Stenographisches Protokoll

58. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 5. Mai 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

58. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                         Mittwoch, 5. Mai 2004

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 5. Mai 2004: 12.00 – 20.38 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Das größere Europa – Österreichs Chancen“

2. Punkt: Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

3. Punkt: Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit

4. Punkt: Bericht über den Antrag 304/A der Abgeordneten Walter Murauer, Dr. Rein­hard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert wird

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolle­gin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuer­gesetz geändert wird (364/A)

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz ge­ändert wird (369/A)

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittelgesetz 1997 geändert wird (375/A)

8. Punkt: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Eu­roparates

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Inhalt

Nationalrat

Trauerkundgebung anlässlich des Ablebens des Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl                23


Nationalrat, XXII.GP
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58. Sitzung / Seite 2

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Cordula Frieser ........................................ 24

Angelobung der Abgeordneten Anton Doppler und Dr. Vincenz Liechten­stein                         24

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wor­tung 1477/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 45

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ........ 137

Redner:

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 137

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 140

Peter Haubner ............................................................................................................. 142

Erika Scharer .............................................................................................................. 143

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 144

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 145

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 46

Aktuelle Stunde (14.)

Thema: „EU-Erweiterung – Rückenwind für Arbeit und Wirtschaft in Öster­reich“               24

Redner:

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 25

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .............................................................  27, 37

Dr. Reinhold Mitterlehner ............................................................................................ 30

Peter Schieder .............................................................................................................. 31

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 32

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 34

Karl Donabauer ............................................................................................................ 35

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 38

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 40

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 41

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 24

Wahlen in Institutionen

8. Punkt: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates             ............................................................................................................................. 170

Ergebnis: Ersatzmitglied: Mag. Eduard Mainoni

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................  43, 158, 164, 169


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58. Sitzung / Seite 3

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dietmar Keck ....................................................................... 44

Unvereinbarkeitsangelegenheiten

Siebenter Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses ................................................... 45

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Rudolf Nürnberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verantwortung der Bundes­regie­rung für die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich und die Versäumnisse in der Beschäftigungspolitik (1688/J) ..................................................... 94

Begründung: Rudolf Nürnberger ................................................................................. 98

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein .................................................................. 103

Debatte:

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 108

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 111

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................. 113

Karl Öllinger ................................................................................................................ 116

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 119

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 120

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 123

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 124

Michaela Sburny ......................................................................................................... 125

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 126

Christine Marek .......................................................................................................... 128

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 130

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 131

Maximilian Walch ....................................................................................................... 133

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 134

Franz Riepl .................................................................................................................. 136

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft – Ablehnung ......................................................  118, 137

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Thema „Das größere Europa – Österreichs Chancen“ ................................................. 46

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 46

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 50

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsord­nung                   24

Redner:

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 53

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 55

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 60

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 62


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58. Sitzung / Seite 4

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erweiterung der Europäischen Union und inneröster­reichische flankierende Maßnahmen – Ablehnung                57, 65

2. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (424 d.B.): Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organi­sierte Kriminalität (455 d.B.)               65

Redner:

Werner Miedl ................................................................................................................. 65

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 67

Mag. Eduard Mainoni ................................................................................................... 69

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 70

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 70

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 72

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 73

Karl Öllinger .................................................................................................................. 74

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................... 75

Otto Pendl ..................................................................................................................... 76

Bundesminister Dr. Dieter Böhmdorfer .................................................................... 77

Dr. Christian Puswald .................................................................................................. 79

Bettina Stadlbauer ....................................................................................................... 80

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 82

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................... 83

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG ............................................. 83

3. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungs­vorlage (133 d.B.): Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Über­einkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (458 d.B.)           ............................................................................................................................... 83

Redner:

Mag. Hans Langreiter .................................................................................................. 83

Anton Gaál .................................................................................................................... 85

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 86

Dr. Peter Pilz ................................................................................................................. 86

Johann Rädler .............................................................................................................. 87

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ....................................................................................... 88

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 89

Katharina Pfeffer .......................................................................................................... 90

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 92

Beate Schasching ........................................................................................................ 92

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................... 93

4. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 304/A der Abgeordneten Walter Murauer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärauszeichnungs­ge­setz 2002 geändert wird (459 d.B.) ........................................ 147

Redner:

Karl Freund ................................................................................................................. 147

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 148

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 149

Bundesminister Günther Platter .............................................................................. 150


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58. Sitzung / Seite 5

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 150

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 151

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 152

Walter Murauer ........................................................................................................... 152

Manfred Lackner ........................................................................................................ 153

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 154

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 155

5. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­men­steuergesetz geändert wird (364/A)                     155

Redner:

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 155

Konrad Steindl ............................................................................................................ 156

Josef Bucher ............................................................................................................... 157

Michaela Sburny ......................................................................................................... 158

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 158

Zuweisung des Antrages 364/A an den Finanzausschuss .......................................... 158

6. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommen­steuergesetz geändert wird (369/A)                     159

Redner:

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 159

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 160

Josef Bucher ............................................................................................................... 162

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 162

Zuweisung des Antrages 369/A an den Finanzausschuss .......................................... 164

7. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert wird (375/A) ............................................................................................................................. 164

Redner:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 164

Michael Praßl .............................................................................................................. 166

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 166

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 168

Ing. Hermann Schultes (tatsächliche Berichtigung) .................................................. 168

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 169

Zuweisung des Antrages 375/A an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft ..... 169

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 44

Petition betreffend „Verbesserung der Stellung von Behinderten- und Zentral­be­hinderten-Vertrauenspersonen“ (Ordnungsnummer 24) (überreicht von der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr)


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58. Sitzung / Seite 6

Petition betreffend „Resolution für eine Konkretisierung der Verpflegung für Zivil­dienstleistende“ (Ordnungsnummer 25) (überreicht von der Abgeordneten The­resia Haidlmayr)

Petition betreffend „Wieder mehr Sicherheit in unserer Gemeinde“ (Marktge­mein­de Absdorf) (Ordnungsnummer 26) (überreicht vom Abgeordneten Rudolf Parni­goni)

Petition betreffend „Eine Resolution für die Wiedereinführung der einkommens­unabhängigen Gebührenbefreiung für gehörlose und gehörbeeinträchtigte Men­schen“ (Ordnungsnummer 27) (überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 43

454: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein­kommen und vom Vermögen samt Protokoll

456: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die zusätzliche Beauf­sichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomerategesetz – FKG) erlassen wird sowie das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Bankwesengesetz, das Wertpa­pier­aufsichtsgesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Pensionskassengesetz geändert werden

457: Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtsstellung des zum Militärstab der Europäischen Union abgestellten beziehungsweise abgeordneten Militär- und Zivilpersonals, der Hauptquartiere und Truppen, die der Europäischen Union gegebenenfalls im Rahmen der Vorbe­reitung und Durchführung der Aufgaben im Sinne des Artikels 17 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union, einschließlich Übungen, zur Verfügung ge­stellt werden, sowie des Militär- und Zivilpersonals der Mitgliedstaaten, das der Europäischen Union für derartige Aufgaben zur Verfügung gestellt wird (EU-Truppenstatut) samt Erklärungen

464: Arbeitsmarktreformgesetz

465: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Veräußerung von un­beweglichem Bundesvermögen erlassen und das Bundesimmobiliengesetz geän­dert wird

468: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen

Berichte ......................................................................................................................... 43

Vorlage 23 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2004; BM f. Finanzen

Vorlage 24 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2004; BM f. Finanzen

III-74: Bericht über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1986 im Geschäftsjahr 2002; Bundeskanzler


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58. Sitzung / Seite 7

III-75: Fünfter Bericht gemäß dem Katastrophenfondsgesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung in den Jahren 2002 und 2003; BM f. Finanzen

III-76: Gesundheitsbericht 2003 (Berichtszeitraum 1999 – 2001); BM f. Gesund­heit und Frauen

III-78: Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema „Familie – Generationen – Solidarität“

III-80: 18. Sportbericht 2001 – 2002

III-81: Bericht betreffend das auf der 90. Tagung der Internationalen Arbeits­konferenz angenommene Protokoll von 2002 zum Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz; Empfehlung (Nr. 194) betreffend die Liste der Berufs­krankheiten sowie die Aufzeichnung und Meldung von Arbeitsunfällen und Be­rufskrankheiten; Empfehlung (Nr. 193) betreffend die Förderung der Genos­senschaften; Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen für die Anhaltung in Untersuchungshaft und im Strafvollzug getroffen werden (376/A)

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den freien Dienst­leistungsverkehr und die Niederlassung von europäischen Rechtsanwälten in Öster­reich geändert wird (377/A)

Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Novellierung des Grund­erwerbssteuergesetzes und des Liegenschaftsteilungsgesetzes“ (378/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Novellierung des Liegen­schaftsteilungsgesetzes und des Grunderwerbssteuergesetzes“ (379/A) (E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Förderungsoffensive für wissenschaftliche Alternativmethoden zum Tierversuch (380/A) (E)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wahlkartenausstellung bei den Europawahlen (381/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Energieeffizienz­verbesse­rung bei Bundesgebäuden (382/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer ver­pflichtenden, klaren und transparenten Kennzeichnung von tierischen Produkten (383/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Maßnahmen zur Bekämp­fung von Doping (verunreinigte NEM) im Freizeit- und Leistungssport durch den Bun­deskanzler“ (384/A) (E)

Klaus Wittauer, Mag. Karin Hakl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), geän­dert wird (385/A)


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58. Sitzung / Seite 8

Fritz Neugebauer, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl. Nr. 133/1967, geändert wird (386/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Tatsächliche Anzahl der beim Landesgendarmeriekommando Oberöster­reich tätigen Gendarmeriebeamten (1999 – 2004)“ (1635/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die österreichische Teilnahme an der Afghanistan-Konfe­renz in Berlin (1636/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Pensionsanpassung (1637/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Schwerarbeiterregelung (1638/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz (1639/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bekämpfung der illegalen Beschäftigung (1640/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend versteckte kommerzielle Werbung auf der in Koope­ration mit dem Bildungsministerium betriebenen Homepage www.schule.at (1641/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Diversion in Österreich – Das Diversionsangebot an Bankmanager (Lombardklub) – Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes?“ (1642/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend den „revolutionären“ Mietrechtsentwurf von Dr. Garai (1643/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend Vorkehrungen gegen einen künftigen Mangel an Lehrerinnen und Lehrern (1644/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Doktoratstitel – „...eines akademischen Grades unwürdig“ (Reichsgesetzblatt I, 7. Juni 1939) (1645/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­di­gung betreffend antiislamische Hetzschrift (1646/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Künstler-Sozialversicherung – Beitragsstopp des Bundes für 2003 (1647/J)


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58. Sitzung / Seite 9

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Einfluss von Pestizide auf die Größe von Neugeborenen und Gesundheitsbedrohung durch den Einsatz von Organo­phosphaten (1648/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Wiederauflage der „Frauenratgeberin“ (1649/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Ahndung des Schweinemastskandals in Oberösterreich (1650/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Schweinemastskandal Bezirk Braunau (1651/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend verheerende Missstände in einem oberösterreichischen Schweinemastbetrieb (1652/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Opferfonds und Opferschutzeinrichtungen“ (1653/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Veterinärjahresbe­richt 2003 – Schlachttier- und Fleischuntersuchungen“ (1654/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend „Finanzstrafverfahren“ (1655/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Stand der datenschutzrechtlich bedenklichen Datensammelungsaktion über die österreichischen SchülerInnen (1656/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend das Gebäudebewirtschaftungskosten- und -abrechnungsgesetz (GBAG) (1657/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend den Zubau der Business Academy Donaustadt (1658/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend den Zubau der Business Academy Donaustadt (1659/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend beabsichtigten Transit-Lückenschluss an der A 3 im Burgenland (1660/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Überbürokratisierung bei der Vorteilscard (1661/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend „Anzeigen bzw. Verfahren nach strafrechtlichen Nebengesetzen“ (1662/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend „Strafverfahren nach dem Lebensmittelgesetz und andere, III“ (1663/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres be­treffend „Organisierte Schlepperkriminalität – Menschenhandel – Vollzug durch Exeku­tive – rechtliche Konsequenzen“ (1664/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Zielsetzungen für die Partizipation und Information der Jugendlichen“ (1665/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Protest gegen das Robben-Massaker in Kanada (1666/J)


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58. Sitzung / Seite 10

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Importe von Robbenfellen aus Kanada (1667/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Eintrittsgebühr der österreichischen Botschaft in Ankara (1668/J)

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend den Ausbau der Infrastruktur im Burgenland im Zu­sammenhang mit der EU-Erweiterung (1669/J)

Nikolaus Prinz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die steigende Zahl an so genannten Mautflüchtlin­gen im Bezirk Perg (1670/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Förderung pilzresistenter Weinsorten (1671/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schiurlaub in Oberlech (1672/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Privatreisen des Finanzministers (1673/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kantinenservice m.finanz.genuss (1674/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Frauenprojektförderung (1675/J)

Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Frauenprojektförderung (1676/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Verwirklichung des Pflegeschecks in Kärnten? (1677/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Ausfälle bei der Veröffentlichung der Wahlergebnisse (1678/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Gestattungsgebühr der ÖBB für Wasserrohre (1679/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Umsetzung der EU-Richtlinie „Verwirklichung des Grundsatzes der Gleich­behandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen“ (1680/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Umsetzung der EU-Richtlinie „Verwirklichung des Grund­satzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen“ (1681/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umsetzung der EU-Richtlinie „Verwirklichung des Grundsatzes


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58. Sitzung / Seite 11

der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen“ (1682/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Entwicklungshilfe zu Lasten der Universitäten (1683/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Entwicklungshilfe zu Lasten der Universitäten (1684/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Entwicklungshilfe zu Lasten der Universitäten (1685/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Jahresberichte an die UNO gemäß Ottawa-Konvention und Protokoll II zum Übereinkommen über bestimmte konventionelle Waffen (1686/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Behindertenvertretungen in Unternehmungen (1687/J)

Rudolf Nürnberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verantwortung der Bundesregierung für die Rekordarbeitslosig­keit in Österreich und die Versäumnisse in der Beschäftigungspolitik (1688/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verkauf der BIG-Wohnungen bzw. Liegenschaften (II) (1689/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Tierärzte – Amtstierärzte – Fleischuntersuchungstierärzte: Aufgaben hinsichtlich Lebensmittelsicherheit und Tierschutz (1690/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Presseförderung und Publizistikförderung 2002 und 2003“ (1691/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend den Hauptsitz des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien 3., Kund­manngasse 21-27 (1692/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Gesetzlichen Vollzug von Dienstrechtsmaterien durch die Telekom Austria AG (Vorstand)“ (1693/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Ge­setzlichen Vollzug von Dienstrechtsmaterien durch die Telekom Austria AG (Vorstand)“ (1694/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Gesetzlichen Vollzug von Dienstrechtsmaterien durch die Telekom Austria AG (Vorstand)“ (1695/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 12

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Verkauf und Verwertung des Gebäudekomplexes Himmelpfortgasse, Kärntner­straße, Johannesgasse (1696/J)

Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verkauf und Verwertung des Gebäudekomplexes Himmelpfortgasse, Kärntnerstraße, Johannesgasse (1697/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die Ergebnisse des ÖAMTC-Tunneltests 2004 in Bezug auf den Roppener Tunnel (1698/J)

Astrid Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Ausdehnung des Lkw-Road-Pricing auf Bundes­straßen bzw. Ausweichstrecken (1699/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend dringend notwendige Wachzimmer-Sanierungen (1700/J)

Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Förderungen des Bundes im öffentlichen Nah­verkehr (1701/J)

Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Hanfshops (1702/J)

Jochen Pack, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend die immer größer werdende Zahl von so genannten Mautflüchtlingen in den Bezirken Hartberg und Weiz durch die Einführung der Lkw-Maut (1703/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend elektronischen Datenaustausch bei An­suchen um Schülerbeihilfen (1704/J)

Karl Dobnigg, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Umstrukturierung der Landespolizeikommanden Steiermark „Diensthundewesen“ (1705/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Überwachung der Unvereinbarkeiten bei der Tätigkeit von Anwaltskanzleien (1706/J)

Peter Marizzi, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Sicherung des Weiterbestandes des Dr. Karl Renner-Museums in Gloggnitz (1707/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz be­treffend Vollziehung des § 207b StGB (Ersatzbestimmung für den menschenrechts­widrigen § 209 StGB) (1708/J)

Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend prognostizierte Mindereinnahmen des Katastrophenfonds (1709/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Anzeige in der rechtsextremen Postille „Aula“ (1710/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen (1362/AB zu 1369/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (1363/AB zu 1343/J)


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58. Sitzung / Seite 13

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1364/AB zu 1415/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolle­ginnen und Kollegen (1365/AB zu 1554/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (1366/AB zu 1374/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (1367/AB zu 1379/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (1368/AB zu 1337/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1369/AB zu 1341/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Ab­geordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (1370/AB zu 1362/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1371/AB zu 1365/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen (1372/AB zu 1366/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gertrude Brinek, Kolleginnen und Kollegen (1373/AB zu 1373/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1374/AB zu 1359/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1375/AB zu 1342/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (1376/AB zu 1351/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (1377/AB zu 1363/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen (1378/AB zu 1371/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1379/AB zu 1388/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (1380/AB zu 1391/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1381/AB zu 1386/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 14

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (1382/AB zu 1392/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1383/AB zu 1404/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1384/AB zu 1465/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1385/AB zu 1429/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1386/AB zu 1400/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen (1387/AB zu 1418/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (1388/AB zu 1384/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1389/AB zu 1387/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1390/AB zu 1383/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1391/AB zu 1375/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1392/AB zu 1377/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (1393/AB zu 1382/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1394/AB zu 1414/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1395/AB zu 1431/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (1396/AB zu 1428/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1397/AB zu 1395/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ord­neten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (1398/AB zu 1396/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (1399/AB zu 1457/J)


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Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 15

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (1400/AB zu 1475/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr, Kolleginnen und Kollegen (1401/AB zu 1406/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (1402/AB zu 1397/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1403/AB zu 1449/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (1404/AB zu 1394/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (1405/AB zu 1425/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (1406/AB zu 1439/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1407/AB zu 1440/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1408/AB zu 1453/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1409/AB zu 1482/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1410/AB zu 1527/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1411/AB zu 1454/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (1412/AB zu 1459/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (1413/AB zu 1456/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (1414/AB zu 1399/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten The­resia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1415/AB zu 1407/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1416/AB zu 1450/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1417/AB zu 1468/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1418/AB zu 1432/J)


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Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen (1419/AB zu 1413/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1420/AB zu 1436/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1421/AB zu 1451/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1422/AB zu 1469/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1423/AB zu 1460/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1424/AB zu 1417/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1425/AB zu 1398/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1426/AB zu 1444/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1427/AB zu 1462/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1428/AB zu 1430/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1429/AB zu 1442/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1430/AB zu 1472/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (1431/AB zu 1455/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1432/AB zu 1402/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (1433/AB zu 1438/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1434/AB zu 1424/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1435/AB zu 1448/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1436/AB zu 1466/J)


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Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1437/AB zu 1470/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1438/AB zu 1441/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1439/AB zu 1447/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolle­ginnen und Kollegen (1440/AB zu 1401/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen (1441/AB zu 1419/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (1442/AB zu 1427/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolle­ginnen und Kollegen (1443/AB zu 1443/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (1444/AB zu 1458/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolle­ginnen und Kollegen (1445/AB zu 1461/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1446/AB zu 1467/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (1447/AB zu 1476/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (1448/AB zu 1437/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1449/AB zu 1452/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (1450/AB zu 1421/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1451/AB zu 1411/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1452/AB zu 1463/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1453/AB zu 1403/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen (1454/AB zu 1420/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (1455/AB zu 1426/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1456/AB zu 1434/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1457/AB zu 1446/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1458/AB zu 1464/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (1459/AB zu 1422/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (1460/AB zu 1435/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1461/AB zu 1445/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1462/AB zu 1416/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1463/AB zu 1423/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1464/AB zu 1433/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1465/AB zu 1471/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1466/AB zu 1474/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen (1467/AB zu 1543/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Scha­sching, Kolleginnen und Kollegen (1468/AB zu 1522/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen (1469/AB zu 1544/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (1470/AB zu 1479/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1471/AB zu 1473/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1472/AB zu 1477/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (1473/AB zu 1480/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1474/AB zu 1485/J)


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Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1475/AB zu 1478/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1476/AB zu 1553/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (1477/AB zu 1547/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1478/AB zu 1525/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1479/AB zu 1528/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1480/AB zu 1481/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1481/AB zu 1492/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1482/AB zu 1497/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (1483/AB zu 1515/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (1484/AB zu 1505/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1485/AB zu 1524/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (1486/AB zu 1503/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (1487/AB zu 1529/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (1488/AB zu 1545/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1489/AB zu 1548/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen (1490/AB zu 1502/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1491/AB zu 1523/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 20

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1492/AB zu 1605/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen (1493/AB zu 1489/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolle­ginnen und Kollegen (1494/AB zu 1517/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (1495/AB zu 1530/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (1496/AB zu 1488/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1497/AB zu 1493/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1498/AB zu 1540/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1499/AB zu 1518/J)


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58. Sitzung / Seite 21

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen (1500/AB zu 1511/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1501/AB zu 1559/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1502/AB zu 1483/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (1503/AB zu 1491/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1504/AB zu 1486/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Par­nigoni, Kolleginnen und Kollegen (1505/AB zu 1513/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (1506/AB zu 1498/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1507/AB zu 1487/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1508/AB zu 1490/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (1509/AB zu 1512/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1510/AB zu 1494/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen (1511/AB zu 1510/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1512/AB zu 1495/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1513/AB zu 1496/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1514/AB zu 1504/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1515/AB zu 1499/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1516/AB zu 1500/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1517/AB zu 1501/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (1518/AB zu 1506/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1519/AB zu 1533/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1520/AB zu 1539/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1521/AB zu 1541/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (1522/AB zu 1546/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1523/AB zu 1526/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1524/AB zu 1534/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1525/AB zu 1536/J)


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58. Sitzung / Seite 22

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen (1526/AB zu 1516/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1527/AB zu 1537/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Scha­sching, Kolleginnen und Kollegen (1528/AB zu 1520/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1529/AB zu 1535/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1530/AB zu 1519/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (1531/AB zu 1521/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1532/AB zu 1542/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen (1533/AB zu 1531/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen (1534/AB zu 1532/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1535/AB zu 1549/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1536/AB zu 1601/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (1537/AB zu 1550/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (1538/AB zu 1551/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1539/AB zu 1565/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1540/AB zu 1611/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1541/AB zu 1572/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Ledolter, Kolleginnen und Kollegen (1542/AB zu 1590/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Hei­nisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (1347/AB zu 1385/J) (Zu 1347/AB zu 1385/J)



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58. Sitzung / Seite 23

Beginn der Sitzung: 12 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 58. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 55. Sitzung vom 24. März 2004 sowie der 56. und 57. Sitzung vom 25. März 2004 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und un­beanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ing. Gartlehner und Hagenhofer.

Trauerkundgebung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Sitzen zu erheben.

Die rot-weiß-rote Fahne auf dem Parlament weht auf Halbmast. Im Plenum liegen weiße Rosen. Der Tod hat unseren Abgeordneten Dr. Josef Trinkl in jungen Jahren grausam aus unserer Mitte gerissen.

Wir trauern um unseren Josef Trinkl, um einen engagierten, fleißigen, verant­wor­tungs­bewussten und liebenswerten Kollegen. Geboren in Güssing, Studium in Graz, wurde er steirischer Politiker. Ab seinem 26. Lebensjahr begann seine politische Laufbahn in den Reihen der Österreichischen Volkspartei. Er war Vorstandsmitglied der Volkspartei in Weiz, Gemeinderatsmitglied, Vizebürgermeister und wurde dann 1996 das erste Mal in den Nationalrat gewählt. Ein wichtiges Ausschussmitglied, eine der Stützen unseres Hauses.

Sein Klub betraute Josef Trinkl in vielen Ausschüssen und Debatten mit wichtigen Auf­gaben. So wurde er Schriftführer hier im Hohen Haus, Vorsitzender des Immu­nitäts­ausschusses und Obmannstellvertreter im Justizausschuss. Josef Trinkl war ein all­seits geachteter und beliebter Kollege, dessen Sachkunde, Humor und Redetalent be­eindruckten.

1996, nach seiner Wahl, beantwortete er eine Frage der „Parlamentskorrespondenz“ nach dem Ziel seiner Arbeit wie folgt:

„Ich möchte das Vertrauen der Menschen in die Politik fördern. Politik ist nicht böse. Politik ist Arbeit für die Menschen. Ich möchte ‚Sauerteig‘ sein und die Anliegen meiner Region ‚zum Gehen‘ bringen. Ich möchte vor allem der Politikverdrossenheit der Jugend mit Herz und Engagement begegnen.“

Lieber Sepp Trinkl: Wir danken dir für deine Arbeit!

Unsere Anteilnahme gilt seiner Frau und seinen drei Kindern.

Wir werden Sepp Trinkl ein freundschaftliches und ehrendes Andenken bewahren!

Ich bitte um einen kurzen Moment des Nachdenkens. (Alle Anwesenden verharren einige Zeit in stummer Trauer.) – Ich danke Ihnen.


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Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanz­ler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll wird durch den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser vertreten.

Mandatsverzicht und Angelobung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Von der Bundeswahlbehörde ist die Mitteilung ein­ge­langt, dass Frau Abgeordnete Mag. Cordula Frieser auf ihr Mandat verzichtet hat und an ihrer Stelle Herr Dr. Vincenz Liechtenstein in den Nationalrat berufen wurde. Wie­ters wurde an Stelle des Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl Herr Anton Doppler in den Nationalrat berufen.

Da die Wahlscheine bereits vorliegen und die Genannten im Hause anwesend sind, werde ich sogleich ihre Angelobungen vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch die Schriftführerin werden die neuen Mandatare ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr die Schriftführerin, Frau Abgeordnete Gabriele Binder, um die Verlesung der Gelöbnisformel.

 


Schriftführerin Gabriele Binder: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Binder leisten die Abgeordneten Anton Doppler und Dr. Vincenz Liechtenstein die Angelobung mit den Worten „Ich ge­lobe“. – Abg. Dr. Liechtenstein mit dem Zusatz: „So wahr mir Gott helfe!“)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich begrüße die neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

*****

Der Herr Bundeskanzler hat seine Absicht bekannt gegeben, eine Erklärung zum Thema „Das größere Europa – Österreichs Chancen“ abzugeben. – Dies steht als Punkt 1 auf der Tagesordnung.

Es liegt ein Verlangen von fünf Abgeordneten vor, über diese Erklärung gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung sogleich eine Debatte durchzuführen.

Die Erklärung des Bundeskanzlers sowie die anschließende Debatte werden im Anschluss an die Aktuelle Stunde stattfinden.

(In jeder Bankreihe der ÖVP-Abgeordneten wurde zu Sitzungsbeginn sowohl eine EU- als auch die rot-weiß-rote Flagge Österreichs angebracht.)

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:


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„EU-Erweiterung – Rückenwind für Arbeit und Wirtschaft in Österreich“

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Seine gesetzliche Redezeit beträgt 10 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


12.06

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Seit vier Tagen ist das Projekt der Erweiterung der Euro­päischen Union Realität. Das ist ein historisches Ereignis, von dem wir wahrscheinlich erst in Zukunft und retrospektiv wissen werden, was das für Europa bedeutet.

Wir von der Österreichischen Volkspartei freuen uns darüber sehr, sind wir doch seit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union konsequent für diese Erweiterung ein­getreten, weil wir wollen, dass Europa, das nach dem Zweiten Weltkrieg getrennt wurde, wieder vereint ist und eine Zone von Frieden und Stabilität wird. Wir freuen uns daher besonders, dass diese Erweiterung jetzt Realität geworden ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Seit vier Tagen ist unsere EU-Außengrenze vom Osten in den Westen gewandert. Damit ist Österreich, das lange Zeit an der Ostgrenze der Eu­ropäischen Union gelegen ist, ein wenig in die Mitte gerückt. Unsere EU-Außengrenze ist ganz in den Westen gewandert: zur Schweiz und zu Liechtenstein.

Das ist eine Dimension, von der wir von der Österreichischen Volkspartei sagen kön­nen, dass damit auch für uns die Vision Realität geworden ist, dass Europa, dass Österreich damit ins Herz Europas gerückt ist, somit also jene Vision Realität wurde, die von Vorreitern, von Vertretern der Österreichischen Volkspartei zu einer Zeit, in der es noch den Eisernen Vorhang gab, stets deutlich zum Ausdruck gebracht wurde. Und ich darf in diesem Zusammenhang die Namen Alois Mock und Erhard Busek nennen, die stets in dieser Sache unterwegs waren.

Wir freuen uns nicht nur darüber, sondern glauben auch, dass in Zukunft Mitteleuropa in diesem Europa der 25 eine spezielle Rolle spielen kann, und wir wollen daran arbeiten. Daher ist diese Vision Mitteleuropa für uns jetzt, da diese Union der 25 Realität geworden ist, etwas, das sich erfüllt hat. Wir freuen uns sehr darüber! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Seit vier Tagen ist die Europäische Union mit 25 Mitglieds­ländern so groß, wie sich das wahrscheinlich noch vor einigen Jahren niemand hat vorstellen können, reicht sie doch von Irland bis Polen, vom Baltikum bis Malta, von Portugal bis Zypern. Diese Ausdehnung einer politischen Union auf unserem Kontinent war nicht einmal zu Zeiten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation in die­sem Maße gegeben. Sie ist etwas Einmaliges auf diesem Kontinent – und kann tat­sächlich zu einer europäischen Zone von Frieden und Stabilität führen, was wir uns ja alle sehr wünschen.

Für uns von der Österreichischen Volkspartei ist das auch die Chance, dass wir in diesem Europa der 25 zukünftig eine andere Art der gemeinsamen Außenpolitik, des gemeinsamen Auftretens in internationalen Institutionen pflegen, weil wir glauben, dass dieses Europa – auf dem Hintergrund aufbauend, dass man mit Demokratie, mit Men­schenrechten, mit einer Rechtsstaatlichkeit, die sicherlich vorbildhaft ist für andere Re­gionen dieser Welt – auch etwas bewegen kann, eben in diesem Sinne, und zu einem neuen Selbstbewusstsein hinkommen muss, das dieses Europa auch auf der Welt­bühne beflügeln wird.


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Ich glaube, dass wir diese historischen Merkmale, diese Fakten sicher erst später be­urteilen können: vielleicht in einem Rückblick, was diese Erweiterung tatsächlich gebracht hat. Viele Österreicher fragen sich natürlich – viel hautnaher –, was für sie diese Erweiterung bringt, welche Auswirkungen das auf ihren Arbeitsplatz, auf ihre wirt­schaftliche Situation hat, ob das beflügeln wird oder nicht.

Wir haben deshalb dieses Thema der heutigen Aktuellen Stunde zu diesem Fragen­komplex gewählt, weil wir glauben, dass diese Erweiterung auch einen Rückenwind für Arbeit und Wirtschaft in Österreich bringen wird. Die Auswirkungen, die die Erwei­terung auf dem Arbeitsmarkt haben wird, kommen natürlich nicht von ungefähr, nicht selbstverständlich und bergen sicherlich auch Gefahren in sich – und daher muss die Politik in einer guten Vorbereitung darauf reagieren.

Lassen wir aber einmal, was den Arbeitsmarkt anlangt, die letzten Jahre Revue pas­sieren, was eben gerade die Öffnung der Grenzen zu unseren Nachbarstaaten ge­bracht hat oder nicht.

Sehen wir uns die Daten an, sehen wir, was die Wirtschaftsforscher uns bescheinigen, so können wir heute sagen, dass seit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989/90 60 000 Arbeitsplätze netto in Österreich durch diese Öffnung dazugekommen sind. Das ist ein sehr positives, bemerkenswertes Signal, haben doch auch viele Öster­reicher manchmal gedacht, dass durch diese Öffnung der Ostgrenzen vielleicht weni­ger Arbeitsplätze in Österreich zu verzeichnen wären. – Nein, wir sehen heute in der Bilanz, dass es mehr Arbeitsplätze geworden sind! Und wir freuen uns darüber. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit einem Arbeitsmarkt in Österreich, der jetzt mit der Öffnung einer Binnen­markt­gestaltung in ganz Europa, im Europa der 25, natürlich auch zu Schwierigkeiten führen kann, haben wir im Zuge der Erweiterungsverhandlungen versucht, diesen Arbeits­markt in der Form zu schützen, dass wir mit unseren Partnern Übergangsfristen für diesen Arbeitsmarkt ausgehandelt haben.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir diese Übergangsfristen von sieben Jah­ren maximal bewerkstelligen können, dass das Wachstum, das bei unseren Nach­barn stärker ist als in Österreich, dort zu einem höheren Lohnniveau führen wird und wir daher über Jahre hinweg zu einer allmählichen Angleichung kommen werden – ohne dass da zwei unterschiedliche Lohnniveaus aufeinander treffen und es zu einem Sozialdumping kommt. Wir haben vorgesorgt, und wir haben mit dieser siebenjährigen Übergangsfrist in Europa auch alle anderen überzeugen können.

In diesem Zusammenhang möchte ich hier und heute herzlich unseren Regie­rungs­mitgliedern, vor allem unserem Bundeskanzler Dr. Schüssel dafür danken, dass es ihm, Wolfgang Schüssel, mit dieser Idee einer Übergangsfrist gelungen ist und er es dazu gebracht hat, dass diese in den Verträgen niedergeschrieben wurde. Das ist ein großer Erfolg für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

In diesem Zusammenhang darf ich auch daran erinnern, meine Damen und Herren, dass wir von Ihrer, von SPÖ-Seite keine große Unterstützung bekommen haben. Ich erinnere daran, wie Ihre Vertreter des ÖGB und der Arbeiterkammer uns erklärt haben, dass das alles nicht ausreichen und dass es zu einer Katastrophe kommen werde. – Heute hören wir Gott sei Dank nichts mehr davon! Und Sie von der SPÖ haben uns auch gesagt, dass wir eine siebenjährige Übergangsfrist nicht zusammenbringen wür­den!

Meine Damen und Herren! Wir sehen heute, dass die Vorbereitung auf die Freiheit des Arbeitsmarktes mit einer siebenjährigen Übergangsfrist genau auf den Punkt das


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getroffen hat, was die Österreicherinnen und Österreicher wollen, nämlich einen sanf­ten Übergang zu einer völligen Freizügigkeit und einen Schutz der heimischen Ar­beitsplätze: eben im Ausmaß einer siebenjährigen Übergangsfrist. Das heißt, wir ha­ben die Chance, bis dahin die Niveaus im Osten anzuheben, damit wir allmählich zu einem gleichen Lohnniveau kommen. Das ist eine gute, eine richtige und zukunfts­weisende Entscheidung gewesen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was die Wirtschaft betrifft, fragen auch viele: Werden jetzt alle Betriebe abwandern, wird durch diese Erweiterung nicht noch mehr in Richtung Osten wandern? – Ich glaube: nein! Wir haben auch da vorgesorgt, und ich verweise etwa auf die KöSt-Senkung, die wir morgen beraten werden, ebenso auf die Grup­pen­besteuerung. Das sind Meilensteine für eine wirtschaftliche Entwicklung, die bei uns dazu führen werden, dass wir mehr Arbeitsplätze, dass wir mehr Unternehmer haben werden. Es gibt viele Anfragen bei der Austrian Business Agency, Anfragen, die in die Hunderte gehen, um neue Betriebe in Österreich anzusiedeln. Wer hätte das vor kurzer Zeit gedacht! Das ist jetzt Realität, wobei bereits die Ankündigung einer Steuerreform dazu geführt hat, und das ist eine sehr gute Entwicklung für uns. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Für meine Fraktion möchte ich daher festhalten, meine Damen und Herren, dass wir nicht nur zu dieser EU-Erweiterung stehen, sondern dass wir auch gedanklich in einer anderen Art dieses Problem, diese ganze europäische Entwicklung angehen sollten: Wir sollten zukünftig nicht mehr fragen, was uns diese Erweiterung bringt, sondern was wir aus dieser Erweiterung machen können. Und wir können eine Reihe von Dingen daraus machen, die positiv für Österreich sein werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


12.16

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Her­ren des Hohen Hauses! Zum Thema „Rückenwind für Arbeit und Wirtschaft in Öster­reich“: Die EU-Erweiterung wird das allemal tun, aber es war schon die Öffnung des Ostens seit dem Jahre 1989, die dafür gesorgt hat, dass der Wirtschaftsstandort Öster­reich Rückenwind erfahren hat. (Abg. Parnigoni: Mit Ihrer Bilanz sind Sie kein erfolgreicher Minister!)

Das international sehr renommierte Wiener Institut für Internationale Wirtschafts­ver­gleiche bezeichnet Österreich als den größten Gewinner der Ostöffnung der Euro­päischen Union unter den 15 – und gleichzeitig auch als den größten Gewinner der Erweiterung unter den EU 15.

6 Prozent allein beträgt das zusätzliche Wirtschaftswachstum, das Österreich seit dem Jahre 1989 erfahren hat, seitdem Alois Mock und Gyula Horn den Eisernen Vorhang zwischen Ungarn und Österreich durchschnitten haben. Um das zu „übersetzen“: Das sind etwa 14 Milliarden € für unsere Volkswirtschaft, für unser Bruttoinlandsprodukt. Oder, wie es Abgeordneter Spindelegger schon ausgeführt hat: 60 000 Jobs zu­sätz­lich; netto, hast du gesagt. Wir wissen, es sind einige verloren gegangen, das war schmerzlich, aber in Summe sind es bisher 60 000 Jobs mehr – und es werden noch mehr werden.


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Um Ihnen ein wenig zu verdeutlichen, welchen Effekt, den wir sonst nicht gehabt hätten, das tatsächlich hatte, sei nur gesagt, dass das Wifo in einer Studie ermittelt hat, dass Österreich in den Jahren 1995 bis 2001 Jahr für Jahr ein zusätzliches Wirt­schaftswachstum von 0,42 Prozent erfahren hat. Vergleichen Sie das einmal mit dem Wirtschaftswachstum, das wir in den – zugegebenermaßen schwachen – Jahren 2001 bis 2003 hatten, nämlich insgesamt 2,9 Prozent, also etwa 1 Prozent pro Jahr! Es ist nicht überzogen, zu sagen, dass etwa 40 Prozent unseres Wirtschaftswachstums der letzten Jahre aus dem Titel Ostöffnung gekommen sind, und es ist auch nicht über­zogen, zu sagen, dass etwa 40 Prozent der zusätzlichen positiven Arbeitsmarkteffekte, der zusätzlichen Jobs aus diesem Titel kommen, denn wenn wir heute feststellen kön­nen, dass wir im letzten Jahr rund 14 000 zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich ge­schaffen haben – respektive die Wirtschaft, die sie geschaffen hat –, sagt das Wifo: 6 000 Jobs pro Jahr kamen aus dem Titel Ostöffnung dazu.

Trotzdem ist es äußerst wichtig – Abgeordneter Spindelegger hat bereits darauf hin­gewiesen –, die Sorgen der Österreicher gerade in Sachen Migration, gerade in Sachen Arbeitsmarkt ernst zu nehmen. Danke, Bundeskanzler Schüssel, danke allen anderen Beteiligten, die dazu beigetragen haben, dass wir diese insgesamt maximal siebenjährige Übergangsfrist für unseren Arbeitsmarkt ausverhandeln konnten! Im Übrigen: Wir haben immer offen gesagt, was wir brauchen, gemeinsam mit den Deut­schen – andere EU-Mitgliedstaaten hingegen haben gemeint, das bräuchten sie nicht. Mittlerweile sind sie draufgekommen, sie brauchen’s doch.

Der Standort Österreich hat also gewonnen – und wird weiter gewinnen. Mehr als 1 000 internationale Headquarters, die nach Mittel- und Osteuropa hinein arbeiten, gibt es in Wien, in Salzburg und anderswo in Österreich. Das liest sich wie ein „Who is Who“ in der Wirtschaftswelt von A bis Z: A wie Agfa, B wie Bosch, BASF, Bank of Tokyo, C wie Canon oder Coca Cola, et cetera. Ich könnte das fortsetzen bis zum Buchstaben Z. Das ist also eine Erfolgsgeschichte für den Standort Österreich! Das bringt Wertschöpfung, das bringt Arbeitsplätze! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie bereits Michael Spindelegger gesagt hat: Wir seitens der Bundesregierung und Sie seitens des Hohen Hauses unterstützen diese Standortpolitik nach Kräften: auch mit einer Steuerreform, die den Standort Österreich stärkt. Für Investitionen in Österreich ist es wichtig, dass wir einen KöSt-Satz von 25 Prozent anzubieten haben werden, wenn dieser bei unseren Nachbarn, zumindest nominell, sogar noch darunter liegt.

Es ist wichtig, dass wir gerade die Headquarters-Attraktivität Österreichs stärken: mit der wahrscheinlich großzügigsten Gruppenbesteuerung, die es in Europa gibt.

Hand auf’s Herz: Es ist in diesem Zusammenhang auch zu sagen, dass die Frage der nächsten Jahre nicht lautet, ob Arbeitsplätze von Deutschland nach Tschechien, von Österreich nach Ungarn wandern, sondern die industriepolitische Frage der nächsten Jahre wird sein: Wandern Arbeitsplätze von Europa beispielsweise nach China, und können wir dem Einhalt gebieten?

Diesbezüglich danke ich den Sozialpartnern, sie sind auch sonst sehr standortbewusst. Es ist kein Zufall, dass die Österreicher um etwa 200 Stunden pro Jahr mehr arbeiten als die Deutschen. Es sind 1 720 Stunden. Es ist kein Zufall, dass die Zurückhaltung unserer Gewerkschaften bei den jährlichen Lohnabschlüssen dafür gesorgt hat, dass die Lohnstückkosten in den letzten Jahren gesunken und nicht gestiegen sind – dank den verantwortungsbewussten Sozialpartnern.

Es ist kein Zufall, dass diese Bundesregierung, meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesen Tagen und Wochen gemeinsam mit Ihnen die wichtigste Forschungs-


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und Entwicklungsoffensive dieses Landes seit dem Jahre 1945 beschließt. Wir sind heute schon bei einem überraschend hohen F & E-Anteil am BIP, nämlich 2,27 Pro­zent, und wir werden mit den Maßnahmen, die Sie erfreulicherweise mittragen, bis 2010 3 Prozent erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Erweiterung wird nach den erfolgreichen knapp 15 Jahren der Ostöffnung den Standort Österreich weiter absichern. Ich habe es schon erwähnt: Die Wirtschafts­forscher sagen uns voraus, dass weitere Jobs zu den bisher schon netto 60 000 neu geschaffenen hinzukommen – das sagt das Wifo. In Summe werden es bis 2010 etwa 40 000 weitere Jobs sein. Das heißt also, insgesamt 100 000 Jobs resultieren aus dem Titel „Erweiterung der Europäischen Union“.

Wir sind, bezogen auf das kleine 8-Millionen-Völkchen, das wir als Österreicher dar­stellen, hervorragend unterwegs, was Direktinvestitionen von Österreichern in Mittel- und Osteuropa anlangt. Der Herr Bundeskanzler und ich waren mit vielen Spit­zenvertretern der Wirtschaft in Rumänien, das bei dieser Runde der Erweiterung zwar noch nicht dabei ist. Heute sind wir schon dort, und wenn das große Geschäft OMV mit Petrom klappt, dann sind wir in den nächsten Monaten noch deutlicher präsent.

Derzeit sind wir schon in allen unseren Nachbarländern entweder Nummer eins oder Nummer drei bezüglich „foreign direct investments“. 15 Milliarden € von österreichi­schen Unternehmungen sind schon dort, das sind also 40 Prozent der Gesamt­inves­titionen von Österreichern im Ausland. Das sichert auch in Österreich Wertschöpfung und Arbeitsplätze, und das ist zu begrüßen.

Als Tourismusminister möchte ich aber noch hinzufügen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass auch das eine Erfolgsgeschichte für den Tourismusstandort Öster­reich werden wird beziehungsweise auch schon ist. Wenn sich auch derzeit die rund 3 Millionen Nächtigungen von Bürgern aus Mittel- und Osteuropa noch verhältnismäßig bescheiden ausnehmen im Verhältnis zu den insgesamt rund 86 Millionen Nächtigun­gen von Ausländern in Österreich, so, muss ich sagen, freut mich und Österreichs Tou­rismuswirtschaft die Dynamik, denn es kommen zu diesen 3 Millionen Nächtigungen jährlich noch 300 000 bis 400 000 dazu. Ich bin überzeugt, der Tag wird nicht mehr ferne sein, wo wir uns angesichts der Anzahl der Gästenächtigungen über tschechi­sche, ungarische und slowenische Gäste in ähnlichem Ausmaß freuen werden wie über deutsche, schweizerische und italienische. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Lassen Sie mich abschließend sagen, gerade weil wir vor vier Tagen die Erweiterung gemeinsam gefeiert haben, dass wir mit gutem Gewissen den Menschen in den Grenzregionen Oberösterreichs, Niederösterreichs, des Burgenlandes, der Steiermark und Kärntens sagen können, dass die Erweiterung und die Ostöffnung in den letzten Jahren gerade diesen Regionen mehr gebracht haben als dem Durchschnitt Öster­reichs hinsichtlich der Bereiche Jobs und Wirtschaftswachstum.

Das ist eine besonders erfreuliche Entwicklung, weil gerade diese Regionen in den letzten Jahren und Jahrzehnten durch die politische und auch wirtschaftliche Grenze, die die Märkte abgeschottet hat, erheblich benachteiligt waren. Freuen wir uns darüber, dass gerade diese Grenzregionen von der Öffnung und in Zukunft von der Erweiterung besonders profitieren werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

12.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Bundesminister.


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Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Re­dezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.25

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Die Erweiterung der Europäischen Union ist nicht nur ein Projekt von einer bedeutenden politischen Dimension, sondern auch eine Riesenchance für Europa, was den Wirtschaftsbereich, insbesondere die heimische Wirtschaft anlangt.

Gerade jetzt, nachdem wir seit drei Jahren eine Wachstumsschwäche haben, muss man es als besonders positiv sehen, dass die Erweiterung, die zehn Beitrittsstaaten und die notwendigen Investitionen, die in diesen Ländern jetzt zu erfolgen haben, für die österreichische Wirtschaft auf Grund der Nähe und auf Grund der Kompetenz eine bedeutende Chance darstellen.

In den nächsten Jahren, also von 2004 bis 2006, stehen 22 Milliarden € Investitions­potential zur Verfügung, und das Interesse der heimischen Firmen ist vorhanden. Wir werden uns an den Investitionen beteiligen. Wir werden damit natürlich auch Arbeits­plätze sichern. Wir haben – und das bestätigen alle Studien, aber man muss auch vor­sichtig sein – auch entsprechende Auswirkungen im Bereich der Volkswirtschaft und persönliche Empfindungen.

Die makroökonomischen Auswirkungen sprechen eine ganz eindeutige Sprache. Es erfolgt ein Wegfall der Grenzformalitäten, was eine Ersparnis für die heimische Wirt­schaft in der Höhe von rund 470 Millionen € im Jahr bringen wird. Wir haben zusätzlich zu erwartende Exporte. Die allein in diesem Bereich erwartete Steigerung um 5 Prozent wird zu Steuereinnahmen von zirka 200 Millionen im Jahr führen.

Bereits angesprochen wurde die Möglichkeit im Tourismusbereich, nämlich dass wir in Zukunft vermehrt Gäste aus den Beitrittsländern erwarten können. Sie können sich vielleicht nicht daran erinnern, aber in den Zwischenkriegsjahren betrugen am Sem­mering die Gästequoten aus Ungarn rund 40 Prozent. Jetzt haben wir einen Anteil von 1 Prozent an ausländischen Gästen aus diesem Bereich. Daher sind Steigerungsraten in der Höhe von 400 000 zu erwarten – unter der Annahme, dass der nächste Kondratieff-Zyklus überhaupt Tourismus und Wellness sein wird. Das ergibt ein be­trächt­liches Potential für die heimische Wirtschaft. Das ist gerade in dieser Phase ausge­sprochen wichtig, und wir werden sicherlich davon profitieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich selbst komme aus dem Mühlviertel. Wenn Sie bei dortigen Veranstaltungen makro­ökonomische Zahlen ansprechen, dann, muss ich sagen, interessiert das die Leute, aber das können sie auch in den Zeitungen lesen. Die viel wichtigere Frage ist: Was heißt Erweiterung für mich persönlich? – Und das fokussiert sich eigentlich auf drei Bereiche.

Der eine Bereich ist der Verkehr: Gibt es jetzt ein größeres Verkehrsaufkommen? – Die Antwort wird lauten: ja, aber wir müssen entsprechend in die Infrastruktur investieren.

Zweitens: Was ist mit dem Bereich Sicherheit? Haben wir da entsprechend gegen­ge­steuert? – Auch diesbezüglich gibt es entsprechende Maßnahmen.

Aber die hauptsächliche Frage, die zentrale Frage ist: Was ist mit meinem Arbeits­platz? – Wenn ich mir die Arbeitsplatzsituation anschaue, dann glaube ich, dass wir mit


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den Übergangsfristen eine solide Regelung gefunden haben. Diese solide Regelung soll aber eher die Übergangsängste abdecken, denn in Wirklichkeit müssen wir auch in diesem Bereich die Erweiterung leben, und leben heißt, mit der Praxis fertig zu werden.

Wenn wir jetzt nichts tun und nicht Schritt für Schritt die Praktikantenabkommen, die Grenzgängerabkommen in Geltung setzen, dann ist die Frage berechtigt: Was werden wir dann haben? – Wir werden Schwarzarbeit in enormem Ausmaß erleben!

Wir haben eine Hotline im Bereich der Wirtschaftskammer installiert. Diese Hotline be­schäftigt sich nicht mit makroökonomischen Fragen, sondern damit: Jetzt kommen all die Trupps nach Österreich, die gleich das gesamte Asbest, das sie irgendwo ab­reißen, nach Tschechien oder in die Slowakei liefern. Wie schaut es mit den Um­weltstandards und dergleichen aus?

Daher müssen wir meiner Meinung nach diesbezüglich in den offiziellen Bereich hinein­gehen. Wir haben wunderbarerweise auch im Dienstleistungsbereich die Über­gangsfristen, aber wir sollten Schritt für Schritt die Erweiterung leben lernen. Was heißt Erweiterung? – Das heißt mehr Handeln, das heißt mehr Bewegung. Nur dort, wo Bewegung ist, ist auch Kaufkraft.

Dasselbe gilt für die Ladenöffnungszeiten. Voriges Jahr hat noch jeder gesagt: Das brauchen wir nicht. Jetzt gibt es die Erweiterung, und jetzt können Sie in den Zeitungen lesen: Auch unsere Betriebe haben erkannt, dass in den Erweiterungsstaaten die Geschäfte bis 22 Uhr und am Sonntag offen haben.

Daher heißt Erweiterung nicht automatisch Chance für jeden. Erweiterung heißt mehr Bewegung, heißt mehr Möglichkeiten, aber diese Möglichkeiten müssen wir ent­sprechend aufnehmen. Damit wir die Differenz zwischen der persönlichen Erwartungs­haltung und den angesprochenen makroökonomischen Vorteilen überbrücken, damit wir den Weg zwischen Anspruch und Wirklichkeit überwinden, müssen wir den ge­lebten Dialog, die gelebte Realität angehen. Das heißt: Tagesarbeit und weg mit den Sektgläsern! Gehen wir es an, leben wir die Erweiterung wirklich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.30

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesre­gierung! Meine Damen und Herren! Auch wir Sozialdemokraten begrüßen die neuen Mitglieder. Die Erweiterung der EU ist für uns ein Projekt des Friedens und der Soli­darität, aber auch in wirtschaftlicher Hinsicht erwarten alle – sowohl die bisherigen 15 als auch die neuen zehn Länder – Vorteile und Gewinne.

Es stimmt, dass Österreich zu den Ländern gehört, die einen Großteil ihrer Ernte auf Grund des Falls des Eisernen Vorhanges und der nun vollzogenen Erweiterung in den letzten eineinhalb Jahrzehnten schon eingebracht haben. Viele österreichische Unter­nehmungen haben sich einen guten Platz in diesem neuen Wirtschaftsraum gesichert.

Wir dürfen aber eines nicht übersehen: Mit dem Rückenwind, wie Sie es nennen, ist es so eine Sache: Er bläst einem nur dann in den Rücken, er beschleunigt einen nur dann, wenn man in der richtigen Position ist, wenn er aus der richtigen Richtung kommt und wenn man sich selbst in die richtige Richtung bewegt.

Das mag in vielen Bereichen, die von der Wirtschaft und den Unternehmungen be­stimmt sind, der Fall sein, für die Regierung gilt es leider nicht. (Beifall bei der SPÖ.) Österreich bestimmt – um bei Ihrem Wort zu bleiben – die Windrichtung nicht


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ausreichend. Österreich spielt in der EU keine große Rolle; in allen großen Ent­scheidungen, die für Europa von Bedeutung sind, hat es kaum österreichische Initiati­ven gegeben. Transitverkehr, mangelnde Steuerharmonisierung sind nur zwei Bei­spie­le dafür, dass die Interessen unseres Landes nicht konsequent und erfolgreich ver­treten werden. Das muss sich im Interesse unseres Landes ändern. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Zweitens: Die innerstaatliche Vorbereitung ist unzureichend, vor allem auf den Sek­toren Arbeit und Beschäftigung. Wir als Sozialdemokraten haben hiezu unsere Vor­schläge gemacht, wie auch die Gewerkschaften ihre Vorschläge gemacht haben. Die Regierung ist im Wesentlichen untätig geblieben; das muss sich ändern. Ich befürchte, das wird erst nach der nächsten Nationalratswahl der Fall sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Keine falschen Hoffnungen!)

Drittens: Eine Voraussetzung für eine gute wirtschaftliche Entwicklung sind ent­sprechende Verkehrsverbindungen. In den Bereichen der Luftfahrt haben die Austrian erfolgreich agiert. Im Bereich Straßen, Autobahnen, Eisenbahn und Grenzübergänge gibt es leider gravierende Mängel. Das sind schwer wiegende Fehler dieser Regierung und – das füge ich hinzu – auch Versäumnisse der früheren Jahre. Aber reden Sie sich nicht immer auf die Versäumnisse vor eineinhalb Jahrzehnten aus! Dass damals etwas zu zögerlich begonnen wurde, ist noch lange kein Grund, es heute, wo es viel drin­gender ist, noch zögerlicher fortzusetzen. Da wäre eine andere Politik gefragt. (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss sich nur die Strecke Wien–Bratislava anschauen: Eine moderne Verbindung würde dafür 20 Minuten brauchen; 70 Minuten dauert es jetzt. Eine alte Diesellok zieht den Zug – einen Zug, der in der Monarchie schon einmal elektrifiziert war.

Meine zuständigen Herren Regierungsmitglieder! Das ist wirklich zum Schämen, und das ist ein Beispiel für ganz Europa, wie man es nicht machen darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Viertens müssen wir auch schauen, wie das Projekt Europa selbst läuft, ob sich das Projekt Europa, die EU, was die Wirtschaftspolitik betrifft, in die richtige Richtung entwickelt. Und diesbezüglich haben wir als Sozialdemokraten Befürchtungen: Die Schaffung von Arbeitsplätzen wird vernachlässigt, europäische Investitionen werden erschwert, sozialpolitische Fortschritte gibt es in der EU sehr zögerlich, notwendige Dienstleistungen werden in Frage gestellt, und ein übertriebener Sparzwang hemmt die politischen Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb ist der 13. Juni so wichtig, deshalb sind die Europawahlen so wichtig: Wir Sozialdemokraten wollen die EU von dieser kon­ser­vativen Vorherrschaft befreien (Heiterkeit bei der ÖVP) und Europa zu einer Kraft des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts machen – im Interesse der Menschen dieses Kontinents! (Beifall bei der SPÖ.)

12.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Mich wundert nur, wenn ihr euch eure Wahlergebnisse anschaut, dass ihr überhaupt noch etwas zu lachen habt! – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


12.36

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine Her­ren auf der Regierungsbank! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schieder, dass Sie die Versäumnisse der SPÖ-geführten Bundesregierungen hier am Rednerpult angesprochen haben, das ehrt Sie, und das hat Ihren Beitrag auch entsprechend aufgewertet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sehen selbstverständlich in diesem Pro­jekt der Erweiterung der Europäischen Union, in dieser Friedens-, Sozial- und Wirt­schaftsunion auch eine entscheidende und eine historische Chance. Deshalb haben wir hier im Nationalrat all diesen Entscheidungen zugestimmt, weil wir sehen, wie wichtig dieser Schritt für die Zukunft Europas ist.

Wir haben diese Zustimmung allerdings mit Vorbehalten gegeben. Wir haben das auch hier an den Rednerpulten und bei den Veranstaltungen immer wieder erwähnt. Nach unserer Auffassung, meine Damen und Herren, waren einige Beitrittskandidatenländer noch nicht reif für diesen wichtigen Schritt.

Wir haben vor allem immer wieder gesagt, dass die Atomkraftwerke in einigen Beitritts­ländern nicht dem europäischen Standard entsprechen und dass man auch hinsichtlich der Menschenrechts- und Minderheitenstandards noch Schritte in die Zukunft setzen muss. Ich denke hier vor allem an die Beneš-Dekrete in der Tschechischen Republik. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben diese Vorbehalte aus freiheitlicher Sicht auch laut zum Ausdruck gebracht. Wir müssen aber mittlerweile auch die Frage beant­worten, ob die EU-15 schon reif für diesen historischen Schritt waren. Wenn man sieht, wie schwierig es ist, die Unterstützung der Bevölkerungen innerhalb dieser 15 Länder für diesen Schritt zu bekommen; wenn man sieht, wie schwierig es ist, im Rahmen dieser Spesenskandale und dieser Intransparenz der europäischen Politik in ihrer Ge­samtheit eine Zustimmung für dieses Projekt zu erwirken, dann könnte man der Ansicht sein, dass es auch den EU-15 nicht geschadet hätte, noch etwas europareifer zu werden und erst dann diesen historischen Schritt zu wagen.

Meine Damen und Herren! Dieser Schritt ist jetzt getan, und wir müssen – mit „wir“ meine ich die österreichische politische Ebene – jetzt nach diesem wichtigen Schritt die Interessen unserer Republik auch in diesem vergrößerten Europa beherzt und mit Hausverstand vertreten. Darum wird es jetzt gehen.

Ein wesentlicher Punkt wird die neue europäische Verfassung sein. Meine Damen und Herren! Diese Verfassung wurde vor allem auch im Hinblick auf die Erweiterung, auf diese 25 Länder in Auftrag gegeben. Und die Verfassung stand auch unter dem Ziel von mehr Bürgernähe, mehr Klarheit, mehr Transparenz und mehr Sparsamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Auf die Einhaltung dieser Prinzipien werden wir achten müssen, vor allem aber auch auf die Bürgernähe. Deshalb ist auch die Frage einer Volksabstimmung über eine allfällige neue europäische Verfassung von so großer Bedeutung. Diese Verfassung muss nämlich in ihrem Prozedere bereits diese neue Bürgernähe innerhalb der Europäischen Union leben. Und deshalb werden wir um eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung für die gesamte Union – das ist meine Auffassung – nicht herumkommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Diese Signale, die Signale von Bürgernähe, Klarheit, Trans­parenz und Sparsamkeit – Herr Kollege Schieder, ich pflichte Ihnen auch darin bei –, sind wichtig im jetzt beginnenden EU-Wahlkampf. Bei diesem EU-Wahlkampf liegt auch die gesamte Europäische Union wieder auf der Prüfebene ihrer Bürger, und in diesem EU-Wahlkampf, in der Wahlauseinandersetzung muss es auch um diese wich­tigen Bereiche gehen.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns aber auch im Klaren darüber sein, dass nach diesem Erweiterungsschritt die Europäische Union einmal innehalten und grund­sätzliche Dinge einmal neu überlegen soll. Die Europäische Union wird sich überlegen müssen, wie sie sich auch geographisch definiert. Wir werden nicht Gesamt-


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Osteuropa, den Nahen Osten in die Europäische Union implementieren können. Wir müssen klar und deutlich sagen, dass wir einen Beitritt der Türkei beim jetzigen Zustand der Union und auch darüber hinaus nicht für einen richtigen Schritt halten, weil es sich da um ganz andere wirtschafts- und machtpolitische Bereiche handelt: Es geht um den Nahen Osten, es geht um Osteuropa – Bereiche, die wir in die Europäische Union, in der wir jetzt leben, nicht implementieren können.

Meine Damen und Herren! Die Europäische Union wird sich deshalb in den kom­menden Jahren um sich selbst kümmern müssen. Sie wird die Vertiefung in wichtigen Bereichen vorantreiben und auch klar sagen müssen, dass die Erweiterung ihre Grenzen hat.

Wir Freiheitlichen, meine Damen und Herren, werden in diesem Zusammenhang wei­terhin für Bürgernähe, Transparenz und Sparsamkeit der Europäischen Union eintreten und darauf achten, dass auch die Interessen Österreichs gewahrt bleiben. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenber­ger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.42

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Spindelegger hat seine Rede mit den Worten begonnen, dass Grenzen gewandert seien und wir uns auf diese gewanderten Grenzen einstellen müssten.

Ich möchte schon bemerken, dass das nicht eine Wanderschaft von Grenzen war, sondern dass das politische Entscheidungen waren, die erst 1989 wirklich möglich geworden sind, wobei allerdings im Vorfeld schon viele Vorbereitungen gelaufen sind.

Meine Damen und Herren! Diese Vorbereitungen, die man seit 1989 und natürlich vor allem die letzten drei bis fünf Jahre treffen hätte können, sind nur in ganz wenigen, nur in ganz bestimmten Bereichen überhaupt getroffen worden, vor allem nicht in einem Bereich: in der Auflösung der Vorurteile, die zwischen den alten und neuen euro­päischen Staaten bestehen.

Die polnische Botschafterin hat in einer Diskussion eine bemerkenswerte Aussage ge­troffen, die zeigt, was in der Erweiterungsdebatte aus meiner Sicht noch immer unter­beleuchtet ist. Sie sagte, immer dann, wenn von der polnischen Landwirtschaft die Rede sei, tauche in jeder Zeitung immer dasselbe Foto auf, das Foto eines polnischen Bauern mit seinem Pferd und einem Wagen. Sie hat uns sehr deutlich gesagt – und damit hat sie natürlich Recht –, dass die polnische Landwirtschaft natürlich nicht auf dieses Bild zu reduzieren sei.

Das Gleiche spielt sich natürlich im Bereich der Industrie genauso ab. Wir sehen, wenn es um Industriedebatten geht, die Industrieruinen der fünfziger und sechziger Jahre, die bei uns schon weggesprengt worden sind, nicht aber all die wirtschaftlichen Ent­wicklungen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten stattgefunden haben.

Das führt natürlich schon zur Frage, ob in der Debatte über die Erweiterung die Un­terschiede betont werden oder ob wir das betonen und betonen wollen, was uns in diesem Europa verbindet.

Meine Damen und Herren von der Regierung! Hier haben Sie schwere Versäumnisse zu verantworten, die wir beklagen müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Diese Aktuelle Stunde wurde von der ÖVP mit „Rückenwind für Arbeit und Wirtschaft“ betitelt. – Rückenwind für welche Arbeit und Wirtschaft? Diese Frage wird auch noch


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zu stellen sein, aber vorerst sei eines bemerkt: Von beiden Seiten, nämlich sowohl von den Erweiterungsländern wie auch von den derzeitigen Beitrittsländern, werden extrem hohe wirtschaftliche Erwartungen an diese Erweiterung geknüpft. Das gibt Konflikt, meine Damen und Herren! Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass, wenn es nicht extra organisiert und bearbeitet wird, es zu einem harmonischen Miteinander und einem gemeinsamen Gewinn aus wirtschaftlicher Tätigkeit aus dem Zusammenwach­sen Europas kommt.

Wenn statt des Aufbaus von fairen Handelsbeziehungen der Neoliberalismus fröhliche Urständ’ feiert, meine Damen und Herren, wenn die Erweiterung dazu genützt wird, Arbeitsbedingungen in Österreich zu verschlechtern, mit dem Druck argumentierend, dass durch den Beitritt die Lohnnebenkostendifferenz sehr stark schlagend würde, Ar­beitsregeln bei uns in Frage gestellt werden, dann entfernen Sie sich von einem europäischen Konsens, der in der Bevölkerung, aber leider nicht in den Regierungen herrscht, nämlich dem Konsens für ein soziales Europa. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Frage, welche Art des Wirtschaftswachstums wir haben werden, ist die ent­scheidende Zukunftsfrage für Europa. Wird es eine Wirtschaft des Neoliberalismus sein oder wird es ein nachhaltiges Wirtschaften sein? Wird es eine Energiepolitik sein, die auf die erneuerbaren Energieträger setzt, oder setzen Sie, meine Damen und Herren, mehr oder minder verdeckt auf die alten großen Kolosse, wie etwa die Atom­energie?

Werden Sie in der Verkehrspolitik alle Leute zum Autofahren verdonnern oder werden Sie bereit sein, die Alternativen im öffentlichen Verkehr zur Verfügung zu stellen? Das braucht Investitionen – aber so, wie Sie derzeit Ihre Investitionen planen, geht es in die falsche Richtung. (Das rote Lämpchen auf dem Rednerpult blinkt. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Ein soziales Europa ist das, was sich die Menschen erwar­ten. Orientieren Sie Ihre Politik um, bevor Sie in die sechziger Jahre zurückfallen, statt an die Zukunft zu denken! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


12.47

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren, die Sie über Fernsehen mit uns ver­bunden sind! Hohes Haus! Große Politiker, so etwa auch unser Leopold Figl, haben von der Vision gesprochen, dass wir ein großes, ein starkes, ein einiges Europa brau­chen. Wir haben die Chance, das zu erleben. Vor etwa zehn Jahren haben wir abge­stimmt und uns dazu entschlossen, dieser Europäischen Union beizutreten, die sich seit 1989 gewaltig verändert hat.

Dem großen Ziel der europäischen Integration, der Schaffung einer Zone der Stabilität, der Sicherheit, des Friedens und der Rechtsstaatlichkeit in Europa, sind wir somit ge­waltig näher gekommen. Dieser Prozess ist von Veränderungen geprägt. Wir sind von der Grenzmarkt- oder von der Randlage in den Mittelpunkt Europas gewandert. Es kommt viel auf uns zu. Es gibt viele Fragen – wie werden wir damit umgehen? Es gibt Risken, es gibt neue Möglichkeiten. All das ist Realität.

Das Europa der Gemeinsamkeit der 25 muss eben gelebt werden – heute, hier, aller­orts und auch am 13. Juni, wo die Bürgerschaft über die europäische Politik mit zu entscheiden hat. Wir haben am neuen Europa nicht nur in der Richtung mitzugestalten,


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dass wir kategorisieren in Gutdenker und in Schlechtmacher, sondern wir brauchen eine reale Politik, eine neue politische Ausrichtung, aber auch eine Politik, die nicht nur grenzenlose Erwartungen hat.

Der wichtigste Teil ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass unsere Kinder von europäischen Kriegen lernen, selber aber keine europäischen Kriege mehr führen werden. Das ist die Botschaft, die wir hinaustragen sollen und die so wichtig und be­deutend für uns alle ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich denke, wir müssen auch die Sozialpolitik nachjustieren, neu gestalten, in so manches Netz etwas Luft hineinlassen, aber die Statik halten und woanders vielleicht die Netze etwas besser ausstatten. Europa braucht eine neue Kultur der Solidarität. Das ist eine Botschaft, die wir allseits hören und die auch richtig und wichtig ist. Wir müssen damit hinausgehen und sagen, dass wir nicht nur versorgen können, sondern auch dafür sorgen müssen, dass möglichst viele Menschen am Wohlstand teilnehmen, dass es Arbeit, dass es Beschäftigung gibt, dass sich zukunftsorientierte Betriebe erfolgreich entwickeln können, dass sie aufbauen können, denn eines ist klar: Sozial ist, was Arbeit schafft – und alles andere ist bestenfalls eine Erwartung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir müssen auch dahin gehend arbeiten, dass Wertschöpfung auf diesem Kontinent erfolgt, denn nur ein sozial geprägtes Europa, ein wirtschaftlich starkes Europa, in dem die Völker und Generationen miteinander leben und Werte schaffen, nur dieses Europa hat Zukunft.

Diese Bundesregierung hat sich darauf vorbereitet. Wir haben entsprechende Voraus­setzungen geschaffen und tragen diesen Prozess auch engagiert mit, zum Beispiel mit der neuen Steuerreform: ein historischer Prozess, eine neue Umverteilung innerhalb der Bürgerschaft, mehr Geld für die Familien! Das alles ist wichtig, und Sie, meine Da­men und Herren von der Opposition, können zeigen, ob Sie dieses neue Projekt mit­tragen, ob Sie bereit sind, sich hier einzubringen. Ich denke, dass es keinen Sinn macht, wenn Sie dauernd sagen, wie schlecht es in Österreich sei. Lesen Sie bitte den Report eines angesehenen Schweizer Institutes, aus dem ganz klar hervorgeht, wo Österreich im Ranking zu finden ist. Das ist in jeder Weise herzeigbar, und das ist eine frohe Botschaft, die wir hinaustragen sollen. Das ist unsere Aufgabe, und ich denke, das ist wichtiger, als dass Sie dauernd jammern, was in diesem Land alles nicht stimmt.

Ich bin etwas bestürzt, wenn ich lese, dass Herr Abgeordneter Cap in den nächsten Tagen eine knallharte Frage an die Regierung stellt. In diesem Zusammenhang sagt er, die Regierung habe es verabsäumt, engagiert zu arbeiten, sie habe die schlechte Wirtschaftspolitik Europas mitgetragen. – Fragen Sie Prodi, fragen Sie Schröder, fra­gen Sie die sozialdemokratischen Mitglieder der Kommission, fragen Sie die So­zialis­tische Internationale, wenn Ihnen etwas nicht passt, aber kritisieren Sie nicht Ihr eigenes Land, in dem auch Sie mitverantworten, in dem auch Sie leben, dieses Land, das uns Frieden und Freiheit auch in der Zukunft geben muss! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Europa ist für uns Zukunft. Europa gibt uns Hoffnung, ist aber auch eine große Herausforderung. Es geht nicht darum, alles zu erwarten und vieles zu nehmen, sondern es geht auch darum, sich einzubringen und auch etwas zu geben. Wir müssen diesem Projekt Europa Inhalte geben, neue Perspektiven anden­ken und diese auch durchdenken. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Wir müssen uns einbringen, mitgestalten und uns mit beteiligen. Und wie ich schon sagte, auch am 13. Juni ...

12.52

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Das war der Schlusssatz, Herr Abgeordneter Dona­bauer! Die Redezeit ist vorbei!

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen für den das Rednerpult verlassenden Abg. Donabauer.)

Eine neuerliche Wortmeldung kommt von Herrn Bundesminister Dr. Bartenstein. Er ist an die fünfminütige Redezeit gebunden. – Sie sind am Wort, Herr Minister.

 


12.53

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Geschätzte Regierungskollegen! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schie­der, Sie haben etwas gesagt von der konservativen Dominanz Europas. Meinen Sie damit Prodi? Meinen Sie damit Blair? Meinen Sie damit Schröder? Wen meinen Sie damit? – (Abg. Schieder: Sie! Sie meine ich damit!) Meinen Sie, dass ich Europa do­miniere? Das ehrt mich, danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.) So einseitig, glaube ich, sollten Sie es den Österreichern nicht darstellen, auch wenn der Europawahlkampf be­gonnen hat. Das ist nicht wirklich glaubwürdig.

Aber nehmen wir Sie noch einmal beim Wort und fragen wir: Wo sind denn die Ver­säumnisse, die Sie uns vorwerfen in Sachen Arbeitsmarkt, in Sachen Übergangsbe­stim­mungen? Sie sagen, wir hätten hier Dinge unterlassen. Sie wissen ganz genau, Österreich hat gemeinsam mit Deutschland diese Übergangsfrist für unseren Arbeits­markt erreicht. Wir werden sehen, inwieweit wir sie brauchen. Solange die Arbeits­losenzahlen leicht steigend sind – und das ist alles andere als erfreulich –, werden wir sie verstärkt in Anspruch nehmen müssen. Wenn sich der Arbeitsmarkt dreht, weil es wieder Wachstum gibt, wird es ein wenig anders aussehen. So werden wir das halten.

Ich habe aber in den Ausschüssen und in den Plenarberatungen zu diesem Thema von Ihnen nicht wirklich Vorschläge gehört, wie Sie es denn halten würden. Wir halten es gemeinsam mit der Regierung Schröder so, dass wir meinen, diese siebenjährige Übergangsfrist ist das Optimum für unsere Arbeitnehmer, ist das Optimum für den Arbeitsmarkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Frau Abgeordnete Lichtenberger, Sie haben gemeint, wir bräuchten Wachstum. Da stimme ich mit Ihnen überein. Sie haben aber gemeint, das müsse ein nachhaltiges und kein neoliberales Wachstum sein. Da habe ich jetzt ein bisschen ein Problem, nämlich ein Verständnisproblem. Ich kann das nicht wirklich auseinander halten, res­pektive ist mir neoliberales Wachstum bis jetzt nicht bewusst geworden. Bei all den Diskussionen, die ich in den letzten Monaten und Jahren führen durfte, war das auch nie die Frage.

Die Frage ist: Wie kommt Europa zu mehr Wachstum? Und da, sage ich Ihnen ganz offen, machen uns die Beitrittsländer schon Mut. Haben wir etwa ein Prozent Wachs­tum, steckt Deutschland in Wirklichkeit in einer quasi Rezession, die Holländer ähnlich, so zeigen uns die Ungarn, die Slowaken, die Slowenen und andere – Slowenien ist überhaupt der Musterschüler der Erweiterungsländer –, dass man 3, 4, 5 Prozent Wachstum haben kann. Und selbst Rumänien, von dem wir hoffen, dass es mit Bulgarien und Kroatien etwa 2007 so weit sein wird, erwartet ein Wachstum von zurzeit 5 Prozent. Damit wird jetzt das Europa der 15 nicht gesunden, aber das macht Mut, dass diese Länder auf dem richtigen Weg sind, auf dem richtigen Weg, mit Wachstum Arbeit zu schaffen und letztlich auch Platz für Lohnerhöhungen.

Ob das jetzt nachhaltiges oder neoliberales Wachstum ist, weiß ich nicht. Ich gehe davon aus, es ist nachhaltig, denn Europa ist eine Sozialunion, Europa ist letztlich auch eine Union des nachhaltigen Wirtschaftens, aber Europa ist auch eine Union der Wett­bewerbsfähigkeit. Alle drei Dinge gehören zusammen, und zwar im richtigen Ver-


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hältnis, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Stichwort Energie. – Frau Abgeordnete Lichtenberger, was meinen Sie denn da? Ich habe es schon angezogen: Ich war mit dem Herrn Bundeskanzler einen Tag in Ru­mänien. Eines der wichtigsten Investitionsprojekte der Österreicher ist die Moder­nisie­rung eines großen Donaukraftwerkes. VA-Tech hat dort einen Namen. Dort sind wir jemand; kein Wunder: 60 Prozent unseres Stromes werden aus Wasserkraft herge­stellt, und Sie wissen, dass wir über 70 Prozent unseres Stromes aus alternativen und erneuerbaren Energiequellen, inklusive der Wasserkraft, herstellen. Die Kosten muss man sich anschauen, denn manches ist da ein bisschen zu teuer und aus dem Ruder gelaufen. Aber insgesamt sind wir da auf einem sehr guten Weg. Das ist Know-how, das wir jetzt exportieren können. Damit können wir unseren Nachbarn helfen! Damit können wir helfen, entweder auszusteigen oder gar nicht erst einzusteigen in nukleare und andere nicht nachhaltige Energieerzeugungsformen.

Ein konkreter Punkt in den Gesprächen mit meinem Energieministerkollegen war: Wie fördern wir die Kleinwasserkraft? Ich sage Ihnen, wenn es der OMV gelingt, in Rumänien massiv zu investieren – und wir unterstützen und begrüßen das –, wird das der rumänischen Umwelt auch gut tun, denn das, was über 100 oder 150 Jahre im Boden versickert ist, wird vermutlich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten auch wieder aufzubereiten sein. – Altlastensanierung nennt man das, weiß ich noch als Um­weltminister a. D., und mein Kollege Molterer nickt. Ich weiß hier, wovon ich spreche.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die Energiewirtschaft angeht, ist zu sagen, wir müssen in diesen Ländern mit Energieverbrauchswachstum rechnen, aber gleichzeitig haben wir dort auch die Chance, durch erhöhte Energieeffizienz den Gesamtverbrauch und den Gesamtverbrauchsanstieg sehr bescheiden zu halten, weil wir eben wissen, dass pro Euro Bruttoinlandsprodukt, pro Wertschöpfungseinheit dort der Energiekonsum ein ungleich höherer ist.

Ich fasse zusammen: Es ist nichts wirklich Konkretes, was Sie uns an Versäumnissen vorwerfen können, weil es auch keine gibt. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Wir sind hier ausgezeichnet vorbereitet, die Wirtschaft ist ebenfalls ausge­zeichnet vorbereitet. – Ich wüsste noch viel zu sagen, aber der Herr Präsident meint, ich sollte Schluss machen. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. 5 Minuten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


12.58

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darf ich Ihnen vielleicht eines vorneweg sagen: Ich habe den Eindruck, dass Sie heute den Wochentag ver­wechselt haben. Es ist heute nicht Sonntag. Und wir brauchen heute auch keine Sonn­tagsreden zur Erweiterung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wir haben aber heute schon eine gehört von dort drüben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stimmen mit Ihnen überein, dass der Schritt, den Europa am 1. Mai getan hat, ein großer und ein bedeutsamer Schritt ist. Ich stimme aber nicht mit dem Kollegen Spindelegger überein, dass das Tolle daran ist, wie groß Europa jetzt ist. Das Tolle ist, dass es erstmals auf friedliche Weise ge­lungen ist, die Länder miteinander zu vereinen. Das ist die Sensation. Europa ist ein Friedensprojekt, Europa hat es geschafft, sich auf friedlichem Wege zu vereinigen. Und


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das sollten wir deutlich machen. Wie groß es dabei geworden ist, ist nebensächlich, Herr Kollege. Die Friedensseite ist wichtig.

Lassen Sie mich aber auch zu den anderen Fragen kommen und auch auf Herrn Minister Bartenstein eingehen. Bartenstein hat hier eine ganze Reihe von Entwick­lungen und von Tatsachen berichtet; die stimmen schon. Mitterlehner hat aber mit Recht gesagt, es geht nicht um makroökonomische Daten, sondern es geht darum, sich anzuschauen, was konkret ist.

Österreich, haben Sie, Herr Minister, gesagt, ist der größte Gewinner der Erweiterung, und Sie haben sich dabei auf eine Studie des WIIW berufen. – Stimmt, aber: Dieser Gewinn ist nicht gleich verteilt! Schauen Sie sich einmal an, wie sich der Arbeitsmarkt entwickelt – Sie sind zuständig dafür! Die Arbeitsmarktentwicklung in Österreich in der Zeit, in der Sie an der Regierung sind, zeigt eine Zunahme der Arbeitslosen um 20 Pro­zent! (Abg. Parnigoni: Wahnsinn! – Abg. Gaál: Das ist exorbitant!) – Der Ver­gleichs­wert in Europa ist eine Zunahme um 7 Prozent.

Herr Bundesminister, Sie sind für Arbeit und Wirtschaft zuständig. Das, was die Men­schen in diesem Land nicht verstehen, ist, dass Sie hier herumziehen und sagen, wie toll die Erweiterung ist – und gleichzeitig nimmt die Zahl der Arbeitslosen täglich zu, und Sie bleiben absolut untätig! Das ist das Problem, das wir sehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Einzige, Herr Bundesminister, was Sie als Leistung der Bundesregierung anfüh­ren, was Sie hier als Ihre Leistung reklamieren, ist, dass Sie eine siebenjährige Über­gangsfrist erreicht haben. Aber, Herr Bundesminister, das ist zu wenig! Das, was wir brauchen, sind Investitionen in die Infrastruktur, Investitionen in die Forschung, Inves­titionen in die Bildung. Das, was wir brauchen, sind aktive Maßnahmen zur Ankurbe­lung des Wachstums in Österreich und aktive Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirt­schaftswachstums auf europäischer Ebene, und da sind Sie alles schuldig geblieben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, worum es uns geht, ist, an die kon­kreten Menschen zu denken, die aus gutem Grunde nicht begeistert sind von dieser Erweiterung und von dem, was vor ihren Augen abläuft, und denen mit Sonntagsreden nicht gedient ist, sondern die konkrete Maßnahmen brauchen. (Abg. Großruck: Sie haben ja schon einmal den Beweis angetreten, wie „erfolgreich“ Sie waren! Sie haben als Verkehrsminister ... schon bewiesen, wie „erfolgreich“ Sie waren!)

Herr Bundesminister, Sie haben als Beispiel der angeblich so erfolgreichen Wirt­schafts­politik der Bundesregierung – die auch durch eine völlig verfehlte Steuerpolitik unterstützt wird – angeführt, dass Unternehmen von A bis Z jetzt ihre Sitze nach Österreich verlegen und von hier aus die Märkte östlich von Österreich bedienen. Sie haben eine Reihe von Unternehmen angeführt, darunter auch BASF, aber da muss Ihnen ein kleiner Irrtum passiert sein: Gerade BASF hat in diesen Tagen beschlossen, seinen Standort in Österreich zu schließen und aufzugeben! – Das ist nicht so eine tolle Leistung, die Sie für sich reklamieren sollten, sondern das entspricht nur dem, was Sie hier leisten.

Das Problem ist, dass es darum geht, dass die Regierung und letztlich sogar auch wir alle hier – auch wir von der Opposition – Verantwortung dafür haben, dass in Öster­reich alles getan wird, was notwendigerweise getan werden muss, damit die Menschen keine Sorge im Zusammenhang mit der Erweiterung haben müssen – und dafür reicht das plakative Erklären siebenjähriger Übergangsfristen nicht.

Ich stimme Kollegem Mitterlehner, der gesagt hat, er ist dafür, dass endlich die bilate­ralen Abkommen beschlossen werden, vollkommen zu. Was hat Sie denn daran gehindert, sie zu beschließen? – Das einzige bilaterale Abkommen, das in Kraft ist, ist


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jenes mit Ungarn, und das ist 1998 beschlossen worden. Das mit Tschechien liegt seit mehr als zwei Jahren herum, weil sich der eine Regierungspartner offenbar nicht zu vernünftigen Lösungen bereit findet.

Fordern Sie nicht von uns, dass wir Ihnen dabei zur Seite stehen, sondern setzen Sie jene Schritte, die Sie richtigerweise auch für notwendig halten, damit in dieser Hinsicht etwas weitergeht! Die Übergangsfrist allein schützt niemanden. Das, was wirklich schützt, sind konkrete Maßnahmen, die sicherstellen, dass jetzt bei steigender und hoher Arbeitslosigkeit keine zusätzlichen Beschäftigten auf den österreichischen Ar­beitsmarkt kommen und dass in den Feldern, in denen wir sie brauchen, schrittweise und behutsam und in gegenseitiger Abstimmung mit unseren Nachbarländern die erfor­derlichen Schritte gemacht werden können. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen. – Abg. Mag. Mainoni – in Richtung des Präsidenten Dr. Khol –: Abdrehen! Gerechtigkeit muss sein!) 

Wir sind für konkrete Politik für die Menschen – Sie sind für abstrakte Schönrednerei! (Beifall bei der SPÖ.)

13.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dolinschek zu uns. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.04

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Weil mein Vorredner jetzt gemeint hat, die SPÖ sei für konkrete Politik und für keine abstrakte, möchte ich ihn daran erinnern, dass die SPÖ in der Vergangenheit doch jahrelang die Verantwortung in diesem Staat getragen hat. Gerade Sie, Herr Kollege Einem (Ruf: ... der Vater des Chaos!): Sie waren Verkehrsminister, Sie waren Innenminister, und ich erinnere Sie daran, wie viele Posten Sie in Österreich ge­schlossen haben. Haben Sie das schon vergessen? Und dass Sie bei den Verkehrs­wegen überhaupt nichts weitergebracht haben, daran möchte ich Sie auch erinnern! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich habe aber überhaupt nichts dagegen, wenn man in puncto Europäischer Union auch die eine oder andere Kritik anbringt; wir haben das in der Vergangenheit auch immer wieder getan. Aber man soll doch die Chancen abwiegen – und man soll die Chancen nützen und sie nicht verstreichen lassen.

Von den Rednern der SPÖ, Herrn Schieder, Herrn Einem, werden immer wieder Ver­säumnisse angeführt, die man jetzt dieser Bundesregierung anlasten will. Aber an die Versäumnisse, die in der Bundesregierung vor dieser Zeit, als die SPÖ die Haupt­verantwortung getragen hat, eingetreten sind, wollen Sie nicht erinnern.

Sie haben im vergangenen Jahr der EU-Osterweiterung noch zugestimmt. Jetzt beim EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz, das wir im März hier beschlossen haben und in dem eben der Personen- und der Dienstleistungsverkehr durch die Übergangsfristen geregelt werden, haben Sie nicht die Zustimmung erteilt. Was hat sich seit damals überhaupt geändert, außer Ihrer Haltung? – Überhaupt nichts! Wir sind immer der Meinung gewesen, dass es bei einer EU-Osterweiterung zu Übergangsfristen kommen muss – im Gegensatz zu anderen Ländern wie Frankreich, den Benelux-Ländern oder Deutschland. Aber auch die sind jetzt auf diesen Weg umgeschwenkt und haben diese Übergangsfristen, die von Bundesminister Haupt als „2 plus 3 plus 2“-Regelung aus­verhandelt und eingebracht worden sind (Abg. Dr. Einem: ... der Haupt ...! – ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Einem), damit der österreichische Arbeitsmarkt nicht über­schwemmt wird, indem die sofortige Freizügigkeit der Personen und Dienstleistungen


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beschränkt ist auf Personen, die schon zwölf Monate in Österreich beschäftigt waren oder eineinhalb Jahre einen ordentlichen Wohnsitz in Österreich haben, damit das Lohnniveau in Österreich nicht sinkt, damit die Arbeitslosigkeit nicht steigt und damit es in Österreich auch zu keinem Ansteigen der Insolvenzen kommt.

Das ist wichtig, und ich bin auch froh darüber, dass jetzt auch in den Publikationen der österreichischen Arbeiterkammern immer wieder darauf hingewiesen wird, dass es hohe Lohnunterschiede zwischen Österreich und den Beitrittsländern gibt, dass es in den Beitrittsländern eine viel höhere Arbeitslosigkeit gibt. Nur zur Erinnerung: In den Bro­schüren der Arbeiterkammern ist zu lesen, dass in Österreich das Sechsfache des Lohnes in den Beitrittsländern bezahlt wird, und nur das 1,6-Fache beträgt der Unter­schied von einer Region zur nächsten Region in einem Beitrittsland. Und die Arbeits­losigkeit ist in den Beitrittsländern mit 14,9 Prozent im Durchschnitt wesentlich höher als in der Europäischen Union mit 7,8 oder in Österreich mit 4,2 Prozent. Bei den unter 25-Jährigen liegt sie überhaupt bei 32 Prozent! Genau hier schützen wir unseren Arbeitsmarkt in Österreich durch diese Übergangsfristen – und Sie stimmen da nicht mit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man hier schon auf den Standort Österreich hinweist, so möchte ich doch anmerken, dass Schweizer Wissenschafter ausgearbeitet haben, dass Österreich im internationalen Vergleich als Standort aufholt: bei der Verlässlichkeit, in puncto So­ziales, niedriger Jugendarbeitslosigkeit, bei der Glaubwürdigkeit der Manager und ihrer sozialen Verantwortung, bei der Motivation der Beschäftigten und ihrer Produktivität, bei den Exporten, bei der Sicherheit und bei der Umwelt. Der Flexibilität der Unter­nehmen und der hohen Motivation der Mitarbeiter wird großes Lob gezollt – und das auf internationaler Basis. Österreich liegt dabei bereits auf dem 13. Platz. Wir haben aufgeholt, wir haben nicht zurückgesteckt!

Noch eines möchte ich zum Abschluss erwähnen: Die EU-Erweiterung bringt auch eine Erleichterung in der Krankenversicherung. In Zukunft werden alle Österreicher, die in diese Beitrittsländer reisen, ihre Krankenscheine dort auch in Anspruch nehmen können. Das ist dadurch auch wesentlich erleichtert worden. (Beifall bei den Frei­heitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin dazu gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


13.09

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mein Erstaunen darüber zum Ausdruck bringen, dass Minister Bartenstein zuerst meinte, er verstehe den Unterschied zwischen neoliberal und nachhaltig, wie ihn meine Kollegin Lichten­berger aufgezeigt hat, nicht ganz. (Heiterkeit des Abg. Dr. Gusenbauer. – Abg. Mag. Molterer: Das hat er nicht gesagt!) Herr Minister Bartenstein, Sie sind doch auch sehr viel international unterwegs und kennen die Kritik, die vielfach an jenem Wirt­schaftsmodell geübt wird, das alle Risken den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und der Umwelt auflastet, Unternehmen jedoch tendenziell immer mehr vom nationalen Regelungsrahmen befreit, wobei es auch international noch keine Regelungsmecha­nismen gibt. Das ist eines der Prinzipien eines neoliberalen Systems, für das im Großen und Ganzen ja auch Sie stehen. Und dass das nicht nachhaltig ist, Herr Minister, das muss Ihnen doch wohl bekannt sein! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist weder im sozialen noch im ökologischen Bereich nachhaltig. Das kann sich nicht ausgehen! – Aber anscheinend ist Ihnen das noch immer nicht ganz klar geworden.


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In meinem heutigen Redebeitrag möchte ich ein Hauptaugenmerk auf die Debatte um die Übergangsfristen und auf das legen, was die Erweiterung, die wir ja vor fünf Tagen gefeiert haben – dieser tatsächliche Fortschritt für ein europäisches Friedensprojekt –, für den Arbeitsmarkt und für die Beschäftigung bedeutet.

Minister Bartenstein hat ja auch gemeint, dass Österreich der größte Gewinner dieser Öffnung, wie sie schon in den letzten zehn Jahren stattgefunden hat, gewesen ist. – Das stimmt, Herr Minister! Sie haben ja sehr eindrucksvoll benannt, wie viele neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, wie viele Investitionen getätigt werden konnten, was das tatsächlich für Österreich bewirkt hat.

Dass Sie jetzt einer jener sind, die hergehen und – wie Sie das übrigens auch schon in der Vergangenheit, in den letzten Jahren, seit die siebenjährigen Übergangsfristen be­schlossen wurden, getan haben – sagen: Das ist jetzt das Nonplusultra, das ist das, was wir geschaffen haben, um den österreichischen Arbeitsmarkt zu schützen!, dazu muss ich Ihnen sagen: Das, Herr Minister, ist eine „Kopfgeburt der Angststruktur“. – Das ist ein Zitat des Korrespondenten der „Süddeutschen Zeitung“ in Wien, Michael Frank, der das letzte Woche auf einer Schiffsreise, die wir – der Grüne Klub – mit eingeladenen Botschafterinnen und Botschaftern und Expertinnen und Experten von Wien nach Bratislava gemacht haben, gesagt hat. (Abg. Scheibner: Das macht das Zitat nicht ...!) Eine „Kopfgeburt der Angststruktur“: herzugehen und zu sagen – was Sie gemacht haben, und ich muss wohl sagen, dass sich da die einstige Europapartei ÖVP vor den Karren der Freiheitlichen hat spannen lassen – und damit Politik zu machen, dass man sagt, ... (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das mit dem Schröder in Deutschland und mit Alt-Grün? ... Fischer in Deutschland? – Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Molterer.)

Wir reden jetzt über österreichische Politik und über Ihre Politik, Herr Klubobmann Mol­terer! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: In Deutschland ist das ... Kopfgeburt, oder was?)

Dass sich Deutschland in manchen Dingen dann einer falschen österreichischen Politik anschließt, das ist ein anderes Kapitel. Aber wir hier machen in Österreich Politik, und wir wollen in Österreich auch europäische Politik machen – und das tun Sie mit diesen siebenjährigen Übergangsfristen nicht.

Sie ignorieren damit nämlich, dass es ja diesen Zustrom von Arbeitskräften – oder, wie Kollege Dolinschek jetzt zuerst gemeint hat, dass der Arbeitsmarkt „überschwemmt“ werde – nicht gibt, dass all diese Bilder, die zum Ausdruck bringen sollen, dass Mas­sen von Menschen aus den Beitrittsländern nach Österreich kommen werden und uns allen die Arbeitsplätze wegnehmen werden, so einfach nicht stimmen, dass auch die Prognosen das nicht sehen.

Wissen Sie denn nicht, dass zum Beispiel in Ungarn die Menschen nicht bereit sind, aus Ostungarn, wo es Arbeitslosigkeit gibt, auch nur nach Westungarn zu gehen, wo es mehr Arbeitsplätze gibt, also nur im eigenen Land zu migrieren und woanders hinzuwandern? Ja glauben Sie denn wirklich, dass die jetzt alle nach Österreich kom­men werden und uns hier die Arbeitplätze wegnehmen werden? – Das ist doch einfach falsch, Herr Minister Bartenstein! Geben Sie doch zu, dass Sie hier rein innenpolitisch agieren und nicht im Sinne der österreichischen Arbeitnehmer – und schon gar nicht europäisch.

Ähnliches trifft ja auch für das Grenzgänger- und Praktikantenabkommen mit Tschechien zu: Sie haben das vor mittlerweile fast drei Jahren zusammen mit den tschechischen Kollegen unterschrieben – bis heute ist es nicht ratifiziert, bis heute ist es nicht dem Ministerrat erneut zugeführt worden, um dort beschlossen zu werden, damit wir es hier im Nationalrat ratifizieren können. Herr Minister Bartenstein, auf diese


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Frage – warum Sie das nicht getan haben – haben Sie heute noch keine Antwort gegeben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem kurzen Zitat des früheren Bot­schafters Tschechiens in Österreich, Herrn Gruša, der auch Literat ist, schließen. Gruša hat einmal gemeint:

„Die Landschaft“ – jene an der March – „mit Raum und Licht ist unser Fenster nach Europa, das nie zuzumachen war.“ Und: „An diesem südlichen Fenster des Hauses sitzend, ist man sich sofort bewusst, dass es uns gibt, weil es auch andere gab.“

Dieses Bewusstsein der Vielfalt und des kulturellen Reichtums ist eines jener Dinge, die wir an diesem 1. Mai gefeiert haben und die wir nachhaltig in eine europäische Politik umtransformieren müssen. Das heißt aber, dass wir europäisch denken und handeln müssen – und nicht national und kleingeistig, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

13.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1635/J bis 1687/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1362/AB bis 1542/AB.

Berichtigung zur Anfragebeantwortung: Zu 1347/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglo­merats (Finanzkonglomerategesetz – FKG) erlassen wird sowie das Versicherungs­aufsichtsgesetz, das Bankwesengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanz­markt­aufsichtsbehördengesetz, das Börsegesetz und das Pensionskassengesetz ge­ändert werden (456 d.B.),

Arbeitsmarktreformgesetz (464 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen erlassen und das Bundesimmobiliengesetz geändert wird (465 d.B.).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 2004 (Vorlage 23 BA),


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Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplan­mäßigen Ausgaben im 1. Quartal 2004 (Vorlage 24 BA);

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (095 Hv 34/04x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dietmar Keck wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB sowie § 115 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 24 betreffend „Verbesserung der Stellung von Behinderten- und Zentral­behinderten-Vertrauenspersonen“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr,

Petition Nr. 25 betreffend „Resolution für eine Konkretisierung der Verpflegung für Zivil­dienstleistende“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,

Petition Nr. 26 betreffend „Wieder mehr Sicherheit in unserer Gemeinde“ (Marktge­meinde Absdorf), überreicht vom Abgeordneten Rudolf Parnigoni,

Petition Nr. 27 betreffend „Eine Resolution für die Wiedereinführung der einkommens­unabhängigen Gebührenbefreiung für gehörlose und gehörbeeinträchtigte Menschen“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtsstellung des zum Militärstab der Europäischen Union abgestellten beziehungs­weise abgeordneten Militär- und Zivilpersonals, der Hauptquartiere und Truppen, die der Europäischen Union gegebenenfalls im Rahmen der Vorbereitung und Durch­füh­rung der Aufgaben im Sinne des Artikels 17 Absatz 2 des Vertrags über die Euro­päische Union, einschließlich Übungen, zur Verfügung gestellt werden, sowie des Militär- und Zivilpersonals der Mitgliedstaaten, das der Europäischen Union für derartige Aufgaben zur Verfügung gestellt wird (EU-Truppenstatut) samt Erklärungen (457 d.B.),

Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Un­glücksfällen (468 d.B.);

Familienausschuss:

Stenographisches Protokoll der Parlamentarischen Enquete zum Thema „Familie – Generationen – Solidarität“ (III-78 d.B.);

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (454 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):


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Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 90. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Protokoll von 2002 zum Übereinkommen (Nr. 155) über den Arbeitsschutz; Empfehlung (Nr. 194) betreffend die Liste der Berufs­krank­heiten sowie die Aufzeichnung und Meldung von Arbeitsunfällen und Berufskrank­heiten; Empfehlung (Nr. 193) betreffend die Förderung der Genossenschaften (III-81 d.B.);

Finanzausschuss:

Fünfter Bericht des Bundesministers für Finanzen gemäß dem Katastrophen­fonds­gesetz 1996 betreffend die Fondsgebarung in den Jahren 2002 und 2003 (III-75 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Gesundheitsbericht 2003 der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen (Berichts­zeitraum 1999 – 2001) (III-76 d.B.);

Justizausschuss:

Bericht des Bundeskanzlers über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1986 im Geschäftsjahr 2002 (III-74 d.B.);

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

18. Sportbericht 2001 – 2002 (III-80 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass der Siebente Bericht des Unvereinbarkeitsausschusses an alle Mitglieder des Nationalrates verteilt wurde.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Nürnberger, Kolleginnen und Kolle­gen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 1688/J der Abgeordneten Nürnberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verantwortung der Bun­desregierung für die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich und die Versäumnisse in der Beschäftigungspolitik dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage frühestens drei Stunden nach deren Einlangen, also um 16.15 Uhr, behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 1477/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass ein gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestelltes Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 1477/AB der Anfrage 1547/J der Abgeordneten Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neubau der Tauernbahn-Strecke im Gasteinertal als Hochleistungsstrecke durch den Herrn Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.


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Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dau­er und Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 6 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 105 Minuten, Freiheitliche 72, Grüne 78 Minuten.

Weiters wurde im Rundlaufwege folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte zur Erklärung des Bundeskanzlers getroffen: Erklärung des Bundeskanzlers 15 Minuten, anschließend Vizekanzler Gorbach mit 10 Minuten, sodann je eine Wortmeldung der Klubobmänner pro Fraktion mit je 10 Minuten, wobei diese Redezeit in die Tages­blockzeit eingerechnet wird.

Darüber hat das Hohe Haus zu befinden. Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Vorschlag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Wir gehen daher so vor.

1. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema „Das größere Europa – Österreichs Chancen“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich freue mich, dass aus diesem Anlass die Botschafter und Botschafterinnen der Europäischen Union meiner Einladung Folge geleistet haben und sich fast vollzählig in unserer Zuhörerschaft befinden. Seien Sie herzlich willkommen, meine Damen und Herren! (Allgemeiner Beifall.)

Im Anschluss an die Erklärung des Bundeskanzlers wird im Sinne des § 81 der Ge­schäftsordnung entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfinden.

Herr Bundeskanzler, Sie sind nunmehr am Wort.

 


13.18

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! (Die Abgeordneten der ÖVP haben auf ihren Tischen zwölf Tafeln platziert, auf denen, auf dem Hintergrund der Flagge der Europäischen Union, der Wortlaut „Willkommen“ jeweils in einer der Sprachen der Beitrittsländer, zusammen mit dessen Flagge – sowie auf zwei Tafeln auf Deutsch zusammen mit der Flagge Österreichs – zu sehen ist.) Ich finde diese Tafeln gut – sie bringen ein freundliches „Willkommen“ in allen neuen Sprachen zum Ausdruck, und das ist eigentlich ein sehr sympathisches Zeichen des Hohen Hauses an die neuen Mitglieder! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Verehrte Botschafter! Verehrte Zuseher an den Fernseh­schirmen! Manche behaupten, Europa habe es verlernt, zu feiern, und manche sagen, dass sich Europa eigentlich nicht anders verhält als eine etwas überdimensionierte Firma, die nur an Zehntelprozent Gewinn und Verlust, an Nettozahler-Interessen und anderes denkt. Wer vor vier Tagen, am Samstag vergangener Woche – und auch am Freitag davor, am 30. April – erlebt hat, wie die Menschen getanzt haben, sich gefreut haben – in den neuen Mitgliedsländern, aber auch bei uns in den Grenzregionen –, der spürt, dass das eigentlich nicht stimmt.


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Ich selbst hatte die Freude, am Freitag gemeinsam mit dem slowenischen Amts­kollegen Toni Rop auf dem Gipfel im Dreiländereck zu stehen, wo wenige Kilometer entfernt der Isonzo, das Isonzo-Tal liegt, wo im Ersten Weltkrieg 1,5 Millionen Men­schen gestorben sind. Und es ist eine besondere Freude, zu spüren, dass sich so etwas nie mehr wiederholen kann!

Es war am gleichen Abend in Preßburg/Bratislava eine große Freude, und es war spürbar, dass die Menschen empfinden, dass die Slowaken zum ersten Mal in ihrer Geschichte frei entscheiden können, demokratisch entschieden haben, dass sie die­sem gemeinsamen Europa angehören wollen, dass sie nicht mehr fremdbestimmt sind von Budapest oder von Wien oder von Prag – auch nicht, bitte, von Brüssel. Das ist eine große Freude und viel wichtiger als so manches Thema, das in diesen Tagen so besonders hochgespielt wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Oder: Als ich mit Péter Medgyessy, dem ungarischen Ministerpräsidenten, in Sopron­puszta, in der Nähe von Ödenburg, noch einmal symbolisch den Stacheldraht durch­schnitten habe, war das sicherlich eine Geste, aber es war auch viel mehr: Es war wirklich die Heimkehr in Europa, es war die Wiedervereinigung Europas spürbar!

Und ich sage ganz offen: Darüber sollten wir an einem Tag wie heute ein wenig reflek­tieren und vielleicht die innenpolitischen Diskussionen ein bisschen zurückstellen.

Vor zehn Jahren hat Peter Sloterdijk, ein großer europäischer Philosoph, der ja teilwei­se in Österreich lebt, ein Bändchen geschrieben – ich habe es mitgenommen –, welches absolut lesenswert ist. Für diejenigen, die es interessiert, es heißt: „Falls Eu­ropa erwacht“ und ist im Suhrkamp-Verlag erschienen.

Lesens- und nachdenkenswert ist, was Sloterdijk damals visionär vorausgesagt hat: Europa sei eine Weltgegend, in der auf eigentümliche Weise nach der Wahrheit und nach der Güte des Lebens gefragt werden muss. Die Europäer müssten sich als Rebellen gegen die Misere empfinden. Und sobald Europa wieder erwacht – so auch der Titel des Buches –, müssten die Wahrheitsfragen wieder in die große Politik zurück. Europas tiefster Gedanke: dass man der Verachtung widerstehen muss.

Das sind auch jene Fragen, die uns alle berühren: Friede, Freiheit, soziale Gerechtig­keit, wirtschaftliche Leistung. Und ein solches Europa – ich sage sogar, nur ein solches Europa – hat Gewicht als Global Player, wird eine Friedensmacht sein, wird ein einheitlicher, funktionierender Wirtschaftsraum sein und eine soziale und politische Einheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Und jetzt reibt sich dieser große Essay, den ich für wichtig und für bewegend halte, was vielleicht manche mit mir teilen, mit jenen Themen, die wir heute schon be­sprochen haben. Eine junge Journalisten hat kürzlich unter dem Titel „Provinz“ ge­schrieben: Es sei provinziell, die kleinen Fragen aufzuzeigen. – Ich glaube das über­haupt nicht!

Auch die Neuen haben Themen, Ängste, Sorgen, die sie berühren, etwa den Aus­verkauf ihrer Heimat an die reichen Westeuropäer oder die Schutzmöglichkeiten für ihre Industrie (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), von der befürchtet wird, dass sie nicht voll wettbewerbsfähig sei, oder auch der Identitätsverlust. Und genauso wie wir deren Sorgen ernst nehmen, sind auch die Sorgen der Österreicherinnen und Öster­reicher ernst zu nehmen! Man muss eben beides sehen: Die große Linie, das Ganze, aber auch die Themen, die jeden Einzelnen direkt berühren.

Eine der großen Fragen in diesen Tagen lautet natürlich: Sind und bleiben unsere Arbeitsplätze sicher?


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Sie haben schon Recht, Kollege Einem: Die Antwort „sieben Jahre Übergangsfrist für unseren Arbeitsmarkt“ ist nicht die ganze Antwort, sie ist eine Teilantwort. Sie ist Ausdruck eines befristeten Schutzinteresses, das die Sozialpartner legitimerweise ebenso verlangt haben wie etwa die österreichische Bundesregierung. Wir sind übrigens am Anfang von den anderen 14 EU-Staaten – 13 waren es; die Deutschen waren ja auf unserer Seite – dafür sehr kritisiert worden. Mittlerweile machen es alle, weil es eine richtige Maßnahme in Zeiten schwacher Konjunktur ist.

Aber viel wichtiger ist es natürlich, dass wir die österreichischen Betriebe vorbereitet haben. Österreich hat 2 Prozent der Wirtschaftskapazität der Union, aber 8 Prozent des Handels mit den neuen Mitgliedsländern! Wir haben heute einen Handels­bilanzüberschuss von 1,5 Milliarden €. Und das sichert ja auch jene 60 000 Arbeits­plätze, die seit der Öffnung des Eisernen Vorhangs bei uns entstanden sind. Die Per­spektive, noch einmal 30 000 zusätzliche Arbeitsplätze in Österreich schaffen zu kön­nen, ist eine Perspektive, die uns Hoffnung gibt und um die zu verwirklichen wir ge­meinsam arbeiten sollten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Eine zweite Frage, die sehr ernst zu nehmen ist, lautet: Sind unsere Betriebe und unsere Jobs konkurrenzfähig?

Ich bin Martin Bartenstein sehr dankbar: Die wahre Bedrohung der Arbeitsplätze kommt ja nicht von den neuen Mitgliedern, sondern von China, von Indien, das heißt die Globalisierung! Und ich glaube, dass die Erweiterung der Europäischen Union eine Antwort, eine richtige, faszinierende Antwort, auf diese Globalisierung sein kann!

Unsere innerösterreichische Antwort heißt: den Steuerstandort verbessern! Wir wissen doch alle – und Sie haben es selbst auch kritisiert –: Wir haben ein zu hohes Steuerniveau, daher haben wir mit unserer 3-Milliarden-€-Entlastung – die Hälfte davon für die Betriebe – richtigerweise jene Voraussetzung geschaffen, damit die Voest wei­ter in Österreich investiert, ebenso MAGNA, Mitterbauer von Miba und auch viele andere kleinere und mittlere Betriebe. Darüber sollten wir uns gemeinsam freuen, denn das ist die Voraussetzung dafür, auch in zehn Jahren die Vorteile dieser Wieder­vereinigung Europas wahrnehmen zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Wenn sich meine und unsere bayrischen Freunde ein bisschen ärgern, dass Österreich jetzt so interessant ist, dass es schon 800 Anfragen gibt, dann ist das ja nicht ganz schlecht! Wettbewerb ist auch im alten Europa, wenn man so will, etwas, was nicht abgewehrt werden darf, sondern was ganz selbstverständlich ist.

Die Antwort an die Menschen in unseren Grenzregionen, die ja auch viele Sorgen hatten, lautet – beweisbar, da vorige Woche publiziert –: In den letzten fünf Jahren sind beispielsweise in den Grenzregionen des Burgenlandes und Kärntens zwischen 7 und 9 Prozent mehr Arbeitsplätze entstanden, in jenen Oberösterreichs und der Steiermark sogar über 11 Prozent. Ich glaube, dass das richtige, konkrete Antworten sind, auf die wir gemeinsam stolz sein können, weil dahinter die Arbeit und die Leistung der Unter­nehmer und der Mitarbeiter in diesen Regionen stehen.

Eine dritte Frage, für die natürlich vor allem der Infrastrukturminister und Vizekanzler zuständig ist, lautet: Überrollt uns der Verkehr?

Natürlich ist das, was Peter Schieder gesagt hat, richtig, nämlich dass da seit der Ostöffnung manches verabsäumt worden ist. Nur: die jetzige Antwort – und ich sage das, weil sich der Minister ja nicht selbst loben kann; ich sage das ganz ungeniert, denn es stimmt, es ist überprüfbar – lautet: Seit dem Jahr 2000 werden um 50 Pro­zent – die Hälfte! – mehr in Schiene und Straße investiert als in der Zeit vor dem


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Jahr 2000. Das ist die konkrete Antwort, und nicht die Rhetorik, nicht die Proteste gegen den Transit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn Hubert Gorbach vorige Woche mit seinem italienischen Amtskollegen Pietro Lunardi den Vertrag über den Bau des Brenner-Basistunnels unterzeichnet hat – 5 Mil­liarden €, das größte Verkehrsprojekt überhaupt in der Geschichte! –, dann ist das die konkrete Antwort, die unsere Bevölkerung von uns will.

Und wenn Hubert Gorbach vorige Woche gemeinsam mit den Sozialpartnern und mit dem Vorstand der ÖBB eine ganz großartige Lösung für die Struktur der ÖBB und auch im Dienstrecht zustande gebracht hat, dann ist das mindestens so spannend wie die funktionierende Einführung der LKW-Maut, um die uns vielleicht andere euro­päische Länder derzeit ein wenig beneiden.

Also: Konkrete Antworten auf die berechtigten Sorgen der Menschen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Natürlich gab es auch die Frage: Kostet uns die Erweiterung zu viel?

Ich habe einmal gesagt, ich sei kein Erbsenzähler, denn in Wirklichkeit ist es eine In­vestition in den Frieden, in die eigene Sicherheit, in unsere eigene Zukunft. (Abg. Dr. Jarolim: Da gibt es andere Stimmen! – Ruf: Abfangjäger!) Aber ich sage auch dazu: Unser Brief, also jener Brief der Nettozahler, betreffend Begrenzung der Beiträge auf 1 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts bedeutet ohnedies, dass wir 25 Milliar­den €, also 25 Prozent mehr als heute, ins EU-Budget einzahlen.

Und ich sage auch ganz offen: Ich sehe nicht ein, dass man nicht auch – genauso wie das die nationalen Staaten ja auch in ihrem Budget machen müssen – genau über­prüft, was wichtig, was prioritär, was vielleicht nicht so wichtig ist. Außerdem stehen wir erst am Beginn der Verhandlungen, und jeder weiß, dass wir am Ende der Verhand­lungen einen Kompromiss brauchen, weil wir ja letztlich Einstimmigkeit in diesen Bereichen erzielen müssen.

Es ist mir jedoch wichtig, dass auch diese Frage angesprochen wird und nicht einfach ein lockeres Großmannstun vorherrscht, indem man sagt, es sei ganz gleich, wie viel etwas kostet. Es ist unsere Aufgabe und Verpflichtung, nachzufragen: Wie viel Europa braucht es? Was kostet es? Was ist zu finanzieren?

Eine ganze wichtige Frage der Menschen ist: Wie sicher sind wir nach der Erwei­terung?

Darauf ist die österreichische Antwort – und das ist mehr als nur ein kleines Re­förmchen, das ist eine der ganz großen Reformen in dieser Regierungsperiode –: Sicher­heit aus einer Hand – Zoll, Gendarmerie, Polizei zusammen im Innenminis­te­rium! Das allein bringt 1 000 zusätzliche Polizisten direkt auf die Straße, für die Sicherheit der Menschen. Das ist die richtige Antwort, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Gleiches gilt für die grenzüberschreitende Kooperation. Ich danke den anwesenden Botschaftern und den Politikern in ihren Ländern, dass wir den Menschenhändlern, den Drogenhändlern, den Verbrechern, den organisierten Kriminellen gemeinsam das Handwerk legen. Diese dürfen nicht die Ersten sein, die die Chancen des offenen Europa nützen. Wir müssen ihnen die Hölle heiß machen, wir müssen ihnen das Leben deutlich erschweren! Ernst Strasser hat den Auftrag, dies auch wirklich zu tun.

Meine Damen und Herren! Manche fragen: Werden wir in dieser erweiterten Union auch eine Rolle spielen können? Werden wir gehört?, plakatieren ja Sie von der SPÖ.


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Die meiner Überzeugung nach richtige Antwort ist: die besten Persönlichkeiten in die relevanten Institutionen zu schicken! Ich möchte schon anerkannt wissen und auch von der Opposition einfordern, dass unser Franz Fischler, vor zehn Jahren nach Brüssel geschickt, heute, nachdem Michel Barnier in die französische Regierung zurückge­gangen ist, für 90 Prozent des EU-Budgets verantwortlich, seine Sache großartig gemacht hat und in der Europäischen Union gehört wird. Darauf können wir gemein­sam stolz sein! (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Abgeordneten Neudeck und Bucher.)

Auch die Außenministerin, die mit den Freunden aus den Nachbarländern die regionale Partnerschaft initiiert hat, wird in Europa natürlich gehört. Wir spielen im Rahmen des Verfassungskonvents genauso wie auch die Konventmitglieder eine Rolle, die nicht kleingeredet werden darf, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie Beifall der Abgeordneten Neudeck und Bucher. – Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Daher zum Abschluss: Ich glaube, Österreich ist gut vorbereitet! Wir müssen in vielen Bereichen aufpassen, damit wir die Chancen wirklich nützen können, aber ich glaube, dass Österreich eine Stimme in Europa hat, gehört wird.

Vor allem zeigen die jüngsten Reporte, etwa eine internationale Studie, dass Öster­reich in der jüngsten Bewertung der Weltwirtschaft weiter nach vorne gekommen ist. Wir haben sogar die Schweiz überholt. Überlegen Sie nur, ob dies vor fünf oder zehn Jahren überhaupt als denkmöglich angesehen wurde!

Jetzt ist das, was vor zwanzig Jahren Utopie, vor zehn Jahren ein heimlicher oder auch ausgesprochener Wunsch war, mit 1. Mai Wirklichkeit geworden: Europa ist zusam­mengewachsen, das zerrissene Herz Europas ist wieder eins! Sie seien herzlich will­kommen geheißen! Gemeinsam sind wir stärker! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer ersten Wortmeldung hat sich Herr Vizekanzler Gorbach gemeldet. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


13.33

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Bundeskanzler! Regierungskollegen! Es war der Schweizer Historiker Jakob Burck­hardt, der einmal meinte: „Das Wesen der Geschichte ist die Wandlung.“

Hohes Haus! Wir haben am 1. Mai dieses Jahres durch die Erweiterung der Euro­päischen Union Geschichte erlebt, und das war fürwahr eine große Wandlung! Öster­reich wurde nach dem Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 selbst zu einem Land im Zentrum Europas und konnte die historisch gewachsenen und guten kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und natürlich auch wissenschaftlichen Beziehungen zu den Ländern Mittel- und Osteuropas weiter intensivieren. Österreich, das mit Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Slowenien vier der zehn neuen EU-Beitrittsländer als direkte Nachbarn hat und die längste Festlandaußengrenze aller EU-Staaten – das sind immerhin 1 300 Kilometer, also Wien–Bregenz und zurück, ein langer Weg, wie ich weiß! –, hat hier eine ganz besondere Rolle. Die Erweiterung der Europäischen Union ist eine Chance für die Entwicklung einer Stabilitäts- und Wohlstandszone in ganz Europa. Die Erweiterung bietet Österreich die Gelegenheit, im Zentrum Europas einen Raum des Friedens, der Stabilität und der Prosperität zu gestalten.

Wir haben es heute schon gehört, vielfach wird die Frage gestellt: Was bringt uns diese Erweiterung? Was bringt uns das große Europa? Man meint damit: an Waren, an Finanziellem, an Wohlstand. Ich denke, wir Politiker aller Parteien haben hier eine ganz


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wichtige Aufgabe, nämlich die Aufgabe, das Friedensprojekt Europa viel mehr in den Mittelpunkt zu stellen, viel mehr auch in unseren Aussagen, und nicht immer vorzu­rechnen, welche Steuersysteme uns Probleme machen könnten – das ist auch wich­tig –, welche Verkehrsprobleme vorhanden sind und bewältigt gehören – das ist auch wichtig! –, sondern klarzumachen, dass die Erweiterung der Union die endgültige Über­windung einer fast 60-jährigen Teilung Europas bedeutet und somit das größte Frie­densprojekt, dem sich die Europäische Union stellt, überhaupt darstellt.

Meine Damen und Herren! Friede in Europa ist das höchste Gut, das wir der Bevöl­kerung Europas, das wir auch unserer Bevölkerung, das wir vor allem den Genera­tionen nach uns schenken können. Friede und Stabilität in Geld aufzurechnen ist nicht möglich. Friede und Stabilität sind unbezahlbar.

Hohes Haus! Dieses Friedensprojekt muss uns viel wert sein! Dieses Friedensprojekt müssen wir der Bevölkerung viel näher bringen, und wir müssen ihr erklären, wie wertvoll, wie unbezahlbar das ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Natürlich, keine Frage: Es ist nicht alles Gold, was glänzt! Und wir dürfen vor mög­lichen Risken, vor wirklich schwierigen Herausforderungen nicht die Augen schließen. Wir müssen auch die Bevölkerung darauf aufmerksam machen, dass es da und dort scharfen Wind geben wird, noch schärferen als bisher schon. Das wurde nämlich beim Beitritt Österreichs zur Europäischen Union meiner Meinung nach verabsäumt bezie­hungsweise nicht im notwendigen Ausmaß getan. Wenn etwa der Standortwettbewerb mit der Slowakei, die mit 1. Jänner 2004 ein Flat-Tax-Steuersystem eingeführt hat, schärfer wird, wenn etwa der Nachbarflughafen Bratislava immer mehr zur echten Kon­kurrenz, zum Mitbewerber für Wien-Schwechat wird, dann müssen wir darauf Antwor­ten haben. Die Steuerreform, über die wir morgen diskutieren werden, ist eine hervor­ragende, eine großartige Antwort und ein Beweis dafür, dass diese Regierung dieses Österreich optimal auf die Erweiterung vorbereitet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich habe gehört, dass die Übergangsfristen bis zu sieben Jahren nicht so in den Vordergrund gestellt werden können. Ich war in der letzten Zeit in Grenzgebieten unterwegs, im Burgenland, in Niederösterreich, auch in Kärnten. Die Sorge, was die Arbeitsplatzabwanderung betrifft, die Sorge, was die Probleme der Klein- und Mittelbetriebe betrifft, ist eine große, diese Sorge muss ernst genommen werden! Deshalb sind diese Übergangsfristen sehr wohl sehr wichtig. Sie sind nicht das ganze Programm, keine Frage. Aber sie sind sehr wichtig und für mich vor allem auch Ausdruck dessen, wie das österreichische Verhandlungsprinzip gelautet hat, nämlich für spezifische Probleme der Erweiterung auch maßgeschneiderte Lösungen zu erarbeiten. Das ist der österreichische Verhandlungserfolg! Und über diesen Ver­handlungserfolg sollten wir uns gemeinsam freuen!

Meine Damen und Herren! Ich habe auch gehört, es sei vieles versäumt worden, etwa im verkehrspolitischen Bereich. Ein Kollege nickt, ein anderer hat das auch erwähnt, der früher einmal in der großen Verantwortung des Verkehrsministers gestanden ist. Wer war 1989 Verkehrsminister? Wer war 1994, 1995, 1996 Verkehrsminister? – Kein Vertreter dieser Regierung! Ich mache nur darauf aufmerksam und unterstreiche das, was der Herr Bundeskanzler schon gesagt hat: Es wird sowohl für die Straßeninfra­struktur als auch für die Schieneninfrastruktur und übrigens auch, weil das erwähnt wurde, für Forschung und Entwicklung zum Wohle der Bevölkerung, zur Verbesserung der Infrastruktur so viel Geld investiert und ausgegeben wie nie zuvor! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren! Man kann in wenigen Jahren nicht all das aufholen, was in vielen Jahren versäumt wurde. Ich sage Ihnen nur Folgendes: Ich habe sofort be­gonnen, mit meinen Kollegen, den Verkehrsministern der vier angrenzenden Länder, nicht nur Gespräche zu führen, nicht nur Treffen abzuhalten, sondern wir haben multi­modale – also mit Schiene, Schifffahrt, Luftfahrt und Straßenverkehr – Management-Korridore eingerichtet, über die wir regelmäßig, in Abständen von zwei Monaten, auf Beamtenebene diskutieren und über Probleme, Abstimmungen und Koordination reden; und darüber hinaus haben wir vereinbart, das halbjährlich politisch zu kontrol­lieren, auszudiskutieren und abzusegnen.

Wie erwähnt, habe ich in den letzten zwölf Monaten die wichtigste Angelegenheit in der Nord-Süd-Verbindung in Europa, nämlich den Brenner-Basistunnel, durch zwei Memo­randen sowie durch einen Staatsvertrag, unterzeichnet am letzten Freitag von Pietro Lunardi und meiner Wenigkeit, mit viel Elan vorangetrieben, sodass die Baureife 2006 tatsächlich in greifbare Nähe gerückt ist. – Das größte Tunnelprojekt der Welt! Das, meine Damen und Herren, sind Maßnahmen, die nicht von heute auf morgen selbst­verständlich sind, sondern das sind verkehrspolitisch wichtige, gelungene Erfolge. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn ich heute zum Thema „Erweitertes Europa“ spreche, so wäre es unvollständig, würde ich nicht auch Temelίn erwähnen, denn man soll auch das erwähnen, was einem Sorge macht, was einem große Sorge macht. Ich meine, wir sollten, was die Atomkraft betrifft, nicht nur als mustergültiges Mitgliedsland der EU agieren – was wir ja auf Grund einer Entscheidung der Bevölkerung können, Gott sei Dank! –, sondern wir sollten auch weiterhin alles tun in Richtung atomfreies Europa. Nachfolgende Ge­nerationen, die mit den Risken, die in ihrem Ausmaß gar nicht richtig abschätzbar sind, leben müssten, werden es uns danken.

Wir sind, so meine ich, dazu verpflichtet, diesen Weg intensiv weiter zu verfolgen. Ich setze darauf, dass eine nachhaltige Energiepolitik, eine umweltfreundliche Energie­politik, eine zukunftsorientierte Energiepolitik in diesem Europa früher oder später zum Durchbruch gelangen wird.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch – Herr Kollege Bösch hat das bereits getan – die Beneš-Dekrete erwähnen. Ich meine, wenn man die Kopenhagener Krite­rien ernst nimmt, die für eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union neben bestimm­ten wirtschaftlichen Gegebenheiten auch institutionelle Stabilität als Garantie für demo­kratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten voraussetzen, dann muss man auch über diese Dinge reden und vor allem in Zukunft alles tun, um in gemeinsamen Ge­sprächen, in Bemühungen, in guten Gesprächen mit unseren Nachbarn in Tschechien zu einer für beide tragbaren Lösung zu kommen. Das wird auch weiterhin ein Bemühen Österreichs sein müssen.

Abschließend, geschätzte Damen und Herren Abgeordnete, lassen Sie mich mit einem Zitat von Konrad Adenauer die Situation, wie ich meine, sehr gut beschreiben:

„Die Einheit Europas war ein Traum von Wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“

Nehmen wir die viel zitierte Herausforderung an, nützen wir die viel zitierten Chancen, stellen wir aber vor allem das Friedensprojekt Europäische Union in den Vordergrund! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte über die Erklärung ein. Die Redezeit ist bekannt.


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Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


13.43

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute Vormittag haben wir im Reichsratssitzungssaal eine gemeinsame Ge­denk­veranstaltung von Nationalrat und Bundesrat gegen Rassismus und Gewalt abgehalten, heute Nachmittag diskutieren wir die Erweiterung der Europäischen Union. – Wo ist der Bogen? Für mich ist er sehr klar: Die Idee der Europäischen Union, die Idee der europäischen Einigung ist aus diesem Kampf gegen Krieg, gegen Gewalt, gegen Rassismus und gegen Nationalismus gewachsen, und das ist das Faszinie­rende. Daher sagen wir heute auch mit Begeisterung „Willkommen!“, weil dieses Eu­ropa des Friedens, der Freiheit, der Stabilität, der Sicherheit und des Wohlstandes nun größer geworden ist. – Herzlich willkommen, neue Mitglieder der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind uns dieser Dimension angesichts der Tagesrealitäten, die uns bewegen, oft nicht bewusst. Vor 60 Jahren, meine Damen und Herren, tobte auf diesem Kontinent Krieg, der Millionen Tote forderte. Vor 50 Jahren, meine Damen und Herren, war unser Heimatland Österreich vierfach besetzt und hatte damals nicht die Freiheit, nicht die Möglichkeit, selbstbestimmt die Zukunft zu gestalten. Vor zehn Jahren, meine Damen und Herren, genau heute vor zehn Jahren hat der österreichische Nationalrat das Bei­trittsgesetz verabschiedet – mit 35 Gegenstimmen –, das uns die Möglichkeit der Volksabstimmung geboten hat, das Österreich die Mitgliedschaft in der Europäischen Union gebracht hat. Vor kurzem haben wir hier im Hohen Haus mit zwei Gegen­stim­men die Erweiterung der Europäischen Union beschlossen. – Daran sehen Sie, meine Damen und Herren: Dieses Europa ist in Entwicklung, es lebt, wir gestalten diese Geschichte mit! (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Es ist faszinierend, sich vor Augen zu halten, dass bei diesen zehn neuen Mitgliedern, bei diesen zehn neuen Partnern immerhin ehemalige Teilrepubliken der Sowjetunion dabei sind, dass bei diesen neuen Partnern Länder dabei sind, die dem Warschauer Pakt angehört haben. Daran erkennen Sie auch die historische Dimension dieses Schrittes, der aus meiner Sicht den Schlussstein des in den achtziger Jahren Begon­nenen darstellt. Denken Sie nur an Polen, an die Demonstrationen der Solidarnosc in Danzig. Hart erkämpft – mit Menschenopfern, dessen sind wir uns oft nicht bewusst – wurde diese Freiheit, jene Freiheit, die es diesen Ländern nun ermöglicht, friedlich und selbstbestimmt den Weg nach Europa zu gehen. Friedlich und selbstbestimmt – keine Selbstverständlichkeit auf diesem Kontinent! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Ich weiß nicht, wie es Ihnen gegangen ist, aber ich habe mir natürlich auch die vielen Interviews aus den Hauptstädten dieser neuen Partnerländer, die am 1. Mai geführt wurden, zu Gemüte geführt, wenn Sie so wollen. Was mir dabei aufgefallen ist, ist, dass fast alle gesagt haben, das sei die große Chance für die jungen Menschen in diesen Ländern, für die Jugend in diesen Ländern, ihr Leben anders zu gestalten als die ältere Generation, die Unfreiheit, Gefängnis, Krieg und Gewalt erlebt hat. Für diese Chance für die jungen Menschen, in diesem neuen Europa ihr Leben frei gestalten zu können, lohnt es sich zu arbeiten.

Die Österreichische Volkspartei als jene Partei, die von Anfang an sehr konsequent für diese europäische Einigung gekämpft hat, hat daher – und das werden Sie verstehen – diesen 1. Mai mit besonderer Emotionalität erlebt. Immerhin war es Erhard Busek beispielsweise, der in diesen Ländern unterwegs war mit den damaligen Dissidenten, die in den Gefängnissen eingesessen sind, wo es noch durchaus in und schick war,


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auch mit den kommunistischen Machthabern Kontakte zu halten. Alois Mock, der mit großem persönlichem Einsatz diese europäische Wiedervereinigung erkämpft hat, ist damit engstens verbunden; ebenso Franz Fischler, Benita Ferrero-Waldner, Wolfgang Schüssel und viele andere auch.

Aber – und dieses Aber sind wir den Menschen in unserem Lande und auch den Men­schen in den neuen Partnerländern schuldig! Natürlich gibt es nicht nur die historische Dimension, diese eine Seite der Medaille, sondern es gibt auch die andere. Wir müs­sen den Menschen klarmachen, dass dieses neue und größere Europa mehr an Sicherheit bietet, wenn wir die Chancen, wie sie etwa durch diese zwischen­staat­lichen Übereinkommen, durch die bessere Zusammenarbeit der Polizeidienste zur Be­kämpfung von Menschenschmuggel, von Drogenhändlern jetzt ermöglicht werden, auch ergreifen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieses Mehr an Sicherheit können wir etwa auch im Kampf gegen den Terror haben. Österreich hat bereits richtig reagiert, etwa mit der schon angesprochenen Vereinigung der Exekutivkräfte oder auch mit dem neuen Asylgesetz.

Die Regelungen den Arbeitsmarkt betreffend sind richtig und wichtig. Ich sage Ihnen offen, ich verstehe die Kritik an der Sieben-Jahres-Frist nicht. Diese Frist ist gemein­sam erarbeitet und in Europa gemeinsam erkämpft. Wenn sie in Deutschland von einer rot-grünen Regierung als richtig empfunden wird, so verstehe ich nicht, dass heute Sozialdemokraten oder Grüne hier herausgehen und eben diese siebenjährige Über­gangsfrist, die den österreichischen Arbeitsmarkt im Interesse der Arbeitnehmer tat­sächlich schützt, kritisieren.

Auch die siebenjährige Übergangsfrist für die Klein- und Mittelbetriebe, meine Damen und Herren, die es sicher nicht leicht haben werden, weil Wettbewerb, und zwar här­terer Wettbewerb gegeben ist, hilft mit, dass sich die Betriebe und ihre Arbeitnehmer auf die neue Wettbewerbssituation einstellen können.

Apropos neue Wettbewerbssituation. Wir würden den Menschen nicht die Wahrheit sagen, wenn wir nicht klarmachen: Die Erweiterung der Europäischen Union bringt neue Wettbewerber! – Ja, das ist richtig. Die Erweiterung der Europäischen Union wird an die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs neue Herausforderungen stellen. Und daher sind Antworten, wie wir sie mit der Steuerreform, mit der Forschungsinitiative, mit der Bildungsinitiative, etwa auch in Sprachausbildung zu investieren (Abg. Dr. Jarolim: Englischunterricht!), geben, die richtigen Antworten, um die Standort- und Wettbe­werbsfähigkeit Österreichs, die stärker gefordert sein wird, auch tatsächlich gewähr­leisten zu können, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Dr. Jarolim: Eine absurde Regelung!)

Auch in den Grenzregionen, in unseren ländlichen Regionen und in der Landwirtschaft, meine Damen und Herren, gleichen wir durch die Breitbandinitiative den Nachteil, den diese Regionen haben, aus. (Abg. Dr. Jarolim: Eine unehrliche Lösung!)

Meine Damen und Herren! Ich sage aber auch ganz offen, dass die Erweiterung am 1. Mai – und vielleicht nehmen Sie das zur Kenntnis, Herr Kollege Jarolim – keines­wegs das Ende, sondern der Beginn eines Prozesses ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Weil das aber der Beginn eines Prozesses ist, dürfen wir keines­wegs den Fehler machen, den Menschen zu vermitteln, dass die Reformen, die wir bisher unternommen haben, das Ende der Fahnenstange wären und wir jetzt still­stehen könnten. Nein! Stillstand vor dem Hintergrund der Erweiterung bedeutet in Wahrheit Rückschritt. (Abg. Dr. Bauer: Wer will Stillstand?)

Wir müssen klarmachen, dass uns die Erweiterung und diese europäische Dimension, was die Veränderungsbereitschaft betrifft, auch in Zukunft einiges abverlangen wer-


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den. – Ja, das ist die Wahrheit! Die Wahrheit ist nicht nur in diesem Sinne zumutbar, sondern es ist auch notwendig, sie auszusprechen. Wettbewerbsfähig werden wir nur dann sein, ... (Abg. Dr. Jarolim: Sie sollen sie sagen! Sagen Sie die Wahrheit!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Jarolim, bitte!

 


Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (fortsetzend): ... wenn wir die Veränderungs­bereit­schaft auch in Zukunft leben, tagtäglich leben. Das, was wir von den Betrieben und von den Arbeitnehmern erwarten, muss von der Politik gelebt werden. Wettbe­werbsfähigkeit muss tagtäglich erarbeitet werden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Insofern ist selbstverständlich nicht nur Österreich, sondern auch Europa gefordert. Dieses größere Europa stellt schärfere Anforderungen etwa an die Wachstums­po­tentiale dieses Kontinents, stellt schärfere Anforderungen an die Entscheidungs­fähig­keit der europäischen Institutionen, stellt schärfere Anforderungen auch an die Dere­gulierung, die wir brauchen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Genau darum geht es: Europa ständig für uns erlebbar zu machen. Und das ist das, wozu wir am 13. Juni auch die Möglichkeit haben: Europa wählen! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, bitte ich die ÖVP, die Taferln jetzt einzuziehen. Sie wissen, wir haben hier im Haus eine Konvention. (Die Abgeordneten der ÖVP entfernen die erwähnten Tafeln von ihren Tischen.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.54

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser 1. Mai des Jahres 2004 ist in der Tat ein beeindruckendes historisches Datum: Die Europäische Union wird größer werden. Die Entwicklung zu diesem größeren euro­päischen Zusammenschluss war aber nicht auf Schienen, denn, wie schon richtig gesagt wurde, wir setzen damit den nächsten wesentlichen Schritt seit 1989, und wir dürfen nicht vergessen, dass die Freiheit, die es nach 1989 gegeben hat, zu unter­schiedlichen Erscheinungen in Europa geführt hat: in einem Teil der mittel- und ost­europäischen Staaten zu demokratischer Transformation, zur Entwicklung hin zu neuen Marktwirtschaften, in anderen Teilen Europas hingegen auch zu Völkermord und neuem Krieg.

Das zeigt uns, dass die Geschichte nicht vorgegeben ist, sondern dass es im Wesent­lichen darauf ankommt, was mit den Bedingungen, die historisch gegeben sind, in der politischen Gestaltung gemacht wird. Daher gibt es auch keinen vorgezeichneten Weg zu Frieden, Sicherheit und Prosperität durch die Erweiterung, die nun gemacht wird. Die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai dieses Jahres bietet die Chance, bietet die Möglichkeit, Europa sicherer und auch reicher zu machen, und Aufgabe der Politik auf europäischer und auch auf nationaler Ebene wird es sein, diese Chancen zu nützen. Von selbst wird die Einlösung der Verheißungen der Geschichte nicht kom­men. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich meine, dass es eine große Verant­wortung dafür gibt, wie man mit diesem neu gestalteten Europa umzugehen hat – Verantwortung vor allem dann, wenn man weiß, dass die große Mehrheit der öster­reichischen Bevölkerung mehr Risken als Chancen in diesem Erweiterungsprozess sieht, Verantwortung vor allem dann, wenn man weiß, dass die Skepsis in Österreich in


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Bezug auf das europäische Integrationsprojekt in den letzten Jahren nicht kleiner, sondern größer geworden ist. Vor allem dann, wenn wir mit dieser Stimmung in der Bevölkerung konfrontiert sind, ist die Herausforderung an die Politik außerordentlich groß.

In diesem Zusammenhang ist es kein Werben für die europäische Idee, wenn es auf europäischer Ebene noch immer keinen Konsens für die europäische Verfassung gibt. Gerade vor dem Hintergrund dieser Skepsis wird der europäischen Idee kein guter Dienst getan, wenn, wie gestern, das Präsidium des Europäischen Parlaments nicht imstande ist, für transparente Spesen- und Gehaltsregelungen zu sorgen. Hier sind wir gefordert, meine Damen und Herren, und zwar alle gemeinsam! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie sagen, auf die konkreten Besorgnisse müssen konkrete Antworten gegeben werden, so stimme ich Ihnen zu. Aber all das, was Sie uns heute gesagt haben, haben Sie auch schon in den letzten Monaten und Jahren gesagt – die Zustimmung der Bevölkerung ist dadurch aber nicht gewachsen! Müssen Sie sich in diesem Zusammenhang nicht die Frage stellen, ob die Maßnahmen, die Sie uns heute aufgezählt haben, nicht viel zu wenig waren, um der österreichischen Bevölkerung auch die Zuversicht zu geben, dass dieser Erweiterungsprozess gut und für alle Men­schen erlebbar gestaltet wird?

Müssen Sie sich nicht die Frage stellen, ob all das, was bisher geschehen ist, nicht viel zu wenig war, um das Wachstum anzukurbeln, wenn Sie – gestern geschehen – berichten müssen, dass die Arbeitslosenrate einen historischen Höchststand erreicht hat?

Müssen Sie sich nicht die Frage stellen, ob die angekündigten Investitionen in die Infrastruktur nicht viel zu wenig waren? Es besteht zumindest nicht die Gefahr, dass wir von einer Verkehrslawine überrollt werden, nein, denn es findet kein Rollen mehr statt. Was stattfindet, ist der permanente Stau im Ost-West-Verkehr!

Müssen Sie sich nicht auch die Frage stellen, ob nicht viel zu wenig getan wurde, um die österreichischen Betriebe auf die Erweiterung vorzubereiten, vor allem, wenn es um die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht? (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass Schönreden die Menschen nicht über­zeugen wird. Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, müssen für die Menschen auch spürbar und erlebbar sein. Und wenn kein Fortschritt in der Verkehrspolitik spürbar ist, wenn es keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt gibt, wenn es kein hö­heres Wachstum gibt, dann, Herr Bundeskanzler, müssen Sie Ihre Politik ändern, denn die bisherigen Maßnahmen waren offensichtlich nicht genug! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Wenn man schon bei Vergleichen bleibt, so muss ich sagen: Zahlen haben eine trügerische Wirkung, Herr Bundeskanzler. Den Österreicherinnen und Österreichern erzählen zu wollen, dass wir die Schweiz überholt haben – bei aller Wertschätzung –: Dort ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und Jahr noch immer um rund 1 000 € höher als in Österreich, die Arbeitslosenrate liegt auch unter der österreichischen. Versuchen Sie also nicht, der Bevölkerung Sand in die Augen zu streuen! Bleiben wir bei den Herausforderungen, die wir hier zu bewältigen haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist das Gefühl der Bevölkerung richtig, dass in den letzten Jahren viel versäumt wurde, was zur Vorbereitung der Erweiterung der EU notwendig gewesen wäre. Es nützt nichts, diese letzten Jahre schönzureden, sondern es geht darum, zumindest jetzt die Chance zu ergreifen, all das zu tun, was nicht gemacht wurde. Aus diesem


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Grund muss das österreichische Parlament auch in Fortsetzung der Festlegungen, die wir hier im Hohen Haus schon getroffen haben, aktiv werden und die österreichische Bundesregierung zu dem auffordern, was sie bisher nicht getan hat. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Wir bringen deshalb in dieser Debatte auch einen Entschließungsantrag betreffend flankierende Maßnahmen, die zur Begleitung der Erweiterung der Europäischen Union notwendig sind, ein.

Wir fordern Sie auf, alle Spielräume zu nutzen, um das Wirtschaftswachstum in Österreich zu stärken und die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu fördern.

Wir fordern Sie auf, konjunkturbelebende Maßnahmen zu setzen, die wirklich wirksam sind und in die Beschäftigung führen.

Wir fordern Sie auf, ein 200-Millionen-€-Bildungspaket sicherzustellen, damit die Qua­lifikation der Arbeitnehmer in Österreich gestärkt wird.

Wir fordern Sie auf, dass Sie endlich gegen die illegale Beschäftigung in Österreich aktiv werden, die nach wie vor nicht im Griff ist, und dass Sie im Bereich des Transits zu wirksamen Maßnahmen gelangen, die auch zu einer sichtbaren Entspannung auf den österreichischen Autobahnen und Straßen führen.

Meine Damen und Herren! Das historische Urteil über die heute politisch Tätigen wird dann gefällt werden, wenn sich in einigen Jahren die Menschen folgende Frage stellen: Ist unser Leben schlechter oder ist unser Leben besser geworden vor dem Hintergrund dessen, was sich historisch vollzieht?

Unsere gemeinsame Aufgabe muss es sein, dafür zu sorgen, dass dieses Erwei­terungsprojekt zur Verbesserung der Lebensumstände der Menschen in den alten Mit­gliedstaaten und auch in den neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beiträgt. Dann wird es ein stärkeres Europabewusstsein geben und weniger Skepsis, dann wird es ein Ja der gesamten Bevölkerung ohne Vorbehalte geben. Jene Vorbehalte, die jetzt bestehen, kann man nicht wegreden. Diese muss man durch eine vernünftige, engagierte Politik ausräumen, damit die Stimme der Österreicherinnen und Öster­reicher in Europa auch wieder gehört wird. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ.)

14.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag Dr. Gusenbauer, Dr. Einem wird infolge seines Umfangs in schriftlicher Form an die Mitglieder des Nationalrats verteilt werden. Er ist in seinen Grundzügen erläutert worden, ist genügend unterstützt und steht daher mit zur Verhandlung und Abstimmung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Dr. Caspar Einem und KollegInnen betref­fend Erweiterung der Europäischen Union und innerösterreichische flankierende Maß­nahmen, eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1: Erklärung des Bundeskanzlers gem. § 19 Abs. 2 GOG zur Frage der EU-Erweiterung

Die Erweiterung der Europäischen Union von 15 auf 25 Mitgliedstaaten, die mit 1. Mai 2004 Realität geworden ist, stellt einen wichtigen Schritt zur Sicherung von Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent dar. Zugleich stellt sie die EU – immerhin handelt es sich um die größte Erweiterung in der Geschichte der EU – in den nächsten Jahren vor eine Reihe von Herausforderungen. Die EU muss diesen Schritt in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht verkraften, vor allem aber muss sie ihre Hand-


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lungsfähigkeit auch mit 25 Mitgliedstaaten erhalten. Die Ausgangsposition dafür ist angesichts der schwierigen ökonomischen Lage, in der sich die EU befindet, nicht optimal. Das Ziel der EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dyna­mischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden, dauerhaftes Wirt­schaftswachstum, mehr Beschäftigung und bessere Arbeitsplätze zu schaffen, den sozialen Zusammenhalt der EU zu stärken („Lissabon-Strategie“) ist auf Grund des aktuellen wirtschaftspolitischen Kurses der EU und ihrer Mitgliedstaaten nicht mehr erreichbar. Bestätigt wird diese Einschätzung durch den Bericht der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates, der sehr ernüchternd ausfiel. So räumte etwa die Kommission ein, dass es nicht mehr möglich sein werde, ein konkretes Lissabon-Ziel, eine Gesamtbeschäftigungsquote von 67 % bis zum Jahr 2005, zu erreichen. Das Erreichen der für 2010 gesetzten Ziele im Bereich der Beschäfti­gungspolitik (Gesamtbeschäftigungsquote von 70 %) scheint aus Sicht der Kom­mission auf Grund der aktuellen Entwicklung ebenfalls alles andere als gesichert. Ein zu schwaches Wirtschaftswachstum, steigende Arbeitslosenraten in einigen EU-Mit­gliedstaaten, mangelndes politisches Engagement der EU-Mitgliedstaaten und eine falsche Prioritätensetzung im Bereich der Wirtschafts- und Währungspolitik gefährden derzeit die Umsetzung der „Lissabon-Strategie“ und das Erreichen der gemeinsam formulierten Ziele.

Die vielfältigen Herausforderungen, die sich durch die nun erfolgte Erweiterung stellen, zu bewältigen, sollte die politische Priorität der nächsten Jahre sein. Ein verant­wortungsvoller Umgang im Hinblick auf künftige Erweiterungsschritte und eine erfolg­reiche Bewältigung der Erweiterung werden entscheidend sein für die Akzeptanz der EU in der Bevölkerung.

Die österreichische Bundesregierung hat bei der Vorbereitung Österreichs auf die Erweiterung im Bereich der Arbeitsmarkt-, der Bildungs- und der Infrastrukturpolitik eine Reihe von Versäumnissen zu verantworten. Diese Versäumnisse sind deshalb so schwerwiegend, da Österreich nicht zuletzt auf Grund seiner geographischen Lage zu jenen Ländern gehören könnte, die von der Erweiterung besonders profitieren und noch mehr profitieren könnten. Die Bundesregierung ist daher dringend aufgerufen, eine Reihe von Maßnahmen zu setzen, damit Österreich die Chancen, die es durch die Erweiterung hat, nicht endgültig verspielt. Gleichzeitig ist sie aufgerufen, in der EU für ein Überdenken der bisherigen Erweiterungsstrategie und eine Neuorientierung der Wirtschaftspolitik einzutreten.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher den folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesregierung wird angesichts der angespannten Lage am Arbeitsmarkt aufge­fordert, alle nationalen Spielräume zu nutzen, um das Wirtschaftswachstum und damit die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zu fördern.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für eine Neuinterpretation des Wachs­tums- und Stabilitätspakts einzusetzen, damit in Hinkunft der nötige Spielraum besteht, um in Zeiten der Wachstumsschwäche konjunkturbelebende Maßnahmen setzen zu


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können. Das Ziel muss es sein, auch Wachstums- und Beschäftigungsziele bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Zieles der Geldwertstabilität zu verankern.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis zur vollständigen Liberalisierung des Arbeitsmarktes in der erweiterten EU eine zielgerichtete Qualifikationsoffensive zu starten, um insbesondere jene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu fördern, die durch die schrittweise und schließlich vollständige Öffnung des Arbeitsmarktes be­sonders unter Druck kommen. Ein 200-Millionen-Euro Bildungspaket soll sicherstellen, dass mehr Schulplätze und mehr Lehrstellen geschaffen werden, vor allem aber auch entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden. In Zusammenarbeit mit den AMS-Geschäftsstellen und den Bundesländern sollen die Qualifikationspotentiale vor dem Hintergrund von regionalen Standortentwicklungsprogrammen und Bedarfs­erhebungen in den Betrieben ermittelt werden, gleichzeitig sollten von den Unter­nehmen und den entsprechenden öffentlichen Stellen gemeinsam Fortbildungsmaß­nahmen entwickelt und berufsbegleitend realisiert werden. Darüber hinaus sollen seitens der Bundesregierung Vorkehrungen getroffen werden, um für betroffene Bran­chen und Regionen Arbeitsstiftungen einzurichten.

Während in der Übergangsperiode laufend zu prüfen sein wird, ob und in welcher Region beziehungsweise für welchen Sektor eine vollständige Öffnung des Arbeits- beziehungsweise Dienstleistungsmarktes vor Ablauf der siebenjährigen Frist erfolgen kann, ist gleichzeitig sicherzustellen, dass die jeweils geltenden rechtlichen Bestim­mungen am Arbeits- und Dienstleistungsmarkt auch tatsächlich eingehalten bezie­hungs­weise durchgesetzt werden, um einem möglichen Dumping im Bereich der Entlohnung und der sozialen Sicherheit vorzubeugen. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungs­vorlage betreffend ein Schwarzunternehmerbekämpfungsgesetz vorzulegen. Die Ein­haltung der jeweiligen rechtlichen Bestimmungen ist von den zuständigen Behörden gerade während der Übergangsperiode in besonderer Weise zu kontrollieren. In diesem Zusammenhang sollten auch grenzüberschreitende Kooperationen zur wirk­samen Bekämpfung des Schwarzunternehmertums und der systematischen illegalen Beschäftigung geprüft werden. Die Bundesregierung wird in diesem Zusammenhang aufgefordert, mit Nachdruck die überfällige Reform der Entsenderichtlinie einzufordern, um Spannungen am Arbeitsmarkt vorzubeugen.

Die Bundesregierung wird nach dem Scheitern einer akzeptablen Übergangslösung für den Transitvertrag aufgefordert, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Verhand­lungen für eine EU-Wegekostenrichtlinie zu nutzen, eine wirksame Reduktion der Belas­tungen durch den Straßengüterverkehr durchzusetzen. Die Bundesregierung wird insbesondere aufgefordert, entsprechende Partnerschaften mit anderen EU-Staaten aufzubauen und einzugehen, die ähnliche Probleme zu lösen haben (z.B. Frankreich, Slowenien). Die Europäische Union muss eine nachhaltige Verkehrspolitik umsetzen, die die Internalisierung der sozialen und der Umweltkosten erzwingt.

Mit der Erweiterung der EU ist mit einem deutlichen weiteren Anstieg des Ver­kehrsaufkommens von den und in die neuen Mitgliedsländer zu rechnen. Österreich wird von dieser Entwicklung besonders betroffen sein. Um den zusätzlichen Anstieg des Verkehrsaufkommens umwelt- und anrainerschonend bewältigen zu können, sollen alle Möglichkeiten, Verkehr von der Straße auf die Schiene (Ausnützung von bestehenden Kapazitätsreserven, gemeinwirtschaftliche Leistungsbestellungen auf der Rola usw.) oder auf die Donau zu verlagern, forciert werden. Die bereits geplanten und durch die Erweiterung zusätzlich notwendigen Maßnahmen und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sind ohne Aufschub umzusetzen.

Im Hinblick auf die Erweiterung und den damit verbundenen Anstieg des Verkehrs­aufkommens wird die Bundesregierung weiters aufgefordert, wichtige Eisenbahn-


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projekte in die Erweiterungsländer, die erst nach 2011 geplant waren, vorzuziehen und beschleunigt in Angriff zu nehmen.

Schließlich wird die Bundesregierung aufgefordert, sich in der EU mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die Konsolidierung der EU – das Bewältigen der Erweiterung in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht – klaren Vorrang gegenüber jeder künftigen Erweiterung haben muss. In diesem Zusammenhang wird die Bundes­regierung abschließend ersucht, bei den heranstehenden Verhandlungen zur Euro­päischen Verfassung zu einem baldigen Abschluss beizutragen und so die Union auch künftig handlungsfähig zu erhalten.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Scheibner. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


14.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Es stimmt schon: Die großen Feiern zur EU-Erweiterung sind vorüber. Die Plakate, die Fähnchen sind fast überall verschwunden. Es wird wieder diskutiert, nämlich darüber, warum denn die Bevölkerung in den meisten Mitglieds­ländern der Europäischen Union das nicht nachvollziehen kann, was so oft von oben verordnet wird – Begeisterung, Enthusiasmus –: die Vorteile an dieser Europäischen Union und all das sehend, was an Positivem für die Bevölkerung zu lukrieren sein wird.

Wir diskutieren jetzt wieder die Berichte über die steigende EU-Skepsis in der Bevöl­kerung, die Fragen der bedenklich niedrigen Wahlbeteiligung, die für die kommenden Europawahlen prognostiziert wird, und auch immer wieder die Angst der Regierenden in den einzelnen Ländern davor, ob sie wieder eine der Materien der Europäischen Union zum Thema einer Volksabstimmung in ihren Ländern machen sollen oder müs­sen, weil diese Volksabstimmungen meistens verloren werden.

Wo sind denn nun die Probleme in der Praxis? Warum gibt es dieses Europa­bewusstsein nicht, obwohl man doch in so vielen Hochglanzprospekten, in so vielen Inseraten, in so vielen schönen und geistigen Reden versucht, dieses Europabewusst­sein zu verordnen? Ist es nicht vielleicht – und Kollege Gusenbauer hat es wohl in einem dem Bereich der Selbstkritik zuzuordnenden Redebeitrag gesagt – dieses Schön­reden auf der nationalen Ebene?

Ich kann mich noch an viele Wortspenden vor dem EU-Beitritt Österreichs erinnern, daran, was man da alles versprochen hat – Stichwort: „Ederer-Tausender“ –, ohne den Befund über die Realität wirklich auf den Tisch zu legen, die Probleme zu diskutieren, dafür gemeinsam mit der Bevölkerung Verbesserungen und Lösungen zu suchen und auch Verständnis zu suchen.

Oder: Es heißt jetzt etwa, dass alles in Ordnung sei, dass die EU-Erweiterung ein großes und schönes Projekt sei, dass alles gut vorbereitet sei, dass all die noch offenen Fragen schon irgendwie gelöst werden würden. Aber alles, was an Problemen vorhanden sein könnte, wird unter den Tisch gekehrt. Jeder, der Kritik übt, jeder, der Fragen aufs Tapet bringen und diskutieren möchte, wird pauschal nicht nur als Euro­paskeptiker, sondern auch als Anti-Europäer diskreditiert.

Ich glaube aber, dass diese Probleme der Europäischen Union genau durch diese Kluft zwischen Prinzip und Umsetzung der Prinzipien, zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen den Institutionen und den Menschen in diesem Europa bestehen.


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Ich finde das schade, meine Damen und Herren, und wir sollten alles dazu tun, dass diese Kluft zwischen Theorie und Wirklichkeit, zwischen Institution und Bevölkerung in Europa überwunden wird. Dann – und nur dann! – werden wir dieses Europa­be­wusst­sein bekommen, das wir uns alle wünschen und das wir auf diesem Kontinent brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die europäische Integration, meine Damen und Herren, ist ein Jahrhundertprojekt – ein Jahrhundertprojekt des 20. und des 21. Jahrhunderts. Der Herr Vizekanzler hat es gesagt: Dieses Friedensprojekt stand am Anfang und steht auch jetzt noch im Zentrum dieser europäischen Integration. – Aber auch darüber wird nicht viel geredet, auch das wird nicht aufgenommen; vielleicht deshalb, weil Frieden und Sicherheit dort, wo man sie hat, als selbstverständlich angesehen werden.

Gerade in einem Land wie Österreich brauchen wir uns nicht zu wundern, dass diese Sicherheit und dieser Frieden als selbstverständlich angesehen werden, in einem Land, in dem man der Bevölkerung – auch von politischen Repräsentanten – über Jahre und Jahrzehnte hindurch vorgemacht hat, dass der Frieden und die Sicherheit in Österreich durch Gesetzbücher, durch Dogmen, durch Begriffe und durch völker­rechtliche Verträge gesichert werden können. Gott sei Dank hat diese Linie den Wahrheitsbeweis nie antreten müssen.

Wir wissen, dass genau diese europäische Integration, das Zusammenführen ehemali­ger Gegner Stabilität, Frieden und Sicherheit in diesem Europa gebracht haben, dass wir Kriege überwunden haben, dass wir – und wir haben ihrer heute gedacht – die dunkelsten Kapitel unserer Geschichte überwunden und daraus auch die Kraft für eine gemeinsame Zukunft gewonnen haben.

Auch vor diesem Aspekt ist die EU-Erweiterung positiv zu sehen. Europa als Kontinent ist mehr als die früheren 15 Mitgliedsländer dieser Europäischen Union. Deshalb sind wir sehr froh darüber, dass es dieses Prinzip der Erweiterung gibt. Es gab ja auch sehr viele Symbole bei dieser letzten Erweiterungsrunde der EU: Länder des ehemaligen Ostblocks sind jetzt Mitglied dieser Wertegemeinschaft. Ja sogar drei ehemalige Länder der Sowjetunion sind Mitglieder dieser Wertegemeinschaft geworden!

Für Österreich bietet diese EU-Erweiterung selbstverständlich Chancen in den Be­reichen der Wirtschaft und der Sicherheit. Das neue Asylgesetz zeigt auch in diesem größer gewordenen Europa bereits erste Wirkungen. Gott sei Dank hat es diese Regierung – gegen die Stimmen der Opposition – durchgesetzt.

Wir werden jetzt auch die Möglichkeit, wenn wir sie nützen, durch eine aktive Außen­politik mit diesen neuen kleinen und mittelgroßen Mitgliedsländern der Europäischen Union haben, vielleicht einige unserer Interessen besser in der Europäischen Union durchzusetzen. Aber – und es ist notwendig, auch dieses Aber zu sagen – in manchen Bereichen ist auch bei dieser Erweiterungsrunde eine Kluft zwischen der Theorie und der Praxis entstanden.

Sehen wir uns den Bereich der Sicherheit an! Wie sieht es denn mit dem Grundsatz aus, dass nur sichere Staaten Mitglied der Europäischen Union werden können, dass es keine Grenzprobleme geben darf? – Da muss man doch wohl – leider! – fragen: Wie dilettantisch hat man die Chance etwa bei Zypern mit dieser Möglichkeit verpasst, in die Europäische Union aufgenommen zu werden und mit einem gemeinsam mit der Bevölkerung und mit den Regierenden in diesem geteilten Land erarbeiteten Friedens­plan eine wirkliche Lösung dieses jahrzehntelangen Konflikts zu erreichen? – Nichts hat man erreicht! Wer weiß, ob diese Chance so bald wieder kommen wird.

Oder: Wie sieht es mit der Durchsetzung der Menschenrechtsstandards aus? – Der Vizekanzler hat es angesprochen. Wir warten noch immer auf die versprochene


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Aufhebung der Amnestiegesetze und der Beneš-Dekrete. Die letzten Beschlüsse, dass man Herrn Beneš auch noch ehrt, gehen sicherlich nicht in die Richtung, die wir uns erwarten, dass wir alle – alle! – in der Europäischen Union vorbehaltlos zu den schönen Seiten unserer Geschichte, aber auch zu den dunklen Seiten stehen. Wo immer Gewalt gegen Unschuldige verübt worden ist, wo gemordet, gefoltert, vertrieben worden ist, muss das auch als Unrecht anerkannt werden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger verlangen wir von allen Mitgliedsländern dieser Werteunion in Europa, meine Damen und Herren!

Wie sieht es denn aus mit den Vorbereitungen betreffend EU-Institutionen, betreffend EU-Verfassung? – Auch ich glaube, dass es ein Signal wäre, wenn man eine hoffentlich dann beschlossene EU-Verfassung einem europaweiten Referendum unter­ziehen würde, damit die Bevölkerung auch das Gefühl bekommt: Wir entscheiden mit, wie sich dieses Europa in Zukunft gestaltet!

Dann müssen wir und sollten wir auch nicht über nächste und übernächste Erweite­rungsrunden reden und schon gar nicht über Gebiete, die geographisch nur zu einem kleinen Teil in Europa liegen. Versuchen wir lieber, aus diesem Europa, aus diesem jetzt erweiterten Europa, aus dieser Europäischen Union das zu machen, was es sein soll: ein Europa der Bürger, ein Europa der Vielfalt der Kulturen und der Vaterländer, aber nicht ein Europa der Bürokraten und der Institutionen!

Dann werden wir keine Probleme mehr haben, Verständnis auch für die schwierigen Seiten dieser europäischen Einigung zu finden, dann werden wir nicht mehr darüber diskutieren müssen, wie hoch die Wahlbeteiligung für europäische Parlamente sein soll, die sich mehr darüber unterhalten sollten, wie sie ihre eigenen Spesenprobleme lösen können, und darüber, wie sie auch die Interessen der Bevölkerung in den Nationalstaaten besser vertreten können – Stichwort: Transitvertrag. Dann wird dieses Europa wirklich vom Bewusstsein der Menschen getragen, und das sollte unser aller Ziel sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Gleiche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


14.14

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Meine Damen und Herren! Als vierter Redner in der Debatte über solch ein Thema noch das gebührende Pathos zu entfalten, das ist nicht einfach, Herr Molterer, glauben Sie mir das! Ich stimme vielen Ihrer Äußerungen zu. Der 1. Mai ist ein historischer Tag gewesen, muss man schon sagen. Er ist in seiner Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Mehrere meiner Vor­red­ner haben schon betont, dass unter den zehn neuen EU-Mitgliedern nicht weniger als sieben aus dem Einflussbereich des ehemaligen sowjetischen Imperiums stammen.

Für einige dieser Länder ist dieser Tag, der 1. Mai, vielleicht in irgendeiner Weise ver­gleichbar mit der Situation Österreichs im Jahr 1955, mit dem Staatsvertrag. Ich glaube, dass dadurch die Verhältnisse – wenn wir das ganz grob so nennen wollen – in Mitteleuropa nach der Nazizeit, nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dem stalinistischen Terror in diesen Ländern endgültig vom Kopf auf die Füße gestellt werden.

Jetzt stoßen wir aber auf ein merkwürdiges Phänomen. Ich glaube gerne – und ich hoffe natürlich –, dass die Zustimmung bei den zehn neuen Mitgliedern sehr hoch war. Die Referenden haben phantastische Ergebnisse gebracht, die Bevölkerung hat sich hoffentlich am 1. Mai entsprechend gefreut. Bei den EU-15 merken wir jedoch eine gewisse Lethargie: So, jetzt haben wir zehn Neue im Klub! Und? Sind die Probleme jetzt dadurch kleiner geworden? (Zwischenruf des Abg. Rädler.)


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Nun muss ich schon eines fragen: Wenn in der Bevölkerung der EU-15 so viele Sor­gen, Ängste, teilweise Ressentiments und größtenteils unberechtigte Ängste überwie­gen, wer trägt jetzt dafür die Verantwortung, Herr Kollege Molterer? Sind es wieder einmal die Oppositionsparteien, die daran schuld sind? – In einem Bereich würde ich sogar sagen, es ist zwar nicht die Oppositionspartei SPÖ, aber es sind die Gewerk­schaften und die Kammern nicht unbeteiligt daran, dass Sorge herrscht bei der Be­völkerung wegen der Aussage, dass es eine Überschwemmung des heimischen Arbeitsmarktes in den kommenden sieben Jahren geben werde. Diese Aussage halte ich für einen Unfug. Aber in allen anderen Fällen: Wer ist schuld?

Ich möchte in diesem Zusammenhang aus der letzten Ausgabe der Zeitschrift „The Economist“ zitieren. Dort erschien ein langer Artikel über die EU-Erweiterung. „Three major scare stories“ wurden im Leitartikel genannt, also Geschichten, die Angst und Schrecken bei der Bevölkerung hinsichtlich der EU-Erweiterung erzeugen. Das sind die „migrants“, also die Zuwanderungsfrage, die „transfers“, die Budgetfrage, was denn die neuen Länder kosten, und die „competition“, die Frage des zunehmenden Wett­be­werbs.

Gehen wir das kurz durch! Zunehmenden Wettbewerb aus den Beitrittsländern hätte es ohne formalen Beitritt auch gegeben. (Abg. Mag. Molterer: Nicht in dem Maß!) Nicht so stark, nicht im gemeinsamen Binnenmarkt, aber gegeben hätte es ihn trotzdem. Gott sei Dank! Wettbewerb ist etwas Gutes, auch in der Politik, ich stehe dazu.

Was mich auf die Dauer echt nervt, ist – wie soll ich sagen? – die Perzeption, dass der Wettbewerb etwas Einseitiges ist. Es ist zwar super, wenn die OMV in Rumänien etwas kaufen will oder in Slowenien schon gekauft hat, wenn österreichische Banken, österreichische Versicherungen in Tschechien, Ungarn und Polen jede Menge Markt­anteile erobert haben, ich finde das ausgezeichnet, aber Einbahnstraße ist das keine! Hin und wieder kommt einer, so ein Ausländer, so ein merkwürdiger, und kauft auch bei uns in Österreich eine Firma auf. Vielleicht sollten wir uns langsam daran ge­wöhnen. (Beifall bei den Grünen.)

Übrigens ist das kein rein österreichisches Phänomen. Auch in Deutschland hat es seinerzeit in Niedersachsen einen Aufruhr gegeben, als die Voest, dieser „böse Ein­dringling“ aus dem Süden, versucht hat, dort ein Stahlwerk zu kaufen. (Abg. Großruck: Vranitzky hat es verhindert! Von der WestLB!) Da sind genau die gleichen Ängste vor diesen „rabiaten Kapitalisten“ aus dem Südosten aufgetaucht.

Zur Budgetfrage: Ich denke, kein vernünftiger Mensch in den EU-15 genauso wie in den EU-10 – so nenne ich sie einmal – hat daran Interesse, aus den EU-10 einen Mezzogiorno oder eine Ex-DDR durch permanente, zu hohe, falsch strukturierte „transfers“ zu machen. Niemand! An der Ex-DDR kann man sehr schön beobachten, wie man etwas nicht macht, nicht hätte machen sollen. Aber das ist Schnee von gestern. Das ist klar.

Aber allein das Beispiel suggeriert schon etwas Falsches. Slowenien ist beim Ein­kommen pro Kopf, beim Sozialprodukt pro Kopf, reicher als Griechenland. Auch der Raum um Bratislava boomt, die Einkommen dort sind höher als in vielen Regionen Österreichs.

Sich jetzt darüber zu streiten – das ist wieder nicht Sache der Opposition! Es waren unter anderen unsere Regierungspolitiker, die gesagt haben: Die 1,27 Prozent des BIP, die an das Brüsseler Budget – brutto, bitte! – abgeliefert werden sollen – das ist Vertragslage –, sind uns zu hoch, es soll nur 1 Prozent sein! – Brutto! Ich habe jetzt nicht das abgezogen, was an die österreichische Landwirtschaft und so weiter ohnehin aus dem Brüsseler Budget zurückkommt.


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Die EU ständig vor neue Aufgaben zu stellen – und das ist tatsächlich eine riesige neue Aufgabe –, aber zu sagen, kosten darf es nie im Leben mehr als bisher, das finde ich schäbig.

Ich war sehr froh über die Äußerung von Bundeskanzler Schüssel, als er sagte: Erbsenzähler bin ich nicht! – Super! Aber der zweite Satz lautete: 1 Prozent statt 1,27 muss es sein.

Das kommt von einem der reichsten Länder in der EU! – So fördert man den euro­päischen Gedanken nicht, wenn solche Aussagen dauernd von den Regierungsspitzen kommen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Er besteht nicht nur aus ...!) Wundern Sie sich doch nicht, wenn die Bevölkerung dann ganz andere Themen wahrnimmt!

Die Misstöne, die es auch in Österreich gibt – halb Österreich glaubt, dass die Spesen-Debatte die Zukunft der EU bestimmen wird; das ist doch in höchstem Maße lächerlich. Ich muss auch nicht unbedingt in jeder Erweiterungsdebatte über Beneš diskutieren. (Abg. Mag. Mainoni: Aber die Signalwirkung ist schon wichtig!) Beneš war ein be­deutender tschechischer Politiker – ich wiederhole es zum x-ten Male –, die Beneš-Dekrete sind nicht zu verteidigen, aber unter demselben Beneš ist Tausenden, auch Österreichern, die auf der Flucht vor Hitler waren, Asyl und die tschechische Staats­bürgerschaft ... (Abg. Scheibner: Aber es geht um Prinzipien!) – Das ist kein Prinzip (Abg. Scheibner: Oder teilen Sie jetzt in gut und schlecht ...?), die Hilfe für Asyl­suchende, die vor Hitler geflohen sind? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das ist Ihrer Meinung nach kein Prinzip? Herr Scheibner, überlegen Sie sich noch einmal, was Sie hier sagen. (Abg. Scheibner: Das sollten Sie sich überlegen, was Sie hier sagen!)

Der dritte Misston ist Zypern, das muss ich schon sagen. Ich finde, das ist ein Ver­sagen der europäischen Politik schlechthin. Man hätte den Zyprioten in aller Freund­schaft sagen müssen: Ihr tretet in Einheit bei oder gar nicht! – Die Situation, die jetzt entstanden ist, ist grotesk: Der griechisch-zypriotische Bevölkerungsteil, der dagegen gestimmt hat, wird Teil der Union, und der türkisch-zypriotische Teil, der für die Einheit gestimmt hat, wird ausgeschlossen.

Wenn ich das Schlamassel, das hier entstanden ist, richtig verstanden habe – das ist eine große Frage –, dann sind die Türkisch-Zyprioten zwar wahlberechtigt beim Euro­päischen Parlament, dürfen aber „ihre“ – unter Anführungszeichen – Regierung in Nikosia nicht mitwählen, weil sie ja nicht dazugehören. – Es muss einem einmal einfallen, das zu akzeptieren!

Ich habe oft genug auch hier im Plenum des Nationalrates betont, wie die Grünen an der EU-Erweiterung hängen, dass wir mit voller Kraft und mit ganzem Herzen dahinter stehen. Ich habe das so oft gesagt, dass ich jetzt auch sage: Ein paar Sorgen haben auch wir!

Zum Beispiel haben wir Sorge, was die gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union betrifft. Man kann natürlich sagen: Brauchen wir nicht!, dann muss man aber auch akzeptieren, dass die USA immer ihre Dominanz beibehalten werden. Also kurz gesagt: Ich bin nicht der Ansicht, dass wir keine gemeinsame Außenpolitik in Europa brauchen.

Ein Beispiel für die Ökonomen: Im IMF, im Internationalen Währungsfonds, haben die EU-Staaten 30 Prozent der Stimmrechte, die USA 17 Prozent. Aber wer setzt sich durch? – Immer die USA, weil es die Europäer nicht schaffen, mit einer Stimme zu sprechen.

Im Vorfeld der EU-Erweiterung hatte man schon manchmal den Eindruck, dass es dem einen oder anderen Beitrittsland schon sehr wichtig war, der Europäischen Union


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beizutreten, aber vielleicht noch eine Spur lieber gewesen wäre, als 51. Staat den USA beizutreten. – Da sollte man sich doch überlegen, wo auf Dauer die Interessen liegen! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte nicht missverstanden werden, ich möchte jetzt nicht europäisches Pathos sozusagen an die Stelle des früheren nationalen Pathos setzen, aber mehr als die OSZE, mehr als ein Freihandelsraum soll die EU unserer Meinung nach schon sein! Das wird auf die Dauer eine gemeinsame Außenpolitik voraussetzen, die im Übrigen auch eine Voraussetzung für eine einheitliche europäische Verteidigung ist.

Der 1. Mai war ein schöner Tag – wir alle haben uns gefreut –, heute ist aber schon Mittwoch, 5. Mai, und es wird nicht schaden, uns an die Versäumnisse der EU-15 zu erinnern – bei allem Jubel über den Beitritt.

Der Lissabon-Prozess stockt. Wenn wir so weitermachen, dann wird die EU – ob 15 oder 25 – im Jahre 2010 nicht Weltmarktleader sein, auf welchem Gebiet auch immer. Die Produktivität hinkt hinter jener der USA nach. Die absoluten Wachstumsraten sind zu niedrig, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das wissen wir alle, und wir alle wollen die Ärmel aufkrempeln, aber zunächst und primär verantwortlich, bitte schön, sind nach wie vor die Regierung und die Parteien, die die Regierung tragen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.24

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen – vereinbarungs­ge­mäß – nicht vor, damit kann ich die Debatte schließen.

Der mündlich vorgetragene Antrag ist inzwischen verteilt worden. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, darüber abzustimmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Einem und KollegInnen betreffend Erweiterung der Europäischen Union und innerösterreichische flankierende Maßnahmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag hat nicht die Mehrheit gefunden.

2. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (424 d.B.): Über­ein­kommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (455 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor. Wir gehen daher sogleich in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Miedl. Der Vorschlag hinsichtlich der freiwilligen Redezeitbeschränkung lautet auf 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

 


14.26

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Debatte steht ein Übereinkommen der Ver­einten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität. Öster­reich sollte dieses Übereinkommen ratifizieren, Österreich sollte diesem Überein­kom­men beitreten, meine Damen und Herren. Mit diesem Abkommen soll die globalisierte


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Kriminalität bekämpft werden, und die Beitrittsländer sollen verpflichtet werden, alles zu unternehmen, um gegen diese kriminelle Organisationsform aufzutreten.

Meine Damen und Herren! Was soll geregelt werden? – In Wirklichkeit geht es darum, dass Österreich grundsätzlich ein sehr hohes Niveau und einen sehr hohen Standard im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität hat, jedoch eingebettet ist in die inter­nationale Kriminalität. Wir haben daher alles zu unternehmen, gemeinsam mit anderen Ländern, diesen Formen der Kriminalität den Kampf anzusagen.

Es muss uns gelingen, eine Vorgangsweise zu finden, die organisierten Verbrechen, einschließlich Korruption und Vergehen von Körperschaften und Gesellschaften, unter Strafe zu stellen. Wir sollten alles unternehmen, um die Geldwäsche und die Erlöse aus der Geldwäsche gemeinsam zu bekämpfen. Wir sollten die Reichweite und die Ge­schwindigkeit von Auslieferungen verbessern, und wir sollten die Zeugen, die gegen organisierte Verbrecher aussagen, besser schützen als bisher. Wir sollten die Zu­sammenarbeit verbessern, um Verdächtige auszuforschen und gegen sie vorzu­gehen. – All das haben wir uns vorgenommen.

Ich möchte ein paar Dinge sehr konkret ansprechen, meine Damen und Herren, weil ich Ihnen vor kurzem hier im Haus auch über meinen Besuch in Amerika erzählt habe. Dort musste ich von Seiten der Polizei erfahren, in welchem Zustand sich die Welt­sicherheit sozusagen befindet.

Meine Damen und Herren! 2003 wurde in Afghanistan so viel Mohn angebaut wie nie zuvor. Das bedeutet, dass riesige Mengen an Suchtgift – Heroin in diesem Fall – Europa überschwemmen werden, was Leid für ganze Familien und den Tod sehr vieler Menschen bedeuten wird. Das damit erwirtschaftete Geld wird für die Finanzierung des Terrorismus aufgewendet werden.

Das ist eine Form der Kriminalität, meine Damen und Herren. Weitere Formen sind der Frauenhandel, der Handel mit Frauen, die der Prostitution zugeführt werden, der Kinderhandel, die Kinderpornographie, der Handel mit Drogen, wie schon erwähnt, der Handel mit strahlendem Material – ich denke, Letzteres ist eine Gefahr, die von uns viel zu wenig bedacht wird, weil das für Tausende von Menschen Gefahr bedeuten kann und möglicherweise ganze Staaten erpressbar werden –, der Waffenhandel und noch vieles andere mehr.

Meine Damen und Herren! Die Vereinten Nationen haben erkannt, dass man diese Formen der Kriminalität nur im Zusammenwirken von Staaten bekämpfen kann. Ich bin sehr froh über dieses Abkommen, weil wir das erste Mal gesetzliche Standards welt­weit definieren.

Mit Herbst vorigen Jahres ist die Konvention in Kraft getreten, und wir sollten bis 28. Mai diesen Beschluss gefasst haben, um das Papier ratifizieren zu können, sodass Österreich der Palermo-Konvention beigetreten ist.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über Formen der organisierten Kriminalität reden, dann müssen wir wissen, dass in sehr vielen Fällen Täter und Opfer keinerlei Interesse daran haben, mit der Polizei oder den Organisationen, die für die Bekämpfung verant­wortlich sind, zu kooperieren. Ich bringe ein Beispiel: Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht und ist Ihnen bewusst, dass im ganzen Komplex der Drogenkriminalität weder Täter noch Opfer – Frage: Wer ist was? – ein Interesse daran hat, mit der Polizei zu kooperieren, dass es da ganz neuer Strategien und Vorgangsweisen bedarf, um die Polizei in die Lage zu versetzen, das entsprechende Wissen zu haben und danach vorzugehen? Ist Ihnen bewusst, meine Damen und Herren, dass allein in den USA 40 Milliarden Dollar jährlich – 40 Milliarden Dollar jährlich! – durch die organisierte Kriminalität umgesetzt und erhandelt werden?


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Daher muss es uns unbedingt gelingen, die Geldwäsche in den Griff zu bekommen. Wir sollten – und das ist in diesem Übereinkommen auch enthalten – Regulierungs- und Aufsichtssystemen der Banken vermehrt Augenmerk schenken und der Geld­wäsche mehr Bedeutung als bisher einräumen. Wir sollten alles unternehmen, um die Korruption in den Griff zu bekommen.

Es ist mir heute, bei der Vorbereitung auf diese Rede, ein Korruptionsindex aller Staaten, also ein weltweiter, in die Hände gefallen. Ich war einigermaßen beruhigt, weil Österreich weltweit den sehr „vornehmen“ und sehr „sauberen“ vierten Platz einnimmt; in Europa nur von Finnland geschlagen. Das ist in Ordnung! Aber wenn es uns nicht gelingt, die Korruption in den Griff zu bekommen, dann werden wir den Kampf gegen die organisierte Kriminalität verlieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Weil der Herr Justizminister hier ist – er ist, wie bei vielen dieser Fragen, selbst­verständlich hier –: Ich möchte mich als Mitglied dieses Hauses bei Ihnen, Herr Justiz­minister, recht herzlich bedanken für die StPO-Reform; ein Jahrhundertwerk, das es ermöglicht, dass Staatsanwalt und Gericht der Zeit angemessen, der Zeit adäquat vorgehen. Wir sind wegen dieser Reform sehr kritisiert worden, wir brauchen sie aber notwendig.

Wäre der Innenminister hier, würde ich den Innenminister dafür loben, dass er die Exekutivreform in Angriff genommen hat, meine Damen und Herren (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim), weil sie höchst notwendig ist, Herr Kollege Jarolim, da eine Reform von den SPÖ-Innenministern lange Zeit verschlafen wurde. Ich denke, wir haben allen Grund, Reformen in diesem Bereich anzugehen, und wir haben allen Grund, dieser Konvention mit freudigem Herzen zuzustimmen. Es geht um die Sicherheit der Bürger in unserem Land, und es geht um weltweite Sicherheit. Das ist es wert, heute aufzustehen und seine Stimme dafür zu erheben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Puswald.)

14.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jarolim. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte.

 


14.33

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen diese Regierungsvorlage, die einem internationalen Übereinkommen entspricht.

Ich darf bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass sie heute formal-rechtlich um­gesetzt wird, dass das aber materiell-rechtlich in Österreich bereits existiert und daher ein Nachvollziehen ist.

Herr Kollege, wenn wir hier über die Bekämpfung von Kriminalität im internationalen Kontext sprechen, dann müssen wir bedenken, dass das natürlich auch eine Frage der Glaubwürdigkeit ist. Da Sie heute hier im Rahmen Ihrer Rede dem Herrn Justizminister gedankt haben, möchte ich ein Gleiches tun, ich möchte ihm jedoch danken dafür, dass es ihm gelungen ist – dazu herzliche Gratulation, Herr Justizminister –, die Idee von Grasser und Schüssel betreffend die Steueramnestie zu Fall zu bringen. Dafür haben Sie unseren Respekt verdient, und ich gratuliere Ihnen dazu, Herr Bundes­minister! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage das deshalb, weil es natürlich eine Frage der Glaubwürdigkeit ist, wenn man sagt, man möchte kriminalpolizeiliche, strafgesetzliche Entwicklungen international harmonisieren, man möchte zusammenarbeiten, gleichzeitig im Inland jedoch Schritte setzt, die das in einem anderen Licht erscheinen lassen. Wenn wir zum Beispiel, um noch einmal auf die Steuerreform zurückzukommen, vom Finanzminister hören, dass


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er bei den Verjährungsfristen an der Schraube drehen will, aber nicht in die Richtung, dass es eine längere Verjährungsfrist geben soll, sondern, ganz im Gegenteil – Kollege Öllinger, du kennst das ja –, kürzere Verjährungsfristen, so frage ich mich natürlich: Ist das legitim, und wie passt das mit dem anderen zusammen? Ich hoffe, dass der Herr Justizminister auch diesem unerträglichen Treiben einen Strich durch die Rechnung machen wird und das in gleicher erfolgreicher Manier wie bei der Steueramnestie verhindert.

Meine Damen und Herren! Ich darf darauf hinweisen, dass auch die juristische Person hier angesprochen ist. Wir finden in der Vorlage ausdrücklich den Hinweis, dass es da auch die Strafbarkeit der juristischen Person geben soll, und zwar in Zusammenhang mit durchaus prominenten schweren kriminellen Delikten.

Einerseits bin ich froh darüber, dass der Herr Justizminister erkannt hat, dass wir mit der Umsetzung eines europäischen Normenkomplexes bereits zwei Jahre im Verzug sind, andererseits hat Kollegin Fekter – sie ist nicht im Saal, aber vielleicht können Sie es ihr ausrichten; ich sehe sie nicht, aber vielleicht ist sie hinter dem Wimpel – den Standpunkt vertreten, wir bräuchten die Strafbarkeit der juristischen Person nicht wirklich, es würde ausreichen, dass wir das Verwaltungsstrafgesetz haben. Ich darf Ihnen sagen: Das Verwaltungsstrafgesetz ist für jene Delikte, die hier betroffen sind, die man im Strafgesetz auch hinsichtlich der juristischen Person regeln muss, völlig untauglich. Ich glaube, auch das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Wenn Sie sich wirklich dazu bekennen, Kriminalität international zu bekämpfen, dann müssen Sie das auch bei den juristischen Personen machen und nicht so, wie es Kollegin Fekter das letzte Mal mit einer Scheinaktion dargelegt hat. Ich hoffe, dass Sie das hier wirklich umsetzen werden.

Es klingt natürlich gut, wenn wir sagen, dass wir uns europäisch, international in der Kriminalitätsbekämpfung neu positionieren wollen, aber wenn ich anschaue, was wir im Inland zustande bringen, meine Damen und Herren, dann muss ich sagen: Das ist eine Katastrophe!

Herr Justizminister, Sie wissen es auch: Wir sind in Europa zum Gespött verkommen, und die kriminalpolizeiliche Reform, die bei uns umgesetzt wurde – warum Kollege Miedl hier gratuliert hat? –, wird in Expertenkreisen als die mit Abstand dümmste in ganz Europa bezeichnet. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nur die SPÖ!) Ich frage mich: Worauf ist man bei diesem Innenminister eigentlich stolz, meine Damen und Herren? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Mäßiger Applaus!)

Kollege, das sind reine Fakten, ich würde es gerne ändern, aber ich kann es leider Gottes auch nicht. Wenn ich mir die Entwicklung der Aufklärungsquote in Österreich von 1999 bis 2003 anschaue (der Redner hält eine Graphik in die Höhe), muss ich sagen: Es ist erschreckend, wie dramatisch sie sich verschlechtert, gleichzeitig aber die Kriminalität (der Redner zeigt eine weitere Graphik) enorm zunimmt. Kollege, Sie haben vollkommen Recht, da frage ich mich natürlich auch: Was rechtfertigt es, dass man Innenminister Strasser hier sagt, er habe gute Arbeit geleistet?

Wenn wir im Inland schon mehr oder weniger mit dieser „dümmsten Reform“, wie sie international genannt wird, alles verpfuschen, dann sollten wir, meine ich, zunächst einmal in aller Demut schauen, dass wir hier eine vernünftige Struktur aufbauen, um dann in der internationalen Diskussion stolz darauf hinweisen zu können, dass Öster­reich da eine glaubwürdige Position eingenommen hat und wenigstens ein Mindest­maß an Vernunft, ein Mindestmaß an Effizienz in der Bekämpfung der Kriminalität aufweisen kann. – Das ist nicht der Fall, meine Damen und Herren, und daher glaube ich, dass sich Innenminister Strasser und seine Gruppe eher schämen sollten.


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Wenn ich jetzt am Wochenende – die meisten von Ihnen werden es auch gehört haben – registriert habe, dass durch die Auflösung der Zollbehörden 83 Zöllner der Wiener Polizei zugerechnet werden – bei einem Bedarf von 300! – und sich die ehemalige salzburgerische und jetzt Wiener Vizepräsidentin der Polizei und Partei­freundin des Innenministers „bedankt“ – unter Anführungszeichen – und sagt: Wir müssen mit Mut in die Zukunft gehen!, und hier Mut als Gegenposition zur Vernunft darstellt, dann muss ich sagen: Hier müssten eigentlich die Alarmglocken läuten!

Ich darf zum Schluss kommend sagen, dass ich hoffe, dass Minister Böhmdorfer das, was er im Bereich der Steueramnestie begonnen hat, erfolgreich fortsetzt. Ich würde meinen, dass Sie, Herr Minister Böhmdorfer, vielleicht in der Bundesregierung danach trachten sollten, die Untaten von Minister Strasser, die letztlich uns allen, also den Bürgerinnen und Bürgern, auf den Kopf fallen, auf ein vernünftiges Maß einzugrenzen. Wenn das gelänge, würde ich Ihnen schon im Voraus Respekt zollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

14.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Mainoni. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


14.40

Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dieses Übereinkommen heißt Paler­mo-Übereinkommen, und zwar nicht deshalb, weil die sizilianische Metropole oftmals mit der Mafia in Verbindung gebracht wird, sondern deshalb, weil in Palermo diese internationale Tagung stattgefunden hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die organisierte Kriminalität ist überall, sie ist vor allem aber auch in Österreich, das dürfen wir nicht übersehen. Wenn wir hier zum Beispiel lesen „Kokain Vom Treibstoff der Schickeria zur Volksdroge“, wenn wir von Heroin lesen, das uns überschwemmt, was so weit geht, dass in Wiener U-Bahn-Stationen schon völlig unbeteiligte Personen angesprochen werden, ob sie nicht Suchtgift kaufen wollen, dann muss ich sagen: Das ist organisierte Kriminalität!

Woher kommen die Asylsuchenden, ob Scheinasylanten oder echte Asylwerber? Die haben sicherlich keinen Kompass, keinen Zugfahrplan und auch keine Wanderkarte. Das Schleppereiunwesen ist Teil der organisierten Kriminalität, meine Damen und Her­ren!

Der Menschenhandel, ein äußerst brutales, menschenunwürdiges und sehr einträg­liches Geschäft, von dem oft sehr junge Menschen betroffen sind – organisierte Kriminalität hier in Österreich. Gang und gäbe, tagtäglich vollzogen!

Oder, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch die Serie von Bankrauben, von denen Wien derzeit heimgesucht wird. Ich zeige Ihnen hier die Bilder. (Der Redner hält Fotos in die Höhe.) Sie werden aus den Tagesmedien ohnehin kennen, wie es aussieht, wenn Bankbedienstete von brutalen Verbrechern überfallen werden. Am 5. Mai dieses Jahres hat der 33. Banküberfall in Wien stattgefunden. Ich muss schon sagen: Das ist eine gehörige Zahl! Im gesamten vergangenen Jahr gab es in Wien 51 Banküberfälle, mit Ende April dieses Jahres waren es bereits 33. Es gibt sogar Bankbeamte, die heuer bereits zweimal überfallen worden sind. Wien ist längst nicht mehr sicher! Lassen Sie mich das auch hier sagen.

Einige dieser Banden, die hier die Banken überfallen, rekrutieren sich auch wieder aus Ausländern in organisierter Kriminalität, etwa die südamerikanische Messerbande, wie sie von den Fahndern bezeichnet wird. Organisierte Kriminalität ist in Österreich also allgegenwärtig.


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Deshalb ist die internationale Zusammenarbeit notwendiger denn je. Österreich ist in dieser Zusammenarbeit natürlich schon sehr weit, Gott sei Dank, das wissen wir. Aber vor allem auch die EU-Beitrittsländer, genauso wie die internationale Staatengemein­schaft müssen in dieser Angelegenheit und bei dieser Zusammenarbeit zur Bekämp­fung der organisierten Kriminalität endlich nachziehen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Die Uhr ist auf 7 Minuten gestellt. – Bitte.

 


14.44

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Poštovane dame i gospodo! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstverständlich hat auch die Fraktion der Grünen in der Dis­kussion im Justizausschuss diesem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenz­überschreitende Kriminalität zugestimmt. Inhaltlich war das vollkommen klar. Wir ha­ben auch größtes Verständnis dafür gehabt, dass das in sehr rascher Form in einem außerplanmäßig einberufenen Justizausschuss erledigt wurde, weil es relativ genant wäre, wenn gerade Österreich, dessen Hauptstadt Wien eine UNO-Stadt und der Sitz von UNO-Organisationen ist, Schlusslicht bei der Ratifizierung wäre, das ist ganz klar.

Was das Inhaltliche betrifft, möchte ich nichts wiederholen, was Vorredner bereits ge­sagt haben. Für mich liegt der Hauptaspekt dieses Übereinkommens bei der Frage der Geldwäsche, denn dort geht es jetzt tatsächlich um das Eingemachte. Die Frage der so genannten organisierten grenzüberschreitenden Kriminalität auf andere Bereiche bezogen will ich damit überhaupt nicht kleinreden. Ganz im Gegenteil: Das ist ernst zu nehmen, aber genau die Problematik, die Quellen ins Visier zu nehmen, wo es um den Transfer der großen Geldsummen geht, das scheint mir das Wesentliche zu sein. Das gilt für die Drogenkriminalität im selben Ausmaß wie auch für den Menschenhandel, und zwar über das eigentliche Verbrechen hinaus. Deshalb unsere Zustimmung.

Eine kurze letzte Bemerkung zur Frage der Strafbarkeit von juristischen Personen. Herr Minister – ich habe das schon mehrmals hier gesagt –, Sie sind gefordert. Sie haben das, Gott sei Dank, in die politische Diskussion gebracht und nach dem Kaprun-Urteil auch große Worte gefunden. Für die großen Taten haben Sie nicht mehr viel Zeit, denn Sie haben versprochen, dass das noch in diesem Jahr behandelt wird, jetzt ist schon Mai. Ich nehme an, Sie werden dazu auch noch Stellung nehmen.

Die Bedenken, die es bei der Ratifizierung von solchen Übereinkommen gibt, wenn es um die Fragen der Polizei, der Polizeikooperation über Grenzen hinweg, auch im Sinne von Rechtsschutz und Bürgerrechten geht, haben wir Grüne grundsätzlich immer. Das möchte ich hier betonen und auch sagen. Das Ganze wird allerdings mit Gesetzes­vorbehalt ratifiziert, und deshalb werden wir wohl Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren, wenn es notwendig ist und auch aus unserer Sicht notwendig erscheint. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.47

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon viel gesagt worden, lassen Sie mich noch ein paar Ver­bindungen herstellen.


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An diesem Übereinkommen, an dieser Selbstverpflichtung, die Österreich eingeht, ist mir unter anderem auch wichtig, dass damit Verbrechenstatbestände geahndet wer­den, die sich auf Länder beziehen, welche ich zwar nicht pauschal kriminalisieren will, aber wo ich doch in den Fokus rücken will, dass sie im Zusammenhang mit organi­sierter Kriminalität stehen, und zwar Mittelamerika, Asien, Afrika, was Drogen und andere schwere Delikte betrifft.

Wichtig ist meiner Meinung nach auch noch, dass geklärt ist, was organisierte Kri­minalität in der Gruppe heißt, nämlich ab drei oder mehr Personen. Also es muss nicht die große, viel verästelte Bande sein, sondern bereits drei Personen reichen. Ebenso wichtig ist meiner Auffassung nach, dass bereits die Verabredung im Zusammenhang mit Straftaten geahndet wird – also einerseits eine aktive Tätigkeit, aber andererseits auch schon die Verabredung. Auch das „Waschen“ von Geld – wie man so schön sagt – aus Erträgen aus Straftaten wird kriminalisiert. Das ist ganz wichtig, auch wenn wir da kulturell eigentlich Common Sense haben, dass es so ist, aber diese aus­drückliche gemeinsame Selbstverpflichtung scheint mir ganz wichtig zu sein, ebenso wie die Verfolgung von Korruption und die Notwendigkeit der Abschreckung deutlich angesprochen sind.

Auf einen Punkt möchte ich noch hinaus, der mit der Tagesordnung, mit der heutigen Diskussion und der heutigen Debatte zu tun hat, die wir vorhin geführt haben und wozu sich unser Bundeskanzler, Regierungsmitglieder und prominente Vertreter des Hohen Hauses geäußert haben, nämlich: Was bedeutet diese Zusammenarbeitsverpflichtung für das neue Europa, für den Anspruch, der auch im Übereinkommen steht, Rechtshilfe zu leisten und noch stärker zusammenzuarbeiten.

Wenn man die Ereignisse der letzten Wochen und Monate ein wenig verfolgt hat und die Ambitionen unseres Innenministers und gesehen hat, wie sehr er sich in der Welt umsieht, wie sehr er mit amerikanischen Verbrechensbekämpfungsexperten kooperiert und Wissen austauscht, dann konnte man erkennen, dass wir im Zusammenhang mit der Erweiterung Europas einerseits eine große Idee pflegen, eine große Idee ver­wirklichen, aber auch der Wahrheit, die mit der Vergrößerung einhergeht, ins Auge schauen müssen. Ich bin sehr froh darüber, dass Bundesminister Strasser in dieser Hinsicht, natürlich auch mit Unterstützung des Justizministers – ich bin kein Experte im Kommentieren der originären Justizagenda und Justizpolitik –, Anerkennung, Hochach­tung und Respekt bei den Experten in der ganzen Welt erntet.

Bundesminister Strasser macht damit aufmerksam, dass sich Europa auch – worauf der Bundeskanzler hingewiesen hat – mit „provinziellen“, mit so genannten kleinen Fra­gen beschäftigen muss – auf der einen Seite die große Idee, und auf der anderen Seite das Leben im Vollziehen der kleinen Aufgaben. Das wird sicher in diesem geeinten Europa noch stärker auf uns zukommen. Der Bundeskanzler, ja die gesamte Bun­desregierung versuchen, konkrete Antworten darauf zu finden.

Zum Beispiel Sicherheit in einer Hand in Österreich – aus der Hand des Justiz­minis­ters, des Finanzministers, des Innenministers – gebündelt im Wesentlichen bei Minister Strasser. Das heißt Kriminalitätsbekämpfung, so wie sie jetzt schon möglich ist. Ich muss Herrn Kollegen Jarolim aufklären und ihm sagen: Die Kriminalitäts­aufklä­rungs­rate ist gestiegen, die Kriminalitätsaufklärungsrate ist verbessert worden (Abg. Mag. Molterer: Das nützt nichts beim Jarolim, er lässt sich nicht aufklären!) – er lässt sich nicht aufklären; auch Verweigerung ist eine Haltung –, aber die Wahrheit ist die: Der Herr Minister wird mit seinem Bericht demnächst an die Öffentlichkeit gehen und damit auch die letzten Zweifler überzeugen.

Auch eine Aufklärung in Richtung Wien – es ist angesprochen worden, dass nur mit 83 zusätzlichen Zöllnern zu rechnen ist, obwohl wir viel mehr brauchen würden –: Ich


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erzähle kein Geheimnis, bringe es aber gerne in Erinnerung: Weitere 80 Mitarbeiter für die Wiener Polizei sind zugesagt, und der Stand wird überprüft – angesichts der Erfor­dernisse, angesichts auch des Fortschreitens der Aufklärung der Kriminalitätsfälle. Es wird an uns liegen, gemeinsam hier im Hohen Haus auch noch Überzeugungsarbeit zu leisten, dass es vielleicht da oder dort noch mehr Personal braucht.

Alle Bundesländer werden sich anstrengen müssen, aber ich bin sehr froh darüber, dass wir einerseits heute ein erweitertes vereintes Europa begrüßt haben, aber mit dem Justizkapitel eigentlich auch sagen, um welche Schattenseiten, um welche grauen Seiten dieses gemeinsamen größeren Kontinents wir uns auch zu kümmern haben.

Europa ist gut unterwegs. Österreich stimmt diesem Übereinkommen selbstver­ständ­lich zu, und ich bin sehr froh, dass wir damit einem sicheren Europa ein Stückchen näher gekommen sind. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

14.52

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


14.52

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Bewältigung der organisierten grenzüberschrei­tenden Kriminalität scheint mir ein Punkt besonders wichtig zu sein, das ist der Menschenhandel, der laut UNICEF im Zuge der EU-Erweiterung noch zunehmen wird.

Das UN-Kinderhilfswerk schätzt, dass mit der EU-Erweiterung kriminelle Händlerringe verstärkt Möglichkeiten, Schlupflöcher finden werden, um Menschen aus Ost-, Süd­osteuropa in den europäischen Raum verkaufen, verschleppen zu können. Laut UNICEF werden jetzt schon pro Jahr 120 000 Kinder und Frauen vor allem in die EU-Staaten verkauft, und viele werden auf brutalste Weise hier zur Prostitution gezwun­gen. 90 Prozent der Frauen, die als Prostituierte arbeiten, sind Opfer von Men­schenhandel. 99,7 Prozent aller Opfer des Menschenhandels sind Frauen. Das heißt, Menschenhandel ist Frauenhandel, und Österreich ist auf Grund seiner zentralen geographischen Lage auch sehr stark davon betroffen.

Das Geschäft mit der Not der Frauen ist für die Täter sehr lukrativ. Es werden dabei weltweit jährlich sehr hohe Gewinne erzielt: rund 12 Milliarden Dollar. Das ist das drittgrößte kriminelle Geschäft weltweit.

Dieses lukrative Geschäft des Menschenhandels muss auch in einem größeren Zu­sammenhang gesehen werden. Der Versuch, dieses Problem in den Griff zu be­kommen, ist bisher eigentlich weitgehend zahnlos geblieben, denn die genannten Zahlen bestätigen ja, dass das sehr schwierig und nicht gut gelungen ist. Daher ist mir der Schutz der Opfer besonders wichtig. Die Opfer sind oft in dreifacher Form benach­teiligt, nämlich: weil sie Frauen sind, weil sie Migrantinnen sind und weil sie sehr oft Prostituierte sind.

Im österreichischen Strafrecht ist zwar eine verschärfte Bestimmung für Frauenhandel vorgesehen, die wichtigste Voraussetzung in diesem Zusammenhang, die nämlich zur Aufdeckung und Verfolgung von Frauenhändlern fehlt, ist allerdings der ZeugInnen­schutz. Sehr oft zahlen die Opfer von Frauenhändlern drauf, weil eben dieser ZeugIn­nenschutz nicht vorhanden ist, und Nutznießer davon sind die Täter.

Das heißt ganz konkret: Dieser Aufenthalt aus humanitären Gründen, der zwar per Erlass geregelt ist, sollte in eine gesetzliche Bestimmung mit Rechtsanspruch umge­wandelt werden.


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Insgesamt scheinen mir zwei Dinge besonders wichtig zu sein, um dieses Problem in den Griff zu bekommen: das Zeugenschutzprogramm für aussagebereite Opfer zu erstellen – sehr umfassend zu erstellen! – und zweitens – noch einmal – die inter­nationale Zusammenarbeit einzufordern. Daher ist es meiner Meinung nach auch sehr wichtig, wann und wo die vorgesehene Konferenz stattfinden soll. Diese soll ja bis zum Herbst dieses Jahres hier in Wien stattfinden. Im Ausschuss wurde mir diese Frage nicht beantwortet. Ich denke aber, dies ist sehr wichtig im Sinne dieser Opfer, denn diese sind darauf angewiesen und für die ist es von großer Bedeutung, dass diese Konferenz auch stattfindet. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.56

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.57

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ja eine Tatsache, dass die organisierte Kriminalität eine grenzüberschrei­tende ist, und auch, dass sie explodiert. Dazu gehören Frauenhandel, Waffenhandel – das haben wir alles schon heute gehört –, auch Drogenhandel. Die explodierenden Häftlingszahlen, unter denen der Herr Minister leidet, sind ja auch ein beredtes Zeugnis dafür, wie sich dieser Kriminalitätszweig entwickelt hat.

Wir kommen mit unseren Methoden, die wir bisher hatten, in der Verfolgung von Krimi­nellen und insbesondere von Mitgliedern organisierter Banden nicht weiter. Deshalb ist es eben dringend notwendig, flexibel zu reagieren, und nicht so wie bisher. Bei­spielsweise: Die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens, das heute gestellt wird – auch in Ländern mit einer hoch entwickelten Rechtsordnung –, dauert oft ein Jahr oder zwei Jahre, und oft wird es überhaupt nicht erledigt – also es ist eine absolut unbefrie­digende Situation.

Deshalb begrüßen auch wir dieses Übereinkommen, wobei man schon sagen muss: Österreich hat es ja schon fast zur Gänze umgesetzt, wie auch schon erwähnt worden ist. Unsere Gerichte, unsere Behörden arbeiten schon im Sinne dieses Überein­kommens.

Aber wir müssen uns schon im Klaren sein, dass sich insbesondere unter den neuen EU-Beitrittsstaaten viele oder etliche Länder befinden, die noch nicht ein so hoch entwickeltes rechtsstaatliches Denken haben, sodass dort auch der Behördenapparat korrupt und bestechlich ist. Deshalb ist es ganz besonders wichtig, dass sich in diesem Übereinkommen auch die Mitgliedstaaten – und dazu gehören auch die Beitritts­staaten, die neuen Beitrittsländer – verpflichten mussten oder verpflichtet haben, die Korruption auch im staatlichen Bereich bei ihren eigenen Behörden zu bekämpfen.

Ich habe daher große Hoffnung, dass in den nächsten Jahren eben auch im Ge­samtbereich der EU ein Raum geschaffen wird, wo man darauf vertrauen kann, dass der Beamte sich nur an das Gesetz hält, dass er frei von Bestechungs... – nicht Be­stechungsvorwürfen, denn die Vorwürfe kann es ja nach wie vor geben –, dass er sich nicht bestechen lässt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Folgendes ist in diesem Übereinkommen auch noch sehr wichtig, nämlich: dass die Souveränität der einzelnen Staaten nicht beschnitten wird. Das heißt, es darf bei der Vollziehung dieses Übereinkommens nicht direkt in die Sphäre der einzelnen Staaten eingegriffen werden, sondern es werden nur die Bedingungen dafür geschaffen, dass alles schneller, flexibler und so weiter geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Gerade im


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Strafrechtsbereich haben wir immer die Meinung vertreten, dass da die Souveränität auf alle Fälle in größtmöglichem Ausmaß gelten muss.

Jetzt komme ich, Herr Abgeordneter Jarolim, zu Ihren wirklich grässlichen Vorwürfen, wo Sie meinten: dümmste Kriminalreform; wir müssen uns schämen; Österreich ist zum Gespött geworden; die Untaten des Innenministers; erst dann werden wir stolz auf ein internationales Übereinkommen sein, wenn wir in Österreich die Kriminalität ent­scheidend gesenkt haben.

Ich verstehe das überhaupt nicht: Jedes Kind in Österreich weiß bereits, dass diese Kriminalität, die wir jetzt haben, nicht eine hausgemachte Kriminalität ist, sondern dass sie importiert ist, Herr Abgeordneter Jarolim! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Schauen Sie sich die Statistik an!)

Es ist nicht so, dass Österreich wegen seiner hohen Kriminalität im Ausland zum Ge­spött gemacht wird, sondern ganz im Gegenteil: Viele Länder schauen neidisch nach Österreich, weil die Kriminalitätsrate, die wir haben, im Verhältnis zu anderen Ländern immer noch gering ist. (Abg. Dr. Jarolim: Auf den Minister schaut niemand neidisch!)

Mir ist die Kriminalität auch zu hoch, aber wir haben uns ja nicht abgeschottet – und gerade Sie sind ja immer ein Gegner des Abschottens –, und deshalb können wir uns auch gegen die Kriminellen nicht abschotten.

Herr Abgeordneter, lassen Sie die Kirche im Dorf, und machen Sie Österreich nicht schlechter, als es ist! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.01

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist auf 5 Minuten eingestellt. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Ich hoffe, dass Kollege Öllin­ger das jetzt wieder richtig stellen kann! – Ironische Heiterkeit bei den Freiheit­lichen.)

 


15.01

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Es fällt wirklich etwas schwer, an die Ausführungen von Frau Abgeordneter Partik-Pablé anzuknüpfen, und zwar deshalb, weil ich nicht der Meinung bin, dass man schon an der Hautfarbe Kriminalität oder Gewalttätigkeit erkennen kann, Frau Abgeordnete Pablé. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Gerede von „importierter Kriminalität“ ist doch Humbug! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schauen Sie sich die Statistik an!) Die Kriminalität wird wenn dann hier im Lande gemacht – egal, ob von In- oder Ausländern! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie doch einmal, wie die Häftlingszahlen sind!) Wir haben schon x-mal die Debatte über Drogendelikte gehabt, aber, Entschuldigung, ich wollte eigentlich zum Thema sprechen. Ich finde es etwas müßig, dass Sie diese Debatte, in der es um den Vollzug eines internationalen Abkommens geht und auch um die Säumnis, die Österreich in diesem Bereich in den letzten Jahren aufgewiesen hat, zum Anlass nehmen, um über Unsicherheit auf Wiens Straßen zu reden. Dafür ist noch immer der Innenminister zuständig, aber sicher nicht die UNO und auch sicher nicht sonst eine internationale Behörde, werte Frau Abgeordnete Pablé! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich horche Ihnen gar nicht zu, weil Sie eine einseitige Betrachtungsweise haben!)

Zum Thema. Ich habe dem Herrn Justizminister in der eigentlichen Causa, die hier verhandelt wird, Frau Abgeordnete Pablé, überhaupt nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil: Es ist einer der wenigen Punkte, Herr Bundesminister Böhmdorfer, wo ich durchaus der Meinung bin, dass Sie Ihre Sache, auch in der Beantwortung parlamentarischer Anfragen, die ich in dieser Causa schon vor einem Jahr an Sie gerichtet habe, sehr seriös gemacht haben. Tatsache ist – und das wissen Sie, Herr Bundesminister –,


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dass Österreich im Unterschied zu manchen Sonntagsreden, in denen so getan wird, als ob nur irgendwelche anderen Länder hier säumig gewesen wären, säumig war. Das ist nicht Ihre Schuld, sondern das lag und liegt noch immer an der mangelnden Sensibilität des Gesetzgebers selbst in diesem Bereich. Sie wissen, Herr Bundes­minister, wovon ich spreche: Nach wie vor ist es so, dass inländische Parlamentarier strafrechtlich gesehen im Bereich der Korruption besser gestellt sind als andere Perso­nengruppen.

Das war ja auch der Punkt, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, da sollten Sie aufpassen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein, ich horche Ihnen gar nicht zu!), wo Sie als Vertreterin einer Regierungspartei Ihre Außenministerin eigentlich hätten rügen müssen. Denn es war die Frau Außenministerin, die im Vorjahr – das habe ich auch nur durch Zufall dem „Spiegel“ entnommen – gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland, mit der Sie sich ja sonst immer eher messen oder konkurrieren, einen Vorbehalt angebracht hat bei der UNO-Konvention gegen Korruption, und zwar im Hinblick auf die Strafbarkeit von Parlamentariern.

Hört, hört, habe ich mir gedacht, was ist da los? Alle anderen, nicht nur europäischen, sondern alle Länder dieser Welt sagen: Wenn wir eine Konvention gegen Korruption machen, dann müssen natürlich auch Parlamentarier, so wie alle anderen juristischen beziehungsweise politischen Rechtsträger, einbezogen werden! – und Österreich bringt gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland einen Vorbehalt an. Der Unter­schied zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland war, dass die deut­sche Bundesregierung sofort, nachdem das ein kleines öffentliches Thema geworden war, ihren Vorbehalt zurückgezogen hat und Österreich dafür etwas länger gebraucht hat.

Diesen Umstand, dass Österreich diesen Vorbehalt nicht so leicht zurückziehen wollte, erkläre ich mir damit, meine sehr geehrten Damen und Herren – Herr Abgeordneter Scheibner, Sie werden mir sicher zustimmen –, dass in Bezug auf Korruption im politischen Bereich, wie wir aus der Debatte im vorigen Jahr wissen, die Sensibilität in Österreich noch etwas unterentwickelt ist. Während andere Länder, Herr Bundes­minister, wie etwa die Schweiz und auch andere europäische Länder oder auch die USA, das Anfüttern ohne Gegenleistung bereits unter Strafandrohung stellen, fehlt dieser Tatbestand in Österreich.

Es geht nicht nur darum, dass wir hier einem internationalen Abkommen zustimmen, sondern ich möchte es schon in Ihre Hände legen, weil ich in diesem Bereich von Ihrer Seite durchaus eine bestimmte Sensibilität sehe, Herr Bundesminister, dass Sie als verantwortlicher Bundesminister dafür sorgen, was Maßnahmen gegen Korruption durch politisch Verantwortliche, egal, ob Mandatare, Minister, betrifft, dass Österreich in diesem Bereich nicht länger säumig bleibt, sondern jetzt endlich hier internationalen Standard erreicht. (Beifall bei den Grünen.)

15.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


15.07

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Hohes Haus! Die globale, international organisierte Kriminalität ist eine neue Form, deren Bekämpfung unsere besondere Aufmerksamkeit gelten muss. Um in Zukunft kriminelle Handlungen effektiv bekämpfen zu können, bedarf es nicht immer nur einem Mehr an Geld und an Beamten, sondern vor allem auch einer Adaptierung von Gesetzen, und das geschieht mit dieser Ratifizierung.


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Damit werden Begriffe vereinheitlicht, internationalisiert. Nunmehr verstehen die ver­schiedenen Staaten unter den verschiedenen Begriffen dasselbe, und das ist gut so. Ich als Grenzreferent, der ich von Oberösterreich zu Niederbayern und zu Südböhmen blicke, bin über eine solche Vereinheitlichung von Begriffen und eine solche inter­nationale Zusammenarbeit froh, speziell für ein Land, welches so zentral zwischen dem nun schon alten Europa der 15 und dem neuen der 25 liegt. Auf Grund dieser geographischen und strategisch günstigen Lage spielt auch die organisierte Kriminalität in Österreich eine gewisse Rolle. – So viel zu dieser Ratifizierung.

Nun aber zum Kollegen Jarolim. Das leidige Thema Kriminalstatistik ist in Wahrheit zum Spielball der Politik verkommen. Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten fünf oder sechs Jahren derartig verändert, unsere Zeit ist so schnelllebig ge­worden und unsere Welt so global und so grenzenlos. Die Kriminalitätslage hat sich daher wesentlich verändert, ohne unser Zutun. Statistiken von heute und von 1999 sind auf Grund dieser veränderten Verhältnisse wie auch auf Grund veränderter Statisierungen nicht mehr miteinander 1 : 1 vergleichbar. Und das sollte auch endlich einmal Kollege Jarolim zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der ÖVP.)

Außerdem ist beispielsweise in Wien die Trendwende geschafft. Die neu strukturierte Kripo in Wien unter Kollegen Horngacher arbeitet hervorragend: plus 0,73 Prozent Auf-klärungsquote – für diesen urbanen Bereich, für diese urbane Sicherheitslage hervorra­gende Zahlen!

Abschließend noch zur Polizeireform unseres Ministers Strasser. Strasser leistet hier das, was alle Vorgänger Ihrer Partei verabsäumt haben, nämlich gute Arbeit! Die Po­lizei in Bayern – als Grenzreferent in Oberösterreich weiß ich darüber Bescheid – reformiert genauso wie wir: Die Bayern übernehmen den dreistufigen Polizeiaufbau, der in Österreich Geltung hat, und teilweise die Reformen unseres Ernst Strasser.

Internationale Zusammenarbeit kombiniert mit innerstaatlichen Maßnahmen garantiert auch in Zukunft Sicherheit für die Österreicherinnen und Österreicher, und so bleibt Österreich auch weiterhin das sicherste Land der Welt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.09

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte, Herr Kollege.

 


15.10

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen wichtig und notwendig, und wir werden der Ratifizierung auch zustimmen, aber ge­statten Sie mir doch auf Grund von einigen Wortmeldungen ein paar Klarstellungen.

Wenn mein Vorredner gemeint hat, Österreich ist das sicherste Land: Jawohl, lieber Kollege, aber dank der erstklassigen Arbeit und des Engagements der österreichischen Exekutivbeamten – und nicht eurer Politik! Nur um das klarzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klubobmann! Es nützt nichts, die Zahlen werden nicht besser! Und es nützt auch nichts, wenn wir glauben, nur durch einen Formalakt werden die Probleme auf den einzelnen nationalen Ebenen gelöst. Das sind sie nicht! Sie werden mit Ihrer Reform – die haben nicht wir angesprochen, die haben Sie ins Spiel gebracht – viele Kolleginnen und Kollegen mehr als verunsichern und ihnen Zukunfts- und Karrierechancen nehmen. Sie werden weniger verdienen. Ich bin schon gespannt auf die Diskussion, die in Bälde auch in Ihren Reihen vehement zu führen sein wird.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur darauf hinweisen, und ich habe es bereits oft hier von diesem Rednerpult aus gesagt: Die öffentlich Bediensteten und vor allem auch die österreichischen Exekutivbeamten dürfen nicht zum Spielball der Politik werden und dürfen nicht immer nur herhalten zum Einsparen, zum Einsparen und zum Einsparen! Die innere Sicherheit ist nicht trennbar von der Justiz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schauen wir uns doch einmal die Situation im österreichischen Strafvollzug an – es wurde heute schon angesprochen! Am 1. Mai hat Europa gefeiert, zehn neue Länder sind der Europäischen Union beigetreten: 8 276 Insassen in Österreichs Justizanstalten, allein in der Justizanstalt Wien-Josefstadt 1 216. – Herr Minister! Wir wissen es, hier ist mehr als Handlungsbedarf gegeben. Ich hoffe, Sie erhalten die notwendige Unterstützung aus den Reihen der Bundesregierung. Ich glaube, im Interesse der Öffentlichkeit, aber auch im Interesse der Insassen und des Personals, im Interesse aller ist es längst überfällig, dass wir einige Neuadaptionen vornehmen, Neubauten realisieren und vor allem zusätzliches Personal bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Kollege Jarolim hat gemeint, dass das inter­national belächelt wird, zwei Vorredner haben das aus dem Zusammenhang gerissen. Das hat nicht er behauptet, sondern das wird international belächelt. Ich lade Sie ein, nachzusehen, was international anerkannte Experten diesbezüglich zum Ausdruck gebracht haben. Der kriminalpolizeiliche Dienst wird immer mehr spezialisiert, und immer mehr probiert man, auch auf internationaler Ebene, diese Spezialausbildung weiterzuentwickeln, anstatt die verschiedenen Bereiche in einen Exekutivkörper zusammenzuführen. Liebe Freunde, nur so viel zu diesem Redebeitrag. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Kürzungen im Sicherheitsbereich, mit Kürzungen im Bildungsbereich, mit Kürzungen im Sozialbereich werden wir all diese so wichtigen Fragen der Bürgerinnen und Bürger nicht lösen können. Eine der wesent­lichen Ursachen überhaupt für die Entstehung der Kriminalität sind Not, Elend, Arbeits­losigkeit, und ich glaube, hier könnten wir ebenfalls gemeinsam einen sehr wichtigen Beitrag leisten: Investieren wir in die Zukunft, im Interesse unserer Kinder und Kin­deskinder! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Böhm­dorfer. – Bitte, Herr Minister.

 


15.14

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich zunächst be­dan­ken für das allgemeine Bekenntnis zur Bekämpfung des Terrorismus in der von uns vorgeschlagenen und von Ihnen unterstützten Form. Es ist dies zwar ein selbst­verständliches Bekenntnis, aber es ist, glaube ich, gut und richtig, das auch mehrfach abzugeben, insbesondere aus Anlass einer solchen Diskussion. Es haben dies ins­besondere die Abgeordneten Miedl und Mainoni getan, natürlich die anderen Redner auch, aber es wurde zu Recht auch darauf hingewiesen, dass dazu auch die Be­kämpfung der Terrorismusfinanzierung und auch anderer Formen der Kriminalität wie Schlepperei, Kindesmissbrauch und Drogenhandel gehört.

Es tut gut zu hören, dass wir uns hier auf dem richtigen Weg befinden. Das motiviert auch unsere Beamten. Und ich glaube, das ist auch für Sie wichtig, dass Sie im Justiz­ministerium einen guten und motivierten Partner haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Ich bedanke mich zunächst auch für die Feststellung des Abgeordneten Jarolim, dass das Abkommen inhaltlich nahezu zur Gänze umgesetzt ist, muss aber doch erwähnen, dass die Bemängelung der Verkürzung der Verjährungsfristen nicht in diese Debatte gehört, weil es kein Justizthema betrifft. (Abg. Dr. Jarolim: Ich wollte nur einen Hoff­nungs­schimmer zum Ausdruck bringen!) Ich darf schon sagen, die Verjährungsfristen im Finanzstrafgesetz werden nicht gekürzt, und sie in der BAO zu kürzen ist bei weitem nicht so frevelhaft, wie Sie das dargestellt haben, sondern an sich bei einem effizienten Apparat gar kein Problem. Das möchte ich ausdrücklich sagen: Im Justiz­bereich werden keine Verjährungsfristen gekürzt.

Was die Strafbarkeit der juristischen Personen anbelangt, ist festzustellen, dass wir auf dem angekündigten Weg sind, Frau Abgeordnete Stoisits. Wir werden diese Materie heuer noch ins Plenum bringen, wir stehen unmittelbar vor der Begutachtung. Man muss aber doch eines zugeben oder konzedieren: Das ist ein riesiger Schritt für die österreichische Wirtschaft. Das ist ein Schritt, den die österreichische Wissenschaft und die österreichische Wirtschaft vor einigen Jahren für den österreichischen straf­rechtlichen Rechtsbereich nicht für möglich gehalten haben, und deshalb bitte ich zuzugestehen, dass hier besonders genau und sorgfältig überlegt und gearbeitet wird.

Ich bedanke mich auch für die Feststellung, dass in Österreich die Kriminalitäts­aufklärungsquote steigt. Das ist richtig, und das freut uns natürlich als Staatsbürger und als Abgeordnete, nehme ich an, und natürlich freut es auch die Regierungsebene. Man muss aber eines der Korrektheit halber hinzufügen, und ich danke dem Herrn Ab­ge­ordneten Pendl für seine klaren Worte: Es hat alles seinen Preis. Der Innen­minister hat, worüber ich mich persönlich sehr freue und was ich auch unterstütze, 1 180 Plan­stellen dazubekommen, um diese Verbesserung bei der Aufklärungsquote auch zu schaffen. Und ich höre heute von der Frau Abgeordneten Dr. Brinek, dass weitere 80 Abgeordnete ihm in Zukunft zur Verfügung stehen werden. Das ist gut so, ist notwendig und wird auch dadurch gerechtfertigt, dass sich die Aufklärungsquote ver­bessert.

Ich muss aber sagen, dass wir für den Justizbereich, insbesondere für den Strafvoll­zug, auch eine Personalverstärkung benötigen, und ich nehme insbesondere auf Grund der Äußerung der Frau Abgeordneten Brinek ab heute mit gestärkter Hoffnung an, dass ich auch aus dem Klub der ÖVP die Unterstützung dafür bekomme, dass wir in adäquater Weise, so wie das für den Herrn Innenminister geschieht, auch im Justiz­bereich unterstützt werden. Ich halte das für richtig und logisch. (Beifall bei den Frei­heitlichen, bei Abgeordneten der ÖVP und der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Da stehen wir hinter Ihnen!)

Herr Abgeordneter Öllinger, es ist tatsächlich so, wir können uns nicht über die Tat­sache hinwegschwindeln, dass wir sehr wohl eine importierte Kriminalität haben. Wir haben in Österreich stabil 5 200 Inländer, österreichische Staatsbürger in Haft, und die steigende Zahl, die vom Herrn Abgeordneten Pendl genannt wurde und die richtig ist, geht ausschließlich auf ausländische Kriminelle zurück. Das ist nun einmal eine Tat­sache. Wir haben auch das Problem, dass wir vor allem im U-Haftbereich, im Bereich der Untersuchungshäftlinge, diese steigende Zahl haben, weil es eine Logik hat, dass jemand, der in Österreich keinen Wohnsitz hat, naturgemäß auch mehr dem Verdacht der Fluchtgefahr ausgesetzt ist als jemand, der im Inland seinen Wohnsitz hat.

Wir müssen uns bemühen, die U-Haftzeiten zu verkürzen. Das ist selbstverständlich, und dem entspricht auch unser Bemühen. Aber im Ergebnis haben wir eine wirklich sehr schwierige, kaum mehr zu bewältigende Situation. Wir haben im Bereich der Ju­gendlichen einen Ausländeranteil von bereits 90 Prozent, Herr Abgeordneter Öllinger – 90 Prozent bei den Jugendlichen! –, und in manchen anderen Haftanstalten, also im Bereich der Untersuchungshaft, insbesondere in Wiener Neustadt und natürlich auch in


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Wien, einen Ausländeranteil bei den Untersuchungshäftlingen von ebenfalls 90 Pro­zent. (Abg. Mag. Posch: Was schließen Sie daraus?)

Ich schließe daraus, dass in diesem Bereich unsere besondere Sorge anzusetzen hat und dass wir auch im Bereich der EU darauf aufmerksam machen müssen, denn bald sind alle jene Länder, von denen diese Kriminalität kommt, Mitglieder der EU, spätes­tens ab 2007 oder 2008. Wir müssen im Bereich der EU ein Problembewusstsein dafür schaffen, dass es nicht sein kann, dass in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes zwischen den Mitgliedsstaaten jeweils Häftlinge aus den Mitgliedsstaaten vollzogen werden. Das geht in Zukunft nicht, und hier betreiben wir auch im Rahmen der EU Bewusstseins- und Problembewusstseinsbildung. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Puswald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Puswald –: Der künftige Justizminister der SPÖ! – Abg. Dr. Puswald: Bitte keine Vorschusslor­beeren! – Abg. Scheibner: Im Burgenland!)

 


15.21

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kollegenschaft! Das Vorschusslob des Kollegen Scheuch wäre ehrend, wäre nicht der Herr Justizminister hier. Es wäre daher ungebührend. – Aber zurück zum Gegenstand dieser Debatte. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Prä­sident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wir diskutieren ein Übereinkommen der Vereinten Nationen über die grenzüberschrei­tende organisierte Kriminalität. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zauberlehrling!) Es wurde mehrfach klar gesagt, dass alle Parteien und natürlich auch die Sozialdemokraten dieses Übereinkommen nicht nur unterstützen, sondern auch begrüßen. Es gibt daher auch einen einstimmigen Beschluss des Justizausschusses. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zauberlehrling!) – Der Kollege macht mich nervös. (Abg. Mag. Molterer: Wer? – Abg. Scheibner: Geh, das gibt’s ja gar nicht!) Doch, das gibt’s! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Meine Damen und Herren! Mit der Ratifikation dieses Übereinkommens übernimmt Österreich weltweite Standards in der Bekämpfung des organisierten Verbrechens – auch das wurde bereits mehrfach gesagt –, bei der Definition des Menschenhandels und der Schlepperei sowie in der internationalen Zusammenarbeit bei der Verfolgung dieser Delikte. Das Übereinkommen verpflichtet die Staaten dazu, ihre gesetzlichen Vorschriften im Kampf gegen länderübergreifend tätige kriminelle Organisationen an­zupassen. Das ist gut so und kann auch nicht ausreichend genug unterstützt werden.

Aber wir müssen gleichzeitig sehen, dass wir hier eine Problematik nicht außer Acht lassen dürfen, wie sie sich zum Beispiel in Guantanamo darstellt, wo sich die Ameri­kaner – wie auch im Irak und in Afghanistan – jenseits der Grenzen des Rechtsstaates betätigen. Wie auch immer man zu den Verhältnissen im Irak, in Afghanistan und zum internationalen Terrorismus stehen mag, sosehr dieser zu bekämpfen ist und sosehr die Verhältnisse dort nicht wünschenswert sind, so sehr muss man aber auch darauf achten und es gerade im Zusammenhang mit solchen Übereinkommen diskutieren, dass solche Übereinkommen niemals dazu führen dürfen, dass sich die beteiligten Staaten außerhalb rechtsstaatlicher Prinzipien stellen und dass rechtsstaatliche Prinzi­pien nicht nur nicht beachtet, sondern mit Füßen getreten werden – im wahrsten Sinn des Wortes, wie dies Fotos der internationalen Presse der letzten Tage leider ein­drucksvoll bestätigt haben.


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Gerade solche Übereinkommen wie dieses und die Debatten darüber müssen auch zum Inhalt haben die ernsthaften Bemühungen aller beteiligten Länder, solchen Umtrieben, die den Rechtsstaat in Frage stellen und sich über ihn hinwegsetzen, eindrücklich und nachdrücklich Einhalt zu gebieten und für die Zukunft vorzusorgen, dass sich solche Ereignisse nicht wiederholen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn im Gegenzug zu derartigen Bemühungen mit dem vorliegenden Gesetzeswerk dazu beigetragen werden soll, dass die organisierte Kriminalität, die in vielen Ländern grenzübergreifend tätig ist, effizienter verfolgt werden kann, so darf dies andererseits aber nicht dazu führen, dass wir polizeistaatliche Strukturen erkennen müssen. Hier sehe ich in Österreich vor allem angesichts der Tätigkeit des Herrn Innenministers Ansätze, die man ebenfalls rechtzeitig erkennen und an ihrer Wurzel bekämpfen muss. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Beim Zahnarzt auch!) Es ist wichtig – wie beim Zahnarzt –, rechtzeitig auf den Zahn zu fühlen, rechtzeitig die schwarzen Lücken zu erkennen, die sich im Rechtsstaat auftun könnten, und rechtzeitig den Bemühungen des Herrn Justiz­ministers einen Riegel vorzuschieben, die dazu führen, dass sich der Bürger in unserem demokratischen Rechtsstaat zunehmend unwohl zu fühlen beginnt. (Abg. Scheibner: Aber nur, wenn die Kriminellen frei herumlaufen!)

Auch Sie, Herr Kollege – wenn Sie jetzt den Saal verlassen und das mit einer abwer­tenden Handbewegung tun (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber nur, weil ...!) –, mögen daran denken, dass genau das, was immer mehr Bürger als negativ empfinden, niemals Platz greifen darf, auch nicht im Lichte eines solchen Übereinkommens. (Abg. Scheibner: In Kärnten sind die Leute recht zufrieden!) Wir wollen keinen gläsernen Menschen, wir wollen keinen Überwachungsstaat, wo jeder x-beliebige Politiker und erst recht ein Minister auf einen Knopf drückt oder eine Chipkarte zur Hand nimmt, irgendwo durch­zieht und in Sekundenschnelle irgendwelche Daten abrufen kann. Auch solchen Ten­denzen ist rechtzeitig eine Absage zu erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine letzte Anmerkung möchte ich noch machen. Ich weiß, dass es in diesem Hause Usus ist, dass man in vorauseilendem Gehorsam Gesetze beschließt, ehe man noch die dazugehörigen Übereinkommen ratifiziert, so wie das auch hier der Fall ist. Wir haben ja schon mehrfach an diesem Tage gehört, dass die dazugehörigen Gesetze in Österreich bereits beschlossen wurden. Ich meine, auch hier sollte man eine gewisse Rechtsstaatlichkeit wahren, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und in Zukunft zuerst Übereinkommen ratifizieren und dann erst an die Gesetzeswerke herangehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.26

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich möchte hier in erster Linie auf den Frauenhandel Bezug nehmen, ein besonders grausames Verbrechen, das in den letzten Jahren Besorgnis erregende Ausmaße angenommen hat. Der Frauenhandel umfasst sowohl die sexuelle Aus­beutung als auch die Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft unter sklaverei­ähn­lichen Bedingungen.

Ein Grund für die erschreckende Zunahme ist unter anderem die zunehmende Armut von Frauen in den Ländern des Südens und des Ostens. Die Frauen werden von Menschenhändlern angelockt, um die eigene Existenz und die ihrer Angehörigen zu sichern. Internationalen Schätzungen zufolge verschleppen Menschenhändlerringe über eine halbe Million Frauen und Kinder über internationale Grenzen. Kriminelle


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Organisationen verdienen unglaubliche Summen mit Frauenhandel, der Gewinn ist in der Zwischenzeit höher als beim Drogenhandel.

Das Übereinkommen, dem wir alle heute unsere Zustimmung erteilen, ist sehr not­wendig und ist zu begrüßen. Aber so wichtig die Entwicklung von Maßnahmen zur Strafverfolgung und die Zusammenarbeit der einzelnen Länder im Bereich der Justiz auch ist, die Prävention und der Opferschutz dürfen auf keinen Fall außer Acht ge­lassen werden. Der Schutz der betroffenen Frauen und Kinder muss das zentrale Anliegen für Regierungen und Verantwortliche sein. Der Schwerpunkt für Regierun­gen – gleichgültig, ob in Österreich, in der EU oder außerhalb – liegt anscheinend auf der Bekämpfung von Kriminalität, der Opferschutz wird leider nur zögerlich betrieben. Das ist sehr schade, ich denke, dass wir viel mehr Augenmerk darauf legen sollten.

Es müssen vor allem die Hilfseinrichtungen, die in direkter Arbeit mit den Opfern von Frauenhandel tätig sind, wie etwa LEFÖ in Wien, unterstützt werden. Leider ist es aber so, dass die Opferschutzeinrichtungen generell in den letzten Jahren unter der kleinen blau-schwarzen Koalition ständig mit Kürzungen ihrer Subventionen konfrontiert sind und finanziell und personell ums Überleben kämpfen. Bundesminister Böhmdorfer wird nicht müde, die Arbeit dieser Organisationen ständig abzuqualifizieren, und baut eigene, teure Parallelstrukturen auf. Die Frauenministerin, deren Stimme ich auch in diesem Fall wieder einmal vermisse, droht entweder damit oder kürzt tatsächlich massiv die finanziellen Mittel für Frauenprojekte und Opferschutzeinrichtungen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Österreich hat es im vergangenen Jahr laut BKA 169 Anzeigen bezüglich Frauen­handel gegeben, das sind mehr als doppelt so viele wie 2002. Die Dunkelziffer der Fälle, die nicht zur Anzeige gelangen, ist noch um vieles höher. Die Frauen „arbeiten“ – unter Anführungszeichen – ja versteckt in Wohnungen oder in Hinterzimmern von Bars, sie werden dort bewacht, und die Reisepässe werden ihnen weggenommen. Es ist daher sehr schwierig, die Opfer zu finden.

Die Politik darf und kann sich diesem Thema nicht verschließen, und den Opfern muss geholfen werden. Rund 30 Frauen haben letztes Jahr ein vorübergehendes Aufent­haltsrecht bekommen. Allerdings erhalten sie es nur dann, wenn sie sofort bereit sind, als Zeuginnen auszusagen. Es muss aber auch jenen Frauen ein Aufenthaltsrecht gewährt werden, die nicht sofort als Zeuginnen aussagen wollen. Viele betroffene Frauen haben so traumatische Erfahrungen gemacht, dass sie vorher längere Zeit betreut werden müssen. Oft sind sie dann auch eher bereit, gegen ihre Peiniger auszusagen. Es gibt auch innerhalb der EU einige positive Beispiele dafür – wie zum Beispiel in Belgien, in den Niederlanden oder in Italien –, dass die betroffenen Frauen eine dreimonatige Nachdenkpause bekommen und sich dann erst entscheiden müssen. Aber bis dahin sind sie geschützt – geschützt von der Regierung!

Der Teufelskreis von Gewalt, Armut und Ausbeutung ist vielfältig und komplex. Das Problem kann auch nicht auf die Bekämpfung des organisierten Verbrechens allein reduziert werden. Prävention und Aufklärung sind ebenso wichtig und notwendig, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Die Aufgabe von uns hier in Österreich ist es, dafür zu sorgen, dass Betroffene von Frauenhandel, von Menschenhandel Unterstützung und Schutz bekommen. Von Frau­enhandel Betroffene dürfen nicht kriminalisiert werden. Dieser grauenhafte Teufelskreis des Menschenhandels und des Frauenhandels muss durchbrochen werden! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 



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15.31

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Übereinkommen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist natürlich bedingungslos zu unterstützen. Ich denke, es ist an sich ein Schritt der internationalen Staatengemeinschaft in die richtige Richtung, dass man grenzüberschreitende Zusammenarbeit fördert, um auch grenzüberschreitendes Verbrechen letztendlich besser bekämpfen zu können.

Es ist sicherlich wichtig, dass man derartige Übereinkommen unterschreibt, noch wich­tiger sind dann natürlich die innerstaatlichen Gesetze, die ja hier schon vorweg­genommen wurden. Ich glaube, dass es in Ordnung ist, dass man diese Begriffe international standardisiert und dass man dies wegen der Unterschiedlichkeit des Umgangs mit den Problemen des Menschenhandels und der Schlepperei auf einen internationalen Standard bringt, über den man kommuniziert und über den man das letztendlich abhandelt.

Nichtsdestotrotz ist aber die wichtigste Frage damit nicht gelöst. Es kann nicht sein, dass man die Anzahl der Mitglieder der Polizei herunterfährt, dass man dort Beamte einspart und Einsparungspotenziale realisiert, dass es immer weniger Polizisten gibt, dass ein Wachzimmer nach dem anderen geschlossen wird, dass sich dann die Krimi­nalität erhöht und man trotzdem so tut, als ob alles in Ordnung wäre! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn ich die Wachzimmer schließe und wenn ich die Anzahl der Polizisten senke, dann ist es logisch, dass die Kriminalität ganz einfach steigen muss. Dann kann ich zwar alles schönreden, aber es stimmt nicht! Wenn sich der Innenminister permanent bemüht, dies schönzureden, dann wird es nicht besser: Die Kriminalität steigt, und es ist ein Versagen des Innenministers festzustellen! (Abg. Kößl: Das stimmt nicht! Die Kriminalität ...!) Es steigt die Kriminalität, und es sinkt die Aufklärungsrate. Das ist vollkommen logisch einhergehend mit dem Sinken der Anzahl der Polizeibeamten und mit dem Schließen der Wachzimmer!

Herr Abgeordneter Mainoni! Ich gebe Ihnen vollkommen Recht: In Wien gibt es viel zu viele Banküberfälle. Ich glaube auch, dass die neue Vizepräsidentin offensichtlich mit ihrer Aufgabe überfordert ist. Sie hat eben nicht die Erfahrung, die die früheren Beamten gehabt haben, sie hat auch nicht dieselbe Anzahl von Beamten, daher ist sie in dieser Situation ganz einfach überfordert. (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... nicht der Polizeipräsident!) Mit der steigenden Kriminalitätsrate und mit der sinkenden Aufklä­rungsrate wird das ja gezeigt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir müssen nur aufpassen, dass wir bei der Bekämpfung der internationalen orga­nisierten Kriminalität, aber auch des internationalen Terrorismus nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Es darf nicht angehen, dass man unter dem Deckmantel der Bekämpfung des Terrorismus den Rechtsstaat und die rechtsstaatliche Klammer, die die Demokratie zusammenhält, abschafft beziehungsweise massiv in den Hintergrund drängt.

Ich glaube, es wäre auch gut, im Justizausschuss einmal eine Standortbestimmung darüber vorzunehmen, wie sich unser Parlament, unsere Gesellschaft zur Vorgangs­weise in Guantanamo stellt. Denn das ist der erste Schritt eines demokratischen Landes (Abg. Dr. Partik-Pablé: Und was sollen wir dann machen?), die Rechtsstaat­lichkeit aufzuheben, die Menschenrechte auszuhebeln und letztendlich die demokra­tische Klammer zu lösen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was soll Österreich machen? Sollen wir die Amerikaner ...?) Die Klammer der Demokratie ist der Rechtsstaat! Höhle ich den Rechtsstaat aus, ist die Demokratie nichts mehr wert, weil dann die Willkür Platz greift! (Beifall bei der SPÖ.)


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Daher sollte man sich in einer derartigen Diskussion durchaus überlegen, ob nicht auch manche unserer Regelungen über das Ziel hinausschießen und damit die Men­schenrechte, aber auch die demokratischen Rechte so weit beschneiden, dass die Rechtsklammer des Rechtsstaates nicht mehr gewährleistet ist. Es wäre im Zuge einer derartigen Diskussion über internationales Verbrechen, aber auch über internationalen Terrorismus durchaus einmal angebracht, sich hier eine klare Linie zu geben, sich klare Parameter oder Grenzparameter zu geben, über die man nicht hinausgehen dürfte. Ich glaube, das wäre ein guter Anlass dafür.

Aber im Grunde genommen ist gegen dieses Abkommen nichts einzuwenden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.35

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Damit schließe ich diese Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung, und zwar stimmen wir zunächst ab über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrags in 424 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Ich stelle fest, die Genehmigung erfolgt einstimmig.

Ich lasse jetzt über den Antrag des Justizausschusses abstimmen, wonach der vor­liegende Staatsvertrag im Sinne von Artikel 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Ge­setzen zu erfüllen ist.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch dies beschließt der Nationalrat einstimmig.

Der 2. Punkt der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich bin gefragt worden, wieso die Dringliche Anfrage nicht um 15 Uhr aufgerufen wur­de. Ich glaube, es ist schon gesagt worden: Diese kommt um 16.15 Uhr dran, weil sie erst um 13.15 Uhr eingebracht wurde.

3. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (133 d.B.): Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Überein­kom­mens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit (458 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. Die Uhr ist wunschgemäß auf 6 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


15.37

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist dies ein Thema, das vielleicht weniger Brisanz als der vorhergehende Punkt in sich birgt, aber trotzdem auch eine Konsensmaterie ist und unter dem sehr komplexen Begriff steht: Übereinkunft über die Auslegung von Art. 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staats­ange­hörigkeit.


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Es ist mir als Erstredner gestattet, entsprechend der Würde dieses Staatsvertrages auch ein paar Punkte anzusprechen. Man hat diesen Staatsvertrag im Jahr 1963 ab­geschlossen, Österreich hat ihn im Jahr 1975 ratifiziert. Letztendlich hat eine ent­sprechende Note des Europarates und auch die Tatsache, dass ein Abkommen im Jahr 1997 über die Mehrfachstaatsangehörigkeit abgeschlossen worden ist, dazu ge­führt, dass hier Auslegungsprobleme entstanden sind.

Einige Vertragsstaaten haben erklärt, dass sie sich im Zusammenhang mit Mehr­fach­staatsangehörigkeits-Problemen nicht mehr an die zwei Kapitel I und II binden können, weil die nationale Gesetzgebung grundsätzlich nicht mehr damit überein­stimmt. Die Staaten haben sich aber auch grundsätzlich dazu geäußert, dass das Übereinkommen über die Wehrpflicht bei mehrfacher Staatsangehörigkeit aufrecht bleibt. Damit besteht ein Grundkonsens darüber, dass in der Übereinkunft zumindest sichergestellt ist, dass bei Doppelstaatsbürgerschaft nur ein Militärdienst abgeleistet werden muss. Die Mög­lichkeit der teilweisen Kündigung dieses Staatsvertrages ist nicht gegeben, sodass grundsätzlich einmal dieses Übereinkommen geschlossen wer­den muss und zumin­dest einer entsprechenden Ratifizierung durch das Parlament bedarf.

Die Bundesregierung hat sich gegenüber dem Europarat grundsätzlich dazu bekannt, dass Kapitel I durchaus weggelassen werden kann. Aber letztendlich besteht die Bun­desregierung nach wie vor darauf, dass beide Kapitel des Übereinkommens noch entsprechend gelten.

Meine Damen und Herren! Letztendlich ist dieses Übereinkommen natürlich auch eine Basis für unser Staatsbürgerschaftsrecht, das ist keine Frage. Im Staatsbürger­schafts­recht ist das Übereinkommen entsprechend umgesetzt. Letztendlich ist unsere Staats­bürgerschaft in der Rechtsordnung fundiert verankert, sodass es einer Änderung des Übereinkommens grundsätzlich nicht bedarf.

Das Ganze ist eine Formsache, eine Konsenssache, zu der wir uns im Ausschuss auch über alle Parteigrenzen hinweg einstimmig bekannt haben. Es betrifft aber, und das müssen Sie ganz offen eingestehen, ausschließlich die Wehrpflicht, wenngleich im Ausschuss – und die nachfolgenden Debattenredner der Opposition werden sich hiezu ja sicherlich noch äußern – auch die Frage der Aufnahmechancen von Frauen, der Leistungsparameter, der Besoldung und natürlich auch die immer wieder aufkom­mende Frage der Luftraumüberwachungsflugzeuge erörtert worden sind. Da es im Übereinkommen um die Wehrpflicht geht, hat mir besonders gefallen, dass auch die Frage des künftigen Bildes unserer Soldatinnen und Soldaten in der Öffentlichkeit be­sprochen worden ist.

Meine Damen und Herren! Letztendlich stimmt das, was uns auch unser Bundes­minis­ter gesagt hat, dass es nämlich notwendig ist, dass man auf Empirik setzt, dass man das Ganze wissenschaftlich untermauert und durchaus auch evaluiert. Wenn Verän­derungen notwendig sein sollten, und auch da gehe ich mit dem Bundesminister ganz konform, wird man dementsprechende klare Vorgangsweisen wählen. Das ist, glaube ich, auch das Credo für die Zukunft, und ich bin dankbar für diese Aussage. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gaál. – Bitte, Kollege. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Ab­geordneten Gaál –: Eurofighter nicht vergessen! – Abg. Gaál: Danke schön für den Hinweis!)

 



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58. Sitzung / Seite 85

15.42

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir werden dem Übereinkommen beziehungsweise der Regierungsvorlage über die Militärdienstpflicht und die Mehrfach-Staatsbür­ger­schaft zustimmen. Es gibt ein Ersuchen der Mitgliedsstaaten des Europarates, in Hin­kunft Mehrfach-Staatsbürgerschaften zu ermöglichen und den bereits woanders geleis­teten Wehrdienst anzuerkennen. Dagegen besteht kein Einwand, das steht außer Streit. Und gerade vier Tage nach dem heute oft sehr bemühten historischen Datum, dem Tag der EU-Erweiterung kommt diesen Doppelstaatsbürgerschaften, dieser Mehr­fach-Staatsbürgerschaft Bedeutung zu. Das hat doch irgendwie Symbolcharakter.

25 Staaten in Europa bemühen sich um ein Friedensprojekt. Wir Sozialdemokraten stehen vorbehaltlos zu den grundsätzlichen Zielsetzungen der EU, aber Sie, Herr Bun­desminister, laufen Gefahr, sich mit der Politik dieser Bundesregierung und im Be­sonderen mit der Sicherheitspolitik in die falsche Richtung zu bewegen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Wir von der SPÖ treten für eine Friedensunion ein. Wir sind dabei, diese Friedens­union, die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik aufzubauen, und Sie sind dabei, sündteure Kampfflugzeuge zu beschaffen. Wir hatten im Ausschuss leider keine Möglichkeit, den von uns eingebrachten Antrag zu behandeln, denn das wird immer mit fadenscheinigsten Begründungen vertagt.

Sie von ÖVP und FPÖ kaufen diese Kampfflugzeuge, ohne ein Finanzierungskonzept vorzulegen, Herr Bundesminister, weil diese eben ganz einfach nicht finanzierbar sind. Wir brauchen sie sicherheitspolitisch nicht, und auch aus Gründen der staatlichen Souveränität sind sie nicht notwendig. Sie sind ja daran nur zum Teil schuld, wenn ich das so sagen darf. Das ist eine Beschaffung, die vor allem Bundeskanzler Schüssel be­trieben hat, aber auch Finanzminister Grasser und Minister Bartenstein, aber schlussendlich tragen Sie die Verantwortung mit, weil letztlich doch Sie den Kauf­vertrag unterschrieben haben. Herr Bundesminister! Sie wissen genau, dass während des laufenden Verfahrens wesentliche Ausschreibungskriterien verändert worden sind, was weltweit einzigartig ist. Mussforderungen wurden, was ebenfalls unüblich ist, in Sollforderungen umgewandelt. Der Rechnungshofausschuss – und wir werden sicher­lich noch Gelegenheit haben, darüber hier im Plenum ausführlich zu diskutieren – und der Präsident des Rechnungshofes, Herr Dr. Fiedler, haben der SPÖ-Kritik voll­inhaltlich Recht gegeben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Kollege Gaál, Sie sind nicht der Erste, der sich nicht ganz exakt an die Tagesordnung hält, aber Sie werden jetzt in einer halben Minute wieder zur Tagesordnung zurückfinden.

 


Abgeordneter Anton Gaál (fortsetzend): Selbstverständlich, Herr Präsident! – Nur einen Satz noch: Es wurde hier regelwidrig zu Gunsten von EADS und zu Lasten der Republik Österreich und der österreichischen Bevölkerung entschieden. Und daher ist es zu wenig, wenn Sie hier eine Mehrfach-Staatsbürgerschaft erleichtern und ermög­lichen, während Sie auf der anderen Seite Geld ausgeben, sodass für sinnvolle, not­wendige Beschaffungen kein Geld mehr übrig bleibt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer – in Richtung des Redners –: Toni, mach dir keine Sor­gen!)

Es geht letztlich, und das gilt für Mehrfach-Staatsbürgerschaften ebenso wie für Militär­dienstabzeichen, um Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Sie sind aber dabei, mit Ihrer Politik den letzten Rest Glaubwürdigkeit zu verspielen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.46

 



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58. Sitzung / Seite 86

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


15.47

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es – die Vorredner haben es schon erwähnt – um das Übereinkommen über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehr­facher Staatsangehörigkeit. Es geht darum, dass man das Kapitel I dieses Über­einkommens kündigen soll. Wir haben das im Ausschuss einstimmig beschlossen. Ich bedanke mich dafür und erlaube mir nur, in ganz kurzen Worten auf die Worte meines Vorredners Anton Gaál einzugehen.

Herr Kollege Gaál, die europäische Sicherheitspolitik, wie sie von dieser Bundes­regie­rung betrieben wird, ist eine verantwortungsbewusste und auch zielorientierte! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Im Wesentlichen wird ja von dieser Bundes­regierung auch in dieser Frage weitergeführt, was bisher nationaler Konsens gewesen ist.

Die Vertagung Ihres Antrages auf Beschaffungsstopp der Abfangjäger haben wir im Ausschuss, so meine ich, klar und deutlich argumentiert. Derzeit befindet sich im Rechnungshof der dritte Bericht zu diesem Thema in Ausarbeitung, und wir werden diesen Bericht abwarten und dann über diesen Antrag neu entscheiden. Im Übrigen haben Sie zutreffend erwähnt, dass der Rechnungshofausschuss sich mit dem jetzt vorliegenden Bericht, dem zweiten Bericht, bereits intensiv auseinander gesetzt hat, und dort ist – ich muss Sie enttäuschen, Herr Kollege Gaál – zu Tage getreten, dass in den wesentlichsten Grundzügen – ich sage jetzt nicht, in den Details, über die man streiten kann – die Bundesregierung bei der Beschaffung der Abfangjäger korrekt gehandelt hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Gradwohl: In den wesentlichsten Grundzügen! In den wesentlichsten! Aber wie heißt es so schön?)

15.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte, Sie haben das Wort.

 


15.49

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hätte mein Kollege Toni Gaál nicht dankenswerterweise zu einem völlig anderen Thema gesprochen, wüsste jetzt niemand, was wir diskutieren sollen. Der Redner der Öster­reichischen Volkspartei hat vollkommen zu Recht festgestellt, dass es sich hier um eine reine Formalangelegenheit handelt, der wir selbstverständlich im Ausschuss die Zu­stimmung gegeben haben. Trotzdem geht ein Regierungsabgeordneter nach dem anderen an das Rednerpult, um dazu eine Rede zu halten.

Wozu? Wozu, meine Damen und Herren, insbesondere von der ÖVP, verschwenden Sie die Zeit dieses Hauses? Wozu spielen Sie Demokratie, wo es nicht um Demo­kratie, sondern schlicht und einfach nur um etwas geht, wo nicht diskutiert, sondern nur für das Protokoll gesprochen wird? Warum lassen Sie nicht mehr Demokratie dort zu, wo das Haus mehr Demokratie brauchen würde – etwa beim Recht, Untersuchungs­ausschüsse einzusetzen, bei der Stärkung der Minderheitsrechte, bei mehr Trans­parenz, bei anderen Möglichkeiten der Akteneinsicht, bei ganz anderen Möglichkeiten, lebendige und öffentliche Debatten zu führen? Warum reicht es für Sie als Abgeord­nete dieses Hauses, zu Formalangelegenheiten herauszugehen und dazu eine Rede zu halten?


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Ich wünsche mir einen ganz anderen Parlamentarismus, einen, wo wirklich mit Aus­sicht auf Erfolg über Abfangjäger gestritten wird und wo – das ist eine wichtige Frage – dieser Nationalrat auch ein Minderheitsrecht bekommt, zu untersuchen, ob es beim Abfangjägerkauf nicht doch zu einer Schiebung gekommen ist. Aber nicht das eine, wo es um Demokratie geht, ablehnen und verhindern und dann Debatten dieser Art führen!

Selbstverständlich stimmen wir dem vorliegenden Antrag zu – no na –, es handelt sich schließlich um eine Formalangelegenheit. Ich ersuche Sie, einmal darüber nachzu­denken, ob es nicht für uns alle gut wäre, dass dieses Parlament nicht im Regierungs­interesse zu einem Formalparlament verkommt. – Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Rädler. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


15.51

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Hohes Haus! Bezug nehmend auf die Äußerungen meines Vorredners kann, wie ich meine, festgestellt werden: Auch wir wünschen uns eine andere Form des Parlamentarismus, nämlich einen Parlamentarismus, wo nicht immer von „Schieberei“ gesprochen wird, was aus dem Munde von Herrn Abgeordneten Pilz immer wieder zu hören ist, sondern wo auf die echten Sachfragen dieser Republik eingegangen wird. Und wenn Sie davon reden, dass die Redezeit hier verschwendet wird, dann muss ich dem entgegenhalten: Wenn Sie hier Ihre Hasstiraden gegen den Herrn Finanzminister im Rahmen verschiedenster Debattenbeiträge losgelassen haben, dann war das ver­schwendete Redezeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Was heißt hier „Hasstiraden“? – Abg. Dr. Lichtenberger: Das waren keine Hasstiraden!)

Aber ich darf, bevor mich der Herr Präsident zur Sache ruft, zur Sache kommen. Auf der Tagesordnung steht heute die Übereinkunft über die Auslegung von Artikel 12 Abs. 2 des Übereinkommens über die Verminderung der Fälle mehrfacher Staats­angehörigkeit und über die Militärdienstpflicht in Fällen mehrfacher Staatsangehörig­keit. Ich glaube, dass wir mit diesem Beschluss heute, vier Tage nachdem wir den Beitritt von zehn neuen Ländern zur EU gefeiert haben, ein Tor hin zu den Mitglieds­staaten Europas öffnen. Wir nehmen mit diesem Gesetzesbeschluss eigentlich Rück­sicht auf die nationale Gesetzgebung in den EU-Ländern, und das ist wichtig. Das ist wichtig im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung und ein demokratisches Vorbild. Das ist auch für uns Niederösterreicher besonders wichtig, da auch wir im Zuge der EU-Erweiterung eine positive Leistung eingebracht haben. Niederösterreich ist geo­politisch gesehen vom Eisernen Vorhang in das Herz Europas gerückt und hat sicher große Aufgaben vor sich. Wir brauchen ein sicheres Umfeld.

Es ist heute in der Sicherheitsdebatte mehrfach auf die Leistungen unseres Bundes­heeres zur Sicherung der Schengen-Grenze Bezug genommen worden. Die Sicherheit der Schengen-Grenze mit 1 460 Kilometern muss weiter aufrechterhalten werden. Aber da brauchen wir den Beistand Europas. Wir brauchen eine gemeinsame europäische Finanzierung für diese Grenzschutzmaßnahmen. Wir sind bereit und tragen das auch politisch mit, diese neuen Sicherheitsstrukturen aufzubauen.

Ich möchte noch auf ein paar Dinge eingehen, die in dieser Debatte von den Abge­ordneten Wittmann und Gaál eingebracht wurden. Kollege Wittmann meint immer, klare Parameter seien die politische Vorgabe, die wir in diesem Haus brauchen, und hat den Herrn Bundesminister für innere Sicherheit im Zusammenhang mit den Struk-


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turen im Gendarmeriebereich kritisiert. Er war jener Abgeordnete oder jener Bür­germeister in meinem Wahlkreis, der mit seinem persönlichen Freund, dem Herrn In­nenminister Karl Schlögl, zugesehen hat, wie ein Drittel der Gendarmerieposten im Bezirk Wiener Neustadt zugesperrt wurde. Er hat dies damals befürwortet und massiv verteidigt mit dem Argument notwendiger Strukturmaßnahmen.

Ich verweise auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Gaál im Landesverteidi­gungsausschuss, der mir noch als vehementer Befürworter der Abfangjäger unter der seinerzeitigen Regierung in Erinnerung ist und der sich heute Gedanken über die Beschaffung macht. Ich habe die Beschaffungsvorgänge von damals noch in Erin­nerung, wo ein ebenfalls sehr bekannter Kollege aus meinem Wahlkreis, Herr Marizzi, gewisse Probleme bekommen hat, aber anscheinend ist das alles vergessen worden. (Abg. Gradwohl: Wer hat da Probleme bekommen?) – Das kann ich mir vorstellen, wer sie gehabt hat, Herr Abgeordneter Marizzi war es. Ich erinnere nur an die Abhör­affäre in diesem Haus. (Abg. Gradwohl: Wer hat da womit Probleme bekommen? Er sitzt heute jedenfalls wieder hier im Haus!) Dass er heute noch hier sitzt, das hat andere Gründe, das ist eure innerparteiliche Angelegenheit. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber zurück zum Bundesheer. Es ist auch angebracht, einmal danke schön zu sagen, und zwar für die Solidarleistungen, die unser Bundesheer angesichts der europäischen Herausforderungen im Rahmen der Friedenseinsätze in den letzten 40 Jahren erbracht hat. 50 000 Soldaten waren es, die in den Friedenseinsätzen ihre Aufgaben geleistet haben, die das Bild Österreichs nach außen getragen haben. Jeder Soldat, der in einem Krisenherd stationiert ist, ist ein Botschafter des Friedens für unser Land und für unsere Heimat Österreich. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wenn jetzt im Juni dieses Jahres die Bundesheerreformkommission ihre Ergebnisse vorlegen wird, dann ist das ein weiterer wichtiger Schritt, wo ich hoffe, dass wir Ein­stimmigkeit in diesem Haus finden werden, um diese europäischen Strukturen in der Verteidigungspolitik nach vorne zu bringen, denn wir sind aufgerufen, hier miteinander nachzudenken und ein EU-fittes Bundesheer für die nächsten Jahre aufzubauen, das den Aufgaben auf europäischer Ebene gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Ab­geordneten der Freiheitlichen.)

Ich darf zum Abschluss noch auf einen Artikel der heutigen Tagespresse Bezug neh­men, weil Herr Nationalrat Einem – er ist leider jetzt nicht hier – zur Rede des Bun­deskanzlers im Zusammenhang mit der europäischen Wiedervereinigung gemeint hat, dass das, was die Bundesregierung hier vorbringt, abstrakte Schönfärberei ist. Ich meine, das war in diesem Zusammenhang an diesem historischen Tag heute sicherlich nicht angebracht. Ich bleibe hier beim Kommentar von Andreas Schwarz im heutigen „Kurier“, der schreibt: Die Opposition, die im Luxus lebt und keine politische Verant­wortung tragen muss, träumt von Sozialstandards in der Verfassung.

Das ist die Lage, das ist die Situation. Da von Schönfärberei zu reden, ist, wie ich mei­ne, am heutigen Tag nicht angebracht gewesen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kummerer. – Bitte.

 


15.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Rädler, dadurch, dass Sie hier immer wieder Ihre subjektiven Wahrnehmungen kundtun, werden Sie nicht objektiv, ich kann Ihnen da nicht helfen.


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Kollege Pilz, warum müssen wir den Anlass dieses Formalakts nutzen? – Wir erleben es hier im Plenum, wir erleben es im Ausschuss: Wir kommen nicht mehr dazu, die Landesverteidigung in diesem Haus woanders zu diskutieren als bei solchen Tages­ordnungspunkten. Sehr oft gibt es die Verweigerung der Diskussion in Form von Vertagung – darüber reden wir nicht –, Terminisierung des Ausschusses. Aktuelle Aus­sprachen hat es schon sehr lange nicht mehr gegeben. Was wir hören, ist Schweigen. Und daher werden wir eben diese Anlässe nützen.

Aber, Herr Präsident, ich möchte erwähnen, ich spreche sehr wohl zu dem Überein­kommen. Dieses Übereinkommen trifft unmittelbar Wehrpflichtige, Wehrpflichtige, die es noch werden können oder die es nicht zu werden brauchen. Daher spreche ich auch dazu, was diese Wehrpflichtigen erwartet beziehungsweise nicht erwartet.

Kollege Bösch hat von „zielorientiert“ gesprochen, zielorientiert sei die Politik dieser Koalitionsparteien. – Das ist sie schon lange nicht mehr, Herr Abgeordneter! Verun­sicherung ist an der Tagesordnung, ein Herumprobieren. Ich erinnere an die HG-Neu, an die HG-Neu-Neu, die HG-Neu-Neu-Neu, die REORG 2002, die als der große Wurf gefeiert worden ist. Was ist daraus geworden, Kollege Murauer? – Der große Hinaus­wurf von Bediensteten, die 55 Jahre alt sind, von Soldaten, die 60 Jahre alt waren, die sich nicht mehr bewähren durften! (Abg. Scheibner: Vorsicht!) Kollege Scheibner war noch nicht einmal bei der Tür des Ministeriums draußen, wurde ihm ausgerichtet, eine neue Reorganisation muss her. (Abg. Murauer: Rückt doch raus mit euren Alter­nativen!) Also so bedeutend kann es nicht gewesen sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir haben damals schon Vorschläge angesichts eines geänderten Bedrohungsbildes eingebracht. Es gibt geänderte Anforderungen, man braucht eine andere Ausrüstung, eine andere Ausbildung. Kollege Murauer, kannst du dich erinnern? Wir haben anlässlich der REORG 60 000 Soldaten vorgeschlagen. Was aber hat Kollege Murauer zu diesem Vorschlag gemeint? – Die SPÖ will das Heer zerstören. (Abg. Scheibner: Da hört nicht einmal der Toni zu!) Ein Wahnsinn! (Abg. Scheibner: Stimmt auch!) Halbierung auf 60 000 Soldaten!

Herr Minister, ist es richtig, dass ich gehört habe, Sie stellen sich vor, das Heer auf 60 000 Soldaten zu reduzieren? – Dann frage ich: Wie passt das zusammen innerhalb von zwei Jahren?

Zielorientiert, Kollege Bösch. (Abg. Scheibner: Natürlich!) Zielorientiert. Heute hü, morgen hott. Irgendetwas wird bei diesem Herumprobieren schon herauskommen. Was kommt heraus? – Ein Beschaffungswesen, das immer die teuersten Aus­schrei­bungen zur Kenntnis nimmt, das das meiste Geld ausgibt, das das österreichische Heer nicht hat.

Ich hoffe, meine Damen und Herren, dass diese Reformkommission Sie wieder auf den Weg weist und Sie wieder in den Gleichschritt bringt. Österreich hat es mehr als notwendig. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Was ist mit der Doppelstaatsbürgerschaft?)

16.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 


16.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Als Kollege Pilz hinausgegangen ist und gesagt hat, das sei eine Konsensmaterie, man bräuchte nicht darüber zu reden, wir verschwenden Zeit, hatte er, muss ich sagen, halb Recht. Konsens stimmt – man könnte wahrscheinlich weniger dazu sagen –, nicht aber Zeitverschwendung. Ich glau-


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be, es ist eine Zumutung für jeden politischen Mandatar, der hier herinnen sitzt, von Zeitverschwendung zu sprechen, wenn man über Landesverteidigung spricht, denn Landesverteidigung, Herr Kollege Pilz, dieses Thema kann keine Zeitverschwendung im Hohen Haus sein. (Abg. Murauer: So ist es!) Das steht einmal fest. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Einzige, bei dem auch ich als Abgeordneter mir schon sehr oft gedacht habe, es geht wirklich um Zeitverschwendung, das ist dann, wenn permanent und ewig über Homepage-Affären, über Eurofighter diskutiert wird, einmal in die eine Richtung, einmal in die andere, einmal auf, einmal ab. Da könnte man wirklich von Zeitverschwendung sprechen, darüber könnte man wirklich diskutieren. Sie sollten einmal aus Ihrem grü­nen Kämmerlein zu den Menschen hinausgehen und sie fragen, was sie davon halten, dass sie, wenn sie via Medien in dieses Hohe Haus hineinschauen, permanent nur diese Schmutzkübel-Kampagnen hören, die keiner mehr hören kann. Das möchte ich an dieser Stelle einmal sagen. Das ist wirklich müßig, das ist wirklich Zeitverschwen­dung!

Verteidigungspolitik kann keine Zeitverschwendung sein, und deswegen werde auch ich diesen Tagesordnungspunkt dafür nutzen, eine kleine Anregung an den Herrn Minister weiterzugeben, die vielleicht nicht wirklich mit dem zu beschließenden Kon­senspunkt zu tun hat, die aber, so glaube ich, sehr wichtig ist. Es geht um viele kleine und mittelständische Unternehmen, die sich Sorgen machen, dass sie im Zuge des Beschaffungsgesetzes bei den Kasernen aus dem Rennen geworfen werden. Es gibt unzählige Kasernen, kleine Standorte, die in Wirklichkeit Lebensadern für Klein- und Mittelbetriebe sind, vor allen Dingen aber – das ist für mich als Bauernvertreter wich­tig – natürlich auch für Bauern und deren agrarische Produkte. Man hört sehr oft von Seiten dieser Betriebe, dass es durch neue Beschaffungsgesetze, dass es durch große Ausschreibungen zu Problemen kommen kann, dass kleinere Betriebe hier nicht mehr zum Zug kommen können.

Ich glaube, da sollten wir initiativ werden. Wir werden uns sicherlich in einer der nächs­ten Ausschusssitzungen damit beschäftigen müssen, dass wir dafür Sorge zu tragen haben, dass kleine und mittelständische Unternehmen auch weiterhin zum Zug kom­men können und Großbetrieben vorgezogen werden, weil es eben kleine Betriebe nicht schaffen können, österreichweit Kasernen zu beliefern, wie es vielleicht ADEG, AGM oder andere Märkte schaffen können. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Sache.

Abschließend zum Herrn Kollegen Kummerer, der davon gesprochen hat, er höre Schweigen. Es fasziniert mich sowieso, wie man Schweigen hören kann. Herr Kollege, wie man Schweigen hören kann, das müssen Sie mir einmal erklären. Das ist eine faszinierende Aussage. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Darüber sollte man einmal reden. Sie haben davon gesprochen, die Verteidigungspolitik – ich habe es mir aufgeschrieben – ist Verunsicherung.

Ich gebe Ihnen Recht. Momentan ist wirklich sehr viel Verteidigungspolitik Verunsiche­rung, aber nicht wegen der Arbeit der Regierung, sondern wegen der Arbeit der Op­position. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

16.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

 


16.04

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Übereinkommen über die Verminderung der


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Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit betrifft auch die Frauen. Wie Sie wissen, besteht seit 1998 die Möglichkeit für Frauen, den Soldatinnenberuf zu ergreifen. Dieses Projekt ist bisher erfolgreich verlaufen, denn bereits über 200 Frauen haben diesen Karriere­weg beschritten. Es wurde auch von der SPÖ immer wieder gefordert, Frauen, die den Berufswunsch äußerten, die militärische Laufbahn einzuschlagen, diesen Wunsch zu erfüllen.

Die Öffnung von militärischen Dienstleistungen für Frauen hat aber auch zu großen Diskussionen geführt. Um uns selbst ein Bild machen zu können, wurden die Politike­rinnen aller Fraktionen am 26. August 2003 anlässlich des Politikerinnentages zum Bundesheer in Linz-Ebelsberg eingeladen, und wir konnten uns selbst von den Aufga­ben der Frauen beim Heer überzeugen.

Abgesehen davon, dass sehr kurzfristig, zu spät und in der Urlaubszeit eingeladen wurde, nahm ich mir mit meiner Mitarbeiterin Zeit, dabei zu sein. Beeindruckend war schon der Beginn, der Flug mit einem Black-Hawk-Hubschrauber nach Linz-Ebelsberg. In 500 Meter Höhe zu sehen, wie schön unser Land aus der Vogelperspektive ist – wir flogen über Wien, Niederösterreich und Oberösterreich –, war ein erhebendes Gefühl im wahrsten Sinne des Wortes.

In Linz angekommen, hatten wir die Möglichkeit, mit den Frauen, die gerade dabei waren, ihre sportlichen Fähigkeiten zu testen, ein Gespräch zu führen, und natürlich war die Art der Leistungsprüfung, die noch aus einer Zeit stammt, als die körperliche Ertüchtigung beim Bundesheer noch drillmäßig betrieben wurde, ein Thema.

Beeindruckend war dann auch das Referat der Gender-Mainstreaming-Beauftragten, Majorärztin Dr. Eva Krainz. Dr. Krainz meinte, militärischen Dienstleistungen stellen hohe Anforderungen an die psychische und physische Gesundheit von Männern und Frauen und verlangen eine körperliche Kondition auf hohem Niveau.

Frau Dr. Krainz erklärte uns auch, dass im Vergleich zum Mann das durchschnittliche Körpergewicht der Frau und ihr Lungenvolumen kleiner ist. Ebenso ist daher das Blutvolumen zur Bereitstellung von Energie deutlich geringer. Diese Tatsache ist wie­derum eng mit der ebenfalls geringeren Herzkapazität verbunden. Alles zusammen beeinflusst die Leistungsreserve der Frauen natürlich ganz entscheidend.

Interessant ist auch zu erwähnen, dass es in der Muskulatur, der Grundlage für unsere Bewegungsfähigkeit, Unterschiede gibt. Während nämlich Frauen aus 24 Prozent Mus­kulatur bestehen, erfreuen sich die Männer an 42 Prozent. Daraus folgt, dass die Leistungsfähigkeit der Frau um etwa ein Viertel unter derjenigen des Mannes liegt. Das heißt aber auch, dass Frauen deutlich fitter sein müssen als Männer, um dieselbe Dis­tanz in derselben Zeit laufen zu können. Diesbezüglich hat man sich aber auch bereits Gedanken gemacht und den Frauen einiges erleichtert.

Natürlich war auch die geringe Besoldung von Frauen im Ausbildungsdienst während der ersten sechs Monate, nämlich 245,70 €, ein Thema. Dies wirkt sich auf die Frei­willigkeit kontraproduktiv aus. Maturanten tun sich da in ihren Entscheidungen ein we­nig leichter. Das Bundesheer sollte aber für alle Frauen, die Interesse haben, offen sein. Die geringe Besoldung bewirkt aber auch, dass die Frauen deswegen lieber zur Gendarmerie und zur Justiz gehen, weil dort das Gehalt höher ist.

Hier, Herr Bundesminister, muss man sich schon etwas überlegen. Der Mann ist Berufssoldat ab dem siebenten Monat, die Frau ist Berufssoldatin ab dem ersten Monat. Daher muss es hier zu einer Änderung im Sinne der Gleichbehandlung kommen.

Ansonsten konnte ich einen guten, positiven Eindruck gewinnen, und ich denke, Herr Bundesminister, dass die angesprochenen Probleme sicher einer Lösung zugeführt


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werden. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Molterer.)

16.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


16.09

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! In der letzten Landesverteidigungsausschusssitzung war eine relativ lebhafte, aber doch, wie ich meine, offene Diskussion. Diese hätte wieder An­lass dazu geben können, dass in der Sache Landesverteidigung Opposition und Regierung doch einen gemeinsamen Weg finden. Der gegenständliche Gesetzes­vorschlag ist ja so ein Instrument, bei dem wir Gemeinsamkeiten feststellen konnten, weshalb wir diesen auch unterstützen.

Wir haben bei dieser Auseinandersetzung auch einige Diskussionen gehört. Wir wis­sen, dass das gegenständliche Übereinkommen auch Deutschland unterzeichnet hat. Bei dieser Gelegenheit konnten wir mit unseren deutschen Nachbarn auch noch einmal über die Abfangjäger diskutieren. Ich darf festhalten, dass die Abfangjäger, wie es in den Medien jetzt zu lesen ist, die Deutschen nahezu nur die Hälfte dessen kos­ten, was sie uns kosten. Das ist noch einmal zu hinterfragen.

Außerdem, Herr Bundesminister, befremdet es mich etwas, dass wir eine andere Tatsache ebenfalls den Zeitungen entnehmen müssen, die Ihnen, wie ich meine, zum Zeitpunkt des Stattfindens des Ausschusses allerdings schon bekannt gewesen hätte sein müssen, nämlich dass die F 5 zurzeit in der Schweiz festliegen und auf Grund verschiedener Vereinbarungen mit den USA und Sicherheitsmaßnahmen nicht nach Österreich kommen können.

Ich würde Sie wirklich bitten, uns auch aufzuklären, was das jetzt wirklich heißt, ob der 1. oder 15. Juni oder der 1. Juli dann der Tag sein wird, an dem die österreichische Luftwaffe wieder in der Lage sein wird, den europäischen Luftraum, wie Sie es ja immer sagen wollen, allein zu schützen, oder ob wir darauf noch ein bisschen warten müssen.

Meine Damen und Herren! Ich meine, dass wir jede Gelegenheit nutzen sollten, in Sachen Landesverteidigung gemeinsam Konsens zu erzielen. Aber dazu ist es not­wendig, miteinander ebenbürtig zu diskutieren. Dazu ist es auch notwendig, dass die Opposition ernst genommen wird und die Anliegen der Opposition nicht von vornherein als Hinhaltetaktik oder Verweigerung dargestellt werden und man uns das Gefühl gibt, in der Landesverteidigung nicht ernst genommen werden zu wollen. Das möchte ich entschieden ablehnen.

Wir Sozialdemokraten stehen auf jeden Fall zur Landesverteidigung und könnten, wenn die Regierung das möchte, auch Entsprechendes dazu beitragen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

 


16.11

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch für die SPÖ ist, so wie bereits mehrfach ausgeführt, die Anerkennung der Mehrfachstaatsbürgerschaft, wie es der Europarat vorgeschlagen und uns vorgelegt hat, eine Selbstverständlichkeit. Wir werden diesem Antrag daher


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zustimmen. Logischerweise ist auch die wechselseitige Anerkennung des abgeleis­teten Militärdienstes eine Konsequenz aus dieser Handlung, und auch hier werden wir diesem Antrag unsere Zustimmung erteilen.

Ich möchte aber ganz kurz auf die Stimmung im Landesverteidigungsausschuss ein­gehen. Wie in vielen Ausschüssen ist es auch dort der Fall, dass Anträge der Bun­des­regierung, über die man sehr wohl auch bereit ist zu verhandeln und mit uns Ge­spräche zu führen, auf der Tagesordnung sind und beschlossen werden, während aber Anträge der Opposition vertagt, vertagt, vertagt werden, bis zum Sankt Nimmerleins­tag. Gerade in Bezug auf den Antrag der SPÖ betreffend die besseren und faireren Chancen von Frauen bei der Aufnahme in das österreichische Bundesheer und hin­sichtlich der besseren Entlohnung in den ersten sechs Monaten finde ich das, sehr geehrte Damen und Herren, äußerst bedauerlich.

Wir haben dies entsprechend intensiv ausgeführt, und ich möchte nur auf eines hin­weisen: Die körperlichen Grundvoraussetzungen von Frauen, die sich dem österreichi­schen Bundesheer als Soldatinnen zu Verfügung stellen und dort ihre Karrierechancen wahrnehmen wollen, sind schlicht und einfach um ein Viertel geringer als die ihrer männlichen Kollegen. Das kennen wir aus anderen sportlichen Aktivitäten, das kennen wir aus dem Leistungssport. Überall wird diesem körperlichem Ungleichsein sehr wohl Rechnung getragen, und ich denke, Herr Bundesminister, es ist allerhöchste Zeit, dass die Aufnahmekriterien dahin gehend überprüft und auch die medizinischen Aufnahme­tests einer entsprechenden „Genderung“ zugeführt werden.

Ein weiterer Teil unseres Antrags bezieht sich auf die ungleiche Chancengewähr­leis­tung im Bereich der Entlohnung, und auch hier fordern wir den monatlichen Lohn von 725,90 € netto, so wie ihn die männlichen Zeitsoldaten zum Ende des siebten Monates bekommen.

Aber es gibt etwas, wofür ich mich wirklich bedanken möchte, Herr Verteidigungs­minister, und ich möchte, dass Sie meinen Dank auch entsprechend wahrnehmen können. Ich habe gemeinsam mit meinem Kollegen Anton Heinzl aus dem Bezirk St. Pölten eine Anfrage an Sie gerichtet, weil wir doch etwas irritiert waren, dass die Militärmusikkapelle Niederösterreich für privat-parteipolitische Zwecke eines ÖVP-Stadtrates in St. Pölten, den bekannten Lutz-Geschäftsführer, aufgespielt hat. Ich bedanke mich nicht für die Anfragebeantwortung – das ist eine sehr allgemein ge­fasste –, aber ich bedanke mich sehr herzlich dafür, Herr Bundesminister, dass Sie in einem Erlass umgehend darauf hingewiesen haben, dass die Militärmusik logischer­weise nicht für parteipolitische Zwecke einzusetzen ist und eingesetzt werden darf. Ich bedanke mich als niederösterreichische Abgeordnete deshalb dafür, weil wir schon ein wenig den Eindruck hatten, dass die Militärmusik, speziell die niederösterreichische, vielleicht zur Privatkappelle der ÖVP Niederösterreich verkommen könnte. (Abg. Scheibner: Gilt das für Wien auch, Frau Kollegin?) Das wollen wir nicht und daher herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ.)

16.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Landesverteidigungs­aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 133 der Beila­gen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hen­des Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.


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Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen, damit die verlangte Behandlung der Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 16.15 Uhr beginnen kann.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Nürnberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Verantwortung der Bundesregierung für die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich und die Versäumnisse in der Beschäfti­gungspolitik (1688/J)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 1688/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

In Österreich herrscht Rekord-Massenarbeitslosigkeit: Im April 2004 gab es 240 556 arbeitslos vorgemerkte Personen. Dies entspricht einer Zunahme gegenüber dem Ver­gleichsmonat 2003 um 4,1 Prozent. Hinzuzurechnen sind dabei auch noch jene 43 753 Personen, die in Schulungen des Arbeitsmarktservice untergebracht sind. Be­sonders alarmierend ist, dass gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr um 1 125 abnahm. Nimmt man die KindergeldbezieherInnen und Präsenzdie­ner seriöserweise aus der Berechnung heraus, ging die Zahl der Beschäftigten im April im Jahresvergleich sogar um 8 334 zurück.

Die Entwicklung am österreichischen Arbeitsmarkt ist auch im Vergleich der bisherigen EU-15 äußerst Besorgnis erregend: Österreich liegt bei der Zunahme der Arbeitslosig­keit im EU-Spitzenfeld, gleichzeitig gehört das heimische Beschäftigungswachstum zu den geringsten im Binnenmarkt. In der gegenwärtigen Beschäftigungskrise werden massive strukturelle Probleme des österreichischen Arbeitsmarktes sichtbar.

Vom Anstieg der Arbeitslosigkeit am relativ stärksten betroffen waren Personen im Haupterwerbsalter zwischen 25 und 45 Jahren. In dieser Altersgruppe nahm die Arbeitslosigkeit um 12 238 Personen oder um 8,5 Prozent zu.

Auch die Situation der Frauen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt ist höchst un­befriedigend und entwickelt sich äußerst dramatisch: Im April gab es um 7 424 oder um 7,3 Prozent mehr Frauen in Arbeitslosigkeit als vor einem Jahr. Dazu kommen gerin­gere Beschäftigungsquoten, schlechtere Arbeitsplatzqualität mit deutlich geringerer Entlohnung, massive Probleme bei der Reintegration in den Arbeitsmarkt nach betreu­ungsbedingten Berufsunterbrechungen und schlechtere Aufstiegsmöglichkeiten in den Unternehmen. Eine aktuelle Studie der Arbeiterkammer belegt, dass sich knapp drei Jahre nach der Einführung des Kindergeldes die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt deutlich verschlechtert hat (Vgl. dazu Profil, 3. Mai 2004, S 32).

Das allgemeine Bildungssystem und das System der dualen Berufsausbildung sind offenbar immer weniger in der Lage, Jugendlichen einen möglichst friktionsfreien Über­gang vom Ausbildungssystem in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies beweisen auch die aktuellen Zahlen: Die Jugendarbeitslosigkeit ist weiter gestiegen. Insgesamt waren im April 37 810 Jugendliche bis 25 Jahre auf Jobsuche, das waren um 2,4 Pro­zent oder um 902 Personen mehr als vor einem Jahr.

Nach wie vor unbefriedigend ist auch die Situation für die älteren ArbeitnehmerInnen. Es zeigt sich zwar bei den über 50-Jährigen eine kurzfristige Entspannung auf Grund der verstärkten Qualifikationsmaßnahmen, allerdings ist der Stand von fast 45 900 Ar-


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beitslosen in dieser Alterskategorie immens hoch. Österreich schneidet, was die Be­schäftigungsquote bei älteren Arbeitnehmern betrifft, im EU-Vergleich besonders schlecht ab.

Waren im Jahr 2000 noch 689 000 Personen jährlich von Arbeitslosigkeit betroffen, so galt dies 2003 für bereits 774 000 Personen. Prognosen zeigen, dass wir heuer die 800000-Grenze überschreiten werden. Statistisch muss also jede dritte Arbeitskraft im privaten Sektor in Österreich damit rechnen, einmal im Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein. Etwa 40 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen im privaten Sektor haben Erwerbskarrieren mit laufend auftretender Arbeitslosigkeit. Für immer mehr ArbeitnehmerInnen machen die Existenzsicherungsleistungen der Arbeitslosen­versicherung daher einen Teil ihres Jahreseinkommens aus (zur Zeit: rund 3 Monate im Jahr Bezug aus Arbeitslosenversicherung). Die im internationalen Vergleich sehr niedrige Nettoersatzrate in Österreich (lediglich in Griechenland, Irland und Groß­britannien ist die materielle Absicherung bei Arbeitslosigkeit noch niedriger als in Öster­reich) bedroht die Existenzlage von immer mehr Arbeitnehmerhaushalten. Daten der Soziahilfe zeigen, dass Arbeitslosigkeit die Verarmungsursache Nr. 1 ist. Die negativen Entwicklungen am Arbeitsmarkt haben also noch eine weitere dramatische Aus­wirkung: die Armut in Österreich steigt weiter an.

Bisher ist es der Bundesregierung nicht gelungen, die Rekordarbeitslosigkeit in Öster­reich wirksam zu bekämpfen. Schuld daran ist ein verfehlter wirtschaftspolitischer Kurs in Österreich, Schuld daran ist aber auch ein verfehlter wirtschaftspolitischer Kurs in der EU, der von der Bundesregierung mitgetragen wird.

Die von der EU in der „Lissabon-Strategie“ ursprünglich angestrebte Verschränkung der Wirtschafts-, Beschäftigungs-, Umwelt- und Sozialpolitik, die den gemeinsamen Werten der Solidarität und nachhaltigen Entwicklung verpflichtet ist, findet nicht im er­forderlichen Ausmaß statt. Problematisch ist vor allem, dass der Zusammenhang zwischen einer primär stabilitätsorientierten Wirtschafts- und Währungspolitik und schwachem Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum, zwischen restriktiven Geld-, Fiskal und Lohnpolitiken und der andauernden Nachfrageschwäche von Kommission und Rat weiterhin systematisch verdrängt und ausgeblendet wird. Den Zielen der Preisstabilität und Budgetkonsolidierung wird deutlich mehr Bedeutung beigemessen als den Zielen der Vollbeschäftigung und der Verteilungsgerechtigkeit. Dadurch wird nicht nur die Schere zwischen den niedrigsten und den höchsten Einkommen noch größer. Die Menschen in der Europäischen Union verlieren auch das Vertrauen in den Willen und die Fähigkeit der Politik, die grundlegendsten Lebensfragen zu lösen. Seitens der österreichischen Bundesregierung wird der aktuelle wirtschaftspolitische Kurs der EU aber nicht in Frage gestellt. So gehört die österreichische Bundes­regierung in der EU zu jenen Regierungen, die eine Reform bzw. Neuinterpretation des Stabilitätspaktes verhindern.

Während von Österreich in den ersten Jahren seiner EU-Mitgliedschaft wichtige Im­pulse zur Stärkung der Beschäftigungspolitik auf europäischer Ebene ausgingen (bei­spielsweise erhielt durch den Amsterdamer Vertrag von 1997 die Beschäftigungspolitik ein eigenes Kapitel im EU-Primärrecht), sind vergleichbare Initiativen von der jetzigen, von ÖVP und FPÖ geführten Bundesregierung, nicht erkennbar. Obwohl die EU drin­gend Maßnahmen zur Konjunkturbelebung braucht, blieb die österreichische Bundes­regierung inaktiv. Als sich einige EU-Mitgliedstaaten (Italien, Deutschland, Frankreich etc.) für eine europäische Wachstumsinitiative in den Bereichen Infrastruktur, For­schung und Technologie stark machten (die letztlich auch beschlossen wurde), leistete Österreich keinen aktiven Beitrag. Das Verhalten der österreichischen Bundesre­gierung in dieser Frage war unverständlich, da dadurch wichtige Infrastrukturprojekte in Österreich mit größerer Beteiligung der EU finanziert werden können. Ebenso uner-


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klärlich ist, weshalb die österreichische Bundesregierung bislang keine Anstalten zeigt, die Empfehlungen der von der EU eingesetzten Taskforce Beschäftigung aufzugreifen und umzusetzen. Die Mitgliedstaaten wurden u.a. aufgefordert, das Angebot an qua­lifizierten und anpassungsfähigen Arbeitskräften zu erhöhen und dabei mehr Gewicht darauf zu legen, benachteiligte Gruppen (junge und ältere Menschen, MigrantInnen, behinderte Menschen) in den Arbeitsmarkt einzugliedern und einen Maßnahmen­katalog zur Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit zu entwickeln.

Festzuhalten ist, dass die Bundesregierung mit ihrer Wirtschaftspolitik wenig dazu beiträgt, dass die EU ihr Ziel, dauerhaftes Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung und bessere Arbeitsplätze zu schaffen, den sozialen Zusammenhalt der EU zu stärken und damit bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissens­basierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden („Lissabon-Strategie“), erreichen kann. Österreich liegt nach dem Frühjahrsbericht der EU-Kommission mit den Bruttoinlands­aufwendungen für Forschung und Entwicklung unter dem EU-Durchschnitt, ebenso bei der Beschäftigungsquote älterer Menschen. Die Unternehmensinvestitionen gingen in den letzten Jahren (seit 1999) signifikant zurück. Zudem ist Österreich wieder einmal Schlusslicht bei der Umsetzung der EU-Binnenmarktrichtlinien in nationales Recht.

Große Versäumnisse seitens der Bundesregierung sind auch bei der Vorbereitung Österreichs auf die Erweiterung festzustellen. Das betrifft fehlende Maßnahmen im Bereich der Weiterbildung, fehlende Unterstützung für Klein- und Mittelbetriebe, feh­lende wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, fehlende Maß­nah­men zur Unterstützung der Grenzregionen sowie große Versäumnisse im Infra­struk­turbereich (Verkehrsverbindungen Richtung Osteuropa im Bereich Straße und Schiene), obwohl man gerade hier wichtige konjunkturbelebende Impulse hätte setzen können.

Es ist mehr als hoch an der Zeit, dass die „beschäftigungspolitische Abstinenz“ über­wunden wird und ein integrierter, nachhaltig verfolgter aktiver Politikansatz anstelle des arbeitsmarktpolitischen Nichthandelns der letzten Jahre tritt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit folgende dringliche

Anfrage:

1. Weshalb ist es Ihnen bislang nicht gelungen, die Rekordarbeitslosigkeit in Österreich wirksam zu bekämpfen?

2. Weshalb haben Sie – im Gegensatz zu früheren österreichischen Bundes­regie­rungen – im Rahmen der EU keinerlei Initiativen im Bereich der Beschäftigungspolitik ergriffen?

3. Weshalb haben Sie bisher keine wirksamen Maßnahmen getroffen, um die Empfeh­lungen der von der EU eingesetzten Taskforce Beschäftigung umzusetzen?

4. Damit die Arbeitsmarktpolitik ihren Beitrag zur Bekämpfung der Qualifikationsmängel auf dem Arbeitsmarkt leisten kann, ist es notwendig, im Jahr 2004 ein umfassendes Ausbildungs- und Unterstützungsangebot für alle Arbeitsuchenden spätestens nach dreimonatiger Arbeitslosigkeit aufzubauen. Wann werden Sie das in Angriff nehmen?

5. Die Entwicklung am Arbeitsmarkt zeigt, dass es notwendig ist, das Prinzip des le­benslangen Lernens konsequent in die Arbeitsmarktpolitik zu integrieren: treten sie


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dafür ein, dass die Arbeitslosenversicherung in eine „Ausbildungsversicherung“ zur Er­höhung der Qualifikation für Beschäftigte und Arbeitssuchende weiterentwickelt wird? Wenn ja, sind sie bereit, die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen?

6. Die Qualifizierungsmaßnahmen des AMS konzentrieren sich auf die Gruppe der unter 20 und über 50jährigen. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist aber zur Zeit im Haupterwerbsalter (25 bis 45 Jahre) am größten. Weshalb werden Qualifizierungs­maßnahmen des AMS nicht für alle Altergruppen angeboten, wobei primär Personen mit niedriger Qualifikation von Weiterbildungsmaßnahmen profitieren sollen?

7. Wann werden Sie endlich zumindest eine Valorisierung beim Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe durch Aufwertung der Bemessungsgrundlagen vornehmen, um der drohenden Verarmung einer großen Gruppe von ArbeitnehmerInnen entgegen­zu­wirken?

8. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um den Ausbau der Beschäftigungsmög­lichkeiten im so genannten „2. Arbeitsmarkt“ für schwer vermittlungsbeeinträchtigte Ar­beitsuchende (geförderte Beschäftigung statt Alimentierung über Notstandshilfe und Sozialhilfe ohne Ausweg) zu fördern?

9. Wann werden Sie sich endlich für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch finanzielle Unterstützung der Länder bei der Schaffung von geeigneten Kin­derbetreuungseinrichtungen (Stichwort „Kinderbetreuungsmilliarde“) einsetzen, um Frauen eine bessere Teilnahme am Arbeitsmarkt zu ermöglichen?

10. Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um die Arbeitslosigkeit bei älteren Menschen zu senken und die Beschäftigungsquote älterer Menschen in Österreich auf den Durchschnitt der bisherigen EU-15 anzuheben?

11. Wann werden Sie endlich eine rigorose Bekämpfung der organisierten illegalen Beschäftigung durch- und umsetzen?

12. Werden Sie sich – und wenn ja – wie werden Sie sich für eine Aufwertung des Beschäftigungsteiles der Europäischen Verträge (wie durch den Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents teilweise vorgeschlagen) einsetzen?

13. Welche Initiativen haben Sie als Arbeitsminister in der EU gesetzt, um die beschäftigungsorientierten Ziele in der Union mehr in den Vordergrund zu rücken?

14. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um eine Erhöhung der öffentlichen aber auch privaten Investitionen in Ausbildung, Forschung und Entwicklung und Infrastruktur zu erreichen, um damit wachstums- und beschäftigungspolitische Strategien zu ermög­lichen?

15. Werden Sie im Sinne zusätzlicher konjunkturbelebender Maßnahmen dafür eintre­ten, dass Österreich in der EU für die Aufnahme des Semmering-Ausbaus in die Liste der von der EU geförderten Transeuropäischen Netze votiert?

16. Werden Sie sich als Arbeitsminister im Sinne der Konjunkturbelebung dafür einsetzen, dass der Ausbau wichtiger Eisenbahnprojekte in die Erweiterungsländer, obwohl von der Regierung erst nach 2011 geplant, vorgezogen wird?

17. Die wirtschaftspolitische Ausrichtung der Union unter Beibehaltung der rigiden Vorgaben des Stabilitätspaktes schränken die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zu sehr ein. Welche Aktivitäten werden Sie setzen, damit die Mitgliedstaaten bei Konjunk­turschwäche die Möglichkeit erhalten durch Investitionen gegensteuern zu können?


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In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Nürnberger als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

 


16.15

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kritisieren heute nicht Ihre falsche Arbeitsmarktpolitik, wir kritisieren, dass Sie überhaupt keine aktive Arbeits­marktpolitik betreiben. Trotzdem bejubeln Sie regelmäßig, wie toll Österreich im Ver­gleich mit anderen Ländern dasteht. Dazu kann ich nur sagen: Ein junger Mensch, der schon monatelang keine Lehrstelle findet, eine Frau, die nach der Kinderpause den Wiedereinstieg in den Beruf nicht mehr schafft, ein älterer Arbeitnehmer, der sich nicht mehr gebraucht fühlt, die wollen keine Vergleiche von Ihnen hören, die wollen von Ihrer Regierung hören, wie Sie ihnen konkret helfen. Und hier tun Sie nichts, absolut nichts, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Haidl­mayr.)

Die aktuellen Zahlen, die vorliegen, sind dramatisch, und sie zeigen, dass jede Alters­gruppe, jede Branche und jede Art von Qualifikation von Ihrer Untätigkeit, Herr Minis­ter, betroffen ist. Im April 2004 gab es mehr als 240 000 Menschen, die arbeitslos sind, 4,1 Prozent mehr als im Vorjahr, zusätzlich befinden sich fast 48 000 Menschen in Aus­bildungsmaßnahmen – fairerweise muss man die dazuzählen, dann sind wir bei mehr als 280 000 –, fast 38 000 Jugendliche bis 25 Jahre sind auf Jobsuche, ein Plus von 2,4 Prozent, 5 500 Jugendliche sind in Ausbildungsmaßnahmen und daher auch ohne Job. Bei den Frauen sind es im April 2004 um 7 424 oder 7,3 Prozent mehr, bei älteren Arbeitnehmern fast 46 000 mehr Arbeitslose, und in der Altersgruppe zwischen 25 und 45 Jahren nahm die Arbeitslosigkeit um mehr als 12 000 Menschen zu.

Was mich ganz besonders betroffen macht: 2003 waren schon rund 774 000 Personen irgendwann im Laufe des Jahres von Arbeitslosigkeit betroffen, und die Prognosen zei­gen, dass wir heuer die 800 000er-Grenze überschreiten werden. Das heißt, jeder dritte Beschäftigte im privaten Sektor muss damit rechnen, einmal im Jahr arbeitslos zu werden.

Es mag schon stimmen, dass vielleicht der eine oder andere ganz froh ist, wenn er nicht arbeiten gehen muss, aber ich sage Ihnen, fast alle dieser rund 800 000 Men­schen, die einmal davon betroffen werden, gehen gerne arbeiten, würden gerne arbeiten, weil es ja so nicht ist, wie es uns zum Beispiel der Herr Wirtschaftskam­merpräsident in Salzburg klarmachen will: Das sind ja alles nur Tachinierer, die nicht arbeiten wollen. Diese Menschen würden, wenn sie einen Arbeitsplatz hätten, sehr gerne arbeiten gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Faktum ist – und das ist nicht wegzuleugnen –: Die Arbeitslosigkeit ist die Verarmungs­ursache Nummer eins. Ein Blick auf die Sozialhilfestatistik der Bundesländer bestätigt das zunehmende Versagen des sozialen Sicherungsnetzes bei Arbeitslosigkeit durch die Arbeitslosenversicherung. Besonders betroffen sind AlleinerzieherInnen, Mehrkin­der­familien und Jugendliche. Grund ist eine unzureichende finanzielle Absicherung durch die Arbeitslosenversicherung.


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Und ich sagen Ihnen: Menschen, die arbeiten wollen, Menschen, die bereit sind, etwas zu leisten, Menschen, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen wollen, verdienen es nicht, dass sie durch Ihre verfehlte, nicht vorhandene Wirtschaftspolitik zu Sozialhilfe­empfängern degradiert werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Da ich gesagt habe, dass Mehrkinderfamilien betroffen sind, gestatten Sie mir, obwohl erst morgen breiter Raum für die diesbezügliche Diskussion sein wird, einen kurzen Exkurs zur Steuerreform:

Diese Steuerreform, wie Sie sie vorlegen und wie sie morgen diskutiert werden wird, ist der nächste Schritt in die Armutsfalle. Sie ist nämlich vor allem sozial ungerecht: Rund 800 000 Kinder werden von Ihrer Steuerreform überhaupt nichts haben, weil sie in Familien leben, in welchen beide Elternteile arbeiten gehen müssen, weil deren ge­mein­sames Einkommen gerade halbwegs ausreicht, dass sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Es gäbe eine sehr einfache Lösung, wenn Sie kinderreichen Familien wirklich helfen und nicht den Weg gehen wollen, dass nur diejenigen davon profitieren, die viel verdienen und es sich leisten können, dass ihre Gattin zu Hause bleibt, wie es ja auf einige oder den Großteil jener, die hier anwesend sind – ich nehme mich davon gar nicht aus –, zutrifft. Ich geniere mich, dass man so etwas beschließen muss! Wenn Sie wirklich helfen wollen, dann erhöhen Sie nicht den Alleinverdienerfreibetrag, sondern die Familienbeihilfe, denn dann ist allen Kindern geholfen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Herr Minister Bartenstein, Sie freuen sich regelmäßig über steigende Zahlen von Ar­beitsplätzen für Frauen. Was Sie aber nicht dazu sagen: Immer mehr Frauen arbeiten Teilzeit, und sehr oft handelt es sich um prekäre, unsichere Arbeitsverhältnisse, die kein Einkommen bieten, von dem man leben kann, und die Frauen erst recht wieder von ihren Partnern finanziell abhängig machen.

Zu den Zahlen: Der Zuwachs bei der Frauenbeschäftigung in den letzten Jahren geht vor allem auf Teilzeitbeschäftigung und geringfügige Beschäftigung zurück. Per 19. April dieses Jahres arbeiten 572 211 Frauen Teilzeit, das sind 35,7 Prozent aller arbeitenden Frauen! Im Gegensatz dazu arbeiten nur 95 000 Männer Teilzeit, das sind 4,6 Prozent. Die Zahl der McJobs bei Frauen im Rahmen geringfügiger Beschäftigung befindet sich im März 2004 auf einem Rekordniveau: 160 000 Frauen im Vergleich zu 65 000 Männern!

Wir müssen leider feststellen und zur Kenntnis nehmen: Frauen sind die Haupt­betroffenen dieser Politik. Drei Kolleginnen meiner Fraktion werden sich im Folgenden noch mit diesem Problem gesondert auseinander setzen. Ich möchte jetzt grund­sätz­lich etwas dazu sagen.

Die Frauen spüren das am eigenen Leib, zum Beispiel beim Kindergeld und beim Einbau der Familie in den Kündigungsschutz. Frauen wollen aber beides haben: Sie wollen Familie und Beruf! Diese Regierung arbeitet jedoch genau in die gegenteilige Richtung. (Abg. Dr. Brinek: Das stimmt ja nicht!) Die Mehrzahl der Frauen kann sich aber keine Zugehfrau leisten, geschätzte Frau Kollegin, um Beruf und Familie zu ver­einbaren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Wenn diese Frauen dann ein Zeichen setzen und zum Beispiel die ÖVP-Kandidatin bei der Bundespräsidentschaftswahl nicht wählen, dann müssen sie sich als „linke Eman­zen“ verunglimpfen lassen! Ich kann Ihnen nur sagen: Diese Frauen haben absolut richtig entschieden! Sie haben die richtige Wahl getroffen und dieser unsozialen und


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frauenfeindlichen Politik eine klare Absage erteilt! Ich bin stolz auf euch, Kolleginnen! (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.)

Herr Minister Bartenstein! Sie haben laut „Kurier“ am 26. März 2004 gesagt: „Kein Jugendlicher soll auf der Straße stehen. Die Ausbildung unserer Jugendlichen ist ein wesentlicher Wirtschaftsstandortfaktor und liegt mir daher besonders am Herzen.“

Wo sind denn Ihre Anstrengungen für die Jugend des Landes? – Gegenwärtig suchen 13 500 Jugendliche Lehrstellen. Insgesamt sind knapp 38 000 Jugendliche bis 25 Jah­re arbeitslos. Da kann ich beim besten Willen keine großen Anstrengungen erkennen, und nur von Ihrer Ankündigungspolitik bekommen die jungen Menschen keinen Arbeitsplatz, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiteres Faktum, das man, wenn man über Arbeitslosigkeit spricht, nicht außer Acht lassen darf und soll, sind die Kosten dieser Arbeitslosigkeit, Herr Bundesminister! Ihre Politik bewirkt nicht nur tragische Einzelschicksale von Menschen, die dann halt finanzielle Probleme haben, sondern Sie verursachen dadurch bewusst große Belas­tungen für das Budget. Im Jahr 2003 kostete die Arbeitslosigkeit die öffentliche Hand 6,1 Milliarden €, und zwar 3,5 Milliarden € weniger an Einnahmen aus Steuern und Abgaben und 2,6 Milliarden € Ausgaben für Arbeitslosenversicherung und Notstands­hilfe. Die betroffenen Arbeitslosen hatten einen Einkommensverlust von insgesamt 2,3 Milliarden €.

Gleichzeitig zeigt eine Untersuchung des „WirtschaftsBlatts“ vom 23. April dieses Jahres, dass im Jahr 2003 die Firmengewinne um 24 Prozent und die Chefgehälter um 14 Prozent gestiegen sind. – Da spricht wohl für sich, Herr Bundesminister!

Gestern gab es zudem eine Diskussion und Aussagen des Herrn Wirtschaftsberaters Dr. Raidl, der den Bundeskanzler immer berät, und des Herrn Generaldirektors Hoch­leitner, dass sie sich angesichts dieser Zahlen und Gewinnexplosionen am liebsten wünschen würden, dass die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich auf 40 bis 42 Stunden in unserem Lande hinaufgesetzt wird. – Da frage ich, Herr Bundesminister: Wo bleibt Ihr Aufschrei zu einer derartigen Forderung? Ich glaube, Sie werden mir doch angesichts der dramatischen Arbeitslosenzahl Recht geben, dass es sicherlich der falsche Weg ist, die Menschen noch länger in Beschäftigung zu lassen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Mainoni.)

Ich sage Ihnen: Als Gewerkschafter waren wir in der Vergangenheit und sind wir in der Zukunft verhandlungsbereit. Wenn es darum geht, den Wirtschaftsstandort durch Flexi­bilisierungsmaßnahmen und Ähnliches mehr abzusichern, sind wir gesprächsbereit, das haben wir bewiesen. Ich sage aber auch gleich, dass es da keine Einbahnstraße geben kann. Auch da muss es Vorteile für alle geben, für Arbeitgeber und Arbeitneh­mer. Ich versichere Ihnen aber: Betreffend eine Erhöhung der Arbeitszeit, ob ohne oder mit Lohnausgleich, sind wir nicht gesprächsbereit, denn das der falsche Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die dramatischen Entwicklungen, die Sie ja hoffentlich nicht abstreiten wollen, Herr Minister, waren Ihnen allen bekannt. Aber was tun Sie? – Ich werde Ihnen jetzt ein paar Beispiele über Ihre Tätigkeit nennen.

Heute können wir in den Zeitungen über Ihre Kontingentverordnung für die Saisonniers für den Sommer 2004 lesen. Diese wurde vergangenen Donnerstag erlassen. Es hat daraufhin Vorwürfe beziehungsweise Kritik durch die zuständige Fachgewerkschaft gegeben. – Ich sage Ihnen gleich: Sie brauchen mir keine rechtliche Belehrung zu ge­ben! Ich weiß, dass Sie das im Alleingang tun können. Ich will nur aufzeigen, mit welcher Politik Sie vorgehen.


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Es stimmt, dass es mit einigen Landesbeiräten eine Vereinbarung gegeben hat, aber überall hat es das nicht gegeben. So hat es das zum Beispiel im Bundesland Kärnten nicht gegeben, und meines Wissens – ich konnte das nicht mehr zu 100 Prozent verifizieren, aber es dürfte stimmen – war in Kärnten sogar Landeshauptmann Haider gegen diese Vereinbarung.

Für Freitag war der Bundesausschuss terminisiert, der das besprechen hätte sollen. Sie haben die Verordnung aber schon am Donnerstag im Alleingang erlassen. Recht­lich waren Sie sicherlich dazu befugt. Aber wenn Sie immer auf die Sozialpartnerschaft Wert legen und uns bei allen möglichen Fragen einbinden wollen, dann frage ich Sie: Warum haben Sie nicht 24 Stunden gewartet? Dann hätten Sie sich die Argumente der Arbeitnehmervertreter und vielleicht auch des Landeshauptmannes von Kärnten anhören können, und dann hätten wir vielleicht gemeinsam eine Lösung finden kön­nen! So aber haben Sie das ruck, zuck im Alleingang beschlossen, nach dem Motto: Ich bin ich, ich kann entscheiden, wie ich will!

Im Hinblick darauf frage ich mich, Herr Bundesminister: Wäre es nicht Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit und Aufgabe, in Anbetracht dessen, dass 45 000 Menschen im Tourismusbereich arbeitslos sind, dass Sie einmal dem Problem auf den Grund gehen und anschauen und analysieren, warum es denn im Tourismusbereich 45 000 Ar­beitslose gibt?– Dann wären Sie nämlich vielleicht draufgekommen, dass man, wenn man entsprechenden Maßnahmen setzt und Schulungsmaßnahmen durchführt, über­haupt keine Saisonniers braucht! Diesen Weg sind Sie aber nicht gegangen, Herr Bundesminister, und ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, dass diesbezüglich auf die Sozialpartner nicht gehört wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiteres Beispiel: Es gibt es eine Presseaussendung von Herrn Bundeskanzler Schüssel nach dem gestrigen Ministerrat. Es ist das überhaupt eine ein bisschen komische Presseaussendung. Gemäß dieser Aussendung sagt er, dass die Beschäf­tigtenzahlen um 13 800 höher liegen, er sagt aber nicht wie, wann und warum.

Natürlich haben wir das analysiert. Natürlich sind die Zahlen von März zum April um 13 800 höher! Seien Sie doch froh, dass es so ist! Das gute Wetter ist da, und der Anstieg ist natürlich in der Bauwirtschaft zu suchen. – Was aber ist die wahre Situation? Wenn Sie nämlich die Beschäftigtenzahlen jeweils zum gleichen Stichtag, nämlich April 2003 zu April 2004, vergleichen, und zwar laut den beiden Original­aus­sendungen des Hauptverbandes, dann werden Sie draufkommen, dass wir im Jahr 2003 3,166 345 Millionen Beschäftigte hatten und heuer 3,165 411 Millionen Beschäftigte haben.

Ich habe die Differenz auf dem Papier und mit dem Taschenrechner ausgerechnet, und diese beträgt nach Adam Riese minus 934, Herr Bundesminister! Wir haben also gegenüber dem Vorjahr – und dieser Vergleich ist korrekt – einen Rückgang der Beschäftigtenzahl um 934. – Ich weiß schon, dass Sie uns jetzt statistisch erklären werden, dass Sie ein neues System geschaffen haben und das die Differenz darauf zurückzuführen ist.

Weiters sagte der Herr Bundeskanzler, dass man jedenfalls sehr genau aufpassen müsse, konjunkturell das Richtige zu tun.

Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, sagten laut „Presse“ – und ich gehe davon aus, dass Sie, wenn Sie interviewt wurden, die betreffende Ausgabe der „Presse“ auch gelesen haben und das korrigieren können hätten –, und ich zitiere Sie wörtlich:

„Aber es lässt sich nicht wegdiskutieren, dass die Arbeitslosigkeit um zwei bis drei Pro­zent pro Jahr steigt.“


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Das sagt der eigene Minister! Und jetzt kommt das Unfassbare, denn Sie sagen wortwörtlich:

„Ohne dass das Wirtschaftswachstum nach Österreich zurückkehrt, wird der Trend nicht umzudrehen sein.“

Was glauben Sie denn, Herr Bundesminister? Sie bestätigen ja mit eigenen Worten, was ich eingangs gesagt habe: Sie tun nichts! Sie tun nichts! Sie sitzen da und warten, dass das Wirtschaftswachstum nach Österreich zurückkommt. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass man eine aktive Arbeitsmarktpolitik betreiben und Maßnahmen setzen kann, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Sie glauben offenbar, dass das Wirtschaftswachstum in Urlaub geschickt worden ist und irgendwann zurück­kommt! Das ist Ihre eigene Aussage, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundesminister, schaffen Sie endlich ein Gesetz betreffend ein entschlossenes Vorgehen gegen organisierte illegale Schwarzunternehmer, und kommen Sie mir bitte nicht mit dem kleinen Häuselbauer! Sorgen Sie damit auch für Einnahmen aus Steuern und Abgaben, auf die Sie bis jetzt wissentlich verzichtet haben! Eventuell erkundigen Sie sich bei Ihrer Regierungskollegin Frau Ministerin Rauch-Kallat!

Ich nenne Ihnen nur eine einzige Zahl, die im Zuge der Sonderüberprüfung der Wiener Gebietskrankenkasse ermittelt wurde: Allein in der Wiener Gebietskrankenkasse wird durch Schwarzunternehmertum jährlich ein Beitragsrückstand von 160 Millionen € ver­ursacht. Wenn die Wiener Gebietskrankenkasse diesen Betrag hätte – es handelt sich hier um Beiträge, die von den Bezügen der Arbeitnehmer schon abgezogen und nur nicht weitergegeben worden sind –, dann hätten wir dort kein Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren! In diesem Sinne könnten Sie ein bisschen auf Ihre Arbeitgeber-Kollegen einwirken, dass sie ordentlich zahlen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Investieren Sie in die Qualifikation der Arbeitnehmer in Form von mehr Geld für das Arbeitsmarktservice und für die Fachausbildung von Arbeitslosen! Starten Sie endlich eine Investitionsoffensive in die Infrastruktur von 1 Milliarde € ! Das würde schlagartig rund 30 000 Arbeitsplätze schaffen und hätte positive Auswirkungen. Lösen Sie Ihre Versprechen gegenüber der Jugend ein, anstatt dazu beizutragen, dass, wie bei den ÖBB, in den nächsten Jahren voraussichtlich knapp 1 000 Lehrstellen abgebaut wer­den! Warum schauen Sie dabei zu? Warum reden Sie nicht mit dem zuständigen Vizekanzler, dass er verhindert, dass bei den ÖBB 1 000 Lehrstellen abgebaut wer­den? Da könnten Sie sich Lorbeeren verdienen, Herr Bundesminister! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Schaffen Sie genügend Kindergartenplätze, und führen Sie die Kindergartenmilliarde wieder ein! Nur so können Familien- und Berufsleben vereinbart werden. Und machen Sie eine Steuerreform, die wirklich Arbeit schafft!

Herr Bundesminister, Sie haben die Pflicht, die Chance der Menschen auf Beschäf­tigung zu erhöhen. Nur auf eine konjunkturelle Verbesserung zu warten – das sage ich in aller Deutlichkeit – ist höchst fahrlässig und gefährdet den gesamten Wirtschafts­standort.

Lassen Sie mich meine Begründung schließen, indem ich Herrn Göweil aus dem „Kurier“ – sicher keine Zeitung, von der man sagen kann, dass sie uns oder der Gewerkschaft nahe steht – zitiere, der heute schreibt:

„Die Reaktionen der Regierung auf die katastrophalen Arbeitsmarktdaten vom April sind entlarvend. Der Bundeskanzler meinte, leider könne noch nicht wirklich von einer


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Entlastung am Arbeitsmarkt gesprochen werden, eine Untertreibung der Sonder­klas­se.“

In diesem Artikel wird weiters auf das Kindergeld eingegangen, und zum Schluss heißt es:

„All dies erzeugt Kosten, für die sozialen Netze allein 2,6 Milliarden Euro. Damit steigt das Budgetdefizit und sinkt der Wohlstand des Landes. Und das ist wohl auch – um im sprachlichen Bild des Kanzlers zu bleiben – ‚keine wirkliche Entlastung‘. Deutlicher ausgedrückt kann man so eine Politik als zynisch bezeichnen.“

Einen derartigen Zynismus, meine geschätzten Damen und Herren von den Regie­rungs­parteien, haben sich die Menschen in unserem Lande nicht verdient! Und ich bin froh darüber, dass sich die Menschen diesen Zynismus nicht gefallen lassen, dass sie Ihnen in den letzten Monaten bei allen Wahlen die dementsprechende Rechnung prä­sentiert haben. Sie haben Ihnen die Rechnung präsentiert, etwa bei den Arbeiterkam­merwahlen in Vorarlberg und in Oberösterreich. (Zwischenruf des Abg. Walch.)

Lieber Kollege Walch, es gab einen Rückgang von 11 auf 5 Prozent, und damit ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen: Du bist weiter Kammerrat, damit ist für Unter­haltung in der oberösterreichischen Kammer gesorgt. Und in Kärnten gab es das beste Ergebnis für meine Fraktion.

Meine sehr geehrten Damen und Herren des ÖAAB! Ihr habt heute nur mehr ein Prob­lem in der Kammer, nämlich zu schauen, dass euch die FPÖ nicht überholt! Und wenn wir die Wahlergebnisse von Niederösterreich bekommen, dann habt ihr ein Problem: Dann wird Dirnberger – wie schon gesagt wurde: „der siebente Zwerg von links“ – stärker sein als der ÖAAB! Und für Wien ist mir überhaupt nicht bange!

Außerdem ist mir auch nicht bange, dass Sie die ordentliche gesamte bundespolitische Rechnung bei den EU-Wahlen bekommen werden! – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.36

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


16.36

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Fraglos ist es alles andere als be­friedigend, wenn im Jahresabstand die Zahl der Arbeitslosen in diesem Land um 4,1 Prozent steigt. – Solange die Arbeitslosenzahlen nicht rückläufig sind, so lange kann ich und werden Sie nicht zufrieden sein.

Hier so zu tun, als ob das Ganze nichts mit Wachstum zu tun hätte, mag in die Polemik eines AK-Wahlkampfes passen, hat aber jedenfalls mit wirtschafspolitischer Sach­kenntnis nichts zu tun, Herr Nürnberger! (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP sowie Bei­fall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Da ist es ein schwacher Trost, wenn ich darauf verweisen kann, dass der Ostertermin in diesem Jahr wahrscheinlich einen guten Anteil an dieser Steigerung von 4,1 Prozent hatte, wir aber trotzdem – auch wenn man das herausrechnet – bei plus 2 bis plus 3 Prozent liegen.

Ein regionaler Vergleich, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist aber schon zu­lässig und angemessen, denn es kann ja kein reiner Zufall sein, dass sich mittlerweile etwa ein Drittel der Arbeitslosigkeit Österreichs in Wien mit über 80 000 Arbeitslosen und einer weiteren Steigerung um 5 300 Arbeitslose im Monat April im Jahresabstand


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abspielt, während in meinem Heimatbundesland Steiermark die Arbeitslosigkeit um 7 Prozent sinkt, also minus 2 300 Arbeitslose. Auf diesen regionalen Unterschied möchte ich gerade Sie, Herr Nürnberger, doch tunlichst aufmerksam machen!

Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass wir nicht von der internationalen Entwicklung abgekoppelt sind, weder arbeitsmarktmäßig noch wachstumsmäßig. Ein Plus von 4,1 Prozent bei 4,5 Prozent Arbeitslosigkeit nach EU-Berechnung ist mir zu viel, trotzdem sei das in ein Verhältnis zu Zahlen gesetzt, die gerade heute über die Fernschreiber laufen: In Deutschland ist nämlich die Zahl der Jobsuchenden, sehr verehrter Herr Abgeordneter Nürnberger, mit 4,44 Millionen nur wegen der zu Jahres­beginn in Kraft getretenen Statistikänderung unter einer neuen April-Rekordmarke geblieben. Die Erwerbstätigkeit nahm weiter ab, auf dem Lehrstellenmarkt bleibt die Lage angespannter als im Vorjahr. – Die Arbeitslosigkeit ist also dort, wo Rot-Grün regiert, doppelt so hoch wie in Österreich, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner.)

Im europäischen Schnitt liegen wir hier recht vernünftig. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Hören Sie zu, was sonst wo in Europa geschieht! Wir sind im Europa der 15 und jetzt im Europa der 25, auch das ist wichtig. Da sollte Sie interessieren, dass uns die EU-Kommission vorhersagt, dass wir in diesem Jahr 2004 bereits die niedrigste Arbeitslosenrate der EU-15 haben werden: die niedrigste, nicht die zweit- oder drittniedrigste! Und in Sachen Jugendarbeits­losigkeit sind wir Gott sei Dank schon seit längerem in der Position, die relativ niedrigste Rate zu haben.

Das heißt nicht, dass nicht jeder Arbeitslose – und gerade jeder jugendliche Arbeits­lose – einer zu viel ist, dem wir helfen und für den wir etwas tun müssen, aber dieser europäische Vergleich sei Ihnen doch ins sozialdemokratische Stammbuch geschrie­ben, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Ein wenig überrascht war ich von Ihrer Sachkenntnis respektive -unkenntnis, sehr verehrter Herr Abgeordneter Nürnberger, wenn Sie schnell einmal „Freibetrag“ mit „Absetzbetrag“ verwechseln.

Das kann man ja bis morgen, bis zur Steuerreform-Diskussion, noch nachholen. Sie haben das verwechselt, und der Unterschied steht im Prospekt. Das ist nämlich von großer sozialpolitischer Bedeutung: Absetzbeträge kommen auch den Kleinverdienern zu Gute, Freibeträge nur Personen mit einer hohen Steuerprogression und guten Ver­dienern. – Das sollten Sie eigentlich wissen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Nürnberger, was mich aber noch mehr erstaunt hat, war, dass Sie meinen, gering­fügige Beschäftigung nehme zu, und das würde zu einer Erhöhung der Beschäf­ti­gungsquote von Frauen führen. – Falsch! Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wer­den weder in die Arbeitslosenquote noch in die Beschäftigtenquoten eingerech­net. – Das sollten Sie eigentlich wissen, wenn Sie hier eine Anfrage an mich stellen, sehr verehrter Herr Abgeordneter!

Wenn man das Bild nämlich ein bisschen zurechtrückt, dann haben wir in Sachen Frauenbeschäftigung exzellente Entwicklungen zu verzeichnen. 66 Prozent beträgt mittlerweile die Beschäftigungsquote von Frauen nach EU-Kriterien. Das Lissabon-Ziel, das es bis 2010 zu erreichen gilt, läge bei 60 Prozent. Da sind wir mit 66 Prozent sehr gut unterwegs.


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Meine sehr verehrten Damen und Herren! Insgesamt stehe ich natürlich dazu, dass wir an Zielgruppen ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik betreiben. Mir kommt es manchmal so vor, als würde es uns zum Vorwurf gemacht, dass im April 43 800 Menschen –vor­wiegend Arbeitslose – an Qualifikationsprogrammen teilgenommen haben. Woraus besteht denn Ihrer Meinung nach aktive Arbeitsmarktpolitik? Was macht denn das AMS mit seinen 700 Millionen €? – Aktive Arbeitsmarktpolitik im Sinne der Quali­fizie­rung und Höherqualifizierung von Arbeitslosen! Diese Menschen befinden sich in Schulung – je mehr, desto besser. Etwas anderes wäre ja gar nicht möglich, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Daher sagen wir ja zu diesen Schulungsmaßnahmen, ja zu neuen Rekordbudgets für das AMS für aktive Arbeitsmarktpolitik und letztlich auch ja zu Zahlen, die zeigen, dass Österreich natürlich – bei aller Sorge um hohe Arbeitslosenraten – einen neuen Be­schäftigtenrekord erreicht hat. Dieser ergibt sich daraus, dass man selbstverständlich heuer die 15 000 Arbeitslosen herausrechnen muss, die in der Vergangenheit den durchschnittlichen Lebensunterhalt bezogen und damit als Beschäftigte gegolten haben und jetzt Arbeitslosengeld beziehen und als nicht mehr beschäftigt gelten.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Nürnberger! Das müssten auch Sie herauszurechnen bereit sein. Dadurch kommen Sie auf plus 14 000 und nicht auf minus 1 000 Be­schäf­tigte im Jahresabstand. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Selbstverständlich stehe ich als Arbeitsminister gemeinsam mit dem Bundeskanzler und der gesamten Bundesregierung zu meiner Aussage und zu meiner Garantie, dass kein Jugendlicher ohne Lehrstelle bleiben soll.

Was ich überhaupt nicht verstehe: Da kommt Herr Wallner als Vertreter der AK in den Verwaltungsrat des AMS und beschließt dort mit, dass es im Herbst dieses Jahres ein Auffangnetz von 7 000 Lehrgangsplätzen gebe. Auch einiges andere wurde zum Teil auch auf Ihre Vorschläge hin geändert, zum Beispiel die Ausweitung der Lehrgänge auf zwölf Monate oder die Ermöglichung eines Viertellehrganges. – All das waren Ihre Vorschläge, und ich habe sie aufgegriffen.

Dann sind es aber Sie, die sagen, alles sei schlecht und falsch, die Jugendlichen stünden auf der Straße. Im höchsten Gremium des AMS, in dem die Sozialpartner zwei Drittel der Stimmen innehaben, beschließen Sie aber etwas anders. Das müssen Sie den jungen Menschen in diesem Land erst einmal erklären! Meine Garantie und die des Bundeskanzlers gilt: Jeder Jugendliche und jede Jugendliche, der oder die einen Lehrplatz sucht, bekommt einen – wenn kein Lehrplatz zur Verfügung steht, dann zumindest einen Lehrgangsplatz. So werden wir es auch in Zukunft halten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sprechen an, dass wir bei den Saison­niers im Einvernehmen mit den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern in den Ländern das Sommerkontingent um 250 – also um etwa 5 Prozent – verringert haben. – Ich kann nichts dafür, wenn Herr Kaske mit seinen Vertretern in den Ländern so wenig Kontakt pflegt, dass er das dann kritisieren muss. Ich weiß mich in dieser Sache mit den Sozialpartnern in den Tourismusländern – da geht es vornehmlich um Tirol und Salzburg – einer Meinung und habe deshalb zeitgerecht für den Sommertourismus diese Saisonnier-Verordnung erlassen!

In diesem Sinne darf ich jetzt auf die an mich gestellten Fragen eingehen, damit auch hiefür genug Zeit bleibt.


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Zur Frage 1:

Meine Beantwortung lautet: Die Entwicklung von Arbeitsmarkt und Beschäftigung kann nicht abgekoppelt von der weltweiten Konjunktur betrachtet werden. Wie schon gesagt, wird nach der Frühjahrsprognose der EU-Kommission Österreich heuer die niedrigste Arbeitslosigkeit in der Union der 15 haben, und im Übrigen die zweitniedrigste in der Union der 25. – Zypern liegt da interessanterweise etwas besser und muss sogar Arbeitskräfte importieren.

Zu den Fragen 2 und 3:

Diese möchte ich zusammen beantworten. Beim Europäischen Rat von Brüssel im März 2003 hat Österreich die Einrichtung einer Task Force unter dem Vorsitz von Wim Kok maßgeblich mitinitiiert. Ich selbst konnte mich in einem persönlichen Treffen mit dem Vorsitzenden davon überzeugen, dass Österreich die Empfehlungen erfolgreich umsetzt. Bei diesem Treffen war übrigens unter anderem auch Präsident Verzetnitsch zugegen.

Zur Frage 4:

Ich habe mit meinen arbeitsmarktpolitischen Zielvorgaben bereits 2001 dem AMS die­sen Auftrag gegeben. Mit einem Rekordbudget von rund 1,4 Milliarden € – aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik zusammengerechnet – wird dies bereits vom AMS erfolgreich umgesetzt. Vergleichen Sie auch da einmal unser AMS mit dem deutschen: 4 200 Mitarbeiter leisten hier mehr und Besseres als ungefähr 100 000 Mitarbeiter in Deutschland. Der Arbeitsmarkt zeigt das.

Zur Frage 5:

Jetzt schon besteht für das AMS die Verpflichtung, für nachhaltige Arbeitsmarkt­inte­gration zu sorgen. In diesem Sinne wurden zum Beispiel 2003 mehr als 240 000 Per­sonen höher qualifiziert.

Zur Frage 6:

Maßnahmen werden selbstverständlich – sofern erforderlich – für alle Altersgruppen angeboten. Wenn man Arbeitsmarktpolitik zielgerichtet für die 15- bis 19-Jährigen und für die über 50-Jährigen betreibt, werden für diese Altersgruppen die Arbeitsmarkt­zahlen hoffentlich besser ausschauen als für die 25- bis 50-Jährigen. – Das ist ja implizit klar. Ich bekenne mich zu diesem Schwerpunkt bei den Jungen und bei den Älteren.

Im Übrigen sei angeführt, dass 53 Prozent der Förderfälle in der Altersgruppe zwischen 25 und 45 liegen und der Arbeitslosenanteil trotzdem 52,4 Prozent beträgt. – So unver­hältnismäßig ist das also auch wieder nicht.

Zur Frage 7:

Die Valorisierung erfolgt derzeit schon laufend mit der Lohnsteigerung. 55 Prozent Nettoersatzrate, aber Nettoersatzrate des Lohnes. – Das bewegt sich ja nach oben. (Zwischenruf der Abg. Silhavy: Unglaublich!)

Zur Frage 8:

Umfangreiche Maßnahmen in diesem Bereich laufen bereits, beispielsweise durch integrative Betriebe. In der „ZiB 2“ gab es gestern einen sehr beeindruckenden Bericht darüber. Es geht um gemeinnützige Arbeitskräfteüberlassung oder sozialökonomische Betriebe. Wir arbeiten dabei mit Caritas, Volkshilfe und vielen anderen exzellent zu­sammen. Das muss und wird so weiter gehen.


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Zur Frage 9:

Die Einführung und Erhöhung des Kinderbetreuungsgeldes sowie die Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen und -beihilfen, die in meinen Zuständigkeitsbereich fällt, sind offenbar sehr erfolgreich. Die Frauenerwerbsquote stieg, wie gesagt, auf mittlerweile 66 Prozent.

Zur Frage 10:

Gezielte Maßnahmen wurden durch das Budgetbegleitgesetz 2003 gesetzt. Man denke an die Lohnnebenkostensenkung bei älteren Arbeitnehmern – gültig geworden mit 1. Jänner dieses Jahres – in Höhe von 140 Millionen € pro Jahr. Mit der Pensions­sicherungsreform steigt auch die Beschäftigungsquote der Älteren. Gut, dass Sie diese Frage stellen, denn mit der Pensionssicherungsreform wollten wir ja vor allem das Pen­sionsantrittsalter in diesem Land erhöhen. Waren es im Jahr 2002 30 Prozent der 55- bis 64-Jährigen, die im Erwerbsprozess standen, so waren es im Jahr 2003 schon 33,5 Prozent.

Meine Damen und Herren! Der EU-Schnitt liegt bei 40 Prozent. In Deutschland sind es schwache 38 Prozent, und in Schweden – sozialdemokratisch regiert – stehen meines Wissens etwa 68 Prozent der 55- bis 64-Jährigen im Erwerbsprozess. Dort müssen wir hin! Die Pensionssicherungsreform des Jahres 2003 ist der Weg dazu, aber Sie haben sie ja abgelehnt, weil Ihnen die Beschäftigungsquote der Älteren nicht wirklich ein Anliegen ist. (Ruf bei der SPÖ: Polemik! – Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ausgezeichnet! Diesen Zwischenruf beantworte ich sehr gerne, weil es Sie interes­sieren wird, sehr verehrte Frau Abgeordnete Silhavy, dass es seit März 2000 – also gewissermaßen seitdem Wolfgang Schüssel und wir Verantwortung tragen –67 000 Be­schäftigte mehr in der Altersgruppe zwischen 50 und 64 gibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, wie sich die Arbeitslosigkeit in dieser Altersgruppe in den letzten vier Jah­ren entwickelt hat? – Plus 80. Sie ist also de facto gleich geblieben. Das als Antwort auf Ihren sehr passenden Zwischenruf.

Zur Frage 11:

Die Kontrolle der illegalen Ausländerbeschäftigung obliegt dem BMF, das wissen Sie. Die KIAB wurde etabliert und hat große Erfolge erzielt: 3 500 Fälle wurden zur Anzeige gebracht. Sie wissen auch, dass Finanzminister Grasser mit 1. Mai diesen Jahres die Personalkapazität um 100 Prozent auf knapp 200 Kontrollorgane ausgeweitet hat.

Zur Frage 12:

Wie Sie ja selbst in Ihrer Anfrage festgestellt haben, wurde bereits 1997 durch den Vertrag von Amsterdam die europäische Beschäftigungspolitik als eigenes Kapitel im EU-Vertrag verankert. Denken Sie daran – Dr. Einem weiß das sicher –, dass im Arti­kel I.3 des Entwurfs zur EU-Verfassung Vollbeschäftigung auch als Ziel verankert ist. – Das ist gescheit und gut. Wir wollen Vollbeschäftigung, und die Europäische Union soll sie auch wollen. Wir haben sie noch nicht erreicht, wollen es aber, denn ich bin als Arbeitminister erst dann zufrieden, wenn in diesem Land wieder Vollbeschäfti­gung herrscht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage 13:

Ich verweise auf meine Antworten zu den Fragen 2 und 3.


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Zur Frage 14:

Im Infrastrukturbereich Bahn und Straße sind Investitionen in der Höhe von 32 Milliar­den € geplant. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung werden allein für die Jahre 2004 bis 2006 um insgesamt 1,2 Milliarden € angehoben. Sie wissen, dass laut der jüngsten statistischen Daten – diese waren schon vor der Formulierung Ihrer Anfra­ge bekannt – der F&E-Anteil 2,27 Prozent des BIP beträgt. Wir liegen also in Wirklichkeit deutlich über dem EU-Schnitt und sind auf gutem Wege, unser Zwischen­ziel und dann auch unser weiteres Ziel von 3 Prozent bis 2010 zu erreichen.

Zur Frage 15:

Ich bin mit dem Vizekanzler und Verkehrsminister völlig einer Meinung und spreche mich für die Aufnahme des Semmering-Tunnels in die Liste der TENs der Euro­päischen Union aus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Das waren nicht nur, aber vor allem meine steirischen Freunde.

Zur Frage 16:

Das Kabinett Schüssel I hat erstmals einen gesamtösterreichischen Generalverkehrs­plan erarbeitet, der einen schnellstmöglichen Ausbau der Infrastrukturanbindung der Er­weiterungsländer sicherstellt. Da gab es jedoch Versäumnisse. – Das ist heute Vormittag auch diskutiert worden.

Zur Frage 17:

Die Bundesregierung hat ein klares Bekenntnis zum Stabilitätspakt der Europäischen Union abgelegt. Auf Grund der ausgezeichneten Budgetdisziplin dieser Bundes­regie­rung ist auch innerhalb des Stabilitätspaktes genug Spielraum für zukunftsgerichtete Investitionen. Wir gehören zwar zu den sechs Nettozahlern, aber nicht zu den sechs Staaten, die in dieser Frage blaue Briefe aus Brüssel bekommen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


16.52

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Minister Bartenstein! Ich bin entsetzt über den Zynismus und über die Kalt­schnäuzigkeit Ihrer Anfragebeantwortung. (Beifall bei der SPÖ. – Heftiger Widerspruch bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie diese Diskussion im Hohen Haus als Belustigung empfinden, dann ist das, glaube ich, eine falsche Einstellung! (Abg. Kopf: Das Gegenteil ist der Fall!) Das Thema Arbeitslosigkeit und die Betroffenen sollten Sie interessieren, und das ist ein ernstes Thema, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Das ist peinlich, was Sie da aufführen!)

Vielleicht haben einige von Ihnen heute den Artikel „Aber ich brauche Arbeit“ in der „Kleinen Zeitung“ gelesen. (Abg. Dr. Mitterlehner: Na geh! Gehen Sie darauf ein, was er gesagt hat!) – Hören Sie vielleicht einmal zu, damit Sie auch ein Gespür dafür be­kommen, wie es den Menschen geht, und polemisieren Sie nicht immer nur hier in diesem Haus! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich zitiere:

„Er stand im Arbeitsamt beim Informationsschalter und wiederholte immer einen Satz: ‚Aber ich brauche eine Arbeit‘ ...“ (Abg. Dr. Mitterlehner: Was hat das damit zu tun?) –


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Herr Kollege Mitterlehner! Das hat gerade mit Beschäftigungspolitik zu tun, falls Sie das noch nicht kapiert haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

„Er wiederholte immer wieder einen Satz: ‚Aber ich brauche eine Arbeit, ich brauche eine Arbeit.‘ Ein kleiner, ausgemergelter Mann Mitte 40, der da einer jungen Frau hinter dem Schalter seine Not, seine Verzweiflung einhämmern wollte. Die Mitarbeiterin des AMS schüttelte den Kopf, wies auf den Schein, den er mitgebracht hatte, und wieder­holte ebenfalls immer wieder: ‚Mit diesem Schein kriegen Sie nirgends Arbeit. Sie sind krank.‘ Der Mann schüttelte den Kopf, er könne aber arbeiten, er brauche Arbeit. Einer aus der Masse der 240 556 Arbeitslosen, einer, der hinter diesen gesichtslosen Zahlen steht, die gestern wieder einmal präsentiert wurden.“

Meine Damen und Herren! (Abg. Kopf: Schämen Sie sich!) Gerade Ihre Reaktion auf diesen Artikel zeigt, welche Einstellung Sie zu Menschen haben, mit welcher Kalt­schnäuzigkeit Sie den Problemen der Menschen gegenüberstehen. Sie sollten sich für diese Politik schämen! (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Nein, Sie sollten sich schämen!)

Meine Damen und Herren! Heute haben wir schon über die Erweiterung und über die Vorteile und Hoffnungen, die damit verbunden sind, diskutiert. Es wurde aber auch über die damit verbundenen Ängste gesprochen. Bei dieser Politik und bei den Reak­tionen, die Sie hier in diesem Haus zeigen, wundert es mich nicht, dass die Menschen in Österreich Ängste haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Baum­gartner-Gabitzer.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen alle eine konstruktive Politik für Menschen ha­ben, aber dann machen Sie eine Politik, die auch menschlich ist – eine Politik, die nicht drüberfährt und die die Sorgen, die Pläne und die Ängste der Menschen nicht ignoriert! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Wittauer: Mit der Verunsicherungspolitik ...!) Machen Sie eine Politik zugunsten der Menschen, damit Sie ihnen diese Ängste und Sorgen nehmen können! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Was machen Sie, dass es besser wird?)

Herr Bundesminister Bartenstein, ich habe heute von Ihnen schöne und beschönigte Zahlen gehört. Sie selbst wissen genau: Auch wenn wir Menschen, die nicht im Er­werbs­leben stehen – wie Präsenzdiener und KindergeldbezieherInnen –, herausrech­nen, ergibt sich ein Minus von 8 000 Beschäftigten gegenüber dem Vorjahr. Sie brauchen die Zahlen nicht zu beschönigen. Auch wir können mit den Statistiken umge­hen und sie lesen. (Abg. Wittauer: Früher habt ihr sie immer gefälscht!) – Das sind keine Zahlen von uns, sondern die offiziellen Zahlen des Herrn Bundesministers.

Herr Bundesminister! Sie gehen immer auf Wien los. Ich möchte Sie aber schon darauf hinweisen, dass Vorarlberg und Tirol die höchste Zunahme an Arbeitslosigkeit zu verzeichnen haben. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Das liegt ja wohl nicht an der Politik Ihrer Parteifreunde in diesen Bundesländern, sondern das liegt mit Sicherheit an der Politik, die Sie in der Regierung betreiben. – Und die ist auch für Wien ausschlaggebend! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es hilft sehr wenig, wenn man darstellt, wie toll und klass’ man im internationalen und europäischen Vergleich dasteht, während jeder und jede Dritte, der oder die in der Privatwirtschaft beschäftigt ist, einmal im Jahr von Arbeits­losigkeit betroffen ist. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Soll ich bei den Freiheitlichen zu zählen beginnen? – Eins, zwei, drei: Sie wären schon das erste Mal arbeitslos, Herr Kollege Dolinschek! Ihre Reihen sind schwach besetzt. Wenn ich jeden Dritten herauszähle, vielleicht könnten Sie dann die Betroffenheit


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dieser Menschen nachvollziehen, die einmal im Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen sind. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was haben Sie für Lösungsvorschläge?)

Ich komme schon noch dazu, aber zunächst ist es mir wichtig, auf die Anfrage­beantwortung einzugehen. Herr Minister Bartenstein hat so schön die Beschäftigungs­zahlen der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dargelegt. Herr Minister! Das ist aber kein Problem: Wenn man statt mit 55, 56 oder 57 mit 58 oder 59 in Pension gehen kann, dann wächst man sozusagen hinein. Da werden aber keine neuen Ar­beitsplätze geschaffen, sondern es ist eine rein biologisch nachvollziehbare Ge­schichte. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) – Herr Bundesminister! Mit diesen beschönigten Zahlen brauchen Sie nicht daherzu­kommen!

Zweiter Punkt: Sie sagen, wenn man Schwerpunkte bei den über 50-Jährigen und bei den unter 20-Jährigen setzt, dann ist es klar, dass diese Gruppe sozusagen weniger betroffen ist. Da gebe ich Ihnen Recht. Dass sich damit aber das ganze Problem zu den 20 bis 24-Jährigen verlagert, wie Ihre eigenen Statistiken beweisen, ist ein Zeichen dafür, dass Sie die falsche Politik machen.

Sie sagen zwar großartig, Sie setzen einen Schwerpunkt, aber Sie nehmen kein Geld in die Hand. Sie nehmen das Geld eben anderen Gruppen weg. Logischerweise kommt es dann zu Verschiebungen. Das ist doch keine Maßnahme! Das ist ein Umwälzen von einer Problemgruppe auf die andere. Bezahlen müssen dafür die Ar­beitslosen, denn die haben das Leid zu tragen. (Abg. Kopf: Sie sollten aufhören, Un­wahrheiten zu behaupten!) Nicht der Minister, sondern die, die arbeitslos sind – und auch nicht Sie, die da jetzt immer dreinreden! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kopf: Hören Sie auf, Unwahrheiten zu behaupten! Wäre das möglich?)

Herr Minister, noch etwas: Herr Kollege Nürnberger hat die Zahl der geringfügig Beschäftigten genannt. Wenn Sie es so darstellen, als wüsste er nicht, wie jene beschäftigungspolitisch und arbeitsmarktpolitisch gezählt werden, dann haben Sie ihm wahrscheinlich nicht gut zugehört. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein, ich habe genau zugehört!)

Faktum ist, dass Leute, vor allem Frauen, mehrere Beschäftigungen annehmen müs­sen – nämlich eine Teilzeitbeschäftigung und geringfügige Beschäftigungen –, damit sie damit überhaupt einigermaßen überleben können. Das ist der Skandal, denn es ist auch ein Lissabon-Ziel, die Qualität der Arbeit zu erhöhen: nicht McJobs zu schaffen, sondern Arbeitsplätze, von denen die Menschen auch leben und existieren können. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Herr Kollege Nürnberger hat zum Beispiel ausgeführt, wie man Wachstum auch in Österreich durch Investitionen schaffen könnte und dass zum Beispiel 1 Milliarde € für Investitionsprogramme 30 000 Arbeitsplätze bedeuten würde. Herr Minister! Sie haben im Mai vergangenen Jahres selbst gesagt, Sie wollen die Spielräume nutzen. Wissen Sie, was Ihnen als Einziges dazu eingefallen ist? – Eine weitere Liberalisierung der La­denöffnungszeiten! Das war das Einzige, was Ihnen zum Thema Spielräume einge­fallen ist. Das ist ein Skandal und purer Zynismus, und das ist wirklich abzulehnen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Wieder ein Skandal!)

Auf der anderen Seite sagen Sie, die Entwicklung der Arbeitsmarktpolitik kann nicht von der Konjunktur getrennt und abgekoppelt gesehen werden. – Darin gebe ich Ihnen Recht, aber dann tun Sie doch etwas, damit die Konjunktur in Schwung kommt! Sie sind nicht nur Arbeitsminister, sondern auch Wirtschaftsminister. Setzen Sie nicht dauernd die falschen Maßnahmen, die keine beschäftigungspolitischen Effekte haben! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Herr Minister! Das hat schön geklungen, wenn Sie sagen, die Vorschläge der Task Force bezüglich Beschäftigung werden in Österreich umgesetzt. Ich würde Sie bitten, das genauer auszuführen, denn ich habe den Bericht genau studiert. Ich weiß auch, dass er nachverhandelt wird. Sie haben uns auch nicht erzählt, dass das in Wirklichkeit kein Endbericht ist, sondern dass nachverhandelt wird und eine eigene Gruppe ein­gesetzt ist. Was ist davon tatsächlich umgesetzt worden? – Ich habe noch nichts entdeckt, was bei uns umgesetzt worden wäre, und die Menschen auch nicht. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das war nur die Interpretation von Nürnberger!)

Auch davon können Sie sich offiziell überzeugen, Herr Dr. Mitterlehner, Sie sind doch auch sonst fähig, gewisse Dinge zu lesen, vielleicht lesen Sie das einmal ohne schwarze Brille vor den Augen (Beifall bei der SPÖ), dann hätten Sie vielleicht auch einen klaren Durchblick, denn eine schwarze Brille verdunkelt den Blick!

Wenn man sich die Entwicklung des Arbeitsmarktes in Österreich anschaut, Herr Minister, dann muss man sagen, dass diese im EU-Vergleich auch nicht so rosig ist, weil die Zunahme der Arbeitslosigkeit in Österreich im Vergleich zu anderen EU-Staaten größer ist und die heimischen Beschäftigungszuwächse geringer sind.

Sie haben großartig angekündigt, Sie würden erst zufrieden sein, wenn wir einen Stockerl-Platz haben. Dabei würde ich Sie sehr gerne unterstützen – aber dazu, Herr Minister, wird es notwendig sein, etwas zu tun! Blanker Zynismus wird nicht reichen. Es wird Ihnen nicht reichen, es wird der Politik nicht reichen, es wird den betroffenen Men­schen nicht reichen, und es wird das Vertrauen der Menschen in die EU, aber auch in die österreichische Politik nicht stärken.

Deswegen bin ich überzeugt davon, dass die Menschen nicht nur bei den kommenden Arbeiterkammerwahlen, sondern auch bei den EU-Wahlen die passende Antwort geben werden. Menschen wollen Sicherheit, Menschen wollen Vertrauen, Menschen wollen eine Politik der Menschlichkeit. Und diese können wir als Sozialdemokraten bieten, Sie in der Bundesregierung aber keinesfalls! (Beifall bei der SPÖ.)

17.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Nürnberger: Der ÖAAB kommt! Wo sind die Mandate?)

 


17.02

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Fest steht: Mit Emotionen, Beschimp­fun­gen und sozialistischer Propaganda werden keine Arbeitsplätze geschaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Dr. Jarolim: Das war ein „starker“ Einstieg!) Ich gebe der Opposition in einem Recht: Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit muss oberste Priorität haben! Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist ein ganz entscheidendes Ziel und ein wichtiger Punkt in der Arbeit dieser Bundesregierung und hoffentlich aller Mandatare in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich gehe eigentlich davon aus, dass sich alle Fraktionen darin einig sind, dass unser Ziel die Vollbeschäftigung sein muss, meine Damen und Herren! Unser Ziel ist jeden­falls die Vollbeschäftigung. Die Erreichung dieses Ziels wirft unterschiedliche Möglich­keiten auf. Es ist durchaus legitim, wenn die Opposition der Meinung ist, dass jene Maß­nahmen, die die Bundesregierung und die Regierungsparteien setzen, nicht aus­reichen.

Es ist aber ein unhaltbarer Vorwurf, wenn Abgeordneter Nürnberger sagt, die Bundes­regierung tue nichts! Ich sage das deshalb, weil Sie, Herr Kollege Nürnberger, als


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Sozialpartner erstens sehr genau wissen, dass eine Fülle von Maßnahmen gemeinsam mit der Sozialpartnerschaft, mit den Sozialpartnern nicht nur erarbeitet, sondern auch umgesetzt worden ist. Zweitens ist dieser Vorwurf deshalb so unglaublich, weil er eigentlich der Bundesregierung unterstellt, dass sie wissentlich, ja absichtlich in Kauf nimmt, dass es mehr Arbeitslose in Österreich gibt.

Daher frage ich die beiden Herren Präsidenten, die da in trauter Zweisamkeit sitzen, was Sie dann 23 anderen europäischen Regierungen – ganz gleich, ob sie sozialde­mokratisch oder konservativ sind – sagen? (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist ihnen Wurscht!) 23 europäische Regierungen in Europa nehmen in Kauf, dass sie eine deut­lich höhere Arbeitslosenrate als wir in Österreich haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Darum sind die Maßnahmen der Bundesregierung zu be­grüßen. Laut Frühjahrsprognose der Europäischen Union sind sogar 24 europäische Regierungen mit ihren Maßnahmen weniger erfolgreich, als es die österreichische Bun­desregierung ist. Ich frage mich: Was unterstellen Sie all diesen Regierungen, egal, ob sie sozialdemokratisch oder konservativ geführt sind? (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters möchte ich Ihnen sagen, es wäre gut, vor der eigenen Türe zu kehren. Sie hören das natürlich nicht gerne, wenn man Ihnen vorrechnet, dass die Zahl der Arbeitsplätze in Wien auf dem Stand von 1965 ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Was?) – Ja, auf dem Stand von 1965 (Abg. Dr. Stummvoll: Unglaublich!) sind die Arbeitsplätze in Wien, während wir in anderen Bundesländern ein Plus von 30 Prozent haben, meine Damen und Herren! Mehr Sozialismus in Wien bedeutet eindeutig weniger Arbeitsplätze für die Wienerinnen und Wiener. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Stummvoll: Nürnberger, aufpassen!)

Schauen Sie sich die Statistik der Bruttowertschöpfung in Wien in den Jahren von 1994 bis 2000 an: eindeutig fallende Tendenz! Je mehr Sozialdemokratie desto weniger Bruttowertschöpfung in Wien, desto weniger Arbeitsplätze, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie von der SPÖ haben in Wien die höchsten Insolvenzen zu verantworten. Das hängt natürlich auch mit den Rahmenbedingungen zusammen, die es in Wien gibt. Seit dem Jahr 2000 haben Sie eine Kostenlawine über die Wienerinnen und Wiener hinweg­fegen lassen. Die Kosten für den Kindergarten in Wien wurden von 183 € auf 196 € erhöht; die Müllgebühren wurden von 2,50 € auf 3,16 €, die Fahrscheine für die Wiener Linien von 1,60 € auf 2 €, die Monatskarte von 40,70 € auf 45 €, die Jahreskarte von 377 € auf 409 € und der Bädertarif von 5 € auf 5,50 € erhöht. Kehren Sie vor der eigenen Tür, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist Preistreiberei!) Dort, wo Sie mit absoluter Mehrheit regieren, werden die Bedingungen für die Men­schen in diesem Land schlechter! (Beifall bei der ÖVP.)

Weiters: die Entwicklung der Arbeitsplätze von 1999 bis zum Jahr 2004: In Wien gab es ein Minus von 13 890 Arbeitsplätzen und in Restösterreich ein Plus von 76 700 Ar­beitsplätzen. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Kehren Sie bitte vor der eigenen Tür!

Nun zu einem Thema, das uns besonders wichtig ist, weil es letztlich auch mit der Sinnfrage des Lebens zusammenhängt: zur Frage der Jugendarbeitslosigkeit. So schlimm Altersarbeitslosigkeit ist, ist es gerade für einen jungen Menschen, der aus der Pflichtschule kommt, eine besonders problematische Situation, wenn er keine Arbeit hat. Da haben wir alle Initiativen zu setzen, die denkbar sind, damit sich die Sinnfrage in einer positiven Art und Weise für diesen jungen Menschen erfüllt.

Die Bundesregierung war in diesem Zusammenhang alles andere als untätig, Herr Präsident Verzetnitsch! Sie wissen das auch. Es gab eine Reihe und eine Fülle von


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Maßnahmen beginnend gerade mit dem Jahr 2004, die ich Ihnen vorlesen könnte, leider reicht meine Zeit dafür nicht aus. Aber es gibt eine Fülle von Maßnahmen – Sie wissen das ganz genau.

Abschließend zu dem Punkt, dass Sie uns ständig soziale Kälte vorwerfen, Frau Kollegin Silhavy! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Ich erinnere Sie an das, was Ihr Parteivorsitzender gesagt hat, der nämlich das Pflegegeld streichen wollte. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich!) Er hat gesagt: Es war eine falsche Entscheidung, das Pflege­geld einzuführen. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist soziale Kälte!) Mehr als 300 000 Men­schen beziehen in Österreich Pflegegeld, Herr Kollege Gusenbauer, Herr Klubobmann! Das ist soziale Kälte, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Herr Klubobmann! Sie wenden sich hier von Ihren eigenen Aussagen ab (Abg. Par­nigoni: Vor Ihnen mit Abscheu!), ich darf diese fortsetzen. Sie sagten wörtlich im „Standard“: In Zeiten einer ökonomischen Krise „sollte man nicht die Sozialausgaben ausweiten, sondern antizyklisch investieren.“ – Genau das macht diese Bundesregie­rung mit den Strukturmaßnahmen, die gesetzt worden sind, und mit der erfolgreichen Steuerreform, die insbesondere die kleinen Einkommen entlasten wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Wo ist die Steuer­reform erfolgreich, Herr Amon?)

17.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.10

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben seit drei Jahren eine internationale Wachstumsschwäche zu verzeichnen, die auch an Österreich nicht spur­los vorübergegangen ist, auch Österreich wurde davon nicht verschont, obwohl wir im internationalen Vergleich ganz hervorragend liegen.

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist dennoch ernst zu nehmen. Ich glaube aber, dass Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, die Situation nicht so ernst nehmen. Sie stellen hier eine Dringliche Anfrage, sind jedoch kaum anwesend. Sie sind kaum anwesend! Sie nehmen das also gar nicht ernst. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist wirklich wahr! Nürnberger ist nicht da!) Ihre Dringliche Anfrage ist also eher populistisch (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), weil Sie die Situation nicht ernst nehmen, Frau Kollegin Silhavy, obwohl es ein ernstes Thema ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nürnberger hat sich gleich verzogen! – Abg. Mag. Mainoni: Zuerst zündeln und dann gehen!)

Die österreichische Bundesregierung hat auf die Auswirkungen der weltweiten Kon­junkturlage, der Konjunkturabschwächung und des daraus resultierenden Anstiegs der Arbeitslosigkeit mit einer Erhöhung der Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen reagiert. Sie hat darauf reagiert.

Die Schaffung neuer Arbeitsplätze und Beschäftigungsmöglichkeiten ist ein vorran­giges Ziel dieser Koalition! Dies soll durch verbesserte Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wie etwa mittels Strukturreformen und einer optimierten Standortentwicklung erreicht werden.

Der angestrebte Strukturwandel soll zusätzlich neue Einkommenschancen auch für Arbeitnehmer eröffnen. Im Jahr 2003 wurden die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik mit einem Rekordbudget in der Höhe von 1 400 Millionen € auf das bisher höchste


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Niveau in Österreich angehoben. Das sollte man nicht außer Acht lassen. Das müssen Sie auch anerkennen.

Unser Ziel ist die Vollbeschäftigung. Ich bin davon überzeugt, auch Ihr Ziel ist die Vollbeschäftigung. Wir alle sollten daran arbeiten, diese Vollbeschäftigung wieder zu erlangen. Jeder Arbeitslose, egal, ob das ein jüngerer oder ein älterer Mensch ist, egal, welches Geschlecht er hat, sollte uns nicht egal sein. Jeder Arbeitslose ist um einen zu viel. (Abg. Silhavy: Das ist richtig!) – Frau Kollegin Silhavy, so ist es!

Wir können aber nicht darüber hinweggehen, dass die Wirtschaftsflaute international ist und Österreich trotzdem noch einen halbwegs guten Rang einnimmt. Man kann nicht alles schlecht reden, was diese Bundesregierung in der Vergangenheit gemacht hat. Man bemüht sich. (Abg. Silhavy: Zu viele Arbeitslose haben wir!)

Ich gebe Ihnen Recht, und auch der Herr Bundesminister hat gesagt, dass er nicht damit einverstanden ist, dass wir jetzt einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 4,1 Pro­zent haben, und dass er sich auch bemühen wird.

Aber vergleichen Sie doch einmal die Daten mit jenen in anderen Ländern Europas oder international! Vergleichen wir die Arbeitslosenzahlen von April mit jenen des Vorjahres! Statistiken sagen vieles aus, einmal wird so gerechnet, einmal wird anders gerechnet. Verlässt man sich auf die Zahlen, die der Hauptverband der österreichi­schen Sozialversicherungsträger jetzt bekannt gegeben hat – ohne die geringfügig Be­schäftigten –, dann haben wir einen Beschäftigtenstand in der Höhe von 3 165 000. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) – Das stimmt nicht, Herr Kollege Öllinger? Das ist klar, alles, was dir nicht passt, stimmt nicht, das ist halt einmal so! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Öllinger, du zitierst immer wieder irgendwelche Statistiken, aber wenn irgend­jemand etwas Geschriebenes bringt, auf das wir uns verlassen, dann sagst du: Ja, das stimmt nicht! Das ist alles nicht wahr und so weiter und so fort. – So ist es halt einmal! (Abg. Öllinger: Ich erkläre es dir dann!)

Die Arbeiterkammern warnen immer wieder vor der Zuwanderung auf Grund der EU-Osterweiterung. Sie sind in den vergangenen Wochen und Monaten sehr kritisch ge­wesen und haben Angst, dass der österreichische Arbeitsmarkt überschwemmt wird. Man sagt, man müsse die Übergangsfrist einhalten. Diese Bundesregierung hat es getan. Und dann sagst du: Das ist ja gar nicht wahr! Das ist ein Blödsinn! Jetzt hat die Arbeiterkammer auch noch so daher geredet.

Was ist jetzt? Wozu bekennst du dich? (Abg. Verzetnitsch: Kollege Dolinschek! Wenn zu dir irgendein Arbeitsuchender kommt, was sagst du ihm dann?) – Dann werde ich mich bemühen, dass er eine Arbeit bekommt. Ich bin ihm behilflich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident Verzetnitsch! Wir sind in Kärnten andere Wege gegangen, das AMS bemüht sich. Wir wissen, dass es nicht sehr einfach ist, aber das Amt der Kärntner Landesregierung hat es versucht. Der Herr Landeshauptmann hat ein Bürgerservice eingerichtet, und die Jobvermittlung funktioniert gemeinsam mit dem AMS. Für jeden Jugendlichen bis 25 Jahre funktioniert das. Wir gehen neue Wege bei der Lehrlings­ausbildung und so weiter und so fort. Wir bemühen uns!

Herr Kollege Verzetnitsch, man kann nicht von einem Tag auf den anderen alles regeln. Aber ich bin davon überzeugt, in Kärnten gehen wir die richtigen Wege. Es wird sich in den nächsten Jahren weisen, ob es der richtige Weg ist. Ich bin überzeugt davon. Die ersten Erfolge haben wir einmal auf jeden Fall. (Abg. Silhavy: Das ist aber schon interessant, Herr Kollege Dolinschek!)


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Frau Kollegin Silhavy, wenn wir jetzt zu der österreichweiten Arbeitsmarktlage zurück­kommen, dann muss ich eines sagen: Vieles ist natürlich saisonbedingt, das ist von den Vorrednern, von Ihrer Fraktion genauso wie von den Kollegen der ÖVP, schon ge­sagt worden. Natürlich hängt die Baubranche ein bisschen vom Wetter ab, aber nichts­destotrotz werden wir daran arbeiten, dass es eine Beschäftigung weit über das Jahr hinaus gibt und dass die saisonbedingte Arbeitslosigkeit eingedämmt wird.

Bei der Verweildauer sind ebenfalls Maßnahmen gesetzt worden, Frau Kollegin Sil­havy, denn die durchschnittliche Verweildauer in der Arbeitslosigkeit betrug im April 113 Tage. Vielleicht widerspricht Kollege Öllinger dem nicht, auch wenn ihm die Statis­tik wieder nicht passt! Vor fünf Jahren waren es noch 140 Tage. Wir wollen das – dies­bezüglich gibt es auch Sozialpartnergespräche – auf 90 Tage reduzieren. Alle arbeiten daran, und man sollte danach trachten, dass wir diese Verweildauer einschränken. Auch die Langzeitarbeitslosigkeit muss eingeschränkt werden. Bekennen wir uns alle doch dazu, und arbeiten wir daran!

Der Berufsschutz entspricht heute nicht mehr dem, was er früher einmal war. Daher bin ich mit der Lösung, die auch die Gewerkschaft mitgetragen hat, einverstanden. Wir müssen von einem Berufschutz hin zu einem Einkommensschutz kommen! Ich finde es völlig richtig, dass das gewährleistet ist. Eine Neufassung der Zumutbarkeits­bestim­mungen brauchen wir ebenfalls, weil diese aus dem Jahre Schnee sind. Da muss einmal etwas Neues her, das ist wichtig.

Nun zur Entwicklung der Arbeitslosenstatistik in den Bundesländern: Ich glaube, es ist heute schon einmal gesagt worden, dass mit Ende April die Steiermark minus 7 Pro­zent beziehungsweise um 2 341 Arbeitslose weniger hatte, im Burgenland ist ebenfalls ein Minus von 1,9 Prozent zu verzeichnen, und in Kärnten ist die Statistik mit 1,4 Pro­zent rückläufig. Im Gegensatz dazu ist die Arbeitslosigkeit in Wien (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wahnsinn!) gestiegen, und zwar um 6,9 Prozent beziehungsweise um 5 342 Arbeitslose, was ein überdurchschnittlicher Zuwachs ist. Und das passiert im bevölkerungsreichsten Bundesland Österreichs! Das reißt natürlich die ganze Statistik mit. Man könnte regionalpolitisch etwas machen, aber die Verantwortung in Wien haben die Sozialdemokraten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Leider!) Das kann ich Ihnen nicht ersparen. Ich kann Ihnen das leider nicht ersparen, dass Sie in Wien die Ver­antwortung haben und regionalpolitisch die Weichen stellen könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Gestatten Sie mir noch eine kurze Bemerkung zum Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit um 2,4 Prozent. Dies ist wie bereits im Vormonat ausschließlich auf die Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen zurückzuführen. Im April ist bei den 19-jährigen Jugendlichen die Arbeitslosigkeit rückläufig, sie wurde um 1,5 Prozent reduziert.

Die Bundesregierung hat das Programm „Jobs for You(th)“ beschlossen, um den internationalen Spitzenrang, den Österreich bei der Jugendbeschäftigung hat, weiterhin zu behalten. Im EU-Vergleich weist Österreich mit 7,3 Prozent die niedrigste Jugend­arbeitslosenrate auf, gefolgt von Irland und den Niederlanden. In der EU ist der Durch­schnitt mit mehr als 18 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in Österreich.

Der Lehrstellenmarkt ist leicht rückläufig. Die Zahl der offenen Lehrstellen ist ebenfalls rückläufig. In den Lehrgängen sind 6 300 auf Grund des Jugendausbildungs-Siche­rungsgesetzes integriert, und zwei von drei Jugendlichen erhalten dann hinterher auch einen Ausbildungsplatz, eine reguläre Lehrstelle. Es wird somit geholfen! Der Unter­schied gegenüber früher ist nur, dass diese Lehrgangsteilnehmer und die in Schu­lungen untergebrachten Jugendlichen ausgewiesen werden, während sie früher ver­steckt worden sind. So ist es!


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In diesem Zusammenhang sei mir die Bemerkung erlaubt, dass das mit „Euroteam“, das die Sozialdemokraten seinerzeit hier eingebracht haben, nicht das Gelbe vom Ei war.

Abschließend möchte ich kurz noch unsere Ziele erläutern, die da sind: im Jahr 2004 die Arbeitslosigkeit möglichst kurz zu halten, der dauerhaften Ausgrenzung von Per­sonen aus dem Arbeitsmarkt entgegenzuwirken und die Arbeitsmarktchancen von Ju­gendlichen, Älteren und Frauen zu fördern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.21

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister Bartenstein! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe Kollegen Amon gleich zu Beginn Recht: Ja, Kollege Amon, da waren ein paar Bemerkungen in Ihren Ausführungen, wo ich Ihnen nur immer das Hakerl geben könnte: „Amon hat Recht!“

Sie haben Recht: Mit Emotionen und Beschimpfungen können wir keine arbeits­markt­politische Debatte führen. Aber ich würde Sie dann auch bitten, Herr Kollege Amon, dass Sie, wenn Sie das ernst nehmen, nicht dann wieder am Schluss selbst abbiegen, sozusagen in die billige Emotion mit dem Pflegegeld und so weiter. (Abg. Kopf – auf die Reihen der SPÖ weisend –: Da hinüber müssen Sie das sagen!) Sparen wir uns das!

Wir wollen über Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik diskutieren, und ich hätte mir gewünscht, Kollege Amon, dass wir auf jenem Niveau bleiben hätten können, das not­wendig wäre, um diese Debatte zu führen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das der Herr Nürn­berger vorgegeben hat, das Niveau, und die Frau Silhavy! Dort kommt das Niveau her!) Gehen wir doch alle her und bringen wir alle unsere besten Vorschläge ein! Machen wir etwas daraus!

Es ist ja nicht so, dass irgendjemand den Stein der Weisen in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik gefunden hat. Aber eines, meine sehr geehrten Damen und Herren und auch Herr Kollege Amon – und ich komme dann noch einmal positiv auf Sie zurück –, müssen Sie sich gefallen lassen, nämlich den Vorwurf, dass Sie seit Jahren – und Herr Bundesminister, Sie sind da leider hauptmaßgeblich dafür – die Situation am Arbeitsmarkt schönfärben. Das ist das Erste!

Das Zweite ist, dass Sie so tun, als ob Sie mit Ihrer Art von Arbeitsmarktpolitik in den letzten Jahren auch nur irgendetwas in Richtung Qualifikation bewegt hätten. Ich be­haupte: im Gegenteil! Die Arbeitsmarktpolitik dieser Bundesregierung hat bestenfalls zur Umverteilung von Arbeitslosigkeit innerhalb der einzelnen Altersgruppen geführt: Alte gegen Junge, und jetzt diskutieren wir – und das ist ja das Neue –, dass die mitt­lere Altersgruppe sozusagen den höchsten Anstieg bei der Arbeitslosigkeit hat. Das kann es doch nicht sein, dass wir von einem auf das andere Jahr die Arbeitslosigkeit von einer Altersgruppe zur nächsten umverteilen! Das ist doch keine Perspektive! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dritter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Arbeitsmarktpolitik allein reicht nicht aus. Ich werfe, anders als Kollege Nürnberger, dieser Bundesregierung nicht vor, dass ihr jede Beschäftigungspolitik fehlt, sondern ich sage, die Regierung macht eine Beschäftigungspolitik, aber es ist mit Sicherheit die falsche. Es ist eine Beschäftigungs­politik, die sich nur an den Kriterien des Stabilitätspaktes orientiert und sich eigentlich – und lassen Sie sich das bitte auch einmal sagen, Herr Kollege Amon! – im Kern, in den


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Maßnahmen, die Sie in Bezug auf Arbeitsmarkt-, Beschäftigungs- und Konjunkturpolitik setzen, nicht von denen in Deutschland unterscheidet, obwohl Sie Rot-Grün dort immer so stark kritisieren! (Abg. Amon: Wir sind besser!) Und das ist die eigentliche Tragik, meine sehr geehrte Damen und Herren! (Abg. Mag. Molterer: Wen kritisieren Sie jetzt?)

Was wir Ihnen im Bereich der Konjunktur- und Beschäftigungspolitik vorwerfen, ist, dass Sie ausschließlich auf Deregulierung, Flexibilisierung setzen, und das ist das Problem. Wir sehen quer durch Europa, wie weit man mit dieser Politik in anderen Län­dern gekommen ist.

Was wir Ihnen vorwerfen – und dafür ist Bundesminister Bartenstein nicht allein verant­wortlich –, ist, dass Ihnen jegliches Interesse an einer gemeinsamen europäischen Beschäftigungspolitik fehlt, nämlich einer Beschäftigungspolitik, die sich ähnlich wie der Stabilitätspakt an einklagbaren Kriterien, an Sanktionen, an Mechanismen, an Strafen für diejenigen, die sie nicht erfüllen, orientiert.

Ja, warum gibt es im Bereich der Beschäftigungspolitik diese harten Maßnahmen nicht? – Weil Sie sie nicht wollen! Mit „Sie“ – entschuldigen Sie, Kollege Amon! – sind nicht nur ÖVP und FPÖ gemeint, sondern damit sind die europäischen Regierungen gemeint, die in den letzten Jahren zuschauen, wie die Arbeitslosigkeit europaweit von 10 auf 14 Millionen gewachsen ist. Das ist doch kein Erfolgsausweis, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich komme zu einer anderen Ebene. Ich bin sehr dankbar, Kollege Amon, dass Sie das Problem Jugendarbeitslosigkeit angesprochen haben.

Können Sie sich vorstellen – und ich glaube, Kollege Amon, Sie werden mir zu­stimmen –, dass die Jugendlichen auch Vorstellungen über Beschäftigung, über einen Job, über etwas Sinnvolles, das sie machen können, haben und dass denen wenig geholfen ist, wenn ihnen jetzt schon zum wiederholten Mal als einzige Perspektive ein Ausbildungslehrgang angeboten wird?

Können Sie sich vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass man sich, wenn man zwei, drei oder vier Jahre Ausbildungslehrgang gemacht hat, vielleicht auch als Jugendlicher fragt: Was gibt es noch für eine Perspektive für mich?

Können Sie sich vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass ein Jugend­licher – meinetwegen weil er sich Kfz-Mechaniker in den Kopf gesetzt hat; wir wissen, davon gibt es zu viele – auch Träume, Vorstellungen von einem konkreten Job hat und dass es dem oder der Jugendlichen wenig hilft, wenn man ihnen sagt: Wir haben zwar nicht das, was du machen möchtest, schon gar nicht irgendetwas in dieser Richtung, aber vielleicht bleibt am Arbeitsmarkt wenigstens noch irgendein Job übrig. Und sei’s drum, dass du halt von Wien nach Bregenz pilgern musst. – Das war doch der Vor­schlag auch eines Wirtschaftskammerpräsidenten: Wir haben den Job nicht hier – Jugendlicher, geh nach Bregenz! Tschüss, Familie!

Ist das die Perspektive? Können Sie sich vorstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren – und damit komme ich wieder zu den Kursen zurück –, dass eine Chefsekre­tärin, die 30 Jahre gearbeitet hat, 50 Jahre, 55 Jahre alt ist, in einem Job-Coaching-Kurs gerne noch einmal lernen will, wie sie sich um einen Arbeitsplatz bewirbt? Ist das die Perspektive für diese Frau, dass man ihr, die über Jahrzehnte das Management in einem Betrieb betreut hat, für ihren Chef Termine verwaltet hat, sagt: Du musst jetzt einmal lernen, wie du dich bewirbst!, obwohl sie diejenige war, die alle Kontakte mit ihren Chefs und mit deren Arbeits- und Betriebskollegen und Geschäftspartnern gere­gelt hat? – Das kann es doch nicht sein!


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Und jetzt komme ich zu Ihren Rezepten. Arbeitszeiten rauf! – Das ist Ihr Konzept. Ja, was muss sich denn eine Frau im Handel dabei denken, die froh ist, wenn sie einen Job mit 20 Stunden bezahlt bekommt, ganz zu schweigen davon, dass sie ohnehin bei diesem 20-Stunden-Job meistens 30 Stunden und 10 Stunden davon unbezahlt arbeitet?

Löhne runter, weil sie zu hoch sind! – Was müssen sich denn dabei Frauen denken, die im Lohniveau ohnehin 30 bis 40 Prozent unter dem der Männer liegen? Diese haben deshalb, weil sie jetzt schon niedrigere Löhne haben, nicht etwa um 30 bis 40 Prozent mehr Beschäftigung, sondern, wie die Arbeitsmarktstatistik ausweist, mehr Arbeitslosigkeit.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre noch viel zu sagen. So wäre etwa an Sie, Herr Bundesminister, die Frage zu stellen: Warum gibt es denn keine Haupt­schulabschlüsse mehr als Angebote des AMS an Beschäftigungslose, obwohl wir doch wissen, dass schlechte Qualifikation ein Haupthindernisgrund ist?

Aber ich möchte auch noch, weil es um Arbeitslosigkeit geht und weil wir den Eindruck haben, Sie bekämpfen manchmal die Arbeitslosen und nicht die Arbeitslosigkeit, einen Antrag einbringen, von dem wir glauben, dass er sinnvoll ist:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird aufgefordert, dem Nationalrat ehes­tens, jedoch spätestens bis 30. Juni 2005 eine Vorlage für ein Bundesgesetz zur Schaffung einer Arbeitslosenanwaltschaft vorzulegen.

Dieses Gesetz hat vorzusehen, dass die Arbeitslosenanwaltschaft

mit der Information, Beratung und Vertretung von arbeitslosen und arbeitssuchenden Menschen beauftragt wird;

dem Nationalrat einmal jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit sowie Empfehlungen zur Verbesserung der Situation arbeitsloser und arbeitssuchender Menschen vorlegt;

als weisungsfreie Behörde eingerichtet wird;

mit jenen finanziellen Mitteln ausgestattet wird, die notwendig sind, um ihren Auftrag zu erfüllen;

neben einer Zentralstelle in Wien und Landesstellen in den Bundesländern eigene Büros in unmittelbarer Nähe zu jeder Regionalgeschäftsstelle beziehungsweise Zweig­stelle des AMS unterhält;

sowie dass

die Arbeitslosenanwältin beziehungsweise der Arbeitslosenanwalt auf Vorschlag des Hauptausschusses vom Nationalrat mit 2/3-Mehrheit bestellt und

arbeitslose und arbeitssuchende Menschen bei der Bestellung einbezogen werden.

*****

Wir wollen damit ein Zeichen setzen, denn: Nicht die Arbeitslosen sind es, die schuld sind, sondern sie brauchen unsere Unterstützung, sie brauchen auch unsere politische


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Hilfe, und sie brauchen auch tatsächlich einen Zuspruch von Ihnen, Herr Bundes­minister – und nicht nur den Hinweis, wir machen „eh“ alles bestens. (Beifall bei den Grünen.)

17.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


17.31

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Nach den Erklärungen vor allem der Kollegen von der ÖVP – heute waren es nur Kollegen – zum Thema Arbeitslosigkeit könnte man gerade­zu den Eindruck bekommen, dass es eben auf der einen Seite die internationale Entwicklung gibt und man sich von der weltweiten Konjunktur nicht abkoppeln kann, wie ja Herr Bundesminister Bartenstein betont hat, dass es aber auf der anderen Seite Bundesländer gibt, vor allem eines, das sich total von der Entwicklung auf Bundes­ebene abkoppelt und ein großes Problem darstellt. Und in der Mitte sozusagen gibt es diese Bundesregierung, die dem tatenlos zuschauen muss – und leider, leider gar nichts machen kann.

Jetzt möchte ich gar nicht auf den Widerspruch eingehen, dass man sich Ihrer Ansicht nach zwar nicht von der internationalen Konjunktur abkoppeln kann, Wien aber – um dieses Bundesland beim Namen zu nennen – von der bundespolitischen Entwicklung überhaupt nicht beeinflusst wird, abgesehen also von diesem Widerspruch: ein paar Fakten zur Entwicklung in Wien, weil wir uns da von Ihnen von den Regierungsparteien immer die unglaublichsten Märchen anhören müssen.

Am stärksten gestiegen ist die Arbeitslosigkeit nicht in Wien, sondern in Vorarlberg, in Tirol und in Salzburg! In Salzburg wird es ja hoffentlich demnächst besser werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Der Bund, sehr verehrte Damen und Herren, kürzt Investitions- und Arbeitsmarkt­förde­rungsmittel in Wien. Seit dem Jahr 2000 hat der Bund in Wien 16 000 Arbeitsplätze abgebaut! Das ist für den Wiener Arbeitsmarkt sehr viel, und selbstverständlich ist das eine mit dem anderen verwoben – und Sie von ÖVP und FPÖ können daher nicht so tun, als hätte das eine nichts mit dem anderen zu tun!

Trotz des Anstiegs der Arbeitslosigkeit hat die Bundesregierung das Budget des Ar­beitsmarktservice in Wien gekürzt! Ich betone: nicht erhöht, sondern gekürzt! Das muss doch wohl auch eine Auswirkung auf den Wiener Arbeitsmarkt haben! Wien hingegen ist das einzige Bundesland, das eine zusätzliche und landeseigene Arbeits­marktförderung hat und diese aufgestockt hat, und zwar auf 42 Millionen €, also aktiv Maßnahmen setzt und handelt.

In Wien arbeiten 200 000 Menschen, die aus anderen Bundesländern einpendeln. Das bedeutet, dass Wien, dass der Wiener Arbeitsmarkt damit eine Entschärfung des Problems anderer Bundesländer mit übernommen hat. Der Wiener Arbeitsmarkt ist ein dermaßen großer Arbeitsmarkt, dass jeder vierte Arbeitsplatz in Österreich in Wien liegt.

In Wien gab es im Jahre 2003 – nicht minus, wie ich vorher gehört habe! – 3 000 Ar­beitsplätze mehr; die Wirtschaftsleistung in Wien beträgt 50 Prozent mehr als in den anderen Bundesländern. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)


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In Wien gab es im Jahre 2003 auch – dazu haben wir jedoch vorher ebenfalls Ge­genteiliges gehört – einen neuen Rekord an Betriebsgründungen. Die Wirtschaftsförde­rung wurde in den letzten Jahren in Wien verdoppelt!

Das, sehr geehrte Damen und Herren, sind die Fakten zum Wiener Arbeitsmarkt, und dazu kann ich nur resümierend sagen: Würde im Bund eine annähernd ähnliche Politik wie in Wien gemacht werden (Abg. Kopf: Gott sei Dank nicht!), hätten wir dieses immense Arbeitslosigkeitsproblem in Österreich nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum zweiten Thema, das ich noch in aller Kürze ansprechen möchte, zur Betroffenheit gerade von Frauen, was die Arbeitslosigkeit betrifft. Von Herrn Bundesminister Barten­stein haben wir gehört, es gebe eine exzellente Entwicklung. – Was Sie, Herr Bun­desminister Bartenstein, unter „exzellenter Entwicklung“ verstehen, wird mir geradezu unheimlich! Jetzt einmal abgesehen davon, dass die 66 Prozent Frauenbeschäftigung, die Sie hier angeführt haben, so nicht stimmen, weil Sie hier Zahlen zitieren, die nicht bereinigt sind in Bezug auf Teilzeitarbeit, nicht bereinigt sind in Bezug auf Kinder­geldbezieherInnen – aber, sei’s drum, Herr Bundesminister! –, 109 000 arbeitslose Frauen, sind acht von zehn neuen Arbeitslosen Frauen – und da sprechen Sie hier von einer „exzellenten Entwicklung“! Das darf doch nicht wahr sein, Herr Bundesminister! Haben Sie andere Zahlen – oder haben Sie dazu ein dermaßen anderes politisches Verständnis?

Im „Kurier“ von heute gibt es einen beachtlichen Artikel zu diesem Thema, in dem auch ein klarer Zusammenhang zu der Art und Weise, wie das Kindergeld konstruiert ist, hergestellt wird – und dass man jetzt die ersten, sehr leicht vorhersehbaren Ent­wicklungen, was dieses Kindergeld betrifft, sieht: So beispielsweise die Tatsache, dass der Kündigungsschutz ein halbes Jahr kürzer dauert, als die Frauen das Kindergeld beziehen können – und viele auch beziehen –, und dass sie dann auf einmal, und zwar ganz ohne Vorwarnung, ohne Arbeit dastehen.

Das heißt, da wäre ein ganz wichtiger Punkt anzupassen, und solange nicht angepasst ist, zumindest sofort ein Vorwarnsystem einzuführen, um den Frauen zu sagen: Achtung, in einigen Wochen läuft dein Kündigungsschutz ab; du musst an der Situation etwas ändern, du musst dich jetzt entscheiden! – Herr Bundesminister, setzen Sie doch bitte diese Maßnahme zumindest einmal als Zwischenschritt!

Der „Kurier“ unterstellt Ihnen in einem Kommentar, dass das nicht Zufall sein kann, weil die Prognosen entsprechend waren, und er unterstellt Ihnen da Absicht. – Mir fällt dazu ein, Herr Bundesminister Bartenstein, dass Sie im Jahre 1999 in einem im „profil“ veröffentlichten Streitgespräch gesagt haben, Sie wollen die Frauen wieder zurück ins Kinderzimmer führen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wie bitte? Was?!) – Wir haben damals gesagt: Das ist Familienpolitik der Barten-Steinzeit!

Im „Kurier“ von heute heißt es dazu, dass das eine Politik ist, die nicht mehr den An­forderungen der heutigen Zeit entspricht. – Herr Bundesminister Bartenstein, ja, es ist Ihnen gelungen: Die Frauen picken jetzt sozusagen fest im Kinderzimmer – aber die Frauen wollen von dort wieder heraus, und sie erwarten sich von Ihnen das Setzen entsprechender Rahmenbedingungen! (Beifall bei der SPÖ.)

17.37

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

 


17.37

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Silhavy und – in Abwesenheit – geschätzter Herr Prä-


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sident Nürnberger: Jeder von uns hier im Hohen Hause kennt solche Einzelfälle, die Sie genannt haben, bedauernswerte Einzelfälle von Menschen, die erfolglos Arbeit suchen. Jeder/jede von uns konnte in solchen Einzelfällen da oder dort schon helfen; jeder/jede von uns war aber auch schon erfolglos beim Versuch, diesen Menschen zu helfen. Nur: Was Sie hier jetzt machen, ist so etwas von verwerflich (Widerspruch bei der SPÖ), nämlich die Beschäftigung mit statistischen Zahlen, die dazu dienen, den Erfolg oder Misserfolg von Maßnahmen in Zahlen zu gießen und darzustellen, aus­zuspielen gegen die Darstellung von Einzelschicksalen! Das ist zynisch, das ist ver­werflich! Das ist eine Arroganz, die sich diese bedauernswerten Personen nicht verdient haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: „Kleine Zeitung“!)

Ich verstehe schon, dass Sie von der SPÖ angesichts von Arbeiterkammerwahlen in Wien versucht sind, hier wahltaktische Polemik an den Tag zu legen, diese Zahlen und diese Schicksale zur „Untermauerung“ dieser Polemik zu verwenden, sage Ihnen aber dazu: Schämen Sie sich dafür! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Marizzi: Schämen Sie sich für die Zahlen!)

Ich verstehe schon, dass Sie von der SPÖ keine statistischen Zahlen hören wollen, denn: Österreich ist – laut Prognose für das Frühjahr 2004 – das Land mit der nied­rigsten Arbeitslosenrate aller EU-15. Das heißt, und zwar auf der von Ihnen ange­sprochenen persönlichen Ebene: Österreich ist das Land, das diesbezüglich die we­nigsten dieser bedauernswerten Einzelschicksale in seinem Land hat, da wesentlich besser ist und es weniger solcher Schicksale als in jedem anderen EU-Land gibt.

Österreich ist auch das Land mit der niedrigsten Jugendarbeitslosenrate, also auch das Land, in dem die wenigsten Jugendlichen in dieser bedauernswerten Situation sind, wie Sie von der SPÖ das ja gerade anhand von Einzelfällen zu schildern versucht haben.

Österreich – und das steht sogar in Ihrem Antrag – hat es geschafft, eine Entspannung bei der Arbeitslosensituation älterer Menschen zu erzielen; das steht auch so in der Einleitung Ihres SPÖ-Antrages.

Das Wirtschaftswachstum in Österreich – und das ist letzten Endes die Basis für stei­gende Beschäftigungszahlen – liegt über dem EU-Durchschnitt. Ich verstehe schon, dass Sie von der Opposition diese Zahlen nicht hören wollen, aber: Diese Zahlen stimmen, sind von allen Institutionen – egal, ob von der EU oder von Wissenschaft­lern – bestätigt, nur Sie von der SPÖ wollen das nicht wahrhaben.

Aber ich sage Ihnen auch: Diese Zahlen kommen nicht von ungefähr, und diese im Vergleich gesehen relativ bessere Situation in Österreich kommt auch nicht von ungefähr:

Wir setzen mit 1 400 Millionen € einen Rekordbetrag an Geldmitteln für die aktive Ar­beitsmarktpolitik ein. Wir haben jetzt das Programm „Jobs for You(th)“ mit noch ein­mal 8 000 Beschäftigungsmöglichkeiten für Jugendliche draufgesetzt. Die Lehrgangs­plätze sind auf 7 000 aufgestockt worden. 50 Millionen € zusätzlich für das Jugendaus­bil­dungs-Sicherungsgesetz!

Die AMS-Reform hat dazu geführt, dass Sie zwar sagen, es waren im Laufe eines Jahres 800 000 Menschen – kumuliert gerechnet – einmal in Arbeitslosigkeit; aber wir haben sogar eine höhere Zahl von Personen aus der Arbeitslosigkeit hinausgebracht, und die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit ist auf 100 Tage gesunken. Das heißt, das reformierte AMS, das von Herrn Bundesminister Bartenstein reformierte AMS funk­tioniert heute besser denn je – dank seiner Reformmaßnahmen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Welche Reform?)


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Auch bei der Beschäftigungsquote der Älteren, meine Damen und Herren, kommt die Entwicklung nicht von ungefähr: Wir haben die Lohnnebenkosten für die älteren Mitarbeiter gesenkt, und das ist mit ein Grund, warum die von Ihnen selbst zitierten und beschriebenen Erfolge eingetreten sind.

Die Tatsache, dass wir bei den älteren Mitarbeitern über 50 oder über 55 eine so nied­rige Beschäftigungsquote haben, hat natürlich auch mit der Pensionspolitik in den letzten 30 Jahren zu tun. Wenn wir jetzt das Pensionsalter dort anheben, wird selbst­verständlich auch die Beschäftigungsquote bei dieser Bevölkerungsgruppe – nicht zuletzt angesichts der demographischen Entwicklung, die uns erwartet – steigen. Das ist ein Faktum, das Sie genauso wenig wegdiskutieren können.

Also: Wir sind die Nummer eins in Europa, was die Beschäftigung betrifft. Wir sind Spitze in der EU, was die soziale Sicherheit anbelangt. Wir sind Spitze weltweit, was die Bildungsausgaben anbelangt. (Abg. Öllinger: Geh, bitte!) Nur: Um diese hohen Ausgaben erhalten zu können – wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es Herrn Androsch, der das heute in der APA, allerdings kritisierend, von sich gibt; fragen Sie bei ihm nach! –, brauchen wir Wachstum! Wachstumsbremsen sind die Höhe der Steuern, die mangelnde Flexibilität, die Versorgungsorientierung, die wir in diesem Land über 30 Jahre lang gezüchtet haben.

Wir haben bei den Steuern etwas getan: Die größte Steuerreform, die es seit Ende des Zweiten Weltkrieges, in der Zweiten Republik gibt, wird morgen in diesem Hohen Haus beschlossen, und alle, alle Unternehmer, alle Wirtschaftsforscher prophezeien und sagen voraus, dass diese Steuerreform geeignet ist, das Beschäftigungsniveau zu heben, Abwanderung zu verhindern und vieles mehr.

Flexibilität, die jetzt im Arbeitsmarkt durch diese Reformen geschaffene höhere Flexi­bilität, bringt schon die ersten Erfolge. Allerdings, liebe Damen und Herren vom ÖGB: Es war vorher die Rede davon, selbst von Seiten des Herrn Präsidenten Nürnberger, dass wir noch mehr an Flexibilität brauchen. Geben Sie daher bitte Ihre Blockade bei der Arbeitszeitflexibilisierung auf (Abg. Verzetnitsch: Wo ist denn die „Blockade“?) und machen Sie mit uns eine echte Flexibilisierung bei der Arbeitszeitregelung, denn die Regelungen, die wir heute haben, sind eindeutig zu starr! (Zwischenrufe der Abge­ordneten Reheis und Brosz.)

Meine Damen und Herren! Zum Schluss noch Folgendes: Sie kritisieren in Ihrer Dring­lichen Anfrage die Stabilitätsorientierung in unserer Budgetpolitik. – Wissen Sie, liebe Damen und Herren von der Sozialdemokratie, Sie haben in den Jahren 1997/1998 noch den Finanzminister gestellt. Sie hatten damals ein gegen 4 Prozent gehendes Budgetdefizit, aber genau gleich viele Arbeitslose, wie wir heute haben – genau gleich viele! (Abg. Dr. Puswald: ... verscherbeln!) Das heißt: Sie haben sich das Defizit, Sie haben sich die Verschwendung zum Prinzip gemacht (Abg. Verzetnitsch: Mit Schüs­sel!) – aber ohne Wirkung!

Wir, die ÖVP-FPÖ-Regierung, machen eine stabilitätsorientierte Budgetpolitik, aber mit einem klaren Ziel: Wir haben durch die Budgets 2002/2003 Spielräume geschaffen, die wir jetzt nutzen können, um Maßnahmen wie Konjunkturpakete oder die Steuerreform (Abg. Parnigoni: Einige wenige Unternehmer ...!) zu setzen, mit denen wir die Be­schäftigungsproblematik in Österreich in den Griff bekommen.

Das ist der große Unterschied: Wir machen Budgetpolitik stabilitätsorientiert, aber mit einem klaren Ziel, zum Nutzen der Menschen in diesem Land! – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ – in Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Kopf –: Das war schwach!)


17.45


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


17.45

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Frau Abgeordnete Kuntzl hat sich zwar redlich bemüht (Abg. Parnigoni: Erfolg­reich!), die triste Situation im sozialistisch allein regierten Wien besser darzustellen (Abg. Parnigoni: Mit Fakten!) und alles Mögliche, was dort an Missständen vorzufin­den ist, zu beschönigen, aber es ist ihr nicht gelungen.

Frau Abgeordnete Kuntzl! Die Adresse Ihrer Dringlichen müsste in Wirklichkeit Wien sein – und nicht der Bund! (Abg. Dr. Matznetter: Oja! Weil er zuständig ist, der Herr Bartenstein!) – Horchen Sie lieber zu, Herr Abgeordneter Matznetter, bevor Sie gleich wieder Zwischenrufe machen! (Abg. Dr. Matznetter: Nein, er ist zuständig!)

Das Wirtschaftsforschungsinstitut dokumentiert in seiner aktuellen Studie, dass eine Verzerrung der Arbeitsmarktsituation durch das schlechte Wiener Ergebnis zustande kommt: Zuletzt kam es in Österreich zu einer geringfügigen Beschleunigung der Ar­beitslosigkeit; die Verschlechterung war aber in erster Linie auf die Arbeitsmarkt­ent­wicklung in Wien zurückzuführen. (Abg. Dr. Matznetter: ... untätige schwarz-blaue Re­gierung!)

Ich kann Ihnen das auch belegen: In Wien gibt es 82 344 Arbeitslose – ein Anstieg von 6,9 Prozent. Frau Kuntzl hat behauptet, in Salzburg würde die Arbeitslosigkeit nicht so stark steigen. – Das stimmt ja überhaupt nicht, es sind dort 7,6 Prozent! (Abg. Dr. Matznetter: Sie steigt überall! ...!) Also bleiben Sie doch bitte bei der Wahrheit und versuchen Sie nicht immer wieder, Wien sozusagen rauszuhauen, nur deshalb, weil es sozialistisch allein regiert ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Abgeordneter Matznetter, hören Sie einmal zu! Stören Sie mich nicht ununter­brochen in meiner Rede durch Ihre stereotypen Zwischenrufe! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie wissen ja, dass die männlichen Abgeordneten in dem Geruch stehen, die weib­lichen Abgeordneten immer zusammenzuschreien – und das machen Sie jetzt gerade. (Abg. Dr. Puswald: Vorsicht! ...!) Also bessern Sie sich!

Frau Abgeordnete Kuntzl hat weiters behauptet, die Mittel des Bundes hinsichtlich der Arbeitsmarktförderung in Wien seien gekürzt worden. (Ruf bei der SPÖ: Das stimmt!) Es stimmt überhaupt nicht: Es waren im Jahr 2003 197,3 Millionen, die das Arbeits­marktservice in Wien bekommen hat, und im Jahr 2004 sind es 205 Millionen. – Wenn Sie da noch sagen, das sei weniger, dann können Sie nicht rechnen, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren von der SPÖ! Sie sollten nicht mit falschen Zahlen agieren. (Abg. Dr. Puswald: Das tun Sie!)

Im Übrigen möchte ich Ihnen etwas sagen: Es ist wirklich leicht, hier im Parlament auf dem Oppositionsbankerl zu sitzen (Abg. Dr. Cap: Woher wissen Sie das?) und alles nur zu kritisieren. (Abg. Schieder: Das ist gar nicht so leicht!) In Wien aber, dort, wo Sie die Verantwortung haben, bringen Sie nichts zustande, meine sehr geehrten Da­men und Herren von der SPÖ! (Abg. Dr. Cap: Ich weiß mir was Besseres!) – Nun, Sie machen es ohnehin nicht gut, denn die Medien werfen Ihnen ja immer wieder vor, dass Sie nicht einmal die Oppositionspolitik ordentlich machen. (Abg. Dr. Cap: Aber Sie sind nicht nett! Nett war das jetzt nicht! – Abg. Schieder: Wir können eh Platz tauschen! – Abg. Dr. Cap: Tauschen wir!)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, andere Bundesländer haben hervor­ragend bewiesen, was eine gute Politik in den Bundesländern auf dem Arbeits-


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marktsektor bewirken kann. Aber: „Wien ist anders“. Wien ist anders – ich werde Ihnen das jetzt anhand einiger unverdächtig klingender Personen vor Augen führen:

Da gibt es einen Geschäftsführer eines New Economy-Unternehmens (Abg. Dr. Cap: Grasser! – Ruf bei der SPÖ: Der Grasser!), der sagt: Wien ist einfach zu langsam! Er sucht ständig auf der halben Welt nach neuen, quicken Projektmanagern, aber dann sagt er: Probieren Sie einmal, diese Leute durch die Wiener Bürokratie zu bringen, bis Sie irgendeine Genehmigung kriegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Öllinger: Ausländer!) – In Wien hat es praktisch keine Verwaltungsreform gegeben. (Abg. Öllinger: Ausländer! – Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Das ist ja unerhört! ... Ausländer!) – Nein, das bezieht sich auf die Verwaltungsreform, Herr Abgeordneter!

Der Marketing-Vorstand von Renault Deutschland sagt: In Wien ist das Klima, um unternehmerisch tätig zu werden, doch sehr restriktiv. – Na klar, Sie haben keine Verwaltungsreform durchgeführt! (Abg. Öllinger: Frau Kollegin Pablé, Sie wollen Ausländer haben! Das ist ja unglaublich!) – Auf Sie trifft dasselbe zu, was ich zuerst zu Kollegen Matznetter gesagt habe: Sie sollen mich nicht niederschreien mit immer den­selben stereotypen Vorwürfen! (Abg. Öllinger: Das war etwas daneben, was Sie jetzt gesagt haben! – Ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger.)

Ein renommierter Professor der Technischen Universität hat gesagt: In Wien gibt es veraltete administrative Strukturen. Es muss alles, was hier organisiert werden soll, 25-mal abgestimmt werden. Es gibt eine weitgehende Lähmung der Verwaltung. Die Bau­ordnung arbeitet mit Fallstricken – und so weiter.

Das Resümee ist: In dieser Stadt ist nirgendwo sichtbar, dass es eine Vorwärts­strategie gibt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist Wien (Abg. Mag. Lapp: Nein! ...!) – und da müssen Sie einmal ansetzen! Da müssen Sie einmal versuchen, Herrn Bürgermeister Häupl aufzurütteln! (Abg. Dr. Puswald: Der Wirtschaftsminister ist zuständig!) Bringen Sie doch all Ihre Argumente, die Sie in der Dringlichen angeführt haben, einmal bei Bürgermeister Häupl vor, dann wird sich vielleicht – vielleicht – et­was ändern! (Abg. Öllinger: Unbürokratische Arbeitsgenehmigung für Ausländer – das war Ihr Vorschlag! Wir kommen darauf zurück!)

Jedenfalls ist in Wien ganz deutlich geworden, was wir auf Bundesebene durch das negative finanzielle Ergebnis, das Sie uns seinerzeit hinterlassen haben, gespürt ha­ben: Die SPÖ kann nicht wirtschaften! – Wien ist das lebende Beispiel dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Das ist nicht zu überbieten!)

17.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Einem zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.50

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat soeben im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktpolitik behauptet, in Wien, wo die Sozialdemokraten die Verantwortung hätten, würden wir nichts zusammenbringen.

Frau Abgeordnete, das ist insoweit sachlich unrichtig, als weder in Wien noch in ir­gendeinem anderen Bundesland weder Sozialdemokraten noch Schwarze für Ar­beitsmarktpolitik zuständig sind, sondern dafür ist ausschließlich der Herr Bundes­minister zuständig – und daher ist er auch für die schlechte Arbeitsmarktlage in Wien zuständig.


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Ein Letztes: Es tut auch kein anderes Bundesland mehr für die Entwicklung des Arbeitsmarktes als Wien. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ja eine Wortmeldung! Das war alles, nur keine Tatsächliche!)

17.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sburny. – Bitte.

 


17.51

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Lieblingsausspruch des Herrn Wirtschafts- und Arbeits­minis­ters Bartenstein ist, dass die Wirtschaft die Arbeitsplätze schafft und nicht die Politik. (Abg. Steibl: So ist es!) Auch heute habe ich es schon einmal gehört, jawohl!

Ich nehme ja nicht an, dass Sie damit meinen, dass Sie sich als Politiker mit Ihren politischen Maßnahmen jetzt völlig aus der Verantwortung verabschieden wollen, denn tatsächlich interveniert die Regierung sehr heftig, was wirtschaftliche Aktivitäten bezie­hungsweise Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Aktivitäten, die sich ja auch auf Arbeitsplätze auswirken, betrifft. Allerdings führen Ihre politischen Maßnahmen derzeit nicht zu mehr Arbeitsplätzen, sondern zu höherer Arbeitslosigkeit. Vielleicht wäre der Schluss daraus, dass wir doch andere politische Maßnahmen brauchen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte auf ein konkretes Beispiel eingehen, auf ein konkretes Problemfeld, das relativ selten hier besprochen wird und aus meiner Sicht momentan völlig unter­belich­tet ist, nämlich auch im Hinblick auf die Arbeitsplätze, und zwar auf die Frage der Aus­wirkungen Ihrer Politik und Ihrer politischen Maßnahmen auf die Länder und Gemein­den. Dies ist in diesem Zusammenhang deshalb von Bedeutung, weil die Länder und Gemeinden zu den wesentlichen beziehungsweise zu den größten Investoren im Wirt­schaftsbereich gehören und damit bis vor kurzem auch für die Sicherheit von Arbeits­plätzen gestanden sind.

Wenn man sich anschaut, wie sich Ihre Regierungspolitik in diesem Bereich auswirkt, dann stellt man fest, dass die Zahlen da ziemlich dramatisch sind. Es wird sich nämlich die Steuerreform 2005 auf Länder und Gemeinden in Form von sehr hohen Min­dereinnahmen auswirken, und zwar – laut Bundesministerium für Finanzen – auf Län­derebene mit Mindereinnahmen in Höhe von 381 Millionen € und auf Gemeindeebene mit 333 Millionen € weniger, was bedeutet, dass es in diesem Bereich zu zirka 5 Pro­zent Mindereinnahmen in Bezug auf die Ertragsanteile kommt.

Wenn man jetzt von dem ausgeht, was manche Länder- und GemeindevertreterInnen tun – nämlich davon, dass diese Zahlen insofern noch immer nicht korrekt sind, als die Mindereinnahmen sehr viel höher sein werden als derzeit offiziell von Ihnen veran­schlagt –, dann kann man ungefähr ein Gefühl für die Dimension dessen bekommen, was es da an Einnahmenausfällen für die Gemeinden und Länder geben und wo sich das auch auswirken wird.

Der Grund, warum ich diese Zahlen – im Verein mit vielen LandespolitikerInnen – be­zweifle, liegt darin, dass Ihre Zahlen, was die Mindereinnahmen infolge von Steuerge­schenken – um es jetzt einmal so auszudrücken – angeht, bis jetzt noch immer nach oben revidiert werden mussten. Ich weise noch einmal zum Beispiel auf die Inves­titions... (Bundesminister Dr. Bartenstein: Zuwachsprämie!) ...zuwachsprämie – vielen Dank, Herr Minister; sehr freundlich! – hin, die statt 100 Millionen 280 Millionen Min­dereinnahmen gebracht hat. Das heißt, man kann auch hier mit gutem Grund davon ausgehen, dass sich dieser Betrag bei den Gemeinden und Ländern auch noch einmal erhöhen wird.


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Warum das so dramatisch ist? – Weil das genau jene Mittel sind, die zum Beispiel auch die Gemeinden an frei verfügbaren Mitteln haben und die sie derzeit in Infra­struk­turmaßnahmen wie zum Beispiel Sanierungen, Neubau von Kindergärten, Schulen und so weiter investieren – und das sind sehr arbeitsplatzintensive Maßnahmen, die jetzt, durch diese Mindereinnahmen in den Regionen, eben entfallen. Viele von Ihnen wer­den das aus den Gemeinden kennen, dass genau dieses knappe Budget dazu führt, dass Neubauten und Sanierungen verschoben werden müssen. Und das wiederum führt jetzt eben nicht nur dazu, dass Kinder oder Schüler und Schülerinnen in Räumen sitzen, wo der Putz von der Decke bröckelt, weil nicht mehr saniert wird, sondern es führt auch dazu, dass es dort sehr viel weniger Arbeitsplätze gibt, als es eigentlich geben könnte. (Beifall bei den Grünen.)

Das sind aber auch Mittel, die in den Gemeinden für Dinge wie zum Beispiel die zu­sätzliche Förderung von alternativer Energie ausgegeben werden. Dazu gibt es inter­essante Zahlen aus Vorarlberg: Im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung wurde erhoben, dass zum Beispiel mit 1 Million € an Investitionen in erneuerbare Energie, sprich Solaranlagen, ein Investitionseffekt von 17 Personenbeschäftigungsjahren her­aus­kommen würde. Im Gegensatz dazu kommen, wenn man das in privaten Konsum steckt, nur elf Jahre heraus. Das heißt, diese Art von Förderung, die die Gemeinden da betreiben, ist äußerst arbeitsplatzrelevant und kann für die regionale Wirtschaft einen sehr starken Impuls bringen.

Das heißt: Die Investitionen der Länder und Gemeinden sind ein wesentlicher Faktor für die Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen. Wenn Sie mit Ihrer Steuerreform nun diese dramatischen Kürzungen bei den Ertragsanteilen von Ländern und Gemein­den verursachen, dann bewirken Sie zugleich auch zusätzliche Arbeitsplatzverluste und damit auch höhere Arbeitslosigkeit in den Regionen.

In diesem Sinne ein Vorschlag – weil Sie ja auch immer gern einen Vorschlag von der Opposition hören möchten –: Beenden Sie das finanzielle Aushungern der Gemeinden! Setzen Sie ein bisschen weniger – ein bisschen weniger nur! – auf die Förderung und Unterstützung von Konzernen und Großbetrieben, schauen Sie statt dessen ein biss­chen mehr – das hätte nämlich sehr viel mehr Effekt in Bezug auf die Arbeits­plätze – auf Kleinbetriebe und auf regionale Wirtschaft! (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

17.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


17.57

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Noch drei Stichworte zu Wien – einem Bundesland, das aus der bundespolitischen Misere das absolut Beste macht, das zu machen ist (ironische Heiterkeit des Abg. Neudeck–:

Die Frauenbeschäftigungsquote in Wien, meine Herren Kollegen, ist um 5 Prozent hö­her als in Restösterreich und hebt somit den Gesamtschnitt. Wäre das nicht so, würden wir sehr traurig aussehen! – Das ist das eine Stichwort. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens, meine sehr geehrten Damen und Herren: Kinderbetreuung. Kollegin Kuntzl hat es erwähnt, aber es ist doch auch Tatsache, dass wir, sowohl was das flächen­deckende Angebot betrifft als auch von der Qualität des Betreuungsangebotes her, in Wien absolut top sind (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neudeck) und dass in Wien die soziale Staffelung dahin geht, dass etliche Familien, die es sich nicht leisten kön­nen, null € für die Kinderbetreuung in Wien bezahlen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Ist das jetzt eine Märchenstunde?)


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Und drittes Stichwort: Wie bei den erwachsenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mern ist es auch bei den Lehrlingen so, dass 4 000 von 16 000 Lehrlingen nach Wien einpendeln. Das heißt, ein Viertel aller Lehrlinge pendelt ein, weil in ihren Bundes­ländern keine Lehrstellen zu finden sind. Außerdem bildet die Stadt Wien 1 000 Lehr­linge in 37 Berufen aus, nimmt jedes Jahr 290 Lehrlinge auf und wird ab Herbst ihr Ausbildungsnetz der Lehrgänge auf 900 aufstocken. – Das nur zu Beginn zu Wien.

Ich möchte gleich bei den Lehrlingen und bei der Jugendausbildung und Jugend­bil­dung im Allgemeinen anschließen, denn das ist mein Thema, und es ist ein wichtiges Thema. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Bundesminister Bartenstein muss nicht wirklich stolz darauf sein, dass wir die zweitniedrigste Jugendarbeitslosenrate in der EU haben: Wenn wir uns die absoluten Zahlen anschauen, Herr Bundesminister, so sind es ... (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Dr. Bartenstein.) – Die niedrigste wird es werden, haben Sie gesagt, vielleicht Ende 2004 (Bundesminister Dr. Bartenstein: Nein, ...!); wir haben sie noch nicht. Die Niederlande sind besser dran als wir. – Tatsache ist, dass wir rund 56 000 junge Leute zwischen 15 und 25 Jahren haben, die arbeitssuchend sind, die keine Arbeit haben. Diese Summe ist erschreckend, weil diese ja nicht allein sind: Da stecken ja Familien dahinter, da stecken Eltern dahinter, da stecken Lebenspartner­schaften dahinter! Wenn man diese Zahlen mal zwei und mal drei nimmt, dann muss man sagen, es ist sehr überheblich gewesen, wie Sie vorher von der Regierungsbank herunter agiert haben, und es ist beschämend, wie wenig ernst Sie diese Zahlen nehmen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Ich kritisiere weiters Ihre mangelhafte bis gar nicht stattfindende Beziehung zur Frau Bundesministerin – in Bezug auf Bildung und Ausbildung, wohlgemerkt. Ich sehe über­haupt keine Zusammenarbeit dahin gehend, dass wir jährlich ungefähr 4 000 Plätze in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen bräuchten. Die davon betroffenen Jugendlichen drängen dann wieder in den Arbeitsmarkt zurück, weil sie keine ent­sprechenden Schulplätze bekommen.

Ich weiß nicht: Sprechen Sie nicht miteinander? Arbeiten Sie nicht miteinander? Schauen Sie nicht auf diese jährlich zigtausenden Jugendlichen, für die kein Schulplatz vorhanden ist, die aber dann auch keine Lehrstelle bekommen, weil auch diese fehlen Herr Bundesminister?

Die Zahl der Lehrgangsplätze haben Sie wohl erhöht, das ist aber eine Notmaßnahme, kein Gesamtpaket, wie wir es uns wünschen würden. Sie haben diese Zahl sogar schon vor dem Sommer erhöht – was ja außerordentlich ist, denn normalerweise machen Sie das erst im Spätherbst, wenn ohnehin schon Feuer am Dach ist (Zwi­schen­bemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein) –, aber, Herr Bundesminister, auch die Zahl der Lehrstellensuchenden steigt von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat! Seit Sie von Schwarz-Blau an der Regierung sind, ist die Zahl der Arbeitslosen um 20 Prozent gestiegen, im EU-Schnitt hingegen nur um 7 Prozent. Wir brauchen also nicht stolz darauf zu sein, zu den „Besten“ in der EU zu gehören, wenn wir eine Stei­gerung mit solchen wirklich erschreckenden Prozentzahlen haben.

Zur Lehrstellen-Lücke 2003: Man muss sich immer am Ende eines Jahres anschauen, wie das Verhältnis zwischen denjenigen, die eine Lehrstelle suchen, und denjenigen, die wirklich eine bekommen haben, ausschaut. Diese Lücke ist mit 10 000 – 10 400 sogar – enorm hoch! Das heißt, wir müssen uns die Frage stellen, Herr Wirtschafts­minister: Warum bildet die Wirtschaft immer weniger aus? (Abg. Kopf: Stimmt doch überhaupt nicht!) Warum bietet die Wirtschaft immer weniger Lehrstellen an, und das schon ... (Abg. Kopf: Stimmt doch nicht!) – Das stimmt ganz sicher, weil Ihre 65 Mil­lionen €, die Sie mit der Lehrlingsprämie in 65 000 Fällen eingesetzt haben, Herr


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Kollege Kopf, keine einzige Lehrstelle mehr geschaffen haben. (Abg. Kopf: Wo sehen Sie weniger Lehrstellen? Wo?) Sie haben mit der Gießkanne Betriebe belohnt (Abg. Kopf: Mit welchen Zahlen? Wo?), die ohnehin Lehrlinge ausbilden. Diese 65 Mil­lionen € hätten wir ganz anders einsetzen können, denn Zuckerl ... (Abg. Kopf: Wo sind die weniger Lehrstellen?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kopf, bitte! Lassen Sie die Rednerin! (Abg. Kopf: Wenn Sie etwas Unwahres behauptet!) – Dann müsste ständig zwischen­gerufen werden, auch bei anderen. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Kopf: Der war gut! – Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

 


Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (fortsetzend): Jedes vierte Lehrverhältnis – das ist auch eine Tatsache, meine sehr geehrten Damen und Herren – wird, wohl nach der Probezeit, aber vor Beendigung der Lehrzeit, wieder aufgelöst. Es ist nämlich nicht wahr, dass Lehrlinge sozusagen als pragmatisiert gelten, dass man sie nicht mehr los wird. Jedes vierte Lehrverhältnis wird aufgelöst!

Das heißt, die Behandlung der Lehrlinge – und ich bin froh, dass es den Schutz, den Lehrlinge genießen, noch gibt! – ist nicht so, wie wir es uns wünschen. Wir brauchen mehr Qualität in der Lehrlingsausbildung, aber absolut keine Aufweichungen der der­zeitigen Schutzbestimmungen!

Vorschläge gibt es genug. Unser Lehrlingspaket wird einfach nicht auf die Tages­ord­nung des Sozialausschusses gesetzt, obwohl darin sehr innovative Vorschläge enthal­ten sind.

Zudem haben Sie ein Juwel, Herr Bundesminister, das Sie verstecken: Ihr Lehrlings­beauftragter Egon Blum darf anscheinend nirgends auftreten. Ich habe auf der Home­page nachgeschaut. Es gibt sehr innovative Vorschläge dafür, mit dieser Lehrlings­situation, die nicht die beste ist, zurechtzukommen. (Abg. Mag. Hakl: Er tritt auf! Sie müssen nur hinkommen!) Aber keinen dieser Vorschläge haben Sie aufgegriffen, Herr Bundesminister, weder den Vorschlag, die Lehre mit Matura zu verbinden (Abg. Mag. Hakl: Matura mit Lehre gibt es ja schon!), noch den anderen Vorschlag, dass man Jugendlichen, die Probleme in der Ausbildung haben, eine Spezialausbildung an­bietet. Ich frage mich nur, warum Sie Egon Blum nicht schalten und walten lassen!

Zum Abschluss sage ich Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen und auch Ihnen, Herr Bundesminister, Folgendes: Wenn diese Bundesregierung weiterhin so wenig gegen die Arbeitslosigkeit tut, dann wird die Bevölkerung sie demnächst arbeitslos machen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

18.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


18.04

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Mittlerweile sollten wir ja schon fast an die Ver­unsicherungspolitik der SPÖ gewöhnt sein, das macht das Ganze aber nicht weniger unangenehm.

Die heutige Debatte, wie wir sie bis jetzt hatten, macht wieder einmal deutlich, dass es der SPÖ als ehemaliger Kanzlerpartei nur darum geht, durch Panikmache und Ver­fälschung von Informationen Stimmen zu lukrieren. Frau Kollegin Silhavy, das ist wirk­liche Kaltschnäuzigkeit, wie Sie aus Parteiräson bewusst die Ängste der Menschen schüren und für Ihre Zwecke missbrauchen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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58. Sitzung / Seite 129

Dies wird auch im gerade laufenden AK-Wahlkampf in Wien wieder einmal besonders deutlich, ich darf Ihnen dazu ein interessantes Beispiel bringen. An die Mitglieder der Wiener Arbeiterkammer wurde vor zirka zwei Wochen dieser so genannte „!Stand­punkt“ mit dem Titel: „Tumpel: Regierung muss den Arbeitsmarkt bei der EU-Erweite­rung schützen“ verschickt. (Abg. Mag. Tancsits: ... Zwangsbeiträge!) Darin findet sich eine außerordentlich interessante Passage, vor allem für denjenigen, der weiß, wer im Plenum des Parlaments zum Schutz der Arbeitsplätze in Österreich wie gestimmt hat.

Ich darf Ihnen diese Passage kurz vorlesen: „Viele wollen dann in der EU Arbeit suchen, auch in Österreich. Weil sie bei uns viel mehr verdienen können.“ Dann heißt es weiter – und das ist interessant! –: „Arbeiterkammer und Gewerkschaften haben daher Übergangsfristen durchgesetzt, ...“ (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Dass aber die SPÖ inklusive des ÖGB-Präsidenten im Parlament dagegengestimmt hat, wird natürlich wohlweislich verschwiegen!

Gerade in Wien – und Wien ist nun einmal ein interessantes Beispiel –, wird es be­sonders spannend, wenn die mit aller Herrlichkeit allein regierende SPÖ, wahrschein­lich deshalb, um vom eigenen Versagen abzulenken, immer wieder versucht, die erfolgreichen Initiativen der Bundesregierung schlecht zu machen und schlecht zu reden. Wien ist, auch wenn es Ihnen, Frau Kollegin Kuntzl, nicht gefällt, hier wirklich ein Ausreißer! Auch der Vergleich mit Vorarlberg hinkt ganz gewaltig, denn Sie müssen sich natürlich die Relation, von der ausgegangen wird, anschauen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.)

Die Bundesregierung hat – es wurde bereits erläutert – in den letzten Jahren mit ver­schiedenen Initiativen den Arbeitsmarkt unterstützt. Viele Bundesländer haben diese dann aufgegriffen und erfolgreich umgesetzt – was auf Wien natürlich in gar keiner Weise zutrifft, womit Wien wiederum ein ausgesprochen aussagekräftiges Bei­spiel für so genannte sozialdemokratische Regierungs- und Wirtschaftskompetenz ist. Im Ge­gensatz etwa zu Oberösterreich, wo die Beschäftigtenzahl jedes Jahr steigt, stagnieren die Zahlen in Wien. Ganz im Gegenteil gibt es in Wien heute nicht mehr Arbeitsplätze als in den sechziger Jahren, und auch für 2004 ist wieder mit einer Verringerung der Zahl der unselbständigen Aktivbeschäftigten um 2 800 zu rechnen, während öster­reichweit ein Plus von 12 200 prognostiziert wird.

Durch die miserable Bildungspolitik in Wien tut die Stadt ein Zusätzliches dazu, dass die Chancen der Menschen auf dem Arbeitsmarkt nicht besser werden. Die Einstellung zum Bildungssystem in Wien hat übrigens die rote Stadtschulratspräsidentin Brand­steidl vor längerer Zeit auf den Punkt gebracht, indem sie den Wiener Stadtschulrat als SPÖ-Headquarter und die österreichischen Schulen vor kurzem erst als provinziell bezeichnete. Das ist wirklich eine „tolle“ Einstellung, und das ist bezeichnend, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Molterer: Arroganz der Macht! – Abg. Sburny – in Richtung des Abg. Mag. Molterer –: Ihr kennt euch aber gut aus mit der Arroganz der Macht!)

Ein Drittel aller Arbeitslosen bundesweit – 34 Prozent – ist in Wien zu verzeichnen, die Steigerung der Arbeitslosigkeit in Österreich findet zu 55 Prozent in Wien statt. Von den rund 19 000 Langzeitarbeitslosen in Österreich kommen mehr als die Hälfte aus Wien, nämlich 11 000. Wiener Arbeitslose sind auch deutlich länger arbeitslos als im Bundesdurchschnitt, nämlich 136 Tage – im Vergleich zu 101 Tagen. In Tirol sind es durchschnittlich 67 Tage.

Was die Standortattraktivität von Wien betrifft, kann man sagen, dass Wien offen­sichtlich ein rotes Tuch für Wirtschaftstreibende ist. In Wien wandern nämlich im Ge­gensatz zu Restösterreich, wo es zahlreiche Neuansiedlungen gibt, die Unternehmen ab.


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58. Sitzung / Seite 130

Dazu nur ein paar Beispiele: Grundig minus 800 Mitarbeiter; Unilever minus 2 500 Mit­arbeiter seit 1994 – unter anderem wurde in andere Bundesländer übersiedelt; warum wohl? –; bei Siemens gab es in Wien einen Abbau um 100 Mitarbeiter (Zwischenruf der Abg. Silhavy), ein neues Werk hingegen im Burgenland. Wien hatte und hat auch weiterhin die rote Laterne sowohl beim Wirtschafts- als auch beim Beschäftigten­wachs­tum und liegt an letzter Stelle der Bundesländerrangliste.

Meine Damen und Herren! Zukunftsorientierte Politik ist nicht Sache der SPÖ! Ganz im Gegenteil versuchen Sie, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, kurz­sichtige, populistische Maßnahmen um den Preis der Zukunft unserer Kinder zu er­zwingen. Aber nicht mit uns, wir nehmen unsere Verantwortung wahr! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. 5 Minuten Redezeit werden gewünscht. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Nürnberger stellt mit seinen sozialistischen Genossinnen und Genossen heute eine Dringliche Anfrage an den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit. Dass die aktuelle Arbeits­losigkeit in unserem Land und deren wünschenswerte Reduktion eine Herausforderung an dieses Hohe Haus, an die Regierungskoalition, an die Bundesregierung darstellt, ist zweifelsohne unbestritten. Liest man diese Dringliche Anfrage, so gewinnt man allerdings den Eindruck, die Sozialdemokraten hätten mit maßgeblicher Regierungs­verantwortung nie ihren Beitrag geleistet! Ich erwähne hierbei, dass Kollege Nürn­berger bereits seit Juni 1984 diesem Hohen Haus angehört, aber für ihn gibt es offen­sichtlich gerade die neunziger Jahre nicht.

Gleichzeitig wird mit dieser Anfrage versucht, es so darzustellen, als hätte die in Opposition befindliche SPÖ Patentrezepte gegen die Arbeitslosigkeit, ohne jedoch – das sage ich auch dazu – diese Patentrezepte preiszugeben.

Auffällig ist, wie groß in dieser gegenständlichen Dringlichen Anfrage die Bemühungen sind, die in Schulung befindlichen rund 44 000 Arbeitssuchenden besonders heraus­zustellen – gleichsam, als würde die Bundesregierung diese verstecken wollen. Sie bezeichnen diese in Ihrer Dringlichen Anfrage als „untergebracht“, also gleichsam als geparkt beziehungsweise, wie ich meine, versteckt, als zusätzliche Arbeitslose, die nicht in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen dürften.

Dem ist mitnichten so! Möglicherweise war das aber in den neunziger Jahren so. Würde es mir die Zeit erlauben, würde ich hier einige Beispiele der damals durch­ge­führten Schulungen anführen, deren Sinnhaftigkeit ich bis zum heutigen Tag nicht ab­leiten kann, während diese Bundesregierung bemüht ist, den in Schulung Befind­lichen tatsächlich eine bessere Qualifikation zuteil werden zu lassen: ein besseres Aus­bildungsniveau, was gerade in einem erweiterten Europa mit zunehmendem Wettbe­werb – und den natürlich auch auf dem Arbeitsmarkt – sinnvoll und richtig ist.

Herr Kollege Nürnberger, ich denke, Sie missbrauchen richtige statistische Werte durch Ihre spezielle Art, diese statistischen Werte darzustellen – nämlich verzerrend darzustellen. Wenn Sie von einer Zunahme der Arbeitslosigkeit in Österreich sprechen und in Ihrer Dringlichen Anfrage darauf hinweisen, dass hier ein europäischer Spitzen­wert erreicht sei, so lassen Sie mich folgendes Beispiel anführen, und zwar ein sehr theoretisches: Bei einem Arbeitslosen in Österreich – wir wissen, dass es das nicht geben würde – im Jahr 2003 würde ein weiterer Arbeitsloser im Jahr 2004 eine enorme


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Steigerung, nämlich eine Steigerung von 100 Prozent, bedeuten. (Abg. Nürnberger: Wirklich theoretisch!) Ich halte das für eine verzerrte Darstellung – und Sie haben es sicherlich ganz bewusst gemacht. Sie haben auch keine internationalen Vergleiche angestellt, nämlich nicht als Teil Ihrer Dringlichen Anfrage gebracht beziehungsweise in der Anfrage dargestellt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun zu den tatsächlichen statistischen Werten, den Zahlen der Arbeitslosigkeit: Im Jahr 1998 betrug diese Zahl 237 794. Jetzt sage ich etwas dazu, was mir sehr wesentlich erscheint, das zwar nicht im Zusammenhang mit der Zahl, aber sehr wohl im Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit angesprochen wurde, nämlich das BIP-Wachstum.

Sie von der SPÖ haben, als Sie in Regierungsverantwortung waren, diese enorme Zahl an Arbeitslosen bei einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 3,5 Prozent aufzuweisen gehabt. Im Vergleich dazu: 2002 eine geringere, nämlich um 5 000 gerin­gere Zahl an Arbeitslosen – bei eine Wachstum von 0,9 Prozent –, im Jahr 2003 um 3 000 mehr Arbeitslose bei einem Wachstum von 0,7 Prozent.

Im internationalen beziehungsweise EU-Vergleich stellt es sich so dar, dass Österreich mit 4,5 Prozent den zweiten Platz einnimmt – die zweitniedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union ausweist, nach Luxemburg! Es ist so, dass ausgewiesen ist beziehungsweise die EU in ihrer Frühjahrsprognose davon ausgeht, dass Österreich künftig den Spitzenplatz – das heißt, die niedrigste Arbeitslosenrate – einnehmen wird.

Trotzdem sage ich: Jeder Arbeitslose ist einer zu viel! Aber es werden auch seitens der Bundesregierung und seitens der Regierungskoalition alle Anstrengungen unternom­men, diese im Vergleich niedrige Zahl an Arbeitslosen weiter zu reduzieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger ans Rednerpult. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. Restredezeit der Frak­tion: 10 Minuten. – Bitte.

 


18.15

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist ja schön, Herr Minister Bartenstein, wenn Sie zufrieden sind (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein), denn das, was ich Ihrer Beantwortung der Dringlichen Anfrage entnehmen konnte, lautete im Tenor – ich habe es in Stichworten mitgeschrieben – folgendermaßen: Erfolgt schon! Machen wir schon! Ist schon gut! Läuft schon!

Ich kann dem nur entnehmen, dass Sie mit dem, wie die Regierung arbeitet, zufrieden sind, zumindest habe ich keinen einzigen Punkt gehört, wo Sie eindeutig Verbesse­rungsbedarf sehen würden und wo vielleicht eine Frage der Opposition völlig zu Recht aufgeworfen wurde.

Es stellt sich nur die Frage: Sind auch diese rund neuneinhalbtausend neuen Arbeits­losen – also jene, die seit dem April des Vorjahres dazugekommen sind –, zufrieden? Was ich ganz besonders hervorheben möchte, ist, dass von diesen neuneinhalb­tau­send neuen Arbeitslosen etwa siebeneinhalbtausend Frauen sind, wir unter diesen neuen Arbeitslosen also einen dramatischen Anstieg der Frauenarbeitslosigkeit haben. Ich frage Sie: Wird denn eine Frau, die feststellt, dass sie keinen Job mehr bekommt und inzwischen schon mit 35 als schwer vermittelbar gilt, mit Ihrer Politik besonders zufrieden sein?

Ich frage Sie weiters: Was hat ein Jugendlicher oder eine Jugendliche von Ihrer auch hier wieder im Brustton der Überzeugung verkündeten Garantie auf eine Lehrstelle? –


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Das kann man sich, mit Verlaub gesagt, nicht einmal aufs Brot schmieren. Diese Ga­rantie kann man leicht vollmundig abgeben. Für die vielen Lehrstellensuchenden, die ja einen Beruf für sich suchen, ist das ein herzlich geringer Trost. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Wittauer.)

Ich frage Sie auch, wie zufrieden all die vielen Frauen, die aus dem Kinderbe­treuungs­geld-Bezug kommen und mit Entsetzen feststellen, dass leider ihr Kündigungsschutz vor einem halben Jahr abgelaufen ist, mit erstens einmal der Informationspolitik (Abg. Dr. Brinek: Das ist aber bekannt gewesen!), vor allem aber mit Ihrer Arbeitsmarkt­politik, die Sie auf diese Art und Weise betrieben haben, sein werden.

Dabei habe ich jetzt noch gar nichts über das große Maß an versteckter Arbeitslo­sig­keit gesagt! Das betrifft jene Jugendlichen, die irgendwo in der Statistik verschwunden sind und gar nicht mehr als lehrstellensuchend oder auszubildend aufscheinen, jene Frauen vor allem, die von sich aus schon die Suche w.o. gegeben haben, weil sie fest­stellen mussten, dass ihnen das AMS keinen Job vermitteln kann, weil es nämlich reihum keinen gibt oder weil die Rahmenbedingungen nicht passen, oder auch jene, die in irgendwelchen Ausbildungen geparkt sind oder die dort vielleicht ausgestiegen sind, ganz zu schweigen von den vielen anderen Formen der versteckten Arbeits­losig­keit.

Ich frage Sie jetzt, ehrlich gestanden, nicht nur im Interesse der Arbeitslosen, sondern auch im Interesse anderer: Was, glauben Sie, denken sich die vielen Menschen, die zwar geringfügig beschäftigt sind oder eine Teilzeitbeschäftigung haben, aber davon nicht leben können? Glauben Sie nicht, dass jeder Mensch – und zwar jede Frau ge­nauso wie jeder Mann – die Möglichkeit haben muss, durch Arbeit seinen eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können? Wäre das nicht ein Thema für Sie als Arbeits­minister, Herr Minister? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich verknappe jetzt eine Frage, die der offenkundig stets von geringer Geduld geprägte Herr Abgeordnete Mitterlehner vorhin aufgeworfen hat – ich vermute fast, dass gele­gentlich auch sein Gedächtnis in etwa so weit reicht wie seine Geduld – und zähle ein­fach einige jener Maßnahmen auf, die die Opposition immer wieder von diesem Red­nerpult aus in Bezug darauf vorgeschlagen hat, was man denn machen könnte, also einige Lösungsvorschläge der Opposition. Vielleicht kann ich sie Herrn Mitterlehner ja dann auch noch schriftlich zukommen lassen – und vielleicht merkt man es sich dann auch besser:

Einige der von uns Grünen vorgeschlagenen Maßnahmen wären: die Streichung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld, Ausdehnung des Kündigungsschutzes für die gesamte Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes, Ausbau der Kinderbetreu­ungseinrichtungen – das hätte im Übrigen auch einen Beschäftigungseffekt, weil näm­lich dort Jobs entstehen würden, und zwar durchaus viele (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) –, ein Sonderprogramm zum Wiedereinstieg für Frauen, aber auch Männer, nach der Kinderpause, ein Qualifikations- und Aufstiegsprogramm für Frauen auf dem Arbeitsmarkt; die Verknüpfung der Wirtschaftsförderung mit dem Vorhandensein von Frauen-Förderplänen in den Unternehmen, die Unterstützung von Gründerinnen in der Start-Up-Phase und so weiter und so weiter. Leider habe ich nicht die Zeit, wirklich alles auszuführen, was die Opposition schon ins Treffen geführt hat.

Was ich aber feststellen kann, ist, dass es offenkundig nicht nur eine Auseinan­der­setzung darüber gibt, was die richtige Maßnahme oder der richtige Weg ist, sondern dass wir uns, glaube ich, auch in der Zielsetzung deutlich unterscheiden. –

Während es mir und uns ein Anliegen ist, die Zielsetzung einer lebensunterhaltdeckenden Beschäf­tigungsmöglichkeit für Frauen und Männer und Jugendliche und Alte sicherzustellen, ist, so meine ich, bei Ihnen, Herr Minister, zum Beispiel die Eigenschaft als Wirt-


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schaftsminister deutlich stärker ausgeprägt als jene als Arbeitsminister und sind Ihre Zielsetzungen eher jene, makroökonomische, zumeist eher wenig nachhaltige und kurzfristig gedachte Strategien umzusetzen und vor allem gesellschaftspolitisch ein­deu­tig ein anderes Konzept zu verfolgen. Es scheint Ihnen gar nicht so unrecht zu sein, wenn die Frauen nicht in Beschäftigung stehen, sondern „nur“ arbeiten, nämlich unbe­zahlt für Pflege, für Kinderbetreuung und in der Familie, und auf dem Arbeitsmarkt als Konkurrentinnen für die Männer ausscheiden.

Eine letzte Anmerkung auch noch an die Adresse des Herrn Abgeordneten Nürn­berger: Ich hätte mir gewünscht, dass sich die von Ihnen in Ihrem Redebeitrag durch­aus umfassend aufgezählten Probleme der Frauenerwerbstätigkeit auch im Umfang der Fragen widerspiegeln und dort nicht nur im selben Ausmaß wie der Semmering­tunnel aufscheinen. Ich fordere aber alle in diesem Hohen Haus auf, jedenfalls dafür Sorge zu tragen, dass Männer wie Frauen, und zwar die Frauen im gleichen Ausmaß wie die Männer, die Möglichkeit haben, gut für ihren Lebensunterhalt zu verdienen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Walch. Wunsch­redezeit: 4 Minuten; das entspricht auch dem, was die Freiheitlichen noch an Restrede­zeit haben. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


18.22

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundesminister! Werter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohe Arbeitslosenzahlen sind wirklich nicht erfreulich, niemand kann damit zufrieden sein. Von der SPÖ sind wir es gewöhnt, dass polemisiert wird, aber, Herr Kollege Nürnberger, ich habe heute erfahren, dass du schon seit 1984 Mitglied des National­rates bist, und da muss ich schon fragen, wieso es so weit gekommen ist.

Wo war Kollege und Gewerkschaftsvorsitzender Nürnberger von den Sozialdemo­kraten, als in den guten Zeiten der Hochkonjunktur Gelder verprasst worden sind, an­statt, wie es normal in den guten Zeiten der Hochkonjunktur sein sollte, ein bisserl Körbergeld zurückzulegen und sich auf schlechtere Zeiten vorzubereiten? – Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! – so sollte es sein!

Lieber Kollege Nürnberger, ich muss dir wieder einmal auf die Sprünge helfen, indem ich dich frage: Wer hat denn Österreich so verschuldet? Wer hat denn die größten Pleiten zu verzeichnen gehabt? Ich sage jetzt gar nicht, was ihr alles verkauft habt, aber eines muss ich euch sagen: Der von euch geführte „Konsum“ hat eine derartige Pleite erlebt, dass er zusperren musste. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Tausende Ar­beitnehmer haben ihren Arbeitsplatz verloren. Sich dann hier herzustellen ... (Zwi­schenrufe des Abg. Nürnberger.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Nürnberger, Sie können sich noch zu Wort melden, es gibt noch Redezeit!

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): Du forderst jetzt, wir sollen da etwas machen. Lass dir sagen: Wir haben viel gemacht, aber leider hat die SPÖ, auch deine Wenigkeit, immer dagegengestimmt! Steuerreform, erste Etappe – Nürnberger hat da­ge­gengestimmt! Konjunkturbelebungsprogramme – Nürnberger hat dagegenge­stimmt! – Da stellt sich schon die Frage: Wieso? Was wollt ihr überhaupt? (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Oder: die Situation rund um die Armutsgrenze. Sozialdemokraten stellen sich hierher ans Rednerpult und sagen: In Österreich müssen zwei arbeiten gehen, um sich über­haupt eine Wohnung leisten zu können, und vieles mehr. – Ja wie viele Privilegien in


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diesem Zusammenhang, die ihr damals aufgebaut habt, hat denn diese Bundesre­gie­rung schon abgebaut?

Das Nächste: Wo warst du als Gewerkschafter, Kollege Nürnberger, um dafür zu sor­gen, damit diejenigen, die heute unter der Armutsgrenze leben, keinen so niedrigen Lohn haben? Wo wart ihr in der Hochkonjunktur, um einen anständigen Kollektiv­vertrag auszuverhandeln? Wo wart ihr in der Hochkonjunktur? Weshalb beziehen Frauen zum Teil noch immer 650, 700 oder 800 € Monatslohn? Wo wart ihr da? (Abg. Reheis: Wo wart denn ihr?)

Euer Landtagsabgeordneter und Gewerkschaftsvorsitzender von Bau/Holz, Kollege Driemer, hat sich auch wieder ein schönes Stück geleistet: Wir werden morgen in diesem Haus die größte Steuerreform der Zweiten Republik beschließen, und neben­bei hat Kollege Driemer vor zirka drei, vier Monaten – natürlich vor den Arbeiterkam­merwahlen! – gemeinsam mit der Bauinnung beschlossen, dass den Bauarbeitern die große Trennung in Zukunft an Feiertagen und an kurzen Freitagen nicht mehr zu­stehen wird.

Die Bauarbeiter, denen das rechtlich, kollektivvertraglich zugestanden ist, werden ab 1. Mai zwischen 600 € und 800 € pro Jahr weniger verdienen, netto weniger verdie­nen. – Kollege Nürnberger, unterhalte dich mit Kollegem Driemer! Ich glaube, wir müs­sen in Zukunft wieder Kollegen Verzetnitsch zu den Verhandlungen schicken, der han­delt das besser aus. – Das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Nächste: Wie viele Programme sind in diesem Hohen Haus beschlossen wor­den? – Sehr viele! Drei Konjunkturbelebungsprogramme mit einem Volumen von über 4 Milliarden €.

Wo wart ihr überhaupt? Sich nur hierher zu stellen, die Bevölkerung zu verunsichern, nur zu jammern, das ist, glaube ich, nicht der richtige Schritt. Mein Wunsch an alle, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Schlusssatz, Herr Ab­geordneter!

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): ... an alle Wirtschaftstreibenden: Stellt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein und gebt Jugendlichen eine Chance auf einen Lehrplatz! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 4 Minuten Redezeit stehen seiner Fraktion noch zur Verfügung. – Bitte, Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


18.26

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich will mich jetzt nicht auf die Antworten des Herrn Bun­desministers konzentrieren und ihm gar nicht überall widersprechen, das ist jetzt gar nicht meine Absicht, aber am Vorabend des Beschlusses der so genannten größten Steuerreform aller Zeiten – das meine ich auch nicht einmal nur polemisch, Sie glau­ben das ja vielleicht wirklich – ist es mir doch wieder einmal ein Bedürfnis, die größeren Zusammenhänge zu beleuchten.

Natürlich – und Gott sei Dank sind wir in Österreich noch besser gestellt als anderswo, da will ich Ihnen auch nicht widersprechen – ist es nahe liegend, die segment­spezi­fischen Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu beleuchten, aber eines muss auch klar sein, und insofern sage ich auch gleich für morgen: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!


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Wir werden uns auch nach dieser so genannten größten Steuerreform den wirklichen Zukunftsfragen, auch was die Beschäftigungspolitik betrifft, zuwenden müssen, und ich wende mich nun in dieser Angelegenheit auch an die SPÖ, weil wir da erst in jüngerer Vergangenheit eine Annäherung erzielen konnten, und darf sagen: Es geht schlicht und ergreifend gerade in Österreich um die lohnsummenbezogenen Abgaben, die nun einmal auf der Arbeit lasten; ich sage ganz bewusst nicht „Lohnnebenkosten“. Morgen wird da eine riesige Chance vertan. Wir verteilen mit der so genannten ersten Etappe im System summa summarum 3 Milliarden um, aber in diesem Bereich geschieht nichts.

Jetzt stellt sich schlicht und ergreifend die Frage: Glaubt man in diesem Zusam­men­hang an Beschäftigungseffekte oder nicht? Auch die Ökonomen sind hier oft auf Spekulieren angewiesen, aber eines ist gewiss: Ab einer bestimmten Höhe haben die gesamten Kosten der Arbeit Auswirkungen auf die Arbeitsplatznachfrage, also auf die Beschäftigung! Da ist Österreich tragischer Weltmeister. Wir haben es geschafft, auch wenn Sie immer betonen, dass in den letzten paar Jahren gemessen am BIP ein bisserl etwas eingeschliffen wurde: Wir liegen an der Spitze!

Wir liegen zum Beispiel nicht an der Spitze, was die Gewinnbesteuerung von Unter­nehmen betrifft, der Sie so großes Augenmerk schenken. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Nicht, dass wir nicht von 34 Prozent auf 29 Prozent hätten gehen und die Bemessungsgrundlage so abdichten können, dass die Steuern aus diesem Bereich nicht zur Gänze verloren gehen, aber mit dem System der Gruppenbesteuerung, dass Sie aufmachen, wird ja nur nachgedoppelt. Aber das wird jetzt zu technisch für das, was ich jetzt sagen will; vielleicht ist ja morgen Raum und Zeit dafür.

Der Punkt ist – und das wissen wir alle hier –, dass es so nicht weitergehen kann. Jedes Mal wird dieses „Ding“ beschworen, und wieder wird eine Riesenchance vertan. Es ist mir ein Anliegen, das heute zu sagen, weil das morgen in dieser Form, was den speziellen beschäftigungspolitischen Aspekt betrifft, wahrscheinlich untergehen wird.

Ich sage das noch vor einem zweiten Hintergrund: Heute früh war – Kollege Stummvoll hat das dankenswerterweise wieder moderiert und abgewickelt –, wie alljährlich, der Internationale Währungsfonds zu Gast, und genau in dieser Frage unserer Fraktion, wie das denn mit den lohnsummenbezogenen Abgaben, aber auch mit den gefürch­teten nachhaltigen Steuerausfällen sei, ist der Befund so ähnlich wie die Befürchtung, die ich hier geäußert habe, nämlich: Ja, die Höhe dieser Abgaben ist ein Problem in Österreich! Es ist ein großes Problem, nämlich auch ein beschäftigungspolitisches!

Die Nachhaltigkeit der Steuerausfälle, die wir aus meiner Sicht bei einer überzogenen Senkung der Unternehmensgewinnbesteuerung auf jeden Fall haben, wird auch skep­tisch beurteilt, denn es geht auch um einen zweiten Aspekt, nämlich um die Auf­recht­erhaltung der Spielräume der öffentlichen Hände. Das hat auch beschäftigungs­politi­sche Wirkung: entweder sie investieren selbst oder sie geben Investitionsanreize. Zum Beispiel: Energieoffensive, andere Bereiche, Sie kennen das.

Man kann sich auch darauf verständigen, in welchen Bereichen besonders angereizt werden soll, aber unterm Strich bleibt: Es wird zu viel Geld – großer Wurf – hinaus­ge­worfen, was insgesamt zu wenig bringt und gerade beschäftigungspolitisch das nicht bringt, was Sie versprechen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist als Nächster Herr Abgeordneter Riepl ge­meldet. Restredezeit seiner Fraktion: 4 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 



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18.31

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staats­sekretär! Die Aussagen einiger meiner Vorredner zwingen mich, im Namen meiner Fraktion einige Klarstellungen zu treffen, einige Bemerkungen dazu zu machen.

Frau Abgeordnete Partik-Pablé! Wien könne nicht wirtschaften, war Ihr Kernsatz. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht Wien! Die SPÖ, habe ich gesagt!) Sie haben Wien gesagt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Nein!) Das ist Ihr Problem: dass Sie etwas sagen und etwas an­deres meinen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich zeige es Ihnen dann!) Das ist das Problem. Deshalb tun wir uns ja so schwer mit Ihnen, Frau Kollegin! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Fakt ist, und schauen Sie sich das an: große Zustimmung der Wiener Bevölkerung zur SPÖ-Stadtregierung! Schauen Sie sich die Zustimmung Österreichs zu Ihrer Fraktion an, dann wissen Sie, weshalb Sie hier zum Beispiel in so geringer Zahl vertreten sind und in Wien eben diese SPÖ-Mehrheit besteht! – So einfach ist das! (Beifall bei der SPÖ.)

Man kann das auch einfach sagen: Jeder zweite Betrieb, der aus dem Ausland nach Österreich kommt, siedelt sich in Wien an, wählt Wien als Standort. 39 von 82 Betrie­ben im vergangenen Jahr haben diesen Standortvorteil genützt, und das bedeutet auch 1 000 neue Arbeitsplätze mehr. – Das nur als Argument und als Beispiel dazu.

Kollegin Marek von der ÖVP meinte, die Verantwortung sehr wohl wahrzunehmen, gleichzeitig aber meinte sie, bei Grundig habe man auch nicht richtig reagiert. Da frage ich Sie, Frau Kollegin Marek: Wo waren Sie, als die Beschäftigten bei Grundig politi­sche Hilfe gebraucht haben? Wo war der Herr Bundesminister? – Er hat sich bei Grundig nicht anschauen lassen. Er hat nicht gefragt, wie er helfen kann. Es waren die Gewerkschaften, die Arbeiterkammern und die Stadt, die wenigstens für eine soziale Absicherung, einen Sozialplan, eine Stiftung gesorgt haben – die Politik hat lediglich zugesehen! – Das ist das Problem, und darauf sollte bei solch einer Gelegenheit auch hingewiesen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Herrn Abgeordneten Walch von der Freiheitlichen Partei, der fragte, wo Abge­ordneter Nürnberger in den letzten Jahren war, darf ich sagen: Lieber Kollege Walch, ich sage es dir: Er war dabei, als wir es geschafft haben, eine niedrige Arbeitslosenrate in Österreich zu gestalten. Er war dabei, als wir es geschafft haben, einen Sozialstaat, auf den wir alle stolz sind und um den uns Europa beneidet, zu gestalten. Kollege Nürnberger – und das solltest du auch wissen, Kollege Walch – war an führender Stelle mit dabei, als es darum gegangen ist, Einkommensfragen in unserem Land zu gestalten, mit der Wirtschaft Kompromisse einzugehen, Verhandlungen zu führen und gemeinsame Lösungen zu suchen. Auch in der Frage der Flexibilisierung der Arbeits­zeit war Kollege Nürnberger sowohl hier als auch in der Gewerkschaft tätig. – Das hast du vergessen. Besser gesagt, du weißt es, nur: Es ist natürlich nicht populär, das hier zu sagen.

Lieber Kollege Walch, wo warst du damals? (Abg. Walch: An der Basis!) Wo warst du damals? – Das ist eine ganz interessante Frage!

Wo warst du? Wo bist du jetzt, und wo wirst du morgen sein? – Wenn ich mir die Ergebnisse der Arbeiterkammerwahlen in deinem Bundesland anschaue, wo du als Spitzenkandidat angetreten bist, dann kann ich sagen: Anhand dessen können wir uns ausrechnen, wo du morgen sein wirst! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Ideologie dieser Bundesregierung wird immer klarer: mehr Markt und wenig Staat! – Mehr Markt bedeutet für immer mehr Menschen Arbeitslosigkeit und auch weniger Lehrstellen. In einer Zeit, in der Manager belohnt


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werden, wenn Sie Beschäftigungsabbau betreiben, und der zuständige Arbeitsminister sich nur als Wirtschaftsminister und nicht als Arbeitsminister sieht, werden wir mit dieser Bundesregierung keine Verbesserung der Beschäftigungssituation in unserem Land erreichen können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben einen Minister und eine Bundesregierung für die Wirtschaft – und keinen Minister für die Arbeit und für die Arbeitnehmer in unserem Land! Die Österreicher werden – dessen bin ich mir sicher – bei den nächsten Wahlgängen dieser Bundesregierung, somit der Österreichischen Volkspartei und der Freiheitlichen Partei, die richtige Antwort darauf geben. (Beifall bei der SPÖ.)

18.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist zu diesem Punkt niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einrichtung einer Arbeits­losenanwaltschaft.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit des Hohen Hau­ses und ist daher abgelehnt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 1477/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über die Anfrage­beantwortung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie mit der Ordnungszahl 1477/AB.

Die Anfragebeantwortung wurde verteilt, eine Verlesung erübrigt sich daher.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf die Geschäftsordnung aufmerksam: Erstredner 10 Minuten, kein weite­rer Redner mehr als 5 Minuten, Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung beziehungsweise Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger, die Debatte zu eröffnen.

 


18.36

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte meine Rede heute mit einem Kompliment beginnen (allgemeiner Beifall und Bravorufe), mit einem Kompliment an den leider abwesenden Verkehrsminister. Der abwesende Verkehrsminister hat nämlich in seiner Anfragebeantwortung eine große Wahrheit, die wir immer versucht haben, klarzumachen, deutlich bestätigt, nämlich, dass die Bahnprojekte, die im GVP stehen, mit Ausnahme des Paketes 1a nicht finan­ziert sind. – Danke, Herr Minister, für diese klaren Worte auch in Abwesenheit!

Jetzt komme ich allerdings zu dem etwas heikleren Teil. In der schriftlichen Anfrage, deren Beantwortung wir jetzt besprechen, geht es um die nicht zum ersten Mal erfolgte Umgehung der Pflicht, bei Großprojekten eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzu­führen. Es geht um die Eisenbahnfernverkehrsstrecke durch das Gasteinertal, die schon im Beitrittsvertrag 1994 das erste Mal aktenkundig erwähnt worden ist. Es han­delt sich dabei um ein durchaus interessantes und wichtiges Projekt.

Für diese Strecke ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen worden, und ich komme jetzt noch ein bisschen auf die Details zu sprechen, und da gab es durchaus Überraschungen in der Anfragebeantwortung. Laut den Richtlinien der Europäischen


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Union ist dieses Projekt nämlich umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig, und das ist auch klar festzuhalten.

Wir haben Anfragen an den Umweltminister und an den Verkehrsminister gestellt, wie es denn nun um diese UVP-Pflicht, die offensichtlich nicht eingehalten wird, steht? Wir bekamen darauf zwei Antworten.

Der Umweltminister, durchaus korrekt und im Sinne des Gesetzes, antwortet mit Ver­weis auf § 23 des UVP-Gesetzes 2000, dass der Neubau von Eisenbahnfernverkehrs­strecken oder ihrer Teilabschnitte jedenfalls UVP-pflichtig ist. – Ja, stimmt!

Da kommt der Verkehrsminister des Weges und erzählt etwas ganz Anderes. Er beantwortet nämlich die klare Frage, ob eine UVP-Pflicht bestünde, folgendermaßen: Dabei handle es sich um eine Serie von Teilprojekten, die hintereinander gemacht wer­den, je nachdem, wie viel Geld da ist. Deshalb sei das kein Gesamtprojekt mehr und damit nicht UVP-pflichtig.

Ein Häuselbauer, der zuerst das Fundament baut, dann ein paar Jahre spart, dann den ersten Stock aufsetzt, dann wieder ein paar Jahre spart, und so weiter und so fort, könnte sich gemäß dieser Logik die Baugenehmigung ersparen, weil es letzten Endes immer nur um untergeordnete Bauteile geht. (Abg. Ellmauer: Völliger Unsinn!)

Interessant ist aber, dass sich der Minister der Problematik dieser Sache durchaus bewusst zu sein scheint, er sich jedoch hinter das Land Salzburg zurückzieht und sagt, im Land Salzburg sei angekündigt worden, man wolle eine UVP beantragen, dieser Antrag sei aber noch nicht eingetroffen.

Das heißt, besagter Häuslbauer würde umgekehrt sagen: Wenn der Nachbar will und verlangt, dass ich eine Baugenehmigung beantrage, dann werde ich es vielleicht tun.

Meine Damen und Herren, das ist ein unzulässiger Umgang mit der Umwelt­verträg­lich­keitsprüfung! – So geht das nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe die Besprechung der Anfragebeantwortung auch deswegen beantragt, weil ich endlich klare Worte, vom Herrn Staatssekretär zum Beispiel, hören will zu der Fra­ge: Wird jetzt für dieses Gesamtprojekt eine UVP gemacht: ja oder nein, und wo stehen wir denn jetzt?

Warum ich so genau darauf schaue, das kann ich Ihnen ebenfalls erklären, nämlich: Das Ganze ist ja kein Einzelfall. Österreich entwickelt mittlerweile eine Tradition bei der Umgehung dieser Richtlinie, und ein Musterbeispiel dafür gibt es bei der B 100 in Kärnten. Auch da hat man Projekte so lange gestückelt, wie es nur irgend ging, um die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu umgehen. Dieser Fall ist ja schon eingetreten: Die Kommission hat ein Mahnschreiben geschickt und hat fest­gestellt, dass die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durch Stückelung umgangen werden darf. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was für ein Baulos meinen Sie?)

Das ist ja sozusagen das Schlaucherl-Modell, nämlich: Man tut so, als wäre das ohnedies nur eine kleine Umfahrung und gleich daneben gäbe es die nächste kleine Umfahrung, und dann baut man hinten noch zwei, drei Sachen dran. Dass es sich in Wirklichkeit aber um ein Gesamtprojekt handelt, das in seinen Auswirkungen geprüft werden muss, ist gesetzlich klar.

Meine Damen und Herren! Was mich daran stört, ist, dass die Umweltverträglich­keitsprüfung (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Welches Baulos meinen Sie eigentlich?) ja nicht – das hat zum Beispiel die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Inntal-Bahn­trasse deutlich gezeigt – ein Instrument zur Verhinderung von Projekten, sondern zur Optimierung von Projekten ist. Wenn man bei einem Großprojekt von vornherein die


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Umweltverträglichkeitsprüfung macht, also die möglichen Auswirkungen und Folgen gleich prüft, dann kann man unter Umständen sehr viel Geld sparen, denn – schauen wir auf das Semmering-Projekt!, schauen wir auf viele andere Projekte! – die Ein­sprüche kommen später ohnehin, und dann muss der Verwaltungsgerichtshof sagen: Stopp, gesetzliche Spielregeln wurden nicht eingehalten.

Meine Damen und Herren! Diese Regierung muss sich um Umweltverträg­lichkeits­prü­fungen kümmern. Sie kümmert sich offensichtlich derzeit nicht darum. Deswegen, Herr Staatssekretär, an Sie die Frage (Abg. Wittauer: Er ist nicht da!): Nehmen Sie diese Pflicht ernst oder schließen Sie sich eher dem FPÖ-Landesrat Dörfler an? Dieser hat bezüglich der B 100 erklärt: Für mich geht österreichisches Recht vor EU-Recht! Also: Was schert mich die EU? Wir sind zwar dabei, aber das interessiert mich nicht wirklich! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Stimmt nicht! Kärntner Recht geht vor EU-Recht! Schlecht recherchiert!) Ich kann Ihnen das ja ausführlich zitieren, wenn Sie wollen.

Für mich geht österreichisches Recht vor EU-Recht und für Kärnten trage ich jeden Konflikt mit Brüssel aus! – Das sagte Landesrat Dörfler.

Den Konflikt gibt es ja nicht mit Brüssel, meine Damen und Herren! Den Konflikt gibt es im Zusammenhang mit der Umwelt und mit den Anrainerinnen und Anrainern. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm. – Abg. Wittauer: Wir sind bei der Tauern­bahnstrecke, nicht bei der B 100!)

Das ist eines der Beispiele, bei denen die Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit sozusagen schon einmal umgangen worden ist. Jetzt macht man im Gasteiner Tal das Gleiche, und das akzeptiere ich nicht. Hier sind Schiene und Straße gleichwertig zu behandeln. Hier gibt es kein Hinausschlüpfen aus der Pflicht der Prüfung der Folgen eines Großprojektes mit dem Argument: Machen wir die Augen zu und tun wir so, als würden wir nichts sehen, dann passiert schon nichts! – Das sind Vorgangsweisen, die letzten Endes gegen das Projekt selbst ausschlagen.

Meine Damen und Herren! In einer gut durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung gelingt es im Regelfall, also dann, wenn sie gut gemacht wird, die Einwände und Be­fürchtungen der AnrainerInnen so zu berücksichtigen, dass das Projekt optimiert werden kann.

Ich würde mir wünschen, dass dieses Gesetz, das schließlich in diesem Hohen Haus beschlossen worden ist – auch mit Ihren Mehrheiten –, respektiert wird. Für mich geht es in dieser Anfrage darum ... (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Sie werden dann auch Ihre Vorurteile revidieren können in Bezug darauf, dass ich mich nur hinsichtlich der Straße aufrege, hinsichtlich der Schiene jedoch nicht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir haben keine Vorurteile! – Abg. Wittauer: ... europäische Lösun­gen!)

Es dürfte sinnvoll sein, ja es wird sinnvoll sein, diese Prüfung durchzuführen. Wenn Sie diese Sinnhaftigkeit nicht akzeptieren, dann richten Sie sich zumindest nach dem Gesetz, das in diesem Hohen Haus beschlossen und in welchem klargelegt worden ist, dass es bei Großprojekten einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf.

Meine Damen und Herren! Für die Anrainerinnen und Anrainer hat das weit reichende Folgen. Diese bekommen nämlich entweder vor der Wahl einen feuchten Händedruck und das Versprechen auf Lärmschutz – nach der gelaufenen Wahl können sie sich das in die Haare shampoonieren – oder sie haben einklagbare Rechte. Um diese Rechte für Anrainerinnen und Anrainer in Verfahren um Großprojekte geht es mir. Da geht es nicht um Verhinderung. Ich will dieses Projekt. Das ist ein kluges Projekt. Es geht darum, dass die gesetzliche Pflicht zur Prüfung erfüllt wird.


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Die zeitliche Verzögerung, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Sie glauben, hier erreichen zu können, hat schon längst stattgefunden, nämlich in dem Moment, als man gesagt hat: Man hat ja keine verwirklichbaren Projekte auf dem Schienensektor und kann damit nichts bauen! Damals schon haben Sie das Projekt aufgeschoben. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Hätten Sie diese Zeit genützt, um die UVP durchzuziehen, wären wir heute schon so weit, dass wir eine kluge und gute Bahnverbindung, auch eine ökologisch verträgliche Bahnverbindung in diesem Bereich verwirklichen könnten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka zu Wort gemeldet. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Minister.

 


18.47

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Hohes Haus! Grundsätzlich möchte ich fest­halten, dass, wie Sie wissen, die Verkehrsströme in Österreich stetig wachsen und deshalb die Verlagerung des Straßengüterverkehrs auf den umweltfreundlichen Ver­kehrsträger Schiene eines der großen verkehrspolitischen Anliegen dieser Bundes­regierung ist. Daher hat sich diese Bundesregierung auch dafür entschieden, die Tauernbahn entsprechend auszubauen. Auch all die Daten, die uns da zur Verfügung stehen, und die Untersuchungen, die wir da in Auftrag gegeben haben, zeigen, dass der Ausbau dieser Strecke sehr stark dazu beiträgt, dass in Zukunft Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden kann.

Ich halte auch fest, dass im Zuge der Planungen des Ausbaus dieser Strecke ein Mediationsverfahren durchgeführt wurde. Das ist ein Verfahren, dass die Erkenntnisse der Konflikt- und der Partizipationsforschung nutzt und eben versucht, die Konflikt­parteien zu einer gemeinsamen Konfliktregelung zusammenzuführen.

In diesem Mediationsverfahren waren alle Beteiligten vertreten: neben den Bürger­meistern der Gemeinden Bad Gastein, Bad Hofgastein und Dorfgastein auch die Pla­nungsabteilungen der ÖBB, die Landesumweltanwaltschaft, die Vertreter der Bürger­initiativen, des Alpenvereins, des Kur- und Tourismusverbandes ebenso wie die Ver­treter des Verkehrsministeriums und des Amtes der Salzburger Landesregierung.

Dort sind im Wesentlichen umfassende Einigungen erzielt worden. Die Behörden­einreichungen der ÖBB hinsichtlich Baugenehmigung und wasserrechtlicher Bewilli­gungen entsprechen voll dem Mediationsverfahren, das in diesem Zusammenhang durchgeführt wurde. Auch die Bewilligungen für die einzelnen Bauteile und Bau­abschnitte sind nach den Erkenntnissen und Ergebnissen des Mediationsverfahrens durchgeführt worden.

Auch was die Trassenführung der neu zu errichtenden Bahnstrecken im Gebiet der Gemeinde Bad Gastein sowie der Marktgemeinde Bad Hofgastein betrifft, gibt es entsprechende Vereinbarungen zwischen den ÖBB und diesen beiden Gemeinden. Die von den ÖBB durchgeführten Behördeneinreichungen entsprechen dabei vollin­haltlich den Ergebnissen des Endberichtes, der vom Mediationsforum im Jahr 2001 vorgelegt wurde.

Was die Umweltverträglichkeitsprüfung betrifft, möchte ich festhalten, dass Projekte beziehungsweise Teilprojekte nur in jenem Umfang geplant und zur UVP eingereicht werden, als hiefür nach wirtschaftlichen Möglichkeiten auch die Aussicht der Reali­sie­rung besteht. Diese Projekte wurden entsprechend den Teilprojekten eingereicht.


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Ich möchte betonen, dass das auch im Zuge des Mediationsverfahrens genau so ein­vernehmlich festgelegt worden ist und auch den Vereinbarungen zwischen den Ge­meinden Bad Gastein und Bad Hofgastein entspricht. Für die Umweltverträglich­keits­erklärung und für die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen ja ganz konkrete ein­deutige gesetzliche Regelungen. Zuständige UVP-Behörde ist in einem Fall das Land Salzburg. Bis jetzt hat jedenfalls das Land Salzburg beziehungsweise die Salzburger Umweltanwaltschaft noch keinen Feststellungsantrag an das BMVIT, an die Eisen­bahnbehörde gestellt, ob für dieses Projekt „Angerschluchtbrücke – Bahnhof Angertal“ verpflichtend eine UVP durchgeführt werden muss. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichten­berger.)

Ich halte fest, dass es diesbezüglich eben noch keinen Antrag gibt, ob für diese Teilprojekte eine UVP durchgeführt werden muss. Auch die ÖBB haben noch keine entsprechenden Unterlagen für die Umweltverträglichkeitserklärung eingereicht. Die ÖBB sind ja Antragsteller und müssen entsprechende Unterlagen für die Umwelt­verträglichkeitsprüfung liefern. Auch das ist bisher noch nicht geschehen.

Das heißt, es konnte und es musste noch gar nicht von der Behörde festgelegt werden, ob und für welche Teilabschnitte nun tatsächlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird. Das möchte ich ausdrücklich festhalten. Diese Entscheidung ist noch offen und noch nicht endgültig gefallen.

Meine Damen und Herren! Die ÖBB sind selbstverständlich dazu verpflichtet, die ge­setzlichen Bestimmungen einzuhalten. Das gilt auch für den Lärmschutz, nämlich die Immissionsschutzverordnung. Diese Vorgaben werden sie auch erfüllen, soferne die angeführten Bauvorhaben unter deren Geltungsbereich fallen. Zusätzlich wurde ja auch in den Gemeindegebieten von Dorfgastein und Bad Hofgastein im Zuge der lärmtechnischen Bestandsstreckensanierung eine Reihe von lärmtechnischen Maß­nahmen durchgeführt, insgesamt zehn Maßnahmen.

Ich halte deshalb fest: Wir geben in Österreich für jeden Euro, den wir in den Ausbau der Schieneninfrastruktur investieren, auch einen Euro für Lärmschutzmaßnahmen und Lärmschutzwände aus. Das heißt, pro Kilometer Schienenausbau werden 500 000 € für die Infrastruktur und 500 000 € für den Lärmschutz verwendet.

Abschließend, Frau Kollegin Lichtenberger: Ich halte nochmals fest, die Bundes­regierung legt ein klares Bekenntnis zur Umsetzung des im Jahr 2002 beschlossenen Generalverkehrsplanes ab. Er ist ein ganz wichtiger Baustein, mit dem die Wettbe­werbsfähigkeit und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes weiter erhöht werden wird. Dafür sind 45 Milliarden € festgelegt und eingeplant worden, die folgendermaßen aufgeteilt sind: 15 Milliarden € für den Straßenbau, 30 Milliarden € für den Ausbau der Schiene, rund 200 Millionen € für den Ausbau der Donau.

Sie sehen also, dass wir da eine ganz klare Prioritätensetzung für den Schienenbau haben und wir ganz eindeutig davon ausgehen, dass gerade in diesem Bereich erhöhter Nachholbedarf gegeben ist, den wir auch entsprechend umsetzen. Wir wollen das hochrangige Straßennetz ausbauen, wir wollen bestehende Lücken im Straßen­netz und im Schienenbereich schließen. Wir wollen vor allem die Schiene als umwelt­verträglichen Verkehrsträger ausbauen und dabei höheres Kundenservice, höhere Effi­zienz und eine Zunahme des Personen- und des Güterverkehrs anstreben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haubner. Alle Redner haben jetzt 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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18.55

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Lichtenber­ger hat es schon erwähnt: Mit dem EU-Beitrittsvertrag hat sich Österreich zum Ausbau der Schiene und damit auch zum zweigleisigen Ausbau der Tauernbahnstrecke ver­pflichtet. Durch die verkehrsmäßige Überbelastung der Nord-Süd-Verbindungen kommt diesem Projekt auch für uns in Salzburg eine besondere Bedeutung im Hinblick auf die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene zu.

Bereits im Jahre 1996 stellten die ÖBB dieses Projekt des zweigleisigen Ausbaus der Tauernbahn im Gasteiner Tal vor. Es handelt sich dabei an und für sich um eine bestehende Strecke, die eben durch ein zweites Gleis ausgebaut werden soll. Damals äußerten ja schon große Teile der Gasteiner Bevölkerung Bedenken in Bezug auf den Ausbau, die Fronten haben sich damals auch ziemlich verhärtet. Grundsätzliche Auf­fassungsunterschiede und Verfahrensfragen verschärften den bestehenden Konflikt zwischen dem Projektwerber ÖBB und den Betroffenen im Gasteiner Tal.

Es war kaum mehr eine Basis für eine kritische und sachliche Auseinandersetzung vorhanden. Das vorhin erwähnte Beispiel mit den Nachbarn ist nicht ganz richtig, glaube ich, denn es bestand plötzlich die Bereitschaft aller Beteiligten, quasi bei der Stunde Null zu beginnen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.) Das war die Vorgangsweise mit dem Ziel, eine gemeinsame Lösung für die Hochleistungsstrecke im Gasteiner Tal zu finden. Alle Beteiligten waren sich der grundsätzlichen Notwendig­keit dieses zweigleisigen Ausbaus der Bahnstrecke bewusst.

Es war dann sehr erfreulich, dass in einem beispielgebenden – das muss man wirklich erwähnen –, erstmals in Österreich angewendeten Mediationsverfahren eine Konsens­lö­sung für den Ausbau der Tauernbahn gefunden werden konnte. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man darf nicht vergessen, dass dieses Mediationsverfahren über 200 000 € gekostet hat, an dem sich sowohl das Bundesministerium für Verkehr, die ÖBB, das Land Salzburg und die Gemeinden Bad Gastein und Bad Hofgastein beteiligt haben. Auch da zeigt sich noch einmal ganz klar das Interesse aller an einer zufrieden stellenden Lö­sung dieses Verkehrsprojektes. 15 ganztägige Forumssitzungen und 24 Arbeits­kreissitzungen mit großem Zuspruch von allen Beteiligten wurden abgehalten. Die Ergebnisse wurden in einem Vertrag – aber das wissen Sie ohnedies – zwischen den Beteiligten festgehalten.

Die darauf erfolgte Behördeneinreichung durch die ÖBB entspricht den Ergebnissen dieses Mediationsverfahrens. Der Herr Staatssekretär hat ja praktisch die Details dieses UVP-Verfahrens, nämlich wie es vor sich gehen sollte, schon ausgeführt. (Abg. Dr. Lichtenberger: ...! Das war die Mediation!) Nach heutigen Ermessen werden auch die künftigen Behördeneinreichungen diesen Vorgaben entsprechen.

Hinsichtlich der Trassenführung der neu zu errichtenden Bahnstrecke gibt es eine Vereinbarung zwischen den ÖBB und den beiden Gemeinden Bad Gastein und Bad Hofgastein.

Ich glaube, die ÖBB haben auf Grund dieses Mediationsverfahrens den Kostenrahmen für die Streckenführung und die umwelt- und sicherheitstechnischen Maßnahmen stark erhöht. Wenn man die Liste des Lärmschutzmaßnahmenkatalogs durchschaut, dann sieht man ja, dass jetzt schon Lärmschutzwände in Dorfgastein errichtet worden sind, dass welche in Bau sind und dass in den nächsten zwei Jahren noch viele folgen werden. Das Gleiche gilt auch für das Gebiet um Bad Hofgastein.


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Selbst Ihre grüne Landtagsabgeordnete Heidi Reiter fordert: „Der Ausbau der Tauern­bahn muss endlich Priorität haben.“ Sie sieht den Schienenausbau gerne ergänzt um Verladestationen und weitere bahntechnische Verbesserungen. Ich glaube, man sollte das Projekt vorantreiben.

Die Bundesregierung – der Herr Staatssekretär hat es ausgeführt – hat im General­verkehrsplan ein eindeutiges Zeichen für den Ausbau der Schiene gesetzt. So gehen vom Gesamtinvestitionsvolumen in der Höhe von 45 Milliarden € 30 Milliarden € in den Ausbau der Schiene. Mit dem Tauernbahnprojekt profitieren auch wir in unserem Bundesland Salzburg. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. 5 Mi­nuten Redezeit. – Bitte.

 


19.00

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Kukacka, Ihre Ausführungen stimmen schlicht­weg nicht, und zwar was den Feststellungsantrag des Landes Salzburg anlangt – er ist bereits eingebracht. Sie haben, glaube ich, innerhalb von sechs Wochen eine Ent­scheidung zu treffen, also der Ball liegt beim Ministerium beziehungsweise beim Minis­ter. Diese sechs Wochen sind anscheinend nicht eingehalten worden. In diesem Fall wurde Ihnen noch eine Frist von drei Wochen gegeben. (Abg. Mag. Wurm: Nach­frist!) – Das zu Ihren Ausführungen.

Ich möchte mich auch noch ganz herzlich bei den Regierungsfraktionen für den Applaus bedanken, denn es ist tatsächlich so, dass besagtes Projekt bereits unter Minister Caspar Einem begonnen wurde. Er hat auch diese Mediationsgruppe instal­liert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Eines war für Caspar Einem ganz wichtig – ich glaube, genau das fehlt jetzt in diesem Verfahren –: Es war das oberste Gebot, alle Beteiligten, aber vor allem die Bevöl­kerung bestens zu informieren! Mittlerweile gab es ein halbes Dutzend Verkehrs­minister und eine Verkehrsministerin, wen wundert es daher, dass die Menschen im Gasteinertal in dieser Sache zunehmend das Vertrauen verlieren.

Durch diese Mediationsgruppe kam es dazu, dass die Hochleistungsstrecke der Tauernachse und damit eigentlich eine sehr wichtige Nord-Süd-Verbindung seit Jahren fertig ausverhandelt ist. Die Zustimmung aller Beteiligten liegt vor. Der Mediations­prozess wurde mehr oder weniger erfolgreich abgeschlossen, unter dem Motto: Wenn gebaut wird, dann so, wie gemeinsam beschlossen!

Durch Ihre fehlende Informationspolitik befürchten die Bevölkerung und auch die Bür­gerinitiative – berechtigterweise –, dass ihre Anliegen nicht ausreichend beachtet werden. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Die Verhinderung oder Umgehung einer Umweltverträglichkeitsprüfung wird durch die Projektstückelung vermutet.

Die Bevölkerung, die unmittelbaren Anrainer und die Bürgerinitiativen haben ein Recht auf Information und erwarten sich klare Positionierungen, sie erwarten sich aber auch ein klares Bekenntnis der Bundesregierung dazu, dass die Geldmittel gesichert sind, dass gebaut wird, und vor allem auch die Auskunft, wann mit dem Bau begonnen wird.

Herr Staatssekretär! Das Land Salzburg bekennt sich zur Hochleistungsstrecke im Ga­steinertal, bekennt sich aber auch dazu, dass neue Bedingungen geklärt und diskutiert werden müssen, aber es darf nicht durch ein Hin und Her bezüglich Umweltver­träg­lichkeitsprüfungen zu Verzögerungen kommen. Wir bekennen uns auch zu einer Um­weltverträglichkeitsprüfung. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenberger.)


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Herr Staatssekretär! Die negativen Auswirkungen der ÖBB-Reform machen sich be­reits jetzt bemerkbar. Wo findet ein offener Dialog zwischen Bund, Land, ÖBB (Staatssekretär Mag. Kukacka spricht mit einem Mitarbeiter) – es scheint Sie auch nicht zu interessieren –, Bevölkerung und Anrainern statt, der notwendig wäre, speziell bei diesem Projekt in Bad Gastein, um nach den jetzigen Detailproblemen neu aus­zuverhandeln? Dieser Dialog findet nicht statt!

Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wenn man ernsthaft den Schwer­verkehr von der Straße auf die Schiene bringen möchte, wenn man unsere Umwelt und im Fall von Gastein eine Kurregion schützen möchte, wenn man den raschen Ausbau der Nord-Süd-Verbindung haben möchte und wenn Ihnen vor allem die Anliegen der Bevölkerung in den betroffenen Regionen wichtig sind, dann handeln Sie! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Lichtenberger.)

19.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.04

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Lichtenberger, das Einzige, das Sie hier herinnen tun, ist, sich auf eine Bürgerinitiative „draufzusetzen“, noch mehr zu verängstigen und noch mehr zu verunsichern. Sie wissen jedoch ganz genau: In Europa wurde das Projekt nicht nur erwähnt, sondern es ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen, und Österreich hat sich zur Adaptierung dieser Strecke im Beitrittsvertrag, Protokoll 9, verpflichtet. Es ist ein Transitkorridor.

Es ist also eine Verpflichtung und wird nicht nur erwähnt oder nur beiläufig erwähnt. Wir können damit also nicht umgehen, wie wir wollen, sondern wir haben uns ver­pflichtet, das umzusetzen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das hat kein Mensch bestritten!)

Wenn die UVP, die Detailprojekte in Frage gestellt werden, sage ich Ihnen Folgendes: Das ist kein unerträglicher oder abnormaler Zustand, sondern ein gesetzlicher Zu­stand – daran hat man sich gehalten. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Lichten­berger.)

Frau Abgeordnete Scharer hat vorhin etwas gesagt – und dafür danke ich ihr (Abg. Mag. Wurm: Mit UVPs habt ihr ein bisschen ein Problem!) –: Das Mediationsverfahren wurde erfolgreich abgeschlossen. Aber dann kann man nicht im zweiten Satz sagen: Ja so erfolgreich war es nicht!, denn dann werden die Leute trotzdem verunsichert sein. Also entweder das eine oder das andere. Mediation hat den Sinn, die Leute nicht nur aufzuklären, sondern gemeinsam Ergebnisse zu erzielen. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Sie haben gesagt, Sie wollen die Information, wann die Teilprojekte angefangen und wann sie abgeschlossen werden. Ich gebe sie Ihnen gerne. Ich habe mir das extra herausgesucht, weil es wichtig ist. (Abg. Scharer: Die Bevölkerung braucht das!) Die Leute wollen das wissen, auch Sie als Abgeordnete.

Der zweigleisige Ausbau der Tauernbahn läuft bereits seit vielen Jahren, das wissen wir, verschiedene Vorhaben sind bereits umgesetzt und einige befinden sich in Pla­nung oder im Bau:

Streckenausbau Brandstatt–Loifarn: rund 59,3 Millionen €, Fertigstellung voraussicht­lich schon 2004. Das wissen Sie!


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Da vorher gesagt wurde, es werde kein Geld in die Hand genommen und wir wüssten nicht, wie wir es für den Transit ausgeben sollen: Wir wissen es ganz genau! Ich gebe Ihnen die Zahlen! Wir wissen, wie wichtig diese Tauernbahnstrecke ist!

Streckenausbau Schlossbachgraben–Angertal: rund 10,9 Millionen €, Fertigstellung 2006;

Bahnhofsumbau Böckstein: rund 8,9 Millionen €, Fertigstellung war vor kurzem;

sicherheitstechnische Maßnahmen im Tauerntunnel: rund 16,3 Millionen €, Fertigstel­lung 2004;

Streckenausbau Mallnitz–Lindisch: rund 118,2 Millionen €, Fertigstellung war schon;

Streckenausbau Kolbnitz–Mühldorf-Möllbrücke: rund 36,2 Millionen €, Fertigstellung 2006; und so geht das weiter.

Die Problematik im Gasteinertal ist natürlich der zweigleisige Ausbau der Nordrampe im Bereich von Bad Gastein und Bad Hofgastein, das wissen wir, und das war Ge­genstand eines Mediationsverfahrens. Wie wir gehört haben, war dieses Mediations­verfahren erfolgreich, denn sonst würden es die Sozialdemokraten nicht sagen.

Das Ergebnis war eine extrem teure Tunnellösung – darüber wird man sicher noch reden müssen. Aber das, was schon beschlossen wurde und enthalten ist, ist die Er­neuerung der Angertalbrücke, diese wird entsprechend den Vorgaben des Mediations­verfahrens umgesetzt. Im Paket 1b ab 2007 ist der restliche zweigleisige Ausbau im Bereich Bad Hofgastein mit 47 Millionen € vorgesehen. Erst im Paket 2 ab 2012 ist der Tunnel um Bad Gastein mit 285 Millionen € vorgesehen. Das sind Gelder, die sehr wohl, sage ich jetzt einmal, nicht nur der Bevölkerung zugute kommen, sondern auch für den Transit positiv sind. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sind aber nicht budgetiert, Herr Kollege! Sind nicht budgetiert!) Tunnel sind teuer, aber man wird sie auch dort bauen.

Ich möchte Ihnen Folgendes noch sagen, weil uns die Menschen am Herzen liegen und Lärmschutz für unseren Minister schon immer sehr wichtig ist: Kosten für den Lärmschutz – ich nenne Ihnen nur zwei Beispiele –: Dorfgastein: rund 2,4 Millionen € sind eingesetzt worden; Bad Hofgastein: rund 3 Millionen €, das sind insgesamt 5,4 Millionen €.

Also bei Ihnen sind Millionen gar nichts! – Wir versuchen, Projekte für die Menschen umzusetzen. Nur polemisch zu sagen: Da ist wieder eine Bürgerinitiative, das ist fein, die macht die Arbeit für mich, ich setze mich dann drauf und sage, dass wir auch immer dafür waren!, das ist nicht richtig. Da muss ich fragen, welche Europäer die Grünen sind.

Wir haben eine europäische Verpflichtung, wir haben eine Verpflichtung gegenüber Österreich – wir wollen sie erfüllen und erfüllen sie – auch ohne Ihre Zustimmung, hoffentlich mit Ihrer Zustimmung, aber die wird es wahrscheinlich nicht geben, weil Sie diese Art von Schaumschläger-Politik betreiben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


19.09

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Hohes Haus! Ich muss jetzt richtig Luft holen, weil ich so überrascht bin – wirklich so überrascht bin! –, wie sich der Herr Staatssekretär hier herstellen und in aller Ruhe Fakten behaupten kann, die einfach jeder Richtigkeit entbehren. (Abg. Mag. Mainoni:


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Fakten!) Das ist wirklich erstaunlich. Ich würde mich das gar nicht getrauen, ehrlich gesagt.

Sie müssen ja erwarten, dass wir das wissen und dass wir das widerlegen können, was Sie hier behaupten: zum Beispiel dass das Land Salzburg säumig ist. Wie die Kollegin Scharer schon richtig gestellt hat, ist das Land Salzburg mitnichten säumig! Die Unterlagen für die Umweltverträglichkeitsprüfung befinden sich mittlerweile schon seit geraumer Zeit in Wien. Und ich muss Ihnen sagen, das sind umfangreiche Unter­lagen. Es kann fast nicht sein, dass der Minister daran vorbeigekommen ist. Die Bürgerinitiativen haben mir berichtet, dass das ganze Koffer voll sind.

Ich möchte gleich auch auf diese Stückelungsmöglichkeit zu sprechen kommen. Das ist besonders infam, weil den Leuten ja versprochen worden ist, dass es keine Stückelung, sondern ein Gesamtprojekt geben wird. Sie sind natürlich jetzt schon sehr verunsichert. Das zweite Faktum, das mir zu denken gibt, ist, dass Sie behaupten, Herr Staatssekretär, dass im Generalverkehrsplan dieser Ausbau ohnehin vorgesehen ist. Ja für wen und für was?

Für Bad Hofgastein ist im Generalverkehrsplan etwas vorgesehen, aber nicht für Bad Gastein. Bad Gastein soll erst im Jahr 2012 überhaupt eine Information bekommen, wie es weitergeht. Wir wissen gar nicht, ob bis dahin überhaupt die Mittel vorhanden oder noch vorhanden sein werden. Das heißt, Sie streuen den Leuten Sand in die Augen, und diese reagieren so empfindlich darauf.

Herr Kollege Wittauer hat nach der Einführungsrede der Kollegin Lichtenberger gesagt, dass sie ja nichts zum Inhalt ausgeführt hätte. Ich muss Ihnen jetzt schon einmal einen Ratschlag geben, Herr Kollege: Halten Sie doch einmal eine Hand auf das Ohr, damit der Inhalt, der beim anderen Ohr hineingeht, auch eine Runde im Kopf drehen kann. Der Kopf ist nämlich rund, damit man denken kann. Sonst geht das ganz schnell durch und womöglich ungebremst, wenn nämlich nichts dazwischen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Wir setzen uns hier nicht auf irgendeinen Wagen drauf. Tatsache ist, dass sich die Bürgerinitiative Bad Gastein an uns, an die Grünen gewandt hat, mit der Bitte, doch einmal nachzufragen, den ganzen Angaben der zuständigen Behörden nachzugehen, die Briefe, die schon geschrieben worden sind, zu überprüfen, und zwar sowohl jene von damals noch Landeshauptmann Dr. Schausberger als auch jene von Minister Gorbach, und endlich für Klarheit zu sorgen.

Es passiert nämlich noch etwas anderes, was durch dieses aufwändige Mediations­verfahren vorher erfolgreich verhindert worden ist: Es entsteht sozialer Unfrieden, weil mittlerweile bei den einzelnen Ortschaften der Eindruck entsteht, dass sie gegen­einander ausgespielt werden sollen. Es war ja gerade Sinn und Zweck des Me­diations­verfahrens, diesen sozialen Unfrieden nicht entstehen zu lassen. Und es lohnt sich, da Geld einzusetzen, weil man sich nachher etwas erspart.

Wenn Sie sagen, das wird womöglich zu teuer werden, dann muss ich Ihnen Folgen­des berichten: Wir haben dem Minister die ganz konkrete Frage gestellt, wie er die Tatsache bewertet, dass in der Region Bad Gastein-Bad Hofgastein jedes Jahr mehr als doppelt so viele Einnahmen erwirtschaftet werden, als das Gesamtprojekt laut ÖBB-Angaben kosten würde, und dass diese Einnahmen bei zunehmenden Lärm­problemen in einer Kurregion infolge unvollständiger Umsetzung gefährdet wären. Das muss man auch einmal dazusagen.

Wir stellen fest, diese Regierung und insbesondere auch die FPÖ in dieser Regierung interessiert sich nicht besonders für Umwelt und für die Umsetzung von Anliegen der Bevölkerung. Ich kann nur sagen, uns tut Hans Kronberger jetzt fast schon Leid, wenn


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er von seinen politischen Parteifreunden, von seinen Parteifreunden in Wien und Kärnten so desavouiert wird, denn eines ist klar: Umweltpolitik und eine ökologische Verkehrspolitik in Europa sind bei der ÖVP und den Freiheitlichen ganz besonders schlecht aufgehoben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

4. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über den Antrag 304/A der Ab­geordneten Walter Murauer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert wird (459 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Freund. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


19.15

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Der Nationalrat stimmt heute über ein Bundesgesetz, mit dem das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert wird, ab. Wehrdienstzeichen sollen künftig auch an Vertragsbedienstete des Bundes in Sondereinheiten des Bun­desheeres für den Auslandseinsatz verliehen werden. Gemeint sind damit jene Sol­daten, die im Rahmen von internationalen Einsätzen an friedenserhaltenden Maßnah­men in Europa als so genannte KIOP-Einsatzkräfte teilnehmen. Diese österreichischen Kräfte für internationale Operationen leisten einen entscheidenden Beitrag innerhalb der EU-Eingreiftruppe.

Bereits im Vorjahr haben wir durch einen Beschluss die Ausbezahlung einer Bereit­stellungsprämie und einer KIOP-Zulage ermöglicht und somit den Einsatz in einer derartigen Truppe für junge Männer attraktiver gemacht. Die finanzielle Besserstellung durch dieses Gesetz führt bereits jetzt dazu, dass sich in einzelnen Kasernen mehr Soldaten für Einsätze im Ausland melden. Nun müssen wir diese Soldaten auch in Bezug auf das Militärauszeichnungsgesetz besser stellen, denn es kann nicht sein, dass österreichische Soldaten, die im Ausland dienen, nicht die gleichen Anrechte auf militärische Auszeichnungen haben wie in Österreich dienende Soldaten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) KIOP-Soldaten sind häufig unter schwierigeren oder sogar gefährlicheren Bedingungen im Einsatz. Ich bin der Meinung, dass dieser Mut und der Dienst am Vaterland auch belohnt werden müssen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Österreich hat sich im November 2000 im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU dazu verpflichtet, am Aufbau von Kapazitäten zur militärischen Krisenbewältigung teilzunehmen. Bereits 1998 mit der SPÖ als Regierungspartei haben wir uns mit dem Vertrag von Amsterdam zur Teilnahme an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik verpflichtet. Leider Gottes reicht es nicht aus, dass sich die EU vorwiegend mit den finanziellen, sozialen und humanitären Aspekten der internationalen Beziehungen beschäftigt. Wir dürfen den USA nicht die alleinige Bewältigung der außen- und sicherheitspolitischen Prob­leme der Weltpolitik überlassen.


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Aus diesen Gedanken heraus ist die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union entstanden. Und als Teil der Europäischen Union ist es auch unsere Pflicht, uns an diesen sicherheitspolitischen Maßnahmen zu beteiligen. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat demnach mit 1 500 Soldaten einen Beitrag zur sicherheitspolitischen Planung in Europa zu leisten. Berufssoldaten oder Zeitsoldaten verpflichten sich dabei, freiwillig innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren für sechs Monate an Auslands­einsätzen teilzunehmen. Das, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist ein Dienst, den jeder einzelne KIOP-Soldat nicht nur den österreichischen Staatsbürgern, sondern allen EU-Bürgern erweist. Für diese Leistungen stehen, wie ich vorhin schon erwähnt habe, diesen Soldaten genauso besondere Auszeichnungen zu.

Natürlich sind diese Auszeichnungen nicht das Wichtigste, worauf es einem Soldaten ankommt. Am wichtigsten ist, dass er wieder gesund zu seiner Familie heimkehren kann. Dennoch sage ich, Auszeichnungen gehören dazu und sind ein sichtbares Zeichen der Anerkennung durch den österreichischen Staat. (Beifall bei der ÖVP.)

Derzeit sind österreichische Soldaten an zwölf internationalen Einsätzen beteiligt. Die wichtigsten Einsatzorte von der Truppenpräsenz her sind der Kosovo und der Golan. Diese Friedenssicherung ist wichtig, um den Menschen dort ein sicheres Leben zu ermöglichen und Flüchtlingsströme zu verhindern.

38 verschiedene Wehrdienstzeichen können in Österreich an einen Soldaten verliehen werden, vom Großstern des Ehrenzeichens um die Verdienste der Republik bis zur Wehrdienstmedaille in Bronze. Egal, welche Auszeichnungen ein Soldat bekommt, für ihn ist es immer eine große Ehre, seinem Land und den Menschen dort zu dienen. Doch eine Auszeichnung ist nicht nur im militärischen Bereich eine besondere Ehre. Auszeichnungen sind immer eine Bestätigung für gute Leistungen und ein Ansporn, auch in der Zukunft das Beste zu geben.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit dieser Änderung des Auszeich­nungs­gesetzes wird ein wichtiger Schritt gesetzt.

Abschließend darf ich an dieser Stelle allen Soldaten für ihren Einsatz danken, den Frieden in Europa zu erhalten.

Im Verteidigungsausschuss wurde diese Gesetzesvorlage einstimmig beschlossen. Ich darf Sie, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ersuchen, dieser Gesetzes­än­derung auch heute Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

19.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Abgeordneter Ing. Kaipel ans Red­nerpult. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.20

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass es so wie im gegenständlichen Fall auch in einer Landesverteidigungsfrage Einstimmigkeit gibt. Es handelt sich zwar um kein Hauptthema, wie die Neutralität oder NATO oder die leidige Geschichte der Ab­fangjäger, die wir, wie wir aus der „Kronen Zeitung“ heute erfahren, wesentlich teurer kaufen müssen als die Deutschen, sondern es handelt sich um eine kleine Novelle zum Militärauszeichnungsgesetz.

Ich denke, dass auch diese kleine Novelle, in der es um Auszeichnung geht, in der es um Anerkennung von Leistung geht, durchaus auch Motivation geben kann. Daher darf aus dieser Sicht diese kleine Novelle in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden.


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Ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass es das Ministerium verabsäumt hat, diese kleine Novelle schon im Vorjahr mit der Wehrrechtsänderung mit zu erledigen. Aber diese Vorgangsweise ist nicht ganz neu. Derartige Halbheiten und Oberfläch­lichkeiten hat die Regierung in der Vergangenheit mehrfach bewiesen.

Jedenfalls werden wir diesen Fehler heute beheben und das Gesetz rückwirkend mit 1. Dezember 2003 beschließen, damit es möglich ist, wie mein Vorredner schon ange­führt hat, dass vertragsbedienstete Frauen und Männer im Auslandsdienst ent­sprechend ihrer Leistung auch ausgezeichnet werden können.

Ich darf hier an dieser Stelle auch allen Soldatinnen und Soldaten für ihre Leistungen, die sie im Dienste des Vaterlandes erbringen, recht herzlich danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe aber trotzdem Sorge um die Zukunft unseres Bundesheeres, und zwar auf Grund der vielen Millionen, die für Prestigeprojekte vergeudet werden. Wenn man die Verdachtslage hernimmt – es geht um die Eurofighter –, ist es eher ein Projekt der Schiebung. Es ist jedenfalls dazu geeignet, dass für die restlichen Teile des Bun­desheeres keine Geldmittel mehr vorhanden sein werden. Daher werden Sie das Bundesheer aushungern. (Abg. Großruck: Welche Schiebung? Präzisieren Sie „Schiebung“! Stellen Sie nicht Behauptungen in den Raum!) Sie werden die Sicherheit der Soldaten nicht gewährleisten können. Das führt natürlich zu Demotivation und behindert auch Leistung. Deshalb ist diese Novelle, die wir heute beschließen, wahr­scheinlich auch wieder unwirksam oder unnötig, sie wird nur als Feigenblatt dienen, damit Sie die Mängel, die es beim Bundesheer gibt, zudecken können.

Mit dieser Politik, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, nehmen Sie den Inhalten jeden Wert! Aber nicht nur das, mit Ihrer Politik, meine Damen und Herren, haben Sie in den vergangenen vier Jahren Österreich auch ein gutes Stück an Demokratie und sozialer Gerechtigkeit genommen. Es ist zwar nicht erfreulich, aber trotzdem freue ich mich, dass diese Regierung so ist, wie sie ist. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Bösch. 5 Minuten Redezeit. Es besteht jedoch keine Pflicht, sie auszuschöpfen. (Heiterkeit.)

 


19.24

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kaipel, es geht hier und heute nicht um die Abfangjäger. Ich nehme an, es wird hier an dieser Stelle irgendwann wieder einmal um diese Flieger gehen, aber hier heute nicht.

Wir haben heute lediglich eine technische Ergänzung des Militärauszeichnungs­ge­setzes durchzuführen, und zwar auf Grund der Möglichkeit, dass Vertragsbedienstete des Bundes mit Sondervertrag im Bundesheer Wehrdienst leisten, eben wegen dieser KIOP-Einheiten, nicht mehr und nicht weniger.

Die Kollegen haben erläutert, dass der KIOP-Soldat in Zukunft der österreichische Beitrag zur EU-Eingreiftruppe sein wird. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass wir natürlich auch im Rahmen der Militärauszeichnungsregelungen diese Personengruppe bedenken. – Ich danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Bundesminister Platter. – Bitte.

 



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19.25

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ebenfalls ganz kurz: Ich bin eigentlich froh darüber, dass wir im Landesverteidigungsausschuss immer wieder über die Partei­grenzen hinweg zusammenarbeiten. Und ich würde ersuchen, dass wir hier ebenfalls eine einstimmige Beschlussfassung durchführen können. Es muss natürlich auch möglich sein, dass auch KIOP-Soldaten, die in Zukunft eine besondere Bedeutung im österreichischen Bundesheer haben werden, die rasche EU-Eingreiftruppe, militärische Auszeichnungen gegeben werden. Für eine Soldatin, einen Soldaten bedeutet das auch eine besondere persönliche Auszeichnung. Man darf das also nicht gering schätzen.

Wenn ich mir die Aufgabenstellung anschaue, so wird das österreichische Bundesheer natürlich die Inlandsaufgaben in Österreich bewältigen, die notwendig sind. Darüber hinaus müssen wir aber noch mehr Auslandseinsätze bewältigen, denn Friedens­einsätze im Ausland sind gleichzeitig auch Sicherheitseinsätze in Österreich.

Ich orte, dass es ein großes Interesse für die KIOP-Soldaten gibt. Wir haben bisher 1 600 Meldungen, wobei wir bisher insgesamt 245 bereits als KIOP-Soldaten installiert haben. 923 machen derzeit Eignungsprüfungen.

Wir sind hier auf einem sehr guten Weg. Das Gleis wird in die richtige Richtung gelegt. Und ich wünsche und hoffe, dass unsere KIOP-Soldaten künftig die Auszeichnungen erhalten, die sie mit Sicherheit auch brauchen werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Ing. Kapel­ler. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.27

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Minister! Hohes Haus! Diese gesetzliche Anpassung für militärische Aus­zeichnungen ist natürlich notwendig und steht eben auch außer Streit. Mit militärischen Auszeichnungen sollen öffentliche Anerkennungen für soldatische Leistungen gegeben werden. Und genau dazu dient auch die genannte Auszeichnung.

Männer und Frauen, die für Recht, Ordnung, Gerechtigkeit, für Demokratie und Freiheit eintreten, werden ausgezeichnet. Soldatinnen und Soldaten, die ihren Dienst tun, um anderen Freiheit und Frieden zu geben, notfalls in solchen Krisenregionen auch ihr Leben einsetzen, sollen für ihren Mut, für überdurchschnittliche Leistungen Würdigung erfahren.

Sichtbare Auszeichnungen sollen im Militärischen wie auch im Zivilen Vorbilder an Tapferkeit, Mut, Zivilcourage, Einsatzbereitschaft, Kameradschaft und Treue belohnen und hervorheben.

Gerade heute, in unserer Zeit, sind Ehrenzeichen, Orden nicht anachronistisch oder überholt. Gerade in unserer so schnelllebigen, nivellierenden Zeit, in der Leistungen Einzelner, individuelle Leistungen zu leicht in Vergessenheit geraten, in einer Zeit, in der das, was gestern Gültigkeit hatte, morgen überholt scheint, in einer Zeit, in der Orientierungen oft nicht mehr gegeben sind, sind solche tragbaren und sichtbaren Würdigungen der eigenen Leistung doch auch wichtig. So geben wir denen Aner­kennung, die sie auch verdienen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Stadlbauer. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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19.28

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich stimme wie meine Vorredner dem Antrag zu. Wie wir gehört haben, wurde mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2002 die Möglichkeit geschaffen, dass auch Vertragsbe­dienstete des Bundes mit Sondervertrag den Wehrdienst in einer Organisationseinheit des Bundesheeres für die Entsendung zu Auslandseinsätzen leisten können.

Daher ist es notwendig geworden, die militärischen Dienstzeiten, die für die Verleihung von Wehrdienstzeichen notwendig sind, zu erweitern. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden, da bin ich dafür.

Apropos Wehrdienstzeichen: Was ich allerdings nicht möchte, ist, dass es beim Bun­desheer sexistische Abzeichen gibt, wie ich sie vor einigen Monaten auf der offiziellen Homepage des Landesverteidigungsministeriums gefunden habe: Stoffabzeichen der österreichischen Luftstreitkräfte mit nackten Frauen auf einem Draken-Kampfflieger abgebildet und darunter der Spruch: „Your back is free!“ Erst nach öffentlichem Druck hat Minister Platter reagiert und die Abzeichen von der Homepage entfernen lassen. Es ist allerdings nicht geklärt, ob sie nicht nach wie vor in Verwendung sind. Das weiß ich nicht.

Ich habe Sie damals in einer parlamentarischen Anfrage nach diesen Abzeichen gefragt, und Sie haben Folgendes geantwortet: Diese Abzeichen sind nicht offiziell und nicht genehmigt gewesen. – Gut. Aber warum sind sie dann auf der offiziellen Homepage des Ministeriums abgebildet gewesen?

Und das ist leider nicht der einzige Fall, wo sich die Befürchtung bestätigt, dass Sexis­mus und Frauendiskriminierung im Männerbund Heer noch immer vorhanden sind.

So wurde etwa in der Zeitschrift „Truppendienst – Zeitschrift für Führung und Aus­bildung im österreichischen Bundesheer“ mit drei männlichen Bundesheerangehörigen geworben, die auf Palmers-Plakate starren; da wurde um Inserate geworben. Heraus­geber dieses Blattes ist das Landesverteidigungsministerium. Nach einer Anfrage meinerseits im Ministerium wurde ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, Sie sprechen aber schon zum Militärauszeichnungsgesetz!?

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (fortsetzend): ... diese Werbung nun ausgetauscht, und jetzt wird mit Kriegsdarstellungen geworben. Ich denke, das zeugt auch nicht wirklich von Geschmack und Sensibilität.

Dass dies von offiziellen Organen des Bundes wie dem Ministerium getan wird, zeigt nämlich, was von diversen Ankündigungen dieser Regierung zu halten ist, die da lauten: Gleichbehandlung ist uns wichtig, Gender Mainstreaming wollen wir einführen, und der Frauenförderungsplan soll umgesetzt werden. Das ist auf jeden Fall für Ihr Ressort, Herr Minister, sehr, sehr unglaubwürdig.

Dass es mit geschlechtergerechter Sprache auch nicht weit her ist, verwundert ange­sichts der ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, könnten Sie wenigstens einmal das Wort „Militärauszeichnung“ in Ihrer Rede verwenden!? (Abg. Parnigoni: Das hat sie am Anfang getan!)

 


Abgeordnete Bettina Stadlbauer (fortsetzend): Es ist wirklich bezeichnend, dass das immer dann, wenn man auf diese Themen zu sprechen kommt, nicht so gern gehört wird.

Aber ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass sogar der Österreichische Städtebund in einer Stellungnahme darauf aufmerksam macht, dass er es bedenklich findet, dass mit einer


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Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung über die Dienstgrade keine weiblichen Formen eingeführt wurden.

Herr Minister, Sie schreiben immer wieder in Anfragebeantwortungen und sagen, dass Sie künftig bezüglich jeder Diskriminierung von Frauen einen besonders strengen Maßstab anlegen werden. Ich frage mich nur: Wann machen Sie das endlich?

Es bleibt nur zu hoffen, dass mit dem Gesetz, das wir hier heute beschließen, we­nigstens Frauen von der Verleihung nicht von vornherein ausgeschlossen sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 5 Minuten. – Bitte.

 


19.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Damit ich nicht in das Gleiche verfalle und mich der Präsident aufmerksam machen muss, dass ich nicht zum Thema spreche, werde ich mich sehr kurz fassen, denn bei diesem Thema herrscht ja Konsens.

Wie meine Vorredner bereits ausgeführt haben, ist es ein sehr positives Signal, dass jetzt durch diese Änderung des Militärauszeichnungsgesetzes ermöglicht wird, dass künftig alle Soldatinnen und Soldaten, die im Ausland für unser Vaterland große Dienste leisten, ausgezeichnet werden können. Kollege Kapeller hat es bereits gesagt; auch ich glaube, dass in der heutigen Zeit Auszeichnungen sehr wichtig sind. Sie sind ein Beweis dafür, dass Leute nach wie vor bereit sind, das Vaterland im In- und Ausland zu verteidigen und diesen Gedanken der Verteidigung aufrechtzuerhalten.

Wir von unserer Fraktion stimmen auf alle Fälle dieser Sache gerne und mit ruhigem Gewissen zu. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.33

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Inhalt der Gesetzesvorlage wurde schon erwähnt: Es ist nun möglich, jene auszuzeichnen, die international für uns unter­wegs sind, um den Frieden in Österreich und in Europa zu sichern, nämlich die Kräfte für internationale Operationen. Es ist fürwahr kein einfacher Dienst. Sie sollen wissen, meine Damen und Herren, dass von diesen Kräften, von diesen Soldaten eine hohe Interoperabilität, ein hoher Ausbildungsgrad verlangt wird, um dort ihre Aufgabe zu erfüllen, wohin sie entsendet werden.

Es ist fürwahr kein einfacher Dienst, und mit diesem Gesetz sagen wir ein Danke­schön, ein Dankeschön an jene, die bereit sind, an internationalen Einsätzen teilzu­nehmen. Es ist eine Auszeichnung, es ist eine Anerkennung – es sind damit keine finanziellen Auswirkungen verbunden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Vielleicht interessiert es Sie auch, dass wir in diesem Bereich eine lange Tradition haben, dass wir seit dem Jahre 1960 50 000 Soldaten und zivile Helfer im internationa­len Einsatz hatten und haben und dass wir uns heuer seit 30 Jahren am Golan bemühen, den Frieden zu sichern – eine Leistung, auf die wir stolz sein können, meine Damen und Herren!


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Zurzeit haben wir zwölf Einsätze laufen, sind tausend Soldaten in etwa im Einsatz, darunter 600 im Kosovo, vor unserer Haustüre, wo wir am ehesten Interesse haben, dass es zu einer Beruhigung der Situation kommt, vielleicht sogar zu einem Frieden. Wir haben auch Beobachter im Einsatz; das Einsatzgebiet reicht bis zur Westsahara und nach Äthiopien.

Herr Bundesminister, ich möchte Ihnen noch etwas mitteilen, nachdem heute beim ersten Tagesordnungspunkt zur Landesverteidigung von einigen Vertretern der Op­position gesagt wurde, dass Sie nicht am richtigen Weg wären, dass man Ihren Weg der Sicherheit für die Republik, für Europa anzweifelt und dass Sie alles andere tun, als für die Sicherheit sorgen. Ich möchte Ihnen im Gegensatz zu jenen Rednern der Opposition bestätigen, dass der Weg richtig ist, zwei gleichwertige Aspekte in der Sicherheitspolitik zu haben, nämlich auf der einen Seite für die Sicherheit in unserem Land, in Österreich, alles zu tun, dafür zu sorgen, dass wir präventiv alle Möglichkeiten schaffen, um neuen Gefahren entgegenzutreten, aber auf der anderen Seite auch international bereit zu sein, entsprechend mitzuwirken, gemeinsam mit den euro­päischen Kräften.

Heute beschließen wir, dass wir unseren international eingesetzten Soldaten die Aus­zeichnung Österreichs zukommen lassen und ihnen damit ein Dankeschön sagen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.36

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Auch mir wird die Ehre zuteil, über das Militär­aus­zeichnungsgesetz referieren zu dürfen. Das ist mir eine besondere Freude; mein Kollege Kaipel hat es schon erwähnt, dass meine Fraktion diesem Militäraus­zeich­nungsgesetz natürlich auch die Zustimmung erteilen wird. Nachdem wir dem Militär­auszeichnungsgesetz unsere Zustimmung gegeben haben werden, wird es notwendig sein, Herr Kollege Scheuch, nebst diesem Sonntagsgesetz auch einmal über die wah­ren Dinge in der Verteidigungspolitik zu sprechen. Es kann ja nicht angehen, dass wir uns permanent nur über solche Sonntagsgesetze unterhalten, wir sollten uns auch einmal den wesentlichen Dingen in der Verteidigungspolitik widmen.

Herr Kollege Scheuch, es ist nicht wahr, dass wir uns nicht beteiligen möchten! Sie sind es, die regelmäßig Diskussionen, sinnvolle Diskussionen über die Verteidigungs­politik verhindern, indem Sie die Behandlung der Anträge der Opposition im Ausschuss vertagen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie haben das 30 Jahre lang getan! 30 Jahre!) – Herr Kollege Scheuch, das ist doch kalter Kaffee! Sie sind vier Jahre am Werk! Sie könnten gerade in diesem Bereich alles selbst beschließen, dazu brauchen Sie uns nicht. Was haben Sie zuwege gebracht? Gar nichts schlussendlich! (Beifall bei der SPÖ.)

Aber ich habe ja so das dumpfe Gefühl, Herr Kollege Scheuch, dass Sie in Anbetracht der Tatsache, dass die Menschen in diesem Lande nichts mehr hören und wissen wollen von Ihnen, was die letzten Wahlgänge auch beweisen, versuchen, unsere An­träge zu verschweigen, damit die Öffentlichkeit den guten Anträgen der Opposition in diesem Hause nichts abgewinnen kann.

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat heute in seiner Erklärung zur EU-Erweiterung darüber nachgedacht, wie sich die EU weiterentwickeln wird. Er hat dabei vergessen, ausführlich darüber zu referieren, dass diese EU natürlich auch ein


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großes Friedensprojekt ist. Ich glaube, aus dieser Tatsache ergibt sich, dass man auch im Bereich der Verteidigungspolitik völlig neue Werte andenken muss, und ich möchte nur einige hier erwähnen.

Meine Damen und Herren! Auf Grund dieser neuen Herausforderungen, die sich in der Verteidigungspolitik ergeben, nämlich Beteiligung an Friedenseinsätzen, Friedensstif­tung, Stärkung von Demokratiebewegungen und dergleichen mehr, wird es notwendig sein, die ganze Verteidigungspolitik völlig neu zu überdenken.

Sie, Herr Minister – und das muss auch gesagt werden –, haben die teuerste Fehl­entscheidung oder Fehlinvestition der Republik zu verantworten. Heute steht im „Kurier“ und auch in der „Kronen Zeitung“, dass die Eurofighter nicht nur eine Fehlin­vestition sind, sondern dass Sie sie auch überteuert gekauft haben. Auch das werden Sie vor dem Steuerzahler zu verantworten haben.

Die nächsten Wahlgänge, meine Damen und Herren, werden es beweisen: Der Steuer­zahler, der Bürger wird Ihnen die Rechnung präsentieren!

In diesem Sinne: Verschließen Sie sich nicht weiterhin einer vernünftigen Verteidi­gungspolitik! Wir sind gerne dazu bereit, auch in diesem Bereich unsere Kompetenz einfließen zu lassen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

19.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Parnigoni. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.40

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es haben nunmehr zehn Redner vor mir zum Militärauszeichnungsgesetz Stellung genom­men. Somit habe ich die Auflage erfüllt, das Wort „Militärauszeichnungsgesetz“ zwei­mal gesagt zu haben. – Natürlich bin ich auch der Meinung, dass es richtig ist, dass Soldaten/Soldatinnen, die im Ausland für uns tätig sind, die dort die Interessen Öster­reichs vertreten, mit den Soldatinnen und Soldaten in Österreich gleich gestellt werden und auch die entsprechenden Auszeichnungen bekommen.

Herr Minister Platter, es ist jedoch zu wenig, wenn man mit diesem Gesetz jenen Per­sonenkreis, der eine derartige Wehrdienstmedaille bekommen kann, erweitert, denn man muss schon festhalten, dass Ihre Politik – langsam, aber sicher! – in die Richtung geht, dass Sie leider gerade in der Verteidigungspolitik beginnen, das Trennende vor das Gemeinsame zu stellen. Herr Minister, mit Ihrer Entscheidung haben Sie den bis­her üblichen Weg verlassen, als Sie sich nämlich für diese sündteuren und unnötigen Eurofighter entschieden haben!

Ich sage gleich und sehr deutlich für meine Fraktion: Wir von der SPÖ sind gegen diese Eurofighter, wir sagen nein dazu, was aber nicht heißt, dass wir nein zum Bundesheer sagen. Ganz im Gegenteil! Und das kann ich aus persönlicher Wahrneh­mung sagen; ich habe wirklich beste Kontakte zu den Garnisonen am TÜPl Allentsteig, in Horn, in Weitra und kenne daher die Sorgen und Nöte, die die Kolleginnen und Kollegen dort quälen. So geht es dort etwa um fehlende Ausrüstungsgegenstände, und es geht darum, dass immer dann, wenn es für die Kasernen Infrastrukturwünsche gibt, das notwendige Geld nicht zur Verfügung steht, et cetera. Daher, Herr Bundesminister, müssen Sie sich sagen lassen, dass Ihre Entscheidung keine für die Menschen ist, sondern für unnötige und obendrein sündteure Kampfflugzeuge!

Wenn man Medienberichte verfolgt, sieht man, dass noch dazu kommt, Herr Bundes­minister, dass Österreich für diese Produkte um 50 Prozent mehr zu bezahlen hat als etwa die deutsche Bundeswehr. (Abg. Scheibner: Unsinn!)


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Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, sehen wir uns noch darüber hinaus Ihre Entscheidung an, dass Sie um 75 Millionen € auch noch Uraltflieger als Übergangslösung – und das zusätzlich zum Gesamtkaufpreis! – mit in Rechnung stellen, dann ist, so meine ich, das Chaos Ihrer Politik ganz eindeutig erkennbar!

Herr Bundesminister, wir Sozialdemokraten stehen auf dem Boden der Zusam­men­arbeit; das beweisen wir auch heute, haben wir doch vorhin diesem Europaratsabkom­men zugestimmt, und wir werden auch dieser Vorlage zustimmen. Ich kann Sie nur auffordern, Herr Bundesminister Platter: Kehren Sie auf den Pfad der Zusammenarbeit zurück! Und empfehlen kann ich Ihnen: Bestellen Sie diese unnötigen und sündteuren Flugzeuge wieder ab! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 459 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Das Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

5. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkom­mensteuer­ge­setz geändert wird (364/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.45

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Hier im Hohen Haus hat vor kurzem eine Parlamentarische En­quete zum Thema „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“ stattgefunden. Über­einstimmend wurde dabei der Stellenwert von Architektur und Baukultur und auch der international bedeutende Ruf der österreichischen Architektinnen und Architekten festgestellt.

Gute Architektur sei ein Markenzeichen, so lautete eines der Statements in dieser En­quete. Damit sich dieses Markenzeichen aber entwickeln kann, muss gute Architektur als wichtiger Teil unserer Gesellschaft und unserer Kultur anerkannt werden; es müs­sen positive Rahmenbedingungen zur Förderung einer zeitgenössischen Baukultur geschaffen werden. Darunter verstehe ich eine hervorragende Ausbildung und ent-


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sprechendes Know-how, aber auch ganz spezifische Förderungen junger Architek­tin­nen und Architekten, damit sie in ihrem Beruf leichter Fuß fassen können.

Dazu kann dieser vorliegende Antrag 364/A beitragen, soll damit doch eine steuerliche Gleichstellung der ArchitektInnen mit Künstlerinnen und Künstlern, Schriftstellern und Schriftstellerinnen herbeigeführt werden. Konkret soll die bereits für KünstlerInnen geltende Möglichkeit des Gewinnrücktrages auch für Architektinnen und Architekten eröffnet werden. Das heißt, bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit als ArchitektIn soll auf Antrag bei erstmaliger Veranlagung eine Verteilung auf drei Jahre möglich werden.

Ich darf Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, daran erinnern, dass Sie selbst die Gewinnrücktragsmöglichkeit für KünstlerInnen im Einkom­men­steuer­recht als wesentliche Verbesserung bezeichnet haben, die den Kunstschaffen­den bürokratische Erleichterungen gegenüber dem Fiskus einräumen beziehungsweise deren finanzielle Belastungen mindern soll. – Architektinnen und Architekten verstehen sich als BaukünstlerInnen und sehen sich damit ähnlichen Bedingungen ausgesetzt wie andere Kunstschaffende.

Mit Einbeziehung der Architektinnen und Architekten in den § 37 des Einkommen­steuergesetzes wäre auch eine steuerliche Gleichstellung gegeben. Die Verbesserung der steuerlichen Situation von Architektinnen und Architekten kann aber nur ein erster Schritt sein: Ein klares Bekenntnis des Staates zu qualitativ hochwertiger Architektur beinhaltet auch, dass die Voraussetzungen für eine Baukultur optimiert werden. Dies­bezüglich wurde ja bereits in dieser Architektur-Enquete eine ganze Reihe von Hand­lungsfeldern aufgezeigt, in denen jetzt kontinuierlich weitergearbeitet werden soll, ja muss.

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist ein erster Schritt, und ich ersuche Sie, diesen Antrag zu unterstützen. Weitere Schritte wie zum Beispiel der Bericht zur Lage der Baukultur sollten aber bald folgen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Steindl. 6 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


19.48

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die steuerrechtliche Argumentation von Kollegin Muttonen kann ich nicht teilen, ist es doch so, dass gemäß § 37 Abs. 9 des Einkommen­steuer­gesetzes ab dem Jahre 2000 bei der erstmaligen Veranlagung für ein Kalenderjahr positive Einkünfte aus selbständiger künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit auf Antrag gleichmäßig auf insgesamt drei Jahre verteilt versteuert werden können. Der fachliche Ausdruck hiefür lautet: Gewinnrücktrag.

Die sachliche Rechtfertigung dieser Verteilung liegt insbesondere darin, dass Künstler, dass Schriftsteller oft längerfristig, auch periodenübergreifend an einem bestimmten Kunstwerk arbeiten und Einkünfte erst bei Verwertung beziehungsweise Fertigstellung anfallen und es in der Kunsterstellungsphase regelmäßig an Einkünften fehlt. Diese Abfolge von finanziell schlechteren und besseren Jahren ist für Künstler, Schriftsteller berufstypisch und wäre ohne Verteilungsmöglichkeit oftmals existenzbedrohend.

Für die freien Berufe im engeren Sinne – wie Ärzte, Rechtsanwälte oder eben Archi­tekten, Ziviltechniker – gibt es diese Verteilungsmöglichkeit nicht, weil typischerweise auch kein vergleichbares Verteilungsbedürfnis besteht.

Auch wenn sich diese Berufsgruppen in ihrem Fach als Künstler sehen mögen, werden sie steuerlich nicht als Künstler behandelt, da sich diese Berufsgruppen in ihrer ge-


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samten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit von Künstlern unterscheiden. (Beifall bei der ÖVP.) Darüber hinaus wäre es ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber den planenden Baumeistern, welche ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch jährlich zu bemessen haben.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete von der SPÖ! Auf Grund der eben erwähnten Gründe kann die ÖVP Ihrem Initiativantrag nicht zustimmen, wenngleich man über die Grundlagen und Zeiträume der Unternehmensbesteuerung durchaus nachdenken kann. Eine Gewinnrücktragsrechnung wäre für viele Unternehmer vorteil­haft und würde zu gleichmäßigeren Progressionen und zu einer besseren Steuerlast­verteilung bei Einzelunternehmen, Personengesellschaften führen. Auch der Verlust­vortrag bei Einnahmen- und Ausgabenrechnern außerhalb der ersten drei Jahre wäre ein großer Vorteil für viele Kleinunternehmer und -unternehmerinnen, aber auch für Freiberufler. Wenn der Fiskus die Verteilung der Einkünfte auf drei Jahre, die Ge­winnrücktragsrechnung oder die Verlustvortragsrechnung ermöglicht, sollte das für alle Berufsgruppen und Branchen möglich sein. Diese Ideen können einen Vorschlag für die nächste Steuerreform bilden und werden dies sicher auch sein. – Doch nun wieder zurück zu den Architekten.

Sehr geehrte Frau Kollegin Muttonen! Die Architekten sind zweifelsohne eine bedeu­tende Berufsgruppe. Aber warum wollen Sie mit Ihrem Antrag nur den Architekten die Vorteile der Einkommensverteilung ermöglichen? – Hier möchte ich sehr deutlich werden: Lobbyismus für eine bestimmte Berufsgruppe darf sich in der Steuergesetz­gebung nicht durchsetzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.52

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Muttonen, ich kann Ihren Ausführungen insofern beipflichten, was die Wertschätzung gegenüber den Künstlern und den künstlerisch tätigen Architekten betrifft.

Aber ich glaube, dass eine steuerliche Angleichung der Architekten an die Schriftsteller und an die freischaffenden Künstler nicht zielführend ist, weil man auch unterscheiden muss, dass es zwei verschieden orientierte Strömungen der Architekten gibt – die einen sind technisch orientiert, die anderen künstlerisch orientiert – und dass wir, wie mein Vorredner schon bemerkt hat, eher in die Richtung tendieren, in nächster Zukunft zu einer einheitlichen Unternehmensbesteuerung zu kommen, die rund um 25 Prozent angesiedelt sein wird. Das heißt, es muss unser Bestreben sein, die einzelnen Be­rufsgruppen in Österreich nicht zu unterscheiden, sondern fairerweise eine Unterneh­mensbesteuerung einzuführen, die dem Einkommen der Branche im Rahmen der Einkommensteuer gerecht wird und die in der erwähnten Größenordnung angesiedelt ist.

Ich halte also nicht sehr viel davon, dieses Feld aufzumachen, denn so bekommen wir Probleme mit den freien Berufen, mit den Ärzten oder den Rechtsanwälten. Wenn wir jede Berufsgruppe für sich steuerrechtlich zu bewerten beginnen, dann wird es problematisch.

Daher denke ich, dass aus unserer Sicht diesem Antrag nicht zugestimmt werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.53

 



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58. Sitzung / Seite 158

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.53

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dem Redebeitrag des Kollegen Bucher möchte ich nicht ganz zustimmen, nämlich insofern, als Sie sagen, dass Berufsgruppen nicht unterschiedlich besteuert werden sollen. Ich denke, dass dies durchaus einer Diskussion bedarf und dass diese Diskussion richtig ist, wenn man sich anschaut, dass Architekten und Architektinnen – wie auch KünstlerInnen oder andere Berufsgruppen – in einer spezifischen Situation sind, vor allem am Anfang ihrer Berufslaufbahn, was die Unregelmäßigkeit der Ein­künfte betrifft.

Wo ich Ihnen allerdings Recht gebe, ist, dass es nicht nur die Architekten und Architektinnen betrifft. Wir haben das schon einmal diskutiert, und ich finde – da würde ich mich dem Kollegen Steindl anschließen –, dass es einer Diskussion bedarf, wie wir zum Beispiel mit Start-ups umgehen, also mit kleinen Betrieben in der Startphase. Wenn man sich anschaut, dass Österreich eine der höchsten Insolvenzraten bei genau diesen Unternehmen hat (Abg. Bucher: Die ersten sieben Jahre!), dann kann man sich schon fragen, was man für sie tun kann. Da ist es eine Möglichkeit, für die ersten Jahre – darüber kann man dann, finde ich, diskutieren – eine steuerliche Möglichkeit zu finden, um ihnen das Leben zu erleichtern oder überhaupt das Überleben zu ermög­lichen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, wir möchten gerne diesen Antrag, der hier vorliegt, auch im Ausschuss dis­kutieren. Wir halten es im Prinzip für richtig, dieses Thema einmal anzuschneiden und grundsätzlich anzuschauen. Aber wir würden sehr gerne auch eine Diskussion über eine weiter gehende steuerliche Reform, eben auch im Hinblick auf diese ganz kleinen und jungen Unternehmen, führen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner zu diesem Punkt ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


19.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine ge­schätzten Damen und Herren! Was den vorliegenden Antrag auf Änderung des Ein­kommensteuergesetzes betrifft, wurde die Haltung der Freiheitlichen bereits darge­legt. Dieser kann ich mich nur vollinhaltlich anschließen.

Ich möchte allerdings den Tagesordnungspunkt dazu nutzen, einen kleinen Nachsatz zu einem meiner Nachredner beim letzten Tagesordnungspunkt, nämlich Kollegem Lackner, zu machen. Er ist hier heraußen gestanden und hat ganz nett gefordert, man sollte mehr Diskussionen zur Landesverteidigung hier im Hohen Haus führen. Ich habe mir das angeschaut – und Toni Gaál als Wehrsprecher wird es ihm ausrichten, da er selbst nicht hier sitzt –: Kollege Lackner ist acht Jahre auf diesem Platz gesessen, vier Jahre in der Regierung und vier Jahre in der Opposition, und hat in über 70 De­battenbeiträgen nicht ein einziges Mal über Landesverteidigung gesprochen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Mainoni: Oho! – Ruf bei der SPÖ: Wer sagt das?)

19.56

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 364/A dem Finanzausschuss zu.


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58. Sitzung / Seite 159

6. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz geändert wird (369/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 6. Punkt der Tagesordnung und gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. Wunschredezeit: 5 Minu­ten. – Bitte.

 


19.57

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wäre es nicht eine erste Lesung, müsste man sagen: Natürlich wird zu später Stunde über genau die Branche geredet, die wahrscheinlich eine der wichtigsten in diesem Lande ist. Wir sind das ja schon gewohnt, etwa vom Wirtschaftsausschuss, wenn der Tourismusbericht gegen 21 Uhr abgehandelt wird und dann alle schon drän­gen, weil doch die Züge nach Hause gehen. Aber es ist ja eine erste Lesung, und da ist das ganz normal. Ich hoffe, dass wir im Finanzausschuss beziehungsweise bei den Anträgen, die wir im Wirtschaftsausschuss liegen haben, zu einer günstigeren Zeit darüber diskutieren und vielleicht ein bisschen länger darüber reden werden.

Ganz kurz zu dem Antrag und zu den Anliegen, die damit verbunden sind: Ich glaube, ich brauche nicht zu erwähnen, wie bedeutend der Tourismus ist. Von den Zahlen her wissen wir alle, dass es, je nach enger oder weiter Definition, um einen BIP-Anteil zwischen 9,6 und 18,3 Prozent geht, und es betrifft mehr als 150 000 Arbeit­neh­merinnen und Arbeitnehmer. 12,6 Prozent der Lehrlinge sind in diesem Bereich tätig; das ist ein ganz, ganz wesentlicher Bereich für die Lehrlingsausbildung!

Es geht auch um ein Beschäftigungswachstum – wenn man es etwa auf eine Fünf­jahresperiode bezieht – von rund 1,4 Prozent per anno, demgegenüber beträgt es in der Gesamtwirtschaft 0,6 Prozent. Das heißt, es ist dies wirklich ein Wachs­tums­bereich, ein Hoffnungsbereich, insbesondere auch in der Europäischen Union.

Ich meine, das ist Grund genug, hier auch die steuerliche Seite zu betrachten, und ich bin nach wie vor der Meinung, dass es sich beim Tourismus um eine Hochsteuer­branche handelt. Ich weiß schon, es werden dann die Einwendungen kommen, ins­besondere auch morgen: Die Steuerreform wird ja diese Branche ohnehin sehr bevor­zugen, es gibt die Körperschaftsteuersenkung, es gab vorher schon die Halbsatzbe­steuerung bei den nicht entnommenen Gewinnen bei Personengesellschaften.

Es ist allerdings so – das zeigt sich, wenn man durch die Lande zieht und mit den Wirtschaftsvertretern auch in den Bundesländern redet –, dass inzwischen nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand, sondern ganz offen betont wird, dass man nicht davon ausgeht, dass hievon eine große Zahl an Unternehmen betroffen sein wird, gerade in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft. Daher meinen wir, dass auch flankierende Maß­nahmen, zusätzliche Maßnahmen notwendig sind.

Eine dieser Maßnahmen – und das behandelt dieser Antrag – ist eben die Anhebung des Satzes der Absetzung für Abnutzung auf 4 Prozent. Das ist keine neue Erfindung von uns, sondern eine alte Forderung der Wirtschaft und der Branche, die wir hier aufgegriffen haben, und zwar für Gastgewerbe und Beherbergung. Das heißt, wir wollen es auf den gesamten Bereich ausdehnen.

Um gleich dem Einwand zu begegnen – dieser wird allerdings nicht von Touristikern kommen, wohl aber möglicherweise von Steuerrechtlern –, dass dies verfassungs­widrig sei und dass man das nicht machen könne: Das ist mitnichten verfas­sungs-


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widrig! Wir haben die verschiedensten Abschreibungssätze in den verschiedensten Branchen, und wir sind uns alle einig – und auch das mit vernünftigen und wirklich renommierten Steuerrechtlern –, dass der Erneuerungsbedarf gerade im Tourismus so hoch ist, dass hier ein höherer Abschreibungssatz durchaus gerechtfertigt ist.

Ich glaube aber – und das ist eines der zentralen Anliegen dieses Antrages –, dass wir diesen Antrag „nur“ als ersten Diskussionspunkt sehen. Das heißt, wir wollen eine breite Diskussion über die steuerliche Belastung der Branche haben, nicht nur, was die AfA betrifft. Ich denke, es müsste hier die Frage im Zentrum stehen: Wie kommen wir wirklich zu einer Steuersenkung in dieser Branche, die der Branche weiterhilft und die nicht unmittelbar und vor allem nicht vollständig an die Konsumenten weiterzugeben wäre?

Das mag aus dem Mund eines Sozialdemokraten vielleicht ein bisschen eigenartig klingen, aber ich glaube, dass ein erheblicher Teil dieser Steuersenkung in eine Eigen­kapitalstärkung fließen müsste, weil es eine Branche ist, die im Durchschnitt mit einem negativen Eigenkapital ausgestattet ist, und weil wir über weite Bereiche der Preis­gestaltung im Tourismus international durchaus sehr konkurrenzfähig sind.

Das heißt, wir sollten uns etwa über die Senkung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 10 auf 5 Prozent in der Branche unterhalten. Das ist wieder etwas, was nicht originär von uns gekommen ist, sondern was insbesondere die Franzosen auf euro­päischer Ebene vorgeschlagen haben, weil es im Rahmen der 6. Mehrwertsteuer­richtlinie zu diskutieren ist – wiewohl in Österreich umstritten ist, ob wir es nicht auch national machen könnten. Es besteht ein Bedarf von rund 250 bis 300 Millionen €, das heißt, es ist ein durchaus substanzieller Beitrag für die Branche.

Wir sollten uns über die Senkung der lohnabhängigen Abgaben unterhalten, etwa durch eine Umbasierung, über den Wegfall der Gesellschaftssteuer und der Kredit­vertragsgebühr, angekündigt beispielsweise von Bundesminister Bartenstein im Rah­men der Schönbrunner Tourismusgespräche im Herbst, „gecancelt“ dann allerdings vom Finanzminister, indem er gesagt hat, er habe dafür kein Geld. Ich frage mich dann, warum wir das „Bagatellsteuern“ nennen, wenn wir dafür kein Geld haben.

Ähnlich verhält es sich mit der Grundbucheintragungsgebühr oder mit Erleichterungen bei der Betriebsnachfolge. Da werden wir uns gut anschauen, was angeblich – weil wir ja den Entwurf noch nicht haben – im Ministerrat beschlossen wurde, nämlich über die kleine AG. Ich bin da durchaus gesprächsbereit, wenn es der Branche etwas bringt. Allerdings gibt es auch da von Branchenvertretern bereits wieder Kritik, weil in diesem Entwurf die Grenzen anders als in der EU gestaffelt sein sollen.

Das heißt, wir treten für einen sinnvollen Mix ein. Ich bin durchaus gesprächsbereit darüber, welche einzelnen Bereiche wir angehen können, und kapriziere mich nicht auf eine einzelne Steuer. Nur: Was wir angehen müssen und was wir angehen sollten, ist eine substanzielle Entlastung insbesondere dieser Branche im Steuerbereich. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


20.02

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Ich danke meinem Vorredner dafür, dass sich doch auch von Seiten der So­zialdemokraten Ideen entwickeln, wie man der Tourismuswirtschaft in Österreich wich­tige Entlastungen bringen kann. Herr Hoscher hat angeboten, dass dies ein Beitrag in einer breiten Diskussion sein soll, und als solchen sehe ich es auch. Es sind ja von der


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Tourismuswirtschaft immer wieder Forderungen – und gerade diese Forderung ist auch eine sehr alte – im Raum, um den Tourismus zu entlasten.

Andererseits muss man natürlich auch sehen, dass der Tourismus in Österreich in den letzten Jahren eine sehr gute Entwicklung mit laufend steigenden Zahlen aufzuweisen hat, dass wir in Österreich eine beispielslose Qualitätsoffensive gefahren haben, die uns im Tourismus sehr stark nach vorne gebracht hat, und dass wir neue Trends rechtzeitig erkannt haben, im Gegensatz zu umliegenden Staaten. Wenn man sich das Verhältnis des Tourismus in der Schweiz vor 30 Jahren zum Tourismus in Österreich vor 30 Jahren ansieht, erkennt man, dass man bei uns Investitionen in eine andere Richtung, nämlich sehr zukunftsorientiert, getätigt hat. Wir haben rechtzeitig auf Well­ness gesetzt, wir haben Trendsportarten wie Golf auch für den Sommer rechtzeitig entwickelt, was natürlich große Investitionen in den einzelnen Betrieben hervorgerufen hat und nach wie vor hervorruft.

Die Forderungen nach einer Verkürzung der Abschreibung ist natürlich eine logische Forderung, wenn man sich den Tourismus ansieht. Der Tourismus lebt nur von Aktualitäten, der Tourismus lebt nur von neuen Entwicklungen, und der Tourismus lebt auch nur – sei es im kleinen Haus, sei es bis hinauf in die große Anlage – von ständig neuen Entwicklungen. Daher gibt es dort natürlich eine verhältnismäßig kurze Nutzungsdauer.

Auf der anderen Seite muss man aber sehen, dass es in der Wirtschaft auch andere Branchen gibt, die sehr dynamisch sind. Ich nehme etwa die Telekommunikation her, ich nehme auch High-Tech-Betriebe anderer Art her, oder ich verweise auf die Lebens­mittelindustrie, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten ebenfalls gefordert war, permanent Investitionen zu tätigen. Daher wird man vielleicht eine Diskussion rein für den Tourismus wahrscheinlich auch auf wirtschaftlicher Seite nicht gerne sehen, und auch nicht, dass eine Branche gegenüber anderen, ebenfalls dynamischen Unterneh­mungen bevorzugt behandelt wird. Das heißt, ich sehe es so, wie es bei einer ersten Lesung der Fall ist: Wir sollen nun eine breite Diskussion beginnen.

Mein Vorredner hat bereits angeschnitten, dass es gerade aus den von mir erwähnten Gründen auch Bedenken verfassungsrechtlicher Natur darüber gibt, dass eine Branche gegenüber anderen bevorzugt wird. Man sollte vielleicht die bereits jetzt im § 8 vor­gesehene Möglichkeit, die Abschreibungssätze zu verkürzen, nützen und entsprechen­de Gutachten darüber vorlegen lassen, wie man der Branche auf diese Weise ent­sprechende Möglichkeiten bieten könnte. Ich glaube im Übrigen nicht, dass man steuertechnisch branchenspezifische Unterschiede machen sollte. Aber wir werden darüber reden, und eine erste Lesung ist da, glaube ich, sehr positiv.

Als Tourismussprecher unserer Partei sehe ich es natürlich so – das ist bereits ange­sprochen worden –, dass wir im Tourismus darauf achten müssen, auch in Zukunft international konkurrenzfähig zu sein, aber auch international Trendsetter bleiben zu können. Dazu gehören Investitionen, dazu gehören Zukunftsprojekte, dazu haben wir aber auch in der Steuerreform erste Schritte gesetzt, indem wir die Steuerbelastung für nicht entnommene Gewinne so weit reduziert haben, dass wir dadurch Möglichkeiten für Investitionen geschaffen haben. Wir werden darüber diskutieren, wir sind zu Dis­kussionen sicher bereit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 



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20.06

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Hoscher hat die ganze Forderungslatte aufgezählt, die natürlich wünschenswert wäre. Ich bin ja selbst Touristiker und Unternehmer und wünsche mir natürlich auch all das, was du hier gefordert hast. Aber ich glaube, wir sollten auch realistisch bleiben und schauen, was machbar ist und was auf Grund der budgetären Situation umsetzbar ist.

Ich denke zu dem angesprochenen Punkt der Reduzierung der Abschreibungsfristen – die ja im Jahr 2000, wenn ich mich richtig erinnere, von 25 Jahren auf 33,3 Jahre ver­längert wurden –, dass dies eigentlich ein sehr langer und nicht gerechtfertigter Zeit­raum ist. Wir wissen ja beispielsweise, dass Hotelprojekte in viel kürzerer Zeit finanziert werden müssen und auch der Return on Investment erzielt werden muss, weil die Projekte sonst nicht lukrativ sind. Das heißt, die Nutzungsdauer ist für die eigentliche Abschreibungsdauer viel zu lang, und es stellt dies auch eine gemischte Form der Abschreibung dar, weil beispielsweise ein Hotelzimmer nie über 33 Jahre Bestand haben kann. Sie wissen ja, dass Reinvestitionen bei Hotelzimmern spätestens nach 15 Jahren erfolgen müssen, wenn sie attraktiv genug sein sollen und auch vermarktet werden wollen.

Ich glaube daher, dass das ein sehr vernünftiger Vorschlag ist, über den wir im Aus­schuss diskutieren werden. Ich sage aber auch, dass eine ganze Reihe von für die Tourismuswirtschaft sehr wichtigen Entlastungen im heurigen Jahr passiert sind, wie etwa Abschaffung der 13. Umsatzsteuervorauszahlung und halber Steuersatz auf nicht entnommene Gewinne. Ich glaube, dass das in Summe mit der Steuerreform, die wir morgen beschließen werden, eine kräftige Entlastung ist, sage aber dazu, dass beispielsweise die Halbierung des Steuersatzes auf Logis – wie du es vorgeschlagen hast – ein Punkt ist, der beispielsweise in der Schweiz zu nichts geführt hat. In der Schweiz gibt es das negative Beispiel, dass man dort den Mehrwertsteuersatz reduziert hat, aber die Betriebe dadurch nicht profitiert haben und auch keinen güns­tigeren Preis im internationalen Vergleich erzielt haben, sodass das in Summe nichts gebracht hat – außer geringeren Steuereinnahmen für den Finanzminister.

Das heißt, ich glaube nicht, dass die Mehrwertsteuersenkung ein geeignetes Mittel darstellt, aber die Reduzierung der Nutzungsdauer auf ein realistisches Maß ist ein Punkt, den wir im Ausschuss besprechen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Kogler –: Eurofighter!)

 


20.09

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Hier wird mir das Stich­wort „Eurofighter“ gegeben. Ich sage Ihnen nur eines: Wenn wir nur halbwegs geschei­te Typenentscheidungen treffen würden – und wenn wir schon falsche Typenent­schei­dungen treffen würden, wenigstens die Preise gescheit verhandeln würden –, hätten wir viele finanzielle Probleme nicht, die wir hier behandeln müssen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Aber es wird ja in den nächsten Tagen wieder Gelegenheit geben, darüber zu sprechen. (Abg. Dr. Jarolim: Kollege Kogler! Zahlen wir halb so viel wie Deutschland? Oder ist das umgekehrt? Für die Eurofighter!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Am Wort ist der Redner!

 


Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Im Sinne einer lebendigen Debatte: Ich denke, wir sollten uns davor hüten, überall eine solche wirtschaftliche Geschick-


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lichkeit einzuführen wie im Verteidigungsministerium, denn sonst wird dieses Thema auch noch anderweitig virulent.

Ich kann die Sache aber kurz machen. Ich meine, Sie sind alle interessiert daran, dass es nicht so lange dauert. Klubobmann Scheibner hat vorhin gemeint: Mein Gott, ihr müsst schon wieder eine Anfragebesprechung machen! Wie lange wollt ihr noch da sitzen? Also bitte jetzt zur Sache.

Meine Herren! – Damen sind keine da von der FPÖ. Die Sache ist relativ einfach. Der von Ihnen ... (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, ich war jetzt so fixiert auf die drei Herren Zwischenrufer da vorne, dass ich mich tatsächlich noch einmal an sie wenden will.

Es ist vor allem Ihr Beitrag gewesen, gemeinsam mit dem Erstredner, die wirt­schaft­lichen Verdienste des Tourismus zu loben. Man wird sich jetzt einmal bei diesem Instrument der begünstigten Abschreibung entscheiden müssen: Machen wir das deshalb, weil der Tourismus so ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist? Dann stellt sich aber die Frage, was das geeignete Förderinstrument ist. Ich bin mir da nämlich nicht so sicher, Kollege Hoscher, ob wir da tatsächlich so a priori hineingehen können – die Zweifel reichen bis hin zu Fragen des Gleichheitsgrundsatzes auch im wirtschaftlichen Bereich – und die Abschreibungen auf diese Art und Weise verkürzen können, ohne den Blick darauf zu richten, wie es in vergleichbaren anderen Branchen aussieht.

Mit anderen und einfachen Worten: Es muss sachlich begründbar sein, die Ab­schrei­bungsdauer zu verkürzen. Ich denke auch, wir können solche Gründe finden. Bei Investments in Anlagevermögen gerade im Tourismusbereich können wir das begrün­den: Wenn wir auf vier Prozent gehen, hätten wir eine volle Abschreibungs­dauer von 25 Jahren. Man muss das dann so anlegen, und ich bin diesem Argument gegenüber sehr offen.

Mit fällt aber bei dieser Gelegenheit etwas anderes auf: dass es nämlich schon auch andere Wirtschaftszweige in Österreich gibt, die auch förderwürdig wären. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Landwirtschaft!) Und wenn Sie schon das Wirtschaftsförderungs­instrument veränderte Abschreibungsdauer strapazieren, würde es mir auch wieder im Lichte der morgigen Debatte sinnvoll erscheinen, uns einmal den Kopf darüber zu zerbrechen, wie es eigentlich mit den steuerlichen Investitionsförderungen in Öster­reich insgesamt aussieht. Es ist ja vieles ausgelaufen. Übrig geblieben ist im Wesent­lichen die von allen hier begrüßte Investitionszuwachs-prämienförderung. Und das ist natürlich etwas, das auslaufen muss. Die ist so konstruiert, die kann man nicht Jahr für Jahr verlängern – und wenn sie ausläuft, ist sie eben weg.

Wir haben uns da einmal kundig gemacht. Im internationalen Vergleich ist es tat­sächlich so, dass in Österreich die unmittelbaren Investitionsbegünstigungsinstrumente eigentlich nicht mehr vorhanden sind, in vielen vergleichbaren OECD-Ländern aber schon. Es gibt hiezu verschiedene Vorschläge, ich will mich auf keinen festlegen. Einer wäre etwa, überhaupt das Spezialinstrument der vorzeitigen Abschreibung generell einzuführen, und zwar degressiv, also sehr stark beginnend und dann abnehmend, weil das auf kurze bis mittlere Sicht Investitionsentscheidungen begünstigt, da so natürlich entsprechend rascher Gewinnminderungen eintreten. Das setzt aber natürlich voraus, dass wir von Unternehmen ausgehen, die Gewinne machen. Damit könnte ich mich anfreunden. Das wäre mir jedenfalls zehnmal lieber als diese eher großzügige und meiner Ansicht nach nicht so wirksame KöSt-Senkung. Das wäre einmal eine sinnvolle Debatte, die wir anlässlich dieses Antrags im Ausschuss führen könnten.

Es ist richtig, dass die Senkung der lohnsummenbezogenen Abgaben längst notwendig ist und dies auch die beste Wirtschaftsförderung gerade im Tourismusbereich wäre.


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Das ist nämlich auch ein Investitionskriterium, und wie wir alle wissen, ist gerade der Tourismus sehr arbeits- und nicht bloß nur kapitalintensiv.

So schließt sich also der Bogen: Leider keine größte Steuerreform aller Zeiten, aber immerhin ein Antrag, über den es sich lohnt, weiter nachzudenken, um in Zukunft schlauer werden zu können. (Beifall bei den Grünen.)

20.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 369/A dem Finanzausschuss zu.

7. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kol­leginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzen­schutzmittelgesetz 1997 geändert wird (375/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. Wunsch­redezeit: 5 Minuten. – Sie sind am Wort.

 


20.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Herr Präsident! Hohes Haus! Dieser Initiativantrag der Grünen handelt von einem Thema, das in den letzten Wochen, in den letzten Monaten verstärkt in den Medien be­handelt wurde. Es geht um einen äußerst heiklen Bereich der Lebensmittelsicherheit, nämlich um die Frage der Pestizidanwendung in der österreichischen Landwirtschaft und der Zulassung von Pestiziden auf Basis des derzeitigen Pflanzenschutz­mittel­gesetzes. Ziel unseres Antrages ist es, den § 12 Abs. 10 ersatzlos zu streichen.

Lassen Sie mich etwas ausholen! Dieser Paragraph wurde unter Bundesminister Molterer im Jahr 2002 eingeführt und führt durch so genannte Gleichstellungs­verord­nungen zu einer totalen Liberalisierung beim Import von Pestiziden. Es gibt bereits zwei Länder, für die diese Verordnungen ausgesprochen wurden, nämlich die Bun­desrepublik Deutschland und Holland. Diese holländischen Pestizide belasten derzeit die österreichische Landwirtschaft ganz massiv. Und vor allem: Der so genannte Fein­kostladen Österreich ist wirklich ernsthaft in Gefahr.

Stellen Sie sich vor: 800 Pestizide oder 235 Wirkstoffe wurden mit dieser Gleichstel­lungs­verordnung einfach pauschal zugelassen! Das ist ein völlig inkompatibler Vorgang, wenn man die Ausrichtung der österreichischen Lebensmittelerzeugung der letzten Jahre betrachtet. Ein Großteil der Bauern wirtschaftet im österreichischen Umweltprogramm, und es gibt einen hohen Anteil an Biolandwirtschaft in Österreich. Diese Einseitigkeit – eine Gleichstellung von Pestiziden ohne eigene, nationale Risiko­analyse – ist einmalig in Europa. Kein anderes Land hat so eine Verordnung, so eine Liberalisierung durchgezogen. Außerdem bedeutet das eine Nivellierung nach unten, die sagenhaft ist.

Konkret an einem Wirkstoff demonstriert: Für Tomaten sind jetzt Bupirimate zugelas­sen. Das ist ein Wirkstoff, der bisher in Österreich für Tomaten einen zugelassenen Höchstwert von 0,01 mg/kg hatte. Nach den neuen Zulassungsbestimmungen auf Basis der holländischen Bestimmungen ist es nunmehr ein Milligramm. Es wird damit also ein 100-facher Wert zugelassen. Das ist eine Nivellierung nach unten, wie wir sie


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in den letzten Jahrzehnten nie und nimmer hatten, und dafür sind Sie von ÖVP und FPÖ verantwortlich, weil Sie das zugelassen haben. Wir werden mit allem Nachdruck dafür sorgen, dass diese unglaubliche Situation und dieser Schaden, der hier für die österreichische Landwirtschaft und für die österreichische Lebensmittelwirtschaft auch durch die Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten entsteht, beseitigt wird.

Kollege Schultes! Schütteln Sie nicht den Kopf! Das ist der Fall. Die Konsumenten sind verunsichert, wenn eine Politik betrieben wird, wo dann nicht mehr klar ist, was in den Produkten drinnen ist, weil die Kontrolle unmöglich gemacht wird. Kontrolle im Pestizidbereich, meine Damen und Herren, wird durch diese Strategie unmöglich gemacht. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist völlig klar und liegt auf der Hand. Das Pestizid-Chaos hat auch der Minister zugeben müssen. In einigen Anfragenbeantwortungen hat er das de facto zugegeben. Die Zulassung eines Wirkstoffs müsste auf den Internetseiten Hollands nachgeprüft werden. In holländischer Sprache! Welcher Kontrolleur kann Holländisch? Welcher Bauer kann Holländisch? Es gibt keine deutschsprachigen Dokumente, aus denen hervorgeht, für welche Kulturen oder für welche Anwendungsbestimmungen diese Pestizide zugelassen sind. Das ist der Punkt! Es besteht kein Einfluss auf die Zu­lassungskriterien dieser holländischen Pestizide. Dies ist ein weiteres zentrales Defizit! Kurzfristig kam es sogar zur Zulassung von verbotenen Substanzen. Substanzen, die wir schon lange verboten hatten, waren wieder zugelassen, und es musste eine neuer­liche Verbotsverordnung herausgegeben werden.

Besonders frappant: Direktimporte ohne deutschsprachige Kennzeichnung sind jetzt legal. Die Bauern und Bäuerinnen haben überhaupt keinen Schutz. Sie wissen gar nicht, was sie tun sollen. Sie haben keine Sicherheitshinweise, nach denen sie vorge­hen könnten. Die Agentur für Ernährungssicherheit kann außerdem 86 Prozent dieser Pestizide gar nicht nachweisen. Dies ist ein weiteres Faktum, das unglaublich ist.

Lassen Sie mich abschließend noch kurz darauf eingehen, dass auch der vorläufige Bericht der Europäischen Union, der Kontrollbericht der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucherschutz ganz klar feststellt, dass auf diesem Gebiet enorme Versäum­nisse vorliegen, Kontrollen nicht durchgeführt werden beziehungsweise – ich zitiere jetzt wörtlich –:

Die Tatsache, dass das 100-Fache des Rückstands-Höchstgehalts als Auslösewert für eine Warnmeldung im Rahmen des Schnellwarnsystems genommen wird, könnte die Verbrauchergesundheit ernsthaft gefährden. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es nur ein vorläufiger Bericht ist, ist diese Kritik so gravierend, dass wir erwarten, dass es sehr, sehr rasch zu einem Land­wirt­schaftsausschuss kommt, in dem wir die Novelle des Pflanzenschutzmittelgesetzes beschließen und diesen unhaltbaren Zustand endlich beenden. (Abg. Wittauer: Was heißt da „unhaltbar“?) Völlig unhaltbar, Kollege Wittauer, weil Pestizide ohne Risiko­analyse, ohne Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten und auch der Bäuerin­nen und Bauern zur Anwendung kommen.

Ich hoffe, dass Sie diesem Initiativantrag der Grünen zustimmen werden. Die Kon­su­mentInnen werden ihm auf jeden Fall ihre Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

20.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Praßl. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



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20.21

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Da­men und Herren! Pflanzenschutzmittel, die in Deutschland zum Vertrieb und zur Anwendung zugelassen sind, sind dies seit Juli 2002 auch in Österreich. Das ist eine wesentliche Neuerung, die das Agrarrechtsänderungsgesetz 2002 im Pflanzenschutz­mittel­recht gebracht hat.

§ 12 Abs. 10 des Pflanzenschutzmittelgesetzes lautet sinngemäß, dass Pflanzen­schutzmittel, die in einem EU-Mitgliedsstaat zum Inverkehrbringen zugelassen sind, auch in Österreich ohne amtliche Prüfung zugelassen sind. Bis zum Frühjahr 2004 erfüllte Deutschland als einziger Staat die genannten Bedingungen. Eine weitere Gleichstellungsverordnung liegt auch für die Niederlande vor.

Herr Kollege Pirklhuber, wenn Sie in Ihren Ausführungen behaupten, dass der Kon­sument verunsichert wird, und dafür die Landwirtschaft verantwortlich machen, muss ich Ihnen nachdrücklich sagen, dass unsere Landwirte, die sich im Agrarumwelt­programm, sprich ÖPUL, bereit erklären, hervorragende Lebensmittel zu produzieren, sich einer intensiven Kontrolle unterziehen müssen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Wie? Es gibt viele hierorts nicht erfassbare Pestizide!) Jeder einzelne Landwirt ist verpflichtet, sich diesen Kontrollen zu unterziehen. Er kann einfach nicht anders wirtschaften.

Ich meine, dass wir diese Änderung in nächster Zeit sehr massiv diskutieren werden müssen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Ich bin überzeugt davon, dass wir einen richtigen Schritt in Richtung Liberalisierung der Pflanzenschutzmittel getan haben und dass letztendlich auch die richtige Orientierung – nämlich Richtung Europäische Union und Harmonisierung – vorhanden ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Das ist ja unglaublich!)

Ich meine, wir sollen dieses Thema und diesen Antrag dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zuweisen, wo wir darüber intensiv diskutieren werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Maier. 5 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


20.24

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Wort an meinen Vorredner. Es ist doch unglaublich, was wir hier gehört haben, dass nämlich die Liberalisierung von Pflanzenschutzmitteln der richtige Weg gewesen wäre. Herr Kollege! Ich denke, Sie wissen nicht, wovon Sie tatsächlich gesprochen haben. (Abg. Steibl: Das denke ich nicht! Er weiß das sehr wohl!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auf den Kontrollbericht der SANCO eingehen und in aller Deutlichkeit klarlegen, welche Defizite es in Österreich, aber auch im übrigen Europa noch gibt. Die SANCO hat in diesem vorläufigen Kontroll­bericht neun Empfehlungen an die EU-Kommission und die österreichische Bun­desregierung, an das Landwirtschaftsministerium und an das Gesundheitsministerium ausgesprochen.

Wenn man sich die Vorhalte durchliest, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann wird mir teilweise schlecht. Es gab nämlich bei Untersuchungen, die durchgeführt wurden, keine Risikoanalysen durch die AGES, durch die Agentur für Ernäh­rungs­sicherheit, insbesondere nicht bei Babynahrung. Jetzt frage ich Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wohin sind wir mit der viel gepriesenen Lebensmittel­sicherheit in Österreich geraten?


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Die sozialdemokratische Fraktion wird den Antrag der grünen Fraktion unterstützen, und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen, weil wir die Probleme genauso sehen, und zum anderen – was den meisten von Ihnen vielleicht entgangen ist – gibt es einen Entwurf zur Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes, der derzeit in Begutachtung ist. Ich verstehe diesen Entwurf einerseits als Eingeständnis, dass wir große Defizite bei den Direktimporten haben, weil die Transparenz bei den Bauern nicht nur ver­bessert, sondern überhaupt erst einmal geregelt werden muss.

Dazu muss man eines wissen: Direktimporte wurden insbesondere vom ÖVP-Bauern­bund bestritten. Der Minister hat, wie auch sein Vorgänger, immer erklärt, es gäbe keine Probleme. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage Sie: Warum machen Sie dann diese Regelung? Ich verstehe das nicht. Oder haben Sie ein schlechtes Gewissen bekommen, weil es zu viele Direktimporte von Pflanzenschutz­mitteln nach Österreich gibt? Das wiederum hängt natürlich mit dieser skandalösen Bestimmung in § 12 Abs. 10 Pflanzenschutzmittelgesetz zusammen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sollten grundsätzlich darüber diskutie­ren, wie wir die Lebensmittelsicherheit in Österreich erhöhen können. Dabei geht es nicht nur um die Frage des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, hier geht es generell um eine Neustrukturierung. Es geht nämlich um die Frage, wer für das agrarische Betriebsmittelrecht, das Pflanzenschutzmittelrecht und das Futtermittelrecht verantwortlich sein soll.

Die derzeitige Kompetenzsituation in Österreich ist eine fatale und sachlich durch nichts gerechtfertigt: Hier ist der Landwirtschaftsminister zuständig, für Gesund­heits­fragen die Gesundheitsministerin. Mit der AGES gibt es einerseits dieses virtuelle Bundesamt für Ernährungssicherheit, das gleichzeitig zulässt und dann wieder durch AGES-Mitarbeit kontrolliert. – Ich halte diese Bestimmung übrigens für verfassungswid­rig. Diese Meinung wird zunehmend auch von Beamten geteilt.

Wir brauchen grundsätzlich eine neue Regelung, denn es geht darum, dass Pflan­zenschutzmittel nicht nur bezüglich ihrer Zulassung geprüft werden, sondern Pflan­zenschutzmittel auch beim Inverkehrbringen im Handel kontrolliert werden. Ich frage mich auch, warum keine Anzeigen erstattet wurden, wenn durch die Kontrollorgane so viele Defizite festgestellt wurden. Diese Antwort ist uns Herr Bundesminister Pröll noch schuldig.

Entscheidend – und das hat die Kommission festgestellt – ist aber, wie die Anwen­dungs­kontrolle erfolgt. Hauptkritikpunkt der Kommission war, dass in Österreich die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf Feldern noch nie kontrolliert wurde, um festzustellen, ob die Pflanzenschutzmittel auch tatsächlich entsprechend der Zulas­sung angewendet wurden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dasselbe Problem hatten wir bei den Futter­mitteln. Bundesminister Haupt hat dann endlich einen Erlass an die Agrarlandesräte herausgegeben, damit derartige Kontrollen erfolgen können.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, laden wir Sie ein, mit uns darüber zu diskutieren, damit wir für die Konsumentinnen und Konsumenten in Öster­reich zu mehr Transparenz und zu mehr Lebensmittelsicherheit kommen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Wittauer 5 Minu­ten. – Bitte.

 



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20.30

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Abgeord­neter Maier, es ist schon so: Gerade Österreich hat im Lebensmittelbereich die höchs­ten Sicherheitsstandards, und mich wundert daher, dass da einfach so salopp be­hauptet wird, dass wir in diesem Bereich säumig seien. Die Lebensmittelagentur garantiert auch dafür, dass Sicherheit weiterhin gegeben ist.

Wenn ich gerade jetzt wieder die Methodik sehe, dass man alles in einem etwas eigenartigen Licht darzustellen versucht, muss ich Ihnen eines sagen: Ihr Engagement, Herr Abgeordneter Pirklhuber, in allen Ehren, aber bei uns geht der Trend gerade beim Pestizideinsatz deutlich nach unten. Kein Bauer, kein Landwirt wird hergehen und Pestizide, die sehr teuer sind, nur aus Jux und Tollerei einsetzen. Nein, er wird sie sparsam einsetzen. Die Pestizide sind besser geworden, auch im europäischen Bereich.

Da gerade die Europapartei, die Sozialdemokraten, und die Grünen immer Europa, Europa, Europa sagen und die Vielschichtigkeit hervorheben, sollten sie auch hier einsehen, dass die Harmonisierung ein wichtiger Schritt ist, dass auch auf euro­päischer Ebene die Risikoüberprüfung stattzufinden hat und nicht nur auf öster­reichischer Ebene.

Wenn man sich das in Europa anschaut: Da gibt es einen Mann, der gut gearbeitet hat, das ist unser Spitzenkandidat, Herr Abgeordneter Kronberger. Der hat es nämlich, gerade als es Handlungsbedarf in Brüssel gegeben hat, geschafft, Abänderungs­an­träge durchzusetzen, die auf eine Verschärfung des Kommissionsvorschlages abge­zielt haben. Ziel war es und muss es sein – und das wurde auch umgesetzt –, Pestizid­rückstände und die damit verbundene Gesundheitsgefährdung auf ein absolutes Minimum zu beschränken.

Das heißt, gerade einem, der bezüglich Umwelt einen guten Namen hat, der immer gut gearbeitet hat, nämlich Kronberger, kann man das nicht vorwerfen. Der sieht das und hat auch dort gearbeitet. Ich habe nichts von euch gesehen und auch nichts von den Grünen gesehen. Diese Arbeit wurde von euch nicht gerade besonders unterstützt.

Es gibt auch Vorstöße im Landwirtschaftsrat, die alle in eine Richtung zielen: in Rich­tung Harmonisierung der Zulassung und Harmonisierung der Höchstwerte. Es ist Ihnen auch klar, dass diese Bundesregierung, dass Landwirtschaftsminister Pröll und auch wir immer darauf geachtet haben, dass diese Dinge eingehalten werden, dass es Verbesserungen gibt und dass natürlich der Pestizideinsatz bei unseren Bauern reduziert wird. Wir machen alles, dass es weiterhin so sein wird. Und um die Lebens­mittelsicherheit brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Dafür wird diese Regierung schon sorgen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr erfolgt eine tatsächliche Berichtigung durch Herrn Abgeordneten Schultes. – Herr Kollege, Sie kennen die Geschäftsordnung.

 


20.32

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Kollege Maier hat behauptet, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft nicht geprüft oder kontrolliert werde.

Ich stelle richtig: Mein Betrieb wurde geprüft wie viele Zigtausende andere auch, weil wir im Rahmen der Reduktionsprogramme des Österreichischen Umweltprogramms viele Verpflichtungen auf uns genommen haben, die in der Anwendung am Acker von der AMA durch Pflanzenproben kontrolliert werden.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 169

Wenn Sie es schon nicht wissen, Herr Abgeordneter Maier, dann fragen Sie we­nigstens nach! (Beifall bei der ÖVP.)

20.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer 5 Minuten zu uns. – Bitte.

 


20.33

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Nur noch eine kurze Bemerkung zu den vorhergehenden Ausführungen zum Thema Pflanzenschutz.

Das Ministerium konnte keine Auskunft darüber geben, welche dieser niederländischen Pestizide zur Behandlung von Äpfeln beziehungsweise – Birnen hätte ich bald gesagt – Paprika zugelassen sind. Hier weiß der Minister nicht, geht es um Äpfel oder Birnen. (Abg. Hornek: Das ist aber polemisch!) Nein, das ist nicht polemisch! Herr Minister Pröll – bitte lesen Sie nach – verweist auf eine Internetadresse der niederländischen Behörden, wo sämtliche zugelassene Produkte aufgelistet seien. Eine gezielte Abfrage nach Kulturen sei dort aber nicht möglich, sagte der Herr Minister. – Das ist nicht polemisch, das ist tragisch! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Hier geht es auch nicht um ein Kontrollieren von Bauern und Bäuerinnen, um diese zu quälen, sondern es geht um Nahrungsmittelsicherheit. Das wissen Sie alle. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die kontrollieren nicht die Bauern, die kontrollieren die Betriebe, Frau Kollegin!) Pestizidkontrolle, Abbau von Pestizideinsatz ist eigentlich das Gebot der Stunde. Die Überprüfung ist nicht möglich – das hat auch schon der Kollege von der SPÖ gesagt –, und wenn Sie sagen, Ihr Kollege Hans Kronberger wird das schon richten: Hans Kronberger ist ein einsamer Rufer in der Wüste der FPÖ, was die Pesti­zidkontrolle betrifft. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was?) Ein einsamer Rufer, Herr Kollege Scheuch. (Abg. Scheibner: Wer?)

Bei diesen rund 800 Pestiziden, die ohne Ansehen genehmigt worden sind, handelt es sich wirklich um einen sowohl umweltpolitischen als auch landwirtschaftspolitischen Skandal.

Ich muss Ihnen zum Abschluss sagen, dass mich bei unserer Fahrt auf der Donau mit der polnischen Botschafterin am meisten erschüttert hat, dass sie über die Vorurteile, die in Österreich über die polnische Landwirtschaft herrschen, berichtet hat sowie darüber, dass sie dauernd gefragt wird, wo denn die Pferde sind, die immer in der Zeitung abgebildet sind. Sie hat gesagt, das ist immer dasselbe Pferd, und auch den Bauern kennt sie schon an seiner Weste. (Abg. Scheibner: Aber dass es 35 Prozent Bauern gibt, stimmt schon!)

Bei den polnischen Bauern herrscht eine ganz andere Angst. Dort herrscht nämlich die Angst, jetzt Pestizide verwenden zu müssen (Abg. Lentsch: Das ist notwendig!) und Nahrungsmittel einführen zu müssen, die mit Pestiziden behandelt wurden.

Und das ist eigentlich wirklich eine Schande, dass wir, die wir behaupten, umwelt­politisch auf dem letzten Stand zu sein, hier wieder in die umweltpolitische und agrar­politische Steinzeit zurückwandern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: Waren Sie schon in Polen?) Ja, mehrmals sogar.

20.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Ich weise den Antrag 375/A dem Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft zu.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
58. Sitzung / Seite 170

8. Punkt

Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europa­rates

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tagesordnung: Wahl eines Ersatzmitgliedes in die Parlamentarische Versammlung des Europarates.

Da nur ein Wahlvorschlag, lautend auf Mag. Eduard Mainoni, vorliegt, werde ich im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäftsordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen abstimmen lassen.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Ich bitte daher jene Damen und Herren, die für die Annahme des von mir bekannt gegebenen Wahlvorschlages, lautend auf Mag. Eduard Mainoni, eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 376/A bis 386/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1688/J bis 1710/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 6. Mai 2004, um 9 Uhr, ein.

Die Tagesordnung wird im Wege der Klubs zugestellt. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.38 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien