begrüßen, dass die Tierinspektoren weiter mit der Gendarmerie zusammenarbeiten können, also weiter ihre Tätigkeit im bisherigen Ausmaß beibehalten können.

Ich möchte aber schon anmerken, dass es natürlich zweckmäßig gewesen wäre, die Schaffung wirksamer Prüfstellen vorzusehen, an denen die Tiertransporte regelmäßig vorbeikommen. An diesen Prüfstellen hätte man dann wirklich gut ausgebildete Tier­ärzte mit guten Stichprobenplänen versehen können, und diese hätten wirklich ganz entschieden sehr effizient gearbeitet und das Ganze noch massiv verbessert.

Abschließend möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die Debatte rund um das Tierschutzgesetz, das aktuell diskutiert wird, kurz eingehen und an drei Argumente erinnern, die bei der Tierschutz-Enquete im Parlament von einem hochkarätigen Pro­fessor der Tierzucht formuliert wurden. Er hat das ganz massiv, plakativ pointiert for­muliert. Er hat gesagt, eine ganzjährige Anbindehaltung ohne Auslauf und Weidegang ist Tierquälerei. Eine Käfighaltung – über die jetzt viel diskutiert wird – als „Tierquälerei“ zu bezeichnen, hat dieser Professor ebenfalls für richtig empfunden, und auch durch­gehende Vollspaltenböden.

Ich möchte das hier einfach wieder in Erinnerung rufen. Es geht bei dieser Debatte um das Tierschutzgesetz darum, die Zukunftsstrategien zu entwickeln, damit sowohl die Konsumentinnen und Konsumenten als auch die Bäuerinnen und Bauern Sicherheit für die nächsten zehn, fünfzehn Jahre haben, und nicht wieder einen Kompromiss einzu­gehen, der in einigen Jahren umgeworfen werden muss. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wittauer 3 Minu­ten. – Bitte.

 


16.19

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich gebe Abgeordnetem Pirklhuber absolut Recht. Natürlich ist es ein Problem, dass Zuchttiere transportiert werden. Gerade Marokko ist ein Beispiel dafür. Oft sind es hochträchtige Tiere, die dort abkalben, wenig Milch geben und dann ge­schlachtet werden. Auf diese Art und Weise geschieht das, wobei wir wirklich gegen Schächten sind.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 143

Das Problem bei Tiertransporten ist vielleicht auch nicht – bei richtiger Ausstattung und wenn richtig transportiert wird – nur der Transport selbst, sondern das Aufladen, Ab­laden und der ganze Stress, der damit verbunden ist, ist das größte Problem.

Ich bin auch dafür, dass mehr kontrolliert wird. Aber es kann nur den Zugang geben, dass man diejenigen, die vorschriftswidrig transportieren, auch dementsprechend be­straft. Die Tiere bei den Prüfstellen abzuladen, dann irgendwo hineinzugeben und nach der Kontrolle wieder aufzuladen, das ist meiner Meinung nach der falsche Zugang. Da sollte man wirklich darauf schauen, dass die Qualität beim Transport erhöht wird.

Ich bin auch nicht glücklich darüber, dass die 6-Stunden-Regelung aufgehoben wird, aber es ist nun einmal so, dass die EU-Richtlinien umzusetzen sind und dass wir dies­bezüglich säumig waren. Diese Richtlinien haben wir jetzt umgesetzt.

Mit dem Vier-Parteien-Antrag ist zumindest eines sichergestellt – und das ist der ein­zige Punkt, den ich dabei begrüßen kann –: dass weiterhin Inspektoren mit der Kon­trolle betraut sind. Ein gravierender Kritikpunkt war nämlich der, dass diese Regelung unter Umständen wegfällt.

Meine Damen und Herren! Die Tiertransporte sind grundsätzlich abzulehnen. Es gibt heute viele Möglichkeiten, es anders zu machen, etwa, indem man Fleisch tiefgefriert. Es stimmt, dass die Qualität mit jedem Transport Verluste erleidet. Das ist aber man­chen völlig egal. Es wird manchmal nur – und das ist auch etwas, was man in der EU kritisch zu sehen hat – mit der Exportförderung gearbeitet. Das heißt, der Transport auf der Straße wird immer billiger. Das ist kritisch zu sehen und ist abzulehnen.

Österreich als kleines Land kann da nur Vorbildwirkung haben – aber wir müssen natürlich die EU-Richtlinien einhalten. Deshalb wünsche ich mir auch beim Tierschutz­gesetz, dass wir darüber reden, welche Fortschritte wir in diesem Bereich tatsächlich noch erzielen können, weil Tiere wichtig sind und man auch bei deren Transport den Tierschutz ernst nehmen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steier. Rede­zeit: ebenfalls 3 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


16.21

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zum Dauerbrenner „Tiertransport“ möchte ich drei kurze Anmerkungen machen.

Erstens: Mit dieser Novellierung des Tiertransportgesetzes nehmen wir längst überfäl­lige EU-Anpassungen vor, und zwar, wie wir alle wissen, zu spät – wir wurden bereits wegen Nichtumsetzung kritisiert –, aber auch zu wenig ausreichend, da Spielräume der entsprechenden EU-Richtlinien nicht ausgeschöpft werden.

Ganz abgesehen davon laufen die Arbeiten für eine neue EU-Verordnung zur Rege­lung von Tiertransporten bereits auf Hochtouren, sodass auf deren Basis in absehbarer Zeit ohnehin eine komplette Neuregelung des Tiertransportes in Österreich zu erwarten ist.

Zweitens: Jährlich werden Millionen von Tieren nach einem trostlosen Dasein in Inten­sivhaltung auch noch mittels Transporten zu fernen Schlachthöfen geführt. Der Tier­transport und die damit verbundenen unnötigen Leiden der Tiere sind Themen, die sehr stark emotionalisieren. Die tagelangen Tiertransporte quer durch Europa sind ein Problem, auf das auch der neue Richtlinienvorschlag der EU-Kommission vom Som­mer 2003 noch keine wirkliche Antwort gefunden hat, genauso wenig wie auf die Fragen geeigneter und effizienter Kontrollmechanismen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 144

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Österreich ist, was den Tiertransport anlangt, ein Transitland. Im nächsten Jahr wird die EU um zehn Länder wachsen, und damit wird auch der Transport von Tieren zunehmen. Eine Ausweitung der EU-Handelsbezie­hungen und die Zentralisierung der Schlachthöfe werden die Transportwege und die Transportdauer vermutlich weiter verlängern. Ohne geeignete Maßnahmen werden Nutztiere, die beispielsweise aus Polen nach Griechenland oder von Litauen nach Sardinien transportiert werden, mehrere Tage unterwegs sein. Langstreckentranspor­ten durch unser Bundesgebiet, die möglicherweise unter qualvollen Bedingungen für die Tiere stattfinden, werden wir ohne effiziente Kontrollmechanismen bestenfalls zu­sehen können beziehungsweise die Augen vor diesem Elend verschließen können, denn unsere Kontrollsysteme sehen nur stichprobenartige Kontrollen vor, sodass der Großteil der Tiertransporte durch Österreich unbehelligt bleibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Könnte man sich EU-weit darauf verständi­gen, a) alle Förderungen von Tiertransporten ersatzlos zu streichen, b) Tiere aus­schließlich in Nähe des Aufzuchtsbetriebes zu schlachten und c) nur das Fleisch zu transportieren, würde vielen Tieren unendliches Leid und die Fahrt durch den Vorhof der Hölle erspart werden.

Meine geschätzten Damen und Herren! Auch die künftige EU-Richtlinie wird kaum die Minimalforderungen des Tierschutzes erfüllen können. Es wird weiterhin zahlreiche Wege zur systematischen Umgehung geben, und es ist zu befürchten, dass im Binnen­markt ohne Grenzen ausreichende Kontrollen auch weiterhin so gut wie nicht stattfin­den. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Auch er spricht 3 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.25

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Tierschutz ist in Österreich wichtig, er wurde vor einem Jahr zur Chefsache er­klärt. Ich hoffe, dass Sie, Herr Staatssekretär, dieser Chefsache entsprechende Bedeu­tung beimessen werden und bei der zukünftigen Regelung der Tiertransportgesetze und der Tierschutzbestimmungen in diesem Bereich auf europäischer Ebene wirklich sehr vehement für den Tierschutz eintreten werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ein bisschen wenig, wenn der Herr Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach hier meint, er vertraue seinem Kollegen Wattaul in der Angelegenheit des Tierschutzes und des Schutzes von Tieren beim Transport. Wenn nämlich Kollege Wattaul meint, religiöse Gründe wären der Haupt­grund für die Tiertransporte, dann muss ich ihm sagen: Diese Märchenstunde können Sie woanders halten, aber nicht hier! (Zwischenruf des Abg. Wattaul.) Wir kennen Ihre Profession und wissen, dass es da eine Maxime gibt, auch in Ihrer Branche, und diese lautet: Kohle, Kohle, Kohle! Die Exportstützungen sind in Wirklichkeit der Hauptgrund für die Tiertransporte und das damit verbundene Tierleid. Das gehört abgestellt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirkl­huber.)

Ich fordere Sie auf, Herr Staatssekretär, auf europäischer Ebene so vehement, wie Sie im Inland an der Zerschlagung der Bundesbahnen gearbeitet haben, für die Verbesse­rung der Bestimmungen im Tiertransportbereich einzutreten. Das, was heute von den beiden Regierungsfraktionen beschlossen wird, ist eindeutig zu wenig. Die Diskussion darüber ist auf europäischer Ebene im Gange. Die Kommission hat bereits am 16. Juli 2003, also vor einigen Monaten, festgestellt, dass die Bestimmungen verändert ge­hören. Sie, Herr Staatssekretär, sind einer der Vertreter Österreichs in diesem Bereich,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 145

und daher fordere ich Sie auf: Setzen Sie sich vehement dafür ein! Wir werden Sie an Ihren Taten messen.

Ich sage es nochmals: Vertrauen in die Transportwirtschaft ist zu wenig. Wenn wir schon Tierschutz im Tierschutzgesetz zur Chefsache machen – leider Gottes ist der Vorschlag des Bundeskanzlers im Begutachtungsentwurf sehr lückenhaft –, dann ist es für Österreich als Transitland besonders wichtig, dementsprechende Kontrollen durch­zuführen. Aber wie, Herr Staatssekretär, wollen Sie mir erklären, dass es beispiels­weise laut den Kontrollorganen in Kärnten und in Salzburg jeweils 50 Prozent bezie­hungsweise 70 Prozent Beanstandungen gegeben hat, im Bundesministerium für Ver­kehr, Innovation und Technologie jedoch keine einzige Beanstandung ausgewiesen wurde?

Herr Staatssekretär, erklären Sie mir hier, wie da der Vollzug funktioniert! Ich be­haupte: Überhaupt nicht! Solange der Vollzug bestehender Gesetze nicht funktioniert, so lange werden auch neue Beschlüsse nichts helfen. Herr Staatssekretär, Sie sind am Zug, setzen Sie sich dafür ein! (Beifall bei der SPÖ.)

16.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Tiertransportge­setz-Straße samt Titel und Eingang in 233 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Daher ist der Gesetzentwurf angenom­men.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Miedl, Eder, Mainoni, Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherung der Tätigkeit der Tiertransportinspektoren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Der Entschließungsantrag ist einstimmig angenommen. (E 34.)

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, seinen Bericht 343 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (306 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (5. Ärztegesetz-Novelle) (334 d.B.)

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 146

Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


16.30

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wir beschließen heute die Novelle zum Ärztegesetz, und der wesent­liche Punkt darin ist die Qualitätssicherungsmaßnahme, die damit gesetzt wird. Das ist ein wichtiger Schritt, denn letztendlich kann jeder Fehler, den man macht, eine Kata­strophe bedeuten, kann einem Patienten schweren Schaden zufügen.

Es ist ein wichtiger Schritt auch insofern, als wir in den letzten Jahren sehr viele Maß­nahmen gesetzt haben, die damit im Zusammenhang stehen. Ich erwähne nur ein paar: der neue Studienplan, die verpflichtende Facharztprüfung sowohl für den Fach­arzt als auch für den Allgemeinmediziner, über 20 Diplome für die Bereiche Schmerz­therapie, Palliativmedizin, Geriatrie, Akupunktur, Psychosomatik, Ernährung und so weiter, die Diplomfortbildung mit 150 Stunden im Jahr – das ist immerhin gleich viel wie in der Schweiz oder wie in Amerika – und auch die elektronische Fortbildung CME, die von der Harvard University unternommen ist. Das heißt: Wir agieren nicht im Nie­mandsland. Zu erwähnen sind da auch die vielen State-of-the-Art-Richtlinien.

Ich muss auch sagen: Heute gibt es keine Berufsgruppe – und da gebührt Dank allen, die da tätig sind –, die sich so viel fortbildet wie die Ärzte. Ich habe mich bei den Rechtsanwälten umgehört. Die Rechtsanwälte haben die Berufsprüfung, und dann ist Schluss. Bei den Wirtschaftstreuhändern ist es genauso. Trotzdem sage ich Ihnen, und zwar auch als Arzt: Das Wissen verdoppelt sich alle fünf Jahre, und es müssen sich alle Ärzte, unabhängig von der Fachrichtung, regelmäßig einer Kontrolle unterwerfen und unentwegt Fortbildung betreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die jetzige Maßnahme ist daher nicht enttäuschend, sondern mit der neu zu gründen­den Gesellschaft für Qualitätssicherung und dem Beirat, in dem einschlägig ausgebil­dete Experten zu sitzen haben, wird ein deutlicher Schritt nach vorne gemacht. Ich bin nicht so vermessen, zu sagen, dass ich in der Lage bin, die Arbeit von Kinderherz­chirurgen zu beurteilen, aber ich weiß ziemlich genau, wie es in einer Allgemeinmedi­zinpraxis zugeht.

Erster Punkt: Es sind – und dazu sind das Ministerium und die Ärztekammer aufgeru­fen, so steht es im Gesetz – einschlägig ausgebildete Fachexperten zu nennen. Ich nehme an, dass das korrekt erfolgen wird.

Zweiter Punkt: Solch ein System muss unbürokratisch und klar sein. Wir haben nichts davon, wenn es, so wie zum Beispiel in Deutschland, 1 400 Richtlinien beziehungs­weise Qualitätsleitlinien gibt. Das fragt man sich doch nur: Welche soll man befolgen? Wenn eine Leitlinie erlassen wird, so ist sie eigentlich schon veraltet. Ich habe gehört, eine Leitlinie zu erstellen kostet 250 000 D-Mark oder zirka 100 000 €. Das heißt: Da wird viel Geschäft gemacht. Aber letztendlich geht es um die Praktikabilität.

Wenn ich höre, dass – und ich nehme da das Beispiel „Pflegeskandal in Lainz“ –45 Prozent nur zur Absicherung dokumentiert werden, dann muss ich sagen: Das stelle ich mir unter Qualität nicht vor! Wir brauchen Qualitätssicherung, aber nicht Qualitäts­absicherung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 147

Jedem, der da tätig ist, ist klar, dass es mit der Durchführung der Leitlinien und der Kontrollen allein nicht funktioniert. Wir wissen ganz genau, dass Qualität von vier Fak­toren abhängt.

Erstens: Was weiß überhaupt der Arzt, die Schwester – egal, wer immer da tätig ist; in diesem Fall der Arzt –?

Zweitens: Wie viel Erfahrung hat der Arzt? Wie schaut seine Lernkurve aus? Wie viele Fälle pro Jahr betreut er?

Drittens: Wie viel Zeit hat er, auf den Patienten einzugehen?

Viertens: Ist es möglich, eine zweite Meinung oder gar eine dritte Meinung einzuholen?

Auch das ist Teil eines Qualitätssystems und wird auch Teil der Reformbestrebungen der Ministerin sein. Wie gesagt: Das heutige Gesetz ist ein Teil eines Prozesses, ist ein Schritt auf einem Weg, wo es am Schluss für alle Verbesserungen geben soll.

Dass wir uns in Österreich eigentlich in einer sehr guten Situation befinden, zeigt mir, dass die Nummer eins auf der Welt im Rahmen der WHO, nämlich Frankreich, zum zweiten Mal innerhalb von sechs Monaten quasi den Notstand in der Medizin ausrufen musste. Im Sommer waren es 15 000 Tote bei der Hitzewelle, bei der das Spitalsystem zusammengebrochen ist, und jetzt ist es die Grippewelle. Also so schlecht ist unser System nicht, und Gott sei Dank können wir uns auf hohem Niveau bewegen, während andere Länder oft nicht einmal die Basis sicherstellen können.

Es sollen Mängel nicht verschwiegen werden, Mängel gibt es überall. Ich persönlich meine – und mit mir die Volkspartei –, dass es darum geht, Mängel aufzuzeigen, um sie beseitigen zu können.

Dieses Gesetz wird den ohnehin schon hohen Standard um eine weitere Stufe er­höhen. Wir werden aber sicher noch weitere Schritte brauchen. Wie gesagt: Jeder Fehler kann eine persönliche Katastrophe bedeuten, und jeder Fehler ist eigentlich ein Fehler zu viel. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun spricht Herr Abgeordneter Lackner 5 Minuten zu uns. – Bitte.

 


16.35

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Lieber Erwin Rasinger, natürlich ist Qualität ein nicht unwesentlicher Teil einer umfas­senden Gesundheitsreform. Ein Teil dieser Qualität wird heute verwirklicht, indem das Ärztegesetz novelliert und der Teil der Qualitätssicherung in das Ärztegesetz imple­mentiert wird. Auch für uns ist das mehr als nur ein Schlagwort, und wir werden – das haben wir schon im Ausschuss angekündigt – dieser Ärztegesetz-Novelle unsere Zu­stimmung nicht verweigern, weil sie neben der Qualitätssicherung auch noch einige andere Teile, wie zum Beispiel die Teilzeitausbildung für Turnusärzte und das Rota­tionsprinzip, um nur zwei Punkte zu erwähnen, enthält, denen wir gleichfalls unsere Zustimmung geben können.

Aber, meine Damen und Herren, ein nicht unwesentlicher Teil einer exzellenten Quali­tätssicherung ist eine effiziente Qualitätskontrolle, und diese sollte – ich habe das auch schon im Ausschuss erwähnt – nicht unbedingt im Schoße der Ärztekammer ange­siedelt sein, sondern – und das ist meiner Meinung nach wichtig – durch eine externe Kontrollinstitution evaluiert beziehungsweise überprüft werden.

Es gibt diesbezüglich einen Entschließungsantrag, der auch im Ausschuss behandelt worden ist, und dieser enthält im Wesentlichen eine Forderung nach einer umfassen-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 148

den Qualitätsoffensive im Bereich der niedergelassenen Ärzte. Diese Forderung bleibt weiterhin aufrecht, obwohl ein Teil dessen, was da gefordert wird, nämlich die Quali­tätssicherung, jetzt offensichtlich verwirklicht wird. Der Bereich der externen Qualitäts­kontrolle ist aber noch nicht im notwendigen Umfang verwirklicht worden. Daher bleibt diese Forderung weiterhin aufrecht, obwohl wir dieser Novelle heute unsere Zustim­mung geben werden.

Wir stehen mit dieser Forderung nicht alleine da. So war zum Beispiel auch in Alpbach, wo die Frau Bundesministerin ebenfalls anwesend war, die Qualitätssicherung Thema eines nicht unwesentlichen Teiles der Diskussionen, wie ich dort feststellen konnte. Es verwundert eigentlich nicht, dass auch von den dort anwesenden Experten Qualitäts­standards beziehungsweise diese Qualitätssicherung gefordert worden sind. Allerdings fordern auch sie – und das ist festgehalten beziehungsweise dokumentiert – eine ex­terne Qualitätskontrolle, die möglichst beim Bund angesiedelt werden soll. Ich glaube, dass das wichtig ist, und wir werden bei unseren Reformbestrebungen beziehungs­weise in unseren Anträgen weiterhin natürlich das fordern, was wir für wichtig halten.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Minister! Lassen Sie mich nun noch ein paar Worte zum Gesundheitsausschuss vom letzten Freitag sagen. In diesem Aus­schuss standen 16 Punkte auf der Tagesordnung, davon kamen elf Anträge von den Oppositionsparteien, und natürlich sind alle elf Anträge samt und sonders nach der Diskussion vertagt worden; sie haben, wenn ich es so sagen darf, das Schicksal erlitten, dass sie sanft entsorgt worden sind.

Ich haben den Eindruck, dass – und das ist interessant – der Herr Bundeskanzler und auch die Frau Ministerin nicht müde werden, an diversen „Runden Tischen“ und bei Gesundheitskonferenzen zu betonen, dass die anstehenden Reformen im Bereich des Gesundheitswesens möglichst auf breiter Basis, sprich im Konsens, auf den Weg zu bringen seien.

Allerdings hege ich da Zweifel, denn wenn Sie, Frau Ministerin, das wirklich wollten, dann dürften nicht dauernd gute Anträge der Opposition im Ausschuss vertagt oder abgelehnt werden. Ich habe mittlerweile schon den Verdacht, dass es Ihnen gar nicht darum geht, eine gemeinsame Lösung auf den Weg zu bringen, sondern darum, die Behandlung dieser Anträge in bewährter Manier dieser Bundesregierung zu verzögern und dann kurzfristig drüberzufahren.

Das ist nicht das, was wir unter einer konsensualen Lösung verstehen. Das ist auch nicht das, was wir darunter verstehen, auf breiter Basis gemeinsam eine umfassende Gesundheitsreform auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich erneuere nochmals unser Angebot, in diesem Bereich mitzuarbeiten, sage aber gleich dazu, dass es gewisse politische Ziele gibt, die vorab außer Streit zu stellen sind. Diese wären – ich möchte sie in Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit nur kurz anführen – folgende: Es soll nach dieser umfassenden Gesundheitsreform eine Stärkung des sozialen Zusammenhalts innerhalb der Gesellschaft geben, und es soll auch – das ist für mich noch wichtiger – die solidarische Finanzierung des Gesundheitssystems weiterhin aufrechterhalten wer­den.

In diesem Sinne danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

16.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 149

16.40

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! An meinen Vorredner anschließend: Selbstverständlich ist es wichtig, dass wir in der Ge­sundheitspolitik die maßgeblichen Punkte außer Streit stellen. Einer dieser Punkte ist, dass die hohe Qualität erhalten bleiben muss.

Das zieht die Forderung nach sich, dass es zu einer Reform kommen muss, denn sonst wird die Qualität schleichend sinken, und es wird dann erst recht zu dem kommen, wogegen sich die zweite Forderung, die fix stehen muss, richtet: Es wird dazu kommen, dass es soziale Ungleichheiten gibt, und das darf eben nicht sein. Eine schleichende Senkung bei den öffentlichen Gesundheitseinrichtungen würde natürlich bewirken, dass jene, die es sich leisten können, privat ausweichen. Das wollen wir nicht, deswegen ist eine Reform notwendig.

Wir wollen haben, dass die Gesundheitseinrichtungen ungeachtet des sozialen Status jedem zugänglich sind, umso mehr, als wir sehen – und das ist ganz sicher ein wich­tiger Beitrag, den wir auch als Fraktionssprecher zur Gesundheitsreform leisten kön­nen –, wie sehr sich die sozialen Umstände auf die Gesundheit auswirken. Die unter­schiedlichen Lebenserwartungen sind je nach sozialem Umfeld verschieden. Wenn man das zum ersten Mal hört, ist es wirklich beinahe erschütternd. Es wird diese Ge­sundheitsreform auch einen ganz starken sozialen Aspekt haben müssen: erstens überhaupt, weil wir das so wollen, und zweitens, weil wir es uns auch nicht leisten können, dass die Leute in schlechten sozialen Umständen leben, krank sind, wenig leistungsfähig sind und großen Bedarf nach gesundheitlichen Leistungen haben.

Konkret zu den Vertagungsanträgen: Sie werden zugeben, Herr Abgeordneter Lack­ner, dass diese Gesundheitsreform umfassend und deswegen aus einem Guss sein muss. Ich halte es auch deswegen nicht für sinnvoll, einzelne Maßnahmen vorab zu postulieren. Oft ist es so: Wenn man merkt, wie die Dinge ineinander greifen, möchte man doch das eine oder andere gar nicht so gefordert haben. Ich glaube, dass es not­wendig ist, in der Diskussion wohl alles einzubringen, sich aber noch nicht in Anträgen auf Details festzulegen, bevor man das Ganze im Zusammenhang gesehen hat. (Bei­fall bei den Freiheitlichen.)

Ein maßgeblicher Punkt in diesem neuen Ärztegesetz ist, wie gesagt, die Qualitäts­sicherung. Es stimmt – und darüber fand auch im Vorfeld die Debatte statt –, dass die Qualitätskontrolle vielleicht auch extern sein könnte. Ich meine, gerade im Gesund­heitswesen ist es wichtig, alle Schritte im Einvernehmen und konsensual mit den Ärzten zu setzen. Ich halte es schon einmal für günstig, dass es jetzt zu diesem Quali­tätsstandard und zu dieser Sicherung kommt.

Ich habe auch das Vertrauen – bevor ich vom Gegenteil überzeugt werde –, dass die Ärzte von sich aus ein Interesse daran haben, dass sich in ihrer Mitte nicht schwarze Schafe verbergen, die in der Lage sind, den bisher so hervorragenden Ruf des Ärzte­standes in den Schmutz zu ziehen. Ich glaube das jetzt einmal so, und ich glaube vor allem, dass es notwendig ist, es zwischen den Interessenvertretern nicht zu starken Provokationen kommen zu lassen. Gerade in dieser Hinsicht ist der Bereich sehr sensibel.

Ein zweiter Punkt in diesem Gesetz ist, dass man einer Praxis einen gesetzlichen Rahmen gegeben hat, und zwar der Übertragung von einzelnen ärztlichen Leistungen an pflegende Personen; sehr oft sind es Angehörige. Wir sind uns in der Debatte im Vorfeld darüber im Klaren gewesen, dass dies eine nicht ganz leichte Sache ist. Fest steht – das betone ich hier noch einmal –, dass die Haftung beim Arzt bleibt. Das ist ganz wichtig. Hier wird einfach eine Grauzone sozusagen erhellt, indem etwas möglich gemacht wird, was ohnehin schon geschieht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 150

Es ist auch immer wieder das Argument gekommen, dass diese Übertragung von ein­zelnen medizinischen Leistungen an pflegende Personen ja ohnehin stattfindet. Als Argument dafür, dass das vertretbar ist, wurde darauf verwiesen, dass genau jene Personen durch jahrlange Pflegetätigkeit geschult und geübt sind und auch speziell mit diesen Patienten vertraut sind, sodass damit zu rechnen ist, dass eine besondere Affinität zu diesen Tätigkeiten besteht und dass es deswegen gut geht; wohl wissend – und dieser Hinweis kam auch von denjenigen im Gesundheitsausschuss, die aus dem Pflegebereich kommen –, dass damit natürlich eine gewisse Gefahr verbunden ist. Das wird man kontrollieren müssen.

Insgesamt stelle ich fest, dass bei diesem Gesetz im Großen und Ganzen die Gelegen­heit, die dadurch bestand, dass es zu einer EU-Anpassung kommen musste, genutzt wurde, um zwei wichtige Dinge, die Qualitätssicherung und die Übertragung ärztlicher Leistungen an Angehörige, einzuführen. Es wird von uns natürlich angenommen. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


16.45

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! In 6 Minuten durch das Ärztegesetz zu kommen, ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Ich fasse mich kurz. Für mich beziehungsweise für unsere Fraktion überwiegen im Wesentlichen die positiven Dinge.

Ich komme zum ersten Punkt, der Übertragung einzelner ärztlicher Tätigkeiten im Ein­zelfall an Laien. Das sieht auf den ersten Blick wie eine leichte Aufweichung des Mono­pols der Ärzteschaft aus, wogegen ich nichts habe. Es entspricht auch der Realität, und es entspricht der Vernunft, diesen Realitäten Rechnung zu tragen. Was ich aber ähnlich wie Kollegin Rosenkranz fordern würde, ist eine Evaluierung dieser speziellen Maßnahme, insbesondere zum Schutz der Laien vor haftungsrechtlichen Fragen. Diese scheinen mir nicht restlos geklärt zu sein.

Interessant ist, was im Gesetz – aber nicht von mir kritisiert, und es wäre vielleicht ein Arbeitsauftrag an uns alle – über die Ausbildungsstätten und die ärztliche Berufsausbil­dung geschrieben steht. Hier trägt die Ärztekammer große Verantwortung, und ich glaube, dass sie sie im Großen und Ganzen wahrnimmt. Aber allein die Gesetzestexte zeigen auf, wie weit hier Wunsch und Realität vielfach auseinander klaffen.

Zum Beispiel steht hier festgeschrieben, dass den auszubildenden ÄrztInnen Gelegen­heit gegeben werden soll, sich auch während der regulären Wochenarbeitszeit theore­tischen Unterweisungen im Sinne der Ausbildung zu unterziehen. Sie sollen also wäh­rend der Arbeitszeit theoretisch weitergebildet oder fortgebildet werden. Da steht dann Folgendes drin – dabei bezieht man sich auf eine Kernarbeitszeit von 35 Wochenstun­den –: Davon sollten mindestens 25 Stunden regelmäßig über die Woche verteilt wer­den, und zwar zwischen 8 und 13 Uhr. – Fünf Werktage, 25 durch 5: Das heißt, dass ich jeden Tag von 8 bis 13 Uhr Kernarbeitszeit habe, und dann stehen noch andere Zeiten zur Verfügung.

Aber in Ihrem Begehren bezüglich des Arbeitszeitgesetzes für Gesundheitsberufe und in Krankenanstalten schreiben Sie fest, dass man nach wie vor bei acht Journal­diensten pro Monat bleiben soll. Das heißt, zwei Journaldienste pro Woche im Schnitt würden genügen, sodass das, was im Gesetz steht, eigentlich Schall und Rauch ist, eher die Ausnahme als die Regel. Darüber sollten wir auch noch reden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 151

Da steht auch drin: Rotationsmodelle durch Abteilungen. An einer Klinik für Innere Medizin zum Beispiel bestehen mindestens acht Fachabteilungen. Bisher war es mög­lich, dass jemand auf einer Fachabteilung, zum Beispiel Kardiologie oder Rheuma­tologie, sechs Jahre sitzt, sage ich Ihnen. Das war die Ausnahme, nicht die Regel. Da ist noch einiges zu ändern.

Ich sage Ihnen auch etwas in Bezug auf diese Zeugnisse, die früher ausgestellt wur­den: Würde ich alles getan und gekonnt haben, was in diesen Zeugnissen steht, dann wäre ich Weltmeister – und der bin ich sicher nicht, sage ich in meiner Bescheidenheit.

Was da drinsteht und etwas gefährlich ist, Frau Bundesminister, ist, dass ÄrztInnen in Ausbildung zum Allgemeinarzt oder zur Allgemeinmedizinerin folgende Fächer auch an Krankenhäusern erlernen können, die nicht über diese spezifischen Abteilungen ver­fügen: Das sind HNO, Haut, Kinder- und Jugendheilkunde, Neurologie und Psychiatrie. Da kann es vorkommen, dass es dort einen Konsiliararzt gibt, der dann jemandem das Zeugnis ausstellt, er oder sie habe die Ausbildung in Kinderheilkunde absolviert. – Ich finde das nicht gut.

Mir leuchtet das Lämpchen jetzt zu früh. Ich komme nämlich noch zur Qualitätssiche­rung.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Sie haben noch 2 Minuten, Herr Kollege, und dann so­viel Sie wollen, bis zur Obergrenze.

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): Ich werde meine nächsten Reden dafür kürzer fassen, dann geht es sich aus.

Die Gesellschaft zur Qualitätssicherung obliegt nunmehr den Ärzten, obwohl sie früher im ASVG verankert war. Meine letzte Anfrage über Qualitätssicherung im niedergelas­senen Bereich wurde von der Frau Minister auch noch dahin gehend beantwortet, dass das im § 343 ASVG noch besser zu regeln ist und geregelt würde. Aber siehe da: aus dem ASVG raus, ins Ärztegesetz rein!

Ich möchte jetzt keine Spekulationen anstellen, allerdings muss ich meinem Kollegen Rasinger schon sagen: Es ist international nicht üblich, dass sich Organisationen selbst kontrollieren. Es ist völlig unüblich! Unüblich wäre es allerdings auch, wenn man es ohne die Ärzteschaft – und wenn Sie wollen, dann auch ohne die Kammer – machen würde, aber das hat ja niemand verlangt. Ärztinnen und Ärzte sollen ein gewichtiges Wort mitzureden haben, aber doch nicht so, dass sie selbst eine Gesellschaft gründen und zur Evaluierung Fragebögen aussenden, in denen dann jede niedergelassene Ärztin, jeder niedergelassene Arzt einträgt, ob sie oder er die Kriterien der Qualitäts­sicherheit in Bezug auf Struktur – vor allem in Bezug auf Struktur – erfüllt, ja oder nein, und dann schaut man sich das an und sagt: Na ja, sie werden es schon richtig ausge­füllt haben, das sind alles ehrliche und anständige Leute, daher gibt es nichts zu bean­standen. – Das finde ich nicht gut.

Ich würde Folgendes vorschlagen. Ich vertraue der Frau Minister, dass dies hier ein erster Schritt ist – man sagt zwar, Dankbarkeit ist keine Kategorie in der Politik, ich hoffe aber, dass Vertrauen eine werden könnte, wenn Sie das dann machen –, dass also dies nur ein erster Schritt der Qualitätssicherung ist. Ich bin davon überzeugt, dass sich das Gerede vom freien Beruf dann aufhört, wenn man irgendwo ein Gehalt bezieht. Die Kassen zahlen immerhin die Ärzte, daher sollten sie in dieser Gesellschaft zumindest so wie das Ministerium vertreten sein.

Damit Sie wissen, dass ich keinen Unsinn rede und dies hier nicht unbegründet kriti­siere: Die Ärztekammer hat einmal einen Entwurf gemacht, wie so eine Qualität aus­schauen sollte. Ich sage Ihnen jetzt, was dort über das Fach Psychiatrie drinsteht und darüber, was in einer Praxis vorhanden sein sollte. Grundausstattung – Qualität: eine


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 152

Wartemöglichkeit für die Patienten, angepasst an die Patientenfrequenzen – das heißt, ein Wartezimmer –, ein WC, ein Mehrzweckraum, eine Erste-Hilfe-Einheit und ein Ordi­nationsschild. Da kann ich nur sagen: Na servus, das wäre mir zu wenig! – Aber das haben Sie ohnehin zurückgezogen.

Ich bringe daher ein Verlangen nach getrennter Abstimmung ein, und zwar betreffend Z 51b (§§ 118a, 118b und 118c) der Regierungsvorlage 306 der Beilagen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

16.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Bundesministerin.

 


16.52

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Die vorliegende Ärztegesetz-Novelle betrifft neben einer Reihe von Ver­besserungen im Rahmen der Ausbildung zwei ganz wichtige Bereiche. Das eine ist die soeben von Herrn Abgeordnetem Grünewald angesprochene Qualitätssicherung, das andere ist die Möglichkeit des Arztes, Angehörigen medizinische Aufgaben zu übertra­gen, und damit eine Legalisierung bisher auch schon durchgeführter Tätigkeiten von Eltern.

Ich möchte gleich auf die Ausführungen von Kollegem Grünewald eingehen. Was den Bereich der Qualitätssicherung betrifft, so hat er in vielen Bereichen völlig Recht. Ich bin hier bei Ihnen, Herr Kollege, es ist auch mir ein Anliegen, dass Qualitätssicherung in einem größtmöglichen Maße gewährleistet ist.

Sie haben Recht, wir hatten geplant, dies im ASVG zu verankern. Ich konnte mich allerdings dem Argument der Ärztekammer, dass wir mit einer Verankerung im ASVG nur jene Ärztinnen und Ärzte erreichen, die Verträge mit Sozialversicherungen haben, und dass damit die frei Ordinierenden nicht erfasst werden, nicht verschließen. Daher habe ich es in einer Vereinbarung mit der Ärztekammer als ersten Schritt – und ich sage das ganz bewusst: als ersten Schritt! – sehr vernünftig gefunden, dass die Quali­tätssicherung jetzt einmal im Ärztegesetz verankert ist und damit für alle Ärztinnen und Ärzte zu gelten hat. Damit ist sichergestellt, dass im Rahmen dieses Instituts für Quali­tätssicherung das Gesundheitsministerium paritätisch im wissenschaftlichen Beirat ver­treten ist und dass dieses Institut seine Ergebnisse dem Ministerium zur Genehmigung vorlegen muss. Daher ist der erste Schritt in dieser Form gesetzt worden.

Ich bin auch froh darüber, dass im Zuge der Qualitätssicherung schon im Rahmen dieses Instituts bei den Kontrollen – und da bin ich bei Frau Abgeordneter Rosenkranz: jedes Gesetz ist nur so gut, wie es auch die Kontrolle sicherstellt – die Sozialversiche­rungen selbstverständlich einen Vertrauensarzt oder eine Vertrauensärztin mitschicken können und dass die Ergebnisse der Evaluierung den Sozialversicherungen zur Verfü­gung gestellt werden müssen.

Ich habe vor, im Rahmen der Gesamtreform des Gesundheitswesens im kommenden Sommer mit einem Qualitätssicherungsgesetz einen umfassenden Qualitätsschutz nicht nur bei den niedergelassenen Ärzten sicherzustellen, sondern selbstverständlich auch im intramuralen Bereich, genauso wie im extramuralen Bereich, in der Pflege und natürlich auch in allen angeschlossenen medizinischen Instituten und anderem mehr. Ich habe auch der Ärztekammer gesagt, dass es für die Sozialversicherungen sicher­gestellt sein muss, im Rahmen der Gesamtreform für Vertragsärzte noch eine beson­dere Möglichkeit der Kontrolle und der Formulierung von Qualitätskriterien zu erlassen. Damit können wir, glaube ich, dies als ersten, guten Schritt annehmen und gleichzeitig den zweiten Schritt angehen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 153

Damit gehe ich gleich auf das Argument des Herrn Kollegen Lackner ein; er ist derzeit nicht im Saal. (Abg. Lackner: O ja!) Aha, dort ist er. – Was die Entschließungsanträge anlangt, Herr Kollege, sind wir selbstverständlich daran interessiert, dass wir die Ge­sundheitsreform gemeinsam durchführen, so wie wir es bei Bundeskanzler Schüssel am Runden Tisch beschlossen haben. Sie können auch sicher sein, dass die Verta­gung der Anträge nicht bedeutet, dass Ihre Anträge uns nicht interessieren, sondern es werden diese Anträge selbstverständlich in unsere Arbeiten einfließen. Ich darf Sie jetzt schon sehr herzlich einladen, an unseren Gesundheitsdialogen teilzunehmen. Der erste findet am 17. Dezember im Ministerium statt und beginnt ganz bewusst mit dem Thema „Kundenorientiertes Gesundheitswesen“, das heißt: Was brauchen die Ver­sicherten, was brauchen die Patientinnen und Patienten, um vom Gesundheitswesen bestmöglich betreut zu werden?

Der dritte große Punkt, der mir besonders wichtig ist, ist die Möglichkeit, dass ein Arzt medizinische Tätigkeiten an Laien, an Angehörige übertragen darf. Das ist insbeson­dere wichtig für Eltern behinderter Kinder, die das in der Regel auch jetzt schon getan haben, sich aber durch diese Tätigkeit letztendlich immer noch in einem Graubereich der Legalität befunden haben. Jetzt liegt es in der Einschätzung des Arztes, welche Tätigkeiten er welchen Angehörigen übertragen kann. Wichtig ist auch, dass die Letzt­verantwortung bei der Ärztin und beim Arzt bleibt.

Meine Damen und Herren! In diesem Sinn danke ich für die konstruktive Zusammen­arbeit im Ausschuss und für die Bereitschaft, bei diesem Gesetz auch in Zukunft mitzu­arbeiten. – Ich danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Steibl zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.59

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Qualitätssicherungspaket Gesundheit, vorgelegt von Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, hat sozusagen drei Punkte im Ansatz: Erstens muss die Gesundheitsversorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher auf dem jetzi­gen, hohen Niveau bleiben beziehungsweise ausgeweitet werden; zweitens wird eine versicherten- und patientenorientierte Struktur geschaffen; und drittens wird die Aus- und Weiterbildung von Ärzten optimiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte sorgen für eine ausgezeichnete Qualität bei der Versorgung ihrer Patienten. Ein Kernpunkt der Novellierung des Ärztegesetzes ist die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung für junge Ärztinnen und Ärzte, was von unserer Seite, seitens der ÖVP, schon lange gefordert worden ist, weil es hier auch um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum Beispiel für junge Ärztinnen und junge Ärzte geht.

Dieses Anliegen ist vor fünf Jahren an mich herangetragen worden. – Das „Kind“ ist jetzt sechs Jahre alt, aber: Gut Ding braucht eben Weile. Wir werden das jedenfalls heute beschließen, weil, wie es so schön heißt, der Mensch zählt.

Weil der Mensch zählt, nun eine Anmerkung in eigener Sache: Frau Abg. Mag. Lapp hat gestern in ihrer Rede behauptet, ich hätte Teilnehmer einer Protestaktion vor dem Parlament auf das Gröbste beschimpft. (Abg. Silhavy: Die Kollegin hat ein E-Mail bekommen!) – Das ist unwahr und eine ungeheuerliche Unterstellung! Ich weise auch ihre weiteren Aussagen in dieser Rede auf das Schärfste zurück. Ihre Aussage war: Abgeordnete der ÖVP und der FPÖ würden sich nicht mit den Anliegen von Behinder­ten auseinandersetzen. – Dazu möchte ich nur anmerken, dass es in meinem eigenen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 154

Referat seit Jahren einen geschützten Arbeitsplatz gibt. Diese Dame ist jetzt in Pension gegangen, und nur auf meine Bitte hin ist dieser Posten nachbesetzt worden.

Ich möchte nur sagen, dass sich Abgeordnete von ÖVP und FPÖ sehr wohl mit Anlie­gen und Sorgen der Menschen vor Ort auseinandersetzen, um behutsam und nach­haltig notwendige Veränderungen für die Zukunft unseres Landes umsetzen zu können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Werte Kollegin Lapp – sie ist, glaube ich, nur leider nicht im Saal –, meine Bitte: weni­ger Polemik und Vermutungen, dafür mehr Qualität und Niveau in einer politisch not­wendigen Auseinandersetzung, weil, wie es im SPÖ-Slogan so schön heißt, „der Mensch zählt“. Und Abgeordnete sind auch Menschen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.02

 


Präsident Dr. Heinz Fischer (den Vorsitz übernehmend): Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.02

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Werte Kollegin Steibl, der Beitrag der Kollegin Lapp war nicht ihr Beitrag und ihre Behauptung, sondern sie hat aus einem E-Mail, das sie von einer Betroffenen be­kommen hat, zitiert. – Ich denke, das sollte dir zu denken geben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Ich denke selber nach! Sehr gut organisiert! Ein E-Mail an die SPÖ! – Abg. Mag. Mainoni: Wahrscheinlich hat Sie es selbst geschrieben! – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Wenn sich Menschen durch Ihr Verhalten betroffen fühlen, dann sollte es Sie auch betroffen machen! – Das wollte ich damit sagen, und es zeigt Ihre Ignoranz, wenn Sie jetzt wieder so reagieren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Unser Thema ist eine andere Materie. Frau Bundes­ministerin! Unser Gesundheitssprecher hat bereits ausgeführt, dass wir in der Sache unsere Zustimmung geben. Wir begrüßen es auch, wenn die Ärzte für sich Qualitäts­standards definieren und regeln. Was wir aber nicht akzeptieren, Frau Ministerin, ist, dass Sie eine Qualitätsregel, die Sie im ASVG verankert haben und die bereits seit einem Jahr umgesetzt sein müsste, wobei die Ärztekammer nicht in der Lage war, überhaupt Unterlagen für die Umsetzung zustande zu bringen, aus dem ASVG elimi­nieren.

Frau Ministerin! Die Ausrede – und das sage ich jetzt wirklich so, weil ich das so emp­finde –, dass sozusagen ein Qualitätsstandard für alle Ärzte da sein muss, nicht nur für die Vertragsärzte, lasse ich nicht gelten, denn das ist ja dann im Ärztegesetz geregelt. Das hat nichts damit zu tun, dass es nicht auch Qualitätsstandards für einen Kassen­vertrag geben muss.

Daher ist es der falsche Weg, diese Qualitätsregelungen aus dem ASVG zu streichen, nur weil die Ärzte bis 1. Juli 2002 nicht in der Lage waren, überhaupt die Vorgaben dazu zu liefern. – Und jetzt werden sie noch dafür belohnt, indem man die Regelungen aus dem ASVG herausstreicht und sie das selbst regeln dürfen.

Frau Ministerin! Das kann es nicht sein, denn immerhin geht es da um öffentliche Gelder. Da gehören ordentliche Qualitätskriterien und Qualitätsstandards her und auch eine geregelte und ordentliche Kontrolle, die nicht letzten Endes in Eigenkontrolle über­geht.

Wir sind dagegen, dass Sie diese Maßnahme aus dem ASVG nehmen. Wir begrüßen eine zusätzliche Regelung im Ärztegesetz sehr wohl. – Wie gesagt, wir stimmen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 155

dieser auch zu. Es ist uns allerdings ein bisschen zu wenig, wie wir auch im Ausschuss schon festgestellt haben.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lackner, Heidrun Silhavy und KollegInnen betreffend umfassende Qualitätsoffensive im Bereich der niedergelassenen Ärzte und im Spitalsbereich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 29. Mai 2004 eine Regierungsvorlage für eine umfassende Qualitätsoffensive vor allem im Bereich der niedergelassenen Ärzte, die dem Prinzip interner Qualitätssiche­rung und externer Qualitätskontrolle entspricht, zuzuleiten. Die Gesetzesvorlage hat insbesondere folgende Punkte zu enthalten:

Im Bereich der niedergelassenen Ärzte sind zusätzlich verbindliche Instrumente für die interne Qualitätssicherung und externe Qualitätskontrolle zu schaffen.

Die rechtlichen Grundlagen für die Schaffung eines unabhängigen Bundesinstitutes für Qualitätsmedizin, in das alle Akteure des Gesundheitswesens einzubeziehen sind. Das Bundesinstitut für Qualitätsmedizin soll die Wirksamkeit von Methoden und Produkten bewerten.

Insbesondere sollen Kosten/Wirksamkeitsanalysen neuer Medikamente und neuer Be­handlungsmethoden durchgeführt werden. Das Institut soll aus Gebühren der Antrag­steller finanziert werden. Vor Willkür soll ein zweistufiges Verfahren und völlige Trans­parenz schützen.

Weiters wird die Bundesministerin für Frauen und Gesundheit aufgefordert, den einge­schlagenen Weg bei der Durchführung von Qualitätsprojekten im Spitalsbereich weiter zu führen.“

*****

Ich hoffe, Sie sind genauso einsichtig und stimmen unserem Entschließungsantrag zu. (Beifall bei der SPÖ.)

17.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der von Frau Abgeordneter Silhavy verlesene Entschlie­ßungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht mit der Verhandlungsmaterie in Zusam­menhang und mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.06

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die wesentlichen Punkte sind schon besprochen worden. Ein wichtiger Punkt ist natürlich die umfassende Qualitätssicherung in diesem Ärztegesetz. Die Ärztekammer hat eine Gesellschaft gegründet, die die Qualitätskontrolle vornimmt. Man muss auch wissen, dass es in dieser Gesellschaft erstmalig auch einen Patienten­vertreter gibt. – Das ist auch neu. (Abg. Öllinger: Nein! Stimmt nicht! Der ist im Bei­rat!) Die Qualitätskontrolle ist somit das erste Mal im Ärztegesetz verankert.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 156

Für Qualität gibt es aber meiner Meinung nach andere Kriterien, die man vielleicht nicht auf Gesetzesebene regeln kann. Mit einem davon beschäftigen wir uns gerade, näm­lich damit, die Ordinationen im Hinblick auf Hygiene, Einrichtung und Geräte zu stan­dardisieren. Im Ausschuss ist irgendwie belächelt worden, dass es kein Kriterium für Qualität ist, wenn ein Faxgerät vorhanden ist. – Das ist vielleicht richtig, aber es ist zu­mindest ein erster Schritt in Richtung vernetztes Gesundheitswesen und vernetzte Qualitätssicherung. Auch auf diese Dinge gehört also geachtet.

Zweitens: Meines Erachtens müssen die Ärzte auch initiativ sein und selbst immer wie­der Weiterbildungsseminare besuchen, denn als Patient merkt man sehr wohl, ob ein Arzt sich bemüht beziehungsweise ob er sich auf gewissen Fachgebieten weiterge­bildet hat.

Drittens ist natürlich die Patientenzufriedenheit wichtig: Der Patient ist ja ein Kunde – wie bei einem normalen Wirtschaftsunternehmen –, und da sind die Ärzte natürlich selbst angehalten und bemüht, ihre Patienten zufrieden zu stellen.

Ich möchte auch noch zu dem „Vorwurf“ – unter Anführungszeichen – etwas sagen, dass wir uns nicht um Leute mit Behinderung kümmern. – Ich selbst bin seit geraumer Zeit Vorstand des Vereins „Kärnten Jugend“, der sich mit Kindern, die vom Schicksal getroffen sind, mit Familien mit behinderten Kindern und auch mit Kindern, die an Krebs leiden, beschäftigt. Wir führen sehr viele Charity-Aktionen durch und versuchen auf diese Weise, zusätzlich zu den Mitteln des Bundes und des Landes Geld aufzu­treiben.

Ich denke, es täte jeder gut daran, wenn er in diesem Bereich selbst auch initiativ wird und somit dem Staat unterstützend unter die Arme greift. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.08

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Da sich Kollege Lichtenegger gerade mit der Qualitätssicherung be­schäftigt hat, ist es vielleicht nicht überraschend, dass auch ich mich mit der Qualitäts­sicherung beschäftigen will.

Wissen Sie, was mich irgendwie eigentümlich berührt? – Wir diskutieren hier über eine Qualitätssicherung, die wir jetzt im Rahmen des Ärztegesetzes beschließen, die aber im Rahmen des ASVG noch gar nicht abgeschafft ist. – Das machen wir nämlich erst später. Sie wissen also offensichtlich schon, wohin Sie wollen, nur die zeitliche Koordi­nation hat nicht ganz funktioniert. – Das wäre aber noch das Geringste.

Zweiter Punkt: Herr Kollege Lichtenegger, es ist leider ein Problem, wenn jetzt im Rah­men des Ärztegesetzes eine Gesellschaft für Qualitätssicherung eingerichtet wird – sie ist noch nicht eingerichtet, denn wir beschließen ja gerade das Gesetz –, und darin steht, dass die Führung eines Qualitätsregisters beziehungsweise die Ausarbeitung von Qualitätskriterien die Aufgabe dieser GesmbH ist. – Klingt vernünftig, könnte man sagen. Es liegt uns aber im Rahmen des Gesetzes, das wir später erst korrigieren müssen – des ASVG – schon dieser verspätet eingebrachte Qualitätskriterienvorschlag der Ärztekammer vor, von dem die Frau Ministerin sagt, das sei nicht ihrer, der passe ihr nicht.

Frau Bundesministerin! Da hätte ich die erste Frage an Sie: Wie wollen Sie im Rahmen dieser GesmbH verhindern, dass die Ärztekammer auf die Idee kommt, diesen Vor-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 157

schlag – vielleicht durch Streichung des Faxgerätes oder Hinzufügen einer anderen Position verändert – genau so wieder einzubringen.

Zweitens zu dieser GesmbH-Lösung: Herr Kollege Lichtenegger, ich habe versucht, das durch meinen Zwischenruf zu korrigieren: Die Patientenanwaltschaft gibt es leider nicht in der GesmbH, sondern im Beirat. Das ist ein Unterschied! Der Beirat kann nur etwas sagen, hat aber nichts zu sagen im Sinne von bestimmen. Er darf reden. (Abg. Mag. Regler: Ja, er kann Vorschläge machen!)

Im Rahmen des Beirates dürfen auch die vom Bundesministerium entsandten Vertreter und Vertreterinnen reden. (Abg. Mag. Regler: Ja, gute Vorschläge machen!) – Er kann gute Vorschläge machen, und die Ärztekammer sagt dann: Gut, ja, netter Vorschlag, aber er ist uns zu teuer!

Frau Bundesministerin! Da bin ich nämlich bei der nächsten Frage: In der GesmbH ist viel von Qualitätskriterien und Qualitätsregister die Rede, aber es steht nicht drinnen, wer das alles bezahlt. Man kann von der Annahme ausgehen, dass alles, was wir hier per Gesetz der Ärztekammer vorschreiben, auch die Ärztekammer zahlt. Da schaut mich aber Kollege Rasinger schon ganz skeptisch an; er ist offensichtlich nicht ganz dieser Meinung.

Herr Kollege Lichtenegger, geht man noch immer von dieser Annahme aus, dass die Ärztekammer das bezahlt, kann man auch zu der weiteren Annahme kommen, dass es dann nicht viel kosten dürfen wird, denn die Ärztekammer sagt vielleicht aus Kriterien, die für sie vollkommen verständlich sind, für die Versicherten aber nicht: Wir sehen überhaupt nicht ein, dass wir da Millionen in eine Qualitätssicherung investieren sollen, die uns ohnehin nicht so wichtig ist!, siehe Kriterien, die im Rahmen der ASVG-Lösung vorgelegt werden hätten sollen. Frau Bundesministerin! Ich möchte also schon wis­sen – und das steht nirgendwo –, was es kostet und wer es zahlt.

Die dritte Frage: Eine Beiratslösung ist sicher eine gute Sache. Ein Patientenanwalt ist darin enthalten, auch eine gute Sache. Warum kann man aber nicht zu einer wirklich offenen Beiratslösung kommen, in der das Gesundheitsministerium, anstatt die Hälfte zu bestimmen, eher die Zusammensetzung der GesmbH besser hätte regeln können, sodass zumindest im Beirat neben dem Patientenanwalt jene sitzen, die auch tatsäch­lich das Gesundheitssystem bezahlen, nämlich die Versicherten.

Es tut mir Leid, da gibt es Leute, die bezahlen das System in Form von Beiträgen und Steuern. Es gibt einen einzigen Versuch, das irgendwie zu verankern, nämlich die Patientenanwaltschaft. Aber das passt nicht, weil Patient nicht gleich Versicherter ist. Wenn hier irgendwo Qualitätskriterien festgeschrieben werden, dann sollen wenigstens die etwas mitzureden haben, und zwar wirklich mitzureden haben, die tatsächlich zah­len – und das wären eben die Versicherten. Solange das jedoch nicht gewährleistet ist, ist das leider nicht einmal ein Ansatz von Qualitätssicherung – es sei denn, Frau Bun­desministerin, Sie können mir jetzt noch ausreichend und erschöpfend beantworten, dass da viel Geld zur Verfügung steht. Aber, wie gesagt, dann möchte ich wissen, von wem. (Beifall bei den Grünen.)

17.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 


17.14

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Novelle des Ärztegesetzes kommt zu einer Verbesserung der rechtlichen Absicherung der pflegen­den Angehörigen bei der Pflege zu Hause. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Schritt,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 158

wie bereits die Frau Ministerin ausgeführt hat. Wir wissen, dass 80 Prozent der pflege­bedürftigen Menschen zu Hause von Angehörigen gepflegt werden. Da gibt es immer wieder sehr starke Grauzonen, und mit diesem Gesetz gibt man eine Sicherheit, die die Angehörigen auch unbedingt brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aus rechtlicher Sicht trifft den Laien beziehungsweise den Angehörigen nur noch die Durchführungshaftung, das heißt, im Falle eines Fehlers ist er strafrechtlich nicht mehr und zivilrechtlich nur noch bedingt haftbar. – Das ist die Quintessenz daraus.

Für mich persönlich und auch für die Berufsgruppen im Pflegebereich ist es ganz wich­tig, dass damit eine Abgrenzung zur professionellen Pflege gegeben ist, die von diplo­mierten Gesundheits- und Krankenschwestern und Pflegehelferinnen und Pflegehel­fern geleistet wird, die eine Ausbildung von 2 000 bis 4 100 Stunden absolvieren. Es ist also auch klargestellt, dass die professionelle Pflege von diesen Gesetzesrichtlinien nicht berührt ist.

Ich möchte mich in Namen der Berufsgruppen der Pflege ganz herzlich bei der Frau Ministerin und bei allen, die daran mitgearbeitet haben, dafür bedanken, dass es zu dieser guten Lösung gekommen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das heute zu beschließende Ärztegesetz sieht eben vor, dass die Übertragung einzel­ner ärztlicher Tätigkeiten an Laien – außerhalb von Einrichtungen, die der medizini­schen und der psychosozialen Behandlung, Pflege und Betreuung dienen – stattfinden darf. Da gibt es also auch diese Abgrenzung zur professionellen Pflege. Die berufsmä­ßige Ausübung der ärztlichen Tätigkeiten wird durch dieses Gesetz auch im Rahmen nichtmedizinischer Betreuung untersagt. Das war unserer Berufsgruppe ganz wichtig.

Ich möchte das Miteinander der Angehörigen, der Pflegepersonen und der Ärzte be­sonders im extramuralen Bereich, wo diese Zusammenarbeit stattfindet, hervorhe­ben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.17

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Spindelberger. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.17

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Auch wenn die SPÖ heute den Änderungen zum Ärztegesetz zustimmen wird, tue ich das wirklich mit gemischten Gefühlen, und ich sage auch, warum: Vergangenen Freitag bin ich noch relativ optimistisch in den Gesundheitsausschuss gegangen, weil auch Sie, Frau Ministerin, immer wieder betont haben, dass es Ihnen darum geht, gemeinsam eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik zum Wohle unserer Bevölkerung machen zu wollen.

Herr Abgeordneter Mainoni hat heute Vormittag gesagt, es gibt auch bei der SPÖ kon­struktive Abgeordnete. Ich sage Ihnen: Wir 69 sind nicht nur alle konstruktiv, sondern wir stellen bei unserer Politik das Gesamtwohl aller Österreicherinnen und Österrei­cher in den Vordergrund. Wir betreiben keinen Lobbyismus, bei dem nur einige wenige Gruppen im Vordergrund stehen! (Beifall bei der SPÖ.) Ihre Politik ist und bleibt – das sage ich ganz offen – menschenverachtend! Das hat mit einer Politik des Miteinander überhaupt nichts mehr zu tun! (Abg. Dr. Rasinger: Warum?)

Warum sage ich das? – Wir wissen, dass trotz der massiven Belastungen Ihrerseits mit dem Belastungspaket, mit dem Budgetbegleitgesetz der Abgang bei den Kassen im Jahre 2006 1 Milliarde € betragen wird. Ich weiß schon, dass verhandelt und dass im Medikamentenbereich ein bisschen etwas eingespart worden ist. Das ist wichtig, Frau


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 159

Ministerin, aber nicht der Weisheit letzter Schluss, wie Sie das gesagt haben, sondern das kann nur der erste Schritt sein.

Auch wenn Sie von den Regierungsparteien vor ein paar Minuten noch anders geredet haben: Warum sind Sie nicht bereit, über unsere Anträge zu reden? Wir haben einen Antrag darüber eingebracht, dass es ohne Belastung für die kranken Menschen ein Einsparungspotential von 220 Millionen € im Medikamentenbereich gibt. Reden Sie nicht immer nur von konstruktiver Zusammenarbeit, sondern diskutieren Sie inhaltlich mit uns über die 28 eingebrachten Anträge! Wie sonst kann es sein, dass alle elf An­träge der Opposition wieder verschoben, wieder vertagt wurden?! – Das ist Macht­rausch, das ist Drüberfahren par excellence!

Ihre Gesundheitspolitik besteht darin, dass man bei den Pensionisten von den lächer­lichen 10 € und 2 Cent Pensionserhöhung 6 € an Erhöhung der Krankenversicherungs­beiträge wieder wegnimmt und über Selbstbehalte spricht. Das ist keine Politik, mit der wir uns identifizieren! Ich sage es jetzt mit den Worten unseres Klubobmannes: Das ist schummeln, schwindeln und schlawinern! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jakob Auer: Wie schaut es in Deutschland aus?)

17.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


17.21

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte dort fortsetzen, wo mein Kollege Karl Öllinger aufgehört hat, nämlich bei den Qualitätskriterien. Frau Ministerin, ich weiß nicht, wie oft ich das schon im Ausschuss gesagt habe und auch hier im Plenum – es ist schon so oft, dass ich es manchmal selbst nicht mehr hören kann, aber trotzdem doch immer wieder sagen muss –: Bei den Qualitätskriterien geht es schlicht und ein­fach auch um die Ausstattung von Arztpraxen. Es bringt mir die beste Qualität in der Ordination nichts, wenn ich in die Ordination nicht hinein kann. Das bringt mir ganz einfach nichts.

Außerdem, Frau Ministerin, wird behinderten Menschen die freie Arztwahl nicht ge­währt. Jeder spricht von der freien Arztwahl, aber in der Praxis gibt es sie wegen der Barrieren nicht. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen Ihnen alle Behindertenver­treterInnen, die diese Erfahrung gemacht haben. Ich denke, auch Frau Pablé wird mir da zustimmen können, dass es ein Problem darstellt, wenn man als behinderte Person oder als Begleitung einer behinderten Person einen Arzt konsultieren muss.

Frau Ministerin! Es gibt vom „Verein Bizeps“, den Sie wahrscheinlich auch kennen, das ist einer der aktivsten Behindertenvereine, die wir in Wien haben, Erfahrungsberichte zur Behandlungssituation – wie soll man sagen –, über Versuche, eine Arztpraxis auf­zusuchen. Ich möchte Ihnen nur ein paar kleine Auszüge vorlesen, damit auch andere wissen, worum es geht.

Zum Beispiel: Es geht um eine geistig behinderte Frau, die beim Zahnarzt war bezie­hungsweise zum Zahnarzt wollte. Der Zahnarzt hat sie nicht behandelt – und das mit der Bemerkung, dass er in der Zeit, die er für die behinderte Frau aufwenden müsste, zwei nichtbehinderte PatientInnen behandeln könne. Frau Ministerin, das ist Qualität, die ganz einfach nicht vorhanden ist, und das ist zu hinterfragen, und darüber müssen wir reden, zusätzlich reden.

Ob die Qualität der Behandlung beim Arzt stimmt, Frau Ministerin, das wird Ihnen die Ärztekammer nicht sagen können – und auch nicht sagen wollen. Deshalb dürfen die Qualitätskriterien auch nicht von der Ärztekammer erstellt werden, sondern absolut nur


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 160

von außen. Die können doch tun, was sie wollen; Sie wissen doch ohnedies, wie das ist!

Es ist bereits möglich geworden, dass Bundessozialämter von der ehemaligen Vize­kanzlerin Riess-Passer in Form eines „mystery shoppings“ – so wurde das damals ge­nannt – kontrolliert werden. Tatsache ist – schauen Sie sich die Anfragebeantwortung an –, es gibt ein „mystery shopping“ in den Bundessozialämtern in der Form, dass nichtbehinderte Leute hingehen, dort Fragen stellen und bewerten, ob die Beratung für Behinderte gut war. Das gibt´s! Sie brauchen sich das nur anzusehen, dann werden Sie wissen, dass es das gibt.

Wenn Qualitätskriterien entstehen sollen, und wenn die Qualität auch von denen, die sie nutzen, bewertet werden soll, dann kann das nur der Patient/die Patientin sein – und sonst niemand, Frau Ministerin! Die Ärztekammer wird es nicht tun, denn – seien wir doch einmal ganz ehrlich! – wer wird denn den anderen irgendwie schlecht dar­stellen. Das geht ja gar nicht, denn man braucht ihn ja wieder. Das ist so etwas von Augenauswischerei, sodass es eine Zumutung ist, das überhaupt zu erwähnen.

Es muss um etwas anderes gehen. Wissen Sie, Frau Ministerin, ich schenke Ihnen jetzt so ein Buch, damit Sie sich einmal anschauen können, wie es nur einmal in Wien zum Thema „krank-behindert-ungehindert“ aussieht. Schauen Sie sich das an, und da müsste es Ihnen eigentlich alle Haare aufstellen bei dem, was da drinnen steht. (Die Rednerin übergibt der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesministerin Rauch-Kallat ein Schriftstück.)

Da werden beispielsweise barrierefreie Arztpraxen angeboten, wo aber dabei steht, es gäbe vier Stufen mit einer Höhe von jeweils zehn Zentimetern. Na, soll man drüber­springen? Oder es sind Praxen drinnen – natürlich haben die eine Toilette, aber mit einer Eingangstürbreite von 47 Zentimetern. Den Rolli, der da durchgeht, gibt es nicht! Und weitere solche Dinge.

Sie wissen, dass viele Behandlungen behinderter Menschen nicht durchgeführt werden können, weil die Voraussetzungen in den Arztpraxen einfach nicht vorhanden sind. Erwin Rasinger, ich habe Ihnen bereits so ein Heftchen gegeben; Sie haben das im letzten Ausschuss ganz interessiert gelesen. Ich war ganz stolz darauf, weil ich mir gedacht habe, es wird zumindest angesehen.

Ich denke, wenn es nach Studium dieser Broschüre noch immer nicht klar ist, dass es ein Muss ist – nicht ein Kann –, dass Arztpraxen barrierefrei sind, ja wann dann? Dann ist das eine Verweigerung der Realität und eine bewusste Aufrechterhaltung der Ver­weigerung der Inanspruchnahme einer freien Arztwahl. – Das will ich nicht mehr! Frau Ministerin! Bitte, kümmern Sie sich darum, es geht so nicht mehr weiter! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. – Bitte.

 


17.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bundesregierung und unsere Bundesministerin Maria Rauch-Kallat stehen dafür, dass unser Gesundheitssystem zu erhalten und zu verbessern ist. Unser vorrangiges Ziel ist der Zugang zu einer qualita­tiv hoch stehenden medizinischen Versorgung für alle Menschen in Österreich – unab­hängig vom Stand und vom Einkommen.

Diese Ärztegesetz-Novelle stellt einen weiteren und wichtigen Baustein zur Qualitäts­sicherung dar. Wenn wir zunächst alle Statistiken und Studien weglassen und unsere


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 161

eigenen Erfahrungen sprechen lassen, dann können wir schon jetzt unseren Ärzten mit ruhigem Gewissen ein hervorragendes Zeugnis ausstellen. Es ist ja nicht so – wie das ja auch schon unser Gesundheitssprecher Rasinger gesagt hat –, dass wir mit der Qualitätssicherung bei Ärzten in der Stunde Null beginnen würden, sondern es ist ja da schon einiges vorhanden, so zum Beispiel die verpflichtende Evaluierung für Vertrags­ärzte nach ASVG. Und es gibt eine Reihe von Fortbildungsveranstaltungen, Ausbil­dungsnachweise für den Umgang mit hoch komplizierten technischen Medizingeräten und so weiter.

Im Gegensatz zur bisherigen Regelung im ASVG umfasst diese neue Regelung im Ärztegesetz alle Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte und Gruppenpra­xen. Bemerkenswert ist ja, dass insgesamt mehr als 6 000 Ärztinnen und Ärzte kas­senfrei sind.

Wie unser Gesundheitssprecher bereits ausgeführt hat, wird zur Qualitätssicherung auch eine Gesellschaft für Qualitätssicherung in der Medizin eingeführt, die folgende Aufgaben zu erfüllen hat: die Ausarbeitung von Qualitätskriterien, die Evaluierung, die Kontrolle und die Führung eines Qualitätsregisters. Das heißt die Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, regelmäßig eine umfassende Evaluierung der Qualität durchzuführen, und die Ergebnisse werden in ein Qualitätsregister aufgenommen. Die Gesellschaft prüft diese Evaluierungsergebnisse. Und es kann natürlich auch Konsequenzen geben, wenn eine unmittelbare Gefährdung der Gesundheit auftreten könnte. Es könnte also Verbesserungsaufträge an die Ärzte geben, es könnte auch zu einer Disziplinaranzeige kommen oder sogar zur Kündigung eines Kassenvertrags. Jedes Handeln einer Ärz­tin/eines Arztes muss bis Ende 2008 zum ersten Mal evaluiert werden – und dann immer wieder in regelmäßigen Abständen.

Der Aspekt der Übertragung einzelner ärztlicher Tätigkeiten an Laien im Einzelfall ist sehr bemerkenswert. Ich kann aus eigener Erfahrung berichten, dass man durch be­stimmte Tätigkeiten und durch kleine Handgriffe, die man natürlich gut beigebracht be­kommen hat, als Angehöriger Erleichterung für den Patienten erreichen kann. Es ist gut so, dass diese Tätigkeiten auch geregelt werden, und zwar vor allem auch hinsicht­lich der Verantwortlichkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird die Grundlage dafür ge­schaffen, ärztliches Handeln, wo auch immer es stattfindet, Qualitätskriterien zu unter­werfen und das auch zu evaluieren, sodass Gewähr für eine moderne, qualitativ hoch­wertige ärztliche Versorgung der Patienten geboten wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Eine kurze Wortmeldung von der Regierungsbank aus. – Bitte, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat.

 


17.30

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich zwei kurze Antworten geben.

Herr Kollege Öllinger, so „zahnlos“, wie Sie die Qualitätskontrolle beschrieben haben, ist sie nicht. Einige Richtigstellungen: Der Wissenschaftliche Beirat kann nicht nur reden, sondern er ist zwingend anzuhören. Und im Wissenschaftlichen Beirat muss auch mindestens eine Person sein, die Erfahrung in der Vertretung von PatientInnen-Interessen hat. – Ich meine, dass das ganz, ganz wichtig ist.

Es ist der Wissenschaftliche Beirat, der die Kriterien zur Qualitätssicherung vorschlägt, und die Ärztekammer hat diese zu erlassen. Aber auch das ist noch von der Bundes­ministerin zu genehmigen. Und Sie können sicher sein, dass ich keine knieweichen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 162

Qualitätssicherungskriterien genehmigen werde. Das war nämlich mit ein Grund, dass das, was bisher vorgelegt wurde, für mich keineswegs befriedigend war. Sie können auch sicher sein, dass wir dann, wenn sich dieser Weg nicht als qualitätsvoll heraus­stellt, andere Wege finden und eben im Zuge der Gesamtreform auch die Qualitäts­sicherung im niedergelassenen Bereich noch zusätzlich regeln werden.

Noch ein Wort zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Spindelberger. Was das Arz­neimittelpaket anlangt, so habe ich nie gesagt, dass das schon die gesamte Reform ist. Ganz im Gegenteil: Ich habe immer gesagt, dass das ein erster Schritt ist. Es ist vielleicht nicht der Weisheit letzter Schluss, aber es ist, so meine ich, ein gutes Paket. Sie haben gesagt, dass Sie Vorschläge gemacht haben und dass die sozialdemokra­tischen Vorschläge Einsparungen ohne Qualitätsminderung in Höhe von 220 Millio­nen € gebracht hätten.

Ich darf Ihnen mitteilen: Das Arzneimittelpaket, das wir heute beschließen werden, wird ohne Qualitätsminderung für die Versicherten, sondern sogar mit einer Qualitäts­verbesserung für die Versicherten, die nämlich dann nicht mehr zum Chefarzt pilgern müssen, in den nächsten drei Jahren insgesamt 600 Millionen € einsparen. Und ich denke, dass wir damit ganz zufrieden sein können, aber es ist, wie gesagt, ein erster Schritt, es ist nicht alles. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

17.32

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wurde nicht gewünscht.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, und zwar gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 334 der Beilagen.

Herr Abgeordneter Dr. Grünewald hat ein Verlangen auf getrennte Abstimmung einge­bracht. Dem ist Folge zu leisten.

Ich werde daher zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betrof­fenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmte Teile der Vor­lage abstimmen lassen.

Wir kommen also zu getrennten Abstimmung über Ziffer 51b in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit dieser Bestimmung einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ziffer 51b ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Ich stelle fest, die restlichen Teile der Vorlage sind einstimmig ange­nommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf zustimmen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstim­mig angenommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 163

Es liegt ein Entschließungsantrag vor, und zwar der Entschließungsantrag der Abge­ordneten Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend umfassende Qualitätsoffensive im Bereich der niedergelassenen Ärzte und im Spitalsbereich.

Ich lasse über diesen Entschließungsantrag abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag hat nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist daher abgelehnt.

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (314 d.B.): Bundesgesetz betreffend Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und Materialien (Tiermaterialienge­setz – TMG) (336 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tiergesundheitsgesetz (TGG) geändert wird (337 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (292 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird (338 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit kommen wir zu den Punkten 6 bis 8 der heutigen Tagesordnung; gemeinsame Debatte.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt mir nicht vor, hingegen eine Reihe von Wort­meldungen.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.35

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei diesen vorliegenden drei Gesetzesmaterialien geht es einerseits um die Anpassung veterinärrechtlicher Bestim­mungen, andererseits werden hier Regelungen vorgenommen, die im Rahmen des nationalen Handlungsspielraumes liegen, denen wir nicht zustimmen können.

Die sozialdemokratische Fraktion stimmt dem Fleischuntersuchungsgesetz zu, nicht je­doch dem Tiergesundheitsgesetz in der vorliegenden Form.

Ich erlaube mir, hiezu folgenden Antrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen zum Top 7 Bericht des Gesundheits­ausschusses über die Regierungsvorlage (293 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Tier­gesundheitsgesetz (TGG) geändert wird (337 d.B.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 164

Ziffer 1 lautet:

„1. Dem § 7 wird folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen hat durch Verordnung einen kos­tendeckenden Tarif für Untersuchungen und Kontrollen gemäß Abs. 1 festzulegen.““

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Tiergesundheit gibt es einheitliche Standards in ganz Österreich – und wir gehen davon aus, dass es auch einheitliche Tarife zu geben hat. Man soll also hier nicht die Möglichkeit für einzelne Landeshaupt­leute schaffen, eigene Tarife, höhere oder niedere Tarife festzulegen.

Frau Bundesministerin! Auch aus dem Begutachtungsverfahren hat sich ergeben – das war ein Anliegen der Wirtschaftskammer Österreichs –, dass es zu einheitlichen Tari­fen kommen soll. Sie sind in Ihrem Entwurf der Kritik nicht gefolgt, daher haben wir die­sen Abänderungsantrag vorbereitet.

Dem Tiermaterialiengesetz können wir in der vorliegenden Form nicht zustimmen; ich habe das bereits ausführlich im Ausschuss begründet. Das hängt damit zusammen, dass in diesem Entwurf zwar von „geeigneten Kontrollstellen“ gesprochen wird, diese Kontrollstellen aber nicht näher definiert werden. Wir kennen im Kontrollbereich ent­weder Behörden oder akkreditierte Stellen nach dem Akkreditierungsgesetz. Wenn es in diesem Gesetz „geeignete Kontrollstellen“ heißt, dann kann man sich darunter alles vorstellen.

Wenn man diese Bestimmung im Zusammenhang mit § 5 sieht, nämlich mit den Kon­trollaufgaben – ich lese hier unter Ziffer 2, was darunter fällt: die Kontrolle der gesetz­lichen Anforderungen an die Rohmaterialien, die Ausgangs- und die Endprodukte sowie die Kennzeichnungsvorschriften. In Ziffer 3: die Sicherstellung der Vernichtung aller Seuchenkeime bei vorgesehener Verarbeitung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das bedarf nicht nur einer geeigneten, son­dern einer akkreditieren Kontrollstelle und einer Behörde. Das ist der Hauptkritikpunkt, warum wir nicht zustimmen.

Weiters stimmen wir auch deswegen nicht zu, weil auch da wieder eine Ausnahmere­gelung für die Landeshauptleute geschaffen worden ist, nämlich eigene Tarife fest­zulegen. Und mit der Sonderregelung für Tierhalter – ich habe das im Ausschuss bereits begründet – können wir im Grunde genommen nicht leben, denn mir ist keine adäquate Bestimmung für die Wirtschaft bekannt, nach der Unternehmen, die vielleicht kurz vor einem Konkurs stehen, auf Grund ihrer wirtschaftlichen Situation Vorschrei­bungen des Finanzamtes erlassen werden.

Insgesamt muss man aber das Tiermaterialiengesetz natürlich auch im Zusammen­hang mit der Situation der Tierkörperverwertungen diskutieren. Man muss sie aber auch im Zusammenhang mit den BSE-Folgekosten diskutieren. Ich halte aus unserer Sicht fest: Im Jahre 2003 sind 3,5 Millionen € für die BSE-Folgekosten vorgesehen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Für das Jahr 2004 gibt es noch überhaupt keinen Finanzierungsansatz.

Wenn ein ÖVP-Landesrat in Salzburg meint – ich zitiere ihn –, dass mit diesem Tier­materialiengesetz Entsorgungsmonopole beseitigt werden, dass es mehr Wettbewerb gibt, der unter veterinärbehördlicher Aufsicht stattfindet, und dass freier Wettbewerb nicht vor den Grenzen Halt machen darf, dann erinnere ich Sie an die Prüfberichte der Kommission, wie es mit den veterinärbehördlichen Aufsichtsmaßnahmen in den Län-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 165

dern der Europäischen Union, insbesondere in Italien und in Spanien, ausgesehen hat. BSE soll man auch weiterhin nicht unterschätzen. Es gibt bereits ein Verfahren bei der Europäischen Kommission, bei dem Geschädigte Ansprüche einklagen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, mit diesem Gesetz werden Sie dem Vorsorgeprinzip nicht gerecht, und daher lehnen wir dieses Gesetz ab. (Beifall bei der SPÖ.)

17.41

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Maier vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt, steht mit zur Verhandlung und zur Abstimmung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Höllerer. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.42

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin! In dem heute zu beschließenden Tiermaterialiengesetz wird die Entsor­gung und Verwertung von tierischen Abfällen geregelt. Dass eine ordnungsgemäße Ablieferung und eine sichere Entsorgung von tierischen Materialien im öffentlichen Interesse liegt, ist natürlich unumstritten. Dass auch aus seuchenhygienischen Grün­den und natürlich zum Schutz der menschlichen und tierischen Gesundheit diesem Gesetz eine ganz besonders große Bedeutung zukommt, ist, denke ich, auch den Oppositionsparteien klar.

Die neue bundesgesetzliche Regelung sieht für Schlachthofbetreiber eine freie Wahl des Entsorgungsbetriebes vor. Es besteht aber die Verpflichtung, schriftliche Vereinba­rungen mit den zugelassenen Entsorgungsbetrieben zu schließen, wodurch auch die Kontrolle und die Rückverfolgbarkeit verbessert wird.

Die näheren Bestimmungen über Meldung, Ablieferung, Weiterleitung und Übernahme von zur Entsorgung bestimmten tierischen Materialien kann der Landeshauptmann durch Verordnung festlegen, und auch die Voraussetzung für die Schaffung kommu­naler Sammelsysteme, so zum Beispiel der Biotonne, unterliegt dann dem Landes­hauptmann.

Die im bisherigen Recht vorgesehene Festlegung für kostendeckende Entgelttarife für die Entsorgung tierischer Abfälle wurde beibehalten – unter Berücksichtigung der Gemeinschaftsbestimmungen für bestimmte Ausnahmefälle, zum Beispiel für Falltiere, wobei eben in diesen Fällen der Landeshauptmann durch Verordnung unter Berück­sichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Tierbesitzer abweichende Kos­tenregelungen vorsehen kann. Und das ist genau der Punkt, der auch von Kollegem Maier als sehr umstritten dargestellt wurde, aber ich bin mir dessen sicher, dass gerade im sensiblen Bereich der Entsorgung von tierischen Abfällen die Kompetenz bei den Ländern liegen soll, ganz im Sinne der Subsidiarität, denn auf Entsorgungsauf­gaben, die auf Grund regionaler Besonderheiten sehr unterschiedlich sein können, kann von Ländern ganz schnell und effizient eingegangen werden.

Dass dem Landeshauptmann die Möglichkeit eingeräumt wird, mittels Verordnung auch eine abweichende Kostenregelung vorzusehen für in besonders schwierigen wirt­schaftlichen Situationen befindliche Tierhalter, ist durchaus zu befürworten, denn das kann in bestimmten Notsituationen eine wirklich wichtige Hilfe darstellen. Ich denke da beispielsweise an Tierbesitzer, die auf Grund von Katastrophenfällen, die von ihnen selbst unbeeinflussbar sind, dann natürlich große Schwierigkeiten haben, die Entsor­gung der verendeten Tiere auch finanziell bewältigen zu können. Das können lokale Probleme sein wie Überschwemmungen, Blitzschläge, Brandkatastrophen, es ist aber auch in Einzelfällen, also wenn es darum geht, dass Einzeltiere beseitigt werden


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 166

sollen, durchaus mit sehr hohen Kosten verbunden, vor allem dann, wenn diese Tier­körper von schweren Tieren stammen, also von Rindern oder Pferden, und wenn sie aus weit abgelegenen Betrieben oder aus sehr exponierten Lagen, etwa aus hoch­alpinen Gegenden, abtransportiert werden müssen. Dann kann es schon passieren, dass der Tierhalter ganz einfach nicht in der Lage ist, diese Entsorgungskosten tat­sächlich zu tragen. Und da kann eben dann der Landeshauptmann besondere Rege­lungen vorsehen.

Für kleine und Kleinstbetriebe sind diese Regelungen, die ganz spezifisch vom Lan­deshauptmann angesetzt werden können, von wirtschaftlicher Überlebensnotwendig­keit, denn da geht es manchmal wirklich um die weitere Existenz dieser Betriebe.

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass dieses Tiermaterialiengesetz den Pro­duzenten, den Verarbeitungsbetrieben und vor allem auch den Konsumenten zuneh­mend Sicherheit für die Zukunft bringt und dass es in diesem Sinne wirklich allen Par­teien möglich ist, die Zustimmung zu diesem Tiermaterialiengesetz zu geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Die Uhr ist ebenfalls auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.47

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Minis­terin! Meine Damen und Herren! Tiergesundheitsgesetz: Dieses Gesetz hat durchaus auch unsere Zustimmung, mit Ausnahme dieser Tarifregelungen, die Kollege Maier schon vorgetragen hat.

Auch beim zweiten Bereich, dem Fleischuntersuchungsgesetz, können Sie auf unsere Zustimmung zählen. Das ist eine sinnvolle Regelung, die wird mitgetragen.

Beim Tiermaterialiengesetz können wir einige positive Anmerkungen anbringen, die Kritik überwiegt aber, sodass wir es ablehnen werden.

Vielleicht zuerst zum Positiven, Frau Ministerin. Es ist ja durchaus günstig, dass die Tierkörperverwertung jetzt endlich EU-weit generell geregelt ist. Es gibt EU-weite Regelungen. Das ist ein massiver Fortschritt, der vor allem angesichts all dieser BSE-Problemfälle dringend notwendig ist.

Positiv ist auch, dass praktisch über die EU-Verordnung jetzt auch garantiert ist, dass die Biotonne weiterhin kompostiert werden darf. Das ist leider keine Selbstverständlich­keit gewesen, aber jetzt haben wir die Gewährleistung. Außerdem ist es jetzt erstmals so, dass auch Biogasanlagen sinnvoll berücksichtigt sind bei der Verwertung von ver­schiedenen Abfällen, also ein neues Geschäftsfeld, ein sinnvoller Einsatz auch von Biogasanlagen.

Der letzte positive Punkt, der in Richtung anthroposophische Landwirtschaft, biolo­gisch-dynamische Landwirtschaft gibt. Es gibt erstmals Durchführungsbestimmungen für die Herstellung von biologisch-dynamischen Präparaten. Das ist zwar für viele von Ihnen ein Exotikum, aber es ist hier wirklich ein interessantes Terrain jetzt auch einmal gesetzlich vorgesehen und geregelt. – Soweit zum Positiven.

Frau Ministerin! Es gibt aber ein großes Problemfeld, das ist die normale Tierkörperver­wertung, die ein großes finanzielles Problem in den Bundesländern darstellt. Laut Ihrer Gesetzesvorlage gibt es keine einheitliche staatliche Kontrollfunktion. Aber da Sie von Ihren Vorgängern, Minister Haupt und Minister Molterer, auch die Zuständigkeit für die Lebensmittelsicherheit übernommen haben, müssten Sie auch die Philosophie Ihrer Vorgänger ernst nehmen, die da heißt: durchgehende Kontrolle in der ganzen Lebens-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 167

mittelkette, einschließlich der Abfälle. Diese durchgehende Kontrolle war ja auch der argumentative Leitfaden, damit man diese Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit gründet. Diese Kontrolle der gesamten Verwertung der Tiermaterialien nun der ARGES zu übertragen, wäre eine sinnvolle Weiterführung des Ansatzes, den Ihre Vorgänger vorgegeben haben und der als Argument für die Ausgliederung der Lebens­mittelkontrolle verwendet wurde.

Warum wird das nicht wahrgenommen? Warum bleibt es bei landesspezifischen Mechanismen? Warum kann weiterhin der Landeshauptmann nach Gutdünken den einen oder anderen Kontrollbetrieb, das eine oder andere Kontrolluntersuchungslabor heranziehen? Da gibt es keine einheitlichen Standards, keine einheitlichen Normen, wodurch ein relativ breites Feld für wirtschaftlichen Wettbewerb entsteht, der aber bei Kontrollen meistens auf Kosten der Qualität geht. Und das kreiden wir Ihnen an. (Bei­fall bei den Grünen.)

Qualität, Kontrolle und Lebensmittelsicherheit kulminiert in einem Begriff, und der heißt BSE-Risikomaterial. Da hätte ich gerne von Ihnen heute, Frau Ministerin, noch kon­kret beantwortet: Wann verhandeln Sie, nachdem Sie keine Mittel mehr haben? Der Finanzminister sagt, es ist keine Krisensituation, er hat keine Mittel mehr für die Entsor­gung des BSE-Risikomaterials beziehungsweise auch für die Untersuchungen. Die sind nach wie vor üblich, und im Vorsorgesinn müssen sie auch durchgeführt werden, aber es gibt kein Geld mehr oder nur mehr minimale Mittel.

Und wann – ganz konkret, Frau Ministerin – werden Sie Verhandlungen mit den Län­dern führen, denn bei denen bleibt es letztlich hängen? Sie haben im Ausschuss ge­sagt, im Dezember. Vielleicht können Sie mir einen genaueren Termin nennen. Damit wir dieser ganzen risikobehafteten Kontroll- und Untersuchungstätigkeit noch mehr Bedeutung zumessen können, wäre es auch als Signal günstig zu wissen, wann dieses Problem von Ihnen konkret in Angriff genommen wird. – Danke, Frau Ministerin, im Vorhinein für die Antwort. (Beifall bei den Grünen.)

17.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Vorschlag: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.51

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Zum Ersten: Tieruntersuchungsgesetz. Es ist erfreulich, dass mit diesem Gesetz die Entsorgung und Verwertung von tierischen Abfällen und auch das In-Verkehr-Bringen und die Herstellung von Nebenprodukten geregelt ist, und zwar nachhaltig geregelt ist. BSE hat gezeigt, dass es notwendig ist, dass das so geschieht. – Wir werden diesem Gesetzesvorschlag zustimmen.

Zum Zweiten: Tiergesundheit. Es ist möglich, kostendeckende Tarife einzuheben. Es ist möglich, auch pauschale Entschädigungen festzulegen, was eine große Verwal­tungsvereinfachung darstellt und in diesem Sinne von uns akzeptiert und begrüßt wird.

Zum Dritten: Fleischuntersuchungsgesetz, das im Ausschuss einstimmig angenommen wurde. Auch da ist es wichtig, dass man der zunehmenden Seuchengefahr, die auch durch den Import und Export mit weitaus größeren Folgen bedrohlicher wird, Rechnung trägt. Notschlachtungen konnten früher auch ohne tierärztliche Untersuchungen durch­geführt werden, dennoch konnte dann das Tier als zum Verzehr geeignet betrachtet werden. Diese Notschlachtungen sind jetzt nur dann in die Lebensmittelkette einzubrin­gen, wenn mindestens ein praktischer Tierarzt eine Untersuchung vorgenommen hat. Es ist dies eine Vorsichtsmaßnahme, die sehr zu begrüßen ist und die zur Sicherheit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 168

der Lebensmittel beitragen wird. Wir werden auch dieser Gesetzesvorlage unsere Zu­stimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Ministerin.

 


17.53

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Die drei vorliegenden Gesetzesvorlagen sind zum Großteil Anpassungen an die EU-Richtlinien. Es sind dies das Bundesgesetz betreffend Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und Mate­rialien sowie das Tiergesundheitsgesetz und das Bundesgesetz, mit dem das Fleisch­untersuchungsgesetz geändert wird. Sie bringen verbesserte Bedingungen, sie sind meines Erachtens eine gute Grundlage, um die Sicherheit der Lebensmittel in Öster­reich auch in Hinkunft zu gewährleisten, die ja Gott sei Dank in einem hervorragenden Maße gegeben ist.

Zur Anfrage von Frau Kollegin Moser über die Verhandlungen zu BSE: Diese Runde wird am 12. Dezember stattfinden. Im Rahmen einer Landesagrarreferentenkonferenz wird dieses Thema zu behandeln sein. Es wird darum gehen, auch in Hinkunft die BSE-Testungen flächendeckend durchzuführen. Wir müssen uns allerdings über die entsprechenden Preise einigen, die die ARGES in Hinkunft verlangen kann, weil die Förderung der Untersuchungen durch die EU ab 2004 nicht mehr erlaubt ist. Es wer­den Preise sein, die in etwa den Untersuchungspreisen in den angrenzenden Ländern entsprechen, um da auch eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

In diesem Sinne denke ich, dass diese Materie ein weiterer Schritt zu einer hohen Lebensmittelsicherheit in Österreich ist, und ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. – Bitte.

 


17.55

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminis­terin! Meine Damen und Herren! Vorweg erlauben Sie mir eine Klarstellung: Herr Abge­ordneter Haubner von der ÖVP hat behauptet, dass unsere Landeshauptmann-Stell­vertreterin Gabi Burgstaller in einer „privilegierten Eisenbahnerwohnung“ wohne.

Herr Kollege Haubner: Gabi Burgstaller wohnt bei Ihrem Mann Toni Holzer. Dieser ist Mieter einer 80-Quadratmeter-Wohnung in der Dorrekstraße 19 in Hallein. Diese Woh­nung gehört der Ein- und Mehrfamilienhäuser Baugenossenschaft, Zweigniederlassung in Hallein. Die Genossenschaft gehört ihren Mitgliedern selbst – und nicht der Eisen­bahn beziehungsweise den ÖBB. Das hat mit den ÖBB überhaupt nichts zu tun! (Abg. Wittauer: Aber einen schlechten Eindruck macht das schon!)

Herr Kollege Haubner! Wir befinden uns zwar in Salzburg im Wahlkampf (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), aber wir sollten es gegenseitig unterlassen, jemanden auf diese Art und Weise zu diffamieren! Ich fordere Sie auf, sich von dieser Aussage der Ver­leumdung zu distanzieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das haben Sie jetzt die ganze Zeit gemacht!)

Frau Bundesministerin! Nun zur Sache des vorliegenden Tiermaterialiengesetzes. Da sind unseres Erachtens die Kontrollen nicht klar definiert. Weiters liegt die Problematik in der Entsorgung von Schlachtabfällen. Kernthema ist zweifellos, dass die Finanzie-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 169

rung künftig von den Bauern und letztendlich in der Folge von den Konsumenten zu tragen ist. (Abg. Wittauer: Die Bauern tragen das, nicht die Konsumenten!)

Zusätzlich besteht ein großer Konkurrenzdruck, weil die Schlachthöfe bundesländer­unterschiedliche Kosten und Preise haben. Ich meine, es ist unverständlich, dass ein Schlachthof in Oberösterreich andere Tarife hat als der nur 30 Kilometer entfernte in Salzburg. Eine bundesweite einheitliche Regelung wäre unbedingt erforderlich.

Durch die Folgen der BSE-Seuche wurden zum Beispiel die zu entsorgenden Abfall­mengen, die zu verbrennen sind, in den Schlachthöfen im Bundesland Salzburg von 10 000 auf 20 000 Tonnen verdoppelt, die Kosten haben sich von 200 000 € auf 2,2 Millionen € verzehnfacht. Nach Ihrem Vorschlag haben die Endverbraucher und die Bauern in Zukunft diese Finanzierung zu übernehmen, die bisher vom Bund getragen worden ist. Wir sind der Meinung, dass durch die unterschiedlichen Preise ein Wett­bewerbsdruck auf Schlachthöfe und Bauern in den einzelnen Bundesländern entsteht.

Die Preistreiberei führt natürlich dazu, dass die Kontrollen nicht lückenlos und sorgfältig durchgeführt werden. Wir sind der Meinung, dass der Bund sich der Verantwortung nicht entziehen darf. Seuchen sind Bundessache. Bezüglich BSE muss, auch wenn die Seuche derzeit in Österreich gebannt ist, vorsorglich gehandelt werden.

Wir lehnen das Tiermaterialiengesetz deshalb ab, weil ab 1. Jänner die Abdeckung der BSE-Folgekosten seitens des Bundes nicht mehr gesichert ist. Dies ist aber notwendig, um die Gesundheit der Bevölkerung nicht zu gefährden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.59

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. 4 Minuten sind programmiert. – Bitte.

 


17.59

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Bei den Materien Tiermaterialiengesetz, Tierge­sundheitsgesetz und Fleischuntersuchungsgesetz geht es in erster Linie um die Um­setzung von EU-Rechtsmaterien in nationales Recht. Das Tiermaterialiengesetz regelt die Entsorgung sowie die Verwertung von tierischen Abfällen neu, und es wird eine Zusammenfassung aller Bestimmungen vorgenommen, die in Bezug auf den nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Produkte einzuhalten sind.

Die Entsorgung und Verwertung tierischer Abfälle funktioniert in Österreich vorbildlich. Im Zusammenhang mit der Entsorgung beziehungsweise Verwertung der dabei entste­henden Produkte wären mittel- und langfristig neue Wege wie zum Beispiel die Verwer­tung in Biogasanlagen überlegenswert.

Nun noch eine kurze Replik zur Vorrednerin, Frau Kollegin Scharer, nachdem sie die Kosten hinsichtlich BSE-Vorsorge angesprochen hat: Es muss tatsächlich relativ viel Geld für BSE-Vorsorge aufgewendet werden. Ich möchte an dieser Stelle aber doch betonen, dass wir in Österreich Gott sei Dank BSE-frei sind, und festhalten, wer eigent­lich davon profitiert, dass die entsprechenden Untersuchungen vorgenommen werden: Letztlich profitiert der Konsument davon, und es wäre empfehlenswert, das franzö­sische Modell, wie die Kosten entsprechend umgelegt werden und wer dafür auf­kommt, ins Auge zu fassen.

Das Tiergesundheitsgesetz legt die Untersuchungstarife bei Tiergesundheitsprogram­men fest. Für besonders umfangreiche Untersuchungsprogramme kann das zustän­dige Regierungsmitglied per Verordnung die Untersuchungstarife regeln.

Zu guter Letzt sollen die Bestimmungen des Fleischuntersuchungsgesetzes über die Schlachttieruntersuchung bei Notschlachtungen an die Erfordernisse der Europäischen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 170

Union angepasst werden. Wesentlichster Inhalt dieses Gesetzes sind daher die Neu­regelung der Lebendtieruntersuchung bei Notschlachtungen sowie Ergänzungen der Kontrollbestimmungen im Fleischuntersuchungsgesetz.

Meine Damen und Herren! Die klaren gesetzlichen Regelungen geben Konsumenten, Produzenten und Verarbeitungsbetrieben Sicherheit und garantieren auch zukünftig einen beispielhaften und vorbildlichen Umgang Österreichs mit den angesprochenen Rechtsmaterien. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

 


18.02

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Im Zusammenhang mit den vorliegenden Gesetzesmaterien haben meine VorrednerInnen, insbesondere jene von der SPÖ, ausführlichst erläutert, warum wir ein sehr unterschiedliches Abstimmungsverhalten zu all den Punkten, die wir vorige Woche gemeinsam im Gesundheitsausschuss diskutiert haben, einnehmen werden. Es geht uns bei diesem zuletzt besprochenen Gesetz darum, jetzt unbedingt bundesein­heitliche Regelungen auch für die Kosten zu bekommen. Das wurde auch mehrfach angesprochen.

Ich möchte mich daher jetzt auch ein wenig damit beschäftigen, wie wir miteinander in der vorigen Woche diskutiert haben. Die Diskussionskultur im Gesundheitsausschuss war rein inhaltlich sehr gut und qualitativ. Allerdings haben wir 16 Tagesordnungs­punkte behandelt, davon 5 Regierungsvorlagen und 11 Anträge der Opposition. Diese Anträge, waren, wie ich meine, sehr wichtig und notwendig. Sie standen im Zusam­menhang mit ganz bedeutenden Materien: Es ging zum Beispiel auch darum, zum Schutz der Gesundheit von Kindern und Babys gefährliche Chemikalien per Erlass einer entsprechenden Regelung zu unterziehen. Dieser von den Grünen eingebrachte Antrag war also wirklich höchst notwendig. Auch von unserer Fraktion wurden sehr notwendige und die Gesundheit wirklich massiv betreffende Anträge eingebracht. – Im Hinblick darauf frage ich mich: Ist es notwendig, die Behandlung dieser Anträge immer wieder zu vertagen, zu vertagen und zu vertagen?

Frau Gesundheitsministerin! Bei einigen Materien wäre es wirklich höchst an der Zeit, zu einer Beschlussfassung zu kommen, damit wir endlich entsprechende Gesetzesvor­lagen in Angriff nehmen können!

Deshalb beziehe ich mich einmal mehr auf den Entschließungsantrag meines Kollegen Maier betreffend Nahrungsergänzungsmittel, die als Arzneimittel zu qualifizieren sind. Wir haben darüber schon mehrfach gesprochen, und ich möchte deshalb noch einmal darauf hinweisen, weil wir gestern einen Vier-Parteien-Antrag zu einem Anti-Doping-Gesetz eingebracht haben.

In diesem Antrag wird auch festgehalten, dass gerade diese gefährlichen Nahrungs­ergänzungsmittel zukünftig einer entsprechenden Kontrolle und Untersuchung unter­worfen werden sollen. Im Hinblick darauf ersuche ich Sie wirklich dringend, endlich von der Vertagungsmethode abzugehen und diese notwendige Materie anzugehen, sodass wir im Bereich Nahrungsergänzungsmittel endlich zu einer Lösung kommen!

Frau Ministerin, Sie betonen immer wieder, dass Gesundheit auch präventiv entspre­chend behandelt werden muss. Sie wollen eine Bewegungskampagne starten und diese unterstützen und fördern. – Ich sage Ihnen: Wir brauchen entsprechende Maß­nahmen, damit die Menschen, die Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen, nicht letztlich verseuchtes Zeug zu sich nehmen, von dem sie nicht einmal wissen, was das ist.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 171

Daher appelliere ich noch einmal an Sie, Frau Gesundheitsministerin, auch dieser Materie Ihre Aufmerksamkeit zu schenken und schon bald eine entsprechende Vorlage vorzulegen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.05

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


18.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Ministerin! Herr Präsi­dent! Meine geschätzten Damen und Herren! Über das vorliegende Gesetz wurde be­reits viel gesprochen. Als letzter Redner hiezu möchte ich noch einmal die damit in Zusammenhang stehende Problematik für die Bauern aufgreifen.

Wir alle können uns noch gut an die BSE-Krise vor wenigen Jahren erinnern, welche die Landwirtschaft in eine tiefe Krise gerissen hat. Es waren damals sehr viel Geld, sehr viel Einsatz und Engagement seitens der Landwirtschaft, aber natürlich auch seitens der politischen Vertretung nötig, um entsprechende Kontrollen aufzubauen und vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen. Es wurde sehr viel Geld dafür aufgewen­det, die mit einem Schlag unverwertbaren Schlachtabfälle endzuversorgen. Außerdem wurde sehr viel Geld für die Kosten der BSE-Tests aufgewendet.

Ab 1. Jänner 2004 werden wir sicherlich massive Probleme haben, weil der Bund, die Länder und auch die EU die entsprechenden Finanzierungen zurückziehen. Meine Vor­redner haben es zum Teil angesprochen, dass es nicht einfach werden wird, hier für einen adäquaten Ersatz zu sorgen. Zusätzlich haben wir auch mit erhöhten Kosten durch das Road-Pricing zu rechnen, das heißt, auch die Transporte der Schlachtabfälle werden nicht kostengünstiger werden.

Es gibt auf der anderen Seite aber auch – und das möchte ich positiv erwähnen – neue Möglichkeiten. Man wird das Tiermehl zum Teil auch in anderen Bereichen – ich denke etwa an Dämmmaterial oder dergleichen – einsetzen und damit vielleicht wieder für eine bessere Kostensituation sorgen können. Aus Brüssel wird es, wenn ich richtig informiert bin, weiterhin gewisse Förderungen geben. Diese werden aber natürlich die Kosten bei weitem nicht abdecken. Die Konferenz der Landesagrarräte rechnet mit Folgekosten für die Landwirtschaft von zirka 20 Millionen €. Ich glaube, man sollte sich wirklich überlegen, wie man eine vernünftige Lösung findet!

Es ist auch zu überlegen, dass künftig die AGES nicht mehr die einzige Agentur sein sollte, die prüft. Man sollte dafür eventuell auch kleinere private Labors heranziehen können, weil es so zu Kosteneinschränkungen für die Bauern käme und die Landwirt­schaft auch auf diese Weise sozusagen entlastet werden könnte.

Hinzu kommt meines Erachtens, dass wir mit der Einstufung in Risikogruppe 3 zu streng bewertet sind. Es wäre sicherlich vernünftig, wenn wir bis spätestens 2005 oder 2006 erreichen könnten, dass wir in Risikogruppe 2 eingestuft werden, damit die flä­chendeckenden und verpflichtenden Tests durch Stichproben ersetzt werden können. Wir sind nämlich – das können wir mit ruhigem Gewissen sagen – so gut wie sicher BSE-frei. Ich bin überzeugt davon, dass die heimische Landwirtschaft in diesem Zu­sammenhang sicher mit ruhigem Gewissen arbeiten kann und dass auch eine stich­probenartige Untersuchung ausreichen würde. Auf diese Weise könnte man das besser in den Griff bekommen.

Ich bin – ähnlich wie meine Vorrednerin von den Grünen – sehr gespannt, wie die Ver­handlungen betreffend Finanzierungen und Übernahme der Kosten voranschreiten werden. Der Herr Kollege von der ÖVP hat richtigerweise das französische Modell als vorbildlich erwähnt. Gemäß diesem wird die Situation herbeigeführt, dass ähnlich wie


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 172

beispielsweise bei Kühlschränken die Entsorgungskosten gleichsam im Vorhinein be­zahlt werden und somit auch der Konsument zur Kassa gebeten wird. Das halte ich für einen gangbaren Weg, denn es geht nicht an, dass die Bauern laufend für alle Kosten aufkommen müssen, die irgendwo entstehen, wie etwa im Bereich des Tierschutzes oder auch in diesem Bereich. Alle Kosten kann der Bauer sicher nicht tragen! Wir sind bereit, vieles zu übernehmen, aber auch der Konsument, der gesunde Lebensmittel haben möchte, wird sich daran beteiligen müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Ein Schlusswort seitens des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zu den Abstimmungen, und zwar gelangen wir zunächst zur Abstim­mung über den Entwurf betreffend ein Tiermaterialengesetz samt Titel und Eingang in 314 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage betreffend Tiermaterialiengesetz in zweiter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Vorlage ist mit Stimmenmehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir stimmen gleich in dritter Lesung ab.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Stimmenmehr­heit angenommen.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Tiergesundheitsgesetz geändert wird, 293 der Beilagen.

Dazu haben die Abgeordneten Mag. Maier und Fraktion einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Der Antrag des Kollegen Mag. Maier bezieht sich auf Z 1 § 7 Abs. 3 der Vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Teil der Vorlage zustimmen, um ein Zei­chen. – Das ist die Minderheit. Dieser Teil der Vorlage ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über Z 1 § 7 Abs. 3 in der Fassung der Regierungsvor­lage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Bestimmung in der Fassung der Regie­rungsvorlage zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenom­men.

Als Nächstes stimmen wir ab über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die restlichen Teile sind einstimmig in zweiter Lesung beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig ange­nommen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 173

Als Nächstes stimmen wir ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fleischuntersuchungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 292 der Bei­lagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, dies zu be­kunden. – Dieser Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest: Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Damit haben wir den 8. Punkt der Tagesordnung erledigt.

9. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (282 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesund­heitswesen geändert wird (DokuG-Novelle 2003) (335 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Eine mündliche Berichterstattung wird nicht gewünscht.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Riener. Ihre freiwillige Redezeitbeschrän­kung beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


18.12

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die vorliegende Novelle zum Bundesgesetz über die Dokumentation im Gesundheitswesen, die heute einstimmig beschlossen werden wird, ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Reform des Gesundheitswesens in Österreich.

Man muss an dieser Stelle allerdings vorweg anmerken, dass wir auch jetzt bereits über ein gutes Dokumentationssystem verfügen. Wenn jedoch diverse Jahresmeldun­gen, ob Diagnosen und Leistungsberichte, Krankenanstalten-Statistiken oder Kranken­anstalten-Kostenrechnungen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Gesundheitsminis­terium einlangen, dann ist es jetzt an der Zeit, dass durch die vorliegende Novelle eine Vereinheitlichung der Berichtszeitpunkte für alle Berichte und ein einheitlicher Berichts­weg vorgesehen werden.

Es wird aber nicht nur die Berichtslegung zu einem Zeitpunkt zusammengefasst, son­dern es soll auch eine bundesweit definierte Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden. Eine standardisierte programmtechnische Unterstützung steht zur Verfügung. Das heißt, die Daten werden künftig vergleichbar sein und dazu dienen, dass eine nachvollziehbare, verantwortungsbewusste und vorausschauende Planung der Strukturen im Sinne der Patientinnen und Patienten ermöglicht wird.

Auch für die einzuführenden Landesagenturen wird es von Bedeutung sein, dass sie übersichtliche und vergleichbare Daten haben, um ein wirkungsvolles und bedarfs­orientiertes Versorgungssystem im Gesundheitsbereich gewährleisten zu können. Durch den einheitlichen Berichtsweg über den Landeshauptmann zumindest hinsicht­lich der landesfondsfinanzierten Krankenanstalten besteht dazu eine große Chance.

In bewährter Manier werden unter unserer Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat Reformen klug und ohne zusätzlichen Aufwand umgesetzt. Es sind keine neuen Daten-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 174

meldungen notwendig, und es werden keine zusätzlichen Berichtszeitpunkte einge­führt. Es gibt also keine Mehrbelastungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenanstalten. Hohe Transparenz, die Statistiken ja haben sollen beziehungs­weise zu deren Schaffung sie dienen sollen, erhöht auch die Motivation der Mitarbei­terinnen und Mitarbeiter, diese administrative Tätigkeit durchzuführen. Letztlich dient dies nur unseren Patientinnen und Patienten.

Abgesichert werden diese Maßnahmen durch eine in dieser Novelle enthaltene Ver­schärfung der Sanktionsmaßnahmen für die nicht landesfondsfinanzierten Krankenan­stalten, indem das Strafausmaß erhöht wird. Für die landesfondsfinanzierten Kranken­anstalten gibt es bereits im Rahmen der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über die Neustrukturierung des Gesundheitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung ein Sanktionssystem, wonach bei Verstößen gegen die Dokumentationspflichten die Finanzmittel von den Ländern zurückbehalten werden.

Diese Novelle betrifft wiederum eines von vielen Themen der gesamten Gesundheits­reform unserer Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat.

Eine weitere Neuerung hinsichtlich der personenbezogenen Dokumentation wurde ebenfalls bereits von ihr angekündigt. Frau Abgeordnete Haidlmayr, das war auch Ihr Wunsch im Gesundheitsausschuss, und Sie werden sich sicher darüber freuen: Durch die geplante Online-Lösung im Wege der Gesundheitscard werden Ärzte die Möglich­keit erhalten, Befunde abzurufen und damit über eine laufende Dokumentation zu verfügen, um auf diese Weise Mehrfachbefundungen auszuschließen.

So wird ein Baustein auf den anderen gesetzt. Ich bin überzeugt davon, dass nach Abschluss der Gesundheitsreform ein System entstanden sein wird, das sich durch Innovationen, hohe Patientenzufriedenheit und überschaubare Kostensteigerungen auszeichnet und für die Zukunft tragfähig ist.

Frau Gesundheitsministerin! Ich bedanke mich im Namen aller Österreicherinnen und Österreicher! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.17

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. 5 Minuten vorgeschlagene Redezeit. – Bitte.

 


18.17

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat sehr ausführlich die Ziele der vorlie­genden Novelle zur Dokumentation im Gesundheitswesen erläutert.

Im Wesentlichen wird das Ziel verfolgt, zu einer einheitlichen Berichterstattung zu ge­langen, was zweifellos zu mehr Klarheit und zu besser verständlichen Berichten führen wird. Die Neuregelungen werden weiters dazu führen, dass die Zahl der Fälle, in wel­chen Nachbearbeitungen notwendig sind, geringer sein wird und dass die Ergebnisse schneller vorliegen. Auch die Strafbestimmungen werden umfassend neu geregelt. Inhalte, denen wir natürlich zustimmen werden, zumal es auch durchwegs nur positive Stellungnahmen dazu gibt.

Nicht klar beziehungsweise nicht ganz klar scheinen offensichtlich die finanziellen Auswirkungen zu sein. In der Vorlage heißt es zunächst, dass es keine geben wird, dann wird aber doch ausgeführt, dass die verbesserten organisatorischen Abläufe eine Reduzierung des Prüf- und Korrekturaufwandes auf allen Ebenen nach sich ziehen werden, was den Schluss zulässt, dass es doch zu einer Verbilligung kommen könnte.

Die Änderung der Strafbestimmungen wird damit erklärt, dass es trotz mehrmaliger Urgenz nicht möglich war, von allen Krankenanstalten Daten zu bekommen. Im Zu-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 175

sammenhang mit der Festlegung der Strafhöhe wird ausgeführt, dass einzelne Kran­kenanstaltenträger die Ansicht vertreten, dass die Strafen günstiger seien als die Er­stellung der Dokumentation.

Frau Bundesministerin! Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie einen Gutteil meiner Fragen im Ausschuss beantwortet haben. Zwei Fragen sind offen geblieben, und ich erlaube mir, diese nunmehr hier noch einmal zu stellen.

Sind Sie im Zusammenhang mit der Erhöhung des Strafausmaßes der Meinung, dass die neue Strafhöhe nun doch dazu führen wird, dass es mehr Kultur in der Dokumenta­tion geben wird? Sind Sie der Meinung, dass nunmehr die Strafe höher sein wird als die Kosten für die Dokumentation?

Außerdem sind Sie angehalten, auch eine Verordnung zu erlassen, welche die ge­schützten Datenübermittlung sichert: Gibt es diese schon, und – wenn ja – mit welchen Inhalten?

Zwei meiner Vorredner haben schon auf Ihren Umgang mit Anträgen von der Opposi­tion Bezug genommen. – Meine lieben Kollegen von den Regierungsfraktionen! Frau Ministerin! Wir werden nicht hinnehmen, dass Sie die Anträge der Oppositionsparteien mit der Arroganz der Macht in Bausch und Bogen vertagen. Das ist nicht neu, das passiert seit nunmehr drei Jahren. Sie ärgern damit nicht nur die Opposition, sondern Sie schädigen damit auch das Gesundheitssystem insgesamt und enthalten da den Patienten wichtige Verbesserungen vor. Ich denke, dass Ihnen das wohl nicht zusteht!

Wenn Frau Kollegin Rosenkranz die Vertagung so begründet hat, dass nun etwas Neues entsteht, das aus einem Guss sein soll, dann denke ich, dass Sie doch mit mir einer Meinung sind, dass es nichts gibt, das eher aus einem Guss ist als die in Be­handlung stehende Dokumentation und die Telematik. Und aus dieser Sicht ist es nicht erklärbar, dass Sie zwar Ihre Vorlage betreffend Dokumentation behandeln, nicht aber unsere Vorlage betreffend Telematik.

Daher werde ich nun den nachfolgenden Entschließungsantrag einbringen, mit dem ein wesentlicher Beitrag zur Sparsamkeit und Effizienzsteigerung unseres Gesundheits­systems geleistet wird und der, wie schon erwähnt, die ideale Ergänzung zum heute zu beschließenden Dokumentationsgesetz wäre:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kaipel, Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhö­hung der Versorgungsqualität und Vermeidung von Mehrfachbefundungen und Mehr­fachbehandlungen

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 29. Mai 2004 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die sicherstellt, dass für PatientIn­nen die unterschiedlichen Finanzierungszuständigkeiten beim Übergang von einer Be­treuungsform zur anderen nicht spürbar sind und die Qualität der Leistung nicht beein­trächtigt wird. Die Gesetzesvorlage hat insbesondere folgende Punkte zu enthalten:

Ein Gesundheitstelematikgesetz, das die sichere Übertragung von sensiblen Gesund­heitsdaten regelt und den raschen Aufbau eines sicheren, standardisierten und teilneh­merstarken Gesundheitsdatennetzes ermöglicht, um die Versorgungsqualität zu er­höhen, gleichzeitig Mehrfachbefundungen und Mehrfachbehandlungen zu vermeiden und die Effizienz zu steigern.“

*****


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 176

Meine Damen und Herren vor allem von den Regierungsfraktionen! Ich lade Sie ein, diesem Antrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.22

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle fest, dass der Entschließungsantrag betreffend Erhöhung der Versorgungsqualität und Vermeidung von Mehrfachbefundungen, den Kollege Kaipel soeben vorgetragen hat, ausreichend unterstützt ist und daher mit in Verhandlung steht.

Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Rosenkranz. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.22

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Schon in den Artikel-15a-Vereinbarungen zur Neustrukturierung des Gesundheits­wesens und der Krankenanstaltenfinanzierung ist festgelegt, dass es zu einer weiteren Verbesserung des Dokumentationswesens kommen muss. Mit dieser Regierungsvor­lage ist dieses Ziel nun erreicht.

Vereinheitlichung und Vereinfachung der Informations- und Berichtssysteme in den Krankenanstalten sind dadurch weitaus besser gesichert, als es bis jetzt war. Die ver­besserte Dokumentation wird auch klarere organisatorische Abläufe, weniger Prüfin­stanzen auf den verschiedenen Ebenen und damit auch eine schnellere und sicherere Verfügbarkeit der Daten bewirken. Das ist insbesondere am Vorabend der Gesund­heitsreform eine ganz wichtige Sache, weil man Daten und Fakten als Grundlage für zukünftige Änderungen, Reformen und Reformvorhaben zur Verfügung haben muss.

Damit ist für die Gesundheitsreform eine gute Vorarbeit geleistet, und wir werden dieser Regierungsvorlage unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.23

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte, Frau Ministerin.

 


18.24

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Die vorliegende Regierungsvorlage ist ein Ergebnis eines Artikel-15a-Vertrages, der zwischen Bund und Ländern abgeschlossen wurde, um nach Be­schlussfassung in der Strukturkommission ein aktualisiertes Informations- und Be­richtssystem in den Krankenanstalten mit Wirksamkeit 1. Jänner 2004 zu schaffen. Nach inhaltlicher Abstimmung der Änderungen in Arbeits- und Expertengremien der Strukturkommission, unter anderem auch mit Vertretern der Bundesländer und Vertre­terInnen der Krankenanstalten und anderer Institutionen, wurde in den Sitzungen der Strukturkommission im Juni und im Oktober einvernehmlich die weitere Vorgangsweise beschlossen.

Die Regierungsvorlage, die heute zum Beschluss ansteht, enthält

die Zusammenfassung und Vereinheitlichung verschiedener Datenmeldungen zu einem einzigen Jahresbericht, denn bisher wurden die Diagnose- und Leistungsbe­richte einschließlich der Intensivberichte, die Krankenanstalten-Kostenrechnung und die Krankenanstalten-Statistik jeweils gesondert und jeweils zu verschiedenen Termi­nen übermittelt;

weiters eine Reduktion der Berichtstermine, wobei den Krankenanstalten teilweise auch mehr Zeit für die Meldungen zur Verfügung steht, was sowohl die Vollständigkeit als auch die Qualität der Meldungen verbessert;


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 177

drittens eine Beseitigung redundanter Datenmeldungen; bisher wurden manche Daten mehrmals in verschiedenen Berichten erhoben und jeweils dem Ministerium gemeldet;

viertens die Einführung bundesweit definierter automatisationsunterstützter Vollständig­keits- und Plausibilitätsprüfungen; dies vereinfacht und beschleunigt die Prüfungen und verbessert die Vergleichbarkeit der Daten der verschiedenen Krankenanstalten;

und letztendlich eine raschere Verfügbarkeit von validen Daten und Auswertungen. Da die genannten automatisationsunterstützten Prüfprogramme den Krankenanstalten und den Landesstellen zur Verfügung stehen und von diesen anzuwenden sind, erhält das Ministerium bereits zweifach überprüfte Daten, Prüfungen durch das Ministerium sind daher dann nicht mehr erforderlich.

Zur Frage des Herrn Abgeordneten Kaipel über die ausstehenden Verordnungen: Es sind insgesamt vier Verordnungen, die bereits in Begutachtung waren und noch im Dezember erlassen werden. Ihr Inhalt sind: die Neuerlassung der bereits bestehenden Verordnungen, die Umsetzung des Dokumentationsgesetzes und die Anpassung von Begriffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.26

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


18.27

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es ist in Artikel 23 Abs. 3 der Artikel-15a-Vereinba­rungen zur Neustrukturierung des Gesundheitswesens festgehalten, dass bis 1. Jänner 2004 ein geändertes Informations- und Berichtssystem zu etablieren ist. Wenn man sehr charmant ist, kann man sich dafür bedanken, dass das geschehen ist; an und für sich ist es jedoch eine Aufgabe der Bundesregierung, dieser Verpflichtung nachzukom­men. Aber bitte, es ist geschehen. Hurra!, kann man sagen.

Das Gesetz regelt an und für sich Diagnose- und Leistungsberichterstattung im Zusam­menhang mit anderen statistischen Daten und der Kostenrechnung, die mit der Statis­tik Austria zu vernetzen sind. Das ist gut. Der ÖVP kann man nicht ganz Recht geben, dass die Datenlage bis jetzt so hervorragend war. Die Datenlage war unterschiedlich. Sie war sehr gut bis sehr schlecht bis teilweise nicht vorhanden, teilweise existierten Datenfriedhöfe, bei denen man nicht ohne Schaufel zu Ergebnissen kommen konnte, und das war natürlich verboten, weil es sich ja nicht sittet, sozusagen an Friedhöfen herumzustochern.

Ich nehme an, dass sich die Lage durch dieses Gesetz – und das ist das Gute daran – verbessert. Es gibt Anträge von uns, mit denen wir eigentlich nur diese Daten so ge­stalten wollten, dass sie international vergleichbar sind, dass sie bundeseinheitlich sind und sozusagen Vergleiche zwischen Bundesländern und einzelnen Krankenanstalten zulassen, dass das genauer geregelt wird, dass nicht nur Leistungen und Prozesse so­zusagen festgehalten, Krankengeschichten gehortet und dokumentiert, sondern auch Ergebnisse festgehalten werden. Also: Eine Ergebnisevaluation und -dokumentation täte Not, aber das kann ja noch kommen.

Insgesamt vielleicht schon mehr als ein erster Schritt, ein zweiter, aber sicher nicht der letzte. Und charmant (in Richtung der auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminis­terin Rauch-Kallat): vielen Dank! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


18.29


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 178

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


18.29

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Wir alle sind uns einig darin, dass Dokumentation wichtig ist, ja unerlässlich ist. Vor allem vor dem Hintergrund des internen Ablaufes in einem Spital, wo Sie sehr viele zerhackte Vorgänge haben, müssen Sie, wenn irgendetwas passiert, dokumentieren: Wer hat was wann wo gemacht? Es ist aber auch wichtig für die nationale wie die internationale Vergleichbarkeit.

Meiner Meinung nach hat Kollege Grünewald etwas sehr Richtiges gesagt, nämlich: Wir müssen aufpassen, dass wir keine Datenfriedhöfe produzieren, denn nichts ist schlimmer, als wenn jemand, der mühsam Daten erhebt, das Gefühl hat, er erhebt sinnlose Daten und bekommt auf das, was er tut, gar keine Rückmeldung.

Wir haben 1996 mit der Einführung des LKF-Systems einen Quantensprung in der Dokumentation gemacht. Ich habe allerdings, wenn ich mit Ärzten rede, den Eindruck, dass vieles da noch vereinfachbar wäre. Ich habe mir diesen ICD-10-Code selbst an­geschaut, das ist ein Wälzer, wirklich kompliziert, und ich kann mir nicht vorstellen, dass diejenigen, die dann die Daten verarbeiten, Schlüsse daraus ziehen. Ich glaube, man sollte auch so fair sein und nach einer gewissen Zeit fragen, ob man das nicht ein­facher machen kann, denn letztendlich ist es Arbeitszeit.

Was mich auch bewegt, das ist, dass im Spital oft Daten doppelt erhoben werden. Eine Brustkrebspatientin erzählte mir, dass jedes Mal, wenn sie für eine ambulante Chemo­therapie oder einen stationären Kurzaufenthalt aufgenommen wird, sowohl von Ärzten als auch vom Pflegepersonal dieselben Daten erhoben werden. Ich meine, dass das nicht notwendig ist. Das kostet Zeit und den Patienten letztendlich auch Nerven.

Wir werden auch überlegen müssen, wie man Daten vergleichbar macht. Wenn ich einen Diabetiker betreue, bedeutet das dieselbe Code-Nummer für einen Diabetiker, der in einer Ambulanz behandelt wird. Allerdings sind das zwei völlig verschiedene Paar Schuhe, das ist nicht so einfach vergleichbar. Ich muss jetzt eine Lanze für die Ambulanz brechen: Ich schicke jene weiter, die ich nicht mehr betreuen kann. Das heißt, dass wir auch diese Daten vergleichbar machen müssen.

Letztendlich muss es uns gelingen, nicht eine Datenabsicherung, sondern eine Daten­sicherung zu machen, denn es kann nicht so sein, dass 45 Prozent der Zeit des Kran­kenpflegepersonals für Dokumentation draufgeht oder sich der deutsche Trend, dass ein Arzt drei Stunden am Tag dokumentiert, verstärkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Zu betonen ist jedoch: Wir brauchen Daten, und wir brauchen gute Daten, denn nur durch Daten können wir Standards setzen, nur durch Daten können wir vergleichbar werden, und zwar innerhalb Österreichs, aber auch international, und wir brauchen auch eine Rückmeldung an denjenigen, der die Daten erhebt.

Ich glaube, wir werden die Herausforderung der Zukunft annehmen und auch bewälti­gen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csörgits, und nach ihr kommt Kollegin Haidlmayr.

Frau Abgeordnete Haidlmayr, Sie können auch vom Platz sprechen, wenn Sie wollen. (Abg. Haidlmayr: Nein!) Sie kommen herunter; danke.

 


Frau Abgeordnete Csörgits: 3 Minuten. – Bitte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 179

18.33

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren! Wie schon der Vorredner von meiner Fraktion festgehalten hat, werden wir der vorliegenden Regierungsvorlage unsere Zu­stimmung geben.

Es ist zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung, aber es ist nur ein kleiner Schritt und wirklich zu wenig. Ich habe Herrn Dr. Rasinger schon im Ausschuss gesagt: Ich kann Ihnen phasenweise gut folgen, und da bin ich auch bei Ihnen. Allerdings verstehe ich nicht ganz, warum dann Anträge der Opposition mit guten Inhalten im Zusammen­hang mit einer Erklärung und einer Weiterentwicklung der Datenstruktur vom Aus­schuss dauernd vertagt werden. Ich halte das für keine gute Sache. Entweder will man etwas verändern, oder aber man verändert nichts. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Wie bei der Bundesbahn!) – Herr Kollege, Ihre Bemerkung werte ich jetzt nicht, das ist, glaube ich, klüger so. (Abg. Scheibner: Wieso nicht?)

In Zusammenhang mit dem Gesetz möchte ich noch sagen: Kollege Kaipel hat den Entschließungsantrag bereits kurz vorgestellt. Ich glaube, dass er wirklich eine gute Basis darstellt, denn wir haben so viele Informationen, Daten, die bereits vorhanden sind, die tagtäglich erhoben werden, und es besteht wirklich, wie schon Kollege Grüne­wald festgestellt hat, die Gefahr, dass diese auf einem Datenfriedhof landen und nichts mehr mit ihnen gemacht wird. Noch frustrierender ist, wenn Daten erhoben werden, aus denen sich dann nichts ergibt.

Sinnvoller wäre es, eine vernetzte Versorgungsstruktur im Gesundheitswesen zu schaffen, aus der man gleichzeitig auch Nutzen ziehen kann und durch die Kranken­häuser gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten, mit den ambulanten Diensten, aber auch mit Rehabilitationseinrichtungen neue Angebote für die gesundheitliche Vor­sorge und für die soziale Vorsorge machen könnten.

Diese neuen Organisationsformen würden zweifellos auch neue Anforderungen im Zusammenhang mit der Kooperation stellen, und da ist es aus Sicht auch des Daten­schutzes natürlich ganz wichtig, dass es Sicherheit im Zusammenhang mit dem Trans­port von Gesundheitsdaten gibt.

Unser Entschließungsantrag, der vorhin eingebracht worden ist, ist meiner Ansicht nach eine gute Ergänzung zu diesem Gesetz. Ich ersuche Sie und fordere Sie auf, diesem Entschließungsantrag die Zustimmung zu geben. Er ist im Sinne der Patienten und Patientinnen und zweifellos auch im Sinne einer Weiterentwicklung der Gesund­heitspolitik. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


18.35

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Dokumentation, die Datenerfassung in Kranken­anstalten ist ganz sicher eine gute Sache, aber nur unter der Voraussetzung dass diese Daten dann auch vergleichbar sind, und nicht nur das, sondern dass man aus den Ergebnissen dieser Daten auch ganz konkret etwas macht.

Frau Ministerin, Sie wissen, es gibt Gebiete, wo gewisse Erkrankungen häufiger auftre­ten als anderswo, und da muss man sich einmal anschauen, was der Grund dafür ist. Die Epidemiologie ist in Österreich so gut wie nicht bekannt, und es wäre wirklich sinn­voll und notwendig, auch einmal in dieser Richtung etwas zu tun und zu untersuchen,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 180

warum bestimmte Formen von Erkrankungen in gewissen Gebieten häufiger sind und woanders geringer. Das wäre zum Beispiel etwas, das man mit diesen Daten sehr wohl machen könnte.

Um die Daten dann vergleichen zu können, ist es natürlich auch wichtig, dass alle die­selbe Vorgabe bei ihrer Datenerstellung haben. Dazu braucht es einheitliche Grund­lagen, damit jeder das, was er an Datenmaterial abgeben soll und kann, richtig hinein­schreibt.

Nur, Frau Ministerin, auf eines müssen wir schon aufpassen: Diese neue Dokumenta­tion darf keinesfalls auf Kosten der Pflege gehen! Das muss sichergestellt sein, denn Sie wissen – es ist ja gerade in den letzten Monaten sehr häufig an die Öffentlichkeit gelangt –, dass schon so viele Daten gesammelt werden, dass für die Pflege im statio­nären Bereich so gut wie keine Zeit mehr übrig bleibt.

55 Prozent der Arbeitszeit verbringt zum Beispiel eine Diplomkrankenschwester oder eine Altenhelferin bereits mit der Dokumentation. Sie übt also de facto einen völlig fal­schen Beruf aus, sie wird zur Bürokraft degradiert, obwohl sie eigentlich eine Pflege­kraft sein sollte. Sie müssen sich also darüber im Klaren sein, dass, wenn eine Daten­erfassung gemacht wird, die auch einen Sinn haben soll, das entsprechend mehr an Büropersonal erfordert, welches diese Daten erfasst und ausarbeitet.

Frau Ministerin! Was mir in diesem Zusammenhang in diesem Dokumentationsgesetz fehlt, das ist – ganz konkret – die Kostenfrage. Es steht überhaupt nichts darüber drin, wer die Kosten trägt, vor allem, wer die Personalkosten trägt. Ein Gesetz ohne diese grundlegenden Voraussetzungen ist halt einfach nur ein Gesetz, und die Auswirkungen solcher Gesetze kennen wir. Es bleibt dann nicht viel davon übrig, oder es geht auf Kosten der Patienten, es geht auf Kosten der Pflege.

Ich würde Sie, Frau Ministerin, bitten, vielleicht noch dazu Stellung zu nehmen, denn das wird ein Teil des Um und Auf dieses neuen Dokumentationsgesetzes sein, und ich will, wie gesagt, auf keinen Fall, dass es auf Kosten der Pflege geht. Wenn man doku­mentiert, dann müssen das Bürokräfte machen, die das tippen, oder irgendjemand anderer, aber sicher nicht das Pflegepersonal. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. Ich erteile ihm das Wort.

 


18.39

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren mit dieser Novelle einen wichtigen Bereich, der auch bei der anstehenden Neustrukturierung des Gesundheitswesens eine Rolle spielt, nämlich den Bereich der Dokumentation.

Ich finde dies wichtig und unterstütze den eingeschlagenen Weg, der in den letzten Jahren da gegangen wird. Es muss lückenlos nachvollziehbar sein, wie die Behand­lung eines Patienten erfolgte. Nur so können die Fälle der Patientenanwälte aufgeklärt und beantwortet werden, nämlich auf Grund dieser Aufzeichnungen. Daher bietet die Dokumentation auch einen Schutz für die Bediensteten, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in diesen Berufen tätig sind – und das ist auch wichtig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es besteht andererseits aber kein Zweifel an der Notwendigkeit eines effizienten Doku­mentationssystems in unseren Krankenanstalten. Es steht jedoch nicht die Dokumen­tation an sich zur Diskussion, sondern die Art und Weise der Durchführung. Wir müssen da die angesprochene Effizienz noch steigern.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 181

Es soll durch diese Novellierung auch zu einer Vereinheitlichung und Vereinfachung der Dokumentation in den Krankenanstalten kommen. Gute EDV-Programme sind Bei­spiele dafür, wie die Bediensteten bei der Erfassung einer einheitlichen Dokumentation unterstützt werden können, um wieder mehr Zeit für die Patienten aufwenden zu können, denn deren Wohl muss im Vordergrund stehen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auch wir vom Roten Kreuz gehen bei der Dokumentation mit der Zukunft und mit der Technik. Unsere Angestellten in der Hauskrankenpflege verwalten und vereinfachen ihre Dokumentation – ich muss sagen: sehr effizient – mittels Handy. Erwähnenswert ist auch die derzeit bundesweit einmalige Kooperation des Oberösterreichischen Roten Kreuzes mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse im Bereich der Dokumen­tation und des Datenaustausches. Die Effizienz konnte dadurch auf beiden Seiten gesteigert werden.

Diese neuen Technologien verringern den zeitlichen Aufwand bei der Erfassung und liefern in kurzer Zeit ein einheitliches Datenmaterial – und das ist das Ziel, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre nur wünschenswert, dass die EDV- oder Handy-Erfassung keine Einzelbeispiele bleiben, sondern vielmehr auf den gesamten Kranken­anstaltenbereich umgelegt werden könnten.

Abschließend möchte ich noch betonen, dass diese Neustrukturierung des Gesund­heitswesens der richtige Weg ist, besonders auch für die Patienten und für die Be­diensteten, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die im Gesundheitsbereich be­schäftigt sind. Die Vereinheitlichung des Berichtswesens, die rasche Verfügbar­machung von Ergebnissen und die Vermeidung von aufwendigen Prozessen, die diese Novelle zum Inhalt hat, sollen uns dabei helfen. – Ich danke für Ihre Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Walther. – Bitte.

 


18.42

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Vorsitzender! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Auch ich möchte mich zur Dokumentation im Gesundheits­wesen lobend und anerkennend äußern – und deswegen wird diese Gesetzesvorlage auch unsere Unterstützung finden –, dient sie doch der Vereinheitlichung und der Übersichtlichmachung des Berichtssystems in den Krankenanstalten.

Diese neuen Schnittstellen, neue Instrumente der Datenverarbeitung, einheitliche Er­hebungsmasken, dienen dazu, die Berichtspflicht zu vereinfachen. In diesem Zusam­menhang geht es nicht nur um viel Geld, sondern auch um den Abbau unnötiger Büro­kratie.

Auch im Zusammenhang mit der von uns geforderten Qualitätsoffensive im Gesund­heitsbereich ist die Vereinheitlichung und Vereinfachung von großer Bedeutung. Der von uns eingebrachte Antrag betreffend ein Gesundheitstelematikgesetz würde diesem Zweck dienen, geht es dabei doch um die Patienten, um ihre Pflege und ihr Recht auf Pflege und Zuwendung, und nicht darum, dass Ärzte mit überbordender Bürokratie überlastet sind. Die Schätzungen belaufen sich laut mehreren Studien auf ungefähr 40 Prozent, die für solche bürokratischen Erhebungen aufgewendet werden.

Laut einer IFES-Studie, bei der jeder Zehnte der rund 20 000 Spitalsärzte und Spitals­ärztinnen zu Wort kam, wurden rund 63 Prozent der Arbeitszeit für die Betreuung der Patienten verwendet, der Rest wird für Verwaltungsaufgaben eingesetzt. Beim Pflege­personal ist die Situation nicht anders. Abgesehen von der verlorenen Zeit, auch der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 182

Frust, der dadurch bei den Ärzten aufkommt, dient nicht der besseren Versorgung der Patienten.

Leider wurde diesen unseren Anträgen im Ausschuss nicht näher getreten.

Nicht vergessen dürfen wir, dass die Mehrfachuntersuchungen die Patientinnen und Patienten ängstigen und sie verunsichern, was dem Heilungsprozess sicher abträglich ist. Ich weiß Sie hoffentlich mit mir einer Meinung, dass es dringend an der Zeit ist, auch unnötige Heilmittel einzuschränken, auch diese sind der Gesundheit der Patien­ten und Patientinnen abträglich.

Deshalb hielte ich es für notwendig, unseren Antrag betreffend ein Gesundheitstele­matikgesetz zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.45

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung einer Frage hat sich noch einmal Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.46

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zu den Kosten dieses Gesetzes, die von Frau Abgeordneter Haidlmayr angesprochen wurden, kurz Stellung nehmen.

Dank der Vereinfachungen, die es in diesem Gesetz gibt, dank der Eliminierung redun­danter Daten und der entsprechenden Vorgaben wird dieses Gesetz eher Kosten ein­sparen. Wir rechnen allerdings damit, dass die eingesparten Kosten dann für die Aus­stattung der entsprechenden EDV-Systeme mit der notwendigen Software notwendig sein werden, also damit, dass sich durch die Einsparungen in etwa diese Adaptie­rungskosten ergeben.

Nicht vorgesehen in diesem Gesetz, Frau Kollegin Haidlmayr, ist die Dokumentation am Krankenbett. Es geht dabei um die Dokumentation von Daten, die verwaltungstech­nisch an die Landes- beziehungsweise Bundesstellen gemeldet werden. Somit gehe ich davon aus, dass wir diesmal ein Gesetz verabschieden, das nicht mehr Kosten, sondern weniger Kosten verursachen wird.

In diesem Sinne ein herzliches Dankeschön für die allgemeine Zustimmung und für das Lob, das dieses Gesetz auch bei der Opposition gefunden hat. – Danke sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor. Dann stimmen wir ab.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 282 der Beilagen.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die dieser Vorlage in zweiter Lesung zu­stimmen, dies bekunden. – Die Vorlage ist in zweiter Lesung einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich darf bitten, dass die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, dies bekunden. – Die Vorlage wird auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Es liegt ein Entschließungsantrag vor.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Ing. Kaipel betreffend Erhöhung der Versorgungsqualität und Vermeidung von Mehr­fachbefundungen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 183

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag betreffend Erhö­hung der Versorgungsqualität zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsge­setz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003) (316 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Mi­nuten. – Bitte.

 


18.49

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! – Die Frau Bundesministerin ist uns kurzfristig abhanden gekommen. – Hohes Haus! Zu Be­ginn der Debatte möchte ich einen Punkt des 2. Sozialversicherungs-Änderungsgeset­zes 2003 besonders hervorheben: Dank der Initiativen unseres Salzburger SPÖ-Abgeordneten Johann Maier und der Intervention von Volksanwalt Dr. Kostelka im Fall Reischl wird nämlich mit dieser Vorlage ein langjähriges Anliegen von uns teilweise erfüllt, und zwar die Schaffung des Anspruchs auf eine Invaliditätspension bei Invalidi­tät von Geburt an.

Es ist ein erster Schritt – deswegen sage ich teilweise – in die richtige Richtung, zehn Jahre Beschäftigung sind weiterhin erforderlich. Dennoch werden Menschen wie eben Herr Reischl beispielsweise auch Ansprüche im sozialen Sicherungssystem geltend machen können.

Frau Staatssekretärin! Wir können grundsätzlich auch der Fusion der Versicherungsan­stalten der Eisenbahnen und des Österreichischen Bergbaues zustimmen. Es ist dies ja eine Intervention und Bemühung seitens der Träger gewesen, und auch dem können wir zustimmen.

Auf das Arzneimittelpaket wird Kollege Lackner in seinem Debattenbeitrag genauer eingehen.

Ich möchte zu einigen Punkten Stellung nehmen, die unter anderem unsere Ablehnung dieses Paketes begründen.

Das ist zum einen der Entfall der Qualitätskontrolle. Ich verweise in diesem Zusam­menhang auf die Diskussion, die wir heute schon über das Ärztegesetz geführt haben. Es ist mehr oder weniger die Verlängerung der Verwaltungskostendeckelung bezie­hungsweise die Abgeltung, die aus unserer Sicht einfach nicht den tatsächlichen Auf­wand deckt, um für die Versicherten die entsprechende Betreuung durch die Versiche­rungsträger auch gewährleisten zu können.

Wir sind weiters gegen den weiteren Schildbürgerstreich bei den Ambulanzgebühren, den Sie sich mit dieser Gesetzesvorlage wieder haben einfallen lassen.

Sie haben in der Vorlage eine Vielzahl an Reparaturen des Pensionskürzungspro­gramms 2003 vorzunehmen, weil Sie damals – unabhängig von den qualitativen Wer­tigkeiten sozusagen der inhaltlichen Wirkung – auch schlampig gearbeitet haben, weil


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 184

Sie einfach drübergefahren sind und dieses Pensionskürzungsprogramm im Budget und im Budgetbegleitgesetz unbedingt durchbringen wollten.

Was ich ganz besonders kritisieren möchte – und das hängt auch wieder mit dem Bud­getbegleitgesetz und dem Pensionskürzungsprogramm zusammen –, das ist Folgen­des: Sie nehmen mit dieser Gesetzesvorlage auch die besonderen Aufwertungsfakto­ren für die Vergleichsrechnung 2003 heraus, die eigentlich gewähren sollten, dass eine künftige Pension um nicht mehr als 10 Prozent gekürzt werden darf.

Mit dem Entfall dieser Aufwertungsfaktoren stimmt das alles nicht mehr, und damit ist die 10-Prozent-Regelung schon jetzt, ein halbes Jahr später, eine Mogelpackung. Das ist ein Skandal, Frau Staatssekretärin! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind auch gegen das, was Sie derzeit wieder mit den Pensionisten aufführen. Sie sind einfach nicht dazu bereit, die Pensionen entsprechend aufzuwerten, und es kommt auch zu weiteren Kürzungsmaßnahmen bei bestehenden Pensionen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Steht das im Gesetz drin?) Nein, aber Sie tun nichts dagegen. Sie hätten aber die Möglichkeit gehabt, Herr Dr. Mitterlehner, mit diesem Gesetz etwas anderes zu beschließen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werden hier heute für etwas stimmen, das Sie nicht geregelt haben, das Sie aber hätten regeln können. Sie lassen wieder eine Chance vorbeigehen, jene Menschen, die es sich verdient hätten, von Ihnen besser behandelt zu werden, auch besser zu behandeln. Doch Sie wollen das nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich kann Ihnen ein weiteres Beispiel dafür nennen, dass Sie säumig sind, Herr Dr. Mitterlehner, wenn Sie es schon unbedingt hören wollen.

Frau Fekter verkündet großartig in der Zeitung, jetzt werde endlich etwas gegen Sozial­betrug unternommen, und redet vom Strafgesetz. Dort, wo es wirklich angebracht wäre, wo man ansetzen müsste, damit man das kontrollieren kann, nämlich im ASVG, sind Sie nicht bereit, irgendetwas zu tun. – Auch da wieder ein Versäumnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Unfallversicherung, meine Damen und Herren: Dazu fällt Ihnen nur ein, dass man künftig die Unfallanzeige in Unfallmeldung umbenennen soll. Das ist aber auch schon alles. Ich denke, gerade da haben wir ganz großen Aufholbedarf, nämlich in der Ver­besserung der betrieblichen Sicherheit und Gesundheitsprävention.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Silhavy und KollegInnen betreffend Verbesserung der betrieblichen Sicherheit und Gesundheitsprävention arbeitsbedingter Erkrankungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 31. März 2004 eine Regierungsvorlage zur Verbesserung der betrieblichen Sicherheit und Gesundheitsprä­vention arbeitsbedingter Erkrankungen mit folgenden Eckpunkten zuzuleiten:

Ausstattung der gesetzlichen Unfallversicherung mit einem umfassenden Präventions­auftrag, der auch die Verhütung arbeitsassoziierter Gesundheitsschäden umfasst,

Auftrag zur Forschung an die gesetzliche Unfallversicherung über die Ursachen der Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsassoziierten Gesundheitsschäden und deren Auswertung für Zwecke der Prävention und der gesundheitsförderlichen Arbeits­gestaltung,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 185

Auftrag zur Unterstützung der betrieblichen Gesundheitsförderung durch die gesetz­liche Unfallversicherung,

Verstärkung der vorbeugenden Maßnahmen gegen Berufskrankheiten,

laufende Anpassung der Berufskrankheitenliste,

Sicherstellung der Präventionsarbeit durch Festschreibung eines budgetären Mindest­umfanges.“

*****

Wir werden im Zuge dieser Debatte noch einige Entschließungsanträge einbringen. Sie werden bei der Abstimmung darüber beweisen können, welch soziales Verständnis Sie hier in diesem Hohen Haus an den Tag legen.

Ich ersuche Sie um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Tancsits. 6 Mi­nuten Redezeit sind vorgeschlagen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.55

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das 2. Sozialversiche­rungs-Änderungsgesetz enthält eine Fülle von Maßnahmen. Ich möchte es in drei Bereiche teilen: erstens Strukturmaßnahmen, zweitens Anpassungen, drittens ein sehenswertes Arzneimittel-Kostendämpfungspaket.

Zu den Strukturmaßnahmen: die Zusammenführung der Versicherungsanstalten der Eisenbahnen und des Bergbaues – ein Schritt in die richtige Restrukturierungsrichtung der Sozialversicherung –, moderne Verträge für leitende Angestellte der Sozialver­sicherung sowie im Bundesdienst Beschränkungsmöglichkeiten auf fünf Jahre.

Für besonders erfreulich halte ich die gesetzliche Ermächtigung, dass Sozialversiche­rungsbedienstete eine Pensionskasse gründen und abschließen können. (Abg. Öllin­ger: Na super!) Kollege Öllinger wird ihnen zwar abraten (Abg. Öllinger: Ja, richtig!), wie wir von gestern noch wissen, doch ich halte das für einen wesentlichen sozialen Fortschritt für diese Personengruppe. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den Anpassungen: der schon erwähnte Anspruch auf Invaliditätspension von Ge­burt an, die Anrechnung der Familienhospiz-Versicherungszeiten auf die Beitragszei­ten, die Wohnsitzzuständigkeit der Pensionsversicherung.

Nun zum Arzneimittelpaket, das einen wesentlichen Problembereich unserer sozialen Krankenversicherung der letzten Jahrzehnte an den Wurzeln packt, nämlich an der Kostenentwicklung für Medikamente. Diese haben sich im Schnitt an die 9 Prozent pro Jahr gesteigert. 2,2 Milliarden € wurden im Jahr 2002 ausgegeben, und dies bei einem Wirtschaftswachstum, das deutlich darunter blieb. Im Spitzenjahr 1998 wurde sogar eine Steigerung im zweistelligen Bereich erreicht.

Ziel dieses Paketes ist es, bei den Gesamtausgaben für Medikamente eine Steigerung von nur 3 bis 4 Prozent zu erreichen. Das ist noch immer fast doppelt so hoch wie das prognostizierte Wirtschaftswachstum.

Das heißt, dass dann durchaus Geld für die weitere Entwicklung, für eine auch for­schungsorientierte Pharmaindustrie in Österreich, an der wir natürlich auch Interesse haben, übrig bleiben wird. Diese Pharmaindustrie wird dann freiwillig bereit sein – aber


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 186

doch in die Verpflichtung genommen –, an den allgemeinen Preissteigerungen quasi nicht übermäßig zu verdienen, wobei sie dennoch dafür sorgen wird, eine umfassende Versorgung mit den modernsten Medikamenten sicherzustellen.

Zweitens bedeutet dieses Paket eine Einsparung von 120 Millionen € pro Jahr, und zwar einschließlich der Mehrwertsteuereinsparungen. – Das lässt sich sehen!

Drittens werden – und das halte ich für besonders beachtenswert – die zu erzielenden Verbilligungen und Erleichterungen auch an die Versicherten und an die Patienten weitergegeben.

Sichergestellt werden soll das mit einem neuen Erstattungskatalog, der sich am EU-Durchschnittspreis orientieren wird: mit einer schnelleren Zulassung von Medikamen­ten, mit einer deutlichen Bevorzugung von Generika, wo es auch die um ein Drittel günstigere Rezeptgebühr geben wird, und mit dem Wegfall der Chefarztpflicht, die ich hier schon vor Jahren als eine Schikane gegenüber dem Patienten bezeichnet habe.

Im Zusammenhang gerade mit dieser Neuerung bringe ich einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Dolinschek, Tancsits, Kolleginnen und Kollegen in zweiter Lesung ein, den ich in den Eckpunkten erläutern darf:

Abschluss einer Ersatzregelung, einer näheren Ausführung genau dieser Neuregelung chefarztpflichtiger Medikamente, die sich in Zukunft zwischen Krankenversicherung und Arzt abspielen wird. Hier delegieren wir die Ausführung an die Selbstverwaltungs­körper Hauptverband beziehungsweise Ärztekammer, wie es sich gehört. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Dieser Abänderungsantrag wird weiterhin die freie Apothekenwahl in Österreich sicher­stellen. Weitere Punkte sind: die Verwaltungskostendeckelung für Sozialversicherungs­träger, die Einrechnung der Inflationsrate, sofern – und das soll ein besonderer Anreiz sein – die Ziele der bisherigen Einsparungen erfüllt werden.

Ich denke, dass sich dieses Paket sehen lassen kann. Wir rechnen damit, dass sich allein aus dem Arzneimittelpaket für eine Durchschnittsfamilie, eine vierköpfige Familie, im Jahr Einsparungen von 50 € und der Wegfall von acht Arbeitsstunden, die bisher auf Grund von Botengängen im Zuge der Chefarztpflicht geleistet werden mussten, er­geben.

Ich bin daher einigermaßen verwundert darüber, dass gerade bei diesem Paket die SPÖ nicht mitgehen wird. (Abg. Dr. Rasinger: Wirklich? – Erstaunlich!) Meine Auffor­derung an die SPÖ ist: Stehen Sie doch so wie wir auch auf der Seite der Versicherten und nicht auf der Seite der Pharma-Multis! – Wir jedenfalls treffen die entsprechenden Maßnahmen für die soziale Krankenversicherung und für die Patienten in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Tancsits in den Kernpunkten erläuterte Antrag ist vervielfältigt und verteilt worden. Gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung wird er auch dem Stenographischen Protokoll beige­geben und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dolinschek, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen zum Gesetz­entwurf im Bericht des Sozialausschusses 316 der Beilagen über die Regierungsvor­lage 310 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 187

versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geän­dert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I. Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) Teil 1 wird wie folgt geändert:

a) Z 19a lautet:

„19a. § 31 Abs. 3 Z 12 lautet:

„12. die Herausgabe eines Erstattungskodex der Sozialversicherung für die Abgabe von Arzneispezialitäten auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers im niederge­lassenen Bereich; in dieses Verzeichnis sind jene für Österreich zugelassenen, erstat­tungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten aufzunehmen, die nach den Erfahrungen im In- und Ausland und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine therapeutische Wirkung und einen Nutzen für Patienten und Patientinnen im Sinne der Ziele der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) annehmen lassen. Die Arzneispezialitäten sind nach dem anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationssystem der Welt­gesundheitsorganisation (ATC-Code) zu ordnen. Sie sind im Erstattungskodex jeweils einem der folgenden Bereiche zuzuordnen:

a) Roter Bereich (red box): Dieser Bereich beinhaltet zeitlich befristet jene Arznei­spezialitäten, die erstmalig am österreichischen Markt lieferbar sind und für deren Auf­nahme in den Erstattungskodex ein Antrag nach § 351c Abs. 1 gestellt wurde. Sie unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach § 31 Abs. 5 Z 13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozialversicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches der ermit­telte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

b) Gelber Bereich (yellow box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, die einen wesentlichen zusätzlichen therapeutischen Nutzen für Patienten und Patientin­nen aufweisen und die aus medizinischen oder gesundheitsökonomischen Gründen nicht in den grünen Bereich aufgenommen werden. Die Aufnahme von Arzneispeziali­täten in diesen Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en, Mengenbegren­zung oder Darreichungsform) beziehen. Arzneispezialitäten dieses Bereiches unterlie­gen der ärztlicher Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialver­sicherungsträger nach Maßgabe der Richtlinie nach § 31 Abs. 5 Z 13. Zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit darf einem Sozial­versicherungsträger für eine Arzneispezialität dieses Bereiches höchstens der ermit­telte EU-Durchschnittspreis verrechnet werden.

c) Grüner Bereich (green box): Dieser Bereich beinhaltet jene Arzneispezialitäten, deren Abgabe ohne ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger auf Grund ärztlicher Verschreibung medizinisch und ge­sundheitsökonomisch sinnvoll und vertretbar ist. Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in diesen Bereich kann sich auch auf bestimmte Verwendungen (zB Gruppen von Krankheiten, ärztliche Fachgruppen, Altersstufen von Patient(inn)en oder Darrei­chungsform) beziehen.

d) Die Stoffe für magistrale Zubereitungen gelten als Teil des grünen Bereiches, es sei denn, sie werden auf Grund einer Empfehlung der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission ausdrücklich im gelben Bereich angeführt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 188

Arzneispezialitäten und Stoffe für magistrale Zubereitungen können nur dann als Leis­tung der Krankenbehandlung auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abge­geben werden, wenn sie im Erstattungskodex angeführt sind (§ 350). In begründeten Einzelfällen ist die Erstattungsfähigkeit auch dann gegeben, wenn die Arzneispezialität nicht im Erstattungskodex angeführt ist, aber die Behandlung aus zwingenden thera­peutische Gründen notwendig ist und damit die Verschreibung in diesen Einzelfällen nicht mit Arzneispezialitäten aus dem Erstattungskodex durchgeführt werden kann. Diese unterliegen der ärztlichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Hauptverband in der Verordnung nach § 351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten.““

b) Z 36 lautet:

„36. § 136 Abs. 3 lautet:

„(3) Für jedes auf einem Rezept verordnete und auf Rechnung des Versicherungs­trägers bezogene Heilmittel ist, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, eine Rezeptgebühr in der Höhe von 4,35 € zu zahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 9 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachte Betrag. Der vervielfachte Be­trag ist auf fünf Cent zu runden. Der Hauptverband hat durch Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 13a) für bestimmte Gruppen von Heilmitteln einen Abschlag von der Rezeptgebühr festzusetzen. Diese Richtlinien bedürfen der Genehmigung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Die Rezeptgebühr ist bei Abgabe des Heilmittels an die abgebende Stelle auf Rechnung des Versicherungsträgers zu zahlen. Die Zahlung ist von dieser Stelle auf dem Rezept zu vermerken.““

c) § 342 Abs. 1 Z 6 in der Fassung der Z 46a lautet:

„6. die Zusammenarbeit der Vertragsärzte (Vertragsärztinnen), Vertragszahnärzte (Ver­tragszahnärztinnen) und Vertrags-Gruppenpraxen mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung des Erstattungskodex (§ 31 Abs. 3 Z 12) und der Richtlinien gemäß § 31 Abs. 5 Z 10 und 13;“

d) Z 50b lautet:

„50b. Dem § 350 werden folgende Abs. 3 und 4 angefügt:

„(3) Bedarf eine Arzneispezialität oder ein Stoff für magistrale Zubereitungen, um auf Rechnung eines Sozialversicherungsträgers abgegeben werden zu können, der ärzt­lichen Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungs­träger, so ist diese Bewilligung unbeschadet des Bescheidrechtes des (der) Versicher­ten nach § 367 vom (von der) verordnenden Arzt (Ärztin) einzuholen. Die Einholung der Bewilligung darf nicht auf den Patienten (die Patientin) übertragen werden.

(4) Die Wahl der Apotheke nach Abs. 1 obliegt dem (der) Anspruchsberechtigten; die Zuweisung an eine bestimmte Apotheke ist unzulässig.““

e) § 351c Abs. 1 zweiter Satz, erster Halbsatz in der Fassung der Z 50d lautet:

„Mit Antragstellung, mit der zumindest die Zulassungsnummer und ein Preis bekannt gegeben wird und der eine Bestätigung der Lieferfähigkeit und über die Dauer der Patentlaufzeit angeschlossen ist, wird die Arzneispezialität zeitlich befristet in den roten Bereich aufgenommen;“

f) Z 51 lautet:

„51. Im § 351h Abs. 2 erster Satz wird nach dem Ausdruck „des Obersten Gerichts­hofes“ der Ausdruck „oder eines Oberlandesgerichtes“ eingefügt.“


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 189

g) Im § 609 Abs. 1 Z 1 in der Fassung der Z 93 wird nach dem Ausdruck „57a,“ der Ausdruck „136 Abs. 3,“ eingefügt.

h) Im § 609 Abs. 1 Z 2 in der Fassung der Z 93 entfällt der Ausdruck „136 Abs. 3,“.

i) Nach § 609 Abs. 4 in der Fassung der Z 93 wird folgender Abs. 4a eingefügt:

„(4a) § 108 Abs. 9 erster Satz, zweiter Halbsatz ist auf die §§ 136 Abs. 3 dieses Bun­desgesetzes, 92 Abs. 3 GSVG, 86 Abs. 3 BSVG und 64 Abs. 3 B-KUVG in der Fas­sung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxxx/200x nicht anzuwenden.“

j) Im § 609 Abs. 8 zweiter Satz in der Fassung der Z 93 lautet:

„Der Verwaltungsaufwand beim Hauptverband und der Verwaltungs- und Verrech­nungsaufwand bei jenen Krankenversicherungsträgern, bei denen der Verwaltungsrat die Einhaltung der Zielvereinbarungen nach § 447c Abs. 1 Z 2 festgestellt hat, darf sich ab dem Geschäftsjahr 2005 im jeweiligen Jahr bis zu jenem Betrag erhöhen, der sich aus dem jeweiligen erhöhten Verwaltungs- und Verrechnungsaufwand des Jah­res 1999 zuzüglich der Inflationsrate des jeweils vorangegangenen Jahres ergibt.“

k) § 609 Abs. 9 in der Fassung der Z 93 lautet:

„(9) Falls eine Rahmenvereinbarung über die ärztliche Bewilligung des chef- und kon­trollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger zwischen dem Hauptverband und der Österreichischen Ärztekammer, Bundeskurie niedergelassene Ärzte bis zum 31. März 2004 nicht zu Stande kommt, ist der Hauptverband im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen berechtigt, die Grundsätze der chef- und kontrollärztlichen Bewilligung festzulegen. Diese Grundsätze sind im Internet kundzu­machen, sie treten mit dem In-Kraft-Treten einer Rahmenvereinbarung und deren Übernahme in die Gesamtverträge außer Kraft. Für die Umsetzung der Einholung der chef- und kontrollärztlichen Bewilligung nach § 350 Abs. 3 hat der Hauptverband ge­meinsam mit den Sozialversicherungsträgern bis längstens 31. Dezember 2004 die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Bis dahin sind die derzeit geltenden Bestimmungen über die chef- und kontrollärztliche Bewilligung anzuwenden.“

l) Im § 609 Abs. 12 erster Satz in der Fassung der Z 93 wird der Ausdruck „Arznei­mittelverzeichnis“ durch den Ausdruck „Heilmittelverzeichnis“ ersetzt.

m) Im § 609 Abs. 19 erster Satz in der Fassung der Z 93 wird der Ausdruck „mit den Krankenversicherungsträgern“ durch den Ausdruck „auf Rechnung der Krankenver­sicherungsträger“ ersetzt.

n) § 609 Abs. 19 letzter Satz in der Fassung der Z 93 lautet:

„Die Abrechnungsregeln für diese Zahlung sind in der Verordnung nach § 351g Abs. 1 gemeinsam mit der Wirtschaftskammer Österreich festzulegen.“

II. Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) Teil 1 wird wie folgt geändert:

Z 2 lautet:

„2. § 92 Abs. 3 lautet:

„(3) Für jedes auf einem Rezept verordnete und auf Rechnung des Versicherungsträ­gers bezogene Heilmittel ist als Kostenbeteiligung eine Rezeptgebühr in der Höhe von 4,35 € zu zahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 51 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 47) verviel­fachte Betrag. Der vervielfachte Betrag ist auf fünf Cent zu runden. Der Hauptverband hat durch Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 13a ASVG) für bestimmte Gruppen von Heilmitteln einen Abschlag von der Rezeptgebühr festzusetzen. Diese Richtlinien bedürfen der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 190

Genehmigung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Die Rezeptge­bühr ist bei Abgabe des Heilmittels an die abgebende Stelle auf Rechnung des Ver­sicherungsträgers zu zahlen. Die Zahlung ist von dieser Stelle auf dem Rezept zu ver­merken.““

III. Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) Teil 1 wird wie folgt geändert:

Z 1 lautet:

„1. Im § 86 Abs. 3 werden der erste und zweite Satz durch folgende Sätze ersetzt:

„(3) Für jedes auf einem Rezept verordnete und auf Rechnung des Versicherungsträ­gers bezogene Heilmittel ist als Kostenbeteiligung eine Rezeptgebühr in der Höhe von 4,35 € zu zahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 47 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 45) verviel­fachte Betrag. Der vervielfachte Betrag ist auf fünf Cent zu runden. Der Hauptverband hat durch Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 13a ASVG) für bestimmte Gruppen von Heilmitteln einen Abschlag von der Rezeptgebühr festzusetzen. Diese Richtlinien bedürfen der Genehmigung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen..““

IV. Art. 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) Teil 1 wird wie folgt geändert:

Z 15 lautet:

„15. § 64 Abs. 3 lautet:

„(3) Für jedes auf einem Rezept verordnete und auf Rechnung der Versicherungsan­stalt bezogene Heilmittel ist, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, eine Rezeptgebühr in der Höhe von 4,35 € zu zahlen. An die Stelle dieses Betrages tritt ab 1. Jänner eines jeden Jahres der unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 9 ASVG mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1 ASVG) vervielfachte Betrag. Der verviel­fachte Betrag ist auf fünf Cent zu runden. Der Hauptverband hat durch Richtlinien (§ 31 Abs. 5 Z 13a ASVG) für bestimmte Gruppen von Heilmitteln einen Abschlag von der Rezeptgebühr festzusetzen. Diese Richtlinien bedürfen der Genehmigung durch die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Die Rezeptgebühr ist bei Abgabe des Heilmittels an die abgebende Stelle auf Rechnung der Versicherungsanstalt zu zahlen. Die Zahlung ist von dieser Stelle auf dem Rezept zu vermerken.““

Begründung

Zu Art. 1 Teil 1 lit. a (§ 31 Abs. 3 Z 12 ASVG):

Der Begriff „Krankenversicherungsträger“ ist im gegebenen Zusammenhang zu eng, da auch auf Rechnung eines Unfallversicherungsträgers Arzneispezialitäten abgegeben werden. Deshalb soll der Begriff „Krankenversicherungsträger“ durch den Begriff „Sozialversicherungsträger“ ersetzt werden.

Bei dem Verweis auf die Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes soll klar­gestellt werden, dass hiebei auf die Richtlinien nach § 31 Abs. 5 Z 13 ASVG Bedacht zu nehmen sind.

Die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den grünen Bereich (§ 31 Abs. 3 Z 12 lit. c) kann sich auch auf bestimmte Verwendungen beziehen. Eine Mengenbegrenzung von Arzneispezialitäten ist dabei nicht vorgesehen, weshalb die demonstrative Aufzählung im § 31 Abs. 3 Z 12 lit. c ASVG entsprechend einzuschränken ist.

Die übrigen Änderungen dienen der sprachlichen Klarstellung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 191

Zu Art. 1 Teil 1 lit. b, g bis i, Art. 2 Teil 1, Art. 3 Teil 1 und Art. 4 Teil 1 (§§ 136 Abs. 3, 609 Abs. 1 Z 1 und 2 sowie Abs. 4a ASVG, 92 Abs. 3 GSVG, 86 Abs. 3 BSVG und 64 Abs. 3 B-KUVG):

§ 136 Abs. 3 ASVG enthält – neben der Ermächtigung mittels Richtlinien einen Ab­schlag von der Rezeptgebühr festzusetzen – eine Rundungsbestimmung für die Rezeptgebühr auf fünf Cent. § 136 Abs. 3 ASVG soll grundsätzlich mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten. Aus rechtstechnischen Gründen (voraussichtlich wird die Kundmachung über die Aufwertung und Anpassung für das Kalenderjahr 2004 vor Erscheinen des 2. SVÄG 2003 im Bundesgesetzblatt erfolgen) wird die aufgewertete und nach der neuen Rundungsvorschrift gerundete Rezeptgebühr per Gesetz festgesetzt. Gleiches gilt für GSVG, BSVG und B-KUVG.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. c und k (§§ 342 Abs. 1 Z 6 und 609 Abs. 9 ASVG):

Der im § 342 Abs. 1 Z 6 ASVG in der Fassung der Z 46a des Ausschussberichts zum 2. SVÄG 2003 gegenüber der geltenden Rechtslage zusätzlich vorgesehene Inhalt der Gesamtverträge, nämlich eine Vereinbarung über die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes, wäre überschießend, da diese Regelung bereits im § 609 Abs. 9 ASVG vorgesehen ist. Im § 609 Abs. 9 ASVG soll eine Klarstellung dahin­gehend erfolgen, dass bis zur Implementierung der notwendigen Voraussetzungen für den Vollzug der Einholung der chef- und kontrollärztlichen Bewilligung nach neuem Modus die derzeit geltende Vorgangsweise weiterhin zum Tragen kommt.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. d (§ 350 Abs. 3 und 4 ASVG):

Im § 350 Abs. 3 soll der Begriff „Krankenversicherungsträger“ durch den Oberbegriff „Sozialversicherungsträger“ ersetzt werden.

Die Verankerung der freien Apothekenwahl in § 350 Abs. 4 ASVG soll als Grundsatz ausdrücklich normiert werden, um klarzustellen, dass dem (der) Anspruchsberechtigten die Wahl der Apotheke, von der er (sie) das verschriebene Heilmittel beziehen möchte, anheim gestellt ist. Eine Änderung der geltenden Rechtslage ist hiemit nicht verbun­den.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. e (§ 351c Abs. 1 zweiter Satz, erster Halbsatz ASVG):

Wenngleich § 351c Abs. 3 ASVG vorsieht, dass dem Antrag auf Aufnahme in den gelben oder grünen Bereich des Arzneimittelkodex insbesondere die zur Beurteilung der Voraussetzungen notwendigen pharmakologischen, medizinisch-therapeutischen und gesundheitsökonomischen Unterlagen vorzulegen sind, soll dennoch bereits im Abs. 1 leg. cit. das Mindestausmaß der vorzulegenden Unterlagen festgelegt werden.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. f (§ 351h Abs. 2 ASVG):

Der/die Vorsitzende der Unabhängigen Heilmittelkommission kann aus dem Kreis der Richter/Richterinnen sowohl des Obersten Gerichtshofes als auch der Oberlandesge­richte stammen.

Zu Art. 1 Teil 1 lit. j (§ 609 Abs. 8 ASVG):

Entsprechend den Feststellungen des Ausschusses in dessen Beratungen vom 26. November 2003 soll die Inflationsrate der Maßstab für die Verwaltungskostende­ckelung sein (immer die Einhaltung der Zielvereinbarungen vorausgesetzt). Die Formu­lierung des Gesetzesvorschlages trägt diesem Beschluss jedoch noch nicht Rechnung, sodass mit der vorgeschlagenen Änderung der Ausschussfeststellung Rechnung getra­gen werden soll.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 192

Zu Art. 1 Teil 1 lit. l bis n (§ 609 Abs. 12 und 19 ASVG):

Durch die Neufassung des letzten Satzes des § 609 Abs. 19 ASVG erfolgt eine Zitats­berichtigung; gleichzeitig soll die Einbindung der Wirtschaftskammer Österreich bei der Festlegung der Abrechnungsregelungen verdeutlicht werden. Bei den übrigen Ände­rungen handelt es sich um redaktionelle Klarstellungen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Vorrednerin, der Abgeordneten Silhavy, ist ebenfalls ausreichend unterstützt und steht mit in Ver­handlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


19.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Kollege Tancsits hat schon Recht: Die Ge­schichte mit den Pensionskassen, diesem Beglückungsinstrument jetzt auch für die Sozialversicherungsangestellten, sehe ich nicht – im Gegensatz zum Kollegen Tancsits – positiv. – Das ist das eine.

Lassen Sie mich ganz kurz noch etwas dazu sagen, wie dieses 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz zustande gekommen ist; ich habe das im Ausschuss bereits aus­führlich erläutert.

Es ist dies ein Resultat des Umstandes, dass jetzt mindestens zwei Ministerien für das ASVG zuständig sind und zwei Ministerien getrennte Begutachtungsentwürfe versandt haben, die dann in einer Regierungsvorlage hintereinander abgehandelt wurden, ob­wohl sich die Paragraphen in den einzelnen von den jeweiligen Ministerien versandten Entwürfen und auch die Teile, die dann zusammengeheftet waren in der Regierungs­vorlage, teilweise decken. – Nicht dieselbe Litera, nicht derselbe Absatz, denn für den einen Absatz ist das Gesundheitsministerium, für den anderen Absatz schon wieder das Sozialministerium zuständig. Das sind Zustände, die eigentlich eine Rechtssicher­heit und eine Kontrollierbarkeit nicht nur durch die Anwender und die Betroffenen unmöglich machen, sondern natürlich auch bei der Beschlussfassung hinderlich sind.

Ausdruck dieses Umstandes ist auch die Tatsache, dass wir nicht nur im Ausschuss bereits einen Abänderungsantrages hatten, sondern jetzt dieser Abänderungsantrag des Abgeordneten Tancsits und Kollegen auch wieder eine Abänderung erfahren hat, und zwar jetzt, in der zweiten Lesung. Das sind keine gute legistischen Voraussetzun­gen gerade bei einer so komplexen Materie wie dem ASVG.

Das hat sehr viel auch damit zu tun, dass natürlich in diesen beiden Textteilen der Ministerien – darauf hat Kollegin Silhavy schon hingewiesen – wiederum Änderungen der letzten Novellierungen enthalten sind, mit denen Korrekturen vorgenommen wur­den und werden. Das sollte eigentlich nicht passieren, aber bei einer schlampigen Legistik, die inzwischen offensichtlich das bestimmende Prinzip ist: Schauen wir, dass wir die Geschichte noch irgendwie durchdrücken und hineinbringen!, langsam relevant wird. Es gibt nämlich, wie bereits gesagt, Herr Kollege Tancsits, auch Anwender, und diese müssen das vollziehen oder müssen leider damit leben. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Arzneimittelkostendeckung. – Ich sage es noch einmal, denn Sie waren damals bei der Beratung nicht dabei, Frau Ministerin: Die Powerpoint-Präsentation beim Gesundheitsdialog war beeindruckend. Rot, grün, gelb – das schaute wunderbar aus! Nur: Was hinter dem Ganzen steht, das können wir nicht ganz nachvollziehen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 193

Ich entnehme natürlich den Erläuterungen und auch den Ausführungen des Kollegen Tancsits, dass es eine wunderbare Sache ist, die jetzt wieder zu einer nachhaltigen Dämpfung der Arzneimittelkosten führen wird, nur habe ich noch im Gedächtnis – und ich habe beileibe kein Elefantengedächtnis, Herr Kollege Tancsits! –, dass der Letzte, der sich für seine nachhaltige Senkung der Arzneimittelkosten hat abfeiern lassen, Herr Staatssekretär Waneck war, der jetzt nicht hier sitzt. Also, so nachhaltig war seine Arzneimittelkostensenkung offensichtlich nicht.

Das ist nicht einmal ein Vorwurf, denn ich weiß, dass das mit diesen Methoden und In­strumenten auf Dauer nicht gehen wird. Trotzdem: Ich will gar nicht bestreiten, dass da möglicherweise Sachen enthalten sind, die vorteilhaft sind. Nur, wenn Sie, Herr Kollege Tancsits, jetzt sagen, die Opposition – das war auf die SPÖ gemünzt – sollte doch zu­stimmen wegen der Abschaffung der Chefarztpflicht, Sie aber gleichzeitig in Ihrem Abänderungsantrag jetzt wieder die Verlängerung der Chefarztpflicht fortschreiben, so lange, bis diese Bestimmungen über eine Regelung des Hauptverbandes entspre­chend angewandt werden können, und auch in der Hauptverbandsregelung der Chef­arzt nicht aus seiner Pflicht entlassen, sondern nur mehr mit einer Zählerfunktion aus­gestattet wird – denn selbstverständlich bleibt die Chefarztpflicht bei Medikamenten, nur fällt Gott sei Dank der Gang zum Chefarzt weg –, so ist das etwas zu viel verspro­chen. Und möglicherweise erleben wir manche dieser Versprechungen, die jetzt ge­macht werden, auch in anderen Bereichen, was etwa die nachhaltige Kostendämpfung betrifft.

Wie gesagt, wir waren nicht dabei. Wir hätten gerne Schiedsrichter gespielt bei den Verhandlungen zwischen dem Ministerium und der Pharmaindustrie (Abg. Steibl: Das war nicht notwendig! Da wäre nichts Gescheites herausgekommen!) und auch bei den Deals, die dann unter dem Tisch gelaufen sind, damit die Pharmaindustrie überhaupt in der ersten Runde dabei war. Jetzt, in der zweiten Runde, scheint sie ja nicht mehr da­bei zu sein.

Anders als die sozialdemokratische Fraktion sehen wir Grüne die Zusammenlegung der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahner und jener des österreichi­schen Bergbaus, auch wenn sie von diesen Anstalten gewollt und gewünscht wird, nicht so positiv. Es ist keine volle Integration – Stichwort Unfallversicherung. Und wenn wir schon von Harmonisierung der Pensionssysteme und auch der Krankenversiche­rungssysteme reden, dann sollte nicht jetzt eine Anstalt, egal wer das ist – Gewerbe steht ja schon Gewehr bei Fuß –, sozusagen mit einer zweiten schnell noch ein Nesterl bauen, um sich einzurichten, sondern man sollte einen Schritt vorwärts machen – das wäre sinnvoll – und die Spartentrennung und das durchgängige Flächenprinzip im Rah­men der Sozialversicherungsträger durchführen.

Das heißt: ein Pensionsversicherungsträger, neun regionale Krankenversicherungs­träger, ein Unfallversicherungsträger. – Das wäre eine Reform, die diesen Namen ver­dient. Das, was hier vorliegt, verdient nicht den Namen Reform, auf die man auch noch stolz sein kann.

Letzter Punkt: die Verwaltungskostendeckelung. Das ist wirklich ein Skandal, denn wenn man sie misst mit der Verwaltungskostenexplosion im Hauptverband, nämlich bei den Verwaltungskörpern, die früher einmal Selbstverwaltungskörper waren, in einem illegalen Hauptverband sozusagen, dann ist das wirklich eine Zumutung, die Sie hier auf Kosten der Sozialversicherungsbediensteten – denn die wollen Sie ja damit stra­fen – betreiben.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, stimmen wir diesem Paket nicht zu, auch wenn wir sehen, dass einzelne Punkte positiv sind, aber das Paket verdient den Namen eines gut geknüpften Pakets leider nicht. (Beifall bei den Grünen.)

 


19.09


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 194

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


19.09

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Eine ganze Reihe von Maßnahmen und Veränderungen im Sozialversicherungsbe­reich – bei der Harmonisierung des Sozialversicherungsrechtes, beim Einsparungspo­tenzial, bei den Pensionsversicherungsträgern, beim Hauptverband, bei den Arzneimit­teln, bei den Rezeptgebühren – ist in dieser 61. ASVG-Novelle und im 2. Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz enthalten.

Ich möchte nur kurz etwas zur Kritik sagen: Mein Vorredner, Kollege Öllinger, hat ge­meint, es seien gewisse Passagen enthalten, die durchaus Sinn machen. Das ist für mich schon der erste Schritt, wenn du gemeint hast, wir brauchen einen Pensionsver­sicherungsträger, einen Krankenversicherungsträger und einen Unfallversicherungs­träger. Diesbezüglich bin ich vollkommen deiner Meinung, aber das, was wir jetzt machen, ist der erste Schritt dazu, und es werden weitere Schritte folgen, Herr Kollege Öllinger. Und dann werden wir dort sein – und ich hoffe, dann wirst auch du dem zustimmen.

Bei der Chefarztpflicht, die von den Patienten hin zu den Ärzten ausgelagert worden ist, finden wir uns auch wieder.

Von Seiten der Frau Kollegin Silhavy ist überhaupt mehr Zustimmung zu dieser Novelle gekommen. Frau Kollegin! Sie haben auf jeden Fall drei oder vier Punkte kritisiert. Das war einmal der Entfall der Aufwertungsfaktoren. – Zu den Aufwertungsfaktoren muss ich allerdings eines sagen: Schauen Sie sich die Aufwertungsfaktoren in der Vergan­genheit an, etwa jene aus dem Jahr 1960! Da gab es einen Aufwertungsfaktor von acht, und damals war die Höchstbemessungsgrundlage 3 600 S. Wenn Sie das auf­rechnen, kommen Sie auf maximal 28 000 S. Und heute ist die Höchstbemessungs­grundlage, wenn Sie diesen Aufwertungsfaktor danach rechnen, bei 45 000 S, wenn wir in Schilling rechnen, und das entspricht nicht dem Lohnindex.

Wenn wir das in den Lohnindex hineinrechnen, weil seit dem letzten Jahr die Durch­rechnung um ein Jahr mehr ist – also nicht die 15 besten Jahre, sondern 16 –, macht das Sinn, und nur deswegen. Das möchte ich dazu noch sagen. (Abg. Silhavy: Aber es ist eine Schlechterstellung! Das wissen Sie auch genau, Herr Kollege!) – Nein, das ist keine Schlechterstellung, sondern der Lohnindex gewährleistet, dass man immer mit dem Lohnindex den Aufwertungsfaktor anhebt. (Abg. Silhavy: Es ist trotzdem eine Schlechterstellung!)

Nein, das ist keine Schlechterstellung, Frau Kollegin, da unterliegen Sie einem Irrtum! Aber ich habe jetzt – entschuldigen Sie – nicht mehr Zeit. Ich gehe jetzt auf zwei Kritik­punkte von Ihnen ein, denn zum Erläutern der anderen Dinge habe ich ohnehin keine Zeit mehr.

Die Verlängerung der Verwaltungskostendeckelung, Frau Kollegin, ist notwendig, weil es hier um die Spargesinnung geht und diese Spargesinnung bei den Krankenkassen weiter einzumahnen ist.

Und was die Verpflichtung zur Einhaltung von Qualitätsstandards angeht, wird das Ganze künftig im Ärztegesetz und nicht mehr im ASVG verankert sein. Damit sind nämlich alle Ärzte und nicht nur ein Teil der Ordinationen erfasst.

Was das bisherige Heilmittelverzeichnis betrifft, muss ich sagen: Ich bin eigentlich glücklich darüber, dass jetzt der so genannte Erstattungskodex dieses Heilmittelver­zeichnis ersetzt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 195

Frau Bundesminister! Im Übrigen sind sämtliche Maßnahmen, die hier im 2. Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz enthalten sind, ausgezeichnet. Ich bin sehr zufrieden – Frau Staatssekretärin, meine Gratulation zu dieser Novelle! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

19.12

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


19.12

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Das in diesem 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz enthaltene Arz­neimittelpaket ist ein gesamthaftes Arzneimittelpaket, in welchem Strukturen, die über viele Jahre gegolten haben, aber nicht optimal dazu beigetragen haben, dass die Zu­lassung von Arzneimitteln rasch und unbürokratisch vonstatten ging, oder aber, dass die Kosten halbwegs im Auge behalten werden konnten, geändert worden sind.

Wir haben im Zuge der Verhandlungen zu diesem Arzneimittelpaket alle Betroffenen mit eingeschlossen – die Pharmaindustrie, den Großhandel, die Apotheken, inklusive der Hausapotheken, die Ärzteschaft –, um letztendlich für die Patientinnen und Patien­ten – für die Versicherten bin ich am Tisch gesessen, um auch ihre Interessen zu ver­treten – das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Ich denke, dass mit der Neuschaffung eines Erstattungskodex sichergestellt sein wird, dass in Hinkunft Medikamenteninnova­tionen rascher erstattungsfähig sein werden, dass der Zulassungsweg unbürokrati­scher und vor allem transparenter und besser nachvollziehbar sein wird.

Eine Kostenkontrolle und eine Mengenkontrolle – und ohne die geht es nicht – wird über die Sozialversicherungen und die Ärzte zu regeln sein, und zwar unbürokratisch. Sie können sich darauf verlassen, dass ich darauf achten werde, dass hier nicht der Heilige Bürokratius seine fröhlichen Urständ feiern wird, wie dies von manchen Beam­tinnen und Beamten – eher Beamten, würde ich sagen, Beamtinnen sind da weitaus flexibler – erdacht werden könnte.

Dieses Heilmittelpaket hat mit dieser Novelle beziehungsweise mit den Verordnungen, die ich heute Nachmittag unterschrieben habe über die Handelsspannen im Groß­handel und die Handelsspannen in den Apotheken und Hausapotheken, insgesamt ein Einsparungspotential von 120 Millionen Schilling im kommenden Jahr, nicht eingerech­net – und das ist wichtig – der Effekt, der durch eine vermehrte Nutzung von Generika entsteht. Diesen beziffert die Wirtschaftskammer mit rund 37 Millionen € im nächsten Jahr und dann steigend bis zu 90 Millionen € im Jahr 2006, sodass das Gesamtpaket von 2004 bis 2006 insgesamt ungefähr 600 Millionen € sparen hilft.

Aber wir dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen: Das sind nicht 600 Millionen €, welche die Sozialversicherungen weniger als heute ausgeben, sondern die Kosten im Vergleich von heute bis zum Jahr 2006 werden von 2,2 Milliarden € im Jahr 2002 auf etwa 2,5 Milliarden € bis zum Jahr 2006 steigen.

Das ist deswegen notwendig, weil einerseits die demographische Entwicklung, also das Alter unserer Bevölkerung immer mehr zunimmt – und damit auch die Notwendig­keit für medikamentöse Behandlung gegeben ist. Gleichzeitig gibt es immer neue Medikamente, die natürlich hohe Forschungskosten haben und daher auch zu entspre­chend hohen Preisen angeboten werden.

Wir wollen, dass die Österreicherinnen und Österreicher diese Medikamente, wenn sie ihnen nützen, möglichst rasch, ja sofort zur Verfügung haben.

Wir haben gleichzeitig auch Erleichterungen für die Versicherten gebracht, das heißt, der lästige Gang, die Pilgerschaft oder der von vielen Menschen als Schikane empfun-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 196

dene Weg zum Chefarzt wird in Hinkunft für die Patientinnen und Patienten entfallen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es wird die Mengenkontrolle zu regeln sein – sie ist jetzt zwischen Ärzteschaft und Hauptverband zu verhandeln –, und wir werden auch diesen Prozess mediativ beglei­ten. Es wird vor allem für Generika eine geringere Rezeptgebühr zu bezahlen sein, was bedeutet, dass man bei zwei Generika das dritte schon gratis bekommt. Wir hoffen, dass damit auch eine entsprechende Attraktivität besteht, diese Generika auch zu nutzen, verbunden mit dem Gespräch mit dem Arzt, der Erklärung des Arztes für die Benutzung von Medikamenten.

Was mir auch ganz besonders wichtig ist: Wir haben vereinbart, dass mit diesem Arz­neimittelpaket auch eine ganz große Informationskampagne für die Versicherten über den Gebrauch und auch Missbrauch von Medikamenten, über die Nutzung von Medi­kamenten einhergeht. Ich denke, dass wir damit Wesentliches zur Gesundheit der Patienten beitragen, denn es zeigt sich, dass ein Übermaß an Medikamenten nicht immer zu mehr Gesundheit führt. Ganz im Gegenteil: ab und zu wäre die Nutzung des „grünen Rezeptes“ durchaus sinnvoll.

In diesem Sinne, so glaube ich, haben wir mit diesem Arzneimittelpaket einen ersten, ganz wichtigen Schritt zur Gesundheitsreform gesetzt, wissend, dass es nur ein Vor­ziehen der Reform ist und noch lange nicht die gesamte Reform. Wir werden in den nächsten Monaten sehr hart arbeiten müssen, um vor allem im strukturellen Bereich, an den Schnittstellen zwischen intra- und extramuralem Bereich Verbesserungen her­beizuführen, Optimierungen, die auch zu Kosteneinsparungen führen müssen.

Wir werden Überkapazitäten abbauen müssen, aber gleichzeitig Unterversorgung ver­meiden müssen. Wenn ich zum Beispiel an die Versorgung mit Psychotherapie denke, wenn ich an die Kinderheilkunde denke, wenn ich an das Hospizwesen denke: Wir haben zu viele Akutbetten und zu wenige Pflegebetten. Hier wird es sinnvoll sein, auch Betten umzuwandeln und vor allem im Entlassungsmanagement die Schnittstelle zwi­schen dem Spital und den niedergelassenen Ärzten zu verbessern.

Wenn das Ganze noch mit einer Qualitätssicherung und einem kundenorientierten Ge­sundheitswesen verbunden ist, dann müsste es uns bei sehr harter Arbeit – und ich hoffe auf Ihre Unterstützung – bis zum nächsten Sommer gelingen, ein großes Paket der Gesundheitsreform hier in das Hohe Haus zu bringen. Ich darf Sie sehr herzlich einladen, uns dabei zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.19

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


19.20

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Frau Ministerin, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass dem Heili­gen Bürokratius nicht mehr gehuldigt wird. Bei den Ambulanzgebühren ist das im vor­liegenden Gesetzentwurf noch nicht der Fall. Da wird die Huldigung des Heiligen Büro­kratius fortgeschrieben.

Es ist ja so, dass die Regierung die Ambulanzgebühren eingeführt hat, und damit jene Menschen, die Ambulanzen in Notsituationen brauchen, schwerstens bestraft hat. Nachdem sich das als Flop herausgestellt hat, wurden sehr viele Reparaturen und halbherzige Maßnahmen getroffen. Eine derart halbherzige Maßnahme ist auch im heute vorliegenden Geschäftsstück enthalten. Es ist keine Abschaffung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 197

Sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! Wir möchten Ihnen gerne die Chance geben, dem Heiligen Bürokratius auch hinsichtlich der Ambulanzgebühr Ab­bitte zu leisten.

Wir bringen daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Christine Lapp und KollegInnen betreffend rückwir­kende Aufhebung der Ambulanzgebühr, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Sozialausschusses (316 d.B.) über die Regierungsvorlage (310 d.B.): Bundesge­setz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialver­sicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungs­gesetz 2003 – 2. SVÄG 2003)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende Jänner 2004 eine Regierungsvorlage zur Beschlussfassung zuzuleiten, durch welche die Behandlungs­gebühr zur Gänze rückwirkend abgeschafft wird und die Rückerstattung der geleisteten Beiträge im amtswegigen Verfahren erfolgt.“

*****

Hier haben Sie die Chance, Sie können soziales Verständnis beweisen. Wir warten schon auf Ihre Unterstützung. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Ich möchte hier noch eine weitere Sache zur Sprache bringen, denn Frau Kollegin Steibl hat in ihrer Rede, die sie vor einigen Stunden gehalten hat, gemeint, ich hätte sie beschuldigt, dass sie Teilnehmer an einer Protestaktion vor dem Parlament auf das Gröbste beschimpft hätte. Das ist unwahr und eine ungeheuerliche Unterstel­lung.

Sehr geehrte Frau Kollegin Steibl, ich kann nur das wiedergeben, was mir BürgerInnen sagen, und auf das hinweisen, was mir BürgerInnen erzählen. Dies beweist Ihren Um­gang mit den Bürgerinnen und Bürgern; dieser Umgang richtet sich selbst, dass Sie das als Unwahrheit und als ungeheuerliche Unterstellung zurückweisen, denn ich neh­me nicht an, dass man Bürgerinnen und Bürger der Lüge bezichtigen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

19.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Mag. Lapp ver­lesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy, Lapp und KollegInnen ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


19.22

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staats­sekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zu den Ausführungen der Frau Kollegin Lapp möchte ich nichts mehr sagen. Es ist schade, dass sie bei meiner Rede nicht im Saal war; dann hätte sie das dezidiert mitverfolgen können. (Abg. Mag. Lapp: Das steht im Protokoll, Frau Kollegin!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Arzneimittelpaket ist ein enorm wichtiger Zwischenschritt in der Gesundheitsreform. Ich möchte dem Kollegen Öllinger nur mit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 198

auf den Weg geben: Man kann vieles krank reden. Oder ich zitiere Paul Hubschmid: „Besserwisser sind meistens Schlechtermacher!“ (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Die österreichische Bevölkerung hat in zweierlei Hinsicht Vorteile durch das Arzneimit­teldämpfungspaket, die Frau Bundesministerin hat das ja schon erwähnt. Ich möchte das nur noch einmal wiederholen, weil ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man das immer wieder hört, um das auch zu begreifen. Ich möchte das zwar nicht mit den Worten des Kollegen Walch unterstützen, aber es weiß jeder, was ich meine. Es sind Punkte, die finanzielle Ersparnis bringen, es sind Punkte, die auch zeitliche Ersparnis bringen. Ich möchte vielleicht nur erwähnen, dass bereits der Wegfall des Weges zum Chefarzt schon einige Zeit erspart und natürlich auch einiges an Lebensqualität, zum Beispiel in der Familie, bringt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir folgen mit der heutigen Beschlussfassung auch dem europäischen Weg. Österreich liegt hinsichtlich des Gebrauchs und der Verschrei­bung von so genannten Generika weit unter dem europäischen Schnitt. Das heißt, wir haben diesbezüglich einen klaren Nachholbedarf.

In Deutschland wird beispielsweise schon seit längerem vom Arzt der Wirkstoff ver­schrieben, die Apotheker suchen dann das günstigste und gleich effektive Produkt her­aus. Dies bedeutet eine Kostenersparnis für Patienten und Sozialversicherungsträger und hat in Deutschland auch keine negativen Auswirkungen auf die Pharmaindustrie. Während bei uns der Anteil an Generika lediglich 10 Prozent ausmacht, liegt der Anteil in Deutschland bereits bei knapp über 40 Prozent.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Das Arzneimittelpaket als Hauptinhalt der heuti­gen Beschlussfassung ist ein guter Schritt in die richtige Richtung und wegweisend für eine qualitäts- und gleichzeitig kostenorientierte Gesundheitspolitik. Das ist, wie ich meine, auch im Sinne der SPÖ, denn wenn Sie einen Entschließungsantrag einbrin­gen, dessen Inhalt dem entspricht, was wir heute beschließen, und wenn sogar Kollege Kräuter das zum Anlass nimmt, an unseren Herrn Bundesminister eine Anfrage zu stellen, dann muss es ein Thema sein, das auch die SPÖ bewegt. Deswegen bitte ich, dass Sie dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dobnigg. – Bitte.

 


19.25

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Weihnachten, das schönste Fest des Jahres, steht vor der Tür. Und die meisten Menschen machen sich Gedanken dar­über, wie sie jemandem anderen Freude bereiten können. Es ist die Zeit der Ge­schenke. Diese Bundesregierung jedoch bereitet in dieser Weihnachtszeit den Öster­reicherinnen und Österreichern leider eine negative Bescherung nach der anderen. (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult. – Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

So wurden für über 2 Millionen österreichische Pensionistinnen und Pensionisten die Krankenversicherungsbeiträge erhöht. Die Unfallrentenbesteuerung wird trotz der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof im Jahr 2003 kassiert, und neue Steuern und Gebührenerhöhungen stehen an. Vor allem aber gibt es eine mickrige Pensions­erhöhung von sage und schreibe 10 € und 2 Cent, also weit unter der Inflationsrate! (Zwischenruf des Abg. Donabauer.) Und dies trotz der Tatsache, dass unsere Pensio­nistinnen und Pensionisten schon seit dem Jahre 2001 von dieser Bundesregierung


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 199

permanent Pensionskürzungen hinnehmen müssen, während auf der anderen Seite Volksvermögen verschleudert wurde. Man denke nur an die völlig überhastete und unprofessionell durchgeführte Privatisierung heimischer Leitbetriebe oder die unnötige Anschaffung von sündteuren Abfangjägern sowie an die teuren Inseratenkampagnen Ihrerseits!

Gerade jene Generation, die Österreich nach dem Krieg unter schwierigen Bedingun­gen aufgebaut hat, wird mit einer Mini-Erhöhung ihrer Pension von 10 € und 2 Cent ab­gespeist. (Beifall bei der SPÖ.) Dies ist ein Zeichen von größter Respektlosigkeit und eine Verhöhnung der älteren Generation sondergleichen! (Zwischenruf des Abg. Dona­bauer.)

Bitte, gehen Sie, Kollege, zu den Pensionistinnen und Pensionisten! Diese sind mit der gleichen Erhöhung des Brotpreises konfrontiert wie Sie. Auch sie müssen einkaufen gehen, sie müssen allerdings mit dem Wenigen auskommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die „Kronen Zeitung“ hat sehr richtig geschrieben: „Inflationsabgeltung frühestens wie­der im Wahljahr (!) 2006.“

Oder: „Die Pensionisten mit einem Bettel abgespeist und auch noch gepflanzt.“

Eine Doppelseite mit Meinungen aus der betroffenen Bevölkerung. Eine 82-jährige Witwe schreibt:

„,Mein seliger Mann hat 60 Jahre gearbeitet, und ich werde jetzt mit einem Bettel abge­speist. Aber für die unnötigen Abfangjäger gibt es Geld.‘“ (Abg. Donabauer: 60 Jahre gearbeitet?)

Ja, es gibt einige, die müssen länger arbeiten, damit sie überhaupt ihren Lebensunter­halt bestreiten können. Aber Sie sind davon weit entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Die Frau Staatssekretärin in der „Presse“ vom 26. November: „Schließlich seien durch die Pensionsreform bestehende Pensionen nicht angetastet worden.“

Diese Aussage, Frau Staatssekretärin, ist zutiefst provokant und folgt etwa dem Motto: Seid froh, dass ihr überhaupt etwas bekommt!

Werte Kolleginnen und Kollegen! Es gibt auch weitere Kritik an den Vertretern von ÖVP-Seniorenbund und freiheitlichem Seniorenring. Sie haben nämlich das Schreiben unseres Präsidenten Blecha nicht unterzeichnet, als es darum gegangen ist, einen Gesprächstermin für die Pensionsanpassung zu erhalten. Sie haben eigene Verhand­lungen geführt, und zwar zum Schaden und Nachteil unserer Pensionistinnen und Pen­sionisten.

Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Heidrun Silhavy, Karl Dobnigg und Kolle­gInnen betreffend unzureichende Pensionserhöhung, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Sozialausschusses (316 d.B.) über die Regierungsvorlage (310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die vorsieht, dass die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 200

Pensionsanpassung für das Jahr 2004 mindestens im Ausmaß der Inflationsrate er­folgt.

Des weiteren wird der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen aufge­fordert, eine Regierungsvorlage vorzubereiten und dem Nationalrat bis Ende Jän­ner 2004 zur Beschlussfassung zuzuleiten, in der die Regelung der Pensionsanpas­sung generell so gestaltet wird, dass die Pensionen künftig mit einem mindestens die Teuerung abgeltenden Faktor für alle zu erhöhen sind.“

*****

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich fordere alle Abgeordneten mit einem sozia­len Gewissen und jene, die noch ihre Verantwortung für die ältere Generation wahr­nehmen wollen, dazu auf, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Silhavy, Dobnigg und KollegInnen ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


19.31

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Frau Staatssekretärin! Ein Wort zu den Ausführungen meines Vorredners von der SPÖ, des Kollegen Dobnigg. Er stellt sich hier her und kritisiert die Pensionserhöhung. (Ruf bei der SPÖ: Erhöhung?)

Kollege Dobnigg, denke an jene Zeit zurück, als ihr an der Regierung gewesen seid! 1997 hat es seitens der SPÖ für die Pensionisten eine Nulllohnrunde gegeben. Wenn man nur einen Euro hergegeben hätte, wäre dies noch immer besser gewesen. Außer­dem hast du auch vergessen – wie meine Vorrednerin gesagt hat: zuerst lesen, den­ken und dann sprechen –: Alle Pensionisten, deren Pensionshöhe unter 14 500 € jähr­lich liegt, zahlen nach der ersten Etappe der Steuerreform keine Steuer mehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber es ist in diesem Haus eben so: Egal, welche Gesetzesänderungen, welch Positi­ves immer man auch macht, die Opposition stimmt sowieso nicht zu. Sie haben nicht einmal der ersten Etappe der Steuerreform zugestimmt. Das müsst ihr der Bevölkerung sagen, wie ihr euch überhaupt hier in diesem Haus benehmt. Ihr predigt immer, aber in Wirklichkeit macht ihr nichts für die Bevölkerung, denn bei der ersten Etappe der Steuerreform hättet ihr wirklich ein Zeichen setzen können, das wäre ein erster Schritt gewesen.

Zum 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz: Es sind sehr viele positive Sachen darin enthalten, aber, wie ich gesagt habe, euch kann man es sowieso nicht recht machen. Das macht aber nichts, denn wir sind in diesem Haus nicht dazu da, dass wir für die SPÖ etwas machen, sondern für die Bürgerinnen und Bürger Österreichs. (Bei­fall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Positiv ist und in die richtige Richtung geht die weitere Zusammenlegung der Sozialver­sicherungsanstalten der Eisenbahner und jener des Bergbaus. Das heißt Verwaltungs­vereinfachung und Einsparungen von 7 bis 8 Millionen €. Es erfolgt kein Personalab­bau in diesen Versicherungsanstalten, sondern der normale Abgang. Weiters fällt die Chefarztpflicht bei teuren Medikamenten für Patienten – auch etwas Positives. Die Rezeptgebühr für Generika wird um ein Drittel billiger – auch etwas Positives, Herr Kol-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 201

lege. Die Arzneimittelkosten werden allgemein gesenkt. Eigentlich hätte der Hauptver­band, wo die Sozialdemokraten das Sagen gehabt haben, jahrzehntelang Zeit gehabt, etwas zu unternehmen. Null, nichts ist passiert! Fette Posten und fette Gelder gehören in Zukunft auch der Vergangenheit an, weil wir ja reformieren.

Ich glaube, dass dieses Gesetz in die richtige Richtung geht. Ich kann nur sagen, das ist Sozialpolitik für alle Bürgerinnen und Bürger in Österreich. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Ich glaube, der Walch glaubt wirklich, was er sagt!)

19.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

 


19.35

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staats­sekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Tancsits, wir wollen doch gemeinsam jetzt endlich einmal mit dem Märchen aufräumen, dass es keine Chefarztpflicht mehr geben wird. – Es wird die Chefarztpflicht natürlich weiterhin geben! (Abg. Mag. Tancsits: Aber die Leute könnt ihr nicht mehr hinschicken!) Das ist etwas anderes. Aber Sie versuchen ständig, den Eindruck zu erwecken, als ob die Chefarztpflicht fallen würde.

Wenn Herr Walch hier sagt, bei den teuren Medikamenten wird die Chefarztpflicht fallen, dann muss ich sagen: Da wird er seinen guten Vorsätzen, nämlich zuerst lesen und denken, untreu, denn er hat die ersten beiden Dinge vergessen und hier nur ge­sprochen. Das, Herr Walch, schreiben Sie sich gefälligst hinter die Ohren! (Beifall bei der SPÖ.)

Das Nächste, meine Damen und Herren. Herr Tancsits, natürlich sind wir den Ver­sicherten nicht untreu geworden, das können Sie mir glauben. Unser Entschließungs­antrag, den wir heute einbringen werden, beweist genau das Gegenteil.

Es hat allerdings für gewisse Irritationen gesorgt, wenn ich gestern lesen musste, dass die Pharmaindustrie von dem offensichtlichen Kompromiss abgewichen oder zurück­getreten ist. (Abg. Mag. Tancsits: Die verlassen sich noch auf euch!) Herr Kollege Tancsits, ich bin nicht der Anwalt der Pharmafirmen, überhaupt nicht. Ich bin auch nicht der Anwalt der Frau Bartenstein. Im Gegenteil: Meine Schmerzen halten sich irgendwo in Grenzen bezüglich der Pharmafirmen. (Abg. Neudeck: Sind Sie überhaupt An­walt?) – Aber, Herr Kollege Neudeck.

Aber wenn Sie, Herr Tancsits, schon so besorgt sind um die Versicherten, dann muss ich darauf hinweisen, dass wir vor drei Jahren einen Antrag zur Senkung und Dämp­fung der Heilmittelkosten eingebracht haben. Ich verrate Ihnen offensichtlich nichts Neues, wenn ich sage, dass Sie es damals waren, der diesen Antrag entsorgt hat, denn damals waren Sie nicht auf Seiten der Versicherten, sondern auf Seiten der Phar­mafirmen. Wären Sie damals schon unserem Antrag näher getreten, dann müssten wir uns heute darüber gar nicht mehr unterhalten, Herr Kollege Tancsits. Nur damit das auch einmal klargestellt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Mitterlehner hat damals in dieser Sitzung des Sozialausschusses sehr publi­kumswirksam für alle behauptet, es sei schon etwas Gutes auf dem Wege. Das hat allerdings sehr lange gedauert und muss einen großen Umweg genommen haben, bis es hier im Hohen Haus eingetroffen ist, Herr Kollege Mitterlehner. Aber Sie können uns dann sagen, wo das stecken geblieben ist.

Zum Schluss darf ich noch einen Entschließungsantrag einbringen. Meine Damen und Herren, er ist verteilt worden. Ich werde ihn nur in groben Zügen verlesen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 202

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Manfred Lackner und KollegInnen betreffend Dämpfung des Zu­wachses bei den Heilmitteln

*****

Der Inhalt ist bekannt, der Antrag ist verteilt und liegt auf. Ich muss ihn nicht näher er­läutern. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Lackner in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag wird gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung vervielfältigt, verteilt und dem Stenographischen Protokoll beigegeben. Er steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Manfred Lackner und KollegInnen betreffend Dämpfung des Zu­wachses bei den Heilmitteln, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Sozial­ausschusses (316 d.B.) über die Regierungsvorlage (310 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 – 2. SVÄG 2003)

Österreich hat sich in den letzten Jahrzehnten unter sozialdemokratischer Führung zu einem der wohlhabendsten Länder der Welt entwickelt, mit niedriger Arbeitslosigkeit und gutem Wirtschaftswachstum, bei gleichzeitiger Preisstabilität.

Ein wesentlicher Teil dieser positiven Entwicklung stützt sich auf unsere Systeme der sozialen Sicherheit.

Ein elementarer Pfeiler der sozialen Sicherheit ist das österreichische Gesundheitssys­tem.

Es ist nachgewiesen, dass die Gesundheitschancen entsprechend dem Einkommen und dem sozialen Status unterschiedlich sind, daher ist es wichtig festzuhalten, dass die gesundheitliche Versorgung ein öffentliches Anliegen und nicht die Privatsache der BürgerInnen ist.

Es war der gesamtgesellschaftliche Konsens, dass in Österreich grundsätzlich das Finanzierungsprinzip der solidarischen Finanzierung über Beiträge und Steuern gilt.

Die gesamten, öffentlichen und privaten Ausgaben für Gesundheit betrugen in Öster­reich im Jahr 2001 ca. 7,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Die Quote der Gesundheitsausgaben ist damit im mittleren Bereich der westlichen Wohlstandswelt. Die europäischen Spitzenreiter sind Deutschland 10,7 %, Schweiz 10,9 % und Frankreich 9,5 % (USA 13,9 %).

In absoluten Werten pro Kopf betrugen die Gesundheitsausgaben 2001 in den USA rund 4.900 € in der Schweiz fast 3.160 €, in Deutschland etwa 2.808 €, in Österreich 2.191 € und in Großbritannien rund 1.992 €.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 203

Die österreichischen Gesundheitsausgaben erscheinen im internationalen Vergleich vertretbar und weisen in den letzten Jahrzehnten auch bezüglich der Wachstumsraten keine besonderen Auffälligkeiten auf. Die Gesundheitsausgaben steigen in allen wohl­habenden Gesellschaften mit wachsendem Wohlstand überproportional.

Die WHO hat in ihrem World Health Report 2000 eine indexierte Bewertung der Gesundheitssysteme von 191 Ländern vorgenommen. Bewertet wurden Elemente wie Lebenserwartung, Finanzierungsgerechtigkeit, Patientenorientierung und Gesundheits­ausgaben. Nach dieser Bewertung ist Österreich ist auf Platz 9 gereiht.

Die wichtigste Maßzahl ist die Zufriedenheit der Menschen mit dem Gesundheitssys­tem. Eine Befragung der Bürger der EU-Staaten, durch die Europäische Kommission, nach der Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung, ergab folgendes Bild:

35 Prozent der ÖsterreicherInnen sind mit der medizinischen Versorgung sehr zufrie­den und weitere 35 Prozent zufrieden. Mit mehr als 70 Prozent Zustimmung liegen wir hinter Finnland (78 Prozent Zustimmung) an zweiter Stelle.

Der EU-Durchschnitt liegt bei etwa 40 Prozent.

Für die Gesamtsituation im Gesundheitswesen ist die finanzielle Situation der Kranken­kassen entscheidend.

Die Defizite der Krankenkassen bewegten sich in den Jahren 1999 bis 2002 zwischen 150 und 250 Mio. €, also bei jährlich ca. 2,5 % der Einnahmen. Diese Abgänge werden sich aber drastisch verschärfen. Im Jahr 2006 wird trotz der massiven Belastungen durch das Budgetbegleitgesetz 2003 ein Abgang von 1 Mia. € erwartet.

Diese Defizite haben im wesentlichen drei Ursachen: Die Beiträge der Versicherten wachsen langsamer als das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Medikamentenkosten stei­gen sehr schnell und sehr stark und gesetzliche Maßnahmen belasten die Kranken­kassen zusätzlich.

Der Prüfstein für unser Gesundheitssystem ist die Zukunftsfähigkeit. Investitionen in In­novation und Weiterentwicklung des öffentlichen Gesundheitssystems sind die wesent­lichen Herausforderungen.

Für uns gilt der Grundsatz, dass sich eine zukunftsorientierte Gesundheitspolitik nicht damit zufrieden geben darf das Erreichte abzusichern, sondern sie muss sich den neuen Herausforderungen stellen.

Die finanzielle Konsolidierung soll daher nicht über Leistungskürzungen und die gene­relle Erhöhung von Selbstbehalten erfolgen, sondern über Produktivitäts- und Quali­tätssteigerungen und neuen Elementen der transparenten, gerechten Finanzierung.

Selbstbehalte als Finanzierungsinstrument verschieben dem gegenüber die Relationen zu Lasten jener, die Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Kranke Menschen haben konsequenterweise mehr zu zahlen als relativ Gesunde. Nachdem zwischen Einkommen und Gesundheitsrisiko ein eindeutiger Zusammenhang besteht, verlagert eine Politik der Selbstbehalte finanzielle Lasten von den (relativ) Gesunden und Wohl­habenden zu Bevölkerungsschichten mit höherem Krankheitsrisiko und gleichzeitig niedrigerem Einkommen.

Deswegen bewerten gesundheitspolitische Analysen Selbstbehalte als ungeeignetes Instrument, um zu den Zielen Gerechtigkeit und Effizienz beizutragen.

Vor diesem Hintergrund werden Selbstbehalte in erster Linie als politisches Instrument eingesetzt, sie dienen als Symbol für einen liberalen marktorientierten Politikansatz, der individuelle Verantwortung in den Vordergrund stellt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 204

In Verbindung mit einer Politik, die auf eine Senkung der Staatsquote ausgerichtet ist, werden Selbstbehalte zu einer verteilungspolitisch motivierten, regressiv ausgerichte­ten Finanzierungsquelle. Ein Beitrag zur Lösung der offensichtlichen Strukturprobleme im Gesundheitswesen wird damit aber nicht geleistet.

Daher bedeutet für uns die Reform des Gesundheitswesens nicht nur anstehende Finanzierungsprobleme zu lösen, sondern auch das Leistungsangebot für Menschen an die Bedarfslagen von morgen anzupassen.

Die Herausforderungen stellen sich wie folgt dar:

Durch die wachsende Zahl älterer Menschen wird auch die Inanspruchnahme gesund­heitsbezogener Dienstleistungen steigen.

Der medizinisch-technische Fortschritt stellt immer neue und bessere Diagnose- und Therapieverfahren zur Verfügung, die finanziert und für alle Menschen zugänglich gemacht werden müssen.

Die präventive Ausrichtung des Gesundheitswesens, vor allem im Kampf gegen die neuen Volkskrankheiten (z. B. Bewegungs- und Stützapparat, Stoffwechselerkrankun­gen, Altersdiabetes), muss verstärkt werden.

Versorgungslücken, wie etwa im Bereich der Kinderrehabilitation, der Zahnmedizin, der Psychotherapie auf Krankenschein oder der Palliativmedizin müssen geschlossen werden.

Für uns ist es die Aufgabe des öffentlichen Gesundheitssystems, die Chance gesund zu bleiben für alle zu verbessern und im Fall der Erkrankung rasch eine angemessene Behandlung zu finden.

Dies soll durch problemorientierte und nach Zielgruppen differenzierte Prävention und Gesundheitsförderung erreicht werden.

Daher ist es wichtig, einen fairen, gleichen Zugang zur Basisversorgung und zur Spit­zenmedizin für alle Menschen sicherzustellen.

Ausgabenseitig sind insbesondere die explodierenden Medikamentenkosten bemer­kenswert. Daher liegt ein wesentlicher Teil der ausgabenseitigen Gesundheitsreform in der Dämpfung des Zuwachses bei den Heilmittelkosten. Österreich liegt im Europaver­gleich bei den Medikamentenkosten bei den Industriepreisen im letzten Drittel (hinter uns sind nur Griechenland, Spanien, Portugal und Frankreich), aber im Großhandel und bei den Apotheken kommen wir durch die Aufschläge insgesamt über dem euro­päischen Durchschnitt zum liegen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende Februar 2004 ein Sofortmaßnahmenprogramm zur Senkung der Medikamen­tenkosten um rund 220 Mio. € vorzulegen.

Insbesondere müssen folgende Maßnahmen enthalten sein:

1. Senkung der Großhandelsspannen auf EU-Niveau (Kostenersparnis rund 12,4 Mio. €).

2. Senkung der Apothekenspannen auf EU-Niveau (Kostenersparnis rund 45,3 Mio. €).

3. Direkteinkauf der Hausapotheken beim Großhandel (Kostenersparnis rund 11 Mio. €).


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 205

4. Direktmedikamentenabgabe in Spitalsambulanzen an die PatientInnen (Kostener­sparnis rund 7,3 Mio. €).

5. Direkteinkauf der Sozialversicherung für chronisch kranke Menschen (z.B. Diabeti­ker, Dialyse, etc,) (Kostenersparnis rund 36,3 Mio. €).

6. Voller Ausgleich der Mehrwertsteuer auf Medikamente (Kostenersparnis rund 73 Mio. €).

7. Beschleunigung der Zulassung von Generika.

8. Substitutionsgebot für Apotheken, bei wirkstoffidenten Produkten sind die Kosten­günstigsten abzugeben.

9. Im Heilmittelverzeichnis sind zusätzliche Hinweise auf günstigere Produkte, z.B. durch die Hervorhebung preisgünstiger Generika bzw. der Verweis auf in der Regel preisgünstigere Indikationsgruppen, aufzunehmen.

10. Verstärkung der Verantwortung der niedergelassenen Ärzte und der Spitalsärzte; sie müssen Heilmittel wirtschaftlicher Verschreiben und intensiver beraten.

11. Die Vertragspartner und die Sozialversicherung sollen – im Sinne der Verwaltungs­vereinfachung für PatientInnen – verpflichtet werden, dass chefärztliche Bewilligungen per Fax oder e-mail eingeholt werden.

12. Die Verpflichtung der privaten Krankenanstalten, sich an die Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise/Heilmittelverzeichnis zu halten.

13. Maßnahmen auf EU-Ebene

Adaptierung der Heilmittel-Transparenzrichtlinie aufgrund der Amsterdamer Verträge (gesundheits- und sozialpolitische Ziele)

Nachfolgeprodukt zu Eudramat, um die Preistransparenz im EU-Binnenmarkt bei Heil­mitteln zu gewährleisten

Verkürzung des Patentschutzes von Originärprodukten zur Förderung von Generika

14. Auflage eines verständlichen Gebrauchsinformations-Kompendiums in Apotheken.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte.

 


19.38

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn hier so oft – zuletzt vom Kollegen Dobnigg – kritisiert wird, dass die Pensionserhöhung relativ maßvoll aus­fällt, dann sollte er, wenn er schon die „Kronen Zeitung“ zitiert, die „Kronen Zeitung“ von heute ganz lesen und einmal schauen, was in Deutschland passiert. Da gibt es Kürzungen im Pensionsbereich, und die Strukturmaßnahmen laufen darauf hinaus, dass eine Besteuerung der Pensionen stattfindet.

Aber das Thema ist an sich das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz. Meine Damen und Herren! Es ist hier eine Reihe von strukturellen Anpassungen von meinem Kollegen Walter Tancsits schon angesprochen worden. Auch aus Sicht der Wirtschaft gibt es einige Anpassungen, die positiv sind, insbesondere was den Großgeräteplan anbelangt, die bessere Einbeziehung der Privatkrankenanstalten, aber auch was bei­spielsweise die Herausrechnung des Sanierungsgewinnes anbelangt, wenn es um die


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 206

Beiträge der Gewerbetreibenden geht. Das sind ganz konkrete und vor allem objektive Verbesserungen.

Ich muss allerdings der Kollegin Silhavy in einem Punkt zustimmen: Es fehlt uns etwas. Es fehlt uns beispielsweise, wenn wir von der Harmonisierung reden, auch die Harmo­nisierung der Beiträge der Gewerbetreibenden, denn diese sind noch wesentlich höher als die jetzt erfolgte Harmonisierung im Bereich Arbeiter und Angestellte. Wir haben immer noch 8,9 Prozent und eigentlich dieselben Leistungen wie die anderen.

Was aber die öffentliche Diskussion geprägt hat, war etwas anderes und ist heute schon ein paar Mal angesprochen worden: Das ist das Arzneimittelpaket. Beim Arznei­mittelpaket ist es so wie überall, wenn es um kostendämpfende Maßnahmen geht. Wenn Sie heute als Raucher das Rauchen einstellen und dann das Geld in der Brief­tasche suchen, dann werden Sie es nicht finden.

So ähnlich ist es auch bei den kostendämpfenden Maßnahmen, dass sich die Einspa­rung nicht periodenbezogen in Euro-Beträgen niederschlägt, sondern es ist eben eine Dämpfung. Aber trotzdem ist es sehr begrüßenswert, dass über diese Dämpfung verhandelt wurde, denn der Gesetzgeber hätte das natürlich auch einfach beschließen können. Es war auf der einen Seite positiv, dass die Frau Minister und der Hauptver­band verhandelt haben, weil man Kostenabschätzungen, Folgeabschätzungen vorneh­men kann, weil man das Wissen der Pharmabranche einbezogen hat. Ich finde das Ergebnis beachtlich. Auf der anderen Seite ist bedauerlich, dass die Pharmaindustrie offensichtlich intern in der Umsetzung nicht einer Meinung ist, da das keinen guten Eindruck in der Öffentlichkeit macht.

Ich hoffe, dass man hier wieder zu einer einheitlichen Linie zurückfindet, denn das, was an Maßnahmen im Kostendämpfungsbereich gedroht hat, waren 8 Prozent Rabatt – in Deutschland aber gibt es ganz andere Regelungen, dort wird es nächstes Jahr über­haupt eine gesetzlich festgelegte Dämpfung von 16 Prozent geben.

Es ist das daher ein Weg, den man durchaus fortsetzen könnte, wenn man auf der anderen Seite, was die Erstattung, was die Zulassung anlangt, schneller ist, und auch beim Verfahren, bei der Verordnung Verbesserungen vornimmt. Daher würde ich unse­ren Firmen eher raten, diesen Weg fortzusetzen, die Verordnung und alle anderen Maßnahmen umzusetzen und insgesamt das Positive in den Vordergrund zu stellen.

Weil die Chefarztpflicht mehrmals angesprochen wurde, nämlich dass deren Wegfall nur ein Schwindel wäre. Ich muss Ihnen schon sagen: Die Betriebe ersparen sich dadurch Tausende Stunden für ihre Mitarbeiter, die diese beim Chefarzt versessen haben. Daher ist das eine wohltuende strukturelle Verbesserung. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Staatssekretärin Haubner. – Bitte.

 


19.42

Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kollegin Rauch-Kallat! Meine Damen und Herren! Ich darf in Vertretung des Herrn Bundes­ministers, der leider erkrankt ist, zum 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2003 Stellung beziehen.

Es handelt sich bei dieser Vorlage in dem Teil, für den auch das BMSG verantwortlich ist, im Wesentlichen um Maßnahmen zur Rechtsbereinigung im Zusammenhang mit der Pensionsreform 2003. Ich möchte wirklich den Vorwurf von mir weisen, dass hier schlampig gearbeitet wurde. Es wurden sehr viele Vorschläge der Pensionsversiche-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 207

rungsträger zur Verbesserung der Praxis verwirklicht und Maßnahmen zur Rechtsbe­reinigung gesetzt.

Auch das, was Frau Kollegin Silhavy hinsichtlich der Aufwertungsfaktoren gesagt hat, kann ich nicht nachvollziehen, denn hier wurde wie im Budgetbegleitgesetz 2003 nichts geändert. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Infolge der durch die Pensionssicherungsreform 2003 geschaffenen 10-Prozent-De­ckelung ist es notwendig, die Fristverlängerung des besonderen Deckels für die Früh­pension zu streichen, da dies nun vom 10-Prozent-Deckel mit umfasst wird. Es gibt also keinerlei Verschlechterung.

Es war natürlich zu erwarten, dass diese Debatte zum Anlass für eine Diskussion über die Pensionsanpassung mit 1. Jänner 2004 genommen wird. Ich möchte darauf hinwei­sen, dass diese Bundesregierung in den Jahren 2001, 2002 und auch 2003 sehr be­müht war, die soziale Sicherstellung vor allem der Bezieher kleiner und mittlerer Pen­sionen zu gewährleisten und für die Pensionistinnen und Pensionisten das Maximum aus dem derzeit vom Gesetz vorgegebenen Pensionsanpassungssystem herauszu­holen.

Als erster Schritt wurde nun im Rahmen der Budgetbegleitgesetze für die Jahre 2004 und 2005 eine Übergangsbestimmung geschaffen, die vor allem eine Richtschnur für die Pensionserhöhung nach dem Verbraucherpreisindex vorsieht. Diese Erhöhung nach dem Verbraucherpreisindex wurde von der Kommission zur langfristigen Pen­sionssicherung festgelegt, und zwar mit 1,01 Prozent. Anstelle dieses Faktors gibt es jetzt eine Erhöhung von 1,5 Prozent vor allem für die kleinen Pensionen. Ich denke, es ist gerecht, wenn kleine Pensionen nach dem Verbraucherpreisindex erhöht werden und größere um einen Fixbetrag. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Der Fixbetrag ergibt sich aus der Berechnung von 1,5 Prozent der Medianpension, das sind eben 10,02 € – und leider Gottes nicht mehr. Aber da ist eben die gesetzliche Vor­gabe gegeben.

Daher verwahre ich mich wirklich striktest dagegen, dass es nur mickrige Pensionser­höhungen gibt. Ich denke, wir müssen darauf achten, dass auch in Zukunft die Pensio­nen nachhaltig gesichert sind.

Ich möchte die Damen und Herren der Opposition darauf hinweisen, dass mit 1. Jänner 2004 die Ausgleichszulage für Ehepaare auf 1 000 € angehoben wird, und auch darauf, dass es einen Härtefonds für kleine Pensionen gibt, der sehr gut dotiert ist, und zwar gerade für jene Pensionen, die unter 1 015 € betragen und bei denen es im nächsten Jahr zu einer 2-prozentigen Reduktion kommt. Hier gibt es Einmalzahlungen von 400 € bis 1 500 €. Das, meine Damen und Herren, ist sozial gerecht und für jene, die es besonders brauchen, gedacht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordne­ten der ÖVP.)

Ich weise darauf hin, dass in unserem Nachbarland Deutschland bis 2007 die Pensio­nen überhaupt nicht angepasst, geschweige denn erhöht werden. Ich denke, unsere Regierung hat ein wesentlich größeres soziales Gewissen bewiesen als die Kollegen in Deutschland.

Es zeigt sich aber auch, meine Damen und Herren, dass die Harmonisierung der Pen­sionssysteme ein Gebot der Stunde ist, dass Ungerechtigkeiten, die mit unterschied­lichen Pensionssystemen festgeschrieben sind, ein für alle Mal abgeschafft werden müssen. Daher werden wir sehr intensiv daran arbeiten, dass es so rasch wie möglich zu einer Harmonisierung der Pensionssysteme kommt – mit einheitlichen Beiträgen und mit einheitlichen Leistungen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 208

Im Zusammenhang mit diesem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz gibt es Dinge – einige meiner Vorredner haben es schon gesagt –, auf die hinzuweisen es sich lohnt. Es ist dies die Schaffung des Anspruches auf Invaliditätspension, auch wenn man schon beim Eintritt in das Erwerbsleben invalid ist oder eine Behinderung hat. Ich denke, es ist gerade im Jahr der Menschen mit Behinderungen ein wichtiges und richti­ges Signal, hier Verbesserungen zu schaffen.

Ebenso war es uns sehr wichtig, Änderungen bei den leitenden Positionen vorzuneh­men, sodass es für den leitenden Dienst auf fünf Jahre befristete Verträge gibt und dass es auch nur noch einen Stellvertreter gibt. Also auch dort werden finanzielle Mittel eingespart.

Die Zusammenlegung der Versicherungsanstalt des Bergbaus und der Eisenbahner wurde ja schon erwähnt.

Ich glaube, dass es sich bei diesem Sozialversicherungs-Änderungsgesetz im Großen und Ganzen um Maßnahmen zur Rechtsbereinigung handelt, die notwendig und richtig sind, dass aber auch einige Dinge enthalten sind, die in Richtung Verwaltungsvereinfa­chung, Verwaltungsreform und bessere Unterstützung jener Menschen gehen, die eine besondere Unterstützung brauchen – und das sind Menschen mit Beeinträchtigungen und mit Behinderungen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schopf. – Bitte.

 


19.49

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen der Regierung! Hohes Haus! Bei dieser Debatte geht es unter anderem auch um die Verwaltungskosten innerhalb der Sozialversicherungsträger. Man möchte mit dem heutigen Beschluss eine finanzielle Deckelung, bezogen auf das Jahr 1999, durchsetzen.

Ich möchte erwähnen, dass in den so genannten Verwaltungskosten auch sämtliche Personalkosten und Investitionen, insbesondere auch im EDV-Bereich, enthalten sind. Interessant dabei ist, dass zum Beispiel nicht einmal 3 Prozent des gesamten Budgets der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse quasi für diese Verwaltungskosten ausgegeben werden. Über 97 Prozent der gesamten Kosten werden für unsere Ver­sicherten, sprich für die Menschen eingesetzt. Ich denke, das ist eine hervorragende Leistung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, aber auch aller anderen. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch Folgendes ist interessant: Die europaweite Statistik zeigt, dass wir mit den 3 Pro­zent Verwaltungskosten in Österreich konkurrenzlos niedrig sind.

Tatsache ist weiters, dass in den letzten Jahren bereits massiv gespart wurde, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Ich frage mich überdies, warum der Hauptverband der Sozialversicherungsträger diese Ziele nicht erreicht hat. Immerhin wurden dort die Ver­waltungskosten durch die Umstrukturierung um 800 Prozent erhöht – ich wiederhole: Um 800 Prozent wurden die Verwaltungskosten in diesem Bereich erhöht! (Abg. Sil­havy: Ein Skandal!)

Allein mit dem heutigen Beschluss – und da bitte ich die Regierungsparteien, doch noch einmal darüber nachzudenken – sind die Sozialversicherungsträger gezwungen, Personal abzubauen. In der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse müssen bis zum Jahr 2007 119 Arbeitnehmer abgebaut werden – und dafür ist die Regierung ver­antwortlich!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 209

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist der Grund dafür, dass ich hier zwei Entschlie­ßungsanträge einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­waltungskosten der Versicherungsträger

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis Ende Jänner 2004 eine Regierungsvorlage zur Beratung und Beschlussfassung zu übermitteln, die den Versicherungsträgern jene finanzielle Basis auch im Bereich der Verwaltungskosten zur Verfügung stellt, die sie benötigen um die ihnen zugewiesenen Aufgaben im Interesse der Versicherten zu deren Zufriedenheit ordnungsgemäß zu erfüllen.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Franz Riepl, Walter Schopf, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des SchwarzunternehmerInnentums

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend – längstens je­doch bis Ende Jänner 2004 – eine Regierungsvorlage betreffend ein Schwarzunter­nehmerbekämpfungsgesetz zuzuleiten, welche die Grundzüge des Antrages 182/A (XII.GP) der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen, mit wel­chem ein Schwarzunternehmerbekämpfungsgesetz erlassen wird und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und andere Gesetze geändert werden, umsetzt.“

*****

Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die von Herrn Abgeordnetem Schopf verle­senen zwei Entschließungsanträge sind ausreichend unterstützt und stehen mit in Ver­handlung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

 


19.53

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte am Anfang meiner kurzen Ausführungen zwei Bemerkungen zum Herrn Kollegen Dobnigg machen.

Herr Abgeordneter, Sie haben hier gemeint, ein Arbeitnehmer hätte 60 Jahre lang ge­arbeitet und dann eine mickrige Pension bekommen. Ich glaube, das ist etwas hoch gegriffen. 60 Jahre Arbeit kann es nur dann geben, wenn jemand zwei Karrieren bei den Österreichischen Bundesbahnen absolviert; dann kann er vielleicht 60 Jahre arbei­ten, anders geht das in der Regel nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gaál: Zynisch! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 210

Zweitens haben Sie hier die Erhöhung der Pensionen für das Jahr 2004 massiv be­klagt – die Frau Staatssekretärin hat dazu schon Stellung genommen. Ich darf Ihnen nur sagen, wenn Herr Blecha das massiv beklagt: Wenn er 1,5 Prozent zu seiner Pen­sion dazubekäme, wäre das ein schöner Ruck, und das hätten sich viele Pensionisten in Österreich auch gewünscht! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aber jetzt zu den eigentlichen Vorlagen. Das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz hat zum Ziel, das beste Sozialversicherungs­system der Welt finanzierbar zu erhalten. Wir können mit Recht stolz sein auf unser System, aber wir müssen auch schauen, dass wir die Kosten im Griff haben.

Dieses Ziel verfolgt auch die Zusammenlegung von zwei Sozialversicherungsträgern aus eigenem Willen. Es ist das vielleicht nur ein Symbol, aber ein guter Weg, hier Kos­ten einzusparen und Synergien und Effizienzsteigerungen wirksam werden zu lassen.

Das gilt natürlich auch für die Deckelung der Verwaltungskosten. Ich meine, wenn man verlangt, dass die Ärzte, dass die Versicherten sparsam mit den Mitteln umgehen, dann muss man auch verlangen, dass die Sozialversicherungsträger selbst im eigenen Haus nach Möglichkeit sparen. (Abg. Öllinger: Was ist mit dem Hauptverband?) Ich glaube, die Basis 1999 mit der vollen Inflationsabgeltung ist eine Grundlage, auf der alle Sozialversicherungsträger tatsächlich arbeiten können.

Das Wesentliche heute aber ist ein umfassendes Paket zur Dämpfung der Arzneimittel­kosten. Es ist ein ambitioniertes und sehr, sehr erfolgreiches Paket. Herr Kollege Öllinger! Es ist zustande gekommen ohne Moderation der Grünen; dieser hat es nicht bedurft, weil Frau Gesundheitsministerin Rauch-Kallat diesen Dialog selbst ins Leben gerufen hat, der erfolgreich war. Wir dürfen ihr herzlich dafür danken! (Beifall bei der ÖVP.)

Das schönste Kompliment machte Frau Kollegin Silhavy in einer heutigen Presseaus­sendung, in der sie das Gesundheitsministerium als „Bundesministerium für Qualitäts­medizin“ bezeichnet hat. Ich glaube, das ist es auch, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und wir können der Frau Bundesministerin ein herzliches Dankeschön sagen für ihre Bemühungen und ihr herzlich gratulieren zu dem Ergebnis. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es wurde hier kritisiert, dass Vorredner gemeint haben, die Chefarztpflicht wurde ein­geschränkt. – Natürlich wurde sie nicht abgeschafft, aber der Spießrutenlauf der Ver­sicherten hört sich auf. Die Ärzte werden selbst dafür sorgen, dass ihre Verschreibun­gen von den Sozialversicherungsträgern genehmigt werden.

Insgesamt darf ich Ihnen sagen: Wir können stolz sein auf dieses Heilmittelkostensen­kungspaket. Es wäre auch der Opposition gut angestanden, wenn sie es mitgetragen hätte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Schopf: Hauptverband!)

19.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Riener. – Bitte.

 


19.56

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Da ein Vorredner die Bescherung vor Weihnachten angesprochen hat, würde ich bitten, diese wirklich auf den Heiligen Abend zu verlegen.

Ich glaube, dass für die Patienten und Patientinnen viele Vorteile in diesem 2. Sozial­versicherungs-Änderungsgesetz enthalten sind. Aus der Sicht der Patienten möchte ich das kurz erläutern.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 211

Einiges wurde bereits angesprochen wie zum Beispiel die Senkung der Arzneimittel­kosten, die letztendlich nicht die Patientinnen und Patienten belastet, sondern Handel und Industrie.

Ebenso profitieren die Patientinnen und Patienten bei der Verschreibung von Generika einerseits durch die Senkung des Preises gegenüber dem bereits verbilligten Original­produkt und andererseits durch die Verringerung der Rezeptgebühr für Generika im Gegensatz zu den Originalprodukten.

Transparenz beim Zurverfügungstellen und bei der Preisgestaltung von Medikamenten ist letztlich der Garant dafür, dass den Patienten ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis geboten wird. Es gilt jetzt nur noch, die Patientinnen und Patienten gut zu informieren, wie bereits von unserer Gesundheitsministerin erwähnt, damit die Akzep­tanz entsteht, die Generika auch an- beziehungsweise einzunehmen.

Einen weiteren Vorteil, und zwar einen erheblichen Zeitvorteil – das wurde schon von meiner Kollegin Ridi Steibl erwähnt – wird es für die Bevölkerung durch die Neurege­lung der Chefarztpflicht geben. Die bisherige Bewilligungspflicht wurde von vielen Patientinnen und Patienten als Schikane empfunden und wird nun endlich abgeschafft. In Zukunft wird diese Bewilligung durch den jeweiligen verschreibenden Arzt durchge­führt werden, der dazu mit dem chef- und kontrollärztlichen Dienst der Sozialversiche­rungsträger in Verbindung treten wird. – Kontrolle ist also nach wie vor gegeben. Natürlich kann jede und jeder eine bescheidmäßige Erledigung wie bisher einfordern, und es bleiben somit alle Rechte der Patientinnen und Patienten erhalten.

So wird unser erstklassiges Gesundheitssystem einen weiteren positiven Entwick­lungsschritt vorangetrieben, und alle von uns profitieren davon in gleichem Maße. (Bei­fall bei der ÖVP.)

19.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 316 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dolinschek, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dolinschek, Mag. Tancsits, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf in 316 der Beilagen in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages ihre Zustimmung erteilen, um ein Zei­chen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserung der betrieblichen Sicherheit und Gesundheitsprävention arbeitsbedingter Erkrankungen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 212

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend rückwirkende Aufhebung der Ambulanzgebühr.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Pen­sionserhöhung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dämpfung des Zuwachses bei den Heilmitteln.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verwaltungskosten der Ver­sicherungsträger.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung des SchwarzunternehmerInnentums.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 252/A der Ab­geordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeitszeitge­setz geändert wird (317 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Erster Debattenredner ist Abgeordneter Neugebauer. – Bitte.

 


20.03

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kranken­anstalten-Arbeitszeitgesetz normiert, wie viele verlängerte Dienste innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen im Durchschnitt höchstens in einem Monat geleistet werden dürfen. In den letzten fünf Jahren hat es da schon Veränderungen gegeben. Ab 1. Jänner 1998 durften nur zehn verlängerte Dienste geleistet werden, ab 1. Jänner 2001 acht, und ab 1. Jänner 2004 sind sechs vorgesehen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 213

Im Vorfeld dieser Veränderung ist natürlich die Diskussion wieder geführt worden. Es gab intensive Verhandlungen mit den Ländern, wo ich erst kürzlich wieder gehört habe, dass die Länder eine Bandbreite, wie sie nunmehr vorgeschlagen wird, eigentlich nicht wollen und jedenfalls auf eine Grenze von acht verlängerten Diensten bestehen.

Ich glaube, dass die Praxis sehr wohl gezeigt hat, dass eine solche strikte Reduktion dieser Art, ohne Aufnahme von zusätzlichem Personal, nicht möglich ist, was sicherlich Auswirkungen auf kleine Standorte von Krankenanstalten und Abteilungen hat. Dies wahrscheinlich insbesondere im ärztlichen Dienst, wobei es sicherlich auch Unter­schiede zwischen den konservativen Fächern und jenen, die besonders intensiv sind, wie etwa der Chirurgie, gibt.

Es wurde uns auch von der Belastbarkeit von Alt und Jung in der Praxis berichtet. Ich denke, dass es viel Sinn macht, auf einen Standort bezogen eine gewisse Bandbreite einzuführen, und deswegen sieht diese Änderung des Bundesgesetzes vor, dass durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung festgelegt werden kann, dass bis zu acht Dienste zulässig sind. Das ist eine praxisgerechte, standortbezogene Regelung, der anzuschließen ich Sie bitte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keck. – Bitte.

 


20.05

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In der letzten Sitzung des Arbeits- und Sozialausschusses stand ein Antrag auf der Tagesordnung, der zum Ziel hatte, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz zu ändern. Konkret geht es darum, eine Regelung, die mit 1. Jänner kommenden Jahres in Kraft treten sollte, noch rechtzeitig, also quasi fünf vor zwölf, so zu verändern, dass monat­lich nicht mehr nur sechs, sondern unter gewissen Umständen sogar mehr so ge­nannte verlängerte Dienste geleistet werden dürfen.

Ohne hier die Beweggründe für die ursprüngliche Gesetzesformulierung aufzuarbeiten, möchte ich Sie doch daran erinnern, dass sie hauptsächlich dadurch motiviert war, die Belastung des medizinischen Personals zu reduzieren und damit auch Einfluss auf die Qualität von Behandlung und Pflege zu nehmen. Sechs, acht oder sogar zehn verlän­gerte Dienste, viele nahtlos aneinander gereiht, sind weder für den Arzt noch für das Pflegepersonal und schon gar nicht für den Patienten von Vorteil.

Meine Damen und Herren! Angelehnt an die aktuelle Transitdiskussion muss ich Ihnen sagen, wir nehmen LKW- und Busfahrer, die zu lange fahren, aus dem Verkehr, um sie selbst und uns zu schützen. Krankenhauspersonal und Patienten verweigern wir die­sen Schutz jetzt per Gesetz. Es ist Ihre Sparpolitik und es ist Ihre Bildungs-, Hoch­schul- und Fremdenpolitik, die dazu geführt haben, dass insbesondere an kleinen Spi­tälern kein neues Personal angestellt wurde und das Krankenanstalten-Arbeitszeitge­setz bis an seine Grenze ausgereizt werden musste. (Abg. Großruck: Weil ihr die kleinen Spitäler umbringt! – Abg. Gradwohl: Von wem, Kollege Großruck? Schauen Sie in den Spiegel, dann wissen Sie, von wem!)

Wir Sozialdemokraten sind aber bereit, an einer Lösung mitzuarbeiten, allerdings an keiner um jeden Preis und an keiner, die das aktuelle Defizit festigt. In diesem Sinne stimmen wir Ihrem Vorschlag zu, ein Abgehen von der Herabsetzung durch Betriebs­vereinbarung beziehungsweise im Einvernehmen mit der Personalvertretung möglich zu machen. Diese Regelung muss aber zeitlich befristet sein. Jeder, der die betrieb­liche Realität kennt, weiß, dass andernfalls die Ausnahme zur Regel wird.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 214

Auch sehen wir im Verzicht auf die Aufzeichnungspflicht hinsichtlich der Ruhepausen ein mögliches künftiges Problemfeld. Es darf nicht sein, dass jegliche Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat oder durch die Patientenanwaltschaft unmöglich gemacht wird.

Aus diesen Gründen bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Dietmar Keck und KollegInnen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (317 der Beilagen) über den Antrag 252/A der Ab­geordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

1. In Z 1 lauten § 4 Abs. 5 Z 2 zweiter und dritter Satz wie folgt:

„Durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung kann für den Zeitraum bis 31.12.2005 festgelegt werden, dass bis zu acht verlängerte Dienste zulässig sind. Danach verringert sich die Höchstzahl auf sechs verlängerte Dienste.“

2. Z 2 und 3 entfallen.

3. Die bisherige Z 4 erhält die Bezeichnung Z 2.

4. In Z 2 neu entfällt der Ausdruck „sowie 11 Abs. 3“.

*****

Ich bitte Sie zum Wohl des Personals der österreichischen Krankenanstalten und zum Wohl der Patienten, mit geeigneter Mehrheit diesem Abänderungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Abgeordnetem Keck verlesene Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


20.09

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die letzte Etappe der Herab­setzung der zulässigen Anzahl von verlängerten Diensten in Krankenanstalten tritt ab 1. Jänner 2004 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt wären nur mehr die sechs verlängerten Dienste möglich gewesen, wie schon die beiden Vorredner erwähnt haben. In der Re­gel ist eine solche Reduktion ohne Aufnahme von zusätzlichem Personal nicht möglich.

Vor allem in kleineren Krankenanstalten beziehungsweise Abteilungen, insbesondere im ärztlichen Dienst, würde dies dazu führen, dass die Fallzahl pro Arzt oder Ärztin nicht mehr gewährleistet sein würde. Um ein Eingehen auf die spezifischen Erforder­nisse der einzelnen Krankenanstalten beziehungsweise der Abteilungen zu ermög­lichen, wird eine Abdingbarkeit dieser weiteren Herabsetzung durch eine Betriebsver­einbarung beziehungsweise im Einvernehmen mit der Personalvertretung jetzt vorge­sehen. Es handelt sich dabei um eine sinnvolle Maßnahme im Sinne der Aufrechterhal-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 215

tung der medizinischen Versorgung. Das finde ich in Ordnung. – Sehr geehrte Damen und Herren, danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


20.10

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Anfang der neunziger Jahre wurde in Innsbruck – auf meine Initiative hin – eine Untersuchung angestellt, mit der die Arbeitsbelastung an den Uni­versitätskliniken sozusagen zu Papier gebracht werden sollte. Diese Analyse hat ergeben, dass in den chirurgischen Fächern von jedem im Schnitt damals weit über 80 Stunden pro Woche gearbeitet wurde; in den so genannten konservativen Fächern lag der Schnitt auch weit über 70 Stunden pro Woche.

Auf das Ergebnis dieser Studie gab es ein relativ lang anhaltendes mediales Echo, einen Krisengipfel nach dem anderen; ebenso Zitierungen ins Ministerium, wo es hieß, ich hätte meine Aussagen bei einer Pressekonferenz der Holding widerrufen müssen – was ich klugerweise nicht getan habe, sage ich dazu.

Dann hat es sage und schreibe fünf Jahre lang gedauert, bis es zu einem Arbeitszeit­gesetz gekommen ist, obwohl Österreich durch EU-Richtlinien gezwungen gewesen wäre, das schon viel früher zu machen.

Der Widerstand der Länder im Zusammenhang mit einem Arbeitszeitgesetz war hinhal­tend, der Widerstand der Anstaltsträger detto. Das Arbeitszeitgesetz konnte nur abge­schlossen werden, indem man sich die Rufbereitschaft eingehandelt hat, das heißt, die Facharzt-/Fachärztinnenanwesenheit an Krankenanstalten reduziert wurde. – Sie können schon darüber lachen, aber finden Sie es eigentlich witzig, dass in diesem Gesetz für ärztliches Personal eine maximale Arbeitszeit von 72 Stunden pro Woche erlaubt ist?! Finden Sie es witzig und vergleichbar mit anderen Berufsgruppen, dass an Wochenenden durchgehende Arbeitszeiten von 49 Stunden erlaubt sind – und unter der Woche bei Journaldiensten von 32 Stunden?! Finden Sie das üblich? – Ein Ver­gleich mit Piloten und Fernfahrern ist da durchaus passend.

Im Jahre 2000 wurde dieses Gesetz an den österreichischen Krankenanstalten nicht einmal zu zwei Dritteln eingehalten! Das hat eine Erhebung des Sozialministeriums, das unser Anliegen auf äußerst ehrenhafte und soziale Weise stets unterstützt hat, ergeben. Laut dieser Überprüfung hat es krasse Überschreitungen der Arbeitszeiten gegeben, ebenso fehlende Arbeitszeitdokumentationen. Das heißt, dieses Gesetz war zu einem signifikanten Prozentsatz Schall und Rauch.

Die Wirtschaftskammer – darüber bin ich schon enttäuscht, muss ich sagen, und ich finde das sozialpartnerschaftlich nicht gerade sehr witzig – geht jedoch in einem Kom­mentar zu diesem Gesetzesvorschlag noch darüber hinaus und sagt, man solle über­haupt bei acht verlängerten Diensten pro Monat bleiben und nicht potentiell auf sechs verkürzen. Gerade wegen Oberösterreich hat man damals Übergangsregelungen großzügigster Natur mit über zehn Journaldiensten pro Monat – stellen Sie sich das ruhig einmal plastisch vor! – erlaubt, und Oberösterreich und anderen wurde dann die Gelegenheit gegeben nachzurüsten, was den Personalbedarf betrifft.

Wenige Jahre später meldete Oberösterreich: Alles in Butter, alles wunderbar! – Jetzt aber sieht man, dass es doch wieder nicht geht.

Trotzdem: Insgesamt sehen wir die Problematik kleinerer Spitäler ein, stimmen dem zu, aber mit folgendem Abänderungs- beziehungsweise Entschließungsantrag:


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 216

Der Abänderungsantrag lautet:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grünewald, Öllinger zum Antrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Punkt 1.: In § 4 Abs. 5 lautet:

„(5) Ab 1. Jänner 1998 dürfen innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wo­chen im Durchschnitt höchstens zehn verlängerte Dienste pro Monat gemäß Abs. 1 geleistet werden. Diese Höchstzahl vermindert sich

1. ab dem 1. Jänner 2001 auf acht verlängerte Dienste und

2. ab dem 1. Jänner 2004 auf sechs verlängerte Dienste. Durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung kann für den Zeitraum bis 31.12.2005 festgelegt werden, dass bis zu acht verlängerte Dienste zulässig sind. Danach verringert sich die Höchstzahl auf sechs verlängerte Dienste.“

*****

Der Entschließungsantrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der Strafbestimmungen bei Übertretungen im Bereich des Krankenanstalten-Arbeitszeitge­setzes

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Minister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Entwurf vorzulegen, der eine Änderung des KA-AZG in folgenden Punkten vorsieht:

das Vorsehen von Strafen für die Übertretung des KA-AZG auch im öffentlichen Dienst

Beseitigung der Ungleichheit der Strafbestimmungen im privaten Bereich (keine Bevor­zugung bei Nichtvorhandensein von Arbeitsaufzeichnungen mehr)

Zusätzlich ist bis 31.3.2004 eine Evaluierung des KA-AZG durchzuführen.

*****

Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


20.14


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 217

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Grünewald verlesene Abänderungsantrag sowie der Entschließungsantrag sind ausreichend unter­stützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bar­tenstein. – Bitte.

 


20.15

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! In aller Kürze: Ich bedanke mich dafür, dass das Hohe Haus diesem ver­nünftigen Kompromissvorschlag vermutlich zustimmen wird, nämlich das Wünschens­werte mit dem Machbaren und Finanzierbaren zu verknüpfen, um im Wege von Be­triebsvereinbarungen sowie im Einvernehmen mit der Personalvertretung auch auf acht Dienste – von ansonsten sechs – gehen zu können.

Die Wünsche der Länder wären noch weitergehend gewesen, nämlich zurück zu acht Diensten. So gesehen stellt auch das, was hier vorliegt, einen guten Kompromiss dar.

Die Vorschläge der Sozialdemokratie, diese Regelung auf zwei Jahre zu befristen, halte ich für nicht sinnvoll, weil wir dann nämlich in zwei Jahren vor demselben Pro­blem stehen würden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das so genannte Jaeger-Urteil des EuGH, das uns in Sachen Arbeitszeit und Anrechnung der Arbeitsbereitschaft durchaus Sor­gen machen muss, eben was das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz betrifft, ist eines, das in den nächsten Tagen wahrscheinlich von der EU-Kommission durch einen Vor­schlag zur Arbeitszeitrichtlinie interpretiert werden wird. Ursprünglich hat es geheißen, es würde bereits Ende November so weit sein; war es jedoch bisher nicht. Wir warten also auf das, was die EU-Kommission dazu sagt – und werden dann gegebenenfalls reagieren. Derzeit ist das jedenfalls aus meiner Sicht noch nicht notwendig. – Danke für die Worterteilung, Herr Präsident! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.16

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 317 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile der Reihe nach und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Ziffer 1 § 4 Abs. 5 bezieht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf die Ziffer 1 § 4 Abs. 5 bezieht.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 218

Jene Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Grüne­wald, Kolleginnen und Kollegen zustimmen, ersuche ich um ein entsprechendes Zei­chen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die Ziffer 1 § 4 Abs. 5 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Teil des Gesetzentwurfes ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenom­men.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung der Ziffern 2 und 3 sowie auf eine Änderung der Ziffer 4 bezieht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesen Bestimmungen in der Fassung des Aus­schussberichtes ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung ein­stimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung der Strafbe­stimmungen bei Übertretungen im Bereich des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (308 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden (318 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 12. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Öllinger mit einer freiwilligen Redezeitbe­schränkung von 5 Minuten. – Bitte.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 219

20.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Bundesminister! Ich könnte meinen Beitrag zu diesem Tagesordnungspunkt jetzt benützen zu einer Diskussion über die schon bekannte Frage: Ist das Glas halb voll oder halb leer – von welcher Seite betrachtet man es? – Ihres ist noch halb voll. Ich denke, bezogen auf das Paket kann man leider dieses Mal nicht mehr davon sprechen, dass das Glas halb voll ist, sondern das Problem ist: Das Glas – und damit meine ich die Maßnahmen zur Jugendbeschäftigung – ist nur zu einem Viertel voll.

Jetzt kann das für einen, der am Ertrinken ist, bedeuten, dass ihm genau dieses Viertel noch über die Runden hilft. Es kann aber auch manchmal als Affront gesehen werden, wenn man jemandem ein zu einem Viertel volles Glas hinstellt und sagt: Das reicht doch aus zum Trinken!

Und das ist so, Herr Bundesminister! Im Unterschied zu früheren Maßnahmenpaketen und zu dem Eifer und Einsatz, mit dem Instrumente und Maßnahmen zur Jugendbe­schäftigung oder gegen die Jugendarbeitslosigkeit in den letzten Jahren diskutiert wurden, ist das, was Sie hier und heute in diesem Rahmen anbieten, ein sehr beschei­dener Beitrag.

Wir stellen daher – nachdem der Beitrag von 20 Millionen € von Ihrer Seite sozusagen gnadenhalber noch auf 22 Millionen € angehoben wurde, also von einem Viertel noch einmal 2 Prozent dazu (Abg. Mag. Prammer: Ein Zehntel!), ein Zehntel – folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (308 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden idF des Ausschussberichtes 318 d.B.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Im Art. 4 Z. 1 wird im § 12 Abs. 8 der Ausdruck „20 Mio. €“ durch den Ausdruck „40 Mio. €“ ersetzt.

*****

Ich gebe schon zu, Herr Bundesminister, man kann die Verdoppelung – also in diesem Fall, um im Bild zu bleiben, auf das halbe Glas – noch immer als zu wenig bezeich­nen – vor allem ist es beinahe so willkürlich wie das Geld, das bisschen Geld, das Sie hier unter die Jugendlichen streuen –, denn das kann doch nicht alles sein, was wir angesichts der tatsächlich verheerenden Situation auf dem Arbeitsmarkt oder den Arbeitsmärkten – nicht nur für Jugendliche, aber für diese in einem besonderen Aus­maß – im heurigen Jahr beziehungsweise auch im nächsten Jahr anzubieten haben.

Wir hatten schon Zeiten, da haben wir derartige Situationen zum Anlass genommen, um etwas umfassender über Pakete nachzudenken, und außer der Fortsetzung bezie­hungsweise dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz ist da derzeit nicht viel am Markt. Und jetzt kommt eben diese Initiative „Jobs for You“ mit dem schönen Wortspiel „Jobs for You(th)“. – Ja, es ist wenig, Herr Bundesminister, da müssen wir ganz ehrlich sein, und es ist fast zu wenig.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 220

Wir werden deshalb diesem Paket, in dem ja neben einigen kleinen Verbesserungen auch einige kleine Verschlechterungen enthalten sind, wie etwa bei der Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes, in zweiter Lesung nicht zustimmen, denn – das möchte ich bei dieser Gelegenheit auch anmerken – es wurde ja auch eine Zustim­mung der Opposition, ganz egal, ob in zweiter Lesung oder in dritter Lesung, von Ihrer Seite schon häufig missbraucht, um daraus eine generelle Zustimmung zu allem bezie­hungsweise eine generelle Ablehnung von allem zu interpretieren. Das ist ein weiteres Problem.

Abschließend, Herr Bundesminister: Da in dieser Woche auch die Ausgliederung einer bewährten Institution aus dem AMS Wien vorgenommen beziehungsweise vorbereitet wurde, bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Glawischnig, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die ge­plante Auslagerung der Betreuung und Vermittlung von KünstlerInnen im AMS Wien an eine private Organisation und der daraus resultierende Qualitätsverlust

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, den Erhalt der Betreu­ung von Künstlerinnen und Künstlern im AMS-Wien sicherzustellen, für die ausrei­chende finanzielle, infrastrukturelle wie auch personelle Ausstattung des KünstlerIn­nenservice des AMS-Wien zu sorgen und damit die hohe Qualität der an dieser Stelle geleisteten Arbeit sowie die große Zufriedenheit der NutzerInnen dieser Einrichtung zu erhalten und auszubauen.

*****

Abschließende Bemerkung, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich hoffe, Sie haben ein bisschen mitgehört: Wir loben ausdrücklich die hohe Qualität. Es ist nicht einzusehen, warum diese hohe Qualität, mit der die Klientinnen und Klienten im Be­reich der KünstlerInnenvermittlung im AMS Wien zufrieden sind, jetzt de facto privati­siert – sprich: ausgelagert – werden soll. Das ist etwas, was wir gerade im Bereich der Künstlerinnen- und Künstlervermittlung in der Vergangenheit, als von gewerkschaft­licher Seite noch eine KünstlerInnenvermittlung betrieben wurde und wo dann von offizieller – damals sozialdemokratischer – Seite argumentiert wurde, es gebe ja ohne­hin eine sehr gute im Bereich des AMS, immer wieder zur Debatte gestellt haben.

Daher ersuchen wir Sie, Herr Bundesminister – auch wenn ich mir sicher bin, dass die Regierungsparteien mit diesem Antrag nicht mitgehen, aber trotzdem –, im Bereich des AMS Wien diese Frage noch einmal zur Debatte zu stellen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Öllinger verle­sene Abänderungsantrag sowie der vom Abgeordneten Öllinger verlesene Entschlie­ßungsantrag sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


20.26

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Gute Anregungen, Herr Kollege Öllinger, hört man immer gerne. Eine gute Poli­tik macht der, der nicht mehr ausgibt, als er einnimmt – das ist unser Ziel –, und des-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 221

halb glaube ich, dass die Vorlagen, die wir haben, auch einer ausgewogenen Finanz­politik voll und ganz entsprechen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: ... Hauptver­band!)

Es geht um die Regierungsvorlage zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, und jetzt hören Sie etwas ganz Wichtiges, Neues, was Sie bis heute mit Erfolg verhindert haben und wir nun erfolgreich durchsetzen: dass alle ASVG-Versicherten, die auch Arbeits­losenversicherungsbeiträge zahlen und auch eine landwirtschaftliche Grundbewirt­schaftung betreiben, in Zukunft einen besseren Zugang zu den Leistungen haben, und zwar derart, dass die Anrechnungsbestimmungen so geändert wurden, dass sie der Geringfügigkeitsgrenze des ASVG entsprechen. – Eine positive Maßnahme, die wirk­lich herzeigbar ist!

Das Zweite: Kein Eingriff in bestehende Altersteilzeit-Vereinbarungen auf Grund der „Hackler-Regelung“. Die Sonderregelung ist deshalb erforderlich, weil Altersteilzeit-Geld nur bis zum frühestmöglichen Pensionsantrittszeitpunkt gebührt. Damit Beschäf­tigte, die bis zum vereinbarten Termin weiterarbeiten wollen, auch Altersteilzeit-Geld beziehen können, haben wir diese Änderung gemacht – eine herzeigbare Regelung. Kompliment, Herr Bundesminister!

Weiters muss das Ausmaß des Altersteilzeit-Geldes bei Blockzeit-Vereinbarung klarge­stellt werden. Das Ausmaß der Nachzahlung des Differenzbetrages soll von der Dauer der Beschäftigung einer Ersatzarbeitskraft abhängen.

Im Maßnahmenpaket zur Sicherung der Jugendbeschäftigung werden die Aktionen nach dem Jugendbeschäftigungsgesetz bis zum 31. Dezember 2005 verlängert. § 501 Abs. 2 FLAG entfällt, und damit sind die Freifahrt und die Fahrtbeihilfe auch bis zu dem vorhin genannten Zeitpunkt möglich.

Das Sonderprogramm für Jugendliche bewährt sich seit Oktober 2002. Wir haben leider noch immer zu viele Arbeitslose, aber wir sind im EU-Vergleich das beste Land – das ist, glaube ich, unbedingt zu erwähnen. Die Bundesregierung budgetiert im nächs­ten Jahr weitere 20 Millionen € und im Jahr 2005 weitere 5 Millionen € für die Jugend­lichen, und ich denke, dass das eine sehr, sehr tolle und gute Sache ist.

Insgesamt sind das wichtige sozialpolitische und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Anpassungen, Verbesserungen, die herzeigbar sind und daher sicherlich auch Ihre Zu­stimmung erfahren werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

20.29

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte.

 


20.29

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Mir gefällt der Vergleich des Kollegen Öllinger mit dem zu drei Viertel leeren Glas ausgezeichnet. Gerade diese Regierungsvorlage zeigt ja wieder einmal sehr, sehr deutlich die Art und Weise, wie die Regierungsparteien arbeiten. Als diese Regierungsvorlage ins Parlament eingegangen ist, war sie erstens Klientel-Politik – und es ist mir völlig klar, Herr Donabauer, dass Sie sich sehr darüber freuen. Ich frage mich nur, warum Sie sich nicht auch selbst manchmal die Frage stellen, ob es zutrifft, dass man nicht mehr ausgibt, als man hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Donabauer.)

Zweitens war diese Regierungsvorlage ausschließlich eine Reparatur von Maßnah­men, die Sie im Sommer oder vor dem Sommer in einer Husch-Pfusch-Variante, wie wir sie ohnedies schon längst kennen, beschlossen haben.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 222

Nicht zuletzt durch das ständige Aufzeigen von Seiten der Opposition, wie es denn auf dem Arbeitsmarkt ausschaut, wie die Situation der Jugendlichen, der jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt ausschaut, ist Ihnen dann letztendlich während des Sozialaus­schusses eingefallen, vielleicht doch auch einen Abänderungsantrag einzubringen und da auch noch ein Jugendpaket dranzuhängen – eines, das wahrlich den Namen nahe­zu nicht verdient. Und Sie wissen selbst, dass es wesentlich mehr Anstrengungen bräuchte, um dieser Problematik wirklich zu begegnen. Da geht es auf der einen Seite um die Lehrlinge, da geht es auf der anderen Seite aber auch um die vielen jungen Menschen, die zwischen 20 und 25 Jahre alt sind, die mindestens so viele Probleme auf dem Arbeitsmarkt haben. Es sind mittlerweile ein Drittel der Arbeit suchenden jun­gen Menschen zwischen 20 und 25 Jahren solche, die eine Lehre gemacht haben, die Facharbeiterinnen und Facharbeiter, aber trotzdem arbeitslos sind. Für sie wäre es ganz wichtig, dass sie Zusatzqualifikationen, weitere Ausbildungen erhalten. – Aber das alles gibt es eben ganz einfach nicht zum Nulltarif.

Herr Minister! Wir werden diesem Antrag deswegen zustimmen, weil Sie sich – das will ich schon positiv erwähnen – zumindest darauf eingelassen haben, eine Verhandlung mit uns zu führen, und auch diese 2 Millionen € zusätzlich, auf die Kollege Öllinger schon hingewiesen hat, zugesichert haben. Das ändert aber alles nichts daran, dass das, was hier an Arbeitsmarktpolitik stattfindet, sehr, sehr unbefriedigend ist.

Lassen Sie mich abschließend auch noch ganz kurz auf die Situation betreffend die Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes hinweisen: Wenn wir arbeitslosen Men­schen wirklich eine fundierte, vernünftige Ausbildung ermöglichen wollen, dann geht es nicht nur darum, Kurse anzubieten, sondern dann brauchen diese Menschen während dieser Zeit auch eine entsprechende finanzielle Absicherung. Insofern ist diese Vorlage auch wiederum nur eine ganz kleine Reparatur von dem, was Sie im Sommer be­schlossen haben. Wenn ich die derzeitige Regelung aber mit der Situation vergleiche, die vorher bestand, dann bedeutet sie eine eindeutige Verschlechterung, und das bedauere ich zutiefst. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

20.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Dolinschek zu Wort. – Bitte.

 


20.32

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Prammer, die einen sagen, das Glas ist halb voll, andere sagen, es ist halb leer. (Abg. Öllinger: Ein Viertel voll!) Sie sagen, das ist eine Husch-Pfusch-Aktion. Tatsache ist: Sobald man gesetzliche Änderungen vornimmt, sind technische Anpassungen notwendig. Das war in Ihrer Zeit so, und das ist heute so. Ich glaube, dass diese technischen Anpassungen, die hier in dieser Gesetzesnovelle enthalten sind, notwendig sind, egal, ob das jetzt das Arbeits­losenversicherungsrecht bei den Nebenerwerbsbauern betrifft, ob es die Weitergewäh­rung von Altersteilzeitgeld ist, ob es die Nachzahlung eines Differenzbetrages bei neuen Altersteilzeit-Blockregelungen betrifft oder die Vorverlegung des In-Kraft-Tretens der Neuregelung der Leistungsbemessung für von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommene Personen im Pensionsalter von 1. Jänner 2004 auf 1. Juli 2003 zur Vermeidung von ungerechtfertigten Nachteilen für diese Betroffenen. Das müssten Sie doch eigentlich positiv bewerten!

Dann gibt es noch eine Reihe von Maßnahmen wie die Beibehaltung der mit der Lauf­zeit des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes befristeten Gleichstellung von Lehr­gangsteilnehmern mit Lehrlingen bei der Lehrlingsfreifahrt mit öffentlichen Verkehrs­mitteln – das ist weiterhin aufrecht und verlängert worden –, eine Vereinfachung der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 223

Abrechnung der Mitarbeitervorsorgebeträge im Insolvenzfall zwischen den Kranken­kassen und dem Insolvenzausfallsgeldfonds.

Vor allem geht es aber um die Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für Ju­gendliche, für junge Menschen im Rahmen der Initiative „Jobs for You(th)“. Das ist ein Sonderprogramm für Jugendliche, das seit Oktober 2002 umgesetzt wird. Es hat sich bewährt, wie der EU-Vergleich zeigt: Die Jugendarbeitslosenrate liegt bei uns, wie wir wissen, bei 7,4 Prozent und ist damit um die Hälfte niedriger als im EU-Durchschnitt. Vor dem Hintergrund, dass die für 2004 zu erwartende und durch das Konjunkturpaket der Bundesregierung geförderte Wirtschaftsbelebung zu einer Stabilisierung der Arbeitslosigkeit beitragen wird, ist eine wesentliche arbeitsmarktpolitische Zielsetzung, die Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen in Verbindung mit der laufenden Verbes­serung der Qualifikationsausstattung zu forcieren und dadurch den österreichischen Spitzenrang im internationalen Vergleich nachhaltig abzusichern.

Zur Erreichung dieses Zieles beabsichtigt jetzt die Bundesregierung neben der Fort­führung der bisherigen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Jugendliche die Fort­führung der Jugendausbildungssicherung nach dem Jugendausbildungs-Sicherungs­gesetz beziehungsweise das Sonderprogramm für Jugendliche mit Beginn des Jahres 2004 – Initiative „Jobs for You“ – zu starten. Im Rahmen dieser Initiative sollen in den Jahren 2004 und 2005 zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten für rund 5 000 Menschen geschaffen werden, für 19- bis 24-Jährige.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek, Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kolle­gen zur Regierungsvorlage (308 der Beilagen) eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktservicegesetz, das Familien­lastenausgleichsgesetz 1967 und das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert werden idF des Ausschussberichtes 318 d.B.

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Im Art. 4 Z. 1 wird im § 12 Abs. 8 der Ausdruck „20 Mio. €“ durch den Ausdruck „22 Mio. €“ ersetzt.

Begründung:

Zur Steigerung der Wirkung der Initiative „JOBS FOR YOU(TH) ’04“ werden entgegen dem Beschluss des Sozialausschusses aufgrund der Bemühungen der Bundesregie­rung weitere Mittel zur verstärkten Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfü­gung gestellt. Aus diesem Grund werden die aus dem Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds für diese Jugendbeschäftigungsinitiative zur Verfügung gestellten Mittel um 2 Mio. €, das sind 10 Prozent, im Jahr 2004 erhöht.

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Initiative ist ein wichtiger Schritt zur Bekämp­fung der Jugendarbeitslosigkeit und für die Integration der Jugendlichen in den Arbeits­prozess. Es ist eine sinnvolle Lösung, und ich freue mich, dass auch die SPÖ diesem Antrag zustimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

 


20.36


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 224

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Dolinschek verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek, Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

 


20.37

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Österreich hat die günstigste Situation europaweit, was die Jugendbeschäftigung betrifft. Trotzdem ist es für uns ein Anliegen, alle Maß­nahmen zu setzen, um auch diese Situation noch weiter zu verbessern, weil unsere Zielsetzung so aussieht, dass es möglichst keinen Jugendlichen geben darf, der auf der Straße steht. Daher gibt es jetzt zusätzlich 27 Millionen € – eine Größenordnung von über 370 Millionen Schilling –, die in den Bereich Jugendbeschäftigung investiert werden.

Und doch glaube ich, dass Geld allein nicht genügt, um auf Dauer Jugendbeschäfti­gung zu sichern. Ich habe daher auch persönlich noch einen Vorschlag ausgearbeitet, der sich mit der Lehre beschäftigt und in die Richtung geht, dass wir in Zukunft eine be­sonders qualifizierte Lehre zusätzlich einführen, weil ich davon überzeugt bin, dass es gerade in Hinsicht auf den ostmitteleuropäischen Arbeitsmarkt wichtig ist, der Jugend zusätzliche Qualifikationen zu vermitteln, um weiter kompetitiv zu sein und damit auch Arbeitsplätze zu sichern.

Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass wir gerade dieser dualen Ausbildung ein be­sonderes Augenmerk schenken. Ich sage das deshalb, weil ich es für keinen Zufall halte, dass es in Wien zwischen 19 und 20 Prozent Bevölkerungsanteil gibt, aber einen Anteil von 24 Prozent oder 25 Prozent an der Jugendarbeitslosigkeit und nur von 13 Prozent an den Lehrstellen.

Wenn wir das ganz vorurteilsfrei untersuchen, dann werden wir draufkommen, dass da ein Zusammenhang besteht, und wir sollten uns dem stellen, auch dann, wenn es poli­tisch nicht opportun ist. Ich richte diese Frage und diese Bitte an die sozialdemokra­tischen Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

20.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 


20.39

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Abge­ordneter Fasslabend, ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, Qualität in der Berufsaus­bildung zu diskutieren, und ich bin bei Ihnen, wenn es darum geht, Berufsinhalte zu diskutieren. Ich bin aber nicht bei Ihnen, wenn Sie meinen – und Sie haben das ange­deutet –, Wien sei da schlecht gegenüber anderen Bundesländern. Ich bitte Sie, seriös zu argumentieren und auch zu berücksichtigen, dass wir in Wien eine große Anzahl von Jugendlichen haben, die Nichtwiener sind und in Wien einen Lehrplatz haben, einen Lehrplatz bekommen. Daher sind die Zahlen nicht so zu vergleichen, wie Sie es tun.

Sehr verehrte Damen und Herren! Mir und meiner Fraktion, der sozialdemokratischen Fraktion, liegt die Gleichbehandlung der Lehrlinge mit jenen Jugendlichen, die sich in Ausbildungsmaßnahmen des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes befinden, am Herzen. Es ist schon angeführt worden: Die Lehrlingsfreifahrt für diese Gruppe der Jugendlichen ist im Familienlastenausgleichsgesetz befristet, und nunmehr wird diese


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 225

Befristung aufgehoben. Das ist ein notwendiger Schritt; er verhindert eine Diskriminie­rung, die gedroht hätte, würden wir heute diesen Schritt nicht setzen.

Das Ziel ist natürlich, Jugendliche vom Lehrgang weg auf eine Lehrstelle zu bekom­men. Wenn dies aber nicht möglich ist, dann soll unserer Auffassung nach ein Aus­lernen im Lehrgang möglich sein, wichtig sein und damit auch Sicherheit für die Jugendlichen verbunden sein, dass sie fertig lernen können.

Zur Lehrstellensituation. Wir wissen, dass wir mehr Lehrstellensuchende als vorge­merkte Lehrstellen beim Arbeitsmarktservice haben, und wir wissen, dass wir weniger offene Lehrstellen haben. 14,3 Prozent mehr Lehrstellensuchende und 19,8 Prozent weniger offene Lehrstellen gegenüber dem Vorjahr zeigen eine alarmierende Entwick­lung.

Sehr verehrte Damen und Herren! Dies zeigt auch in einer gewissen Weise, dass der Markt seiner Verpflichtung nicht nachkommt, weil eben zu wenige Lehrstellen angebo­ten werden, und dies trotz vieler Anstrengungen auf verschiedensten Ebenen. Im Besonderen möchte ich von dieser Stelle aus einmal die Wirtschaftskammer loben, die Lehrstellenbörse der Wirtschaftskammer, bei der Arbeitgeber ihren Lehrstellenbedarf melden können. Das ist sicherlich eine wichtige und notwendige Einrichtung im Hin­blick auf mehr Information und auch Verbesserung von Chancen.

Was ich aber in diesem Zusammenhang kritisieren möchte, ist, dass manchmal die Anforderungen der Betriebe schon sehr hoch sind. Ich habe mir diese Lehrstellenbörse durchgeschaut. Es findet sich zum Beispiel ein niederösterreichischer Lehrbetrieb, der sagt, die Voraussetzung dafür, einen Lehrling zu nehmen, ist, dass er schon den Füh­rerschein haben und über 19 Jahre alt sein muss.

Ein anderer Betrieb in der Brigittenau in Wien meint, er nehme nur jemanden mit über­durchschnittlicher Einsatzbereitschaft, der auch bereit ist, in der Freizeit zu arbeiten, der auch bereit ist, am Sonntag zu arbeiten. – Das ist ein Friseurgeschäft in der Brigit­tenau.

Sehr verehrte Damen und Herren! Da ist vielleicht eine kleine Korrektur notwendig. Es ist sicherlich nicht der Sinn einer Lehrstellenbörse, solche Job-Angebote zu verbreiten.

Oder: In Innsbruck meint ein Betrieb, er nehme nur einen Bürokaufmann, der konflikt-, routine- und stressresistent ist. – Wobei man diskutieren kann, was bei einem Jugend­lichen „routineresistent“ bedeutet. Ich weiß es zum Beispiel nicht, aber vielleicht kann einer meiner Nachredner hier noch aufklärend wirken.

Ein anderer Betrieb im ersten Bezirk, eine Rechtsanwaltskanzlei, nimmt nur weibliche Bewerberinnen und schließt ausdrücklich männliche Bewerber aus. Man kann dazu stehen, wie man will.

Noch ein Beispiel: Ein großes Hotel im ersten Bezirk am Ring sagt, es brauche einen Hotel- und Gastgewerbeassistenten, aber er soll Matura haben. Ohne Matura keine Chance. – Also das ist eine Entwicklung, die man sich vielleicht anschauen sollte.

Und zuletzt: Im 15. Bezirk gibt es einen Metallbetrieb, der eindeutig sagt: Alle können zu mir kommen, nur keine türkischen Staatsbürger. – Das ist die Meinung, die dort vor­herrscht.

Ich meine, positiv ist das entsprechende Stellenangebot, aber negativ sind manche An­forderungen von Arbeitgebern an junge Menschen, die auch dazu führen können, dass man Leute eher abschreckt und dass man nicht im Dienste der Sache tätig ist.

Das wollte ich nur aufzeigen. Im Grunde werden wir von der SPÖ dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

 


20.44


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 226

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


20.44

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Minister! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich möchte auf einen Punkt dieses Tagesord­nungspunktes besonders eingehen. Da geht es um eine Besserstellung der Nebener­werbslandwirte. Es war eine jahrzehntelange Forderung der freiheitlichen Bauernschaft und auch der FPÖ, dass es in diesem Bereich eine Veränderung geben soll. Alle, die damit zu tun haben, wissen, dass hier wirklich eine grobe soziale Ungerechtigkeit gegeben war, dass Bauern, die kleine Betriebe mit 4 000 €, 5 000 € und mehr Euro an Einheitswert hatten, die jahrelang, oft jahrzehntelang in Betrieben als Tischler, als Zimmermann oder als Schlosser gearbeitet haben, jahrzehntelang auch diese Lohn­nebenkosten, sprich die Arbeitslosenversicherung, eingezahlt haben, aber dann, wenn sie arbeitslos geworden sind, diese nicht in Anspruch nehmen konnten.

Damit ist jetzt wirklich etwas sehr Ungerechtes aufgehoben worden. Es konnte erreicht werden – und ich glaube, das ist ein gutes Ereignis und wirklich etwas, worüber sich die Bauernschaft freuen sollte –, dass wir hier endlich eine andere Regelung finden, dass nämlich der Einheitswert prozentual hochgerechnet wird und dass endlich einmal nicht mehr nur der Einheitswert zählt, sondern dass 3 Prozent dieses Einheitswertes, solange sie unter der Geringfügigkeitsgrenze von 309 € sind, den Bauern auch ermög­lichen, ein Arbeitslosenentgelt zu bekommen.

Besonders positiv ist das deshalb, weil damit nicht nur sozusagen das Unrecht abge­schafft wurde, sondern weil damit zusätzlich durch die jährliche Valorisierung dieser Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird, dass auch in Zukunft gewährleistet ist, dass kleine und mittlere Betriebsführer, die nebenbei einen Job machen müssen – und es ist ja bekannt, dass schon über 70 Prozent der Bauern und Bäuerinnen im Nebenerwerb stehen –, eine Chance haben, wenn sie arbeitslos werden, auch etwas zu bekommen.

Ich möchte aber meine letzte Rede im heurigen Jahr noch dazu benützen, um kurz vor Weihnachten allen Abgeordneten, die daran interessiert sind, ein kleines Geschenk zu überreichen. Die Kärntner Abgeordneten der Freiheitlichen Partei haben CDs aus Kärnten mitgebracht, wir werden diese hier verteilen. Die eine beschäftigt sich mit Kärntner Liedern, auf der anderen ist ein Stimmungslied aus Kärnten. Wir möchten das gerne an alle Abgeordneten, die Interesse daran zeigen, verteilen, um sozusagen ein kleines Signal zu setzen, dass wir in der Vorweihnachtszeit sind, um Ihnen Kärnten quasi mit nach Hause zu geben und dafür zu sorgen, dass Sie uns über die Weih­nachtsfeiertage nicht vergessen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch überreicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Bundesminister Dr. Bartenstein zwei CDs.)

20.46

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. – Bitte.

 


20.46

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung nimmt ihre Verant­wortung für die Lehrlinge wahr. Ich werde Ihnen auch sagen, warum. Wir haben im Jahr 2002 ein Sonderprogramm für Lehrlinge ins Leben gerufen, die Lehrplatzprämie, wir haben aber auch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vorgesehen für Lehrlinge, für junge Leute, damit sie einen Lehrplatz bekommen. Und diese Maßnahmen waren erfolgreich! Das zeigen vor allem auch die Lehrlingszahlen dieses Jahres. Wir konnten erstmals seit dem Jahr 2000 wieder einen Umschwung erreichen. Wir haben zurzeit


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 227

um 838 Lehrlinge mehr als im Vorjahr. Ich glaube, darauf kann man mit Recht stolz sein.

Ich möchte Kollegem Riepl eines sagen. Sie haben schon Recht, dass die Anforderun­gen von Betrieben unterschiedlich sind, trotzdem werden Tausende und Abertausende Lehrverhältnisse jährlich neu begründet. Aber Angriffe auf die Wirtschaft nützen in diesem Zusammenhang nichts. Ich würde Sie vielmehr bitten, diese gemeinsame Platt­form nicht zu verlassen und auch Betriebe zu motivieren, Lehrlinge auszubilden. Wenn Sie hier aber kritisieren, dass jemand einen Maturanten sucht, dann muss ich sagen, na selbstverständlich wäre das Ziel, dass auch Maturanten wieder eine gewerbliche Lehre, eine duale Ausbildung auf sich nehmen, weil die Wirtschaft auch qualifizierte, hoch qualifizierte Facharbeiter braucht. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin sehr, sehr stolz darauf, dass heuer zusätzlich Gelder für die Lehrlinge und für die duale Ausbildung zur Verfügung stehen, dass Lehrgänge besser dotiert werden als in der Vergangenheit und dass damit jungen Leuten eine Chance gegeben wird.

Frau Kollegin Prammer würde ich aber gerne eines ins Stammbuch schreiben: Bitte unternehmen Sie nicht den Versuch, einen Vergleich mit der Vergangenheit anzustel­len, denn das Projekt „Der Jugend eine Chance“ von Kanzler Klima war nicht erfolg­reich! Falls Sie es nicht glauben, fragen Sie Herrn Matznetter. Er war damals Buch­halter von „Euroteam“. Er wird Ihnen genau Auskunft geben können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Mit der Schulpolitik von ... zu reden! Mit der Frau Minister Gehrer sollte man überhaupt nicht ...!)

20.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


20.49

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist spät, es ist wenig Zeit, aber gestatten Sie mir trotzdem, Folgendes zu sagen: Wenn man etwas subjektiv diskutiert, so wie es Herr Kollege Trinkl gerade getan hat, so wie es der Herr Bundesminister gerne tut, dann mag es so scheinen, als wäre die Situation ganz in Ordnung: Wir sind die Zweitbesten in Europa, wir sind ja gar nicht mehr die Besten.

Das haben die Novemberarbeitslosenzahlen gebracht. Damit komme ich schon zur Objektivität. Ich denke, am Rednerpult sollte man objektiv sein. Wenn ich objektiv die Situation der Lehrstellensuchenden betrachte, um die es ja heute leider gar nicht geht, denn diese 5 000, die hier gefragt sind, sind die 19- bis 24-Jährigen, die das genauso notwendig brauchen, schaut es traurig aus.

Da haben wir leider schon die traurige Realität, meine Damen und Herren, dass die Zahl der Lehrstellensuchenden von Monat zu Monat steigt. Kollege Riepl hat es ge­sagt, wir haben jetzt wirklich um 14 Prozent mehr Lehrstellensuchende als im Novem­ber des Vorjahres.

Darum bleibt mir nur der Schluss: Es ist noch nie so eine schlechte Lehrlingspolitik ge­macht worden, wie sie jetzt gemacht wird, meine Damen und Herren! Das ist eine Poli­tik des Flickwerkens und des Puzzlesteinsuchens. Immer wenn es sehr eng wird, dann wird ein Lehrlingsbeauftragter herbeigeholt, dann wird ein Dialog veranstaltet, dann werden schöne Worte gesprochen, die sich aber in der Realität leider nicht auswirken.

Wir hingegen haben heute einen Entschließungsantrag einzubringen, der ein fertiges Puzzle aus zehn kompakten Teilen darstellt, wenn ich so sagen darf.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 228

Es ist nämlich ein Lehrlingspaket, das Hand und Fuß hat, ein Lehrlingspaket, das uns kurz-, mittel- oder langfristig Lösungsansätze bietet. Das heißt ja nicht, dass man sofort eins zu eins jeden Punkt umsetzen muss. Man muss aber danach trachten, meine Damen und Herren, dass man Lehrlingsausbildung der Bildungspolitik gesamt zuord­net.

Herr Kollege Trinkl, Sie haben gerade die Frage mit den Maturanten angesprochen. Man muss das bildungspolitisch im Gesamten diskutieren, nur dann kann man die Lehrlinge mit einbeziehen.

Daher bringe ich den Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinisch-Hosek, Riepl und KollegInnen ein betreffend: Der Jugend faire Chancen für die Zukunft eröffnen. Er wird verteilt werden, daher kann ich ihn jetzt ganz grob nur in seinen Grundzügen erläutern.

Es geht um bessere Berufs- und Bildungsberatung. Es geht um gebührenfreies Nach­holen des Hauptschulabschlusses. Es geht um eine Ausbildungsgarantie für Jugend­liche, um einen Lastenausgleich zwischen den Betrieben durch einen Lehrlingsfonds.

Herr Bundesminister, das ist hier nicht verpflichtend hineingeschrieben. Das soll, auch wie Kollege Blum das sagt, freiwillig wie im Vorarlberger Modell passieren, österreich­weit wäre es schön.

Weiters fordern wir regionale Jugendbeschäftigungsgipfel, eine flexiblere Lehrlingsaus­bildung, den Verbund von Ausbildungsbetrieben, die Einrichtung von Gruppenlehrbe­rufen, die Schaffung neuer Lehrberufe, die Aufwertung der Berufsschulen, eine gute Qualifizierung der AusbildnerInnen und die Honorierung von besonderer Ausbildungs­qualität.

Wenn Sie dieses Paket annehmen könnten, dann wären wir einen großen Schritt wei­ter. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Heinisch-Hosek in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung, da er laut § 53 Absatz 4 der Geschäftsordnung auch vervielfältigt und verteilt wurde. Er wird auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Riepl und KollegInnen betreffend: der Jugend faire Chancen für die Zukunft eröffnen, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Sozialausschusses (318 d.B.) über die Regierungsvorlage (308 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarktser­vicegesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Insolvenz-Entgeltsiche­rungsgesetz geändert werden

Mit 30.11.2003 brauchen 5.196 Jugendliche sofort eine Lehrstelle. Dazu kommen noch 3.696 Jugendliche in kurzfristigen Schulungsmaßnahmen wie zB. Jobcoaching und Be­rufsorientierung. Es sind also 8.892 Jugendliche, die sofort oder in wenigen Monaten mit Lehrstellen versorgt werden müssen. Darüber hinaus sind auch noch 4.230 Ju­gendliche in Lehrgängen nach dem Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz unterge­bracht. Dem gegenüber stehen aber nur 2.042 beim AMS gemeldete offene Lehr­stellen!


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 229

Auch die Zahl der offenen Lehrstellen im öffentlichen Dienst ist aufgrund des allge­meinen Aufnahmestopps stark rückläufig, was die Situation noch zusätzlich verschärft. Die Regierung hat deshalb akuten Handlungsbedarf. Immerhin hat Arbeitsminister Bartenstein (ÖVP) jedem Jugendlichen einen Ausbildungsplatz versprochen. Und: Allein mit dem Geld, das nur ein Abfangjäger kostet, könnten 10.000 neue Lehrstellen geschaffen werden.

Die nunmehr zur Verfügung gestellten 25 Mio. Euro für 2004 und 2005 sind Angesicht der dramatischen Situation nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Die SPÖ will allen Jugendlichen faire Chancen für ihre Zukunft eröffnen und fordert die Regierung auf, das 10-Punkte-Programm der SPÖ für Lehrlinge rasch umzusetzen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat unverzüglich, jedoch bis spä­testens 31. März 2003 Regierungsvorlagen zur Beratung und Beschlussfassung zu übermitteln, die folgende Grundsätze enthalten:

1) Bessere Berufs- und Bildungsberatung für Jugendliche

SchülerInnen müssen bei der Wahl einer höheren Schule oder eines Lehrberufs besser begleitet werden! Berufs- und Bildungswegorientierung sollen als verbindliche Übung ab der 1. Klasse Hauptschule und AHS eingeführt, die individuelle Beratung hinsicht­lich der beruflichen Möglichkeiten und Arbeitsmarktchancen muss verbessert werden. Mädchen auch für typische Männerberufe zu begeistern, muss dabei ein Schwerpunkt sein.

2) Gebührenfreies Nachholen des Hauptschulabschlusses für alle

Da das Risiko, arbeitslos zu werden, für Menschen ohne Schulabschluss besonders hoch ist, muss in Zukunft sicher gestellt sein, dass diese Mindestvoraussetzung für den Berufseinstieg kostenlos nachgeholt werden kann. Das heißt, die Kurskosten für die Vorbereitung auf die Abschlussprüfung müssen durch die Öffentliche Hand voll abge­deckt werden. Darüber hinaus soll auch die Vorbereitung darauf gebührenfrei werden. Dabei ist eine direkte Förderung der SchülerInnen aber auch der Einrichtungen, die diese Kurse anbieten, zu ermöglichen.

3) Ausbildungsgarantie für Jugendliche

Alle Jugendliche haben das Recht auf eine Lehrstelle oder einen Platz in einer weiter­führenden schulischen Ausbildung. Es darf deshalb kein Jugendlicher ohne Ausbil­dungsplatz dastehen!

Das AMS muss mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um sowohl persönliche Beratung als auch Qualifizierung zu garantieren. Jene Jugendlichen, die aufgrund von sozialen oder sprachlichen Problemen oder Schul- oder Lehrabbrüchen Schwierigkeiten haben, eine Lehrstelle oder einen schulischen Ausbildungsplatz zu finden, brauchen spezielle Unterstützung. Zur Förderung der Lehrlingsausbildung soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, Vollzeitberufsschulen in Form von Schulver­suchen nach §7 SchOG – wo regional notwendig – zu erproben.

4) Lastenausgleich zwischen den Betrieben durch einen Lehrlingsfonds

Die Kosten für die Lehrlingsausbildung sind in Österreich zwischen den Unternehmen ungerecht verteilt. Jene Betriebe, die keine Lehrlinge ausbilden, sollen in Zukunft einen


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 230

finanziellen Beitrag in einen Fonds einzahlen. Dieses Geld soll jenen Betrieben zugute kommen, die Lehrlinge ausbilden. Der Lehrlingsfonds soll auch die Motivation der Betriebe steigern, Lehrlinge auszubilden.

5) Einrichtung von regionalen Jugendbeschäftigungsgipfeln

Die jährliche Situation am Lehrstellenmarkt ist aus regionaler Perspektive am besten abschätzbar, da Probleme vor Ort besser erkannt werden und Lösungen somit rascher erfolgen können. Jugendbeschäftigung soll daher regional gefördert werden. Im Rahmen von regionalen Jugendbeschäftigungsgipfeln mit VertreterInnen der Wirt­schaft, der Schulen und der Politik soll jährlich bis zur Jahresmitte die Lage am Arbeits­markt erhoben werden. Angebot und Nachfrage müssen geprüft werden um frühzeitig etwaige Auffangmaßnahmen zu beschließen

6) Flexiblere Lehrlingsausbildung

Fundierte Grundkenntnisse und Spezialisierung dürfen in der Lehrlingsausbildung keinen Gegensatz darstellen.

Dafür ist notwendig:

Modularisierung der Ausbildung: Bei einem Modulsystem könnten die Lehrlinge neben einem Basismodul mehrere Zusatzmodule ohne Verlängerung der Lehrzeit absolvie­ren. Diese Zusatzmodule können auch in Partnerbetrieben abgelegt werden, die Ver­antwortung für den Lehrabschluss bleibt jedoch beim ersten Lehrbetrieb.

Verbund von Ausbildungsbetrieben: Wenn ein Betrieb nicht alle im Berufsbild festge­legten Fertigkeiten und Kenntnisse vermitteln kann, wird Lehrlingen damit die Mög­lichkeit geboten, einen Teil ihrer Ausbildung in einem Partnerbetrieb oder einer über­betrieblichen Einrichtung (BFI, WIFI usw.) zu erwerben. Die bisher schon mögliche Zusammenarbeit zwischen den Lehrbetrieben soll weiter ausgebaut werden.

Einrichtung von Gruppenlehrberufen: Um Schmalspurlehrberufe mit geringen Zukunfts­chancen zu vermeiden, sollen mehrere Lehrberufe zu einem Gruppenlehrberuf zusam­mengefasst werden. Eine breite Basisausbildung mit anschließender Spezialisierung ist hier das angestrebte Ziel.

7) Schaffung neuer Lehrberufe mit Zukunftsperspektive

Neue Lehrberufe müssen der Vielfältigkeit der neuen Berufsfelder entsprechen und Fachkräfte hervorbringen, die sowohl über Theorie- als auch Praxiskompetenz verfü­gen.

8) Aufwertung der Berufsschulen – Schlüsselqualifikationen für alle BerufsschülerInnen

Berufsschulen dürfen nicht nur als theoretisches Beiwerk zur praktischen Lehre ver­standen werden. Zu den Schlüsselqualifikationen müssen auch rhetorische Kompe­tenz, Bewerbungstraining, Teamarbeit, Mitarbeiterführung, Zeitmanagement, Konfliktlö­sung usw. zählen. Diese Fähigkeiten können sowohl im Berufsschulunterricht integriert als auch in speziellen Kurseinheiten erworben werden.

9) Beste Qualifizierung der AusbildnerInnen

AusbildnerInnen brauchen über ihre fachliche Qualifikation hinaus vor allem pädago­gische Fähigkeiten, um auch ein Vertrauensverhältnis mit den Lehrlingen aufbauen zu können. Bei der Lehrlingsausbildnerprüfung müssen soziale Kompetenzen zukünftig eine größere Rolle spielen. Zusätzlich müssen Weiterbildungsmaßnahmen für Ausbild­nerInnen in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden forciert werden, damit Lehre­rInnen über aktualisierte Anforderungen und Veränderungen in der Arbeitswelt rasch informiert sind.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 231

10) Besondere Ausbildungsqualität muss honoriert werden

Betriebe, die besonderen Wert auf qualitativ hochwertige Lehrlingsausbildung legen, sollen auch die Möglichkeit bekommen, dies öffentlich darstellen zu können und dafür auch Auszeichnungen erhalten.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


20.53

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek, nicht die November-Arbeitsmarkt­daten, sondern eine Revision der holländischen Daten durch die Europäische Statistik­agentur hat dazu geführt, dass wir jetzt an die zweite Stelle in Sachen Jugendarbeits­losigkeit zurückgefallen sind. – So gesehen eine statistische Ursache. Es hat sich an der an sich relativ positiven Situation in Österreich nichts verändert.

Damit gleich zum Thema Lehrlinge. Meine sehr verehrten Damen und Herren! In die­sem Bereich ist unsere Politik überaus konsistent. Die Lehrgänge sind eingerichtet. Die AMS-Verantwortlichen haben klar festgestellt, dass das Netz mit 5 500 Lehrgangs­plätzen mehr als ausreichend ist und noch eine Sicherheit von 600 Plätzen eingeführt ist. Ich freue mich darüber, dass ich gestern mit Ihnen zu einem Einvernehmen gekom­men bin, hier noch klarer als bisher zu sagen, dass auch Lehrgänge bis zur Lehrab­schlussprüfung führen können.

Es ist das AMS, das darauf schauen muss, dass Lehrgangsteilnehmer, wenn möglich, auf Lehrplätze verwiesen werden. Wenn das nicht geht, soll es einen Automatismus geben, in den nächsten Lehrgang einzutreten. – Und das ist gut so. In diesem Punkt gibt es also völlige Übereinstimmung mit Ihnen, und ich danke auch für Ihr Mitgehen.

In Sachen der 19- bis 24-Jährigen ist die Situation relativ unerfreulicher. Während es bei den 15- bis 18-Jährigen im November wiederum eine leicht rückläufige Arbeits­losenquote gab, steigt diese bei den 19- bis 24-Jährigen. Daher gibt es hier den Ein­satz zusätzlicher Mittel. Die Arbeitsmarktrücklage ist leider aufgebraucht. Das ist so, daher Dank an die Arbeitgeber, dass sie zugestimmt haben, Insolvenzfondsmittel aus der Reserve zur Verfügung zu stellen.

Es wurde nicht bloß von 20 Millionen € auf 22 Millionen € erhöht, sondern das AMS wurde von mir angewiesen, aus dem Zentralkredit zusätzlich 5 Millionen € zur Verfü­gung zu stellen. Sie wissen das. Dazu kommen 23 Millionen € aus der Arbeitsmarkt­rücklage, die noch vorhanden sind, sodass insgesamt im Jahr 2004 55 Millionen € zur Verfügung stehen werden und damit nicht wie bisher 5 000 zusätzliche, sondern 6 000 zusätzliche Plätze bereitgestellt werden können.

Auch da bedanke ich mich ausdrücklich bei der Sozialdemokratie dafür, dass sie bei diesem wichtigen Projekt mitgeht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


20.55

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Nationalrates! Wir beschließen heute einige


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 232

Änderungen beim Arbeitslosenversicherungsgesetz. Das haben wir schon gehört. Das ist richtig, und das ist unseres Erachtens auch notwendig.

Notwendig ist es aber vor allem deshalb, weil einige Schnellschüsse der „Speed kills“-Politik am heutigen Abend repariert werden müssen. Wir begrüßen diese Reparaturen, wir würden es aber noch mehr begrüßen, wenn Sie bei Gesetzesbeschlüssen sorg­fältiger vorgehen würden, denn dann könnten wir uns derartige Reparaturen ersparen. Vor allem wären dann die Menschen, für die die Gesetze gemacht werden, nicht oft monatelang verunsichert.

Politik braucht Verantwortung. – Das sagen Sie von den Regierungsparteien immer so gerne. Verantwortung heißt aber auch, nicht ständig zu verunsichern. Verantwortung, sehr geehrte Damen und Herren, können Sie vor allem zeigen, indem Sie die drama­tische Situation auf dem Arbeitsmarkt ernst nehmen.

Seit Monaten weisen wir auf die immer größer werdende Zahl von arbeitslosen Men­schen hin. Seit Monaten fordern wir, Maßnahmen dagegen zu ergreifen. Seit Monaten verweisen Sie dann immer so gerne auf die schlechteren Zahlen in anderen EU-Staaten, wie auch bei der heutigen Debatte.

Es geht aber bei den 42 519 jungen Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren nicht um Vergleichszahlen, es geht nicht um Statistiken und es geht nicht um Zahlenmaterial. Es geht um Menschen, es geht um 42 519 Einzelschicksale, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir SozialdemokratInnen begrüßen die Mittel, die zur Verfügung gestellt werden, aber sie kommen erstens zu spät und sie sind außerdem zu gering dotiert. Das haben wir heute auch schon vom Kollegen Öllinger gehört.

Die 25 Millionen €, die zur Verfügung gestellt werden, werden für 6 000 Jugendliche – wie ich soeben gehört habe – reichen, und wir wissen aus Erfahrung, nur zirka die Hälfte wird tatsächlich ein Dienstverhältnis antreten können. Ich frage Sie: Was pas­siert mit den restlichen 34 599 jungen Menschen?

Die Aufstockung der Mittel ist sehr begrüßenswert, aber in erster Linie verdanken wir und vor allem die betroffenen Jugendlichen diese Aufstockung unserer Sozialspreche­rin Heidrun Silhavy. Ein Danke an dich, Heidrun! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weiß schon, dass Sparen bei Ihrer Politik immer im Vordergrund steht, es hat auch oberste Priorität. Aber bei den Zukunftschancen der Jugend zu sparen wird am Ende teuer kommen. Wenn Jugendliche keine Möglichkeit haben, an der Arbeitswelt teilzunehmen, nimmt man ihnen die Chance zur Existenz­gründung. Man nimmt ihnen die Chance zu einem selbstbestimmten Leben und man nimmt ihnen am Ende auch ihr Selbstvertrauen. Das kann nicht Ziel einer verantwor­tungsvollen, zukunftsorientierten Politik sein.

Wenn wir heute Abend das Arbeitslosenversicherungsgesetz ändern, so möchte ich an Sie alle appellieren: Ändern wir nicht nur das Gesetz, sondern schaffen wir echte Zu­kunftschancen auch für die 248 156 arbeitslosen Menschen in Österreich! Bekämpfen wir gemeinsam die Arbeitslosigkeit und nicht die arbeitslosen Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 233

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 318 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek, Silhavy, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die von den erwähnten Abänderungsanträgen betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben eine Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 4 Ziffer 1 bezieht.

Jene Abgeordneten, die diesem Abänderungsantrag ihre Zustimmung geben, ersuche ich um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Dolinschek, Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich ebenfalls auf Artikel 4 Ziffer 1 bezieht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Abänderungsantrag ihre Zu­stimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenom­men.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein bejahen­des Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetz­entwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies nun­mehr einstimmig angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend die geplante Auslagerung der Betreuung und Vermittlung von Künstlern und Künstlerinnen im AMS Wien an eine private Organisation und den daraus resultierenden Qualitätsverlust.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend: „Der Jugend faire Chancen für die Zukunft eröffnen“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (22 d.B.): Übereinkommen (Nr. 183) über die Neufassung des Übereinkommens über den Mutterschutz (Neufassung) samt Erklärung der Republik Österreich ge-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 234

mäß Artikel 4 Abs. 2 des Übereinkommens sowie Empfehlung (Nr. 191) betref­fend die Neufassung der Empfehlung betreffend den Mutterschutz (319 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde insofern verzichtet, als die Frau Berichter­statterin die erste Debattenrednerin ist.

Frau Abgeordnete Marek, ich erteile Ihnen das Wort.

 


21.01

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die in Österreich gültigen Schutzbestimmungen zum Mutterschutz liegen alle deutlich über den von der Internationalen Arbeitskonferenz festgelegten Mindeststan­dards. So liegt etwa die Gesamtschutzfrist mit 16 Wochen um 2 Wochen über der ge­forderten Mindestdauer. Bei Mehrlingsgeburten und Entbindungen durch Kaiserschnitt erhöht sich diese Frist noch um 4 Wochen, was ebenso die geforderten Mindeststan­dards mehr als erfüllt. Gleiches gilt für das Wochengeld, dessen Höhe dem jeweils durchschnittlichen Monatseinkommen inklusive 13. und 14. Gehalt entspricht. (Präsi­dent Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Aus diesem Grund gibt es für die Republik Österreich in diesem Bereich keinen Ände­rungsbedarf, was einmal mehr ein Beweis für die hohen sozialen Standards in unse­rem Land ist.

Unser umfassendes Mutterschutzgesetz wurde 1957 nach einer – man kann fast sa­gen – langen Geburtsphase, die bereits mit Ende des 19. Jahrhunderts begann, unter dem damaligen ÖVP-Bundeskanzler Raab beschlossen. Dieses Gesetz machte Öster­reich im Kreise der westlichen Industriestaaten zu dem Land mit den weit reichendsten Mutterschutzbestimmungen, und wir liegen bis heute im internationalen Vergleich vorne, was aber nicht heißt, dass wir nicht noch besser werden könnten.

Das hier zur Debatte stehende Übereinkommen enthält nämlich unter anderem auch zwei Empfehlungen, auf die ich hier kurz eingehen möchte:

Erstens wird die Ausweitung der Schutzfrist auf 18 Wochen empfohlen, was ich spe­ziell für jene Frauen für durchaus überlegenswert halte, die in Berufen mit erhöhter körperlicher Belastung beschäftigt sind. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir gerade für diese Frauen hier Erleichterungen schaffen könnten.

Die zweite Empfehlung der Internationalen Arbeitskonferenz bezieht sich auf eine Fle­xibilisierung bei der Lage beziehungsweise Aufteilung der Schutzfrist vor und nach der Entbindung. Ich denke, dass wir bei einer derartigen Flexibilisierung im Sinne eines effizienten Arbeitnehmerinnenschutzes sehr, sehr vorsichtig sein müssen, um die Frauen damit nicht zu großem Druck durch den Arbeitgeber auszusetzen.

Abschließend möchte ich aber noch einmal zum aktuellen Mutterschutzgesetz zurück­kommen.

Die spätere ÖVP-Sozialministerin Grete Rehor war bei der Sitzung des Nationalrates am 13. März 1957 eine der Antragstellerinnen beim Mutterschutzgesetz, und ich möchte Ihnen aus dem Protokoll dieser Sitzung die Schlusssätze von Grete Rehors Rede nicht vorenthalten. Ich zitiere:

„Der Herr Bundeskanzler darf für sich in Anspruch nehmen, dass er in den letzten Jah­ren mit größtem Verständnis und mit dem Einsatz seiner Persönlichkeit entscheidend am Zustandekommen wichtiger sozialpolitischer Gesetze mitgewirkt hat, insbesondere


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 235

dann, wenn sich die zuständigen Parteien nicht einigen konnten. Wir müssen ihn nunmehr auch als Geburtshelfer für das Mutterschutzgesetz dem Hause präsentieren.

In der letzten, entscheidenden Runde hat er uns nämlich geholfen, dass das Gesetz in seiner jetzigen Fassung zum Beschluss erhoben werden kann. Da der österreichische Bundeskanzler zugleich Bundesparteiobmann der Österreichischen Volkspartei ist, dürfen die Abgeordneten der Österreichischen Volkspartei und im besonderen die Abgeordneten des Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbundes mit Freude fest­stellen, dass wir beim Zustandekommen dieses Gesetzes entscheidend mitgewirkt haben.“

Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.05

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Wie meine Vorrednerin bereits ausgeführt hat, werden in diesem Übereinkommen Mindest­standards definiert, die die autonomen innerstaatlichen Regeln, welche über diesen Mindeststandards liegen, nicht tangieren.

Bemerkenswert ist aber, dass in dieser Konvention über die bisher geltende Konven­tion hinaus gehend Regelungen getroffen werden. So wird zum Beispiel der Kündi­gungsschutz zeitlich auf die gesamte Schwangerschaft, die Schutzfrist und einen ge­setzlich zu bestimmenden Zeitraum danach ausgedehnt. In der alten Regelung bezog sich der absolute Kündigungsschutz nur auf die Zeit während des Mutterschaftsur­laubs.

Weiters wird in dieser Konvention ausdrücklich festgehalten, dass eine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber keinesfalls wegen der Schwangerschaft oder der Schutzfrist oder aus Gründen, die damit in Zusammenhang stehen, erfolgen darf. Außerdem kommt ausdrücklich neu hinzu ein Verbot der Diskri­minierung aus Gründen der Mutterschaft.

Als dritten Punkt möchte ich noch hervorheben, dass eine strengere Beweislastumkehr für den kündigenden Arbeitgeber vorgesehen ist, der nun den Beweis führen muss, dass die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in keinem Zusammen­hang mit der Schwangerschaft stehen.

In Summe ist das also eine Verbesserung der definierten Mindeststandards, die wir nur begrüßen können, und daher werden wir dieser Vorlage zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 3 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.

 


21.07

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Der Mutterschutz soll jetzt durch diese Regelung flexibler werden, und es wird dadurch eine größeren Anzahl von Mitgliedstaaten die Ratifikation ermöglicht.

Das vorhergehende Abkommen wurde bis heute nur von 27 Staaten – darunter auch von Österreich – ratifiziert. Diese Neufassung des Übereinkommens über den Mutter-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 236

schutz ist notwendig, um durch die flexible Gestaltung einer größeren Anzahl von Staaten die Ratifikation zu ermöglichen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Mandak. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.08

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Auch wir begrüßen die Verbesserung in diesem vorliegenden Übereinkommen. Zwei kurze Bemerkungen zum Text:

Als ein Kuriosum erscheint mir der Begriff „bruststillende Mütter“, weil ich mein Lebtag noch nichts anderes erlebt habe als eine Mutter, die mit der Brust stillt. Aber das kommt wohl aus der englischen Übersetzung des Wortes „breastfeeding“. Wie gesagt, ich finde es irgendwie kurios.

Der zweite Begriff ist der des „Mutterschaftsurlaubs“, wo ich mir wünschen würde, dass man da eine andere Bezeichnung dafür fände. Es ist wunderschön, ein Kind zu bekom­men, aber die Zeit kurz davor und nach der Geburt als Urlaub zu bezeichnen, scheint mir doch etwas übertrieben zu sein. Also es wäre ganz fein, würde man das als Mutter­schaftskarenz oder mit einem ähnlichen Begriff bezeichnen. Begriffe transportieren ja auch Inhalte, und ich glaube nicht, dass der Eindruck entstehen sollte, dass Frauen, die ein Kind bekommen haben, sich in einem Urlaub als solchen befinden, so schön die Zeit auch sein mag.

Artikel 6 schreibt die Leistungen fest. Darin ist Folgendes verankert: „Die Geldleistun­gen sind auf einem Niveau festzusetzen, das den Unterhalt der Frau und ihres Kindes in einwandfreien gesundheitlichen Verhältnissen und bei angemessener Lebenshal­tung gewährleistet.“

Ich würde mir wünschen, dass das wirklich erfüllt wird. Ich habe darüber nachgedacht und bin zu der Meinung gelangt, dass das eigentlich bedeuten würde, dass Mütter, die mit ihren Säuglingen zum Beispiel an der Südost-Tangente oder an Transitstrecken in Tirol leben, zwischenzeitlich einen Ersatzwohnort zur Verfügung gestellt bekommen müssten, weil sie nicht „in einwandfreien gesundheitlichen Verhältnissen“ leben und daher nicht in der Lage sind, ihren Säugling bei sich zu haben.

Wenn wir solche Übereinkommen unterzeichnen, sollten wir überlegen, was das eigentlich heißt und unter welchen Lebensbedingungen wir mittlerweile in Österreich leben. (Beifall bei den Grünen.)

Das Wesentliche an diesem Übereinkommen ist meiner Meinung nach, dass es von nur 27 Staaten unterzeichnet ist. Es gibt auch andere Übereinkommen der Internatio­nalen Arbeitsorganisation, die ebenfalls von nur sehr wenigen Staaten unterzeichnet sind. Auch Österreich hat nicht alle Übereinkommen unterzeichnet, daher die Bitte an die Regierung, diese Versäumnisse nachzuholen und nicht nur den Standards gerecht zu werden – das sind wir zum größten Teil –, sondern diese Übereinkommen auch zu ratifizieren. Das ist deswegen sehr wichtig, weil diese arbeitsrechtlichen Bestimmungen beziehungsweise diese Bestimmungen über die Arbeitswelt, über die Bedingungen, unter welchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten, eine Voraussetzung für einen gerechten Welthandel sind.

Diese ILO-Bestimmungen, von denen immer wieder die Rede ist, wären ein ganz wich­tiger Gegenpol zu einer WTO, die rein nach monetären Grundsätzen entscheidet. Es wäre wichtig, dass sich da eine starke Gegenmacht etablieren kann, sodass Arbeits­bedingungen international zumindest auf einen Mindeststandard gebracht werden und damit gerechtere Voraussetzungen für den Welthandel gegeben werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 237

Ich würde ersuchen, dass da – vor allem in der österreichischen Außenpolitik – ver­stärkt in diese Richtung gearbeitet wird, damit noch viel mehr Staaten beitreten und solche Übereinkommen unterzeichnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.11

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, dem Ab­schluss des Staatsvertrags: Übereinkommen (Nr. 183) über die Neufassung des Über­einkommens über den Mutterschutz (Neufassung) samt Erklärung der Republik Öster­reich in 22 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Ich lasse nun über den Antrag des Ausschusses abstimmen, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Absatz 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses, die Empfehlung (Nr. 191) betreffend die Neufassung der Empfehlung betreffend den Mutterschutz zur Kenntnis zu nehmen.

Wer da zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

14. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (260 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinar­gesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagerge­setz 2003 und das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert werden (Wehr­rechtsänderungsgesetz 2003 – WRÄG 2003) (333 d. B)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. 3 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen das Wort.

 


21.13

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Was das Wehrrechtsänderungsgesetz angeht, gab es, Herr Bundesminister, eine sehr sachliche und konstruktive Zusammenarbeit. Viele unserer Vorschläge und Anregungen fanden Berücksichtigung. Vieles findet daher auch unsere Zustimmung, aber wie immer spießt es sich beim Militärbefugnisgesetz. Da konnte kein Einvernehmen erzielt werden.

Wir haben, Herr Bundesminister, wie Sie wissen, vor einem Jahr einen Antrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt, dieses Bundesgesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben. Gestern wurde diese Causa im Verfassungsgerichtshof verhandelt. Wir


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 238

haben Sie gebeten, das Militärbefugnisgesetz aus dem Wehrrechtsänderungsgesetz herauszunehmen und die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes abzuwarten. Bedauerlicherweise waren Sie dazu nicht bereit. Nein, Sie wollten nicht, und daher brachten wir das Verlangen auf getrennte Abstimmung über Artikel 5 der Regierungs­vorlage des Militärbefugnisgesetzes hier ein.

Mehrere Bestimmungen des Militärbefugnisgesetzes sind unserer Rechtsauffassung nach verfassungswidrig. Sie verstoßen unserer Meinung nach zum Teil gegen das Bundesverfassungsgesetz über die persönliche Freiheit, zum Teil gegen einzelne Arti­kel der Europäischen Menschenrechtskonvention, auch gegen das Datenschutzgesetz. Auf all das haben wir aufmerksam gemacht. Aber anstatt die gravierenden verfas­sungsrechtlichen Bedenken gegen das Militärbefugnisgesetz bei dieser Wehrrechts­änderungsgesetz-Novelle zu berücksichtigen und die von uns behaupteten verfas­sungswidrigen Bestimmungen aus der Welt zu schaffen, ging und geht es Ihnen um die Ausweitung der Befugnisse.

Dagegen gibt es massive Einwände des Bundeskanzleramtes, des Völkerrechtsbüros und des Bundesministeriums für Justiz, denn in Hinkunft, Herr Bundesminister, soll es möglich sein, Daten, vor allem personenbezogene Daten und sensible Informationen, an ausländische Polizei- und Militärdienststellen, an internationale Organisationen und an sonstige zwischenstaatliche Einrichtungen weiterzugeben. Das ist auf keinen Fall zulässig, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher fordern wir – und das nicht nur erst heute, sondern schon seit Jahren, seit Be­stehen dieses Gesetzes – eine verstärkte und auch wirksamere Kontrolle der Exeku­tion dieses Bundesgesetzes durch das Parlament. Das muss sichergestellt werden! Es darf nicht, wie von Ihnen in diesem unzumutbaren Gesetzeswerk beabsichtigt ist, eine Ausweitung dieser Befugnisse bis hin zu einem Überwachungsstaat geben.

Es ist ein anderer Weg, den die Koalition geht, aber das ist der falsche Weg, und er findet nicht unsere Zustimmung! (Beifall bei der SPÖ.)

21.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Murauer ist der nächste Redner. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.16

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich bin natürlich ein wenig anderer Meinung als der Wehrsprecher der SPÖ, wie Sie es sich vorstellen können, und sehe im Wesentlichen zwei Prioritäten für das Bun­desheer und für die Landesverteidigung.

Zum Ersten: die Aufrechterhaltung und Sicherung der Souveränität Österreichs zu Lande und in der Luft.

Zweitens: die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen nach Petersberg-Abkom­men, nach UNO-Verpflichtungen und nach PfP-Missionen – dies ohne Augenzwinkern, wenn da irgendwelche Unklarheiten wären.

Die Dienstrechts-Novelle und die Wehrgesetzesänderung liefern die Voraussetzung für KIOP, die Kräfte für internationale Operationen, denn wir haben uns verpflichtet, mit 1 500 Mann – eine Zahl, die allerdings mit vier zu multiplizieren ist – dazu beizutragen, auch außereuropäische Krisen zu bewältigen.

In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen allen, weil es mir wichtig erscheint, zur Kenntnis bringen, dass wir uns dazu mit der Unterschrift des damaligen Bundeskanz­lers Klima verpflichtet haben.

Meine Damen und Herren! Ich bringe nun folgenden Antrag ein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 239

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdis­ziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Militärbefugnisgesetz, das Sperrgebietsgesetz 2002, das Munitionslagerge­setz 2003 und das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert werden (Wehrrechts­änderungsgesetz 2003 – WRÄG 2003) (260 BlgNR, XXII.GP).

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzentwurf in der Fassung des Berichtes des Landesverteidi­gungsausschusses (333 BlgNr, XXII. GP) wird wie folgt geändert:

1. Im Art. 1 wird nach Z 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a §1 Abs. 3 Z 2 lautet:

‚2. Personen, die dem Bundesheer auf Grund eines Dienstverhältnisses angehören als

a) Militärpersonen des Dienststandes,

b) Berufsoffiziere des Dienststandes,

c) Beamte und Vertragsbedienstete, die zur Ausübung einer Unteroffiziersfunktion her­angezogen werden, für die Dauer dieser Heranziehung,

d) Militärpiloten auf Zeit und

e) Vertragsbedienstete des Bundes mit Sondervertrag für eine Verwendung in Organi­sationseinheiten des Bundesheeres mit hohem Bereitschaftsgrad für die Entsendung zu Auslandseinsätzen.’“

2. Im Art. 1 Z 7 wird im § 60 nach Abs. 2a folgender Abs. 2b eingefügt:

„(2b) § 1 Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2003, tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.“

*****

Meine Damen und Herren! Dass Sicherheit auch die Zurverfügungstellung von finan­ziellen Mitteln bedeutet beziehungsweise auch Geld kostet, hat unser Herr Bundes­minister Platter entsprechend berücksichtigt, und ich freue mich, feststellen zu können, dass 17 Millionen € gerade für Auslandseinsätze, und zwar mit dem Schwerpunkt Süd­osteuropa, zur Verfügung gestellt werden. Herr Bundesminister, ich bedanke mich sehr herzlich dafür!

Meine Damen und Herren! Weil immer wieder gute Vorschläge von der Opposition kommen, was man nicht alles statt der Abfangjäger tun könnte und kaufen könnte und errichten könnte (Zwischenruf des Abg. Gaál), möchte ich Sie darauf aufmerksam machen: Sicherheit kostet Geld, auch Abfangjäger sind diesbezüglich notwendig, aber Unsicherheit kostet ungleich mehr Geld!

Deswegen meine ich, dass dieser Gesetzesvorlage durchaus zuzustimmen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Murauer eingebrachte Ab­änderungsantrag der Abgeordneten Murauer und Dr. Bösch ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 240

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


21.20

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen von der ÖVP! Langsam, aber sicher wird das eine unzumutbare Vor­gangsweise, dass ein Abänderungsantrag vorgelegt wird, der nur aus Ziffernzitationen besteht (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung ÖVP –: Wo merkt man das, dass es mehr kostet? Ist das irgendwo unterrichtet worden? – Abg. Jakob Auer: Bei „Euroteam“!), sodass es also absolut unmöglich ist, ohne Vorliegen des Gesetzestextes und ohne ausreichende Zeit die Auswirkungen der jeweiligen Veränderungen gegenüber der Novelle zu beurteilen. (Abg. Scheibner: Das passt schon ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Das ist eine absolute Zumutung, ich sage es Ihnen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt reißt es langsam ein, dass es nicht einmal mehr ausgeteilt wird. Das ist wirklich ... (Ruf bei der ÖVP: Sie können eh dagegen sein!) – Entschuldigung, wenn Sie mit dieser Haltung im Parlament sitzen (Abg. Schieder: Das ist eine schöne Antwort: „Sie können eh dagegen sein“!), dass man nicht einmal mehr die gesetzlichen Bestimmun­gen so erfüllt, dass die Opposition zumindest die Möglichkeit hat, zu beurteilen, was Sie wollen, dann führt sich das Ganze ad absurdum. Das ist wirklich eine Missachtung des Parlamentes, die sich gewaschen hat! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn das wenigstens schriftlich vorliegen würde ... (Abg. Murauer: ... noch nie, dass ein Abänderungsantrag eingebracht wurde?) – Sehr geehrter Herr Kollege! Wenn das wenigstens schriftlich vorliegen würde und wenn Sie von vornherein ... (Zwischenruf des Abg. Murauer.) – So hören Sie doch einmal zu! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Murauer: Lassen Sie sich nicht nervös machen!)

Wenn Sie schon von vornherein davon ausgehen, dass die Opposition automatisch dagegen stimmt, dann ignorieren Sie das, was in diesem Ausschuss auch in einer gemeinsamen Debatte geleistet wurde! Sie ignorieren, dass durchaus Vorschläge der Opposition gekommen sind, die akzeptiert worden sind, und dass es deswegen auch der Opposition möglich gewesen wäre, einem großen Teil dieses Gesetzes zuzustim­men.

Wir haben Schwierigkeiten mit dem Punkt 5, das ist vollkommen klar, diesem Miss­brauch von Daten, diesem Transferieren von Daten zu internationalen Organisatio­nen. – Herr Kollege Murauer, wenn Sie die Gnade hätten, auch noch zuzuhören, wäre ich Ihnen fast schon wieder dankbar! (Abg. Scheibner: Überhaupt keine Frage, dass man dem Redner zuhört!) Wenn Sie behaupten, das würde uns über internationale Organisationen vorgeschrieben, dann stehen Sie so etwas von daneben, dass Sie in dieser Diskussion überhaupt nichts mehr zu suchen haben. (Abg. Murauer: Das ist aber freundlich von Ihnen! Normalerweise sind Sie ...! – Abg. Scheibner: Das ist aber auch nicht die parlamentarische Sitte!)

Das Folgende muss ich Ihnen auch noch sagen: Die gesamte Textierung des Geset­zes ist wieder einmal nicht geschlechtergerecht formuliert. – Ja, darüber lachen Sie auch noch! Na klar, diese Ironie haben Sie gerade noch notwendig! (Abg. Murauer: Nein, ich lache nicht! Ich könnte lachen, aber ich lache nicht!)

Auf der einen Seite wollen wir, dass Soldatinnen zum Militär kommen. Auf der einen Seite wollen wir das Heer für die Frauen attraktiver machen. Aber dann sind Sie nicht einmal bereit, dies auch in der Textierung zu berücksichtigen, denn das wäre in diesen Fällen wirklich nicht schwierig gewesen, wir haben es uns extra angeschaut. (Abg. Murauer: Nicht am Text liegt es, sondern am Handeln, Frau Kollegin! Da sind wir gut! Im Handeln sind wir exzellent!)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 241

Ich sage Ihnen: Es wäre gut möglich gewesen, hier einen guten Teil des Weges ge­meinsam zu gehen. Ich sage Ihnen ehrlich, ich kann, da mir nicht einmal schriftlich vorliegt, was Sie jetzt beantragt haben, nicht beurteilen, was diese Veränderungen bewirken. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten, weil ich nicht bereit bin, die Katze im Sack zu kaufen. Das ist wirklich eine Novität, die heute „eingekehrt“ ist, dass man seine Abänderungen nicht einmal mehr schriftlich vorlegt!

Zum Abschluss zur Frage des Punktes 5: Herr Kollege Murauer, dass Ihnen Daten­schutz kein Anliegen ist, ist mir klar. Den Sozialdemokraten und uns ist er ein Anliegen. Deswegen gab es von den Sozialdemokraten auch das Verlangen auf eine getrennte Abstimmung, das wir mit unterstützen, weil die Auswirkungen unabschätzbar sind, weil es hier zu Verstößen gegen die Menschenrechtskonvention und gegen den Daten­schutz in großem und breitem Ausmaß kommt.

Für diese Ihre letzte Aktion heute sollten Sie sich schämen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Brosz – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Bösch –: Bitte einen Abänderungsantrag, den hätten wir noch gern!)

 


21.25

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen werden diesem Wehrrechts­änderungsgesetz zustimmen. Es geht dabei um Gesetzesänderungen, die im gesam­ten Wehrrecht umfangreiche Formalentlastungen mit sich bringen, im Sinne von legis­tischen Richtlinien, die überschießende gesetzliche Regelungen eliminieren und alles besser straffen.

Was Sie hier angedeutet haben, Frau Kollegin Lichtenberger, überrascht mich, weil es bei diesem Abänderungsantrag im Wesentlichen um den Zeitpunkt des In-Kraft-Tre­tens des Gesetzes geht sowie um den Rechtsstatus, den jene Vertragsbediensteten des Bundes, die sich für die Kräfte für internationale Operationen zur Verfügung stellen, hinkünftig haben werden. Diesen Rechtsstatus hat der Herr Bundesminister im Verteidigungsausschuss angekündigt, und er wird hier in diesem Abänderungsantrag sozusagen nachgereicht. Ihre Aufregung in diesem Bereich ist deshalb künstlich. (Zwi­schenruf der Abg. Hagenhofer.)

Meine Damen und Herren! Zu Artikel 5: Dass Sie das Militärbefugnisgesetz ablehnen, nehmen wir zur Kenntnis. Aber diese Novellierungen in Artikel 5 des Wehrrechtsände­rungsgesetzes führen zu Präzisierungen in diesem sehr sensiblen Bereich der Daten­übermittlung und sind auch im Wesentlichen eine Anpassung an die neue internatio­nale Situation, in der sich auch das österreichische Bundesheer und seine Dienste hinkünftig befinden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.27

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Nein zu Artikel 5 des Militärbefugnisgesetzes ist kein Nein zum österreichischen Bundesheer! Das möchte ich hier ausdrücklich festhal­ten, um keine Irrtümer aufkommen zu lassen. Wir bekennen uns zu unserem Bundes-


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 242

heer und seinen Soldaten. Sie leisten hervorragende Arbeit für die Sicherheit unserer Menschen in unserem Heimatland. (Abg. Jakob Auer: Bravo!)

Seit Beginn des Assistenzeinsatzes im September 1990 versahen bisher 253 000 Sol­daten des Bundesheeres ihren Dienst an der Grenze. Mehr als 69 000 illegale Grenz­gänger wurden in diesem Zeitraum aufgegriffen. Da ja die Schengengrenze auch nach dem 1. Mai 2004 in vollem Umfang aufrecht bleibt, sind unsere Soldaten weiterhin gefordert. Daher gebührt ihnen unser Dank und unsere Anerkennung für ihre Arbeit!

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, Ihr Fest­halten am Militärbefugnisgesetz, welches eine Ausweitung der Befugnisse vorsieht und in das Datenschutzrecht eingreift, und jetzt natürlich auch diese überfallsartige Vorlage Ihres Abänderungsantrages zwingen uns, nicht zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jakob Auer: Das ist aber schade!)

21.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Günther Platter zu uns. (Abg. Schieder: Mit rückwirkender In-Kraft-Tretung, Herr Minister! In einem Abänderungsantrag lassen Sie das Ganze rückwirkend in Kraft treten!)

 


21.29

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Dieses Wehrrechtsänderungsgesetz hat aus meiner Sicht zwei ganz wichtige Punkte und Bereiche. Zum Ersten erfolgt eine Vielzahl von Anpassungen zur Bekämpfung der Gesetzesflut im Bereich des Wehr­rechtes, und zum Zweiten haben wir erforderliche Anpassungen durchzuführen auf Grund der Beschlussfassung gestern in der Dienstrechts-Novelle im Hinblick auf die Einführung eines neuen Soldatentypus, nämlich des KIOP-Soldaten.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns vorgenommen, dass wir im Rahmen der raschen Eingreiftruppe der EU, für welche insgesamt 60 000 Soldaten zur Verfügung stehen werden, 1 500 KIOP-Soldaten entsenden, damit wir schlussendlich auch einen großen Beitrag im Bereich der internationalen Solidaritätsleistungen erbringen.

Meine Damen und Herren! Warum machen wir das? – Wenn man sich die Bedro­hungslage anschaut, so hat sich diese in den letzten 15 Jahren sehr stark verändert. Heute schauen die Bedrohungen ganz anders aus: Ordnungs- und Staatsverfall, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, darüber hinaus globale Kriminalität und insbesondere internationaler Terrorismus. Wir alle wissen, dass kein Staat der Welt in der Lage ist, diesen Bedrohungen allein zu begegnen. Die Antwort kann daher nur sein: internationale Solidaritätsleistungen, internationales Krisenmanagement. Unsere KIOP-Soldaten werden ihren Beitrag dazu leisten.

Daher darf ich Sie bitten, dieser Regierungsvorlage und diesem Gesetzesantrag die Zustimmung zu erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.31

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminis­ter! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Im Koalitionsabkommen ist das Ziel „leistungsfähiger Staat“ formuliert worden. Um dieses Ziel auch im Wehrgesetz zu erreichen, ist dieses Wehrrechtsänderungsgesetz vorgelegt worden. Es stellt dies ein großes Konvolut von Verbesserungen für unsere Soldaten dar.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 243

Das Wehrrechtsänderungsgesetz ist aber auch ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung von KIOP. (Abg. Brosz: Bitte einen Abänderungsantrag!) Es ist eine Voraussetzung dafür, ein entsprechendes Anreizsystem zu schaffen, um die notwendigen Personal­ressourcen für KIOP zu erreichen und gemäß unserer Vereinbarung in der Europäi­schen Union die Bereitstellung des Personals für Auslandseinsätze zu gewährleisten. (Abg. Mag. Kogler: Das ist ja eine ganz normale Änderung!)

Herr Bundesminister! Ich möchte mich bei dir und bei deinen Mitarbeitern herzlich bedanken für deine konstruktive Arbeit mit allen Fraktionen, auch in der Reformkom­mission – im Sinne der Sicherheit der Menschen in unserem Lande, im Sinne der Sicherheit unserer Soldaten –, für deine Bemühungen, ein modernes, schlagkräftiges Heer aufzubauen, um den neuen Herausforderungen der Sicherheit gerecht zu wer­den! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kumme­rer zu uns. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister, es ist schon eigenartig, wie Sie mit dem Ausschuss umgehen, wie Sie mit dem Parlament umgehen. KIOP-Anpassun­gen sind seit Jahren ein Begriff, die Wehrrechtsänderung, die wir heute beschließen, ist in Begutachtung gegangen, es war sehr, sehr lange Zeit, um hier Änderungen durchzuführen. Es bestand durchaus auch im Ausschuss noch die Möglichkeit, Ände­rungen vorzunehmen. Jetzt kommen Sie mit einem Abänderungsantrag daher! (Abg. Murauer: Der ist gestern zugestellt worden!) Meiner Ansicht nach zerstören Sie diese dünne Eisdecke, die wir noch haben, um eine gemeinsame Wehrpolitik durchzuführen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Gestern habt ihr ihn gekriegt im Klub!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in der gebotenen Kürze auch mit den Gesetzesbereinigungen, mit den Rechtsbereinigungen beschäftigen. (Abg. Murauer: Kollege Kummerer! Gestern habt ihr ihn gekriegt im Klub! Nur dass wir es festhalten!) Die Nachhollaufbahn für Frauen wird aus dem Gesetz herausgenommen. Ich erinnere Sie daran, Kolleginnen und Kollegen, mit welcher Euphorie uns Werner Fasslabend als Minister diese Nachhollaufbahn schmackhaft gemacht hat. Er hat so getan, als würden alle weiblichen Bediensteten des Ministeriums diese Nachhollaufbahn in Anspruch nehmen. Sie ist dann ins Gesetz gekommen. 200 haben sich dafür interessiert. Und wie viele Frauen haben diese Nachhollaufbahn abgeschlossen? – Zwei, Herr Minister!

Das wirft ein Licht auf die Arbeit im Ministerium. Ich hoffe nur, dass Sie nicht überall die Lage so falsch einschätzen, wie Sie die Lage bei der Nachhollaufbahn der Frauen ein­geschätzt haben. (Abg. Dr. Jarolim: Warum soll es woanders besser sein?)

Es ist auch interessant, dass Sie immer wieder versuchen, § 47, der sich mit der Nöti­gung beschäftigt, aus dem Wehrgesetz hinauszubringen. Mehr als notwendig ist die Aufrechterhaltung des § 47!

Ich möchte in Stichworten auch noch über den § 43 reden. § 43 beschäftigt sich mit dem Verbot politischer Werbung, politischer Betätigung während des Dienstes und innerhalb des Dienstbereiches. (Der Redner hält ein Flugblatt mit der Aufschrift „Unser Weg für Niederösterreich“ in die Höhe.) Der ÖAAB verteilte diese Werbung vor der Landtagswahl in der Kaserne Mistelbach, mit Einlageblättern. Ich habe das dem Kom­mando Landstreitkräfte zur Kenntnis gebracht.

Was bekomme ich als Antwort? – Ich zitiere: „Am 24. Februar 2003 war der Herr Land­tagsabgeordnete Wilfing in seiner Funktion als Bürgermeister von Poysdorf in der


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 244

Bolfras-Kaserne in Mistelbach, um mit seinem S 3 und einem Unteroffizier des Kom­mandos des Aufklärungsbataillons 3 die Problematik von Übungsschäden und deren mögliche Vermeidung in der jetzigen Jahreszeit zu erörtern. Es handelte sich um einen rein informellen Besuch des Herrn Landtagsabgeordneten in seiner Funktion als Bür­germeister von Poysdorf ohne politischen Hintergrund.“

Das, Herr Minister, schreiben Ihre Spitzenbeamten nach sachlichen Mitteilungen.

Ich habe ihm das dann näher erläutert und die Auskunft bekommen, es werden Er­hebungen eingeleitet. Vom Ergebnis darf er mich besonders in Kenntnis setzen. Darauf warte ich heute noch, aber das Ergebnis habe ich bereits gesehen: Derselbe Landtags­abgeordnete, der bewusst und vorsätzlich den § 43 Wehrgesetz bricht, war der Fest­redner bei der letzten Angelobung der Jungmänner!

Herr Minister! So schaut es in Ihrem Ministerium aus! (Beifall bei der SPÖ.)

21.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.36

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Hohes Haus! En bloc werden wir heute wichtige Gesetze abändern, die für unsere Soldatinnen und Soldaten wichtige Neuregelungen bringen. (Abg. Murauer: Jawohl!)

Eines davon ist das Militärberufsförderungsgesetz. Mit dieser Adaptierung soll unseren Zeitsoldaten ein Wiedereinstieg in das zivile Erwerbsleben wesentlich erleichtert wer­den, einerseits durch Übernahme von Ausbildungskosten bis in eine bestimmte Höhe, andererseits durch Fortzahlung eines Teils ihres letzten Aktivgehaltes während der Ausbildung. So wird das Modell des Zeitsoldaten auch in Zukunft für Männer und Frauen attraktiv bleiben.

So gesehen, ist dies ein wichtiges Gesetz zur richtigen Zeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Schasching. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.37

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! An sich war ich darauf vorbereitet, mich heute positiv über das Wehrrechtsänderungsgesetz zu äußern. An sich war ich darauf vorbereitet, zu sagen, dass wir im Ausschuss eine sehr konstruktive Diskussion hatten.

Nun aber geschieht das, was Sie soeben erlebt haben, eine plötzliche Abänderung (Abg. Jakob Auer: Die war schon gestern im Klub!), eine wirklich unnötige Vorgangs­weise, mit der man hier wieder einmal zeigt: Na, in Wahrheit wollen wir mit euch als Opposition nicht wirklich etwas gemeinsam beschließen. (Abg. Dr. Jarolim: Vorgang wie üblich!) Das ist für mich ein sehr unangenehmes Signal, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz.)

Aber es passt zum heutigen Tagesverlauf. Es passt zu dem, was wir heute schon am Vormittag bei der ÖBB-Reform erleben mussten, und es passt für mich ins Bild einer immer abgehobener agierenden Politik der ÖVP sowohl im Bund als auch im Land – schließlich bin ich Niederösterreicherin und weiß, wovon ich spreche – als auch in meiner Heimatgemeinde. Es wird so agiert, als würde es eine Opposition gar nicht


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 245

geben. Das Einbeziehen ist nicht erwünscht, das Drüberfahren ist die Methode! Ich meine, dass das dem Klima weder in den Gemeinden noch im Land und schon gar nicht im Bund, also unserer gesamten Bevölkerung nicht gut tun kann.

In diesem Sinne möchte ich nur noch einmal bestärken: Art. 5 Militärbefugnisgesetz ist für uns undiskutabel, dem kann daher ohnehin nicht zugestimmt werden. Und auf Grund Ihrer Vorgangsweise lehnen wir die gesamte Materie ab. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.39

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr ge­schätzten Damen und Herren! Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass mit dieser Wehrrechtsänderung Formalentlastungen der Gesetzestexte und ein Abbau unzweck­mäßiger Verwaltungsvorgänge vorgenommen werden. Besonders wichtig daran scheint mir zu sein, dass die Beseitigung diverser Formalvorschriften mit dem Ziel eines erheblich vergrößerten Gestaltungsspielraums bei der Vollziehung dieser Ge­setze verbunden ist.

Ich kann im Besonderen auf geänderte praktische Bedürfnisse verweisen. Der Herr Bundesminister hat bereits darauf hingewiesen, dass wir uns international dazu ver­pflichtet haben, an so genannten KIOP-Einsätzen teilzunehmen. Ich möchte darauf verweisen, dass man natürlich die Voraussetzungen dafür schaffen muss, diese 1 500 Soldaten, die für Auslandseinsätze zu rekrutieren sind, letzten Endes auch zu bekommen.

Ich möchte Sie davon informieren, dass im Rahmen des KFOR-Einsatzes, eines Frie­denseinsatzes im Kosovo, aus unserer Kaserne, vom Panzergrenadierbataillon 13 der Kaserne Ried, bereits 56 Soldaten im Einsatz waren. Diese Soldaten haben sich bei dem Einsatz sehr positiv bewährt. Bewährt hat sich auch, dass es so viele Soldaten aus einer Kaserne waren, weil man einander gekannt hat und sich letzten Endes auf­einander verlassen und einander vertrauen konnte. So war dieser Einsatz besonders erfolgreich. (Abg. Murauer: Jawohl!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte dieses Gesetz ganz besonders befür­worten, weil es uns und den Soldaten die Garantie gibt, dass man letzten Endes ganz positiv im Sinne Österreichs agieren und auch solche Auslandseinsätze absolvieren kann. Ich möchte ganz besonders darauf verweisen, dass unser Bundesminister Platter und auch die Volkspartei wesentliches Interesse daran haben, den Frieden in unseren Nachbarländern zu sichern. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.41

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Die Präpotenz der Mehrheit in diesem Haus wird immer abenteuerlicher! Da wird uns quasi in letzter Sekunde ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin! Für das Wort „Präpotenz“ haben früher Abgeordnete Ordnungsrufe erhalten. – Ich erteile keinen, ersuche Sie aber, eine andere Ausdrucksweise zu wählen!

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 246

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (fortsetzend): Zum Abenteuerlichen an der ganzen Geschichte gehört dann auch noch: Auf Grund der Tatsache, dass wir sagen, wir können diesen Antrag nicht mehr nachvollziehen und müssten schauen, wie sich das auf unser Abstimmungsverhalten auswirke, kommt von Ihrer Seite ein Zwischenruf, wir würden es ja ohnehin ablehnen. Meine Damen und Herren von der ÖVP! Was haben Sie bloß für ein Demokratieverständnis? – Es ist wirklich schlimm! (Beifall bei der SPÖ.)

Aus den verschiedenen Stellungnahmen, die auf Grund der Gesetzesbegutachtung eingebracht wurden, kann man auch immer sehr viel herauslesen: Was hat der zuständige Minister beachtet, was nicht, was war ihm wichtig, was nicht? – Nehmen wir zum Beispiel die Stellungnahme des Frauenministeriums, wobei ich den BeamtInnen sehr herzlich dafür danken möchte, dass sie die Arbeit, die eigentlich die Frauen­ministerin machen sollte, erledigen und zumindest sie die Sache ernst nehmen. Der Frauenministerin ist ja die Frauenpolitik lästig und fast egal.

Was steht nun in dieser Stellungnahme? – Formulierungen sind so zu wählen, dass sie Frauen und Männer gleichermaßen betreffen. Die BeamtInnen stellen fest, dass das in diesem Gesetz wieder einmal verabsäumt wurde, obwohl sich diese Regierung im Regierungsprogramm, im Ministerratsvortrag und in diversen Frauenförderplänen dazu verpflichtet. Auch Minister Platter hat das sogar schon in einer parlamentarischen An­fragebeantwortung festgestellt.

Das heißt, wir sehen wieder einmal: Das eine gesagt, das andere getan. Es zeigt sich, wie ernst sich diese Regierung selbst nimmt, nämlich scheinbar gar nicht. Eine kon­krete Auswirkung der Tatsache, dass das nicht passiert ist – und das kritisiert auch das Frauenministerium –, ist, dass im Artikel 5 der Änderung des Militärbefugnisgesetzes von einem Rechtsschutzbeauftragten und seinen Stellvertretern, die neu bestellt wer­den, die Rede ist. Damit wird bereits suggeriert, dass „Mann“ sich Männer vorstellt. Frauen werden, wenn überhaupt, nur mitgedacht. – Wir werden das ja dann bei der Besetzung sehen.

Sollte wider Erwarten eine Frau diese Stelle bekommen, dann hat möglicherweise auch meine Rede heute dazu beigetragen. Dann wäre es das auch wert gewesen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pack. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.43

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Zu Beginn nur ganz kurz eine Richtigstellung: Der Abänderungsan­trag wurde den Klubs der Opposition gestern zugestellt. Die erste Feststellung war also nicht ganz richtig.

Zum vorliegenden Entwurf muss man betonen, dass durch diesen nicht nur unzweck­mäßige Verwaltungsvorgänge abgebaut werden sollen, sondern dass er auch Verbes­serungen und Vorteile für unsere Soldaten bringt. Zu erwähnen ist zum Beispiel der ganze Bereich rund um das KIOP-Dienstverhältnis, das Militärberufsförderungsgesetz, das ein Anreizsystem für den Zeitsoldaten ist, ein wichtiges Rekrutierungsinstrument und natürlich auch sozial notwendig.

Aus dem Militärbefugnisgesetz möchte ich jetzt nur die Funktionsperiode herausneh­men, die von zwei auf drei Jahren verlängert wird. – Das ist auch wirklich ein positiver Punkt.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 247

Abschließend möchte ich sagen, dass dieses Gesetz nicht nur den Staat leistungsfähi­ger macht, sondern auch der Organisation des Bundesheeres hilft. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parnigoni. 3 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


21.45

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es ist wirklich abscheulich, wenn Sie die Erweiterung der Befugnisse und der Eingriffsrechte der nationalen Nachrichtendienste in die Privatsphäre der Bür­gerInnen mit Terrorangst und mit der Bekämpfung der Kriminalität begründen wollen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihr seid so verbittert! Ich verstehe das nicht! Es ist Advent! – Abg. Scheibner: Wieso habt ihr immer Angst vor dem Bundesheer?) Meine Damen und Herren! Was Sie vorhaben, ist in Wirklichkeit ein Bruch der demokratischen Spiel­regeln des Rechtsstaats, wenn Sie etwa Personenkontrollen von militärischem Perso­nal durchführen lassen, ohne zu begründen, warum.

Meine Damen und Herren! Besonders verwerflich ist es, wenn Sie keine Unterschei­dung zwischen militärischem und nicht-militärischem Bereich treffen. Das ist rechtlich in keinster Weise gerechtfertigt, ein schwerer Verstoß gegen das Datenschutzrecht und in Wirklichkeit auch ein massiver Eingriff in die Kompetenzen der Sicherheitsbe­hörden. Ich bin nur neugierig, was der Innenminister dazu sagt, wenn Sie sich da sozu­sagen in seine Gefilde begeben.

Herr Bundesminister und meine Damen und Herren der schwarz-blauen Koalition! In Wirklichkeit wollen Sie unkontrollierte Eingriffsrechte und einen ungehinderten Zugang zur Privatsphäre der BürgerInnen in diesem Land. Das ist durch den fehlenden Daten­schutz möglich und wird dem Datenmissbrauch in Wirklichkeit Tür und Tor öffnen.

Sie haben einen Rechtsschutzbeauftragten, der – ich will nicht sagen Handlanger, aber bestenfalls Hilfsorgan ist, weil er weisungsgebunden ist.

Hohes Haus! Es ist in Wirklichkeit eine Verhöhnung des Rechtsstaates, was Sie hier vorhaben. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man dann auch noch Abänderungsanträge mit Rückwirkung vorlegt, wenn man keine Gelegenheit gibt, diese Abänderungsanträge auch entsprechend zu diskutieren, dann ist unsere Antwort darauf, dass wir den Antrag auf getrennte Abstimmung zurückziehen und diese Novelle ablehnen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

21.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.47

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Diese Regierungsvorlage hat unter anderem Modifikationen im Wehrgesetz und im Auslandseinsatzgesetz zum Inhalt. Es steht dabei: finanzielle Auswirkungen – keine.

Ich habe, wissend, dass für 2004 in etwa 380 Planstellen für KIOP sozusagen in Vor­bereitung sind, den Herrn Minister am 27. November gefragt, wie denn die Kosten für diese Planstellen gedeckt werden sollen, da es ja Sonderverträge sind. Der Herr Minister hat mir zur Antwort gegeben, das sei durch das gewöhnliche Heeresbudget zu finanzieren. Jetzt aber folgt ein Abänderungsantrag.

Herr Minister! Ich denke, das ist nicht der richtige Weg. Ich möchte schon kritisch an­merken, dass, da wir uns ja zur Bereitstellung von KIOP-Kräften sozusagen verpflichtet


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 248

haben, diese wirklich notwendige und wahrscheinlich auch kostenintensive Maßnahme auch einen eigenen Ansatz im Heeresbudget haben sollte. Situationen, wie wir sie jetzt erleben, dass wir in letzter Minute einen Abänderungsantrag hereinbekommen, da wir wissen, dass das Geld kostet, können nicht zielführend sein, Herr Minister! Das bin ich von Ihnen als korrektem Kollegen – sage ich jetzt einmal – eigentlich auch nicht ge­wohnt. Ich habe Sie anders kennen gelernt.

Vielleicht hat man Sie auch nicht entsprechend darauf vorbereitet, aber ein gesonder­ter Verrechnungskreis für internationale Einsätze ist notwendig, noch dazu, da Sie sagen, Sie wollen die Einsätze im südosteuropäischen Raum verstärken. – Für diese Einsätze und für die Bereitstellung der KIOP-Kräfte muss ein eigener Rechnungskreis, herausgelöst aus dem Haushaltsansatz für Heeresverwaltung und Heeresbudget, vor­handen sein. Ansonsten haben wir überhaupt keine Übersicht, was derartige Einsätze kosten und wie viel Geld dafür bereitzustellen ist.

Herr Minister, ich ersuche Sie, in Hinkunft derartige ... (Abg. Steibl: Dinge einzustel­len!) – Nein, nicht einzustellen. Ich ersuche Sie, derartige Abänderungsanträge schon ins Gesetz hineinzuschreiben, denn am 27. November war die Ausschusssitzung, und heute kommen Sie mit einem Abänderungsantrag! – Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Nur der Ordnung halber: Gestern!)

21.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.50

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich dafür entschuldigen, dass ich sehr heftig geworden bin, da ich erst im Nachhinein gesehen habe, dass uns der Antrag wirklich zugegangen ist, allerdings konnte er auf Grund unterschiedlicher Umstände heute nicht mehr zugestellt werden. Ich entschuldige mich dafür in aller Form und erkläre auch, woher meine Heftigkeit kam. (Beifall bei den Grünen, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben heute den ganzen Tag Abänderungsanträge mit Zitationen von Ziffern be­kommen, die in ihrer Komplexität bis zum Abschluss, bis zur Abstimmung nicht beur­teilbar waren, wenn man Politik seriös betreibt, wenn man sich das Ganze auch durch­lesen will, was man hier beschließt. Ich glaubte, dass dieser Abänderungsantrag der nächste Baustein in dem Ganzen sei. – Dem war nicht so. Das halte ich hiermit fest.

Die entscheidende Frage, es dürfte sich um einen Anlassfall der Ausweitung des be­troffenen Kreises handeln, ist kein Problem und ist akkordiert worden. Ich nehme also das, was ich gesagt habe, zurück. (Beifall bei den Grünen, der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

21.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort seitens der Berichterstattung wird offenkundig nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 333 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betroffenen Teile, und


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 249

schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag eingebracht, der sich auf die Einfügung einer neuen Ziffer 1a in Artikel 1 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Zusatzantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 7 eingebracht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist wiederum mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzent­wurf eintreten, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist wiederum mit Mehr­heit auch in dritter Lesung angenommen.

15. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002-AWG 2002) BGBl. I Nr. 102/2002 geändert wird (244/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 15. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Oberhaidinger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.54

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser ersten Lesung beschäftigen wir uns mit einem Antrag der Kollegin Mag. Sima, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz geändert werden sollte.

Wie wir alle wissen, werden die Verpackungsarten und die Materialien immer vielfäl­tiger und für den Konsumenten immer unübersichtlicher. Gerade bei Getränkever­packungen ist der Konsument kaum mehr in der Lage, rasch zu erkennen, ob das Produkt pfandpflichtig ist oder nicht. Dazu kommt, dass der Anteil der Mehrwegver­packungen gerade bei den Getränken dramatisch rückläufig ist. Es sollte der Konsu­ment durch eine deutliche Kennzeichnung an der Verpackung mit einem großen „P“ und dem Wort „Pfand“ sowohl beim Kauf als auch bei der Rückgabe einen schnellen Überblick bekommen und sich rasch zurechtfinden. Natürlich sollte die Designfreiheit nicht eingeschränkt werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 250

Meine Damen und Herren! Im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten und mit dem Ziel eines größeren Anteils an den sicher umweltfreundlicheren Mehrwegver­packungen rechne ich im Umweltausschuss mit guten Gesprächen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


21.56

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen und Kolleginnen! In Anbetracht der späten Stunde werde ich mein „Flaschenthema“ möglichst kurz gestalten. Mit dem gegenständlichen Antrag wird sichergestellt, dass den umweltbewussten Konsumenten und Konsumentinnen durch die deutliche Kennzeichnung betreffender Waren mit einem „P“ und dem Wort „Pfand“ auf der Verpackung ermöglicht wird, sich sowohl bei der Kaufentscheidung im Geschäft als auch hinsichtlich der Rückbringung der Ware einen besseren Überblick über bepfandete Verpackungen zu verschaffen. Diesen An­trag halte ich für recht vernünftig. Der Designfreiheit kann ich jedoch nichts abgewin­nen. Ich trete vehement für eine einheitliche Kennzeichnung auf, um es dem Konsu­menten leichter zu machen.

Das Dosenpfandsystem nach deutschem Vorbild, bei dem für alle Einwegverpackun­gen bei Getränken Pfand gezahlt werden muss, lehne ich strikt ab. Damit würde man unser gut funktionierendes Glas-Sammelsystem zerstören. 70 Prozent des gesammel­ten Altglases sind nach wie vor Getränkeverpackungen. Müsste man diese Einwegver­packungen im Geschäft zurückgeben, würde sich das Sammelsystem mit österreich­weit 90 000 Behältern für den Rest nicht mehr rechnen. Ökologisch wäre das somit kaum zu rechtfertigen. Schon jetzt werden über 200 000 der insgesamt 230 000 Ton­nen Glas in Österreich gesammelt und damit wiederverwertet.

Abschließend will ich noch meine geschätzte Kollegin Scharer fragen, ob Frau Landes­hauptmannstellvertreterin Gabi Burgstaller in einer Mietwohnung ihres Gatten wohnt oder, wie Kollege Broukal in seiner tatsächlichen Berichtigung ausgeführt hat, in einer Eigentumswohnung. – Was stimmt jetzt wirklich?

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen allen ein friedliches und frohes Weihnachtsfest. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.58

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Sozialdemokraten enthält einen Vorschlag, der sicherlich eine Überlegung wert ist. Es ist zugegebenermaßen teilweise gar nicht einfach, beim Einkaufen die Flaschen zu unterscheiden. – Das ist richtig. Es ist also, wie gesagt, ein interessanter Vorschlag, den ich durchaus schätze. Ich würde alle Be­teiligten darum bitten, dass wir im Ausschuss konstruktiv darüber reden.

Ich glaube, dass es einer Regelung bedarf, man darf aber auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen beziehungsweise eventuelle Veränderungen der Kosten nicht über­sehen. Ich freue mich schon auf die Diskussion im Umweltausschuss, die vorher auch der sozialdemokratische Kollege erwähnt hat. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

 


21.59


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 251

Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.59

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben in den letzten zweieinhalb Jahren sehr intensive Diskussionen im Umweltausschuss und auch in der Öffentlichkeit über die Frage des Verschwindens von Glasflaschen ge­führt und auch immer wieder mögliche Lösungsvarianten besprochen. Es ist wohl kein Geheimnis, dass sich die Grünen – vor allem vom Umweltminister – sehr viel restrikti­vere und rigidere Regelungen wünschen würden, als das im Moment mit einer Art frei­willigen Vereinbarung der Fall ist: Man hofft darauf, dass eine Vereinbarung mit der Wirtschaft letztendlich zu dem Ergebnis führt, dass Glasflaschen und Pfandflaschen den Siegeszug, der im Moment von Einwegflaschen, vor allem Plastikflaschen, geführt wird, stoppen.

Wir unterstützen diesen Antrag daher grundsätzlich und freuen uns über eine Diskus­sion. Ich meine, es ist auch durchaus im Sinne dieses Hauses, dass man die Proble­matik aufgreift, dass KonsumentInnen überhaupt darüber Bescheid wissen und durch Kennzeichnungsvorschriften mehr Information darüber erhalten, welche Entsorgung die Verpackungen der Produkte gerade im Getränkebereich erhalten.

Ich hoffe, dass wir im Umweltausschuss über diesen Antrag im weitesten Sinne eine Lösung dafür erzielen können und denke, wir Grünen können heute schon sagen, dass wir diesem Antrag sehr positiv gegenüberstehen und ihm auch zustimmen werden. –Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 244/A dem Umweltausschuss zu.

16. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kol­legen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verwaltungsstrafgesetz 1991 geändert wird (248/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 16. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist die Antragstellerin, Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Kollegin, und zwar wunschgemäß für 3 Minuten.

 


22.01

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag impliziert, dass auch dort, wo Bundespolizeidirektio­nen eingerichtet sind, die Strafgelder den Ländern, den Städten und den Sozialhilfever­bänden zufließen sollten. Es ist ja grundsätzlich so, dass für Strafgelder eine Zweck­widmung geplant ist und dass sie der Sozialhilfe zugeführt werden sollen. Aber es ist für mich vollkommen unverständlich, dass es eine Ersatzregelung gibt, die mit dem Budgetbegleitgesetz 2000 eingeführt wurde, sodass eben überall dort, wo Bundespoli­zeidirektionen eingerichtet sind, diese Gelder dem Bund, also dem Innenministerium zufließen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist ungerecht, unlogisch, rechtsstaat­lich bedenklich und unsozial.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 252

Lassen Sie mich auch noch Folgendes sagen: 2000 war das eine reine Geldbeschaf­fungsaktion des Innenministers, einmal mehr auf Kosten der Städte, der Länder und auch der Sozialhilfeverbände, die für die Menschen zuständig sind, wenn sie in Armut geraten. Und dass sehr viele immer mehr in Armut geraten in diesem Staat, das hat viel mit der Politik dieser Bundesregierung zu tun.

Ich unterstütze hier die Anliegen vieler ÖVP-Bürgermeister und – weil Klaus Wittauer gerade hier ist – auch des Innsbrucker Vizebürgermeisters Sprenger von der ÖVP, der diese Forderungen im Gemeinderat aufgestellt hat. Das ist zu reparieren im Sinne der Gerechtigkeit für die Städte und für die Länder, die für die Sozialhilfe zuständig sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.03

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Würde man eine Änderung dieses § 15 vornehmen, das heißt, von Bund und Land mehr zum Land hin verlagern, würden ganz einfach Bundesein­nahmen von ungefähr 13,2 Millionen € wegfallen.

Ich bin daher gerne bereit, über diesen Antrag zu diskutieren, und meine auch, dass wir das im nächsten Jahr im Verfassungsausschuss intensiv tun werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé 3 Minuten zu uns. – Bitte.

 


22.04

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Wurm, offensichtlich steht hinter Ihrem Antrag als Auftrag­geber Bürgermeister Häupl aus Wien, der sein marodes Sozialbudget auf Kosten des Bundes sanieren möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Wurm: Vizebür­germeister Sprenger aus Innsbruck!)

Ich kann Ihrem Antrag nichts abgewinnen, vor allem finde ich auch die Ersatzregelung nicht so unverständlich wie Sie, denn das Kassieren der Strafgelder kostet sehr viel Geld. Die Exekutive muss bezahlt werden, und ich finde es durchaus gerechtfertigt, dass das dem Bund zukommt. Der Bund verteilt ja die Gelder auch wieder, Frau Abge­ordnete! Es kommt ja darauf an, wo die Gelder kassiert werden: auf Bundesstraßen, Landesstraßen, Gemeindestraßen und so weiter. Das wird dann ja wieder aufgeteilt und kommt ohnehin auch zum Teil den Ländern zugute.

Also ich meine, wir sollten alles beim Alten lassen. Der Bund braucht diese Einnah­men, er trägt auch die größten Kosten, um diese Einnahmen zu erzielen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Öllinger. Wunschgemäß 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.05

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte den Vorschlag der sozialdemokratischen Fraktion, vor allem der Abgeordneten Wurm, Wittmann, Parnigoni, für absolut interessant und in der Tendenz für richtig.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 253

Frau Kollegin Pablé! Die Anknüpfung am alten Reichspolizeikostengesetz kann nicht die Perspektive sein. (Abg. Wittauer: Warum nicht?) Ich war selbst überrascht, dass die Einnahmen aus diesen Bußgeldern nicht vollständig den Ländern zufließen, wo­von ich ausgegangen bin, sondern dass je nach Gesetz – in diesem Fall Bundesge­setz –, das abgemahnt wird, die Einnahmen dem Bund zufließen.

Ich kann nur sagen: Es macht Sinn, und es ist auch eine Vereinfachung, und es ist perspektivisch gesehen beziehungsweise von der Intention her, wofür Bußen eingeho­ben werden, absolut sinnvoll, dass die Einnahmen der Sozialhilfe zufließen und nicht unbedingt dem Innenministerium.

Also von daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir im Ausschuss darüber intensiv weiter diskutieren, aber in der Tendenz diesem Vorschlag die Zustim­mung erteilen und ihn umsetzen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

22.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 248/A dem Verfassungsausschuss zu.

17. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Errichtung eines Bundesamtes für Verkehr (Bundesamt für Verkehr-Gesetz – BAVG) erlas­sen und das Bundesgesetz vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraft­fahrgesetz 1967 – KFG 1967), das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vor­schriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsord­nung 1960 – StVO 1960), das Bundesgesetz über die gewerbsmäßige Beförde­rung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG), das Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförde­rungsgesetz – GGBG 1998), das Bundesgesetz über eine nachhaltige Abfallwirt­schaft (Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002), das Bundesgesetz zur Durch­führung des Übereinkommens über die internationale Beförderung leicht ver­derblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderung zu verwenden sind (ATP-Durchführungsgesetz 1970), das Bundesgesetz über sichere Container (Containersicherheitsgesetz – CSG), das Kraftfahrzeugsteuergesetz – KfzStG, das Bundesgesetz über den Führerschein (Führerscheingesetz – FSG), das Bundesgesetz über die linienmäßige Beförde­rung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Kraftfahrliniengesetz – KflG), das Bun­desgesetz über die nichtlinienmäßige gewerbsmäßige Beförderung von Perso­nen mit Kraftfahrzeugen (Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG), das Umsatzsteuergesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Außenhandelsge­setz, das Bundesgesetz über den Transport von Tieren auf der Straße (Tiertrans­portgesetz-Straße – TGSt), das Zollrecht-Durchführungs-Gesetz, das Bundesge­setz über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungs­gesetz) und das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz) geändert werden (Bundesamt für Verkehr – Errich­tungsgesetz) (247/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 17. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 254

Erster Redner ist, denke ich, der Antragsteller, Herr Abgeordneter Eder. Seine wunsch­gemäße Redezeit ist 3 Minuten. – Bitte.

 


22.07

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns geht es bei diesem Vorschlag eigentlich nur mehr darum, dass wir ein Bundesamt für Güterverkehr schaffen wollen, das den Arbeitsplatz Straße umfangreich prüfen sollte. Und es geht uns hier nicht darum, eine neue Behörde zu schaffen und neue Beamte einzustellen, sondern es geht uns darum, dass man – wenn man schon den Güterverkehr prüft – umfassend durch eine Behörde prüfen soll, ähnlich wie das auch in Deutschland geschieht. Die haben dort sehr effiziente Prüfverfahren und sind auch in der Lage gewesen, beispielsweise einen Fall wie Kralowetz auch wirklich auf­zudecken.

Bei uns ist es derzeit so, dass das Ganze auf rund 17 Behörden aufgeteilt ist, und es wäre doch sinnvoll und zielführend, um den Arbeitsplatz Straße sicherer zu machen, dass man das alles in einer Behörde zusammenfasst, die dann auf der Straße prüft, und es nicht noch mehr verteilt auf ASFINAG et cetera und womöglich auch noch Arbeitslose anheuert, um auf der Straße wie Hilfssheriffs zu agieren.

Ich lade alle ein, im Ausschuss diese Frage ernsthaft zu diskutieren. Wir wollen hier nicht den Anspruch erheben, dass wir die allein Wissenden sind, sondern man sollte einmal grundsätzlich überlegen: Was kann man ausgliedern und was sollte man in einer Behörde prüfen lassen? – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner: Herr Abgeordneter Wattaul. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.08

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem vorgeschlagenen Gesetz soll eine dem deutschen BAG vergleichbare Institution ge­schaffen werden. Wir werden im Ausschuss noch darüber reden müssen.

Grundsätzlich halte ich Kontrollen für wichtig – Stichwort: Wettbewerb. Das ist ein Thema für mich, denn ich denke, dass Unternehmer die gleichen Voraussetzungen haben sollten und es nicht so sein darf, dass der, der am meisten an die Grenze geht, der Sieger ist. Wir werden das aber im Ausschuss diskutieren. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 247/A dem Verkehrsausschuss zu.

*****

Die Tagesordnung dieser Sitzung ist erschöpft – wir haben dann noch eine Zuwei­sungssitzung.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 303/A (E) bis 314/A (E) eingebracht wurden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
41. Sitzung / Seite 255

Ferner sind die Anfragen 1196/J bis 1234/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen gewidmet ist, berufe ich für 22.09 Uhr, also jetzt gleich, ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 22.09 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien