Stenographisches Protokoll

61. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 26. Mai 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

61. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                        Mittwoch, 26. Mai 2004

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 26. Mai 2004: 9.00 – 23.05 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenz­ge­setz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitszeitgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Ar­beitsmarktförderungsgesetz geändert werden

2. Punkt: Bericht über den Antrag 347/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freistellung für Väter anlässlich der Geburt eines Kindes (Vaterschutzmonat)

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisations­gesetz geändert wird, und Bericht über den

Antrag 78/A (E) der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen be­treffend die dringende Notwendigkeit des Ausbaus des Hochspannungsnetzes in Österreich

4. Punkt: Bericht über den Antrag 374/A (E) der Abgeordneten Johannes Schweisgut, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend langfristige Koordination der Semesterferien

5. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2001 und 2002

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleich­behandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) geändert werden

8. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem ein Bundesverfassungsgesetz über die Weisungsfreiheit der Organe der Gleich­behandlungsanwaltschaft sowie ein Bundesverfassungsgesetz über die Weisungs­freiheit von Rechtsschutzbeauftragten geschaffen wird


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bericht über den Antrag 27/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Beschluss eines österreichischen Antidis­kriminierungsgesetzes

10. Punkt: Bericht über den Antrag 146/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz

11. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissen­schaft und Technik

12. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrergesetz 1966 geändert werden

13. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Antrag 284/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpen­sionie­rungen

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderung .................................................................................................................. 20

Ordnungsruf ................................................................................................................... 20

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 25/A (E) der Abgeord­neten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Devisentransaktionssteuer („Tobin-Tax“) gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 15. Juni 2004 zu setzen .............................................................. 38

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 38

Redner:

Mag. Ulrike Lunacek ................................................................................................... 177

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 179

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 180

Josef Bucher ............................................................................................................... 182

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 183

Ablehnung des Fristsetzungsantrages .......................................................................... 184

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 507 und 508 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung .......................................................................... 38

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 40


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 3

Aktuelle Stunde (15.)

Thema: „Neoliberalismus oder soziales Europa?“ ................................................. 20

Redner:

Karl Öllinger .................................................................................................................. 20

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ..............................................................  23, 33

Fritz Neugebauer .......................................................................................................... 25

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 26

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 28

Dr. Evelin Lichtenberger ............................................................................................. 29

Barbara Riener ............................................................................................................. 31

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 32

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 34

Michaela Sburny ........................................................................................................... 36

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 20

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 39

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Schweigen und Untätigkeit zu den Ausbauplänen der slowakischen Regierung bezüglich Mochovce, der Lebenszeitverlängerung von Bohunice V1 sowie dem Europäischen Atomausstieg (397/A) (E)                132

Begründung: Dr. Eva Glawischnig ............................................................................. 135

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 140

Debatte:

Dr. Evelin Lichtenberger ........................................................................................... 143

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 146

Dr. Josef Cap .....................................................................................................  148, 175

Mag. Wilhelm Molterer (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 151

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 151

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 156

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 158

Mag. Ulrike Sima ......................................................................................................... 160

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 162

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 163

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................ 164

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 166

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 168

Maximilian Walch ........................................................................................................ 169

Erwin Hornek .............................................................................................................. 170

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ................................................................... 171

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................... 172

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................... 174

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend das Instrument einer EU-weiten Volksabstimmung und die Ab­haltung einer solchen Volksabstimmung über einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie – Ablehnung ................................  150, 176


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 4

Entschließungsantrag der Abgeordneten Klaus Wittauer, Karlheinz Kopf, Kol­leginnen und Kollegen betreffend die Bekräftigung der bisherigen öster­reichi­schen Anti-Atompolitik – Annahme (E 51)               154, 176

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 397/A (E) .............................. 176

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (399 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitszeitgesetz, das Ange­stelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Ab­fertigungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (483 d.B.) ................................... 40

2. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 347/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freistellung für Väter anlässlich der Geburt eines Kindes (Vaterschutzmonat) (484 d.B.) ....................................................................................... 41

Redner:

Sabine Mandak ......................................................................................................  41, 89

Ridi Steibl ...................................................................................................................... 44

Karl Öllinger .................................................................................................................. 46

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 49

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................... 51

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 53

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ..................................................................... 55

Astrid Stadler ................................................................................................................ 57

Michaela Sburny (tatsächliche Berichtigung) ............................................................... 58

Gabriele Binder ............................................................................................................ 59

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 60

Staatssekretärin Ursula Haubner ............................................................................... 61

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................... 63

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 64

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 66

Anna Höllerer ................................................................................................................ 67

Franz Riepl .................................................................................................................... 69

Maximilian Walch .......................................................................................................... 70

Edeltraud Lentsch ........................................................................................................ 71

Ulrike Königsberger-Ludwig ...................................................................................... 72

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 84

Rosemarie Schönpass ................................................................................................. 85

August Wöginger ......................................................................................................... 86

Mag. Melitta Trunk ........................................................................................................ 87

Notburga Schiefermair ................................................................................................ 88

Christine Marek ............................................................................................................ 91

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 92

Mag. Barbara Prammer (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 93

Annahme des Gesetzentwurfes in 483 d.B. ................................................................... 94

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 484 d.B. ........................................................ 97


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 5

3. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (415 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organi­sationsgesetz geändert wird, und über den

Antrag 78/A (E) der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die dringende Notwendigkeit des Ausbaus des Hochspan­nungs­netzes in Österreich (507 d.B.) ........ 97

Redner:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 97

Karlheinz Kopf ............................................................................................................ 102

Josef Broukal .............................................................................................................. 104

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .................................................................................. 105

Georg Oberhaidinger ................................................................................................. 107

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 108

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ................................................................... 110

Anita Fleckl ................................................................................................................. 113

Franz Glaser ............................................................................................................... 115

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................ 116

Mares Rossmann ........................................................................................................ 117

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 119

Karl Öllinger ................................................................................................................ 120

Josef Broukal (tatsächliche Berichtigung) .................................................................. 122

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 122

Konrad Steindl ............................................................................................................ 123

Johannes Zweytick .................................................................................................... 124

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung               100, 126

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 507 d.B. beigedruckten Ent­schließung (Anlage 1) betreffend Maßnahmen zur Beurteilung der rechtlichen und organisatorischen Entflechtung von Verteilernetzbetreibern (E 49) ...................................................................................... 126

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 507 d.B. beigedruckten Ent­schließung (Anlage 2) betreffend die dringende Notwendigkeit des Ausbaus des Hochspannungsnetzes in Österreich (E 50) ............................................................................................................................. 126

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 126

4. Punkt: Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 374/A (E) der Abgeordneten Johannes Schweisgut, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend langfristige Koordination der Semesterferien (508 d.B.) ............................................................................................ 127

Redner:

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................... 127

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 128

Mares Rossmann ........................................................................................................ 129

Dieter Brosz ................................................................................................................ 131

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 184

Peter Marizzi ............................................................................................................... 185

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann .................................................................................. 186

Sabine Mandak ........................................................................................................... 187

Johann Ledolter ......................................................................................................... 188

Erika Scharer .............................................................................................................. 189

Herta Mikesch ............................................................................................................. 190


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 6

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 508 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend langfristige Koordination der Semesterferien (E 52) .................................................... 191

5. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-67 d.B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durch­schnittlichen Einkommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2001 und 2002 (460 d.B.) ................................................................................. 191

Redner:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 191

Hermann Gahr ............................................................................................................ 193

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 194

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 197

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 198

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 199

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 200

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 201

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 202

Mag. Ruth Becher ....................................................................................................... 203

Christian Faul ............................................................................................................. 204

Rosemarie Schönpass ............................................................................................... 205

Kenntnisnahme des Berichtes III-67 d.B. ..................................................................... 206

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungs­vorlage (285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungs­gesetz geändert wird (498 d.B.) .................. 206

7. Punkt: Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungs­vorlage (307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleich­behandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehand­lungsgesetz) geändert werden (499 d.B.) .......................................................................................... 206

8. Punkt: Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem ein Bundesverfas­sungs­gesetz über die Weisungsfreiheit der Organe der Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie ein Bundesverfassungsgesetz über die Weisungsfreiheit von Rechts­schutzbeauftragten geschaffen wird (500 d.B.) ............................................... 207

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 27/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Beschluss eines österreichischen Antidiskriminierungsgesetzes (501 d.B.) ...................................................................... 207

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 146/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz (502 d.B.)   ............................................................................................................................. 207

Redner:

Mag. Barbara Prammer .............................................................................................. 207

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 209

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 211

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 213

Bundesminister Dr. Martin Bartenstein ................................................................... 215


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 7

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 217

Matthias Ellmauer ....................................................................................................... 221

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 222

Maximilian Walch ........................................................................................................ 224

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ..................................................................... 225

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 227

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 232

Mag. Ulrike Lunacek ................................................................................................... 233

Anna Höllerer .............................................................................................................. 236

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 236

Gabriele Binder .......................................................................................................... 237

Barbara Riener ........................................................................................................... 238

Hermann Krist ............................................................................................................ 239

Anna Franz .............................................................................................................. ... 240

Mag. Elisabeth Grossmann ....................................................................................... 241

Maria Grander ............................................................................................................. 242

Anita Fleckl ................................................................................................................. 242

Christine Marek .......................................................................................................... 243

Heidrun Walther ......................................................................................................... 244

Michaela Sburny (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 244

Norbert Sieber ............................................................................................................ 244

Walter Schopf ............................................................................................................. 245

Ridi Steibl .................................................................................................................... 246

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 246

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufforderung an die Bundesregierung, dem Nationalrat ein echtes Antidiskriminierungsgesetz zuzuleiten – Ablehnung ............................................................................................................  220, 250

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 498 und 499 d.B. ......................................... 247

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung in 500 d.B.                          250

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 501 und 502 d.B. ............................... 250

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (371 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik (481 d.B.) ............. 251

Redner:

Johann Kurzbauer ..................................................................................................... 251

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 252

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 253

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 253

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 254

Mag. Dr. Alfred Brader ............................................................................................... 255

Heidrun Walther ......................................................................................................... 256

Carina Felzmann ........................................................................................................ 256

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 257

Dipl.-Ing. Günther Hütl .............................................................................................. 257

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 258

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 258

Genehmigung des Staatsvertrages .............................................................................. 259


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 8

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (390 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrergesetz 1966 geändert werden (485 d.B.) ...................................................................................................................... 259

13. Punkt: Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (486 d.B.) .................................................. 259

14. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 284/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaß­nahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen (487 d.B.)                   259

Redner:

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 259

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 260

Christian Faul ............................................................................................................. 261

Mares Rossmann ........................................................................................................ 262

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 263

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 264

Heidrun Walther ......................................................................................................... 264

Dieter Brosz ................................................................................................................ 265

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 268

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 271

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 272

Michaela Sburny ......................................................................................................... 273

Franz Riepl .................................................................................................................. 274

Nikolaus Prinz ............................................................................................................ 274

Mag. Dr. Alfred Brader ............................................................................................... 275

Carina Felzmann ........................................................................................................ 275

Anna Franz .................................................................................................................. 276

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 276

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 277

Dr. Caspar Einem (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 279

Beate Schasching ...................................................................................................... 279

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung von Ver­haltensvereinbarungen – Annahme (E 53)    267, 281

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Erhalt der Kleinschulen im ländlichen Raum – Ablehnung ..................................................  268, 281

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Dienstnehmerschutz im Lehrerbereich – Ableh­nung ..........................................  270, 280

Annahme des Gesetzentwurfes in 485 d.B. ................................................................. 280

keine Beschlussfassung im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung in 486 d.B.                          280

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 487 d.B. ...................................................... 281


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 9

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 39

Petition betreffend „Für die Senkung der UVP-Schwellenwerte und die Erweite­rung der Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren von Windkraftprojekten“ (Ordnungsnummer 28) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)

Petition betreffend „Zur Unterstützung der Mobilfunkpetition vom 7. Mai 2003 der WHO und der Europäischen Kommission“ (Ordnungsnummer 29) (überreicht vom Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner)

Petition betreffend „Gegen ungerechte Benachteiligung der steirischen Kürbis­bäuerinnen und Kürbisbauern durch die geplante nationale Umsetzung der GAP-Reform“, (Ordnungsnummer 30) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Petition betreffend „Unterstützung für die gemeinsamen Probleme in der Europa-Region-Tirol“ (Ordnungsnummer 31) (überreicht vom Präsidenten des Na­tionalrates Dr. Andreas Khol sowie von den Abgeordneten Helga Machne, Dr. Michael Spindelegger, Mag. Dr. Alfred Brader, Mag. Karin Hakl, Klaus Wittauer, Johann Ledolter, Hermann Krist und Gerhard Reheis)

Bürgerinitiativen ........................................................................................................... 39

Bürgerinitiative betreffend „Aus für die dreckige Kohle“ (Ordnungsnummer 15)

Bürgerinitiative betreffend „Das Bundes-Tierschutzgesetz und die Zukunft unseres ländlichen Raums“ (Ordnungsnummer 16)

Regierungsvorlagen .................................................................................................... 39

477: Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Euro­päische Union über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollver­waltungen samt Erklärungen

478: Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz geändert wird

479: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

480: Bundeshaftungsrechtsbereinigungsgesetz

494: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkom­men und vom Vermögen samt Protokoll

503: Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen

Bericht ........................................................................................................................... 40

III-77: Wahrnehmungsbericht über Teilgebiete der Gebarung des Bundes; Rech­nungshof


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 10

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schweigen und Untätigkeit zu den Ausbauplänen der slowakischen Regierung bezüglich Mochovce, der Lebens­zeitverlängerung von Bohunice V1 sowie dem Europäischen Atomausstieg (397/A) (E)

Dr. Kurt Grünewald, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Mil­lionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten und den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) (398/A) (E)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung der Mitfahr­möglichkeit in Schulbussen für Nichtschüler (399/A) (E)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung rechtsverbindlicher Grenzwerte für die Griffigkeit von Fahrbahnen sowie ein Schwerpunktprogramm für die Beseitigung von Unfallhäufigkeitsschwerpunkten (400/A) (E)

Dr. Andrea Wolfmayr, Mag. Christine Muttonen, Mag. Eduard Mainoni, Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern geändert wird (401/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Einstufung nach dem BundespflegeG – Ärztliche SV – ein Widerspruch zum GuKG?“ (1734/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sundheit und Frauen betreffend „Einstufung nach dem BundespflegeG – Ärztliche SV – ein Widerspruch zum GuKG?“ (1735/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „EG-Richtlinie zur Prozesskostenhilfe bei grenzüberschreitenden Streitig­keiten“ (1736/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1737/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1738/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1739/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1740/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1741/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1742/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1743/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 11

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1744/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Schaltung von Anzei­gen in der rechtsextremen „Aula“ (1745/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechts­extremen „Aula“ (1746/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Schaltung von Anzeigen in der rechtsextremen „Aula“ (1747/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Helmpflicht für Kinder beim Skifahren und Snowboarden (1748/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Helmpflicht für Kinder beim Skifahren und Snowboarden (1749/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend EU-Kontrollbericht bezüglich der Kontrolle des Inverkehr­bringens und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (1750/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend EU-Kontroll­bericht bezüglich der Kontrolle des Inverkehrbringens und der Anwendung von Pflan­zenschutzmitteln (1751/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Reise von VK Gorbach, LH Haider und anderen FP-Politikern in den Iran (1752/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Reise von VK Gorbach, LH Haider und anderen FP-Politikern in den Iran (1753/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Pflanzenschutzmittel – Inspektionsbesuch 1. bis 5. Dezem­ber 2003 (SANCO)“ (1754/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Pflanzenschutzmittel – Inspektionsbesuch 1. bis 5. Dezember 2003 (SANCO)“ (1755/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Verdacht auf Tierquälerei in Schweinemastbetrieben o.ä.“ (1756/J)

Mag. Hans Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das Agrarbudget und die Finanzierung der Agrarmarkt Austria (AMA) (1757/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Funktion des österreichischen Mautsystems (1758/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 12

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Saliera – ein Jahr danach (1759/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Einstufung nach dem BundespflegeG – Ärztliche SV – ein Widerspruch zum GuKG?“ (1760/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „Anzeigen bzw. Strafverfahren nach § 222 StGB“ (1761/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1762/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhr­park (1763/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1764/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1765/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1766/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1767/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1768/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1769/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1770/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Verwendung lärm­armer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1771/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im minis­terialen Fuhrpark (1772/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend die Verwendung lärmarmer Reifen im ministerialen Fuhrpark (1773/J)

Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend die noch ausstehende Veröffentlichung der Schul­statistik 2002/03 (1774/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 13

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Säuglingsnahrung – Rückstände – Kontrollen – Risiko­bewertung in Österreich?“ (1775/J)

Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Anspruch und Wirklichkeit“ der ÖVP/FPÖ Gesundheitspolitik (1776/J)

Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aufgaben der AMA-Marke­ting GmbH (1777/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beitritt Österreichs zum „European Centre for Global Interdependence and Solidarity“ (North-South-Centre, Nord-Süd-Zentrum des Europarats) (1778/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Beratungs- und Betreuungseinrichtung für KünstlerIn­nen des AMS Wien (Team 4 – Künstlerservice, Projekt BBE für KünstlerInnen) (1779/J)

Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Gesundheit der Frauen im ländlichen Raum (1780/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Teilnahme von österreichischen Staats­bürgern als Söldner im Irakkrieg (1781/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Teilnahme von österreichischen Staatsbürgern als Söldner im Irakkrieg (1782/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend von Österreich umzusetzende EU-Richtlinien und sonstige EU-Rechtsakte II (1783/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Lebensmittel-Direktvermarktung – Kontrollen der bäuer­lichen Direktvermarktung im Jahr 2003“ (1784/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Punzierungsgesetz 2000 – Daten und Erfahrungen 2003“ (1785/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Abfrageberechtigungen nach dem Meldegesetz III“ (1786/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1787/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1788/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1789/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1790/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 14

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Ge­sund­heit und Frauen betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1791/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1792/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1793/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Lan­desverteidigung betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1794/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1795/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1796/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1797/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „dienstliches“ Betanken von Kraftfahrzeugen (1798/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend zunehmenden LKW-Ausweich-Verkehr im bur­genländischen Straßennetz (1799/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Ingenieurtitel für Absolventinnen und Absolventen des Aufbaulehrganges Glastechnik in Kramsach (1800/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kasernen-Nutzung im Bundesland Tirol (1801/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend CHE-Hochschulranking österreichischer Universitäten und Fachhochschulen (1802/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die nach wie vor offene Ausschreibung hinsichtlich des Betriebs von zwölf Nebenbahnen (1803/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Rückrufservice für mobile Geheimnummern (1804/J)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend den nicht nachvollziehbaren Ausbau von Lärm­schutz­wänden entlang von Autobahnen und Schnellstraßen (1805/J)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Ethik-Unterricht (1806/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend kostenlose Schutzimpfungen gegen Hepatitis-B für Feuerwehrleute


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 15

bzw. Gleichstellung der Feuerwehrleute mit dem Sanitätspersonal und Notfall-Medizinern der Einsatzorganisationen (1807/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend kostenlose Schutz­imp­fun­gen gegen Hepatitis-B für Feuerwehrleute bzw. Gleichstellung der Feuer­wehrleute mit dem Sanitätspersonal und Notfall-Medizinern der Einsatzorganisationen (1808/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend drohenden Verlust der Telefongrundgebüh­renbefreiung für PflegegeldbezieherInnen (1809/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend drohenden Verlust der Telefongrundgebührenbefreiung für PflegegeldbezieherInnen (1810/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend drohenden Verlust der Telefongrundgebührenbefreiung für Pflegegeld­bezie­herInnen (1811/J)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend die Schließung von Kasernen (1812/J)

*****

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Parkplätze rund ums Parlament (21/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (1548/AB zu 1577/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (1549/AB zu 1581/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1550/AB zu 1624/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1551/AB zu 1557/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1552/AB zu 1571/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (1553/AB zu 1586/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Freund, Kolleginnen und Kollegen (1554/AB zu 1595/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1555/AB zu 1613/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (1556/AB zu 1627/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen (1557/AB zu 1631/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (1558/AB zu 1568/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (1559/AB zu 1556/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1560/AB zu 1558/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hans Moser, Kolleginnen und Kollegen (1561/AB zu 1564/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (1562/AB zu 1560/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (1563/AB zu 1563/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (1564/AB zu 1562/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (1565/AB zu 1561/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1566/AB zu 1569/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1567/AB zu 1608/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1568/AB zu 1607/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1569/AB zu 1574/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (1570/AB zu 1567/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hans Moser, Kolleginnen und Kollegen (1571/AB zu 1575/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (1572/AB zu 1570/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Hans Moser, Kolleginnen und Kollegen (1573/AB zu 1576/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (1574/AB  zu 1573/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1575/AB zu 1618/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 17

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1576/AB zu 1609/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (1577/AB zu 1596/J)

des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1578/AB zu 1612/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1579/AB zu 1578/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (1580/AB zu 1584/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen (1581/AB zu 1597/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen (1582/AB zu 1598/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger, Kolleginnen und Kollegen (1583/AB zu 1619/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1584/AB zu 1622/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen (1585/AB zu 1585/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolle­ginnen und Kollegen (1586/AB zu 1588/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolle­ginnen und Kollegen (1587/AB zu 1602/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolle­ginnen und Kollegen (1588/AB zu 1603/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1589/AB zu 1620/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen (1590/AB zu 1623/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen (1591/AB zu 1580/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (1592/AB zu 1633/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (1593/AB zu 1592/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 18

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1594/AB zu 1610/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1595/AB zu 1604/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1596/AB zu 1583/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1597/AB zu 1591/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Kolleginnen und Kollegen (1598/AB zu 1593/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1599/AB zu 1589/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1600/AB zu 1582/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (1601/AB zu 1587/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen (1602/AB zu 1600/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1603/AB zu 1621/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1604/AB zu 1606/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1605/AB zu 1617/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (1606/AB zu 1626/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (1607/AB zu 1634/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (1608/AB zu 1636/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (1609/AB zu 1614/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Erwin Spindelber­ger, Kolleginnen und Kollegen (1610/AB zu 1615/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (1611/AB zu 1616/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (1612/AB zu 1625/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 19

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (1613/AB zu 1632/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen (1614/AB zu 1635/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen (1559/AB zu 1556/J) (Zu 1559/AB zu 1556/J)

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 20

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweiter Präsident Dr. Heinz Fischer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen und eröffne die 61. Sitzung des Nationalrates.

Die Amtlichen Protokolle der 58. Sitzung vom 5. Mai 2004 sowie der 59. und der 60. Sitzung vom 6. Mai 2004 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbe­anstandet geblieben.

Nach Einsicht in das Stenographische Protokoll, die von mir am Ende der letzten Sitzung im Sinne der Geschäftsordnung verlangt wurde, erteile ich Herrn Abgeord­netem Mag. Werner Kogler gemäß § 103 Abs. 2 der Geschäftsordnung für die Aus­drücke „Lüge“ und „glatte Lüge“, an die Adresse des Herrn Bundeskanzlers gerichtet, einen Ordnungsruf.

*****

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung ist Frau Abgeordnete Csörgits.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Das Bundeskanzleramt hat für den heutigen Sitzungstag über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung die Mitteilung gemacht, dass Frau Außenministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner durch den Herrn Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit vertreten wird.

Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Aktuellen Stunde, und ich bitte Kolle­gen Dr. Khol, den Vorsitz zu übernehmen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol (den Vorsitz übernehmend): Ich danke Herrn Präsiden­ten Fischer und übernehme den Vorsitz.

Wir gelangen in der Tat zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Neoliberalismus oder soziales Europa?“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Öllinger. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


9.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! 1994 war ich einer von den vielen Grünen, die damals gegen den Beitritt zur Europäischen Union gestimmt haben. Ich habe damals, wie viele andere auch, deswegen dagegen gestimmt, weil ich als Grüner der Meinung war, dass die damalige Bundesregierung – das war noch eine andere Bundesregierung –


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 21

schlecht verhandelt hat. Und das hat sich als richtig herausgestellt, wenn wir nur an den Transitvertrag denken.

Ich war aber auch, wie viele andere damals auch, deswegen dagegen, weil ich der Meinung war, Europa kann und darf nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft bestehen. Wir wollten damit ein klares und deutliches Zeichen setzen, dass Europa mehr ist und mehr sein muss als nur eine wirtschaftliche Gemeinschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben dann die Erfahrung gemacht, dass der Beitritt zur Europäischen Union, den eine Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher begrüßt hat, für Österreich auch viele positive Veränderungen gebracht hat. Ja, so ist es. Wir mussten allerdings auch die Erfahrung machen, dass schon bei der Debatte um den Stabilitätspakt, der als Vorbereitung auf die Europäische Union gedacht war, alle Überlegungen, aus Europa mehr als eine Wirtschafts- und Fiskalgemeinschaft zu machen, wieder vom Tisch waren.

Wir mussten – und da stehen wir jetzt – im Jahr 2004 – wir haben uns sehr darauf gefreut, neue Mitglieder in dieser Europäischen Gemeinschaft begrüßen zu dürfen – feststellen, dass diese Erweiterung der Europäischen Union von Seiten Europas, von Seiten der EU, aber auch von Seiten Österreichs schlecht vorbereitet war und ist, weil es keine umfassende Hilfe für die Erweiterungsländer gegeben hat, weil sich niemand in der Europäischen Union und auch nicht innerhalb dieser Bundesregierung Sorgen darüber gemacht hat, wie wir ohne einen „Marshall-Plan“ für diese Erweiterungsländer zusammenwachsen können. Die Bereitschaft Europas und auch Österreichs, den Erweiterungsländern wirtschaftlich, sozial und politisch zu helfen und aus Europa eine soziale Union zu machen, gibt es nach wie vor nur in einem unzureichenden Ausmaß.

Der Stabilitätspakt – denken Sie nur ein bisschen zurück! – ist ein wichtiges Instrument dieser Europäischen Union. Was charakterisiert diesen Stabilitätspakt? – Es gibt harte, verbindliche Verträge, da kommt man nicht beziehungsweise nur schwer aus, und Sanktionen, messbare Erfolge oder Misserfolge. (Unruhe im Saal.)

Wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätten uns gewünscht, dass das, was für den Stabilitätspakt gilt, auch für das soziale Europa im gleichen Maße gilt. Wo sind die harten und verbindlichen Kriterien und Sanktionen, wenn es etwa darum gehen sollte, in Europa Vollbeschäftigung zu schaffen? Wo sind sie, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Nichts ist davon sichtbar! Im Bereich Sozial- und Beschäftigungspolitik in Europa gibt es nichts außer unverbindlicher Worte, mit denen in Sonntagsreden immer wieder die Sozialunion in den Mittelpunkt gestellt wird, aber unter der Woche wird hart am Stabilitätspakt gearbeitet und damit das soziale Europa vergessen. (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, den allge­mei­nen Geräuschpegel niedriger zu halten! Die erste Wiedersehensfreude ist, glaube ich, ausgedrückt – und jetzt bitte ich, dem Redner mehr Aufmerksamkeit zu schenken!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): 56 Millionen Menschen in Europa sind armutsgefährdet. 20 Millionen sind arbeitslos. Natürlich ist diese Zahl auf Grund der Erweiterung gestiegen; wir hatten einmal 10 Millionen Arbeitslose, und das waren auch schon 10 Millionen zu viel. Jetzt gibt es 20 Millionen Arbeitslose in Europa. (Bundes­minister Dr. Bartenstein: 18 Millionen!) – 18 Millionen, sagt der Herr Wirtschafts­minis­ter, aber auch 18 Millionen sind um 18 Millionen zu viel.

Wo, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die verbindlichen Maßnahmen? Wo bemüht sich der Herr Wirtschafts- und Arbeitsminister? Wo bemüht sich die Euro­päische Kommission? Wo bemüht sich der Europäische Rat darum – abgesehen von


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 22

Wortmeldungen –, dass ein möglichst hohes Beschäftigungsausmaß in Europa erzielt wird? Dies ist eine Formulierung, die Sie auch im Verfassungsvertrag für Europa festzuschreiben versuchen. Es geht darum, verbindliche Kriterien, verbindliche Politik und auch überprüfbare Ziele herzustellen, damit in Europa nach Möglichkeit Voll­beschäftigung erzielt wird. Nirgendwo ist zu erkennen, dass Sie dieses Ziel anstreben. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Statt dessen wird von Seiten der Kommission, aber auch von Ihrem Ministerium daran gearbeitet – daran ist meiner Meinung nach erkennbar, wo­rum es geht –, das Ausmaß von täglichen und wöchentlichen Arbeitszeiten zu verlän­gern, aufzumachen. Es wird offensichtlich für die Herren in der Kommission und für die Bundesregierung in diesem Land noch zu wenig lang gearbeitet. Das ist aber nicht unser Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren! So werden wir mit Sicherheit keine Vollbeschäftigung und kein Wachstum in diesem Europa erzielen!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nächster Punkt: Ich frage mich, was reitet und treibt diese Bundesregierung an, was treibt die Außenministerin an, anstatt Voll­beschäftigung im Verfassungsentwurf festzuschreiben, jetzt auf Preisstabilität zu setzen? Ist Preisstabilität im Konventsentwurf für eine Europäische Verfassung etwas, was wirklich eines der obersten Ziele unserer Politik darstellen soll? Geht es nicht eher darum, dass wir für alle Wohlstand sichern wollen? Geht es nicht darum, dass wir für alle Arbeit sichern sollen? Geht es nicht darum, dass wir für alle verbindliche soziale Standards, auch wenn sie in den einzelnen Ländern unterschiedlich sein mögen und auch nach wie vor sein werden, sichern wollen? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie Inflation?)

Wir wissen, Herr Abgeordneter Molterer, dass in diesem Europa über 11 Millionen Menschen Vollzeit arbeiten und trotzdem, obwohl sie Vollzeit arbeiten, zu wenig Geld erhalten, also zu den so genannten working poor gehören. Angesichts dessen braucht es doch Maßnahmen, und das sei auch an die Adresse der Sozialdemokraten und der Gewerkschaften gerichtet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie Vollbeschäftigung, wenn Sie Europa als Sozialunion haben wollen, dann frage ich mich: Warum sträuben Sie sich dagegen, dass es beispielsweise verbindliche Kollektivverträge, Mindestkollektiv­ver­tragslöhne quer durch Europa gibt? Wir wissen, dass diese nicht in jedem Land gleich hoch sein können, aber es wäre zumindest anzustreben, dass 60 Prozent des Durch­schnittslohns als verbindlicher Mindestlohn in jedem Land gewährt werden. Das würde den Menschen, aber vor allem den Frauen in den einzelnen Ländern helfen. Und das wäre ein Ansatzpunkt, um gerade dem untersten Niveau, also dort, wo sich die Menschen trotz Arbeit ihr Einkommen nicht sichern können, zu helfen. (Beifall bei den Grünen.)

Warum sträuben Sie sich dagegen? Warum gibt es bezüglich soziale Union so wenig Kreativität? Wie viel Kreativität verwenden Sie darauf, um Arbeitszeiten zu verlängern, Preisstabilität in den Vertrag zu schreiben, immer neue Konzepte zu ersinnen, quer durch Europa, wie man Unternehmenssteuern entlasten könnte, und wie wenig Kreati­vität wenden Sie dafür auf, dass im sozialen und im politischen Bereich Europas endlich etwas weitergeht, meine sehr geehrten Damen und Herren!?

Glauben Sie nicht, dass dieser Steuerwettbewerb, bei dem Österreich auch vorne ist, für Europa in der Perspektive schädlich ist? Glauben Sie wirklich, dass, wenn wir unsere Körperschaftsteuern so senken, dass wir mit der Slowakei konkurrieren können, wir etwas Gutes tun für Europa? Es muss Schluss sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem neoliberalen Kauderwelsch, das hier von dieser Bun­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 23

desregierung, aber auch in Europa gesprochen wird! Wir brauchen eine soziale Union! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Bartenstein. Herr Minister, Ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.12

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllin­ger, wenn ich Ihnen richtig zugehört habe – und ich habe mich bemüht –, dann haben Sie sich dagegen ausgesprochen, dass Inflationsbekämpfung und Preisstabilität weiter zu den führenden Prinzipien der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank gehören. (Abg. Öllinger: Vollbeschäftigung!) Das ist sehr bemerkenswert und eine völlig neue Position, die ich da heute höre, und gestatten Sie mir dazu den Kommentar „absurd“ – mehr fällt mir dazu nicht ein. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn ich Ihnen weiter richtig zugehört habe, dann haben Sie sich dafür ausge­sprochen, Vollbeschäftigung nicht nur als Zielvorstellung zu formulieren – das ist unser gemeinsames Ziel (Abg. Öllinger: Das ist nicht Ihres!), das ist das Ziel der Euro­päischen Union –, sondern auch die Nichterreichung von Vollbeschäftigung zu sank­tionieren.

Wenn es so einfach wäre, Vollbeschäftigung zu erreichen, Wachstum zu schaffen, dann wäre ich bei Ihnen, dann würden wir das Unterschreiten von Wachstumsraten und das Nichterreichen von Vollbeschäftigung sanktionieren. Aber so einfach ist das eben nicht, das geht nicht. Das kann man als Ziel formulieren, man kann dahin gehend arbeiten. Der Lissabon-Prozess ist darauf ausgelegt, aber so, wie Sie es wollen, geht es sicherlich nicht, sehr geehrter Herr Abgeordneter Öllinger! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Was tun Sie dafür?)

Europa hat einmal als Wirtschaftsgemeinschaft begonnen, das war die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft. Wir erinnern uns daran, das war eine gute Sache. Aber mittlerweile hat sich Europa Gott sei Dank zu einer Wertegemeinschaft, zu einer Solidargemeinschaft und letztlich auch zu einer Friedensgemeinschaft weiter entwickelt. Und wenn Sie mich fragen, welches Ziel im Vordergrund bei der Erweite­rung der Europäischen Union von 15 auf 25 gestanden ist, dann muss ich Ihnen sagen: Das Ziel der Friedensgemeinschaft war das Wichtigere im Vergleich zur Wirtschafts­gemeinschaft. Aber bleiben wir bei der Solidar- und Sozialgemeinschaft, dem Thema Ihrer Aktuellen Stunde, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Europas Wirtschaftsmodell ruht auf drei Säulen – Sie wissen das. Es sind dies Säulen, die wir in Österreich als besonders wichtig erachten, nämlich die Säulen Wirtschaft, Soziales und Umwelt. Sie können es auch zusammenfassen als das ökosoziale Modell der Marktwirtschaft, als das nachhaltige Marktwirtschaftsmodell; das ist das euro­päische, das ist das österreichische Modell. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht aber darum, dass das ein Dreieck im Gleichgewicht ist. Wenn diese drei Säulen nicht im Gleichgewicht miteinander stehen – nämlich Wirtschaft, Soziales und Umwelt –, dann gerät das Dreieck außer Gleichgewicht, und eines geht ohne die beiden anderen nicht. Ein soziales Europa ist nur denkbar, wenn in den Bereichen Umwelt und Wirtschaft die Dinge passen. Ein wirtschaftliches Europa ist nur denkbar, wenn wir in den Bereichen Soziales und Umwelt unser Haus in Ordnung halten. Und mit „unser Haus in Ordnung halten“ meine ich sowohl die Aufgaben in Brüssel als auch


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 24

die Hausaufgaben in Österreich. Wir sind stolz auf dieses Wirtschaftsmodell, weil es im Großen und Ganzen funktioniert, man muss nur immer wieder nachjustieren.

Wir sind stolz darauf, weil wir uns hier bewusst vom angelsächsischen, vom ameri­kanischen Modell und auch von den asiatischen Modellen unterscheiden, die von China bis Japan eine durchaus große Bandbreite ergeben.

Sozial ist, meine sehr verehrten Damen und Herren, in Wahrheit das, was Arbeit schafft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ein Arbeitsmarkt, der so wie in Europa zurzeit 18 Millionen Arbeitslose mit sich bringt, ist kein guter Arbeitsmarkt. Ich habe von Ihnen nicht erwartet, dass Sie es erwähnen, deswegen tue ich es: Österreich ist diesbezüglich im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern in einer ver­hältnismäßig guten Position. Sagen Sie es doch, wenn Sie vom sozialen Europa bei einer Aktuellen Stunde sprechen, dass laut Kommissionsbericht Österreich im Europa der 15 die niedrigste Arbeitslosigkeit aufweist! (Beifall bei der ÖVP.)

Sagen Sie doch, Herr Öllinger, wenn Sie einen gewissen Anspruch auf Objektivität erfüllen wollen, dass nicht wir, sondern Österreichs Wirtschaft, Österreichs Arbeitneh­mer, auch Österreichs Gewerkschaften dafür gesorgt haben, dass in den letzten vier schwierigen Jahren mit sehr niedrigem Wachstum trotzdem 80 000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden konnten! Das war kein leichtes Unterfangen, aber gemeinsam hat es dieses Land geschafft – mit seiner Wirtschaft, mit seinen Arbeitnehmern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sagen Sie auch den Österreichern, die an den Fernsehschirmen zusehen, dass die Erweiterung seit 1989 und bis 2010 laut Wirtschaftsforschungsinstitut insgesamt 100 000 zusätzliche Arbeitsplätze entweder gebracht hat oder bringen wird! Warum sagen Sie das denn nicht, Herr Öllinger? Diese Dinge wollen Sie nicht wissen, das passt nicht in Ihr Konzept.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht nicht darum, dass Sie sich, Herr Öllinger, als Anti-Europäer geoutet haben – Sie wollen diese Europäische Union nicht, Sie wollten sie 1994 nicht, Sie wollen sie in Wirklichkeit auch heute noch nicht, Vog­genhuber will sie, das ist das unterschiedliche Bewusstsein in Ihrer Fraktion –, sondern es geht in Wirklichkeit an diesem 13. Juni auch um die Entscheidung der Österreicher zwischen zwei Wirtschaftsmodellen in Europa: zwischen dem Wirtschaftsmodell der Linken – einem Wirtschaftsmodell, das auf Schuldenmachen abgestellt ist, einem Wirt­schaftsmodell, das primär auf Nachfragestimulierung ausgerichtet ist – und einem Wirtschaftsmodell, wie wir seitens der EVP und ÖVP es vertreten und das teilweise auf den Theorien von drei Österreichern beruht, nämlich von Schumpeter, Hayek und Mises, der österreichischen Schule der Nationalökonomie. Dieses Wirtschaftsmodell, das wir bevorzugen, geht angebotsseitig vor (Abg. Dr. Van der Bellen: 1920!) und stellt Forschung und Entwicklung, Bildung, eine gewisse Flexibilität der Arbeitsmärkte und die Deregulierung in den Vordergrund, während das Modell des neuen Schul­denmachens in Wirklichkeit nichts anderes bewirkt als kein Wachstum schaffen, die Arbeitslosigkeit erhöhen und Österreich und Europa budgetpolitische Probleme ver­schaffen.

Auch darum geht es an diesem 13. Juni. Das ist letztlich die Fragestellung: Womit schaffen wir in diesem Europa mehr Wachstum, das wir brauchen? – Schaffen wir es mit Ihrem linken Wirtschaftsmodell oder mit dem der ökosozialen Marktwirtschaft, das aus meiner Sicht deutlich besser ist und das primär angebotsseitig und nicht nach­frageseitig orientiert ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sozial ist, was Arbeit schafft. Sie haben unlängst in einem Ausschuss selbst gesagt: Ohne Wachstum werden wir keine Arbeitsplätze schaffen. Wir standen in den letzten Jahren bei etwa 1 Prozent, jetzt sind wir bei 1,5 bis 2 Prozent. (Abg. Parnigoni: Ihr Wachstum ist nur bei den Arbeitslosen!) Seien wir so ehrlich – das gilt auch für Sie,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 25

sehr geehrter Herr Abgeordneter – und sagen wir auch, dass wir mit den 1,5 bis 2 Prozent zwar besser liegen als im Vorjahr, dass aber die Amerikaner, die Asiaten ein deutlich höheres Wachstum haben und dass Europa in Sachen Wettbewerb einen Aufholprozess vor sich hat.

Wir setzen die richtigen Maßnahmen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade heute hat die Bundesregierung eine Neustrukturierung der Forschungsland­schaft für Österreich beschlossen, die dafür sorgt, dass die wichtigste Zukunfts­per­spektive Österreichs, nämlich Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung, weiter gestärkt wird. Wir sind damit unserem Ziel, die Forschungs- und Entwick­lungs­anteile in Richtung 2,5 Prozent und dann 3 Prozent der Gesamtwirtschafts­leis­tung auszubauen, deutlich näher gekommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

9.20

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir treten nunmehr in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Neugebauer. Die Redezeit für alle weiteren an der Debatte teilnehmenden Redner ist 5 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Ja­rolim.)

 


9.21

Abgeordneter Fritz Neugebauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine beiden Vorredner haben ihre Redebeiträge damit eröffnet, dass sie den Beginn dieses Europas als eine Wirtschaftsgemeinschaft dargestellt haben. Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass der tatsächliche Beginn die Überwindung eines historischen Gegensatzes jahrhundertelanger Kriegsgegner, Deutschland und Frankreich, war, nämlich mit der Gemeinschaft für Kohle und Stahl jene Rohstoffe zu kontrollieren, mit denen üblicherweise Kriegsgerät angeschafft worden ist. Das ist die eigentliche Legitimation für dieses Europa, dass es nämlich ein Friedensprojekt ist, dem sich alle anderen Attitüden unterzuordnen haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

„Neoliberalismus oder soziales Europa?“, das formulieren Sie als Gegensatz. Schwarz­weißmalerei ist in Zeiten von Wahlauseinandersetzungen durchaus zulässig, aber angesichts der Keule Neoliberalismus, mit der Sie heute arbeiten, hat sich die Schild­lauspolitik betreffend spanisches Joghurt im Jahre 1994 noch als herziger Vergleich ausgenommen. (Abg. Scheibner: Vorsicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Öllinger, die Gleichung „Europa ist neo­liberal = keine Sozialpolitik“ ist ganz einfach schlichtweg falsch. (Beifall bei der ÖVP.) Sie negieren das europäische Sozialmodell, an dem wir ständig arbeiten. (Abg. Dr. Niederwieser: So was von dumm!) Sie negieren die vorbereitenden Arbeiten in Lissabon. Sie negieren auch den Rat von Nizza. Es gibt noch viel zu arbeiten.

Dass Sie den Stabilitätspakt quasi verteufeln und damit eigentlich einer Teuerung das Wort reden, diesbezüglich darf ich als Arbeitnehmervertreter schon sagen, die Arbeit­nehmer trifft es nämlich zuerst, wenn man nicht weiterhin einen Konsolidierungs- und Stabilitätspakt verfolgt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich bin stolz darauf, dass wir uns im Österreichischen Gewerkschaftsbund gemeinsam für dieses europäische Sozialmodell ausgesprochen haben, auch mit der österreichi­schen Eigenart des Miteinanderumgehens, der Sozialpartnerschaft, die in anderen Ländern ja eigentlich erst gelernt werden musste. Die Holländer haben mit dem Poldermodell Ähnliches erst begonnen. Wir haben als kleines Land diese Tradition des Miteinanderumgehens, dieses sozialen Dialogs als Methode für die Erarbeitung von Themen entsprechend eingeführt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 26

Wenn Sie die Berichte der Kommission darüber lesen, was im Jahr 2004 aktuell auf der Agenda steht, dann ist es die Beschäftigungsfrage. Da gibt es viel aufzuarbeiten. Ein ganz wichtiges Thema ist zum Beispiel die Überarbeitung der Richtlinie über die Europäischen Betriebsräte betreffend Kampf gegen Diskriminierung.

Wir haben das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen hinter uns. Ist es wirklich wunschgemäß ausgefallen? – Da ist ein Benchmark anzubieten und neuerlich nachzubessern. Es geht auch um die Fragen der Koordinierung sozialer Siche­rungssysteme und anderer Dinge mehr.

Aber lassen Sie mich auch Folgendes sagen, weil ja Wahlkampf ist: Das erinnert mich immer an ein Essay des früheren Präsidenten der Tschechischen Republik Václav Havel, der sein Buch treffend mit „Versuch, in der Wahrheit zu leben“ überschrieben hat. Da lese ich jetzt auf Plakaten: „Wasser darf nicht privatisiert werden“, und darunter: 13. Juni. (Heiterkeit des Abg. Dr. Stummvoll. – Abg. Dr. Fekter: Wie ist das bei „Römerquelle“ und „Vöslauer“?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Landeshauptmann von Wien, Michael Häupl, hat sich im O-Ton dafür bedankt, dass die österreichischen Abgeordneten, auch die Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion, am 14. Jänner dieses Jahres einer Liberalisierung der Wasserversorgung nicht das Wort geredet haben. Wenn Sie jetzt aber hier eine Keule schwingen und Angst verbreiten, dann ist das nicht mehr der Wiener Schmäh, sondern eine bewusste Falschmeldung! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, diese Plakatmeldung nicht revidieren, müssen Sie sich gefallen lassen, als Falschmelder in einem Wahlkampf, in dem Sachargumente ziehen sollten, bezeichnet zu werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger – ein Werbeinserat in die Höhe haltend –: Und was ist das?)

Wir brauchen kein neoliberales Europa, das es auch nicht gibt. Wir brauchen auch kein linkes Europa mit Stabilitätsrisiko, sondern ein ökosoziales Europa mit einer starken Kraft der Mitte. Und da bietet sich die Europäische Volkspartei gerne an. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Cap zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Scheibner: Sagt er etwas zum Swoboda?)

 


9.26

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich würde ganz einfach sagen: So geht es nicht, dass man sich als Regierung, auch in der laufenden Informationsarbeit in Bezug auf den 13. Juni, hinstellt und sagt: Wir haben ja alles versucht. Wir haben uns auf allen Ebenen bemüht. – Und Sie schalten auch noch Inserate auf Kosten der Steuerzahler, quasi mit dem scheinbar überparteilichen Anspruch, von den einzelnen Ressorts her inspiriert: Dort, wo man es nicht erklären kann, schiebt man die Schuld nach Brüssel und glaubt, sich so bis zum 13. Juni durchschwindeln zu können. Das wird nicht gehen! Das wird Ihnen der Wähler und die Wählerin, die Österreicherin und der Österreicher nicht durchgehen lassen; und wir von der SPÖ vor allem auch nicht! Das kann ich Ihnen jetzt schon sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Daten sprechen ja in Wirklichkeit gegen Sie und für sich. Die Arbeitslosen­entwicklung in Österreich zeigt Ihre mangelnde Bereitschaft, auf europäischer Ebene Initiativen zu setzen, die a) Sinn machen, b) für die Beschäftigung und c) für das Wachstum nötige Impulse geben.

Alleine wenn ich daran denke, wie Sie sich seitens der österreichischen Regierung geweigert haben, an der Initiative einzelner EU-Mitgliedsländer für eine Be­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 27

schäftigungs- und Wachstumsinitiative mitzumachen! Sie haben den Finanzminister hingeschickt. Er hat dann mit dem Rohrstaberl in der Gegend umhergewachelt und hat alle daran erinnert, dass man den Stabilitätspakt völlig unflexibel, ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Entwicklung einzuhalten hat. Das war letztlich Ihre Politik, die Sie dort haben vertreten lassen und die dazu geführt hat, dass Sie auf europäischer Ebene von einem Großteil der Mitgliedsländer auch nicht ernst genommen wurden.

Beispiel Transit. Vier Minister haben da dilettiert. Im Endeffekt war es Ihnen nicht mög­lich, eine Lobby aufzubauen. Und was ist passiert? – Man hat sich gegen Öster­reich entschieden. Quasi als Selbstaufruf lassen Sie jetzt seitens der ÖVP plakatieren: „Österreich stark vertreten in Brüssel“. – Da verstehe ich schon die Selbstkritik, denn was Sie bisher in Brüssel sowohl seitens der Regierung als auch der ÖVP gemacht haben, war alles andere als stark vertreten. Sie haben sich dort Ihre täglichen Niederlagen abgeholt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht weiter. Alleine wenn ich daran denke, wie wir anhand von Temelín diskutiert haben! Es ist notwendig, in Europa eine Lobby für den Ausstieg aus der Atomenergie aufzubauen. (Abg. Mag. Molterer: Haben wir gemacht!) Es sollen nicht über Hinter­türen mit unseren Steuergeldern Atomkraftwerke, die außerdem noch unsicher sind, gebaut und auch noch subventioniert werden.

Was haben Sie gemacht? – Keine Lobby gegen die Atomenergie aufgebaut! Wieder eine Niederlage abkassiert.

Das ist eine lange Liste, eine Sündenliste, ein Sündenregister, das Sie zu verantworten haben, wobei Sie einfach die österreichischen Interessen innerhalb der Europäischen Union, Lebensinteressen wie Beschäftigung, wie Wohlstand, wie die wirtschaftliche Entwicklung, Sicherheitsinteressen wie den Kampf gegen die Atomkraftwerke, vor allem im grenznahen Bereich, den Transit, wiederum Lebensinteresse, nicht beachtet haben.

Da haben Sie einfach jämmerlich versagt, und das muss man hier einfach einmal in aller Deutlichkeit in diesem Zusammenhang sagen. (Zwischenruf des Abg. Rädler. – Abg. Mag. Molterer: „Hans-Peter Martin“ kann ich nur sagen! – Abg. Dr. Stummvoll: Martin – Spitzenkandidat der SPÖ!)

Letzter Punkt ist: Nehmen Sie endlich klar Position dazu, was Sie mit dem öster­reichischen Wasser vorhaben! (Abg. Dr. Fekter: Fragen Sie „Vöslauer“ und „Römer­quelle“!) Das ist ja unfassbar! Herr Pascal Lamy, Handelskommissar der EU, gibt offen zu, dass Sie vorhaben, das europäische Wasser freizugeben und zu privatisieren. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Das sind Sozialdemokraten, oder?) Und was machen Sie? – Mit den Wölfen mitheulen, die dann so rasch wie möglich an die private Wassertränke geführt werden wollen! Da sage ich Ihnen, da werden wir nicht mitmachen. Hände weg vom österreichischen Wasser! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich verstehe natürlich, dass Sie aufgeregt sind, weil Sie das tägliche Viertel Wasser dann nicht mehr so billig konsumieren können. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber ich sage Ihnen, das ist natürlich auch eine soziale Frage. Wer das Wasser privatisiert, nimmt in Kauf, dass sich die Qualität des Wassers verschlechtert und dass es teurer wird. (Abg. Dr. Stummvoll: „Blutschokolade“!) Dann ist das am Schluss nur mehr Brackwasser. Ich sage Ihnen: Wir werden das österreichische Wasser verteidigen! Wir sagen: Hände weg vom österreichischen Wasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir könnten überhaupt über Ihre gesamte Haltung zur Daseinsvorsorge und zu den öffentlichen Leistungen diskutieren, wozu Sie ein wirklich gestörtes Verhältnis ent­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 28

wickelt haben. Ich sage Ihnen nur eines: Sie müssen sich langsam die Frage stellen, wieso Sie es verabsäumt haben, die österreichischen Interessen auch wirklich stark zu vertreten. (Abg. Mag. Molterer: SPÖ auf Schildlausniveau!)

Österreich muss wieder gehört werden! – Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Forderung. (Beifall bei der SPÖ.)

9.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das war eine seichte Rede! – Abg. Parnigoni: Das war eine ausgezeichnete Rede! – Abg. Dr. Fekter: Cap will „Römer­quelle“ verstaatlichen!)

 


9.31

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! „Österreich muss wieder ge­hört werden!“, damit hat Herr Kollege Cap seine Rede hier heraußen beendet. – Herr Kollege Cap, es wäre wichtig, dass Österreich auf europäischer Ebene wieder gehört wird, aber nicht so, wie es die Sozialdemokraten getan haben. (Abg. Dr. Fekter: Dann kommen Sanktionen heraus!) Gerade in der Zeit der Sanktionen waren sie es, die die Interessen Österreichs auf europäischer Ebene verraten haben. Und das, meine Damen und Herren, ist ein Faktum. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben hier den Brief Ihres Spitzenkandidaten Swoboda, in dem er sich bei seinen Genossen auf europäischer Ebene für die Sanktionen bedankt, weil in Österreich (Abg. Scheibner: Was? – Empörung bei den Freiheitlichen und der ÖVP) im Jahr 2000 eine Regierung zwischen FPÖ und ÖVP gebildet worden ist. Das ist ungeheuerlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer war das? – Abg. Scheibner: Was hat er gesagt? – Abg. Dr. Stummvoll: Wer war das? Swoboda?)

Die Europäische Union ist schon längst nicht mehr eine neoliberale Schreckunion, wie Sie sie hier von Seiten der Grünen, aber auch von Seiten der SPÖ darstellen. Herr Kollege Öllinger, Sie haben aber Recht damit, dass diese Regierung von ÖVP und FPÖ ein schweres Erbe in Bezug auf die Verhandlungen übernehmen musste, dass dort vieles nicht ausreichend verhandelt worden ist. Das ist eine Tatsache. Deshalb ist es notwendig, dass wir auch im sozialen Bereich die Interessen der einzelnen Mit­gliedsländer vertreten können.

Meine Damen und Herren! Die Europäische Union ist schon längst nicht mehr nur eine Wirtschaftsunion. Sie ist in vielen Bereichen schon auf einem Schritt der Weiter­entwicklung. Es besteht vor allem aber im sozialen Bereich die einzige Möglichkeit, dass wir eine annähernde Sicherheit herstellen, dass wir starke Länder innerhalb der Europäischen Union haben – starke Länder, die eine gute Wirtschaftspolitik und damit auch eine effiziente Sozialpolitik im Rahmen der Europäischen Union machen können. Das ist die Herausforderung, der sich auch diese Bundesregierung seit dem Jahr 2000 stellt, eben eine effiziente und finanzierbare Sozialpolitik zu machen, unabhängig von den Turbulenzen auf europäischer Ebene. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Ab­geordneten der ÖVP.)

Deshalb ist es wichtig, dass wir unseren Sozialminister auch bei seinen ganzen Vor­stößen auf europäischer Ebene unterstützen und hier versuchen, die Interessen Österreichs in allen Bereichen unterzubringen. (Abg. Öllinger: Wer? Was?) Das hat diese Regierung im Herausverhandeln von Übergangsregelungen in Bezug auf den Beitritt neuer Kandidatenländer getan, Herr Kollege. (Abg. Öllinger: Das ist Sozial­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 29

politik?) Und das wird diese Bundesregierung auch in vielen Bereichen in den nächsten Jahren noch tun.

Sie haben den Stabilitätspakt als ein Beispiel angeführt, in dem sich dieser neoliberale Gedanke ja geradezu manifestiert. Aber dort, Herr Kollege Öllinger, im Stabilitätspakt zeigt sich, dass die Union auch flexibel ist. Sogar am Stabilitätspakt wird jetzt herum­diskutiert, vor allem von Seiten der rot-grünen Bundesregierung in der Bundesrepublik Deutschland.

Viele Politikfelder in der Europäischen Union gilt es anzupacken. Die Sozialpolitik ist ein wichtiger Bereich, die Atompolitik ist auch ein wichtiger Bereich. Gerade wir Frei­heitlichen waren es, die mit einer konsequenten Haltung in den vergangenen Jahren versucht haben, eine klare Anti-Atompolitik nicht nur der Republik Österreich, sondern auch der Europäischen Union zu implementieren und dies auch Wirklichkeit werden zu lassen.

Auch die Transitproblematik – Sie lächeln sehr leicht, Frau Kollegin Glawischnig – ist ein schweres Erbe früherer Regierungen. (Abg. Reheis: Da haben Sie versagt!) Ich bin deshalb froh, dass wir mit dem Herrn Vizekanzler ein Mitglied der Bundesregierung haben, das hier tatkräftig und energisch dieses Problem zu lösen begonnen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Wo denn?)

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik ist ein weiteres Feld, in dem sich die Union wird bewähren müssen. Deshalb setzen wir Freiheitlichen im Rahmen des EU-Wahlkampfes, so glaube ich, auch eine eindrucksvolle Initiative gegen die Menschen­rechtsverletzungen und Gräueltaten, die jetzt im Irak geschehen und denen man als europäischer Politiker nicht einfach schweigend gegenüberstehen kann. Wir haben dagegen aufzutreten! Die Europäische Union hat sich hier zum ersten Mal als ein Gegengewicht zu den USA und ihrer Vorstellung von Weltpolitik zu beweisen. Europa muss sich hier bekennen und dagegen auftreten! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Dr. Wolfmayr.)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen deshalb nicht nur eine Union für die Sozial­politik, für die Außen- und Wirtschaftspolitik, sondern primär eine Europäische Union, die die Interessen der Menschen vertritt. Und dafür werden wir Freiheitlichen eintreten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichten­berger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Mainoni: Lichtenberger redet sich ins EU-Parlament!)

 


9.37

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Herr Präsident! Meine Herren Minis­ter! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines ist schon interessant: Wir führen heute eine Debatte über das soziale Europa ohne Sozialminister. Ich hätte mir schon eine Aussage – in aller Klarheit – vom Sozialminister gewünscht (Beifall bei den Grünen), denn schließlich ist ja das Thema, um das es heute geht.

Aber nein, man schickt uns den Wirtschaftsminister – einen Wirtschaftsminister, der behauptet, neue Ziele in der Europäischen Union seien seiner Meinung nach absurd. So etwas wie Vollbeschäftigung, weil sie ohnehin nicht zu erreichen sei, könne man überhaupt gleich ganz weglassen. Und er sagte noch ähnliche Sachen mehr.

Meine Damen und Herren! Hier zeigt die Regierung wirklich, wozu sie die Europäische Union braucht. Sie braucht und missbraucht die Europäische Union nur dazu, neo­liberale Ansätze, Privatisierungen und reine Binnenmarktpolitik zu rechtfertigen. Das ist die Politik der derzeitigen Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 30

Herr Minister! Wenn Sie verdiente österreichische Wissenschafter aus der National­ökonomie wie etwa Schumpeter oder Hayek zitieren, so ist das sehr lobenswert. Aber Sie sollten auch berücksichtigen, dass sogar sehr verdiente Wissenschafter ab und zu mit ihren Theorien veralten, denn auf eine moderne Nationalökonomie, auf eine moder­ne europäische Ökonomie passen diese Theorien schlicht und ergreifend überhaupt nicht mehr. (Beifall bei den Grünen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: Ah so? Interes­sant!)

Sie orientieren sich aber zehnmal lieber an Modellen wie etwa der Flat-Tax, an einem Steuerwettbewerb nach unten, an einem Sozialdumping in Europa, das Sie ja sehr ger­ne aufgreifen, um eigene harte Maßnahmen gegen sozial Schwache zu rechtfertigen. Und das, Herr Minister, kreide ich Ihnen ganz besonders an! (Bundesminister Dr. Bar­tenstein: Wie die Elternteilzeit?!)

Wir wollen jetzt einmal darauf eingehen, was es denn heißt, wenn die österreichische Bundesregierung auf europäischer Ebene mit ihren Kolleginnen und Kollegen dersel­ben Denkschule den Vorschlag des europäischen Verfassungskonvents, nämlich „Voll­beschäftigung“, gegen das Wort „hohes Beschäftigungsniveau“ austauscht. (Abg. Mag. Molterer: ...! Oder was meinen Sie?)

Meine Damen und Herren! Was heißt denn das? – Es ist ja ganz klar, dass hier be­wusst eine Politik gemacht wird, die sich eine Manövriermasse aus Billigarbeits­kräften, die ständig unter dem enormen Druck der Verarmung stehen, halten will, um auf die anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa Druck auszuüben.

Das ist ein Konzept der Vergangenheit, das sich noch nie bewährt hat. Europa hatte gute und große Erfolge, auch wirtschaftliche Erfolge durch das Modell der sozialen Marktwirtschaft, durch das Modell, in dem versucht wurde, Massenwohlstand zu sichern und zu halten.

Meine Damen und Herren! Sie wollen jetzt den amerikanischen Weg gehen, wo durch Drohung, also mit Druck, die Arbeitskraft des einzelnen Berufstätigen dem Arbeits­markt so weit wie möglich zur Verfügung gestellt werden soll. Aber, meine Damen und Herren, dieses Modell funktioniert auf Dauer nicht. Sie haben damit eine geringere Wertschöpfung pro Kopf, hohe Unzufriedenheit und ein hohes soziales Risiko für alle Nationalökonomien, vor allem für die gesamteuropäische Ökonomie.

Und wenn Sie dann als einzigen Ersatz die Lissabon-Ziele nennen, unverbindliche Zielsetzungen, hinsichtlich deren jetzt in einem Zwischenbericht schon festgestellt worden ist, dass sie nicht erreicht werden mit den Strategien, die angeboten werden, dann muss ich nicht nur Sie kritisieren, sondern auch die Kollegen von der euro­päischen Sozialdemokratie, die glauben, mit diesem Modell irgendetwas erreichen zu können.

Wir brauchen ein Mindestmaß, wir brauchen im Steuerwettbewerb eine „Abdichtung“ nach unten – das brauchen wir mehr als dringend, sonst gefährden wir die euro­päischen Sozialsysteme endlos (Beifall bei den Grünen), sonst bringen wir die euro­päischen Sozialsysteme so unter Druck, dass das, was Sie als soziale Marktwirtschaft und das schöne Dreieck, das in Ausgewogenheit existieren muss, bezeichnen – näm­lich das Dreieck Ökonomie, Ökologie und soziale Rechte –, aus dem Gleich­gewicht gerät. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Ein soziales Europa ist unverzichtbar für die wirtschaftliche Weiterentwicklung, aber auch für die nachhaltige ökologische Sicherheit in Europa. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.42

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 31

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. 5 Minu­ten Redezeit. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


9.42

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Wenn von den Grünen heute die Frage eines sozialen Europas gestellt wird, so muss man ganz klar sagen, dass Europa nur so sozial sein kann, wie es seine Mitgliedsstaaten sind. Und Österreich hat dabei eine Vorbildwirkung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ob nun Familienbeihilfe, Wochengeld, Betriebshilfe, Unterhaltsvorschuss, steuerliche Begünstigungen für Familien, Schüler- und Lehrlingsfreifahrten, Studienbeihilfe, Arbeitslosen- und Notstandsgeld, Krankengeld, Rezeptgebührenbefreiung und Rund­funkgebührenbefreiung, Hinterbliebenenrenten (Zwischenruf des Abg. Heinzl), Pflege­geld, Sozialhilfe oder die Errungenschaften der ÖVP/FPÖ-Regierung unter Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel wie das Kinderbetreuungsgeld für alle, Familienhos­piz­karenz, Abfertigung-Neu oder nun das Recht auf Teilzeit, um nur einige der Sozial­leistungen zu nennen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Pensionen haben Sie vergessen!)

Österreich kann sich mit dem Erreichten tatsächlich sehen lassen. Ein europäischer Vergleich macht uns sicher. Gerade der Beschäftigungsbereich zeigt, dass es gilt, richtige Maßnahmen zur richtigen Zeit zu setzen. Österreich schneidet hier trotz Konjunkturflaute, wie bereits von unserem Wirtschaftsminister erwähnt, die ja ein globaler Effekt ist, sehr gut ab. So hat Österreich laut Eurostat nach Luxemburg mit 4,5 Prozent die zweitniedrigste Arbeitslosenquote der EU-25 (Abg. Öllinger: Aber glauben Sie doch nicht alles!), und von der EU-Kommission wird prognostiziert, dass wir bereits heuer Luxemburg überholen und den ersten Platz erreichen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gerade bei der Jugendarbeitslosigkeit ist Österreich mit 7,3 Prozent bereits jetzt an der ersten Stelle im Positivranking, wobei der EU-Schnitt mit 18 Prozent mehr als doppelt so hoch ist. Das heißt, dass Maßnahmen wie die Initiative „Jobs for You(th)“ oder die 1 000-€-Lehrlingsprämie greifen.

Auch bei den über 50-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit um 5,7 Prozent zurückgegangen. Die Senkung der Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer zeigt also Wirkung.

Auch stehen laut Arbeitsmarktservice Ende April 2004 im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent mehr offene Stellen zur Verfügung.

Mit den Konjunktur- und Wachstumspaketen ist Österreich bisher den richtigen Weg gegangen – und wir gehen diesen Weg auch weiter. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit der Steuerreform 2004/2005 sichern wir in Österreich nicht nur den Wirtschafts­standort, sondern wir sichern und schaffen auch neue Arbeitsplätze. Obwohl man sich – gerade bezogen auf die wirtschaftliche Lage – den internationalen Gegeben­heiten nicht ganz entziehen kann, ist es möglich, gegenzusteuern.

Einer Beschäftigung nachzugehen oder nachgehen zu können und Arbeit zu haben ist nicht nur eine Lebensgrundlage, sondern bedeutet auch Sinnerfüllung und Lebens­qualität. Aber es gibt noch einiges zu tun: Jede und jeder Arbeitslose ist eine bezie­hungsweise einer zu viel. Die Höhe des Einkommens muss existenzsichernd sein. Die Forderung der Jungen ÖVP, die Aktivverdienstsumme umzuverteilen, sodass Arbeit­nehmer höhere Einstiegsgehälter erhalten und die Kurve zur Pension hin abflacht, ist hier ebenso zu erwähnen. Da ist die Sozialpartnerschaft gefordert.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 32

Um diese Maßnahmen umsetzen zu können, bedarf es einer breiten Diskussion. Dafür wären die Sozialpartner mitverantwortlich – ja, „wären“, denn das, was sich in den letzten Jahren abspielt, zeigt nur, dass ÖGB und Arbeiterkammer zu Vorfeld­orga­nisationen der SPÖ geworden sind; oder es war nur früher nicht so ersichtlich, als die SPÖ in der Regierung saß.

Sozialpartnerschaft bedeutet Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeit­nehmer in Form von Dialog und Kompromissen. Moderne Sozialpartnerschaft und Sozialpolitik bedürfen dieser besonderen Qualität des Dialogs. Anscheinend haben sich davon aber der ÖGB und die Arbeiterkammer innerlich bereits verabschiedet (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), wenn gegen jedes bessere Wissen in den Ge­sprächen um die Pensionsharmonisierung die Aufhebung der bisherigen Pensions­sicherungsreform gefordert wird.

Die ÖVP bleibt als einziger Garant für den sozialen Frieden durch den Ausgleich zwischen sozial Stärkeren und sozial Schwächeren in unserer Gesellschaft, aber auch durch das Ausbalancieren von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen, denn das letzte Mal, als Europa auf die Sozialdemokraten gehört hat, hat das Österreich die Sanktionen eingebracht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Fazit: Die ÖVP ist die Integrationspartei und ein Vorbild in Europa! (Beifall bei der ÖVP. – Bravoruf bei der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Das war eine gute Rede!)

9.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. 5 Minuten Redezeit. – Herr Kollege, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Stummvoll: Banken­boss! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


9.48

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Herren der Bundesregie­rung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal kurz sagen, was wir Ihnen vorzuwerfen haben, auch in der heutigen Aktuellen Stunde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir Ihnen vorwerfen, ist, dass Sie zwar schöne Worte sprechen, sich aber um die eigentlichen Probleme, die ernsthaften Lebensanliegen der Menschen nicht kümmern! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich das anhand des Beispiels der Arbeitslosigkeit, das Sie, Herr Bun­desminister Bartenstein, auch angesprochen haben, noch einmal deutlich sagen. Natürlich erzählen Sie ständig von Wachstumsdaten im Bereich der Beschäftigung, aber das, was Sie nicht sagen, weil es Ihnen nicht passt oder weil es Ihnen in Wirklichkeit egal ist, ist, dass die Arbeitslosigkeit jedes Jahr gestiegen ist, seit diese Regierung angetreten ist. Dazu sagen Sie nichts. Sie schauen tatenlos zu! – Und Sie sind Arbeitsminister, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber damit ist es nicht genug. Sie schauen nicht nur tatenlos dem Ansteigen der Arbeitslosigkeit, auch der Jugendarbeitslosigkeit, zu (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schauen Sie einmal nach Deutschland!), sondern Sie verschärfen die Situation auch noch, indem Sie beispielsweise durch eine tiefe Verunsicherung der Bevölkerung über die Pensionsreform oder die so genannte Pensionsreform, die Sie beschlossen haben, dazu beitragen, dass die Menschen zu sparen beginnen, weil sie sich davor fürchten, künftig keine vernünftige Pension mehr zu bekommen. Die Konsequenz ist ein weiterer Rückgang der Nachfrage. Die Konsequenz ist ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist die falsche Politik! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 33

Auch damit nicht genug. Sie hätten natürlich die Möglichkeit, mit staatlichen Mitteln vernünftig zu agieren, aber was tun Sie? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben uns Milliarden an Schulden hinterlassen!) – Sie beschließen eine Steuerreform, die das Großkapital entlastet, investieren das Geld jedoch nicht in die Infrastruktur, nicht in die Bildung, nicht in die Forschung, und Sie entlasten nicht die Bezieher kleiner Ein­kommen, was wirklich helfen würde, die Konjunktur zu beflügeln, und dazu beitragen würde, dass die Arbeitslosigkeit endlich sinkt, weil die Nachfrage steigt. Das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, meinethalben neoliberale oder neokonservative Politik, eines ist es jedenfalls: Es ist unsoziale Politik, die wir Ihnen hier vorwerfen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Und was, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat das mit Europa zu tun? – Das hat sehr wohl, und zwar sogar viel mit Europa zu tun, denn diese verfehlte Politik, die Sie von ÖVP und FPÖ im Inland betreiben, betreiben Sie ja auch auf europäischer Ebene. Von der österreichischen Bundesregierung ist keine Initiative für Wachstum in Europa ausgegangen!

Zu Ihrem Vergleich, Herr Bundesminister Bartenstein, mit den USA: In den USA gibt es deshalb Wachstum, weil dort investiert wird, weil dort der Staat investiert! (Abg. Mag. Molterer: In die Rüstung!) Nur deswegen gibt es Wachstum – und nicht durch angebotsseitige Politik! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der Staat investiert in die falschen Dinge; einverstanden, Frau Kollegin. Wir sind auch nicht dafür, dass Europa in die Rüstungsindustrie investiert (Abg. Mag. Molterer: Aber das tun die USA!), sondern dafür, dass es in Infrastruktur, in Bildung und Forschung investiert. Jedenfalls muss investiert werden; Wachstum entsteht nicht von selbst! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Von dieser Bundesregierung gibt es keine Initiative für mehr Beschäftigung in Europa – und das werfen wir Ihnen vor! Es gibt auch keine Initiative dafür, dass es endlich zu einer Umschichtung im Rahmen des europäischen Budgets kommt: weg von der starken und einseitigen Landwirtschaftsförderung hin zu investiven Förderungen! Nichts gibt es von der österreichischen Bundesregierung als Initiative in diese Richtung – und, Herr Minister Bartenstein, es gibt auch keine Initiative Ihrerseits beziehungsweise keine Initiative dieser Bundesregierung zur Absicherung jener Menschen in Österreich, die nicht zu den Gewinnern der Erweiterung der Euro­päischen Union zählen. Das haben wir Ihnen vorzuwerfen! Das, worum es ginge, ist, endlich Politik im Lebensinteresse der Menschen zu machen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung, wenn Sie all diese Dinge nicht zu tun in der Lage sind, wenn Sie nicht bereit sind, endlich diese Lebensinteressen zum Kernpunkt Ihrer Politik zu machen und dafür zu sorgen, dass die Menschen Arbeit und Einkommen haben, dann verdienen Sie am 13. Juni einen Denkzettel! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Barten­stein. Er ist nun an eine Redezeit von 5 Minuten gebunden. – Bitte, Herr Minister.

 


9.53

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In aller Kürze eine Replik auf die falschen Informationen, die Herr Dr. Einem hier gegeben hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 34

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ! Abgesehen davon, dass wir Ihnen dankbar dafür sind, dass Sie sich hier deklariert haben, dass Sie auf euro­päischer Ebene eine Umschichtung weg von der Landwirtschaft haben wollen – sehr interessant; es gibt viele Leute, die das wirklich sehr interessieren wird –, ersuche ich Sie, bei der Sache zu bleiben.

Sie wissen, dass wir, und zwar in vielerlei Beziehung, gemeinsam die Jugend­arbeits­losigkeit zu bekämpfen versuchen, dass wir gemeinsame Beschlüsse in diese Richtung gefasst haben. So darf ich etwa nur auf die Lehrgangsbereitstellung junger Menschen hinweisen, wo wir Erfolge erzielen konnten, diesen einen Lehrplatz bieten konnten (Abg. Dr. Wittmann: Polemik von der Regierungsbank ist entbehrlich, sehr entbehr­lich!), weshalb eben auch die Arbeitslosenraten in diesem Bereich bereits rückläufig sind.

Herr Dr. Einem, falls Sie das aber nicht interessiert – und in Wirklichkeit interessiert Sie das ganz offensichtlich nicht –: Reden Sie mit Herrn Präsidenten Verzetnitsch darüber; der weiß das, denn mit ihm ist das auch verhandelt worden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, wissen auch, dass keine Bundes­regierung so viel für Bildung, so viel für Infrastruktur und so viel für Forschung und Entwicklung zusätzlich investiert hat wie eben gerade die Regierung Schüssel. (Abg. Dr. Wittmann: Arroganz! Die Arroganz der Macht! Das ist arrogant!) Das haben Ihnen ja auch der Herr Bundeskanzler, der Herr Finanzminister sowie der Herr Infrastruktur­minister Vizekanzler Gorbach, der jetzt neben mir sitzt, mehrfach gesagt. (Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Lassen Sie mich das jedoch noch einmal kurz aufzeigen, und zwar am Beispiel For­schung und Entwicklung: Zusätzlich 1,2 Milliarden € gibt es in den Jahren 2004 bis 2006 für Forschung und Entwicklung von der öffentlichen Hand. (Abg. Dr. Wittmann: Diese Polemik ist entbehrlich! Das ist ja unglaublich! Diese Polemik ist völlig entbehr­lich! Das ist unfassbar!) Weiters: eine moderne Forschungsorganisation – mit Zustim­mung der Arbeitgeber –, die heute den Ministerrat passiert hat. 2,27 Prozent F & E-Quote im Jahre 2004; fast die Hälfte mehr dessen, was es in Ihrer Regierungszeit gegeben hat. – Wir sind bezüglich F & E-Quote auf gutem Weg, und zwar in Richtung 2,5 und 3 Prozent. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In Sachen Arbeitsmarktpolitik, Herr Dr. Einem: Nehmen Sie nur die Zahlen vom AMS – dort sind Sie ja mit Ihren Freunden von der AK nachhaltig vertreten – und lassen Sie sich sagen, dass im Jahre 1999, als noch sozialdemokratische Arbeitsminister hiefür die Verantwortung getragen haben, für aktive Arbeitsmarktpolitik 750 Millionen € pro Jahr ausgegeben wurden (Abg. Silhavy: ..., die Arbeitslosigkeit ist gestiegen!) – jetzt hingegen, sehr geehrter Herr Dr. Einem, sind es 1,44 Milliarden €! Rund das Doppelte also! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

9.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Scheibner. Auch er hat eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann, Sie sind am Wort.

 


9.55

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! „Politik im Interesse der Menschen“ hat Herr Abgeordneter Einem gefordert; „Österreich muss wieder gehört werden in Europa“, hat Herr Abgeordneter Cap gefordert. – Aus dem Munde von Sozialdemo­kraten muss das geradezu als gefährliche Drohung verstanden werden, meine Damen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 35

und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

Wie sieht man denn das in der Sozialdemokratie, dass Österreich wieder gehört werden müsse, Herr Kollege Wittmann und meine Damen und Herren von der SPÖ, die Sie das plakatieren – Abgeordneter Bösch hat ja bereits darauf hingewiesen –: Der jetzige Spitzenkandidat der Sozialdemokratischen Partei schrieb am 16. März ... (Abg. Dr. Wittmann: Sehr schwach! Sehr schwach!) Ja, das ist wirklich schwach, Herr Kollege! Hör einmal zu, was in diesem Brief von Swoboda steht!

Am 16. März 2000 schrieb der jetzige SPÖ-Spitzenkandidat bei den EU-Wahlen, also wenige Tage nachdem die Europäische Union völlig ungerechtfertigte Sanktionen gegen ein ganzes Land, gegen die Republik Österreich verhängt hatte (Zwischenrufe bei der SPÖ) – und das nur deshalb, weil in unserem Land nach einer demokratischen Wahl eine Regierung eingesetzt wurde, die den Sozialdemokraten, die den Linken in Europa nicht gepasst hat –, am 16. März 2000 also schrieb SPÖ-Abgeordneter Hannes Swoboda an seine Kollegen, an die Abgeordneten im Europaparlament. – Zur Erin­nerung Ihr Stichwort: Die Stimme Österreichs muss wieder gehört werden!

Hannes Swoboda schrieb – ich zitiere –: „Liebe Kollegin, lieber Kollege! Namens der österreichischen sozialdemokratischen Delegation“ – also aller österreichischen SPÖ-Abgeordneten im Europaparlament – „möchte ich mich herzlich für die vielen Zeichen der Freundschaft und der Solidarität in den vergangenen – für uns wahrlich nicht leichten – Wochen bedanken.“ (Abg. Dr. Partik-Pablé: Unerhört!) – Swoboda sagt also ein Dankeschön für die Sanktionen! Na wunderbar! (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

„Diese Zeichen sind für uns genauso wichtig wie die Tatsache, daß die übrigen EU-Regierungen angesichts der Beteiligung der FPÖ an der österreichischen Regierung reagieren mußte.“ – Danke schön, Herr Kollege Swoboda, danke schön den SPÖ-Abgeordneten für diese Sanktionen! War das der Wunsch von Ihnen von der SPÖ: diese Reaktion der EU und all diese Sanktionen gegen unser Land?

Ich zitiere weiter aus diesem Brief von Hannes Swoboda – und da kommt jetzt gleich seine Vernaderung nicht nur einer Partei, sondern unseres gesamten Landes –: „Denn mit der FPÖ ist eine Partei an der Macht, die rassistische und fremdenfeindliche Argumentationen verwendet“ (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), „um Stimmen zu gewinnen. Und eine solche Haltung darf nicht mit einer Regierungsbeteiligung belohnt werden.“ – Das schrieb Herr Swoboda am 16. März 2000 seinen Abgeordnetenkolle­ginnen und -kollegen in der Europäischen Union. (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

In diesem Brief heißt es weiter: „Wie aber vor allem die Demonstrationen der letzten Wochen gezeigt haben, gibt es auch ein Österreich, das sich massiv gegen Frem­denfeindlichkeit, Rassismus und Nationalismus wendet. Wir müssen selbst in Öster­reich alles unternehmen, um diese weltoffenen, pro-europäischen Kräfte zu entfalten und zu unterstützen.“ (Abg. Dr. Partik-Pablé: Entsetzlich!) – So das Zitat des SP-Abgeordneten Swoboda.

Was waren denn das für Demonstrationen? – Das waren gewalttätige De­monstra­tionen, bei denen es Übergriffe und Sachbeschädigungen gegeben hat! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das sind die „weltoffenen, pro-europäischen Kräfte“, die es laut SP-Spitzenkandidaten Swoboda, dies es laut Sozialdemokratie in Österreich zu fördern gilt?! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Weiters schrieb Swoboda in diesem Brief – ich zitiere –: „Dafür brauchen wir aber auch weiterhin die Solidarität aller demokratischen Kräfte auf europäischer Ebene.“ (Abg.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 36

Dr. Partik-Pablé: Ja stell dir vor!) – Das heißt also: EU, bitte nur ja nicht aufhören mit den Sanktionen! Lasst euch nur ja nicht erweichen durch Proteste auch der Be­völkerung gegen diese Sanktionen! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist ein Skandal, was die SPÖ da initiiert hat!) Bleibt nur bei diesen Sanktionen!, heißt das doch.

Schluss dieses Briefes von Swoboda – ich zitiere wieder –: „Für Österreich in der heu­tigen Situation bedarf es dafür – nämlich für die europäische Integration – besonderer Bemühungen.“ – Danke, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Ist das das „Wort Österreichs“, das „wieder gehört werden soll in der Europäischen Union“?! Wir sind der Meinung: nein, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In der Europäischen Union soll Demokratie herrschen, in der Europäischen Union soll das Wort der Bürgerinnen und Bürger gehört werden, aber nicht das sozialistischer be­ziehungsweise sozialdemokratischer Politiker à la Swoboda, denen lediglich die eigene Ideologie, die eigene Parteipolitik wichtig ist, nicht jedoch das Ansehen Österreichs! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich erwarte mir davon jedenfalls, Herr Kollege Gusenbauer, Herr Kollege Cap – denn dabei geht es um Ihren Spitzenkandidaten –, eine eindeutige Distanzierung! Am besten wäre es jedoch überhaupt, Sie würden einen solchen Kandidaten von Ihrer Liste streichen, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Österreich braucht im Europaparlament Mandatare, die die Interessen Österreichs vertreten – nicht jedoch gegen die Interessen der österreichischen Bevölkerung agieren!

Ein Wort noch zu Ihrer Wasser-Geschichte. Auch da sind Sie entlarvt. Lesen Sie einmal Ihre Meldungen aus den neunziger Jahren, wo wir davor gewarnt haben, dass man das Einstimmigkeitsprinzip nicht aufweichen darf, um die Wasserressourcen für Österreich zu sichern! Swoboda zu Haider: FPÖ setzt auf Verunsicherung! Niemand plant, die Wasserressourcen anzugreifen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.)

Wir haben gehandelt: Das Einstimmigkeitsprinzip beim Wasser bleibt. Und solange diese Regierung so zusammengesetzt ist, wie sie es jetzt ist, wird es keinen Zugriff auf das österreichische Wasser geben!

Ihre Kampagne geht ins Leere. Nehmen Sie Kollegen Swoboda von der Kann­didatenliste! Das wäre ein Akt im Interesse Österreichs. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Abgeordnete Sburny. 5 Minuten Redezeit.

 


10.01

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Soviel ich weiß, waren Sie es, Herr Kollege Molterer, der eine Studie über die ökonomischen Effekte der Wasser­libe­ralisie­rung in Auftrag gegeben hat; das war vor zirka eineinhalb Jahren. Also gar so von der Hand zu weisen ist das auch wieder nicht, dass Sie ein Interesse an der Privatisierung der Wasserversorgung haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

„Wie viel von der ,eisernen Lady‘“ – Margaret Thatcher ist gemeint – „steckt im Kanz­ler?“ Wolfgang Schüssel ist gemeint. So hat der „Falter“ vor zirka einem Jahr einen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 37

Artikel überschrieben. Es ist ja insofern eine interessante Frage, als Großbritannien unter Margaret Thatcher als Vorreiter für den neoliberalen Kurs in Europa die ersten dramatischen Maßnahmen gesetzt hat, und insofern interessant, wie weit sich Österreich dem anschließt, was in vielen anderen europäischen Ländern durchaus mit vollzogen wird.

Wenn jetzt die europäische Verfassung diskutiert und dort auch die Frage gestellt wird, welche verbindlichen Regeln aufgestellt werden sollen, dann fällt natürlich auf, dass alles, was in den Bereich der Wirtschaftsunion fällt, fixiert werden soll, gesetzlich fest­gelegt werden soll, während alles, was in den Bereich der Beschäftigung und der Sozialunion fällt, allgemeine Appelle sind. Preisstabilität und Budgetkonsolidierung sind Ihnen in der Regierung wesentlich wichtiger als Vollbeschäftigung und Verteilungs­gerechtigkeit. (Beifall bei den Grünen.)

Zentrale Fragen, die typisch sind für den Neoliberalismus, werden auch von der öster­reichischen Regierung mitgetragen, zum Beispiel die Senkung der Steuern und Abgaben für das Großkapital, für große Unternehmen und Konzerne und zugleich eine Belastung, eine relative Belastung und manchmal auch eine absolute zusätzliche Belastung, der unteren Einkommensschichten.

Nur eine Zahl: Die Steigerung des Bruttoinlandsproduktes in der Euro-Zone hat 2003 0,6 Prozent betragen. Das heißt ein Wohlstandsgewinn, so könnte man sagen, von 0,6 Prozent. Das ist wenig, aber doch ein leichter Wohlstandsgewinn für die Euro-Zone. Das Wachstum bei den Gewinnen von Konzernen lag zum Teil über 30 Prozent. Es gibt ganz konkret eine Bank, die international agiert: 32 Prozent Gewinn. Da nehmen sich die 0,6, die so allgemein dargestellt werden, doch ein bissel mickrig aus. Man sieht eigentlich sehr genau, wohin das Geld geht: es wird von unten nach oben verteilt (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber ein Blödsinn!), und das mit Ihrer Unterstützung in der Regierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie haben – so wie auch Margaret Thatcher in Großbritannien – die Besteuerung der Unternehmensgewinne reduziert und auf der anderen Seite öffentliche Aufgaben privatisiert. Das ist ein weiterer Punkt in diesem neoliberalen Konzept, dass öffentliche Aufgaben als unproduktive Last, wie das Thatcher bezeichnet, gesehen werden.

Da muss man sich schon einmal fragen: Was sind denn diese öffentlichen Aufgaben, die immer als Last bezeichnet werden? – Das sind zum Beispiel Aufgaben der Bildung, auch Aufgaben der Wasser- und Energieversorgung, das ist die Aufgabe, den öf­fentlichen Verkehr in einer gewissen Qualität und flächendeckend aufrechtzu­erhalten.

Und Sie wollen, dass diese öffentlichen Aufgaben als unproduktive Last von der Öffentlichkeit sozusagen entsorgt und an Private, an Einzelne ausgelagert werden – und Sie tun das auch, wie auch am Beispiel der Pensionsreform zu sehen ist.

Das heißt, einerseits werden öffentliche Aufgaben nicht mehr wahrgenommen, es wird an Einzelne ausgelagert, andererseits wird zugleich der Einzelne jenseits der obersten Gehaltsklassen beziehungsweise der gut verdienenden Unternehmen belastet. Das führt mit diesem Steuerdumping, das derzeit stattfindet, das heißt, der Staat hat immer weniger Einnahmen, zu einer Spirale nach unten, die weite Teile der Bevölkerung EU-weit in die Armut führt. Wir haben es heute schon gehört: 56 Millionen Europäer und Europäerinnen leben an der Armutsgrenze oder sind von Armut bedroht. Und Sie haben nichts anderes zu tun, als öffentliche Ausgaben, die nämlich denen zugute kommen, die armutsbedroht sind, weiter zu reduzieren und die Steuerlast für die Kleinen weiter anzuheben und für die Großen zu senken. (Beifall bei den Grünen.)

Was wir brauchen, ist eine Sozialunion. Wir brauchen europaweit einen existenz­sichernden Mindestlohn. Und Sie als Regierungsparteien sind aufgefordert, sich für


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 38

eine Sozialunion einzusetzen und nicht Maßnahmen zu ergreifen, die die sozialen Konflikte erhöhen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe bekannt, dass der Klub der Grünen gemäß § 74 Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt hat, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 397/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schwei­gen und Untätigkeit zu den Ausbauplänen der slowakischen Regierung bezüglich Mochovce, der Lebenszeitverlängerung von Bohunice V1 sowie dem Europäischen Atomausstieg dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt wer­den.

Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass vor Eingang in die Tages­ordnung Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 25/A (E) der Abgeordneten Mag. Lunacek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Einführung einer Devisenaktiensteuer („Tobin-Tax“) eine Frist bis 15. Juni 2004 zu setzen. (Rufe bei den Grünen: Devisentransaktions­steuer!) Das Wort heißt richtig: Devisentransaktionssteuer. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Super!)

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrags verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag selbst wird nach Schluss dieser Debatte erfolgen.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Um die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung in Ver­handlung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfor­derlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzu­sehen.

Bei den Punkten 3 und 4 handelt es sich um die Berichte des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (415 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Elektri­zitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert wird, und über den Antrag 78/A (E) der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die dringende Notwendigkeit des Ausbaus des Hochspannungsnetzes in Österreich (507 der Beilagen) sowie über den Antrag 374/A (E) der Abgeordneten Johannes Schweisgut, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend langfristige Koor­dination der Semesterferien (508 der Beilagen).


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 39

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist für diese beiden Ausschussberichte ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Wir gehen daher so vor.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der GO auf die im Sitzungs­saal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 1734/J bis 1780/J.

2. Anfragebeantwortungen: 1548/AB bis 1614/AB;

Berichtigung zur Anfragebeantwortung: Zu 1559/AB.

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (479 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Energieabgabenvergütungsgesetz geändert wird (478 d.B.),

Bundeshaftungsrechtsbereinigungsgesetz (480 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 28 betreffend „Für die Senkung der UVP-Schwellenwerte und die Er­weiterung der Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren von Windkraftprojekten“, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 29 betreffend „Zur Unterstützung der Mobilfunkpetition vom 7. Mai 2003 der WHO und der Europäischen Kommission“, überreicht vom Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner,

Petition Nr. 30 betreffend „Gegen ungerechte Benachteiligung der steirischen Kürbis­bäuerinnen und Kürbisbauern durch die geplante nationale Umsetzung der GAP-Reform“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,

Petition Nr. 31 betreffend „Unterstützung für die gemeinsamen Probleme in der Europa-Region-Tirol“, überreicht vom Präsidenten des Nationalrates Dr. Andreas Khol sowie von den Abgeordneten Helga Machne, Dr. Michael Spindelegger, Mag. Dr. Alfred Brader, Mag. Karin Hakl, Klaus Wittauer, Johann Ledolter, Hermann Krist und Gerhard Reheis,

Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend „Aus für die dreckige Kohle“,

Bürgerinitiative Nr. 16 betreffend „Das Bundes-Tierschutzgesetz und die Zukunft unseres ländlichen Raums“.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 40

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Übereinkommen auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollverwaltungen samt Erklä­rungen (477 d.B.),

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Moldau zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (494 d.B.),

Antrag 396/A (E) der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzausgleich mit Rücksicht auf die finanzielle Situation der Gemeinden;

Rechnungshofausschuss:

Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (III-77 d.B.);

Umweltausschuss:

Änderung des Montrealer Protokolls über Stoffe, die zu einem Abbau der Ozonschicht führen (503 d.B.).

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 6 bis 10, 12 bis 14 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall. Daher gehen wir so vor.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und die Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158, Freiheitliche 108, Grüne 117 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Vorschlag der Präsidialkonferenz.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihm zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

1. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (399 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitszeitgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (483 d.B.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 41

2. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 347/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Freistellung für Väter anlässlich der Geburt eines Kindes (Vaterschutzmonat) (484 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zum Wort gemeldet hat sich Abgeordnete Mandak. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


10.12

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Recht auf Teilzeit von Eltern – da müsste man eigentlich annehmen, dass wir Grünen da heraußen stehen und uns freuen, jubilieren, sagen: Super, tolle Sache, darauf haben wir schon lange gewartet, das haben wir immer vertreten, möchten wir gerne! Und trotzdem ist es nicht so. Ich möchte Ihnen gerne erläutern, warum das nicht so ist, und ich möchte Ihnen auch gerne erläutern, warum wir Ihrem Antrag, so wie er vorliegt, nicht zustimmen können und nicht zustimmen werden.

Es ist ja oft so in der politischen Debatte, dass man davon spricht, dass das berühmte Glas Wasser halb voll oder halb leer ist. Und jetzt zeige ich Ihnen einmal, was Sie mit diesem Gesetz derzeit machen. (Die Rednerin nimmt ein Glas zur Hand und füllt es zu einem Drittel mit Wasser.) Sie machen so ein Gesetz. Da ist keine Rede von halb voll oder halb leer, sondern das ist ein Gesetz, das vergleichbar ist mit einem Glas, das in etwa zu einem Drittel voll ist, aber nicht mehr. Wenn Ihnen das als politische Ansage genügt, wenn Sie glauben, dass das in dieser Form ein gutes Gesetz ist, dann muss ich Ihnen sagen, wir glauben das nicht! Wir sind der Meinung, dass das Glas zu­mindest halb voll sein muss oder idealerweise ganz voll oder zu 80 Prozent gefüllt sein muss. Sie sehen hier den großen Unterschied, der besteht, der es uns einfach unmöglich macht, diesem Gesetz in der derzeitigen Form zuzustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

Warum? – Bei diesem Gesetz betreffend Recht auf Elternteilzeit geht es darum, dass Eltern von Kindern bis zu sieben Jahren ein Recht darauf haben, nur Teilzeit erwerbs­tätig zu sein. Sie machen das Recht abhängig davon, dass diese Eltern in einem Betrieb arbeiten, der mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat. Und jetzt haben wir das große Problem, dass allein auf Grund dieser Regelung 92 Prozent der öster­reichischen Betriebe nicht unter diese Regelung fallen. 92 Prozent der Betriebe fallen nicht darunter! In 92 Prozent der Betriebe werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit von diesem Gesetz ausgegrenzt. Es ist somit ein ungerechtes Gesetz. Denn wie kommen die Menschen dazu, die zufällig in einem kleineren Betrieb arbeiten, von einem an und für sich guten Gesetz nicht profitieren zu können?

Es ist so, dass zwei Drittel der weiblichen Angestellten in Österreich von diesem Ge­setz nicht profitieren werden. Zwei Drittel! (Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!) Das stimmt, diese Zahlen stimmen (Abg. Steibl: Nein, das sind die Zahlen von der Arbeiterkammer! Der Hauptverband hat das widerlegt!), und wir haben den Gegen­beweis bis heute nicht bekommen. Es ist auch klar, dass ein Drittel der weiblichen Angestellten kürzer als drei Jahre im Betrieb beschäftigt ist. Das heißt, diese Gruppe fällt auch wieder aus den Bestimmungen heraus. (Abg. Steibl: Das stimmt auch nicht! ... zwei Jahre eingerechnet!) Und der Kreis all derer, die dieses Recht tatsächlich in Anspruch nehmen könnten, verringert sich immer mehr und immer mehr, und zum


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 42

Schluss bleibt laut Synthesis-Untersuchung übrig, dass 77 Prozent aller Beschäftigten zwischen 20 und 45 Jahren von diesem Anspruch ausgenommen sind. 77 Prozent!

Sie sagen, das stimmt nicht. Minister Bartenstein hat im Ausschuss erklärt: Das stimmt alles nicht, zwei Drittel der in Frage kommenden Elternteile haben einen Rechts­anspruch! – Nur, die Zahlen ist er uns schuldig geblieben. Und er hat noch etwas gesagt: Die Arbeiterkammerzahlen verwende ich nicht gerne, besonders zu Wahl­kampf­zeiten!

Herr Minister! Die Arbeiterkammer ist eine Interessenvertretung, die seriös arbeitet (Abg. Dr. Fekter: Die sozialistisch arbeitet! – Abg. Wattaul: Zwangsmitgliedschaft!), und ich sehe überhaupt keinen Grund dafür, dass Sie Zahlen der Arbeiterkammer einfach in Frage stellen, ohne gleichzeitig Ihre Zahlen auf den Tisch zu legen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte noch andere Aspekte ansprechen. Es gibt noch einen ganz großen Nach­teil dieses Gesetzes, auf den dann meine Kollegin Weinzinger sicher noch eingehen wird. Sie haben in Ihrem Regierungsprogramm ganz groß das Gender Mainstreaming verankert. Sie haben den Menschen in Österreich versprochen, dass Sie die Gesetze daraufhin anschauen werden, inwieweit sie Männern und Frauen zugute kommen. Dieses Gesetz benachteiligt Frauen noch einmal, weil mehr Frauen als Männer nicht darunter fallen. Das ist Ihnen offenbar gleich.

Ein ganz wichtiger Punkt, wo uns klar ist, dass es länger brauchen wird, diesen zu lösen, der aber dringend angegangen werden muss, ist die Tatsache, dass Lehrlinge nicht in die Bestimmungen hineinfallen. Das heißt, dass genau jene, bei denen es ganz wichtig ist, dass sie einen Berufsabschluss machen beziehungsweise nachholen können, keine Möglichkeit dazu haben, weil sie nur Vollzeit erwerbstätig sein können. Auch ein Punkt, wo dringend Handlungsbedarf besteht.

Was Sie noch mit diesem Gesetz nicht verabschiedet haben, was es aber unbedingt braucht, das sind Begleitmaßnahmen für Väter, die gefördert werden müssen, damit sie verstärkt diese Teilzeitarbeit in Anspruch nehmen. Sonst haben wir nämlich die Situation, dass sie wieder nur von Frauen in Anspruch genommen wird, und das ist dann etwas, was den Frauen im Endeffekt auf den Kopf fällt, was zu weiteren Be­nachteiligungen führt. Hier ist ganz klarer Handlungsbedarf gegeben. (Beifall bei den Grünen.)

Wir reden aber nicht nur davon, dass das Gesetz ungerecht ist, und tun nichts. Wir haben einen Abänderungsantrag eingebracht, mit dem wir die zwei wesentlichen Kernpunkte des Gesetzes aufmachen und es zu einem gerechten Gesetz machen. Und wenn Sie ein Interesse an einem gerechten Gesetz haben, das dem überwie­genden Großteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wirklich nützt, dann bitte ich Sie, diesen Abänderungsantrag zu unterstützen. Er zielt darauf ab, dass diese Rege­lung der 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pro Betrieb aufgehoben wird, dass also auch die restlichen 92 Prozent der Betriebe hineinfallen. Und der zweite Punkt ist, dass die dreijährige Betriebszugehörigkeit entfällt und dass damit wirklich alle Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer in diesem Gesetz erfasst sind und nicht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen wird, so wie es derzeit der Fall ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ganz kurz noch ein Wort zum Antrag betreffend den Vaterschutzmonat, der ja auch unter diesem Tagesordnungspunkt mit behandelt wird. Wir unterstützen diesen Antrag der Sozialdemokratischen Partei, weil wir glauben, dass es gut und richtig ist, wenn Väter im ersten Monat nach der Geburt bei den Kindern sein können. Es gibt immer wieder die Diskussionen, soll es der erste Monat sein, soll er es nicht sein. Der erste Monat ist ein wichtiger, weil er auch für die Mütter ein sehr wichtiger ist. Wenn sie dann


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 43

erleben, wie sich die Väter um die Kinder kümmern, ist das ein großer Schritt in die richtige Richtung. Die Väter sind dann auch vertrauter mit den Kindern. Es ist uns aber klar, dass das nur ein Mosaikstein sein kann, ein Mosaikstein in einer ganzen Palette von Maßnahmen, die wir dringend brauchen, damit Beruf und Familie besser unter einen Hut zu bringen sind. Aber wir unterstützen auf jeden Fall diesen einen Punkt und werden dem Antrag der SPÖ auf Einrichtung eines Vaterschutzmonats gerne zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Mandak eingebrachte Ab­änderungsantrag wurde gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an alle Abge­ordneten verteilt. Er wurde von Frau Abgeordneter Mandak in den Grundzügen hin­reichend dargestellt, ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mandak zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitzeitgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bau­arbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geän­dert werden (399 der Beilagen XXII. GP)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Z. 1: Artikel 1, Abschnitt 6:

1. § 15h Absatz 1 erhält die Bezeichnung „§ 15h.“

2. Satz 1 des § 15h lautet: „Die Dienstnehmerin hat einen Anspruch auf Teilzeit­beschäftigung längstens bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder einem späteren Schuleintritt des Kindes.“

3. Die Absätze 2, 3 und 4 des § 15h entfallen.

4. In § 15i entfällt „Abs. 1 oder 4“.

Z. 2: Artikel 2, Abschnitt 3:

1. § 8 Absatz 1 erhält die Bezeichnung „§ 8.“

2. Satz 1 des § 8 lautet: „Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Teilzeitbe­schäftigung längstens bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder einem späteren Schuleintritt des Kindes.“

3. Die Absätze 2, 3 und 4 des § 8 entfallen.

4. In § 8a entfällt „Abs. 1 oder 4“.

Z. 3: Artikel 3:

1. § 26j Absatz 1 erhält die Bezeichnung „§ 26j.“

2. Satz 1 des § 26j lautet: „Der Dienstnehmer hat einen Anspruch auf Teilzeit­beschäf­tigung längstens bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder einen späteren Schuleintritt des Kindes.“

2. Die Absätze 2, 3 und 4 des § 26j entfallen.

3. In § 26k entfällt „Abs. 1 oder 4“.

4. § 105f Absatz 1 erhält die Bezeichnung „§ 105f“.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 44

5. Satz 1 des § 105f lautet: „Die Dienstnehmerin hat einen Anspruch auf Teilzeit­beschäftigung längstens bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder einen späteren Schuleintritt des Kindes.“

6. Die Absätze 2, 3 und 4 des § 105f entfallen.

7. In § 105g entfällt „Abs. 1 oder 4“.

Begründung:

Das Recht auf Teilzeit für Eltern mit Kündigungsschutz und einem Recht auf Rückkehr zur Vollzeitarbeit ist eine Maßnahme, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert – die Grünen fordern eine solche Maßnahme bereits seit Jahren.

Allerdings finden sich in der jetzt vorliegenden Regierungsvorlage 2 gravierende Probleme, die das Recht auf Teilzeit für Eltern aushöhlen: Die Reduktion des Rechts auf Teilzeit auf Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten und die Voraussetzung einer mindestens 3jährigen Betriebszugehörigkeit .

Diese 2 Voraussetzungen sind unnötig streng und bewirken, dass die Regelung für die überwiegende Zahl erwerbstätiger Eltern nicht zum Tragen kommt. Daher sollten diese Bestimmungen dahingehend verändert werden, dass alle DienstnehmerInnen das Recht auf Elternteilzeit in Anspruch nehmen können – unabhängig von Betriebsgröße oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Diese Änderungen sieht der vorliegende Antrag vor.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Steibl. Wunsch­redezeit: 8 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.20

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ein Gesetz ist immer eine Anwendungssache. Das, was von meiner Kollegin soeben dargestellt wurde, ist vielleicht die Ansicht der Grünen. Ich erlaube mir jetzt einfach, Ihnen einmal den Inhalt der Ausschussvorlage zur Kenntnis zu bringen.

Die heute zu beschließende Regierungsvorlage zur Elternteilzeit stellt einen weiteren wesentlichen Beitrag im großen Maßnahmenpaket dieser Regierung zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie dar. Es sind jetzt schon 67 Prozent aller Mütter von Kleinkindern in Österreich berufstätig. Wir liegen damit nach Schweden, Norwegen und Belgien an dritter Stelle.

Von Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel bei den „ORF-Sommergesprächen 2003“ angekündigt und von Bundesminister Dr. Martin Bartenstein in Kooperation mit den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmervertretern verhandelt wird es nun ab 1. Juli 2004 einen Rechtsanspruch auf Elternteilzeit bis zur Vollendung des 7. Lebensjahr eines Kindes bei gleichzeitigem Recht auf Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit geben. Voraussetzung für diesen Rechtsanspruch sind ein Arbeitsplatz in einem Betrieb mit mehr als 20 Beschäftigten – ja, das stimmt! – und eine mehr als dreijährige Betriebs­zugehörigkeit – wobei aber die Zeiten des Mutterschutzes von acht Wochen und die Zeiten der Karenz bis zu zwei Jahren und letztendlich auch die Zeit der Schwan­gerschaft eingerechnet werden, also reduziert sich diese Zeit auf fünf bis sechs Monate. Auch das muss hier einmal klar dargestellt werden!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 45

Es müssen lediglich die Rahmenbedingungen, wie Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Arbeitszeit, mit dem Arbeitgeber beziehungsweise der Arbeitgeberin vereinbart werden. Wird über die Modalitäten der Teilzeit keine Einigung erzielt, kann der Arbeitgeber beziehungsweise die Arbeitgeberin nach einem innerbetrieblichen Vor­verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht ein gerichtsanhängiges Verfahren, sozu­sagen einen Vergleich beantragen. Erst nach einem eventuellen Scheitern – das glau­be ich aber nicht, weil ich denke, dass es gerade dem Arbeitgeber wichtig ist, Arbeit­nehmer und Arbeitnehmerinnen zu haben, die Freude am Beruf haben – ist eine Klage bei Gericht möglich.

Auf den Punkt gebracht, sehr geehrte Damen und Herren, heißt das: Bei über 20 Be­schäftigten muss ein Betrieb nachweisen, warum er möglicherweise seinen Arbeit­nehmern oder seinen Arbeitnehmerinnen einen Anspruch auf Teilzeit bis zum Ende des 7. Lebensjahres des Kindes nicht gewährt.

Jetzt kommt das, was Sie immer wieder vergessen wollen: In kleineren Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten bleibt das derzeit geltende Verfahren unverändert. Das heißt: Eine Teilzeitbeschäftigung einschließlich Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Arbeitszeit kann bis zum vierten Geburtstag des Kindes mit dem Arbeitgeber bezie­hungsweise der Arbeitgeberin vereinbart werden. Einen Unterschied zu den Betrieben mit über 20 Mitarbeitern gibt nur bei einer Nichteinigung über eine Regelung zur Teil­zeit­beschäftigung. In diesem Fall muss weiterhin der Arbeitnehmer oder die Arbeit­nehmerin eine Klage einbringen. In der Praxis wird das aber nicht geschehen, denn wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander nicht auskommen, dann ist es eigentlich auch nicht machbar, dort weiterhin zu arbeiten. Teilzeit kann jedoch in kleinen Betrieben auch mittels Betriebsvereinbarung festgelegt werden. In diesem Fall sind dann die Personalvertreter zuständig oder sie können sich einklinken.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die Opposition nun meint, diese Elternteil­zeitregelung sei eine Rumpfregelung, dann muss ich sagen: Beide Oppositions­parteien, sowohl SPÖ als auch Grüne, wollen nicht zugeben, dass diese Regierung damit eine exzellente familienpolitische Maßnahme setzt. Ich habe mir auch nichts anderes erwartet. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Es war dies ursprünglich – und ist es natürlich noch immer – eine Forderung von SPÖ und Grünen, und ich danke der SPÖ, dass sie doch bei dem halb vollen Glas – es ist nur halb leer – mitgeht. Danke vielmals!

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zahl jener, welche die Elternteilzeit in Anspruch nehmen können, wird größer sein, als es von der AK und von der Opposition, und zwar vor allem von den Grünen, verlautbart wurde.

Die Mindestbeschäftigungsdauer von drei Jahren vor dem gewünschten Antritt der Teilzeitarbeit wird, wie bereits erwähnt, durch die Anrechnung der Zeit des Mut­terschutzes und der Zeit der Karenz um bis zu zwei Jahre verringert. Das heißt, dass viel mehr Elternteile in den Genuss dieses Anspruches kommen werden. Es wurden ja die von der AK präsentierten Zahlen vom Hauptverband schon widerlegt. In Wirk­lichkeit werden 65 bis 70 Prozent der Beschäftigten in den Genuss dieser Regelungen kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nun zum Vergleich ein Blick nach Schweden, wie es dort mit der Elternteilzeit aussieht. In Schweden haben Eltern bis zum 12. Lebensjahr ihres Kindes das Recht, ihre Arbeitszeit auf bis zu sechs Stunden pro Tag zu verkürzen – also eine starre Verkürzungsmöglichkeit –, aber es gibt kein allgemeines Recht auf Teilzeitarbeit, wie bei uns nun vorgesehen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 46

Gestatten Sie mir nun einige Anmerkungen zur Forderung der SPÖ betreffend Frei­stellungen für Väter, und zwar zur Forderung, anlässlich der Geburt eines Kindes einen Vaterschutzmonat einzuführen.

Richtig ist, dass die Erziehung und die Betreuung von Kindern in den letzten Jahren vermehrt zu einer gemeinsamen Aufgabe von Müttern und Vätern geworden ist. Derzeit hat in der Regel der Vater bei der Geburt eines Kindes einen Anspruch auf Dienstfreistellung nach § 8 Abs. 3 Angestelltengesetz und auch einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Weiters sehen auch zahlreiche Kollektivverträge solche Ansprüche im Ausmaß von zwei bis drei Tagen vor. Schließlich steht den Vätern nach dem Väterkarenzgesetz ein Anspruch auf Karenz bis zum zweiten Geburtstag des Kindes zu. Durch die Möglichkeit der gleichzeitigen Inanspruchnahme von Karenz beim erst­maligen Wechsel der Betreuungsperson soll insbesondere dem Vater die Übernahme der Betreuung des Kindes erleichtert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es besteht auch die Möglichkeit, betrieblich bezie­hungsweise kollektivvertraglich eine Vereinbarung über eine eventuelle Ausweitung des Pflegeurlaubs zu treffen oder auch einen Sonderurlaub anlässlich der Geburt eines Kindes einzuführen. Ich denke, der Verhandlungskraft der Sozialpartner wird da niemand im Wege stehen, denn ein per Gesetz verordneter Vaterschutzmonat könnte rasch zu einer Demotivation seitens der Wirtschaft in Bezug auf die Einstellung von Männern im fruchtbaren Alter kommen. Das will wohl niemand – oder? Denn: Unser Land braucht Kinder! – Ich habe das in Richtung meiner Wirtschaft gemeint, der ich trotzdem dankbar bin, dass sie dem Elternteilzeitgesetz zustimmt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Sburny: Das ist doch das, was jetzt bei den Frauen der Fall ist!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Beruf und Familie dürfen einander nicht im Wege stehen! Die vielen Maßnahmen, wie das Kinderbetreuungsgeld, die Familien­hospizkarenz, das Paket zugunsten der Familien in der vor kurzem beschlossenen Steuerreform, die Erhöhung bei der Nachmittagsbetreuung an den Schulen um 20 Pro­zent, der Wettbewerb „frauen- und familienfreundlichste Betriebe“, Familienaudit und vieles andere mehr, zeigen, dass Österreich mit seinen Aktivitäten, mit seinen Maß­nahmen in Bezug auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf an der Spitze liegt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie ist es jetzt so schön in einer großen Zeitung gestanden: Politik braucht ein Versprechen und Politiker, die dieses einlösen. – Diese Regierung macht dies! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

10.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun gelangt Herr Abgeordneter Öllinger ans Rednerpult. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeordneter.

 


10.29

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schön waren die Worte der Kollegin Steibl, als sie sagte, „Beruf und Familie dürfen einander nicht im Wege stehen“. Oh, das geht hinunter wie Butter! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Nur: Mit der Realität hat das relativ wenig zu tun, Kollegin Steibl, das ist das Problem! (Beifall bei den Grünen.) – So weit Problem Nummer eins.

Nun zum Problem Nummer zwei: Das Recht auf Teilzeit – natürlich, eine Supersache! Aber, bitte, allen Frauen und auch Männern, die dieses Recht in Anspruch nehmen wollen, unbedingt, vielleicht kostenlos, weil Sie das ja verursacht haben, einen Termin­planer mitgeben, denn welche Fristen da damit verbunden sind, die man nicht ver­säumen darf, die man unbedingt einhalten muss, um das Recht auf Teilzeit mit der Kinderbetreuung, mit dem Kinderbetreuungsgeld, mit den Karenzzeiten kombinieren zu können, ist sagenhaft! Also in den ersten zwei, drei Lebensjahren des Kindes gibt es


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 47

schon einerseits das Problem der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Beruf, wenn man weiterhin in Beschäftigung sein will, und andererseits das Problem – ein Riesen­problem – mit den Schutzfristen, Regelungen, Voranmeldungen, mit den Fristen, die Sie da bei der Karenz, beim Kinderbetreuungsgeld, beim Mutterschutz, bei der Mel­dung der Schwangerschaft, beim Eintritt in das Recht auf Teilzeit vorschreiben. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Fekter.)

All das ist nicht wenig, sage ich Ihnen! (Abg. Lentsch: Aber es funktioniert!) Dabei gibt es leider auch – und das ist das nächste Problem! – gewaltige Lücken! Aber vorerst noch einmal zum eigentlichen Rechtsanspruch.

Recht auf Teilzeit – super! Aber, bitte, für alle, weil die Notwendigkeit, das vereinbar zu machen, nicht nur für Beschäftigte in größeren Betrieben gilt, sondern auch für die Frauen und Männer in Kleinbetrieben, die haben auch das Recht, das vereinbar zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Familie trennt sich nicht in eine Familie, die einem Großbetrieb zugehörig ist, und eine Familie, die einem Kleinbetrieb zugehörig ist, sondern in der Familie gibt es Kinder, die betreut werden müssen. – Okay, super!

Es ist schon gesagt worden, es gilt nur für Betriebe mit über 20 Beschäftigten. Auf Deutsch heißt das: für einen Betrieb mit wenigstens 21 Beschäftigten. 20 Beschäftigte reichen da nicht aus – um auch das klarzustellen! –, sondern mindestens 21 Beschäf­tigte braucht es, und zwar muss diese Zahl von 21 Beschäftigten dauerhaft und über das Jahr gerechnet erreicht werden, sonst heißt es, wenn es nur kurzfristig ist: Pech gehabt, liebe Frau oder lieber Mann!

Zweiter Punkt: Drei Jahre Betriebszugehörigkeit. – Okay, diese Regelung ist auch etwas verbessert worden.

Dritter Punkt – und da frage ich mich wirklich, was Ihnen da eingefallen ist –: Wenn der andere Familienpartner, Lebenspartner oder -partnerin auf Karenz ist, dann gibt es kein Recht auf Teilzeit. Ja warum denn nicht?

Jetzt stellen Sie sich folgenden sehr realistischen Fall vor: Es hat eine Frau ein Kind bekommen und Karenzzeit beansprucht, und der andere Partner möchte wegen des ersten Kindes sein Recht auf Teilzeit beanspruchen. – Das geht nicht! Verboten! Das verbieten Sie! Warum? Aus welchem praktischen Grund heraus? Gerade da müsste es eine Vereinbarkeit geben oder möglich gemacht werden. Sie aber sagen: Wenn der eine auf Karenz ist, darf der andere nicht Teilzeit arbeiten! (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Herr Bundesminister, Sie können das ja richtig stellen!

Der andere Punkt: Ich habe vorhin von unterschiedlichen Fristen gesprochen. Sie soll­ten, wenn Sie das so wollen, das auch deutlich sagen! Wir haben in Österreich eine Karenzzeit von zwei Jahren und ein Kinderbetreuungsgeld, das in der Regel 30 Mo­nate für die Frau plus sechs Monate für den anderen Partner gilt. So ist es ge­dacht! Wir haben jetzt ein Recht auf Teilzeit, das im Anschluss an eine Karenzzeit oder an eine Kinderbetreuungsphase in Anspruch genommen werden kann. Nur: Wenn die Frau vorher beschäftigt war und jetzt die Kinderbetreuungsphase von 30 Monaten ausleben will, dann hat sie Pech gehabt, dann fällt sie nämlich in ein Kündigungs­fristenloch hinein, weil die Schutzfrist nach der Karenzzeit, weil der Kündigungsschutz nach zwei Jahren und vier Wochen endet und aus dem Rechtsanspruch auf Teilzeit der Kündigungsschutz frühestens vier Monate vor Antritt beginnt. (Abg. Steibl: Das stimmt ja nicht!) Also wenn die Frau 30 Monate Kinderbetreuungsgeld beanspruchen will, dann fällt sie in eine Kündigungsfristenlücke hinein. Das ist ein Riesenproblem!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 48

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie sollten so viel Mut haben, den Frauen zu sagen: Wenn ihr weiterhin beschäftigt werden wollt, dann habt ihr Pech beim Kinderbetreuungsgeld, dann könnt ihr es nicht voll aus­schöpfen, das wollen wir nicht! (Abg. Steibl: Das stimmt ja nicht!)

Das sagen Sie aber nicht! Sie begünstigen indirekt entweder das völlige Zuhause­bleiben, da bieten Sie den vollen finanziellen Anreiz, aber wenn die Frau nach der Karenz auf Teilzeit gehen will, dann muss sie zumindest auf ein paar Monate Kinder­betreuungsgeld verzichten, damit sie Teilzeit arbeiten und nicht gekündigt werden kann. – Das halte ich prinzipiell für falsch!

Sie sollten so ehrlich sein und den Müttern und Vätern in Österreich sagen: Wir haben ein Riesenproblem, wenn ihr zu lange in Karenz oder in der Kinderbetreuungsphase bleibt! Ihr solltet nach unserer Meinung früher mit der Teilzeit anfangen, wir begüns­tigen das!

Sie begünstigen das aber nicht, sondern Sie begünstigen nach wie vor über die maxi­male Dauer des Kinderbetreuungsgeldes, wenn man zu Hause bleibt, das Zuhause­bleiben. – Das ist der falsche Ansatz! Der setzt sich auch in diesem Gesetz einmal mehr fort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb bringen wir folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Karl Öllinger, Sabine Mandak, Kollegen und Kolleginnen zur Regie­rungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Vä­ter-Karenzgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitszeitgesetz, das Ange­stell­tengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abferti­gungs­gesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (399 der Beilagen, XXII. GP)

Der Nationalrat wolle beschließe:

Z. 1: Artikel 1, Abschnitt 6:

Der erste Satz des § 15n Absatz 1 lautet:

„Der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß den §§ 10 und 12 beginnt grund­sätzlich mit der Bekanntgabe, frühestens jedoch sechs Monate vor dem beabsichtigten Antritt der Teilzeitbeschäftigung“.

Z. 2: Artikel 2, Abschnitt 3:

Der erste Satz des § 8f Absatz 1 lautet:

„Der Kündigungs- und Entlassungsschutz beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung, frühestens jedoch sechs Monate vor dem beabsichtigten Antritt der Teilzeitbeschäftigung, nicht jedoch vor der Geburt des Kindes.“

Z. 3, Artikel 3:

Der erste Satz des § 26p (Grundsatzbestimmung) Absatz 1 lautet:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 49

„Der Kündigungs- und Entlassungsschutz beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe der Teilzeitbeschäftigung, frühestens jedoch sechs Monate vor dem beabsichtigten Antritt der Teilzeitbeschäftigung, nicht jedoch vor der Geburt des Kindes.“

*****

Das klingt alles furchtbar bürokratisch, aber die Fristen sind, wie ich schon gesagt habe, ein Hammer. Da muss die Frau permanent einen Terminplaner dabei haben, damit sie nicht hineintappt.

Sie könnten das wesentlich einfacher regeln – auch einfacher als in diesem unseren Abänderungsantrag –, Sie müssten nur über diese für Sie offensichtlich ideologische Hürde drüberspringen und den Kündigungsschutz bei der Karenzphase anstatt auf zwei Jahre und vier Wochen auf zwei Jahre und zwei Monate festlegen, also um fünf Wochen ausweiten. Dann würden die Frauen nicht in das Loch mit den Kündigungs­fristen hineinfallen.

Das wollen Sie aber nicht, das können Sie nicht, weil Sie ganz offensichtlich nach wie vor lieber haben, dass die Frauen zu Hause bleiben. Es wäre besser, unter geförderten Umständen für alle gleich Teilzeitarbeit einzuführen und so Kind und Beruf vereinbarer zu machen. (Beifall bei den Grünen.)

10.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von den Abgeordneten Karl Öllinger, Sabine Man­dak, Kollegen und Kolleginnen eingebrachte Abänderungsantrag wurde verlesen, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


10.38

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Recht auf Teilzeitarbeit für Eltern von Kindern im Vorschulalter ist seit vielen Jahren ein Anliegen der SPÖ, aber das, was heute hier vorliegt, was wir heute hier beschließen werden, ist kein Rechtsanspruch auf Teilzeit, ist nicht die Erleichterung, die sich viele junge Eltern in dieser Lebensphase vorgestellt haben, sondern es ist nur ein Schritt in diese Richtung, aber das ist es immerhin. Es ist wichtig, dass sich in diese Richtung überhaupt etwas bewegt und weitergeht.

Es ist zum einen einmal kein Rechtsanspruch. Es ist nach wie vor die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen. Daher kann man von einem Rechtsanspruch nicht sprechen. Es ist eine Vereinbarung, nicht wesentlich besser, als man sie heute auch treffen könnte.

Der zweite wichtige Punkt ist, dass durch verschiedene Bestimmungen, die zu beachten sind, nur sehr wenige dieses Recht wirklich in Anspruch werden nehmen können, und zwar, wie bereits erwähnt, vor allem deshalb, weil dieser Anspruch an die Bedingung geknüpft ist, dass eine Betriebsgröße von über 20 Mitarbeitern bestehen muss. Schauen Sie sich einmal die Betriebsstruktur in Österreich an!

Dann werden Sie sehen, dass 92 Prozent der Betriebe ausgeschlossen sind. Das ist der Punkt! Dazu kommt die Betriebszugehörigkeit von drei Jahren – sehen Sie sich die Mobilitätsansprüche an, die an die Arbeitnehmer gestellt werden! –, dazu kommt, dass der Partner/die Partnerin nicht in Karenz sein kann.

Alles in allem kommt einem das so vor, als hätte man mit der Wirtschaft das Über­einkommen geschlossen: Wir werden es schon so konstruieren, dass es ohnehin nur


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 50

wenige in Anspruch nehmen können. – Das ist natürlich einer der Kritikpunkte von unserer Seite, der weiterhin aufrechtzuerhalten ist.

Zum Dritten fehlen entscheidende Rahmenbedingungen, um diesen Rechtsanspruch auch tatsächlich lebbar zu machen:

Zum Beispiel die Zuverdienstgrenze, also dass jemand, der qualifizierte Teilzeitarbeit macht, das durch eine Änderung bei der Zuverdienstgrenze auch wirklich in Anspruch nehmen kann.

Oder der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. Gerade für unter Dreijährige fehlen uns viele Kinderbetreuungsplätze. Sogar in der Stellungnahme der Wirtschafts­kammer zum vorliegenden Gesetzentwurf wird dieser Punkt hervorgehoben und der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, von dem sich ja die Bundesebene leider völlig verabschiedet hat, eingefordert.

Grundsätzlich ist der Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit sehr, sehr wichtig – ein wichtiger Schritt zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ein wichtiger Schritt, um auch die Väter mehr in die Verantwortung zu bringen, die hoffentlich junge Väter in steigendem Maße übernehmen wollen. Wir sind der Meinung, dass Väter eher bereit sind, die Arbeitszeit ein bisschen zu reduzieren, als völlig auszusteigen und in Karenz zu gehen.

Das wäre ein wichtiger Schritt auf diesem Weg – auch für Frauen sehr wichtig, weil sie früher in den Beruf zurückkehren könnten. Sie könnten mit einem Bein im Job bleiben, hätten aber doch mehr Zeit, sich um das Kind zu kümmern. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Also alles in allem, sehr geehrte Damen und Herren, bleiben unsere Kritikpunkte, die wir durchaus mit der grünen Fraktion teilen, aufrecht. Wir haben uns aber schweren Herzens dazu entschlossen, diesem Antrag zuzustimmen, weil es ein zwar viel zu kleiner Schritt, aber doch ein Schritt in die richtige Richtung ist. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich noch ergänzen: Wir werden aber einen sehr umfangreichen Abän­derungsantrag zu diesem Modell einbringen – eine meiner Kolleginnen wird das tun –, in dem wir ganz klar unser Modell auf den Tisch legen werden, und da werden Sie sehen, welch umfassende Maßnahme wir uns vorgestellt hätten.

Zum zweiten Punkt, der hier zur Debatte steht: zum Vaterschutzmonat. Auch das ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, ein Anliegen, das von vielen jungen Eltern geteilt wird. Da geht es schlicht und einfach darum, den Vätern die Möglichkeit zu geben, sich, wenn ein Kind auf die Welt kommt, einen Monat freistellen zu lassen, um in dieser sehr wichtigen Lebensphase zu Hause zu sein, um einerseits eine Beziehung zum Kind aufzubauen – es ist sehr wichtig, dass die Kinder auch eine tiefere Beziehung zu ihren Vätern aufbauen können und die Väter eine tiefere Beziehung zu ihren Kindern – und andererseits in dieser intensiven Umbruchsphase in der Familie auch die Frau, die die Hauptlast in dieser Übergangsphase zu tragen hat, zu unterstützen. Drittens sollten die Männer ihre Rolle als Väter verantwortungsvoll wahrnehmen können.

Es soll nicht in Beziehungen, die vormals partnerschaftlich geführt worden sind, auf einmal dadurch, dass die Frau zu Hause bleibt und der Mann weiter arbeiten geht, alles auf den Kopf gestellt werden, und es sollen nicht wieder alte Rollenmuster auf­leben, sondern es soll in dieser neuen Lebensphase auch die partnerschaftliche Teilung von Erziehungsarbeit, von Hausarbeit gelernt werden.

Es ist sehr schade, dass Sie sich nicht aufraffen konnten, dieses Modell zu unter­stützen, aber ich sehe es zumindest als Anfang einer Debatte. Es braucht Zeit, aber ich


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 51

denke, auch Sie merken in vielen Diskussionen, dass das jungen Leuten ein Anliegen ist. – Wir werden dieses Thema sicher noch öfter miteinander diskutieren. (Beifall bei der SPÖ.)

10.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


10.45

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir sind beim nächsten Kapitel aus dem politischen „Neusprech“ dieser schwarz-blauen Bundesregierung und haben ein Recht auf Teilzeit, das kein Recht ist, und ein Recht, das nicht für alle gilt. Wenn Ihre Rechte so ausschauen, dann wäre es mir lieber, Sie verabschieden sich davon, uns diese Rechte zu geben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Gehen Sie wieder demonstrieren hinaus, das ist gescheiter!)

Recht erhellend waren die Ausführungen der Kollegin Ridi Steibl (Abg. Großruck: Sie weiß, wovon sie redet!), die in ihrem Statement eindeutig nur von den Müttern von Kleinkindern gesprochen hat. Ich darf die Damen und Herren von ÖVP und FPÖ daran erinnern: Dazu, dass es ein Kleinkind gibt, sind im Regelfall ein Mann und eine Frau notwendig, und eine Familie besteht aus Vater, Mutter und Kind – nicht aus Mutter und Kind im Regelfall, wie Sie ihn offenbar sehen. (Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Wattaul: Ganz was Neues!)

Nach unserem Verständnis wäre Familie durchaus anders definiert, nur können Sie sich dem nicht anschließen. Das ist das Problem. (Beifall bei den Grünen.) Aber dass Sie nicht einmal Ihr Konzept durchhalten, das finde ich schon „bewundernswert“.

Ich halte fest: Es geht der Regierung offensichtlich nur darum, was Mütter mit den Kindern tun können sollen und wie viel Zeit oder Erwerbsmöglichkeiten ihnen daneben zugestanden werden. Da haben Sie jetzt einen Schachzug gemacht, indem Sie eine gute Idee der Opposition aufgegriffen haben aus Zeiten, in denen sie nicht einmal nur Opposition war, und sie kosmetisch optimal verpacken.

Wenn Sie ein so genanntes Recht einführen, das für einen Bruchteil der Beschäftigten gilt – Sie reduzieren das auf eine Handvoll von Betrieben, die diese Kriterien erfüllen, auf eine Handvoll von Personen, die diese Kriterien erfüllen –, und dann noch büro­kratische Latten einziehen, dass nicht einmal alle Anspruchsberechtigten jemals in die Lage versetzt werden, ihre Ansprüche geltend zu machen, dann schaffen Sie ganz bewusst und absichtlich ein Minderheitenprogramm und nicht ein allgemeines Recht auf Teilzeit. (Beifall bei den Grünen.)

Was ich bemerkenswert finde – mein Kollege Öllinger hat das schon ausführlich dar­gestellt –, ist, wie Sie Ihre Anreize gestalten: nämlich so, dass sie schon fast zu Vorgaben und Bevormundungen werden, wie Menschen in Österreich Familie zu leben haben. Statt in der Kinderbetreuungs- und Familienpolitik im Interesse der Menschen zu flexibilisieren und zu sagen: Es gibt staatliche Möglichkeiten auf Kinderbetreuungs­geld, Karenzzeiten, Teilzeitansprüche, die ihr euch, so wie es zu eurem Familien­verständnis und -modell passt, entsprechend organisieren könnt!, gehen Sie her und sagen: Wer beim Kind zu Hause ist, darf auf keinen Fall einigermaßen brauchbar dazuverdienen; Kinderbetreuungszeit und gleichzeitig Teilzeit des Partners geht auch nicht, und so weiter.

Sie bevormunden Menschen also dabei, wie sie Familie zu leben haben, aber nicht einmal deshalb, weil es Ihnen mit Ihren ideologischen Bedürfnissen in den Kram passt, sondern in Wirklichkeit geht es Ihnen um wirtschaftliche Faktoren. Das hat bei der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 52

letzten Sitzung ein Redner Ihrer Fraktion klipp und klar festgehalten. Es geht darum, dass die Frauen nicht so stark auf den Arbeitsmarkt drängen und dort den Männern zu viel Konkurrenz machen. Daher sollen sie lieber zu Hause bei den Kindern bleiben. (Widerspruch von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

Nennen wir die Dinge doch beim Namen! Ich weiß schon, das passt in Ihren politischen „Neusprech“ nicht hinein. Faktum ist aber, dass Sie genau eine solche Politik be­treiben. (Abg. Steibl: Was politisch nicht passt, ist, wenn man wirklich das sagt, worum es geht!)

Oder sagen Sie mir doch einmal, wo Ihre Anreize dafür sind, dass Männer verstärkt Kinderbetreuungs- und Familienarbeiten wahrnehmen! Wo ist Ihr großer Fortschritt bei der Väterkarenz? Wo ist Ihr großer Fortschritt bei der Steigerung der Erwerbsquote von Frauen, insbesondere nach Kinderpausen? Wo sind die Maßnahmen, mit denen Sie Frauen und die wenigen Männer nach einer Karenzpause beim Wiedereinstieg in den Job unterstützen? – Nichts davon gibt es!

Und da komme ich jetzt zu dem Vorschlag, der heute vorliegt, wie diese Verein­barkeiten besser geregelt werden können. Auch da hat Kollegin Steibl es auf den Punkt gebracht. Sie hat gesagt, ein Vaterschutzmonat komme nicht wirklich in Frage; es wäre eine Demotivation für die Wirtschaft, Männer im fruchtbaren Alter einzustellen, wenn ich das richtig verstanden habe. (Abg. Steibl: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Ich glaube Ihnen sofort, dass Sie das so wahrnehmen, aber, Frau Kollegin Steibl, der Umkehrschluss ist auch eindeutig: Sie finden, Frauen sollen allein das Risiko tragen, dass sie keinen Job finden, weil sie vielleicht Kinder bekommen könnten. Einem Mann ist das nicht zumutbar, finden Sie. (Beifall bei den Grünen.)

Ich finde, Elternschaft ist eine geteilte Aufgabe von Vätern und Müttern, und beide sollten sowohl die Betreuungsaufgaben als auch das Risiko, das das auf dem Arbeits­markt offensichtlich für manche bedeutet, teilen können. Ich sehe beim besten Willen nicht ein, warum sowohl die Arbeit als auch das Risiko praktisch zu 95 bis 100 Prozent bei den Frauen abgelagert werden.

Das ist vielleicht Ihre Politik, aber das ist nicht mein Verständnis davon, wie moderne Familienpolitik ausschaut, und es ist ganz sicher nicht im Interesse der Frauen, die bis heute die Hauptlast von Kinderbetreuung und Familienarbeit zu tragen haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend noch zum Vaterschutzmonat. – Ich finde diese Bezeichnung ja ein bisschen verunglückt, denn ich möchte den Vater ja nicht schützen, ich möchte den Vater einbeziehen. Ich hätte gerne einen Väterbeteiligungsurlaub oder Vaterschafts­urlaub. Es geht jedenfalls darum, dass mit der Geburt des Kindes nicht nur die Mutter aktiv ihre Mutterrolle übernimmt, sondern der Vater auch aktiv seine Vaterrolle und das Familiengefüge sich neu strukturieren kann. Das kann natürlich nicht funktionieren, wenn ein Teil gezwungen ist, abwesend zu sein.

Ich finde es auch relativ merkwürdig, dass man für eine Übersiedelung mehr Tage Freistellung bekommt als für die Geburt eines Kindes. Das ist Ihre Familienpolitik: Wer übersiedelt, dem gesteht man mehr Aufwand an Arbeit zu, als wenn jemand Vater wird! (Abg. Großruck: Vater werden geht schneller als übersiedeln!)

Ich bin daher sehr heftig dafür, einen solchen Vaterschaftsurlaub einzuführen. Ich wür­de mir noch deutlichere Anreize wünschen, als im SPÖ-Antrag enthalten sind, um die Motivation der Väter zu erhöhen, damit sie diesen Monat auch tatsächlich in Anspruch nehmen. Und ich würde auf jeden Fall der Regierung vorschlagen, Flexibilisierungs­politik nicht nur dort zu betreiben, wo es ihren Wirtschaftsunternehmen passt, sondern auch dort, wo es den Familien, den jungen Eltern, den Männern und Frauen in diesem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 53

Land etwas bringt, zum Beispiel bei der Verteilung von Kinderbetreuungszeiten, Aus­zeiten, Elternschaftsurlauben und so weiter.

Da ist Flexibilität gefragt, damit Familie und Beruf für beide Elternteile besser lebbar werden, in beide Richtungen lebbar werden und damit endlich eine moderne Familien­politik in diesem Land Einzug halten kann und nicht Ihre Frauen-zurück-an-den-Herd-Politik weiter betrieben wird. (Beifall bei den Grünen.)

10.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Großruck: So, jetzt spricht eine kompetente Frau!)

 


10.52

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr verehr­ten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Seit Jahren, haben wir gehört, ist es ein Anliegen der SPÖ, Regelungen zur Elternteilzeit zu schaffen. – Wir stellen mit Zufriedenheit fest: Es hat also diese Regierung gebraucht, damit Sie Ihre Wünsche umgesetzt sehen können.

Und es ist in der Tat eine sehr beachtliche Maßnahme, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, nämlich insofern, als es nicht nur darum geht, Kinderbetreu­ungs­einrichtungen zu schaffen, um die Erziehungsaufgaben aus der Familie ein biss­chen in die Gesellschaft zu verlagern, sondern auch darum, die Arbeitswelt familien­freundlicher zu gestalten.

Denn – und das sehen wir in allen Ländern, die eine erfolgreiche Familienpolitik machen –: Es ist immer eine Vielzahl von Maßnahmen, die dazu führt, dass Familien ihre Kinderwünsche realisieren. Der alleinige Ruf nach Kinderbetreuungseinrichtungen, vor allem für sehr kleine Kinder, ist – das möchte ich hier festhalten – nicht der ausschlaggebende Punkt. Schauen Sie sich die Familienpolitik in den nordischen Ländern und in Frankreich genauer an!

Die Familienpolitik dieser Regierung und vor allem auch der Freiheitlichen Partei hat einen völlig pragmatischen Ansatz. Erstens einmal stellen wir fest: Es muss immer ein Bündel von Maßnahmen sein. Familienpolitik ist natürlich eine Querschnittmaterie und braucht deswegen Lösungen auf vielen Gebieten. Und sie darf vor allem keine Vorschriften machen, sondern muss sich an den Bedürfnissen der jungen Eltern orientieren. Das ist auch das, was wir mit Wahlfreiheit meinen.

Was die jungen Eltern wollen, das geht ziemlich unbestritten aus allen Studien hervor. Laut einer sehr repräsentativen Studie, der Gisser-Studie, sagen auf die Frage, was junge Eltern an Vereinbarkeitsmodell wählen würden, könnten sie es ohne ökono­mische Zwänge tun, 8 Prozent der jungen Eltern – Männer und Frauen unterscheiden sich da kaum –, sie wären gerne voll erwerbstätig, wenn die Kinder noch nicht schul­pflichtig sind; 42 Prozent sagen, sie würden gerne Teilzeit arbeiten, und immerhin 50 Prozent – und das muss auch gesagt werden – sagen, sie würden ihre vorschul­pflich­tigen Kinder gerne zu Hause betreuen.

Für diese 42 Prozent, die sich für die Teilzeitarbeit entscheiden würden, ist hier eine sehr, sehr gute Regelung getroffen. Sie haben selber gesagt, das ist eine Verbes­serung für alle, auch für jene, die in kleinen Betrieben arbeiten. Die Aussage, es handle sich hier nur um eine Handvoll von Personen, die davon profitieren, ist natürlich völlig falsch: Es sind zwar 92 Prozent der Betriebe kleine Betriebe – solche mit unter 20 Mit­arbeitern –, aber die Anzahl der Angestellten ist natürlich in den großen Betrieben weitaus höher. Es wird also sehr, sehr vielen Personen zum Vorteil gereichen, vor allem auch deswegen, weil ja in die drei Jahre neuerdings – und das ist ein Unter­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 54

schied zu den Regelungen, die unter Ihrer Regierung geschaffen worden sind – auch die Karenzzeit einzurechnen ist.

Es ist dies also eine umfassende Regelung, und nach der Evaluierungszeit von zwei Jahren wird man feststellen, wie das wirkt. Und es wird Ihnen genauso gehen wie beim Kinderbetreuungsgeld: Sie werden am Anfang polemisieren, dann werden Sie sich ein bisschen einbremsen und konstruktive Abänderungsvorschläge machen, weil Sie fest­stellen werden, dass es den Bedürfnissen der Eltern entspricht. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Wichtig ist allerdings auch – und Politik ist natürlich eine Sache des praktisch Umsetz­baren –, dass jene, die mitspielen müssen, auch mitspielen. Insofern wird es nicht viel nützen, gegen die Wirtschaft zu polemisieren, sondern es wird wichtig sein, die Wirtschaft mit im Boot zu haben. Und ich glaube, dass es auch viele Unternehmen gibt, die anerkennen, dass es gut ist, zufriedene Mitarbeiter zu haben, die anerkennen – sie sind ja nicht nur Wirtschaftsleute, sondern auch Bürger eines Gemeinwesens –, dass eine Gesellschaft, die nicht mehr solche Strukturen hat, dass Kinder groß werden können, auf die Dauer natürlich auch in wirtschaftlicher Weise keinen Erfolg haben kann.

Insofern ist es richtig gewesen, hier mit der Wirtschaft einen Kompromiss und ein Über­einkommen zu schließen. Anders geht es nicht. Überdies und außerdem wäre dies auch ein Bumerang für junge Leute, denn es wäre einfach – und wir erleben das ja auch immer wieder als Warnung – ein Einstellungshindernis. Und gut gemeint ist bekanntlich das Gegenteil von gut. Es hat also wirklich Sinn gemacht, sich mit der Wirtschaft zusammenzureden.

Ein Wort zum Vaterschutz. – Da hat Ihnen Ihre ideologische Voreingenommenheit, überhaupt keine Unterschiede zuzulassen, Gleichstellung überall zu erzwingen, ein bisschen einen Streich gespielt. Ich verweise nur auf die Bezeichnung: Vater­schutz­monat sozusagen parallel zum Mutterschutz zeigt, dass man nicht ganz verstanden hat, worum es hier geht. Mutterschutz dient natürlich dazu, einer Frau nach der Geburt eines Kindes die Möglichkeit zu geben, sich zu erholen und diese ganz sensible Phase der ersten Tage und Wochen als positiv für die Beziehung von Mutter und Kind zu erleben.

Meine sehr verehrten KollegInnen von der SPÖ! Es ist keine Last, die von den Frauen zu nehmen ist, sondern die enge Bindung des Kindes an die Mutter in den ersten Monaten ist ein Privileg der Frauen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Damit wir einander nicht falsch verstehen: Ich fände es wunderbar, könnten wir es uns leisten, dass der junge Vater zusammen mit der Mutter das neugeborene Kind 24 Stunden am Tag genießt. Wenn das möglich ist, ist es vernünftig. Nur, für die Ein­bindung des Vaters in die Kindererziehung wird das wirklich nicht viel bringen. Da gibt es andere Möglichkeiten, die realistischer und vernünftiger sind (Ruf bei der SPÖ: Welche?), zum Beispiel das halbe Jahr Kinderbetreuungsgeld, das verpflichtend nur dann ausbezahlt wird, wenn die Betreuung wechselt. Das ist zum Beispiel eine Maß­nahme, die Väter ganz bestimmt dazu bringen kann, die Betreuungspflichten wahrzu­nehmen.

Ich freue mich, von Ihnen zu hören, wie wichtig der Vater für die Erziehung des Kindes ist. Ich teile Ihre Meinung absolut. Vor allem auch dann, wenn das Kind älter ist, in der Pubertät ist, kann das wirklich existenziell wichtig sein. Nur würde ich mir wünschen, dass Sie dann die Bedeutung der Ehe, der gelungenen Ehe, auch ein bisschen höher einstufen und Ihre Politik auch in diese Richtung abstellen. Keine Frage: Der Vater ist für die Familie ungeheuer wichtig.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 55

Summa summarum ist dieses Gesetz, das heute hier vorliegt, eine große Verbes­serung für die Situation junger Familien; es ist realistisch; die Wirtschaft ist mit ein­gebunden. – Ich glaube, es ist ein guter Tag für Familie mit Kindern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein zu Wort gemeldet. – Bitte, Sie sind am Wort, Herr Minister. (Bundesministerin Rauch-Kallat stellt das Mikrophon auf den Platz von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

 


10.59

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Danke, Frau Frauenministerin, für das Mikro! – Herr Präsident! Frau Familienstaatssekretärin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir gewissermaßen im Trio seitens der Regierung die Elternteilzeit heute hier vertreten dürfen. Es ist, wie das auch Frau Abgeordnete Kuntzl gesagt hat, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Es ist dies ein wichtiger Schritt zu mehr Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Mandak! Ich meine, das Glas ist wohlgefüllt, und wir können auf ein gutes Gesetzeswerk anstoßen – das unterscheidet uns. (Abg. Mandak: Es ist ja nicht Whisky, es ist Wasser, was drinnen ist!) Aber zumindest konzedieren Sie, dass ein bisschen etwas in dem Glas drinnen ist. In dem Fall würde ich sogar mit Wasser anstoßen, das ja heute schon mehrfach Gegenstand der Debatte war: saube­res österreichisches Trinkwasser – und das wird es auch bleiben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist aber klarerweise eine Frage, die mit der Arbeitswelt zu tun hat; da ist es wohl selbst­verständlich, dass man dabei Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einbezieht, ihre Interessen abwägt. Das ist ja gewissermaßen das Ursächliche an der Sozialpartner­schaft.

Zu meinen, man würde jetzt einen Rechtsanspruch gestalten, wobei der Arbeitgeber nicht einmal gefragt wird, das wäre doch völlig unsinnig! Es wäre auch das Unsinnigste, was man gegen die Interessen der Frauen und Mütter, in manchen Fällen auch der – hoffentlich häufiger werdenden – Väter, tun könnte, ein Einvernehmen nicht als erste Maßnahme voranzustellen. Am Schluss, sehr geehrte Frau Abgeordnete Kuntzl, besteht dann ein Rechtsanspruch.

Sie stimmen der Vorlage zu – dafür bedanke ich mich. Ein bisschen schade finde ich es, dass Sie es schweren Herzens tun. (Ruf bei der SPÖ: Hätten Sie es uns leichter gemacht!) Wir tun es frohen Herzens! Wir meinen, es ist eine sehr gute Vorlage. Aber sei’s drum: Wir bedanken uns auch für Ihre „schweren Herzens“ – wie Sie es formuliert haben – erteilte Zustimmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grenze von 20 Arbeitnehmern – oder, wie es Abgeordneter Öllinger ausgedrückt hat, die Regelung, dass diese Bestimmung ab dem 21. Arbeitnehmer gilt; darin hat er Recht, in vielen anderen Punkten nicht – ist eine Grenze, die aus der Realität geboren wird. Es ist die Situation in einem kleinen Unternehmen nun einmal anders, was die Flexibilität betrifft und die Möglichkeit, jemanden in Teilzeit gehen zu lassen und dafür von heute auf morgen einen Ersatz zu finden. (Abg. Kopf: Woher sollen die das wissen?) Das muss berücksichtigt werden – ganz abgesehen davon, dass wir die betriebliche Praxis kennen und wissen, dass in Kleinbetrieben ohnehin zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vieles möglich ist, was in großen Betrieben entsprechender Regeln bedarf. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 56

Man muss sich darüber hinaus natürlich fragen: Ist es zulässig, da jetzt ein Regulativ für den Arbeitsmarkt zu entwickeln – diesen Rechtsanspruch gibt es in nur wenigen europäischen Ländern –, oder regulieren wir da nicht etwas in den Arbeitsmarkt hinein, was wiederum Flexibilität nimmt und in Wirklichkeit dem Arbeitsmarkt schadet?

Ich meine, wir haben hier ein vernünftiges Mittelmaß gefunden. Wir haben nämlich sehr wohl in den Vordergrund gestellt, dass zuerst das Einvernehmen anzustreben ist. Dann gibt es das Ziel, einen – zwar gerichtlichen, aber doch – Vergleich zu erzielen, und erst ganz am Schluss des Tages, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird der Arbeitgeber die Klage gegen die Arbeitnehmerin zu erheben haben.

Wenn Sie mich fragen, so sage ich: Das werden Einzelfälle sein. Schauen Sie sich die Urlaubsregelungen an! Auch im Urlaubsbereich – die Situation dort ist sehr ähnlich, nicht ganz gleich, aber doch sehr ähnlich strukturiert – bedarf es des Einvernehmens zwischen dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin und dem Arbeitgeber – und das Ein­vernehmen wird auch in fast allen Fällen erzielt. Nur ganz, ganz wenige Fälle werden strittig, und so wird es auch in diesem Fall sein.

Danke, Frau Abgeordnete Rosenkranz – man merkt, Sie wissen, wovon Sie sprechen –, dafür, dass Sie gesagt haben, dass die Dreijahresfrist, gerade auch durch einen Abänderungsantrag, noch klarer gestellt ist, nämlich in dem Sinne, dass Karenz­zeiten angerechnet werden.

Wie Frau Abgeordnete Steibl das auch sehr deutlich gemacht hat: Unsere Zahlen stimmen – Ihre leider einmal mehr nicht. Es ist richtig, Frau Abgeordnete Kuntzl, dass 92 Prozent der Betriebe Österreichs weniger als 20 Mitarbeiter haben, was bedeutet, dass nur 8 Prozent der Betriebe betroffen sind. Aber sagen Sie bitte auch dazu, dass in diesen 8 Prozent der Betriebe 74 Prozent der Arbeitnehmer tätig sind, also knapp drei Viertel!

Wenn man jetzt den Umstand mit einbezieht, dass nicht alle, aber fast alle der dort beschäftigten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen de facto anspruchsberechtigt sein werden, dann kommen wir zu der Zahl, die Frau Abgeordnete Steibl schon dem Hohen Hause mitgeteilt hat. Wir gehen davon aus, dass etwa zwei Drittel der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen anspruchsberechtigt in Sachen Rechtsanspruch auf Eltern­teilzeit sein werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auch noch auf die Anmerkung von Herrn Öllinger eingehen: Was kann denn das Kind dafür, dass Mutter oder Vater in einem Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern tätig ist? – Abge­sehen davon, dass es auch dort Verbesserungen gibt, wende ich mich betreffend diese Frage jetzt an Sie, auch wenn Sie nicht im Saale sind – aber ich bin sicher, Sie be­kommen das ausgerichtet –:

Es ist dies natürlich ein Aspekt, der aus Arbeitgebersicht zu berücksichtigen ist, und dementsprechend – also im Sinne einer Interessenabwägung zwischen der einen und der anderen Seite – ist die Grenze von 20 Mitarbeitern durchaus sinnvoll.

Betreffend das, was Sie uns unterstellen – Sie tun das immer wieder, trotzdem haben Sie damit nicht mehr Recht als früher –, nämlich dass wir wollten, dass Frauen zu Hause bleiben: Herr Abgeordneter Öllinger – und auch Frau Abgeordnete Weinzinger, die ja Ähnliches gesagt hat –, wer war es denn, der mit dem De-facto-Berufsverbot beim Karenzgeld aufgeräumt hat? Über Jahre und Jahrzehnte bestand ein De-facto-Berufsverbot: Wer Karenzgeld in Anspruch nehmen musste, war ausgeschlossen. Es galt die Geringfügigkeitsgrenze, und mehr ging nicht. – Wir haben jetzt mit dem Kinder­betreuungsgeld zumindest eine Zuverdienstgrenze eingeführt, die ein Dazuverdienen, die – nicht in allen, aber in vielen Fällen – Teilzeittätigkeit ermöglicht! Und wir haben


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 57

eine Trennung herbeigeführt zwischen der Karenzierung und der Möglichkeit – Kinder­betreuungsgeld – dazuzuverdienen.

Also wenn Sie das für sich in Anspruch nehmen, dann sagen Sie dazu, dass gerade das Kinderbetreuungsgeld einen Quantensprung im Hinblick auf mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf, auf mehr Wahlfreiheit von jungen Eltern gebracht hat. Und letztlich wollen wir die Entscheidung dort haben – nicht beim Gesetzgeber und nicht bei irgendwelchen Gruppen. Die jungen Familien sind gescheit genug, zu tun, was sie für richtig halten.

Meine Damen und Herren! Ich darf zusammenfassen: Aus meiner Sicht ist dieses Glas gut gefüllt. Diese Regelung ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Familienfreundlichkeit in der Arbeitswelt. Sie ist Teil eines Gesamtkonzeptes, eines strategischen Konzeptes für mehr Familienfreundlichkeit in unserer Arbeitswelt, das sich diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach ganz dick vorne in ihr Pro­gramm hineingeschrieben hat. Frau Staatssekretärin Haubner, Frau Ministerin Rauch-Kallat und ich sind sehr glücklich darüber, dass wir dieses wichtige Projekt heute vor Ihnen vertreten dürfen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.06

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadler. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

 


11.06

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! (Die Rednerin platziert eine Tafel mit dem ÖVP-Logo und der Aufschrift „Familien­welt­meister Österreich“, „Elternteilzeit“ auf dem Rednerpult.) Ich schließe mich den Worten meiner Kollegin Rosenkranz an, wenn ich als Familienpolitikerin sage: Heute ist ein guter Tag! Mit dem Recht auf Teilzeit, das wir heute beschließen werden, ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung familienfreundliches Österreich geschaffen worden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die ÖVP/FPÖ-Regierung ist mit dem Ziel angetreten, unsere Familien zu stärken. Ich darf dieses Familienpaket noch einmal Revue passieren lassen: Beim Kinder­betreuungsgeld, das endlich Gerechtigkeit geschaffen hat – es ist nicht so, dass jetzt Ungerechtigkeit herrscht, sondern jetzt herrscht Gerechtigkeit für alle Frauen und alle Mütter! –, bei der Familienhospizkarenz, bei der Erhöhung der Familienbeihilfe, beim Familienpaket in der Steuerreform, beim Familienpaket für Frauen in der Pensions­reform und bei vielem anderen mehr ist immer die Stärkung der Familie im Vorder­grund gestanden, weil – und das sage ich auch dazu – diese Bundesregierung weiß, dass starke Familien einen starken Staat bedeuten, weil Stärkung der Familien Stärkung für uns alle bedeutet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Mit diesem Recht auf Teilzeit wird die Möglichkeit geschaffen, endlich auch ein part­nerschaftliches Miteinander bei der Kinderbetreuung einzufordern. Ich glaube, dieses partnerschaftliche Miteinander wollen junge Familien haben. Junge Familien wollen nicht, dass nur ein Teil in die Kinderbetreuung mit einsteigt, sondern beide Elternteile wollen sich beteiligen – und die Kinderbetreuung ist eine Ergänzung dazu. Das möchte ich auch festhalten: Kinderbetreuung sollte niemals Ersatz für Betreuung durch Eltern sein, sondern sie sollte eine Ergänzung dazu sein. Dafür werden wir gemeinsam mit den Ländern eine gute Lösung finden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was die vielen Vorbehalte von Kollegin Kuntzl betrifft, so möchte ich sagen, dass es mich sehr freut, dass Sie dieses Mal doch zustimmen, Sie sagen jedoch „ja, aber“. Sie


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 58

haben unter Ihrer Regierungszeit leider viel zu oft „ja, aber“ gesagt. Darüber zu diskutieren und keine Taten zu setzen, jetzt zu kritisieren, dass die Schritte zu klein seien, und selbst keinen Schritt zu machen – das ist keine Lösung! Sie haben viel zu oft „ja, aber“ gesagt! Doch junge Familien brauchen nicht „ja, aber“, sondern junge Familien brauchen Taten, junge Familien brauchen Rahmenbedingungen, junge Familien brauchen ein familienfreundliches Österreich. – Wir schaffen Grundlagen, wir schaffen die Basis für ein familienfreundliches Österreich! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zur Kritik von einigen Vertretern der Opposition, dass es in Betrieben unter 20 Mit­arbeitern dieses Recht nicht gibt: Erstens muss man dazu sagen, dass es auch bei unter 20 Mitarbeitern bereits bestehendes Recht ist, dass bis zum vierten Geburtstag jedes Kindes die Möglichkeit von Teilzeit gegeben ist.

Unser Bundesminister Bartenstein hat es schon erwähnt: Gerade in kleinen Betrieben ist es viel, viel leichter, in einem partnerschaftlichen Miteinander zu arbeiten.

Ich glaube auch, dass es unsere Aufgabe als Regierungspartei ist, eine bestimmte Machbarkeit gemeinsam mit der Wirtschaft zu erreichen. Und auch dies soll in einem partnerschaftlichen Miteinander erfolgen, denn Arbeitsplätze werden, bitte, nicht von der Politik gemacht, sondern Arbeitsplätze schafft unsere Wirtschaft! Ich denke daher, dass es richtig ist, dass man die Machbarkeit mit unseren Wirtschaftsvertretern ab­stimmt, und ich bedanke mich auch für die Bereitschaft der Wirtschaftsvertreter (Beifall bei der ÖVP), dass es hier die Machbarkeit gegeben hat und dass wir eine gute Lösung gefunden haben.

Vielleicht noch eine Anmerkung zu der Kritik, es fehle – anschließend an diese Machbarkeit – die Verlässlichkeit: Wenn etwas nicht machbar ist, dann ist man nicht verlässlich. Die Menschen brauchen aber Verlässlichkeit der Bundesregierung! Und mit dieser Umsetzung werden wir verlässlich für unsere jungen Familien sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ÖVP wollte und will auch in Zukunft im­mer jungen Familien eine Basis geben. Wir wollen ihnen niemals alles abnehmen, sondern wir wollen ihnen nur die Rahmenbedingungen für ein partnerschaftliches Miteinander geben. Das gesamte Familienpaket – und damit auch dieses Recht auf Teilzeit – ist eine solide Basis für junge Familien nach den Prinzipien der Machbarkeit, der Verlässlichkeit und der Gerechtigkeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet. Bitte den zu berichtigenden Sachverhalt wiedergeben, den tatsächlichen Sachverhalt gegenüberstellen und die Redezeit beachten! – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.12

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Bartenstein hat in seiner Rede behauptet, dass 74 Prozent der Beschäftigten von dieser neuen Regelung betroffen sind, nämlich in den 8 Prozent der Betriebe, die über 20 Beschäftigte haben. – Das ist falsch!

Richtig ist vielmehr, dass von dieser neuen Regelung in Betrieben mit über 20 Be­schäftigten 67 Prozent der Männer und nur 62 Prozent der Frauen betroffen sind. (Beifall bei den Grünen.)

11.13

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 59

11.13

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregie­rung! Meine Damen und Herren! Zuallererst ein paar Worte zur vorliegenden Eltern­teilzeitregelung: Ich bin, so wie meine Kollegin Kuntzl, auch der Meinung, dass diese Teilzeitregelung für Eltern tatsächlich nur ein Beginn sein kann, denn es ist eindeutig, dass die diesbezüglichen Barrieren und Hürden noch immer sehr, sehr groß sind, dass es nach wie vor Frauen und Männer gibt, die von dieser Regelung ausgeschlossen sind, und – was mich sehr betroffen gemacht hat – dass vor allen Dingen auch wieder ein starkes Stadt-Land-Gefälle festzustellen ist, insbesondere dann, wenn es um große Konzerne geht und Einzelstandorte im ländlichen Bereich dann als kleine Betriebe gewertet werden.

Wir stehen dazu, dass wir dem heutigen Beschluss dieser Regelung zustimmen werden, meinen aber, dass es noch zu Verbesserungen kommen muss. Weil der Herr Minister gemeint hat, dieses Recht auf Teilzeitarbeit für Eltern sei gleichzusetzen mit dem Recht auf Urlaub, möchte ich sagen: Ich glaube, da besteht schon ein wesent­licher Unterschied, Herr Minister, denn ich diskutiere mit meinem Arbeitgeber darüber, wann ich auf Urlaub gehen kann, aber nicht, ob ich auf Urlaub gehen kann – und bei der Teilzeitregelung geht es darum, ob ich überhaupt diese Teilzeit in Anspruch neh­men kann.

Frau Kollegin Rosenkranz – sie ist gerade nicht im Saal – hat gemeint, wir müssen auf die Bedürfnisse der Eltern, der jungen Eltern eingehen. – Dieser Meinung bin ich auch. Die Problematik ist nur, dass dann Gesetzesbeschlüsse vorliegen, die die Bedürfnisse der Menschen außer Acht lassen und viele Eltern von diesem Recht ausschließen. Und zum Zweiten: Es liegt bereits ein Abänderungsantrag zur Verbesserung dieser Teilzeitkarenz vor.

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Das Thema, mit dem ich mich gerne beschäftigen möchte, ist unser Antrag zum Vaterschutzmonat. Dazu einleitend eine Bemerkung zu Frau Kollegin Weinzinger: Wenn es das Wort allein ist, so kann man über dieses diskutieren. Im Wesentlichen, denke ich, geht es darum, wie die Inhalte ausschauen, und ich bin enttäuscht über die ablehnende Haltung der Regierungs­parteien – wobei Enttäuschung kein politisches Kriterium ist, aber Ihr striktes Nein und Ihre Ablehnung zu unserem Vorschlag, darüber zu diskutieren, macht mich sehr betrof­fen und stellt wieder einmal deutlich unter Beweis, wie Ihre Familienfreundlichkeit tatsächlich gemeint ist und wie Sie tatsächlich zu Partnerschaft und Familien­freund­lichkeit stehen. (Abg. Dolinschek: Das ist eine Geldfrage, Frau Kollegin!)

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich viele Kinder- und Familienorgani­sationen diesem Vorschlag und unserer Forderung nach einem Vaterschutzmonat angeschlossen haben. Umso unverständlicher ist mir Ihre ablehnende Haltung. Auch Ihre Diskussionsbereitschaft hiezu ist relativ gering.

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Rosenkranz hat gemeint: Vaterschutz, was soll das? – Ich denke, es ist auch notwendig, dass Mütter loslassen können und den Vätern auch einen Teil der Betreuungs- und Versorgungsarbeit von Kindern zuge­stehen. Es ist den Österreichischen Kinderfreunden zu danken, dass sie die Initiative zu diesem Vaterschutzmonat gesetzt haben. Wir Sozialdemokratinnen und Sozial­demokraten haben diese Initiative gerne aufgenommen.

Zuallerletzt noch einige Punkte betreffend die Frage, worum es bei dieser Forderung geht: Es geht um eine aktive Rolle der Väter. Es geht um vermehrte Teilnahme der Väter an der Familienarbeit. Es geht vor allen Dingen auch um Erleichterungen und um Hilfestellungen für Frauen, um den Einstieg in ein harmonisches Familienleben und –


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 60

was aus unserer Sicht besonders wichtig ist – um die liebevolle Beziehung von Vätern und Müttern zum Kind beziehungsweise zu den Kindern.

Der Vaterschutzmonat wäre eine Chance im Sinne und im Interesse der Kinder und auch der Väter und Mütter. Eine ist eine Forderung, die heute abgelehnt wird, aber, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern: Mit dieser Ablehnung sind wir nicht zufrieden, und wir werden an unserem Ziel, nämlich der Einführung eines Vaterschutzmonats, weiterarbeiten! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.17

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort. – Bitte.

 


11.18

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Herr Minister! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Frau Kollegin Binder, natürlich ist es auch ein großes Anliegen der Freiheitlichen, dass Väter mehr in die Kinder­betreuung eingebunden werden. Ich sehe da gerade bei der Evaluierung des Kinder­betreuungsgeldes eine sehr gute Gelegenheit, diese Maßnahmen, diese Effekte auch im finanziellen Bereich genauer zu untersuchen und eventuell auch zu einer Lösung zu kommen, um auch die Väter mehr in die Familien- und Kinderarbeit einzubeziehen.

Nun zum Teilzeitgesetz: Es tut mir Leid, dass die Opposition und insbesondere die Grünen es nicht wahrhaben wollen, dass diese neue Elternteilzeit-Regelung ein sehr guter Schritt hin zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Gerade bei diesem Gesetz, so denke ich, wurde eine sehr gute Balance zwischen Rechtsanspruch und Anreizen gefunden. Es wäre nämlich nicht gut und es kann nicht so sein, dass eine rechtliche Besserstellung dazu führt, dass es zu Nachteilen oder eventuell sogar zu einem Bumerang für Arbeitnehmer und insbesondere für Frauen kommen kann.

Wir müssen doch der Realität ins Auge sehen: Gerade in Kleinbetrieben kann es nur auf der Grundlage einer innerbetrieblichen Einigung, einer Vereinbarung unter den Arbeitnehmern sowie zwischen den Arbeitnehmern und dem Arbeitgeber zu einer sinnvollen und erfolgreichen Teilzeitarbeit kommen. Es ist doch auch so, dass in Klein­betrieben eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer stattfindet; da ist es sicher nicht förderlich, wenn man die Arbeit in einer Situation durchführen muss, in der man untereinander einen Rechtsstreit austrägt. Das kann für das Betriebsklima sicher nicht sehr förderlich sein!

Fazit ist: Teilzeitarbeit muss lebbar sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Genau das hat mir unlängst eine Gewerbetreibende in Oberösterreich, die fünf Mit­arbeiter und Mitarbeiterinnen sowohl in Teilzeit als auch in flexiblen Arbeitszeit­mo­del­len beschäftigt, bestätigt. Sie hat gemeint, dass es nur dann wirklich funktionie­ren kann, wenn alle Arbeitnehmer untereinander und mit dem Arbeitgeber gut zusam­men­spielen, denn nur dann kann diese gelebte Teilzeit erfolgreich sein.

Es gibt statistische Daten, dass die Teilzeitmodelle gerade in solchen Kleinbetrieben besser funktionieren als in Großbetrieben, deshalb finde ich es gut, dass in den größe­ren Betrieben nun ein echter Rechtsanspruch auf Teilzeit möglich wird. Hervorheben möchte ich insbesondere, dass die Anreize dafür den kleinen Betrieben einen sehr großen Vorteil bringen. So sind zum Beispiel die Zuschüsse für Wiedereinsteigerinnen ganz sicher ein wichtiges Instrument für erfolgreiche Frauenbeschäftigung; auch die Zuschüsse für interne Betriebsorganisation und für die Arbeitsplatzausstattung ermöglichen den Kleinbetrieben eine Verbesserung ihrer Infrastruktur.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 61

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf darf nicht ausschließlich ein Frauenthema sein. Und ich sehe gerade in der gleichzeitigen Inanspruchnahme von Teilzeit auch eine Möglichkeit auch für Väter, mehr in die Familienarbeit einbezogen zu werden.

Natürlich appelliere ich auch an alle Vertreter der Wirtschaft hier im Hohen Haus: Bitte helfen Sie mit, ein Bewusstsein zu schaffen, ein gemeinsames Bewusstsein zu schaffen, dass Mitarbeiter, die Teilzeit arbeiten oder flexiblen Arbeitszeiten nachgehen, kein Nachteil für einen Betrieb sind, keine Demotivation für Betriebe darstellen und kein Betrieb dadurch in Ketten gelegt wird! Tatsache ist nämlich, dass gerade jene Mitarbeiter sehr viel mehr für einen Betrieb bringen, da sie hohe Zufriedenheit, höhere Motivation und dadurch höhere Arbeitsleistungen bringen können.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses vorliegende Modell sehe ich als ein weiteres Angebot zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und appelliere noch einmal an die Kollegen von den Grünen: Anerkennen Sie doch, dass gerade diese Gesetzes­vorlage eine massive Verbesserung zur derzeit geltenden Rechtslage darstellt und stimmen Sie diesem Gesetz zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.23

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächste hat sich Frau Staatssekretärin Haubner zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Staatssekretärin.

 


11.23

Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Meine sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegin und werter Kollege in der Regierung! Ich darf mich auch kurz zu der heutigen Beschlussfassung betreffend Elternteilzeit zu Wort melden. Es ist von einer Rednerin die Ehrlichkeit angesprochen worden: Ehrlichkeit in der Familienpolitik! Ehrlichkeit ist in der Politik generell eine viel beschworene Kate­gorie. Und ich sage es im Brustton der Überzeugung, dass die österreichische Familienpolitik eine wirklich ehrliche Politik ist, die darauf basiert, dass Eltern ihre Verantwortung wahrnehmen können, die darauf basiert, dass es Entscheidungsfreiheit für die Eltern gibt – darüber, welches Lebensmodell sie mit ihren Kindern wählen wollen –, und dass es eine Politik ist, die davon geprägt ist, eine positive Einstellung zu Kindern in unserer Gesellschaft zu forcieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Und diese ehrliche Familienpolitik ist auch nicht ausschließlich Sache der Mütter, Sache der Frauen!

Diese österreichische Familienpolitik setzt daher verschiedene politische Maßnahmen, um auf die Lebensplanung von Paaren Rücksicht nehmen zu können. Es wird ein Spektrum von verschiedenen Möglichkeiten angeboten, damit Mütter und Väter den für sie notwendigen Gestaltungsspielraum haben, der ihren individuellen Vorstellungen entspricht.

Neben den wichtigen finanziellen Anreizen – und als Basis dient hier das Kinder­betreuungsgeld –, neben vielen anderen Beihilfen und Unterstützungen für unsere Familien, neben der steuerlichen Entlastung – ich erinnere nur noch einmal daran, dass mit 1. Juli 2004 eines der größten Familien-Steuerpakete in Kraft tritt und vor allem Familien mit mehreren Kindern entlastet –, neben der sozialrechtlichen Absiche­rung für Familienarbeit – die zu verankern, vor einigen Jahren noch überhaupt niemand daran gedacht hat –, neben all diesen Maßnahmen ist es besonders notwendig, dass es partnerschaftliche Initiativen gibt, um die Wahlfreiheit – also auch die Wahlfreiheit,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 62

Kinderwunsch und Erwerbstätigkeit sozusagen unter einen Hut zu bringen – noch zu verstärken.

All das wird nicht gehen, ohne dass die Arbeitswelt familienfreundlicher gestaltet wird. Der heutige Beschluss über die Elternteilzeit ist, denke ich, höchst an der Zeit. Ich hätte mir eigentlich schon in den letzten zehn Jahren – unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung, die verbal immer sehr stark für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eingetreten ist – erwartet, dass Elternteilzeit zu einem Thema gemacht wird, das dann auch dem Parlament beschlussreif vorgelegt hätte werden sollen.

Wir haben jedenfalls mit dieser Elternteilzeit heute ein gutes Angebot seitens der Politik gemeinsam mit der Wirtschaft, von dem letztendlich alle profitieren werden. Es profitieren die Betriebe davon, weil sie zufriedene Mitarbeiter haben und vor allem auch dadurch, weil sie Frauen beschäftigen, die während der Familienzeit nicht unbedingt aus dem Erwerbsleben aussteigen müssen und dadurch auch nicht als qualifizierte Mitarbeiterinnen dem Betrieb verloren gehen. Es profitieren die berufstätigen Eltern davon, weil sie durch die Elternteilzeit die Möglichkeit haben, ihren Kindern mehr Zeit zu widmen, denn Zeit ist nach wie vor die wichtigste Ressource dafür, dass die Familie auch sozial zusammenhält. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dadurch profitieren meiner Überzeugung nach vor allem die Kinder. In der gesamten Diskussion um die Elternteilzeit kommen mir die Kinder einfach ein bisschen zu kurz. Wir diskutieren, wir reden darüber, dass Eltern diese Möglichkeit haben sollen, aber wir reden kaum darüber, was es den Kindern bringt. Kindern bringt es Zeit, bringt es Zuwendung, bringt es Eltern, die ihnen zuhören können, denn das ist nach einem langen Arbeitstag, wenn die Eltern müde nach Hause kommen, oft etwas, was für unsere Kinder ganz selten ist.

Diese Vereinbarungen, die wir heute beschließen – und ich freue mich darüber, dass zumindest drei Parteien diesem Entwurf zustimmen –, beinhalten auch mehr als im Regierungsprogramm vorgesehen. Im Regierungsprogramm war das Recht auf Teilzeit für Betriebe ab 20 Mitarbeiter vorgesehen. Wir haben in, glaube ich, guten Verhand­lungen gerade für die kleineren Betriebe und somit auch für deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Möglichkeiten geschaffen, dass es zu einer wesentlichen Verbesserung der derzeitigen Rechtslage kommt. Ich darf nur zwei Beispiele noch einmal anführen: Eltern können nun gleichzeitig in Teilzeit gehen und vor allem wird die Karenzzeit auch mit in diese drei Jahre einbezogen.

Daher ist für mich Elternteilzeit eine ganz wichtige familiengerechte Maßnahme und Teil einer neuen familienpolitischen Unternehmenskultur. Um noch einmal den Ver­gleich mit dem Wasserglas zu strapazieren: Ich glaube, das Wasserglas füllt sich sehr stark, denn die Elternteilzeit ist nur ein Teil, viele andere Maßnahmen sind in diesem Wasserglas schon enthalten. Ich bin mir sicher, am Ende dieser Legislaturperiode wird dieses Wasserglas für die Familien fast übergehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kurz noch zum Vaterschutzmonat entsprechend dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion: Ich glaube, es geht nicht darum, dass wir Väter schützen, sondern es geht darum, dass wir Vätern die Chance geben, an der Entwicklung ihres Kindes aktiv teil­zuhaben. Und diese haben wir mit dem Kinderbetreuungsgeld und mit den vorge­sehenen sechs Monaten, dass der Bezieher im Laufe der Zeit zweimal wechseln kann, auch geschaffen.

Um die Diskussion über die Wichtigkeit der Väter in diesem Bereich zu verstärken und auch auf eine gute Basis zu stellen, sollten wir überlegen – ich überlege das gerade im Rahmen der Evaluierung und Optimierung des Kinderbetreuungsgeldes –, ob es nicht


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 63

möglich ist, eines von diesen sechs Monaten vorzuziehen und den Vätern anzubieten – wenn sie es wirklich wollen –, dass sie in dieser Zeit gleichzeitig mit der Mutter ein Betreuungsmonat mit dem Bezug des Kinderbetreuungsgeldes für sich in Anspruch nehmen können.

Dass die Väter wollen, zeigen uns ja die neuesten Zahlen: Im Jahr 2001 haben rund 1600 Väter Kinderbetreuungsgeld und Kinderbetreuung in Anspruch genommen, seit gestern kennen wir die neuesten Zahlen: Es sind jetzt immerhin bereits 3 900 Väter! Man sieht, der Wunsch ist da, wir müssen allerdings die Rahmenbedingungen weiter verbessern. Ich halte alles davon, dass Väter viele Chancen bekommen, dass Väter begleitende Maßnahmen angeboten bekommen, um die Familie „leben“ zu können, aber ich halte nicht viel davon, wenn wir ständig nur von Verpflichtungen reden, denn Familie und Kinder sind nicht nur eine Verpflichtung, sondern eine große Chance für jeden Einzelnen von uns, sie sind etwas sehr Beglückendes und Schönes! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zum Abschluss möchte ich mich sehr herzlich für die intensive Diskussion, Zusam­menarbeit und Kooperation auch über Parteigrenzen hinweg bedanken, die dazu geführt haben, dass wir heute dieses Gesetz beschließen können. Ich wage zu hoffen, dass wir auch in Österreich einmal schön langsam dahin kommen, dass es in der Familienpolitik Konsens gibt, dass wir Familienpolitik nicht immer nur ideologisch gefärbt sehen – hier die konservative, da die fortschrittliche Familienpolitik –, sondern wie in allen anderen Ländern diesbezüglich Konsens herrscht. Ein besonderes Beispiel dafür ist Frankreich, das von allen immer als das Paradeland angeführt wird. In Frank­reich gibt es seit Jahren einen breiten Konsens, wenn es um Verbesserungen für die Familien geht.

Der heutige Beitrag in Form der Elternteilzeit und der Umstand, dass auch die große Oppositionspartei dabei mitgeht, ist für mich Anlass für die Hoffnung, dass wir bei weiteren Schritten in der Familienpolitik diesen Konsens auch in Österreich erreichen werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.33

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Lang­reiter. – Bitte.

 


11.33

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Geschätzte Damen auf der Regierungs­bank, die unserem Herrn Bundesminister so charmant Gesellschaft leisten! Geschätz­ter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte an die Ausführungen unserer Frau Staatssekretärin anschließen. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift: „ÖVP – Familienweltmeister Österreich – Familienbeihilfen“ vor sich auf das Rednerpult.)

Wenn wir in der Regierungspartei ÖVP von Familie sprechen, dann meinen wir eigentlich das Leben und ganz besonders das Leben unserer Kinder. Die Kinder­freund­lichkeit einer Gesellschaft misst sich zum einen am Angebot an Kinderbetreu­ung, der gesamten Infrastruktur, an familienpolitischen Leistungen und letztendlich auch an der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Es zeigen viele Studien, dass ein Zusammenhang zwischen dem Angebot an Infrastruktur – also ob man genügend Betreuungsplätze findet – und der Bereitschaft, Kinder zu haben, besteht. Wir wissen auch, dass die Geburtenrate in Österreich nicht zufrieden stellend ist.

Was heißt das für mich? – Wir brauchen zum einen ein Angebot an Kinderbetreuung! Erst, wenn sich die Frauen und Männer darauf verlassen können, dass sie Betreu­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 64

ungsmöglichkeiten vorfinden, wird die Entscheidung, trotz Beruf ein Kind zu bekom­men, massiv erleichtert.

Und wir brauchen zum Zweiten auch Transferleistungen! Keine Frage, dass das eine oder andere natürlich auch von Seiten des Staates unterstützt werden muss. Und daher gibt es zum Beispiel, wie auf der Tafel ersichtlich, mehr Familienbeihilfe.

Die größte Herausforderung aber – auch für uns, meine sehr verehrten Damen und Herren – liegt darin, Varianten aufzuzeigen, inwieweit wir Beruf und Familie verein­baren und in Gleichklang bringen können. Wenn man Eurostat, dem Statistischen Amt der EU, Glauben schenken kann, dann ist in vielen untersuchten Mitgliedstaaten, also jenen, deren Daten erfragt worden sind, die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in Teilzeit beschäftigt ist, bei Paaren mit Kindern größer als bei kinderlosen Paaren. Daher ist es natürlich wichtig, dass man den Bedarf an Möglichkeiten für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie insgesamt stärker und besser erkennt.

Aber was will ich damit sagen? – Der gesellschaftliche Ansatz ist, Kinder zu haben und eine familiengerechte Gesellschaft zu finden. Das ist für mich das Entscheidende! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Ob der Vaterschutzmonat, der heute auch in Verhandlung steht, dafür ausreichend ist, ist eine andere Frage. Keine Frage ist es, dass er ein guter Ansatz ist. Die emotionale Bindung zwischen dem Vater und dem Kind ist eine tragende und wichtig. All das ist für mich keine Frage! Ob allerdings vier Wochen genug sind, weiß ich nicht. Ich glaube, da ist, wie das auch die Frau Staatssekretärin skizziert hat, natürlich die Flexibilität entscheidend, also zu welchem Zeitpunkt das erfolgen soll beziehungsweise muss.

Wir sollten uns auch mehr Gedanken über jene Dinge machen, die Kinder und Jugend­liche betreffen, also nicht nur um ein Mehr an Freizeitangeboten, um ein besseres Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen, möglichst flächendeckend, sondern gleichzeitig vielleicht auch über Dinge, die uns mehr Sorgen machen, wie etwa Maß­nahmen gegen Gewalt in der Familie. Letztendlich bietet eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie den Elternteilen mehr Zeit und Flexibilität, sich mit den Kindern zu beschäftigen.

Kompliment an die Damen und Herren von den Sozialdemokraten – auch wenn es mit Wehmut ist – dafür, dass sie bei unserem Antrag mitgehen. Leider kein Kompliment an die grüne Politik. Sie hat es verabsäumt, aus sachlichen Gründen, aber vielleicht auch aus taktischen Gründen, ebenfalls mitzugehen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.38

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt als Nächster Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte.

 


11.38

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Damen auf der Regierungsbank an­wesend sind, um dem Minister „charmant Gesellschaft zu leisten“, sondern sie sind hier, weil sie hier ihre Arbeit machen und weil sie hier wichtig sind. Genauso falsch wäre es, zu sagen, dass Bartenstein nur aus charmanten Gründen anwesend ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Obwohl: Minister Bartenstein ist ja schon auffällig. Immer dann, wenn es darum geht, Flexibilisierung für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zugunsten von Unternehmen zu fordern, steht er in der ersten Reihe. Wenn es darum geht, Zumutbarkeits­bestim­mungen für Arbeitslose zu verschärfen, dann steht er ebenfalls in der ersten Reihe.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 65

(Bundesminister Dr. Bartenstein und Abg. Mag. Molterer: Das war aber eine Sozial­partnereinigung!) Aber wenn es darum geht, im Sinne des Gemeinwohls eine Flexibilisierung von den Unternehmern einzufordern, dann zieht er sich zurück und betätigt sich nur als Bremser. Aber Flexibilisierung kann keine Einbahnstraße sein, das ist vielmehr etwas, was in beide Richtungen gehen muss. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

 Frau Staatssekretärin, hier von einem Meilenstein, von großen Würfen zu sprechen, ist weit verfehlt. Es ist zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber sicher nicht mehr. Ein Meilenstein beziehungsweise ein großer Wurf wäre es gewesen, wenn wir hier und heute den „Papamonat“ beschließen würden. Das wäre etwas, das wirklich die Bezeichnung „großer Wurf“ verdient hätte. Was machen Sie mit diesem Vorschlag? – Ohne viel zu diskutieren, ohne groß darauf einzugehen wird er abgelehnt.

Wir Sozialdemokraten müssen uns vorwerfen lassen, dass wir Fundamental-Oppo­sition betreiben. In Wirklichkeit ist es aber so, dass wir mehr als der Hälfte Ihrer Vor­schläge und Vorlagen zustimmen. – Wie ist das umgekehrt? Wie vielen Anträgen von der Opposition hat die Regierung zugestimmt? Einem, zwei in der ganzen GP? Wenn überhaupt, ich kann mich eigentlich nur an ein einziges Mal in der gesamten GP erinnern, dass die Regierungsparteien Vorschlägen der Opposition zugestimmt haben. In Wirklichkeit sitzen nämlich die Fundamentalisten auf der Regierungsbank und in den Reihen der kleinen Koalition. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber zurück zum Thema. Den „Papamonat“ gibt es bereits in einigen europäischen Ländern – zum Beispiel in Frankreich, auch Schweden wurde schon erwähnt –, und dies sehr erfolgreich. Dieser Monat gibt den Vätern die Möglichkeit, in den ersten Wochen nach der Geburt genügend Zeit zu haben, um sich gemeinsam mit der Mutter auf die neue Rolle des Vaterseins einzustellen. Das ist wichtig, denn wir wissen ja alle: Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Kollege Amon kann sicher auch ein Lied davon singen, dass es der größte Einschnitt im Leben eines Mannes ist, Vater zu werden. Der „Papamonat“ wäre die Gelegenheit, sich darauf einzustellen.

Der „Papamonat“ bietet aber auch die Möglichkeit, die Mutter in den ersten Wochen nach der Geburt, wenn sie sicher noch nicht 100-prozentig leistungsfähig ist, zu entlasten. Er bietet die Möglichkeit, persönliche Ängste zu überwinden: Kann ich so ein kleines Ding überhaupt versorgen? Er bietet eine Reihe anderer Möglichkeiten, etwa die Möglichkeit, sich stärker um ältere Kinder zu bemühen, die vielleicht darunter leiden, dass die Mutter in den ersten Wochen nach der Geburt weniger Zeit hat, weil sie sich eben um das neugeborene Kind kümmern muss.

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen dafür, dass dieser Vaterschutzmonat bezie­hungsweise „Papamonat“ etwas Vernünftiges wäre. Vor allem aber ist er so etwas wie eine Initialzündung vom „Papamonat“ zum Lebenspapa. Das ist etwas, das sich zum Beispiel in Schweden beweist. In Schweden nehmen zehnmal so viele Väter wie in Österreich die Möglichkeit der Karenz in Anspruch, und mit ein Grund dafür: weil sie eben diese Initialzündung des „Papamonats“ haben. Schweden hat – nicht nur, weil es diesen „Papamonat“ gibt, sondern weil es neben Kinderbetreuungseinrichtungen und vielen anderen Dingen mehr eben auch diesen „Papamonat“ gibt – eine deutlich höhere Geburtenrate als Österreich.

Besonders unverständlich in diesem Zusammenhang ist, dass Sie die Möglichkeit der Teilzeitkarenz gestrichen haben, weil diese nämlich prozentuell die meisten Väter in Anspruch genommen haben. In diesem Bereich sind die höchsten Zuwachsraten bei der Zahl jener Väter, die die Karenz in Anspruch nehmen, zu verzeichnen gewesen. Wieso Sie das gestrichen haben, weiß ich nicht. Es zeigt sich nur eines: Dass Ihre


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 66

Politik oft genau das Gegenteil dessen bewirkt, was Sie vorgeben, vertreten oder erreichen zu wollen. Das haben wir ja erst unlängst bei den Pensionskürzungen erfahren, die Sie dann auch wieder zurücknehmen mussten.

Es ist schade, dass wir heute nur einen kleinen Schritt machen und nicht den großen Wurf schaffen, aber ich gehe davon aus, dass die Bevölkerung das auch merken wird. Wenn Sie aus den Wahlniederlagen nicht lernen und nicht selbst merken, dass in Ihrer Politik etwas nicht stimmt, dann werden Sie bald nicht mehr in der Lage sein, Politik zu machen, denn dann werden das andere machen. Dann werden das wir machen, und dann wird es wieder die großen Würfe geben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

11.43

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dolinschek. Er hat das Wort für etwa 5 Minuten. – Bitte.

 


11.44

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Herr Kollege Krainer, man kann die Latte immer höher legen, so hoch, dass man nicht mehr drüberkommt. Man kann immer mehr fordern, das ist eben einmal so. Beispiele aus den skandinavischen Staaten, wo auch das Kinderbetreuungsgeld, das Sie anfangs kritisiert haben – heute kritisieren Sie es ja nicht mehr so sehr, sondern nur noch vage –, eingeführt worden ist, zu bringen, dazu muss ich sagen: Es gibt natürlich sehr viele Dinge, die man sich von anderen Ländern abschauen und die man bei uns einführen kann, nur müssen auch die Mittel dafür vorhanden sein. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Frau Kollegin, ich glaube, wir arbeiten alle daran, dass es den Familien in Österreich auf Grund unserer Sozialpolitik besser geht.

Somit bin ich beim Kollegen Krainer, der sagt, Flexibilisierung könne keine Einbahn­straße sein. Zu Ihrem Antrag betreffend ein Vaterschutzmonat muss ich aber Folgen­des sagen: Es fehlt darin die Forderung nach einer Entgeltfortzahlung, und daher ist den österreichischen Vätern mit der schon möglichen Pflegefreistellung von zweimal vierzehn Tagen eigentlich viel mehr gedient als mit Ihrem Antrag. Was soll das jetzt eigentlich? – Das ist doch keine Verbesserung, sondern eher eine Verschlechterung. Man müsste auch die finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen. Außerdem gibt es in den ersten acht Wochen nach der Geburt eines Kindes einen biologischen Unter­schied zwischen Männlein und Weiblein. Das ist nun einmal so. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Das ist nicht nur in den ersten Wochen so!)

Unbestritten ist natürlich, dass dieses Recht auf Elternteilzeit eine familienpolitische Leistung ist, die Familie und Beruf besser vereinbaren lässt, die den Eltern eine wesentliche Entscheidungsfreiheit gibt und wodurch auch die Wahlfreiheit gegeben ist. Ich verhehle aber nicht – und ich habe das immer wieder gesagt; Frau Silhavy weiß ganz genau, was jetzt kommt (Zwischenruf der Abg. Silhavy); Frau Kollegin Silhavy, Sie wissen es ganz genau, ebenso die Frau Staatssekretärin, mit ihr habe ich auch oft über dieses Problem diskutiert –, dass es mir lieber gewesen wäre, wenn es keine Ein­schränkung in Bezug auf die Anzahl der Mitarbeiter gegeben hätte, sondern alle gleich behandelt worden wären, weil ich eben der Meinung bin, dass Teilzeitarbeit nichts mit der Anzahl der im Betrieb beschäftigten Personen zu tun hat, sondern mit der spezifi­schen Tätigkeit dieser Arbeitnehmer. Das ist meine Meinung dazu.

Die nun vorliegende Regelung bedeutet zumindest, den Fuß in der Tür zu haben! Es ist ein wichtiger Kompromiss gelungen. In Betrieben mit über 20 Mitarbeitern gibt es jetzt dieses Recht auf Teilzeit bis zum Schuleintritt beziehungsweise bis zum siebten Lebensjahr des Kindes. In kleineren Betrieben ist das dann möglich, wenn es eine


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 67

Betriebsvereinbarung gibt, ansonsten bis zum vierten Lebensjahr des Kindes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist auf jeden Fall eine weitergehende Regelung als im Regierungsabkommen ver­einbart. Dort war nämlich für Betriebe mit weniger als 20 Mitarbeitern nichts der­gleichen vorgesehen.

Welche Schritte noch notwendig sein werden, was noch zu verbessern sein wird, das wird die Zeit zeigen. Wir können diese Materie immer wieder überarbeiten, aber ich bin überzeugt davon, dass es wichtig ist, dass wir zunächst einmal einen Fuß in der Tür haben – anderenfalls würden Sie ja auch nicht zustimmen. Sie kritisieren bestimmte Teile dieser Vorlage. Auch mir wäre es anders lieber gewesen, aber mir ist es recht, dass zunächst einmal das passiert.

Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass es möglich ist, dieses Recht auf Teilzeit und die Rückkehr in Vollzeit in den einzelnen Betrieben auch zu leben. Das Recht auf Teilzeit ist schon deshalb ein wichtiger Schritt und notwendig, um die Illusion des rund um die Uhr verfügbaren Berufsmenschen zu beseitigen. Das ist etwas ganz Wichtiges. Diese Illusion muss aus den Köpfen. Wir müssen dieses Recht auch leben.

Die Elternteilzeit bietet Anreize sowohl für beide Elternteile – sie können mehr Zeit für ihre Kinder aufbringen – als auch für die Unternehmer – sie haben motivierte, zufrie­dene Mitarbeiter –. Mit diesem Recht auf Teilzeitarbeit ist im Prinzip alles getan worden, um Beruf und Familie sowie Beruf und Karriere und Familie zu vereinbaren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.48

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


11.48

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der heutigen Beschlussfassung des Rechts auf Teilzeit wird ein ganz wichtiger Schritt in Richtung Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesetzt. Die Bundesregierung setzt damit die familienpolitische Erfolgsbilanz, die sie auch schon in der Vergangenheit geschrieben hat, fort.

Ich denke da etwa an das Kinderbetreuungsgeld – das wurde heute schon erwähnt –, das endlich in gerechter Form eine finanzielle Unterstützung für Eltern und Kinder während dieser Betreuungszeit gewährleistet. Ich denke vor allem an die Familien­hospizkarenz, und ich denke auch an die Stärkung der Einkommen der Familien durch die Steuerreform. All diese Maßnahmen sind von dieser Bundesregierung zur Absiche­rung unserer Familien gesetzt worden, und sie tragen vor allem auch zum Wohlfühlen unserer Kinder in den Familien bei.

Wenn wir von einem Recht auf Teilzeit reden, dann ist es auch selbstverständlich, dass diese neuen Arbeitsmodelle, die hier entstehen, eine entsprechende Absicherung in der Kinderbetreuung brauchen.

Dabei denke ich beispielsweise auch an eine flexible und bedarfsorientierte Kinder­betreuung, die auch von der Bundesregierung entsprechend unterstützt wird – Unter­stützung also nicht nur dann, wenn es um Kinderbetreuung im Kindergarten und in den Horten geht, sondern auch dann, wenn es um die Betreuung durch Tagesmütter geht. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Maßnahmen von Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer hinweisen, die ja bereits angekündigt hat, dafür zu sorgen, dass es bis zum Jahre 2006 10 000 Plätze mehr für die Nachmittagsbetreuung von Schulkin­dern geben wird.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 68

Das Recht auf Elternteilzeit wird es möglich machen, dass vor allem jenen Frauen die Berufstätigkeit in der Zeit, in der sie Betreuungsarbeit in der Familie leisten, erleichtert wird; es gibt aber auch den Vätern die Chance, sich in diese Betreuungsarbeit einzu­binden. Das ist also eine ganz wichtige Maßnahme, die hiemit gesetzt wird.

Es stimmt schon, dass es in der Praxis noch so ist, dass vor allem die Frauen die Familienarbeit leisten, aber gerade diese Wahlfreiheit, die ja auch mit dieser neuen Teilzeitregelung geschaffen wird, erlaubt es künftig auch den Vätern, in die Betreu­ungsarbeit ihrer Kinder miteinbezogen zu werden.

Durch dieses neue Gesetz – das wurde ja von allen richtig gesagt – wird Teilzeitarbeit von Arbeitnehmern in jenen Betrieben möglich, in denen mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt sind, und immerhin sind in Österreich zwei Drittel der ArbeitnehmerInnen in solchen Betrieben beschäftigt und haben daher ab Umsetzung dieses Gesetzes Anspruch auf diese neue Teilzeitregelung.

Die Situation von Klein- und Mittelbetrieben kenne ich sehr genau und weiß daher, dass es für diese Betriebe wesentlich schwieriger ist, Personaldispositionen in sehr kurzer Zeit zu treffen; diese können meist nicht sofort auf eine solche Situation reagieren. Das betrifft vor allem Klein- und Mittelbetriebe, die ihre Betriebsstätten im ländlichen Raum haben – Betriebe, die natürlich voll wettbewerbsfähig sein müssen und daher Arbeitsabläufe optimal zu gestalten haben. Aber gerade in diesen kleinen Betrieben, bei denen es sich ja meist um Familienbetriebe handelt, ist ein besonderer Kontakt zwischen ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern vorhanden und somit sicherlich auch eine wesentlich leichtere Vereinbarung hinsichtlich dieser Teilzeitmöglichkeiten gegeben.

Aus sachlichen Gründen ist es natürlich einzusehen, dass die Regelung, so wie sie bisher war, auch zukünftig für Klein- und Mittelbetriebe erhalten bleibt. Ich möchte an dieser Stelle einen Dank an die Wirtschaft aussprechen, dass sie bei diesem Vorhaben mitgegangen ist und dass sie es unterstützt hat, dass diese Möglichkeit geschaffen werden konnte – und dass es weiters möglich ist, Anreizsysteme zu installieren, damit auch kleine Betriebe ihren Mitarbeitern diese Teilzeitregelungen ermöglichen können.

Kurz noch zum Vaterschutzmonat, wobei man ja diesbezüglich auch bei der SPÖ noch nicht zu einem einheitlichen „Wording“ gekommen ist. Manche sprechen da von einem „Vaterschutzmonat“; Herr Abgeordneter Krainer sprach von einem „Papamonat“. – Ich meine: Väter brauchen, wenn ein Kind auf die Welt kommt, „Schutz“ wahrlich nicht; wohl eher haben da die Mütter eine Erholungsphase nötig.

Im Großen und Ganzen geht es dabei zwar um ein auf dem Tisch liegendes, jedoch unausgegorenes Konzept. Aber natürlich ist das ein Ansatz, und selbstverständlich wird eine Diskussion darüber stattfinden müssen, wobei jedoch schon darauf hinge­wiesen sei, dass bereits heute für Väter die Möglichkeit besteht, sich nach der Geburt ihres Kindes Zeit für die Familie zu nehmen – und selbstverständlich eben auch im Rahmen des Kinderbetreuungsgeldes Zeit für Väter möglich ist, um diese mit der eigenen Familie zu verbringen und ihre Kinder mitbetreuen zu können.

Geradezu großartig finde ich es jedenfalls, dass die Sozialdemokratische Partei bei dieser Teilzeitregelung mitgegangen ist, stellt das doch einen wichtigen Schritt dazu dar, Familie und Beruf vereinbar zu machen, ein wichtiger und richtiger Schritt, der von dieser Bundesregierung gesetzt wurde. Ich meine, dass wir auf einem guten Weg sind, die Familienpolitik in Österreich so zu gestalten, dass diese kinder- und elterngerecht ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.55

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 69

11.55

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin Haubner, Sie haben in Ihrem vorigen Redebeitrag bezüglich der SPÖ-Idee des Vaterschutzmonats angedeutet, dass Sie da offensichtlich an einen „Umweg“ denken, und zwar mit dem Kinderbetreuungs­geld. Ich möchte Sie daher fragen, Frau Staatssekretärin: Werden wir von der Oppo­sition da eingebunden oder werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt? Jedenfalls biete ich Ihnen, Frau Staatssekretärin, die Mitarbeit der SP-Mitglieder des Familien­ausschusses an, da vielleicht etwas gemeinsam zu entwickeln. Dafür möchte ich Sie, Frau Staatssekretärin, jedenfalls gewinnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind Partner in der Wirtschaft, das hören wir bei jeder Gelegenheit. Ich meine, das ist im Grunde genom­men auch richtig, allerdings stellt sich schon die Frage, ob diese Partnerschaft im Betrieb, auf Betriebsebene immer eine gleichwertige Partnerschaft ist. Oder ist es nicht oft so, dass der Arbeitgeber einfach der stärkere, der dominierende ist, also der, der einfach anschafft?

Ein Arbeitgeber entscheidet beispielsweise autonom, ob er Teilzeitarbeitsplätze von sich aus anbietet. Und vielfach erleben wir ja auch, dass es für Arbeitnehmer eine Umstellung von Vollzeit auf Teilzeit gibt und diese dagegen eigentlich gar nichts tun können. Deshalb wäre es, wie ich meine, wichtig gewesen, bei der Vorlage, die wir hier heute diskutieren, dafür zu sorgen, dass im Zusammenhang mit dieser Gesetzes­vorlage Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch ohne Einschränkungen haben.

Diese Diskussion hier zeigt ja, dass es zwei Problemfelder gibt, nämlich die Beschrän­kung auf eine Betriebsgröße von 20 Dienstnehmern sowie eine Dauer der Betriebs­zugehörigkeit von drei Jahren, die ausschlaggebend sind. Die bisherigen Argumente dafür, warum diese Betriebsgröße mit 20 Dienstnehmern als Grundlage in diese Gesetzesvorlage aufgenommen wurde, die Antworten darauf waren, ehrlich gesagt, bis jetzt für mich nicht nachvollziehbar.

Herr Bundesminister Bartenstein beispielsweise hat gemeint, Kleinbetriebe hätten es mit dieser Regelung schwieriger, und in diesem Zusammenhang müsse man daher eine solche Grenze einziehen. – Dazu meine Frage: Wie wird es denn da mit den ganz kleinen Betrieben sein, beispielsweise mit Filialbetrieben, für die laut Arbeitsverfas­sungs­gesetz der Betriebsbegriff nicht gilt?! Dort geht es auf einmal schon?! Na ja, wir werden sehen, wie sich das dann in der Praxis entwickeln wird. Trotzdem ist es wichtig, dass wir diese Vorlage heute hier diskutieren und auch beschließen werden, weil das, wie schon gesagt, aus meiner Sicht zwar ein zu kleiner Schritt ist, jedenfalls aber einer in die richtige Richtung.

Herrn Abgeordnetem Sigisbert Dolinschek bin ich dankbar für seine ehrlichen Worte, was eben die Einschränkung im Zusammenhang mit der Betriebsgröße betrifft. Ich könnte hier fast sagen: „Was kann der Sigismund dafür, ...“ dass es eine Mitarbeiter­grenze gibt? – Eigentlich nichts, denn du, Kollege Dolinschek, warst ja, wenn ich dich richtig verstanden habe, nicht dafür. Aber als Abgeordneter ist es offensichtlich schwierig, sich gegen Regierungsmitglieder durchzusetzen. Das ist deutlich heraus­gekommen bei deiner Aussage, Kollege Dolinschek.

Trotzdem glaube ich, dass für viele Menschen das, was wir heute beschließen, lediglich ein „Scheinrecht“ ist, weil die Menschen infolge all dieser Einschränkungen gar nicht in die Situation kommen werden, dieses Recht tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Es zeigt sich hiemit also wieder: Recht haben, ist das eine – und Recht bekommen, ist manchmal das andere.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 70

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit und diesem Vorhaben, dem wir von der sozialdemokratischen Fraktion zustimmen werden – das ist ja bereits gesagt worden –, möchte ich auch an die immer größer werdende Zahl jener erinnern, die nichts von der Möglichkeit auf Teilzeit haben, weil für sie Nullzeit gilt, also all jene, die arbeitslos sind. Da muss schon die Kritik angebracht werden, dass seitens dieser Bundesregierung, insbesondere von Herrn Bundesminister Bartenstein, in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu wenig beziehungsweise vielfach das Falsche getan wurde.

Der vorliegenden Gesetzesmaterie werden wir jedoch unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.00

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Er hat das Wort. (Zwischenrufe bei der SPÖ in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Walch.)

 


12.00

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege, wenn du immer dreinschreist, dann muss ich dir sagen, du sollst dich mehr kümmern. Und jetzt, bitte, aufpassen! Was ihr jahrzehntelang nicht durchgesetzt habt für die Familien in Öster­reich, hat die FPÖ – und das freut mich ganz besonders – unter einem Sozialminister Haupt, unter einer Staatssekretärin Uschi Haubner und Kolleginnen und Kollegen der ÖVP durchgesetzt. Die FPÖ ist die familienfreundlichste Partei Österreichs! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben das Kindergeld durchgesetzt – die Freiheitlichen und die ÖVP! Wir haben das Berufsverbot abgeschafft, das ihr in Österreich eingeführt habt. Wir haben zu­sätzlich die Anrechnung von Kindererziehungszeiten als Beitragszeiten durch­gesetzt. Wir haben mehr Familienbeihilfe durchgesetzt, und wir haben im Rahmen der ersten und zweiten Etappe der Steuerreform Familien mit Kindern zusätzliches Geld gegeben. Das ist Familienpolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Einführung des Rechts auf Teilzeitarbeit ist wieder ein Schritt in die richtige Rich­tung. Natürlich muss man mit dem Arbeitgeber verhandeln, natürlich muss man eine Betriebsvereinbarung machen, natürlich wäre es auch mir lieber gewesen, wenn diese Regelung bereits ab einem Mitarbeiter gegolten hätte, aber es ist dies eben ein erster Schritt. Wir haben heute schon des Öfteren gehört, dass Kleinbetriebe mit weniger als 20 Mitarbeitern Verträge auf Teilzeitarbeit eher abschließen werden als jene mit einer größeren Zahl von Beschäftigten. Ich bin glücklich darüber, dass es für diese Betriebe eine entsprechende finanzielle Unterstützung geben wird. Ich glaube, das ist der richtige Meilenstein auf dem Weg in die richtige Richtung. Diese Möglichkeit besteht zunächst allerdings nur in Betrieben ab 20 Beschäftigten, in Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten kann diese im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geschaffen werden. Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 20 Be­schäf­tigten nicht einigen können, dann besteht die Möglichkeit, zum Arbeitsgericht zu gehen. Aber man weiß ja, wie es in der Praxis draußen ist: Bei guter Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist alles machbar.

Die Möglichkeit von Elternteilzeitarbeit ist also ein richtiger Schritt in die richtige Rich­tung. Ich bin nur froh, dass jetzt eine Regierung bestehend aus Vertretern von FPÖ und ÖVP an der Macht ist, denn jetzt wird endlich einmal etwas für die Familien in Österreich getan. Was ihr ihnen weggenommen habt, geben wir ihnen jetzt wieder zurück! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.03

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 71

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.03

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Familienweltmeister Österreich – Kindergeld“ auf das Rednerpult. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sehr kindisch finde ich das, was Sie da hinten machen.

Es wurde heute schon des Öfteren angesprochen, Eltern von Kindern unter sieben Jahren beziehungsweise bis zum Eintritt in die Schule haben künftig, Frau Kuntzl, einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. Damit setzt diese Bundesregierung einen weiteren Meilenstein in der österreichischen Familienpolitik und steht an vorderster Stelle in Europa. Und mit dem Kindergeld, wogegen Sie ja gestimmt haben – Ihre Wählerinnen und Wähler können das noch immer nicht glauben –, und mit dieser neuen Teilzeitregelung können nun die Eltern wirklich entscheiden, ob sie bei ihrem Kind zu Hause bleiben, ganz in den Beruf einsteigen oder diese Teilzeitmöglichkeit in Anspruch nehmen. Das nennt man Vereinbarkeit von Familie und Beruf. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aus Erfahrung wissen wir, dass sehr viele Frauen und zunehmend auch immer mehr Männer gerne zugunsten ihrer Kinder zurückstecken oder zurückschalten. Viele wollen nicht ganz aus ihrem Beruf aussteigen. Für all diese Mütter und für all diese Väter ist diese neue Teilzeitregelung eine hervorragende Lösung.

Ich glaube, jetzt müssen schön langsam auch die ärgsten Kritiker dieser Bundes­regierung einsehen, dass hier sehr viel Positives passiert, Positives für die Eltern, Positives für die Kinder und Positives für die ganze Gesellschaft. Ich denke an die Steuerreform, in deren Rahmen sehr viel für die Familien gemacht wurde, an die Familienhospizkarenz und an die erhöhte Familienbeihilfe. Schließlich hängen von der Anzahl der Kinder viele Arbeitsplätze und unser ganzes Sozialsystem ab. Das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst sein sollte.

Ich hoffe, dass ich in Zukunft nicht wieder – Herr Öllinger hat schon so etwas ange­deutet – die 16-Bogen-Plakate sehe, wo draufsteht, dass wir mit dieser Aktion die Frauen zurück an den Herd drängen wollen, denn das Gegenteil ist der Fall. Diese neue Teilzeitregelung erlaubt vielen Müttern, in ihrem Beruf zu bleiben, wenn sie das wollen, und darauf legen wir von der ÖVP ganz besonderen Wert. Frauen sollen selbst entscheiden, und niemand soll Frauen bevormunden, weder eine Partei noch eine Gewerkschaft, denn Frauen wissen selbst am besten, was gut für sie ist.

Natürlich haben wir auch darauf geachtet, dass die Betriebe diese Teilzeitregelung verkraften können. Daher gibt es diesen Rechtsanspruch nur in Betrieben mit mehr als 20 beziehungsweise mit 21 Beschäftigten. Und ich finde das positiv. 74 Prozent aller Beschäftigten arbeiten nämlich in Betrieben mit über 20 Beschäftigten, auch wenn Sie diese Zahl bestreiten. Für kleinere Betriebe wird es einen finanziellen Anreiz geben, wenn sie ihren Mitarbeitern Teilzeitarbeit ermöglichen. Seien wir ganz ehrlich: Was nützen uns die schönsten Teilzeitjobs und Teilzeitregelungen, wenn uns die Betriebe in Konkurs gehen?!

Noch ein Wort zum Vaterschutzmonat. Geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien! Ich glaube, es ist besser, Maßnahmen in der Familienpolitik Schritt für Schritt zu setzen, denn man muss natürlich auch die Finanzierung über­legen. Was nützen uns die besten Maßnahmen, wenn sie nicht finanzierbar sind?


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 72

Abschließend möchte auch ich mich bei der Wirtschaft für ihr Entgegenkommen bedanken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.08

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.08

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! Frau Staatssekretärin Haubner, Sie haben in Ihrem Redebeitrag gesagt, Sie möchten gerne eine positive Einstellung zu Kindern forcieren. – Das wollen auch wir, das ist kein Monopol der Regierungsparteien! So sehe zumindest ich das. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Aber es ist kein Monopol von Ihnen!

Man darf aber dabei nicht übersehen, dass die Geburtenrate in Österreich bei 1,3 Kin­dern liegt und dass diese Kompromisslösung, die wir heute mit beschließen werden, daran wohl kaum etwas ändern wird.

Es gibt da ein sehr aussagekräftiges Zitat von Frau Carina Kerschbaumer aus der „Kleinen Zeitung“, die schreibt:

„Wer bei einer Geburtenrate von 1,3 noch immer auf Kompromisse wie bei der Eltern­teilzeit setzt, entscheidet sich für Halbherzigkeiten. Und die sind zur Erfolglosigkeit verdammt.“

Ich denke, dieses Zitat spiegelt sehr treffsicher das Dilemma dieses Gesetzes wieder, und es ist keineswegs ein Meilenstein, sondern bestenfalls ein Mosaiksteinchen auf dem Weg zum Ziel.

Die vorliegende Regierungsvorlage schließt – das haben wir heute schon ein paar Mal gehört – von vornherein 77 Prozent aller Beschäftigten zwischen 20 und 45 Jahren von diesem Rechtsanspruch, der ja auch nur sehr bedingt ist, aus. Ich denke, das kann doch nicht im Sinne der selbst ernannten Familienpartei ÖVP sein – und auch nicht im Sinne der so familienfreundlichen Partei FPÖ, wie wir gerade vom Herrn Kollegen Walch gehört haben.

Frau Kollegin Rosenkranz hat davon gesprochen, dass lediglich 8 Prozent der Eltern von Kindern unter sechs Jahren Vollzeit arbeiten möchten. Ich kann dazu nur sagen, ich wünsche den restlichen 92 Prozent der Eltern, dass sie das Glück haben, in einem Betrieb mit mehr als 20 MitarbeiterInnen zu arbeiten, und dass sie in diesem Betrieb auch schon länger als drei Jahre arbeiten, denn sonst wird dieser Wunsch der Eltern wohl nur ein Wunsch bleiben – und die so oft zitierte Wahlfreiheit bleibt ein weiteres Mal nur ein Schlagwort der konservativen Familienpolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ziel muss es doch sein, allen Eltern den Rechtsanspruch auf Elternteilzeitarbeit zu gewähren, unabhängig von der Betriebs­größe, unabhängig von der Betriebszugehörigkeit und auch unabhängig davon, ob die Eltern das Glück haben, in einem Filialbetrieb zu arbeiten, der nahe bei der Zentrale ist, oder das Pech haben, im ländlichen Raum zu arbeiten und zu wohnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Halbherzigkeit der Familienpolitik zeigt sich für mich auch in der sehr ablehnenden Haltung der Wirtschaftsvertreter im Vorfeld der Beratungen. Es war die Rede davon, dass bei gesetzlichem Recht auf Teilzeit von Anfang an die Luft draußen ist und dass die Betriebe durch die Elternteilzeitarbeit vor allem keine Nachteile haben sollten, denn sonst wird es nicht gelingen, das Ziel zu erreichen. Diese Aussagen stärken nicht gerade das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit bei der Umsetzung dieser Gesetzesvorlage.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 73

Geschätzte Damen und Herren! Zeigen Sie, dass Sie Familienpolitik ernst nehmen! Geben Sie allen Familien die Chance und das Recht auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie! Schließlich ist das doch ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ich ersuche Sie daher und fordere Sie auf: Stimmen Sie unserem Abänderungsantrag, den ich in seinen Kernpunkten nun einbringen werde, zu!

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und KollegInnen zum Bericht des Familienausschusses (483 d.B.) lautet in seinen Kernpunkten: Elternteilzeit für alle Eltern unabhängig von der Betriebsgröße und der Betriebszugehörigkeit, und wir fordern auch ein Benachteiligungsverbot.

Am Schluss möchte ich noch einen Satz an die Wirtschaftsvertreter und auch an Kollegen Dolinschek richten, denn ich denke, zufriedene, motivierte MitarbeiterInnen sind nie zum Nachteil eines Unternehmens. Ich denke, da stimmen wir alle überein. Und ich denke auch, dass zufriedene, motivierte MitarbeiterInnen immer zum Nutzen beider Seiten sind: der UnternehmerInnen und auch der MitarbeiterInnen. Dies sollte aber auch für MitarbeiterInnen in Unternehmen mit weniger als 20 MitarbeiterInnen gelten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.12

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Abänderungsantrag, der in seinen Grundzügen von der Rednerin soeben dargelegt wurde, ist ausreichend unterstützt und steht zur Ver­handlung und Abstimmung. Der schriftliche Text wird im Sitzungssaal verteilt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl und KollegInnen zum Bericht des Familien­ausschusses über die Regierungsvorlage (399 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz, Landarbeitsgesetz 1984, das Ar­beits­zeitgesetz, das Angestelltengesetz, das Gutsangestelltengesetz, das Bau­arbeits-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden (483 d. B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. Z 14 lautet:

„14. Die § 15h und 15i werden durch folgende §§ 15h bis 15k samt Überschrift ersetzt:

Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit)

§ 15h. (1) Der Dienstnehmerin ist auf ihr schriftliches Verlangen Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Sie muss ihre Dauer, ihr Ausmaß und ihre Lage dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. In Betrieben, in denen ein für die Dienstnehmerin zustän­diger Betriebsrat erreichtet ist, ist dieser vom Verlangen der Teilzeitbeschäftigung zu benachrichtigen. Der Anspruch besteht unabhängig von einer Karenz oder Teilezeit­beschäftigung des anderen Elternteils.

(2) Der Anspruch auf Elternteilzeit besteht nach Maßgabe der Bekanntgabe durch die Dienstnehmerin bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder bis zu einem späteren Schuleintritt des Kindes. Er beginnt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 74

1. frühestens mit Ablauf der Frist gemäß § 5 Abs. 1 und 2,

2. im Anschluss an einen im Anschluss an die Frist gemäß § 5 Abs. 1 und 2 ver­brauchten Gebührenurlaub,

3. frühestens drei Monate nach Zugang des schriftlichen Verlangens an den Arbeitgeber.

(3) Die Dienstnehmerin muss die Teilzeitbeschäftigung innerhalb der Frist gemäß § 5 Abs. 1 oder bis spätestens zum Beginn des dritten Monats vor dem Ende der Karenz oder drei Monate vor dem gewünschten Antrittstermin dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. Die Bekanntgabe muss Beginn und Dauer der Teilzeibeschäftigung sowie Lage und Dauer der Arbeitszeit enthalten. Der Dienstgeber hat der Dienst­nehmerin Teilzeitarbeit nach Maßgabe des Gesetzes zu ermöglichen, unabhängig von ihrer Stellung in der betrieblichen Organisation. Das rechtzeitig bekannt gegebene Verlangen auf Teilzeitbeschäftigung wird wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht binnen 14 Tagen Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhebt. Die Dienstnehmerin kann eine rechtzeitig bekannt gegebene Teilzeitbeschäftigung trotz Einreichung der Klage zum bekannt gegebenen Termin antreten und bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiter­führen.

(4) Der Dienstgeber hat in seiner Klage die sachlichen Gründe für die Unwirksamkeit des Verlangens zu beweisen. Insbesondere können zumutbare Mehrkosten oder die Stellung der Dienstnehmerin im Betrieb nicht als sachliche Gründe gelten.

(5) In solchen Rechtsstreitigkeiten steht keiner Partei ein Kostenersatzanspruch zu. Gegen ein Urteil des Gerichts erster Instanz ist eine Berufung zulässig.

(6) Der Dienstgeber ist verpflichtet, seiner Dienstnehmerin auf deren Verlangen eine Bestätigung über Beginn und Dauer der Teilzeitbeschäftigung oder die Nicht­inanspruchnahme der Teilzeitbeschäftigung auszustellen. Die Dienstnehmerin hat diese Bestätigung mit zu unterfertigen.

(7) Fallen in ein Kalenderjahr auch Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung, gebühren der Dienstnehmerin sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr.

(8) Der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß den §§ 10 und 12 beginnt mit der Bekanntgabe gemäß Abs. 6 und endet vier Wochen nach dem Ende der Teil­zeitbeschäftigung, spätestens aber vier Wochen nach dem vierten Geburtstag des Kin­des, für das die Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird. Der Kündigungs­schutz gilt auch während eines Rechtsstreites nach Abs 3.

Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit) der Adoptiv- oder Pflegemutter

§ 15i. (1) Adoptiv- und Pflegemütter,

1. die ein Kind allein oder mit dem Ehegatten an Kindes statt annehmen oder

2. die ein Kind in der Absicht, es an Kindes statt anzunehmen, in unentgeltliche Pflege übernehmen, haben Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung ab dem Tag der Annahme des Kindes an Kindes statt oder ab dem Tag der Übernahme in unentgeltliche Pflege. § 15 h Abs. 1 ist sinngemäß anzuwenden.“

(2) Im Fall von § 15i Abs. 1 Z 1 hat die Dienstnehmerin abweichend von § 15h Abs. 2 Z 3 den Antritt der Teilzeitbeschäftigung unverzüglich bekannt zu geben. § 15h Abs. 3 Satz 4 und 5 sind anzuwenden.

(3) § 15h Abs. 4 bis Abs. 10 sind anzuwenden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 75

Benachteiligungsverbot

§ 15j. (1) Der Dienstgeber hat alles zu unterlassen, was die Dienstnehmerinnen, die eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15h in Anspruch nehmen, gegenüber Vollzeit­beschäftigten benachteiligt.

(2) Der Dienstgeber hat insbesonders dafür zu sorgen, dass Dienstnehmerinnen in Teilzeitbeschäftigung sämtliche wichtigen Informationen erhalten und an betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können.

(3) Dienstnehmerinnen, die wegen einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 15h oder § 15i im Betrieb benachteiligt werden, haben Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf Ersatz der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung.

(4) Dienstnehmerinnen müssen bei Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen der Teilzeit­beschäftigung vermuten lassen. Es obliegt dem Arbeitgeber zu beweisen, dass keine Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vorliegt.

§ 15k. (1) Wird der Klage des Arbeitgebers stattgegeben, kann die Dienstnehmerin ab Rechtskraft der Entscheidung Karenz bis zum 2. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen.

(2) Sie hat den Dienstgeber unverzüglich nach Rechtskraft der Entscheidung davon zu benachrichtigen und Beginn und Dauer der Karenz bekannt zu geben.“

2. Z 15 entfällt.

3. Die bisherige Z 16 erhält die Bezeichnung Z 15 und lautet:

„15. Nach § 15k wird folgende Abschnittsbezeichnung samt Überschrift eingefügt:

Abschnitt 7

Sonstige Bestimmungen“

4. Die bisherige Z 17 erhält die Bezeichnung Z 16 und lautet:

„16. Der bisherige § 15k erhält die Bezeichnung „§15l“ und das Zitat „§15j“ wird durch das Zitat „§ 15k“ ersetzt.

5. Die bisherigen Z 18 bis 32 erhalten die Bezeichnung Z 17 bis 31.

6. In der Z 31 neu lautet der erste Satz:

„31. Dem § 40 wird folgender Abs. 16 angefügt:

(16) Die §§ 11, 15 d Abs. 5, 15h bis k, 16, 18a und 23 Abs. 8, 11, 12, 15 bis 17 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/2004 treten mit 1. Juli 2004 in Kraft und gelten für Mütter (Adoptiv- oder Pflegemütter), deren Kinder nach dem 30. Juni 2004 geboren werden, sowie für Mütter, die sich zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens in einer Schutzfrist gemäß § 5 Abs. 1, in einem an eine Schutzfrist gemäß § 5 Abs. 1 anschließenden Gebührenurlaub, in einer Karenz gemäß § 15 oder in einer Teilzeitbeschäftigung gemäß §§ 15h oder § 15i MschG 1979 idF BGBl I 2002/87 befinden.“

II. Artikel 2 wird wie folgt geändert

1. Z 5 lautet wie folgt:

„5. Die §§ 8 und 8a werden durch folgenden § 8 samt Überschrift ersetzt:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 76

Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit)

§ 8.(1) Dem Dienstnehmer ist auf sein schriftliches Verlangen Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Er muss ihre Dauer, ihr Ausmaß und ihre Lage dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. In Betrieben, in denen ein für den Dienstnehmer zuständiger Betriebs­rat errichtet ist, ist dieser vom Verlangen der Teilzeitbeschäftigung zu benachrichtigen. Der Anspruch besteht unabhängig von einer Schutzfrist gemäß § 5 Abs. 1 MSchG, Karenz oder Teilzeitbeschäftigung des anderen Elternteils.

(2) Der Anspruch auf Elternteilzeit besteht nach Maßgabe der Bekanntgabe durch den Dienstnehmer bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder bis zu einem späteren Schuleintritt des Kindes. Er beginnt

1. mit der Geburt des Kindes,

2. im Anschluss an einen im Anschluss die Geburt des Kindes verbrauchten Ge­bührenurlaub,

3. frühestens drei Monate nach Zugang des schriftlichen Verlangens an den Arbeitgeber."

(3) Der Dienstnehmer muss die Teilzeitbeschäftigung bis spätestens drei Monate vor dem errechneten Entbindungstermin oder bis spätestens zum Beginn des dritten Monats vor dem Ende der Karenz oder drei Monate vor dem gewünschten Antritts­termin dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. Die Bekanntgabe muss Beginn und Dauer der Teilzeibeschäftigung sowie Lage und Dauer der Arbeitszeit enthalten. Der Dienstgeber hat dem Dienstnehmer Teilzeitarbeit nach Maßgabe des Gesetzes zu ermöglichen, unabhängig von seiner Stellung in der betrieblichen Organisation. Das rechtzeitig bekannt gegebene Verlangen auf Teilzeitbeschäftigung wird wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht binnen 14 Tagen Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhebt. Der Dienstnehmer kann eine rechtzeitig bekannt gegebene Teilzeitbeschäftigung trotz Einreichung der Klage zum bekannt gegebenen Termin antreten und bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiterführen.

(4) Der Dienstgeber hat in seiner Klage die sachlichen Gründe für die Unwirksamkeit des Verlangens zu beweisen. Insbesondere können zumutbare Mehrkosten oder die Stellung des Dienstnehmers im Betrieb nicht als sachliche Gründe gelten.

(5) In solchen Rechtsstreitigkeiten steht keiner Partei ein Kostenersatzanspruch zu. Gegen ein Urteil des Gerichts erster Instanz ist eine Berufung zulässig.

(6) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen eine Bestätigung über Beginn und Dauer der Teilzeitbeschäftigung oder die Nicht­inanspruchnahme der Teilzeitbeschäftigung auszustellen. Diese Bestätigung ist vom Arbeitnehmer mit zu unterfertigen. Derartige Bestätigungen sind von Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit.

(7) Fallen in ein Kalenderjahr auch Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung, gebühren dem Arbeitnehmer sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EstG 1988 in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr.

(8) Der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß den §§ 10 und 12 beginnt mit der Bekanntgabe gemäß Abs. 6 und endet vier Wochen nach dem Ende der Teilzeit­beschäftigung, spätestens aber vier Wochen nach dem vierten Geburtstag des Kindes, für das die Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird. Der Kündigungsschutz gilt auch während eines Rechtsstreits nach Abs. 3."

2. Nach Z 5 wird Z 5a eingefügt und lautet:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 77

„5a. Die §§ 8a bis 8h entfallen.“

3. Nach Z 5a wird Z 5b eingefügt und lautet:

„5b. § 9 samt Überschrift lautet:

Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit) der Adoptiv- oder Pflegevater

§ 9. (1) Adoptiv- und Pflegeväter,

1. die ein Kind allein oder mit der Ehegattin an Kindes statt annehmen oder

2. die ein Kind in der Absicht, es an Kindes statt anzunehmen, in unentgeltliche Pflege übernehmen, haben Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung ab dem Tag der Annahme des Kindes an Kindes statt oder ab dem Tag der Übernahme in unentgeltliche Pflege. § 15h Abs. 1 ist sinngemäß anzuwenden.“

(2) Im Fall von § 9 Abs. 1 Z 1 hat der Dienstnehmer abweichend von § 9 Abs. 2 Z 3 den Antritt der Teilzeitbeschäftigung unverzüglich bekannt zu geben. § 9 Abs. 3 Satz 4 und 5 sind anzuwenden.

(3) § 8 Abs. 4 bis Abs. 8 sind anzuwenden."

4. Nach Z 5b wird Z 5c eingefügt und lautet:

„5c. Nach § 9 wird folgender § 9a samt Überschrift eingefügt:

Benachteiligungsverbot

§ 9a. (1) Der Dienstgeber hat alles zu unterlassen, was Dienstnehmern, die eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 8 in Anspruch nehmen, gegenüber Vollzeitbeschäftig­ten benachteiligt.

(2) Der Dienstgeber hat insbesonders dafür zu sorgen, dass Dienstnehmerinnen in Teilzeitbeschäftigung sämtliche wichtigen Informationen erhalten und an betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können.

(3) Dienstnehmern, die wegen einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 8 oder § 9 im Betrieb benachteiligt werden, haben Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf Ersatz der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung.

(4) Dienstnehmer müssen bei Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vermuten lassen. Es obliegt dem Arbeitgeber zu beweisen, dass keine Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vorliegt."

5. Nach Z 5c wird Z 5d eingefügt und lautet:

„5d. Nach § 9a wird folgender § 9b eingefügt:

§ 9b. (1) Wird der Klage des Arbeitgebers stattgegeben, kann der Dienstnehmer ab Rechtskraft der Entscheidung Karenz bis zum 2. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen.“

(2) Er hat den Dienstgeber unverzüglich nach Rechtskraft der Entscheidung davon zu benachrichtigen und Beginn und Dauer der Karenz bekannt zu geben.“

6. Z 6 lautet:

„6. Nach § 9b wird folgende Abschnittsbezeichnung samt Überschrift eingefügt:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 78

Abschnitt 4

Sonstige Bestimmungen“

7. Nach Z 6 wird Z 6a eingefügt und lautet:

„6a.. Der bisherige § 9a erhält die Bezeichnung § 9c.“

8. Z 7 lautet:

„7. Nach § 9c wird folgende Abschnittsbezeichnung eingefügt:

Abschnitt 5“

9. Z 16 erster Satz lautet:

„16. Dem § 14 wird folgender Abs. 11 angefügt:

(11) Die §§ 7 Abs. 1 Z 2, 8 bis 9b und 10 Abs. 10, 13, 14, 17 bis 19 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXXX/2004 treten mit 1. Juli 2004 in Kraft und gelten für Väter (Adoptiv- und Pflegeväter), deren Kinder nach dem 30. Juni 2004 geboren wurden, sowie für Väter (Adoptiv-, Pflegeväter), die sich im Anschluss an die Geburt eines Kindes in einem Gebührenurlaub oder in einer Karenz gemäß § 2 oder in einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 8 VKG idF BGBl. I 2002/100 befinden.“

III. Artikel 3 wird wie folgt geändert:

1. Z 5 wird wie folgt geändert:

„5. (Grundsatzbestimmung) Im § 26e Abs. 4 wird die Wortfolge „vereinbarte Teilzeit­beschäftigung“ durch die Wortfolge „Teilzeitbeschäftigung gemäß §§ 26j und 26k“ ersetzt.“

2. Z 6 wird wie folgt geändert:

„6. (Grundsatzbestimmung) § 26f Abs. 1 Z 2 lautet:

2. nach dem Ende einer Karenz oder Teilzeitbeschäftigung gemäß § 26j und § 26k, die infolge der Verhinderung der Mutter, Adoptiv- oder Pflegemutter in Anspruch genom­men wird.“

3. Z 7 wird wie folgt geändert:

„7. (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die §§ 26j und 26k samt Überschriften werden durch folgende §§ 26j bis 26o samt Überschriften ersetzt:

Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit)

§ 26j. (Grundsatzbestimmung) (1) Dem Dienstnehmer ist auf sein schriftliches Ver­langen Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Er muss ihre Dauer, ihr Ausmaß und ihre Lage dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. In Betrieben, in denen ein für den Dienstnehmer zuständiger Betriebsrat errichtet ist, ist dieser vom Verlangen der Teilzeitbeschäftigung zu benachrichtigen. Der Anspruch besteht unabhängig von einer Schutzfrist gemäß § 5 Abs. 1 MSchG, Karenz oder Teilzeitbeschäftigung des anderen Elternteils.

(2) Der Anspruch auf Elternteilzeit besteht nach Maßgabe der Bekanntgabe durch den Dienstnehmer bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder bis zu einem späteren Schuleintritt des Kindes. Er beginnt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 79

1. mit der Geburt des Kindes,

2. im Anschluss an einen im Anschluss die Geburt des Kindes verbrauchten Gebührenurlaub,

3. frühestens drei Monate nach Zugang des schriftlichen Verlangens an den Arbeit­geber.

(3) Der Dienstnehmer muss die Teilzeitbeschäftigung bis spätestens drei Monate vor dem errechneten Entbindungstermin oder bis spätestens zum Beginn des dritten Monats vor dem Ende der Karenz oder drei Monate vor dem gewünschten Antritts­termin dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. Die Bekanntgabe muss Beginn und Dauer der Teilzeibeschäftigung sowie Lage und Dauer der Arbeitszeit enthalten. Der Dienstgeber hat dem Dienstnehmer Teilzeitarbeit nach Maßgabe des Gesetzes zu ermöglichen, unabhängig von seiner Stellung in der betrieblichen Organisation. Das rechtzeitig bekannt gegebene Verlangen auf Teilzeitbeschäftigung wird wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht binnen 14 Tagen Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhebt. Der Dienstnehmer kann eine rechtzeitig bekannt gegebene Teilzeitbeschäftigung trotz Einreichung der Klage zum bekannt gegebenen Termin antreten und bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiterführen.

(4) Der Dienstgeber hat in seiner Klage die sachlichen Gründe für die Unwirksamkeit des Verlangens zu beweisen. Insbesondere können zumutbare Mehrkosten oder die Stellung des Dienstnehmers im Betrieb nicht als sachliche Gründe gelten.

(5) In solchen Rechtsstreitigkeiten steht keiner Partei ein Kostenersatzanspruch zu. Gegen ein Urteil des Gerichts erster Instanz ist eine Berufung zulässig.

(6) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seinem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen eine Bestätigung über Beginn und Dauer der Teilzeitbeschäftigung oder die Nicht­inanspruchnahme der Teilzeitbeschäftigung auszustellen. Diese Bestätigung ist vom Arbeitnehmer mit zu unterfertigen. Derartige Bestätigungen sind von Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit.

(7) Fallen in ein Kalenderjahr auch Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung, gebühren dem Arbeitnehmer sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EstG 1988 in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr.

(8) Der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß den §§ 10 und 12 beginnt mit der Bekanntgabe gemäß Abs. 6 und endet vier Wochen nach dem Ende der Teilzeit­beschäftigung, spätestens aber vier Wochen nach dem vierten Geburtstag des Kindes, für das die Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird. Der Kündigungsschutz gilt auch während eines Rechtsstreits nach Abs. 3.

Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit) der Adoptiv- oder Pflegevater

§ 26k. (Grundsatzbestimmung) (1) Adoptiv- und Pflegeväter, die ein Kind allein oder mit der Ehegattin an Kindes statt annehmen oder die ein Kind in der Absicht, es an Kindes statt anzunehmen, in unentgeltliche Pflege übernehmen, haben Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung ab dem Tag der Annahme des Kindes an Kindes statt oder ab dem Tag der Übernahme in unentgeltliche Pflege. § 26j Abs. 1 ist sinngemäß anzu­wenden.“

(2) Im Fall von § 26k Abs. 1 Z 1 hat der Dienstnehmer abweichend von § 26j Abs. 2 Z 3 den Antritt der Teilzeitbeschäftigung unverzüglich bekannt zu geben. § 26j Abs. 3 Satz 4 und 5 sind anzuwenden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 80

(3) § 26j Abs. 4 bis Abs. 8 sind anzuwenden.

§ 26l. (Grundsatzbestimmung) (1) Wird der Klage des Arbeitgebers stattgegeben, kann der Dienstnehmer ab Rechtskraft der Entscheidung Karenz bis zum 2. Geburtstag des Kindes in Anspruch nehmen.

(2) Er hat den Dienstgeber unverzüglich nach Rechtskraft der Entscheidung davon zu benachrichtigen und Beginn und Dauer der Karenz bekannt zu geben.

Benachteiligungsverbot

§ 26m. (Grundsatzbestimmung) (1) Der Dienstgeber hat alles zu unterlassen, was Dienstnehmern, die eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 26j in Anspruch nehmen, gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt.

(2) Der Dienstgeber hat insbesonders dafür zu sorgen, dass Dienstnehmer in Teilzeitbeschäftigung sämtliche wichtigen Informationen erhalten und an betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können.

(3) Dienstnehmern, die wegen einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 26j oder § 26k im Betrieb benachteiligt werden, haben Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf Ersatz der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung.

(4) Dienstnehmer müssen bei Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vermuten lassen. Es obliegt dem Arbeitgeber zu beweisen, dass keine Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vorliegt."

4. Die § 26m und § 26n erhalten die Bezeichnung §§ 26n und 26o.

5. Z 8 bis 10 entfallen.

6. Z 19 lautet wie folgt:

„19. (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) § 105f wird durch folgende §§ 105f bis 105i samt Überschriften ersetzt:

Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit)

§ 105f. (Grundsatzbestimmung) (1) Der Dienstnehmerin ist auf ihr schriftliches Verlangen Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Sie muss ihre Dauer, ihr Ausmaß und ihre Lage dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. In Betrieben, in denen ein für die Dienstnehmerin zuständiger Betriebsrat erreichtet ist, ist dieser vom Verlangen der Teilzeitbeschäftigung zu benachrichtigen. Der Anspruch besteht unabhängig von einer Karenz oder Teilezeitbeschäftigung des anderen Elternteils.

(2) (Grundsatzbestimmung) Der Anspruch auf Elternteilzeit besteht nach Maßgabe der Bekanntgabe durch die Dienstnehmerin bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder bis zu einem späteren Schuleintritt des Kindes. Er beginnt frühestens mit Ablauf der Frist gemäß § 5 Abs. 1 und 2, im Anschluss an einen im Anschluss an die Frist gemäß § 5 Abs. 1 und 2 verbrauchten Gebührenurlaub frühestens drei Monate nach Zugang des schriftlichen Verlangens an den Arbeitgeber."

(3) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die Dienstnehmerin muss die Teilzeit­beschäftigung innerhalb der Frist gemäß § 5 Abs. 1 oder bis spätestens zum Beginn des dritten Monats vor dem Ende der Karenz oder drei Monate vor dem gewünschten Antrittstermin dem Dienstgeber schriftlich bekannt geben. Die Bekanntgabe muss Beginn und Dauer der Teilzeibeschäftigung sowie Lage und Dauer der Arbeitszeit


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 81

enthalten. Der Dienstgeber hat der Dienstnehmerin Teilzeitarbeit nach Maßgabe des Ge­setzes zu ermöglichen, unabhängig von ihrer Stellung in der betrieblichen Organisation. Das rechtzeitig bekannt gegebene Verlangen auf Teilzeitbeschäftigung wird wirksam, wenn der Arbeitgeber nicht binnen 14 Tagen Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhebt. Die Dienstnehmerin kann eine rechtzeitig bekannt gegebene Teilzeitbeschäftigung trotz Einreichung der Klage zum bekannt gegebenen Termin antreten und bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiterführen.

(4) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Der Dienstgeber hat in seiner Klage die sachlichen Gründe für die Unwirksamkeit des Verlangens zu beweisen. Insbesondere können zumutbare Mehrkosten oder die Stellung der Dienstnehmerin im Betrieb nicht als sachliche Gründe gelten.

(5) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) In solchen Rechtsstreitigkeiten steht keiner Partei ein Kostenersatzanspruch zu. Gegen ein Urteil des Gerichts erster Instanz ist eine Berufung zulässig.

(6) (Grundsatzbestimmung) Der Dienstgeber ist verpflichtet, seiner Dienstnehmerin auf deren Verlangen eine Bestätigung über Beginn und Dauer der Teilzeitbeschäftigung oder die Nichtinanspruchnahme der Teilzeitbeschäftigung auszustellen. Die Dienst­nehmerin hat diese Bestätigung mit zu unterfertigen.

(7) (Grundsatzbestimmung) Fallen in ein Kalenderjahr auch Zeiten einer Teilzeit­beschäftigung, gebühren der Dienstnehmerin sonstige, insbesondere einmalige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 1 EstG 1988 in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäfti­gung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr.

(8) (Gundsatzbestimmung) Der Kündigungs- und Entlassungsschutz gemäß den §§ 10 und 12 beginnt mit der Bekanntgabe gemäß Abs. 6 und endet vier Wochen nach dem Ende der Teilzeitbeschäftigung, spätestens aber vier Wochen nach dem vierten Ge­burtstag des Kindes, für das die Teilzeitbeschäftigung in Anspruch genommen wird. Der Kündigungsschutz gilt auch während eines Rechtsstreites nach Abs 3.

Teilzeitbeschäftigung (Elternteilzeit) der Adoptiv- oder Pflegemutter

§ 105g. (Grundsatzbestimmung) (1) Adoptiv- und Pflegemütter,

1. die ein Kind allein oder mit dem Ehegatten an Kindes statt annehmen oder

2. die ein Kind in der Absicht, es an Kindes statt anzunehmen, in unentgeltliche Pflege übernehmen, haben Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung ab dem Tag der Annahme des Kindes an Kindes statt oder ab dem Tag der Übernahme in unentgeltliche Pflege. § 105f Abs. 1 ist sinngemäß anzuwenden.“

(2) (Grundsatzbestimmung) Im Fall von § 105g Abs. 1 Z 1 hat die Dienstnehmerin abweichend von § 105f Abs. 2 Z 3 den Antritt der Teilzeitbeschäftigung unverzüglich bekannt zu geben. § 105f Abs. 3 Satz 4 und 5 sind anzuwenden.

(3) (Grundsatzbestimmung, unmittelbar anwendbares Bundesrecht) § 105f Abs. 4 bis Abs. 10 sind anzuwenden.

Benachteiligungsverbot

§ 105h. (Grundsatzbestimmung) (1) Der Dienstgeber hat alles zu unterlassen, was die Dienstnehmerinnen, die eine Teilzeitbeschäftigung gemäß § 105f und § 105g in Anspruch nehmen, gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 82

(2) (Grundsatzbestimmung) Der Dienstgeber hat insbesonders dafür zu sorgen, dass Dienstnehmerinnen in Teilzeitbeschäftigung sämtliche wichtigen Informationen erhalten und an betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen können.

(3) (Grundsatzbestimmung) Dienstnehmerinnen, die wegen einer Teilzeitbeschäftigung gemäß § 105f oder § 105g im Betrieb benachteiligt werden, haben Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und auf Ersatz der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung.

(4) (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Dienstnehmerinnen müssen bei Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vermuten lassen. Es obliegt dem Arbeitgeber zu beweisen, dass keine Benachteiligung wegen der Teilzeitbeschäftigung vorliegt.

§ 105i. (Grundsatzbestimmung) (1) Wird der Klage des Arbeitgebers stattgegeben, kann die Dienstnehmerin ab Rechtskraft der Entscheidung Karenz bis zum 2. Geburts­tag des Kindes in Anspruch nehmen.

(2) (Grundsatzbestimmung) Sie hat den Dienstgeber unverzüglich nach Rechtskraft der Entscheidung davon zu benachrichtigen und Beginn und Dauer der Karenz bekannt zu geben.“

7. Z 20 wird wie folgt geändert:

„20. Der bisherige § 105g erhält die Bezeichnung § 105j.“

8. Z 21 wird wie folgt geändert:

„21. (Grundsatzbestimmung) § 106 lautet:

§ 106. (Grundsatzbestimmung) Für den Anspruch auf eine Dienst(Werks)Wohnung gilt

§ 26n.“

9. Z 22 wird wie folgt geändert:

„22. (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Dem § 239 werden folgende Abs. 20 und 21 angefügt:

(20) (Grundsatzbestimmung und unmittelbar anwendbares Bundesrecht) Die Ausfüh­rungsgesetze der Länder zu §§ 10a Abs. 9, 26a Abs. 1, 26b Abs. 4, 26e Abs. 4, 26f Abs. 1, 26j bis 26o, 31 Abs. 5, 39e Abs. 3, 39q Abs. 2, 74 Abs. 2, 97 Abs. 5, 105d Abs. 3, 105f bis 106 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I XXX/2004 sind binnen sechs Monaten nach dem der Kundmachung folgenden Tag zu erlassen.

(21) (Grundsatzbestimmung) Die Landesgesetze haben vorzusehen, dass die Ausführungsbestimmungen zu §§ 10a Abs. 9, 26a Abs. 1, 26b Abs. 4, 26e Abs. 4, 26f Abs. 1, 26j bis 26o, 31 Abs. 5, 39e Abs. 3, 39q Abs. 2, 74 Abs. 2, 97 Abs. 5, 105d Abs. 3, 105f bis 106 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I XXX/2004 gelten für

1. Eltern, deren Kind ab dem In-Kraft-Treten des Ausführungsgesetzes geboren sind,

2. Eltern, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Ausführungs­gesetzes in Karenz oder in Teilzeibeschäftigung nach dem Ausführungsgesetz oder nach einer gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften oder einer gleichartigen Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes befindet,

3. Eltern, wenn sich die Mutter zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Ausfüh­rungsgesetzes in einer Schutzfrist gemäß § 99 Abs. 1 und 2, gleichartigen öster­reichischen Rechtsvorschriften oder einer gleichartigen Rechtsvorschrift eines Mit­gliedsstaats des Europäischen Wirtschaftsraumes befindet,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 83

4. Eltern, wenn zumindest ein Eltrenteil im Anschluss an eine Schutzfrist gemäß Z 3 in einem Gebührenurlaub ist .

Für andere Eltern hat die Ausführungsgesetzgebung vorzusehen, dass weiterhin die Ausführungsbestimmungen zu §§ 26j, 26k, oder 105f in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl.I XXXX/2004 gelten.“

IV. Artkel 8 entfällt.

Begründung:

Zu Ziffer I, II und III:

Das Recht auf Elternteilzeit könnte eine wesentliche sozialpolitische Neuerung dar­stellen, da jungen Eltern in jenem Zeitraum, wo sie wirklich darauf angewiesen sind, ein Element der Arbeitszeitautonomie gegeben wird. Die Ausgestaltung der RV 399 d.B. (XXII. GP) ist aber so einschränkend und bürokratisch im Ablauf, dass die innovativen Elemente des Rechtsanspruchs auf Elternteilzeit davon völlig überlagert werden.

Die SPÖ legt daher im Interesse der Beschäftigten diesen Abänderungsantrag vor. Nach unserer Überzeugung erfüllen diese Bestimmungen die sozialpolitischen Inten­tionen, die mit dem Anspruch auf Elternteilzeit verbunden sind, deutlich besser als die RV.

Die willkürliche und nach unserer Überzeugung schädliche Aufteilung von Eltern in zwei Klassen (solche mit und solche ohne durchsetzbaren Anspruch) wird mit diesen Bestimmungen vermeiden, da nicht länger auf die Betriebsgröße abgestellt wird. Wir verweisen darauf, dass auch bei anderen zentralen arbeitsrechtlichen Ansprüchen, nicht zuletzt bei der erst kürzlich eingeführten Familienhospizkarenz, keine Beschrän­kung des Anspruchs nach Betriebsgröße vorgenommen wurde.

Das Risiko der Klagsführung wird in allen Fällen in Anlehnung an § 4 Abs. 4 UrlG oder auch an § 14a Abs. 3 AVRAG (Familienhospizkarenz) dem Arbeitgeber übertragen: ArbeitnehmerInnen, die den schriftlichen Antrag auf Elternteilzeit rechtzeitig beim Arbeitgeber eingebracht haben, sollen das Recht auf Antritt der Teilzeitbeschäftigung haben, wenn der Arbeitgeber nicht binnen einer gesetzlich definierten Frist eine Klage beim zuständigen ASG erhebt (ähnlich den Bestimmungen bei der Familien­hospizkarenz). Der Arbeitgeber hat zu behaupten und zu beweisen, dass eine Beschäftigung des/der Arbeitnehmer/in in Elternteilzeit schwerwiegende betriebliche Interessen so nachhaltig beeinträchtigt, dass ihm bzw. dem Unternehmen eine allenfalls erforderliche Umorganisation der betrieblichen Abläufe sachlich nicht zumutbar ist.

Nur ganz grundlegende organisatorische oder betriebliche Gründe können eine Weigerung des Arbeitgebers rechtfertigen. Das Argument allenfalls erhöhter Kosten oder einer zu qualifizierten Tätigkeit des/der Antragstellers/in kann allein nicht als Rechtfertigung für die Verweigerung einer Elternteilzeit oder Teilzeitkarenz dienen.

In § 15j bzw § 9a werden gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen konkretisiert: Gemäß Art. 4 (1) der RL 97/81/EG (TeilzeitarbeitsRL) dürfen Teilzeitbeschäftigte nicht benachteiligt werden. Gemäß Art. 2 (1) RL 76/207/EWG idF RL 2002/773/EG (Gleich­behandlungsRL) darf es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – insbesondere unter Bezug auf den Ehe- oder Familien­stand – geben. Die RL 97/80/EG (BeweislastRL) sieht vor, dass der Arbeitgeber zu beweisen hat, dass keine Verletzungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 84

wenn die Dienstnehmerin Tatsachen glaubhaft macht, die eine Verletzung des Gleich­behandlungsgebots vermuten lassen.

Zu Ziffer IV:

Bereits jetzt findet sich die Mehrzahl der Teilzeitbeschäftigten in Klein- und Mittel­betrieben, die diese Form der Arbeitszeitflexibilisierung zu ihrem Vorteil einsetzen.

Es ist offenbar nicht notwendig, bereits erfolgende Entwicklungen noch weiter aus den Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu unterstützen.

*****

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Scheu­cher-Pichler. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.13

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Beschlussfassung der Elternteil­zeitregelung setzen wir meiner und unserer Ansicht nach einen richtigen und sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Und ich sage das ganz bewusst auch als Gewerbetreibende, als Unternehmerin aus der Sicht der Wirtschaft, nachdem es da zu vielen Diskussionen gekommen ist: Ich glaube, es ist ein richtiger Schritt.

Frau Kollegin Weinzinger, ganz freundschaftlich von Frau zu Frau: Elternteilzeit bedeutet für uns natürlich Recht auf Teilzeitarbeit für Mütter und Väter. Das sei nur noch einmal so nebenbei angemerkt.

Die SPÖ – und ich finde das sehr erfreulich – hat sich dazu entschlossen, dieser Elternteilzeitregelung zuzustimmen. Frau Kollegin Kuntzl, die ich als sehr konstruktive Kollegin schätze, hat gemeint, es sei ein kleiner Schritt. Ich denke, es ist doch ein ganz ordentlicher Schritt, es ist vor allem ein Schritt in die richtige Richtung. Und ich glaube, dass als positiv zu vermerken ist, dass das ein Puzzle ist – es handelt sich also um eine Maßnahme von vielen; darauf haben auch die Frau Staatssekretärin und Bun­desminister Bartenstein hingewiesen –, ein Puzzle im Gesamtkonzept in Richtung mehr Familienfreundlichkeit, in Richtung bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Und das ist Ziel dieser Regierung. Da haben wir, denke ich, gerade in den letzten Jahren wirklich ganz entscheidende und richtige Maßnahmen gesetzt. Und dafür allen, die dazu beigetragen haben, auch der Wirtschaft, ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Eine neue Arbeitswelt braucht neue Konzepte, muss auf die neuen Herausforderun­gen, auch auf neue Arbeitszeiten und veränderte Familienstrukturen eingehen. Ich verstehe, dass die Wirtschaft natürlich auch besorgt ist. Ich weiß, dass das gerade in kleinen Unternehmen, aber auch in mittleren Unternehmen große organisatorische Probleme mit sich bringt, aber die Wirtschaft steht dazu. Und ich meine, wir können das nur partnerschaftlich lösen. Wir können das nur in einem konstruktiven Miteinander zwischen der Wirtschaft, den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern lösen.

Ich verstehe daher auch nicht, warum Sie das so negativ diskutieren, sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ. Ich denke, wir machen heute einen ganz ent­scheidenden Schritt, und ich denke auch, wir sollten das positiv sehen, wir sollten es auch positiv vermitteln und positiv transportieren.

Zur Betriebszugehörigkeit von drei Jahren, weil das heute schon einige Male hier angeführt wurde, möchte ich doch anmerken, dass in den meisten Fällen durch Mutterschutz und Karenzzeit bereits nach einigen Monaten Arbeitstätigkeit diese


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 85

dreijährige Betriebszugehörigkeit gegeben ist. Das ist daher für mich wirklich kein Argument. Ich meine, dass dieser Maßnahme wirklich im positiven Sinn, vor allem auch von der Wirtschaft im positiven Sinn zugestimmt wurde.

Ich möchte aber auch noch anmerken, dass es meiner Meinung nach wichtig ist zu motivieren, dass es wichtig ist, positive Anreize zu schaffen, freiwillige Anreize zu schaffen. Man kann nicht alles nur durch Reglementierungen lösen. Da sind auch die Sozialpartner verstärkt gefordert, Lösungen zu finden. Und ich bin zuversichtlich vor allem auf Grund der Entwicklung in den letzten Jahren, dass uns das immer besser gelingen wird.

Unterstützung auch für all jene, die zusätzliche Kinderbetreuungsvarianten fordern – ja! Ich denke, da sind der Bund, aber auch die Länder und die Gemeinden gefordert. Wir brauchen vor allem auch stundenweise Betreuungsmodelle, neue flexible, kreative Be­treu­ungsmodelle, vor allem auch für jene Väter und Mütter, die in Teilzeitarbeit sind. Es soll stundenweise Kinderbetreuung dann geben, wenn sie gebraucht wird. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Gaßner.) Das kostet natürlich etwas, aber ich habe auch gesagt, da sind alle gefordert, der Bund, die Länder und die Gemeinden.

Auch die Kinderhauskrankenhilfe sollte ausgebaut werden. Speziell dann, wenn der Pflegeurlaub verbraucht ist und Kinder krank sind, stellt dies arbeitende Eltern oft vor große Probleme. Auch da gibt es Handlungsbedarf. Es gibt viele Möglichkeiten, ob das mit mobilen Tagesmüttern, den „Flying Nannies“ oder wie auch immer gelöst wird. Hier sollten wir ganz einfach auch neue Wege andenken. Insgesamt brauchen wir konstruktive Lösungen.

Ich stimme der Frau Staatssekretärin zu und meine auch, die Kinder sollten im Mittel­punkt stehen. Die Kinder sind immer das schwächste Glied, und Kinder brauchen unsere ganz besondere Unterstützung. Und da sind wir insgesamt als Gesellschaft gefordert, das Beste zu geben und bestmögliche Lösungen im Interesse der Kinder zu finden.

Der heutige Beschluss wird einen Beitrag dazu leisten. Ein Dankeschön an alle, die mit dazu beitragen, dass Elternteilzeit in Österreich möglich wird! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.18

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.18

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staats­sekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, wir sehen es positiv. Die Möglichkeit des Rechtes der Eltern auf Teilzeitarbeit ist eine sehr sinnvolle und wichtige Maß­nahme. Wir unterstützen diese Regierungsvorlage, weil sie zumindest für einen Teil der Betroffenen eine Verbesserung ihrer Lebenssituation bedeutet.

Das Recht auf Teilzeitarbeit wurde allerdings von den Regierungsparteien leider noch nicht zu Ende gedacht. Dass dieses Gesetz nur in Betrieben mit über 20 Mitarbeitern gelten soll, ist ungerecht und schränkt die sozialpolitische Wirkung des Gesetzes drastisch ein. Die Grenze von 20 Mitarbeitern ist völlig willkürlich gewählt.

Der nächste Punkt: Drei Jahre lang muss eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter bei derselben Firma gearbeitet haben, um dieses Recht beanspruchen zu dürfen. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Die berufliche Realität junger Menschen sieht anders aus. Sie sind nämlich immer öfter gezwungen, den Job zu wechseln. Der Arbeitsmarkt verlangt schließlich Flexibilität.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 86

Es werden immer wieder Maßnahmen zur Steigerung der Geburtenrate gefordert. Jetzt hätten Sie Gelegenheit, eine solche Maßnahme entsprechend zu gestalten. Fehlt Ihnen jetzt der Mut? Oder müssen Sie sich dem Druck der Wirtschaft beugen?

Nur ein geringer Anteil der Beschäftigten erfüllt die Bedingungen, um dieses Recht in Anspruch nehmen zu können. Trotzdem werden es insgesamt mehr Frauen als Männer sein, die dieses Angebot in Anspruch nehmen werden. Sie werden dadurch weitere Nachteile in der sozialen Absicherung erleiden, da mit der Teilzeit auch die Sozialversicherungsbeiträge sinken. (Abg. Kopf: Das ist auch wieder nicht richtig!) Es ist zu befürchten, dass auf diese Weise die Armutsgefährdung von Frauen weiter steigen wird. Hier haben Sie vergessen, einen Ausgleich zu schaffen (Abg. Dr. Mitter­lehner: Nein!), meine Damen und Herren von der Regierung, und jene, die das Gesetz betreffen wird, haben Sie warten lassen. Das neue Gesetz sollte schon ab 1. Mai dieses Jahres gültig sein, die Eltern müssen aber nun noch bis Juli warten. Wollten Sie das Thema nicht früher zur Sprache bringen, weil Sie WählerInnen-Verluste bei den Arbeiterkammerwahlen befürchteten?

Auch die nötige Flexibilität lässt das Gesetz vermissen. Was ist mit der wachsenden Zahl an atypischen Beschäftigungsverhältnissen? – Sie werden kein Recht auf Teilzeit haben. Auch die Beschränkung auf eine einmalige Änderung der Elternteilzeit wird in der Praxis für die Eltern zu starr sein. Die Väter hätten aktiver in die Kinderbetreuung eingebunden werden können durch die Möglichkeit, unmittelbar ab der Geburt des Kindes in Teilzeit zu gehen. Auch diese Möglichkeit fehlt leider.

Die vorliegende Maßnahme ist ein wichtiger, aber nur ein kleiner Schritt zu einer familiengerechten Sozialpolitik. Um die Familien und vor allem die Frauen tatsächlich zu unterstützen, ist sie leider noch sehr lückenhaft. Wir SozialdemokratInnen werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass auch diese Lücken bald geschlossen werden, unter dem Motto: Recht statt Gnade! (Beifall bei der SPÖ.)

12.22

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.22

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Hohes Haus! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Familienweltmeister Österreich/Steuerentlastung für Familien“ auf das Rednerpult. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ja, das glaube ich, dass Ihnen die Taferln gefallen, meine Damen und Herren von der SPÖ! Im Übrigen: Bei den Arbeiterkammerwahlen in Oberösterreich hat den größten Zugewinn der ÖAAB erreicht; das zu Ihrer Information. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Mit der Schaffung des Rechtsanspruches auf Teilzeit für Eltern wird ein Meilenstein zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesetzt. Das zeigt einmal mehr, dass diese Bundesregierung mit der ÖVP an der Spitze die beste Regierung für unsere Familien ist, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Besonders freut es mich für unsere jungen Bürgerinnen und Bürger, die durch diese Umsetzung einen weiteren Anreiz und eine Unterstützung bekommen, um Familien zu gründen. Wir wissen, dass die Vereinbarkeit von Kind und beruflicher Karriere eine enorme Herausforderung darstellt und dass es an uns, an der Politik liegt, die besten Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Wir geben den Müttern und den Vätern die Möglichkeit, sich um die Kindererziehung zu kümmern und trotzdem den Fuß im


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 87

Erwerbsleben zu lassen. Somit ist die sehr wichtige Anfangsphase der Erziehung besser planbar, und das ist uns wichtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Vertreter des ländlichen Raumes mit zahlreichen Klein- und Mittelbetrieben ist es mir ein Anliegen, zu betonen, dass auch unsere vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die unter diese 20-Mitarbeiter-Grenze fallen, die Möglichkeit haben, in Teilzeitarbeit zu gehen. Jeder kann sich individuell ein Teilzeitmodell mit seinem Arbeitgeber aushandeln, beziehungsweise es können Betriebsvereinbarungen geschaffen werden. Das passiert auch jetzt schon in einem hohen Ausmaß, und durch zusätzliche Beihilfen und Förderungen werden genau diese Betriebe motiviert, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Teilzeitarbeits­plätze zur Verfügung zu stellen, denn das bedeutet mehr Flexibilität. Arbeitnehmer und Arbeitgeber gehen Hand in Hand – das ist die Zukunft!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Recht auf Teilzeit ist ein weiterer Meilenstein in der österreichischen Familienpolitik. Das Kinderbetreuungsgeld für alle, die Familienhospizkarenz, die erweiterte Nachmittagsbetreuung und die Steuer­reform – die Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, leider nicht mittragen – sind weitere Spitzenleistungen für unsere Familien. Eine Steuerentlastung von rund 1,5 Milliarden € für alle Arbeitnehmer sowie ein Familienpaket mit 250 Millionen €, die Anhebung der Zuverdienstgrenze bei Alleinverdienern auf 6 000 €, die zusätzlichen Kinderabsetzbeträge von 130, 175 und 220 € je nach Kinderanzahl und die Lohn­steuertarifentlastung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die pro Monat zwischen 30 und 50 € mehr im Geldtascherl bedeutet: das sind familienpolitische Maßnahmen, die unsere Familien wesentlich unterstützen, und das ist es, worum es uns geht, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Trunk. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.25

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Wirklich geschätzter Herr Präsident und bald Bundespräsident! (Abg. Kopf: Na geh!) Kollegen und Kolleginnen! Herr Kollege Wöginger, ich mache – und Sie verzeihen mir – für wenige Sekunden aus meinem Herzen keine Mördergrube: Je länger ich Ihnen hier zuhöre, Ihren Nicht-Argumenten und Ihren hymnischen Reden, desto schwerer fällt mir mein ohnehin schwerer Ent­schluss, diesem Kompromisschen wirklich zuzustimmen und nicht den Saal zu verlassen. Sie machen es einem doppelt und dreifach schwer! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zu der immer wieder herbeigeredeten Allparteien- und Nicht-Ideologie-Einigkeit ist eine Klarstellung dringend erforderlich. Aus Ihren Reden und Ihren Taten spricht maximal der Begriff der Familienfreundlichkeit, und Freundlichkeit – das wissen Sie selbst – ist eine Sache von Laune, Wetterlage, Situation und, wie Sie selbst gesagt haben, eine Sache der Leistbarkeit. Für uns Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen geht es um Familienrecht und -gerechtigkeit im Vordergrund! Das ist ein großer Unterschied, denn Freundlichkeit ist uns bei weitem zu wenig!

Frau Staatssekretärin Haubner! Ich glaube Ihnen ja vieles, auch Ihr Bemühen um Einigkeit. Aber heute haben Sie drei Mal den Begriff der Ehrlichkeit im Zusammenhang mit der Familienpolitik strapaziert. Frau Kollegin Haubner, Sie wissen – es gibt vielleicht manche, die den Tiefblick nicht haben –, dass, wenn Sie Ehrlichkeit in der Familienpolitik strapazieren und gleichzeitig zuschauen und auch der Tatsache zustimmen, dass Kinderbetreuungsproblematik, Kinderbetreuungserrichtung, Kinder­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 88

betreuungs­finanzierung vom Bund hin zu den Ländern und den Kommunen abge­schoben werden und es dafür keinen Euro von Bundesseite gibt, sich die Mehrheit der Länder und Kommunen dies angesichts Ihrer verfehlten Finanz- und Budgetpolitik gar nicht mehr leisten können. (Abg. Steibl: Das stimmt ja nicht, Frau Kollegin Trunk! Das wissen Sie ganz genau!) So viel zur Ehrlichkeit der Kollegin Haubner! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Kollegin Scheucher, ich kann es Ihnen auch angesichts der Tatsache, dass wir aus demselben Bundesland kommen, nicht ersparen, Sie an Folgendes zu erinnern. Heute haben Sie von der Notwendigkeit der stundenweisen Betreuung unserer Kinder gesprochen. Frau Kollegin Scheucher, auf einem größeren Format – ich kenne es nicht genau, es ist außerformatig und jedenfalls größer als ein 16-Bogen-Plakat – haben Sie vor der Landtagswahl in Kärnten versprochen: Rechtsanspruch und Gratis-Kindergar­tenplätze für alle Kinder in Kärnten! Aber heute sprechen Sie von der Notwendigkeit der stundenweisen Betreuung von Kindern – so viel zur viel strapazierten Ehrlichkeit der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schiefermair: Sie haben sie ja nicht gewählt! – Abg. Steibl: Sie hätten ja die Kollegin Scheucher unterstützen können bei der Wahl!)

Nun ein Zitat, aber der, der es ausgesprochen hat, ist – und er hat Recht – nicht da. (Abg. Neudeck: Trotz blauer Brille kein Durchblick, Frau Kollegin!) Ich zitiere einen FPÖ-Kollegen, der gemeint hat: Ein Recht auf Teilzeit hat nur Sinn, wenn niemand davon ausgeschlossen ist und für alle Beschäftigten in Österreich dieselben Bedin­gungen herrschen. – Es war der Sozialsprecher der FPÖ, Dolinschek, der das einst sagte. Er hat auch von der hohen Latte gesprochen. Für ihn gilt: Er legt die verbale, rhetorische Latte so hoch, dass er aufrecht darunter durchgehen kann; es ist dann nicht einmal mehr ein Umfallen! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Kollegin von der FPÖ, mir fällt jetzt der Name nicht ein – doch; Achleitner heißt sie. (Abg. Steibl: Das ist aber nicht gut, wenn man nicht weiß, wie die Kolleginnen heißen!) Sie haben gesagt, die 20-Mitarbeiter-Grenze führt zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft, Kollegin Achleitner, und Sie haben Recht. Dennoch bringen Sie diese Gesetzesvorlage ein und sind in keiner Sekunde bereit gewesen, über die wirklich durchdachten, auch ausfinanzierten Alternativvarianten der Opposition, insbesondere der SPÖ, nachzudenken und sie einzuarbeiten. (Abg. Neudeck: Da gefällt mir noch die von den Grünen besser!) Was Sie hier machen, ist: Sie schließen zwei Drittel der betroffenen Menschen aus, Sie schaffen Recht, das in Wirklichkeit für die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ein Unrecht ist, und das schreiben Sie gesetzlich fest.

Nehmen Sie Ihre Parlamentsreden und Ihre Worte und vor allem sich selbst ernst: Stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.30

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Werter Präsident! Geschätzter Minister! Hohes Haus! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Familienweltmeister Österreich/Familienhospizkarenz“ auf das Rednerpult. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich glaube, dass mit diesem Thema eine sehr große Herausforderung an unsere Gesellschaft und auch an uns als Politiker gerichtet ist. Es geht um den Start einer gesellschaftspolitischen Trendwende, die der Familie den Stellenwert verschafft, den sie verdient, und der unser aller Zukunft sichert. Die prognostizierten Bevölkerungs­zahlen sprechen Bände: 2001 gab es noch 1 000 Geburten mehr als Sterbefälle; 2030 werden es bereits 23 000 Sterbefälle mehr als Geburten sein. Wir alle sind dazu


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 89

aufgefordert, dieser Entwicklung mit nachhaltigen familienpolitischen Maßnahmen entgegenzutreten.

Die nunmehr zu beschließende Elternteilzeit ist ein Stück eines Puzzles, zu dem ich mir noch viele Teile hinzu wünsche. Ein optimales Bild der schöneren Zukunft mag utopisch klingen, aber ich stelle es mir einmal vor: Beide Elternteile, egal ob im klassischen Familienbild oder allein erziehend, können ihr persönliches Berufsfeld weiter verfolgen und finden. Sie finden die maßgeschneiderten Rahmenbedingungen vor, um ihre Kinderbetreuung so zu organisieren, wie es ihren Bedürfnissen entspricht. Es darf nicht mehr die Ambivalenz zwischen Beruf und Familie geben, die Familie muss in jeder Lebensphase selbst gestalten können, und Frauen sollen zukünftig die Möglichkeit einer beruflichen Weiterentwicklung ohne schlechtes Gewissen wahrneh­men können. Ausbildung, Kinderwunsch, Familie, berufliches Weiterkommen, aber auch – und jetzt weise ich auf das Schild vor mir hin – die Pflege von älteren Familien­mitgliedern spielt dabei eine große Rolle. Auch mit der Familienhospizkarenz ist ein Stück jenes Puzzles, das ich vorhin angesprochen habe, von dieser Regierung dazu­gelegt worden.

Wenn wir diese Herausforderungen nicht meistern, sind die Probleme, die wir jetzt zu lösen versuchen, eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem, was uns demographisch in 20, 30 oder sogar 50 Jahren erwartet. Der Papa-Monat trägt dazu nachhaltig nichts bei; meine Erfahrung mit meinen vier Kindern ist eine andere. Leider habe ich die Möglichkeit der Elternteilzeit nie in Anspruch nehmen können. Trotzdem verspüren mein Mann und ich bei der Aufgabe der Begleitung und der Kindererziehung großes Glück.

Nach Ihren Ausführungen, Herr Kollege Krainer – ich weiß nicht, ob er da ist (Abg. Krainer: Ja!) –, kann ich mir nicht vorstellen, dass Sie aus Erfahrung sprechen. (Abg. Mag. Prammer: O ja, er spricht aus Erfahrung! – Abg. Krainer: Ja!) Vater? (Abg. Mag. Prammer: Er war im Karenzjahr!) Super! Natürlich, Kinder sind nicht nur Frauensache; dieser Überzeugung bin auch ich. Aber im Rahmen einer nachhaltigen Familienpolitik wünsche ich mir viel mehr Maßnahmen, durch die immer besser ausgebildete Frauen in verschiedenen Familienformen individuell und wirksam Möglichkeiten vorfinden, mit denen Beruf und berufliche Weiterentwicklung keinen Widerspruch zu Kindern bedeuten.

Wir alle sind dazu aufgefordert, die noch fehlenden Puzzlesteine zu diesem großen Bild zeitgerecht und weitblickend zusammenzufügen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte, Frau Kollegin.

 


12.34

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben jetzt sehr viele Debattenbeiträge gehört, die die Elternteilzeit so, wie sie vorliegt, befür­worten. Die Eltern können sich endlich entscheiden, haben Sie zum Beispiel gesagt – ja, sie können sich entscheiden, wenn sie das Glück haben, in einem Betrieb mit mehr als 20 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beschäftigt zu sein. (Abg. Steibl: Das stimmt ja nicht! Unter 20 werden bis zum vierten Karenzjahr ...!) Frauen wissen selbst, was gut für sie ist – ja, das können sie wissen, aber es hat nur dann Konsequenzen, wenn sie in einem Betrieb beschäftigt sind, der mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 90

Wenn Sie das heute hier als beste Rahmenbedingungen bezeichnen, dann verstehen wir unter besten Rahmenbedingungen eindeutig etwas anderes. Das vorliegende Gesetz schafft zu viel Ungerechtigkeit, es schafft zwei Klassen von Eltern und ist aus diesem Grund abzulehnen – aber nicht deswegen, weil es als solches von der Intention her, Eltern ein Recht auf Teilzeitarbeit zu geben, nicht gut wäre! Das möchte ich noch einmal unterstreichen.

Eine sehr wichtige politische Aussage scheint mir zu sein, dass Frau Staatssekretärin Haubner erklärt hat, Familienpolitik sei nicht ideologisch. Ich möchte dem gerne widersprechen. In der Art und Weise, wie Familienpolitik gemacht wird, wird sehr wohl Ideologie umgesetzt und transportiert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Staatssekretärin, es ist gerade im Sinne einer ehrlichen Familienpolitik notwendig, das auch auf den Tisch zu legen. Ihre Familienpolitik zielt sehr stark darauf ab, zu sagen: Der Mann, der Vater ist derjenige, der vorrangig für das Erwerbseinkommen der Familie verantwortlich ist, die Frauen vorrangig für die Familienarbeit und dann noch ein wenig für den Zuverdienst, im idealen Fall sozusagen für die Butter aufs Brot. Wenn es nicht so gut läuft und die Einkommen nicht so hoch sind – das ist Ihnen mittlerweile ja auch klar geworden –, dann braucht es einfach beide Einkommen.

Aber es ist dies eindeutig ein anderes Familienbild als unseres, das da heißt: Frauen und Männer sollen zu gleichen Teilen Familienarbeit und Erwerbsarbeit leisten können und leisten, weil es beiden sehr gut tut und weil es den Kindern sehr gut tut. Im Gegensatz zu Ihnen sind wir nicht der Auffassung, dass es das Privileg der Mutter ist, beim Kind zu sein, sondern wir sind der Auffassung, dass es das Privileg des Kindes ist, eine Mutter und einen Vater zu haben. Entsprechend sollte auch die Politik ausschauen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben sehr wohl diese Ideologie, diese Grundeinstellung dahinter, und das schlägt sich auch in der Politik nieder, die Sie machen. Sonst hätten wir nicht nach wie vor diese eklatanten Lücken im Bereich der Kinderbetreuung. Sonst wäre es nicht so, dass das Kinderbetreuungsgeld als eine Maßnahme umgesetzt wird, die mit sehr hohen Kosten verbunden ist, wobei wir jetzt schon wissen, dass dies zu längeren Auszeiten der Frauen führt, eigentlich zu einer Zementierung des Zustandes, dass die Frauen länger zu Hause bleiben. Sonst hätten wir nicht Auswirkungen wie die, dass zum Beispiel eine Familienhospizkarenz – so gut sie von der Idee her ist – nicht an einen Lohnausgleich gekoppelt ist und damit als Instrument wieder nur von den Frauen in Anspruch genommen wird, weil es derzeit einfach so ist, dass die Frauen normaler­weise die geringeren Einkommen haben, sodass wiederum sie diejenigen sind, die diese Familienarbeit leisten.

Was ich Ihnen am meisten zum Vorwurf mache, sind die zwei größten Brocken. Das ist zum einen die Steuerreform, mit der Sie vor einigen Wochen genau die Familien bestraft haben – und zwar massiv steuerlich bestraft haben –, die sich die Erwerbs­arbeit und die Familienarbeit gerecht aufteilen. Wo beide Elternteile gleich viel ver­dienen, fallen sie nämlich durch alle Bevorzugungen durch. (Abg. Ellmauer: Nein, das stimmt nicht!) Das stimmt sehr wohl! Ihre Bevorzugung geht dahin, dass das Haupteinkommen vom Mann erworben wird und daneben die Frau ein bisschen dazuverdient. (Abg. Ellmauer: Schauen Sie sich die Tarife an! Sachlich reden!) Aber nicht, wenn beide Elternteile im gleichen Ausmaß berufstätig sind: Dann liegen die Frauen ganz klar über dieser Zuverdienstgrenze. (Abg. Ellmauer: Schlichtweg falsch!)

Was Sie noch gemacht haben als eine ganz, ganz große Weichenstellung – das ist auch erst einige Monate her –, ist, dass Sie im Zuge der Pensionsreform die Abhängigkeiten der Frauen noch einmal zementiert haben durch Ihre Ausweitung des Durchrechnungszeitraums auf 40 Jahre. Das heißt, dass Sie genau die Teilzeitarbeit,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 91

von der Sie jetzt sagen, wie wichtig sie ist, massiv bestrafen und dafür sorgen, dass man mit Teilzeitarbeit, die man über Jahre hinweg macht, dann, wenn es zur Pensions­auszahlung kommt, durch die Finger schaut, sodass dann das ganz böse Erwachen kommt.

Da müssen Sie sich klar werden: Entweder wollen Sie, dass die Eltern bei den Kindern sind und auch eine Teilzeitarbeit ausüben können. Dann machen Sie aber, bitte, auch die Rahmenbedingungen, dass dies erstens für alle möglich ist, dass zweitens die Eltern auch eine Pension bekommen, wenn es soweit ist, und dass drittens auch diese Eltern steuerlich begünstigt, aber nicht benachteiligt werden, wie es derzeit der Fall ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.40

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Marek. – Bitte, Frau Kollegin. (Abg. Marek begibt sich zum Rednerpult und platziert dort zwei Tafeln mit dem ÖVP-Logo und der Aufschrift „Kindergeld“ beziehungsweise „Anrechenbarkeit von Kindererziehungszeiten bei der Pension“.)

 


12.41

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staats­sekretärin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die SPÖ selbst hat in den letzten Wochen und Monaten mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich beim Recht auf Teilzeit, das von der schwarz-blauen Regierung nun endlich umgesetzt wird, um eine langjährige Forderung der SPÖ handle. Für mich ist das einfach eine Frage der Prioritäten. Und offensichtlich waren Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen der SPÖ eben doch nicht so wichtig und die notwendigen Anstrengungen wert. So viel auch zum Mut, Frau Kollegin Schönpass!

Dass Sie heute der vorliegenden Gesetzesvorlage trotzdem zustimmen, ist begrüßens­wert. Sie hätten es aber wahrscheinlich auch nur schwer argumentieren können, wenn Sie nicht zugestimmt hätten. Ich finde es sehr schade, dass die Grünen heute nicht zustimmen. Gerade aus praktischer Sicht bin ich der tiefen Überzeugung, dass die erstmalige Realisierung eines solchen Rechtsanspruchs nur dann eine Chance hat, in die Praxis umgesetzt zu werden, wenn wir ein Gesetz beschließen, bei dem auch die Arbeitgeberseite mit im Boot ist. Wir haben nichts davon, und das sei auch dir, Sabine Mandak, gesagt, wenn eine Regelung dann genau jenen auf den Kopf fällt, denen wir damit eigentlich helfen wollen.

Ich würde aber auch sagen: Besser ein halb volles Glas als gar keines! Das ist eben verantwortungsvolle Politik, meine Damen und Herren, und um es mit den Worten von Max Weber zu sagen: Politik ist die Kunst des Möglichen. Wünschen können wir uns vieles. Wir konzentrieren uns aber lieber darauf, Dinge so umzusetzen, dass sie auch wirklich gelebt werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genau aus diesem Grund, meine Damen und Herren, lehnen wir heute auch den Antrag der SPÖ auf Schaffung eines Vaterschutzmonats ab. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit einer stärkeren Einbindung der Väter in die Familienarbeit müssen wir sehr genau darauf achten, was machbar ist. Gerade das Recht auf Teilzeit, das wir heute beschließen, bietet auch für Väter sehr flexible Möglichkeiten, stärker in der Familie präsent zu sein. Natürlich können auch Väter und Mütter die Teilzeit gleich­zeitig in Anspruch nehmen, aber erst dann, wenn die neue Teilzeitregelung etabliert ist, sollten wir auch über weiter reichende Zeitansprüche für Väter nachdenken.

Meine Damen und Herren! Das Recht auf Teilzeit für Eltern – liebe Brigid Weinzinger: Eltern ist gleich Vater und Mutter! – ist eine weitere Maßnahme, die diese Bundes­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 92

regierung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf umgesetzt hat. Davon haben rote Frauenministerinnen immer nur gesprochen, das haben sie gefordert, aber sie haben nichts erreicht. So waren wir es, die die Berücksichtigung von Kinder­erziehungszeiten bei der Pension in mehrfacher Form erstmals realisiert haben. Auch mit der Aufhebung des De-facto-Beschäftigungsverbots während der Karenzphase haben wir für viele Frauen erstmals die Möglichkeit geschaffen, während der Familien­phase mit einem Fuß im Job zu bleiben. Denn wozu sonst als genau für eine durch­gängigere Berufstätigkeit als bisher gibt es die erhöhte Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld?

Genau das ist der Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Wünschen kann ich mir vieles, aber den Wunsch Wirklichkeit werden zu lassen, das sehen wir als unsere Verantwortung an – und die nehmen wir auch wahr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.44

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.44

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­des­minister! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich habe die Debatte heute sehr aufmerksam verfolgt, insbesondere deshalb, weil es der SPÖ unheimlich schwer gefallen ist, hier mit allen nur erdenklichen Verrenkungen zu argumentieren, warum sie unserem Vorschlag denn nun doch zustimmen wird.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie so viele gute Vorschläge haben, wie man den Rechtsanspruch auf Elternteilzeit in Betrieben mit unter 20 Mitarbeitern einführt, wenn Sie insgesamt so viele gute Vorschläge haben, dann stelle ich an Sie die Frage – und die Antwort sind Sie heute bislang schuldig geblieben –, warum Sie weder in der Zeit Ihrer Alleinregierung irgendetwas in diese Richtung unternommen haben, warum Sie weder in der Zeit, in der Sie in einer Koalition mit der FPÖ waren, noch in der Zeit, in der Sie mit uns in einer Koalition waren, irgendeine Lösung zustande gebracht haben.

Heute zu kritisieren, dass Ihnen unsere Lösung nicht passt, das, meine Damen und Herren, ist wirklich zu wenig! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Ich gebe schon zu, dass es, wie manche hier anführten, besser wäre, eine Lösung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu finden. Auf der anderen Seite muss man aber auch sehen, dass das, was wir heute machen, ein Meilenstein in der Sozialpolitik ist, dass das, was wir heute hier beschließen werden, auch unter Einbeziehung der österreichischen Unternehmerinnen und Unternehmer geschieht und von ihnen im guten Sinne einer gedeihlichen Sozialpartnerschaft mitgetragen wird, meine Damen und Herren, von der Sie sich zunehmend verabschieden. Und das ist eigentlich das Traurige an der ganzen Sache. Das ist ein absolut richtiger Schritt in die richtige Richtung einer besseren Vereinbarkeit von Familie und beruflicher Karriere. Und ich bin froh, dass Sie trotz aller Kritik, die Sie hier heute anbringen, dennoch mitstimmen werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Ich möchte gerade angesichts unseres neu gewählten Bundespräsidenten den neu gewählten deutschen Bundespräsidenten zitieren, der in seiner Antrittsrede Folgendes gesagt hat:

„Deutschland, ein Land der Ideen, das ist für mich zuerst und vor allem ein Land für Kinder. Wie kommt es, dass wir in Deutschland immer weniger Kinder haben? Glauben


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 93

wir nicht mehr an unsere Zukunft? Kinder bedeuten Neugier, Kreativität und Zuversicht. Kinder sind Brücken in die Welt von morgen. Wir müssen uns alle anstrengen, eine familien- und kinderfreundliche Gesellschaft zu werden.

Dazu brauchen wir konkrete Antworten auf bestimmte Fragen, zum Beispiel: Wie schaffen wir es, Elternarbeit anzuerkennen?“ – Zitatende.

Wir, meine Damen und Herren, geben eine Antwort darauf: Anrechnung der Kinder­erziehungszeit.

Dr. Köhler fragt weiter: „Wie kann es gelingen, viel besser gelingen, Familie und Beruf besser zu vereinbaren?“ – Beispielsweise durch ein Elternrecht auf Teilzeit.

Und die dritte Frage: „Was sind uns Kinder wert?“ – Während wir, meine Damen und Herren, hier in Österreich schon eine Reihe von Antworten gegeben haben und Ant­worten geben, werden unter einer rot-grünen Regierung in Deutschland erst Fragen gestellt. Da sind wir also einen bedeutenden Schritt weiter als die Damen und Herren in der deutschen Bundesregierung – dank unserem Arbeitsminister, Martin Bartenstein, der einen wesentlichen Beitrag zur Verankerung dieses Rechtsanspruchs auf Eltern­teilzeit erbracht hat, aber natürlich auch dank unserem Bundeskanzler, der diese Forderung ins Zentrum der Bemühungen um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerückt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Erinnern möchte ich Sie an die Kampagne während der Arbeiterkammerwahlen, in der Ihr Präsident Tumpl die Frage gestellt hat: Wann kommt endlich die Elternteilzeit? Keine weitere Verzögerung! – Das galt in der Woche der Arbeiterkammerwahl. Sehen Sie ein, dass die Argumentation, die Sie führen, ein wenig zweischneidig ist? Wir haben heute eine gute Lösung anzubieten, und es freut mich, dass Sie mitgehen. Vielleicht überlegen es sich die Grünen ja auch noch einmal. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Prammer zu Wort gemeldet. Bitte, den zu berichtigenden Sach­verhalt zu definieren und den tatsächlichen anzufügen!– Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.49

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Abgeordnete Marek hat hier gesagt, dass erst die schwarz-blaue Regierung die Anrechnung von Ersatzzeiten für die Kinderbetreuung für die Pension geschaffen hätte.

Ich stelle richtig: 1973 ist das erste Mal die Anrechnung von Ersatzzeiten für die Pen­sion beschlossen worden – damals ein Jahr. 1985 wurde zum ersten Mal der Zuschlag beschlossen. 1990 ist durch die Einführung des Elternteil-Karenzurlaubs die Anrechen­barkeit von Kindererziehungszeiten verlängert worden, und seit 1993 gibt es vier Jahre Ersatzzeit für die Pension. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Was ist da die Berichtigung? – Abg. Steibl: Das war eine Rede!)

12.50

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Die Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Daher kommen wir zu den Abstimmungen, und ich bitte die Plätze einzunehmen. Es wird über die einzelnen Anträge, und deren liegt eine größere Anzahl vor, natürlich jeweils getrennt abgestimmt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 94

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz, das Väter-Karenzgesetz und weitere Gesetze geändert werden (483 d.B.).

Dazu haben die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Fernen haben die Abgeordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen ebenfalls einen Abänderungsantrag eingebracht. Schließlich haben auch die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abän­derungs­anträgen betroffenen Teile, und zwar der Systematik des Gesetzentwurfs folgend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Zunächst gelangen wir also zur Abstimmung über die zu Artikel 1 eingebrachten Anträge.

Die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend die Z 14 in Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Z 14 zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht, der sich auf die Z 14, §§ 15h und 15i bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Der Abänderungsantrag findet keine Mehrheit, er ist daher abgelehnt.

Es haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag zu Z 14, § 15n eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Der Abänderungsantrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Artikel 1 Z 14 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag betreffend die Ziffern 15 bis 17 sowie die Z 32 und eine damit in Zusammenhang stehende Änderung der Ziffernbezeichnungen hinsichtlich der Ziffern 15 bis 32 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Abänderungsantrag zustim­men, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Abänderungsantrag findet keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichts.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über die zu Artikel 2 des Gesetzentwurfes eingebrachten Anträge.

Auch hier haben die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht, der sich auf die Z 5 bezieht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 95

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zur Z 5 zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist mit Stimmenmehrheit abgelehnt worden.

Es haben die Abgeordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag betreffend die Z 5, §§ 8 und 8a eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Abänderungsantrag zustim­men, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Es haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag zu Z 5, § 8f eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Ich lasse nunmehr sogleich über Artikel 2 Z 5 in der Fassung des Ausschussberichts abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Die Beschlussfassung erfolgt mit Stimmenmehrheit. Angenom­men.

Die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der sich auf die Einfügung neuer Ziffern 5a bis 5d sowie 6a bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Zusatzantrag zustimmen, um ein dies­be­zügliches Zeichen. – Der Zusatzantrag findet keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag betreffend die Ziffern 6, 7 und 16 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Abänderungsantrag findet keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Aus­schussberichts abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest, die Beschlussfassung erfolgt mit Stimmen­mehrheit. Angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die zu Artikel 3 eingebrachten Abänderungs­anträge.

Es haben die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag betreffend die Ziffern 5 bis 7 und eine damit in Zusammenhang stehende Änderung der Paragraphenbezeichnungen eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zustimmen wollen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mandak, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag betreffend Z 7, §§ 26j und 26k eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Dieser Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag zur Z 7, § 26p eingebracht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 96

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dieser Abänderungsantrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Ich lasse nunmehr über Artikel 3, die Ziffern 5 bis 7 in der Fassung des Ausschuss­berichtes abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Dieser Teil des Gesetzes ist mit Stimmenmehrheit angenom­men.

Die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag eingebracht, der die Streichung der Ziffern 8 bis 10 zum Inhalt hat.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Streichungsantrag zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die damit einverstanden sind, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Ich stelle fest, die Beschlussfassung erfolgt mit Stimmenmehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungs­antrag betreffend Z 19 eingebracht.

Im Falle der Zustimmung bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, der Antrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Weiters haben die Abgeordneten Mandak und Fraktion einen Abänderungsantrag betreffend Z 19, §§ 105f und 105g eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Ich kann nunmehr über Artikel 3 Z 19 in der Fassung des Ausschussberichts abstim­men lassen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen. – Dieser Teil des Gesetzes ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Weiters haben die Abgeordneten Mag. Kuntzl und Fraktion einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel 3, die Ziffern 20 bis 22 und die Streichung des Artikel 8 bezieht.

Wer hiefür eintreten will, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, der Antrag findet keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir gelangen sogleich zur Abstimmung über diese Teile der Vorlage in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stim­mung. – Dies ist mit Stimmenmehrheit beschlossen und daher angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Ich stelle fest: Die Beschlussfassung erfolgt in zweiter Lesung mit Stimmenmehrheit.

Damit kommen wir zur dritten Lesung.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 97

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen wollen, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Die Vorlage ist in dritter Lesung mit Stimmen­mehrheit angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht in 484 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Diese Beschlussfassung erfolgt mit Stimmenmehrheit.

Damit haben wir diesen Punkt der Tagesordnung abgeschlossen.

3. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage (415 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geän­dert wird, und über den

Antrag 78/A (E) der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die dringende Notwendigkeit des Ausbaus des Hochspannungs­netzes in Österreich (507 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Uhr ist wunschgemäß auf 9 Minuten eingestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.02

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte über die österreichische Energieinfrastruktur und die österreichische Energieorganisation muss auch zum Anlass genommen werden, eine kritische Bestandsaufnahme durchzuführen, vor allem darüber, wie sich die Investitionen in die Energieinfrastruktur in den letzten Jahren entwickelt haben, da die Frage der Energieinfrastruktur einen wesentlichen Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich darstellt. Die Kollegen Oberhaidinger und Genos­sen haben nicht umsonst einen Antrag von großer Bedeutung gestellt, nämlich den Ausbau des Hochspannungsnetzes endlich abzuschließen, weil es bereits eine Reihe von Meldungen dahin gehend gibt, dass Investitionen ausländischer Konzerne, Inves­titionen in Österreich dadurch gefährdet werden, dass in Zukunft diese lückenlose Stromversorgung nicht in jedem Bereich Österreichs sichergestellt ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Es stellt sich die Frage, wie da Ihre Verantwortung aussieht, wenn Sie in den letzten Jahren zugelassen haben, dass die Investitionen in die Ener­gieinfrastruktur rückläufig sind, ebenso wie Sie es zugelassen haben, dass die öffentlichen Investitionen in den letzten Jahren rückläufig gewesen sind.

Wenn Sie jede Diskussion über die steigende Arbeitslosigkeit in Österreich zum Anlass nehmen, zu sagen, da könne man nichts machen, man müsse auf den Aufschwung warten, dann habe ich den Eindruck, dass Sie deswegen nicht imstande sind, das Problem zu lösen, weil Sie sich weigern, das Problem überhaupt zu erkennen. Jedes Mal – ich beobachte Sie bei jeder Sitzung ganz genau –, wenn wieder neue Horror­zahlen vom Arbeitsmarkt gemeldet werden, werden Ihre Reaktionen auf diese Horror­zahlen meist zynischer, arroganter und überheblicher. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 98

Sie zeigen, dass Ihnen offensichtlich das Schicksal der Betroffenen überhaupt kein Anliegen ist, obwohl es inzwischen, auch als Ergebnis einer verfehlten Energie­infra­strukturpolitik, aber nicht nur der, sondern vor allem auf Grund einer verfehlten Arbeits­marktpolitik in Österreich, an die 300 000 Arbeitsuchende mitten im Frühjahr gibt und obwohl sich angesichts einer Situation, in der die Arbeitslosigkeit in Europa zurückgeht, in Österreich die Arbeitslosigkeit aber nach wie vor erhöht, und zwar nicht nur die absolute Anzahl der Arbeitslosen, sondern auch die Anzahl jener Menschen, die einmal im Jahr von Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Herr Bundesminister, wir werden nicht länger akzeptieren, dass Sie der steigenden Arbeitslosigkeit in unserem Land tatenlos zusehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir verlangen von Ihnen keine Wunder. Wir wissen selbstverständlich, dass die Kon­junkturentwicklung wichtig ist, dass andere wesentliche wirtschaftspolitische Maßnah­men, für die der Finanzminister zuständig ist, nicht in Ihrem Ressortbereich liegen, aber sich so von der Verantwortung zu drücken, wie Sie es nun seit mehreren Jahren machen, das kann man nicht als verantwortungsvolle Politik bezeichnen.

Herr Bundesminister, Sie haben allein in zwei Jahren der Arbeitsmarktverwaltung 2,5 Milliarden € entzogen. Ich sage Ihnen etwas: Das merkt man, denn dieses Geld fehlt in der Aus- und Weiterbildung, die die Menschen in unserem Land so dringend brauchen würden. Es ist nicht einzusehen, dass die Versicherungsbeiträge in der Arbeitslosenversicherung nicht für den eigentlichen Zweck verwendet werden, sondern nur zum Stopfen von Budgetlöchern. Hiefür haben Sie die Verantwortung zu tragen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kopf.) – Es ist hochinteressant, Herr Kollege, wenn Sie sich zu Wort melden.

In der Vergangenheit wurde Minister Bartenstein meistens von den Sozialdemokraten und den Gewerkschaften wegen seiner Tatenlosigkeit kritisiert. Inzwischen werden auch die Stimmen aus der ÖVP immer lauter. Ich habe gelesen, dass der Salzburger Geschäftsführer des ÖAAB Ihren Rücktritt fordert, und unser Kollege Amon, Abgeord­neter im Hohen Haus, meint: Die ÖVP erweckt den Eindruck, dass es uns Freude macht, den Menschen etwas wegzunehmen.

Herr Amon, wenn das das Ziel war, dann muss ich Ihnen sagen: Diesen Eindruck vermitteln Sie wirklich überzeugend! Es macht Ihnen Freude, den Menschen etwas wegzunehmen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Landeshauptmann-Stellvertreter Hiesl aus Oberösterreich meint, da gewinne man den Eindruck, dass die ÖVP ihr christlich-soziales Profil verloren hat. Und dann sagt der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter interessanterweise weiter: Bei der Pensions­reform hat Wirtschaftsminister Bartenstein (Abg. Schöls: Was sagt Haider aus Ober­österreich zu Gusenbauer?) zu wenig Gespür walten lassen. Herr Hiesl meint außerdem: Bartenstein könne nicht einfach über alles so drüberfahren!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mitten aus der ÖVP kommt inzwischen dieselbe Kritik an Wirtschafts- und Arbeitsminister Bartenstein, wie sie von uns Sozial­demokraten bereits seit längerer Zeit formuliert wird. Herr Minister! Ich stelle mir die Frage: Wann denken Sie endlich um? – Dass Sie habituell die Kritik der Opposition ignorieren, dass Sie nicht auf die Argumente der Arbeiterkammer und der Gewerk­schaften eingehen, das ist nichts Neues. Aber wie gehen Sie jetzt auf die Kritik aus den eigenen Reihen ein, in der gefordert wird, endlich eine Trendumkehr in der Politik anzugehen? Wie gehen Sie auf diese Kritik ein?

Angesichts der Situation am österreichischen Arbeitsmarkt mit nahezu 300 000 Arbeit suchenden Menschen in unserem Land müssten Sie, wenn Sie ein Minimum an sozialem Gespür und politischer Verantwortung hätten, endlich die erforderlichen Mittel


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 99

für die Arbeitsmarktpolitik in Österreich zur Verfügung stellen. Das wäre verant­wortungsvolle Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Frage der Energieinfrastrukturpolitik als Teil der gesamten Wirtschaftspolitik trägt nur einen kleinen Teil zu den Problemen, die Sie zu verantworten haben, bei, aber es gibt eine beredte Gesamtanalyse Ihrer Politik, welche lautet: Der Wirtschaftskurs von Grasser und Bartenstein ist, wenn man sich die Arbeitsmarktdaten ansieht, schlicht und einfach gescheitert. – Wissen Sie, von wem dieses Zitat stammt? – Es stammt von Herrn Sozialminister Herbert Haupt. Ich kann mich seiner Meinung nur vollinhaltlich anschließen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bar­tenstein.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundesminister nimmt aktiv an der Debatte teil und meint, das wäre ein älteres Zitat. – Es ist vom Oktober des vergan­genen Jahres, und ich muss Ihnen sagen, Herr Minister: Seitdem ist Ihre Politik um kein Jota besser geworden, und daher ist diese Einschätzung nach wie vor richtig. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es entsteht der Eindruck, dass der Herr Bundesminister nicht bereit ist, die Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu lösen. Seine Reaktion heute in der Früh auf berechtigte Aussagen der Abgeordneten hier im Hohen Haus war weiterhin abweisend, es war weiterhin eine Reaktion des Nichtstuns, eine Reaktion der Verantwortungslosigkeit.

Herr Bundesminister Bartenstein, ich habe den Eindruck, Sie wollen Ihre Verant­wor­tung als Arbeits- und Wirtschaftsminister nicht wahrnehmen. Sie sind daher nicht Teil der Lösung, sondern Sie sind Teil des Problems.

Daher stellen wir als sozialdemokratische Abgeordnete folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. Martin Bartenstein

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen versagt.“

*****

Sie, Herr Bundesminister, haben es in Zukunft nicht mehr verdient! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 100

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­sagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. Martin Bartenstein, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Wirt­schaftsausschusses über die Regierungsvorlage (415 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz geändert wird (507 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

„Dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit wird durch ausdrückliche Entschließung gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen versagt.“

Begründung:

Die Debatte um die Regierungsvorlage für ein Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitäts­wirtschafts- und –organisationsgesetz geändert wird, hat gezeigt, dass Österreich große Versäumnisse in den letzten Jahren hinsichtlich der Energieinfrastruktur zu verzeichnen hatte.

Die Investitionen in die Energieinfrasturktur sind in Österreich unter der Verantwortung des Bundesministers Bartenstein rückläufig.

Das gefährdet zunehmend in bedrohlichem Ausmaß die Versorgungssicherheit in Österreich und stellt den Beitrag Österreichs zur Entwicklung leistungsfähiger trans­europäischer Energienetze zur Absicherung eines voll funktionsfähigen Elektrizitätsbin­nenmarktes in Frage. Negative Auswirkungen auf die Standortattraktivität und Betriebs­ansiedlungen werden in Österreich die Folge sein.

Ganz große Versäumnisse des Wirtschafts- und Arbeitsministers Bartenstein sind in den letzten Jahren auch bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, der Unterstützung der Wirtschaft bei der Überwindung des Konjunkturtiefs durch Anreize für private und Ankurbelung öffentlicher Investitionen, sowie der Vorbereitung der Wirtschaft auf die EU-Erweiterung zu verzeichnen.

Die Zahlen und Fakten sprechen für sich:

In Österreich herrscht Rekord-Massenarbeitslosigkeit: im 1. Quartal 2004 gab es 293.987 arbeitslos vorgemerkte Personen. Dies entspricht einem Plus gegenüber dem 1. Quartal 2003 um 3,55 Prozent. Zusätzlich waren 41.641 Personen in Schulungen des Arbeitsmarktservice untergebracht. Auch die Zahl der Arbeitsuchenden ist gegen­über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres im 1. Quartal 2004 um 2,27 Prozent auf 335.628 Personen gestiegen.

Der Arbeitsmarkt entwickelt sich in Österreich deutlich schlechter als in der EU. Die Arbeitslosenquote steigt – insbesondere seit dem Jahr 2000 – dramatisch an: Lag Österreich im Jahr 1999 noch bei 3,9 Prozent, so waren es 2003 bereits 4,4 Prozent (EU 1999 8,7 Prozent und 2003 8 Prozent). 2003 haben in Österreich im Jahresschnitt exakt 281.559 Menschen Arbeit gesucht so viele wie noch nie.

Österreich liegt damit bei der Zunahme der Arbeitslosigkeit im EU-Spitzenfeld, gleichzeitig gehört das heimische Beschäftigungswachstum zu den geringsten im


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 101

Binnenmarkt. In der gegenwärtigen Beschäftigungskrise werden massive strukturelle Probleme des österreichischen Arbeitsmarktes sichtbar.

Das WIFO hat anhand der 14 Strukturindikatoren sowohl das aktuelle Niveau als auch die Entwicklung Österreichs bei Beschäftigung, Wachstum und Bildung analysiert. Die Kernaussage: Österreich hat in einigen Bereichen zwar ein gutes Niveau. Aber: Österreich lebt von seiner Vergangenheit - Gerade bei Beschäftigung, Lebensstandard und Aus- und Weiterbildung ist die Entwicklung Österreichs seit Jahren schlecht.

Die Beschäftigungsquote ist seit 1999 in Österreich nur um 0,7 Prozentpunkte ge­stiegen, im EU-Durchschnitt um 1,8 Prozentpunkte. Die Beschäftigungsquote ist damit von 1999 – 2002 in Österreich durchschnittlich jährlich nur um 0,2 Prozentpunkte gestiegen, in der EU um 0,6 Prozentpunkte.

Sogar dieses geringfügige Steigen der Beschäftigung in Österreich ist geschönt: Die Beschäftigungsquote der Männer ging zwischen 1994 und 2002 von 78 Prozent auf knapp 76 Prozent zurück, jene der Frauen stieg nur infolge der steigenden Zahl von KindergeldbezieherInnen – de facto sinkt die aktive Beschäftigung sogar.

Die Frauenbeschäftigungsquote in Vollzeitäquivalent ist in der EU von 1999 bis 2002 um 2,5 Prozentpunkte gestiegen, in Österreich um 0,4 Prozentpunkte.

Die Beschäftigungsquote Älterer ist in Österreich im gleichen Zeitraum nur um 0,1 Prozentpunkte gestiegen, in der EU um einen Prozentpunkt.

Seit 1999 steigt der Bildungsstand der 20-24jährigen um nur 0,1 Prozentpunkte im Jahresdurchschnitt, in der EU um 0,4 Prozentpunkte.

In dieser Situation hat Minister Bartenstein schließlich noch zu verantworten, dass die Mittel für moderne, aktive Arbeitsmarktpolitik in Relation zur gestiegenen Arbeits­losigkeit gekürzt wurden. Damit wurden und werden die Chancen vieler arbeitsloser Menschen in Österreich verspielt, in den nächsten Aufschwung hinein mit besseren Qualifikationen neue Möglichkeiten am Arbeitsmarkt zu realisieren.

Selbst in seinen eigenen Zuständigkeitsbereichen, wie beispielsweise bei der geplan­ten Novelle des Ökostromgesetzes, nutzt Minister Bartenstein die eigenen Spielräume zur Schaffung österreichischer Arbeitsplätze nicht. Durch die Behinderung des Ausbaus von sauberer heimischer Energie verantwortet er, dass tausende mögliche Arbeitsplätze nicht realisiert werden.

Die Ursachen für die katastrophale Lage am Arbeitsmarkt sind vielfältig: Neben den internationalen Rahmenbedingungen kommen in Österreich auch eine Vielzahl haus­gemachter Faktoren hinzu, insbesondere fehlende private und öffentliche Investitionen, sinkende Realeinkommen und sinkende Kaufkraft der Bevölkerung.

Österreich fällt wegen mangelnder Anreize für private Investitionen und fehlender öffentlicher Investitionen in der EU immer weiter zurück. Österreich ist nach guten Platzierungen in den letzten Jahrzehnten bei den öffentlichen Investitionen mit 1,1% des BIP mittlerweile Schlusslicht in der EU. Österreich investiert damit gerade einmal die Hälfte des EU-Durchschnitts von rund 2,3%.

Dass Minister Bartenstein unter dem Eindruck derartiger Rahmenbedingungen einer Steuerreform zugestimmt hat, die Bezieher kleiner Einkommen kaufkraftwirksam kaum bis gar nicht entlastet, keinerlei Anreize für private Investitionen vorsieht und statt einer Entlastung des Faktors Arbeit Verluste ausländischer Unternehmen subventioniert, rundet das Bild einer völlig verfehlten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitk des Ministers für Wirtschaft und Arbeit ab. Denn auch die Klein- und Mittelbetriebe gehen leer aus.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 102

Die große Zahl der österreichischen Klein- und Mittelbetriebe, die in der Regel als Personengesellschaften oder Einzelfirmen organisiert sind, profitieren von der Senkung der KöSt überhaupt nicht. Da die KMU in der Regel auch geringe Gewinne ausweisen, können sie auch nicht von der im Rahmen der Budgetbegleitgesetze per 2004 ein­geführten steuerlichen Begünstigung für nicht entnommene Gewinne profitieren. Denn die allermeisten UnternehmerInnen müssen von ihren Gewinnen leben und können sie nicht, wenn auch mit dem halben Steuerssatz begünstigt, sieben Jahre lang im Betrieb liegen lassen.

Beinahe die Hälfte des Volumens der Steuerreform 2005, ca. 1,1 Milliarden Euro, werden größtenteils auf lediglich weniger als 1.000 österreichische Unternehmen, nämlich die Kapitalgesellschaften mit nennenswertem KöSt-Aufkommen verteilt. Dabei hatte die schwarzblaue Bundesregierung immer wieder eine substantielle Entlastung des Faktors Arbeit versprochen, was zur Erreichung von mehr Wachstum und Be­schäftigung auch richtiger gewesen wäre. Auch hier hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gründlich versagt.

Mehr Wachstum und Beschäftigung wird durch die Maßnahmen der Steuerreform nach Ansicht der meisten Experten in Österreich kaum entstehen.

Dass sich darüber hinaus in zahlreichen Umfragen die österreichische Wirtschaft nur mangelhaft auf die EU-Erweiterung vorbereitet fühlt, ist angesichts der zuvor auf­gelisteten schweren Versäumnisse im Bereich der österreichischen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik kein Wunder.

Österreich verliert daher auch beim wichtigsten Wirtschaftsindikator, dem BIP pro Kopf, seinen Vorsprung. Die Position Österreichs hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert - Mitte der neunziger Jahre war der Lebensstandard in Österreich EU-Spitze, der BIP pro Kopf-Vorsprung Österreichs ist seit 1999 deutlich geringer gewor­den. Die mittelfristige Entwicklung – gemessen am durchschnittlichen Wirtschafts­wachstum – weist Österreich mit einer durchschnittlichen jährlichen realen Wachstums­rate von 1,4 Prozent seit 1999 nur im Mittelfeld aus.

Aus den angeführten Gründen ist dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gemäss Artikel 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen zu versagen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. – Bitte.

 


13.11

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es war angesichts der Rednerliste bei der sozialdemokratischen Fraktion anzunehmen, dass es bei der Rede des Herrn Gusenbauer nicht um Energie­politik gehen kann, sondern dass die Rede für etwas anderes genützt werden soll. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In Wahrheit ist Ihnen, Herr Klubobmann Gusenbauer, dann zu dem, wozu Sie sich aufschwingen wollten, nämlich zu begründen, warum Wirtschafts- und Arbeitsminister Bartenstein das Vertrauen nicht verdiene, sachlich wenig eingefallen außer ein paar Zitate von Funktionären. – Wenn ich Ihnen alle Zitate von Aussagen entgegenhalten würde, die sozialdemokratische Funktionäre über Sie schon gemacht haben, wie zum Beispiel Herr Leikam, der gemeint hat, Sie versprühen ungefähr so viel menschliche Wärme wie ein Kühlschrank, oder Ähnliches, dann würde es lange dauern. Wenn das also Begründungen für Misstrauensanträge sein sollen, dann würde ich bitten, dass


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 103

jemand beim Ihrem nächsten Parteitag dringend einen Misstrauensantrag gegen Sie einbringt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich versuche, doch zur Sache ElWOG ein paar Sätze zu verlieren, um dann vielleicht – mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten – noch einmal auf das, was Sie gesagt haben, zurückkommen zu dürfen.

Zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, das Sie auch indirekt dem Herrn Minister beim Thema Lückenschluss Hochspannungsleitungsnetz, sprich 380-kV-Leitung in der Steiermark angekreidet haben: Sie haben nach der Verantwortung des Herrn Ministers gefragt. – Sie haben mit uns gemeinsam im Jahr 1998 das ElWOG zur Liberalisierung des Strommarktes, zur schrittweisen Öffnung des Marktes be­schlossen. Sie haben es mit uns gemeinsam im Jahr 2000, obwohl Sie damals schon in Opposition waren, novelliert. All das waren Schritte zur Entkoppelung der Politik von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der wirtschaftlichen Tätigkeit.

Tatsache ist: Diese Leitung in der Steiermark hat die Verbundgesellschaft oder die APG, ihre Tochter, zu bauen und sicher nicht der Herr Minister. Der Herr Minister kann weder eine Weisung erteilen noch sonst etwas, er kann die Rahmenbedingungen dafür schaffen, und das tut er. Den Antrag von Herrn Kollegem Oberhaidinger, den Sie erwähnt haben, haben wir übrigens gemeinsam, nämlich Oberhaidinger, Hofmann und Kopf, eingebracht. Der ist nicht allein Ihr Werk, aber wir stehen dazu: Diese Leitung, dieser Lückenschluss gehört gemacht und hat unsere volle Unterstützung. Aber der Herr Minister hat hier weder ein Versäumnis zu verantworten noch hat er bahn­brechende Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. (Abg. Gradwohl: Wann ist der Antrag behandelt worden?) – Gestern. Und ist heute schon im Plenum – wunderbar! Gestern behandelt, heute im Plenum: So schnell sind wir! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: So schnell arbeiten wir!)

Herr Gusenbauer, ich verstehe schon, dass Ihnen zur sachlichen Begründung des Misstrauensantrages nicht viel einfällt. Dieses Land hat die niedrigste Arbeitslosenrate aller EU-15. (Abg. Dr. Van der Bellen: Noch!) Dieses Land hat die niedrigste Jugend­arbeitslosigkeit aller EU-15. (Abg. Dr. Van der Bellen: Noch!) Dieses Land liegt mit seinem Wirtschaftswachstum über dem Durchschnitt der EU-Länder. (Abg. Dr. Gusen­bauer: Schon lange nicht mehr!) Dieses Land hat einen weltweiten Spitzenplatz, was die soziale Sicherheit anlangt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Noch!) Dieses Land gibt pro Kopf am meisten Geld für die Bildung unserer jungen Menschen aus. Und: Wir sind mit unserer Forschungsquote auf dem Weg von einem Durchschnittsplatz in Richtung des vorderen Drittels. Wir sind jetzt schon bei 2,2 Prozent, bald bei 2,5 Prozent und werden die angestrebten 3 Prozent auch noch erreichen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Aber Sie haben schon Recht: Solche positiven Zahlen kommen nicht von selbst. Wir haben eine Forschungsprämie und einen Forschungsfreibetrag eingeführt, die Natio­nalstiftung geschaffen, also zusätzliches Geld in den Bereich Forschung und Ent­wicklung investiert. Wir haben zwei Konjunkturpakete, ein Wachstumspaket gemacht und vor kurzem eine Steuerreform beschlossen, der Sie Ihre Zustimmung verweigert haben. Diese Steuerreform wird die kleinen Einkommen massiv – um 1 Milliarde € – entlasten, wird die Wirtschaft, und zwar alle Größenbereiche und alle Rechtsformen der Wirtschaft, entlasten (Abg. Parnigoni: Falsche Darstellung!) und damit massiv zu einem Aufschwung, zu einer Stärkung der Betriebe beitragen. Und wir haben mit 1 400 Millionen € für die aktive Arbeitsmarktpolitik einen Rekordwert an Ausgaben für diesen Bereich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben auch 7 000 Lehrgangsplätze zur Verfügung gestellt, um jenen, die vielleicht nicht gleich in eine Ausbildung kommen können, eine Möglichkeit zu geben. Wir haben


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 104

zusätzlich 50 Millionen € im Bereich des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes zur Verfügung gestellt. Wir haben die Aktion „Jobs for You(th)“ geschaffen, durch die es 8 000 zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen gibt. Wir haben mit all diesen Maßnahmen die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit auf 100 Tage senken können; andere Länder in der Nachbarschaft bewegen sich beim Doppelten. – Wenn das keine positiven Zahlen sind, meine Damen und Herren, dann kenne ich mich nicht mehr aus. Aber ich fürchte, Sie kennen sich nicht aus.

Die niedrigste Arbeitslosenrate und all diese positiven Zahlen wurden bei einem Budgetdefizit in der Höhe von nur 1 Prozent erreicht. Wir hatten schon einmal eine solche Arbeitslosensituation, etwa dieselbe Rate wie heute, das war 1997/98. Nur hatten wir damals 4 Prozent Budgetdefizit unter einem roten Finanzminister. Was kann man daraus schließen? – Die damaligen Politiker, die damaligen Finanzminister haben es sich offenbar zum Prinzip gemacht, Schulden zu machen, mehr auszugeben als einzunehmen, aber damit nichts zu erreichen. (Abg. Wattaul: Schulden-Rudi!) Unsere Verantwortlichen, wie Herr Minister Bartenstein, schaffen es, eine verantwortungsvolle Budgetpolitik zu machen und trotzdem eine hohe Beschäftigungsquote zu halten, nämlich die höchste in ganz Europa. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie schon keine Argumente finden können, dann greifen Sie nicht immer zu diesem Instrument des Misstrauensantrages! Sie haben das ja auch schon bei Minister Grasser und bei anderen Ministern probiert. Das ist meistens ein Ausdruck fehlender Argumente, ein Ausdruck von Hilflosigkeit. (Abg. Wattaul: Das ist wie ein Orden, wenn er von denen kommt!)

Angesichts dieser Fakten, die ich Ihnen hier entgegenhalte, muss ich Ihnen klar sagen: Herr Minister Bartenstein verdient mit Sicherheit nicht unser Misstrauen, sondern er verdient mit Sicherheit angesichts dieser Leistungen, die vollbracht worden sind, unser aller Vertrauen, und darum bitte ich Sie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Broukal. – Bitte.

 


13.19

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Ich möchte mich zunächst einmal, weil ich heute Vormittag ziemlich laut etwas nicht sehr Passendes zur Frau Abgeordneten Lentsch gesagt habe, dafür entschuldigen. Es tut mir Leid! Es soll sich nicht wiederholen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kopf! Rhetorische Fragen haben schon einen eigenen Stellenwert, aber es geht nicht an zu fragen: Weswegen verdient ein Minister das Misstrauen, nur weil es in seiner Amtszeit 100 000 Arbeitslose mehr gibt? Warum verdient ein Minister das Miss­trauen, wenn es in seiner Amtszeit um 50 000 Jugendarbeitslose mehr gibt? Warum verdient ein Minister unser Misstrauen, wenn er zwar Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft ist, aber im EU-Vergleich Österreich die geringste öffentliche Inves­titions­quote unter allen 15 hat – vielleicht auch unter allen 25? Wir warten gespannt auf das nächste Eurostat-Heft. Warum verdient dann so ein Minister unser Misstrauen nicht? Warum? Was hat er eigentlich getan? Wissen Sie es? – Ich weiß es nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Nicht aufgepasst!)

Ich weiß jedenfalls, dass ich im Sommer 2000 interessanterweise in den „Sommer­gesprächen“ noch gehört habe, wie Bundeskanzler Schüssel sagte: Wir haben die Arbeitslosigkeit gesenkt. Und Frau Riess-Passer durfte sekundieren und sagte: Wir haben mehr Lehrstellen geschaffen, als es Lehrstellensuchende gibt. – Da waren es


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 105

noch „wir“, da waren es noch Sie, als es nach unten ging. Jetzt sind es die Verhältnisse, die internationale Konjunktur, da könne man eben nichts machen. (Abg. Kopf: Habe ich mit keinem Wort gesagt! – Abg. Wattaul: Den Wiener Bürgermeister nicht vergessen!)

Sie nützen ja nicht einmal die Spielräume, die Sie zweifellos hätten. Österreich ist – und Sie werden mir nicht widersprechen –, was die öffentlichen Investitionen betrifft, Schlusslicht in der EU. (Abg. Mag. Molterer: Da ist noch nicht einmal das Wort „ElWOG“ gefallen in der Rede! Ist das der Tagesordnungspunkt?) Wir wissen – das Wifo sagt es uns immer wieder –, dass öffentliche Investitionen die Arbeitslosenrate um 0,5 bis 0,7 Prozent senken könnten. Stattdessen senken Sie die Unterneh­menssteuern. – Soll sein. Aber es ist nicht so, dass Sie ohne Alternativen wären. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Zu welchem Thema sprechen Sie eigentlich? – Abg. Mag. Molterer: Wie ist das mit der Tagesordnung?)

Forschung und Entwicklung – weil Sie alle immer darüber reden –: Der Herr Bundes­minister hat heute Vormittag gemeint, es gebe nun fast um die Hälfte mehr For­schungsgelder als 1999. Also in meinem Excel ist der Unterschied von 1,96 auf 2,27 Prozent 16,5 Prozent. Das ist von der Hälfte doch sehr weit entfernt. (Abg. Mag. Molterer: Wie ist das mit der Tagesordnung, Herr Präsident? Zu welchem Thema wird da geredet?) 16,5 Prozent mehr in fünf Jahren und keine konkreten Ziele in Forschung und Entwicklung! (Abg. Grillitsch: Thema verfehlt!)

Noch nie hat sich diese Bundesregierung überhaupt einem Benchmarking unterzogen, hat etwa gesagt, wie viele Menschen sie in Forschung und Entwicklung in zwei, drei, vier oder fünf Jahren beschäftigen will. (Abg. Scheibner: Sagen Sie einmal „ElWOG“! Einmal erwähnen wenigstens!) Es geht immer nur um diese Zahlen: 2,27 Prozent, 2,3 Prozent. Wir haben bis heute keine konkrete Zahl darüber, ob das auch heißt, dass mehr geforscht wird, oder ob das nur heißt, dass die öffentliche Hand mehr Geld für dieselbe Forschung ausgibt. (Rufe bei den Freiheitlichen: ElWOG! ElWOG!)

Das Letzte, worüber ich sprechen möchte, ist die Standortqualität in diesem Land. Ein Teil davon ist die Elektrizitätssicherung. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Aha!) Ich habe Ihnen jetzt einige Argumente dafür genannt, warum es eine Reihe von Gründen gibt – und nicht nur das ElWOG –, zu sagen: Kein Vertrauen mehr – es tut mir Leid! (Abg. Kopf: Es ist vorgekommen!) – Es ist vorgekommen, so war es! Das ist die Übung – aber Sie wissen ja auch, wie das geht.

Ich sage jedenfalls: Mit 350 000 Arbeitslosen, mit 50 000 Jugendarbeitslosen mehr und der roten Laterne bei den öffentlichen Investitionen hat Minister Bartenstein diesen Misstrauensantrag mehr als verdient. (Abg. Wattaul: Ist das eine Werberede oder eine Parlamentsrede?) – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

13.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. – Bitte. (Abg. Wattaul – in Richtung des sich zu seinem Platz begebenden Abg. Broukal –: Sie machen wir nicht zum Minister!)

 


13.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Herr Präsident, ich hoffe, dass ich keinen Ruf zur Sache erhalte, wenn ich zum ElWOG spreche, denn bisher ist das seitens der Oppositionsparteien nicht geschehen. (Heiterkeit und Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Bravo! Ausgezeichnet!)

Geschätzte Damen und Herren! Diese Regierungsvorlage ist eine Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie mit dem Ziel, die Marktintegration zu verstärken. Die


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 106

Schwerpunkte dieser Richtlinie sind die Verbesserung des Konsumentenschutzes, Transparenz bei den Vertragsbestimmungen und eine höhere Transparenz bei Rech­nungen – oder nennen wir es: bessere Lesbarkeit. Ich würde mich, wie wahrscheinlich so manche von Ihnen, freuen, eine Stromrechnung auch einigermaßen lesen und interpretieren zu können.

Es geht um die rechtliche und organisatorische Trennung des Stromnetzes, der Ver­sorgung von der Stromerzeugung. Das heißt, es gibt das Netz, den Monopolbereich, der Monopolbereich war, ist und wohl auch bleiben wird und muss, und den Wettbewerbsbereich.

Wir setzen heute mit dieser Regierungsvorlage eine Novelle um, die sozusagen in vorauseilendem Gehorsam erfolgt, wobei nichts dagegen spricht. Im Gegenteil! Wir begrüßen das. Die Umsetzung wäre ja seitens der EU bis zum Jahr 2007 vor­geschrieben. Das Unbundling findet bei uns früher statt. Das ist zu begrüßen, weil es dabei gegen eine Diskriminierung, gegen eine Ungleichbehandlung unabhängiger Lieferanten und natürlich in der Folge auch der Kunden geht. (Abg. Öllinger: Verschweigen Sie sich nicht zu Bartenstein!) Es ist die Beseitigung einer möglichen Wettbewerbsverzerrung, und, wie ich meine, entscheidend ist auch eine Kosten­reduktion für die Kunden. Damit meine ich Privatkunden gleichermaßen wie Gewerbe und Industrie.

Die Kosten, das wissen wir, für das Netz, die Netzgebühren sind im europäischen Vergleich sehr hoch – zu hoch, wie ich meine. Ich orte hier auf Grund meiner Informationen auch noch entsprechendes Einsparpotential. (Abg. Öllinger: Sprechen Sie etwas zum Minister! – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dies soll als Folge des Unbundling tatsächlich einsetzen. Das heißt, es kommt zu einer Kostenreduktion, einer Ersparnis für die privaten Kunden, für die Industriekunden, für die Gewerbekunden, insbesondere natürlich auch für die energieintensive Industrie. (Abg. Mag. Kogler: Lassen Sie die Debatte nicht abgleiten!)

Ich kann nicht verhehlen, dass Kollege Moser im Ausschuss angesprochen hat, Bundesminister Bartenstein hätte bei den ersten beiden Schritten der Liberalisierung davon gesprochen, dass ein Einsparpotential, eine Einsparung von rund 1 000 – ich denke – Schilling pro Kunden zu erwarten wäre. Er hat dies in Abrede gestellt. Mög­licherweise liegt hier eine Verwechslung mit dem – Sie können sich erinnern – so genannten Ederer-Tausender vor.

Tatsache ist, und ich habe mir die Zahlen hiezu genau angesehen, dass – ich vergleiche jetzt das Jahr 1998 mit dem Jahr 2003, jeweils Juli mit Juli, nämlich den Strompreis- und den Verbraucherpreisindex – man feststellen kann, dass der Strom­preisindex von 113,9 auf 113,1, wenn auch minimal, aber tatsächlich real gesunken ist. Demgegenüber gibt es beim Verbraucherpreisindex eine Steigerung von sage und schreibe 9 Prozent. Das sollte man bei diesem Vergleich mit berücksichtigen, ge­schätzte Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich vergleiche auch die Strompreise für Gewerbebetriebe, wieder Juli 1998 mit Juli 2003. Da ist auf Grund der vorliegenden Zahlen eine Einsparung für kleine Gewerbebetriebe, eine Kostensenkung im Ausmaß von über 1 300 €, eine Preis­senkung von 20 bis 35 Prozent gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Damit Sie nicht davon ausgehen, dass die Zahlen frei erfunden sind: Die Quelle ist die Statistik Austria.

Abschließend noch: Es wird auf Grund des im Ausschuss gefassten Beschlusses im Jahr 2006 für das Berichtsjahr 2005 von der E-Control ein Bericht erstellt werden, der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 107

uns die Möglichkeit bietet zu sehen, ob die Maßnahmen, die durch diese Regie­rungsvorlage, die heute zur Beschlussfassung ansteht, geschaffen werden, greifen und ob die tatsächlichen Auswirkungen gegeben sind. Ich bin gespannt auf den Bericht, ich weiß, dass es eine Menge an Einsparpotential gibt, das mit dieser Maßnahme wirksam werden wird. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Oberhaidinger. – Bitte.

 


13.28

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir als Oppositionspartei lehnen im Zusammenhang mit dieser Regierungsvorlage nicht nur ab, wir stimmen auch zu, und zwar den beiden angesprochenen Entschließungsanträgen. Der eine wurde von mir – weil bereits von der Geschwindigkeit der Umsetzung gesprochen wurde – voriges Jahr im April eingebracht. Er wurde von den Regierungsparteien, wie es so üblich ist, mehrmals vertagt. Glücklicherweise wurde ihm gestern und in den Vorgesprächen eine gewisse Dringlichkeit und Wichtigkeit zugeordnet. Daher haben wir ihn heute erfreulicherweise auf der Tagesordnung. Wir werden ihn, so glaube ich, mit drei Parteien – die beiden Regierungsparteien und wir – beschließen.

Warum wir der Regierungsvorlage nicht zustimmen, dazu wurden einige Gründe bereits angeführt. Ich bin nicht der Meinung, dass meine beiden Vorredner nicht zur Energie gesprochen haben, denn einiges von dem, was von ihnen angesprochen wurde, resultiert unter anderem aus den geänderten Bedingungen auf dem Strom­markt.

Da kann man sich jetzt hinsetzen und sagen, okay, wir haben einmal liberalisiert, das war es. Und dann schaut man der Entwicklung relativ tatenlos zu. Oder man greift, wenn es erforderlich ist – und unserer Meinung nach ist es jetzt höchst erforderlich –, in dieses Geschehen entsprechend ein.

Die angesprochene Richtlinie, die heute von den Regierungsparteien beschlossen wird, spricht ja nicht nur vom Entflechten, sie spricht ja auch von der Versorgungs­sicherheit. Es existiert in Österreich zu diesem Thema bereits das „Forum Versor­gungssicherheit“. Das ist nicht auf unserem Mist gewachsen, sondern kein Gerin­gerer – er dürfte Ihnen bekannt sein – als Ex-Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Zer­natto, Ex-Nationalratskollege Zernatto (Bundesminister Dr. Bartenstein: Er war sogar Landeshauptmann!) – entschuldigen Sie: Landeshauptmann sogar; danke, Herr Minis­ter – war Mitinitiator und unterstützt dieses.

Warum gibt es dieses Forum? – Ich zitiere:

„Die massiven Stromausfälle in den USA und Europa (Italien, England, Schweden, Norwegen) im Sommer 2003 unterstreichen die Bedeutung einer funktionierenden Energieversorgung. Derartige Ausfälle schädigen den Wirtschaftsstandort und verursachen enorme Kosten.“ – So weit ein Auszug aus der Begründung zur Gründung dieses Forums.

Zur Frage: Wer sind wir? – Das Forum Versorgungssicherheit ist der Partner der Wirtschaft und der Bevölkerung in allen Fragen der Versorgungssicherheit.

Meine Damen und Herren! Da sollten wir von der Politik uns nicht ausnehmen, sondern wir sollten uns ebenfalls entsprechend einbringen. Genau dieses Thema haben wir von der SPÖ auch angesprochen. Wir waren der Meinung, es sollte der Passus der Versorgungssicherheit in dieser Vorlage mitgeregelt werden; ebenso sollte eine


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 108

engere, korrektere Fassung des Netznutzungsentgeltes mitgeregelt werden, das ja in diesem Zusammenhang eine nicht unwesentliche Rolle spielt.

Wenn die Regierungsparteien heute diese Entflechtung beschließen, die immerhin für 15 große EVUs in diesem Land schlagend wird, dann beschließen sie damit gleichzeitig auch, dass es keine Zugriffe mehr gibt. Bisher waren das vertikal integrierte Unternehmen. Da hatte der Netzbetreiber einen direkten Zugriff, logischerweise, zum Produktionsbetrieb. Das wird in Zukunft so nicht mehr möglich sein.

Eine der Hauptursachen für diese Ereignisse, die ich eben angesprochen habe, ist unter anderem eine fehlende Kommunikation. Dieses Problem wird noch verschärft. Daher waren wir der Meinung, wir sollten das eine nicht ohne das andere regeln. Es gibt dazu bereits ganz konkrete Vorschläge. Wir hätten die rechtliche Grundlage dafür schaffen können, dass entsprechende Verträge abgeschlossen werden, dass darin anfallende Kosten geregelt werden, sodass es nachher keine Rechtsstreitigkeiten gibt, und dass auf alle Fälle gewährleistet wird, dass der in Zukunft unabhängige Netz­betreiber in Krisenfällen entsprechenden Zugriff auf das Kraftwerk hat, mit dem er die Probleme lösen kann und lösen muss.

Das war unser Ansatz. Dem ist man nicht nachgekommen. Aus diesem Grund, Herr Minister, so Leid es mir tut: Wir arbeiten seit Jahren daran – und ich betreibe keine Kindesweglegung, was die Energie angeht –, aber das ist mir einfach zu wenig. Daher schließe ich mich dem Ihnen ausgesprochenen Misstrauen meiner Vorredner in diesem Sinne an. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.33

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


13.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Der Reihe nach: Eigentlich steht zuerst eine Novelle zum ElWOG zur Diskussion und zur Abstimmung. Es ist schnell erklärt, worum es dabei unserer Meinung nach geht. Der Zug in Richtung Liberalisierung im Energie­wirtschafts­bereich wurde angefahren – dazu mag man stehen, wie man will. Ich persönlich finde es durchaus hinterfragenswert, ob man das genauso hätte machen sollen oder doch anders, ob man es doch noch mehr in öffentlichen Händen und in öffentlichen Regu­lativen belassen hätte sollen. Aber eines ist klar: Wenn der Zug fährt, ist dieses so genannte Unbundling, um das es hier geht, eine zentrale und notwendige Vorraus­setzung dafür, dass aus dem Ganzen überhaupt etwas wird, gegebenenfalls nicht noch mehr Schaden entsteht. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb ganz unspektakulär hier unsere Zustimmung in diesem Bereich. Es ist mir eigentlich kein anderes Argument zugänglich, warum man gegen diese Novelle etwas haben könnte, außer – und so verstehe ich die SPÖ-Fraktion – dass man meint, dass man hier eine Chance vorüberziehen lässt, um mehr auszurichten. – Okay, so kann man immer argumentieren. Wir halten fest: Da geschieht nichts Falsches, da wird durchaus etwas Vernünftiges gemacht.

Der Punkt ist folgender: Dass Sie dann, wenn Sie von Versorgungssicherheit reden – darin sind sich wieder all diese drei Fraktionen, SPÖ, ÖVP und FPÖ, einig –, auch von Investitionssicherheitsmaßnahmen sprechen, womit Sie dann schnurstracks zu dem so genannten Lückenschluss in der 380-kV-Leitung stoßen, dazu haben wir Grünen, mit Verlaub, schon eine andere Position.

Sie sind das im Ausschuss schuldig geblieben, und es wird interessant sein, wie Sie heute noch argumentieren werden. Aber was Sie damit eigentlich in die Landschaft


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 109

legen, ist doch simpel Folgendes: Wenn man die Kapazitäten in diesem Ausmaß erhöht, werden Sie es mit keinem Argument widerlegen können, dass man mit öster­reichischen Investitionsmitteln eine Vorläuferinvestition dafür tätigt, dass Österreich die Atomstrom- und Atomstromtransitdrehscheibe von Mitteleuropa wird. Das wird investiert, das soll hier angegangen werden. – Auch dazu gibt es umgekehrt eine andere Position unsererseits als von den Sozialdemokraten im Speziellen. Wir sind nicht der Meinung, dass es dieser 380-kV-Leitung für die Versorgungssicherheit innerhalb von Österreich bedarf. Dazu gibt es auch genügend Studien.

Sie bleiben aber jede Erklärung schuldig. Was wird denn passieren, wenn diese Kapazitäten einmal aufgemacht sind? – Sie werden doch wohl so schlau sein wollen, wenigstens betriebswirtschaftlich, dass Sie die Investitionen auch hereinbringen wollen. Es wird da keine andere Möglichkeit geben, als Atomstrom zu transitieren.

Da sage ich: Na gut, vielleicht ein gutes Geschäft – keine Ahnung. Aber bei dieser Politik der Bundesregierung halte ich das nicht nur für eine Frage des Betriebs­wirtschaftlichen, sondern für eine Frage des Gesamten. Ich muss Ihnen wirklich sagen, das ist einfach scheinheilig. Sie können nicht bei jeder Gelegenheit die Anti-Atom-Linie heraushängen lassen – wir werden es heute wieder hören – und dann dort, wo innerhalb von Österreich Maßnahmen gesetzt werden, noch ein ganz schöner Haufen Geld in die Hand genommen wird, schnurstracks in die gegenteilige Richtung, im wahrsten Sinne des Wortes geradezu, investieren. Das scheint mir doch sehr unglaubwürdig zu sein. Deshalb auch in diesem Punkt unsere klare Haltung und unser Abstimmungsverhalten im Ausschuss. (Beifall bei den Grünen.)

Der eigentliche Entschließungsantrag, der hier vorliegt und vornehmlich diskutiert wurde, nämlich jener der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Cap, beinhaltet doch einige berücksichtigenswerte Punkte. Sie kennen meine Position, Herr Bundesminister. Viele von uns argumentieren so: Es ist nicht alles schlecht in Österreich. – Das be­hauptet ja niemand. Es ist auch bei den wirtschaftlichen Kenndaten nicht alles schlecht. Aber Sie negieren ständig, dass Sie in vielen zentralen Bereichen mit Ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik in Österreich auf die Kriechspur zurückgefallen sind. Das ist der Unterschied.

Wir können uns heute noch an dem Glauben festklammern, dass wir beim Niveau mancher Kennzahlen, etwa der Arbeitslosenquote oder des Wachstums oder anderer zentraler Kennzahlen, gut dastehen. Dramatischere Kennzahlen wären etwa die Indikatoren zur Innovationsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Da waren wir nie weit vorne, aber auch da fallen wir, je nach Messgrößen, zurück. Das Problem ist also, dass die Veränderungsraten eher schlecht ausschauen. Und das darf man, soll man und muss man der Bundesregierung anlasten.

Deshalb nehme ich zwei, drei Punkte aus diesem Entschließungsantrag heraus, die mir in diesem Kontext sehr einleuchtend erscheinen. Das ist zunächst die Frage der Finanz- und Steuerpolitik. Sie, Herr Bundesminister, waren es ja, der Sie 2000/2001 gemeinsam mit dem Kanzler klipp und klar verkündet haben, eine Krise sei nicht erkennbar und nicht absehbar, obwohl diese schon viele erkannt und viele Ihnen vorgehalten haben.

Mein Vorwurf ist ja nicht, dass Sie sich vielleicht nicht auch täuschen können, oder dass Sie guter Hoffnung wären, sondern mein Vorwurf ist schlicht und ergreifend, dass Sie aus ideologischer Absicht heraus diese Entwicklung zunächst geleugnet haben, weil Sie es nämlich akkurat verabsäumen wollten, gegensteuernde Maßnahmen staatlicherseits in Sachen Wirtschaftspolitik zu machen, weil Sie einfach eine andere inhaltliche Zugangsweise haben. – Dann bekennen Sie sich auch dazu und drücken Sie sich nicht vor dieser Auseinandersetzung! Das ist mein Vorwurf an Sie.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 110

Die wirkliche Abfolge hat das ja bestätigt. Natürlich ist es zum Wirtschaftseinbruch gekommen, und die Hausaufgaben, die wir hier hätten machen sollen, blieben ungemacht: keine vorgezogene Steuersenkung in kleinen, aber gezielten Bereichen – nein, stopp, darf nicht sein, Keynesianismus. Ich sage Ihnen: Lächerlich war das Argument damals an dieser Stelle! (Beifall bei den Grünen.)

Später dafür, jetzt, wo sich der Aufschwung abzeichnet, wird aus unserer Sicht viel zu viel Geld lockergemacht, und das noch dazu für das Falsche. Es wird wieder keine gescheite Konjunktur- oder Forschungspolitik für die Zukunft betrieben. Und das müssen Sie sich vorhalten lassen.

Ihre Maßnahmen gehen an den Strukturproblemen der österreichischen Wirtschaft, die es ja tatsächlich gibt, völlig vorbei – wir haben das ja schon ein paar Mal diskutiert. Das Problem in Österreich war nicht, dass wir die Körperschaftsteuer derart rigoros senken müssen – das ist es nicht; Sie machen es aber absichtlich. Sie verabsäumen es aber im Gegenzug, obwohl das angeblich einmal Ihr Programm war, bei den so genannten lohnsummenbezogenen Abgaben – wenn wir schon von den Klein- und Mittelbetrieben oder von der arbeitsintensiveren Wirtschaft reden – tatsächlich Maßnahmen zu setzen. Das gesamte Steuervolumen, das Sie unter dem Titel „Entlastung der Wirtschaft“ lockergemacht haben, geht völlig an diesem Problem vorbei – Sie verteidigen das auch noch –, und das zieht Schaden nach sich. Das müssen Sie sich persönlich zurechnen lassen.

Herr Bundesminister Bartenstein! Sie sind mittlerweile aber auch das Aushängeschild der Bundesregierung für die unserer Meinung nach verfehlte Finanz- und Wirt­schaftspolitik. Zugegeben, der Herr Finanzminister hat in dieser Rolle schon fast allein abgedankt.

Es wurde heute moniert, dass schon sehr viele Misstrauensanträge an den Finanz­minister gestellt wurden – sicherlich, aber bei dieser Art von Handlungsunfähigkeit eines Ministers muss man sich fragen, ob sich so viele Misstrauensanträge überhaupt rentieren, denn er ist eigentlich schon vom Balkon in den Keller verschwunden und dort zum Schmuddelkind geworden. (Abg. Wattaul: Das ist ein Ordnungsruf!)

Aber Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, vertreten jetzt die Bundesregierung in Sachen Wirtschafts- und Finanzpolitik, und deshalb kann man, glaube ich, gemessen an den Argumenten, die die Kollegen Gusenbauer und Cap hier vorgebracht haben, dem Entschließungsantrag durchaus näher treten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


13.42

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Lassen Sie mich eingangs kurz und in Ergänzung zu dem, was Herr Abgeordneter Kopf schon zu den Kritikpunkten und zum vom Kollegen Gusenbauer vorgetragenen Misstrauensantrag gesagt hat, Stellung nehmen.

Meine Damen und Herren, ich nehme das selbstverständlich zur Kenntnis, auch wenn das, was Herr Gusenbauer an Formulierungen gefunden hat, keinesfalls schmeichel­haft war. Sehr konkret ist er in seinen Kritikpunkten und Vorwürfen jedoch nicht geworden. Zahlen haben im Wesentlichen gefehlt – abgesehen davon, dass manche Zahlen nicht bestreitbar sind: Dass wir unter schwierigen und schwierigsten Wachs­tumsbedingungen in Europa die Nummer eins auf dem Arbeitsmarkt sind, das bleibt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 111

Tatsache, auch wenn Sie jetzt das Plenum verlassen werden, Herr Kollege Gusen­bauer. (Abg. Dr. Gusenbauer: Sie werden mich aus dem Plenum nicht rausbringen, selbst wenn Ihre Rede schlecht ist!)

Und wenn wir seit vielen Jahren erfreulicherweise die niedrigste Jugendarbeits­losen­rate in Europa haben, so ist auch das eine Tatsache, der Sie nicht widersprechen können.

Konkreter in Sachen Zahlen ist schon Herr Abgeordneter Broukal geworden; ich möchte doch auf diese Zahlen ein bisschen eingehen.

Ich habe bei der Erhöhung des F&E-Anteils um etwa die Hälfte auf jetzt 2,27 Prozent Bezug genommen auf das, was Mitte der neunziger Jahre der Schnitt war, den wir erreicht hatten. Das ist die Bezugsgröße, und zwischen 1994 und 1996 waren es im Schnitt 1,5 Prozent, jeweils leicht steigend. Da wurden ja auch Vorleistungen erbracht. Es ging langsam nach oben. Aber dafür, zu errechnen, dass der Unterschied zwischen 1,5 Prozent und 2,27 Prozent ziemlich genau plus 50 Prozent sind, Herr Abgeordneter Broukal, brauche ich kein Excel (Abg. Broukal: Sie können bis 1950 zurückrechnen!), sondern dafür reichen mein Kopf und das Kopfrechnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was die Ernsthaftigkeit Ihrer Kritikpunkte und Vorwürfe anlangt, meine beiden Herren: Herr Gusenbauer spricht von 300 000 Arbeitslosen. – Diese Ungenauigkeit lasse ich noch durchgehen, denn er sagt ja immer: inklusive der Arbeitsuchenden. Hätten das aber Hums oder Hostasch von Ihnen gehört, Sie hätten sich massiv dagegen verwahrt, weil es in Österreich und anderswo in Europa Usus ist, die in Schulung Befindlichen nicht zu den Arbeitslosen zu rechnen. Aber, wie gesagt, dagegen möchte ich mich heute nicht einmal wenden. Aber dass Sie, Herr Broukal, gewissermaßen einen starken Abgang vorwegnehmen und dann von 350 000 Arbeitslosen sprechen, das zeigt, mit welcher Genauigkeit oder Ungenauigkeit Sie mit den Themen umgehen.

Ich mache mir um jeden Arbeitslosen Sorgen, Sie jedoch werfen 350 000 Arbeitslose so einfach ins Plenum des Nationalrates. (Abg. Broukal: Wie viele waren es denn im Jänner und Februar?) – Das stimmt hinten und vorne nicht.

Herr Abgeordneter Broukal, Sie haben noch etwas gesagt: Es gäbe 50 000 Jugend­arbeitslose mehr! Ich darf Ihnen aus der letzten Statistik referieren, dass es insgesamt 37 810 jugendliche Arbeitslose im Alter zwischen 15 und 24 Jahren gibt. Das sind 37 810 zu viel, aber wie Sie da auf plus 50 000 kommen, das fragen Sie einmal Ihren Laptop, Ihr Excel, denn mit Sachkenntnis hat das nichts zu tun. Ein bisschen mehr Sachkenntnis wäre schon schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Während Abgeordneter Kopf viele makroökonomische Daten, die für Österreich sprechen, richtigerweise erwähnt hat – eine Wiederholung würde nur die Zeit der Mitglieder des Hohen Hauses stehlen –, lassen Sie mich sagen: Es ist bemerkenswert, dass wir heute Vormittag eine der wichtigsten familienpolitischen Innovationen in einem Drei-Parteien-Konsens beschließen konnten, nämlich die Elternteilzeit, dass Sie aber andererseits meinen, dass gerade der Arbeitsminister in all diesen Bereichen untätig gewesen wäre.

Ich darf Sie schon daran erinnern, dass die Elternteilzeit von mir vorgelegt wurde, dass die Hospizkarenz sehr viel mit mir zu tun hatte, dass SPÖ-Regierungen Jahre und Jahrzehnte hindurch die Abfertigung-neu hätten entwickeln können, um aus diesem alten, falschen Instrument der Abfertigung die Mitarbeitervorsorge für alle zu machen. Die SPÖ hat es nicht gemacht! Ihre Vorgänger, Vorväter und Vormütter haben es nicht gemacht!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 112

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass wir es waren – und da sage ich schon dazu: unter meiner Federführung –, die den einheitlichen Arbeitnehmerbegriff gesetz­lich verwirklicht haben, das sei an einem Tag wie diesem, an dem wir wissen, warum in anderen Bereichen nichts weitergeht, auch gesagt. Wir haben ja Herrn Verzetnitsch und Herrn Nürnberger intensiv diskutieren gesehen, wir wissen auch, warum – sie sind jetzt nicht hier –, aber vielleicht wird sich die Gewerkschaft irgendwann einmal darüber einig, wie sie ihre Strukturen bereinigt, ohne das wieder auf dem Rücken der Arbeitnehmer Österreichs zu tun; GPA und Fachgewerkschaften seien hier angesprochen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Also, mit Ihrer Kritik treffen Sie da manchmal den Falschen. Denken Sie daran: Niemand sonst hat die Lohnnebenkosten in einem Ausmaß gesenkt, wie wir das getan haben, zum Beispiel zuletzt per 1. Jänner dieses Jahres um bemerkenswerte 140 Mil­lionen € – bessere Beschäftigungschancen für ältere Menschen. Und Gott sei Dank geht bei diesen Zielgruppen, den unter 19-Jährigen, das heißt bei jenen im Lehralter, und den über 50-Jährigen, die Arbeitslosigkeit zurück. Das soll jedoch nicht beschöni­gen, dass wir im Jahresabstand doch immer um insgesamt 1, 2, 3 Prozent nach oben gehen.

Aber, wie gesagt, ich mache mir genug Sorgen darum, und ich gehe davon aus, dass ich mir deutlich mehr Sorgen darum mache als Sie, meine beiden Herren von der SPÖ, die Sie heute erstmals zu diesem Thema Stellung bezogen haben. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zum Thema ElWOG einige Anmerkungen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es geht hier um die Umsetzung einer EU-Richtlinie. Wir sind in der Sache etwa auf der Ebene dieser Richtlinie. Vom Zeitlichen her sind wir im Vorlauf, das halten wir für zweckmäßig.

Ich bin übrigens überrascht und negativ berührt, dass erstmals bei einem Energie­wirtschaftsgesetz die SPÖ nicht mitgeht – dafür höre ich, dass die Grünen mitgehen.

Wir haben uns dazu entschlossen, diese gesellschaftsrechtliche, nicht eigentums­rechtliche Trennung ab 100 000 Kunden vorzusehen; das scheint im Hinblick auf Österreichs Struktur angemessen, ist im Übrigen auch das, was die Europäische Union als Mindestmaß vorgibt.

In Sachen Versorgungssicherheit haben wir zum Beispiel die Energiesprecher der Parlamentsfraktionen im Oktober letzten Jahres zu einer Enquete eingeladen. Das übereinstimmende Urteil der Experten, im Übrigen auch der Internationalen Energie­agentur, dieser Quasi-Tochter der OECD, lautet, dass Österreich, was Versorgungs­sicherheit anlangt, zu den besten Ländern gehört. Das kann uns natürlich nicht in Sicherheit wiegen. Letztes Jahr wäre es am Semmering bald sehr, sehr heiß geworden, aber nicht wegen irgendwelcher Tunnelbauten, sondern die Leitung war überhitzt, aber nicht auf Grund innerösterreichischer Probleme, sondern weil die Versorgung durch Ungarn nicht geklappt hat, weshalb die Semmeringleitung überlastet war.

Nicht allein das, sondern insgesamt die Achillesferse in Sachen Versorgungssicherheit Österreichs, nämlich Südösterreich, und da vor allem der Großraum Graz, bringt mich mit Ihnen zu der Meinung: Diese 380-kV-Leitung gehört gebaut. Ich sage das schon sehr lange, und ich habe in meinem Einflussbereich mit dazu beigetragen, dass das starkstromwegerechtliche Verfahren abgeschlossen wird, dass die Verbundtochter APG die Dinge betreibt. Jetzt liegt es am Land Steiermark und am Land Burgenland, das UVP-Verfahren über die Bühne zu bringen. Das läuft bis jetzt recht vernünftig, und ich gehe davon aus, dass die Dinge im Fluss sind.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 113

Das ist gemeinsam mit der Salzburg-Leitung, aber da gibt es Prioritätsunterschiede, sicher die relativ größte Achillesferse, wenn es um die Versorgungssicherheit in diesem Lande geht.

Damit kommen wir zu einem zweiten Thema, nämlich dazu, dass die Stromnetze ein natürliches Monopol darstellen, wobei es aber in der Steiermark teilweise leider Gottes sogar parallele Netze gibt, und dass etwa die Hälfte der Stromrechnung der Öster­reicher in Sachen Strommauten entsteht. Nur ein Viertel sind die reinen Energiekosten, ein Viertel die Abgaben, die Hälfte sind Strommauten.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Oberhaidinger! Es wundert mich sehr, dass Sie gestern im Ausschuss einige Zeit dafür verwendet haben, zu meinen: Die Vorschrei­bung der Netznutzungstarife, man müsse doch die Interessen der E-Wirtschaft sehen, und, und, und. – Ich bin sehr dafür, dass man hier die Interessen der E-Wirtschaft berücksichtigt, aber ebenso auch die Interessen der Wirtschaft und vor allem der Haushaltskunden. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist einfach so, dass wir in Österreich europaweit in Sachen Haushaltskunden, einfachen Stromverbraucher, die Spitzenreiter sind und die Netznutzungstarife im österreichischen Schnitt um 20 bis 40 Prozent über dem EU-Schnitt liegen. Diese 20 bis 40 Prozent möchte ich den Österreichern in den nächsten Jahren gerne zurückgeben. Und bis gestern war ich der Meinung, dass die SPÖ da mitgeht – jetzt schaut es nicht mehr so aus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ähnlich ist es bei Gewerbe und Wirtschaft. Dort sind wir zwar nicht die Nummer eins, nicht die Teuersten in Europa, aber immerhin noch die Nummer drei und 15 bis 20 Prozent über dem EU-Schnitt. Also auch da soll und muss es nach unten gehen. Deswegen wird die E-Control, deswegen werden wir so weit es geht im Konsens mit den Betroffenen eine Absenkung dieser Netznutzungstarife betreiben. Bis jetzt konnten durch Netznutzungstarif-Senkungen 250 Millionen € eingespart werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! So gesehen ist diese ElWOG-Novelle, dieses Unbundling ein wichtiger Schritt auch zu mehr Versorgungssicherheit, weil diejenigen, die meinen, dass jetzt Investitionen in die Netze nicht mehr möglich seien, nicht selten jene sind, die gestern und vorgestern mit dem Geld, das sie aus ihren Netzen lukriert haben, alles Mögliche quersubventioniert haben, nicht unbedingt die Stromerzeugung, sondern angeblich gelegentlich sogar kommunale Verkehrsbetriebe und anderes mehr.

Wir wollen – und das ist mit dieser Novelle einigermaßen sichergestellt –, dass das Geld, das Österreichs EVUs aus den Netzen lukrieren, zumindest zum Großteil wieder in die Netze investiert wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

13.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 


13.53

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Herr Minister, Ihre Statistiken in Ehren, aber Sie wissen genauso gut wie wir, dass die Zahlen der arbeitslosen Jugendlichen in Wirklichkeit viel höher sind, als Sie sie hier dargestellt haben.

Herrn Kollegem Kopf muss ich sagen: Es schaudert mich wirklich, wenn unsere Arbeitslosen und insbesondere unsere jugendlichen Arbeitslosen in positive Zahlen zusammengefasst werden und als Erfolgsbilanz unserer Regierung in Europa darge­stellt werden. Das finde ich geschmacklos. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 114

Wie Sie bereits gehört haben, kann die SPÖ dieser Regierungsvorlage aus den bereits genannten Gründen nicht zustimmen. Wirkliche Energie- und Wirtschaftspolitik finden in Österreich damit nicht statt.

Energie ist für die Menschen lebensnotwendig. Mehr Menschen brauchen klarerweise mehr Energie, und für diese Grundversorgung hat der Staat zu sorgen.

In Österreich hat sich der Stromverbrauch in den letzten Jahrzehnten um das Sechs­fache erhöht. Den größten Teil dieser Energie liefern genau jene 15 Energie­versor­gungsunternehmen, um die es heute in dieser Gesetzesvorlage geht. Für diese Versorgungsunternehmen haben Sie, sehr geehrter Herr Minister, durch dieses Gesetz keine wirklichen Anreize zum Investieren geschaffen, weder in Reservekapazitäten noch in Versorgungssicherheit; Investitionen, die eine sichere Energieversorgung in Österreich gewährleisten könnten und den Wirtschaftsstandort Österreich stärken.

Als Steirerin möchte ich Sie bitten, auch einmal einen Blick in die Steiermark zu machen. (Bundesminister Dr. Bartenstein spricht mit Mitarbeitern.) Herr Minister, ich weiß nicht, ist Ihnen die Steiermark vielleicht nicht mehr so wichtig, seit Sie nicht mehr so oft dort sind?

Im Grazer und südsteirischen Gebiet hat sich der Stromverbrauch in den letzten Jahr­zehnten immerhin verzehnfacht. Als Arbeits- und Wirtschaftsminister werden Sie wis­sen, dass sich in diesen Jahrzehnten Tausende Betriebe in der Südsteiermark ange­siedelt haben – das bedeutet, dass Arbeitsplätze und die Existenz für viele Tausende Menschen dort gesichert werden müssen. Diese Betriebe müssen mit zusätzlicher Energie versorgt werden. Eine Unterversorgung in diesen Gebieten würde bedeuten, dass sich diese Betriebe ganz schnell neue Standorte suchen würden und abwandern würden.

Eine Negativmeldung nach der anderen in der Steiermark: Semmering-Basistunnel, Kraftwerk Voitsberg, EStAG-Skandal, Verkehrschaos auf unseren Bundesstraßen und 380-kV-Leitung. – Herr Minister! Mit Lippenbekenntnissen allein, nur damit, dass Sie sagen: Ich habe schon lange gesagt, dass das gemacht werden muss!, wird für die Steiermark nicht die erforderliche Stromversorgung sichergestellt. All diese Meldungen zeugen vom Versagen in der steirischen Wirtschaftspolitik, sowohl von Ihrer Seite als auch von Seiten der Frau Landeshauptmann. (Abg. Zweytick: Das stimmt nicht!)

Herr Kollege, hören Sie gut zu! Vielleicht sollten Sie auch einmal eine steirische Zeitung lesen. (Abg. Steibl: Was hat die EStAG hier verloren? Bleiben Sie bei der Sache!) Frau Steibl, Sie genauso.

Geschüttelt vom Fall EStAG, der auch im Ausland ein sehr schlechtes Licht auf die Steiermark wirft – Sie haben sicher schon gehört, dass auch in Schweizer Zeitungen davon berichtet wird ... (Abg. Steibl: Da ist auch die SPÖ involviert, ...!) – Frau Abge­ordnete Steibl! Hier ist das Mikrophon, und Sie sind nur in Zwischenrufen eine Leuchte! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Ich habe die Wahrheit gesagt!)

Da driftet die steirische ÖVP in Skandale, Austritte und Rausschmisse ab. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.) Das ist alles, was die Frau Landeshauptmann in der Steiermark momentan zu bieten hat. (Abg. Steibl: Die Frau Landeshauptmann weiß, was Sie tut, ...!)

Und mit sich selbst beschäftigt, findet Wirtschaftspolitik in der Steiermark nicht statt. (Abg. Steibl: Doch findet sie statt!) Frau Steibl! Wer darf die Zeche zahlen, wenn die EStAG für das Jahr 2003 keine Dividenden an das Land Steiermark abliefern kann? (Abg. Steibl: Das werden Sie wissen!) – Die steirischen Stromkonsumenten, über­haupt die steirische Bevölkerung.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 115

Herr Minister! Die steirische Bevölkerung ist verunsichert – das wissen Sie, Frau Abge­ordnete Steibl – und enttäuscht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Sie wissen nichts, Sie kennen sich nicht aus! Fragen Sie nach, ...!)

Würden die Steirerinnen und Steirer hier an diesem Rednerpult stehen und könnten sie hier in diesem Hause ihre Stimme erheben, würden sie Ihnen genauso das Misstrauen aussprechen. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Steibl.) – Frau Abgeordnete Steibl, Sie haben Ihr Wortkontingent für den ganzen Tag verbraucht! (Beifall bei Abgeord­neten der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Sie versprechen, dass es Strompreissenkungen gibt. Heute haben wir Strompreise wie vor der Liberalisierung, und Experten sagen, dass in Zukunft, bis zum Jahr 2010, die Strompreise um 50 Prozent höher sein werden. Wem darf die steirische Bevölkerung nun glauben, Herr Bundesminister? (Abg. Steibl: Das ist wieder eine Aussage der SPÖ, die nicht stimmt!) Und wo wollen Sie mit der Steiermark hin? Zurück zur Alm­hüttenromantik mit Wachs und Petroleum? Wenn Sie als Tourist zu uns kommen, ist das für Sie durchaus attraktiv, aber für die Bevölkerung eine bittere Pille – und mit Pillen werden Sie sich sicher auskennen. (Abg. Steibl: Wer hat Ihnen diese Rede geschrieben? Wer hat Ihnen diese Rede geschrieben?)

Herr Minister und liebe Regierungsparteien! Kehren Sie um im Sinne der Bevölkerung, sonst kann es leicht passieren, dass Ihnen bei den Wahlen im Jahr 2006 kein Licht mehr aufgehen wird, weil Ihnen der Strom dafür fehlt. (Beifall bei der SPÖ.)

13.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


13.59

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Geschätzte Kollegin Vorrednerin, als Südburgenländer habe ich in etwa einen Überblick darüber, was in der Steiermark geschieht, und lese ab und zu steirische Zeitungen. Sie wissen, dass das Burgenland von einer sozialistischen Mehrheit dominiert wird und Ziel-1-Gebiet ist, aber wir beneiden den Großraum Graz, wir beneiden die Steiermark um das, was in diesem Raum momentan an wirtschaft­licher Dynamik vorhanden ist. Das, was es dort an Arbeitsplätzen gibt, was im Bereich des Autoclusters geschieht, ist ganz einfach großartig, und wir Südburgenländer sind froh darüber, dass wir auch davon profitieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube, dass der Herr Minister Bartenstein genauso wie die steirische Landes­regierung sicherlich auch großen Anteil daran hat.

Zur 380-kV-Leitung hat ja der Herr Minister selbst schon gesagt – und ich weiß es ebenfalls –, dass er seit 20 Jahren schon um die Realisierung dieser Leitung kämpft. Damit bin ich schon beim Thema. Diese 380-kV-Hochspannungsleitung vom Nord­osten Österreichs in den Südosten Österreichs ist eine lange Geschichte und, wie ich glaube, auch eine sehr konfliktreiche Geschichte. Diejenigen, die da am meisten dazu­gelernt haben, sind meines Erachtens die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, denn ich kann mich erinnern, dass man, als es den ersten Kontakt vor 20 Jahren gegeben hat, dirigistisch gesagt hat: So und so hat diese Leitung zu sein und so wird sie gebaut! Das ist natürlich nicht gut angekommen.

Noch vor zehn Jahren war die Argumentation für die Notwendigkeit der 380-kV-Leitung auch noch, glaube ich, eher holprig, denn so zu argumentieren, dass diese 380-kV-Leitung für die Versorgungssicherheit des Südburgenlandes notwendig sei, ist nicht wirklich glaubwürdig. Aber jetzt versuchen, glaube ich, die verantwortlichen Vertreter


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 116

der Elektrizitätsunternehmen wirklich zu überzeugen und im Gespräch mit der Bevöl­kerung bestmögliche Varianten zu finden.

Das sehen wir jetzt auch am Beispiel der Trasse, die im Burgenland schon verwirklicht wurde und wo man wirklich bessere Trassenvarianten gefunden hat, wo man niedri­gere Maste verwendet hat und wo sich die Bevölkerung insgesamt einbringen konnte. Damit hat man gezeigt, dass da gute Lösungen möglich sind. Ich bin überzeugt, dass das auch für diesen Teil, der jetzt zum Bau ansteht, der Fall sein wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Notwendigkeit dieser 380-kV-Leitung wird in der Zwischenzeit selbst von den Gegnern in jenen Gemeinden, die davon betroffen sind, nicht mehr wirklich bestritten. Es geht darum, wie man die bestmögliche Lösung für die Art und Weise der Trasse findet. Die Notwendigkeit für die Versorgungssicherheit ist jedem klar. Das wurde uns allen vor allem auch durch die Stromausfälle und die Netzzusammenbrüche im vergan­genen Winter sehr deutlich vor Augen geführt. Wir selbst in Österreich sind meines Wissens einige Male knapp an einem Netzzusammenbruch vorbeigeschrammt.

Letztlich ist diese Notwendigkeit auch mit dem Transport von Alternativenergien, Wind­energie im Norden unseres Bundesgebietes zum Beispiel, argumentierbar geworden, sodass insgesamt, glaube ich, die Notwendigkeit von niemand mehr bestritten wird. Ich verstehe daher nicht, dass der Abgeordnete Kogler, der sich im Ausschuss durchaus noch vorstellen konnte, Sympathie dafür zu finden, jetzt diesem Antrag nicht zustimmt. (Zwischenruf bei den Grünen.) Sie waren ja nicht drinnen! (Abg. Sburny: Ich bin aber gut informiert!) Aber es wurde in seinem Redebeitrag deutlich, dass er sich nicht wirklich sicher ist, ob er dagegen sein soll oder nicht, denn er hat auch gesagt, es gebe sehr wohl gute Gründe für diese 380-kV-Leitung.

Schon der zweite Teil dieses Entschließungsantrages, wo es auch darum geht, dass dezentrale Energiequellen forciert werden, hätte Sie dazu bewegen müssen, diesem Antrag doch zuzustimmen, nicht zuletzt auch deswegen, weil mit dieser Schaffung von dezentralen Energiequellen, meistens Alternativenergiequellen, auch Forschung und Entwicklung neuer Energiequellen ermöglicht werden.

Es tut mir Leid, dass Sie nicht mitstimmen, wir jedenfalls werden diesem Antrag gerne unsere Zustimmung geben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Bauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.04

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geschätz­ten Damen und Herren! An sich handelt es sich bei der gegenständlichen Vorlage um eine Anpassung an EU-Richtlinien über die gemeinsamen Vorschriften eines Elektrizi­tätsbinnenmarktes. Ich weiß, dass wir mit dem ElWOG schon vieles vorweggenommen haben, aber diese Anpassung, die Entflechtung der Verteilernetzbetreiber, ist notwen­dig. Diese Debatte gibt aber auch die Gelegenheit, grundsätzlich über Energiepolitik zu diskutieren. Man hat schon den Eindruck in Österreich, dass hier weder Energiepolitik noch Industriepolitik wirklich stattfindet, und darum geht es eigentlich, Herr Bundes­minister Bartenstein.

Was die 380-kV-Leitung betrifft, so ist das auch gestern im Ausschuss geklärt und eindeutig dargestellt worden, dass es sich da um ein Erfordernis handelt, das für die österreichischen Standorte wichtig ist, und dass ein Stromtransit nur von etwa 5 bis 10 Prozent gegeben ist. Wir werden daher primär den österreichischen Standort­erfordernissen gerecht. Daher ist auch von uns dieser Antrag eingebracht worden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 117

Ich möchte aber grundsätzlicher zu dieser Frage Stellung nehmen. Die Herstellung des Wettbewerbes wurde eines der wichtigsten offiziellen internationalen Motive, die Liberalisierung einzuleiten, und wir stellen fest, dass tatsächlich die Strompreise anfänglich gesunken sind, vor allem für die Großkunden, dass aber heute die Strompreise bereits wieder steigen und ein enormer Zuwachs an Stromverbrauch gegeben ist, was zeigt, dass vieles von der notwendigen Energieeffizienz, die erreich­bar ist, nicht ausreichend angestrebt wurde.

Ich glaube auch, dass eine Politikänderung bei den Versorgungsunternehmen eingetreten ist, nämlich nicht mehr die Versorgungssicherheit ist oberstes Ziel, sondern primär die Gewinnmaximierung. Das bedeutet, dass in weiten Bereichen einfach keine Investitionen stattfinden und dass wir in Österreich durch diese Liberalisierungs­maß­nahmen auch keine Autorität haben, die letztlich dafür sorgt, dass Energieanlagen gebaut werden, dass ein ausreichender Netzausbau betrieben wird und dass in Sachen Energieeffizienz, also was Sparsamkeit betrifft, mehr getan wird.

In diesem Sinne halte ich es für notwendig, für die Versorgungssicherheit in der Zukunft mehr zu tun. Ich glaube auch, dass die verlässlichen Rahmenbedingungen, innerhalb deren sich die gemeinsamen Interessen abspielen, nämlich die der Anbieter und der Konsumenten, am wenigsten auch unter dem Aspekt der sozialen Verträg­lichkeit untersucht und verfolgt werden. Ich halte es für notwendig, anzumerken, dass jeder Markt auch geeignete Regeln braucht; die Versorgungssicherheit muss daher einer der wesentlichsten Bestandteile einer langfristigen Wirtschafts- und Standort­politik sein.

In diesem Sinne haben wir unsere Argumentationslinie aufgebaut, und daher können wir aus den genannten Gründen, nämlich wegen der mangelnden Berücksichtigung der Versorgungssicherheit, dieser Vorlage keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.08

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir diskutieren heute die Einarbeitung einer EU-Richtlinie in das ElWOG, und ich möchte auf die Entstehung dieses Gesetzes zurückkommen. Ich habe es selbst noch als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium miterlebt, welche Vorreiter­rolle das ElWOG auch international gespielt hat – wir wurden darum beneidet. Wir waren uns damals einig – das war auch der Wunsch der Bundesregierung im Regie­rungsübereinkommen 2000; das trug auch freiheitliche Handschrift –, dass eine Strompreissenkung beziehungsweise die Liberalisierung im Strombereich in dieser Form rasch kommen soll, rasch umgesetzt werden soll, und zwar nicht nur für die Industrie, sondern auch für die kleinen Gewerbetreibenden und für die privaten Haus­halte.

Was wir heute auf dem Tisch haben, ist eigentlich die Fortführung unserer Idee, unserer Vorreiterrolle, nämlich mit diesem Gesetz eine entsprechende Entflechtung herbeizuführen und auch dem Konsumentenschutz einen dementsprechenden Stellen­wert einzuräumen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wo wäre unser Strompreis heute, hätten wir damals nicht schon diese Liberalisierung durchgezogen?! Das sage ich gerade der sozialdemokratischen Fraktion: Wir wären wahrscheinlich dort, wo Deutschland heute ist: In Deutschland hat sich der Strompreis trotz einer Liberalisierung im Strombereich auf Grund des nicht vorhandenen politi­schen Willens einer rot-grünen Regierung um ein Drittel erhöht. Im Vergleich dazu ist


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 118

laut neuer Wifo-Studie die Situation in Österreich so, dass wir seit der Liberalisierung in Österreich um 700 Millionen € weniger Strompreiskosten haben. Das ist erst der Beginn!

Selbstverständlich begrüßen wir diese EU-Richtlinie, da es dadurch, wie ich bereits gesagt habe, eine Entflechtung geben wird, die wiederum mehr Einsparung bringen wird. Mich wundert allerdings gar nicht, dass die sozialdemokratische Fraktion dieser Anpassung des ElWOG an diese EU-Richtlinie nicht zustimmt, denn entlarvend war bereits – und das muss man wirklich auf der Zunge zergehen lassen – die Stellung­nahme der Wiener Landesregierung dazu. Deren Kritik lautete, dass es nicht zumutbar sei, dass mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder von der Muttergesellschaft unabhän­gig sein müssen. – Das ist doch mehr als entlarvend: Keine Zustimmung dazu, weil zwei unabhängige zusätzliche Aufsichtsratsmitglieder unabhängig von der Mutter­gesellschaft sein müssen und sozusagen parteifrei sind! Aus diesem Grunde ist diese Gesetzesvorlage für die Sozialdemokratie in Wien unzumutbar! – Da waren wahr­scheinlich die Anweisungen aus Wien dementsprechend heftig, sodass Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, hier heute nicht mitstimmen können.

Mich wundert auch nicht, welch eigenartige Rolle die SPÖ da spielt, wenn ich mir etwa das Beispiel Steiermark anschaue, wo es ja Ihrerseits, und zwar in großen Inseraten, Kritik am Geschehen in der EStAG gibt. Meine Vorrednerin, Frau Abgeordnete Fleckl, hat hier heraußen plötzlich so getan, als ob sie nichts von der ganzen EStAG-Sache wüsste. Waren es nicht tief-rote hochrangige SPÖ-Funktionäre – bis hin zum Finanz­referenten der steirischen Sozialdemokratie –, die in der EStAG, und zwar ganz maß­geblich, das Geschehen all die Jahre mitbestimmt haben?! (Bundesminister Dr. Bar­tenstein: Heinzl! Heinzl! – Gegenrufe bei der SPÖ: Paierl! Paierl!)

Jetzt aber tun Sie von der SPÖ plötzlich so, als ob Sie von all dem nichts wüssten! Alles, was der Rechnungshof aufgezeigt hat, ist für Sie von der SPÖ jetzt plötzlich eine Katastrophe! – Sie haben doch das alles mit verursacht! (Widerspruch bei der SPÖ.) Gott sei Dank aber decken meine lieben steirischen Freunde all das auf – und die Bevölkerung erkennt sehr wohl, welches Spiel von Ihnen von der SPÖ da gespielt wird! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Mit unserer Unterschriftenaktion in der Steiermark, dass es eben zu keiner Strom­preiserhöhung kommen soll, haben wir Freiheitlichen ja einiges bewirkt, und wir hoffen, dass wir damit auch ein Umdenken in die Richtung bewirken werden, dass es in diesem Zusammenhang ein Einlenken der Frau Landeshauptfrau geben wird und dieser Antrag auf Strompreiserhöhung sozusagen abgedreht wird, denn die Bevölke­rung kann das wirklich nicht verstehen, die Bevölkerung ist stark verunsichert; das muss auch dazugesagt werden.

Dazu kommt (Abg. Mag. Kogler: Dazu kommt, dass Sie seit 17 Jahren einen blauen Aufsichtsrat dort sitzen haben!), dass auch die E-Control ganz deutlich gesagt hat, dass eine Strompreiserhöhung nicht zumutbar ist – und es ist das auch nicht nach­vollziehbar, weil eben, anstatt dass sich irgendetwas anderes verteuert hätte, die Bezugskosten um ein Drittel niedriger wurden. (Abg. Mag. Kogler: Wie lang sitzt denn Ihr blauer Aufsichtsrat schon in der EStAG?)

In diesem Sinne hoffe ich, dass es da noch eine gute Lösung geben wird. Wir Frei­heitlichen werden jedenfalls nicht müde werden, in der Steiermark weiterhin dieses Doppelspiel der SPÖ massiv aufzudecken! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Noch mehr blaue Aufsichtsräte!)

14.13

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 119

14.14

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erinnern uns ja alle daran: Besonders in Wahlzeiten wurden für StromkundInnen Preisvorteile angekündigt, die allerdings in Wahrheit nie eingetreten sind, Herr Kollege Hofmann, trotz all Ihrer Beteuerungen.

Da nämlich dem öffentlichen Monopol auf Anbieterseite kein wirklicher Wettbewerb auf dem Markt, sondern lediglich fingierte Anbieter oder private Oligopole gefolgt sind, waren die Vorteile durch die viel gepriesenen „Kräfte des freien Marktes“ für die Kon­sumentInnen jedenfalls nicht realisierbar. Über frei definierte Stromlieferverträge, die auf selbstgestrickten allgemeinen Lieferbedingungen beruhen, werden den Konsumen­tinnen und Konsumenten die Preise diktiert – und die Folge davon waren und sind Gesamtstrompreiserhöhungen im zweistelligen Prozentbereich!

Von den Vorteilen des Marktes haben die Menschen jedenfalls nichts gespürt! Die kleinen Haushalte werden schamlos zur Kasse gebeten! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn schon kräftig kassiert wird, dann sollte – das würde man meinen – auch Verantwortung übernommen werden, Verant­wor­tung für die Versorgungssicherheit in unserem Lande. Versorgungssicherheit ist dieser Bundesregierung jedoch einfach keine Zielvorgabe! Ausfallszeiten werden zum kalkulierten Risiko des Gerade-noch-Zumutbaren definiert. Es werde schon nichts passieren, lautet offensichtlich das Credo der Energiepolitik, sofern man von einer solchen überhaupt noch sprechen kann.

Dass bisher die Lichter noch nicht ausgegangen sind – wie das beispielsweise in den USA oder in Italien der Fall war –, ist wohl auf mehr Glück als auf Verstand zurück­zuführen. Speziell im Süden Österreichs ist die Situation besonders prekär: Bevöl­kerungsdichte, Industrie, vor allem bei Autocluster, erzeugen eine immense Nachfrage, wie das ja auch der Herr Bundesminister richtig erkannt hat. Aber was ist Ihre Antwort? – Man sperrt Erzeugungsanlagen einfach zu!

In der Steiermark stehen wir vor der Schließung der dritten kalorischen Kraftwerks­anlage, dem ÖDK Voitsberg, das 2006 sozusagen konserviert, also praktisch still­gelegt, jedoch nicht abgerissen werden soll, sondern als Industrieruine gigantischen Ausmaßes auch noch jede weitere wirtschaftliche Entwicklung in der Region West­steiermark verhindern soll.

Das nennen Sie „verantwortungsvolle Energie- und Wirtschaftspolitik“, Herr Minister Bartenstein?! Weiterführungsszenarien – egal, ob mit Biomasse oder Mischfeuerung – wurden nicht einmal in Erwägung gezogen, obwohl eine Studie das als realistisch ausgewiesen hat.

Man sollte meinen, dass Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeitsplatzsicherung in unserem Lande übernommen wird. Anstatt jedoch die verlustarme, weil möglichst verbrauchernahe Erzeugung zu forcieren, die hochwertige Arbeitsplätze im Inland sichert, setzen Sie allein auf Importe. „Sozial ist, was Arbeit schafft“, haben Sie heute am Vormittag gesagt. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Stimmt auch!) Ja, stimmt auch! In diesem Sinne kann man Ihre Politik einfach nur als massiv unsozial beurteilen! (Beifall bei der SPÖ.)

Energie wird zum Spekulationsgut, und da will die österreichische Stromlobby kräftig mitmischen, und zwar auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten und auf Kosten der Umwelt, denn eingespeist wird alles: auch Atomstrom aus den frag­würdigsten Quellen. Speziell Ihr Heimatland Steiermark, Herr Minister Bartenstein, wird immer mehr zum Strom-Importland degradiert; auf eine eigenständige und umwelt­freundliche Produktion im Inland wird kein Wert mehr gelegt. (Abg. Steibl: Das ist auch


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 120

Ihr Heimatland!) Die Steiermark ist auch mein Heimatland, ist auch Ihr Heimatland (Abg. Steibl: Da muss man bei der Sache bleiben!) – und ich empfinde es als beson­ders bedauerlich, dass auf umweltfreundliche Produktion im Inland kein Wert mehr gelegt wird. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Aber in Voitsberg schaut es anders aus!)

14.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm. (Bundesminister Dr. Bartenstein – in Rich­tung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Öllinger –: Ist die Steiermark auch Ihr Heimatland?)

 


14.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Minister, ich muss Sie enttäuschen: Die Steiermark ist nicht mein Heimatland, aber ein beliebtes Urlaubsland von mir. Ich fahre gerne in die Steiermark – wenn Sie’s beruhigt! (Abg. Steibl – demonstrativ Beifall spendend –: Bravo! – Abg. Dr. Fekter: Endlich einmal etwas Positives!) Aber das ist noch immer nicht der Punkt, Herr Bundesminister Bartenstein. Versuchen Sie nicht, mit mir anzubandeln! Es geht ums „Unbundling“ (Heiterkeit) – und das ist etwas anderes.

Herr Bundesminister, ich muss ganz ehrlich sagen: Wenn es überhaupt einen Zweifel an der Berechtigung dieses Misstrauensantrages gegeben haben sollte, so haben Sie diesen zerstreut, und zwar eigentlich durch eine Nebensächlichkeit. Ich beobachte das mit Interesse, aber eigentlich finde ich es nicht richtig, und ich sage Ihnen auch, warum: Wenn Sie, Herr Bundesminister Bartenstein, eine Debatte zum ElWOG, die verknüpft wird mit einer Debatte um einen Misstrauensantrag und damit natürlich Arbeitsmarktpolitik, zum Anlass dafür nehmen, um mehr oder minder mit Schaden­freude auf den Konflikt, den es zwischen GPA oder innerhalb der Gewerkschaften gibt, hinzuweisen, so ist das, wie ich meine, keine gute Basis für einen Arbeits- und Wirt­schaftsminister, der ja eigentlich die Aufgabe hätte, die sozialen Beziehungen in unserem Lande zu pflegen und zu fördern! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Das ist der Punkt: Ich glaube, dass Schadenfreude auch da ein schlechter Ratgeber ist; genauso, wie es einer Opposition nicht anstünde, bei diesem Thema mit Schaden­freude auf die Arbeitslosenzahlen zu reagieren, und das tun wir auch nicht!

Da ich mich wenig zum ElWOG äußern möchte, aber tatsächlich das Prinzip des Unbundlings aus dem ElWOG heraus- und hinübernehmen möchte in die Thematik, die ich mit Ihnen, Herr Bundesminister Bartenstein, anlässlich dieses Misstrauens­antrages besprechen möchte, beginne ich vielleicht mit Folgendem:

Unbundling – Entbündeln. Was für die Energiewirtschaft gut sein soll, das muss nicht für andere Bereiche gelten. Aber vielleicht sollte man sich, Herr Bundesminister, da Sie nicht nur für Wirtschaft, sondern auch für Arbeit zuständig sind, das Unbundling als Prinzip auch für Ihr Ministerium näher anschauen. Das wäre auch eine Idee!

Da sind wir auch einmal davon ausgegangen, dass die Zusammenlegung von Wirt­schaft und Arbeit vielleicht nicht die gewünschten Synergie-Effekte hat. Sie haben immer behauptet, das habe Synergie-Effekte in Bezug auf Arbeit, in Bezug auf Beschäftigung, in Bezug auf die Wirtschaft im Allgemeinen.

Nehmen wir jetzt den Schnitt: Beschäftigung stagniert! – Sie stagniert tatsächlich, Herr Bundesminister, und daran können auch die schönen Zahlen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger nichts ändern, in die bei den unselbständig Erwerbstätigen auch die Personen, die auf Kinderbetreuungsgeld sind, ganz egal, ob sie vorher gear­beitet haben oder nicht, hineingerechnet werden. Auch bei den Arbeitslosen, die auf


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 121

Schulung sind, ist das der Fall, die sind dann auf einmal unselbständig Beschäftigte. In dieser Zahl tauchen auch die Präsenzdiener auf, obwohl sie auch nicht unselbständig beschäftigt sind, sondern beim Staat einen Pflichtdienst absolvieren.

Wenn man all diese Personen hinzurechnet und dann wieder wegrechnet, dann kommt man auf eine sehr nüchterne Bilanz dieser vier Jahre, die dieses Ministerium für Wirtschaft und Arbeit existiert. Da steht am Ende: Die Beschäftigtenzahlen sind seit 2000 netto nicht gestiegen!

Das ist deprimierend, Herr Bundesminister! Sie selbst haben im Rahmen der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, dass eigentlich durch den Beitritt zur Europäischen Union, durch all die Wachstumseffekte, die auch die Erweiterung der Wirtschaftsunion aus­gelöst hat, tatsächlich ein Beschäftigungszuwachs zu erwarten gewesen wäre. Der hat auch tatsächlich stattgefunden. Nur: Die Bilanz ist im Endeffekt 2004 neutral. Das heißt, wir haben die Beschäftigten, die wir durch den Beitritt und durch die Konse­quenzen des Beitritts und durch die Erweiterung gewonnen haben, wieder mit Verlusten auf der anderen Seite ausgetauscht, und da kommt im Endeffekt null heraus. Es gibt also keinen Zuwachs an Beschäftigten.

Ganz schlecht schaut es aus in Bezug auf die Arbeitslosen, Herr Bundesminister. Wir haben in Österreich jetzt mehr Arbeitslose. Wir können uns nicht darüber hinweg­schwindeln: In Österreich steigt seit Jahren die Arbeitslosigkeit! Doch das ist unter Ihrer Verantwortung als Arbeitsminister geschehen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sage ich nicht, Herr Bundesminister, dass Sie, nur Sie für diesen Anstieg der Arbeitslosigkeit verantwortlich sind, das wäre falsch, aber auch Sie haben dazu beigetragen als ein Bundesminister, der über die Jahre – und Sie sollten einmal Ihre eigenen Presseaussendungen oder die Ihres Ressorts lesen –, und zwar Monat für Monat, zu den teilweise wirklich stark steigenden Arbeitslosenzahlen nichts anderes gesagt hat als die Worte, dieser Anstieg sei noch immer unter dem europäischen Durchschnitt, der Anstieg habe sich stabilisiert, er sei auf hohem Niveau, aber er habe sich verflacht, und wenn der Anstieg sich weiter verflacht, vielleicht im übernächsten Monat, dann können wir Entwarnung geben. Aber es gibt nichts, Herr Bundesminister, was zur Entwarnung berechtigen würde!

Ich greife nur einen Punkt noch heraus, jenseits des Kapitels Arbeitslosigkeit, und zwar die Jugendarbeitslosigkeit. – Es stimmt, die Zahl, die Kollege Broukal genannt hat, ist, wenn man so will, über die Summe der gesamte Bestand von registrierten jugendlichen Arbeitlosen. Da muss man eben nur schauen, welche Altersgruppen man hinein­rechnet. Sie haben nur eine hineingerechnet. Ich rechne die jungen Erwachsenen auch dazu. Dann stimmt es mit den 50 000.

Herr Bundesminister, Sie wissen genauso gut wie ich, dass die 50 000 registrierten Arbeitslosen bei den Jugendlichen nur die Spitze des Eisbergs sind. Wir haben viel mehr jugendliche Arbeitlose, als registriert sind. Wir haben viele arbeitslose Jugend­liche, die nicht als Arbeitslose registriert sind, weil sie noch gar nicht die Chance hatten, in die Arbeitslosenversicherung hineinzukommen.

Wenn dann Sie als zuständiger Ressortminister hergehen und sagen: Der Broukal hat mit seinen Zahlen nicht Recht, nein, die stimmen nicht, wir sind in Europa in Summe positiver Spitzenreiter bei der Jugendarbeitslosigkeit!, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist nicht richtig und für einen Minister, der für Wirtschaft und Arbeit zuständig ist, auch nicht angemessen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist einfach nicht angemessen, dass Sie so reagieren, Herr Bundesminister! – Sie können mit uns diskutieren, indem Sie sagen: Ich habe das, das und das versucht!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 122

Dann können wir darüber diskutieren, ob diese Maßnahmen geeignet waren. Aber Sie haben es nicht versucht!

Herr Bundesminister, Sie wissen auch ganz genau, dass diese Maßnahmen in Bezug auf Arbeitslosigkeit im Allgemeinen und in Bezug auf Jugendarbeitslosigkeit im Besonderen – jetzt will ich nicht sagen, vollständig überflüssig sind, denn dann könnten Sie wieder hergehen und natürlich daraus ableiten, dass der Öllinger ein schamloser Übertreiber ist – in der Regel kaum für eine gute Qualifizierung von Jugendlichen ge­eignet sind. Sie haben in den letzten Jahren alle Maßnahmen, die notwendig gewesen wären, und zwar vor allem für Problemgruppen von Jugendlichen auf dem Arbeits­markt, wie etwa Hauptschulabschlüsse, eingestellt. Es gibt kaum mehr Angebote, wo Jugendliche, die in der Schule gescheitert sind oder die ihre Schulpflicht ohne einen Abschluss absolviert haben, jetzt noch die Möglichkeit haben, diesen Abschluss nachzumachen. Das wäre zum Beispiel eine Maßnahme, über die wir diskutieren müssten!

Man sollte nicht immer nur die Ausbildungslehrgänge von Jahr zu Jahr erneuern. Es gibt Jugendlichen, die schon das dritte oder vierte Jahr in diesen Jobcoachings oder ähnlichen Lehrgängen verbracht haben. Das ist doch keine Perspektive, was wir da den Jugendlichen bieten, wenn wir sie Jahr für Jahr in irgendwelche Jobcoachings, Orientierungskurse, Ausbildungslehrgänge hineinstecken, nur deshalb, weil wir froh sind, dass sie von der Straße weg sind! Die Jugendlichen haben ein Anrecht auf eine Perspektive – aber nicht nur sie!

Es braucht einen anderen Umgang mit dem Thema Arbeitslosigkeit, und da, Herr Bundesminister, haben Sie versagt! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Broukal zu Wort gemeldet.

Herr Abgeordneter, beginnen Sie die tatsächliche Berichtigung mit der Wiedergabe der zu berichtigenden Behauptung.

 


14.27

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Bundesminister Martin Bartenstein hat gemeint, er habe die Forschungsquote von Mitte der neunziger Jahre mit der prognos­tizierten Forschungsquote des heurigen Jahres verglichen und dieser Vergleich ergäbe, dass die Forschungsquote in diesem Jahr mehr als die Hälfte dessen sei, was es in unserer Regierungszeit – er sagte: in Ihrer; sprich: in der SPÖ-Regierungszeit – gegeben hat. – Das ist unwahr!

Ich berichtige: Im letzten vollen Jahr der SPÖ-Regierungszeit, im Jahr 1999, betrug die Forschungsquote 1,96 Prozent des Volkseinkommens. Die Steigerung auf 2,27 Pro­zent beträgt daher 16,5 Prozentpunkte und nicht, wie von Herrn Minister Bartenstein behauptet, fast die Hälfte. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das hat er auch nicht gesagt!)

14.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Gartlehner. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


14.28

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätz­ter Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Genau das ist das Problem, das wir mit dem Arbeits- und Wirtschafts­minister Martin Bartenstein immer wieder haben, nämlich, dass seine statistischen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 123

Daten – so wie bei anderen Ressortkollegen; ich denke da etwa an das Innenministe­rium – sozusagen sehr stark gedopt sind.

Wenn man von einer solchen F & E-Quote für das kommende Jahre spricht, wie der Minister es getan hat, dann muss man auch dazusagen, dass die größte Steigerung in diesem Jahr aus der Neuberechnung der Statistik erfolgen wird. Es wurde da mit aller Kraft und Kreativität versucht, auf Beamtenebene die Daten zu erarbeiten, damit man zu diesen Quoten kommt, anstatt das durch reale Forschungs- und Entwicklungs­aufträge zu machen.

Natürlich ist es gut, dass es die F & E-Maßnahmen gibt, die vor kurzem beschlossen wurden. Das ist überhaupt keine Frage! Es besteht allerdings immer noch ein starker Mangel bei der organisatorischen Struktur. Es gibt keine Verantwortlichkeit im politi­schen Sinne unter einem Ministerium oder in der Person einer Ministerin oder eines Ministers, sondern es sind immer noch fünf Minister für die Forschung in Österreich verantwortlich. Das ist, wie wir aus der Vergangenheit wissen, nicht unbedingt ... (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Ich denke da auch an den Landwirtschaftsminister, der natürlich auch sehr viele Forschungsmittel zur Verfügung hat, die überhaupt noch nicht berücksichtigt sind.

Ich glaube, dass wir – ich komme damit wieder zum Thema ElWOG – durch das Unbundling  nicht nur eine organisatorische Veränderung erleben, sondern dass wir in ganz Europa auch eine Entkoppelung des Stromverbrauchs vom Wachstum, von der Konjunktur erleben. Es steigt der Stromverbrauch in den nächsten Jahren wesentlich stärker, als es die Wirtschaftsdaten, die makroökonomischen Daten, die Wachstums­raten ausweisen.

Meine Frage ist: Welche Maßnahmen planen Sie, um neben dem Unbundling noch andere Möglichkeiten zu suchen, Kapazitäten zu beschaffen? Gibt es da eine Doppel­strategie der öffentlichen Stellen, indem man sagt: Wir wollen zwar keine Atom­kraftwerke, aber wir sind sehr daran interessiert, dass Mochovce trotzdem gebaut wird, weil wir diesen Strom brauchen werden!? Herr Bundesminister, es würde mich interes­sieren, wie Sie diese Situation momentan einschätzen? (Beifall bei der SPÖ.)

14.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steindl. – Bitte.

 


14.32

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr verehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Nach so viel Polemik seitens der Oppositionspartei, die ich mir heute hier anhören musste, möchte ich doch noch versuchen, ein wenig sachlich auf das eigentliche Thema einzugehen.

Mit der gegenständlichen Regierungsvorlage setzen wir einen weiteren Schritt in Richtung Strommarktliberalisierung. Ihren Ursprung hat die Strommarktliberalisierung im Europäischen Binnenmarktprogramm von 1985. Damals hatte man die zentrale Rolle des Elektrizitätssektors für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft erkannt, da die Energiekosten einen wesentlichen Teil der Produktionskosten aus­machten, vor allem in der Informationsbranche sowie bei Stahl, Chemie und Papier.

Um marktwirtschaftliche Mechanismen auf dem europäischen Elektrizitätsmarkt stärker wirksam werden zu lassen, beschlossen das EU-Parlament und die Energieminister nach langen Beratungen im Jahr 1996 die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie und schrie­ben den Mitgliedstaaten vor, 35 Prozent ihrer Strommärkte bis 2003 zu öffnen.

Über diese Vorgabe ging Österreich mit dem Elektrizitätswirtschafts- und -organi­sationsgesetz, das der Nationalrat 1998 beschlossen hat, zunächst nur unwesentlich


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 124

hinaus, trat mit der ElWOG-Novelle 2000 und der vollen Marktöffnung ab 1. Oktober 2001 für alle Stromkunden aber schon bald in die Reihe der Vorreiter bei der Liberali­sierung des Strommarktes in Europa ein. Damit begann für die Elektrizitätswirtschaft und ihre Kunden ein neues Zeitalter – die Ära des Wettbewerbs.

Diese hier vorliegende Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisations­geset­zes dient der weiteren Anpassung an die EU-Richtlinie über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt. Der Änderungsbedarf ist zwar gering, da der Großteil durch das ElWOG bereits vorweggenommen ist. Anpassungsbedarf besteht nur noch bei der Entflechtung von Verteilernetzbetreibern. Die Entflechtungsbestimmungen werden als Konzessionsvoraussetzung für Verteilernetzbetreiber verankert.

Bestehende vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmungen werden verpflichtet, Maß­nahmen der organisatorischen Entflechtung bis 1. Jänner 2006 zu treffen, wonach der jeweiligen Landesregierung ein Unternehmen zu nennen ist, auf das die Konzession bei Erfüllung der Konzessionsvoraussetzungen zu übertragen ist.

Das scheint mir inhaltlich zielführend und darüber hinaus verfahrensökonomisch zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

14.35

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte.

 


14.35

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es wurde in dieser Debatte schon vieles deutlich und klar hervorgehoben, ich möchte nur ergänzend noch einige Anmerkungen machen.

Zunächst einmal möchte ich in Zusammenhang mit Wachstum und Stärke daran erinnern, dass Österreich bei der Wachstumsstärke an erster Stelle in Europa liegt. Das ist ein Faktum, und wir sollen uns eigentlich freuen, dass es uns so gut gelingt, da mehr voranzubringen, als es die anderen Länder in der EU schaffen. Diese Nummer eins kommt nicht von irgendwoher. Das sollte man hier auch anerkennen. Auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wissen, wie schwierig es ist, in Zeiten wie diesen das notwendige Wachstum zu erreichen und alle Wünsche der Menschen zu erfüllen.

Dasselbe gilt auch für die Jugendarbeitslosigkeit, bezüglich welcher Sie meinen, wie wichtig die Jugend ist und wie wenig man für sie tut. Auch in diesem Bereich ist Österreich wahnsinnig viel gelungen, denn auch diesbezüglich ist es in Europa die Nummer eins.

Ich möchte Sie auch daran erinnern, dass innerhalb Europas die Steiermark die niedrigste Jugendarbeitslosenrate aufzuweisen hat. Auch das spricht für eine gute Arbeit in der Steiermark. Sie sollten also die steirische Wirtschaftspolitik nicht immer nur kritisieren, wie das heute hier mehrere KollegInnen von der Opposition in mehr­facher Hinsicht taten. Das möchte ich deshalb sagen, weil es wichtig ist, dass man ehrlich ist, wenn man über die Fakten betreffend die Situation in Österreich spricht. Das wollen wir! Hier in diesem Hohen Haus und an diesem Platz sollte man doch auch der Ehrlichkeit einen Platz geben.

Wir alle tun uns nichts Gutes, wenn wir der Ehrlichkeit keinen Raum geben, weil wir ja letztlich im Auftrag für die Bevölkerung, für unser Land arbeiten. Wir sollten unser Hirn­schmalz dafür einbringen, dass es allen in unserem Land besser geht, anstatt zu polemisieren und die andere Partei oder die Regierung hier anzuschütten, wie es gerade die SPÖ mit dem Misstrauensantrag tut.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 125

Es ist schade um diese Zeit, denn Zeit ist Geld, aber auch Strom kostet Geld, und auch hier in diesem Haus fließt sehr viel Strom. Es scheint hier nicht die Sonne herein, sondern es sind die Neonröhren da oben, die dieses helle Licht verströmen. Helles Licht für helle Köpfe – das ist ein Slogan, der in der Steiermark eine erfolgreiche Wirtschaftpolitik eingeleitet hat, die jetzt weitergeführt wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn die Kapazitäten zu klein sind und die Leitungen zu schwach, dann kommt das nicht daher, dass sich der Strom in der Luft auflöst, sondern das ist deswegen so, weil dahinter einfach steirische Wirtschaftspolitik steckt: mehr Unternehmen, mehr Jobs, mehr Aufträge. Aber das erfordert auch mehr Kraft und dadurch entsteht mehr Not­wendigkeit! Daher ist auch das ein Zeichen von guter Wirtschafts- und Standortpolitik in der Steiermark. Natürlich sind die Leitungen überaltert und müssen verstärkt wer­den. Das ist jetzt die Intention, die mit Unterstützung des Herrn Bundesministers auch vorangetrieben wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Sie kennen das UVP-Verfahren, das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, und das läuft jetzt bis Ende Mai, das wird jetzt geregelt, aber – das sollten Sie auch wissen – nicht, indem man drüberfährt oder sich einfach nur zurücklehnt und kritisiert und sonst nichts anderes tun, wie es die SPÖ gerade macht, und zwar vor allem in der Steiermark, sondern, indem man mit den Menschen in den Regionen spricht, wo wir sehr wohl die Trassen, die Varianten prüfen. Das betrifft auch die Ablösen und selbst­verständlich auch die Verkabelung. Das ist heute gang und gäbe. Wir halten das für wichtig, weil für uns auch die Umwelt zählt.

Der Lebensstandort ist nicht nur Wirtschaftsstandort, sondern auch Wohnstandort. Das wird bei diesem UVP-Verfahren berücksichtigt. Da geschieht ja etwas, aber leider Gottes viel zu spät. Man hätte das schon viel, viel früher, zu anderen Zeiten machen können, wo es andere Bundeskanzler, andere Finanzminister, andere Energieminister gegeben hat. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das gilt auch für die Steiermark; darauf möchte ich nur hinweisen.

Die Steiermark und die Volkspartei machen Politik mit den Menschen in den Regionen. Es geht nicht so schnell, weil man einen Dialog führt, um möglichst viele Interessen in einem zu vereinen. Aber sich einfach hinauszulehnen, wie die SPÖ es hier macht, und alles nur zu kommentieren und zu sagen, wie es gemacht werden sollte und wogegen sie ist, das ist keine Hilfe bei der Lösung dieses Problems in der Steiermark und auch keine Hilfe für die Menschen dort.

Ich möchte hier den Geschäftsführer der SPÖ-Steiermark zitieren, aber es ist eigentlich schade um die Zeit, ich tue es gar nicht, sondern ich werde Ihnen lieber ein paar wichtige Dinge sagen, weil man hier diese Dinge mit der EStAG vermischt hat.

Man muss aufpassen: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen! – Wenn jemand gehandelt hat und handelt in der Steiermark, dann ist es die Frau Lan­deshauptmann Klasnic und nicht ihr Stellvertreter Voves. Das muss hier ganz deutlich gesagt werden! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn es um Rausschmiss geht: Wer hat wen hinausgeschmissen? – Letztlich aus Verantwortung die Frau Landeshauptmann Klasnic! Wissen Sie, wen? Den Aufsichts­ratsvorsitzenden Heinz Hofer.

Wissen Sie, wer das ist, der Herr Heinz Hofer? – Heute noch das große SPÖ-Finanz­genie, der Finanzobmann dieser Partei, der SPÖ, in der Steiermark.

Hier wurde gehandelt – „geschasst“ sagen wir in der Steiermark oft dazu. Das war letztlich auch der Anfang vom Ende: dass man dort Skandale aufgedeckt hat, die eine Kultur hatten, die es in der EStAG gab, für die aber in erster Linie rote Verantwortungs­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 126

träger zuständig waren. Heute sind sie irgendwo: hinausgeschmissen. Ditz ist als Sanierer geholt worden.

Doch das geht weiter. Das geht bis in den Vorstand. Kennen Sie vielleicht einen Herrn Heinzl? Im Volksmund sagt man in der Steiermark: Heinzl-Hofer. Auch ein roter Vor­stand, der „geschasst“ wurde. Da hat die Frau Landeshauptmann gehandelt, und es ist eine Neustrukturierung im Gange.

Meine Zeit ist leider schon aus ... (Heiterkeit), aber ich müsste noch vieles sagen. Ich glaube, Sie wissen es ohnehin. Aber eines wissen Sie sicher nicht: Die Menschen in diesem Land und auch die Menschen in der Steiermark wissen, wer handelt, und sie wissen auch, wer nur polemisiert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

14.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich bitte die Damen und Herren Abgeordneten, Platz zu nehmen, denn wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 415 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 507 der Beilagen angeschlossene Entschließung – Anlage 1 – betreffend Maßnahmen zur Beurteilung der rechtlichen und organisatorischen Entflechtung von Verteilernetzbetreibern.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist dies einstimmig angenommen. (E 49.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 507 der Beilagen angeschlossene Entschließung – Anlage 2 – betreffend die dringende Not­wendigkeit des Ausbaus des Hochspannungsnetzes in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen. (E 50.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung des Entschließungsantrages der Abgeord­neten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gemäß Artikel 74 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 74 Absatz 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erfor­derlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit, und damit ist der Antrag abgelehnt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Neugebauer! ÖAAB! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 127

4. Punkt

Bericht des Wirtschaftsausschusses über den Antrag 374/A (E) der Abgeord­neten Johannes Schweisgut, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend langfristige Koordination der Semesterferien (508 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


14.44

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Problem ist relativ leicht zu skizzie­ren: Es ergibt sich auf Grund der Ferienordnung und damit der Festlegung der Ferien für das Bundesland Wien und das Bundesland Niederösterreich für das nächste Jahr vom 7. bis 12. Februar – also eine Woche später als in diesem Jahr – das Problem, dass genau zu diesem Zeitpunkt auch in einigen Ländern der Europäischen Union, insbesondere in den Niederlanden, Ferien sind.

Daher der Wunsch der Fremdenverkehrswirtschaft, insbesondere in den westlichen Bundesländern, man möge doch die Ferien um eine Woche vorverschieben. Das Ganze wurde in den Medien relativ stark dramatisiert, und heute reden wir sogar im Nationalrat darüber. Ich bin eigentlich nicht glücklich darüber, dass wir das tun, denn im Endeffekt ist keine Zuständigkeit des Nationalrates gegeben, und es ist auch nicht notwendig, das hier zu besprechen, denn die Gesetzeslage ist ganz eindeutig.

Das ist im Schulzeitgesetz 1978 festgelegt, und danach besteht die Möglichkeit, aus fremdenverkehrspolitischen Gründen diese Ferienwoche um eine Woche nach vor oder eine Woche nach hinten zu verlegen. Um das zu erreichen, ist aber eine Antragstellung notwendig, die aus dem jeweiligen Bundesland erfolgen muss – entwe­der vom Landesrat oder vom Landesschulrat, je nach Schultyp. Ein solcher Antrag aber ist nicht gestellt worden.

Daher hat sich die ganze Diskussion auf Ebenen abgespielt, die eigentlich nicht zuständig dafür sind. Es ist der Eindruck entstanden, es wäre vielleicht das Wirt­schaftsministerium oder das Unterrichtsministerium für die Erledigung und Koordination dieser Angelegenheit zuständig. Es sind jetzt auch die unterschiedlichen Argumente ausgetauscht worden.

Weshalb eine Antragstellung notwendig ist, erklärt sich eben aus genau diesen Argu­menten: weil man eine Vorlaufzeit, eine Vorbereitungszeit braucht, einerseits eben, damit sich die Wirtschaft, damit sich alle betroffenen Eltern und Schüler auf eine Veränderung einstellen können, und auf der anderen Seite, damit man einen Konsens suchen kann, denn die Interessen sind unterschiedlich. Was für die Fremdenverkehrs­wirtschaft im Westen ganz logisch ist – man möchte diese Woche auch nützen –, das ist für die Fremdenverkehrswirtschaft in Niederösterreich teilweise schon anders. In Niederösterreich sieht man nämlich die Möglichkeit, dass man, wenn im Westen die Zimmer durch holländische Feriengäste besetzt sind, möglicherweise in Niederöster­reich das Geschäft machen könnte.

Wenn ich die Ferien um eine Woche nach hinten verschiebe beziehungsweise vor­verlege, ändern sich auch die Zeiten für den Handel. Gerade die Vorverlegung hätte in Wien bedeutet, dass man eben im Wintersportbereich eine Woche weniger zur Verfü­gung gehabt hätte.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 128

Meine Damen und Herren! Diese Entschließung richtet sich eigentlich mehr oder weniger an alle Beteiligten. Wenn man etwas tun möchte, dann muss man koor­dinieren, dann muss man den entsprechenden Konsens finden. Dazu muss man auch rechtzeitig beginnen. Wenn man einen Konsens findet, heißt das auch, dass man die eigenen Interessen nicht zu 100 Prozent umsetzen kann, sondern vermutlich irgendwo einen Kompromiss finden wird.

Meines Erachtens ist derzeit keine Möglichkeit mehr gegeben, weil die Antragstellung erst für das Jahr 2005 erfolgt. Daher der Appell, der Hinweis für die nächsten Jahre: Dort, wo dieses Problem wieder auftritt, etwas sorgsamer und mit etwas mehr zeit­lichem Vorlauf vorzugehen. Dann wird man möglicherweise – oder hoffentlich – im Interesse aller Beteiligten eine Problemlösung finden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


14.48

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Mitterlehner, ich stimme vollkom­men zu, was die sorgsame Antragstellung der Wirtschaft angeht; vielleicht könnte man in der Wirtschaftskammer ebenfalls verlautbaren, dass die Anträge rechtzeitig gestellt werden sollen. Wo ich aber nicht zustimme und was ich, ehrlich gesagt, auch nicht ganz nachvollziehen kann, ist die Ablehnung der Zuständigkeit des Nationalrates für diese Materie.

Es wurde darauf hingewiesen, dass das Schulzeitgesetz hiefür maßgeblich ist. Meines Wissens ist das Schulzeitgesetz ein Bundesgesetz, und daher sehe ich sehr wohl eine Zuständigkeit des Nationalrates.

Es stimmt, dass die Antragstellung nicht erfolgt ist. Das hindert uns aber nicht daran, etwa das Schulzeitgesetz zu ändern. Ein entsprechender Antrag liegt im Unterrichts­ausschuss. – Das wurde im Übrigen auch von etlichen Wirtschaftskammervertretern vorgeschlagen, aber ich ersuche, das bitte in der eigenen Kammer auszumachen und auszudiskutieren.

Im Unterschied zu Ihnen bin ich jedenfalls sehr glücklich darüber, dass der Antrag hier diskutiert wird, weil dieser Antrag sich ja nicht auf 2005 bezieht, sondern darauf, dass die Semesterferien langfristig koordiniert werden sollen. Ich glaube, das ist eine Materie, der wir alle zustimmen können, insbesondere, weil dieser Antrag ja vorsieht, dass da alle Beteiligten an einen Tisch geholt werden sollen, also nicht „nur“ die Tourismus- und Freizeitwirtschaft, sondern insbesondere auch die Schul- und Eltern­vertreter, und versucht werden soll, konsensual Lösungen zu erzielen.

Wir können diesem Antrag insbesondere auch deswegen zustimmen, weil er inhaltlich ja unserem eigenem Antrag entspricht, den Sie mit einmonatiger Verspätung zu vertagen geruhten. Auch da hätten wir früher reagieren können. Für uns steht un­zweifelhaft fest – und das möchte ich schon klarstellen –, dass pädagogische Argu­mente den Vorrang haben sollen – daher liegt unser Antrag auch im Unterrichts­ausschuss auf – und bildungspolitische Argumente und Notwendigkeiten sehr stark diskutiert werden sollen.

Darüber hinaus ist es, glaube ich, aber auch wichtig, auf die Interessen jener Familien einzugehen, die, da sie schulpflichtige Kinder haben, eben darauf angewiesen sind, ihre Winterferien in der Semesterferienwoche zu verbringen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 129

Ich schließe mich aber nicht etwaigen planwirtschaftlichen Ansätzen an, dass die Eltern, die mit ihren schulpflichtigen Kindern auf Winterurlaub gehen wollen, irgendwo melden sollen, dass sie dieses tun wollen, und dann wird von einer Stelle, vielleicht der Wirtschaftskammer, zugewiesen, in welchem Bundesland sie das tun können, weil die Kapazitäten zum Beispiel gerade in Niederösterreich frei sind. Dem würde ich mich nicht anschließen. Ich plädiere doch dafür, dass die Familien dort Urlaub machen können, wo sie selbst wollen.

Tatsache ist, dass es zu einer Ballung kommen wird. Ich erinnere nur daran, dass allein durch die fünf deutschen Bundesländer, die gemeinsam mit Niederösterreich und Wien 2005 Urlaub haben werden, rund 22,5 Millionen Einwohner betroffen sind – alleine in Deutschland. Das heißt, wir werden entsprechende verkehrspolitische Prob­leme bekommen, noch dazu in einer Zeit, wo die Witterung nicht so besonders gut ist. Wir werden auch Kapazitätsprobleme bekommen. Das heißt, dass gerade jene Familien, die ohnehin darauf angewiesen sind, eben in dieser Woche auf Urlaub zu gehen, die ohnehin bereits teurer ist, weil Hochsaison ist, zusätzlich noch Zuschläge zu bezahlen haben werden.

Das alles sollte man genauer analysieren. Ich bin sehr froh, dass das auf eine Vier-Jahres-Periode angelegt ist – für die man dieses diskutieren sollte –, glaube aber darüber hinaus, dass man sich in diesem Zusammenhang nicht nur mit den Semester­ferien, sondern mit den Ferienzeiten überhaupt beschäftigen sollte, verschiedenste Argumente austauschen sollte und diskutieren sollte. Es gibt etwa von Vorarlberg Vorschläge für Herbstferien und Vorschläge zur Zusammenziehung von schulautonom bestimmten freien Tagen.

All das sollte im Gesamtkontext, auch im europäischen Gesamtkontext, gesehen werden. Es ist klar, dass man in Deutschland oder auch Holland nicht jubelnd auf­springen und sich von Österreich Ferienzeiten vorgeben lassen wird. Aber dennoch sollte man das diskutieren. Die Gewerkschaft hat ebenfalls bereits Gespräche mit holländischen Kollegen, mit belgischen Kollegen und mit deutschen Kollegen geführt, und diese Gespräche werden auch weiter geführt. Ich bin froh, wenn das auf anderer Ebene auch getan wird.

Die tourismuspolitische Seite sollte in diesem Zusammenhang nicht ganz vergessen werden, weil Experten ausgerechnet haben, dass diese Ballung in dieser einen Woche 2005 allein in der Hotellerie Ausfälle beziehungsweise einen Schaden von rund 180 Millionen € bringen wird, in der Seilbahnwirtschaft von rund 70 Millionen €. Wenn ich daran denke, wie viele Arbeitsplätze daran hängen, dann muss ich sagen: Das ist auch für uns nicht ganz unbedeutend.

Es wäre aber sicher möglich, dazu zu kommen, was wir grundsätzlich übereinstim­mend in etlichen Debatten schon hatten – über Parteigrenzen hinweg –, nämlich das Bekenntnis dazu, dass wir nicht nur eine Saisonverlängerung haben wollen, sondern eigentlich einen Ganzjahrestourismus, und da spielen die Ferienzeiten natürlich eine erhebliche Rolle.

In diesem Sinne werden wir diesem Entschließungsantrag zustimmen. – Danke.

14.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


14.53

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, wir müssen uns alle eingestehen – und die Betonung liegt wirklich auf dem Wort „alle“ –, dass wir alle nicht rechtzeitig erkannt haben, was da mit


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 130

dieser Ferienkonzentration eigentlich auf uns zukommt. Wir haben darauf hingewie­sen, aber auch zu spät.

Mein Vorwurf ist natürlich schon, dass vor allem die betroffenen Bundesländer Wien und Niederösterreich durchaus auch im Sinne ihrer eigenen Ferienordnung und im Sinne der Eltern und Kinder in diesen Bundesländern das nicht rechtzeitig erkannt haben, dass sie nicht gesagt haben: Vielleicht verschieben wir doch!

Herr Kollege Mitterlehner, da möchte ich Sie korrigieren: Es wäre nicht um eine Verschiebung von einer Woche gegangen, sondern in diesem Fall nur um zwei Tage. Mit ein bisschen gemeinsamem Willen vor allem dieser Bundesländer wäre es machbar gewesen. Aber das Problem ist – das gebe ich schon zu – vielschichtig.

Aus rein pädagogischen Gründen kann man durchaus sagen: Drei Wochen, von den Weihnachtsferien bis zu Beginn der Semesterferienwoche, sind zu kurz. Aber touris­musrelevante Aspekte – sie wurden schon vom Kollegen Hoscher angesprochen – sind doch auch zu erwähnen: Ausfälle, volkswirtschaftlicher Schaden, Staus, die für alle Reisenden unzumutbar sind, vor allem aber auch für die Kinder und Eltern im Auto. Wir brauchen jetzt nur das Winterwetter einzurechnen: Es sind bei schlechten Wetter­bedingungen zusätzliche Stunden im Auto notwendig, weil man irgendwo eingeschneit ist oder im Stau steckt. Das alles muss in dem Zusammenhang gesehen werden, dass in dieser Woche sechs deutsche Bundesländer – davon die stärksten: Rheinland-Westfalen und Bayern – und die Beneluxländer gleichzeitig mit Wien und Niederöster­reich Ferien haben werden.

Es wird Probleme geben; die sind vorprogrammiert. Aber wir stehen heute hier mit diesem Antrag, um wenigstens in Zukunft all das zu verhindern. Da habe ich durchaus auch konstruktive Vorschläge, dass man in Zukunft eine bessere Koordination vor­nimmt:

Warum – und die Hotellerie wäre flexibel – muss eine Anreise von Samstag bis Sams­tag sein? Warum kann nicht am Donnerstag oder am Freitag Schulschluss sein, zum Beispiel Niederösterreich am Donnerstag, Wien am Freitag? Das wäre schon eine gewisse Entflechtung.

Eine weitere Möglichkeit wäre, Intervalle in den Ferienwochen zu schaffen. Warum muss im Turnus ein Bundesland ein Intervall haben und das andere in der nächsten Woche, wo es wiederum zu Staus kommt? Warum kann man nicht Intervalle schalten? Warum kann man nicht auch die Zeugnisverteilung von den Winterferien abkoppeln? Wer sagt, dass ich das Zeugnis bekommen muss und dann in die Ferien gehe? Es kann ja auch umgekehrt sein.

Ich glaube, hier gibt es viele interessante Diskussionsmöglichkeiten, und wir werden auch innovative Lösungen brauchen, auch unter dem Aspekt des zunehmenden Reisestroms aus den Erweiterungsländern. Die Konzentration auf drei oder vier Wochen im Winter mit den Erweiterungsländern, die auch in Österreich Winterurlaub machen, ist einfach vorgegeben.

Das heißt, wir werden hier eine rege Diskussion führen, und diese ist nicht nur öster­reichweit zu führen, sondern EU-weit – auch im Sinne der Erweiterungsländer. Deshalb sind wir sehr froh, dass dieser Antrag auch von den Sozialdemokraten mitgetragen wird. Ich glaube, da geht es um einen österreichweiten Konsens, da geht es um das Wohl unserer Kinder und um die Qualität ihrer Ferien. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.57

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 131

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Herr Abgeordneter, wir haben noch ungefähr 3 Minuten bis zur Unterbrechung.

 


14.57

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Zunächst einmal muss ich feststellen, dass zwar einige das Wort „pädagogische Argumente“ in den Mund genommen haben, aber es wundert mich dann schon, dass der Antrag im Wirtschaftsauschuss behandelt wird. Die Intention wird auch ziemlich klar: Mit pädagogischen Argumenten hat das Ganze, sage ich einmal, leider nichts zu tun gehabt.

Ich gestehe schon zu, dass es da offenbar in allen Fraktionen unterschiedliche Auf­fassungen gibt. Wenn der Kollege Hoscher betont, dass sein Antrag pädagogische Argumente enthielte, so muss ich sagen: Ich habe noch einmal versucht – und vergeblich versucht –, welche zu finden. Gleichzeitig habe ich auch den Kollegen Niederwieser in der APA nachgelesen, der gemeint hat, vier Wochen zwischen Weih­nachtsferien und Semesterferien wären sinnvoll. – Dieses Argument teile ich im Übrigen. Der Antrag, den die SPÖ im Ausschuss eingebracht hat, würde dem doch einigermaßen widersprechen. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Ich finde, wenn man über Ferien redet, steht in erster Linie im Vordergrund, wie ein Schuljahr gestaltet ist, was für Schülerinnen und Schüler sinnvoll ist, was auch für die Familien sinnvoll ist, und dann kann man auch darüber reden, inwiefern wirtschaftliche, touristische Argumente eine Rolle spielen sollen. (Beifall bei den Grünen.)

In diesem Zusammenhang kann man den Antrag durchaus unterstützen, da länger­fristig und besser koordiniert vorzugehen. Gleichzeitig möchte ich aber schon auf ein Problem zu sprechen kommen, das wir immer deutlicher sehen: das Problem der gesamten Regelung rund um die schulautonom bestimmten freien Tage, die mittler­weile zu Ferien, Herbstferien auf der einen Seite, Fenstertagen und Wochenendferien auf der anderen Seite ausgeweitet wurden. Dabei rückt völlig in den Hintergrund, wie es eigentlich den Familien damit geht. Wenn jemand etwa zwei oder drei Kinder hat, die in verschiedene Schulen gehen, und jedes eine völlig unterschiedliche Ferien­regelung hat, wird man erstens, wenn man von touristischen Argumenten redet, ein Problem haben, wenn man die Hälfte der Familie zu Hause lassen muss, und auf der anderen Seite, wenn man die Betreuungssituation beachtet, sehen, in welche Prob­leme Familien da kommen, die das irgendwie organisieren oder handlen müssen.

So gesehen möchten wir den Antrag, so wie er jetzt vorliegt, im Gegensatz zum Ausschuss auch unterstützen. Ich sage das noch einmal: Die Begründung war auch, dass dieser Antrag nicht im Wirtschafts-, sondern eigentlich im Unterrichtsausschuss behandelt hätte werden sollen. Die Intention, längerfristig zu koordinieren, ist begrüßenswert. Ich möchte nur noch einmal unserer Intention Ausdruck verleihen, dass wir sagen: Pädagogische Argumente wirklich zuerst – und wirtschaftliche kann man dann als Zweites noch mitnehmen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Brosz, haben Sie jetzt einen Antrag eingebracht? (Abg. Brosz verneint.)

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 4 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung eines Dringlichen Antrages gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr, also jetzt, stattfinden kann.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 132

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­deskanzler betreffend Schweigen und Untätigkeit zu den Ausbauplänen der slowakischen Regierung bezüglich Mochovce, der Lebenszeitverlängerung von Bohunice V1 sowie dem Europäischen Atomausstieg (397/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung des Selb­ständigen Antrages 397/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der slowakische Wirtschaftsminister Pavol Rusko am 24.5.:

„Wir wollen nicht Stromimporteur werden und von jemandem abhängig sein. Das AKW Mochovce wird auf jeden Fall fertig gebaut“, so der Wirtschaftsminister (APA 23.5.)

Tags darauf reagierte Wirtschaftsminister Rusko auf die Kritik von österreichischen Politikern.

„Die Slowakei ist interessiert an guten Beziehungen zu Österreich, die Grundsätze der Energiepolitik lässt sie sich aber von österreichischen Politikern nicht diktieren.“ (APA 24.5.)

Rusko betonte außerdem

„Die Slowakei müsse sich die Position des Strom-Exporteurs erhalten und das sei nach der Abschaltung der zwei Reaktoren im AKW V-1 in Bohunice im Jahr 2006 und 2008 nur durch die Fertigstellung der zwei Blöcke des AKW Mochovce möglich“.

Gleich am nächsten Tag ging Rusko noch einen Schritt weiter.

Er erklärte „die Schließung der beiden Reaktoren in Jaslovske Bohunice wolle er nochmals überdenken“. Darauf werden wir nochmals zurückkommen und neu verhandeln müssen“, so der Wirtschaftsminister. (APA 25.5.)

Julius Brocka, Vizevorsitzender der Christdemokraten (KDH):

„Die Slowakei brauche weitere Atomkraftwerke, man müsse aber mit Reaktionen aus Österreich rechnen“. (APA 25.5.)

Landwirtschaftsminister Pröll warnt vor „voreiligen Reaktionen“. Für ihn handle es sich bei der Ankündigung von Wirtschaftsminister Pavol Rusko „vorerst um die Einzel­meinung eines Ministers“. Als ersten Schritt kündigte Pröll ein Gespräch mit dem slowakischen Umweltminister Laszlo Miklos an. Pröll betonte: „Wir werden in einen intensiven Kommunikationsprozess eintreten, der Standpunkt der Regierung sei aber bekannt: Wir warnen die Slowakei, mit nicht nachhaltiger Technologie vorsichtig umzugehen“. (APA 24. 5.)

Vizekanzler Gorbach:

„Ich halte es energiepolitisch für eine völlige Fehlentscheidung, das AKW Mochocvce weiter auszubauen. Ich werde in der österreichischen Bundesregierung alles unter­nehmen, um Atomkraft und damit den Ausbau von Atomkraft zu verhindern.“ (APA 24.5.)

Benita Ferrero-Waldner sieht die Aussagen des slowakischen Wirtschaftsminister Pavol Rusko als „Einzelmeinung“, wonach das AKW Mochovce fertig gestellt werden müsse. Der slowakische Außenminister Eduard Kukan habe ihr auf Anfrage am Rande


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 133

der Verfassungsverhandlungen am Montag in Brüssel versichert, dass dies eine „absolute Einzelmeinung eines Ministers und keineswegs die Meinung der slowaki­schen Regierung sei“. (APA 24.5.)

Man müsse den Aussagen Ruskos „klar entgegentreten“, betonte Ferrero-Waldner. „Wir alle treten ein für ein atomfreies Mitteleuropa und das weiß natürlich die Slowakei und die Regierung sehr gut. Wir werden uns auf jeden Fall weiter dafür einsetzen.“ (APA 24.5.)

Verletzung der EU-Beitrittsverträge – keine Neuverhandlung der Stilllegungsverpflichtung von Bohunice!

Bohunice V-1 ist eines der gefährlichsten AKW der Welt überhaupt. Der sowjetische Reaktortyp der ersten Generation ist meilenweit von international üblichen Sicherheits­standards entfernt. Die größten Sicherheitsprobleme sind das mangelhafte Notkühl­system, die Versprödung des Reaktordruckbehälters und das Fehlen von Leck-Detek­tionssystemen. Am schwerwiegendsten ist jedoch die fehlende Stahl-Beton-Schutz­hülle ("Containment"), die bei jedem westlichen AKW üblich ist. Folgerichtig hat daher die Europäische Union festgestellt, dass Bohunice nicht auf das erforderliche Sicherheitsniveau gebracht werden kann und daher so rasch als möglich stillzulegen ist. Im Dezember 1998 beschloss der Rat der EU-Außenminister, dass ein EU-Beitritt der Slowakei an die Bedingung geknüpft wird, Bohunice zu schließen. 1998 wurde der erste Reaktor von Mochovce, trotz internationaler Proteste in Betrieb genommen. Im Gegenzug sollten die beiden V-1-Hochrisikoreaktoren von Bohunice im Jahr 2000 außer Betrieb gehen. Entgegen wiederholten vorherigen Versprechungen, Bohunice bis 2000 stillzulegen, fasste die slowakische Regierung am 21. April 1999 den Beschluss, Bohunice weiterzubetreiben.

Im Beitrittsvertrag zwischen der Slowakei und den EU wurde dann in einem Protokoll die Schließungsverpflichtung der Reaktoren der ersten Generation verbindlich fest­geschrieben. Bohunice Block 1 muss spätestens 2006, Block 2 2008 stillgelegt werden. BK Schüssel nahm damals die Verlängerung der Schließungsfrist bis 2006/2008 kritik­los zur Kenntnis, obwohl mit dieser Entscheidung auch beträchtliche Risken für die österreichische Bevölkerung verbunden sind. Allerdings wurde nicht nur die Schließungsverpflichtung im Protokoll zur Beitrittsakte der Slowakei verankert, sondern auch eine Zahlungsverpflichtung der EU. Auf Initiative der Europäischen Kommission hat die EBRD einen Fond zur Unterstützung der vorzeitigen Schließung der beide Blöcke von Bohunice eingerichtet. Bis 2006 stehen der Slowakei 90 Mio. € zur Verfügung, nach 2006 noch zusätzliche Finanzmittel.

Das Infragestellen der verbindlichen Schließungsdaten stellt daher eine Verletzung der Beitrittsverträge dar und kann von Österreich nicht akzeptiert werden. Österreich muss ein klares Nein gegen die Neuverhandlung der Stillegungsverpflichtung von Bohunice aussprechen.

Verdoppelung des Atomrisikos von Mochovce?

Das Atomkraftwerk Mochovce befindet sich in der slowakischen Republik, nordöstlich von Bratislava, nur etwa 150 km von Wien entfernt. Mit dem Bau der 4 Reaktorblöcke war zwischen 1980 und 1985 in Mochovce begonnen worden. 1991 wurden die Bauarbeiten aus Geldmangel unterbrochen. Block 1 wurde im Oktober 1998, Block 2 im Dezember 1999 in Betrieb genommen. Fertigstellung und Inbetriebnahme von Block 3 und 4 wurden verschoben.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 134

Ein Reaktor gleichen Typs sollte auch in Greifswald/BRD als Block-5 in Betrieb gehen. GRS (Gesellschaft für Reaktorsicherheit/BRD) und IPSN (Institut de Protection et de Sureté Nucléaire/Frankreich) haben eine Sicherheitsbeurteilung für dieses AKW durch­geführt und eine Reihe von Ertüchtigungsmaßnahmen vorgeschlagen. Angesichts der zu erwartenden Kosten für die Nachrüstung auf westlichen Standard hat man in Deutschland auf den Fertigbau des AKW in Greifswald verzichtet. Bei der sicher­heitstechnischen Verbesserung in Mochovce wurden bei weitem nicht alle Maßnah­men, die für Greifswald vorgeschlagen wurden, ausgeführt.

Die zwei Blöcke des AKW Mochovce weisen gravierende Sicherheitsmängel auf. Ein Unfall mit schwerwiegenden Folgen auf den Großraum Wien ist für die nächsten Jahre nicht auszuschließen. Hauptmängel des AKW sind einerseits die fehlende Schutzhülle, die im Falle eines schweren Unfalles einen massiven Austritt von radioaktiven Materialien zurückhalten sollte, und andererseits die unzureichende Sicherheit des so genannten Reaktordruckbehälters. Auch eine ausreichende Sicherheit gegen Erd­beben oder Flugzeugabstürze ist nicht gegeben. In Mochovce wurde erstmals ein sowjetischer Reaktor mit westlicher Sicherheitstechnologie ausgerüstet. Die Mischung von west- und osteuropäischer Reaktortechnologie ist ein Experiment, das noch nie erprobt wurde. Kommt es in Mochovce aus den oben angeführten Gründen zu einem schweren Unfall, so kann bei entsprechender Wetterlage die österreichische Bundes­hauptstadt Wien und die gesamte Ostregion von radioaktivem Niederschlag betroffen sein, der eine dramatische Gefährdung von Gesundheit und Eigentum zur Folge hat. Das zeigen entsprechende Rechenmodelle.

Mochovce liegt außerdem in einem Gebiet, in dem schwere Erdbeben nicht aus­geschlossen werden können, deshalb ist es besonders bedenklich, dass das AKW nicht ausreichend gegen Erdbeben gesichert ist. In benachbarten Regionen sind Beben bis Stärke 7 MSK aufgetreten. Die Bebenherde liegen relativ nahe der Ober­fläche und die zerstörerische Wirkung solcher Beben kann groß sein. Die Bebenherde lagen in 40 bis 80 km Entfernung zum AKW Mochovce.

Eine Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 würde das Risiko in Mochovce verdoppeln und ist daher im Interesse der Sicherheit der österreichischen Bevölkerung entschieden zu bekämpfen.

Gescheiterte Bemühungen für einen europäischen Atomausstieg

Der Euratom-Vertrag schreibt als unbefristetes EU-Primärrecht seit 1957 die Förderung der Atomenergie fest. Eine Reform des Vertrages ist der Schlüssel für einen Euro­päischen Atomausstieg. Alle diesbezüglichen Bemühungen der Bundesregierung sind gescheitert. Auf Grüne Initiative ist es im EU-Konvent gelungen, den Euratomvertrag aus der neuen EU-Verfassung herauszulösen. Ein möglicher Ausstieg einzelner EU-Staaten aus Euratom ohne aus der EU ausstiegen zu müssen, ist dadurch nach Ansicht fachkundiger Rechtsexperten jedenfalls möglich geworden. Derzeit besteht die große Gefahr, dass diese Ausstiegsoption bei der bevorstehenden EU-Regierungs­konferenz am 16. und 17. Juni wieder zunichte gemacht wird. Ziel muss die Auflösung des Euratomvertrages bleiben. Die erhaltenswerten Teile des Vertrages (z.B. Strahlen­schutz und Proliferationskontrolle) sollen dabei in die EU-Verfassung integriert und EU-Umweltrecht unterstellt, die nicht mehr zu rechtfertigenden Förderbestimmungen für die Atomindustrie ersatzlos gestrichen werden. 50 Jahre nach Inkrafttreten, also 2007, soll der Euratom-Vertrag beendet werden. Dazu braucht es einen einstimmigen Be­schluss der EU-25 auf einer Regierungskonferenz (Stichwort: EURATOM-Revisions­konferenz). Diese Euratom-Regierungskonferenz ist zwar erklärtes Ziel der Bundes­regierung, allerdings betreibt die Bundesregierung die Umsetzung dessen nicht mit


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 135

entsprechendem Nachdruck. Es wird das übliche diplomatische Pflichtprogramm (Briefe, Ansprechen bei Außenministerräten und EU-Regierungskonferenz) abgespult, aber keine kraftvolle Initiative gesetzt.

Die bisherigen Bemühungen der Bundesregierung für einen europäischen Atom­aus­stieg und eine Euratom-Reform sind gescheitert. Das Konzept der Bundesregie­rung wird keinen Erfolg bringen. Die Scheinaktivitäten der Bundesregierung dienen lediglich dazu, um die mit großer Mehrheit atomkritische österreichische Bevölkerung zu beru­higen. Die Politik der Bundesregierung beschränkt sich auf innenpolitische Schlag­zeilen und ist auf EU-Ebene völlig mutlos.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Antrag:

1. Der Bundeskanzler wird dringend ersucht, unverzüglich eine offizielle Protestnote an die slowakische Regierung zu übermitteln, in der die Ausbaupläne des AKW Mochovce (3 und 4) scharf zurückgewiesen werden. Darüber hinaus soll in der Protestnote klargelegt werden, dass eine Lebenszeitverlängerung des Hochrisikoreaktors Bohunice V1 über das EU-primärrechtlich vereinbarte Schließungsdatum hinaus inakzeptabel ist.

2. Der Bundeskanzler wird aufgefordert, ein klares Nein gegen die Aufnahme von Neuverhandlungen über die Stillegung von Bohunice auszusprechen und erfor­derlichenfalls eine Beschwerde wegen Bruch des Beitrittsvertrages durch das Nicht­einhalten der verbindlich verankerten Schließungsdaten vorzubereiten.

3. Der Bundeskanzler wird ersucht, umgehend auf höchster Ebene Gespräche mit der slowakischen Regierung aufzunehmen, um den AKW-Ausbau zu verhindern. Weiters sollen unverzüglich Gespräche über Intensivierung und Ausbau der Energie­partner­schaften mit der Slowakei geführt werden, um den Atomausstieg der Slowakei vor­anzutreiben und im beidseitigen Interesse einen zügigen Umstieg auf nachhaltige Energieträger einzuleiten.

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrages gem. § 93 Abs. 2 GOG iVm §74 a Abs 2 verlangt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Glawischnig als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf ihre Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.01

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Hohes Haus! Vorweg möchte ich sagen, Herr Bundeskanzler: Ich bin sehr froh darüber, dass Sie heute da sind. Ich würde Sie auch bitten, dass Sie heute bei den Ausführungen zu diesem Dringlichen Antrag vielleicht auch einmal sehr aufmerksam zuhören und nicht in den Unterlagen blättern oder Karikaturen zeichnen, sondern einfach zuhören! Ich habe nämlich den Eindruck, dass Sie das, was am Wochenende vorgefallen ist, nicht in der Dramatik mitbekommen haben, obwohl es der österreichischen Bevölkerung ganz stark unter der Haut brennt und sie massiv betrifft.

Herr Bundeskanzler, ich sage jetzt ganz explizit noch einmal für Sie, was seit ver­gangenem Wochenende geschehen ist, weil Sie es offensichtlich bis jetzt nicht für wert


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 136

befunden haben, zu den Vorfällen Stellung zu nehmen und etwas zu sagen bezie­hungsweise klarzustellen. (Abg. Mag. Molterer: Auch wir können lesen!)

Der slowakische Wirtschaftsminister hat bekannt gegeben, dass das Atomkraftwerk Mochovce auf jeden Fall fertig gebaut wird. (Abg. Mag. Molterer: Auch wir lesen Zeitungen!) Die Slowakei, die jetzt schon Stromexporteur ist, müsse jedenfalls diese beiden Blöcke, die im Moment noch unvollständig sind – was eigentlich ein großer Sieg der österreichischen Anti-Atombewegung war –, fertig bauen.

Die Schließung der beiden Reaktoren Bohunice V1, legt der Wirtschaftsminister dann einen Tag später nach, werde noch einmal überdacht, man werde darauf noch einmal zurückkommen, diese Schließung werde noch einmal verhandelt werden müssen.

Auf diese Weise haben wir innerhalb von zwei Tagen zwei zusätzliche riesige Prob­leme: Mochovce soll fertig gebaut werden und Bohunice V1, einer der gefährlichsten Rektoren der Welt, soll nicht, wie vereinbart, abgeschaltet werden! – Sie haben bis jetzt dazu nicht Stellung bezogen!

Warum sind Bohunice V1 und Mochovce ein so großes Problem für die österreichische Bevölkerung? – Ich habe in den vergangenen Tagen Dutzende Anrufe und E-Mails erhalten, und ich möchte es explizit für Sie noch einmal erklären: Mochovce ist ein Kraftwerk, das nicht sehr weit von der österreichischen Grenze entfernt ist, es ist 150 Kilometer von Wien entfernt. Bei einem Unfall in Mochovce wäre die Bundes­hauptstadt Wien nicht evakuierbar. Bei der entsprechenden Wettersituation, also bei Ostwind, wäre Wien nicht evakuierbar, und nur 2 Prozent der Wiener Bevölkerung haben überhaupt die Möglichkeit, in Schutzräume zu gehen. (Abg. Wittauer: Das ist ein Blödsinn!)

Ähnliche Risikofaktoren wie dieser sind in anderen Staaten dezidiert verhindert worden: Ein Reaktor ganz gleichen Typs ist in Deutschland nach der Wieder­vereinigung nicht in Betrieb gegangen. Damals wurde entschieden, dass das bau­gleiche Kraftwerk Greifswald zu gefährlich ist und entsprechende Sicherheitsmaß­nah­men zu aufwändig sind. Deswegen wurde es stillgelegt. Ein ähnliches Risiko befindet sich allerdings vor den Toren Wiens.

Das Risiko, das dieses Kraftwerk mit seinen zwei Reaktoren beinhaltet, soll jetzt schlicht und ergreifend verdoppelt werden. Es kommen noch einige Einzelprobleme dazu: Nicht nur der Typus des Kraftwerks infolge der Vermischung von Ost- und West­technologien ist ein Risikofaktor, sondern auch die Erdbebengefährdung: Mochovce liegt auf einer Erdbebenlinie, die Bebenherde sind relativ nahe an der Oberfläche, und wir kennen die Wirkung solcher Beben. Mochovce ist für Erdbeben dieser Stärke nicht ausgelegt. Die Herde der bisherigen Beben waren nur 40 Kilometer von Mochovce entfernt.

Das Schlimmste ist aber: Mochovce hat kein Containment, das heißt, es hat keine Schutzhülle und ist nicht geschützt gegen terroristische Angriffe von außen. Außerdem ist es auch nicht geschützt gegen den Fallout, der von innen nach außen geht.

Dieses Risiko soll nun verdoppelt werden, und dazu haben Sie bis heute keine Worte gefunden!

Bohunice, das zweite slowakische Kraftwerk, gilt als einer der gefährlichsten Reaktoren der Welt. Das ist nicht eine Einschätzung, die Umweltschützer oder Grüne oder Um­weltbewegungen europaweit teilen, sondern betreffend Bohunice vertritt die gesamte Fachwelt inklusive der Europäischen Kommission und der Internationalen Agentur für Atomsicherheit die einhellige Meinung, dass es eines der gefährlichsten Kraftwerke der Welt ist. Folgerichtig hat auch der Europäische Rat 1998 festgestellt, dass das Kraftwerk unverzüglich und sofort geschlossen werden muss.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 137

Die Slowakei hat bis zum Jahr 2000 zugesagt, dass es geschlossen wird. Dann begann schon Ihr erster Kniefall: Die Schließung wurde auf 2006 bis 2008 verschoben, allerdings wurde im Beitrittsvertrag verankert, dass diese Schließungszusage primär­rechtlich verbindlich ist. Die slowakische Regierung hat sich dazu verpflichtet. Nun wird jedoch offenkundig daran gedacht, EU-Primärrecht, also das Verfassungsrecht, und den Beitrittsvertrag zu brechen. Und Sie haben dazu kein Wort gefunden!

Österreich hat übrigens für dieses Agreement auch gezahlt. Es gibt einen von der Kommission initiierten Ausstiegsfonds der EBRD, in dessen Rahmen 90 Millionen € für die Slowakei zur Verfügung gestellt worden sind. Es handelt sich also um ein zwei­seitiges Agreement: Abschalten gegen Geld. Dieses ist jedoch hiemit aufgekündigt worden, und wie es weitergeht, ist offen. Und auch wie es bei Ihnen weitergeht, ist offen.

Was waren jetzt die Reaktionen? – Für mich war Ihr Umgang damit immer nur die Spitze des Eisberges. Am Wochenende gab es wieder einmal einen Dammbruch. Das zieht sich eigentlich durch Ihre gesamte Politik, Herr Bundeskanzler, und das ist sehr enttäuschend! Sie sind schon sehr lange in der Bundesregierung, ungefähr gleich lange habe ich in der Umweltbewegung gearbeitet und musste feststellen: Das Thema hat Sie einfach nie interessiert.

Anti-Atompolitik und ernsthafte, starke Initiativen, sowohl auf europäischer als auch auf bilateraler Ebene, haben Sie nie gesetzt. Das Thema hatte für Sie nie Priorität. (Abg. Mag. Molterer: Wer hat die Temelín-Verhandlungen geführt? – Schüssel!) Wir mussten in Ihrer Amtszeit, Herr Bundeskanzler, in Österreich eine Niederlage nach der anderen mit ansehen. Im Jahr 1998, als Sie Außenminister waren, ist Mochovce Block 1 in Betrieb gegangen, ein Jahr später Mochovce Block 2. Im Jahr 2000 sind in Krško große Investitionen getätigt worden. Im Jahr 2000 ist Temelín 1 in Betrieb gegangen. Im Jahr 2001 ist Temelín 2 in Betrieb gegangen. – Das ist eine dermaßen verheerende, vernichtende Bilanz für jemanden, der seit 15 Jahren maßgeblich Außenpolitik und Umweltaußenpolitik bestimmt, dass ich es fast nicht beschreiben kann! (Zwischenruf des Abg. Freund.)

Es ist ein echtes Déjà-vu-Erlebnis! Jetzt wiederum steigert sich das Tempo. Jetzt wie­derum versucht man von Seiten der Atomlobby in der Slowakei und in Tschechien, wieder Terrain zu gewinnen. Und wieder schweigen Sie! Ich habe da ein echtes Déjà-vu-Erlebnis! Es war bei Temelín genauso. Sie haben geschwiegen bis zum Schluss, bis wenige Monate vor Inbetriebnahme, und als es viel zu spät war, haben Sie nur schwach reagiert. Und dann war es eben zu spät!

Jetzt haben wir die Ergebnisse: Es soll vier neue Reaktoren vor den österreichischen Grenzen geben, Herr Bundeskanzler! (Abg. Mag. Molterer: Sie haben jetzt Klima beschrieben, oder?) – Ich beschreibe auch die rot-schwarze Bundesregierung, in welcher der jetzige Bundeskanzler Dr. Schüssel Außenminister war. Selbstverständ­lich! Das waren die letzten zehn Jahre, und die Bilanz ist dramatisch.

Das Thema war Ihnen nie wirklich wichtig. Ich habe auch den Eindruck, dass Ihnen die Diskussion auf europäischer Ebene um die europäische Verfassung, die Konvents­diskussion, nicht wichtig war. Ihr Vertreter im Konvent Farnleitner hat im Hinblick auf den Verfassungsentwurf nie daran geglaubt, dass es eventuell möglich sein könnte, den Euratom-Vertrag aus der Verfassung herauszulösen. Diesbezüglich gab es einen grünen Vorstoß. Sie haben fast nicht daran geglaubt, dass das möglich ist. Aber unterstützt haben Sie uns bei den diesbezüglichen Bemühungen nicht!

Diese Bilanz des Scheiterns hat sich dieses Wochenende fortgesetzt, und die Reaktionen der anderen Regierungsmitglieder waren erschreckend. (Abg. Mag. Mol­terer: Nicht dieser Regierung! Das ist falsch!) Der Umwelt- oder Landwirtschafts­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 138

minister spricht angesichts dieser Ausbaupläne der slowakischen Regierung von voreiligen Reaktionen: Es handle sich vorerst um eine Einzelmeinung. Dann kündigt er einen intensiven Kommunikationsprozess an. Das kennen wir schon. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Die Außenministerin versteigt sich sogar dazu, von einer „absoluten Einzelmeinung“ zu sprechen. – Ich weiß nicht, was eine relative Einzelmeinung ist. Wenn Sie die Szene in der Slowakei ein bisschen beobachtet und die Position auch der Opposition und der politischen Elite betrachtet haben, dann werden sie feststellen können: Es ist dies keine Einzelmeinung! Ich weiß nicht, ob die Meinung eines Wirtschaftsministers, der den Beitrittsvertrag offenkundig in Frage stellt, als Einzelmeinung abgetan werden kann. Das ist ein Abwiegeln und Herunterspielen, jedoch in keiner Weise eine ganz klare Festlegung, wie sie hier zu treffen gewesen wäre. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wollten ja unbedingt, dass die beitreten!)

Die Außenministerin ist offensichtlich die Einzige – mit Ihnen gemeinsam, Herr Bun­deskanzler –, die tatsächlich glaubt, dass das eine Einzelmeinung ist, die man ab­wiegeln kann und nicht ernst nehmen muss. Wenn nicht unverzüglich sehr scharf, massiv und mit allen Möglichkeiten, die wir haben, von österreichischer Seite gegen diese Pläne vorgegangen wird, dann wird genau dasselbe passieren wie voriges Jahr bei Temelín, wo wir heute wiederum eine Niederlage hinnehmen müssen.

Vor einem Jahr waren nämlich genau dieselben Worte zu hören. Damals wurde dies nicht als „Einzelmeinung“, sondern als „Privatmeinung“ bezeichnet. Es war die „Privat­meinung“ des tschechischen Wirtschaftsministers, der angekündigt hat, man werde bis zu zwei, drei neue Blöcke in Temelín dazubauen. Ich habe damals genau dieselben Sätze gehört, ich kenne sie also schon. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben uns bei unserem Volksbegehren nicht unterstützt!) Einmal heißt es, es sei eine Privatmeinung, dann wird wiederum versichert, es sei eine Privatmeinung und es werde eh nichts passieren und so weiter. Ein paar Monate später ist jedoch genau dieser Vorschlag des damaligen tschechischen Industrieministers im Energiekonzept verankert und heute, Frau Kollegin Partik-Pablé, wurde angekündigt, dass noch binnen Jahresfrist Anträge auf Genehmigung von zwei zusätzlichen Blöcken am Standort Temelín gestellt werden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie tun nirgends mit, und dann stellen Sie sich hin und beschweren sich!)

Bravo, kann ich nur sagen. Bravo! Die Arbeit der letzten Monate war „hervorragend“: Abwiegeln, nicht ernst nehmen, der österreichischen Bevölkerung Beruhigungspillen verabreichen, aber keine konsequente Politik nach außen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist dies auch deswegen so bedauerlich, weil sich diese Situation nicht nur im bilateralen Verhältnis so dramatisch darstellt, sondern mittlerweile in ganz Europa. Aber auf dieser Ebene wird so vorgegangen: Abwiegeln und nicht ernst nehmen. Auf europäischer Ebene geht eine dramatische Renaissance der Nuklearenergie vor sich. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir wollten das bei den Beitrittsverhandlungen junktimieren!) Sie könnten das vielleicht ein bisschen mit beobachten, anstatt zu versuchen, mir irgendwie ins Wort zu fallen! Ich beschreibe eine sehr dramatische Situation. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie reden immer nur, aber wenn es etwas zu tun gibt, dann sind Sie nicht da!) – Lassen Sie mich jetzt weiterreden!

Wir haben in ganz Europa eine Renaissance der Atomenergie: In Finnland sollen ein fünfter und ein sechster Reaktor gebaut werden, in Bulgarien soll ein neuer Reaktor gebaut werden, in Frankreich wird wiederum darüber diskutiert, und bei der euro­päischen Verfassung sind wir meilenweit davon entfernt, so etwas wie einen euro­päischen Atomausstieg und eine Reform des Euratom-Vertrages zu schaffen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 139

Herr Bundeskanzler, ich möchte Sie fragen, was Sie in den letzen Wochen und Monaten eigentlich beigetragen haben. Die Initiativen, die es gegeben hat, haben sich für mich auf einer sehr, sehr diplomatischen, halbherzigen Ebene bewegt. Es wurden Briefe geschrieben, und da und dort hat es ein bisschen ein Gespräch gegeben. Es gab aber absolut nichts Kraftvolles, und die Spitze des Eisberges war: Unsere Initiative im Verfassungskonvent wurde nicht unterstützt. Ihr Vertreter, der an die Erfolglosigkeit dieses Vorstoßes geglaubt hat beziehungsweise fix davon überzeugt war, dass das nicht funktionieren kann, war dann sehr überrascht, dass man mit Einsatz, Engage­ment und Fachwissen und mit einem ordentlichen Lobbying-Konzept doch etwas erreichen kann.

Nach dem 13. und 14. Juni werden wir dann vielleicht wieder vor der Situation stehen, dass die Chance, die sich hier eröffnet hat, dass nämlich die Zusage, dass der Euratom-Vertrag tatsächlich aus der europäischen Verfassung herausgelöst wird, wieder rückgängig gemacht wird. In Anbetracht dessen frage ich Sie: Was ist da Ihre Arbeit? Was tun Sie diesbezüglich eigentlich? Was tut die Außenministerin in all diesen Fragen? – Ich kann keine ordentlichen, kraftvollen Initiativen wahrnehmen. Es ist auch für niemanden in Österreich nachvollziehbar, welche Position Sie tatsächlich dort vertreten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auf europäischer Ebene haben wir nicht nur mit all diesen neuen Kraftwerksbauten und mit der europäischen Verfassung ein großes Problem, sondern wir haben auch ein Problem, dass genau der große Vorstoß, die Revisionskonferenz, der jetzt notwendig wäre, von Ihnen nicht verfolgt wird. Ich sehe diesbezüglich keine Initiative. Der Euratom-Verfassungsvertrag muss jedenfalls revidiert beziehungsweise revisioniert werden, und ich warte mit großer Spannung auf Ihre Aktivitäten.

Auch im Hinblick auf die europäische Präsidentschaft, die nächstes Jahr ansteht, habe ich bislang von keiner einzigen Initiative gehört. (Abg. Mag. Molterer: Übernächstes Jahr!) – Danke für die Korrektur! Herr Bundeskanzler! Ich habe nichts darüber gehört, was Sie bei der Revision 2006 tatsächlich machen werden.

Ich muss noch einmal zusammenfassen: Sie haben seit Samstag die Dramatik der Situation nicht erkannt. Sie haben offensichtlich überhaupt kein Problem damit, dass das Risiko der österreichischen Bevölkerung gerade im Raum Wien und gerade in Ostösterreich verdoppelt wird, dass ein Kraftwerk, das als eines der gefährlichsten der Welt gilt, vertragsbrüchig nicht abgeschaltet werden soll, und Sie können keine nachvollziehbaren Initiativen auf europäischer Ebene nachweisen, dass Sie sich ernst­haft um die Revision des Euratom-Vertrages bemühen beziehungsweise die Initiativen der Grünen unterstützt hätten.

Daher bringen wir heute diesen Dringlichen Antrag ein. Die Punkte, um die es heute geht, sind sehr einfach, und es wäre eigentlich überhaupt kein Problem, das zu beschließen, durchzusetzen und auch umzusetzen, Herr Bundeskanzler!

Punkt 1 besagt, dass Sie dringend ersucht werden, der slowakischen Regierung unverzüglich eine offizielle Protestnote zu übermitteln, in welcher Sie klarstellen, dass diese Ausbaupläne von Österreich schlicht und ergreifend nicht akzeptiert werden. Es wäre das erste Mal in der Geschichte, dass Sie das in einer so frühen Phasen tun. Sonst war es nämlich immer zu spät, wenn überhaupt etwas geschehen ist. In dieser offiziellen Protestnote sollte selbstverständlich auch enthalten sein, dass Sie die Laufzeitverlängerung für Bohunice, welche vertragswidrig und rechtswidrig ist, nicht akzeptieren werden.

Weiters werden Sie aufgefordert, dass Sie auch im Rahmen der Europäischen Kom­mission ein ganz klares und unmissverständliches Nein zu Neuverhandlungen dieses


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 140

Beitrittsvertrages im Hinblick auf diese Verpflichtung der Slowakei aussprechen wer­den. (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, das tut nicht wirklich weh. Im Gegenteil: Dieses klare Nein auf europäischer Ebene, wie es von der Europäischen Kommission bereits gestern gekommen ist, das werden Sie, glaube ich, auch schaffen.

Dritter Punkt – und auch dieser ist wichtig im bilateralen Verhältnis –: Wir legen immer großen Wert darauf, dass die Staaten, die Atomkraftwerke betreiben, von Österreich auch massiv unterstützt werden in Richtung Energiepartnerschaften und Umstieg auf erneuerbare Systeme. Ich hoffe, dass die sehr, sehr bescheidene und mickrige Partnerschaft, die wir mit der Slowakei jetzt haben, deutlich ausgeweitet wird; auch das ist ein dringlicher Punkt in unserem Antrag.

Letzter Punkt: Herr Bundeskanzler! Ich wünsche mir von Ihnen und verlange von Ihnen, dass Sie, auch im Interesse der österreichischen Bevölkerung, das Thema Anti-Atompolitik und all die Arbeiten und all die Pflichten, die damit verbunden sind, endlich einmal ernst nehmen, und nicht immer Dringliche Anträge gestellt werden müssen, um Sie an Ihre Pflichten zu erinnern, die österreichische Bevölkerung zu schützen, alles zu unternehmen, was in diesem Zusammenhang möglich ist, und alle diplomatischen Möglichkeiten auf bilateraler und multilaterale Ebene auszuschöpfen, anstatt tagelang zu schweigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.17

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Parlament! Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, Sie werden, so glaube ich, im Hohen Hause und auch in der Bun­desregierung niemanden finden, der mit der Änderung des vorgesehenen Schließungs­datums von Bohunice oder mit einem Weiterbau von Mochovce einverstanden ist. Um das einmal von Anfang an klarzustellen: Diesbezüglich gibt es einen breiten Konsens zwischen uns allen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es kann jetzt also nicht darum gehen, dass Sie eine Konfrontation zwischen den verschiedenen Parteien entstehen lassen, die es nicht gibt, sondern es geht offensichtlich darum, der Regierung vorzuwerfen, wir hätten irgendetwas nicht getan, was menschenmöglich und realistisch drinnen gewesen wäre.

In Anbetracht dessen bitte ich Sie, Frau Doktor, dann aber ehrlicherweise zu sagen, was wir konkret anders machen sollen hätten, denn Sie waren immer diejenige – und das habe ich sehr respektiert –, die gesagt hat: Wir müssen gerade mit unseren Nach­barn in einer vernünftigen Form umgehen, wir dürfen nicht dauernd die Veto-Karte zücken, wir wollen die Nachbarländer hereinholen, und wir wollen im Verhandlungsweg sicherstellen, dass gefährliche Kraftwerke geschlossen beziehungsweise unsichere sicherer gemacht werden.

Das war eigentlich der Diskussionsstand, und wir haben in den letzten Jahren ver­sucht, genau das, so gut es geht und nach bestem Wissen und Gewissen, um­zusetzen. Ich bitte Sie also, jetzt auf Grund Ihrer berechtigten Entrüstung über die Ansagen des Herrn Ministers Rusko nicht zu übersehen, dass es auch andere Meinun­gen gegeben hat, die ebenfalls in der slowakischen Presse publiziert sind, dass die Kommission bereits Stellung bezogen hat und dass der österreichische Umweltminister und die österreichische Außenministerin Stellung bezogen haben. Auch ich werde meine Meinung gerne im Laufe der Diskussion hier dazu äußeren.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 141

Zu behaupten, Österreich hätte nichts gemacht, ist wirklich absurd! Das kann man nicht so stehen lassen: Wir haben im Jahr 1998 als EU-Vorsitzland durchgesetzt, dass das Thema der nuklearen Sicherheit erstmals in die Beitrittsverhandlungen mit den neuen Mitgliedstaaten aufgenommen wurde, und wir haben dafür gesorgt, dass die Sicherheit ein europäisches Thema wird. (Beifall bei der ÖVP.) Das heißt: Wir haben gehandelt, und von einem sechs Jahre dauernden Schweigen kann hier überhaupt nicht die Rede sein! Ganz im Gegenteil: Wir haben gehandelt, wir haben das Problem aufgegriffen, und wir haben etwas weitergebracht.

Außerdem lasse ich auch die zuständigen Regierungsmitglieder hier nicht hängen, ob das Außenministerin Benita Ferrero-Waldner oder Umweltminister Sepp Pröll ist. Benita Ferrero-Waldner hat sich sofort noch am Montag mit dem slowakischen Außenminister in Verbindung gesetzt. Gestern hat der österreichische Umweltminister einen Brief an seinen Kollegen gesandt und hat ihm die österreichische Haltung unmissverständlich klar gemacht.

Meine Damen und Herren! Für Österreich ist es ganz klar, dass der Beitrittsvertrag auf Punkt und Beistrich umgesetzt werden muss – daran darf es keinen Zweifel geben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie wollen, lese ich Ihnen diesen Beitrittsvertrag, den wir ja mit verhandelt haben, vor. Darin heißt es im Artikel 1, Protokoll Nummer 9 – das berühmte Protokoll – wörtlich:

„Die Slowakei verpflichtet sich, den Reaktor 1 des Kernkraftwerks Bohunice V1 spätes­tens zum 31. Dezember 2006 und den Reaktor 2 dieses Kernkraftwerks spätes­tens zum 31. Dezember 2008 abzuschalten und diese Reaktoren anschließend stillzu­legen.“

Artikel 2: Umgekehrt „stellt die Gemeinschaft der Slowakei eine zusätzliche Finanzhilfe“ „für den Zeitraum 2004 – 2006“ von „90 Mio. EUR an Verpflichtungsermächtigungen“ zur Verfügung, „die in gleichen jährlichen Tranchen zu binden sind“.

Das ist geltendes Recht. Das ist einklagbar! Und wenn Sie jetzt so tun, als hätte niemand dazu Stellung genommen, dann möchte ich Sie schon darauf aufmerksam machen, Frau Abgeordnete, dass nicht nur Österreich protestiert hat, sondern dass auch die Europäische Kommission – Filori, der Sprecher von Verheugen, und vor allem die für die Energiepolitik zuständige Kommissarin Loyola de Palacio – ausdrücklich dazu Stellung genommen hat. Es kann kein Neuverhandeln geben. Dieser Vertrag gilt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Überdies habe ich heute in der Früh Mikuláš Dzurinda, meinen slowakischen Amts­kollegen, angerufen und habe ihn gefragt: Wie ist denn das überhaupt, dass in der Regierung offensichtlich mehrere Meinungen vorherrschen? Außenminister Kukan sagt: Selbstverständlich stehen wir dazu, selbstverständlich gibt es keine derzeitigen Ausbaupläne für die weiteren beiden Blöcke von Mochovce. – Was gilt jetzt eigentlich?

Es ist völlig klar – und das hat mir heute Regierungskollege Dzurinda noch einmal versichert –: Es gilt natürlich der Beitrittsvertrag mit den Schließungsdaten. – Hören Sie daher auf, den Österreichern wieder einmal Angst zu machen! Vertrauen Sie darauf, dass die Zusagen, die die Union verhandelt hat und die schriftlich fixiert und beim Europäischen Gerichtshof einklagbar sind, auch wirklich eingehalten werden! Spielen Sie doch nicht das Spiel anderer – die kennen wir ja –, die immer wieder versucht haben, das Gleiche aufzuwärmen und einen kleinen innerpolitischen Konflikt dort zu konstruieren, wo keiner ist, Frau Abgeordnete! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 142

Ich sage Ihnen noch etwas dazu: Wir waren diejenigen – und darauf lege ich großen Wert –, die immer gesagt haben, dass in der neuen europäischen Verfassung oder im neuen europäischen Recht nicht einer Nation das Recht genommen werden kann, die Energieform auszusuchen, die sie haben will. Wir Österreicher haben uns aus guten Gründen gegen die Atomenergie, gegen die friedliche Nutzung der Kernkraft ent­schieden, und andere legen genauso Wert darauf, dass sie ihr Recht nicht beschnitten bekommen.

Das ist schon eine sehr prinzipielle Frage. Wenn Sie der Meinung sind, wir wollen das ändern, dann, bitte, müssen wir das einmal breit diskutieren! Nur sage ich Ihnen gleich dazu, weil Sie so tun, als ob im Konvent die Dinge hundertprozentig so gelaufen wären, wie Sie oder Kollege Voggenhuber es haben hätten wollen: Das ist ja über­haupt nicht wahr! Alles, was wir wiederum parteiübergreifend haben hätten wollen in Richtung Neuverhandeln des Euratom-Vertrags, in Richtung Revisionskonferenz, hat doch nicht stattgefunden, war doch nicht konsensfähig! – Und dann hier herzu­kommen und uns vorzuwerfen, dass sich die anderen diesem Konsens verweigert haben, das ist ein bisschen billig! Das haben Sie nicht notwendig, und ich glaube, die österreichische Öffentlichkeit verträgt es, darauf hingewiesen zu werden, dass wir unser Recht, keine Kernkraftwerke zu haben, genauso verteidigen wie andere ihre Haltung, dass sie ihre Kernkraftwerke nicht von vornherein abschalten.

Aber eines ist in den Verhandlungen erreicht worden: Wir haben mit Zähigkeit und mit sehr viel Beharrlichkeit durchgesetzt, dass drei Kernkraftwerke zugesperrt werden und dass fünf Kernkraftwerke – vor allem die in unserer unmittelbaren Nachbarschaft – wesentlich sicherer gemacht werden und dort Milliarden Schilling oder hunderte Mil­lionen € zur Sicherung investiert werden. Wir sind jetzt übrigens dabei, eine gemein­same Initiative unserer Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und dem – wie ich immer noch hoffe – noch grünen deutschen Außenminister Joseph Fischer dahin gehend zu setzen – einige Länder haben wir schon gewonnen –, dass wir eine Revisionskonferenz für den Euratom-Vertrag zustande bringen. – Vielleicht kann ich nachhelfen, wenn es innerparteilich, zwischenparteilich nicht so gut funktioniert. – Es geht um eine gemeinsame österreichisch-deutsche Initiative, an der immerhin Blaue, Schwarze, Grüne und, wie ich wohl annehme, auch Sozialdemokraten – in Deutsch­land sind diese durchaus an der Macht – mitwirken, um so etwas Vernünftiges gemeinsam zu verwirklichen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Auch in der Frage des neuen Themas – weil es ja noch keine Sicherheitsstandards innerhalb der Europäischen Union gibt, was ich sehr bedauere – ist immerhin erreicht worden, dass der Europäische Gerichtshof jetzt ein neues Erkenntnis ausgesprochen hat und die Sicherheitsfrage eine europäische Kompetenz wird. Das ist, so glaube ich, ein Punkt, der ganz wesentlich ist und der vor allem den Anfang eines Weges hin zu einheitlichen europäischen Sicherheitsstandards darstellt, die hoffentlich wiederum zustande kommen werden.

Ein letzter Punkt – weil ja in der Europa-Debatte immer wieder die gleichen Themen zur Sprache kommen; das Thema nukleare Sicherheit ist ja nur eines davon. Ich möchte auch hier noch einmal Folgendes klarstellen, was etwa die Verfügung über das österreichische Wasser betrifft: Wir waren diejenigen, die im Verfassungsvertrag und auch in früheren Beschlüssen – in Nizza, in Amsterdam – durchgesetzt haben, dass diesbezüglich die Einstimmigkeitsregel bleibt. Das war die Grundlage dafür, dass uns niemand in dieser Frage bevormunden kann: Wir entscheiden über unser Wasser – niemand anderer sonst! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Brinek: Das weiß aber der Swoboda!)

Wenn sich ein europäischer Wahlkämpfer heute öffentlich besorgt gezeigt und gemeint hat: Ja, aber dann kann man damit ein Geschäft machen!, dann möchte ich dem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 143

entgegenhalten: Entschuldigung, bitte, aber mit österreichischem Mineralwasser oder österreichischem Bier oder österreichischen Fruchtsäften werden wir doch hoffentlich noch ein Geschäft machen dürfen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Das ist ja gut!)

Das ist ja noch nicht eine unösterreichische Handlungsweise, dass es einige Firmen gibt, die davon ganz gut profitieren. Aber: Keine Privatisierung in diesem Bereich, keine Öffnung der Daseinsvorsorge, ganz im Gegenteil! Österreichische Initiative – vorige Woche wieder bestätigt vom irischen Ratsvorsitzenden –: Die Public Services, die öffentliche Daseinsvorsorge bleibt in der Verfügung der Länder, der Regionen oder – bei uns etwa – der Gemeinden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Genauso ist es bei den Transeuropäischen Netzen: Es wird vorgeworfen, wir haben zu wenig investiert. – Die Wahrheit ist: Wir haben um 50 Prozent mehr investiert! Vor dem Jahr 2000 war ein TEN-Projekt da, jetzt haben wir sechs TEN-Projekte noch dazu! Vor zwei Wochen hat Hubert Gorbach den gemeinsamen Vertrag mit Italien unterschrie­ben, wonach die Errichtung des Brenner-Basistunnels mit 6 Milliarden € in Gang gesetzt wird.

Österreich hat eine verpflichtende Gentechnik-Produktionskennzeichnung durchge­setzt, die seit letzter Woche in Kraft ist. – Wir haben die Sorgen der Menschen beim Arbeitsmarkt ernst genommen: Es gibt sieben Jahre Übergangsfrist. – Begrenzung des österreichischen EU-Beitrags mit 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. – Und: Die gemeinsamen Initiativen zur Asyl- und Sicherheitspolitik. (Abg. Mag. Mainoni: Das ist ein wichtiger Beitrag!) Sehr interessant: Seit dem Beitritt ist die Zahl der Asylwerber um zwei Drittel zurückgegangen. (Abg. Mag. Mainoni: Eben!)

Ich sage das deswegen, weil man daran sieht: Dieses Projekt Europa lebt! Es funktioniert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Und diejenigen, die an dieses Projekt glauben, die professionell damit arbeiten und mit den Institutionen arbeiten können, setzen auch mehr durch, auch für Österreich – und darum geht es am 13. Juni. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte ein. Gemäß der Geschäfts­ordnung darf kein Redner länger als 10 Minuten sprechen. Gesamtredezeit jedes Klubs: 25 Minuten.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. 10 Minuten Rede­zeit. – Bitte.

 


15.29

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Herr Minister! Ich habe Ihre Stellungnahme zu den von Kollegin Glawischnig vorgebrachten Fakten über die Atomkraftwerke an unseren Grenzen mit sehr viel Aufmerksamkeit verfolgt. Sie waren – ich sage es Ihnen ganz ehrlich – enttäuschend wie eh und je. (Abg. Dr. Fekter: Geh, geh, geh!)

Ihnen ist offensichtlich eines nicht bewusst, was man hier im Hohen Haus wahr­scheinlich noch einmal deutlich untermauern muss: Wenn diese Initiative des slowakischen Wirtschaftsministers auch nur Anklänge von Zustimmung findet (Abg. Mag. Molterer: Tut sie nicht!) oder wenn sie auf eine Mauer des Schweigens trifft, meine Damen und Herren (Abg. Mag. Molterer: Niemand schweigt! Jeder lehnt ab!), dann müssen wir mit einem Dammbruch in allen diesbezüglichen Belangen rechnen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 144

Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass auch in Bulgarien schon darüber diskutiert wird, dass man mit diesen Schließungsdaten ja nicht zu Rande kommt, weil man inzwischen noch gar nichts getan hat, um eine andere Energiezukunft im eigenen Land aufzubauen, dass man natürlich darüber verhandeln müssen wird, diesen Zeitraum noch einmal auszudehnen. Das Gleiche gilt natürlich auch für die baltischen Staaten.

Meine Damen und Herren! Wenn hier nicht sehr dezidiert und sehr klar – und wesent­lich stärker, als Sie, Herr Bundeskanzler, das formuliert haben – Grenzen für diese Initiativen gesetzt werden und diese ganz klar zurückgewiesen werden, dann öffnen Sie die Schleusen für eine riesige Welle von neuen Ausreden, Neuverhandlungen über die Nutzung der Atomkraft vor allem in den Beitrittsländern, aber auch in Europa überhaupt. (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Dammbruch wäre eine Katastrophe für die Energiezukunft Europas. Dieser Dammbruch würde die Entwicklungschancen für erneuerbare Energien schwerstens beeinträchtigen, und dieser Dammbruch würde auch dazu führen, dass alle Befürch­tungen in Sachen EURATOM wahr werden – Befürchtungen, die ich hier ganz klar noch einmal wiederholen möchte (Abg. Mag. Molterer: Sie fürchten, und der Bundes­kanzler handelt! Das ist der feine Unterschied!): Unter dem Deckmantel der Siche­rungsinvestitionen wird die Lebensdauer von Atomkraftwerken verlängert. Und es wird auch die Sicherheitsdebatte in der Europäischen Union ganz genau zu beobachten sein, denn, meine Damen und Herren, das, was derzeit unter dem großen Thema „atomare Sicherheit“ als Richtlinienvorschlag vorliegt, ist viel zu schwach, um über­haupt akzeptabel zu sein! Das ist unter dem Druck der Atomlobby zustande gekommen und würde uns keinen Schritt weiterhelfen.

Meine Damen und Herren! Es ist weiters und sehr zentral auch Folgendes zu beach­ten: Sie haben im Bereich der inneren Sicherheit mit Vehemenz vertreten, welche Maßnahmen alle getroffen werden müssen, um Terrorismusgefahren zu beschrän­ken. – Hier haben Sie ein enormes, gar nicht abschätzbares Gefährdungs­potential direkt vor der Haustüre. Wie Sie wissen, sind die in Diskussion stehenden Atomkraft­werke nicht gegen Unfälle oder terroristische Attacken, zum Beispiel aus der Luft, gesichert. Diese Gefahr aber wird ins Eckerl geschoben. Darum kümmert man sich nicht hinreichend.

Herr Minister! Hier handelt es sich wirklich um ein direktes Sicherheitsinteresse der österreichischen, aber auch der europäischen Bevölkerung. Hier spielen wir Vorrei­terinnen und Vorreiter für alle, die sich mit Recht von dieser Technologie bedroht fühlen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Sie haben gesagt, die Schließung sei Konsens. – Ja, noch! Sie ist noch Konsens (Abg. Mag. Molterer: ... ist sie immer Konsens!), wenn nicht ein Schritt nach dem anderen wieder nachgegeben wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, in Sachen EURATOM und europäische Verfassung wäre alles klar. – Haben Sie wahrgenommen, dass ein Versuch des Juristischen Dienstes stattgefunden hat (Abg. Mag. Molterer: Und für den haben wir auch Verantwortung, oder wie?), durch die Hintertür den EURATOM-Vertrag, den wir im Verfassungsprozess in der letzten Nacht mühsam aus dem Gesamtvorschlag herausgegliedert haben, wieder einzuschleusen? (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Kopf.)

Nehmen Sie – und hier muss ich auch unsere Außenministerin heftig kritisieren – auch die Haltung ein, dass es ohnedies nur eine Einzelmeinung ist, die wir vertreten, dass sich das eigentlich ohnedies nicht lohnt, weil wir ohnedies nur Gegner haben und uns


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 145

ohnedies keiner zuhört? – Das stimmt nicht! Es gibt andere Staaten, und vor allem in den Staaten Bevölkerungsgruppen, die höchstes Misstrauen und berechtigtes Miss­trauen gegen die Atomenergie haben. (Abg. Mag. Molterer: Also ich erinnere mich an die französischen Grünen, die die österreichischen Initiativen abgelehnt haben! Französische Grüne gegen österreichische ...atompolitik!)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie hier die französischen Grünen zitieren, Herr Kollege Molterer, dann könnte ich Ihnen jetzt in einer Redezeit von ungefähr 20 Minu­ten (Abg. Scheibner: Sie haben allerdings nur 10!) Vertreter Ihrer Volkspartei-Fraktion auf europäischer Ebene aufzählen, die vehemente Verteidiger und Befürworter der Atomenergie sind! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Was ist das für ein Argument?)

Sagen Sie einmal: Haben Sie irgendwie den Blick für das Gleichgewicht verloren? (Abg. Mag. Molterer: Was ist das für ein Argument?) Haben Sie den Blick dafür verloren, dass Sie in Ihrer Europäischen Volkspartei sich mittlerweile für alle Kräfte – auch die absolut anti-europäischen – aufgemacht haben, um nur ja später irgend­welche Mehrheiten zusammenzubringen? (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein! Will die wirklich ins Europäische Parlament?) – Herr Kollege Molterer! Wenn Sie die Europäische Volkspartei für so einen genialen Zusammenschluss von christlich-sozialen Parteien halten, dann schauen Sie sich bitte einmal die englischen Konser­vativen (Abg. Mag. Molterer: Die sind aber nicht Mitglied der Volkspartei!), schauen Sie sich bitte einmal die Partei Berlusconis an, dann werden Sie sehen, in welcher politischen Familie Sie sich befinden! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Die sind aber nicht Mitglied der EVP! – Ihnen fehlt das Grundwissen! Das darf nicht wahr sein!)

Sie zitieren Ihre Kolleginnen und Kollegen auf europäischer Ebene mit Begeisterung, und Sie sagen immer, dass das alles so vorzüglich funktionieren würde. Herr Molterer, da brauchen Sie jetzt nicht mit Worten zu spielen – ich kenne ihre Reden (Abg. Steibl: Das sind gute Reden! – Abg. Mag. Molterer: Toll!), aber vor allem die unserer Außenministerin und des Herrn Bundeskanzlers zu diesem Bereich. Schleichen Sie sich nicht aus Ihrer Verantwortung in Sachen EURATOM (Abg. Steibl: „Schleichen“? Was ist das für ein Wort? – Abg. Dr. Spindelegger: Seltsame Wortwahl!), denn hier hat Österreich – und das ist eine Verpflichtung gegenüber der Bevölkerung – eine Vorreiterrolle zu spielen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hier kann sich Österreich seiner Verantwortung nicht entledigen, und darauf lege ich Wert! Wir haben bis vor kurzem in Europa noch das Image gehabt: Ja, in bestimmten Fragen vertritt Österreich eine konsistente, konsequente Linie, die so etwas wie Nach­haltigkeit in der Politik auch umsetzt. – Herr Kollege Molterer! Dieses Image haben wir leider verloren! Es ist Ihre Partei und es sind die Freiheitlichen, die dafür die Verant­wortung tragen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Kopf.)

Wenn Sie in Sachen dieser Attacke auf den Beitrittsvertrag konsequent bleiben (Abg. Scheibner: Dass Sie so militärisch argumentieren, verwundert mich schon sehr!), können Sie vielleicht einen kleinen Teil dieser Glaubwürdigkeit wieder erringen, die auf europäischer Ebene weitgehend verloren gegangen ist. Sie befinden sich, wenn Sie hier nicht handeln (Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Peinlich ist das!), in einer vollkommen falschen Familie. (Abg. Mag. Molterer: Frau Lichtenberger, das ist doch Ihrer nicht würdig, was Sie da aufführen, ent­schuldigen Sie!) Sie befinden sich in Wirklichkeit auf einem Weg, den Sie schleunigst verlassen sollten, denn die österreichische Bevölkerung (Abg. Mag. Molterer: Frau Lichtenberger, das sind nicht Sie! – Ruf bei den Freiheitlichen: Oja! – Abg. Mag. Mol­terer: Das darf nicht wahr sein!) zählt auf Sie, was die Frage Schutz vor Atomgefahren und was den europäischen Ausstieg aus der Atomenergie betrifft. Aber es ist nicht nur


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 146

die österreichische Bevölkerung, es ist eine breite Mehrheit in allen europäischen Staaten, die Sicherheit vor den Gefahren der Atomenergie, vor der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie von ihren Regierungen garantiert haben will. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Abschluss: Mit einer Haltung dahin gehend, dass Österreich eine Einzelstimme erhebt, wenn es um die Frage der Atomenergie geht, schwächt man sich selbst! Und man vergrault auch alle Bündnispartnerinnen und Bündnispartner, die man in dieser Sache hat und haben kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Dann gehen Sie zurück ...! Dann verlassen Sie den Konsens nicht!)

15.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


15.39

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Cap: „Liebe Gemeinde!“ – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.) Es gibt mit Sicherheit kein Land, das konsequenter auf den Einsatz von Nuklearenergie im eigenen Land ver­zichtet hat (Abg. Öllinger: Die Bevölkerung!), nämlich sogar unter Nichtinbetrieb­nahme eines bereits fertig gebauten Atomkraftwerkes, und es gibt mit Sicherheit auch kein Land und keine Regierung in Europa, die engagierter für den Ausstieg Europas aus der Kernenergie kämpft! (Beifall bei der ÖVP.)

Und wir gehen dabei sehr oft an die Grenzen der Belastbarkeit bilateraler bezie­hungsweise auch multilateraler Beziehungen. Aber wir tun es aus Überzeugung, und wir tun es mit Nachhaltigkeit, ohne dass es in den letzten Jahren jemals auch nur irgendeine Abweichung von diesem Weg gegeben hätte. Und: Wir sind auch erfolg­reich dabei!

Denken Sie an Temelín! Denken Sie an das, was unser Bundeskanzler damals in Melk erreicht hat. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja, das sehen wir!) Umgeben von Ländern, in denen keinerlei Bewusstsein oder zumindest kein mehrheitliches Bewusstsein für die Nichtnutzung der Kernenergie wie bei uns herrscht, in so einem Umfeld ist es damals, unter Mithilfe auch unseres jetzigen Klubobmannes Willi Molterer, gelungen, den Tschechen ein Zugeständnis abzuringen, eine Vereinbarung zustande zu bringen, die derzeit minutiös, Punkt für Punkt abgearbeitet und von den Tschechen – und das muss man anerkennen! – auch eingehalten wird. (Abg. Dr. Lichtenberger: ... Ausbaupläne hat er erreicht!)

Meine Damen und Herren! Liebe Frau Glawischnig! Eines stört mich dabei aber schon: Wir haben bisher in diesem Haus immer oder zumindest weitestgehend einen Konsens gefunden, wenn es um Entschließungen, um Anträge gegangen ist, aber es ist unüber­hörbar – und wird jetzt in Wahlkampfzeiten leider missbräuchlich gemacht –, dass hier trotzdem versucht wird, die eine Partei als die bessere Anti-Atompartei, die anderen als die Bremser darzustellen, um dann aber wiederum die Einigkeit und den gemeinsamen Geist dieser Anti-Atompolitik zu beschwören. – So wird es nicht gehen! Das untergräbt unsere Glaubwürdigkeit, und nicht unser Bemühen. Das sei auch Frau Lichtenberger gesagt. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich frage Sie von den Grünen: Ihr Kollege in Deutschland, Joschka Fischer, ist einer von denen, die uns bei Temelín nicht besonders geholfen haben, im Gegensatz zu Stoiber in Bayern, der massiv an unserer Seite gekämpft hat. Wie oft haben Sie ihn angerufen, um ihn zu überzeugen, mit uns in unser Boot zu kommen – das würde mich einmal interessieren (Zwischenruf des Abg. Marizzi) –, statt hier mit zweideutigen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 147

Fragen so zu tun beziehungsweise zu versuchen, den Herrn Bundeskanzler in ein Licht zu bringen, als ob er und seine Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung nicht alles täten. (Abg. Dr. Glawischnig: Das war keine Frage, das war ein Antrag!) Ich fürchte, dass Sie sehr wenig getan haben, um Ihre Kollegen zu überzeugen und ins Boot zu holen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer: Welche Fragen waren zweideutig?)

Es ist tatsächlich bedauerlich, dass es in der EU bisher noch zu keinem Acquis gekommen ist, was die verbindlichen Sicherheitsstandards anbelangt. Frau Kollegin Lichtenberger! Es hat aber doch einen Grund, dass es noch zu keiner Einigung über diese unbefriedigende Vorlage für die einheitlichen Sicherheitsstandards gekommen ist: Weil nämlich unter anderem auch wir damit nicht einverstanden sind und sie nicht akzeptieren, weil wir eben strengere Regelungen wollen. Aber Sie werden uns doch nicht vorwerfen (Abg. Dr. Lichtenberger: Nein!), dass es noch zu keiner Regelung gekommen ist, wenn wir für eine bessere Regelung kämpfen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.)

Also ich verstehe Sie da nicht ganz! Es gibt keine Regelung, das ist Faktum. Es liegt ein Vorschlag vor, der ist nicht akzeptabel. Wir kämpfen für einen besseren Vor­schlag – und Sie kritisieren das! (Abg. Dr. Lichtenberger: Da muss ich Sie enttäu­schen! Aber wenn Sie es auf sich nehmen wollen – gerne!) Das müssen Sie mir irgendwann einmal erklären! Heute wird wahrscheinlich zu wenig Zeit dafür sein. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie haben nicht zugehört, Herr Kollege!)

Tatsache ist: Wir „fahren“ mit unserem dreigliedrigen, dreistufigen Konzept weiter. Wir kämpfen für die Schließung nicht nachrüstbarer Kraftwerke (Abg. Dr. Glawischnig: Wo denn?) – unter anderem, wie bereits in den Verträgen festgelegt, Ignalina, Bohunice, Kozloduj. (Abg. Dr. Van der Bellen: Mochovce nicht?) Wir kämpfen für die Schaffung einheitlicher hoher Sicherheitsstandards, und wir verfolgen weiterhin und mit aller Konsequenz das Ziel eines europaweiten Ausstieges.

Wenn sich ein Minister – und das ist nicht gering zu schätzen und auch nicht unter­zubewerten –, wenn sich ein Wirtschaftsminister eines Landes, das sich im Beitritts­vertrag mit Fristsetzung verpflichtet hat, zwei Reaktoren abzuschalten, jetzt so äußert, dann ist das, wenn er sagt, dass er es nicht einhalten will, ein Vertragsbruch, wenn er sagt, er will es nachverhandeln, dann ist das zwar aus seiner ganz persönlichen Sicht noch kein Vertragsbruch, aber es sei ihm, nämlich Herrn Minister Rusko, in aller Deutlichkeit gesagt: Er braucht sich nicht die Mühe zu machen, mit uns darüber zu reden, wir werden nicht bereit sein, auch nur einen Beistrich an dieser Vereinbarung zu ändern! – Und an dieser Haltung wird sich auch nichts ändern. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Walch.)

Das hat unser Umweltminister im Übrigen bereits schriftlich und in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Das hat unsere Außenministerin dem slowakischen Außen­minister mitgeteilt. Wir machen das in aller Form! Wir nehmen unter Einbindung aller Personen der Bundesregierung, die dafür zuständig sind, alle Möglichkeiten wahr, den Slowaken klar zu machen, dass mit uns in dieser Frage nicht zu spaßen ist.

Ich weiß nicht, wo Sie Ihre Kritik anknüpfen. Ich weiß nicht, wo Sie versuchen wollen, ein Haar in der Suppe zu finden. (Abg. Dr. Lichtenberger: Das ist kein Haar in der Suppe, das ist schon eine Perücke im Suppentopf!) Tatsache ist – noch einmal –: Es gibt in der gesamten EU kein Land, das engagierter und glaubwürdiger gegen den Einsatz der Kernenergie auftritt als Österreich!

Wir haben deshalb zu diesem Thema auch einen Entschließungsantrag vorbereitet – mein Kollege Wittauer wird ihn einbringen –, der diese Haltung und diese Strategie, die wir hier verfolgen, noch einmal zum Ausdruck bringt. Ich möchte Sie einladen, dem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 148

zuzustimmen. (Abg. Öllinger: Stimmen Sie unserem Antrag zu, das ist besser!) Und ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass irgendeine der Fraktionen in diesem Haus diesem Antrag nicht zustimmen kann. (Abg. Dr. Lichtenberger: Damit Sie ja nicht zustimmen müssen! Das ist kindisch ...!)

Im Sinne der vorher und auch sonst immer wieder beschworenen Einigkeit in dieser Frage lade ich Sie sehr, sehr herzlich ein, diesem Antrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Na geh!)

15.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Cap. Wunsch­redezeit: 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Lichtenberger – in Richtung ÖVP –: Das ist kindisch! – Abg. Mag. Molterer: Habt ihr mit uns verhandelt? – Abg. Dr. Lichtenber­ger: Sollen wir zu Ihnen wallfahren kommen? – Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

 


15.47

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte zunächst einmal ganz entschieden meinem Vorredner widersprechen, der soeben mehrmals behauptet hat, keine Regie­rung kümmere sich so sehr um den Atomausstieg wie die österreichische Bundes­regierung. – Das ist in jedem Punkt zu widerlegen!

Allein wenn ich mir die APA-Aussendung der EU-Kommission vom 25. Mai, 12.21 Uhr, Titel „Neuverhandlung zu AKW Bohunice ,kommt nicht in Frage‘“ ansehe, so kommt darin unter anderem auch ein Passus vor, in dem der Sprecher von Kommissar Verheugen sagt:

„Eine Abschaltung des AKW Mochovce war von Österreich im Zuge der Beitritts­verhandlungen mit der Slowakei übrigens auch nicht verlangt worden.“

Also das schaue ich mir an! (Abg. Mag. Molterer: Vier-Parteien-Einigung!) Was ist denn das für ein Eintreten für den Ausstieg aus der Atomenergie, wenn man ange­sichts so eines Kraftwerks, das noch in der Woronesch-Tradition – um einmal diesen Schreckbegriff zur Bezeichnung eines schadhaften Ost-AKWs zu verwenden – steht, bei den Beitrittsverhandlungen nicht darauf gedrungen hat, dass das in die Verträge aufgenommen wird, genauso wie die Abschaltung von Reaktor 1 und 2 von Bohunice? Wo bitte schön ist da das vehemente Eintreten gegen die Atomenergie?

Es hat also mein Vorredner bewusst die Unwahrheit gesprochen, und ich kann daher nur Protest gegen die Verbreitung dieser „Information“ einlegen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wäre die Bundesregierung wirklich daran interessiert, dass es einen Ausstieg aus der Atomenergie gibt, dann hätte sie sich längst schon dafür eingesetzt, dass es die Einrichtung einer europaweiten Volksabstimmung gibt. Das wird übrigens jetzt auch im Zusammenhang mit möglichen Volksabstimmungen in Bezug auf die EU-Verfassung diskutiert. Einzelne Länder denken darüber nach, solche Abstimmungen auf nationaler Ebene durchzuführen. Aber man könnte natürlich auch eine europaweite Volksabstim­mung als Einrichtung nicht nur einführen, sondern dies zugleich auch mit einer Abstimmung über den Ausstieg aus der Atomenergie verbinden. (Abg. Mag. Molterer: Was ist, wenn die negativ ausgeht? Was machen Sie dann?)

Dafür muss man sich natürlich einsetzen! Man muss natürlich darauf schauen, dass es eine Mehrheit dafür gibt. Dafür muss man natürlich etwas tun! Aber es geschieht nichts, weil es die österreichische Bundesregierung verabsäumt hat, auch wirklich Schritte zu setzen und sich auch wirklich für diese Einrichtung einzusetzen.

Ich bringe daher bei dieser Gelegenheit folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 149

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Mag. Ulli Sima und KollegInnen betreffend das Instrument einer EU-weiten Volksabstimmung und die Abhaltung einer solchen Volks­abstimmung über einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der Regierungskonferenz für eine Erweiterung des Grundsatzes der partizipativen Demokratie (Teil I, Artikel 46) einzu­treten und sich für die Verankerung des Instruments einer EU-weiten Volksabstimmung einzusetzen. Angesichts der vielfältigen Gefahren, die mit der Nutzung der Kernenergie verbunden sind, wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang weiters ersucht, in der EU für die Abhaltung einer europaweiten Volksabstimmung über den Ausstieg aus der Atomenergie einzutreten.

*****

Sie wissen, dass die Mehrheit der Mitgliedsländer der Europäischen Union längst schon ausgestiegen ist beziehungsweise weitere Länder auf dem Weg zum Ausstieg sind. Die Atomlobby jedoch versucht natürlich über die Hintertüre der EuratoM-Verträge und der Kredite – unter dem Titel der so genannten Umrüstung von Ost- in Weststandards und „mehr Sicherheitsstandards“ – die Atomenergie in Wirklichkeit auszubauen und wieder salonfähig zu machen. Daher muss man eben überlegen, ob es eine Möglichkeit gibt, da langfristig gesehen auszusteigen, damit nicht Gelder der österreichischen SteuerzahlerInnen missbräuchlich zur Aufrüstung von Atomkraftwer­ken verwendet werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie reden schon sechs Minuten – und es ist noch nicht geklatscht worden! Sechs Minuten!)

Herr Bundeskanzler, Sie hätten natürlich auch die Möglichkeit, gleich jetzt schon der Slowakei zu signalisieren: Wenn dieser Teil des Beitrittsvertrages, der Bohunice betrifft, nicht eingehalten wird, gibt es Klagen, dann sehen wir uns wieder beim Euro­päischen Gerichtshof! Wir müssen eindeutig signalisieren, dass wir das – im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, und zwar nicht nur der in der Grenzregion, denn bei so einem atomaren Unfall kann es zu einer großflächigen Katastrophe kommen – nicht zulassen werden! Aber auch da, Herr Bundeskanzler, sind Sie säumig! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Frei­heitlichen.)

Schauen Sie: Diese spezielle Form des „Atom-Pragmatismus“, den Sie da entwickeln, wobei ja das fast schon eine ... (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wenn Sie sagen, unser Recht, keine AKW zu bauen, werden wir mit Zähnen und Klauen verteidigen, so, wie die anderen ihr Recht verteidigen, ein AKW zu bauen, so ist das keine Botschaft für den Ausstieg aus der Atomenergie! Das möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit schon sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Letztes, weil Sie das Wasser angesprochen haben: Herr Bundeskanzler, seien S’ mir nicht bös’, aber ich möchte Sie doch daran erinnern (Bundeskanzler Dr. Schüssel spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Mag. Molterer. – Abg. Schieder: Der Bundeskanzler tratscht! – Abg. Dr. Gusenbauer: Der Bundeskanzler schwätzt!), dass es im Europa-Parlament, und zwar am 11. März 2004, eine Abstim­mung gegeben hat; ich erinnere nur an den so genannten Miller-Bericht. (Zwischen­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 150

bemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.) – Die Verhaltensform der ÖVP-Fraktion müssen Sie doch gewusst haben!

Bei dieser Abstimmung ist es darum gegangen, ob die Wasserressourcen den Regeln des Binnenmarktes unterworfen werden sollen oder nicht. Eine knappe Mehrheit hat sich dagegen ausgesprochen: Das darf also nicht den Binnenmarktregeln unterliegen.

Die ÖVP-Abgeordneten waren dafür, dass das Wasser diesen Binnenmarktregeln unterliegt! (Pfui-Rufe bei der SPÖ. – Widerspruch bei der ÖVP. – Abg. Mag. Molterer: Tatsächliche Berichtigung!) Damit ist die ÖVP für die Privatisierung unseres Wassers! Das ist die Wahrheit! Das hat sich eindeutig dargestellt, und dagegen müssen wir massivst auftreten! (Beifall bei der SPÖ.)

Eine kleine Randbemerkung dazu: Ein gewisser Hans-Peter Martin hat sich auch in dieser Frage, obwohl er da eher zufällig im EU-Parlament anwesend war, der Stimme enthalten (Ruf bei der ÖVP: Genosse!); ein so genannter Meinungsloser, der mit dem Wasser weder so noch so etwas anfangen kann. – Jedenfalls war das ein ganz wich­tiges Signal, und ich sage Ihnen von der ÖVP nur: Da sind Sie einmal mehr auf der falschen Seite gestanden! (Ruf bei der SPÖ: Sehr richtig!)

Bei uns von der SPÖ hingegen gibt es da kein Ruckeln und Zuckeln, denn unser Wasser ist eine ganz ernste Sache! Da kann man auch nicht diesen „Wasser-Pragmatismus“ entwickeln, Herr Bundeskanzler (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Was ist das?), so unter dem Motto, wie Sie das ja auch beim „Atom-Pragmatismus“ ge­macht haben (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Dr. Schüssel), sondern auch in dieser Frage ist mehr Engagement für die Österreicherinnen und Österreicher ange­sagt! (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Kein Bier mehr!) Und wir werden Sie dazu anhalten! (Beifall bei der SPÖ. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Was ist der „Wasser-Pragmatismus“?)

15.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der zuvor vorgetragene Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Mag. Ulli Sima und KollegInnen betreffend das Instrument einer EU-weiten Volksabstimmung und die Abhaltung einer solchen Volks­abstimmung über einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie, eingebracht im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag der Abgeordneten Glawischnig, Lichten­berger, Van der Bellen an den Bundeskanzler betreffend Schweigen und Untätigkeit zu den Ausbauplänen der slowakischen Regierung bezüglich Mochovce, der Lebens­zeitverlängerung von Bohunice V1 sowie dem Europäischen Atomausstieg

Im Entwurf des Vertrags über eine Verfassung für Europa ist die Verankerung des Grundsatzes der partizipativen Demokratie vorgesehen (Teil I, Artikel 46). Zusätzlich zu dem bislang vorgesehenen Instrument des Volksbegehrens auf europäischer Ebene sollte in den laufenden Verhandlungen im Rahmen der Regierungskonferenz auch das Instrument der Volksabstimmung auf europäischer Ebene, sofern europäische Fragen betroffen sind, verankert werden. Dies würde dem Wunsch der europäischen Bürger nach Mitbestimmung verstärkt Rechnung tragen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 151

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, im Rahmen der Regierungskonferenz für eine Er­weiterung des Grundsatzes der partizipativen Demokratie (Teil I, Artikel 46) einzutreten und sich für die Verankerung des Instruments einer EU-weiten Volksabstimmung einzusetzen. Angesichts der vielfältigen Gefahren, die mit der Nutzung der Kernenergie verbunden sind, wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang weiters ersucht, in der EU für die Abhaltung einer europaweiten Volksabstimmung über den Ausstieg aus der Atomenergie einzutreten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Molterer zu Wort gemeldet. – Herr Magister, Sie kennen die Geschäftsordnung; Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Gusenbauer: Jetzt kommt wieder das Brackwasser!)

 


15.54

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Kollege Cap hat behauptet, die ÖVP-Abgeordneten hätten für die Privatisierung des Wassers ge­stimmt. – Das ist falsch!

Ich berichtige: Die ÖVP-Abgeordneten haben, und zwar erfolgreich, für die Ein­stimmigkeit gekämpft! Daher: Das Wasser bleibt rot-weiß-rot! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Walch. – Abg. Dr. Glawischnig: Aber für EURATOM haben Sie gestimmt! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

 


15.54

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Minister! Ich weiß nicht, worüber sich die Sozialdemokraten hier eigentlich aufre­gen (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch): Die Einzigen, und zwar die Allereinzigen, die immer für das Wasser in österreichischer Hand gekämpft haben, waren wir Freiheit­lichen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Und wir Freiheitlichen haben diese Bundesregierung, also den restlichen Teil, davon überzeugt, dass das auch die Linie von ganz Österreich sein soll, und das haben wir immer so weitertransportiert! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen. – Abg. Mag. Posch: Wasser predigen und Wein trinken!)

Zur Position der Sozialdemokraten: Da gibt es den Bürgermeister von St. Veit, Mock heißt er, der das Wasser verscheppern wollte über Cross Border Leasing! (Abg. Dr. Cap: Sind Sie für das Brackwasser?) Die SPÖ also: Scheinheilig in den eigenen Reihen – und auf der anderen Seite ein Geschäft machen wollen mit unserem öster­reichischen Wasser!

Wir von den Freiheitlichen sind dafür, dass das Wasser nicht verkauft wird, dass die Wasserressourcen in Österreich bleiben, und wir werden auch der Garant dafür sein, dass das Wasser geschützt wird!

Wir reden aber heute nicht über das Wasser – hier wird offensichtlich Wahlkampf zu führen versucht –, sondern über die Anti-Atompolitik dieser Regierung; gerade auch


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 152

der von uns Freiheitlichen. Heute bekommen wir Freiheitlichen wieder einmal Recht: Wir waren diejenigen, die sehr kritisch darauf hingewiesen haben, was ein Beitritt der zehn neuen EU-Länder auch bedeuten kann, obwohl wir grundsätzlich selbst­verständlich für die EU-Erweiterung sind. Wir wollten daher – mit zwei Gegenstim­men – ein Zeichen setzen, aber ich sage Ihnen: Durch das, was geschehen ist mit Tschechien und der Slowakei, hat die Atom-Lobby zwei Stimmen dazu bekommen.

Was haben gerade die Abgeordneten von den Grünen immer gesagt? – Man muss diskutieren, man muss reden, man muss versuchen, in Verhandlungen etwas zu erreichen! – Heute gehen jedoch Sie, Frau Abgeordnete Glawischnig, hier heraus und sagen, man müsse massiv auftreten gegen die Slowakei, man müsse massiv dagegen etwas unternehmen, man müsse Kontakt mit bestimmten Leuten aufnehmen, et cetera.

Ich kann Ihnen dazu eines sagen. Diese Bundesregierung hat sofort reagiert! Unser Vizekanzler Gorbach hat sofort reagiert, auch der Umweltminister, auch der Bundes­kanzler, auch die Außenministerin. Diese Regierung passt schon auf, dass die Ver­träge aus den Beitrittsverhandlungen eingehalten werden. (Abg. Reheis: Das sehen wir! Ja!)

Und: Wir sind wahrscheinlich die Einzigen, die das ernst nehmen und dieses Thema ansprechen. Für uns war es keine Glaubensfrage, dass Europa größer oder kleiner ist, sondern für uns war es eine Glaubensfrage, die Ängste der Bevölkerung ernst zu nehmen! Gerade Temelín und gerade die Slowakei mit ihrer Atompolitik waren ein großes Hindernis in unseren Bestrebungen, und das hat letztendlich auch dazu geführt, dass wir gewisse Schwierigkeiten hatten, dieser EU-Erweiterung zuzustimmen.

Die Grünen betreiben gerade in diesem Fall eine scheinheilige Anti-Atompolitik, und ich erinnere nur an Folgendes: Vor kurzem haben wir einen Antrag eingebracht, bei dem Ihre Zustimmung nur an ganz „kleinen“ Worten gescheitert ist. Die Grünen haben nicht zugestimmt. (Abg. Dr. Glawischnig: Das waren nicht zwei kleine Worte, das waren zwei Milliarden €!) Bezüglich EURATOM, wo wir sicherstellen wollten, dass Gelder österreichischer Steuerzahler nicht in solche Projekte fließen, haben Sie von den Grünen nicht zugestimmt! (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger.)

Ich darf Sie von den Grünen also daran erinnern, dass Sie heute einen differenzierten Kurs fahren. Früher war es bei diesem Thema so: vier Parteien/eine Meinung. Vier Parteien haben gemeinsam versucht, eine starke Position aufzubauen. Diesen Kurs haben Sie von den Grünen verlassen: auf Kosten von Wählerstimmen, wie ich meine, denn wir werden klar aufzeigen, dass das der falsche Weg ist! (Ruf bei den Frei­heitlichen: Jawohl!) Hier herauszugehen und populistische Politik zu betreiben, und zwar auf Kosten der Bürger, das ist Ihre Politik!

Dazu auch noch: Gerade unser freiheitlicher EU-Spitzenkandidat Hans Kronberger (Abg. Mag. Posch: Ist das nicht der Mölzer?) hat gerade in dieser Frage ganz klare Antworten gegeben; ich darf daraus zitieren (Zwischenrufe bei der SPÖ):

FPÖ-Spitzenkandidat Hans Kronberger, der in seinem Wahlkampf einen prononcierten Anti-Atomstromkurs fährt, reagiert noch schärfer: „Zuerst der Ausbau vom Mochovce, jetzt die Nichtstilllegung von Bohunice – wie weit geht die Frechheit der slowakischen Regierung noch?“ – Zitat unseres Spitzenkandidaten.

Hans Kronberger hat auf europäischer Ebene immer für diese Sache gekämpft, etwas, das ich bei den Grünen vermisse. In vielen Abstimmungen, auch bei denen im Europäischen Parlament, sind Sie von den Grünen keinen solchen Kurs gefahren!

Wir von den Regierungsparteien haben bereits x solcher Anträge gemeinsam einge­bracht, und wir werden auch diesmal einen solchen einbringen, mit dem sich diese Regierung selbst verpflichtet; ich möchte ihn nun verlesen. Damit ist Ihr Antrag


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 153

hinfällig, weil dieser unser Antrag der bessere ist, und Sie von den Grünen werden diesen unseren Antrag daher sicherlich unterstützen, die Sozialdemokraten sicherlich auch, um eben gemeinsam zu versuchen, die Slowakei sowie auch andere Staaten dazu zu bringen, eine andere Atompolitik zu betreiben.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Wittauer, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bekräftigung der bisherigen österreichischen Anti-Atompolitik

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat

bekräftigt die ,Drei-Stufen-Strategie‘ der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Kernenergie

Schließung von nicht nachrüstbaren Kernkraftwerken

Schaffung europaweit einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards für noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke

Konsequente Verfolgung eines europaweiten Ausstieges aus der Nutzung der Kern­kraft;

unterstützt die Initiativen der Bundesregierung zur Schaffung hoher europäischer Sicherheitsstandards;“ –

Diesen Weg hat, so meine ich, diese Regierung immer verfolgt: zu schauen, dass die Sicherheitsstandards auch gewährleistet sind. Und das, wie wir vorhin gehört haben, auch mit Erfolg auf europäischer Ebene. –

„unterstützt die Bundesregierung in ihrer Haltung, die energetische Nutzung der Kernenergie weder als kompatibel mit den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung noch als geeignete Maßnahme zur Erreichung von Klimaschutzzielen anzusetzen;

begrüßt die bereits vom Vizekanzler, dem Bundesminister für Land- und Forstwirt­schaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft sowie von der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten bezüglich der Vorstöße des slowakischen Wirtschaftsministers Rusko vorgenommenen Interventionen

und ersucht die Bundesregierung,

geeignete Maßnahmen gegen den Ausbau der Kernenergie im Allgemeinen und gegen eine Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des KKW Mochovce zu setzen und

mit Nachdruck auf einer vollständigen und vollinhaltlichen Umsetzung der im Beitritts­vertrag verankerten Schließungsverpflichtungen insbesondere für das Kernkraftwerk Bohunice V-1 in der Slowakischen Republik zu bestehen,

deutlich zu machen, dass die Kernenergie keine ,saubere‘ Energieform darstellt und nicht mit den Prinzipien und Prioritäten einer nachhaltigen und aufrechterhaltbaren Ent­wicklung in Einklang zu bringen ist,

insbesondere“ – und das war auch immer eine Forderung von der Opposition, die wir natürlich unterstützt haben – „die ,Energiepartnerschaften‘ mit den neuen Mitglieds­staaten, Beitrittskandidaten und mit Reformstaaten Zentral- und Osteuropas konse­quent fortzusetzen; so wie in der Vergangenheit und nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sowohl Österreich als auch die Slowakische Republik sich der Herausforderung stellen müssen, nationale Energiepolitik im Rahmen eines liberalisierten europäischen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 154

Energiemarktes umzusetzen, auch weiterhin mit der Slowakischen Republik in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger zusammenzuarbeiten.“

*****

Frau Abgeordnete Glawischnig, wenn Sie das nicht unterstützen, dann ist es besser, Sie verlassen das Parlament. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

16.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Wittauer soeben einge­brachte Antrag der Abgeordneten Wittauer, Kopf betreffend die Bekräftigung der bis­herigen österreichischen Anti-Atompolitik ist hinreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Da dieser Antrag sehr umfangreich ist, ersuche ich die Parlamentsdirektion, ihn zu vervielfältigen und zu verteilen. (Abg. Mag. Posch: Herr Präsident! Der letzte Satz von Herrn Wittauer war eigentlich ordnungsruffähig!)

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Klaus Wittauer, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Bekräftigung der bisherigen österreichischen Anti-Atompolitik, eingebracht in der 61. Nationalratssitzung am 26. Mai 2004 im Zuge der Debatte zum Tagesord­nungs­punkt Dringlicher Antrag

Eingangs ist festzuhalten, dass die österreichische Nuklearpolitik auch in Bezug auf die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu gelten hat. Es sei daran erinnert, dass Österreich nukleare Sicherheit zu einem wesentlichen Thema des Erweiterungs­prozesses gemacht und sich bereits zu Beginn der 90er Jahre intensiv mit dem KKW Bohunice in der Slowakischen Republik befasst hat.

Insbesondere auf Initiative Österreichs sind Ende 1999 jene Beitrittskandidaten, die Reaktoren der ersten Generation sowjetischer Bauart betreiben, Schließungs­verpflich­tungen eingegangen. Die Schließungsverpflichtung für das KKW Bohunice V-1 in der Slowakischen Republik wurde schließlich in einem Protokoll zur Beitrittsakte verankert, wobei „der Reaktor 1 des Kernkraftwerks Bohunice V1 spätestens zum 31. Dezember 2006 und der Reaktor 2 dieses Kernkraftwerks spätestens zum 31. Dezember 2008 abzuschalten und diese Reaktoren anschließend stillzulegen“ sind.

Am Standort Mochovce in der Slowakischen Republik befinden sich zwei Reaktoren im kommerziellen Betrieb und zwei weitere in Bau. Hinsichtlich der Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 ist nach wie vor noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Im Jahr 2000 beschloss die Regierung der slowakischen Republik zwar keine wie auch immer geartete staatliche Unterstützung für eine allfällige Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 zu leisten, der gegenwärtige Wirtschaftsminister Rusko hat jedoch erstmals im Herbst 2003 die Fertigstellung der beiden Blöcke zu einem vorrangigen Ziel erklärt.

Aktuelle Entwicklungen, insbesondere die neuerlichen Vorstöße des slowakischen Wirtschaftsministers Rusko zur Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des KKW Mochovce sowie dessen Infragestellen der Schließungsverpflichtungen für das KKW Bohunice V-1, geben nun Anlass für klare diesbezügliche Reaktionen Österreichs.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 155

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Nationalrat

bekräftigt die „Drei Stufen Strategie“ der Bundesregierung zum Ausstieg aus der Kernenergie:

Schließung von nicht nachrüstbaren Kernkraftwerken wie z.B. der Reaktoren der ersten Generation sowjetischer Bauart in Ignalina, Bohunice und Kosloduj,

Schaffung europaweit einheitlicher und hoher Sicherheitsstandards für noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke,

Konsequente Verfolgung eines europaweiten Ausstiegs aus der Nutzung der Kernkraft;

unterstützt die Initiativen der Bundesregierung zur Schaffung hoher europäischer Sicherheitsstandards;

unterstützt die Bundesregierung in ihrer Haltung, die energetische Nutzung der Kern­energie weder als kompatibel mit den Prinzipien nachhaltiger Entwicklung noch als geeignete Maßnahme zur Erreichung von Klimaschutzzielen anzusetzen;

begrüßt die bereits vom Vizekanzler, dem Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie von der Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten bezüglich der Vorstöße des slowakischen Wirtschafts­ministers Rusko vorgenommenen Interventionen

und ersucht die Bundesregierung

geeignete Maßnahmen gegen einen Ausbau der Kernenergie im Allgemeinen und gegen eine Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 des KKW Mochovce zu setzen und

mit Nachdruck auf einer vollständigen und vollinhaltlichen Umsetzung der im Beitritts­vertrag verankerten Schließungsverpflichtungen insbesondere für das Kernkraftwerk Bohunice V-1 in der Slowakischen Republik zu bestehen,

deutlich zu machen, dass die Kernenergie keine „saubere“ Energieform darstellt und nicht mit den Prinzipien und Prioritäten einer nachhaltigen und aufrechterhaltbaren Ent­wicklung in Einklang zu bringen ist,

insbesondere die „Energiepartnerschaften“ mit den neuen Mitgliedsstaaten, Beitritts­kandidaten und mit Reformstaaten Zentral- und Osteuropas konsequent fortzusetzen; so wie in der Vergangenheit und nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass sowohl Österreich, als auch die Slowakische Republik sich der Herausforderung stellen müs­sen, nationale Energiepolitik im Rahmen eines liberalisierten europäischen Ener­giemarktes umzusetzen, auch weiterhin mit der Slowakischen Republik in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger zusammenzuarbeiten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Mag. Posch: Das war


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 156

ein tief herabwürdigender Schlusssatz des Herrn Abgeordneten Wittauer, und ich wundere mich sehr, dass Sie ihm keinen Ordnungsruf erteilen!)

 


16.03

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, Herr Kollege Wittauer, dass Sie einen Antrag einbringen, der den Titel trägt: „Bekräftigung der bisherigen österreichischen Anti-Atompolitik“. – Sie sind offensichtlich noch nicht lange genug hier im Parlament, um zu wissen, dass das, was heute „bekräftigt“ werden soll, mindestens seit dem 10. Juli 1997 in detaillierterer, beschlossener Form hier aufliegt. Das haben wir alles schon beschlossen – weshalb sollen wir es noch einmal beschließen? (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben sogar viel mehr beschlossen – ich lese es Ihnen dann vor –, aber was vor allem fehlt und somit auch Anlass für unseren Dringlichen Antrag ist, ist die Ab­rechnung mit Ihrer gesamten Atompolitik, ist die Umsetzung, ist die Konkretisierung, ist eine Offensive in Richtung Anti-AKW-Politik auf europäischer Ebene.

Ich darf auf zwei kleine Details eingehen, weil Sie von Scheinheiligkeit gesprochen haben, Herr Abgeordneter Wittauer. Erklären Sie mir bitte einmal, weshalb das Land Kärnten zum Beispiel sein Energieversorgungsunternehmen an die RWE verkauft und damit auch gleichzeitig die Wasserversorgungsrechte an die RWE veräußert. Erklären Sie mir das einmal! – Das war nur ein kleiner konkreter Hinweis auf die so genannte Wasserpolitik von Landesregierungen, teilweise auch von Bundesregierungen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein zweiter Hinweis, Herr Kollege Wittauer: Bitte, schauen Sie sich noch einmal Ihr blau-rotes Regierungsübereinkommen in Kärnten an. – Keine Zeile, keine Silbe, kein Wort zu Krško! Nichts! Keinerlei landespolitische Initiative gegen ein grenznahes AKW, das beileibe nicht ungefährlich ist, das sicher die Dimension von Mochovce hat. Sie ignorieren es. Sie ignorieren es teilweise noch mehr, als die Bundesregierung atom­politisch vieles ignoriert. – Das nur, damit Sie einmal vor der eigenen Türe kehren können.

Nun zum Generellen. Herr Bundeskanzler und vor allem auch Herr Klubobmann Molterer! EURATOM – das ist ein großer Streitpunkt zwischen unseren Parteien, wie man mit diesem fossilen Energievertrag, mit diesem fossilen Grundvertrag der RWE – früher der EWG – zu Rande kommen kann. Wir sind für den Ausstieg, wir sind für die Entsorgung dieses Vertrages. Ihre Abgeordneten im Europäischen Parlament aber haben in zweiter und dritter Lesung eine Verlängerung dieses Vertrages ermöglicht, eine Konkretisierung dieses Vertrages in atomenergiepolitischer Hinsicht ermöglicht. – Ihre Abgeordneten waren das! Das ist Ihre EU-Politik, das ist Ihre AKW-Politik!

Das sind beinharte Fakten, die zeigen, dass Sie das nicht ernst nehmen, was wir in diesem Nationalrat schon oft und lange besprochen und beschlossen haben, nämlich: ein kernkraftwerkfreies Mitteleuropa und ein ganz konkretes Szenario, wie wir das erreichen können.

Herr Bundeskanzler, eine kleine Frage an Sie, ein kleines Quiz für Sie; vielleicht sind Sie atompolitisch doch ein bisschen bewandert. Die Frage lautet: Aus welchem Jahr stammt der letzte Bericht des Bundeskanzleramtes zum Themenbereich Kernenergie­politik, Fortschrittsbericht zur Entschließung des Nationalrates? Aus welchem Jahr, Herr Bundeskanzler? Es war der letzte Bericht, den wir von einem Bundeskanzler bekommen haben. – Sie wissen es nicht? Sie senken in betretenem Schweigen den Kopf.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 157

Ich darf die Frage selbst beantworten, Herr Bundeskanzler! Der letzte Bericht stammt aus dem Jahr 1998! (Abg. Mag. Molterer: Wie hieß der Bundeskanzler?) – Bun­deskanzler Klima hat einen Bericht vorgelegt; Frau Kollegin Prammer war damals maßgeblich dafür verantwortlich. Sie hat diesen Bericht, soweit ich mich entsinnen kann – damals war ich sehr kritisch – auch veranlasst. Nur, Herr Bundeskanzler, Sie haben das alles ad acta gelegt. Ich weiß, das war immer Ihre Politik, schon als Außen­minister: Atompolitik ist etwas Brandheißes, da riskiert man bilateral gute Beziehungen, da kommt man mit den Nachbarn vielleicht doch einmal in ein Streitgespräch. Dieses Thema war Ihnen unangenehm.

Sie mussten dann auch mit unseren nördlichen Nachbarn sprechen, Stichwort Temelίn, aber Sie haben die konkrete Weiter- und Fortschreibung einer österreichischen Anti-AKW-Politik verabsäumt.

Und darauf, was Sie heute gemacht haben, bezieht sich unser Hauptvorwurf. Nicht nur, dass Sie nicht fortschreiben, ja Sie schweigen sogar, wenn es beinahe direkt an der Grenze in der Slowakei zu einem Wiederaufleben völlig veralteter Kraftwerke kommt! Sie schweigen am Sonntag, am Montag, am Dienstag – heute reden Sie, aber nur deshalb, weil wir Sie zur Rede stellen! Das zeigt mir Ihre Gesinnung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt ganz konkret zu den einzelnen Versäumnissen. Man braucht sich nur die Entschließung des Nationalrates vom 10. Juli 1997, die ich zu Beginn meiner Aus­führungen erwähnt habe, noch einmal vor Augen führen. Damals haben wir alle ge­meinsam – es war ein Konsens über alle Parteien hinweg – eine Liste von Punkten beschlossen und der Bundesregierung deren Umsetzung aufgetragen.

Jetzt frage ich: Was ist damit passiert? Zum Beispiel damit: „verbindliches Eintreten für die Erstellung von Atomausstiegskonzepten im Rahmen der Beitrittsverhandlungen“? – Nichts!

Wir haben beschlossen: „Verbesserung der bilateralen Übereinkommen über Nuklear­fragen besonders mit Tschechien und der Slowakei“. – Ich weiß nichts davon, dass etwas umgesetzt worden ist.

Wir haben beschlossen: „Ausbau des völkerrechtlichen Instrumentariums im Hinblick auf kernenergiefreies Mitteleuropa“. – Mir ist kein Beschluss, keine Umsetzung be­kannt, Herr Bundeskanzler!

Wir haben beschlossen: „Einbau der Umweltschäden in ein neues Atom-Haftungs­regime“. Auf österreichischer Ebene haben wir das gemacht, aber von internationalen Vorstößen ist mir nichts bekannt, die gibt es nicht.

Wir haben beschlossen: „energiewirtschaftliche Kooperationen mit den Reformstaaten, Voraussetzungen für den ehestmöglichen Verzicht der Kernenergienutzung zu schaf­fen“. – Zum Teil haben wir etwas gemacht. Es gibt Partnerschaften für erneuerbare Energien, aber viel zu wenig. Wir brauchen ein massives Umstiegskonzept in Richtung erneuerbare Energien. (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen genau, Herr Bundeskanzler, dass das das einzige energiepolitische Zukunftsszenario ist. Denken Sie nur an die Klimaschutz-Problematik, an die Erwär­mungsproblematik, an die CO2-Problematik! Denken Sie an die Endlichkeit der Ressourcen, vor allem was fossile Energieträger, sprich Erdöl, anlangt! Denken Sie daran, dass wir in Kürze den Förderhöhepunkt erreicht haben werden, dass dann die Energiepreise ohnehin steigen werden und wir dann eine umso heftigere Atom-Debatte im Energiebereich haben werden! Denken Sie daran, dass all diese Energieformen, seien sie fossil, seien sie kernreaktiv, mit massiven Umweltbelastungen und Entsor­gungskosten verbunden sind!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 158

Was verweigern Sie? Was erfolgt auf europäischer Ebene auch mangels Ihres Engagements in viel zu geringem Ausmaß? – In viel zu geringem Ausmaß erfolgt der Schwenk in Richtung erneuerbare Energieträger. An sich haben wir das beschlossen, nur: Es passiert nicht viel. Im Gegenteil! Es geht oft in die andere Richtung. Ich weiß, es gibt große internationale Vertretungen im Energieszenario, sprich die Franzosen, teilweise auch die Briten, die uns das Leben schwer machen, trotzdem sollten wir etwas offensiver agieren. Was aber machen Sie? – Sie schweigen meistens, außer wir stellen Sie zur Rede!

Zum Schluss vielleicht noch ein Hinweis. Was haben wir denn im Jahre 1997 noch beschlossen? „Finanzierungsinstrumente zu grenznahen AKWs für nicht nukleare Alternativen initiieren“. – Alles Beschlusslage, wir bräuchten das alles wirklich nur schrittweise in ein neues Aktionsprogramm zu gliedern und dieses Aktionsprogramm systematisch abzuarbeiten. Aber nein, wir schreiben noch Stand 1998 und haben teilweise auch Rückschritte zu verzeichnen.

Angesichts dessen also mein großer Groll, mein großer Zorn, dass Sie hierher ins Parlament kommen und in dieser Debatte über das Wasser reden. Bitte, verwässern Sie doch nicht den letzten Rest der Atompolitik, den diese Bundesregierung hätte betreiben können! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das müssen Sie aber der SPÖ sagen!)

Zum Abschluss, weil ich ja noch anderen Rednern etwas Zeit lassen möchte: Das, was ich Ihnen vorgetragen habe, ist eine Dokumentation Ihrer halbherzigen Vorgangsweise, Ihrer Täuschungsmanöver auf EU-Ebene, siehe EURATOM. Wir brauchen aber im Gegenteil einen massiven Schwenk in Richtung kraftvolle Initiativen und vor allem ein beherztes persönliches Engagement in diesen Anti-AKW Fragen, Herr Bundeskanzler! Das vermissen wir – das brauchen wir aber. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als nächster Redner spricht Herr Abgeordneter Ing. Schultes. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.12

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich wohne – wie viele wissen – an der March unmittelbar an der Grenze zur Slowakei. Mein erster Besuch in der Slowakei nach dem Fall des Eisernen Vorhangs galt Bohunice. Ich war schockiert, ich war über­rascht, ich war tief beeindruckt. Es war praktisch nicht erkennbar, wo der Schrotthaufen aufhört und das Kraftwerk anfängt. Es war kolossal, was der Kommunismus dort hinterlassen hat.

Heute ist die Slowakei Demokratie, Mitglied der EU und hat sich verpflichtet, die Kraftwerksblöcke der ersten Generation sowjetischer Bauart zu schließen und bei den anderen die Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern. Wir werden über alle Vorfälle informiert, wir sind im Frühwarnsystem. Die Slowakei bekommt dafür 190 Millionen € aus dem gemeinsamen europäischen Topf. Das hat Österreich bei den Beitritts­verhandlungen durchgesetzt. Es ist dies eine Maßnahme der Sicherheitspolitik gewesen, und ich bin froh, dass das so ist.

Wir wollen ein AKW-freies Mitteleuropa. Ja, wir wollen in guter Nachbarschaft leben – auch das. Wir wollen wissen, was in der Atomwirtschaft geplant ist, weil wir wissen, dass das kein Zukunftsweg ist. Das sind die Fakten und die Erfolge, und diese wurden erzielt ohne Dramatisierung, dafür aber mit großer Beharrlichkeit.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 159

Heute bin ich meiner Regierung dankbar, heute weiß ich, dass wir in Zwerndorf wenig Sorge haben müssen, obwohl wir viel mehr wissen als damals. Heute weiß ich, dass das Menschenmögliche für unsere Sicherheit in Österreich getan wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt zum heutigen Dringlichen Antrag. – Europawahlen finden statt, hier und auch in der Slowakei, Wahlkampfhilfe wird verlangt, Dramatik fehlt. Der slowakische Vize­minister Rusko steht für eine Partei, die gerade an ihrem politischen Existenzminimum angelangt ist. Rusko verlangt den Ausbau der Atomkraft. Das ist eine politische Ein­zelmeinung, keine Meinung der Regierung, keine Meinung des Parlaments, eben eine Einzelmeinung. Bei uns hat unmittelbar nach der Bundespräsidenten-Wahl auch jemand gesagt, er wolle den Beitritt der Türkei zur EU. Auch das war eine Einzel­meinung.

Dieser Herr Rusko braucht ein emotionales Thema für den Wahlkampf. Er braucht eine Bühne, und wir bieten ihm die Bühne hier in Österreich im Parlament. Wir, genauer gesagt, die Grünen übernehmen volley, und der Herr Cap hupft nach. (Abg. Dr. Wittmann: Schwache Rede!)

Frau Glawischnig, stellvertretend für die Grünen spreche ich Sie an! Ich bin wirklich persönlich enttäuscht, dass Sie sich dafür hergeben. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Oje!) Sie machen aus diesem Problem des Herrn Rusko ein Problem zwi­schen Österreich und der Slowakei. Dafür sind wir uns wirklich zu gut, und die Slowakei ist uns dafür zu schade. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.)

Sie unterstellen nämlich heute der Slowakei Vertragsbrüchigkeit beim EU-Beitritts­vertrag; Sie haben das heute wörtlich gesagt. – Das ist unwahr und zumindest beleidi­gend, wenn Sie das eine Woche, zwei Wochen, drei Wochen nach dem Beitritt sagen und vorwerfen. (Abg. Dr. Lichtenberger: Ja wenn es stimmt!) Es ist beleidigend. Ich verstehe Ihre politische Not, aber das geht zu weit!

Sie wollen vielleicht eine billige politische Position benützen, um sich selbst zu profilie­ren. Ich gebe ja zu: Auch bei uns sind Europawahlen, und zwischen den drei linken Gruppierungen und den Kandidaten der Volkspartei ist wenig Profilierungsspielraum für die grünen Kandidaten. Sie brauchen ein Thema, und Sie blasen jetzt dieses Thema zum Wahlkampfthema auf. (Abg. Dr. Lichtenberger: Sie kennen sich nicht aus, Herr Kollege!)

Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass Sie mit dieser Einmischung in die slowakische Wahl­kampfsituation genau die Anti-Atomkräfte in der Slowakei schwächen und die AKW-Befürworter stärken. (Abg. Dr. Cap: Haben Sie keine Angst an der Grenze?) Wem hilft das? (Abg. Dr. Cap: Haben Sie keine Angst?) Ihnen? – Vielleicht, weil Sie weiterhin ein Aufregungsthema haben, aber sicher schadet es den österreichischen Interessen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig. – Abg. Dr. Cap: Haben Sie keine Angst an der Grenze?) Herr Cap, zuhören!

Wir brauchen keine künstlichen Probleme mit der Slowakei, wir haben genug wirkliche Probleme. 60 Jahre nach dem Ende des Krieges sind die Brücken über die March noch immer nicht aufgebaut. Wir brauchen Eisenbahnen und Autobahnen, und dafür brauchen wir eine vernünftige Arbeitsbasis und tägliche Arbeitsgespräche. Wir brau­chen keinen Wahlkampf, der über die Grenzen geht. Halten Sie den Wahlkampf zu Hause – und die sollten das auch tun!

Wir werden jedenfalls weiterhin am Zusammenwachsen Europas arbeiten. Wir werden mit unseren Nachbarn zu allen wichtigen Themen einen vernünftigen Dialog führen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 160

Wir werden heute in einem Antrag noch festlegen, dass das auch rasch und ordentlich geschieht. Das hilft uns, das hilft Österreich, das hilft Europa! (Beifall bei der ÖVP.)

16.17

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Mag. Sima. 7 Minuten Wunschredezeit. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


16.18

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Noch kurz ein Wort zum Thema Wasser: Ich habe hier das Protokoll über die Abstimmung des Berichtes Miller im Europäischen Parlament. Es ging darum, ob Wasserressourcen nicht den Regeln des Binnenmarktes unterliegen und ein gemein­sames Gut der Menschheit darstellen. Mit „Nein“ gestimmt haben die Abgeordneten Stenzel, Schierhuber, Karas und Rübig. – Nur so viel zu den Ausführungen des Kollegen Molterer, der den Saal schon verlassen hat. Es ist ganz eindeutig, dass die ÖVP-Abgeordneten dagegengestimmt haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sprechen wir jetzt zum Thema der Dringlichen Anfrage, zur Anti-Atompolitik. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Sie dürfen sich über unsere Skepsis wirklich nicht wundern, denn die Anti-Atompolitik der Bundesregierung der letzten Jahre – ich darf nur an Temelίn erinnern – kann man nur als dilettantisch bezeichnen. Der gefeierte Melker Vertrag, Sie sind als Held von Brüssel heimgekehrt – was hat er uns gebracht? Null! Der Output ist null. Temelίn 1 und 2 sind am Netz, und abgesehen davon, dass Berge von Akten zwischen den Ländern und der Kommission hin- und hergeschickt worden sind, ist nichts passiert. Es hat sich überhaupt kein Deka geändert.

Genau das ist auch der Grund für diesen Dringlichen Antrag. Wir wollen nicht, dass es wieder nur zu einem Schattenboxen kommt, irgendwelche Scheinaktivitäten gesetzt werden oder Aktivitäten vorgetäuscht werden, die nicht über das Schreiben eines Brie­fes hinausgehen. Wenn Ihre Beteuerungen wirklich ehrlich gemeint sind, dass Sie ernsthaft vorhaben, bei diesem Thema rechtzeitig, nämlich jetzt, etwas zu tun, dann können Sie diesen Dringlichen Antrag der Grünen eigentlich ohne schlechtes Gewis­sen mittragen.

Aber nein, statt dessen – ich habe mir Ihren Antrag gerade angesehen – verteilen Sie hier einen Entschließungsantrag, den man wirklich nur als lahm bezeichnen kann. „Bekräftigt die ,Drei Stufen Strategie‘ der Bundesregierung“. Nicht einmal das Wort „einklagen“ eines Beitrittsvertrages kommt darin vor.

Was wollen Sie mit diesem Entschließungsantrag eigentlich erreichen, außer hier irgendwie zu besänftigen?

Die Äußerungen der letzten Tage aus der Slowakei haben mich sehr überrascht. Aber was ich auch sehr erstaunlich gefunden habe, ist, dass von Seiten der Bundes­regierung hauptsächlich abgewiegelt wird und dass ihr zu diesen Äußerungen offen­sichtlich wenig einfällt. Das wird als Einzelmeinung abgetan. Es wird von „voreilig“ gesprochen. Dabei müssten doch bei Ihnen wirklich alle Alarmglocken läuten, wenn man hört, was da aus der Slowakei kommt!

Wenn man sagt, die Meinung des Wirtschaftsministers ist quasi eine Einzelmeinung, die nicht von Relevanz ist, dann halte ich das wirklich für eine fatale Fehleinschätzung der Situation. Ich glaube, dass bei solchen Aussagen wirklich dringendes und vor allem sehr schnelles Handeln angesagt ist und angebracht wäre. Ich frage mich: Wo sind da die Aktivitäten der Bundesregierung? Worauf wollen Sie noch warten? Wollen Sie das wieder so verschlafen wie bei Temelín, wo man dann ein Jahr vor der Inbetriebnahme plötzlich darauf kommt, dass ein AKW vor den Türen des Landes steht und man jetzt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 161

vielleicht doch irgendwie etwas tun sollte (Abg. Scheibner: Geh, geh!) und wir dann wieder in so ein Desaster hineinschlittern? Ich glaube, dass es wichtig ist, rechtzeitig Aktivitäten zu setzen.

In diesem Zusammenhang glaube ich, dass es sehr wichtig ist, dass die öster­reichische Bundesregierung nicht nur dafür sorgt, dass der Beitragsvertrag nach Punkt und Komma penibelst eingehalten wird, sondern nötigenfalls auch bereit ist, diesen einzuklagen, denn anders als bei Temelín haben wir dieses Mal ein Rechtsinstrument in der Hand. Wir sind nicht quasi auf freiwillige Aktivitäten angewiesen, sondern wir können in diesem Fall wirklich auch mit rechtlichen Schritten vorgehen. Diese sollten wir gegebenenfalls auch rechtzeitig ankündigen und vorbereiten. (Abg. Scheibner: Kein Zweifel!)

Herr Kollege Scheibner! Warum steht das dann nicht in Ihrem Entschließungsantrag? Da steht immer nur etwas von „bekräftigt“, alles sehr salbungsvoll, aber von konkreten Taten in diesem Zusammenhang finde ich darin leider wenig. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Ist ja noch nicht!)

Thema Nummer zwei: Ausbau von Mochovce. Wir wissen seit Temelín – und das gebe ich auch zu –, dass es nicht unbedingt besonders zielführend ist, einem Nachbarland irgendetwas vorschreiben zu wollen. Wir wissen, in der Slowakei können auch neue AKWs gebaut werden und wir haben darauf vermutlich nicht sehr viel Einfluss. Wir wollen auch keine Temelín 2-Debatte führen, weil wir es nicht für zielführend halten. Worauf wir aber sehr wohl Einfluss haben, ist die Finanzierung. Knackpunkt in diesem ganzen Zusammenhang ist EURATOM, sind die Finanzmittel. Solange es von der Europäischen Union Sonderfinanzierungsmittel, eine Sonderförderung der Atomkraft gibt, nämlich für neue AKWs, für Fertigbauten, für Kapazitätserweiterung, was auch immer, so lange wird es auch Atomkraftwerke geben. Das ist ganz einfach. Solange 2 Milliarden € für den Neubau von Atomkraftwerken zusätzlich abgestellt werden sollen, so lange wird es diese auch geben.

In diesem Zusammenhang ist es für mich wirklich sehr problematisch und bedenklich, dass von den Regierungsparteien erst vor wenigen Monaten in diesem Haus beschlos­sen wurde, dass es eine Aufstockung dieser Mittel geben soll und dass Österreich dieser Aufstockung zustimmen wird, und zwar unter bestimmten Bedingungen, mit denen wir nicht einverstanden waren, weil wir einfach prinzipiell der Meinung sind, dass EURATOM-Mittel nicht um 2 Milliarden € aufgestockt werden sollen.

Einerseits den europäischen Atomausstieg zu beschwören und mit dem Finger auf die Nachbarn zu zeigen und andererseits einer Aufstockung genau dieser Mittel um 2 Milliarden € zuzustimmen und damit die Atomkraftwerke zu finanzieren, die wir hier bekämpfen, das ist wirklich sehr bedenklich – ich will mir jetzt keinen Ordnungsruf einhandeln – und mehr als fragwürdig. Auch von unseren Nachbarn wird dieser Widerspruch natürlich ganz klar wahrgenommen. Die werden sagen: Was wollen denn die Österreicher? Einerseits finanzieren sie uns die Kraftwerke über EURATOM-Gelder, andererseits regen sie sich auf. – Das kann es ja nicht sein!

Deswegen: Der EURATOM-Vertrag muss auslaufen, Stichwort Revisionskonferenz. Österreich muss aus dem EURATOM-Vertrag aussteigen, und es darf kein österreichischer Steuercent in den AKW-Ausbau investiert werden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.24

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 162

16.24

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanz­ler! Hohes Haus! Es ist ein Faktum, dass Österreich sich mit gutem Grund gegen die Atomkraft entschieden hat. Es ist auch ein Faktum, dass dies von allen Parteien akzeptiert wird und keine Partei da eine andere Linie gehen würde und auch gehen könnte. Tatsache ist aber auch – und das hat sich hier jetzt ganz besonders stark gezeigt –, dass wir uns in einem Wahlkampf befinden. Ausgerechnet Sie von den Grünen, die jedes selbstbewusste Auftreten, wenn es zum Beispiel von den Freiheit­lichen gefordert worden ist, in Brüssel immer zurückgewiesen haben, immer davor gewarnt haben, dass man da Porzellan zerschlägt und man so niemals zum Ziel kommt, fordern jetzt Dinge ein, die, wie ich meine, in diesem Fall wirklich nicht wirksam sind, sondern mehr dem Bereich der Show und des Wahlkampfspektakels zuzuordnen sind.

Keine Frage, die Ankündigung des Industrieministers Rusnok, Mochovce weiter auszu­bauen und Bohunice nicht stillzulegen, ist ernst zu nehmen. Es ist dies auch eine Meinung, die nicht nur er alleine vertritt. Er ist ja vom zukünftigen Staatspräsidenten Gasparovic unterstützt worden. Keine Frage, das ist ernst zu nehmen.

Ganz besonders bedauerlich ist – und das ist auch herauszustreichen –, dass mit der Ankündigung, die beiden Blöcke nicht zu schließen – für Niederösterreich übrigens eine sehr bedauernswerte Sache –, der Beitrittsvertrag keine vier Wochen nach dem Beitritt verletzt wird beziehungsweise angekündigt wird, dass man daran denkt, diesen Beitrittsvertrag zu verletzen.

Ich meine, da ist es ganz wichtig, vernünftig vorzugehen. Ich würde es für einen großen Fehler halten, würde der österreichische Staat dieses Match nun alleine aufnehmen. Es ist dies Sache der EU. Selbstverständlich hat die EU dafür zu garantieren, dass die eigenen Regeln eingehalten werden, wiewohl ich mir erlaube anzumerken, dass das genau ein wunder Punkt ist, dass die EU in anderen Fragen, zum Beispiel in den Fragen der Menschenrechte gegenüber den Vertriebenen, ihre eigenen Regeln nicht einhält.

Vielleicht gelingt es uns in diesem Fall – und es wäre wirklich sehr gut, wenn Sie sich alle daran beteiligen würden –, dies durchzusetzen, dass nämlich gleiches Recht für alle gilt.

Was ich mich aber frage und was ich besonders bedenkenswert finde, ist: Warum erlaubt man sich das eigentlich gegenüber Österreich? Würde man sich das gegen­über jedem anderen Staat auch erlauben? Würde man es sich erlauben, wenn es einen anderen Staat so massiv betrifft, anzukündigen, man denkt an sich daran, den Beitrittsvertrag nicht einzuhalten, diesem Beitrittsvertrag nicht zu entsprechen?

Ich stelle fest, ganz offensichtlich war nicht alles am österreichischen Verhalten der letzten Jahre geeignet, uns Respekt zu verschaffen. Ich orte da schon ganz eindeutig auch eine Verantwortung bei Ihnen – nicht bei Ihnen persönlich, bei Ihren Fraktionen.

Jedes Mal, wenn es darum gegangen ist, ein entschiedenes, selbstbewusstes Ver­halten in Brüssel zu zeigen, war das nicht möglich, war das nicht opportun, war das antieuropäisch, sollte so nicht sein und wurde als nationalistischer Rückfall diffamiert. Das ist ganz genau das, was ich eigentlich als scheinheilig bezeichnen darf, dass Sie genau jetzt draufkommen, dass es selbstverständlich notwendig ist, dass jeder Staat in der EU zuerst und vor allem seine nationalen Interessen vertritt und dann ein gemein­sames europäisches Übereinkommen gefunden werden muss. (Beifall bei den Frei­heitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 163

Ich meine, wenn Sie aus dieser Erfahrung, aus dieser bedauerlichen Erfahrung, dass nämlich an den österreichischen Grenzen gelegene Atomkraftwerke nicht stillgelegt beziehungsweise ausgebaut werden sollen, die Lehre ziehen, dass Sie in Hinkunft Patriotismus als Pflicht eines Abgeordneten verstehen und nicht als diffamierende nationalistische Aufwallung, die bekämpft werden muss, dann ist doch einiges gewon­nen.

Ich darf mit einem, wie ich meine, sehr maßvollen und vernünftigen Zitat des Schweizer Schriftstellers Keller schließen, der sagt: Achte eines jeden Mannes Vater­land, das deinige aber liebe. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.28

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass es jetzt nach aller Aufgeregtheit wichtig ist, den Menschen das zu sagen, was sie interessiert.

Im Gegensatz zu dem, was bereits fälschlich in der Überschrift des Antrages der Grünen zum Ausdruck kommt (Abg. Dr. Lichtenberger: Lesen!), gibt es keinen Beschluss der slowakischen Bundesregierung, den Fall Bohunice, nämlich die Still­legung, neu zu verhandeln. Vielmehr hat sich der Wirtschaftsminister der Slowakischen Republik offenbar aus innenpolitischen Überlegungen dazu durchgerungen, medien­wirksam einen solchen Vorschlag zu machen. Es gibt demgemäß ohne einen Vorstoß der slowakischen Bundesregierung auch keinen Grund für die gesamte Bundes­regierung, hier wildwütig tätig zu werden, als wäre die Slowakei, unser neuer Partner und Freund, gerade beigetreten, eine Art Feindbild. Bei den Grünen scheint es fast schon so zu sein.

Vielmehr hat unser Umweltminister unverzüglich Kontakt mit seinem in der Slowakei zuständigen Kollegen aufgenommen und diese Meinung bestätigt gefunden, ebenso unsere Außenministerin. Beide haben ohne Verzug gehandelt und konnten feststellen, dass die Slowakei die Verträge, die sie mit der EU und auch mit Österreich vor allem auf Betreiben Österreichs abgeschlossen hat, einhalten wird und nicht daran denkt, diese abzuändern.

Mit anderen Worten: Da ist kein Schweigen der Bundesregierung, da ist kein Schweigen eines der hiefür zuständigen Mitglieder unserer Bundesregierung irgendwo feststellbar.

Dass solche Vorstöße wie die der Grünen den sehr guten Beziehungen Österreichs zur Slowakei nicht gerade förderlich sind, dürfte auch klar sein. Dass gerade dieses gute Gesprächsklima, auch was Mochovce beziehungsweise dessen Stilllegung betrifft – wobei ich hoffe, dass diese tatsächlich erreicht wird –, durch solche Vorstöße der Grünen wie heute nicht gerade verbessert, sondern vielmehr unglaublich verschlech­tert wird und aus diesem Grunde der Sache absolut abträglich ist, darüber haben Sie sich, Frau Dr. Glawischnig, wie ich glaube, zu wenig Gedanken gemacht.

So kann man nicht – auch nicht wegen einer Zeitungsente eines Ministers – mit seinen Nachbarn, Partnern und Freunden in der Slowakei umgehen! Österreich ist – auch im Europarat, was ich dort immer wieder feststellen kann – als das Anti-Atomland innerhalb der EU bekannt. Das macht zwar ab und zu Probleme, die wir jedoch sicherlich gerne auf uns nehmen, da wir eben eindeutig zum Thema Atomenergie Stellung nehmen. Uns wird oft pauschal entgegengehalten: Ihr seid sowieso dagegen!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 164

Damit haben unsere Partner in Europa nicht Unrecht, und wir sind ja auch stolz auf diese unsere Haltung. Nur: Es genügt nicht, nur dagegen zu sein, sondern es bedarf da auch einer ruhigen und sachlichen Auseinandersetzung und Diskussion – und keiner Angst machenden Vorstöße, wie Sie von den Grünen das heute hier im Parlament wieder gemacht haben.

Ich glaube zwar, dass sich die österreichische Bevölkerung dieser Panikmache nicht anschließen wird, finde aber ziemlich bedenklich, dass sozusagen im gleichen Atemzug sowohl SPÖ als auch Grüne hier so tun, als würden die Regierungsparteien in Bezug auf unsere Wasserressourcen eine Liberalisierung vorantreiben beziehungs­weise eine solche in irgendeiner Art und Weise gutheißen.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf zwei Beschlüsse des Europäischen Parlaments, und zwar vom 14. Jänner 2004, über die Dienstleistungen im allgemeinen Interesse, nämlich die Wasser- und Abfalldienste, hinweisen, wo alle österreichischen Abgeordneten geschlossen, wie immer an der Spitze die ÖVP-Abgeordneten, gegen eine Privatisierung dieser für unsere Gemeinden und für Österreich so wichtigen Wasserressourcen gestimmt haben.

Herrn Abgeordneten Cap ersuche ich darum, in Zukunft etwas vorsichtiger zu formu­lieren und andere Sachlagen nicht in den Raum zu stellen, da ich ihn sonst der nicht wahrheitsgemäßen Aussage bezichtigen müsste, was mir Leid täte – und mir vielleicht auch einen Ordnungsruf einbringen würde.

Frau Abgeordnete Sima, an Ihre Adresse: Am 11. März 2004 wurde, auch mit den Stimmen der ÖVP, im Europäischen Parlament der Beschluss gefasst, dass die Wasser- und Abfalldienste nicht Gegenstand sektoraler Richtlinien des Binnenmarktes werden. – Dazu steht die ÖVP, dazu steht unser Bundeskanzler Dr. Schüssel. Dafür stehen Außen- und Umweltminister, und dafür steht auch eine Heerschar von ÖVP-Bürgermeistern in ganz Österreich! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

16.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Bauer. Er wünscht eine Redezeit von 5 Minuten; Restredezeit der SPÖ: 12 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.34

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Damen und Herren! Ich meine, dass diese heutige Diskussion zur Atompolitik der Slowakei nicht heruntergespielt werden soll, auch nicht in die Richtung, dass das eine Einzelmeinung eines slowakischen Ministers sei und so weiter. Tatsache ist, dass diese Meldung doch beunruhigt, und Tatsache ist weiters, dass Pläne vorliegen, die einem Ausbau des AKW Mochovce klare Priorität einräumen. Heute wird ja in der „Presse“ ausgeführt, dass der slowakische Wirtschaftsminister Pavol Rusko auch beim Verkauf der Energiegesellschaft darauf bestehen wird, dass das AKW Mochovce weiter ausgebaut werden wird; der Käufer wird also dazu verpflichtet.

Man soll das also nicht hinunterspielen – bei aller Bereitschaft, gutnachbarschaftliche Beziehungen zu haben, wobei ich betonen möchte, dass ich zu jenen gehöre, die solche wirklich pflegen, aber man muss auch gegenüber Nachbarn klare Worte finden. Und klare Worte sind in diesem Fall notwendig! Ich verkenne sicherlich nicht die Schwierigkeiten, die insgesamt in der Energiepolitik bestehen; wir haben ja heute schon einige Male darüber gesprochen. Ich glaube, auf keinem anderen Gebiet der Wirtschaftspolitik ist die Vorstellung zwischen dem, was ist, und dem, was wir uns wünschen, unterschiedlich. Wir reden von einer Wirklichkeit, die es jedoch so nicht


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 165

gibt, über etwas also, was auch nur sehr mühsam verändert werden kann. Das verkenne ich nicht, gehöre ich doch zu jenen, die bereits 1990 begonnen haben, gegen das AKW Mochovce zu kämpfen, ebenso gegen das AKW Bohunice. So haben wir beispielsweise auch Unterschriften gesammelt gegen den Bau des AKW Dukovany und so weiter. In Wirklichkeit jedoch hat sich die Haltung der tschechischen bezie­hungsweise der slowakischen Repräsentanten hiezu nicht geändert: Sie halten nach wie vor an ihrem Kurs fest.

Daher ist es in einer Situation wie dieser notwendig, keinen weichen Kurs zu signali­sieren, sondern es muss klar sein, dass es da sehr wohl einen Aufschrei geben wird, nämlich auch gerade dann, wenn jemand sagt, selbst das, was vereinbart ist mit der EU, sei auch noch Gegenstand von Überlegungen, was die Schließung von Bohunice 2006 beziehungsweise 2008 betrifft. In einem solchen Fall halte ich nichts davon, das so zu interpretieren, dass es dabei um eine Einzelmeinung gehe, sondern das erfordert einen kräftigen Aufschrei Österreichs!

Geschätzte Damen und Herren! Ich komme aus der Ostregion, aus dem Weinviertel, und daher möchte ich hier auch zu den ganzen Auswirkungen sprechen, auch zu dem, was der Bundeskanzler hier zum Begriff „Souveränität“ gesagt hat. – Dieser Souveräni­tätsbegriff ist natürlich anzuerkennen, jedoch in der Richtung einzuschränken, dass dieser Ansatz aus einer Zeit stammt, als die Auswirkungen von einem Staatsgebiet auf das andere nicht gegeben waren. Zu dieser Zeit war die Grenze etwas Absolutes. Wenn jedoch eine technische Anlage Auswirkungen auf eine größere Region hat, dann muss die gesamte Region in den Entscheidungsprozess, in eine Mitsprache ein­bezo­gen werden. Darum geht es, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Meiner Überzeugung nach reicht es nicht, wenn Bundeskanzler Schüssel meint, sein slowakischer Amtskollege Dzurinda habe ihm gesagt, dass der Beitrittsvertrag zur EU eingehalten werde. – Mag sein, aber kein Wort wurde zum Beispiel erwähnt zu den Ausbauplänen des AKW Mochovce. Seitens der Slowaken wird gesagt, dass sie nicht stromimportabhängig sein wollen, und gesagt wird weiters, dass daher andere Blöcke zum AKW Mochovce dazukommen müssen, um diese Stromautonomie auch in Zukunft gesichert zu haben. Und das ist doch eine ganz andere Beurteilung als das, was hier zu argumentieren versucht wird.

Ich bin davon überzeugt, geschätzte Damen und Herren, dass gerade Österreich sehr viel anbieten könnte, eben was das Know-how an Alternativenergie betrifft. Ich weiß auch, dass darüber überhaupt nicht gesprochen wird; außer ab und zu über das Thema Biomasse. In Wirklichkeit haben wir in Österreich ein riesiges Know-how, das wir anbieten könnten; das wird jedoch kaum genützt.

In einer Prognose habe ich gelesen, dass bis zum Jahre 2020 der Stromverbrauch im erweiterten Europa um 40 Prozent steigen wird. Geschätzte Damen und Herren, wenn das in dieser Größenordnung eintritt – in den letzten vier Jahren bewegen wir uns ja diesbezüglich bei einer Größenordnung von rund 3 Prozent Steigerung pro Jahr –, so würde das bedeuten, dass der Druck auf Energieerzeuger noch größer wird, Strom zur Verfügung zu stellen. Wenn dazu keine Alternativen zu traditionellen Energiequellen aufgebaut werden, dann werden Letztere eben wieder stärker genützt werden müssen.

Ich bin fast überzeugt davon, dass viele in Europa – nicht in Österreich! – zur Deckung der Energielücke von einer gewissen Renaissance der Atomenergie träumen; die nächste Generation der AKW-Blöcke steht ja bald zur Verfügung. Frankreich kündigte an, bis zum Jahre 2015 die neue Generation auf den Markt zu bringen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 166

In einer solchen Situation ist ein weicher Kurs völlig falsch. Da muss man Flagge zeigen! Die Angst in der Bevölkerung steigt, aber diese Bundesregierung schweigt! Und das ist keine wirklich zukunftsträchtige Strategie! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! (Abg. Dr. Bauer holt eine Zeitung vom Rednerpult, die dort liegen geblieben ist.) Das hast du vergessen. (Abg. Dr. Bauer bietet dem Redner die Zeitung an.) Nein, ich lese sie jetzt nicht, aber vielleicht brauchst du noch Lektüre für die Politik der SPÖ in der Anti-Atom-Frage.

Ich gehe durchaus konform mit einigen meiner Vorredner oder Vorrednerinnen, dass diese Thematik sehr aktuell, sehr brisant ist. Daher bin ich durchaus froh darüber, dass sie heute hier zur Diskussion steht. Allerdings, Frau Abgeordnete Glawischnig, halte ich den Adressaten momentan noch für verfehlt. (Abg. Dr. Glawischnig: Die Adres­satin!) Zum jetzigen Zeitpunkt der österreichischen Bundesregierung Versäumnisse vorzuwerfen, halte ich zumindest aus Oppositionssicht für verfrüht.

Ich glaube nämlich, die Reaktion, die die österreichische Bundesregierung jetzt gesetzt hat, ist genau richtig, nämlich dass man nicht überzieht, dass man einen Wirtschafts­minister, der durchaus auch die eigenen Interessen der Slowakei sieht, nicht über Gebühr aufwertet, aber dass man eines sehr deutlich macht: Wenn diese Aussage des slowakischen Wirtschaftsministers nicht nur das ist, was wir uns erhoffen – nämlich eine Einzelmeinung, die nicht zur Meinung der slowakischen Regierung wird und des­halb auch nicht in die Realität umgesetzt wird –, dann gibt es eine sehr klare und deutliche Handlung der österreichischen Bundesregierung, auch bis hin zu Maß­nahmen auf der Ebene der Europäischen Union. Ich bin davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass es richtig ist, jetzt in den Reaktionen nicht zu überziehen und damit diese – hoffentlich – Einzelmeinung nicht hochzuheben, aber klarzumachen, dass wir uns das nicht gefallen lassen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Lichtenberger: Schweigen – ist das das Argument?)

Frau Kollegin Lichtenberger, Sie sagen, wir sind zu wenig deutlich in der Anti-Atom-Bewegung, wir lassen uns hier von den Kollegen in der Slowakei über den Tisch ziehen, und was auch immer. Frau Kollegin, ich muss schon die Diskussion der vergangenen Monate hier Revue passieren lassen. Es hat ja auch vor einigen Jahren schon Dringliche Anfragen der Abgeordneten Glawischnig gegeben, und es ist durchaus interessant, darin zu lesen.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie jetzt der Bundesregierung Ver­säumnisse vorwerfen, muss ich sagen, es ist schon interessant, wie Sie das damals gemacht haben. Denn bereits 1999 gab es unter einem Bundeskanzler Klima Zuge­ständnisse gegenüber der Europäischen Union und gegenüber der Slowakei, was etwa die Sicherheitsstandards anlangt. Damals ist eine österreichische Botschafterin in der Slowakei aufgetreten und hat gesagt (Abg. Dr. Lichtenberger: So wie die Europa­abgeordneten Ihres Koalitionspartners!): Diese Anti-Atom-Stellungnahmen Österreichs sind ohnehin nicht ernst gemeint, die sind ja nur für die Öffentlichkeit abgegeben worden.

Bundeskanzler Klima hat dann auch im Wahlkampf mit der Frau Abgeordneten Sima noch mit Veto gedroht, wenn nicht Ausstiegsszenarien in Tschechien und in der Slowakei vorgelegt werden. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Das war für die ÖVP gleich!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 167

Meine Damen und Herren von der Opposition! Wenn man jetzt blauäugig sagt: Um Gottes Willen, die halten sich alle nicht an das, was vor dem Beitritt versprochen worden ist, man hätte härter verhandeln sollen!, dann frage ich mich schon (Abg. Dr. Lichtenberger: Das hat kein Mensch gesagt!), wo Sie von der SPÖ und von den Grünen waren, als es darum gegangen ist, das härteste Mittel in die Verhandlungen mit einzubringen, das wir damals gehabt haben. – So, wie es die Freiheitlichen verlangt haben, und so, wie es damals im Wahlkampf 1999 noch Kanzler Klima verlangte! (Abg. Dr. Lichtenberger: Weil wir gegen Tschechien nicht die Veto-Keule ...! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ja, Sie haben es dann die „Veto-Keule“ genannt. Noch jetzt, bei der Abstimmung zur Erweiterung, hat Frau Abgeordnete Lunacek unsere zwei Abgeordneten kritisiert (Abg. Dr. Lichtenberger: Ein Veto gegen Tschechien hilft gegen die Slowakei?), dass sie mit ihrer Gegenstimme zur Erweiterung unsere Verhandlungsposition gegenüber Tsche­chien und der Slowakei schwächen. Wo waren Sie denn damals, als es darum ging, wirklich ein klares Junktim zu setzen, Frau Kollegin Lichtenberger? (Abg. Dr. Lichten­berger: Gott sei Dank nicht an Ihrer Seite!)

Wir haben gesagt: Wenn es nicht klare, rechtsverbindliche, eindeutige Ausstiegsszena­rien bei Temelín und auch bei den Kraftwerken in der Slowakei gibt, dann kann es eben kein Ja zu einem Beitritt dieser Länder zur Europäischen Union geben! (Abg. Dr. Lichtenberger: Die haben Sie nie erwähnt! – Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Meine Damen und Herren, wo waren Sie denn da? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege, Sie haben auch gesagt, in Bezug auf Temelín sei man zu weich. Ja, das wäre die Möglichkeit gewesen, wir haben es hier oftmals gesagt! (Abg. Dr. Lichten­berger: Nur Temelín und Beneš!) Wir haben uns leider nicht durchsetzen können, weil wir auch in diesem Hohen Haus die Einzigen gewesen sind, die das so gesehen haben (Abg. Mag. Mainoni: So ist es!), dass wir sagen: das wäre die letzte Möglichkeit gewesen, auch einen Trumpf, ein Atout auszuspielen. Es war leider nicht möglich. (Abg. Öllinger: Temelín und Beneš, das wollten Sie zusammen ...!) Sie haben gesagt, jetzt müssen wir das auf der EU-Ebene machen. Na gut, wir sind dafür, wir werden das versuchen. Aber den wirklichen Trumpf haben wir verspielt!

Es ist ja auch in anderen Bereichen so. Ich erinnere nur daran, dass etwa die Tschechische Republik uns vor dem Beitritt versprochen hat, sie werde die Beneš-Dekrete aufheben, die Amnestiegesetze würden aufgehoben werden. Jetzt hören wir nichts mehr davon. Im Gegenteil, es gibt im tschechischen Parlament jetzt sogar einen Beschluss, dass Herr Beneš noch geehrt wird. Das ist die Realität, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Lichtenberger: Beneš! Das ist das, was Sie interessiert!) Aber das hat sich dieses Hohe Haus auch selbst zuzuschreiben. Sagen Sie nicht, dass wir hier nicht davor gewarnt haben!

Meine Damen und Herren! Deshalb noch einmal: Es ist gut, dass darüber jetzt intensiv debattiert wird. Verwenden Sie diese wichtige Frage aber nicht in Ihrem üblichen Kampf gegen die österreichische Bundesregierung, sondern im Gegenteil: Unter­stützen Sie die Arbeit der österreichischen Bundesregierung, zum richtigen Zeitpunkt, nämlich jetzt, zu warnen, dass wir davon ausgehen, dass das eine Einzelmeinung ist, dass wir aber, wenn es das nicht ist, alle Möglichkeiten auf der europäischen Ebene ausnützen werden, damit das, was die Slowakei vor dem Beitritt versprochen hat, auch nach dem Beitritt noch gilt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Oberhaidinger. Auch er wünscht sich 5 Minuten Redezeit. Restredezeit der SPÖ: 7 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 168

16.46

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Scheibner, Sie und Ihre Partei fallen, was die Anti-Atom-Politik angeht, wirklich von einem Extrem ins andere. (Abg. Scheibner: Nein, Sie!) Wir haben jahrelang versucht, Ihnen beizubringen, dass ein Junktim, wie Sie es vorgeschlagen haben – die so genannte Veto-Keule –, keinen Sinn macht, weil das einfach nicht durchzubringen ist. (Abg. Scheibner: Das war Ihr Kanzler Klima, der das gesagt hat! Ihr Kanzler Klima!) Seit ihr in der Regierung seid, seid ihr in dieser Frage eigentlich auf Tauchstation gegangen, seither gibt es euch nicht mehr. (Abg. Scheibner: Da gehen Sie aber völlig fehl!)

Wenn ich mir euren Entschließungsantrag anschaue: Als Erster firmiert darauf Kollege Wittauer. Wenn wir euch damals, als ihr in Opposition wart, derartige Anträge vorgelegt hätten, dann hätten wir damit gleich wieder nach Hause gehen können! Den hättet ihr euch nicht einmal angeschaut, darüber wären wir, bitte, nicht einmal ins Gespräch gekommen. (Abg. Scheibner: Wir haben uns alles angeschaut!)

Schaut euch den letzten gemeinsamen Entschließungsantrag von 1997 an: Es macht doch keinen Sinn, dass wir inhaltlich hinter das zurückgehen, was wir ohnehin schon beschlossen haben! Worum es in der Frage geht, ist, dass endlich einmal umgesetzt wird, was in dem Antragsverlangen schon drinsteht. Das ist die Frage. – Und weil Sie da so deuten: Ihr seid in der Regierung, nicht wir! Ihr seid diejenigen, die die EURATOM-Sache in Brüssel vertreten müssen, Herr Kollege Scheibner! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ihr seid inkonsequent! Zuerst das Veto verlangen, dann aber kritisieren, dass wir es verlangen! Und jetzt macht ihr hier Parteipolitik!)

Wir sind in unserer Anti-Atom-Politik unglaubwürdig geworden! Es nützt momentan auch nichts mehr, gemeinsame Anträge zu beschließen, wenn in der Umsetzung überhaupt nichts weitergeht. Der „Melker Prozess“ wurde bereits angesprochen. Das Einzige, das wir damit erreicht haben, ist, dass Melk bekannt wurde. Okay, das ist für die Melker sicher kein Nachteil, aber das war es dann!

Zum EURATOM-Vertrag: Wir haben euch wirklich gebeten, das Bundesregierungs­mitglied so weit „einzufangen“, dass es in Brüssel nur diese Haltung vertreten kann. Was ist passiert? – Im Grunde genommen nichts! Jetzt wird das bis nach dem 13. Juni, nach der Wahl, verschoben. Ich bin überzeugt davon, dann wird es die Aufstockung von 4 Milliarden auf 6 Milliarden € geben, und an der Aufgabenstellung wird sich nichts ändern.

Ich warne davor, diese so genannte Einzelmeinung des Wirtschaftsministers Rusko nicht ernst zu nehmen! Meine Damen und Herren, es geht nicht mehr nur um diese Einzelmeinung, sondern es sickert bereits durch, dass die CEZ, das große tschechi­sche Energieunternehmen, größtes Interesse am Erwerb von Mochovce und Bohunice hat. Das heißt, wenn die CEZ sich dort einkauft, dann verfolgt sie damit ein ganz klares Ziel. Die CEZ ist in Temelín mit einer sehr ungünstigen Kostensituation konfrontiert. Mit dem Erwerb dieser beiden Atomkraftwerke und mit dem zusätzlichen Ausbau – entsprechend unterstützt von der Électricité de France; die sucht ja geradezu nach neuen Märkten – kommt es wahrscheinlich zu einer solchen Kostensituation, dass sich der Strom aus Temelín auch für die Tschechen rechnen wird.

Außerdem haben sie dort schon jetzt eine Überschusssituation, und der Überschuss wird noch weiter steigen. Angesichts der Stromsituation in anderen europäischen Län­dern – davon bin ich überzeugt – wird es dankbare Abnehmer für diesen Strom geben. Wenn dann auch noch der Preis stimmt, ist dies überhaupt keine Frage, und wir können die zwei Kraftwerke weiterschreiben bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Daran wird sich überhaupt nichts ändern.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 169

Meine Damen und Herren! Ich bin deshalb dagegen, dass wir in dieser Frage leise treten. Wir müssen auf alle Fälle das beschließen, was wir in korrekter Fortschreibung dessen, was wir 1997 beschlossen haben, heute in zwei Anträgen vorschlagen. Ich ersuche Sie wirklich darum, im Sinne einer glaubwürdigen Anti-Atom-Politik diese beiden Anträge, den Antrag der Grünen und unseren ergänzenden Antrag, ent­sprechend zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. 5 Minu­ten freiwillige Redezeitbeschränkung; Restredezeit der FPÖ: 7 Minuten. – Herr Kolle­ge, Sie sind am Wort.

 


16.51

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Den Antrag der Grünen beziehungsweise die Anfrage finde ich eigentlich nicht sehr positiv. Ich werde noch genau darauf eingehen, wieso: Ihr seid nicht die großen Umweltschützer! (Abg. Öllin­ger: Aha?) Ihr habt noch keine Beweise dafür in Brüssel geliefert, und ihr habt auch in Oberösterreich mit eurem Umweltlandesrat Anschober bis heute noch keinen Beweis erbracht.

Kollegin Moser, du weißt ganz genau, wie oft wir gemeinsam an der Grenze bei Wullowitz gestanden sind. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Darum darfst du dich nicht ...!) Dein Kollege Anschober, damals Abgeordneter und jetzt Umweltlandesrat, hat an der Grenze bei Wullowitz groß angekündigt: Wenn ich hier etwas zu reden hätte, wenn ich Umweltlandesrat wäre, dann wäre das ja schon lange abgeschaltet! – Jetzt ist er Umweltlandesrat, und ich höre nichts mehr: Schweigen im Walde! Das ist grüne Umweltpolitik!

Aber Sie stellen sich hierher und behaupten, dass die Bundesregierung nichts dagegen unternimmt, ob es nun Bohunice ist oder ob es das gefährliche Schrott-Kraftwerk Temelín ist. (Abg. Öllinger: Umgekehrt!) Ich unterstelle, dass es keinen einzigen Abgeordneten in diesem Haus gibt, der diese Gefahr haben will. Das möchte ich auch hier behaupten. Dass die Bundesregierung etwas unternimmt – ob das der Kanzler, der Vizekanzler oder die Außenministerin ist –, ist ebenfalls klar. Nur machen sie es nicht wie die Opposition, dass sie so viel schreien, sondern sie verhandeln. Ich glaube, das ist das Wichtigste.

Was ganz wichtig ist und was mich besonders ärgert, ist Folgendes. Ihr könnt euch ja daran erinnern, dass wir in Oberösterreich das Anti-Temelín-Volksbegehren gestartet haben. Wer hat eine Gegenaktion in Oberösterreich gestartet? – Die Grünen haben in Oberösterreich eine Gegenaktion gestartet und unser Temelín-Volksbegehren nicht unterstützt! Trotzdem haben wir 914 873 Unterschriften zusammengebracht.

Und wer hat immer gesagt: Droht nicht mit dem Veto!? – Auf Grund unseres Drucks ist es auch zum „Melker Abkommen“ und vielem mehr gekommen, wurden entsprechende Sicherheitsstandards für die bestehenden AKWs eingeführt. Nur müssen wir – und da bin ich auch dabei – bei diesen Schrott-Kraftwerken oder den Kraftwerken, die eine besondere Gefahr darstellen, ständig trachten, dass es in Richtung Stilllegung geht beziehungsweise die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden.

Sich heute herzustellen und hier eine Dringliche Anfrage zu machen, zwar immer anzukündigen und zu kritisieren, aber nicht zu handeln – so wie zum Beispiel der oberösterreichische Umweltlandesrat und viele mehr –, ich glaube, so lässt sich die Bevölkerung nicht an der Nase herumführen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.54

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 170

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten; Restredezeit der ÖVP: 9 Minuten. – Bitte.

 


16.54

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­kanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Als Bürgermeister und Abge­ordneter einer kleinen Grenzgemeinde, zirka 60 Kilometer von Temelín entfernt, war und ist für mich Anti-Atom-Politik seit mehr als einem Jahrzehnt ein besonderes Thema. Österreich hat auf Grund eines Volksentscheides für sein eigenes Territorium im Zuge des Atomsperrgesetzes ein Verbot von atomarer Stromproduktion festgelegt, ist aber von einer Vielzahl von Atomkraftwerken in den Nachbarländern umgeben. Um die Risken dieser Anlagen zu minimieren, muss es Ziel dieses Hohen Hauses sein, einen europaweiten Ausstieg aus der Atomstromproduktion zu unterstützen. Die konsequente Position Österreichs muss daher der Hinweis auf die permanenten Gefahren sein, die mit der Kernenergie verbunden sind, und muss die Unterstützung jedes Landes in Bezug auf ein Ausstiegsszenario sein.

Geschätzte Damen und Herren! Anti-Atom-Politik ist in Österreich sehr populär, und viele stehen daher gerne mit stolzgeschwellter Brust in der ersten Reihe. Der Maßstab für die Glaubwürdigkeit in der Anti-Atom-Politik ist aber der Umgang mit alternativen Ener­gieformen, alternativen Stromproduktionsformen. Unsere bisherigen Umwelt­minis­ter Molterer und Pröll haben sich massiv für erneuerbare Energien eingesetzt; das kommt in den Förderprogrammen und in den damit verbundenen und umgesetzten Projekten klar zum Ausdruck.

Ein wichtiges Element im Zusammenhang damit ist das in diesem Hohen Haus beschlossene Ökostromgesetz. Wir haben aber auch in anderen Bereichen der erneuerbaren Energie sehr schöne und gute Projekte umgesetzt, ob dies Fernwärme­projekte, Biogasanlagen oder feste und flüssige Brennstoffe waren. All das stellt unter Beweis, dass wir die Förderprogramme nicht nur plakativ darstellen, sondern auch effizient umsetzen. Anti-Atom-Politik und Energiepolitik mit dem Ziel der Realisierung des Kyoto-Ziels sind politische Kernthemen der Zukunft und bedürfen einer gemein­samen Vorgangsweise aller Parteien in diesem Hohen Haus.

Anti-Atom-Politik bedeutet aus österreichischer Sicht: erstens die Schließung von nicht nachrüstbaren Kernkraftwerken, zum Beispiel der Reaktoren Ignalina, Bohunice – explizit – und Kozloduj; zweitens die Schaffung europaweit einheitlicher Sicherheits­standards für noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke; drittens die konsequente Verfolgung einer Strategie, die einen europaweiten Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft zum Ziel hat. Objektiv betrachtet haben wir mit unseren sinnvollen öster­reichischen Standpunkten in Europa ein sehr schwieriges Umfeld.

Die Aussage des slowakischen Wirtschaftsministers Rusko und seiner Kleinpartei – die ich bis vor wenigen Stunden nicht einmal kannte, und ich denke, da geht es vielen in diesem Haus ähnlich – möchte ich nicht überbewerten, weil ich ihm keinen übertrie­benen Stellenwert zukommen lassen möchte. Ich erinnere an die Aktivitäten im Zuge des Konfliktes mit unserem Nachbarland Tschechien in Bezug auf das Atomkraftwerk Temelín. Bedauerlicherweise haben sich, aus zeitlichem Abstand heraus betrachtet, die Grenzblockaden als kontraproduktiv erwiesen, und zwar auf Grund der Tatsache, dass dies in Tschechien dazu geführt hat, dass man einen nationalen Schulterschluss gefunden hat und genau jene Kräfte unterstützt worden sind, die wir in Wirklichkeit nicht unterstützen wollen, nämlich die Kräfte, die den Ausbau der Atomkraftwerke massiv forcieren und fordern.

Geschätzte Damen und Herren! Ich vertraue wesentlich mehr auf die österreichische Bundesregierung und allen voran auf unseren Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 171

der im Zuge des „Melker Prozesses“ in einer hoch effizienten Vorgangsweise unter Beweis gestellt hat, wie man einen Dialog mit den Nachbarn führt und im Zuge eines politischen Prozesses das maximal Machbare für unser Heimatland Österreich umsetzt. Dafür bin ich ihm dankbar, und ich werde auch in Zukunft auf diese Vor­gangsweise vertrauen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


16.59

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Einige Argumente aus der Sicht der Debatte: Erstens sollten wir die beiden Kernkraftprojekte Bohunice und Mochovce auseinander halten, einfach auch der Redlichkeit halber. Bohunice – da hat Frau Dr. Glawischnig hundertprozentig Recht – ist ein Uralt-Kraftwerk sowjetischen Stils und ist daher zu Recht auf die Liste dieser drei zu schließenden Kernkraftwerke gekommen. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Mochovce ist natürlich etwas anderes, das muss man schon auch sagen. In den Jahren 1998 und 1999 sind diese beiden Blöcke ans Netz gegangen, und sie sind auch in dieser Form unter den Sicherheitsregime-Vorstellungen der Union aufgenommen worden. Aber es ist ein ganz anderes Risiko, das hier zu nennen ist, und daher muss man auch, glaube ich, die Argumente auseinander halten.

Das erste war: Wenn Bohunice nicht geschlossen wird, dann ist das ein Bruch des Beitrittsvertrags der Slowakei, und daher hat jeder Recht, der Herrn Wirtschaftsminister Pavol Rusko und den designierten Präsidenten Gašparovic dafür kritisiert. Da gibt es keinerlei Dissens zwischen uns.

Ich bitte, jedoch auch zu berücksichtigen, dass ganz klare Aussagen des Außenminis­ters Edi Kukan und des Regierungschefs Mikuláš Dzurinda vorliegen, dass die Slowakei zu diesem Vertrag steht, und die Kommission hat das auch ganz eindeutig bekräftigt. Ich meine, man sollte auch anerkennen, dass es eigentlich durch unser Drängen – auch durch die regionale Partnerschaft und die sehr vertrauensvollen Bezie­hungen – innerhalb von Stunden möglich gewesen ist, das zu klären. Da gibt es jetzt eben eine absolute positive Stellungnahme von den Spitzen der slowakischen Regie­rung. Das ist, so meine ich, auch ein Ergebnis dieser Debatte hier. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Wir sollten nicht die Ergebnisse, die wir bereits erreicht haben, klein­reden. Wenn ich jetzt nur die Schließung von Bohunice, Ignalina und Kozloduj her­nehme, so kann ich sagen: Das ist doch ein großer Erfolg! Dafür gibt ja auch die Union, zum Teil auch mit unserem Geld, 600 Millionen € für die nächsten Jahre aus – das ist ja sehr viel Geld –, zum ersten Mal überhaupt für ganz konkrete Schließungen. Dass wir für die fünf Kraftwerke Temelín, Krško, Paks, Mochovce und Dukovany ganz kon­krete Aufrüstungen durchgesetzt haben, ist doch eigentlich ein Erfolg unserer gemeinsamen Strategie. Da wir zwar nicht überall den Atomausstieg erzwingen können, haben wir jedenfalls auf europäischer Ebene das Sicherheitsthema zu einem wesentlichen und unvermeidbaren gemacht.

Was Mochovce betrifft, ist zu sagen: Die Diskussion um Mohovce ist uralt, die kommt alle Jahre wieder. Der Weiterbau von Mochovce war zum Beispiel einer der Haupt­punkte der Diskussion in den ersten Wochen, als Dzurinda sein Amt angetreten hat. Damals hat der damalige Wirtschaftsminister genau die gleiche Ansage gemacht, indem er gesagt hat: Wir brauchen zwei weitere Blöcke! Dann gab es eine Diskussion,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 172

dass dafür nicht Staatsbeihilfen verwendet werden dürften, private Investoren mit höchsten Sicherheitsstandards aber willkommen seien, und nach einer Kabinetts­diskussion von 20 Minuten war das Thema erledigt, weil es keinen gibt, der das gezahlt hätte. Das deckt sich ja auch mit unserem Argument, dass von der wirtschaftlichen Seite her Kernkraftwerke heute eigentlich unwirtschaftlich sind. Ich denke, dass wir auf dieser Ebene und mit der In-Fragestellung von staatlichen Subventionen gemeinsam weiter arbeiten sollten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der letzte Punkt, meine Damen und Herren: Abgeordnete Moser hat behauptet, dass es seit vier Jahren, nein, entschuldige, seit 1998 keinen Bericht der Bundesregierung, des Bundeskanzlers über die Anti-Atomstrategie mehr gibt. Ich darf vielleicht aufklären: Wir haben seit dem Jahr 2000 die Kompetenzen der Anti-Atompolitik richtigerweise ins Umweltministerium verlagert, jetzt Landwirtschafts- und Umweltministerium. Der letzte Bericht liegt vom Mai 2002 vor, ein umfassender Fortschrittsbericht, der immerhin 116 Seiten umfasst.

Wiederum: Reden wir doch unsere gemeinsamen Anstrengungen nicht klein. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, damit wir dort hinkommen, wo wir gemeinsam hinwollen. Aber im Prinzip: Das, was erreicht wurde, ist jedenfalls auf gutem Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.04

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Van der Bellen. Restliche Redezeit der grünen Fraktion: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


17.04

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Die Regie­rungs­fraktionen legten uns einen patzweichen Antrag vor und erwarten jetzt, dass wir dem selbstverständlich zustimmen. (Abg. Scheibner: Was ist ein Patz?)

Kollege Wittauer von den Freiheitlichen ist so weit gegangen, zu meiner Fraktions­kollegin Glawischnig zu sagen, dass sie, wenn sie dem nicht zustimme, den Raum, das Parlament verlassen sollte. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat, das wird sein Geheimnis bleiben. Falls er damit das gemeint hat, was ich befürchte, dann wüsste ich jemand anderen, der das Parlament verlassen sollte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was steht denn in diesem Antrag von ÖVP und FPÖ drinnen? Der einzige Punkt, der relativ hart formuliert ist, ist der bezüglich Bohunice. Kunststück, wenn sogar die EU-Kommission darauf drängt, dass der Beitrittsvertrag mit der Slowakei gefälligst einge­halten werden muss, dann wird es auch den Regierungsparteien nicht schwer fallen, sich dem anzuschließen. Das ist ja noch das Gute am Antrag., aber vor allem von den Rednern der ÖVP habe ich heute gehört: Nehmt das nicht so ernst, das ist ja nicht so, das ist ein Minister, eine Einzelmeinung und so weiter! (Abg. Dr. Fasslabend: Stimmt nicht!) Das habe ich gehört! Ich weiß nicht, mit wem Sie inzwischen gesprochen haben, das habe ich jedenfalls Ihren Reden entnommen. Ich meine, diese Wortmeldung des Herrn Gašparovic, des zukünftigen Staatspräsidenten der Slowakei, bei allem Respekt, ab 15. Juni ist er Präsident, das ist nicht irgendwer! Das muss man auf der Zunge zergehen lassen – ich zitiere –:

Ich bin auch gegen die Abschaltung des Atomkraftwerks Bohunice zu dem von der EU vorgeschlagenen Termin. – Zitatende.

Ein unterschriebener Vertrag ist plötzlich ein von der EU vorgeschlagener Termin. So wird es, in aller Freundschaft, nicht gehen! Das schreiben wir auch deutlich in unseren Antrag hinein. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Par­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 173

tik-Pablé: So schaut es halt aus!) Bei Ihnen ist es halt, na ja, immerhin ein „Mit-Nachdruck-Bestehen“.

Beim Punkt Mochovce, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ: Das genügt Ihnen, geeignete Maßnahmen gegen den Ausbau von Mochovce zu setzen? Das verlangen Sie von der Bundesregierung. Geeignete Maßnahmen? Das heißt nichts! Sie sind mit jeder Maßnahme einverstanden, weil das ja völlig undefiniert ist, was das heißt. Bei uns ist viel schärfer formuliert, was wir von einer geeigneten Maßnahme in diesem Zusammenhang erwarten.

Herr Bundeskanzler Schüssel, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie in diesem Zusammenhang nicht so wie heute uns hier in Österreich darauf hinweisen würden, dass die Rechtslage halt leider so sei, dass jedes Land seine Energieform selber wäh­len könne. Das stimmt zwar, und das wissen wir auch. Aber wenn wir schon in Österreich damit anfangen, zu sagen, es sei kein Unterschied zwischen einem österreichischen Kleinwasserkraftwerk oder einem Laufkraftwerk und Bohunice oder Mochovce, dann muss ich sagen: Na danke vielmals! Da sehe ich schon einen großen Unterschied! Die österreichischen Kraftwerke gefährden niemanden, Mochovce aber sehr wohl. (Abg. Scheibner: Ihr habt euch ja gegen jede Junktimierung ausge­sprochen!)

Ich habe auch völlig vermisst einen Hinweis Ihrerseits darauf – wenigstens ein einziges Wort hätten Sie darüber sagen können; insbesondere von Seiten der ÖVP-Kollegen hätte ich das erwartet –, dass sich die sicherheitspolitische Dimension dieser Fragen vollkommen verändert hat, seit es die neue Dimension des Terrors gibt. (Abg. Dr. Fasslabend: Na geh!) Das ist keine Angstmache, das ist einfach nur die Logik: Wir stehen vor einer neuen Situation, aus der Konsequenzen zu ziehen sind! Diese sind natürlich insbesondere dann für uns interessant, wenn ein solches mögliches terroristisches Ziel ein paar Kilometer – ich untertreibe jetzt – vor der österreichischen Grenze steht. (Abg. Scheibner: Nie seid ihr bereit, daraus die Konsequenzen zu ziehen!) Na ja, Herr Scheibner, ich weiß nicht. Haben Sie vielleicht darüber geredet? Aus dem Antrag entnehme ich nicht, dass das Ihnen ein Problem ist.

Zu Punkt 3: Die Energiepartnerschaften sind so wie in der Vergangenheit fort­zusetzen. – Ich sage Ihnen ganz offen: Sicher nicht! Das wollen die Grünen nicht, nämlich das so wie in der Vergangenheit fortzusetzen. Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass es seinerzeit eine Initiative bezüglich Temelín gegeben hat – das war noch, bevor die Verhältnisse so vergiftet waren –, eine Partnerschaft zu konstruie­ren, eine Energiepartnerschaft, der tschechischen Republik entsprechende finanzielle Hilfeleistungen beim Umstieg zu geben und so weiter. Das Echo in der österreichi­schen Politik auf diesen Vorschlag von Rudi Anschober und anderen Grünpolitikern war gleich null. Einen einzigen hat es gegeben, der das unterstützt hat, allerdings erfolglos: Das war damals Herr Leitl. Ich weiß nicht, ob er damals noch Landesrat in Oberösterreich war oder schon Wirtschaftskammerpräsident. Er hat das unterstützt, sonst niemand. Wenn Sie das so wie in der Vergangenheit fortsetzen, dann wird das genau zu dem gleichen Effekt führen wie bisher, nämlich zu gar nichts.

Letztlich, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, EURATOM kommt in Ihrem Antrag überhaupt nicht vor. Das ist für Sie anscheinend kein Thema, da gibt es keinen Auftrag an die Bundesregierung. Bundeskanzler Schüssel hat das heute in seiner zweiten Stellungnahme erwähnt, dass das immerhin etwas ist, was zu verfolgen ist, und zwar angesichts der Tatsache, sagte Schüssel, dass Kernkraftwerke heute unwirt­schaftlich sind.

Was ist mit dem EURATOM-Vertrag? Das ist für Sie kein Thema in Ihrem Antrag? – Ich appelliere an die Ökonomen unter Ihnen, Herrn Stummvoll zum Beispiel. Der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 174

EURATOM-Vertrag ist ein Fremdkörper in diesem Vertragswerk. Er gehört auch nicht in die Verfassung, dort schon gar nicht hin. Er bildet eine Wettbewerbsverzerrung er’s­ten Ranges innerhalb der Energieträger ab. Nirgends sonst, in keinem anderen Ener­giebereich sind derartige Förderinstrumente vorgesehen wie für die Atomindustrie. Sie wissen das genauso gut wie ich. Das macht es ja auch wirtschaftlich gesehen – vom Sicherheitspolitischen einmal ganz abgesehen – so wichtig und richtig, EURATOM anzugehen. Ich erwarte mir, dass die österreichische Präsidentschaft spä­testens 2006 hier entsprechende Maßnahmen setzt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.10

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Restliche Redezeit der Volkspartei: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.10

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Van der Bellen, nach Ihrer Rede ist es notwendig, einige Klarstellungen zu treffen, von denen ich nicht vermutet habe, dass Sie auf Basis des bisherigen Vier-Parteien-Konsenses überhaupt nochmals zu wiederholen sind. Ich tue es, damit es klargestellt ist.

Erstens: Die Österreichische Volkspartei hat in der Antiatomfrage eine unmissverständ­liche, klare und vom ersten Augenblick an gültige Haltung: Wir sind für einen euro­päischen Ausstieg aus der Atomenergie! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: Wir haben eine sehr klare Haltung: Wir treten für die Schließung von Atom­kraftwerken ein, die nicht den Standards entsprechen, und haben das auch durch­gesetzt! (Abg. Dr. Glawischnig: Wir wollen alle schließen!)

Meine Damen und Herren! Österreich ist es gewesen und gelungen, dass in den Bei­trittsverhandlungen über die Erweiterung der Europäischen Union um zehn Mitglied­staaten erstmals in der Geschichte der Europäischen Union das Sicherheitsthema überhaupt ein Thema wurde, und auf Basis dieser österreichischen Initiative sind genau jene Beitrittsverträge zustande gekommen, auf deren Einhaltung auf Punkt und Beistrich wir selbstverständlich auch in Richtung Slowakei beharren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Drittens: Als damals in der Bundesregierung Mitverantwortlicher für den Mel­ker Pro­zess und das Brüsseler Abkommen kann ich Ihnen sagen, dass wir mit diesem Modell in der Europäischen Union Neuland betreten haben, das für andere Länder Vorbild geworden ist.

Meine Damen und Herren! Ich erinnere daran, dass Irland bei Österreich nachgefragt hat, wie wir das gemacht haben, als es um die irisch-britischen Auseinandersetzungen zum Thema Sellafield gegangen ist. Da haben die Iren gesagt: Das, was Österreich erreicht hat, ist vorbildlich! – Ich halte das auch für richtig.

Viertens: Herr Kollege Van der Bellen! Es besteht kein Zweifel daran, dass wir in der Energiepolitik in Europa selbstverständlich zur Umorientierung stehen und mit dem Modell der Energiepartnerschaften zur nachhaltigen Orientierung der Energiepolitik ganz maßgeblich beitragen. Diese Grundlinie ist unmissverständlich und klar, weil sie der Nachhaltigkeit verpflichtet ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Fünftens – letzte Bemerkung, meine Damen und Herren –: Auch was EURATOM be­trifft, haben wir eine klare Position, die übrigens ein Konsens aller vier Parlaments­parteien ist. Ihre Kollegin hat gesagt, wir sollten nicht alles wiederholen, was schon


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 175

Konsens ist. In der EURATOM-Frage haben wir ihn. Österreich ist es, das die Revisionskonferenz, initiiert von Benita Ferrero-Waldner, in Zusammenarbeit mit Joschka Fischer ins Leben gerufen hat. (Abg. Brosz: Und wo hat sie stattgefunden?) Diese Revisionskonferenz, von der wir hoffen, dass sie dann auch die notwendigen Erfolge bringt, ist eine österreichische Initiative. Wir brauchen uns nichts vorzuwerfen und vorwerfen zu lassen, meine Damen und Herren!

Ich appelliere an Sie: Stimmen Sie bei diesem Antrag mit, damit wir den Weg des Vier-Parteien-Konsenses in der Anti-Atompolitik auch heute klarmachen und damit wir auch den Slowaken die richtige Antwort und das klare Signal des österreichischen National­rates senden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Rest­liche Redezeit seiner Fraktion: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.14

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Auch wir möchten begründen, warum wir diesem in der Tat sehr weichen Antrag von ÖVP und FPÖ nicht zustimmen können. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wie war das mit Swoboda?) Ich möchte nur hinzufügen, dass die Antwort vom Klubobmann Molterer auf den Diskussionsbeitrag von Alexander Van der Bellen, der zu Recht – und ich teile jeden Punkt seiner Kritik – an diesem „patz­weichen“ Antrag, wie er gesagt hat, der beiden Regierungsparteien Kritik geübt hat, auf einzelne Punkte nicht wirklich eingegangen ist. Mir greift es auch viel zu kurz, zu sagen, dass wir im EURATOM ohnehin irgendwo einen Konsens gefunden haben, daher schreiben wir ihn gar nicht rein. Da sind sicher ein paar Punkte enthalten, wo wir Konsens haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ist das der Brief von Swoboda?) Es geht um die Frage, wie man das ausformuliert, wie man das interpretiert und was man letztlich darunter verstehen kann. Wir alle können Anträge schreiben, die präzise sind, oder man kann natürlich auch, wie Sie es getan haben, Anträge präzise unpräzise schrei­ben, weil Sie einfach zu der einen oder anderen Frage keine klare politische Position beziehen wollen. Es fehlt daher auch – und das ist zugleich einer der Gründe, warum wir nicht zustimmen – der Bezug auf EURATOM.

Wenn Sie von der Revisionskonferenz zu EURATOM sprechen, initiiert von der Frau Außenministerin und in Zusammenarbeit mit Joschka Fischer, und so weiter, so frage ich Sie: Wo gibt es sie? Wo sind die Ergebnisse? Wo hat sie stattgefunden? Das ist jedenfalls etwas, das ein glattes Minus in ihrer so genannten Anti-Atompolitik ist, wo Sie keinen Nachweis erbringen können.

Wir haben eigentlich die Perspektive, Ausstiegsmöglichkeiten zu eröffnen, sodass nicht österreichisches Steuergeld für den weiteren Ausbau von Atomkraftwerken verwendet wird. Das ist doch die Wahrheit! Das führt zu einer Verfälschung des Wettbewerbs bei den Energieträgern, weil das in Wahrheit subventioniert wird. Das alles sind doch Kritikpunkte! Da könnten Sie auch Ihren neoliberalen Geist wieder erwecken, der in Ihnen schlummert, aber leider immer bei den falschen Fragen aufwacht und nicht dort, wo es eigentlich notwendig wäre, dass Sie diesen neoliberalen Geist einmal ausleben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es ist auch zu wenig, wenn Sie schreiben: ... ersucht die Bundesregierung, mit Nach­druck auf einer vollständigen, vollinhaltlichen Umsetzung ... Was heißt „mit Nach­druck“? – Also Klagsdrohung, also treffen wir uns vor dem Europäischen Gerichtshof. (Abg. Mag. Molterer: Was hat denn der Bundeskanzler gesagt?) Wenn Sie wollen, dass wir einem Antrag zustimmen, dann muss dieser Gedanke und dieser Punkt drin­nenstehen, und dann sollten Sie nicht sagen: Am Soundsovielten hat es der Bun­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 176

deskanzler gesagt, dann irgendwann einmal der Klubobmann Molterer! Irgendein anderer hat es gar nicht gesagt, aber gedacht! – So kann man nicht Politik machen!

Wenn man einen Antrag präsentiert, für den man die Zustimmung haben will, dann muss man erstens einmal früher darüber reden, dann muss es zweitens auch eine Konsensformulierung geben und dann muss sie drittens präzise sein und wirklich nachweisen ... (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Nicht lachen! – ...wirklich nachweisen, dass Sie den Ausstieg aus der Atomenergie wollen. –Mit Ihrer bisherigen Politik haben Sie das jedenfalls nicht nachgewiesen!

Es fehlt im Übrigen auch der Grundgedanke einer europaweiten Volksabstimmung, damit man wirklich erzwingt, dass es diesen Ausstieg aus der Atomenergie gibt, den Sie mit ihrem Pragmatismus dauernd in Frage stellen. Sie sprechen davon, dass jedes Land ohnehin seine Energieformen und Energieträger bestimmen kann und dass man daher nichts machen kann, wenn es ein paar Länder gibt, die nach wie vor bei der Atomenergie bleiben.

Das sind dann teilweise nichts anderes als ein paar Glaubensartikel, aber ohne jede realpolitische Konsequenz. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das ist zu wenig! Daher können wir dem nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.17

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor. Damit schließe ich die Debatte.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag 397/A (E) der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schweigen und Untätigkeit zu den Ausbauplänen der slowakischen Regierung bezüglich Mochovce, der Lebens­zeitverlängerung von Bohunice V1 sowie dem Europäischen Atomausstieg.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die diesem Antrag Glawischnig zustim­men, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag fand keine Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten Dr. Cap und Fraktion betreffend das Instrument einer EU-weiten Volksabstim­mung, die Abhaltung einer solchen Volksabstimmung über einen europaweiten Ausstieg aus der Atomenergie.

Ich darf bitten, dass jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag Dr. Cap zustimmen, ein diesbezügliches Zeichen geben. – Der Antrag fand keine Mehrheit und ist daher mehrheitlich abgelehnt.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wittauer, Kopf und Fraktionen betreffend die Bekräftigung der bisherigen öster­reichi­schen Anti-Atompolitik.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen wollen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Antrag Wittauer, Kopf wird mit Stimmenmehrheit angenommen. (E 51.)

Damit haben wir die Verhandlungen zur Dringlichen Anfrage erledigt.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nun zur Durchführung einer Kurzdebatte. Diese Kurzdebatte betrifft den Antrag der Abgeordneten Mag. Lunacek, dem Finanz­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 177

ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 25/A (E) betreffend Einführung einer Devisentransaktionssteuer eine Frist bis zum 15. Juni des heurigen Jahres zu setzen.

Nach Schluss der Debatte wird über diesen Antrag abzustimmen sein.

Wir gehen in die Debatte ein.

Kein Redner darf länger als 5 Minuten sprechen, mit Ausnahme des Erstredners, der zur Begründung des Antrages 10 Minuten Redezeit zur Verfügung hat. Jede Fraktion kann in der Debatte einen Redner stellen.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.20

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dieser Fristsetzungsdebatte geht es um die Devisentransaktionssteuer. Ich weiß, dass das manchem nicht ganz leicht über die Lippen kommt, ich werde auch erklären, worum es dabei geht, aber zuerst einmal zu dem Hintergrund dieser Debatte:

Es geht dabei um einen Antrag, der von uns Grünen schon in der ersten Sitzung der jetzigen Legislaturperiode, nämlich am 20. Dezember 2002, gestellt wurde und bis heute den Weg auf die Tagesordnung des Finanzausschusses nicht gefunden hat.

Wir haben damals, beeindruckt von mehreren Aussagen der Außenministerin im Wahlkampf, gedacht, dass es vielleicht gewisse Hoffnungen gibt, dass auch die ÖVP bereit ist, über das Thema Tobin-Tax, also Devisentransaktionssteuer, zumindest im Parlament zu debattieren, und haben diesen Antrag gestellt.

Lassen Sie mich das Zitat der Außenministerin vom 23. Oktober 2002 hier erwähnen. Sie hat damals gemeint: Ich werde mich für innovative Methoden einsetzen, die Mittel, die für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stehen, zu vermehren. Dazu gehören auch außerbudgetäre Maßnahmen, wie die Einführung einer Tobin-Tax, einer kleinen Abgabe auf internationale Finanzspekulationen, um deren Gefährlichkeit für schwächere Volkswirtschaften zu lindern und gleichzeitig zusätzliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zu bekommen. – Das sagte die Außenministerin – und nicht die Grünen – im Oktober 2002.

Auf diesen Aussagen basierend hatten wir uns gedacht, da wird die ÖVP, vielleicht auch die FPÖ, wer immer in der Regierung ist – wir waren es nicht –, doch bereit sein, darüber im Nationalrat zu debattieren. – Herr Kollege Stummvoll lächelt. Es würde mich interessieren, warum das nicht einmal auf die Tagesordnung gekommen ist, warum Sie anscheinend nicht einmal Interesse haben, das zu debattieren. Warum haben die Regierungsfraktionen kein Interesse daran, Themen, die nachhaltig sind – ein Wort, das von Ihnen jetzt gerne in den Mund genommen wird –, und zwar sowohl sozial als auch ökologisch und auch wirtschaftlich nachhaltig, zu debattieren?

Wir haben nicht gesagt, dass wir ein Gesetz zur Umsetzung wollen, sondern wir haben gesagt, dass wir nur einmal eine Debatte darüber wollen, eine Initiative von öster­reichischer Seite her setzen. – Nein, leider ist nichts davon geschehen.

Worum geht es denn bei dieser Tobin-Steuer? – Es sind drei Punkte, die relevant sind: Zum einen wäre es dadurch möglich, einen Schritt in Richtung wirtschaftliche Stabili­sierung zu setzen, und zum anderen könnten gegen Wirtschaftsschocks, die durch Spekulationen vor allem bei den kurzfristigen Devisentransaktionen auftreten, Maß­nahmen gesetzt werden, um diese zu verhindern. Drittens würde dieses Instrument zusätzliche finanzielle Mittel, und zwar nicht wenige – das geht in die Milliarden Euro –, für Entwicklungszusammenarbeit, aber auch für die Erfüllung der Millenniums-Ent­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 178

wicklungsziele, die von der UNO mit der Unterstützung Österreichs bei der UNO-Generalversammlung im Jahr 2000 beschlossen worden sind, zur Verfügung stellen.

Es ist mir unverständlich, dass eine Initiative, die nichts kostet – dafür müssten wir nicht einmal sparen, im Gegenteil, sie würde sogar zusätzlich Geld bringen, es fehlt nur der politische Wille –, nicht einmal aufgegriffen wird. Man sagt nicht einmal: Jetzt reden wir einmal darüber! Das ist mir wirklich unverständlich, Herr Dr. Stummvoll und meine Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ! Das kostet doch nichts! (Beifall bei den Grünen.)

Etwas, das nichts kostet, wäre schon etwas. Aber wir werden sehen, was Sie sagen. Vielleicht sind Sie bereit, es in Zukunft zu tun und zumindest im nächsten Finanz­ausschuss eine diesbezügliche Debatte zuzulassen.

Die Tobin-Steuer ist sozusagen der geläufige Name für den doch etwas schwierigeren Begriff der Devisentransaktionssteuer. Der Name geht auf den Wirtschaftsnobel­preis­träger James Tobin zurück, der schon 1972 eine 1-prozentige Steuer auf Wäh­rungs­tausche, also Devisentransaktionen, vorgeschlagen hat, um etwas Sand ins Getriebe dieser Spekulationen zu bringen, um Devisengeschäfte, die vor allem von Banken, von Großbanken, von einzelnen Spekulanten gemacht werden, zu reduzieren und dadurch vor allem schwächere Volkswirtschaften zu stabilisieren.

Das Stabilitätsrisiko ist Ihnen sicher nichts Neues. Das haben wir gerade in den neun­ziger Jahren bei der großen Finanzkrise in Südostasien gemerkt, die unter anderem durch Spekulationsüberhitzung entstanden ist, und diese hat laut ILO – das sagt also nicht irgendwer, sondern die Internationale Arbeitsorganisation – in diesen Jahren an die 10 Millionen Jobs gekostet. Wenn Sie angesichts dessen sagen, dass das nichts Wichtiges wäre, wo vielleicht auch Österreich initiativ werden könnte, noch dazu, wo es dem Budget nichts kostet, sondern sogar noch etwas bringt, dann müssen Sie mir das erklären. Warum haben Sie das nicht vor? (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich aber auch noch in die jüngere Vergangenheit zurückgehen und erklären, warum das gerade Ende der neunziger Jahre nach dieser Krise in Süd­ostasien, aber auch in Lateinamerika und jetzt wieder aktueller geworden ist.

Wenn man sich die Devisentransaktionen ansieht, dann muss man sagen, dass diese seit Anfang der siebziger Jahre geradezu explodiert sind, nämlich von 70 Milliarden Dollar auf 1 100 Milliarden Dollar pro Tag im Jahr 2001. Der Welthandel hingegen hat sich in diesen Jahren nur verzweieinhalbfacht, auf 25 Milliarden Dollar pro Tag. Die Direktinvestitionen schlagen sogar mit weniger als 3 Milliarden Dollar pro Tag zu Buche. Das heißt also: Das, was real in die Wirtschaft geht, ist ein Bruchteil dessen, was im Bereich der Spekulationen von wenigen an Geld vermehrt wird, was aber keine realen Auswirkungen auf die Wirtschaft und auf die Arbeitsplätze hat.

Das ist der Grund, warum in den letzten Jahren von verschiedensten Organisationen, aber auch von Ökonomen und von Regierungen, und zwar von nicht wenigen Regie­rungen, Initiativen gesetzt wurden. In Frankreich, in Belgien gibt es dazu sogar schon Gesetze. Die haben, sozusagen sich vorbereitend darauf, dass es eine europäische Initiative gibt, gesagt: Gut, dann bereiten wir einmal die nationalen Gesetze dafür vor, passen wir die Gesetze im Bereich des Bankwesens und im Bereich der Steuern an, um bereit zu sein, wenn es solch eine Initiative auf EU-Ebene gibt. – Das wäre doch auch etwas für Österreich. Vielleicht könnte man sich das für die österreichische EU-Präsidentschaft im Jahr 2006 vornehmen.

Neben der wirtschaftlichen Stabilisierung ist der zweite Punkt, dass damit sehr viel Geld hereinkommen würde. Dieses Geld sollte unserer Meinung nach nicht nur für das nationale Budget verwendet werden, sondern vor allem dazu, um das spärliche – um


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 179

nicht zu sagen mickrige – österreichische Budget für Entwicklungszusammenarbeit endlich einmal aufzustocken. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich habe gerade heute eine Mitteilung vom Stadtamt in Vöcklabruck bekommen, die übrigens an alle Klubobleute des Nationalrates gegangen ist, dass es einen einstim­migen Beschluss gibt, dass diese Initiative der 0,7 Prozent, dass die Entwicklungs­gelder jedes Landes 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens ausmachen sollen, bis zum Jahr 2010 erreicht werden soll. Das war ein einstimmiger Beschluss in Vöckla­bruck und auch in Ansfelden, also von allen Fraktionen, auch von ÖVP und FPÖ beschlossen. Ihre Leute auf Gemeindeebene sind sehr wohl dafür, dass man in diese Richtung etwas tut. Die Tobin-Steuer, die Devisentransaktionssteuer, wäre eine Möglichkeit, da etwas weiterzubringen.

Jetzt sagen natürlich viele: Österreich allein kann doch nichts machen, wir sind doch innerhalb der EU, das geht doch alles nicht, und wir können nichts machen, die an­deren sind schuld! Und so weiter. – Im Jahr 2002 hat die deutsche Entwicklungs­ministerin den bekannten Ökonomen Spahn mit der Durchführung einer Studie beauf­tragt, der zu dieser Frage Folgendes festgestellt hat: Der EU-Raum plus der Schweiz wären eine Möglichkeit! Man muss nicht auf die USA oder auf andere Staaten warten! Das würde genügen!

Sie lachen und denken sich, die Briten machen da nie mit, und die Schweizer auch nicht, aber haben Sie vor zehn Jahren geglaubt, dass es einen Internationalen Straf­gerichtshof geben wird? – Ich weiß, er ist noch nicht ideal, denn die USA machen noch nicht mit und andere auch nicht, aber wenn man immer nur zuwartet in der Hoffnung, dass die anderen etwas tun, und dann vielleicht nachzieht, dann geschieht nie etwas. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP und auch von der FPÖ! Sie sind doch diejenigen, die, seit Sie in der Regierung sind, immer sagen: Wir sind so innovativ, wir machen so viel Neues! „Speed kills“ war sogar ein Motto von Ihnen. Von Speed habe ich in diesem Bereich von Ihnen leider nichts gemerkt. Ein bisschen mehr Speed in diese Richtung wäre wohl angesagt. Ein bisschen mehr an Innovation, wenn es um tatsächlich neue Maßnahmen geht, wäre wünschenswert. Diese Maßnahmen – ich wiederhole es noch einmal – kosten nichts und sind technisch machbar. Es ist mir schon klar, dass es einen gewissen Anlauf dafür braucht und dass es nicht so ist, dass, wenn die österreichische Bundesregierung heute sagt, das müsse geschehen, schon morgen auch wirklich etwas geschieht, aber man sollte wenigstens eine Initiative setzen und in diesem Fall von den Aussagen der Außenministerin im National­rats­wahl­kampf 2002 lernen, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.30

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Pro Wortmeldung stehen 5 Minuten Redezeit zur Verfügung.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


17.31

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe gerne zu, dass die Tobin-Tax eine jener Ideen ist, die vom Denkansatz her unglaublich faszinierend ist, genauso faszinierend wie zum Beispiel die Wertschöpfungsabgabe, aber es muss einen Grund haben, warum die Idee der Tobin-Tax aus dem Jahre 1972 oder die Idee der Wertschöpfungsabgabe aus dem Jahr 1964 jahrzehntelang nicht verwirklicht wurde. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lich­tenberger.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 180

Der Grund ist der, Frau Kollegin, dass der Denkansatz wahnsinnig bestechend ist. Wenn man sich ein bisschen näher mit dieser Idee beschäftigt, dann kommt man darauf, dass da Barrieren bestehen, die eigentlich unüberwindbar sind. Es hat im Herbst 2001 der berühmte James Tobin, Wirtschaftsnobelpreisträger, in einem län­ge­ren Interview im „Spiegel“, Nr. 36/2001, auf die Frage: Glauben Sie selbst, dass Ihre Steuer einmal eingeführt wird?, geantwortet: Keine Chance, fürchte ich!

Der Deutsche Finanzminister Eichel hat voriges Jahr gesagt – Eichel steht uns nicht nahe, das wissen Sie –, die Tobin-Steuer könne nur dann effizient sein, wenn sie prak­tisch alle Länder dieser Welt einführten, und das sei eine Illusion. – Das heißt, Frau Kollegin Lunacek, wir haben folgendes Problem: Diese Idee ist zweifellos bestechend. Wer würde dagegen auftreten, dass Devisenspekulationen in Milliardenhöhe, die ganze Währungen gefährden können, nicht besteuert werden? Da hat niemand von uns etwas dagegen. Das Problem ist nur, dass selbst die EU-Ebene meines Erachtens viel zu eng gefasst ist. Da bin ich der Meinung von Eichel, nämlich: Wenn diese Steuer eingeführt wird, dann müssen die USA, Asien und Japan mitmachen, und dann darf es keine Steueroasen mehr geben.

Sie wissen genau, heute läuft das alles zum Teil über Internet auf Knopfdruck. Zu glauben, auf EU-Ebene allein könne man da etwas machen, ist falsch. Ich sage Ihnen: Selbst dann, wenn die USA mitmachen, und selbst dann, wenn Japan mitmacht, ist das Problem nicht lösbar. All das läuft heute über Steuerparadiese, Steueroasen, wo auf Knopfdruck über Internet Milliarden an Devisen hin und her geschoben werden, obwohl das niemand von uns will.

Wir alle wollen Lösungen, und ich bin der Frau Ministerin Ferrero-Waldner sehr dank­bar dafür, dass sie sich da engagiert hat, aber es ist, gebe ich zu, praktisch aus­sichtslos, da auf einen Erfolg zu hoffen, weil die konkreten Barrieren einfach viel zu groß sind und eine im Denkansatz unglaublich bestechende Idee einfach daran scheitern würde, dass wir leider nie einen Konsens aller Staaten dieser Welt erreichen würden.

Frau Kollegin, daher finde ich es schon ein bisschen grotesk, eine Idee, die seit 34 Jahren weltweit diskutiert wird, mittels Fristsetzung von wenigen Tagen ins Par­lament bringen zu wollen. Das ist geradezu absurd. Ich bin aber gerne bereit, stundenlang über dieses Thema zu diskutieren.

Wissen Sie, was James Tobin in diesem Interview mit „Spiegel“ noch gesagt hat? Er hat auf die Frage: Was sagen Sie dazu, dass in der EU die Wirtschafts- und Finanz­minister über die Tobin-Tax diskutieren, gesagt: Just for show! – Für „just for show“ bin ich nicht zu haben, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.34

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.34

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Leere Regierungs­bank! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die Showfrage, Herr Kollege Stumm­voll, haben Sie wohl selbst gelöst. Sie sagten, wir haben eine bestechende Idee, die daran scheitert, dass sie niemals umgesetzt werden wird. Die Antwort darauf ist relativ einfach: Wenn diese Haltung Platz greift, so nach dem Motto: Es gibt irgendwo ein Schlupfloch, es gibt irgendwo ein Steuerparadies!, dann brauchen wir gar nicht anzu­fangen, dann würde ich doch fast vorschlagen, wir zitieren Dr. Böhmdorfer her, dann können wir das nämlich mehr als vergessen und kommen dann vom Rauschgifthandel


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 181

über die Geldwäscherei zum Schmuggel mit allen anderen Dingen. – Das ist eine Ausrede! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: 30 Jahre rote Finanzminister!)

Ich möchte aber auf einen wichtigen Punkt Bezug nehmen: Wir haben einen Frist­setzungsantrag hier liegen, den Kollegin Lunacek am ersten Tag dieser Gesetz­gebungsperiode, am 20. Dezember 2002, eingebracht hat. Sie haben es seither nicht einmal der Mühe wert gefunden, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu setzen. Das ist Fundamentalverhinderung von Diskussionen in diesem Haus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es sollte nicht Stil dieses Hauses sein, dass man solche Dinge, die noch dazu ganz wichtige Wahlversprechen der „Benita“, wie unsere Frau Außenministerin seit dem Wahlkampf so schön heißt, aus den letzten Tagen des Nationalratswahlkampfes sind, auf die lange Bank schiebt. Sie hat mit dieser Meldung nichts anderes gemacht, als einem interessierten Teil der Öffentlichkeit – und zwar einem Teil, der sich nicht mit dem pessimistischen Hinweis, da könne man nichts machen, das sei 30 Jahre lang schon so gewesen (Abg. Dr. Stummvoll: 30 Jahre rote Finanzminister!), abgefunden hat, sondern darum kämpft – kundzutun, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss, also ein Versprechen gegeben

Ich zähle zu jenen – ich sage das ganz offen hier –, die sich nicht damit begnügen, dass man sagt, das sei zu schwierig, das packe man daher gar nicht an. Ich werde mich darum bemühen und dafür einsetzen, dass solche Dinge umgesetzt werden, und deswegen unterstütze ich dieses Vorhaben.

Herr Kollege Stummvoll! Wir haben einen Finanzausschuss, und es wäre sinnvoll, im Rahmen dessen darüber zu diskutieren. Der Entschließungsantrag ist nichts, was ein Problem für die Regierung darstellt. Er würde Sie nur zwingen, das Versprechen im Wahlkampf ernst zu nehmen, und würde dazu führen, dass das kleine Österreich innerhalb der Union aufsteht und sagt: Wir müssen in diesem Bereich etwas tun!

Wenn die Union sagt: Wir wollen eine Devisentransaktionssteuer!, dann ist das über­haupt kein Problem. Wir können auch als Union dabei das Außensteuerrecht verwirk­lichen. Da hat die Spahn-Studie Recht, wenn sie aussagt, dass man in Wirklichkeit gegen das Ausweichen auf Finanzplätze, wo die Steuer nicht eingehoben wird, einen Nachforderungstatbestand setzen kann.

Wer dann überhaupt wirtschaftlich in der Union nie mehr tätig sein will, keine Kontrakte führen will, der soll auf den Bahamas oder wo anders tätig sein. Aber in dem Moment, in dem er hier tätig wird, wird eine Nachbelastung in Höhe der Devisentransaktions­steuer stattfinden. Ich denke, dass die großen Handelshäuser dieser Welt auch im Wertpapierbereich dringendes Interesse hätten, sich diesen Dingen zu unterwerfen. Notabene: Das, was Sie als bestechend bezeichnet haben, Herr Kollege, ist wirklich bestechend.

Für das normale tägliche Geschäft auf den Finanzmärkten ist die Tobin-Tax kein Problem. Aber dann, wenn mit dem Ziel der Arbitrage in einer ganz kurzen Zeit­spanne – mit minimalen Margen aufgeblasenen und hohen Volumen – gehandelt wird, was für Entwicklungen, wie wir sie auf dem Ölmarkt und auf anderen Märkten mit zig Ausschlägen beobachten können, mitverantwortlich ist, haben wir alle ein Problem. Die Antwort „Tobin-Tax“ heißt, man verändert den Markt hin zu einem ordnungsgemäßen Geschäft, das natürlich auch bei Finanzprodukten stattfinden muss und soll.

Niemals wird diese Steuer ein Problem für die reale Wirtschaft sein. Die Einführung der Tobin-Tax wäre eine Chance, Gelder aufzutreiben, und damit könnten wir bei der EZA das tun, was wir seit Jahrzehnten schuldig sind, nämlich Mittel ernsthaft aufzubringen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 182

Meine Damen und Herren! Wir alle, die wir im EZA-Bereich tätig sind, wissen doch: Für die Zielvorgaben, zu denen die Verpflichtung heute schon besteht, stellt uns das Finanzministerium keine Mittel zur Verfügung. Die Frau Außenministerin hat ein Rie­senproblem, denn Sie kann die Zusagen nicht einhalten.

Eine Tobin-Tax-Initiative wäre wenigstens etwas, wo wir zeigen könnten, dass wir gemeinsam, also alle vier Fraktionen, das ernst nehmen und eine europäische Initiative wollen. Ich werbe um Ihre Zustimmung. Ich denke, wir können die weitere Diskussion im Finanzausschuss abwickeln. Ich wünsche mir, dass wir nach zweijährigem Liegen­lassen da ein Schrittchen weiter kommen. – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.39

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeord­neter Bucher. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.39

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon sehr viel zum Devisentransaktionsgesetz gesagt worden, aber ich möchte trotzdem noch einen Punkt in die Diskussion einbringen: Der Herr Tobin war ein Geldtheoretiker, der – leider ist er schon verstor­ben – vor zirka 32 Jahren die Theorie der Tobin-Tax aufgestellt hat, Frau Lunacek, aber in der Zwischenzeit hat sich sehr viel verändert.

Auch in der Europäischen Union hat sich sehr viel verändert. Wie Sie wissen, haben wir mittlerweile einen Stabilitäts- und Währungspakt in der Europäischen Union, und Währungsspekulationen auf europäischer Ebene finden nicht mehr in diesem Ausmaß statt wie beispielsweise noch vor 32 Jahren.

Das heißt, dieses Thema allein auf europäischer Ebene zu diskutieren, das finde ich, ehrlich gesagt, zu wenig, denn das ist viel zu kleinräumig, weil die Devisen­spekula­tionen in erster Linie auf den ASEAN-Märkten stattfinden. Ich denke da nur an den Dollar, der viel zu hoch bewertet ist und bezüglich dessen Japan und auch China mas­sive Deviseninterventionen vorgenommen haben, um den Dollarkurs auf diesem hohen Niveau zu verankern.

Das ist im Grunde genommen ein theoretisches Modell, das wir hier diskutieren, das keine Chance und Möglichkeit haben wird, jemals zur Realisierung zu gelangen. Darüber hinaus glaube ich auch, dass das kein sehr positives Signal wäre, jetzt, da wir versuchen, in Europa und vor allem auch in Österreich die Börsen zu stärken, wieder über eine neue Steuer zu diskutieren.

Wir sollten sehr vorsichtig sein, auch im Umgang mit der Diskussion neuer Steuern. Jetzt haben wir eine tolle Steuerreform gemacht, die ab nächstem Jahr eine Riesen­entlastung von 2,5 Milliarden € bringen wird. Nun wieder eine neue Steuer zu dis­kutieren, das würde ich grundsätzlich als nicht sehr sinnvoll erachten.

Ich denke auch, dass ein Beispiel für uns schon Gewicht haben sollte, nämlich das Beispiel Schweden. In Schweden hat man im Jahre 1994 eine Spekulationssteuer, eine Transaktionssteuer auf den Handel mit Aktien eingeführt. Das war ein lehrreiches Beispiel für uns, denn innerhalb von nur einem halben Jahr sind 50 Prozent aller Aktienspekulationen vom Börsenplatz Schweden nach London abgewandert. Der ge­wünschte Effekt ist also ausgeblieben und hat der Volkswirtschaft sicher wenig ge­bracht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden im Ausschuss darüber diskutieren, aber ich würde das nicht als geeignetes Instrument empfehlen, denn wir haben den Internationalen Währungsfonds als Auf­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 183

sichts­behörde, wir haben in Österreich die Finanzaufsicht und wir haben auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zu diesem Zwecke.

Da sind wir gut beraten, uns dieser Theorie nicht anzuschließen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.42

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Gleiche Redezeit: 5 Minuten. Dann folgt die Abstimmung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.42

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geschätzter Vorredner, Sie haben ein paar Dinge verwechselt. Erstens ist es genau unser Anliegen, dass wir das im Ausschuss diskutieren können. Sie haben das hier offensichtlich mit einer ersten Lesung verwechselt. Faktum ist: Seit Beginn dieser Legislaturperiode liegt der Antrag vor, und er wird – siehe da! – dem Ausschuss nicht zur Behandlung übertragen. Das ist das Problem, und deshalb gibt es hier einen Fristsetzungsantrag unsererseits. – So viel zum Formellen.

Es ist hingegen, Herr Vorsitzender Stummvoll, der gerade nicht da ist, zweitens schon auffällig, dass Sie sonst unsere Zustimmung und Bereitschaft, bestimmte Dinge in Ver­handlung zu nehmen und auf die Tagesordnung zu setzen, immer voraussetzen; Sie bekommen sie dann auch, etwa bei den in der Thematik gar nicht so weit weg befind­lichen Investitionsschutzabkommen et cetera. Da haben wir bereits ewig ausver­han­delt, schon von der letzten Legislaturperiode herrührend, dass wir endlich einmal zu einer Enquete kommen und diese Dinge diskutieren. Das wird aber ständig verscho­ben, und trotzdem rechnen Sie dauernd mit unserer Zustimmung. Wenn Sie einmal über Ihren Schatten springen könnten und diese Debatte, von der der Kollege von der FPÖ ausgeht, im Ausschuss nur zuließen, so wären wir schon einen Schritt weiter.

In der Sache jetzt: Es behauptet ja niemand, dass das einfach und irgendwie um­setzbar ist. Das Wirkungsprinzip ist bestechend einfach, das ist richtig. Das ist erklärt worden.

Ich wiederhole nur noch einmal, dass es eben in erster Linie eine Lenkungsabgabe und keine Finanzierungsabgabe ab, wie Sie offensichtlich gemeint haben, da Sie gerade auf die österreichische Steuerreform verwiesen haben. Es betrifft ausschließ­lich Finanztransaktionen oder in der Auswirkung letztlich Finanztransaktionen, die spe­kulativ sind. Das hat überhaupt nichts mit Aktienhandel an einer speziellen Börse zu tun. Mit diesem Beispiel sind Sie fehlgegangen.

Das wirklich faszinierend Einfache an dieser Sache ist, dass diese kurzfristigen Spe­kulationen, die eben in Bruchteilen von Sekunden vor sich gehen, entsprechend belas­tet werden. Für so eine Arbitrage-Gewinnmitnahme wären etwa – ich sage jetzt eine Hausnummer – 1 bis 2 Prozent oder nur ein halbes Prozent schon sehr, sehr viel. Praktisch kippen da die meisten derartigen Vorhaben schon von alleine heraus, wäh­rend ein ganz normales Devisengeschäft etwa, das nur über ein Jahr oder ein halbes Jahr geht, durch diese Marge schon fast nicht mehr betroffen ist, geschweige denn irgendein reales Geschäft, ein Waren-, Handelsumsatz – abgesehen davon, dass man das wieder mit der Importumsatzsteuer refundieren könnte. Das alles wäre vielleicht schon zu aufwendig, aber dort wird es nicht einmal mehr gespürt.

Eine Investition von etwa zehn Jahren würde dadurch überhaupt nicht mehr tangiert werden, denn mit diesem einfachen Instrument hätten wir schon 0,01 Prozent an Belastung dieser Investition. – Aber sei es drum.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 184

Die Gegnerschaft, Kollege Vorsitzender Stummvoll, und Sie argumentieren, das werde nun nie kommen, weil – ich weiß nicht – die USA nicht mitmachen oder sonst irgend­etwas.

Ja, das ist ein Problem, das stimmt, aber es ist nicht so ein großes Problem, wie Sie sagen. Sie sollten sich einmal die Zahlen anschauen. 80 Prozent des Devisenhandels, um den es hier geht, werden von acht Ländern abgewickelt. Da sind etliche Euroländer dabei.

Wenn man die USA herausnimmt, sind es immer noch 65 bis 67 Prozent, je nach Jahr – sagen wir zwei Drittel. Immer noch! Da frage ich mich schon, ob man das nicht riskieren könnte. In anderen Bereichen warten wir auch nicht immer auf die USA. Ich will hier jetzt gar nicht andere Fragen thematisieren, es passiert Tragisches genug, aber eines fällt mir schon auf: Würden wir überall auf die USA warten, so würden wir ziemlich finster auf der Welt ausschauen! – Dagegen verwahre ich mich auch! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.47

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Alle Fraktionen sind hiezu zu Wort gelangt. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Lunacek, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 25/A (E) der Abgeord­neten Mag. Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Einführung einer Devisentransaktionssteuer („Tobin-Tax“) eine Frist bis zum 15. Juni 2004 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Der Antrag findet keine Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

Diesen Verhandlungsgegenstand haben wir damit erledigt.

Bitte keine Telefongespräche im Sitzungssaal!

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kehren zum Tagesordnungspunkt 4 zurück.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Schweisgut. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

 


17.48

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir kehren jetzt wieder zurück zur Ferienordnung und zum Antrag betreffend langfristige Koordination der Ferienzeiten.

Ich darf noch einmal ansprechen, worum es dabei geht. Es geht da nicht um das Geschäft für einige Tourismusbetriebe, sondern um Rahmenbedingungen für die Zu­kunft. Es geht darum, Probleme, die aus der Ferienordnung 2005 entstehen, für die Zukunft abzufedern.

Wir haben seit einigen Monaten die Diskussion, dass heuer die Semesterferien für 2005 kaum mehr zu ändern sind. Da kommt es zu einer Konstellation, die alle paar Jahre auftritt, nämlich, dass heuer – das hängt mit den Osterferien zusammen – die Faschingswoche in Deutschland, eine der wichtigsten Wintersportwochen im alpinen Raum, gleichzeitig mit den Semesterferien für Wien, Niederösterreich und auch noch


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 185

mit den Krokusferien in den Niederlanden zusammenfällt. Es ist also zu erwarten, dass es zu einem enormen Ansturm auf unsere Schigebiete kommen wird.

Warum ist das eine Problematik für das Parlament? – Ich glaube, dass die Ferien­ordnung und damit auch die Schaffung von Rahmenbedingungen sowohl für die Gäste als auch für die Unternehmer mit unsere Aufgabe sind. Es wird zu einem enormen Ver­kehrsanstieg kommen. Es wird zu höheren Preisen für die österreichischen Familien kommen. Es wird auch zu einem eingeschränkten Sportangebot durch eine Überfül­lung der Schipisten kommen. Es ist daher natürlich unsere Aufgabe, die entsprechen­den Rahmenbedingungen zu verändern.

Wir haben diesen Entschließungsantrag eingebracht, weil wir wissen, dass dieses Problem kurzfristig nicht lösbar ist, dass bereits viele Großveranstaltungen gebucht sind, dass Bälle organisiert sind, dass sich auch Kongresse nach den Ferienzeiten richten und dass sehr viele Buchungen bereits im Vorhinein vorgenommen worden sind.

Die Kompetenz liegt natürlich auch da in verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel im Bereich des Unterrichtsministeriums. Wir fühlen uns aber auch als Wirtschaft dafür verantwortlich. Die Länder müssten natürlich auch ihren Beitrag dazu leisten, so wie es für 2005 nur über Antrag der Länder möglich gewesen wäre, diesbezüglich eine Ände­rung zu erreichen.

Wir wollen daher in Zukunft nicht nur mit Deutschland und nicht nur mit einigen unseren Nachbarländern, sondern generell die Ferienordnung diskutieren: natürlich unter Einbeziehung aller pädagogischen und schulischen Probleme, das heißt, auch mit dem Unterrichtsministerium. Wir wollen aber auch, dass die Tourismuswirtschaft einbezogen wird und dass auch mit den Ländern eine gemeinsame Koordination für die Ferienordnung geplant wird.

Ich freue mich, dass ich Ausführungen von Vorrednern entnehmen konnte, dass sich alle vier Parteien diesem Antrag anschließen werden. Ich glaube, dass es sehr ver­nünftig ist, wenn man eine langfristige Planung machen kann, um eben dann zufriedene Urlauber und auch Zufriedene in der Wirtschaft zu haben, und wenn gleich­zeitig aber die pädagogischen Aspekte nicht außer Acht gelassen werden. Das also soll unser Ziel sein. – Ich danke für die Unterstützung, die alle Parteien gewähren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.51

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Schweisgut, Sie haben von einem Entschließungsantrag gesprochen, der im Ausschuss eingebracht wurde? Jetzt im Plenum ist keiner eingebracht worden. (Abg. Schweisgut bejaht dies.)

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.51

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zunächst kurz auf Ausführungen von Vorrednern eingehen. Herr Kollege Mitterlehner, Sie haben gesagt, das Problem sei relativ einfach skizziert; man müsse das lediglich koordinieren und Konsens anstreben. – Ich wundere mich daher ein wenig und frage mich, weshalb Sie damals den diesbezüglichen Antrag unseres Tourismussprechers Hoscher negiert haben, was eine Regelung für das Jahr 2005 betrifft.

Natürlich ist die Ferienordnung – und dazu gehört auch die Semesterferienordnung – für die Wirtschaft und für die Familien wichtig. Zu den Ausführungen von Kollegin Rossmann, die gemeint hat, man sollte das besser koordinieren und man müsste da etwas flexibler sein: Wen meint sie eigentlich mit „man“? – Wahrscheinlich den Mann,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 186

der jetzt hinter mir sitzt, Herrn Wirtschaftsminister Bartenstein also. (Abg. Schweisgut: Man meint damit die Länder Wien und Niederösterreich!)

Natürlich könnte man das besser koordinieren. Die Österreichische Hoteliervereini­gung, also keine Vorfeldorganisation der SPÖ, hat beispielsweise in einer Presseinfor­mation zu den Semesterferien 2005 geschrieben – ich zitiere –:

Urlaubsfrust statt Urlaubslust. Verkehrschaos und verärgerte Gäste drohen in der zweiten Februarwoche. – Zitatende.

Denken wir doch nur daran, dass 22 Millionen Deutsche, Holländer und Belgier gemeinsam mit den Wienern und den Niederösterreichern in den Urlaub geschickt werden! Denken wir doch auch daran, gerade im Zusammenhang mit der EU-Ost­erweiterung, dass dazu noch ein beträchtliches Mehr an Transitverkehr dazu kommt! Sicherlich eine Urlaubseinbuße für die Familien – und familienfreundlich ist das auch nicht gerade.

An die Wirtschaft denkend, muss ich sagen: Das schmerzt schon, sagt doch diese: Man nimmt einerseits vielen Familien die Möglichkeit der Erholung, und andererseits uns Hoteliers – das ist doch eigentlich Ihre (in Richtung ÖVP) Klientel –, und das ohne erkennbaren Grund, eine Woche Umsätze weg, noch dazu im Februar, wenn uns das doppelt schmerzt, trägt doch schließlich dieser Monat zum gesamten Winterergebnis rund 25 Prozent bei!

Das alles wissen Sie, Herr Bundesminister Bartenstein – und dennoch werden im Jahre 2005 die gleichen Fehler gemacht werden wie in Deutschland! Auch der ARBÖ hat schon gemeint, man könnte diese Situation entschärfen. Auch Kaske meinte, Europa brauche eine gemeinsame Regelung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, solche Fehler sollten nicht mehr gemacht werden. Ich meine, das Parlament, vor allem aber die Bundesregierung ist aufgefor­dert, dafür zu sorgen, dass solche Lösungen, wie sie für 2005 vorliegen, nicht mehr praktiziert werden. Ich meine auch, dass es nicht notwendig ist, dass alle zur gleichen Zeit Urlaub machen müssen und dass es keine Saisonverlängerung gibt. Mittelfristig gesehen ist eine diesbezügliche Koordinierung eben Sache auch dieser Bundesregie­rung. – Ich danke recht herzlich. (Beifall bei der SPÖ.)

17.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Ich darf zunächst einen kleinen Vor­spann bringen, meinen Eindruck hier schildern, den ich aus dem Ausschuss – und das nicht zum ersten, sondern zum wiederholten Male – mitgenommen habe und der auch durch meinen Vorredner wieder bestätigt wurde.

Es taucht irgendwo ein Problem auf – und reflexartig wird eine Schuldzuweisung getätigt: Wer hat wann was versäumt? – Peter Marizzi hat den Herrn Wirtschafts­minister für die fehlende Koordination verantwortlich gemacht. Im Ausschuss wurde Frau Bundesministerin Gehrer dafür verantwortlich gemacht, ebenso der Bundes­minister für Wirtschaft und Arbeit.

Worum geht es denn hier? – Prinzipiell einmal um eine Neuregelung der Semester­ferien. Es gibt den Wunsch der Freizeit- und Tourismuswirtschaft, diesbezüglich eine Verschiebung vorzunehmen. Der Grund ist auch bekannt, wurde schon genannt: Die Ferien in Niederösterreich und Wien, also bevölkerungsstarker Bundesländer, fallen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 187

mit den Ferien von sechs bevölkerungsstarken Bundesländern Deutschlands zusam­men, plus der der Benelux-Staaten.

Zu erwarten ist da natürlich ein Verkehrschaos auf der Anreise zu österreichischen Wintersportgebieten. Es gibt einen Problembereich, nämlich was Unterkünfte betrifft; Überbuchungen sind ja nicht gerade seriös, nicht gerade praktisch oder gar wün­schenswert. – Seitens der Opposition gibt es also automatisch diese Schuldzuweisun­gen: Bartenstein und Gehrer sind schuld an dieser Situation!

Faktum ist – es wäre jetzt ein Leichtes, die Schuld woandershin zu weisen –: Wäre rechtzeitig ein Antrag auf Verschiebung der Semesterferien für Wien und Nieder­österreich gestellt worden, eben seitens der Bundesländer Niederösterreich und Wien, durch die betreffenden Landesschulräte, dann wäre dieser Antrag behandelt worden. Ich glaube jedoch nicht daran, dass es eine vernünftige Lösung geworden wäre, auch wenn man eine solche gesucht hätte.

Es wäre jetzt zwar, wie gesagt, ein Leichtes, Richtung Bürgermeister Häupl, Richtung des niederösterreichischen Landeshauptmannes oder der Landesschulräte dieser Bun­desländer eine Schuldzuweisung zu machen, jedoch wäre das zu einfach. Ich glaube, dass dieses Problem ziemlich vielschichtig ist, dass die Interessen der Tourismus­wirtschaft, auch mit ihrer Forderung, durchaus berechtigte sind, weiters, dass die Verkehrsproblematik zweifelsohne nicht zu leugnen ist, sondern in diesem Falle gegeben ist – und dass die Interessen des Handels in Wien natürlich auch berücksich­tigenswert sind. Bürgermeister Häupl hat dies ja zum Ausdruck gebracht.

In diesem Zusammenhang wäre die Ferienregelung in Deutschland zu berücksichtigen, welche Bundesländer davon insbesondere betroffen sind. Zu erheben wäre auch, welche Bundesländer in den neuen Mitgliedsländern der Europäischen Union, ins­besondere unsere Nachbarstaaten, wann ihre Ferienwochen haben. Es gilt außerdem, Planungszeiträume zu berücksichtigen – bis hin zum Planungszeitraum des Ballkalen­ders in Wien. Es gibt also viele Argumente, was da alles einbezogen gehört.

Last but not least sollte man dabei, wie ich meine, auch pädagogische Argumente nicht außer Acht lassen, ebenso das Anliegen der Schüler, der Eltern und der Lehrer. Zu überlegen ist, ob Anreisetage zu verlegen sind, ob Ferientermine tatsächlich mit Zeug­nisverteilungsterminen, wie es meine Kollegin Rossmann angeführt hat, zusammen­fallen müssen.

Kollege Matznetter hat im Ausschuss gemeint – bei seinem kurzen Gastspiel im Ausschuss –: Selbstverständlich sei es bis 2005 möglich, da eine Regelung zu finden, wenn man nur wolle. – Das glaube ich auch, nur: Davon halte ich nichts, sondern ich erachte es für sinnvoll, da auf einen Hüftschuss zu verzichten und die Bundes­minis­terin für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit der Koordinierungsarbeit zwischen einzelnen Bundesländern, zwischen einzelnen Landesschulräten, zwischen Wirtschaft und allen Beteiligten zu beauftragen – in der berechtigten Hoffnung, eine vernünftige, dauerhafte, überschaubare und zeitlich fixierte Lösung erarbeiten zu können.

Ich bin überzeugt davon, dass das in Zukunft auch klappen wird – und das, sehr geehrte Damen und Herren, ohne Schuldzuweisung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.59

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Mandak. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.00

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Kollege Hofmann, Sie haben schon Recht: Hüftschüsse nützen nicht viel, aber Problem­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 188

lösungen wären gefragt. Die Probleme müssen angesprochen werden können, und sie entstehen meist nicht einfach aus heiterem Himmel, sondern es gibt eben Verant­wortlichkeiten. Ich denke, es ist legitim, diese im politischen Diskurs auch anzu­sprechen und zu sagen, wer eigentlich verantwortlich dafür ist, dass ein Problem gelöst wird. Das hat mit einem Hüftschuss noch überhaupt nichts zu tun. (Abg. Dipl.-Ing. Hof­mann: Bürgermeister Häupl!) – Zum Beispiel, oder Landeshauptmann Pröll. – Okay, da sind Sie wieder aus dem Schneider, weil Sie nur Haider haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was heißt „nur“?)

Im vorliegenden Antrag geht es um die langfristige Planung optimaler Zeiträume. – Das ist durchaus positiv. Ich würde mir wünschen, dass der erste Aspekt die päda­go­gischen Rahmenbedingungen wären und erst dann Tourismus und Wirtschaft kämen – bei aller Wertschätzung dieser beiden Bereiche. Der Hauptgrund dafür, dass unsere Kinder in die Schule gehen, ist, dass sie etwas lernen, und nicht, dass der Tourismus durch die Ferien profitiert. – Da muss man die Relationen schon klar sehen.

Als Familiensprecherin würde ich mir aber wünschen, dass es nicht nur um die opti­male Zeit, sondern auch um die optimalen Rahmenbedingungen als solche für Ferien im Allgemeinen geht, und zwar einerseits um die pädagogische Sinnhaftigkeit des Zeitpunktes und andererseits um die zeitliche Planbarkeit sowohl für die Eltern als auch für die Wirtschaft.

Dazu kommt noch ein sehr wichtiger Punkt, der hier überhaupt nicht besprochen wurde, weil es einfach nur um den Zeitaspekt gegangen ist, und zwar die zunehmende Herausforderung für die Eltern, was es für sie bedeutet, wenn die Kinder Ferien haben.

Wir reden jetzt immer von jenen Eltern, für die es möglich ist, auf Urlaub zu fahren, und die das auch in Anspruch nehmen. Der weitaus größte Teil der Eltern – das muss man dazusagen – hat diese Möglichkeiten jedoch nicht. Wenn beide Elternteile erwerbstätig sind, dann stehen sie vor dem riesigen Problem, was mit den Kindern in den Ferien geschieht, wer sie betreut und wo es eine gute Betreuungsmöglichkeit gibt.

Da sind die Gemeinden gefordert. Sie sind völlig hinten nach in der gesamten Organi­sation der Ferienbetreuung. Hierin läge für mich eine Herausforderung. Ich würde mir wünschen, dass es nicht nur im Wirtschaftsausschuss, sondern auch im Familienaus­schuss ein Thema ist, wie man es regeln kann, dass auch während der Ferien die Kin­derbetreuung sichergestellt wird.

In Vorarlberg zum Beispiel ist die Situation so, dass ein Schulzeitgesetz geändert wurde. Da zeichnet sich schon ganz klar die Planung Richtung Herbstferien durch das Zusammenlegen der schulautonomen Tage ab. Das heißt, es wird dann plötzlich im Herbst eine schulfreie Woche geben, und die Löcher zwischen dem Urlaubsanspruch der Eltern und den Ferienzeiten der Kinder klaffen immer weiter auseinander. Das kann nicht so schleifend dahingehen, sondern wir brauchen Lösungen, die nicht nur der Wirtschaft und dem Tourismus dienen, sondern auch den Eltern und den Familien, damit die Kinder während der Ferienzeit gut betreut werden können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.03

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.03

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Zu Beginn möchte ich in Richtung der Oppositionsparteien Folgendes ganz klar festhalten: Meine Damen und Herren! Diese Debatte mag sich für einiges eignen, aber ganz sicher nicht dafür, der Regierung oder


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 189

einzelnen Ministern dieser Regierung Vorwürfe im Hinblick auf Versäumnisse machen zu wollen. Die Politik dieser Bundesregierung ist familienfreundlich und an den Be­dürfnissen der Familien orientiert, aber auch stets auf die Bedürfnisse und die Befind­lichkeiten der Wirtschaft eingegangen.

Es liegt hier wieder eine Thematik vor, bei der es darum geht, diese beiden Interessen­lagen unter einen Hut zu bringen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen würden durch­aus dafür ausreichen, dieses Problem zu regeln. Es fehlt auch nicht an den Möglichkeiten, sondern es scheint offensichtlich bei einigen der Beteiligten nicht wirklich der Wille dazu gegeben zu sein, Maßnahmen herbeizuführen, die zu einer überfallsartigen Änderung führen.

Eines der wesentlichen Prinzipien der Ferienordnung ist auch die Planbarkeit bezie­hungsweise die langfristige Berechenbarkeit dieser Ferien. Darauf wollen sich Päda­gogen, Kinder und Familien, aber auch die Wirtschaft einstellen können. Daher ist es gut, wenn hier von einer langen Perspektive die Rede ist und wenn daran gearbeitet wird, diese auch im Interesse der Wirtschaft herbeizuführen.

Meine Damen und Herren! Es ist keine Frage, dass es seitens der Wirtschaft legitime Interessen gibt, über eine Entflechtung die Bettenauslastung zu steigern und den Betrieben im Tourismus zu helfen, das negative Eigenkapital abzubauen. Der volks­wirtschaftliche Beitrag des Tourismus wird immer wieder sehr hoch gehalten. Es geht aber auch um Strukturpolitik im ländlichen Raum, die in der Vernetzung zwischen den Interessen von Wirtschaft und Tourismus, den Bedürfnissen der Landwirtschaft und anderen Aspekten besteht. All das ist in Einklang zu bringen.

Als Obmann und Vorsitzender einer der tourismusstärksten Regionen in Nieder­öster­reich möchte ich auch die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass mit dem 1. Mai 2004 Österreich in die Mitte Europas gerückt ist und dass auf Grund dieser Neupositionierung in Zukunft ganz andere Touristenströme zu erwarten sein werden.

Wir bemühen uns im Rahmen unserer Tourismusorganisation „Niederösterreich Süd“ seit mehr als einem Jahrzehnt erfolgreich um Gäste aus diesen neuen Ländern und wollen ihnen natürlich die Anreise und den Aufenthalt so angenehm wie möglich gestalten.

Es ist also auch im Hinblick auf die Besucher aus unseren Nachbarländern eine lang­fristige Perspektive zu suchen. Das ist eine Initiative, die die Interessen der Wirtschaft, der Schüler und der Familien und damit auch die Faktoren der bewährten und verläss­lichen Politik unseres Wirtschaftsministers Martin Bartenstein auf einen Nenner bringt, im Interesse aller beteiligten Gruppen im Hinblick auf eine EU-weite Neuordnung dieser Materie. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.07

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Scharer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.07

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Auf Grund der Diskussion um die Ferienregelung in den vergangenen Mona­ten, speziell im Wirtschaftsausschuss, besteht für mich eigentlich Klarheit darüber, dass diese Regierung unverständlicher Weise einfach nicht will. – Diesen Eindruck haben Sie vermittelt.

Sie wissen, dass speziell in den ländlichen touristischen Regionen, in denen die Hotel- und Gastgewerbebetriebe wichtige Säulen der Wirtschaft, aber auch des Arbeits­marktes darstellen, besagtes Zusammenfallen der Semesterferien nicht egal ist. Die Auslastung wird im Februar 2005 um eine Woche verkürzt, und allein im Bundesland


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 190

Salzburg wird mit 1,2 Prozent Wertschöpfungsverlust gerechnet. Herr Minister! Diese wirtschaftlichen Anliegen müssten in Ihrem Interesse liegen! – In wessen Interesse denn sonst?

Herr Minister, Sie sagten heute auch, dass diese Regierung besonders familienfreund­lich sei. Unser Verständnis von Familienfreundlichkeit beinhaltet in diesem Zusammen­hang aber auch, dass in den letzten Jahren speziell für Ostösterreich besonders attrak­tive Arrangements geschaffen wurden, um Familien mit schulpflichtigen Kindern einen preiswerten Wintersporturlaub zu ermöglichen. Diese Ermäßigung kann in dieser nachfragestarken Woche nicht gewährt werden, und viele Familien werden sich die erhöhten Preise schlichtweg nicht leisten können.

Enttäuschend ist aber auch die mangelnde Bereitschaft, sich dieser bereits längere Zeit bekannten Thematik anzunehmen und eine Lösung, die pädagogisch, familien- verkehrs- und umweltpolitisch vereinbar ist, im Konsens mit den Touristikern herbei­zuführen. Herr Minister! Sie wissen das bereits seit einem Jahr! (Beifall bei der SPÖ.)

Den Touristikern ist es egal, ob eigentlich die Bildungsministerin zuständig ist, dass die Landeshauptleute Anträge hätten stellen sollen, welche Frist abgelaufen ist, dass man gekonnt hätte, wenn man gewollt hätte, Herr Kollege Mitterlehner, und, Herr Kollege Langreiter, ob der SPÖ-Entschließungsantrag Ihrem Empfinden nach schwammig ist oder nicht. Die Tourismuswirtschaft erwartet sich klare Aussagen, aber vor allem auch ein rasches Handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gäbe noch eine Chance, und zwar mit dem Entschließungsantrag der SPÖ, der im Unterrichtsausschuss eingebracht wurde. Ich muss dazu noch sagen: Eine Entzerrung der Ferienregelung ist und wird mehr denn je zu einer Aufgabe in der Europäischen Union.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn diese Regierung nicht in der Lage ist, aus der Perspektive des Ostens Österreichs die Probleme im Westen Öster­reichs zu erkennen, dann frage ich mich, wie die EU-weite Lenkungsaufgabe im Tourismus wahrgenommen werden soll. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.11

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.11

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Mit dem heutigen Entschließungsantrag betreffend die langfristige Koordination der Semesterferien wird ein Schlussstrich unter eine Diskussion gezogen, die nicht immer von allen Seiten sehr glücklich geführt wurde. In den Medien Wirbel zu schlagen, wenn die Fristen für eine Verschiebung der Semesterferien 2005 bereits abgelaufen sind, ist sicher nicht zielführend. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Fristen sind ein Formalargument!)

Meine Damen und Herren! Als Unternehmerin und Mutter sage ich Ihnen deutlich: Der wichtigste Aspekt der Semesterferien ist der pädagogische, und darauf sind die Termine in erster Linie abzustimmen. Das Jahr 2005, das ja den Anlassfall für die ganze Diskussion darstellt, weist allerdings neben dem Zusammenfallen der Semester­ferien im Osten Österreichs mit den Ferien in einigen deutschen Bundesländern noch weitere Besonderheiten auf. Eine Vorverlegung der Ferien hätte durch die verlängerten Weihnachtsferien zusätzlich zu einer sehr kurzen Schulzeit geführt, sodass der Unterricht gestört worden wäre und Prüfungen schwer möglich gewesen wären.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Hören Sie auf, bei diesem Problem ständig unsere Unterrichtsministerin in die erste Reihe zu stellen! Der Antrag auf diese


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 191

Verschiebung ist Sache der Länder und der Landesschulräte. Weder die niederöster­reichische Landesregierung noch die Stadt Wien und deren Landesschulräte haben rechtzeitig Anträge zur Verlegung der Semesterferien im Jahr 2005 gestellt, und das wohlüberlegt. Das Problem ist nämlich viel komplexer. So ist zum Beispiel der Wiener Handel gegen eine kurzfristige Verlegung der Semesterferien, da dadurch auch die Schlussverkäufe und damit wichtige Umsatzzeiten verändert werden würden. (Abg. Reheis: Das ist ja unglaublich! – Abg. Mag. Wurm: Pädagogisch sehr wichtig!)

Auch viele Veranstaltungen im Fasching sowie die großen Bälle sind viele Jahre im Voraus geplant und mit den Semesterferien abgestimmt, aber auch viele Eltern planen und buchen langfristig. (Abg. Mag. Wurm: Sie müssen es sich leisten können!) Um­buchungen wären sicher sehr schwer möglich gewesen, und ich betone noch einmal: In erster Linie haben Ferien keinen touristischen, sondern einen pädagogischen Zweck. (Abg. Mag. Wurm: Ihr Argument ist der Sommerschlussverkauf!)

Natürlich verstehe ich die Tourismuswirtschaft im Westen Österreichs, aber die nieder­österreichische Tourismuswirtschaft sieht in der Situation im Jahr 2005 natürlich Chan­cen. Ihre Nächtigungszahlen werden weiter steigen, und die Menschen aus unseren östlichen Nachbarländern – nunmehr Mitglieder der Europäischen Union – machen immer mehr Urlaub in Österreich. Es ist unsere Aufgabe, in die Zukunft zu blicken, nicht in die Vergangenheit. Mit dieser Entschließung werden längerfristige Planungen über einige Jahre hinaus möglich. Abstimmungen auch mit unseren neuen EU-Nach­barn sind bei diesen Überlegungen für die Zukunft notwendig.

Meine Damen und Herren! Wir wollen die besten Lösungen für alle, in erster Linie für die Schülerinnen und Schüler, für die Eltern und für unsere Wirtschaft, daher: Blicken wir gemeinsam in eine erfolgreiche Zukunft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

18.14

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 508 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (E 52.)

5. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht (III-67 d.B.) des Rechnungshofes über das Ergebnis seiner Erhebung der durchschnittlichen Ein­kommen sowie der zusätzlichen Leistungen für Pensionen bei Unternehmungen und Einrichtungen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes in den Jahren 2001 und 2002 (460 d.B.)

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Ein Wunsch nach mündlicher Berichterstattung liegt nicht vor.

Als erster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort. Die Uhr ist wunsch­gemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.15

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es ist sicher zulässig, einige Worte zur Wahl des künftigen Rechnungshofpräsidenten zu finden. (Abg. Dr. Fekter: Wollen Sie es werden, Herr Kollege?) Frau Kollegin Fekter! Ich denke, es ist auch bei Ihnen unbestritten, dass ein


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 192

Rechnungshofpräsident von der Regierung unabhängig sein soll, dass er kritisch sein soll und dass er Rückgrat und Standhaftigkeit braucht. (Abg. Dr. Fekter: Heißt das, die nächsten zwölf Jahre wollt ihr ...!)

Meine Damen und Herren! Ich meine, es gibt einen idealen Weg zu diesem Ziel, wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, nämlich dass die Opposition einen Kandidaten beziehungsweise eine Kandidatin vorschlägt (Abg. Neudeck: So einen haben Sie noch nicht genannt!), der oder die konsensfähig ist, und dass es letztendlich zu einer Einigung aller Fraktionen kommt, Herr Kollege! Ich glaube, dass diese These bei allen Konstellationen Bestand hat.

Noch etwas: Ein Rechnungshofpräsident steht sehr stark in der Öffentlichkeit, und natürlich ist für die Tätigkeit eines Präsidenten öffentliches Vertrauen ganz ent­scheidend. Meine Damen und Herren! Warum soll ein Hearing dann nicht öffentlich sein? Welche Gründe gibt es dafür? Was gibt es hier zu verheimlichen? Ich kann mir überhaupt keinen unverdächtigen Grund vorstellen, warum kein öffentliches Hearing stattfinden soll.

Meine Damen und Herren! Der staatspolitisch korrekteste und für den Steuerzahler sicherste Weg der Auswahl ist ein Vorschlag der Opposition, dann ein öffentliches Hearing und letztlich eine Vier-Parteien-Einigung. Denken Sie darüber nach, vielleicht finden wir da einen gemeinsamen Weg!

Meine Damen und Herren! Ganz kurz zum Bericht über die durchschnittlichen Ein­kommen: Wir von der SPÖ hätten uns ja eine namentliche Nennung der Bezüge der obersten Staatsmanager gewünscht. Es hat langwierige nationale und internationale Rechtsverfahren gegeben. – Ich möchte uns das jetzt ersparen. Letztendlich hat das auch der Verfassungsgerichtshof abgelehnt.

Es ist zwar nicht meine grundsätzliche Vorstellung von Demokratie, dass die Richter das letzte Wort haben, aber in diesem Fall gibt es einen einfacheren Weg, da muss man nicht mit Brachialgewalt als Gesetzgeber tätig sein. Wenn man das Ziel vertret­barer Bezüge im staatsnahen Bereich erreichen will, genügt es, wenn sich alle an die Vertragsschablonenverordnung halten. Da würde es jedoch etwas Engagement und Vorgabe vom Eigentümervertreter – vom Finanzminister – beispielsweise bei der ÖIAG brauchen, aber der sagt, es kümmert ihn nicht, er gibt selbst mit vollen Händen Geld aus und schmeißt selbst Geld beim Fenster hinaus. Daher kommt es natürlich auch zu Missständen und Auswüchsen.

Apropos, meine Damen und Herren: Ich möchte Ihnen allen von der ÖVP und von der FPÖ auch das Thema Beraterverträge nicht ersparen. Die Kritik des Rechnungshofes lautet: keine Vergleichsangebote, fehlende Zeitaufzeichnungen, fragwürdige Beauf­tra­gungen, Vorschriften nicht eingehalten, hochprozentige Beratung, formal und inhaltlich mangelhaft, Pseudoausschreibung und so weiter. (Abg. Neudeck: Das gehört zwar nicht zum Tagesordnungspunkt, aber egal!)

Richtig merkt hier der Präsident des Rechnungshofes Franz Fiedler an, 50 Prozent dieser Ausgaben könnte man sich sparen. Was sagt der Finanzminister dazu, meine Damen und Herren? – Das ist ein glatter Skandal! Der Bundesminister für Finanzen sieht in dem aktuellen Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes einen konstruktiven und sachlichen Beitrag.

Noch einmal: Der Herr Präsident sagt, 50 Prozent sind Gelder, die beim Fenster hinausgeschmissen sind. Dann sagt der Finanzminister, in keinster Weise seien seitens des Bundesministers für Finanzen Steuergelder verschleudert worden, viel­mehr konnten in bestmöglicher Erfüllung des gesetzlichen Auftrages durch den Einsatz externer Berater enorme Einsparungs- und Verwertungspotentiale erzielt werden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 193

Meine Damen und Herren! Das ist blanker Hohn! Angesichts einer solchen Unver­schämtheit des Finanzministers ist ja bestimmt auch der Herr Präsident des Rech­nungshofes fassungslos. Das ist wirklich nicht akzeptabel, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Abschließend möchte ich erwähnen, was Sie von der FPÖ- und von der ÖVP-Fraktion zu tun hätten: Sie hätten sich auch um etwas zu kümmern, nämlich einerseits darum, dass es vertretbare Bezüge in den staatsnahen Betrieben gibt, und andererseits darum, dass dieser Skandal um die Beraterverträge endlich abgestellt wird und dass Grasser in die Schranken gewiesen wird.

Was auch noch im Sinne des Rechnungshofes und des Steuerzahlers wäre und die Regierungswerbung, die Propaganda, die Inserate betrifft: Seit Jahr und Tag mahnt der Herr Präsident gebetsmühlenartig hier Richtlinien ein, die auch die Opposition verlangt. Sie aber scheren sich keinen Deut um diese Sache. Es ist dem Steuerzahler nicht zumutbar, dass Sie Steuergeld für Propaganda dieser Bundesregierung beim Fenster hinauswerfen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.20

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.20

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Kollege Kräuter, es gibt derzeit ein Auswahlverfahren zur Bestellung des Rechnungshof­prä­sidenten. Wir hatten bisher einen verlässlichen Rechnungshofpräsidenten, und ich bin mir sicher, dass wir mit diesem Hearing auch einen verlässlichen und unabhän­gigen Präsidenten für die Zukunft bekommen werden.

Wir diskutieren heute den Einkommensbericht der Jahre 2001 und 2002, welcher die Entwicklungen und Veränderungen in der Einkommenssituation im öffentlichen Bereich wiedergibt. Dieser Bericht gibt einen guten Überblick über die Einkommenslage im öffentlichen Wirtschaftsbereich und ist entgegen den Behauptungen im Ausschuss sehr wohl sinnvoll. Es gibt Verbesserungsmöglichkeiten, und jeder von uns hier im Hohen Haus hat die Pflicht, mitzuarbeiten und Mängel und Schwächen auszubessern.

So hat derzeit der Verwaltungsgerichtshof zu entscheiden, ob der Rechnungshof die Zuständigkeit zur Prüfung im Bereich der Austrian Airlines und der Telekom hat, wer also dafür zuständig ist.

Im Jahr 2002 wurden 317 Unternehmungen mit 154 719 Beschäftigten geprüft. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 1998 470 Unternehmungen mit 236 519 Beschäftig­ten. Es ist also insgesamt ein tendenzieller Rückgang bei den Prüfungen festzustellen, und zwar durch Ausgliederungen, Privatisierungen und natürlich auch durch Neustruk­turierungen im öffentlichen Bereich.

Der Bericht stellt klar fest, dass die Zusatzleistungen für Pensionen gesenkt wurden, dass es im Vergleich zum Bericht 1999/2000 weniger Pensionsbezieher gibt.

Es wurde auch dem Auftrag der gesonderten Ausweisung der Einkommensbezieher, welche im Bezügebegrenzungsgesetz geregelt sind, deren Einkommen also über dem Gehalt des Bundeskanzlers liegt, entsprochen. Diesbezüglich gibt es Überschreitungen in den Bereichen der Austrian Airlines, der ÖIAG, der ÖBB, der Elektrizitätsversorger und der Post und Telekom. Im Berichtszeitraum 1999/2000 gab es 36 Unterneh­mun­gen in Österreich, welche erhöhte Bezüge auswiesen. 2001/2002 waren es lediglich 18 Unternehmungen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 194

Insgesamt darf man wohl auch hier einmal kritisch feststellen, dass gerade die Debatte über die Bezüge im öffentlichen Bereich ein Reizthema nach außen ist. Für manche in diesem Haus, aber auch in der medialen Welt sind die öffentlichen Bezüge immer zu hoch, weil man einfach die Realität verkennt, nämlich dass wir auch im öffentlichen Bereich gute und verlässliche Mitarbeiter brauchen und auch erwarten, um die Ver­antwortung wahrnehmen zu können.

Jeder soll auch daran denken, dass hinter jedem Menschen eine gewisse Anonymität steht. Alles öffentlich auszuweisen kann man sich auch nicht erlauben, weil jeder Mensch das Recht hat, dass seine Anonymität gewahrt bleibt.

Die öffentliche Wirtschaft braucht die besten Köpfe, um die Erwartungen von der Gesellschaft an die Gesellschaft überhaupt erfüllen zu können.

Aus meiner Sicht: Kritik ja, aber mit Maß und Gefühl. Es kann nicht sein, dass gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Privatwirtschaft abwandern. Wir müssen versuchen, die besten Menschen für die öffentliche Wirtschaft zu gewinnen.

Der Einkommensbericht ist eine aufwendige Arbeit und auch eine trockene Materie, er ist ein Zahlenkonvolut, trotzdem ein Danke an das Statistische Zentralamt für die Bereitstellung als Datengrundlage. Ein Danke an die Beamtinnen und Beamten des Rechnungshofes, und ein besonderes Danke dem Präsidenten Dr. Fiedler für seine umsichtige und seriöse Arbeit, seine seriöse Bewertung der Prüfprojekte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der SPÖ.)

Abschließend sei festgestellt: Der Rechnungshofbericht stellt dieser Bundesregierung ein durchaus positives Zeugnis aus. Die Reformen der ÖVP/FPÖ-Regierung greifen auch im öffentlichen Wirtschaftsbereich. Ich glaube, das ist positiv für uns alle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.25

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Die Uhr ist freiwillig auf 8 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.25

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Einkommensbericht ist ja meistens Anlass, einige Dinge zusätzlich und über diesen Punkt hinaus gehend zu besprechen.

Mit der Bestellung eines neuen Rechnungshofpräsidenten sollten wir uns, glaube ich, in einer anderen Art und Weise auseinander setzen als hier. Ich möchte nur hinzufügen, dass unsere Fraktion daran interessiert ist, ein öffentliches Hearing ab­zuhalten. Wir glauben, dass es nicht zuletzt auf Grund unserer Initiative zustande gekommen ist, dass jetzt ein Procedere vorgesehen ist, durch das das Amt nicht vakant wird. Man mag bedauern, dass die Bestellung von einem vernünftigen Nor­malfahrplan ausgehend noch immer nach hinten gerutscht ist, aber wir stellen jedenfalls einmal fest: Es ist gelungen, dass der Sessel nicht unbesetzt bleibt! Das sollte man nicht unerwähnt lassen, weil zumindest eine Fraktion hier im Haus ganz heftig damit spekuliert hat, aber auch das ist jetzt kein Thema mehr.

Das Procedere soll letztlich garantieren, dass wir ein bisschen davon wegkommen, hier – vielleicht nicht fraktionsgebundene, aber immerhin fraktionsgenannte – fraktions­genannte Kandidaten und Kandidatinnen zu haben, und helfen, dass wir ein Procedere finden, das uns ein bisschen freispielt von dem, wovon wir glauben, dass es nichts bringt, nämlich wenn die parteipolitische Punze auf dem einzelnen Kandidaten, der einzelnen Kandidatin klebt. – Also: Ganz gute Ansätze, aber wenn wir das hier im


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 195

Parlament debattieren wollen, werden wir uns, glaube ich, einen anderen Rahmen dafür suchen müssen; vielleicht ist das ja auch notwendig.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass mit diesem Einkommensbericht einige Unternehmen genannt werden, die tatsächlich weiterhin unser Interesse genießen sollten, etwa die ÖIAG. Nicht dass die Manager jetzt dort zu viel verdienen würden – darüber kann man geteilter Meinung sein, manchmal hat man den Eindruck –, aber sagen wir es doch, wie es ist: Dass der Nachfolger des Dr. Ditz um so viel mehr verdienen muss, ist nicht unmittelbar nachvollziehbar, zumal es sich ja eher um eine Ausverkaufsagentur handelt als um eine wirkliche Beteiligungs-AG.

Das kann man alles diskutieren, ein wesentlicher Punkt ist jedoch die zeitgerechte Behandlung bestimmter Problematiken hier im Haus. Sie haben es vielleicht in den Unterlagen entdeckt: III-77 der Beilagen ist eingetroffen, und darin geht es um die Beraterverträge; auch ein Rechnungshofbericht. In diesem Bericht finden wir, jetzt noch einmal auf die ÖIAG kommend, ein Zusammenspiel von einer endlosen Kette von Beraterverträgen.

Das Spiel geht so: Das ÖIAG-Gesetz hat vorgesehen, die Aufsichtsräte in einer bestimmten Art und Weise zu bestimmen und zu nominieren. Blau-Schwarz hat sich im Jahr 2000 daran gemacht, und man hat eigentlich ziemlich genau gewusst, wer dorthin gesetzt werden soll. Aber damit das Ganze nicht so eigenartig ausschaut – nämlich gar nicht nach „neu regieren“, sondern nach „alt regieren“; statt Parteibuchwirtschaft Nepotismus –, nehmen wir uns, hat man sich gedacht, einen Personalberater, einen völlig unabhängigen Personalberater. Nur blöd, dass der mit dem Büro Prinzhorn in engem Kontakt steht. Jedenfalls hat man für diesen Personalberater gar nicht wenig Geld ausgegeben.

Und was stellen wir fest? – Schon allein die Auswahl dieses Personalberaters, sozusagen die Vergabe eines Beratervertrages, hat eigentlich eine ganze Mängelliste ergeben, die entsprechend kritisiert worden ist.

In der Abwicklung dieser Personalberatung haben sich wieder serienweise Fehler eingestellt, die der Rechnungshof kritisiert hat. Das haben wir dann im Rechnungs­hofausschuss besprochen. Der derart kritisierte Finanzminister hat sich hingesetzt, hat dann irgendwann einen Zettel herausgezogen oder auch mehrere – die musste man ihm dann wegnehmen –, wo sich herausgestellt hat, dass er wieder einen Berater­vertrag in Auftrag gegeben hat, um die Kritik des Präsidenten des Rechnungshofes zu widerlegen. Das ist unglaublich!

Also: drei Beraterverträge, um dorthin zu kommen, dass ohnehin eine parteipolitische Vergabe von Aufsichtsratsposten legitimiert wird, bei der geschummelt wurde, bei der Fehler gemacht wurden. Und wenn man dabei ertappt wird vom so genannten Organ dieses Hauses, vom – wahrscheinlich von uns allen geschätzten – Rechnungshof, dann geht man her, greift in die Schatulle und zieht ein Gutachten heraus – Währung gegen Gutachten. Das hat einfach System, das ist schlechte Kultur, das hat nichts mit einer sinnvollen Beratungstätigkeit zu tun, sondern das ist das mutwillige Hinaus­schmeißen von Steuermitteln zur Legitimierung von eigenen Positionen, die sich zum Schluss ohnehin nicht halten lassen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Aber wenn es dann so weit geht, dass ausgerechnet vom Finanzministerium und vom Finanzminister selbst Gutachten in Auftrag gegeben werden, die die Kritik des Rechnungshofes widerlegen sollen, dann hört sich der Spaß wirklich auf oder, um den Präsidenten zitieren zu dürfen, dann käme es ja wohl billiger, den Rechnungshof gleich abzuschaffen. Ich sage das deshalb, weil der Herr Rechnungshofpräsident vornehm genug sein wird, das hier nicht unmittelbar einzubringen, weil es ja nur im Zusam­menhang mit der ÖIAG steht und nicht in diesem Bericht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 196

Ich erwähne das nur deshalb, weil wir eine Menge Geld hinausschmeißen für derartige Dinge, um dann Managerverträge zu haben, die so ausschauen, wie sie hier abgebildet sind. Und das kann es nicht sein. Deshalb glauben wir, dass strikt getrennt werden muss, was wirklich gebrauchte – und dagegen haben wir ja nichts! – Beratungsleistungen für ein Ministerium sind. Dazu muss aber zuerst geprüft werden, was dort an Know-how vorhanden ist und was eventuell zugekauft werden muss. Der nächste Schritt muss sein, dass dann – anders als bisher immer festgestellt –, wenn man ausschreibt, die Kriterien eingehalten werden und nicht völlig überhöhte Preise für Berater bezahlt werden; da fragt man sich, wer auf der anderen Seite der Nutznießer ist. Also eine wirklich gescheite Ausschreibung, die diesen Namen auch verdient, und letztlich eine Abwicklung, bei der man auch nachvollziehen kann, was die Beratungen dargestellt haben, also eine halbwegs ordentliche Dokumentation, und irgendwann einmal vielleicht eine Evaluierung dieses Vorgangs. Aber davon sind wir meilenweit entfernt, dafür sind wir umso näher beim Griff in die Schatulle des Steuerzahlers.

Es ist keine Kleinigkeit, um die es hier geht. Allein bei der Stichprobe – allein bei der Stichprobe! – geht es um 12 Millionen €. Das hat aber nur bestimmte Beraterverträge betroffen, einen ganz kleinen Ausschnitt, für Verwaltungsreform und für das Beraten bei Gesetzesausarbeitungen. Das ist übrigens auch ein neuer Zug: Es war schon immer eigenartige österreichische Kultur, dass die Gesetze in erster Linie in den Ministerien geschrieben wurden, aber immerhin dort, mittlerweile schreitet die Privati­sierung jedoch so weit voran, dass ganze Gesetzesinitiativen ausgelagert werden, und dafür wird auch noch ein Haufen Geld bezahlt, weil die Beamten im Haus offensichtlich politisch nicht opportun sind.

Wie dem auch sei, ich wollte zusammenfassend sagen, dass nur ein kleiner Ausschnitt dieser Verträge geprüft worden ist, des Weiteren nur sechs Ministerien und nicht zwölf, und zu guter Letzt nur ein Zeitraum von nicht ganz zwei Jahren – mittlerweile halten wir ja immerhin schon, wer hätte das gedacht, bei mehr als vier Jahren Schwarz-Blau. Also wenn ich all das jetzt mit den entsprechenden Faktoren hochrechne, was ich für zulässig halte, komme ich auf ungeschaute 60 Millionen € für Beraterverträge in dieser ineffizienten Art und Weise. Das sind in alten Schilling immerhin zirka 800 Millionen. Und das spürt man dann irgendwann. Das haben Sie zu verantworten! Da wird sicher mehr als die Hälfte für Ihre parteipolitischen Aktionen umsonst zum Fenster hinaus­geschmissen. So sehe ich den Zusammenhang des neuesten Berichts mit dem in Diskussion stehenden Bericht.

An dieser Stelle möchte ich damit schließen und nur noch eines anregen, weil mich das wirklich ärgert und weil das, wie ich meine, hier im Plenum hin und wieder erwähnt werden muss: Wir sind sehr kooperativ bei den langfristigen Ausschussplanungen, Budget-, Finanzausschuss – da weiß ich es, denn da bin ich mit zuständig –, da machen wir Pläne bis Weihnachten dieses Jahres. Was aber ist beim Rechnungs­hofausschuss? – Da können wir nur davon träumen, dass sich irgendjemand von den Regierungsparteien herablässt, einen Termin für Herbst auch nur anzudenken. (Abg. Hornek: Herr Kollege, das ist unrichtig!) Da müssen wir darum kämpfen, dass wir im Mai und Juni die Sitzungen überhaupt noch zustande bringen (Abg. Neudeck: Da schläft der Vorsitzende!), sodass wir die Berichtsgegenstände hier ins Haus bekom­men, damit wir sie überhaupt noch halbwegs abarbeiten können. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Wer ist der Vorsitzende?) Und das kommt daher, dass Sie vor jeder Wahl – und es sind halt ständig Wahlen – jeden Termin verhindern!

Natürlich bin ich der Vorsitzende, deshalb sage ich das ja, weil das in der Präsidiale und in den Vorberatungen dazu – Sie kennen die Usancen im Haus – ständig verhindert wird. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber wenn Sie mich hier noch lange provozieren wollen, dann werden wir halt für 9. Juni eine Sitzung ansetzen, das


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 197

ist ja unser Vorschlag, damit endlich die Debatte über den Abfangjäger-Bericht des Rechnungshofes fortgesetzt werden kann. Das verhindern Sie doch! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie verhindern die Ladung von Auskunftspersonen, Sie wollen das nicht (Abg. Hornek: Sie sind nicht glaubwürdig!), und deshalb verhindern Sie jeden Termin! Aber wir wer­den uns das ab jetzt anders angewöhnen: Wir werden das in jeder Präsidiale thema­tisieren, und ich werde es Ihnen auch jedes Mal hier im Haus sagen. Nur eines geht nicht: dass wir es fast so weit gebracht hätten, dass wir im Juni-Plenum nicht einmal mehr einen Tagesordnungspunkt gehabt hätten, um den Präsidenten hier im Haus würdig zu verabschieden. Das ist doch lächerlich, das ist doch peinlich! – Das ist Ihre Mehrheitspolitik! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.36

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


18.36

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Hohes Haus! Wie zu erwarten war, ist natürlich der vorliegende Bericht des Rechnungshofes über die durchschnittlichen Einkommen und zusätzlichen Leistungen für Pensionen im Bereich der öffentlichen Wirtschaft des Bundes nicht das Highlight-Thema, sondern wurde von den meisten Vorrednern dazu genützt – obwohl Kollege Kogler gesagt hat, er werde es nicht dazu verwenden, hat er es natürlich auch dazu verwendet –, über den künftigen Rechnungshofpräsidenten und dessen Bestellung nachzudenken, und dazu, die alten Themen „aufzukochen“: Abfangjäger und anderes (Abg. Mag. Kogler: Der liegt aktuell im Haus, Sie verhindern die Behandlung des Berichts!), wo es mir zeigt, warum ein unabhängiger Rechnungshofpräsident, ein auch von Rot und Grün unabhängiger Rechnungshofpräsident, wichtig ist: weil Sie, Herr Kollege Kogler, aus den durchaus objektiven Berichten des Rechnungshofes immer das herauslesen, was Sie gerne hätten, dass drinstünde. Das ist es aber nicht. (Abg. Mag. Kogler: Sie verhindern die Behandlung!)

Wenn Sie von Rot und Grün sagen, die Nominierung des Rechnungshofpräsidenten sei das Vorrecht der Opposition, komme nur der Opposition zu, dann frage ich mich: Wollen Sie den Bestellungsmodus ändern? Die Dauer der Bestellung ist meiner Meinung nach unbestritten, nämlich eine lange Dienstzeit von 12 Jahren. Wenn Sie sagen, es sei immer das Recht der Opposition (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler) – – das sagen Sie aber ständig –, dann gibt es für mich zwei Kriterien: Entweder wählen wir nach jedem Regierungswechsel den Rechnungshofpräsidenten neu – was mir nicht sehr gut gefällt –, oder – und das würde mir besser gefallen – Rot und Grün geben einen Notariatsakt ab, dass sie in den nächsten zwölf Jahren in Opposition sind, dann können Sie mit mir darüber reden, dass Sie den Rechnungshofpräsidenten stellen. (Abg. Mag. Wurm: Sehr demokratisch! – Abg. Mag. Gaßner: Ohne Notariatsakt wer­den Sie es nicht erleben, gell?)

Österreich könnte mit der Regelung, denke ich, ganz gut leben, dass Rot und Grün der Rechnungshofpräsident zukommt, sie aber in den nächsten zwölf Jahren nicht an der Regierung sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Bericht ist rein statistisch gesehen natürlich interes­santes Zahlenmaterial, Kollege Gahr hat schon darauf Bezug genommen. Es ist aber für mich immer wieder interessant, dass es wesentliche Unternehmen in Österreich gibt, die die Offenlegung ihrer Gehälter verweigern, mit verschiedenen Begründungen, Datenschutz et cetera.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 198

Der Rechnungshofpräsident hat uns auch mitgeteilt, dass er dort, wo er die Bezüge bekommt, diese anonymisiert, also für Gruppen oder für Positionen, aber natürlich nicht für die namentliche Bezugsperson erhält, und er diese, auch wenn er sie hätte, nicht offen legen dürfte.

Meine Damen und Herren! Wenn jemand im öffentlichen Bereich einen Bezug bezieht, zu dem er nicht steht, den er in der Öffentlichkeit nicht vertreten kann, dann gibt es für mich nur eine Lösung: Er soll sagen, zu welchem Bezug er steht, und auf den soll man seinen Bezug dann reduzieren. Denn eines ist klar: Wenn ich zu meinem Bezug nicht stehe und ihn nicht öffentlich verteidigen oder erklären kann, dann verdiene ich zu viel.

Und wenn ich es von dieser Basis aus sehe, dann sind Positionen gerade in Unter­nehmen wie dem ORF et cetera, die das nicht offen legen, meiner Meinung nach überbezahlt. Mit den größten Dienstautos fährt man schon herum, die zeigt man auch öffentlich, die stehen nicht versperrt in der Garage, nur die Gehälter, die muss man verstecken. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) – Kollege, das ist eine Meldung! Da müssen Sie noch einmal nachdenken darüber, wie Sie das jetzt meinen, ob Sie das wirklich so meinen, wie es dann vielleicht als Zwischenruf im Protokoll steht. Aber das ist man ja von Ihnen gewöhnt: plakativ, schnell und inhaltlich leer.

Meine Damen und Herren! Dieser Bericht ist grundsätzlich zur Kenntnis zu nehmen. Es ist aber meiner Meinung nach vom Gesetzgeber her dem Rechnungshof ein Mittel in die Hand zu geben, das dafür sorgt, dass die Unternehmen, die sich weigern, ihre Bezüge offen zu legen, dies in Zukunft tun müssen. Denn eines kann nicht sein: dass der Rechnungshof hier keinerlei Handhabe hat, während Zeitungen recherchieren dürfen und seitenweise darstellen können, wer was verdient, in welcher Höhe die Verdienste liegen, denn dann wird der Rechnungshof zahnlos, und das darf nicht passieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.41

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Gaßner. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.41

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Kollege Neudeck, in einem stimme ich mit Ihnen überein (Abg. Neudeck: Dann habe ich einen Fehler gemacht!): Sie haben gemeint, die Roten und die Grünen müssten schon einen Notariatsakt unterschreiben, dass sie nicht in die Regierung kommen. (Abg. Neudeck: Nicht gehen, nicht „kommen“!) Das ist richtig: Nur mit einem Notariatsakt wäre es zu verhindern! Sie schätzen das vollkommen richtig ein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele Zahlen liegen uns in diesem Einkom­mensbericht vor, und wir Sozialdemokraten schließen uns natürlich auch dem Dank an die Beamten an, und zwar vor allem auch deswegen, weil ich hier doch erhebliche Probleme für die Beamten des Rechnungshofes sehe: erstens in der Tatsache, dass sie die Einkommen nur auf ihre Plausibilität prüfen können, nicht auf die materielle Richtigkeit. Was heißt das eigentlich? Was heißt „plausibles Einkommen“? Oder kann ich überprüfen, ob es materiell richtig ist? Das ist, glaube ich, relativ schwierig. Und zum Zweiten ist es nicht leicht für die Beamten, die Einkommen zu erfassen, wenn es Unternehmungen gibt, die sich einfach weigern, ihre Daten bekannt zu geben.

Die materielle Richtigkeit darf nicht geprüft werden, nur die Plausibilität. Ist es plau­sibel, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass Vorstände, wie es zum Beispiel bei der Graz-Köflacher üblich ist, 2001 190 000 € verdienen und 2002 346 000 € im Jahr? Ist das plausibel, oder ist das materiell richtig? Und so könnte man jetzt fort­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 199

setzen mit diesen eigenartigen Einkommensentwicklungen, die doch in Höhen gehen, die sich so manche in Österreich sicher nicht mehr vorstellen können. Was aber auffällig ist dabei: Immer dann, wenn die Einkommen der Vorstände nach oben gehen, sinken die Beschäftigtenzahlen. Und das ist für mich nicht plausibel, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind nämlich Leute, die zum Teil dann keine Arbeit mehr haben oder eben ohne Einkommen auskommen müssen.

Diese Tatsache drückt auch die Statistik aus, die im Bericht zu finden ist: Über fünf Jahre gesehen sind 81 800 Arbeitnehmer weniger in diesen vom Rechnungshof geprüften Betrieben – 81 800! Natürlich sind weniger Betriebe geprüft worden und so weiter und so fort, aber das ist doch eine erkleckliche Zahl, die hier zum Besten gegeben wird.

Ich sagte schon, dass einige Unternehmen überhaupt keine Daten bekannt geben und sich lieber vors Gericht zitieren lassen. Und da gibt es ein wunderschönes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes den ORF betreffend. Da heißt es: Die Gehaltslisten und damit die Gehälter müssen dem Rechnungshof bekannt gegeben werden, aber es darf nicht sein, dass zum Gehalt ein Name gesagt wird. Also es ist nicht möglich, einen Namen dazu zu sagen. Das halte ich auch für sehr eigenartig. Schämt man sich? Verdient man sich diese Einkommen nicht? Das ist hier wirklich zu hinterfragen.

Begründet wird diese – und das ist wirklich etwas eigenartig, obwohl ich nicht befugt bin, den Verfassungsgerichtshof zu kritisieren – Tatsache, dass man zum Einkommen keinen Namen sagen darf, mit der Menschenrechtskonvention. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ist es denn mit den Menschenrechten vereinbar, dass zirka 300 000 Menschen in Österreich ohne Arbeit sind? Ist es mit den Menschenrechten vereinbar, dass es in Österreich immer mehr Leute gibt, die sich ihr Leben nicht mehr leisten können, weil sie so wenig verdienen? Und es ist wahrlich zynisch, wenn der Arbeitsminister so wie heute am Vormittag hier steht und behauptet: Sozial ist, wer Arbeit schafft! – Sozial ist, meine Damen und Herren, wer Arbeit und Einkommen schafft in dem Ausmaß, dass man davon auch ordentlich leben kann. Seien Sie endlich sozial! (Beifall bei der SPÖ.)

18.46

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Lentsch. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.46

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Soweit mir bekannt ist, behandeln wir heute einen weiteren Einkommensbericht. Das hat sich nämlich bei den Vorrednern der Opposition nicht ganz so angehört.

Ich denke, es wäre jetzt an der Zeit, zu überlegen, ob wir mit diesem Einkommens­bericht das erreicht haben, was wir eigentlich wollten. Wir wollten für Transparenz sorgen. Jeder Steuerzahler sollte sehen können, was beispielsweise die Manager in der ÖIAG verdienen, die Manager in den Bundestheatern oder in Sondergesell­schaften. Damit sollten auch die Verdächtigungen aufhören, dass hier Traumgagen bezahlt werden, die weit über den Gehältern in der Privatwirtschaft liegen. Aber leider mussten wir feststellen, dass uns das nicht ganz gelungen ist, denn viele Betroffene – es wurde vorhin auch schon erwähnt – haben sich einfach geweigert, ihre Bezüge offen zu legen. Und der Verfassungsgerichtshof hat festgestellt, dass wir die Leute dazu nicht zwingen können. Der Rechnungshof darf zwar die Gehälter offen legen, aber nicht die Namen nennen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 200

Da muss man sich schon fragen, was das soll. Wenn wir nur den Rechnungshof beschäftigen wollen, dann hätten wir ganz andere Dinge zu untersuchen. Nicht zuletzt deswegen wird dieser Einkommensbericht sehr oft für billige Polemik missbraucht, auch im Ausschuss. Was beispielsweise die EStAG mit dem Einkommensbericht der Jahre 2001 und 2002 zu tun hat, das wissen wohl nur die Kollegen in der SPÖ.

Eine positive Sache kann man allerdings schon aus diesem Bericht ablesen: Die Privatisierung von öffentlichen Betrieben geht voran. Immer mehr Geschäftsbereiche des Bundes werden privatisiert und somit dem Markt überlassen. Insofern bestätigt dieser Bericht die gute Arbeit dieser Bundesregierung.

Aber das eigentliche Ziel, nämlich Transparenz in öffentliche Gehälter zu bringen, wurde, so glaube ich, verfehlt. Wenn man das wirklich will, dann müsste man andere Wege einschlagen.

Abschließend darf auch ich mich bei den Beamten des Rechnungshofes und natürlich auch bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, für diese Arbeit bedanken, denn derartige Berichte zu erstellen ist sicher ein äußerst schwieriges Unterfangen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.49

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.49

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Präsident Fiedler! Meine Damen und Herren! Wenn man im Rechnungshof­ausschuss viele detaillierte, aufgearbeitete Berichte studiert und auch öfter diskutiert, stößt man immer wieder auf dasselbe Dilemma, und zwar in dreifacher Hinsicht. Die Untersuchungen und die Prüfberichte des Rechnungshofes sind sehr genau. Nur, das Problem zum Beispiel bei den Verstößen gegen die Schablonenverordnung anlässlich des vorliegenden Berichts und dieser Diskussion ist: Die Verstöße dagegen können zwar angeprangert, aufgezeigt und auch diskutiert werden, nur: Es ändert sich oft nichts. Das ist das Problem. Es ist reiner Goodwill des zuständigen Ministeriums, der zuständigen Institution, die Berichte und die Kritik des Rechnungshofs auch wirklich als Ansporn zu nehmen, etwas zu ändern. Und ich glaube, da ist dann das Parlament gefragt.

Meines Erachtens gehen wir diesen konkreten Anregungen auf Grund von Rechnungs­hofkritik viel zu wenig gründlich nach. Da gibt es eine lange Liste von Anregungen, die endlich gesetzgeberisch aufgearbeitet werden muss, damit der Rechnungshof wirklich das Instrument ist, das er auch sein kann und sein soll.

Herr Präsident Fiedler hat in verschiedenen Sitzungen sehr wohl immer wieder kon­struktive Kritik geübt, aber letztlich ist es dabei geblieben, und es fehlt dann die Konsequenz hier im Haus. Das war bei den Verstößen gegen die Schablonenverord­nung in den ÖIAG-Betrieben der Fall. Das ist jetzt der Fall bei den Meldungen die Einkommenshöhe betreffend. Sicher, da gibt es das Urteil des obersten Gerichtshofes, aber daran, wie in Zukunft Verträge abgeschlossen werden können, unter welchen Rahmenbedingungen und dass man vielleicht in die Verträge hineinnehmen könnte, dass das Einkommen veröffentlicht werden kann im Hinblick auf die Kontrollbefugnis des Rechnungshofes, daran denkt man nicht, das bleibt einfach liegen, bleibt unauf­gearbeitet.

Ein drittes Beispiel – mein Kollege hat heute schon den aktuellen Bericht ange­sprochen –: die Beratungsverträge. Es ist leider massiv eingerissen, dass man prak­tisch doppelt öffentliche Mittel aufwendet: einerseits, indem man Beamte bezahlt,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 201

indem der Bund hoch qualifiziertes Personal anstellt und auch finanziert, Personal, das eigentlich auch bereit ist, sachkundig zu arbeiten, und andererseits, indem man Fremdvergaben vornimmt, weil man den Beamten nicht traut oder irgendwelchen Institutionen Geld zukommen lassen möchte.

Ich kann Ihnen ein aktuelles Beispiel nennen. Herr Präsident, Sie werden es dann auch überprüfen – oder wahrscheinlich Ihr Nachfolger oder Ihre Nachfolgerin erst in zwei, drei Jahren. Wir haben jetzt im Bautenausschuss gehört – Frau Kollegin Fekter, das ist für Sie interessant –, es gibt den Entwurf für ein Gebäudebewirtschaftungsgesetz. Dieser Entwurf stammt nicht vom zuständigen Ministerium, sondern da gab es wieder eine Fremdvergabe, die 38 000 € gekostet hat, glaube ich, plus 9 000 € Zusatzkosten. Das Ergebnis dieser Fremdvergabe ist massiv kritisiert worden. Auch von Ihnen, Frau Kollegin Fekter! Und der Herr Minister sagt, das haben wir halt wieder fremd vergeben. (Abg. Neudeck: Das Ergebnis ist kritisiert worden, nicht die Vergabe!)

Noch dazu ist das Ergebnis unqualifiziert und nützt der öffentlichen Verwaltung nichts. Der Entwurf muss jetzt erst wieder im Justizressort neu erarbeitet werden; wir werden morgen in der Fragestunde darüber diskutieren. Das ist Verschleuderung von öffentlichen Mitteln! (Abg. Dr. Fekter: Aber Forschen wird man doch noch dürfen! Das war eine Forschungsarbeit! Oder seid ihr jetzt gegen das Forschen auch?) Nein, ich bin nicht gegen das Forschen, aber es geht ja um einen Gesetzentwurf! (Abg. Dr. Fekter: Das ist doch lächerlich, wenn man ständig ... skandalisiert!) Ein Gesetz­entwurf ist doch etwas anderes als eine Forschung! Entschuldigen Sie, Frau Kollegin, Sie sind Juristin, Sie werden wohl unterscheiden können zwischen Forschungs­auf­gaben und konkreten Gesetzentwürfen. (Abg. Dr. Fekter: Das war eine Forschungs­arbeit, die die Wohnbauforschungsgesellschaft gemacht hat!) Und die Erarbeitung von Gesetzentwürfen brauche ich nicht nach außen zu vergeben. Aber wir werden die Diskussion ohnehin später im Justizausschuss noch führen. Es ist keine Frage – wir haben es ja auch schon im Bautenausschuss angesprochen –: Da geht es um konkrete Regierungsvorhaben und Gesetzentwürfe. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Abschluss noch: Herr Präsident Fiedler! Es wäre meines Erachtens dringend notwendig, dass die Arbeit des Rechnungshofes direkt und parallel zu verschiedenen parlamentarischen Vorhaben geführt wird und dass er ein begleitendes Kontroll­instrument ist. Meine Erfahrung ist: Kontrolle zwei Jahre später, die Diskussion hier im Hause oft Jahre später, als der Bericht vorliegt. Diese zeitliche Verzögerung des­avouiert und wertet die Arbeit des Rechnungshofes ab.

Ich plädiere dafür – und das wäre Aufgabe des Konvents, den Sie leiten –, dass man den Rechnungshof zu einer Art begleitenden Kontrolle aufbaut. Ich weiß, Sie sind da etwas anderer Meinung, aber zeigen Sie mir einen Weg, wo die Abgeordnetentätigkeit mit Hilfe des Rechnungshofes wirklich wirkungsvoll dazu führen kann, Dinge, die man schon in der schiefen Bahn sieht, noch verhindern zu können! Wir haben mehrere Fälle, wo wir genau wissen, das läuft schief, aber der Rechnungshof kann sie noch nicht prüfen. Bitte, helfen Sie uns mit Anregungen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.54

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte, Frau Kollegin.

 


18.55

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Hohes Haus! Bei der Debatte über den Einkommensbericht zu den Jahren 2001 und 2002 des Rechnungshofes möchte ich ein Detail herausarbeiten, weil von meinen Kolleginnen und Kollegen schon sehr intensiv und detailreich darauf


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 202

hingewiesen wurde, wie das zum Beispiel mit den Gagen bei der ÖIAG und in anderen Bereichen ist. Ich möchte ein Beispiel dafür herausarbeiten, dass Ausgliederungen aus dem öffentlichen Bereich wie zum Beispiel das Kunsthistorische Museum anscheinend einen Freibrief für die Manager darstellen, die dann in diesen Unternehmen tätig sind.

Das Einkommen des Direktors des Kunsthistorischen Museums hat im Jahr 2001 228 000 € betragen und im Jahr 2002 238 200 €. Das ist eine Erhöhung, die sich andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land nur wünschen können. Für mich ist aber jetzt die entscheidende Frage: Wie schaut das im Jahr 2003 und im Jahr 2004 aus? – Sie alle wissen, es hat einen Diebstahl im Kunsthistorischen Museum gegeben, in dessen Folge aufgelistet wurde, dass es Sicherheitsmängel gab: Ein Baugerüst war nicht abgesichert, eine Alarmanlage war Attrappe oder zu empfindlich eingestellt, und ein Ausstellungsstück im Werte von 50 Millionen wurde unter einem Fensterglassturz, sozusagen unter einer „Käseglocke“ platziert.

Jetzt frage ich mich: Wo bleibt da die Verantwortung für das Unternehmen, sehr geehrte Damen und Herren?, und: Wo bleibt die politische Verantwortung? Der Herr Direktor nimmt seine Verantwortung insofern wahr, als er detektivische Arbeit leistet, indem er nach Italien reist. Er nimmt seine Verantwortung so wahr, dass er jenen Menschen, die dieses Kunstwerk bewacht haben, die Schuld zuschiebt, aber von seiner Seite gibt es überhaupt keine Übernahme der Verantwortung und auch keine Darstellung, welche Maßnahmen es gibt, um es in Zukunft besser zu machen.

Für mich ist das eine entscheidende Frage, denn das Kunsthistorische Museum birgt Schätze und Kunstwerke, die für ganz Österreich ein sehr wertvolles Gut darstellen. Hier eine finanzielle Verantwortung, eine kaufmännische Verantwortung und auch eine politische Verantwortung einzufordern wäre meiner Meinung nach sehr wichtig. Denn es kann nicht so sein, dass wir uns nur darüber unterhalten, wie die Einkommen aus­schauen, sondern es muss auch darum gehen, welche Pflichten und Rechte die Manager haben und welche Aufgaben der Staat den Managern überlässt, wenn sie in ausgegliederten Unternehmungen tätig werden. – Wo bleibt die politische Verant­wortung? (Beifall bei der SPÖ.)

18.58

 


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.58

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Nationalratspräsident! Herr Rechnungs­hofpräsident! Meine Damen und Herren! Wenn es auch manchen missfällt, möchte ich mich trotzdem in gebotener Kürze den Einkommen der ÖIAG-Vorstände widmen, die sich auch im Einkommensbericht finden. Wie Sie wissen, handelt es sich hier um die Einkommen jener Vorstände, deren Bestellung gesetzwidrig zustande gekommen ist und deren Verträge auch vom Rechnungshof kritisiert werden.

Die Recherchen des Rechnungshofes rund um die Vorgänge in der ÖIAG zeigen, was Wirtschaftspolitik dieser Regierung heißt: nämlich Parteifilz, Freunderlwirtschaft und Steuergeldverschwendung. Auch die sinnlose Privatisierungswut ist ein weiteres Beispiel für die wirtschaftspolitische Inkompetenz.

Aber es gibt nur ein Konzept, und das heißt Umsetzung von parteipolitischer Ideologie, Hauptsache, es nützt den eigenen und der Freunde Privilegien und Pfründe – das natürlich zum Nachteil der Steuerzahler, der einem schon Leid tun kann. Zum einen darf der Steuerzahler das Volksvermögen – und die Betonung liegt auf dem Wortteil „Volk“ – erwirtschaften, dass dann von dieser Regierung verschleudert wird mit dem Ergebnis, dass jene, die dieses Volksvermögen erwirtschaften, dann arbeitslos


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 203

werden, und zum anderen hat der Steuerzahler für diese unsoziale Politik auch noch teuer zu bezahlen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn der Zorn des Volkes Sie trifft, denn es passt überhaupt nicht zusammen, wie Sie einerseits das Leben der Menschen in allen Details beeinflussen und was Sie andererseits selbst vorleben. Die ÖIAG ist ein Beispiel von vielen dafür.

Zuerst werden unliebsame Aufsichtsräte, Vorstände um sündteures Geld „eliminiert“. Nur für den geprüften Teil gibt es mehr als 6 Millionen €, und wenn die Ausgaben für die anderen hinzugerechnet werden, dann ergibt sich ein Mehrfaches davon. – Aber kein Problem, es zahlt ja der Steuerzahler!

Dann geht es an die Personalsuche der neuen Organe. Man bedient sich Berater. Der Gesamtvorgang von der Ausschreibung bis zur Auswahl ist nicht normen- und gesetzeskonform. Auch kriegt nicht der Billigstbieter den Zuschlag, denn es geht ja um Freunderlwirtschaft, und es macht nichts, wenn dann der, der den Zuschlag kriegt, um 30 Prozent teurer ist. – Aber kein Problem, es zahlt ja der Steuerzahler! (Abg. Neudeck: Das war bis 1999 so!) Nein, das ist aktuell, Herr Kollege!

Das Ganze gipfelt dann in dubiosen Vorstandsverträgen, die dann die so ermittelten Aufsichtsräte gemeinsam mit der Regierung ausarbeiten: 700 000 € Gage, 14-mal mit Zuschuss 43 000 €. Der Normalbürger darf nur 12 Monate wohnen, die dürfen es 14 Monate. Es gibt eine Abfertigung, die keinen Vergleich findet. Obwohl es Gehalts­bonifikationen gibt, gibt es Aktienoptionen. – Aber kein Problem, der Steuerzahler wird das schon zahlen!

Gleiches gilt für die Vergütungen der Aufsichtsräte, wo es Erhöhungen bis 100 Prozent gibt, und die Spesen steigen um 2 000 Prozent. – Aber kein Problem, das ist Sache des Steuerzahlers!

Ich fordere Sie auf, meine Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, hören Sie auf mit dem Gerede vom Sparen und vom Privilegienabbau, das ist reine Heuchelei! Aber Sie machen einen großen Fehler, nämlich dass Sie das Volk für dumm verkaufen. Aber Sie können sicher sein, irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo Ihnen das Volk das übel nimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

19.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


19.03

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn meiner Ausführungen Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler und seinen Mitarbei­terInnen sehr herzlich danken für diesen sehr aufwendig gestalteten Bericht. Doch möchte ich auch bedauern, dass wir diesen Bericht erst jetzt zugeleitet bekommen haben und im Parlament diskutieren können, wo er doch schon dem Parlament im Dezember des Vorjahres zugeleitet worden ist. Das zeigt, glaube ich, sehr klar die Vorgangsweise dieser Bundesregierung, die immer wieder versucht, die katastrophale Regierungs­politik und das Ergebnis ihrer Arbeit wegzuschieben und die Diskussion in der Öffentlichkeit zu verhindern. Aber das gelingt nicht wirklich, wie man sieht, wenn man sich die Wahlergebnisse ansieht. Die Bevölkerung weiß sehr genau, wohin diese katastrophale Politik führt. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Kernaussage dieses Berichtes lässt sich, glaube ich, ganz knapp zusammen­fassen: Die Einkommen der Vorstände steigen in den Jahren 2001 und 2002 weiter an, hingegen wird im gleichen Zeitraum die Zahl der Lehrlingsausbildungsstellen abgebaut,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 204

und das bei der öffentlichen Wirtschaft. Das lässt sich an Hand von Beispielen sehr klar darstellen.

Mein Kollege Gaßner hat schon das Beispiel der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbaugesellschaft genannt, wo es im Jahr 2001 zwei Vorstände mit einem Ein­kommen von 190 000 € gegeben hat. Im Jahr 2002 war es dann zwar nur mehr ein Vorstand, aber dieser hatte ein Einkommen von rund 350 000 €.

Wenn man die 190 000 € auf die zwei Vorstände aufteilt und annimmt, dass einer 95 000 € verdient hat, so muss man sagen: Bei den 350 000 € hat doch eine gewaltige Gehaltserhöhung von immerhin 255 000 € oder 270 Prozent stattgefunden. Gleich­zeitig ist aber die Zahl der Lehrlinge dort gesunken, und zwar von 9 auf 5.

Eine ähnliche Tendenz gibt es bei der Verbund-Austria Hydro Power AG. Da kann man dasselbe feststellen. Man könnte noch viele solcher Beispiele aufzählen. Das ist eine sehr traurige Entwicklung. Der Rechnungshofbericht zeigt sehr genau diese ungeheure soziale Schieflage auf, für die die Bundesregierung letztendlich verantwortlich ist.

Wenn die Regierung schon bei staatsnahen Betrieben tatenlos zusieht, wie kontinuier­lich Lehrstellen abgebaut werden, wie soll sie dann in der Privatwirtschaft die drama­tische Situation in den Griff bekommen? Die Hilflosigkeit in dieser Frage hat der Herr Bundeskanzler in aller Offenheit dargelegt bei der Bankrotterklärung seiner Regie­rungspolitik, indem er gesagt hat, dass sich bis zum Jahre 2008 die Situation auf dem Lehrstellenmarkt nicht verändern wird, dass keine Entspannung zu erwarten ist.

Nicht so hilflos ist diese Regierung, wie wir schon gehört haben, bei den Manager­gehältern, zum Beispiel bei der ÖIAG. Da ist ganz entschlossen mit Steuergeldern umgegangen worden.

Einfache Angestellte haben nicht die Möglichkeit, enorme Gehaltssteigerungen zu erfahren, sondern haben Reallohnverluste. Es gibt Pensionskürzungen. Insgesamt kann man, glaube ich, sagen: Immer weniger bekommen immer mehr, und viele bekommen immer weniger! (Beifall bei der SPÖ.)

19.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

 


19.07

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ganz inter­essant – und ich habe mir diese Mühe gemacht –, das Einkommen der Vorstände in den staatsnahen Betrieben mit dem Einkommen der Angestellten beziehungsweise mit dem Einkommen der Arbeiter, wo der Unterschied noch gravierender ist, zu ver­gleichen, denn erst dann wird das Sittenbild dieser unterschiedlichen Unternehmungen sichtbar, und dieses Sittenbild ist gleichzeitig eine Präambel für das Sittenbild der blau-schwarzen Bundesregierung, nämlich sich nur für die Starken und für die Großen in unserem Lande einzusetzen.

Vergleichen wir einmal zum Beispiel die Angestellten im Luftverkehr! Dort verdienen die Angestellten immerhin noch 61 Prozent des Gehalts der Vorstände, was vielleicht auch der Qualität ihrer Ausbildung und Verantwortung entspricht, die Arbeiter hingegen kommen nur mehr auf 26 Prozent.

Die Angestellten des Geld- und Kreditwesens verdienen immerhin noch 40 Prozent im Vergleich zu ihren Vorständen, die Arbeiter nur mehr 30 Prozent.

Schlecht wird es schon im Fremdenverkehr: Da haben die Angestellten noch 22 Pro­zent, die Arbeiter aber nur mehr 15 Prozent.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 205

Ähnlich ist es in der Elektrizitätswirtschaft mit 16 und 26 Prozent.

Ganz abgehoben, meine sehr verehrten Damen und Herren, sind unter der neuen Regierung die Gehälter der „Wundervorstände“ bei den ÖBB, während die Angestellten dieses Unternehmens nur mehr 21 Prozent beziehungsweise die Arbeiter 17 Prozent davon bekommen. Das lässt die Schere ganz auseinanderklaffen.

Den Gipfel von dem Ganzen bilden wohl die Gehälter der Vorstände im Hüttenwesen. Da betragen die Verhältniszahlen 15 Prozent bei den Angestellten und 9 Prozent bei den arbeitenden Menschen. Da haben sich die Gehälter der Vorstände weit nach oben abgesetzt.

Interessant ist auch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass sich die Vorstände in diesem Unternehmensbereich ihre Gagen von 2001 auf 2002 gleich vervierfacht haben. (Abg. Ellmauer: Wie ist es in der BAWAG?) Dazu kommen noch die Leistungen der öffentlichen Hand, was die Pensionen betrifft.

Man kann jetzt wirklich sagen: Ohne staatliche Kontrolle – aber wir vermuten, vielleicht sogar mit staatlichem Wissen und Wollen – geht dieser Wahnsinn weiter. Es gibt Mehrfachbezugsregelungen, wie es mein Kollege Kräuter schon erwähnt hat. Es gibt Bezugsregelungen auf Erfolgsbasis, wie bei den Maklern. Das heißt: Wer mehr ver­scherbelt, der bekommt mehr Gage, wer mehr Leute hinausschmeißt, der fettet sein Gehalt erst so richtig auf.

Das ist die Animation, die unserer Meinung nach gegen jede redliche Gebarung und gegen jegliche Vernunft spricht! (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt noch ein, wie wir herauslesen können, ungebremster und unkontrollier­barer Zugriff auf die Spesen bei den staatsnahen Betrieben. Es gibt Mietzinsbeihilfen für die sonst wohl wahrscheinlich obdachlosen Vorstände, die sich mit ihren Millionengagen sonst ihre Wohnungen nicht leisten könnten – alles gedeckt durch den Eigentumsvertreter und in Wirklichkeit gedeckt durch unseren Finanzminister Grasser.

Na gut, könnte man sagen, sie verdienen es ja, weil sie so gut sind und weil sie in Österreich so schwer zu finden sind, aber nach dieser verheerenden Performance rund um die VA Tech und um den Industriellen Kovacs wird wohl niemand unter Ihnen sein, der mir glaubhaft versichern kann, dass diese Vorstände dieses Geld wert sind. Für mich waren und bleiben sie dilettantische ausrangierte Manager (Abg. Großruck: Unerhört!), die über Freundschaftsschienen in viel zu hohe Positionen in Österreich gehoben worden sind. Einfach „FOPs“ – ich hoffe, Sie wissen, was ich meine. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte.

 


19.11

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Ho­hes Haus! Jedes Mal, wenn wir einen Bericht des Rechnungshofes diskutieren, zeigt sich, dass dieser Regierung nichts zu teuer ist, vor allem dann, wenn die Profiteure ein Naheverhältnis zu ÖVP und FPÖ haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Um eines klarzustellen: Meine Fraktion und ich sind der Meinung, dass Manager im öffentlichen und halböffentlichen Bereich ordentlich entlohnt werden sollen, wenn sie die Voraussetzungen dafür erbringen. Wir kritisieren jedoch massiv, dass, wie auch im Rechnungshofbericht festgehalten, einige Manager offenbar „vergoldet“ wurden, nach­dem ihre Vorgänger um teures Geld bei laufenden Verträgen abgefertigt wurden. (Abg. Schöls: Wie ist das bei Herrn Streicher?)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 206

Wie lässt sich beispielsweise rechtfertigen, dass laut „Standard“ vom 14. August 2003 der neu bestellte ÖIAG-Vorstand Peter Michaelis mit allem Drum und Dran auf 680 000 € Jahresgehalt kommt?! Das sind – um die Vorstellung zu konkretisieren – unglaubliche 9 375 000 S. Damit hat er doppelt so viel wie sein Vorgänger Rudolf Streicher. (Abg. Hornek spricht mit Abgeordnetenkollegen und lacht dabei.) – Das ist leider nicht zum Lachen, Herr Kollege Hornek! (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Bringt Michaelis tatsächlich doppelt so viel? – Die Regierung schüttet da wahrlich ein Füllhorn aus. Aber nicht so bei der Bevölkerung: Die ArbeitnehmerInnen, arbeitslose Menschen und PensionistInnen machen da vollkommen gegenteilige Erfahrungen. Kürzungen und Verteuerungen sind die Devise für sie.

Aus meiner Sicht ist im Zusammenhang mit dem Rechnungshofbericht noch darauf hinzuweisen, dass in zwölf Unternehmen die Vorstände mehr verdienten als der Bun­deskanzler. Wenn dies in einem Privatbetrieb geschieht, hat die Politik darauf keinen Einfluss.

Abschließend noch zwei Zahlen, um die Relationen zu dem bereits besprochenen Größen aufzuzeigen und insbesondere um den handelnden Personen in der Regierung vor Augen zu führen, wie die reale Situation der Menschen ist: Das mittlere Brutto­jahreseinkommen eines Arbeiters betrug im Jahre 2001 21 070 € und das einer Arbei­terin 10 026 €.

Die SPÖ nimmt den vorliegenden Rechnungshofbericht, für dessen ausgezeichnete Ausarbeitung ich Herrn Präsidenten Fiedler und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbei­tern danke, nicht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

19.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-67 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist mehrheitlich angenommen.

6. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geän­dert wird (498 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungs­gesetz) geändert werden (499 d.B.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 207

8. Punkt

Bericht und Antrag des Gleichbehandlungsausschusses über den Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes, mit dem ein Bundesverfassungsgesetz über die Weisungsfreiheit der Organe der Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie ein Bun­desverfassungsgesetz über die Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauf­tragten geschaffen wird (500 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 27/A (E) der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend den Beschluss eines österreichischen Antidiskriminierungsgesetzes (501 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Menschenrechte über den Antrag 146/A der Ab­geordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz (502 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Prammer mit einer gewünschten Redezeit von 6 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


19.16

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine Damen und Herren! Die Gleichbehandlungsgesetze sollten umfas­send geändert werden. Während wir bisher Gleichbehandlungsgesetze kannten, die Männer und Frauen umfassten, soll nun der Personenkreis massiv erweitert werden.

Worum geht es? – 1998 war das Menschenrechtsjahr der Vereinten Nationen. Öster­reich hat damals auf dieses Menschenrechtsjahr dadurch Bezug genommen, dass die Bundesregierung dem Ludwig-Boltzmann-Institut einen Auftrag gegeben hat, ein Anti­diskriminierungsgesetz zu entwickeln, was dann letztendlich im Jahr 2000 abgeschlos­sen wurde.

1998 hat auch die Europäische Union auf dieses Menschenrechtsjahr Bezug genom­men und hat im Vertrag von Amsterdam den betroffenen Kreis, der geschützt werden soll, auch im Rahmen der Rechte der Europäischen Union massiv ausgeweitet.

Was ist dann gefolgt? – Eine ganze Reihe von Richtlinien, zum Beispiel die Anti­rassismus-Richtlinie aus dem Jahr 2000. Umsetzungsfrist für jeden Mitgliedstaat: 19. Juli 2003. Das heißt, da ist Österreich bereits ein Jahr säumig.

Weiteres Beispiel: Die Antidiskriminierungs-Richtlinie, ebenfalls aus dem Jahr 2000. Seit dem 2. Dezember 2003 ist die Frist zur Umsetzung abgelaufen. Österreich ist auch da säumig.

Letztendlich wurde auch die Gleichstellungs-Richtlinie für Frauen und Männer novel­liert. Da gibt es eine Umsetzungsfrist, und zwar Oktober 2005.

Am 4. November 2003 – also auch das ist schon relativ lange her – gab es dann einen Ministerratsbeschluss für zwei Gesetze, die dann dem Parlament übermittelt worden


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 208

sind, wo die Regierungsparteien gesagt haben, das sei die Umsetzung dieser Richtlinien.

Meine Damen und Herren! Es herrschte lange Zeit in Österreich ein Grundkonsens darüber, dass Österreich betreffend die Gleichstellung der Geschlechter wirklich Vor­zeigeland ist. Ich erinnere daran: Wir haben in Österreich ein Gleichbehandlungs­gesetz, das im Jahre 1979 geschaffen wurde. Wir haben in Österreich ein Gleich­behandlungsgesetz für den öffentlichen Dienst aus dem Jahre 1993. Das sind also alles Maßnahmen, die bereits lange vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union gesetzt wurden und bevor es die dementsprechenden Richtlinien gab.

Meine Damen und Herren! Es ist bedauerlicherweise von diesem Grundkonsens, dass wir Vorzeigeland sind, durch diese Gesetzesmaterie, die heute hier zur Diskussion steht, abgewichen worden.

Was ist unsere Kritik, beziehungsweise was sind unsere Forderungen? – Die Euro­päische Union hat sich sehr viel überlegt, als sie nicht eine Richtlinie zur Beseitigung all dieser Diskriminierungen geschaffen hat, sondern drei Richtlinien. Unsere For­derung war: Schaffen wir doch auch drei Gesetze, damit haben wir klare Zustän­digkeiten und klare Abgrenzungen, und die Personen, die sich davon betroffen fühlen sollen, kennen sich auch dementsprechend aus!

Das war auch unser Verhandlungsstand. So sind wir auch in die Verhandlungen mit der ÖVP gegangen. Die ÖVP beziehungsweise die Regierungsparteien haben aber gemeint, das wollen sie nicht, sie wollen alles in einem Gesetz abhandeln. Darauf haben wir uns letztendlich auch eingelassen, wenngleich ich sagen muss: Es ist nicht ein Gesetz geworden, die Behinderten werden ein gesondertes Gesetz erhalten, und auch bei den Landes- und Gemeindebediensteten müssen das nach wie vor die zuständigen Gremien regeln.

Durch diesen Mischmasch ist nun das Problem entstanden, dass plötzlich auch in diesen Gesetzen eine Hierarchisierung entstanden ist. Das heißt, in ein und demselben Gesetz werden die Menschen unterschiedlich geschützt.

Ich sage Ihnen ein Beispiel: Würde Harry Belafonte heute nach Österreich kommen und in ein Lokal gehen, dann müsste er nicht mehr vor der Tür draußen stehen bleiben, und der Lokalbesitzer könnte nicht nein sagen, wenn er dieses Lokal betreten will, während es Ariel Muzicant oder zum Beispiel einem katholischen Priester sehr wohl verboten werden könnte – und das ohne Konsequenz. Das ist eine klare Hierarchisierung, und dagegen sprechen wir uns aus! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Richtlinien sehen weisungsfreie Ombudsstellen vor, und diese weisungsfreien Ombudsstellen wollen Sie jetzt einfachgesetzlich beschließen. Wir glauben, dass das ein glatter Verfassungsbruch ist. Es ist sehr schade, dass man in den Verhandlungen nicht so weit ging, Konsens mit den Oppositionsparteien herzustellen.

Nach mehreren Verhandlungsrunden mit der ÖVP haben wir gemeint: Können wir uns nicht wirklich darauf verständigen, zumindest die Richtlinien umzusetzen? Setzen wir die Richtlinien um, damit die österreichische Bevölkerung davon ausgehen kann, die EU-Normen gelten auch für Österreich! – Das ist bis zum Schluss nicht gelungen. Das heißt, die Verhandlungen haben sich genau darum gedreht: Es war ein Ringen um Richtlinien-Umsetzung, um mehr ist es nicht gegangen.

Nachdem wir vor den Zielen stehen geblieben sind und die Richtlinien unserer Mei­nung nach nicht umgesetzt werden, werden wir diesen Gesetzen auch nicht die Zustimmung geben.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 209

Ich anerkenne die Bemühungen der Oppositionsparteien – in Person der Frau Abge­ordneten Scheucher und auch der Frau Abgeordneten Achleitner (Bundesminister Dr. Bartenstein: Der Regierungsparteien – noch!); bitte um Entschuldigung: der Regierungsparteien logischerweise –, dass sie sich wirklich bemüht haben, hier einen Konsens zu Stande zu bringen; auch Herr Ellmauer war sehr oft dabei. Ich habe nur festgestellt, dass dahinter offensichtlich übermächtige Kräfte tätig waren; es wurde immer wieder versucht, stopp zu sagen und Einhalt zu gebieten.

Ich habe auch nicht den Eindruck, dass Sie einen großen Verhandlungsspielraum hatten. Ich freue mich darüber, dass es, obwohl es letztendlich nicht bis zum Ziel gereicht hat, eine positive Weiterentwicklung gab. Wir werden nicht aufhören, auch in Zukunft daran zu arbeiten, dass erstens eine tatsächliche Umsetzung der Richtlinien erreicht wird, zweitens ein wirkliches Gleichstellungsgesetz der Geschlechter und drit­tens ein Antirassismus- und Antidiskriminierungsgesetz, das diesen Namen verdient.

Meine Damen und Herren! Schade – wir wären fast am Ziel gewesen! Ich bedauere es sehr, dass wir heute hier die Zustimmung verweigern müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin am Wort ist Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 


19.23

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehr­te Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Prammer, ich sehe es auch so: Es waren für uns von Seiten der Regierungsfraktionen sehr konstruktive Diskussionen, die sicherlich nicht umsonst waren. Wir haben den Konsens nicht verlassen. Wir waren bereit zu einem Konsens. Wir haben versucht, wirklich unser Bestes zu tun, und wir sind viele Schritte in Ihre Richtung gegangen. Ich bedauere, dass das nicht ausgereicht hat, aber es hat vielleicht dazu beigetragen, dass wir ein besseres Gesprächsklima insgesamt gefun­den haben. Daher war es nicht umsonst.

Ich bedanke mich bei allen, die an den Besprechungen teilgenommen haben: bei den zuständigen Ministern, dem Staatssekretär, bei den Beamten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien, die uns fachlich unterstützt haben, und auch bei den Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen.

Wir setzen mit dem vorgelegten Gesetzentwurf die EU-Richtlinien voll und ganz um. Wir setzen sogar mehr um, als die EU vorgibt, Frau Kollegin Prammer! Und wir bauen letztlich auch auf die gute und erfolgreiche Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft und -kommission auf. Um so weniger verstehe ich es, dass Sie einer Gesetzesvorlage, die weitere Verbesserungen bringt, nicht zustimmen, waren es doch auch Sie als zuständige Frauenministerin und Ihre Fraktion, die seit 1979 ganz entscheidend mit dazu beigetragen haben, dass wir in Österreich nicht am Nullpunkt stehen, sondern dass wir auf einem hohen Level sind, dass wir auf etwas aufbauen können.

Und das ist unser Ziel: Wir wollen die gute, erfolgreiche Arbeit im Bereich der Gleich­behandlung und der Antidiskriminierung in Österreich fortsetzen. Gehen Sie mit uns doch diesen Weg! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sind Ihrem Wunsch nachgekommen, das Gesetz neu zu strukturieren, und haben einen eigenen Gender-Bereich gemacht, einen zweiten Teil, der die neuen Diskriminie­rungstatbestände außerhalb des Arbeitsmarktes regelt, eben beispielsweise Dis­kriminierung auf Grund ethnischer Zugehörigkeit. Das war Ihr Wunsch – wir haben es gemacht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 210

Ich anerkenne, dass Sie von der ursprünglichen Forderung, jetzt gleich ein eigenes Antidiskriminierungsgesetz zu machen, abgekommen sind, dass Sie davon Abstand genommen haben – im Gegensatz zu den Grünen – und hier zu einem Konsens bereit waren. Ich denke aber, wir können hier auf die guten Ressourcen und auf die guten Erfahrungen aufbauen, können Synergien nutzen und können letztlich positive Ergeb­nisse erzielen.

Wir machen genau das, was in Wien im Moment in Begutachtung ist. Da werden auch die EU-Richtlinien umgesetzt. Dort reicht es? Hier im Bund reicht es Ihnen offen­sichtlich nicht.

Wir haben in einigen Bereichen Schritte in Richtung Konsens gemacht und die ent­sprechenden Vorschläge auch in unsere beiden Abänderungsanträge eingebaut, die wir im Ausschuss beschlossen haben – leider auch ohne Stimmen der Opposition. Obwohl wir schon gewusst haben, dass Sie nicht zustimmen, haben wir diese Ver­handlungsergebnisse mit eingebaut und mit einfließen lassen, und wir stehen dazu. Ich bedanke mich auch bei der Kollegin Achleitner. Wir stehen dazu! Beispielsweise wurde die Beteiligung der NGOs im gerichtlichen Verfahren in Form der Nebenintervention durch den Klageverband zur Unterstützung von Diskriminierungsopfern sicherge­stellt. – Nur ein Punkt.

Die Beweislastverlagerung zum Beklagten wurde mit eingebaut. – Auch ein Punkt, den Sie gefordert haben, der zu einer Verschärfung führt.

Weiters: die richterliche Begründungspflicht bei Urteilsabweichungen von einem Gut­achten der Gleichbehandlungskommission; die anonyme Veröffentlichung von Gutach­ten auf einer Homepage. – Das war auch Ihre Forderung und Ihr Wunsch.

Beim Schadenersatz haben wir keine Ober-, sondern nur Untergrenzen, und die Fest­legung nach oben liegt jetzt im richterlichen Ermessen – ich traue da unseren österreichischen Richtern; auch das ist eine ganz wichtige Forderung gewesen –, und bei der Aufstiegsdiskriminierung wurde die Entgeltdifferenz von einem Monat auf drei Monate erhöht.

Auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen, beispielsweise aus sexueller und geschlechtsspezifischer Belästigung, haben wir die Fristen von sechs Monaten auf ein Jahr erhöht. Ich gebe zu, das war auch mir sehr wichtig.

Eine Forderung war auch die personelle Ausstattung. Hier ist zusätzliches Personal vorgesehen. Sie wollten fünf AkademikerInnen zusätzlich. Ich glaube, es ist ein faires Angebot, und wir haben das auch in die Vorlage aufgenommen, dass man sich nach einer Evaluierungsphase von einem Jahr die personelle Ausstattung, sowohl in Bezug auf den Aufwand bei den Gerichten als auch in der Gleichbehandlungsanwaltschaft und Gleichbehandlungskommission, anschaut und dann reagiert. Auch hier waren wir entgegenkommend, und ich glaube, es ist ein ganz normaler Vorgang, dass man Dienstposten nicht ins Gesetz schreibt, sondern einmal schaut: Wo ergeben sich welche Schwerpunkte? Und: Wo sind welche zusätzlichen Ressourcen nach einer Evaluierungsphase notwendig?

Ich hoffe, wir kommen noch zu einem Konsens in Bezug auf die Weisungsfreistellung, Frau Kollegin Prammer. Sie haben noch die Chance. Wir haben einen Antrag eingebracht, und wir werden auch beantragen, über den Artikel 1 in Bezug auf die Weisungsfreistellung der Gleichbehandlungsanwaltschaft getrennt vom Artikel 2 abzu­stimmen, der die Weisungsfreistellung der Rechtsschutzbeauftragten beinhaltet, so­dass Sie die Chance haben, hier zumindest der Weisungsfreistellung der Gleichbe­handlungsanwaltschaft zuzustimmen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 211

Wir wollen, dass diese Weisungsfreiheit besteht. Wollen Sie, dass Minister Weisungen geben?

Ich sage aber auch dazu, es hat bisher hier nie Probleme gegeben. Der Verfas­sungsdienst vertritt auch im Fall der Gleichbehandlungsanwaltschaft die Auffassung, dass es sich um eine Gutachter- und Sachverständigentätigkeit handelt und derartige Tätigkeiten naturgemäß nicht zum Gegenstand einer fachlichen Weisung gemacht werden können.

Ich appelliere noch einmal an Sie, die Chance zu nützen, zumindest der Weisungs­freistellung der Gleichbehandlungsanwaltschaft zuzustimmen. (Abg. Mag. Prammer: Sie brauchen nur unseren Abänderungsanträgen zustimmen!) Ich appelliere an Sie – auch im Sinne einer konstruktiven Zusammenarbeit.

Ich bedanke mich abschließend noch einmal bei allen, die mit dazu beigetragen haben, dass wir mit dieser Gesetzesvorlage ein sehr gutes Gesetzeswerk zur Beschluss­fassung vorliegen haben und damit weitere Verbesserungen in Richtung Gleich­behandlung und auch in Richtung Anti-Diskriminierung in Österreich sicherstellen und beschließen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits am Wort. – Bitte.

 


19.30

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer! Guten Abend, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich jetzt gleich auf die Ausführungen von Frau Kollegin Scheucher, die, replizierend auf Kollegin Prammer, davon gesprochen hat, dass es sie, Scheucher, gefreut habe, dass die SPÖ von ihrem Vorhaben, jetzt gleich ein Antidiskriminierungsgesetz beschließen zu wollen, Abstand genommen hat.

Das könnte jetzt vielleicht missverständlich klingen, so, als würde die SPÖ kein Anti­diskriminierungsgesetz wollen. Dazu möchte ich schon klarstellen: Auch die SPÖ will selbstverständlich ein Antidiskriminierungsgesetz – und das wollte sie schon zu der Zeit, als SPÖ und ÖVP noch gemeinsam in der Regierung waren und von den beiden angesprochenen Damen sozusagen nur ich die Oppositionsrolle hatte. Damals – das betone ich – hatten wir in der damaligen Ministerin Prammer eine Mitstreiterin. „Wir“, das heißt jene nicht-staatlichen Organisationen oder Repräsentanten der österreichi­schen Zivilgesellschaft, haben im „Jahr der Menschenrechte“ 1998 – das wurde ja erwähnt – mit Steuergeld, man muss das so prosaisch sagen, das die rot-schwarze Bundesregierung der Zivilgesellschaft zur Verfügung gestellt hat, ein Antidiskriminie­rungsgesetz ausarbeiten lassen.

1998 war das also! Mein Sohn ist jetzt sieben Jahre alt; damals war er ein Jahr alt; jetzt ist er schon ein Volksschüler. Da können Sie sich vorstellen, wie lange bereits daran gearbeitet wird, wozu Frau Kollegin Scheucher meinte: nicht jetzt gleich ein Anti­diskriminierungsgesetz! Dazu habe ich ein geradezu historisches Bewusstsein, und ich muss Ihnen sagen: Auch diese Zeit, bis es dann zum Regierungswechsel 2000 ge­kommen ist, war vom Ergebnis her, mit dem, womit wir heute konfrontiert sind, eigentlich nicht zu vergleichen, und zwar selbst in dem nicht, was uns diesbezüglich die EU vorgibt, und wie Sie wissen, sind EU-Richtlinien immer Mindeststandards. Also nicht, dass ich hier vielleicht falsch verstanden werde, ich würde meinen, die EU sei so gut, sondern: Die EU normiert immer Mindeststandards, und Österreich ist – und das gibt’s tatsächlich, meine Damen und Herren! – der EU mit ihren Mindeststandards in


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 212

manchen Dingen sogar voraus. Beispielsweise Gleichstellungspolitik Mann – Frau. Da gibt es – und das sage ich jetzt sozusagen als Oppositionelle – in Österreich eine Geschichte, die mit Namen verknüpft ist, die man jetzt ruhig nennen kann: Dohnal, Konrad, Prammer. Und diese Politik war, auch durchaus europaweit betrachtet, mehr als sehenswert, wenn wir das schon vergleichen wollen.

So, und dann kam das Jahr 2000, als die so genannte Antirassismus-Richtlinie in der EU durchgegangen ist – und damals war die schwarz-blaue Bundesregierung nicht ganz unbeteiligt an der Geschwindigkeit der Richtlinienerlassung, wobei, ich wieder­hole das noch einmal, diese Richtlinie Mindeststandards normiert. Das war im Jahre 2000, und Österreich hat halt die Regierung, die wir haben, wobei ich zu dieser immer nur dasselbe sagen kann: Wir müssen diese Regierung so schnell wie möglich abwählen; eine andere Lösung gibt es nicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Die Geschichte des Antidiskriminierungsgesetzes und der Verhandlungen darüber hat ja gezeigt, dass das das Beste wäre.

Zum Dank und den Rosen, die Sie von den Regierungsparteien der Opposition jetzt streuen – da habe ich mich natürlich als Grüne auch angesprochen gefühlt –, indem Sie sagen: Wir haben das ja gemeinsam gewollt!: Ja, wir haben gewollt, und Sie haben nicht gemacht! (Abg. Steibl: Es ist auch ein Unterschied zwischen wollen und machen!) So war’s, um das kurz zusammenzufassen, in Bezug auf die Anti-Dis­kriminierungs- und Anti-Rassismusarbeit! Das ist die Wahrheit! Und im Parlament soll man nicht lügen, ebenso natürlich auch außerhalb des Parlaments nicht! Darum muss das hier gesagt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da, meine Damen und Herren, Barbara Prammer hier diesen damaligen Vorfall mit Harry Belafonte in Linz erwähnt hat: Gestern habe ich, wie manche andere auch, am Abend dieses wunderbare Konzert vor dem Schloss Schönbrunn gesehen. Und ich muss Ihnen sagen: Der wunderbarste Anblick für mich war Bobby Mc Ferrin. Bobby Mc Ferrin ist nicht nur ein schöner Mann, sondern er ist auch schwarz. Ich habe mir dann gestern still bei mir gedacht: Gerade schrammt Bobby Mc Ferrin sozusagen am 1. Juli vorbei, wenn das neue Antidiskriminierungsgesetz in Kraft tritt, denn er bewegt sich bei uns immer noch im ungeschützten Raum. Und es könnte ihm das passieren, was Harry Belafonte seinerzeit in Linz passiert ist, aber ich gebe zu – und auch die Regierung muss Mindeststandards der EU umsetzen –, es sind zwar für solche sozusagen eindimensionalen Diskriminierungsfälle gewisse Instrumentarien vorgese­hen, jedoch: Mit einem Antidiskriminierungsgesetz in dem Sinn, wie es die öster­reichische Zivilgesellschaft verlangt hat, und zwar jahrelang verlangt hat, hat dieses Ergebnis (die Rednerin hält schriftliche Unterlagen in die Höhe) – auch wenn es noch so dick und fett aussehen mag – wirklich nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das war die eine Bemerkung – und jetzt leuchtet leider die Lampe hier beim Red­nerpult schon wieder; aber es ist noch genügend Zeit.

Zur zweiten Geschichte, die meiner Ansicht nach besonders bemerkenswert ist, wo es allerdings nicht um das Ergebnis dieses Gesetzes jetzt geht: das ist der Umgang dieser Bundesregierung mit nicht-staatlichen Organisationen. Dialog mit der Zivilgesell­schaft, etwas, was in den EU-Richtlinien steht, was man tun soll, was man nicht umgehen kann: Diese Bundesregierung schert sich keinen Cent drum! Null! (Abg. Ellmauer: Frau Kollegin, Sie behaupten diese Dinge wider besseres Wissen!)

Die Damen, die diese Gesetze im Ressort des Herrn Ministers Bartenstein erarbeitet haben, hatten einen ganz klaren und präzisen Auftrag, nämlich den, den absoluten Mindest-Mindest-Mindest-Minimalstandard, der nur irgendwie notwendig ist, legistisch der Bundesregierung und damit dem Parlament vorzulegen, eben das, was wir jetzt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 213

gemeinhin „Soft-Law“ nennen. – Von dem jedoch, was genauso notwendig wäre, eben dieser soziale Dialog, flankierende Maßnahmen zu setzen, die nicht in einem Gleich­behandlungsgesetz stehen, ist überhaupt nirgends die Rede! Wie der Teufel das Weihwasser scheut diese Bundesregierung allein die Terminologie „Anti-Rassismus“ beziehungsweise „Anti-Diskriminierung“! Dieses Gesetz heißt immer noch so wie damals, als es beschlossen wurde, nämlich „Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Mann und Frau“!

Nicht einmal da haben Sie von ÖVP und FPÖ den Mut gefunden, das anzusprechen, was ja in diesem Gesetz auch enthalten ist: bestimmte, wenn auch noch zu sanfte Anti-Diskriminierungsbestimmungen, wo es geht um „Rasse“ – unter Anführungszeichen –, also um ethnische Herkunft, ebenso um religiöse Herkunft, um Alter, wo es auch um den Gender-Aspekt geht. Aber das ist lediglich ein Aspekt daraus; lediglich einer. Da geht es auch um die Frage der Menschen mit Behinderung!

Wenn ein österreichischer Bürger/eine österreichische Bürgerin den Versuch macht, die Richtlinienumsetzung in den österreichischen Bundesgesetzblättern oder im Inter­net zu finden: Sie werden das nicht finden! Und das ist tatsächlich nicht zu finden! Das ist so gut versteckt, dass nie jemand erfahren wird, welche, wenn auch noch so bruchstückhaften, Instrumentarien es diesbezüglich gibt! Und das werfe ich Ihnen am allermeisten vor! Das ist diese Kleinmütigkeit, diese Mutlosigkeit, dass das, was eigentlich europäischer Trend ist, das, was die EU im Jahr 2000 mit ihrer Richtlinie als Trend gesetzt hat, bei uns so etwas von minimal ist! Dafür gibt es ja nicht einmal ein Wort, mit dem man das ausdrücken kann! Der Ausdruck „minimal“ ist immer noch viel zu groß in Bezug auf diese „Umsetzung“! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

Dieses Ergebnis kleinmütiger und mutloser Politik, das eben keine Strukturen zur Bekämpfung von Rassismus, von Homophobie und von anderen Vorurteilen und Dis­kriminierungen schafft, schafft es aber gleichzeitig, das legitime Anliegen, nämlich die Strukturen für die Gleichbehandlung von Mann und Frau, auch noch zu schwächen, indem man nämlich all das der Gleichbehandlungsanwaltschaft aufbürdet, ihr aber lediglich minimalste zusätzliche Strukturen gibt, sodass sie nie diesem Auftrag gerecht werden kann, den sie in der Vergangenheit hatte – und künftig noch mehr haben wird!

Das sind die Vorwürfe an Sie, liebe Frau Kollegin Scheucher, die Sie dabei die ÖVP-Verhandlungsführerin waren! In Wahrheit waren das doch die reinsten Schein­verhandlungen (Zwischenruf der Abg. Mag. Scheucher), und mir tut es wirklich um jede halbe Stunde Leid, die ich dort verbracht habe, weil nämlich selbst das, was Sie nach diesen Verhandlungen mit der Opposition noch vorgelegt haben, diese Neben­intervention etwa, nur halbherzig gemacht wurde, und zwar so, dass damit genau dem Aspekt, dem es eigentlich Rechnung tragen sollte, nämlich den Druck vom Diskriminie­rungsopfer, das finanzielle Risiko bei Klagen zu nehmen, nicht Rechnung getragen wurde!

Deshalb: Diese Regierung abwählen! Eine neue her – und ebenso ein wirkliches Anti­diskriminierungsgesetz! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.39

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


19.40

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Stoisits, Ihr Enga­gement und Ihre Wünsche in allen Ehren! Uns geht es aber bei der Umsetzung dieser


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 214

Antidiskriminierungsrichtlinie nicht um den Namen, sondern uns ist ganz einfach der Inhalt wichtig, der in diesen Gesetzen umgesetzt wurde! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.)

Zum Vorwurf, dass Scheinverhandlungen geführt worden seien, möchte ich doch einmal ganz klar darauf hinweisen, dass Sie es waren, die leider nur einmal Zeit gehabt hat, mit uns zu verhandeln, und wir viel öfter mit der Kollegin Prammer von der SPÖ zusammen gesessen sind. Ich hoffe, sie kann auch bestätigen, dass da sehr wohl gute und sachliche Verhandlungen zustande gekommen sind. Es wurde leider keine Einigung erzielt, aber es wurde gut und mit sehr viel Sachverstand verhandelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Ziel der Regierungsparteien war, dass die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien bestmöglich und korrekt umgesetzt werden, und ich denke, diese Richtlinien wurden gut und ausreichend umgesetzt. Gerade wenn Frau Prammer und Frau Stoisits darauf hinweisen, dass eher eine Verschlechterung im Zusammenhang mit der Gleichbehandlung stattgefunden hat, dann gehen sie wirklich an der Realität vorbei! Es ist nämlich Tatsache, dass sehr wohl Verbesserungen zu dem jetzt schon vorliegenden Gleichbehandlungsgesetz, Verbesserungen im Gleich­behandlungsangebot insbesondere für Frauen vorliegen. – Ich nenne hier nur einige Beispiele.

Zum Beispiel sehe ich den Diskriminierungstatbestand der Belästigung als große Möglichkeit im Kampf gegen Mobbing, denn genau dieser Fall tritt ja leider immer häufiger auf und kann dadurch natürlich viel besser geahndet werden.

Ungleichbehandlung muss auch wehtun, und daher ist es meiner Meinung nach sehr gut, dass Schadenersatzgrenzen als Untergrenzen festgelegt werden, dass wirklich unabhängige Gerichte darüber in Einzelfällen entscheiden und nicht irgendwelche Fixgrenzen oder Obergrenzen von Politikern festgelegt werden, denn die Gerichte entscheiden tatsächlich entsprechend den jeweils vorliegenden Fällen. Es tut mir Leid, dass die Opposition hier nicht mitgehen konnte, denn gerade die Gerichte können die Schadenersatzforderungen wirklich je nach dem jeweiligen Fall ansetzen.

Auch die Einführung des Benachteiligungsverbotes ist, wie ich meine, eine gute Regelung. Es ist positiv, dass gerade all jene, die Beschwerden eingebracht oder sogar Verfahren gegen Diskriminierung laufen haben, nicht entlassen, nicht gekündigt und nicht benachteiligt werden dürfen. Genau dasselbe gilt nicht nur für den Be­schwerdeführer selbst, sondern auch für die Zeugen und für die Auskunftspersonen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Gesetz gilt nicht nur im Geschlechterbereich, sondern wurde auch auf das Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf ethnische Herkunft und Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung, Alter und sexuelle Diskri­minierung, insbesondere bezogen auf den Arbeitsbereich, ausgeweitet.

Schutz im sozialen Bereich wurde ausgeweitet auf ethnische Zugehörigkeit und ethnische Herkunft. Gerade das diesbezügliche unterschiedliche Schutzniveau wurde sehr oft von den Oppositionsparteien angekreidet und auch als verfassungswidrig bezeichnet. Nun hat aber niemand Geringerer als der Bundesverfassungsdienst dezi­diert festgestellt, dass gerade die Diskriminierung auf Grund von ethnischer Zuge­hörigkeit ganz einfach anders und gesondert zu behandeln ist, weil es unterschiedliche Auswirkungen hat, unterschiedliche Lebensbereiche berührt werden und andere gesellschaftspolitische Hintergründe bestehen.

Es wurde heute schon kurz erwähnt, ich möchte aber auch noch darauf zu sprechen kommen, und mir ist es deswegen so wichtig, weil die SPÖ mit zweierlei Maß misst. Gerade im Wiener Landesgesetz wurde keine Ausweitung des Schutzniveaus vorgenommen. Sie setzen eins zu eins genauso wie die Regierungsparteien im Bund


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 215

die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU um. In Anbetracht dessen meine ich schon, dass Sie wirklich überlegen müssen, was Sie wollen! Sie können nicht einerseits etwas von der Regierung fordern und andererseits selbst in einem Land, in welchem Sie in der Regierung sind und die absolute Mehrheit haben, mit anderen Maßen messen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass uns die korrekte Umsetzung ein großes Anliegen war, das haben ja wirklich die vielen Verhandlungen bewiesen. Wir haben nicht nur verhandelt – und wir haben nicht scheinverhandelt, Frau Kollegin Stoisits! –, sondern es sind viele Bedenken berück­sichtigt und viele Anregungen wirklich in die Regierungsvorlage eingearbeitet worden.

An dieser Stelle richte ich meinen ganz besonderen Dank an die Mitarbeiterinnen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten, insbesondere an Frau Sektionschefin Dr. Szymanski und Frau Dr. Ritzberger-Moser, die mit sehr viel Gefühl und mit sehr viel Engagement versucht haben, die Wünsche der Opposition mit den Vorhaben der Regierungsparteien zu koordinieren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt auch eine gute Lösung: Betonen möchte ich dabei die Beteiligung der NGOs im Gerichtsverfahren gerade in der besonderen Position von Nebenintervenienten, die neue Einteilung der Gesetzesvorlage, die eine besondere Gleichstellung von Männern und Frauen hervorhebt, und die Änderung der Beweislastregelung. Auch wenn es die Opposition nicht glauben will: Die Verlagerung erfolgt eindeutig zugunsten des Klägers, und aus der sprachlichen Formulierung ist eindeutig erkennbar, dass der Beklagte zur Beweisführung verpflichtet ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist auch gut, dass gerade die Gleich­behand­lungsanwaltschaften als unabhängige Stellen eingesetzt werden. Der Vorteil ist, dass in Bestehendes eingebunden wird und dass dort auch große Erfahrung vorhanden ist. Es ist uns aber auch klar – und auch das wurde noch in einen Abänderungsantrag aufgenommen –, dass der zusätzliche Aufwand, den die Aufarbeitung der Diskriminie­rungstatbestände verursacht, innerhalb eines Jahres beobachtet werden muss, dass die personelle Ausstattung evaluiert werden und genau kontrolliert werden muss, dass auch diese Arbeiten gut und mit ausreichendem Personalstand durchgeführt werden können.

Eine Voraussetzung für die Umsetzung der Richtlinie und auch für eine erfolgreiche Arbeit der Gleichbehandlungsanwaltschaften stellt die Weisungsfreistellung dar. Ich appelliere da insbesondere an die SPÖ, denn es ist hiefür eine Verfassungsänderung und daher eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Frau Kollegin Prammer, es hängt wirklich von Ihnen und von Ihrer Fraktion ab, ob die Möglichkeit besteht, dass die Gleichbehandlungsanwaltschaften weisungsfrei gestellt werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Mag. Pram­mer.)

19.48

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte.

 


19.48

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! In aller gebotener Kürze zur Vorlage Gleichbehandlungsgesetz in seinen verschiedenen Aus­formungen. Es freut mich, dass die Frau Frauenministerin und auch der Herr Staatssekretär im Bundeskanzleramt als Mitzuständige hier neben mir auf der Regie­rungsbank sitzen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 216

Frau Abgeordnete und designierte Nationalratspräsidentin Prammer, ich möchte auch aus meiner Sicht Ihnen und Ihrer Fraktion Dank sagen für die geführten Ver­handlungen! Ich bin durch meine Mitarbeiter informiert worden, dass es nicht nur intensive, sondern auch gute Verhandlungsrunden waren und die Regierungsvorlage durchaus verbessert wurde. Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass auch die Regierungsvorlage eine gute Vorlage war und vor allem den EU-Richtlinien ent­sprochen hat. Da mögen wir unterschiedlicher Meinung sein, aber gestatten Sie mir, dass ich einmal für heute Abend bei meiner Meinung bleibe. Morgen können wir dann weitersehen!

Ich habe aber zum Beispiel auch durchaus immer wieder Frau Abgeordneter Scheucher bei der Erfüllung von Wünschen nachgegeben. Ich meine, die Richtlinie ist jetzt nicht nur erfüllt, sondern überfüllt. Es wurde einiges mehr gemacht, dennoch trage ich das, trotz aller Bedenken, inwieweit hier der Arbeitsmarkt belastet wird, mit und meine, dass das verantwortbar und machbar ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir hören, dass die Vertreterin der grünen Fraktion bei diesen Verhandlungen jedenfalls nicht immer zugegen sein konnte, dann meine ich, dass es nicht fair ist, den beiden wirklich verhandelnden Teilnehmern, nämlich den beiden Regierungsfraktionen auf der einen und der SPÖ-Fraktion auf der anderen Seite, von dritter, in vielen Fällen nicht anwesender Seite hier den Vorwurf von Scheinverhandlungen zu machen.

Meine Damen und Herren! Drei Gesetze wären möglich gewesen, ich meine aber, dass eine Gesetzesflut nicht wirklich das ist, was wir wollen. Ich habe im Ausschuss auch schon dazu Stellung genommen: Ein Gesetz bietet jedenfalls gewisse Vorteile für diskriminierte Menschen in diesem Lande, nämlich eine einzige Anlaufstelle zu haben. Dadurch können Mehrfachdiskriminierungen – wir haben das Beispiel der Roma-Frau angesprochen – durchaus besser abgedeckt werden.

Schon schwieriger wird es mit dem heute offensichtlich im Raum stehenden nur ein­fachgesetzlichen Beschluss die Gleichbehandlungsanwaltschaft betreffend. Wir haben hier zuletzt vom Vertreter des Verfassungsdienstes im Ausschuss, Herrn Ministerialrat Dr. Dossi, gehört, dass es durchaus denkbar, möglich und vielleicht sogar wahr­scheinlich ist, dass auch eine einfachgesetzliche Unabhängigstellung der Gleich­behandlungsanwaltschaft ausreichend ist, weil die von ihr wahrzunehmenden Kompetenzen in die Nähe einer Gutachtertätigkeit beziehungsweise Sachverstän­digen­tätigkeit rücken und damit nicht zum Gegenstand einer fachlichen Weisung gemacht werden können. Aber selbst Dr. Dossi hat formuliert, dass manches dafür spricht, dass eine verfassungskonforme Lösung möglich ist, diese ist aber nicht gesichert.

Frau Abgeordnete Prammer, hiezu eine kritische Anmerkung: Es liegt an Ihnen und an Ihrer Fraktion, das verfassungsgemäß abzusichern. (Abg. Mag. Prammer: Nein! Es liegt an Ihnen!) Wir haben eine aus meiner Sicht gute Lösung auf dem Tisch, aber die bessere Lösung hängt von Ihnen ab! Sie wissen, dass es in sehr vielen Punkten zu gemeinsamen Verhandlungsergebnissen mit Ihnen gekommen ist. Dass man in Verhandlungen nicht immer alles zu hundert Prozent bekommt, das sehe auch ich ein und Sie sicherlich auch. Geben Sie also Ihrem Gleichbehandlungsherzen noch einmal einen Ruck, und stimmen Sie der notwendigen Verfassungsbestimmung zu! Besser ist es mit ihr, aber es geht auch ohne.

Wir sind gegenüber der Regierungsvorlage in Sachen Beweislastumkehr durchaus weiter gegangen, vor allem was die Semantik anbelangt. Inhaltlich meine ich, dass diese immer schon gegeben war. Wir haben das Nebeninterventionsrecht im Sinne der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 217

NGOs gelöst, und diesbezüglich danke ich dafür, dass auch das positive Bemühen der Regierungsfraktionen seitens Frau Abgeordneter Prammer anerkannt wurde.

Frau Abgeordnete Stoisits, Sie bemühen das Bild des Teufels, der das Weihwasser scheue. Das scheint mir ein bisschen gar zu weit zu gehen! Lassen Sie es mich ganz einfach mit meinen deutschen Worten formulieren: Wieso soll ich ein Gesetz Anti­diskriminierungsgesetz nennen, wenn ich es auf Deutsch Gleichbehandlungsgesetz nennen kann? Beides bedeutet dasselbe. Das eine ist lateinisch, das andere ist deutsch, deswegen nehmen wir das deutsche Wort. Das sollte von Ihrer Auffassung doch nicht so weit weg sein, und ich meine, das ist vor allem kein Punkt für eine politische Auseinandersetzung.

Dass EU-Richtlinien Mindeststandards darstellen, wissen wir, es macht aber Sinn, dass man in einem gemeinsamen Markt auch versucht, einheitlich vorzugehen. Ganz interessant ist übrigens: Ich habe mir mit meinen Mitarbeitern noch etwas angeschaut, denen gerade auch ich für die exzellente Arbeit in diesem Zusammenhang danke. Es ist ja nicht immer einfach, die Interessen auszugleichen, und das geht von der Sektionschefin hin bis zu den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in meinem Kabinett. Wir haben uns noch einmal angeschaut, wie es denn in Deutschland ausschaut, wo ja die Verhältnisse nicht ganz unähnlich sind und wo Ihre Parteifreunde die Regierung bilden: Und siehe da: Gar nichts liegt auf dem Tisch! Es gab einen Entwurf, und es gab von Herrn Schröder, seines Zeichens Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, sehr kritische Worte nach dem Motto: Das brauchen wir nicht, das ist viel zu büro­kratisch, das wollen wir nicht und setzen wir nicht um! – Es gab einen Entwurf, der dann aber wieder zurückgezogen wurde.

Wir gehen diesbezüglich weit über die europäischen Standards hinaus, wenn wir in Österreich die Richtlinien schon einmal umsetzen. Aus meiner Sicht hätte das schon einige Monate früher stattfinden können, aber aus welchen Gründen immer ist es erst sehr spät zu Ausschussterminen gekommen. Wir wollen das jetzt nicht weiter vertiefen. Schreiben Sie doch einmal Ihren Kollegen und Freunden in den beiden deutschen Regierungsfraktionen – sollen die einmal weitermachen! Wir sind denen schon wieder einmal zumindest einige Schritte und Monate voraus.

So gesehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das eine runde und gute Sache im Sinne von mehr Gleichbehandlung und weniger Diskriminierung. Ganz klar, dass man Unterschiedliches nicht gleich regeln muss, das sagt auch schon die EU in ihren Richtlinien. Es wird nicht jeder Diskriminierungstatbestand gleich gesehen und gleich gewertet. Auch das haben wir umgesetzt. Ich will diesen Vergleich hier, der von Ihnen mit Namen besetzt wurde, nicht wiederholen, weil ich weder den weltbekannten Künstler noch den in Wien eine sehr wichtige Position Innehabenden namentlich an­führen will. Jedenfalls geht das aber auf die EU-Richtlinie zurück, und wir haben dem Folge geleistet. Auch das macht Sinn. Wir sind seit knapp zehn Jahren Mitglied der Europäischen Union.

Danke, Herr Präsident, für die Erteilung des Wortes. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

 


19.56

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss aus der Distanz der Debatten der letzten Jahre sagen: Sie waren in Wahrheit mit der Vorlage und der Umsetzung der drei EU-Richtlinien konsequent. Sie wollten nie etwas


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 218

anderes! Sie wollten in Wahrheit eine Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz machen. Wir haben diese Vorgangsweise stets abgelehnt. Wir wollten stets ein eigenes Anti­diskriminierungsgesetz und ein eigenes Antirassismusgesetz. Vor allem haben wir auch stets eine weisungsfreie Ombudsstelle gefordert, die etwa der Volksanwaltschaft nachgebildet oder bei der Volksanwaltschaft angesiedelt und dem Parlament unterstellt beziehungsweise verantwortlich ist.

Dieses Antidiskriminierungsgesetz hat eine lange Geschichte. Es geht schon bis ins Jahr 1998, das Menschenrechtsjahr, zurück. Es hat zahlreiche Diskussionen gegeben. Initiatoren dieser Initiative „Arbeitsgemeinschaft Antidiskriminierungsgesetz“ sind mit dem Bruno-Kreisky-Menschenrechtspreis ausgezeichnet worden. Es haben sich zahl­reiche Initiativen gefunden wie Helping Hands, SOS Mitmensch, Initiative Selbst­bestimmt Leben, Initiative Minderheiten, das Ludwig-Boltzmann-Institut, amnesty inter­national, die Homosexuelleninitiative Wien und noch etliche andere.

Für uns war immer klar: Die Regelung im Gleichbehandlungsgesetz ist nicht der adäquate Zugang, denn dieses ist für die Geschlechterdifferenz zuständig. Zweck und Ziel war es daher, ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz zu erlassen, etwa nach dem Vorbild des britischen Race Relations Act oder der niederländischen Vorschläge oder auch des schwedischen Modells.

Es gibt im vorliegenden Gesetz trotz einiger Vorzüge auch etliche Schwächen, etwa die Beweislastregelung: Die Richtlinienbestimmungen sehen vor, dass es dem Beklag­ten obliegt zu beweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Der Ministerialentwurf ist dem gegenüber deutlich abgeschwächt. Man muss aber bedenken, dass Diskriminierungs­opfer meist finanziell unterlegen sind und ein erhöhtes Verfahrens- und Kostenrisiko tragen.

Zum Zweiten, zu der von Ihnen angesprochenen Verbandsklage. Es ist zwar in § 62 des neuen Gleichbehandlungsgesetzes unter dem Titel der Nebenintervention die Möglichkeit vorgesehen, dass ein Betroffener verlangen kann, bei einem Rechtsstreit zur Durchsetzung seiner Interessen einen Klageverband als Nebenintervenient zu verlangen. Diesem Klageverband gehören derzeit aber nur die drei Vereine ZARA, Bizeps und HOSI an. Außerdem ist das auch nicht das Gleiche wie ein Verbands­klagerecht, bei dem international bewährte Institutionen zur Bekämpfung von Dis­kriminierung für die Opfer Verfahren bestreiten können. Das ist etwas grundsätzlich anderes.

Es fehlen auch die Regelungen zum Dialog mit den NGOs, und es fehlt last but not least auch ein Ombudsmann oder eine Ombudsfrau gegen Diskriminierung, welche demokratisch legitimiert ist und vom Parlament bestellt wird, sich mit den strukturellen Problemen beschäftigt, generelle Empfehlungen erarbeitet und eine intensive Öffent­lichkeitsarbeit betreibt, wie es etwa in Schweden der Fall ist, wo es eine eigene Ombudsfrau gegen ethnische Diskriminierung gibt, die für eine Amtszeit von sechs Jahren berufen wird, eine Geschäftsstelle mit 15 Mitarbeitern und eine Fülle von Kompetenzen und Möglichkeiten hat.

Es ist ganz evident, dass Sie die verschiedenen Sachbereiche aus Synergie‑ und Kos­tengründen in diesem einen Gesetz geregelt haben und man daher auch nur die Gleichbehandlungskommission entsprechend adaptiert hat. Das Entstehen eines positiven Bewusstseins und Diskussionsprozesses zum Thema Antidiskriminierung wird das nach unserem Dafürhalten aber nicht auslösen.

Das beweist schon die einem Antidiskriminierungsgesetz Hohn sprechende Schaffung von vier Klassen von Diskriminierungsopfern beziehungsweise von vier unter­schied­lichen Schutzniveaus, nämlich für Behinderte, ethnisch Diskriminierte, Frauen und solche wegen sexueller Orientierung beziehungsweise Religion.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 219

Die Maßnahmen zur aktiven Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt sind von Vorkehrungen zur Bekämpfung von Diskriminierung grundsätzlich verschie­den. Außerdem ist die Gleichbehandlungskommission für die Übernahme der neuen Aufgaben keineswegs finanziell und personell entsprechend ausgestattet und jetzt schon chronisch überlastet.

Auch was die Enquete zum Antidiskriminierungsgesetz betrifft, so muss man sich fragen, warum diese überhaupt stattgefunden hat, weil fast alle Experten bestätigt haben, dass die Konstruktion mit der Gleichbehandlungskommission und den drei Senaten nicht zielführend ist; eine der Expertinnen hat sogar von „rechtspolitischer Leichtfertigkeit“ gesprochen.

Dass die Bundesländer sehr wohl in der Lage waren, ein eigenes solches Gesetz zu schaffen, zeigen das oberösterreichische und das steirische Beispiel, wo es eine eigene Antidiskriminierungsstelle gibt, wo es eigene Regelungen für den sozialen Dialog gibt und wo es auch besondere Maßnahmen für Bedienstete mit Beeinträch­tigungen gibt.

Sie von den Regierungsparteien haben mit dieser Novelle, glaube ich, eine große Chance versäumt. Das ist bedauerlich. Beim Tierschutz hat es sehr wohl eine Vier-Parteien-Regelung gegeben – beim Menschenschutz ist das in Österreich offen­sicht­lich nicht möglich.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Mag. Posch und KollegInnen betreffend Aufforderung an die Bundesregierung, dem Nationalrat ein echtes Antidiskriminie­rungsgesetz zuzuleiten

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten,

1. der eine gänzliche Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG beinhaltet,

2. der ein echtes Antidiskriminierungsgesetz darstellt, und

3. in dem nicht verschiedene Klassen von Diskriminierungsgruppen geschaffen wer­den.

*****

Ich glaube, das ist wichtig. Wenn Ihnen der Tierschutz wichtig ist, dann sollte Ihnen auch der Menschenschutz wichtig sein. Es sollte nicht so sein, dass es in Österreich besser ist, ein Legehuhn zu sein als ein Schwarzafrikaner. (Beifall bei der SPÖ.)

20.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Prammer, Mag. Posch, Genossen und Genossinnen ist aus­reichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 220

Dieser Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Mag. Posch und KollegInnen eingebracht im Zuge der Debatte des Nationalrates am 26. Mai 2004 über den Bericht des Gleich­behandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (307 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GLBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) geändert werden (499 d.B.)

Betreff: Aufforderung an die Bundesregierung, dem Nationalrat ein echtes Antidis­kriminierungsgesetz zuzuleiten

Ziel des gegenständlichen Gesetzesentwurfes ist laut Ausschussbericht „die Anpas­sung des Gleichbehandlungsgesetzes an das EU-Recht, vor allem an die Richtlinie 2000/43/EG sowie die Richtlinie 2000/78/EG – ausgenommen der Diskriminierungs­tatbestand Behinderung, der in einem eigenen Gleichstellungsgesetz geregelt wird – und die Richtlinie 2002/73/EG sowie Verbesserungen des Instrumentariums zur ver­stärkten Kontrolle und Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, soweit dem Bund die entsprechende Regelungskompetenz zukommt....“

Die Bundesregierung und die sie stützenden Fraktionen ÖVP und FPÖ haben sich sehr lange mit der Umsetzung der gegenständlichen Richtlinien Zeit gelassen. Umso bedauerlicher ist es, – und das ist der Hauptkritikpunkt – dass trotz hoher sachlicher Verhandlungsbereitschaft der SPÖ die Regierungsparteien nicht in der Lage waren, letztendlich sich auch nur zu einer vollständigen Umsetzung der EU-Richtlinien durchzuringen.

Drei Punkte seien konkret aufgezählt, wo aus Sicht der SPÖ die EU-Richtlinien nicht ausreichend umgesetzt sind:

a) Die vorgesehene NGO-Einbindung im Gerichtsverfahren ist nicht ausreichend, weil viele NGO’s von der Regelung der Nebenintervention ausgeschlossen sind.

b) Bei der Beweiserleichterung ist zu sagen, dass die Richtlinie verlangt, dass der Arbeitgeber die Nicht-Diskriminierung „beweisen“ muss – dies wurde nicht umgesetzt.

c) Die Schadenersatzansprüche für bewiesene Diskriminierungen bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses sind nicht „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“, wie es die Antidiskriminierungs-Richtlinie der EU vorsieht.

Besonders zu kritisieren ist auch, dass durch die Neuregelungen vier verschiedene Diskriminierungsgruppen geschaffen werden.

Auch waren die Regierungsparteien nicht bereit, endlich für Österreich ein eigenes Antidiskriminierungsgesetz zu schaffen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesregierung folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zuzuleiten,

1. der eine gänzliche Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG beinhaltet,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 221

2. der ein echtes Antidiskriminierungsgesetz darstellt, und

3. in dem nicht verschiedene Klassen von Diskriminierungsgruppen geschaffen werden.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. – Bitte.

 


20.02

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fragen der Men­schenrechte, der Antidiskriminierung und der Gleichbehandlung eignen sich nicht dazu, daraus parteipolitisches Kleingeld zu schlagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! (Zwischenruf der Abg. Binder.)

Gleichbehandlung ist und war selbstverständlich ein großes Anliegen der ÖVP. Jeglicher Vorwurf und der Eindruck, der beim Verfolgen dieses oppositionellen Geplän­kels, insbesondere der Grünen, entstehen mochte, dass wir gegen Gleichbehandlung, ja sogar gegen die Antidiskriminierung seien, ist doch völlig absurd!

So darf ich also dieser gezielten oppositionellen Schlechtmacherei die Fakten entge­genhalten: Bereits im Jahre 1979 wurde ein österreichisches Gleichbehandlungsgesetz beschlossen. In den Folgejahren schuf der Gesetzgeber zur Durchsetzung der An­sprüche diskriminierter Frauen und Männer ein funktionierendes Instrumentarium, eine Ombudsstelle, die so genannte Gleichbehandlungsanwaltschaft. Es wurde also eine Anlaufstelle für Diskriminierungsopfer eingerichtet. Weiters existiert bereits seit dem Jahre 1979 eine Gleichbehandlungskommission, die es Diskriminierungsopfern ermög­licht, im Vorfeld der Gerichtsbarkeit prüfen zu lassen, ob eine Diskriminierung vorliegt.

Unser Land blickt also auf eine lange und erfolgreiche Tradition in Sachen Gleich­behandlung zurück, die mit dem heute zu beschließenden Gleichbehandlungsgesetz fortgesetzt wird.

Mit diesem Entwurf ist uns in guter Art und Weise gelungen, neue Diskriminie­rungs­verbote in die bewährten und erfahrenen Gleichbehandlungsinstitutionen einzu­binden. So wird das Gleichbehandlungsgebot ausgeweitet auf die Gründe der eth­nischen Zu­gehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuel­len Dis­kriminierung.

Wir haben also die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien voll und ganz umgesetzt. Diese gelungene Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien lassen wir uns auch von der Opposition nicht schlechtreden. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Da hat der Applaus gefehlt jetzt!)

Zum Vorwurf „Scheinverhandlungen“: Es wurden viele Forderungen von der Opposition eingebracht. Natürlich nehmen wir auch diese Forderungen ernst. So haben meine Kollegin Scheucher und ich uns in Vier-Parteien-Gesprächen bemüht, Einigung zu erzielen. Von den von der SPÖ gestellten elf Forderungen haben wir sieben als durchaus positiv erachtet und umgesetzt, zwei haben wir teilweise umgesetzt, und zu zwei haben wir uns gesprächsbereit gezeigt. Trotzdem wurde von Seiten der SPÖ nie Zustimmung signalisiert, sondern Sie haben immer gesagt: Zustimmen können wir trotzdem nicht!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 222

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition: Was wollen Sie eigentlich erreichen? Ich zweifle daran, dass es Ihnen wirklich um die Gleich­behand­lung der Menschen in unserem Lande geht. Versuchen Sie nicht eher, parteipolitisches Kleingeld zu schlagen?

Ich frage Sie nun, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPÖ, und im Speziellen Sie, Frau Kollegin Prammer: Warum sind Sie gegen die Weisungsfrei­stellung der Rechtsschutzbeauftragten? Warum stemmen Sie sich mit Ihrer Forderung so vehement gegen eine Verbesserung der Rechtssicherheit in Österreich? Warum sind Sie gegen eine Stärkung der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Lande? – Das werden Sie unseren Mitbürgern erklären müssen.

Mit diesem Gleichbehandlungsgesetz wird, aufbauend auf unsere gute und lange Erfahrung im Bereich Gleichbehandlung, ein ganzheitlicher Ansatz zur Stärkung der Gleichbehandlung und zum Schutz vor Diskriminierung verwirklicht. Diese vollständige Umsetzung der EU-Richtlinie verspricht Gleichbehandlung in allen Lebensbereichen.

Ja, es stimmt: Der von den Kolleginnen von den Grünen vorgelegte Antrag betreffend ein Antidiskriminierungsgesetz beinhaltet in vielen Bereichen wichtige Punkte, dennoch bin ich nach wie vor überzeugt davon, dass ein neues Gleichbehandlungsgesetz die Aspekte der Antidiskriminierung, der Gleichbehandlung und der Menschenrechte um­fassender und vor allem übersichtlicher gestalten kann und wird. Der Antrag der Grünen ist außerdem überholt, denn die Voraussetzungen dafür haben sich durch die entsprechenden EU-Richtlinien geändert.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen Lösungen, die in der Praxis umgesetzt werden, praktikable Gesetze zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger. Dies ist mir gerade als Menschenrechtssprecher der ÖVP ein großes Anliegen, und dies wird mit dem vorliegenden Gleichbehandlungsgesetz in weiten Bereichen erreicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

20.07

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort. – Bitte.

 


20.07

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wenn ich Abgeordnetem Ellmauer so zuhöre, dann habe ich den Ein­druck, dass nicht einmal bei ihm selbst die Selbstbeschwörungsrhetorik, was man nicht für ein tolles Gesetz gemacht hätte und was man nicht für eine lückenlose Umsetzung der Richtlinien gemacht hätte, verfängt. Sie wissen doch selbst, dass das nicht stimmt! Ich weiß schon, Sie tun sich schwer, das jetzt zuzugeben, aber im stillen Kämmerlein – davon bin ich überzeugt – würde Ihre Rede anders ausfallen. (Abg. Murauer – in Rich­tung des Abg. Ellmauer –: Mit anderen Worten: Du liegst richtig!) Faktum ist nämlich: Sie haben die Richtlinien nicht vollständig umgesetzt!

Was ich durchaus bestätigen kann, ist: Es waren keine Verhandlungen, es waren nicht einmal Scheinverhandlungen, es waren Vier-Parteien-Gespräche, deren Beschreibung durch Kollegin Scheucher mich ein bisschen unschlüssig macht, ob ich jetzt mit Fassungslosigkeit oder Bewunderung darauf reagieren soll, dass man mit einer solch ungebrochenen Frohnatur konstruktive Gespräche beschwören kann, wo ich das Gefühl gehabt habe, es geht mir ein bisschen wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier!“

Wir setzen uns zusammen. Die Opposition sagt: Dieses Gesetz ist so nicht durch­führbar, nicht verfassungskonform, es fehlt ein einheitlicher Diskriminierungs­begriff. – Die Verhandlungsführerinnen der Regierung sagen: Aha, hmhm, ja, stimmt, eigentlich


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 223

könnte man darüber reden; wir treffen uns wieder; wir werden einmal sondieren, wie das ausschaut! – Wir kommen wieder zusammen, bekommen etwas vorgelegt, was sich nicht geändert hat. Wir sagen wieder: Es fehlt ein einheitlicher Diskriminie­rungsschutz. – Die Regierung sagt: Ach, das hatten wir aber anders verstanden! Ach, so haben Sie das gemeint? Aha! Wir werden uns das überlegen! – Und so weiter.

Wirkliche Verhandlungen wurden ja nicht geführt. Das kann man ja offen zugeben, ohne dass man ... (Die Abgeordneten Dr. Brinek und Dr. Fekter: Das stimmt ja nicht!) – Na geh’n S’: Sie waren dabei, ich war dabei! Sie waren auch bei den Ter­minen dabei, wo dann die Auskunft erteilt wurde: Ein einheitlicher Diskriminierungs­begriff geht nicht. Wir bleiben bei dem Gesetz, so wie wir es in der ersten Minute vorgelegt hatten. – Ob Sie zwischendurch noch ein paar Detailpunkte mit der SPÖ ausgemacht haben, hat in den Vier-Parteien-Gesprächen keine Rolle gespielt.

Faktum ist, wir haben ein Gesetz, dessen Titel den Wortlaut „Gleichbehandlung für Mann und Frau“ aufweist, obwohl es Gleichbehandlung, nämlich Antidiskriminierung, für alle möglichen anderen Bereiche mit regelt. Und: In diesem Gleich­behandlungs­gesetz ist die Ungleichbehandlung festgeschrieben, indem man unterschiedliche Kate­gorien von Diskriminierungsschutz definiert.

Das müssen Sie irgendeinem Normalsterblichen und auch den Verfassungsjuristen einmal erklären, wie man in einem Gleichbehandlungsgesetz eine Ungleichbehandlung regelt! (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Prammer.)

Nehmen wir einmal ein Beispiel: Eine Person X geht ins Spital, landet auf der Intensivmedizin, stellt fest, sie wurde dort schlechter behandelt als die Person Y, und kann jetzt, wenn es zufällig Harry Belafonte war, wegen rassischer oder ethnischer Diskriminierung klagen. Wenn es eine Frau war, hat sie Pech gehabt – es sei denn, es war die von Minister Bartenstein so gerne in den Ausschüssen bemühte „Roma-Frau“; diese könnte nämlich wegen der ethnischen Zugehörigkeit wieder klagen. Wenn es ein alter oder ein homosexueller Mensch war, hat er/sie wieder Pech gehabt: Für diese ist nämlich auch kein Diskriminierungsschutz vorgesehen!

Es ist also bunt gemischt! In Wirklichkeit müsste man eigene Beratungsbüros ein­richten, um Personen, die vielleicht unterschiedliche Tatbestände erfüllen könnten, richtig zu beraten, mit welcher Kategorie-Zugehörigkeit zu welcher Gruppe sie den besten Diskriminierungsschutz genießen und daher was einklagen können und was nicht.

Oder: Eine Person A, die ein Lokal betreten will und daran gehindert wird. – Harry Belafonte ist es nicht, denn ab 1. Juli darf dieser nicht mehr daran gehindert werden oder könnte klagen. Wenn es jemand ist, der einen Sikh-Turban trägt, darf er wegen des Sikh-Turbans zwar durchaus draußen gehalten werden; wenn es ein Mensch indischer Abstammung ist, kann er wegen der ethnischen Zugehörigkeit aber nicht draußen gehalten werden. Wie das der Türsteher und der betroffene Mensch dann lösen, lasse ich offen. Wenn es eine Frau ist, kann sie sowieso draußen gelassen werden (Abg. Rädler: Von welchem Lokal?) – das ist ja kein Problem, denn die Diskriminierung von Frauen wird nur auf dem Arbeitsmarkt geregelt; im Übrigen vielleicht auch umgekehrt.

Das heißt, wir haben hier ein Gesetz vorliegen, durch das Frauen – und das sage ich jetzt als Frauensprecherin ganz bewusst – nur in einem Teilbereich vor Dis­kriminie­rung geschützt werden, in allen anderen Lebensbereichen nicht – und das, obwohl auch in der EU bereits an Richtlinien gearbeitet wird, die Frauen außerhalb des Arbeitsplatzes vor Diskriminierung schützen sollen. In Österreich gehen die Uhren anders. Offensichtlich nimmt man sich immer die EU-weit allerschlechteste Perfor­mance zum Vorbild, denn, Herr Minister Bartenstein, Sie hätten sich ja auch das


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 224

Antidiskriminierungsgesetz von Ungarn oder Polen anschauen müssen; die sind uns nämlich meilenweit voraus! (Abg. Ellmauer: Nur umsetzen tun sie es nicht!)

Zu dem Umstand, dass dieses Gesetz nicht verfassungskonform sein wird, dass es, wie gesagt, vermutlich in absehbarer Zeit mit einer Verfassungsbeschwerde konfron­tiert sein wird, tritt noch jener hinzu, dass die Anforderung an die Weisungsfreistellung, also die Unabhängigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaften, nicht EU-Richtlinien- und nicht VfGH-konform geregelt ist. Es gibt damit also noch einen zweiten Grund, warum dieses Gesetz nicht halten wird. Dazu kann man nur zynisch sagen: Die Tatsache, dass ein Gesetz nicht verfassungskonform ist, hat diese Bundesregierung noch nie daran gehindert, es trotzdem zu beschließen – so nach dem Motto: Nach uns die Sintflut! Bis die Urteile gefällt sind, in zwei, drei Jahren, wissen Sie vermutlich, dass Sie nicht mehr in der Regierung sein werden, also riskieren Sie’s!

Es gibt durch dieses Gesetz außerdem nicht nur keinen Fortschritt für Frauen und für Diskriminierungsopfer in vielen anderen Bereichen, sondern sogar noch einen eklatanten Rückschritt für Frauen, und zwar aus einer ganz banalen Tatsache: Ihnen ist nämlich auch die Gleichbehandlung und die Antidiskriminierung keinen müden Euro wert!

Das, was wir an Ressourcen in der Gleichbehandlungsanwaltschaft zur Gleich­behand­lung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz haben, ist die Gleichbehandlungs­anwaltschaft, die jetzt schon ziemlich ausgelastet ist, wie wir aus deren Berichten wissen. Es wird allein schon dieser Bereich ein wenig ausgeweitet – es kommt also sowieso schon mehr Arbeit dazu, und es gibt dafür kaum nennenswertes Mehr­personal –, aber es sollen die Richtlinien der EU im Bereich der Antidiskriminierung auf Grund rassischer und ethnischer Zugehörigkeit, auf Grund von sexueller Orientierung, auf Grund von Alter, auf Grund von weltanschaulicher Zugehörigkeit, auf Grund von religiöser Orientierung, das alles soll von der Gleichbehandlungsanwaltschaft noch mit behandelt werden!

Personal gibt es dafür keines, finanzielle Ressourcen gibt es dafür keine. (Abg. Ellmauer: Das stimmt ja alles nicht, was Sie behaupten! Lesen Sie den Entwurf!) Das heißt, da wird im einen Eck alles weggespart, da gibt es keine zusätzlichen finanziellen Ressourcen, und im anderen Eck der Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz wird etwas weggenommen – denn irgendwo muss die Ressourcen­verschiebung ja stattfinden.

Das heißt, Sie schaffen hier ein Gesetz, das im praktischen Leben Verschlechterun­gen gegenüber dem Status quo bringt, das nicht einmal minimalen – und da kann ich mich nur der Meinung von Kollegin Stoisits anschließen: „minimal“ ist noch zu groß für das, was Sie hier vorlegen – Standards von Antidiskriminierung und einheitlichem Diskriminierungsschutz Genüge tut und wo ich davon ausgehe, dass das Parlament hoffentlich bald eine Reparatur beschließen wird müssen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.14

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Walch zu Wort. – Bitte.

 


20.15

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Kollegin Weinzinger, Sie haben Kritik am Inhalt der Verhandlungen geübt. Ich war auch nur einmal bei der Verhandlung dabei, mir wurde aber gesagt, dass Sie bei der letzten Verhandlung gar nicht mehr teilgenommen haben! Also ich weiß nicht: Wenn ich verhandeln will oder bei Verhandlungen etwas


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 225

erreichen will, dann kann ich doch nicht daheim bleiben, sondern dann muss ich daran teilnehmen! Das wäre ganz günstig.

Kollegin Prammer hat auch Kritik geübt – zwar auch positive Kritik beziehungsweise hat sie etwas Positives gesagt, nämlich dass auch viel Gutes in diesem Gesetz enthalten ist, nur: Wenn, wie mir meine Kollegin gesagt hat, von den von der SPÖ gestellten elf Forderungen – so wie auch Kollege Ellmauer schon ausgeführt hat – sieben umgesetzt, zwei teilweise umgesetzt wurden und bei zwei Gesprächs­bereitschaft gezeigt wurde, dann frage ich mich wirklich, von welcher höheren Gewalt die SPÖ da beeinflusst wird, die ihr offenbar sagt: Verhandelt auf dieses Ziel hin, aber dann schaut, dass ihr irgendwie einen Abspruch schafft! – Ich glaube, das ist nicht Sinn und Zweck einer Oppositionsarbeit, dass man sagt: Da gehe ich dann nicht mit!

Das finde ich nicht gut. Und ich glaube, dass ein jeder interessiert wäre, denn wenn, so wie Frau Kollegin Prammer (Abg. Gradwohl: ...! Lesen – denken – sprechen! ...!) – jetzt bin ich am Wort! – gesagt hat, in Österreich schon 1979 das Gleich­behand­lungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann, und 1993 ein Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geschaffen wurde und in beiden schon ein Verbot der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts festgelegt ist und jetzt eine Überarbeitung, eine Novelle nach den EU-Richtlinien erfolgt, dann bedeutet das, dass man ja damals schon gesagt hat: Moment, in Österreich sind wir einen Schritt voraus (Abg. Gradwohl: Damals! Damals!), da kümmern wir uns auch entsprechend darum, dass es keine Diskriminierung gibt!

Traurig ist aber, dass, wenn Verbesserungen vorgeschlagen werden und Verhand­lungsbereitschaft gezeigt wird, die Grünen überhaupt gleich daheim bleiben und die Sozialdemokraten sagen: Na ja, dann tun wir halt nicht mehr, denn jetzt könnte es möglich sein, dass sie bei den letzten zwei Punkten auch noch ja sagen! – Ich glaube, das ist nicht fair – noch dazu, wenn man weiß, was gefordert wurde: die Beteiligung der NGOs im Gerichtsverfahren, die Verlängerung der Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus sexueller oder geschlechtsbezogener Belästigung von sechs Monaten auf zwölf Monate, die Einführung einer Untergrenze beim Schadenersatz und zusätzlich noch die Begründungspflicht des Gerichtes.

Und was auch noch war: Ich bin ja im Menschenrechtsausschuss bei der Frau Kollegin Stoisits und weiß daher, dass das, was wir im Menschenrechtsausschuss behandelt haben, in diesem Gleichbehandlungsgesetz schon enthalten ist. Daher war auch dieser Antrag hinfällig. Ich würde wirklich an die Vernunft appellieren: Wenn die Regierungs­parteien schon zu einer guten Zusammenarbeit auf sachlicher Ebene bereit sind, dann zeigt auch ihr heute, dass ihr unserem Antrag zustimmt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.18

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Rauch-Kallat. – Bitte.

 


20.18

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Liebe Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeord­nete! Lassen Sie mich als Frauenministerin ganz kurz auf einige Punkte eingehen, die sich in diesem Gleichbehandlungsgesetz für Frauen tatsächlich verbessert haben.

Einer der vielen Punkte, die ich da – wegen der vorgeschrittenen Zeit nur ganz kurz – ansprechen möchte, ist die Einführung eines neuen Diskriminierungstatbestandes Belästigung: und zwar wird die geschlechtsbezogene Belästigung, die zwar auf Grund des Geschlechts, aber ohne Bezug auf die sexuelle Sphäre erfolgt, als neuer Tat­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 226

bestand aufgenommen. Sie ist eine der vielen Erscheinungsformen von Mobbing und daher ein, glaube ich, sehr wichtiger Punkt.

Was die Schadenersatzgrenzen anlangt, so gibt es da bei Aufstiegsdiskriminierung mit einer Entgeltdifferenz einen Mindestschadenersatz von drei Monatsentgelten. Es gibt die Aufhebung der Schadenersatz-Obergrenzen und die Festlegung von Schaden­ersatz-Untergrenzen. Ich denke, das ist ein Schritt nach vorne, weil er nach oben vieles offen lässt, und ich hoffe auch auf eine Judikatur, die frauenfreundlich und frauen­sensibel ist.

Es gibt bei Diskriminierung einen Mindestschadenersatz in Höhe eines Monatsentgelts bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses. Bisher waren zwei Monatsentgelte das Maximum; jetzt ist also viel mehr möglich. Es werden die Rechtsfolgen bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes geändert, und zwar gibt es neben dem Ersatz des materiellen Schadens auch den immateriellen Schaden, der die Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung erfasst.

Den Schadenersatz bei sexueller Belästigung konnten wir von 360 € auf 720 € verdop­peln; die geänderte Beweislastregelung hat der Herr Bundesminister bereits ange­sprochen.

Weiters wird ein Benachteiligungsverbot als Reaktion auf eine Beschwerde eingeführt: Bei Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes darf eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer durch die Arbeitgeberin/den Arbeitgeber nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Und dieser Schutz gilt auch für Zeuginnen und Zeugen – auch das meiner Ansicht nach sehr wichtig.

Die Verlängerung der Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen aus sexueller oder geschlechtsbezogener Belästigung von bisher sechs auf nunmehr zwölf Monate gibt vor allem Frauen die Möglichkeit, eine Klage auch nach der Überwindung des Schocks durch eine Belästigung geltend zu machen. Wir wissen, dass es bei manchen Frauen eine gewisse Zeit dauert, bis sie überhaupt den Mut fassen, diesbezügliche Schritte zu unternehmen.

Die Ausweitung der Strafsanktion bei Verletzung des Gebotes der geschlechts­neu­tralen Stellenausschreibung auf ArbeitgeberInnen laut § 10 GBG traf bisher nur ArbeitsvermittlerInnen – ich nehme jetzt immer nur die weibliche Form her, die Männer mögen sich angesprochen fühlen. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem in Richtung ÖVP.) Jetzt sind auch ArbeitgeberInnen darin erfasst. Nach einer Verwarnung im ersten Durchgang ist bei weiteren Verstößen mit einer Geldstrafe bis zu 360 € zu rechnen.

Die Ausweitung der Befugnisse der RegionalanwältInnen gibt auch diesen nunmehr die Möglichkeit, Anträge vor die Gleichbehandlungskommission zu bringen. Und die Über­nahme von Kosten für DolmetscherInnen und ÜbersetzerInnen von Amts wegen wird vor allem für ausländische Frauen eine wesentliche Unterstützung sein. Last but not least ist es auch in diesem Gesetz endlich gelungen, die sprachliche Gleichbehandlung durchzusetzen. Das heißt, dass das Gleichbehandlungsgesetz so formuliert ist, dass es Frauen und Männer sichtbar sprachlich gleich behandelt.

Alles in allem sind uns, glaube ich, auch bei diesem Gesetz wesentliche Verbesse­rungen für frauenspezifische Anliegen gelungen. Es wäre schön, könnte mit einer Ver­fassungsbestimmung auch die Weisungsfrei-Stellung der Gleichbehandlungs­an­walt­schaft erreicht werden.

In diesem Sinne appelliere ich an die SPÖ, dieses wichtige Gesetz mitzutragen, und ich möchte mich dem Dank der Abgeordneten sowie meines Ministerkollegen Martin Bartenstein an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der befassten Ressorts, also so­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 227

wohl des Wirtschafts-, des Gesundheits- und Frauenministeriums als auch denen des Bundeskanzleramtes sehr herzlich anschließen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

20.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abge­ordnete Heinisch-Hosek zu Wort. – Bitte.

 


20.24

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wir könnten dem sehr gerne zur Verfassungs­mehrheit verhelfen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungs­parteien (Abg. Dr. Fekter: Aha?), würden Sie diese letzten vier Forderungen auch erfüllen. (Abg. Dr. Fekter: Nur bei 100 Prozent!)

Elf Forderungen hat es von uns gegeben. Das waren aber keine Forderungen, mit denen wir etwas „abfeiern“, sondern mit denen wir gemeinsam mit Ihnen in Wahrheit nur die EU-Richtlinie konform umsetzen wollten. (Abg. Steibl: Das machen wir ja, das haben Sie uns bestätigt! Sie haben gesagt, das ist Ihnen zu wenig!) Sieben For­derungen haben Sie zugestimmt, das ist schön, darüber freuen wir uns auch. Aber bei vier sehr markanten Punkten, die ich dann noch näher erläutern möchte, ist das leider nicht passiert. (Abg. Steibl: Frau Kollegin! Seien Sie nicht so hantig!) Sie können also diese Zweidrittelmehrheit von uns haben, wenn wir die EU-Richtlinie gemeinsam EU-konform umsetzen. Aber das wird wohl leider nicht der Fall sein.

Herr Bundesminister Bartenstein, wenn Sie ein Gleichbehandlungsherz haben – Sie haben ja gerade an uns appelliert –, dann könnten Sie doch auch Ihrem Herzen einen Stoß geben und Ihre Regierungsparteien davon überzeugen, dass diese Richtlinie EU-konform umgesetzt wird. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.) Es ist nämlich unrichtig, sie wird nicht EU-konform umgesetzt, Herr Bundesminister. Wir hätten zugestimmt, wenn sie es wäre.

Ich möchte daher – als letzte Chance – einen Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Prammer, Walter Posch, Gabriele Heinisch-Hosek und KollegInnen einbringen – er ist verteilt worden, meine sehr geehrten Damen und Herren –, und zwar zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung, sprich: das Gleichbehandlungsgesetz, geändert werden, in 499 der Beilagen. In den Kernpunkten werden bisher fehlende Punkte formuliert.

Wenn Sie dem Ihre Zustimmung erteilen, ist die Zweidrittelmehrheit kein Problem für uns – ausgenommen die Rechtsschutzbeauftragten, dem werden wir nach wie vor nicht zur Verfassungsmehrheit verhelfen.

Sie waren erstens, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungs­par­teien, nicht bereit, die vorgesehenen Schadensersatzansprüche für bewiesene Diskri­minierung bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses, die von der EU wirksam und abschreckend formuliert sind, zu erwirken. – Wir verlangen eine Erhöhung auf drei Monatsentgelte. Dazu waren Sie nicht bereit, Sie bleiben bei mindestens einem Monatsgehalt, obwohl Sie genauso gut wie ich wissen, dass nur dann, wenn der Schadenersatz abschreckend und hoch ist, die Diskriminierung von Frauen geringer wird. So aber wird sie nicht geringer, so wird sie gleich bleiben oder zunehmen!

Zweiter Punkt, Beweislast: Auch darüber haben wir uns nicht einigen können. Ich finde es übrigens sehr bedauerlich, Herr Bundesminister Bartenstein, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, dass Sie bei keiner einzigen Verhandlungsrunde selber anwesend


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 228

waren, sondern Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Ministerien geschickt haben, sich also nicht für die Gleichstellungspolitik an sich interessiert haben.

Zur Beweislast: Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch unsere Verhandlungen ist es letztendlich gelungen, dass bewiesen werden muss, dass der Arbeitgeber zum Beispiel nicht diskriminiert hat. Aber leider relativiert dieser Halbsatz, nämlich Ihre Formulierung der „wahrscheinlichen“ Nicht-Diskriminierung diese Beweislast wieder; daher können wir dem sicherlich nicht unsere Zustimmung geben.

Der dritte Punkt betrifft die finanziellen Ressourcen und die Personalaufstockung. Es ist, wie heute ohnehin schon einige Male gesagt wurde, ganz wichtig, dass man das festschreibt, denn wenn das Personal nicht aufgestockt wird, wenn die finanziellen Mitteln nicht erhöht werden, wird die ohnehin jetzt schon belastete Gleichbehandlungs­anwaltschaft noch mehr belastet sein. Und das wird sich dann alles nicht mehr ausgehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie unserem Abänderungsantrag zu­stimmen, ermöglichen wir gerne die Zweidrittelmehrheit, da unsere Punkte damit erfüllt wären. Machen Sie bitte mit uns eine echte Gleichstellungspolitik – und nicht wieder die Fehler, die Sie jetzt gemacht haben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: ... Bei­spiele bringen!)

20.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist; er steht daher mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich diesen gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigen und verteilen; dem Stenographischen Protokoll wird er ebenfalls beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Walter Posch, Gabriele Heinisch-Hosek, und GenossInnen zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regie­rungsvorlage (307 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleich­behandlung (Gleichbehandlungs-gesetz – GlBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) geändert werden (499 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. § 2 werden folgende Sätze angefügt:

„Zur Erreichung dieses Ziels haben die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie die für die Berufsbildung verantwortlichen Personen und Institutionen Maßnahmen zu ergreifen, um allen Formen der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und ins­besondere Belästigungen und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz vorzubeugen. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben darüber hinaus die Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz in geplanter und systematischer Weise zu fördern und


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 229

sollen zu diesem Zweck Gleichstellungspläne auf betrieblicher Ebene festlegen, evalu­ieren, umsetzen und betriebliche Daten nach Geschlechtern getrennt erfassen.“

2. § 4 Z 3 lautet:

„3. Bei den Bedingungen für den Zugang zu und der Ausübung von selbständiger Erwerbstätigkeit.“

3. § 5 Abs. 2 lautet:

„(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vor­schriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch nicht auf das Geschlecht bezogene zwingende Gründe sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles sind angemessen und erforderlich.“

4. § 12 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. mindestens drei Monatsentgelte, wenn der/die Stellenwerber/in bei diskriminie­rungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder“

5. § 12 Abs. 12 zweiter Satz lautet:

„Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Vor­aus­setzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.“

6. § 20 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Eine solche Ungleichbehandlung muss die verfassungsrechtlichen Bestimmungen sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten und rechtfertigt keine Diskriminierung aus einem anderen Grund.“

7. § 26 Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. mindestens drei Monatsentgelte, wenn der/die Stellenwerber/in bei diskriminie­rungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder“

8. § 26 Abs. 12 zweiter Satz lautet:

„Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 17 oder 18 zu beweisen, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 vorliegt.“

9. Der 3. Abschnitt „Gemeinsame Bestimmungen für den 1. und 2. Abschnitt“ entfällt.

10. § 44 Abs. 2 lautet:

„(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch nicht auf das Geschlecht bezogene zwingende Gründe sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 230

11. § 45 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

„Eine solche Ungleichbehandlung muss die verfassungsrechtlichen Bestimmungen sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten und rechtfertigt keine Diskriminierung aus einem anderen Grund.“

12. § 62 lautet:

„62. Der Klageverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern oder eine andere von der/dem Betroffenen namhaft gemachte Nichtregierungsorganisation kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten.

13. Nach § 64 im V. Teil „Schlussbestimmungen“ entfallen der § 55 „Inkrafttreten“ und § 56 „Vollziehung“.

II. Artikel 2 wird wie folgt geändert

1. In Z 3 wird § 3 folgender Abs. 12 angefügt:

„(12) Der Anwaltschaft für Gleichbehandlung ist zur Wahrnehmung der in ihren Tätig­keitsbereich fallenden Aufgaben die erforderliche Anzahl von Bediensteten beizuge­ben. Ergänzend zu dem im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bei der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen vorhandenen Personalstand sind der An­waltschaft für Gleichbehandlung zumindest Planstellen für fünf Akademiker/innen, einer/eines Bediensteten mit Reifeprüfung sowie zwei Sekretariatskräfte zusätzlich zuzuweisen.“

Begründung:

Zu Artikel 1:

Zu § 2

Damit werden Art. 2 Abs. 5 und Art. 8b Abs. 3 RL 207/76/EWG i.d.F. 2002/73/EG umgesetzt, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die ArbeitgeberInnen dazu anzuregen, Maßnahmen zu ergreifen, um allen Formen von Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes am Arbeitsplatz vorzubeugen. Darüber hinaus haben die Mitglied­staaten die ArbeitgeberInnen dazu anzuregen, die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in geplanter und systematischer Weise zu fördern.

Umfassende Verpflichtungen zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter erge­ben sich darüber hinaus aus der Staatszielbestimmung des Art. 7 Abs. 2 B-VG, die ein Bekenntnis u.a. des Bundes zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter enthält, sowie der im Verfassungsrang stehenden Art. 1 – 4 der UN-Konvention zur Beseiti­gung jeder Form von Diskriminierung der Frau, BGBl. 443/1982. Hinzuweisen ist auf die Zulässigkeit von sogen. „Positiven Maßnahmen“ gem. Art 7 Abs. 2 B-VG.

Die Einhaltung dieser Anforderungen für die ArbeitgeberInnen wären von der Gleich­behandlungskommission bzw. von den Arbeitsgerichten im Rahmen der dort jeweils anhängigen Verfahren zu überprüfen.

Zu § 4 Z 3

Der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgebotes in Z 3 ist über die „Bedin­gungen für den Zugang“ zu selbständiger Erwerbstätigkeit auch auf die Bedingungen für die Ausübung von selbständiger Erwerbstätigkeit zu erweitern. Insbesondere bei Auftrags- bzw. Werkvertragsverhältnissen liegt im Hinblick auf die Erfordernisse des (von der Änderungsrichtlinie 2002/73/EG unberührten) Art. 1 Abs. 1 RL 76/207/EWG


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 231

eine solche Erweiterung nahe („Grundsatz der Gleichbehandlung beim Zugang zur Beschäftigung, beim beruflichen Aufstieg, dem Zugang zur Berufsbildung, in bezug auf die Arbeitsbedingungen und die soziale Sicherheit). Die RL 2002/73/EG hat außerdem zum Ziel, weitere Bereiche vom Gleichbehandlungsgebot zu erfassen. Nun wird sich zwar z.B. die Frage des beruflichen Aufstieges im Rahmen einer selbständigen Erwerbstätigkeit wohl nicht stellen, allerdings könnte z.B. bei mehreren Werkauftrags­nehmer/innen eines Unternehmens die Frage auftauchen, ob z.B. für gleichwertige Werkleistungen auch das gleiche Entgelt (an Frauen bzw. an Männer) gezahlt wird. Diskriminierungen können bei selbständiger Erwerbstätigkeit neben den Bedingungen für den Zugang jedenfalls auch in den Bereichen des Entgelts, der sonstigen Vertrags­bedingungen und bei der Beendigung auftreten.

Zu § 5 Abs. 2 und § 44 Abs. 2:

Hier wird die Definition von „mittelbarer Diskriminierung“ aus der Beweislastrichtlinie 97/80/EG übernommen, die lediglich auf das Geschlecht bezogene zwingende Gründe als sachliche Rechtfertigung anerkennt.

Zu § 12 Abs. 1 Z 1und § 26 Abs. 1 Z 1:

Die vorgesehenen Schadenersatzansprüche für bewiesene Diskriminierungen bei Be­gründung eines Arbeitsverhältnisses sind nicht "wirksam, verhältnismäßig und ab­schreckend" wie es die Antidiskriminierungs-Richtlinie der EU vorsieht. Deshalb ist eine Erhöhung auf drei Monatsentgelte erforderlich.

Zu § 12 Abs. 12 und § 26 Abs. 12:

Die Antidiskriminierungs-Richtlinie verlangt, dass der Arbeitgeber die Nichtdiskriminie­rung "beweisen" muss. Der Halbsatz, dass zu beweisen ist, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass nicht diskriminiert wurde, relativiert daher den Beweis und zu entfallen.

Zu § 14 Abs. 2 und § 45 Abs. 2:

Damit wird Art. 4 Abs. 2 RL 2000/78/EG vollständig übernommen. Dieser sieht vor, dass Kirchen und andere religiöse oder weltanschauliche Organisationen Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot in Bezug auf Beschäftigung treffen können, wenn die Religion oder Weltanschauung der Bewerberin/des Bewerbers für eine Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Die genannte RL-Bestimmung stellt aber auch aus­drücklich klar, dass eine solche Ungleichbehandlung aufgrund der Religion oder Weltanschauung keine Diskriminierung aus einem anderen Grund (z.B. aufgrund des Geschlechts) rechtfertigt. Die Regierungsvorlage lässt diese wesentliche Klarstellung außer acht.

Zu § 62:

Der Betroffene soll die Möglichkeit erhalten, eine Nichtregierungsorganisation seines Vertrauens einem Rechtsstreit beizuziehen. Die Anstrengung eines derartiges Ver­fahren ist für viele Betroffene bereits ein großer Schritt und es könnte daher dem Betroffenen dadurch erleichtert werden, dass er die Organisation, die er beiziehen möchte selber aussuchen kann.

Zu Artikel 2

Zu Z 3 § 3 Abs. 12:

Aus den RL ergibt sich nicht nur die Verpflichtung, so genannte „unabhängige Stellen“ einzurichten, sondern (implizit) auch, diesen ein erforderliches Mindestmass an Personal- und Sachmitteln zur Verfügung zu stellen, damit diese Stellen die in den RL


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 232

umschriebnen Tätigkeiten auch tatsächlich in der Praxis ausüben können. Zu diesem Ergebnis gelangt auch eine von der Europäischen Kommission im Rahmen des Aktionsprogramms gegen Diskriminierung (2001 – 2006) in Auftrag gegebene Studie, die als eines der unverzichtbaren Elemente solcher unabhängigen Einrichtungen – in Anlehnung an eine Empfehlung der European Commission against Racism and Intolerance (ECRI) – eine ausreichende Ressourcenausstattung nennt (siehe unter http://europa.eu.int/comm/employment_social/-fundamental_rights/pdf/legisln/mslegln/equalitybodies_final_en.pdf ).

Der Gleichbehandlungsanwaltschaft ist daher zwingend eine notwendige Mindest­ausstattung an Personal zur Verfügung zu stellen. Die in der Regierungsvorlage vor­gesehenen Personal-mittel erscheinen bei weitem nicht ausreichend, um die mit diesem Bundesgesetz der Gleichbehandlungsanwaltschaft neu übertragenen Aufga­ben zu bewältigen und damit auch nicht ausreichend, den Anforderungen der RL zu entsprechen. Die im gegenständlichen Vorschlag vorgesehenen fünf Akademikerin­nenstellen sind gedacht für: 2 Anwälte/-Anwältinnen sowie 2 juristische MitarbeiterIn­nen für die neuen Aufgaben betreffend den 2. Abschnitt des Gleichbehandlungs­gesetzes nF; 1 juristische Mitarbeiterin für die Anwältin für Gleichstellung und Gleich­behandlung von Frauen und Männern, die gemäß dem 1. Abschnitt des Gleichbehand­lungsgesetzes nF nunmehr auch für den Zugang zu und die Ausübung von selbständiger Erwerbstätigkeit zuständig wird. Die Bedienstete mit Reifeprüfung ist für die in § 3 Abs. 3 vorgesehene Koordination der Tätigkeiten der drei AnwältInnen vor­gesehen. Je eine Sekretariatskraft ist für je eine/n der neu zu bestellenden beiden AnwältInnen für den 2. Abschnitt des Gleichbehandlungsgesetzes nF vorgesehen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin gelangt Frau Ab­geordnete Dr. Brinek zu Wort. – Bitte.

 


20.28

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! An meine geschätzte Vorrednerin gewendet: Ver­handlungen sind keine Lizitationsverfahren, so nach dem Motto „Gibst du mir ein paar Punkte, dann gebe ich dir ein paar Punkte!“ (Abg. Heinisch-Hosek: Richtlinien­kon­formität! Mehr wollen wir nicht! – Zwischenruf der Abg. Mag. Prammer.) Wir haben über weite Strecken ehrlich verhandelt; Frau Kollegin Prammer wird das bestätigen und meine Kolleginnen auch.

Wir sind ganz sicher auf dem richtigen Wege. Die EU-Richtlinie befindet sich bei uns zurzeit in der Phase der umfassenden Umsetzung. Wir können davon ausgehen, dass sich die Niveaus der Einschätzung, der Beurteilung, der Bewertung auf europäischer Ebene in den nächsten fünf, sechs, zehn Jahren vielleicht ändern werden.

Ich erinnere daran, dass wir 1975 – 25 Jahre ist es her –, im internationalen „Jahr der Frau“ mit dem Gesetz zur Gleichstellung begonnen haben. Der Bogen spannt sich über die Koedukation und der Einführung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes bis zum Beitritt zur EU, als wir neue Standards eingeführt haben. Es wird also sicher eine Weiterentwicklung geben, gegenwärtig aber stehen wir mit einem sehr guten, her­zeigbaren Gesetz da.

Ich bringe, da schon alles gesagt wurde, zwecks redaktioneller Anpassung folgenden Antrag ein:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 233

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundes­gesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz-GlBG) erlassen und das Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (499 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz-GlBG) erlassen und das Bundes­gesetz über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben (Gleich­be­hand­lungsgesetz) geändert werden, in der Fassung des Ausschussberichtes (499 d.B.), wird wie folgt geändert:

1. Der in Artikel 1 nach § 29 befindliche 3. Abschnitt mit der Abschnittsbezeichnung „Gemeinsame Bestimmungen für den 1. und 2. Abschnitt“ und mit den §§ 19 bis 24, jeweils samt Überschriften, entfällt.

2. In Artikel 1 entfällt in § 32 Abs. 2 der Ausdruck „Rasse oder“.

3. Die in Artikel 1 nach § 37 befindlichen §§ 30 bis 32, jeweils samt Überschriften, ent­fallen.

4. In Artikel 1 werden in § 64 Abs. 1 Z 3 der Ausdruck „Bundesministerin“ und in § 64 Abs. 2 der Ausdruck „Bundesminister“ jeweils durch den Ausdruck „Bundesminister/in“ ersetzt.

5. Die in Artikel 1 nach § 64 befindlichen §§ 55 und 56, jeweils samt Überschriften, entfallen.

Begründung:

Beseitigung von Redaktionsversehen.

*****

Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

20.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


20.31

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Brinek, ich hatte jetzt nicht wirklich Gelegenheit, mir den von Ihnen eingebrachten Antrag anzusehen. (Abg. Dr. Brinek: Redaktionelle Anpassung!) Ich habe nur kurz zugehört, und da habe ich mich gewundert, weil Sie von „redaktionellen Abänderungen“ als Begründung ge­sprochen haben – und dann haben Sie die weiblichen Formen hinzugefügt.

Zuvor habe ich Frau Ministerin Rauch-Kallat sehr aufmerksam zugehört, sie hat ge­sagt, all das sei jetzt im Gesetz umgesetzt, auch die Sichtbarmachung in der Sprache.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 234

Dazu kann ich nur sagen: Das haben Sie jetzt gerade noch schnell korrigiert, wenn das der Fall war. (Abg. Dr. Brinek: Nein!) Es war zu schnell; wir waren vorher nicht informiert. Wenn es nicht so war, dann eben nicht. Ich werde mir das jedenfalls dann anschauen. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, Sie korrigieren jetzt noch schnell etwas nach, was Ihnen vorher entgangen ist. (Abg. Dr. Brinek: Nein! Ich kann es Ihnen zeigen!)

Frau Kollegin Brinek, ein zweiter Punkt: Sie haben erzählt, wie lange es gedauert hat, manche Anti-Diskriminierungsmaßnahmen oder Gleichbehandlungsmaßnahmen auf den heutigen Stand zu bekommen. Dabei haben Sie erwähnt, dass es schon 1975 hiezu die ersten Bestrebungen gegeben hat, und dabei immer gesagt: „Wir“ haben das schon 1975 gemacht; jedenfalls haben Sie mehrmals „wir“ verwendet. Soweit ich mich erinnere, war die ÖVP 1975 nicht in der Regierung; das war die Alleinregierungszeit der SPÖ. Daher würde ich schon sagen: Ehre, wem Ehre gebührt! Es war in diesem Fall die SPÖ, die mit diesen Dingen begonnen hat – und nicht die ÖVP. (Abg. Dr. Brinek: Okay!) – Das nur zur Klarstellung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein Kommentar auch zu Herrn Minister Bartenstein. Sie haben zuvor in Ihrem Rede­beitrag erklärt, warum Sie dieses Gesetz nun „Gleichbehandlungsgesetz“ und nicht Anti-Diskriminierungsgesetz nennen, und das mit dem deutschen Begriff „Gleich­behandlung“ begründet, weil Sie kein Fremdwort verwenden wollen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ja!) – Herr Minister, es ist Ihnen wohl bekannt, dass es da um inhaltliche Unterschiede geht und nicht nur um sprachliche. Sie verwenden doch wohl auch sonst Fremdwörter in Ihrer Sprache (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ), denn sonst müssten wir einmal schauen, welche lateinischstämmigen Wörter Sie nicht verwenden und ob Sie das wirklich so durchhalten. (Abg. Schieder: „Minister“ ist nicht einmal deutschen Ursprungs!) – Danke, Herr Kollege Schieder!

Herr Minister, wenn schon, dann sagen Sie bitte klar, Sie wollen diese Inhalte eines Anti-Diskriminierungsgesetzes nicht – und verlegen Sie sich jetzt bitte nicht auf eine sprachliche Ebene! (Abg. Mag. Wurm – in Richtung Regierungsbank –: Oder wollen Sie „Diener“ heißen?)

Zum Gesetz selbst. Meine Damen und Herren! Die VorrednerInnen aus meiner Fraktion, auch von der SPÖ, haben ja schon einige der gravierenden Unterschiede zu unseren Vorstellungen definiert. Lassen Sie mich noch auf einige spezifisch eingehen! Da gibt es den Punkt „ungleiches Schutzniveau“. Das ist diese Kombi-Mogelpackung, die Sie uns hier servieren, wo Sie unter dem Titel „Gleichbehandlungsgesetz“ die an­deren Diskriminierungen mit hineinnehmen und dann so unterschiedliche Situationen oder sozusagen Zugänge erzeugen wie – und ich will das anders aufzäh­len als meine Kollegin Brigid Weinzinger, um es noch einmal klar aus anderer Perspektive zu beleuchten – folgende:

Was Frauen betrifft, gilt dieses Gesetz nur in der Arbeitswelt. Und es ist zumindest theoretisch möglich, auch positive Diskriminierungsmaßnahmen zu setzen. Auf Eng­lisch heißt das „affirmative action“. Das klingt etwas positiver als „positive Diskrimi­nierung“. Aber auf Deutsch haben wir mittlerweile noch kein anderes Wort dafür. Nehmen wir also dieses!

Was die Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer ethnischen Herkunft betrifft, da gilt dieses Gesetz über die Arbeitswelt hinaus, also auch im Bereich der Dienst­leistungen. Aber eine positive Diskriminierung darf nicht gesetzt werden.

Und bei der dritten Gruppe von Diskriminierungen, nämlich jener auf Grund des Alters, der sexuellen Orientierung, der Religion oder der Weltanschauung, da gilt das wieder nur in der Arbeitswelt; und positive Diskriminierung darf es schon gar nicht geben. Das ist sozusagen jene Gruppe, die in diesem Gesetz am wenigsten bekommt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 235

Jetzt weiß ich schon, dass die EU da unterschiedliche Richtlinien vorgegeben hat. Aber Beispiel Schwarz-Grün in Oberösterreich: Die machen das ganz, die machen sozu­sagen ein gleiches Schutzniveau für alle. Warum machen Sie das nicht? Wollen Sie jene Gruppen, die Sie vielleicht nicht so offen ansprechen wollen, etwa auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder auch auf Grund ihrer Religionsausübung Diskriminierte, verstecken? (Bundesminister Dr. Bartenstein: ... des öffentlichen Dienstes!)

Warum sagen Sie es uns nicht offen: Ein Anti-Diskriminierungsgesetz für all diese Gruppen und für alle auch ein gleiches Schutzniveau, meine Damen und Herren, das wollen Sie nicht! (Abg. Dr. Brinek: Frau Kollegin, wir orientieren uns ...!) Das ist es, was uns hier fehlt! (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie es mich auf ein ganz konkretes Beispiel bringen! Bobby McFerrin ist heute schon erwähnt worden. Ich lege das um auf einen Österreicher afrikanischer Herkunft: Mike Chukwuma, der – zwei Jahre ist es, glaube ich, jetzt her – in Linz nicht in eine Disco gelassen wurde. Jetzt weiß ich schon, Frau Ministerin Gehrer meint, die Jugend­lichen – so jung ist er auch nicht mehr, aber trotzdem – sollen nicht so viel auf Parties und in Discos gehen. Aber manche tun das trotzdem gerne. Mike Chukwuma wurde nicht hineingelassen. Ab dem 1. Juli könnte er deswegen zur Gleichbehand­lungsan­waltschaft gehen.

Mir aber oder einem etwaigen schwulen Kollegen von ÖVP oder FPÖ oder einer lesbischen Kollegin von der SPÖ oder von sonst woher könnte das verwehrt werden, wenn sie zum Beispiel Händchen haltend in die Disco oder in ein Restaurant oder in ein Schwimmbad gehen wollen. Diese haben keine Möglichkeit, irgendwohin zu gehen und das einzuklagen. Das nennen Sie Gleichbehandlung?! – Meine Damen und Herren, das ist nicht Gleichbehandlung, sondern das ist neuerlich Diskriminierung! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Einen positiven Punkt lassen Sie mich erwähnen, aber der ist nicht auf Ihre Arbeit zurückzuführen, sondern auf das, was die EU zum Glück hier vorschreibt, nämlich dass in der Arbeitswelt zumindest Fakten geschaffen werden. Lesbischen oder schwu­len Partner und Partnerinnen wird etwa ermöglicht, Pflegeurlaub nehmen zu können – etwas, was bisher nicht möglich war. Damit wird sozusagen ein Bewusstsein über den Angehörigenstatus von Partnerinnen und Partnern in gleichgeschlechtlichen Lebens­gemeinschaften geschaffen.

Gleichzeitig muss ich aber sagen: Bildungs-, Schulungsmaßnahmen, irgendetwas, um die Menschen dafür zu sensibilisieren, was denn Diskriminierung auf Grund des Alters, auf Grund der Religion, auch im Bereich der Geschlechtszugehörigkeit und des Rassismus heißen kann – so etwas kommt nicht vor. Auch Aufklärung an den Schulen, Maßnahmen in Unternehmen, damit die Leute verstehen, warum ein Schwulenwitz oder ein sexistischer Witz oder ein Witz über alte Menschen – und nicht nur ein Witz – diskriminierend ist, so etwas kommt in Ihrer Vorlage nicht vor. Solche Maßnahmen, meine Damen und Herren, fallen nicht vom Himmel, sie gehören mit Schulungen, mit Trainings und so weiter geplant, ermöglicht und auch finanziell unterstützt. – Für all das gibt es leider nichts in diesem Gesetz.

Sogar bei den Sensibilisierungsmaßnahmen gilt also, was meine Kollegin Stoisits gesagt hat: Auch „minimal“ ist noch zu groß für das, was Sie hier getan haben. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein.)

20.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Höllerer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 236

20.39

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Herr Staatssekretär! Bei diesem Gleichbehandlungsgesetz ist es vor allem darum gegangen, die EU-Richtlinien umzusetzen. Es gab ja umfangreiche Verhandlungen mit den Oppositionsparteien. Wie wir heute schon gehört habe, gab es auch in den Detailfragen eine ganz besonders intensive Annäherung zur SPÖ. Wenn also Frau Stoisits von „Scheinverhandlungen“ gesprochen hat, dann fragen wir uns schon, wo diese stattgefunden haben sollen, wenn von elf Forderungen auf sieben eingegangen wurde, die dann auch tatsächlich in diese Gesetzesmaterie eingeflossen sind. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.)

Aber wir sind nicht enttäuscht, denn mittlerweile scheint es ein Ritual zu sein, bis zum Endpunkt zu verhandeln – und dann doch wieder abzuspringen. (Abg. Heinisch-Hosek: Von Ihnen!)

Aber Sie haben ja heute noch eine Chance, Sie können noch der Weisungsfreistellung der Organe der Gleichbehandlungsanwaltschaft zustimmen. Sie hätten damit vorzu­weisen, wirklich etwas Positives in diesem Bereich geleistet zu haben.

Wenn von SPÖ-Seite dieses Gleichbehandlungsgesetz so intensiv kritisiert wird, dann fordere ich Sie auf: Schauen Sie doch einmal, was in Wien umgesetzt wurde! Frau Stadträtin Brauner hat das in der Öffentlichkeit als große Errungenschaft präsentiert. Ich kann nur einen Satz dazu sagen: „Die Kritik der SPÖ an der Bundesregierung in dieser Frage ist daher völlig unglaubwürdig.“ – Dieser Satz stammt nicht von mir, sondern ist ein Zitat der HOSI Wien.

Wenn es in Wien, wo Sie von der SPÖ sozusagen ein Heimspiel haben, nicht gelungen ist, ein Antidiskriminierungsgesetz umzusetzen, das wirklich Ihren Vorgaben entspricht, und hier somit ein Gesetz vorliegt, das weit über die EU-Richtlinien hinausgeht, dann könnten Sie hier ohne weiteres guten Gewissens Ihre Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Morak. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


20.41

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren im Plenum! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sie sind in Ihren Ausführungen schon auf das Gleichbehandlungsgesetz in der Privatwirtschaft einge­gangen. Lassen Sie mich hier noch einige spezifische Punkte des Bundes-Gleichbe­handlungsgesetzes hervorheben.

Gerade im Bereich der Geschlechterbehandlung kann der Bund als Dienstgeber durch das seit mehr als zehn Jahren bestehende geltende Bundes-Gleichbehandlungsgesetz nicht nur auf einen großen Erfahrungsschatz zurückweisen, sondern es kommt ihm dabei auch eine Vorreiterrolle zu. – Beim vorliegenden Gesetzentwurf haben wir deshalb danach getrachtet, die bestehenden Institutionen, die ja bereits über eine erhebliche Erfahrung verfügen, in der Behandlung von Diskriminierungsfragen beizu­be­halten und durch die Anti-Rassismus-Richtlinie, die Gleichbehandlungsrahmen­richtlinie und die geänderte Gleichbehandlungsrichtlinie vorgegebene Änderungen in dieses System harmonisch einzufügen. Dadurch war es möglich, sowohl die bisherigen Schutzstandards in der Gleichbehandlung der Geschlechter auszubauen als auch eine übermäßige Ausweitung im Bereich des Verwaltungsaufwandes zu vermeiden.

Synchron zu den Regelungen des Gleichbehandlungsgesetzes der Privatwirtschaft kommt es durch das vorliegende Gesetz vor allem zu einer Ausweitung des Gleich­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 237

behandlungsgebotes aus Gründen der Rasse oder ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung.

Dieser Schutz kommt allen Personen zugute, die in einem Dienst- und Ausbildungs­verhältnis zum Bund stehen, worunter auch erstmals freie Dienstverträge fallen. Ge­schützt werden insbesondere der diskriminierungsfreie Zugang zur Erwerbstätigkeit, der berufliche Aufstieg, die Berufsausbildung, die Weiterbildung sowie die sonstigen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen.

Besonders hervorheben möchte ich die vorgesehene Unterteilung der Bundes-Gleich­behandlungskommission in zwei verschiedene Senate: Einer wird sich ausschließlich mit der Frage geschlechtsspezifischer Gleichbehandlung beschäftigen und der zweite mit den neu hinzugekommenen Tatbeständen. Die Vorteile dieser Lösung liegen auf der Hand: Es entfällt eine Überbelastung der Senate. Die bereits im Gender-Bereich gewonnene Expertise kann nutzbar gemacht werden. Beide Senate benötigen nur einen einzigen Geschäftsapparat – und nicht zuletzt können dadurch mehr Fachdis­kriminierungen einheitlich behandelt werden.

Änderungen wird es aber auch durch den vorliegenden Abänderungsantrag gegenüber der ursprünglichen Regierungsvorlage geben. In diesem Zusammenhang danke ich vor allem den Expertinnen und Experten, die in den letzten Sitzungen des Ausschusses sehr ausführlich zum vorliegenden Entwurf Stellung genommen haben.

Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass der wirksame Schutz vor Diskrimi­nierungen auf Grund des Geschlechtes und die Anliegen der Frauenförderung im Bun­desdienst eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und Pflicht sind – und bleiben werden. Der vorliegende Gesetzentwurf hat das Niveau nicht nur verbessert, sondern auf weitere Diskriminierungstatbestände ausgedehnt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.44

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Binder. – Bitte.

 


20.44

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Tatsache ist, dass dieses Gesetz drei Richtlinien beinhaltet und es somit vermischt wird. Tatsache ist auch, dass EU-Richtlinien nicht vollständig umgesetzt werden. Ich erinnere an das ExpertInnen­hearing, wo eine der Expertinnen meinte, es komme durch die Vermischung der drei Richtlinien zu einer Systemverschiebung. Das sei eine politische Entscheidung; sie halte das für verfehlt und für falsch.

Auf die wesentlichen Mängel sind bereits meine VorrednerInnen eingegangen. Gravie­rend für mich persönlich ist, dass es vier unterschiedliche Schutzniveaus geben wird.

Aus diesem Grund bringe auch folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Mag. Posch, Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die Regierungsvorlage (285 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehand­lungsgesetz geändert wird (498 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 238

1. In Z 3 wird § 4a Abs. 2 wie folgt geändert:

„(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch nicht auf das Geschlecht bezogene zwingende Gründe sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.“

2. In Z 3 § 13b Abs. 2 folgender Satz angefügt:

„Eine solche Ungleichbehandlung muss die verfassungsrechtlichen Bestimmungen sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beachten und rechtfertigt keine Diskriminierung aus einem anderen Grund.“

3. In Z 3 werden § 26 Abs. 2 und 3 wie folgt geändert:

„(2) Für jeden Vertretungsbereich hat die Ressortleiterin oder der Ressortleiter mindestens zwei Gleichbehandlungsbeauftragte und deren Stellvertreterinnen oder Stellvertreter zu bestellen.

(3) Abweichend von Abs. 1 haben jede Leiterin und jeder Leiter einer Dienststelle, die keinem Bundesministerium nachgeordnet ist, für ihre oder seine Dienststelle mindes­tens zwei Gleichbehandlungsbeauftragte und deren Stellvertreterinnen oder Stellver­treter zu bestellen.“

*****

Meine Damen und Herren! Stimmen Sie unseren Anträgen zu und setzen wir sie gemeinsam um! Kommt es zu einer tatsächlichen Umsetzung der EU-Richtlinien, dann können wir dem vorliegenden Entwurf auch unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.47

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Frau Abgeordneter Binder soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


20.48

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Werter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär – falls er sich noch irgendwo aufhält! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir die Aussagen der Oppositions­parteien vor allem im Gleichbehandlungsausschuss und die damit verbundene Kritik, die Regierungsparteien haben sich zu wenig bewegt, vor Augen führe, dann frage ich mich: Wohin hätten wir uns noch bewegen sollen? (Abg. Mag. Prammer: Richtung Europa!)

Für die SPÖ ist die EU-Richtlinie nicht ausreichend umgesetzt, Kollegin Stoisits wiederum bedauert, dass man nicht einen Millimeter über die Vorgaben der EU hinausgegangen sei. Im Oktober 2003 zeigte sich Abgeordnete Prammer entsetzt über die Vermischung in der Vorlage und forderte drei eigene Gesetze. Wenn ich richtig gezählt habe, werden es mit dem Behindertengleichstellungsgesetz drei Gesetze sein. Aber Kollegin Prammer bemängelt wiederum in der Ausschussdebatte, dass es – laut Presseaussendung – den Regierungsparteien nur darum ginge, die EU-Richtlinien umzusetzen, und nicht darum, ein Antidiskriminierungsgesetz zu erlassen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 239

Sie hören richtig! Ein Gesetz! – Das ist nur ein Beispiel. Also: Wohin hätten wir uns bewegen sollen?!

Bei solch widersprüchlichen Aussagen von Seiten der Opposition stellt sich die Frage, ob wir auf dem Verhandlungswege je eine Chance der Einigung gehabt hätten. (Abg. Dr. Fekter: Nein! Niemals!) Auch wenn alle Wünsche erfüllt worden wären, bleibt die Befürchtung – ich denke nicht so positiv –, dass Ihnen wieder etwas Neues eingefallen wäre, um nicht zustimmen zu müssen. (Beifall bei der ÖVP.)

Einen Spagat gibt es im Ballett, aber nicht bei Verhandlungen, da wir von den Regie­rungsparteien – ÖVP und FPÖ – Verantwortung übernehmen und wir für Rechts­sicher­heit für die Menschen in Österreich sorgen.

Vorhin ist über die Bezeichnung gesprochen worden, nämlich Gleichbehandlungs­gesetz oder Antidiskriminierungsgesetz. Wenn schon darüber debattiert wird, möchte ich darauf verweisen, dass Gleichbehandlung das Ziel ist. Antidiskriminierung ist das, was wir nicht wollen. Also bleibt die Frage, ob wir es nicht positiv benennen sollen, wohin wir gehen wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber nun zu den Inhalten selbst. Ich freue mich über die Erhöhung der Frist bei der Geltendmachung vor der Gleichbehandlungskommission im Bereich sexuelle oder geschlechtsbezogene Belästigung. Gerade als eine, die im psychotherapeutischen und im Beratungsbereich tätig ist, weiß ich, wie wichtig eine längere Frist ist.

In der Steiermark ist beim Begutachtungsentwurf eine Frist von drei Jahren vorge­sehen, die ich für sehr zielführend erachte. Jedoch, ich wiederhole es: Ich bin froh, dass sich die Frist auf ein Jahr erhöht hat.

Nun zu den kritisierten Beweislastregelungen, die nicht weitgehend genug wären. – In der Steiermark bin ich Mitglied in der Gleichbehandlungskommission. Wenn nun jemand nach der neuen Regelung eine Diskriminierung vorbringt und glaubhaft macht, so muss der Beklagte mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen, dass die Diskriminierung nicht stattgefunden hat – oder die Ungleichbehandlung gerechtfertigt war.

Als Kommissionsmitglied muss ich mir nach bestem Wissen und Gewissen ein Bild machen, um eine Entscheidung zu treffen. Es geht um Motive oder Situationen, wo es keine Zeugen gibt. Wie schaffe ich es also, diese Sachlage so weit zu klären, um ruhigen Gewissens die Entscheidung treffen zu können, ob Diskriminierung statt­gefunden hat. Objektive Beweise gibt es ja sehr oft nicht.

Alles in allem sind das gute Gesetzesvorlagen – und die EU-Richtlinien sind erfüllt. Im Rahmen der Umsetzung werden wir alle unseren Erfahrungsschatz erweitern, um das Beste für die Bevölkerung im Vollzug zu gewährleisten. (Beifall bei der ÖVP.)

20.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


20.52

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staats­sekretär! Mit dieser Regierungsvorlage werden die EU-Anti-Rassismusrichtlinie, wie man ja weiß, fast um sechs Monate und die Antidiskriminierungsrichtlinie um fast elf Monate zu spät umgesetzt – und da, wie wir auch alle wissen, nicht einmal richtig. Zugegeben, einige positive Schritte gibt es, aber – und das wissen wir zwischenzeitlich auch – selbst die EU-Richtlinien sind unserer Ansicht nach in einigen wesentlichen Bereichen trotzdem nicht umgesetzt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 240

Meine Damen und Herren! Unabhängige Rechtsexperten und VertreterInnen von NGOs haben im abgehaltenen Expertenhearing – und bei diesem waren auch viele von Ihnen anwesend – harsche, entschiedene, sachlich fundierte und nachhaltige Kritik an dieser Regierungsvorlage geübt, und das zu Recht, wie wir von der SPÖ meinen.

Dazu nur eines von vielen Beispielen: Die vorgeschlagenen Gleichbehandlungs­ge­setze laufen dem Grundanliegen von Gleichbehandlung zuwider. Gleichbehandlung soll mit gesetzlicher Ungleichbehandlung durchgesetzt werden. Die Entwürfe diskrimi­nieren selbst innerhalb der verschiedenen Opfergruppen. Es werden sozusagen vier Klassen von Diskriminierten geschaffen. – Das waren nur einige wenige der Aussagen der Experten dort.

Wir SozialdemokratInnen haben mehrfach höhere Schadenersatzzahlungen, Beweis­lasterleichterung und die Errichtung einer echten Ombudsstelle für Diskriminierungs­opfer gefordert, anstatt die Gleichbehandlungsanwaltschaft damit zu belasten. Außerdem haben wir gefordert: einheitliche Schutzniveaus für alle Arten von Diskrimi­nierung sowie ein eigenes Antidiskriminierungsgesetz, das unserer Überzeugung nach unabänderlich und wichtig ist.

Aber so wie die NGOs wurden auch wir vielfach nicht beziehungsweise zumindest zu wenig gehört. In Wirklichkeit – und das muss schon gesagt werden – mussten wir sogar um die Umsetzung der EU-Richtlinien kämpfen, denn Sie von den Regierungs­parteien wollten in Wirklichkeit nicht einmal das tun!

Zu den Ausführungen des Kollegen Walch hier, der, wie so oft, auch jetzt nicht anwesend ist, trotzdem sage ich das jetzt: Jemand, der bei keiner einzigen dieser so genannten Verhandlungsrunden anwesend war, sollte nicht so große Töne von sich geben! So schaut’s aus da herinnen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nutzen Sie daher die Chance: Stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu, damit die EU-Richtlinien umgesetzt werden können! Dann können wir auch die Weisungsfreiheit der Organe mit be­schließen. Sonst sehen wir beim besten Willen keine Möglichkeit einer Zustimmung zu dieser Vorlage. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


20.55

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich habe hier immer wieder gehört, wirkliche Verhandlungen seien nicht geführt worden; das hat die Opposition ständig behauptet. – Dazu: Sieben Forderungen wurden erfüllt, vier nicht.

Verhandeln heißt meiner Ansicht nach, dass jeder Verhandlungspartner dem anderen einen Schritt entgegenkommt. Und daher: Wo bleiben denn die Schritte der Op­position? Ich denke, wenn sieben Ihrer Forderungen, also mehr als die Hälfte erfüllt wurden, so ist da schon einiges geschehen. Ich bin derselben Meinung wie mein Vorredner, der das auch bestätigt hat, dass die EU-Richtlinien umgesetzt wurden, und ich denke, dass es sich um ein gutes Gleichbehandlungsgesetz handelt.

Eine Ausweitung der Gleichbehandlungsgebote erfolgte auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, auf Grund des Alters, der sexuellen Orientierung, der Religion oder der Weltanschauung. Besonders hervorzuheben ist, dass es bei der Beweislastregelung dem Beklagten obliegt, zu beweisen, dass keine Verletzung der Gleichbehandlung vorliegt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 241

Zusammenfassend: Es ist ein gutes Gesetz, die Richtlinien sind umgesetzt, es gibt mehr Gleichbehandlung und weniger Diskriminierung. Ich wünsche mir, dass die Op­position der Weisungsfreiheit der Gleichbehandlungsanwaltschaft doch noch zustim­men kann. (Beifall bei der ÖVP.)

20.56

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


20.56

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung, wo immer Sie sich auch befinden! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen haben in ihrer Kritik an unserer Kritik bereits im Ausschuss gemeint, wir klammern uns nur an formelle Dinge, an so „Kleinigkeiten“ wie die Verfassungsmäßigkeit oder: Zusammenfassung in einem Gesetz statt gesonderter Regelungen.

Mit solchen „Formalismen“ haben sich ja bereits meine Kolleginnen und Kollegen beschäftigt – und wird sich sicherlich auch noch der Verfassungsgerichtshof ausgiebig beschäftigen müssen.

Ich möchte jetzt, wie auch schon im Ausschuss, darauf eingehen, welche konkreten Möglichkeiten die vermeintlich Geschützten haben, ihre Rechte auch durchzusetzen. Kernstück bei der Durchsetzung von Rechten ist die Beweislastverteilung. Da entscheidet sich, ob jemand, der Recht hat, auch die Chance hat, Recht zu bekom­men.

Das Gleichbehandlungsgesetz, auch in den verschiedensten abgeänderten Formen, gibt den geschützten Personen dieses Recht nicht! Und da zahlt es sich schon aus, den Gesetzestext genauer zu lesen. Nach der umzusetzenden Richtlinie muss der Kläger beziehungsweise die Klägerin die Tatsachen, die eine Diskriminierung vermuten lassen, glaubhaft machen. Der Beklagte hingegen muss den Vollbeweis erbringen, dass er nicht diskriminiert hat.

Nach dem Regierungsentwurf kann sich der Beklagte auch mit dem Anscheinsbeweis frei beweisen. Das Ganze ist im Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen in gewundene Formulierungen verpackt, bedeutet aber nichts anderes, als dass in der Praxis eine Patt-Situation entsteht, die die Klägerin/den Kläger zwingt, den Vollbeweis zu erbringen, dass er/sie diskriminiert wurde.

Man muss sich das in der Praxis so vorstellen: Da geht es um eine Stellenbewerberin, um eine Arbeitnehmerin, um eine Wohnungssuchende oder um den Fall einer ethnisch Diskriminierten. Diese verfügen selten über Unterlagen, haben auch meist keinen Einblick in Betriebsabläufe – und werden sich auch schwer tun, Zeugen aufzutreiben.

Da ist es doch fern jeder Realität, von diesen einen Vollbeweis zu verlangen. Deshalb gibt es diese Richtlinie ja. Dass Sie jedoch diese Richtlinie, die europäische Mindest­standards festlegt, nicht umsetzen wollen, ist eines zivilisierten Landes, für das sich Österreich bisher immer gehalten hat, nicht würdig! (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb appelliere ich an Sie, an Ihre Vernunft und an Ihr Gewissen: Stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Grander. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 242

20.59

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz wird umfassend novelliert. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der besseren Lesbarkeit erfolgt eine Umsetzung in zwei Gesetzen. Das bisherige Gleichbehandlungsgesetz wird in „Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und Gleichbehandlungsanwaltschaft“ umbenannt und entsprechend novelliert, und darüber hinaus wird ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung erlassen, das die materiellen Bestimmungen übernimmt und um jene Regelungen erweitert wird, die sich aus dem Umsetzungsbedarf ergeben. – Schließlich werden geschlechtsneutrale Formulierungen verwendet.

Ich möchte jetzt etwas auf die Tiroler Situation eingehen. Wir von der Tiroler ÖVP haben die erste Bürgermeisterin in einer Bezirkshauptstadt in Österreich gestellt. Das war unsere jetzige Abgeordnete Machne aus Lienz.

Wir haben auch die erste Bürgermeisterin einer Landeshauptstadt in Österreich, näm­lich Hilde Zach. Hiezu möchte ich feststellen, die Stadt Innsbruck leistet besonders auf dem Gebiet von Gender Mainstreaming hervorragende Arbeit.

Weiters hatten wir vor zehn Jahren die erste Landesrätin, nämlich Elisabeth Zanon. Inzwischen haben wir drei Landesrätinnen. Landesrätin Zanon hat auch das Gleich­behandlungsgesetz novelliert und umgesetzt. Seit dieser Zeit ist im Landhaus der Frauenanteil gestiegen. Es sind besonders auch leitende Positionen, wie zum Beispiel Leitung der Finanzabteilung und der Abteilung Kinder- und Jugendanwaltschaft mit Frauen besetzt. Und es gibt Auswahlkriterien in allen Verwendungsgruppen. Die Zielvorgabe lautet: 40 Prozent Frauen. Es wurde auch der Bedarf an Teilzeitstellen für Frauen sehr genau angesehen und umgesetzt.

Landeshauptmann Van Staa hat kürzlich erst in den öffentlichen Diensten nahen Be­reichen wie TILAK und Neue Heimat den Auftrag gegeben, die Betriebe im Sinne von Gender Mainstreaming zu überprüfen. Derzeit gibt es Arbeitsgruppen zu diesem Bereich. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich stelle zum Schluss noch fest: Wir in Tirol hätten auch eine Bundespräsidentin gehabt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Abgeordnete Fleckl. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.02

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglie­der der Bundesregierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Viele Gründe wurden bisher schon aufgezählt, warum dieses Gleichbehandlungsgesetz abzulehnen ist.

Ich möchte an dieser Stelle nur noch dreimal unterstreichen und auch meinerseits einfach nur das Bedauern darüber ausdrücken, dass die Regierungsparteien nicht einmal noch imstande waren, die Umsetzung der EU-Richtlinien zu schaffen. Schade, meine sehr geehrten Damen und Herren, schade, weil ich denke, dass so ein Gesetz in der österreichischen Bevölkerung für Bewusstseinsbildung sorgen sollte, wofür die Regierungsparteien eigentlich vorbildhaft sein sollten!

Oder glauben Sie wirklich, dass es Ihnen mit diesem Gesetz gelingen kann, Österreich weiterhin in puncto Antidiskriminierung als Musterland in der EU hinzustellen? – Weder in der EU noch bei der österreichischen Bevölkerung wird dies möglich sein!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 243

Ich habe Kollegin Riener – ich glaube, sie war es – und Herrn Kollegem Ellmauer genau zugehört. Sie hat gesagt: „Antidiskriminierung ist das, was wir nicht wollen.“ Und Herr Kollege Ellmauer hat gesagt, wir sind gegen Antidiskriminierung. – Angesichts dieser beiden Aussagen ist mir klar, was in diesem Gesetz passiert ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Auf den Punkt gebracht: Auf der Strecke bleiben effiziente Maßnahmen zur Förderung von Menschenrechten und zum Abbau von Diskriminierung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Kehren Sie um! Handeln Sie im Sinne der Menschen und stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu, damit eine EU-konforme Richtlinie erstellt werden kann, denn dann können wir die so wichtige Weisungsfreiheit der Organe sicherstellen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Marek. Wunschredezeit: 3 Minuten. Das Licht leuchtet nach 2 Minuten. – Bitte.

 


21.04

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir haben heute bereits mehrfach gehört, dass dem Beschluss des Gleichbehandlungsgesetzes lange, monatelange und intensive Verhandlungen vorausgegangen sind. Dabei konnten wir uns sehr weit annähern. Von unserer Seite wurden auch zahlreiche Zugeständnisse gemacht. Ich erinnere dabei etwa an die Möglichkeit der Beteiligung der NGOs und die Beweislast-Verlagerung, die erst im Zuge der Verhandlungen auf Anregung der Opposition in die Regierungsvorlage eingearbeitet wurden. Aber okay, ich nehme zur Kenntnis, Sie können der Regierungsvorlage trotzdem nicht zustimmen.

Besonders bedauerlich und unverständlich ist für mich aber die angekündigte Nicht­zustimmung der SPÖ zur Weisungsfreistellung der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Ich glaube nicht, dass es auch nur ein vernünftiges und objektives Argument gegen die Entflechtung dieser Stelle von der Politik gibt. Es ist aber schon interessant, dass immer dann, wenn es darum geht, eine solche Stelle weisungsfrei zu stellen, die SPÖ unter einem Vorwand leider nicht mitstimmen kann.

Gleiches haben wir etwa bei der Telekom und auch beim Rechtsschutzbeauftragten erlebt. Offensichtlich wollen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, unbedingt und überall den Zugriff der Politik auf sämtliche Schiedsstellen bewahren. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Ob diese Vorgehensweise aber modern und zeitgemäß ist, wage ich sehr zu bezweifeln, Herr Kollege! Ganz im Gegensatz dazu versuchen Sie mit aller Gewalt, Machtstrukturen zu erhalten, die sich mittlerweile aber längst überholt haben, was selbst Sie mittlerweile erkannt haben sollten.

Das ist aber auch eine Frage des Politik- und Selbstverständnisses. Und hier geht es nicht um Parteipolitik, sondern um die Sache, und genau darum geht es auch uns. Wir wollen wesentliche Schiedsstellen, wie in diesem Fall die Gleichbehand­lungsanwalt­schaft, vor parteipolitisch motiviertem Zugriff bewahren, damit diese unbeeinflusst ihre Arbeit machen können.

Ich appelliere daher an Sie: Stimmen Sie der Weisungsfreistellung der Gleichbehand­lungsanwaltschaft zu und beweisen Sie damit Verantwortungsbewusstsein ebenso wie Zukunftsorientierung! (Beifall bei der ÖVP.)

21.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Walther. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 244

21.06

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kolle­gen! Werte Gäste auf der Tribüne! In Zeiten sozialdemokratisch dominierter Regie­rungen war Österreich als Vorreiter in Fragen der Gleichbehandlung von Männern und Frauen und auch der Antidiskriminierung bekannt und geachtet. Heute beschränkt sich die ÖVP-FPÖ-Regierung auf die Einhaltung von Mindeststandards bei der Umsetzung der drei EU-Richtlinien in nationale Gesetzen. Ob es wirklich reichen wird, werden erst die obersten Gerichte entscheiden müssen.

Nehmen wir das Antidiskriminierungsgesetz: Das Problem vieler Menschen, die sich diskriminiert fühlen und Hilfe brauchen, ist, dass sie Mitstreiter, nämlich kompetente Mitstreiter, also NGOs, benötigen, die sich wirklich qualifiziert, ehrenamtlich und über­aus engagiert für die Rechte der Menschen einsetzen. Ich glaube, dass keine Regierung gut daran tut, auf die engagierten Mitglieder der Zivilgesellschaft zu verzichten. Die Regierungsparteien wollen auf dieses soziale Gewissen verzichten. Manchmal frage ich mich, ob sie es fürchten.

Ich denke, dass diese Nebeninterventionsmöglichkeit eine gute Verhandlungssituation geschaffen hat, dass das schon in Ordnung ist, dass eben Leute, die sich benachteiligt fühlen, wenigstens die NGOs zur Unterstützung ihrer Anliegen anrufen können. Wir würden aber sagen, dass es trotzdem noch nicht langt, um ein wirkliches Antidis­kriminierungsgesetz und Gleichbehandlungsgesetz zustande zu bringen.

Deswegen fordere ich Sie auf, unserem Abänderungsantrag zuzustimmen, damit die Richtlinien EU-konform umgesetzt werden können. Dann könnten wir uns auch vor­stellen, die Weisungsfreiheit der Organe mit zu beschließen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Na sowas! Ganz etwas Neues!)

21.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Sburny zu Wort gemeldet.

Frau Kollegin, Sie kennen die Geschäftsordnung. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.09

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Frau Kollegin Grander hat behauptet, dass Frau Landesrätin Zanon die erste weibliche Landesrätin gewesen sei. – Das ist natürlich falsch! (Ruf bei der ÖVP: In Tirol!)

Auch was Tirol betrifft, ist das falsch, da war nämlich vor Frau Landesrätin Zanon bereits Frau Landesrätin Lichtenberger am Werk. (Abg. Steibl: In der ÖVP!) So ist das richtig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.09

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Sieber. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.09

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Anpas­sung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes an EU-Recht wird das Gleich­behand­lungsgebot auf Bereiche der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Welt­anschauung, des Alters oder der sexuellen Diskriminierung ausgedehnt.

Die nun vorliegende Regierungsvorlage verfolgt das Ziel, möglichst all diese Gleich­behandlungsgebote in einem einheitlichen Gesetz zu regeln, wodurch Mehrfachdis­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 245

kriminierungen in der Arbeitswelt einheitlich behandelt werden können und auch der Zugang zum Recht erleichtert wird.

Durch diesen ganzheitlichen Ansatz ist somit eine Stärkung der Gleichbehandlung und des Schutzes vor Diskriminierung zu erwarten. Außerdem hilft ein Gesetz wohl eher, die von uns allen ungewünschte Gesetzesflut einzudämmen. Ich möchte betonen, dass wir hier ein gutes und auch übersichtliches Gesetz vor uns haben, das den Betroffenen vermehrt Schutz bieten wird.

Ein wichtiger und in diesem Zusammenhang oft kritisierter Punkt ist die Beweis­lastumkehr, wonach der Beklagte beweisen muss, dass keine Diskriminierung statt­gefunden hat. Im Vorfeld muss die betroffene Person die Tatsache, die eine Diskrimi­nierung vermuten lässt, lediglich glaubhaft machen, und dann liegt es an der beklagten Partei, zu beweisen, dass nicht diskriminiert wurde. Der Beklagte ist damit zur Beweis­führung verpflichtet.

Ich verstehe also nicht, wo hier die Beweislastumkehr nicht erfüllt sein soll, meine Damen und Herren von der Opposition, wo doch auch dieses Beweissystem seit langem im österreichischen Gleichbehandlungsgesetz verankert ist und auch bisher von der EU-Kommission nicht beanstandet wurde.

Ein Vorwurf der Opposition lautet, dass echte Gleichstellungspolitik durch den Entwurf nicht ermöglicht wird. Doch enthält der Entwurf ausdrücklich das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern, und zweitens stellt er klar, dass positive Maßnahmen zur beschleunigten Herbeiführung der De-facto-Gleichbehandlung von Frauen und Män­nern keine Diskriminierung im Sinne des Gesetzes sind. Im Gegenteil! Dieses Gesetz zeigt, dass Politik für Frauen und für andere von Ungleichbehandlung bedrohte Men­schen gemacht wird.

Wir beschließen also heute hier ein Gesetz, das Menschen, die ungleich behandelt werden, helfen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Schopf. 2 Minuten. – Bitte.

 


21.12

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es geht da unter anderem um sehr wichtige und ganz konkrete, wie ich meine, Fragen auch in der Arbeitswelt und die Umsetzung dieser Richtlinie betreffend Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, also in der gesamten Arbeitswelt.

Für mich besonders wichtig und, wie ich meine, eine wesentliche Aufgabe der Politik ist, dafür zu sorgen, dass alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – und ich betone: alle Arbeitnehmer – in der Arbeitswelt faire und gerechte Bedingungen vorfinden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Für mich herrschen nur dann menschenwürdige und gerechte Bedingungen, wenn es in den Betrieben, in der gesamten Arbeitswelt keine Diskriminierung gibt, welcher Art auch immer. Darüber hinaus darf es, wie ich meine, in der gesamten Gesellschaft keine Diskriminierung geben.

Da komme ich jetzt zu einer Schwäche, die eindeutig in dem Gesetz, das heute ver­mutlich von den Regierungsparteien beschlossen wird, noch enthalten ist, und zwar soll es gemäß EU-Richtlinie so sein, dass die Schadensersatzansprüche für bewiesene Diskriminierungen bei Begründung des Arbeitsverhältnisses wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollen. Diese Vorgabe ist aber eindeutig nicht umgesetzt.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 246

Zusammenfassend und abschließend muss ich sagen, dass es schade ist, dass die Regierungsparteien bei den Punkten, wo es noch grundsätzliche Differenzen mit der Opposition gibt, nicht ein wenig über ihren Schatten gesprungen sind und die erfor­derlichen Zugeständnisse gemacht haben, welche ja im Wesentlichen bedeutet hätten, dass die Richtlinie voll umgesetzt wird.

Nützen Sie – und das ist der letzte Aufruf – die Chance und stimmen Sie unserem Abänderungsantrag zu, damit diese Richtlinie EU-konform umgesetzt werden kann! Dann können auch wir die Weisungsfreiheit der Organe mit beschließen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Steibl, und zwar 1 Minute. – Bitte.

 


21.14

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Am Schluss dieser Debatte etwas zum Schmunzeln: Die SPÖ fordert von uns permanent weitere Maßnahmen zur Gleichstellung der Geschlechter, übersieht dabei aber ihre eigenen Schwachstellen. Bei den Verhandlungen wurde uns eine Wunsch­liste aus dem SPÖ-Klub übergeben mit dem Absender – bitte, hören Sie gut zu! –: Dr. Gabriele Kotzegger, Klubsekretär. – Wo ist hier die Gleichstellung der Geschlech­ter? Wo ist hier die gleiche Sprache zwischen Männern und Frauen? Wo ist hier die sprachliche Gleichstellung? Wo ist hier der Gender-Gedanke?

Ich würde dem SPÖ-Klub vorschlagen, wenn schon nicht Klubsekretärin, dann viel­leicht Klubreferentin. Nützen Sie die Chance und wenden Sie das nun zu beschließen­de Gesetz an, um eine Gleichstellung bei der Sprache herbeizuführen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Wurm: Frau Landeshauptmann!)

21.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die vorläufig letzte Rednerin in dieser Debatte ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ihre Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


21.16

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die heutige Debatte auch zum Anlass nehmen, daran zu erinnern, dass wir in Österreich auch noch kein Behindertengleichstellungsgesetz haben. Dabei geht es natürlich nicht um eine Umsetzung der EU-Richtlinie, sondern um ein längst überfälliges Gesetz, das wir in Österreich brauchen und das uns inzwischen seit Jahren versprochen wird.

Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir in Regierungsverhandlungen mit der ÖVP eingetreten sind. Wir haben sehr intensiv mit Frau Ministerin Rauch-Kallat verhandelt. Damals wurde uns versprochen: Na klar, das ist ganz wichtig und das wird sehr schnell kommen. Jetzt sind zwei Jahre vorbei, und in diesen beiden Jahren ist absolut nichts passiert, sondern das Gesetz beziehungsweise die Vorlage wird geschoben und verzögert. Frau Ministerin! Ich möchte Sie wirklich persönlich bitten, auch persönlich Druck auf Bundeskanzler Schüssel auszuüben, denn er ist nämlich jener, der ganz einfach seit Monaten versucht, das Gesetz nicht weiterzubringen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Dezember ist ein Vorbegutachtungsentwurf ausgesandt worden, aber nicht einer, der von den Betroffenen gemacht wurde, sondern ausschließlich vom Sozial­minis­terium, und der sage und schreibe keinen Inhalt hatte. Jetzt ist die Begutachtungsfrist vorbei und die Thematik ist wieder irgendwo ... (Abg. Scheibner hat eine Schachtel in Händen.) – Herr Scheibner, Sie können das dann später mit Ihrer Zigarre machen! Ich


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 247

glaube, es würde auch Ihnen nicht schlecht anstehen, wenn Sie zuhörten, denn auch Sie müsste das Behindertengleichstellungsgesetz interessieren. Ich bitte Sie darum! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das geht Sie überhaupt nichts an! Seien Sie nicht so überheblich! Das ist ungeheuerlich! Lächerlich, was Sie da aufführen!) – Es ist nicht ungeheuerlich, wenn ich Sie bitte, mir zuzuhören und Ihre Zigarre später anzubieten. Das ist einfach so. Das steht Ihnen zu. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen.)

Herr Scheibner, wenn Ihnen das peinlich ist, dann nehmen Sie die Zigarre nicht mit herein! Dann brauchen Sie sie auch niemandem zu zeigen. Was soll denn das?! Na wirklich, das ist doch lächerlich!

Aber jetzt weiter zum Behindertengleichstellungsgesetz. Frau Rauch-Kallat, Sie wis­sen, das Gesetz ist überfällig und es passiert nichts. Es passiert nichts in den Arbeits­gruppen, und die Vertreter der Betroffenen sind bei der Erstellung des Entwur­fes ganz einfach ausgeschaltet worden. Der vorliegende Entwurf beinhaltet keinen einzigen Punkt, der wirklich etwas bringen würde, weil kein einziges Ministerium, ich denke zum Beispiel an den Bildungsbereich, irgendwo in diesem Vorentwurf erfasst ist.

Sie wissen, Frau Ministerin, wir hatten voriges Jahr das Europäische Jahr der Men­schen mit Behinderungen. Alle waren ganz euphorisch, ich nicht. Aber Sie haben uns versprochen, dass wir im vergangenen Jahr, spätestens im Dezember, ein Behinder­tengleichstellungsgesetz verabschieden würden. Nichts ist passiert! Ich weiß, Sie sind nicht zuständig, aber Sie haben es mir versprochen. Ich glaube auch, im Interesse der behinderten Menschen und als unmittelbar Betroffene, nämlich als Mutter einer behinderten Tochter, ist Ihnen das Thema wichtig. Ich hoffe, es ist Ihnen auch jetzt noch wichtig. Und deshalb glaube ich, dass Sie hier nicht als zuständige Ministerin den Druck ausüben sollen, sondern als Vertreterin oder als Unterstützerin für behinderte Menschen in Österreich. Das wäre mir wichtig.

Frau Ministerin, ich erwarte mir, dass die Sache jetzt wirklich weitergeht und dass wir zumindest im Juli einen halbwegs brauchbaren Entwurf haben werden, um im Herbst ein Gesetz verabschieden zu können. Sie wissen, dass die Behindertengleichstellung in Österreich wirklich nicht vorhanden ist. Die Situation für Menschen mit Behinderung ist katastrophal.

Ich habe das jetzt zum Anlass genommen, weil ich noch drei Regierungsmitglieder von der ÖVP auf der Regierungsbank sitzen sehe. (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Es ist eben so, die ÖVP blockiert das Gesetz ganz wesentlich! Lösen Sie Ihre Blockaden auf, und setzen Sie sich endlich dafür ein, dass wir in Österreich ein Behin­dertengleichstellungsgesetz bekommen, das seinen Namen auch verdient, und dass die Diskriminierung von behinderten Menschen endlich der Vergangenheit angehört. Ich bitte Sie ganz herzlich darum! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

21.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert wird, in 498 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 248

Ich lasse zunächst über die von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und dann über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Aus­schussberichtes abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungsantrag betreffend Z 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. (Abg. Parni­goni: Jetzt können Sie beweisen, ob Sie für die Gleichbehandlung sind!) – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt. (Abg. Silhavy: Wieder eine Chance vertan!)

Wir kommen nun zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen. – Diese Teile in der Fassung des Ausschussberichtes findet die Mehrheit und ist daher ange­nommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über die restlichen Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Angehörigen des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung ist mit Mehrheit erteilt, daher ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Gleichbehandlungsgesetz erlassen und das Bundesgesetz über die Gleich­behand­lung von Frau und Mann im Arbeitsleben geändert werden, in 499 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kollegin­nen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen einen Zu­satz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­anträgen betroffenen Teile, und zwar der Systematik des Gesetzentwurfes ent­sprechend, und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstim­men lassen.

Zunächst gelangen wir daher zur Abstimmung über die zu Art. 1 eingebrachten Abän­derungsanträge.

Die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abände­rungs­antrag eingebracht, der sich auf die §§ 2, 4, 5, 12, 20 und 26 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die für diesen Antrag eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das findet die Mehrheit und ist angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 249

Die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben jeweils die Streichung des nach § 29 befindlichen 3. Abschnittes samt Überschriften beantragt.

Wer hiefür seine Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend § 32 Abs. 2 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Abänderungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mit Mehrheit erteilt.

Die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen haben die Streichung der nach § 37 befindlichen §§ 30 bis 32 samt Über­schriften beantragt.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Die Zustimmung ist erteilt, dies ist daher angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag eingebracht, der sich auf die §§ 44, 45 und 62 bezieht.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die für diesen Abänderungsantrag von Mag. Prammer eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Im Fall der Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Ange­nommen.

Die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 64 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung ist mit Mehrheit erteilt.

Die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben jeweils die Streichung der nach § 64 befindlichen §§ 55 und 56 samt Überschriften beantragt.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den zu Art. 2 des Gesetzentwurfes einge­brachten Antrag. Die Abgeordneten Mag. Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines neuen Abs. 12 in § 3 zum Inhalt hat.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet nicht die Zustimmung des Hohen Hauses; er ist abgelehnt.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 250

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mit Mehrheit erteilt, der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Auffor­derung an die Bundesregierung, dem Nationalrat ein echtes Antidiskriminierungsgesetz zuzuleiten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag bleibt in der Minderheit, er ist daher abge­lehnt.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesverfassungs­gesetzes, mit dem ein Bundesverfassungsgesetz über die Weisungsfreiheit der Organe der Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie ein Bundesverfassungsgesetz über die Weisungsfreiheit von Rechtsschutzbeauftragten geschaffen wird, in 500 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Dipl.-Ing. Achleitner, Kollegin­nen und Kollegen ein Verlangen auf getrennte Abstimmung betreffend Art. 1 ein­gebracht. Ich werde daher über den Gesetzentwurf entsprechend diesem Verlangen abstimmen lassen.

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 des Geschäftsord­nungs­gesetzes die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Art. 1 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung der sich nicht von ihren Sitzen erhebenden Abge­ord­neten der SPÖ –: Das ist typisch! – Abg. Scheibner: Keine Weisungsfreiheit!) – Der soeben abgestimmte Gesetzentwurf wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittel­mehrheit angenommen.

Es liegt somit hinsichtlich dieses Teiles des Gesetzentwurfes kein Gesetzes­be­schluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein beja­hendes Zeichen. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung SPÖ –: Wieder nicht!) – Auch die restlichen Teile des vorliegenden Gesetzentwurfes wurden nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es liegt somit hinsichtlich des vorliegenden Gesetzentwurfes kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor. (Abg. Mag. Molterer: Nicht einmal der Unabhängigkeit stimmen sie zu! Typisch SPÖ!)

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Menschenrechte, seinen Bericht 501 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 251

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Menschenrechte, seinen Bericht 502 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regie­rungs­vorlage (371 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Technik (481 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangen wir zum 11. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde dankenswerterweise verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Kurzbauer. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.32

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln jetzt das Abkommen über die wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Ukraine.

Wie kam es zu diesem Abkommen? – Das Bundesministerium für Bildung, Wissen­schaft und Kultur hat eine Erhebung unter österreichischen Forschern über das Interesse von Kooperationen mit der Ukraine im Forschungsbereich durchgeführt. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Dieses Ergebnis hat natürlich ein großes Interesse an Projektkooperationen hervorgerufen.

Diese Studie hat aber auch aufgezeigt, dass bereits zahlreiche Kontakte beider Länder im Forschungsbereich bestehen. Ich nenne nur beispielsweise die Zusammenarbeit der Universität Wien und der TU Wien; die TU Wien hat bereits erfolgreiche Part­nerschaftsabkommen mit der TU Lemberg. Ein weiteres Beispiel ist die Zusammen­arbeit der Universität Kiew mit der Universität Wien bei der Teilnahme an EU-Projekten.

Geschätzte Damen und Herren! Dieses Abkommen wurde von Präsident Kutschma im November 2002 paraphiert. Im Juni des Vorjahres hat unsere Bundesministerin Ferrero-Waldner bei ihrem Ukraine-Aufenthalt das Abkommen unterzeichnet. Mit der Ratifizierung des Abkommens auf ukrainischer Seite im Feber dieses Jahres hat nunmehr die Ukraine gemäß Art. 9 alle innerstaatlichen Voraussetzungen für das In-Kraft-Treten erfüllt.

Ziel dieses Abkommens ist die Förderung der Internationalisierung des Wissen­schaftsbereiches durch Finanzierung von Mobilitätskosten bilateraler Forschungsko­ope­rationen.

Geschätzte Damen und Herren! Der Kostenaufwand für dieses Abkommen wird auf zirka 90 000 € pro Jahr geschätzt und wird aus Bundesmitteln des österreichischen Austauschdienstes für wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit finanziert. Wir werden diesem Abkommen selbstverständlich gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der ÖVP.)

21.34

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 252

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Nieder­wieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten; 2 Minuten wäre besser. – Bitte.

 


21.35

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Wir werden diesem Abkommen unsere Zustimmung geben. Kollege Kurzbauer hat die wesentlichen Inhalte und Vorzüge bereits erläutert. Ich konzentriere mich daher auf die eine Frage, die im Ausschuss schon gestellt wurde und die noch offen geblieben ist, nämlich die Fragestellung, was dieses Abkommen im Hinblick auf die von der Ukraine angestrebte europäische Perspektive, die von Österreich unter­stützt wird, bedeutet. Sie haben gesagt, es geht hier um Schulen und um weitere wissenschaftliche Austauschprogramme. Wir glauben nicht, dass das unter dem Ge­sichtspunkt „europäische Perspektive“ subsumierbar ist.

Des Weiteren gestatten Sie mir, darauf hinzuweisen, dass diese Abkommen allein es nicht sind, sondern es geht, wie auch in einem Memorandum der Bundesregierung zum europäischen Forschungsraum zu lesen ist, um weitere Fragen, die zu lösen sind. Es bedarf nämlich vor allem der Neugestaltung im Bereich der Sozialversicherung, der Steuern, des Arbeitsrechts, des Fremdenrechts und auch des Gewerberechts, um Wis­senschaftskooperationen wirklich zu beleben.

In den letzten Tagen wurde ein Begriff geprägt: „Multikulturalität“, den Sie, Frau Bundesministerin, verwendet haben. Der würde sehr gut passen, wenn es um die Zusammenarbeit von Universitäten, WissenschafterInnen und ForscherInnen ginge. Sie haben ihn aber in einem anderen Zusammenhang verwendet, nämlich um zu begründen, weshalb die rechten Uni-Räte, die sehr viel Missfallen nicht nur der Studenten erregen, weiterhin solche bleiben sollen.

Man könnte kaum besser formulieren, wie man diese Aussage zu verstehen hat. Er zitiert zunächst Sie, als Hans Rauscher das heute im „Standard“ getan hat. Er bringt zunächst ein Zitat von Ihnen, nämlich:

„Ich glaube, dass wir in einem Zeitalter leben, in dem Multikulturalität und Toleranz sehr wichtige Ziele sind.“ und schreibt dazu – ich zitiere –: „Multikulturalität! Toleranz! Für deutschtümelnde Herrschaften, die über die Verbrechen des Nationalsozialismus ,nicht in den von Umerziehern vorgegebenen Bahnen denken (Friedrich Stefan) wollen! Zur Verteidigung, dass beide Herren tätlich gegen protestierende Studenten wurden, meint Gehrer:“, so Rauscher, „,Das ist außergerichtlich geregelt.‘“ Und er schließt: „So haben wir uns die schwarz-blaue ,Uni-Reform immer vorgestellt: Unter­wanderung von Forschung und Lehre mit aggressiven Ewiggestrigen.“ 

Frau Bundesministerin, das haben sich unsere Universitäten, die im Wettbewerb stehen, nicht verdient! (Ruf bei der ÖVP: Wer waren die Aggressiven?) Die Verant­wortung dafür trägt ausschließlich die Bundesregierung, die diese Personen bestellt hat. Ändern Sie das, bevor der Schaden zu groß wird! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

21.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. (Abg. Mag. Mainoni: Ist umgemeldet worden!)

Das ist bei uns noch nicht aktenkundig, aber wir sind flexibel. – Aha, jetzt ist es soweit.

Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner, ich erteile Ihnen das Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 253

21.38

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Auch wir Freiheitliche begrüßen das Abkommen mit der Ukraine über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit. Wir finden es gut, dass sich Österreich verstärkt um eine wissenschaftliche Zusammenarbeit bemüht, insbe­sondere mit Ländern, die außerhalb der EU liegen. Es ist alles positiv, was die For­schungsquote in Österreich unterstützt. Die derzeitige Forschungsquote kann sich ja sehen lassen: Mit 2,27 Prozent des BIP haben wir eine hervorragende Leistung im Forschungsbereich – auch wenn ich weiß, dass die Opposition das immer noch nicht glauben mag und die Zahl auch mathematisch ständig hinterfragt.

Gerade heute ist wieder ein weiterer erfolgreicher Schritt in der Forschungspolitik gesetzt worden. Die Strukturreform für Forschung hat heute den Ministerrat passiert. Es ist dies die größte Reform in der österreichischen Forschungsförderlandschaft in den letzten 40 Jahren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit sich die schwarz-blaue Regierung um For­schungspolitik kümmert, sind wir auf einem guten Weg, auch das Lissabon-Ziel von 3 Prozent des BIP bis 2010 zu erreichen. Wir legen uns diese Latte bewusst hoch, denn: Die Vorgänger-Regierungen zu übertreffen, ist für uns wirklich keine Heraus­forderung! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.40

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Bundesministerin! Es ist, denke ich, eineinhalb bis zwei Jahre her, da haben Sie mir zugerufen: Bitte nicht nur immer mit Schirm, Charme und Melone! Sie müssen mir auch einmal zustimmen. – Dieses Ereignis tritt heute ein. Ich stimme diesem Regierungsübereinkommen zu.

Ich frage mich aber schon, warum das, was Wissenschaft und Forschung für Öster­reich bedeuten soll, anhand eines Staatsvertrages oder eines Regierungsüber­einkom­mens wiederum gegen 22 Uhr am Abend die Bedeutung der Forschung Öster­reichs so eminent herausgestrichen werden sollte. (Abg. Ellmauer: Da kann sie doch nichts dafür!)

Schauen Sie, ich berichte, dass trotz dieses Staatsvertrages, der gut und schön und fein ist und auch einige vernünftige Vorteile bringt, im letzten Wissenschaftsausschuss, für jene, die nicht dort waren oder ihm nicht angehören, es doch zu recht respektablen Auseinandersetzungen gekommen ist. Warum? – Von neun Tagesordnungspunkten erblickt der jetzige als Einziger das Licht des Parlaments, alle anderen wurden vertagt, abgelehnt, als unsinnig, als nicht notwendig, als nicht reif genug für die Regierung, für die Forschung bezeichnet. Und nichts davon wird im Parlament diskutiert! Trotzdem spricht die Regierung, auch Sie, laufend davon, dass Schwerpunkte gesetzt werden müssen, dass wir Profil zeigen müssen, dass es fokussiert werden muss und das Prestige der Wissenschaft und Forschung in der Öffentlichkeit auch erkannt werden muss.

Aber Sie wollen es öffentlich nicht debattieren – außer Ihren löblichen Staatsvertrag!

Was war dort auf der Tagesordnung? Es wurde der Technologie- und Forschungs­bericht der Bundesregierung 2003 behandelt. Dieser enthält, da er nicht jährlich erstellt wird, Daten, die bis auf 1999 zurückgehen. An jenem Tag, an dem das debattiert wurde, wurde der Bericht 2004 endabgezeichnet. Der wurde aber nicht diskutiert. – Da


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 254

frage ich mich schon, wie schnelllebig Forschung noch werden muss, dass man sich zumindest nicht mit antiken Schriften, denn so etwas wäre in der Forschung schon fast antik, im Ausschuss herumschlagen muss, sage ich jetzt einmal ganz offen.

Weiters hätte eine Akademisierung der Pflegeberufe diskutiert werden sollen. Was für die Forschung auch wichtig ist: Eine Anhebung der medizinisch-technischen Berufe – 80 Prozent Frauen, die an eine gläserne Decke stoßen, obwohl sie vielfach in der Forschung tätig sind – war nicht interessant genug oder nicht lupenrein genau Ihr Ressort. – Man diskutiert das einfach nicht.

Es hätte diskutiert werden sollen, warum die Unis noch nicht ganz so glücklich sind, wie Sie alle vermuten, weil ihnen Geld fehlt. Auch das war Ihnen eine Debatte im Par­lament nicht wert.

Ich denke, Frau Bundesministerin, dass es einiges gäbe, was mit Sach- und Haus­verstand auch gemeinsam zu lösen wäre. Das geht aber nur, wenn man ein bisschen heruntersteigt von Allmachtsgefühlen und sich manche von den Regierungsparteien eben nicht in sagenhafter Nibelungentreue einbetonieren und jeden Antrag, jeden Vor­schlag der Opposition von vorneherein ablehnen.

Das war, um das mit der Ukraine in Verbindung zu bringen, vielleicht vor Jahrzehnten dort möglich. Nicht Nibelungentreue, es war vielleicht Zarentreue. Aber viel fehlt nicht mehr und wir befinden uns in dieser Zeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


21.44

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst zu den Ausführungen des Herrn DDr. Nie­derwieser etwas sagen: Ich halte es wirklich für wichtig, dass wir uns darüber unter­halten, was Toleranz ist, wie weit Toleranz geht, und dass diejenigen, die jede Tole­ranz der Welt für sich beanspruchen, auf der anderen Seite auch Toleranz üben müssen. Wer sich nicht entschuldigt dafür, dass Türen eingetreten und Torten gewor­fen werden, der muss auf der anderen Seite sehr tolerant sein.

Ich werde Ihnen jetzt noch etwas sagen: Eine Gruppierung, die sich nicht dafür entschuldigt, dass unser Außenminister Mock bei einer offiziellen Veranstaltung aus­gepfiffen wird, die braucht viel Toleranz auf der anderen Seite, um auch das zu recht­fertigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und ich werde Ihnen noch etwas sagen: Am Sonntag findet der Pennälertag des MKV statt. Der Mittelschülerkartellverband ist eine Verbindung von jungen Menschen, die idealistisch gesinnt sind, die sich treffen. Alle linken Gruppierungen rufen im Internet zu Protestdemonstrationen auf. Das wird von der AKS unterstützt, das wird von der Exekutive der Hochschülerschaft unterstützt, es wird organisiert, dass die vom Bahnhof nach Baden hinunterfahren, dass sie offiziell demonstrieren, dass sie praktisch die Veranstaltung des MKV mit Trillerpfeifen niederpfeifen. (Rufe bei der ÖVP: Sehr tolerant!)

Meine Damen und Herren! Ich meine, das ist sehr viel Toleranz, die Sie da von uns verlangen. Und so verlangen wir auch Toleranz für ein breites Spektrum, das es eben in unserem Land gibt. Ich bitte wirklich, sich das sehr zu Herzen zu nehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 255

Nun zur Vereinbarung mit der Ukraine. Ich war vergangenes Wochenende zu einem Arbeitsbesuch in der Ukraine. Wir haben ein Memorandum of Understanding unter­schrieben. Wir haben Schulklassen aus Odessa, die eine Tourismusausbildung bekommen, eingeladen, nach Bad Leonfelden, nach Ried im Innkreis zu kommen. Wir arbeiten auf Universitätsebene zusammen, wir arbeiten in der Lehrerbildung zusam­men und im Know-how-Transfer.

Und was ich noch mit dem zuständigen Minister ausgemacht habe: Wir unterstützen die Ukraine bei ihrem Bestreben, am Bologna-Prozess teilzunehmen, Mitglied des Bologna-Prozesses zu werden. Wir werden zusammen mit der Ukraine Forschungs­projekte beantragen im 7. und im 6. EU-Rahmenforschungsprogramm, denn For­schungsprojekte, an denen sich Drittländer beteiligen, sind ein besonderer Schwer­punkt bei den neuen Rahmenforschungsprogrammen.

Wir werden die Ukraine auch einladen, bei unserem CEEPUS-Programm, das ein besonderes Mobilitätsprogramm ist, mitzumachen. Wir haben am 1. Mai ein großes Fest gefeiert, weil neue Länder zur EU gekommen sind. Wir müssen aber, um ein stabiles Europa, ein Europa in Frieden zu gewährleisten, auch über die Grenzen der EU hinausschauen, gute Kontakte für die Jugend mit den anderen Ländern aufbauen. Dieses Abkommen mit der Ukraine ist eine derartige Basis, um gute Kontakte zwischen den Jugendlichen, den Studierenden, den Forschern und Forscherinnen und den Pro­fessoren und Professorinnen aufzubauen.

Und ich danke dafür, dass alle dieses Abkommen mit Ihrer Stimme unterstützen werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

21.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Brader. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.48

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Verehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grünewald, Sie haben beklagt, dass die Diskussion über den Technologiebericht hier nicht öffentlich stattfindet. Ich möchte Sie aber schon daran erinnern, dass die Diskussion im Ausschuss öffentlich war, es hat eben nur niemand der Mühe wert gefunden, zuzuhören. Aber das ist ein anderes Thema.

Auch wenn die vorliegende Übereinkunft unserer beiden Länder nur Teil eines größeren Ganzen ist, so spiegelt gerade diese die ständigen Bemühungen wieder, auf politischer Ebene gute Voraussetzungen für Kontakte in den osteuropäischen Raum zu schaffen. Das ist gut so. Wir unterstützen damit nicht nur die Annäherung der Ukraine an Europa, sondern schaffen für unser Land, seine Bürgerinnen und Bürger optimale Bedingungen auch für Wissenschaft und Wirtschaft.

Die Ausgangsposition ist nicht schlecht. So werden etwa am Österreichischen Institut für vergleichende Bildungs- und Hochschulforschung länderspezifische Curricula der verschiedenen Studienrichtungen in den Staaten Mittel- und Osteuropas verglichen, um Probleme bei Auslandsaufenthalten zu beseitigen. Da ist eines der Schwerpunkt­länder die Ukraine. Österreich ist als einziges Land an beiden Mobilitätsprogrammen beteiligt.

Das ist gut so. Ich hoffe, dass dieses Abkommen auch Früchte tragen wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.49

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 256

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Walther 2 Minuten zu uns. – Bitte.

 


21.49

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Auch wir begrüßen dieses Abkommen zwi­schen der Republik Österreich und dem Ministerkabinett der Ukraine, und zwar weil schon viele ähnliche Abkommen viel Positives sowohl für Forscher und Techniker aber auch für die studierende Jugend gebracht haben.

Die Frau Ministerin hat schon CEEPUS genannt. Auch dieses Programm ermöglicht sehr viele Erfahrungen, Erfahrungen junger Menschen auch über Land und Leute. Sie Kooperationen zwischen den wissenschaftlichen Institutionen haben ebenfalls gute Ergebnisse gebracht.

Ein nicht unwichtiger Aspekt – jetzt, drei Wochen nach dem EU-Beitritt von zehn neuen Ländern – ist auch der, dass das Zusammentreffen junger Menschen und auch von Technikern und Forschern in Europa einige Bausteine zum erweiterten Europa geliefert und eine gute Basis für die Zukunft gebracht hat. Die Mittel, die dafür eingesetzt werden, sind nie umsonst ausgegeben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Felzmann für 2 Minuten ans Rednerpult.

 


21.51

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Ukraine ist wesentlich und sicherlich ein Meilenstein in der bilate­ralen Forschungszusammenarbeit.

Warum ist die Ukraine bedeutend und besonders wichtig? – Flächenmäßig ist die Ukraine das größte europäische Land. Das ist ziemlich bedeutsam. In der Größen­ordnung ist es mit Frankreich und Italien vergleichbar. Und die Grenze ... (Abg. Schie­der: Russland!) – Das ist zum Teil ja asiatisch – ich habe von europäisch gesprochen. (Abg. Schieder: Nein, Russland ist Mitglied des Europarats!) – Gut. (Rufe und Gegen­rufe zwischen der SPÖ und der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Am Wort ist die Rednerin!

 


Abgeordnete Carina Felzmann (fortsetzend): Gut. Für uns ist auf jeden Fall wichtig: Die Ukraine ist ein riesengroßes Land, bis zur Grenze ist es nicht weiter als nach Vorarlberg.

Worum geht es in diesem Abkommen? – Es geht um die Forschung, es geht um den Forschungstransfer, es geht um die Mobilität, es geht um die gute Kooperation zwischen unseren Forschern und den Forschern der Ukraine. (Abg. Schieder: Ich wollte nur korrekt sein!) Ganz konkret wird es um Themen gehen wie Pharmawesen im Spitalsmanagement, neue thermoelektrische Materialien, Interethik und Migrations­geschichte sowie Untersuchungen an literarischen Werken.

Sie sehen also, es wird hier ein sehr breiter Bogen gespannt, Sie sehen auch, dass diese Bundesregierung sich sehr für Forschung, Innovation und Entwicklung einsetzt, und in dem Fall freuen wir uns, dass auch Sie mitgehen und proaktiv sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Auch er wünscht sich 2 Minuten Redezeit.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 257

21.52

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte, bevor ich zur Thematik komme, doch noch mit zwei Gedanken zu den Ausführungen meiner Vorredner einleiten. Zum einen: Abgeordnete Achleitner hat behauptet, dass, seit es die blau-schwarze Regierung gibt, die Forschungsquote so enorm angestiegen sei. Das Einzige, was wir von Ihnen hören, sind Prognosen für diese Forschungsquote, realiter ist das absolut nicht nachzuweisen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wäre ich jetzt zynisch, dann könnte ich sagen: Sie haben deswegen die Ukraine gewählt, weil wir annähernd die gleichen Forschungsquoten haben. Wir sind bei ungefähr 2 Prozent und die Ukraine bei 1,6 Prozent. Vielleicht war das die Überlegung.

Aber viel wichtiger ist mir die Aussage des Abgeordneten Grünewald, denn das hat Methode und bezieht sich nicht bloß auf den Wissenschaftsausschuss. Wenn auch im Prinzip öffentlich wird alles Mögliche im Ausschuss enderledigt, und zur Behandlung des Themas im Plenum kommen wir nicht. Und hier bewegen wir uns dann in Rand­themen, ein Abkommen mit der Ukraine beispielsweise, dem sowieso alle zustimmen, weil es positiv im Hinblick auf die EU ist. Die Praxis wird zeigen, ob es nur Schüler­austausch sein wird, ob nur irgendein Schriftverkehr oder tatsächlich echte Forschung stattfindet. Mit 90 000 € kann ich mir das allerdings wirklich nicht vorstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten.

 


21.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Ukraine unter­nimmt seit ihrer Unabhängigkeit am 6. Juli 1990 große Anstrengungen zur Verbes­serung der inneren Situation des Landes. Sie öffnet sich weit und stark in Richtung Europa. Einen ersten Höhepunkt konnte dieses Bemühen im Jahre 2000 mit dem in Kraft getretenen Protokoll zum Abkommen über die Zusammenarbeit zur Gründung einer Partnerschaft zwischen den europäischen Gemeinschaften und der Ukraine finden. Im Verwaltungs- und Rechtswesen wird die Angleichung an die EU angestrebt mit dem Ziele, in Zukunft die Mitgliedschaft zu erwerben.

Nachdem es schon eine jahrlange Zusammenarbeit zwischen Österreich und der Ukraine in Wissenschaft, Bildung und Kultur gibt, sprechen wir heute über ein Ab­kommen über die Zusammenarbeit im wissenschaftlichen und technischen Bereich zwischen den beiden Ländern, wobei besonders die Gegenseitigkeit und die gemein­sam vereinbarten Bereiche betont werden, das heißt, die Ausgewogenheit der finan­ziellen, inhaltlichen und infrastrukturellen Beiträge zwischen den beiden Partnern und die Konzentration auf bestimmte Fachgebiete. Es wurde auch schon die Zusam­menarbeit im universitären Bereich besonders hervorgehoben beziehungsweise auch die zwischen den nationalen Akademien der Wissenschaften der beiden Länder.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dank unserer Bundesregierung und unserer Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer sind wir sicherlich auf einem guten Weg zu den angestrebten Forschungsquoten, wie es auch schon erwähnt wurde, und zu einem europäischen Hochschul- und Forschungsraum. Dazu ist es auch notwendig, junge Forscherinnen und Forscher, Studentinnen und Studenten die größtmögliche Unter­stützung zu gewähren. Auch dieses Abkommen wird dazu einen Beitrag leisten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

21.56

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 258

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten.

 


21.56

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Abkommen, von Kolleginnen bereits aus­führlich und positiv behandelt, dient der weiteren Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Ukraine und Österreich und regelt die finanzielle Unterstützung gemeinsam durchgeführter Projekte. In erster Linie geht es dabei um den Ersatz der so genannten Mobilitätskosten – alles auf der Grundlage von Gegenseitigkeit, mein Kollege hat das bereits gesagt – unter Berücksichtigung der Prioritäten beider Vertragspartner. Ent­worfen wurde das Abkommen auch von beiden Vertragsparteien und auch die jeweili­gen Ressorts der beiden Länder wurden angehört. Von hier gab es auch keinen Einwand. Schließlich können die Länder, wenn Sie Forschungsförderung durchführen, nun für die internationale Kooperation über zusätzliche Mittel verfügen.

Ich möchte einen Punkt des Abkommens besonders hervorheben, nämlich den Artikel 5, der den Schutz geistigen Eigentums betrifft, was gerade für Forschungs­projekte und die ForscherInnen selbst sehr wichtig ist. Schließlich müssen etwaige Rechtsfolgen der Ergebnisse gemeinsamer Arbeit geregelt werden, genauso wie die im Zuge des Abkommens gegenseitig zur Verfügung gestellten wissenschaftlich-techni­schen Informationen rechtlich geschützt werden müssen.

Zusammenfassend: Dieses Abkommen, das den weiteren Austausch und die Zusam­menarbeit in Forschung, Wissenschaft und Technik vorantreibt und regelt, begrüßen wir selbstverständlich einhellig. Ich finde es nur sehr, sehr traurig, dass von Seiten mancher Kollegen der Opposition keine Chance ausgelassen wird, um sogar aus diesem Thema politisches Kleingeld zu schlagen und die Arbeit der Regierungs­par­teien schlecht zu machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

21.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzte Rednerin, die derzeit auf der Rednerliste steht, spricht Frau Abgeordnete Fuhrmann 2 Minuten zum Plenum.

 


21.58

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Grundsätzlich müssen wir festhalten, dass die Erfahrung im Ausland gerade für junge Menschen schon lange nicht mehr in die Kategorie Privatvergnügen, sondern vielmehr gerade in den Bereich Wirtschaft und Wissenschaft zur notwendigen Qualifikation gehört, um dann auch entsprechend am Arbeitsmarkt bestehen zu können. Deshalb bin ich sehr froh, dass sehr, sehr viele junge Menschen, nämlich seit dem Beitritt 51 000 österreichische Studentinnen und Studenten, die Möglichkeit bekommen haben, einen Teil ihres Studiums im Ausland, in einem anderen Land absolvieren zu können. Dass das nicht billig ist und dass man dementsprechend auch Unterstützung leisten muss, ist klar. Dementsprechend sind 89 Millionen € EU-Mittel nach Österreich geflossen, und ich meine, an der Erreichung dieses Ziels sollten wir auch weiter­arbeiten. Weiterarbeiten sollten wir auch daran, es jungen Menschen zu erleichtern, indem Prüfungen und auch Abschlüsse gegenseitig anerkannt werden.

Ansonsten kann man festhalten: Wenn es 70 000 Personen gelingt und wir auch unter­stützen können, dass seitens der EU Bildungsprojekte unterstützt werden, dann ist das schon etwas, worauf wir stolz sein können. Österreich ist nicht umsonst gerade deshalb ein interessanter Forschungsstandort und hat die Investitionen aus dem


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 259

Ausland seit 1994 verzehnfachen können. Ich würde also sagen: Weiter so! (Beifall bei der ÖVP.)

22.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 371 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

12. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (390 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesver­tragslehrergesetz 1966 geändert werden (485 d.B.)

13. Punkt

Bericht und Antrag des Unterrichtsausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird (486 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 284/A (E) der Abgeord­neten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sofortmaßnahmen zur Verhinderung unerwünschter und unsinniger LehrerInnenwechsel während des Schuljahres durch Frühpensionierungen (487 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum letzten Komplex, den wir heute auf der Tagesordnung haben. Das sind die Tagesordnungspunkte 12 bis 14, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. 5 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.01

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Dem Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, sprich der Zweidrittel­materie, stimmen wir zu. Die Kolleginnen und Kollegen werden dazu noch einen Ent­schließungsantrag einbringen. Das ist – sollte es Ihnen aufgefallen sein – seit einem Jahr das erste Schulgesetz hier im Hause, und ich hoffe, dass wir im nächsten Jahr diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken werden, weil wir mit dieser Art und Weise nicht sehr weit kommen.

Ich beschäftige mich nun mit dem, was nicht aus dem Ressort kommt, nämlich mit dem Schulunterrichtsgesetz. Wir haben dazu heute früh ein Flugblatt bekommen. Es hätte mir noch besser gefallen, wenn das nach dem Mediengesetz vorgeschriebene Impres­sum draufstehen würde, aber sei es drum.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 260

Es war hier viel von Partnerschaft die Rede. Sie haben es aber nicht einmal der Mühe wert gefunden, Kollege Amon, bevor Sie Ihren Antrag eingebracht haben, mit den Schulpartnern auch nur zu reden. Sie haben mit den Lehrervertretern nicht geredet, auch nicht mit den Schülervertretern und den Elternvertreterinnen und -vertretern. (Abg. Großruck: Das ist falsch!) Sie haben bezüglich Ihrer Schülervertretung einen Wunsch gehabt, und das haben Sie im Ausschuss zugegeben, und bezüglich Eltern haben Sie sich auf eine Presseaussendung bezogen. Es hat keine Gespräche gege­ben. Das ist nicht die Partnerschaft, die wir uns vorstellen, das ist das Gegenteil davon. Sie sprechen zwar von Partnerschaft, reden aber nicht mit diesen Partnern, bevor Sie einen Antrag einbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Künftig kann niemand überstimmt werden, so lautet das Motto. Das ist schön. Aber wobei kann künftig niemand überstimmt werden? – Die Hausordnungen, um die es da geht, sind alle schon beschlossen. Daher war unser Vorschlag, wenn man es tat­sächlich ernst nimmt, einen Neustart zu machen. Das heißt, dass die Verhaltens­verein­barung und die Hausordnungen künftig mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden sollen, dass das aber für die bestehenden genauso gilt, das heißt, sie sind aufzuheben und nach den neuen Regeln neu zu beschließen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Der Nationalrat ist dazu ohne Zweifel befugt, das wissen Sie. Sie haben zuerst auch ja gesagt und uns dann einen Entschließungsantrag vorgelegt, der dem absolut nicht Rechnung trägt – einen Entschließungsantrag, der sogar ein wenig skurril ist. In ihm wird nichts anderes verlangt, als dass die Schulaufsicht darauf achtet, dass die Gesetze eingehalten werden. – Das ist ja wohl ihre Aufgabe, dazu brauchen wir keinen eigenen Entschließungsantrag. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist aber in Wien nicht sicher!)

Das LDG zeigt, dass wir sehr wohl bereit sind, bei Zweidrittelmaterien unsere Zustim­mung zu geben, aber bei einem unüberlegten Schnellschuss, Kollege Amon, sind wir dazu nicht bereit. (Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Mag. Wurm und Scheibner.) Wenn Sie dann glauben, uns mittels Presseaussendungen, die alles andere als freundlich sind, in der Verhandlungsphase unter Druck setzen zu können, wenn Sie glauben, den Rambo spielen zu müssen, dann können Sie das ruhig probieren, erfolgreich werden Sie damit nicht sein. (Beifall bei der SPÖ.)

22.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht der apostrophierte Abgeordnete Amon. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.05

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Niederwieser, zum einem bin ich nicht verpflichtet, Ihnen in allen Details Auskunft zu geben, mit wem ich Gespräche führe. Ich würde bitten, dass Sie das zur Kenntnis nehmen.

Zum Zweiten: Herr Kollege Niederwieser, wir wollten Ihnen heute die Gelegenheit geben, einen Fehler, den Sie vor einigen Jahren begangen haben, zu korrigieren. Das Interessante ist, dass Sie heute kritisieren, dass es möglicherweise an der einen oder anderen Schule eine Hausordnung oder eine Verhaltensvereinbarung gibt, die nicht den Vorstellungen einer Kurie – Schülervertreter, Lehrervertreter oder Elternvertreter – entspricht.

Wissen Sie, warum das möglich ist? – Das ist deshalb möglich, weil seinerzeit, obwohl es bereits eine Vierparteieneinigung hier im Haus gegeben hat, die von den Bildungssprechern aller Parteien unterschrieben war, Ihre Klubobleute am Morgen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 261

danach die Einigung für irrelevant erklärt haben. Deshalb haben wir dieses Problem, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist eigentlich traurig, dass das nicht möglich ist, und das ist auch der Grund, warum wir über sehr wenige Schulgesetze hier diskutieren, weil Sie aus dem Eck heraus Fundamental-Opposition betreiben. Wenn es um substantielle Verbesserungen für die Schulpartner geht, dann sind Sie nicht bereit mitzumachen. Das ist eigentlich traurig, das ist wirklich enttäuschend, ich sage Ihnen das.

Eines muss man schon zur Kenntnis nehmen, ob Sie wollen oder nicht: Über 200 Schülervertreter auf einem Schülerkongress der österreichischen Schülerunion sind mit einer Resolution und mit dem dringenden Wunsch an die Bildungspolitiker und an die Frau Bildungsministerin herangetreten (Zwischenruf des Abg. Dr. Nieder­wieser), diesen Missstand auszuräumen und zu ermöglichen, dass jede Kurie, die an der Schulpartnerschaft beteiligt ist, künftig auch zustimmen muss, wenn es zu solchen Verhaltensvereinbarungen oder Hausordnungen kommt. Sie schlagen diesen Wunsch aber ab, einen Wunsch, der im Grunde genommen genauso von Ihren sozialdemo­kratischen Elternvertretern kommt. – Herr Nekula  ist niemand, der uns zuzuordnen wäre, nein, das ist ein Sozialdemokrat, ein hoher Funktionär der Kinderfreunde. Auch er ist der Meinung, dass diese Regelung sinnvoll wäre.

Wenn Sie einer solchen Regelung auf Grund der Tatsache, dass Sie im Eckerl der Fundamental-Opposition stehen bleiben wollen, nicht zustimmen können, dann ist das eine traurige Sache für die österreichische Bildungspolitik, eine traurige Angelegenheit für die österreichische Schulpartnerschaft im Sinne einer gedeihlichen Zusammen­arbeit, und es ist peinlich für die Sozialdemokratie. (Beifall bei der ÖVP.)

22.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Faul. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.08

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Sie haben in der vergangenen Woche im Fernsehen und in den Printmedien vollmun­dig ein Plädoyer für die Kleinstschulen in Österreich gehalten und auf die fehlende Dorfinfrastruktur verwiesen, Sie haben von der Post und von den geschlossenen Gendarmerieposten gesprochen, die nicht wir geschlossen haben, sondern Ihre Regie­rung. (Abg. Mag. Molterer: Schlögl hat angefangen!) Und wenn Sie nun die örtliche Kleinschule als die Institution sehen, welche die Rettung für das intakte Dorfleben sein soll, dann müsste man Ihnen nahezu zustimmen. (Abg. Mag. Molterer: Schlögl oder Einem, das ist hier die Frage!)

Der Ordnung halber, Frau Ministerin, muss ich Sie doch fragen: Vor wem müssen Sie die kleinen Landvolksschulen retten, die jetzt von der Schließung bedroht sein sollen? – Doch nicht vielleicht vor Ihnen selbst, Frau Bundesministerin, oder vielleicht vor Bundesminister Grasser oder vielleicht vor dem Herrn Bundeskanzler? Liebe Frau Bundesministerin! Wer hat denn den Ländern den Geldhahn zugedreht, wer hat ihnen diese Verhältniszahlen aufgebrummt? Wer hat ihnen die Verhältniszahlen zwischen Schülern und Lehrern aufgezwungen? (Abg. Mag. Molterer: Häupl, Niessl haben zugestimmt!)

Frau Ministerin! Letztlich wollen Sie sich – das hat die letzte Ausschusssitzung gezeigt – gänzlich von den Problemen der Landeslehrer und damit von den Problemen der Schülerinnen und Schüler am Land freisprechen. Frau Bundesministerin! So gerührt Sie sich über die Situation der kleinen Landschulen gezeigt haben, so unge­rührt sind Sie als verantwortliche Ministerin den Problemen der Stadtschulen gegen­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 262

übergestanden, die letztlich auch durch Ihre Sparpolitik so hohen Belastungen ausgesetzt sind.

Frau Ministerin! Stellen Sie sich auch für diese Kindern in die Medien, sagen Sie genauso lauthals, dass Sie für das Fortkommen dieser SchülerInnen und für deren gute Bildung eintreten wollen, und beseitigen Sie diese Ungerechtigkeit durch das Einziehen von Schülerzahlenobergrenzen in den überfüllten Stadtschulen! (Beifall bei der SPÖ.)

22.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.10

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Ich möchte an die Ausführungen von Kollegen Amon anschließen, der schon darauf hingewiesen hat, dass es einen sehr sinnvollen Vier-Parteien-Antrag gegeben hat, der auch von Ihnen, Herr Kollege Niederwieser, unterschrieben wurde und dann letzten Endes nicht zustande gekommen ist. (Abg. Gradwohl: Niederwieser hat nicht unterschrieben!) – Dann war es eben sein Vorgänger als Bildungssprecher.

Faktum ist, er wurde von Ihrer Fraktion mit unterschrieben und kam dann nicht zustande. Und jetzt wollten wir nichts anderes, als eine Änderung vornehmen, die sinnvoll gewesen wäre. Aber wir sind natürlich selbst gefangen. Da kann ich nur aus Goethes „Zauberlehrling“ zitieren: Die Geister, die wir riefen, werden wir nicht mehr los!, denn letztlich wurde im Bildungssystem alles mit Zweidrittelmehrheit einzemen­tiert, und zwar einzementiert auf eine Art und Weise, bei der auch das Verfassungs­recht x-fach missbraucht wurde. Und jetzt stehen wir vor dieser Situation. Unsere einzige Hoffnung ist, das sage ich auch, der Konvent. Vielleicht unterliegen dann all diese einfachen und nicht großartigen Umwälzungen im Schulsystem nicht mehr der Zweidrittelmehrheit.

Ich möchte aber auch zu dem vorliegenden Gesetz kurz Stellung nehmen, weil es mir wichtig ist. Es wird damit eine Richtlinie der EU umgesetzt, nämlich der Dienst­neh­merschutz im Landeslehrerbereich, den wir begrüßen. Alles, was mittlerweile in der Privatwirtschaft selbstverständlich ist, nämlich der Dienstnehmerschutz, findet nun auch im Schulbereich Eingang. Ich erwähne aber auch, dass dieser Arbeitneh­mer­schutz etwas kosten wird. Wir wissen aus der Privatwirtschaft, Arbeitnehmerschutz ist kostspielig, und so wird das selbstverständlich den Ländern und Gemeinden zusätz­liche Kosten verursachen, mit denen wir dann in weiterer Folge, spätestens beim Finanz­ausgleich konfrontiert werden, beziehungsweise werden die Länder damit konfrontiert werden.

In der Summe ist es eine sehr sinnvolle Maßnahme, die heute beschlossen wird, und wir bedauern es sehr, dass eine Demokratisierung des Schulsystems leider einmal mehr auf Grund der sozialdemokratischen Fraktion nicht möglich wird und dass auch die Mitsprache der Schüler – das werden wir den Schülern sagen – damit nicht um­gesetzt werden kann. Ich glaube, die Schüler werden kein Verständnis dafür haben, dass sie in diesem Ausmaß nicht gehört werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Gehrer zu uns. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 263

22.13

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte zuerst Herrn Kollegen Rada noch etwas sagen, weil er die Forschungsquote der Ukraine genannt hat. Vielleicht stimmt sie, vielleicht stimmt sie nicht. Eines stimmt aber, und das habe ich bei meinem Arbeitsbesuch erfahren: Die Universitäten erhalten 33 bis 50 Prozent ihres Gesamtbudgets vom Staat. Ich weiß nicht, ob das so besonders erstrebenswert ist. Da dürfen wir uns glücklich schätzen, dass unsere Universitäten eine viel größere Summe vom Staat erhalten. Ich glaube, wir können die Vergleiche nicht so anstellen, wie Sie das gemacht haben.

Meine Damen und Herren! Nun zur Frage der Schulpartnerschaft, zur Frage der Entwicklung an den Schulen und zur Frage der Dorfschulen: Ich stelle immer wieder mit Erstaunen fest, dass von den Kollegen und Kolleginnen der SPÖ Autonomie, Selbständigkeit – Autonomie und Selbständigkeit der Bundesländer für ihren Verant­wortungsbereich – nicht besonders geschätzt werden. Wahrscheinlich wollen Sie einen neuen Zentralismus. Alles soll beim Bund angesiedelt sein, alles soll zentral bewirt­schaftet werden.

Herr Kollege Faul, es wird niemandem etwas „aufs Auge gedrückt“. Die Länder ver­handeln mit dem Herrn Finanzminister einen Finanzausgleich. Sie wissen ganz genau, dass die Länder, um ihre volle Wohnbauförderung zu erhalten, für den Schulbereich Verhältniszahlen vereinbart haben, indem sie gesagt haben, wir wollen die Effizienz steigern. Ich bitte Sie, das einmal zu lesen. Da steht: Zur Erreichung des angeführten Zieles stimmen die Länder einer Abänderung der Stellenplanrichtlinien zu beginnend ab dem Schuljahr 2001/02 mit der Zielerreichung für die Volksschule: 14,5 Kinder für einen Lehrer, Hauptschule: zehn Kinder – ein Lehrer, Polytechnische Schule: neun Kinder – ein Lehrer, Bereich Sonderpädagogik: 3,2 Kinder – ein Lehrer. Dem haben auch die Landeshauptmänner Dr. Häupl (Abg. Mag. Molterer: Niessl!), Niessl, also die Landeshauptleute Ihrer Fraktion, zugestimmt. Und ich glaube, man sollte schon für das, was man vereinbart, auch Verantwortung übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie fragen: Wovor sollen sich die kleinen Schulen fürchten?, dann kann ich Ihnen schon sagen: Die sollen sich vor einer Schulideologie der SPÖ fürchten! (Beifall bei der ÖVP.)

Der Vorsitzende hat gesagt, man soll die Schulen auf 300 bis 500 Kinder zusam­menlegen. Das steht doch in der Zeitung. Lesen Sie es doch! Ich will, dass die kleinen Schulstandorte erhalten bleiben, und zwar selbständig. (Beifall bei der ÖVP. – Zwi­schenrufe bei der SPÖ.)

Ich will nicht, dass fünf Schulstandorte zusammen einen Direktor haben. Das bringt auch gar nichts. Ein Direktor einer kleinen Schule ist gar nicht freigestellt. Das bringt überhaupt nichts. Das heißt, die kleinen Schulstandorte sind für unsere Gemeinden wichtig.

Wir haben in Österreich solche Bedingungen, dass wir immer noch sagen können, wir haben europaweit gesehen gute Bedingungen. Wir haben eine Klassenschüler­höchst­zahl, die unter dem europäischen Schnitt liegt, wir haben eine Verhältniszahl Schüler zu Lehrer, die unter dem OECD-Schnitt liegt. Wir geben mehr für Bildung aus als andere Länder. Und damit können wir die kleinen Schulstandorte gut erhalten. Wir dürfen nur nicht solche Ideen haben, dass wir sagen, wir wollen alle zusammenlegen.

Meine Damen und Herren! Noch etwas zur Schulpartnerschaft: Ich halte Schulpart­ner­schaft für eine ganz wichtige Grundlage unserer Schule. Auch Sie haben immer wieder gesagt, man solle die Schüler und Schülerinnen ernst nehmen. Ich bin dafür, die Schüler und Schülerinnen ernst zu nehmen. Wenn es den jungen Menschen ein


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 264

Anliegen ist, bei den Verhaltensvereinbarungen bestimmend mitzureden, dann müssen wir das auch ernst nehmen.

Bitte reden Sie doch nicht über die Hausordnungen! Hausordnungen hat es doch immer schon gegeben: Patschen anziehen und nasse Mäntel aufhängen. Es geht um Verhaltensvereinbarungen. Es geht um die Fragen, wie gehen wir miteinander um, wie gestalten wir unser Zusammenleben. Und da ist es nur recht und billig, dass wir die Eltern mitreden lassen, die Lehrer und Lehrerinnen mitreden lassen und die Schüler und Schülerinnen mitreden lassen. Ich kann Ihnen eines sagen: Ich weiß es von den Diskussionen der Vorjahre, das ist mit den Eltern, das ist mit den Lehrervertretern, mit allen x-mal besprochen worden, und alle sind dafür.

Ich glaube, es wäre ein kluger Akt, wenn Sie diesem Vorschlag der Regierung doch noch zustimmen würden, um zu demonstrieren, dass Sie Schulpartnerschaft ernst neh­men und die jungen Menschen als Partner ernst nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.18

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser zu Wort gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung: Fakten und Fakten. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.18

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Ich darf zu zwei Punkten eine Berichtigung bringen. Das eine betrifft den letzten Satz: Wir sollen diesem Antrag der Regierung zustimmen. Tatsache ist, dass das kein Regierungsantrag ist, sondern ein Initiativantrag von Kollegem Amon. (Abg. Lentsch: Deswegen muss man keine Berich­tigung machen!)

Zum Zweiten: Sie haben gesagt, der Vorsitzende der SPÖ habe die Zusammenlegung von Schulen auf Größen von 300 bis 500 Kindern, Schülerinnen und Schülern vor­geschlagen. (Bundesministerin Gehrer: Das stimmt auch!) – Auch das ist unrichtig! Der Vorsitzende der SPÖ und auch die SPÖ haben so etwas nie vorgeschlagen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

22.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Walther. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.19

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich auf das Landeslehrer-Dienstrechtgesetz und dessen Änderung beziehen. Derzeit entsprechen die Dienstnehmer­schutzbestim­mungen nicht den einschlägigen EU-Richtlinien, und derzeit können Leiterstellen nicht an provisorisch pragmatisierte Landeslehrer vergeben werden.

Das ist natürlich ein Nachteil, weil eine schnellere Besetzung nicht möglich ist. Das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 müsste deshalb an die Erfordernisse des gemeinschaftsrechtlichen angeglichen werden, und zwar hauptsächlich bezüglich des Dienstnehmerschutzes.

Das betrifft zum Beispiel Sicherheitsbestimmungen wie Sicherheitsbeauftragte, also alle Bedingungen, die für die beschäftigten Landeslehrer dann gerichtet werden müs­sen.

Es kann dazu kommen, dass Präventivfachkräfte bestimmt werden, dass es medizi­nische Untersuchungen gibt. Und es werden vielleicht auch Kosten für bauliche Adaptierungen anfallen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 265

Das ist natürlich alles notwendig, und ich nehme als Bürgermeisterin auch zur Kennt­nis, dass das natürlich das notwendige Budget für die Schulen wieder etwas erhöhen wird – etwas, was auf der einen Seite wiederum an Belastungen auf die Gemeinden und Städte dazukommt. Auf der anderen Seite sage ich: Uns sind die Kinder etwas wert, und sie sollen uns weiterhin etwas wert sein.

Ich muss auch sagen, ich bin mit der ganzen Gemeinde Erhalterin einer sehr kleinen Schule, aber wir nehmen es sehr gerne auf uns, diese Schule auch in der gewünsch­ten Größe mit 60 Kindern zu erhalten. (Abg. Neugebauer: Wie viele Klassen hat die Schule?) – Vier Klassen. (Abg. Neugebauer: Vierklassige Volksschule?! Gehört erhal­ten!) Sie erfüllt gerade die Bedingungen, um vierklassig geführt zu werden.

Insofern muss ich sagen, ist das nicht unsere Sache als Gemeinde, so ist auch die Äußerung unseres Vorsitzenden Gusenbauer zu sehen. Ich glaube, da hat die „Presse“ etwas vermischt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neugebauer: Die Zeitung ist schuld!)

22.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. 7 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.22

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Zu den drei Punkten, die auf der Tagesordnung stehen, in aller Kürze.

Zum ersten Punkt, zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz. Den Schutzbestimmungen werden wir unsere Zustimmung geben, auch wenn wir der Meinung sind, dass es Sinn gemacht hätte, wenn diesbezüglich noch etwas mehr gemacht worden wäre. Aber das, was im Gesetz steht, ist sicher eine richtige Entwicklung und auch eine Anpassung an die EU-Richtlinie.

Damit komme ich schon zum zweiten Punkt, zu den Verhaltsvereinbarungen. Wir Grüne werden dem Antrag wie schon im Jahr 2001 – wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe – zustimmen. Ich würde sagen, es sind mehrere Teile, die richtig sind. Korrekt ist natürlich, dass jetzt ein gewisses Problem entsteht, das Kollege Niederwieser ange­sprochen hat, dass eben in der Zwischenzeit Verhaltensvereinbarungen beschlossen worden sind, die dann auch verfestigt werden. Aber wenn Sie, Kollege Niederwieser, sagen, die einzige Forderung wäre gewesen, diese noch einmal neu beschließen las­sen zu müssen, dann muss ich feststellen, dass es keine andere inhaltliche Ab­weichung zum letzten Mal gibt, sprich: Eigentlich sagen Sie ja damit selbst, es wäre sinnvoll gewesen, schon damals zuzustimmen.

Irgendwie beißt sich da die ganze Geschichte in den Schwanz. Irgendwann sollte man sich vielleicht dazu durchringen, dass es zu einer Zweidrittelmaterie kommt und die Schülerinnen und Schüler letztlich auch zustimmen müssen oder sollen und eben die Möglichkeit haben sollen, die Beschlussfassung auch entsprechend zu beeinflussen. Ich bin mir auch nicht sicher, ob mittlerweile in sämtlichen Schulen solche Verhaltens­vereinbarungen geschlossen worden sind. Also: In die Zukunft gerichtet macht das durchaus Sinn.

Darüber hinaus möchte ich auch sagen, dass sich das, was wir an problematischen Vereinbarungen gesehen haben, in erster Linie an Hauptschulen abspielt. Das ist auch die gemeinsame Analyse. Wir wissen alle, dass es die SchülerInnenmitbestimmung in den Hauptschulen bis jetzt nicht gibt; es wird sie auch nachher nicht geben. Das halte ich daher für eine berechtigte Forderung, die wir gemeinsam haben. Aber das Argu­ment trifft nur sehr beschränkt zu, weil es eigentlich nur für die allgemeinbildenden höheren Schulen gilt. In den Pflichtschulen ist es nach wie vor so, dass das ja


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 266

zwischen Eltern und LehrerInnen gemeinsam gemacht wird. Und dort ist die Frage, ob man mit 50 Prozent oder mit Zweidrittelmehrheit zustimmt, wahrscheinlich nur eine bedingte, was den Inhalt dieser Vereinbarungen betrifft.

Sie haben auch die Entschließung kritisiert, die ich jetzt hiemit einbringe. Es ist eine gemeinsame Entschließung der Abgeordneten Brosz, Amon und Rossmann mit folgendem Inhalt:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung von Verhaltensvereinbarungen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, die Schul­aufsicht zu beauftragen, an Schulen bereits bestehende Verhaltensvereinbarungen verstärkt auf deren Praktikabilität zu prüfen und erforderlichenfalls mit den der Schul­aufsicht zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Umsetzung der Intention des Ge­setzes hinzuwirken.“

*****

Das ist aus Ihrer Sicht etwas skurril. Zugegebenermaßen wäre das jetzt auch schon möglich. Richtig! Ich finde aber, dass es doch bemerkenswert ist, dass der Nationalrat gemeinsam feststellt, dass es jetzt Vereinbarungen gibt, die nicht der Intention des Gesetzes entsprechen. Es steht im Text der Entschließung auch drinnen – ich zitiere –: „Dabei handelt es sich z.B. um nicht begründbare Sanktionen gegen Schüler/innen.“ – Also es ist ein gemeinsames Verständnis vorhanden, dass es zum Teil Regelungen gegeben hat, die auch wir nicht gewünscht haben und die nicht die Intention des Gesetzes getroffen haben.

Es sollen hier aktive Schritte gesetzt werden, damit das korrigiert wird. Die Schul­behörden sollen auch aufgefordert werden, wenn das bislang nicht der Fall war, entsprechende Maßnahmen in diesem Bereich zu setzen. Das ist im Prinzip ein Fortschritt. Ob es in der Praxis funktionieren wird, das kann man sich dann anschauen. Aber die klare Feststellung des Nationalrates und das Zum-Ausdruck-Bringen, was er wünscht, ist, so finde ich, besser als nichts. Und das sollte mit dieser Entschließung auch erreicht werden. (Beifall bei den Grünen und der ÖVP.)

Damit gehe ich über zu unserem Antrag, zu dem ich jetzt nicht mehr konkret Stellung nehmen will, aber er nimmt ja Bezug auf die problematische Situation, was die Ressourcen, was den LehrerInnenabbau betrifft. Ich möchte auch auf das zu sprechen kommen, was Sie, Frau Bildungsministerin, vor wenigen Tagen erklärt haben, nämlich als Sie de facto eine Garantieerklärung für die Landschulen, für die Kleinschulen im ländlichen Raum abgeben haben. Das habe ich recht bemerkenswert gefunden, weil, wie wir alle wissen, Ihre Einflussmöglichkeit darauf ja ziemlich beschränkt ist. Einer­seits sind die Schulerhalter die Gemeinden, die Kommunen, andererseits werden die LehrerInnen über die Landesschulräte finanziert. Das heißt, die Länder bekommen ein gewisses Kontingent vom Bund pro Schülerkopf, der im Land vorhanden ist, zugewiesen.

Sie sagen, dass kleine Schulen erhalten werden sollen. Dafür gibt es sehr gute Grün­de: die Abwanderung; für das Leben im Dorf spielt die Schule eine wichtige Rolle. Nur muss man natürlich sagen, dass in den letzten Jahren die Schließungen nicht aus Jux und Tollerei erfolgt sind, sondern der Grund für diese Politik war, Personalressourcen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 267

zu reduzieren. Wenn die Länder weniger Lehrer zugewiesen bekommen, gleichzeitig aber eine Bedingung haben, was Klassenschülerhöchstzahlen betrifft, dann gibt es entweder die Möglichkeit, die Kleinschulen mit weniger SchülerInnen zu erhalten oder aber in den Ballungszentren letztlich höhere SchülerInnenzahlen in den Klassen zur Kenntnis zu nehmen oder eben, was jetzt auch passiert ist, in dem Ausmaß Klein­schulen in Frage zu stellen und zu schließen.

Ich finde, wenn man das ernst nimmt, dann hat das auch zur Konsequenz, dass man sagt, es müssen mehr Mittel her. Das war der Punkt. In den letzten Jahren – wie gesagt – ist es ja nicht daran gelegen, dass irgendjemand besondere Lust verspürt hat, die Schulstandorte zu schließen, aber es ist passiert.

Daher bringe ich auch dazu folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Kleinschulen im ländlichen Raum

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, ihre Garantieerklärung für den Bestand der Kleinschulen im ländlichen Raum durch eine Erhöhung der finanziellen Mittel für diese Schulen einzulösen, damit der Erhalt nicht zu einer Verschlechterung der Situation in den Ballungszentren führt.

*****

Wenn Sie es ernst meinen, dann wäre es wirklich dringend notwendig, diesem Antrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Grünen.)

22.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die beiden Entschließungsanträge, nämlich der Abge­ordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen und der Abgeordneten Dieter Brosz, Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen sind hinreichend unterstützt und stehen mit in Verhandlung.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut: 

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dieter Brosz, Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung von Verhaltensvereinbarungen

Durch die vorgeschlagenen Änderungen im Schulunterrichtsgesetz sollten die Rechte der Schulpartner/innen, insbesondere der Schüler/innen beim Beschluss von Ver­haltens­vereinbarungen gestärkt werden. Die vorgeschlagene erforderliche 2/3-Mehr­heit in jeder Kurie sollte sicherstellen, dass Verhaltensvereinbarungen an höheren Schulen nicht gegen den Willen der Schüler/innen durchgesetzt werden können.

Nach Einführung der Verhaltensvereinbarungen hat sich in Einzelfällen herausgestellt, dass einige Hausordnungen oder Verhaltensvereinbarungen Bestimmungen enthalten, die der Intention des Gesetzes, eine Vereinbarungskultur zwischen den Schulpart­ner/innen zu schaffen, nicht gerecht werden. Dabei handelt es sich z.B. um nicht begründbare Sanktionen gegen Schüler/innern.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 268

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, die Schul­aufsicht zu beauftragen, an Schulen bereits bestehende Verhaltensvereinbarungen verstärkt auf deren Praktikabilität zu prüfen und erforderlichenfalls mit den der Schulaufsicht zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Umsetzung der Intention des Gesetzes hinzuwirken.“

*****

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Kleinschulen im ländlichen Raum

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hast vor wenigen Tagen eine Garantieerklärung für Kleinschulen im ländlichen Raum abgegeben. Diese Erklärung war vor allem des­halb bemerkenswert, weil das Bildungsministerium de facto keinen Einfluss auf den Erhalt von Volksschulstandorten hat. Schulerhalter sind die Gemeinden, die Personal­zuteilung erfolgt über Landes- bzw. Bezirksschulräte.

Wenn die Schülerzahlen im ländlichen Raum wie prognostiziert weiterhin stark zurück­gehen werden, erhalten die Länder auch weniger Mittel für die Bezahlung der Leh­rerInnen, weil die Zuteilung nach der Anzahl der SchülerInnen im Bundesland erfolgt. Der Erhalt von Schulstandorten mit einer geringeren Schülerzahl hätte automatisch eine Erhöhung der durchschnittlichen Klassenschülerzahlen in den Ballungsräumen zur Folge.

Durch den Finanzausgleich wird die Situation für Volksschulen im nächsten Schuljahr noch einmal verschärft, nachdem es bereits heuer unter anderem durch die Pensionie­rungswelle zu Ressourcenkürzungen gekommen ist. Wenn Bildungsministerin Gehrer ländliche Kleinschulen erhalten will, ohne die Situation in Ballungsräumen zu verschlechtern, bedarf es neuer gesetzlicher Regelungen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, ihre Garantieerklärung für den Bestand der Kleinschulen im ländlichen Raum durch eine Erhöhung der finanziellen Mittel für diese Schulen einzulösen, damit der Erhalt nicht zu einer Verschlechterung der Situation in den Ballungszentren führt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.29

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Leider fehlt mir die Zeit, um Ihnen, sehr geschätzte Frau Ministerin, die Angst vor der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 269

sozialdemokratischen Bildungspolitik zu nehmen. Aber ich erinnere Sie nur an Fol­gendes: Lesen Sie nach, was alles seit 1970 unter sozialdemokratischen Ministern im Bereich der Schulpolitik geschehen ist!

Zu den Ausführungen des Kollegen Amon noch einen Satz. Ich denke, Sie glauben ja selber nicht, was Sie uns heute über die Verhaltensvereinbarungen zu erklären versucht haben. Wir von der SPÖ stimmen deswegen nicht zu, weil sich eigentlich in der Zeit seit dem ersten Vorstoß, Verhaltensvereinbarungen zu beschließen, dem die Sozialdemokraten nicht zugestimmt haben, in der Essenz nichts verändert hat.

Verhaltensvereinbarungen werden derzeit zwischen Lehrern, Schülern und Eltern vereinbart und werden auch eingehalten. Die Frage ist nur: Wie schaut es mit den Sanktionen aus, wenn sich jemand nicht an die Vereinbarungen hält? – Dazu schwei­gen Sie geflissentlich. Das lassen Sie wieder im Dunkeln. Und dass es da Sanktionen gibt, die gewaltig sind, darüber könnte ich Ihnen irgendwann einmal, wenn wir viel Zeit haben, aus der Praxis vieles vorlesen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz wurde schon alles gesagt. Wir begrüßen dieses aber nur zum Teil.

Ich stelle daher, da in der vorliegenden Novelle nur Mindeststandards der Euro­päischen Gemeinschaft umgesetzt werden sollen und uns das doch zu wenig zu sein scheint, folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser und KollegInnen betreffend Dienstnehmerschutz im Lehrerbereich

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler, die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wer­den aufgefordert, für die Verbesserung des Dienstnehmerschutzes sowohl der Landes- als auch der BundeslehrerInnen umgehend Sorge zu tragen und zu veranlassen, dass dem Nationalrat hiezu geeignete Gesetzesvorschläge zu entsprechenden Änderungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Landesvertragslehrergesetzes 1966, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985, des Land- und forstwirtschaftlichen Landesvertragslehrergesetzes und des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes vorgelegt werden.“

*****

Das umfasst zum Beispiel die Ausdehnung des Dienstnehmerschutzes in Arbeits­stätten auch auf die Unterrichtsräumlichkeiten, die Klärung von Haftungsfragen et cetera. (Beifall bei der SPÖ.)

22.31

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dr. Rada in seinen Grundzügen erläuterte Entschließungsantrag wurde gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt, ist hinreichend unterstützt und steht somit mit in Ver­handlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 270

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser und KollegInnen betreffend Dienstnehmerschutz im Lehrerbereich, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Unter­richtsausschusses über die Regierungsvorlage (390 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrergesetz 1966 geändert werden (485 d.B.)

Die beabsichtigte Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes und des Landes­vertragslehrergesetzes 1966 (390 der Beilagen), mit der die EU-Dienstnehmerschutz-Richtlinien im Landeslehrer-Bereich umgesetzt werden sollen, wird als erster wichtiger Schritt zur Schaffung eines wirksamen Dienstnehmerschutzes für die Landesleh­rerInnen begrüßt.

Allerdings werden mit der vorliegenden Novelle nur die Mindeststandards der Euro­päischen Gemeinschaft umgesetzt, und auch im Bundeslehrer-Bereich bestehen noch Defizite im Hinblick auf die Schaffung eines umfassenden Dienstnehmerschutzes. So wurden mit der vorliegenden Novelle die Unterrichtsräumlichkeiten vom Geltungs­be­reich der Bestimmungen über Arbeitsstätten ausgenommen. Diese Ausnahme besteht auch im Bundes-Bedienstetenschutzgesetz (B-BSG). Als Begründung wurde seinerzeit angeführt, dass solche Räumlichkeiten vornehmlich dem Unterrichtszweck gewidmet seien und nicht primär als Arbeitsplatz zu betrachten seien. Anhand des Beispiels der bedauerlichen Unfälle von SchülerInnen durch herabstürzende Schultafeln, die genauso LehrerInnen (die wesentlich mehr an der Tafel arbeiten als die SchülerInnen) hätten betreffen können, hat sich zwischenzeitig gezeigt, dass durchaus ein Gefähr­dungspotenzial in Klassenzimmern besteht. Die LehrerInnen erbringen ihre Lehrver­pflichtung in den Unterrichtsräumlichkeiten und nicht etwa im Konferenz- oder Lehrer­zimmer. Zudem besteht in manchen Unterrichtsräumlichkeiten (z.B. Labors, Lehrwerk­stätten usw.) ein wesentlich höheres Gefährdungspotenzial als in Lehrerzimmern. Die Einbeziehung der Unterrichtsräumlichkeiten in die Schutzbestimmungen wird somit als notwendig erachtet.

In diesem Zusammenhang ist auch die Haftungsfrage bei Unfällen (die auch die nun­mehr zu bestellenden Sicherheitsvertrauenspersonen wesentlich betrifft) abschließend zu klären.

Darüber hinaus bestehen aber auch noch zahlreiche weitere Notwendigkeiten zur Verbesserung des Dienstnehmerschutzes sowohl hinsichtlich der vorliegenden Novelle als auch der entsprechenden Rechtsnormen für die land- und forstwirtschaftlichen LehrerInnen und des B-BSG.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundeskanzler, die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wer­den aufgefordert, für die Verbesserung des Dienstnehmerschutzes sowohl der Landes- als auch der BundeslehrerInnen umgehend Sorge zu tragen und zu veranlassen, dass dem Nationalrat hiezu geeignete Gesetzesvorschläge zu entsprechenden Änderungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, des Landesvertragslehrergesetzes 1966, des Land- und forstwirtschaftlichen Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1985,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 271

des Land- und forstwirtschaftlichen Landesvertragslehrergesetzes und des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes vorgelegt werden.

Diese Gesetzesvorschläge haben insbesondere zu beinhalten:

1. Ausdehnung des Dienstnehmerschutzes in Arbeitsstätten auch auf die Unterrichts­räumlichkeiten,

2. Klärung der Haftungsfragen (insbesondere der Sicherheitsvertrauenspersonen) bei Unfällen oder Beschädigungen,

3. Sanktionsmaßnahmen gegenüber dem Dienstgeber bzw. Schulerhalter bei Säumigkeit oder Nichteinhaltung gesetzlicher Bestimmungen,

4. Festlegung von Mindeststandards für LehrerInnen-Arbeitsplätze,

5. Festlegung der Freiwilligkeit der Funktion von Sicherheitsvertrauenspersonen bzw. der Übernahme der Tätigkeit von Präventivfachkräften durch LehrerInnen,

6. Bereitstellung zeitlicher Ressourcen für diese Tätigkeiten sowie Schulungs­maß­nahmen,

7. Festlegung, dass im Landeslehrer-Bereich auch Schulwarte diese Tätigkeiten für die LehrerInnen übernehmen können,

8. Einschränkung des Regelungsbereiches der Landesausführungsgesetze bzw. -verordnungen im Landeslehrer-Bereich zur Sicherstellung möglichst einheitlicher Sicherheitsstandards,

9. Erstellung eines Katalogs der Berufskrankheiten der LehrerInnen.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.31

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Hohes Haus! Ich bringe zu Beginn folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Unterrichtsausschusses über die Regierungsvorlage (390 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragsleh­rergesetz 1966 geändert werden (485 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

In Art. 2 der Regierungsvorlage lautet der Einleitungssatz:

„Das Landesvertragslehrergesetz 1966, BGBl. Nr. 172, zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 119/2002, wird wie folgt geändert:“

*****

Nun zu meinem eigentlichen Thema in dieser Diskussion. Herr Dr. Niederwieser, wenn Sie im Österreich-Konvent im Rahmen des Ausschusses VI ein SPÖ-Papier einbrin­


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 272

gen, in dem steht: Schulgröße 300 bis 1 000 Schüler, so können Sie nicht leugnen, dass es diesen SPÖ-Vorschlag gegeben hat.

Anscheinend ist es die Mentalität der SPÖ, Dinge zu fordern, in den Raum zu stellen und 2001 sogar mit einer Unterschrift besiegelt zu haben. Sie haben gesagt, die Verhaltensvereinbarungen seien eine gute Sache, Demokratie an der Schule zu verschärfen und zu unterstützen. Am nächsten Tag in der Früh hat das alles nicht mehr gegolten und Sie haben das zurückgezogen. (Abg. Mag. Posch: Wer hat das gesagt? Stellen Sie nicht falsche Behauptungen auf!)

Das heißt, zwei Schritte vor und drei Schritte zurück. Das ist die Methode der SPÖ. Ich finde es schade, dass keine Möglichkeit geboten wird, vor allem Schüler, junge Leute dabei zu unterstützen, auch ihre Anliegen in der Schule unterzubringen und für mehr Demokratie in der Schule zu sorgen.

Ich finde das wirklich peinlich, ich würde mir wünschen, dass Sie in Zukunft wieder eine jugendfreundlichere Politik machen würden. (Beifall bei der ÖVP.)

22.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Fuhrmann verlesene Ab­änderungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kollegin­nen und Kollegen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.33

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Fuhrmann, es ist sicher so, dass wir eine differenziertere Einstellung zu den Verhaltensvereinbarungen haben als Sie. Das ist auch der Grund dafür, warum wir sie ablehnen, weil wir eben der Jugend die Möglichkeit geben wollen, zu partizipieren und in einer Gemeinschaft auch ihre Gesetze in dem Raum, in dem sie sich bewegen, und ihre Umwelt zu gestalten. (Abg. Neugebauer: Dann müssen Sie ja zustimmen!)

Im konkreten Antrag wird auf die Rolle der Schulen bei der Persönlichkeitsentwicklung hingewiesen. Man spricht von einer neuen Vereinbarungskultur. Die Worte „gemein­sam“, „Konsens“, „Partizipation“ und „Zusammenwirken“ kommen immer wieder vor. Wie aber die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, klaffen Theorie und Praxis sehr weit auseinander.

Es ist in den letzten Jahren zu obskuren Regelungen in einzelnen Hausordnungen gekommen, die mit Partnerschaft überhaupt nichts zu tun haben. Es wird von Maßnahmen berichtet, die demütigend sind oder auch massiv in die Privatsphäre der SchülerInnen eingreifen. Sehr oft wird erstaunlicherweise Putzdienst als Sanktion ver­wendet. Das heißt, unter dem Deckmäntelchen der Vereinbarungskultur werden beinharte Disziplinierungsmaßnahmen durchgeführt.

Wir hatten einen Vorschlag, dem Sie aber nicht zugestimmt haben. Wir haben vor­geschlagen, den Schulen ein Jahr Zeit zu geben, um neue und diesmal wirklich partizipativ erarbeitete Verhaltensvereinbarungen auszuarbeiten.

Aber, meine Damen und Herren, es gibt noch etwas ganz Wesentliches, das mir wirklich abgeht. Ich vermisse eine breite Debatte Ihrerseits um Alternativen zu Verhal­tensvereinbarungen, also konkret eine Debatte und Auseinandersetzung mit Modellen, die bereits seit einiger Zeit in einigen Schulen erfolgreich erprobt wurden. Es geht wirklich um die positive Umgangskultur, um Mediation und um Schlichtung statt Strafe. Das wäre ein Weg zur Demokratisierung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

22.36

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 273

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.36

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst zu den Verhaltensvereinbarungen. Ich muss gestehen, ich war 2001 noch nicht hier im Parlament. Als ich die Debatte jetzt verfolgt habe und im Ausschuss mitdiskutiert habe, war das, was die SPÖ nun anspricht, dass es nämlich derzeit Verhaltensvereinbarungen gibt, die diesen Namen tatsächlich nicht verdienen, auch für mich ein Punkt, zu dem ich zumindest darüber nachdenken wollte, was das denn bedeutet.

Das war auch einer der Gründe dafür, warum wir genau auf diese Vereinbarungen, die nämlich überhaupt nur entstehen konnten, weil die SPÖ damals nicht zugestimmt hat, jetzt diesen Entschließungsantrag gemeinsam mit der ÖVP einbringen, in dem genau darauf Bezug genommen wird, dass diese Verhaltensvereinbarungen, die eben diesen Namen nicht verdienen, überprüft und geändert werden sollen.

Ansonsten halte ich es für richtig, dass die Schüler und Schülerinnen in Zukunft bei diesen Verhaltensvereinbarungen mitbestimmen können und dass dieser Antrag auch so beschlossen wird. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Auch das, was Kollege Rada angesprochen hat, dass nämlich die Sanktionen das Furchtbare sind, stimmt natürlich. Aber die Sanktionen sind eben auch Teil der Verein­barungen. Sie stehen genauso drinnen, sonst wüssten wir es nicht; und genau das soll auch mit diesem Antrag überprüft werden. Ich glaube, das macht auch Sinn im Zusam­menhang mit unserem neuen Entschließungsantrag.

Zum Zweiten, was die Landschulen, die Schulen im ländlichen Raum betrifft. Darauf würde ich schon gerne noch einmal eingehen, dass Sie, Frau Ministerin, hier quasi eine Garantieerklärung abgeben, was ich ja sehr positiv finde.

Ich finde es nur insofern interessant, als es Ihrer sonstigen politischen Linie eigentlich völlig entgegenläuft. Das fällt klassisch unter den Bereich öffentliche Aufgaben. Land­schulen rentieren sich in dem Sinn nicht, weil sie eben klein sind und weil sie überproportional viel Geld brauchen, wenn man nämlich Qualität auch für wenige Kinder sichern will und wenn man den Kindern ersparen möchte, viele Kilometer weit in eine andere Schule zu fahren.

Das heißt, das ist eine klassische Sache, die man zum Beispiel auch nicht dem Markt überlassen kann, genau aus dem Grund, weil es nicht marktfähig, weil es nicht rentabel ist.

In diesem Sinne freue ich mich besonders darüber, dass es hier eine Garantie geben soll. Ich finde, man sollte das auf andere Bereiche ausweiten, sei es die öffentliche Versorgung im Bereich der Verkehrsmittel oder seien es gewisse Infrastruktur­maß­nahmen, so wie wir es eigentlich in vielen Bereichen schon gefordert haben.

Unser Antrag zielt auch darauf ab, dass zusätzliche Mittel, die dafür notwendig sein werden, nicht auf einer anderen Seite abgezogen werden, nämlich in den Ballungs­räumen, sondern dass man schlicht und einfach dazu stehen soll, dass das mehr kostet, wenn man diese Qualität erhalten will. In diesem Sinne sind wir dann natürlich auch dafür. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Riepl. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 274

22.40

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Hohes Haus! Die vorliegende Regierungsvorlage zum Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz regelt unter anderem auch die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Lehrer. Im allgemeinen Teil der Erläuterungen finden sich folgende beiden Sätze:

Der größte Teil der im vorliegenden Entwurf geregelten Dienstnehmerschutz­maßnah­men wird primär an Berufsschulen Anwendung finden.

Und:

Bereits an dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Räumlichkeiten und Flächen, die der Unterrichtserteilung oder dem Aufenthalt der Benutzer – also der Schüler – dienen, ausgenommen sind.

Sehr verehrte Damen und Herren! Der Dienstnehmerschutz soll eigentlich am Ar­beitsplatz vor Gefahren schützen. Der Dienstnehmerschutz dieser Regierungsvorlage gilt jedoch dort nicht, wo der Hauptarbeitsplatz des Lehrers ist, nämlich in der Klasse beziehungsweise in den Berufsschulen in den Labors und in den Werkstätten. Er gilt allerdings – zugegebenermaßen – im Lehrerzimmer.

Ich möchte von dieser Stelle aus doch die Frau Bundesministerin fragen, ob das nicht etwas kurios ist. Ein Arbeitnehmerschutz, ein Dienstnehmerschutz, sehr geehrte Frau Bundesministerin, der im Lehrerzimmer und am WC der Lehrer gilt, aber nicht in der Klasse oder im Labor oder in der Werkstätte in Berufsschulen, wo sich der Lehrer am häufigsten aufhält, das ist eigentlich eine sonderbare Bestimmung.

Da Sie dazu keine Auskunft gegeben haben, kann das vielleicht einer der folgenden Redner der ÖVP-Fraktion klären. – Frau Fuhrmann konnte es nicht, die Frau Bundes­ministerin auch nicht. Vielleicht kann uns irgendjemand erklären, wo da die Logik ist.

Trotzdem stehen wir natürlich zum Gesundheitsschutz für Lehrer und werden dieser Vorlage auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.41

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Bei dieser Vorlage geht es eigentlich vorwiegend um die Übernahme von europäischen Regelungen und Richtlinien in die österrei­chi­sche Gesetzgebung.

Herr Kollege Riepl! Wenn in Klassenzimmern Minderjährige unterrichtet werden, gibt es besondere Schutzbestimmungen, die auch die Lehrerinnen und Lehrer betreffen. Im Übrigen werden in diesem Bereich Sicherheitsvertrauenspersonen installiert, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherlich bestens beraten und unterstützen werden.

In dieser Regierungsvorlage geht es aber auch um die Leiterbestellung in Pflicht­schulen. In Zukunft sollen auch provisorisch pragmatisierte Landeslehrerinnen und -lehrer den Vertragsbediensteten gleichgestellt werden und damit mit der Leiterstelle betraut werden können, wenn sich keine Lehrerin und kein Lehrer aus dem definitiven Dienstverhältnis darum bewirbt.

Dieses Problem könnte am ehesten in Kleinschulen zum Tragen kommen. Diese sind uns besonders wichtig. Wir wollen nicht, dass bereits Volksschüler zu Pendlern


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 275

werden – ganz im Gegensatz zu einem SPÖ-Papier, das im Österreich-Konvent eingebracht wurde und Schulgrößen von mindestens 300 Schülern vorsieht.

Vielleicht sollte der SPÖ-Bildungssprecher Niederwieser einmal nachdenken, was seine Vorschläge eigentlich bedeuten, und sich endlich davon distanzieren. (Zwischen­ruf der Abg. Mag. Lapp.) Wie titelte doch der Altbürgermeister Dr. Helmut Zilk in einem Kommentar in der „Kronen Zeitung“ am 11. April 2004 zur Bildungsdebatte in der SPÖ: Vorwärts, Genossen, wir marschieren zurück!

Meine Damen und Herren! Nein, danke – mit uns nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

22.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Dr. Bra­der. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.43

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Präsident! Im Zusammenhang mit der Änderung des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes scheint mir Folgendes ganz wichtig zu sein: Ich möchte darauf hinweisen, dass diese neuen Sicherheitsfachkräfte mit den Personalvertretern und den Arbeitsmedizinern zusammenarbeiten sollen.

Ich begrüße diese Änderung im Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz genauso wie die neuen Verhaltensvereinbarungen, weil mit dieser Zweidrittelmehrheit einfach gesichert wird, dass keiner der Schulpartner überstimmt wird. Mit diesem Miteingebundensein steigt auch die Identifizierung mit den Vereinbarungen und damit die Chance, dass sie auch eingehalten werden.

Ich glaube, dass eine aktive Schulpartnerschaft ein wichtiger Bestandteil der Qualitäts­kriterien der österreichischen Schule geworden ist. Dazu soll man sich auch bekennen. Ich verstehe daher nicht, warum die SPÖ das nicht mittragen will. Verhaltens­verein­barungen haben den Sinn, das Miteinander an der betreffenden Schule in partner­schaftlichem Konsens zu regeln und auf eine breite Basis zu stellen.

Verhaltensregelungen stärken die Schulpartnerschaft und sind ein wichtiger Beitrag auf dem Weg von der Anordnungskultur zur Vereinbarungskultur. Ich denke, das ist etwas, was wir in der Schule wirklich notwendig brauchen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.45

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das vorliegende Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrergesetz geändert werden, verfolgt unter anderem den vorbeugenden Bedienstetenschutz, den wir vorher schon angesprochen haben.

Um diesen Schutz zu gewährleisten, brauchen wir auch Sicherheits­vertrauens­per­sonen und Präventivfachkräfte. In § 113d ist geregelt, dass der Dienstgeber – und das ist hier das Land – die Aufgabe hat, Sicherheitsvertrauenspersonen in ausreichen­der Anzahl zu bestellen. Daraus resultiert, dass sich auch das jeweilige Land um die Ausbildung und die Kosten dieser Personen zu kümmern hat.

Ich erkläre das deshalb noch einmal, weil wir ja in Wien gesehen haben, dass es nicht so klar ist, dass, wer die Dienstposten vergibt, auch zahlt. Ich möchte nur das Beispiel


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 276

des Herrn Bürgermeisters Häupl kurz erwähnen, der im aktuellen Finanzausgleich eine gültige Richtlinie unterschrieben hat, in der er 9 640 Lehrerdienstposten fordert. Der Wunsch des Stadtschulrates waren aber dann 10 320 Posten, also um etwa 700 mehr. In dem Fall wurden beide Stellenpläne beschlossen. Das ist erstaunlich. Wie die SPÖ diese beiden Zahlen erklären wird, ist für uns noch nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich haben wir gesehen, dass generell in der Bildungspolitik der SPÖ vieles nicht nach­vollziehbar ist.

Der „Kurier“ hat das einmal sehr charmant und auch sehr pointiert dargestellt. (Die Rednerin hält eine Karikatur in die Höhe, die Abg. Dr. Gusenbauer vor einem Tisch darstellt, auf den eine verschlungene Linie gezeichnet ist.) Da steht: „Das ist also deine gerade Linie von A nach B!“ – Sie sehen hier Kollegen Gusenbauer, und es ist nicht ganz klar, welche Linie die SPÖ in der Bildungspolitik verfolgt. (Beifall bei der ÖVP.)

22.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Franz. Redezeit: 2 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Abgeordnete.

 


22.47

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich habe hier einen interessanten Zeitungsartikel und möchte Ihnen gerne den Titel vorlesen: „Nicht genügend, setzen: SPÖ blockiert Schulgesetz. Vier-Parteien-Einigung über Verhaltensvereinbarung geplatzt.“

Sie werden staunen: Es ist nicht ein Artikel des morgigen „Kurier“, sondern das war vor drei Jahren, 2001. Es ist also ein altes, leidiges Thema. Meine Damen und Herren von der SPÖ! Meine Frage ist: Was halten Sie eigentlich von Schulpartnerschaft?

In diesem Gesetz über die schuleigenen Verhaltensvereinbarungen geht es ja nicht nur um Bekleidungsvorschriften, sondern um den respektvollen Umgang miteinander und um gesundheitsfördernde oder auch unfallverhütende Verhaltensvereinbarungen.

Ich frage mich, was denn daran schlecht sein soll! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Wenn Sie etwas von Schulpartnerschaft halten und die Jugend auch ernst nehmen, dann müssen Sie diesem Schulgesetz zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)

22.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.48

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ganz kurz zur Novelle des Landeslehrer-Dienst­rechts­gesetzes: Wir wissen mittlerweile alle, dass es um eine Anpassung an EU-Richtlinien geht. Sie soll durch Vorbeugung und Prävention Dienstunfälle, Berufskrankheiten und sonstige arbeitsbedingte Krankheiten zu vermeiden helfen. Es sind Mindestvor­schrif­ten, die die Mitgliedstaaten verpflichten, die bestehenden Bedingungen zu verbessern.

Der zentrale Ansatzpunkt sind die Dienststellen. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Beratung und Unterstützung durch innerbetriebliche und externe Fachleute wird notwendig. – Das ist sicherlich nicht einfach. Da haben Sie Recht, Kollegin Walther.

Die Rahmenrichtlinien betonen deshalb auch die Notwendigkeit von Dialog und Zusammenarbeit. Um eine allzu hohe Regelungsdichte zu vermeiden, gelten weiterhin Mindesterfordernisse laut Dienstrechtsgesetz der jeweiligen Länder.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 277

Weiters sollen provisorisch pragmatisierte LandeslehrerInnen eine Leiterstelle ein­nehmen können. – Das war heute auch schon Thema und ist eine wichtige Maß­nahme, besonders für die kleinen und kleinsten Schulen, die es in unserem Land ja gibt und die wir von der ÖVP ganz sicher weiter haben wollen. – Da haben Sie Recht, Herr Kollege Brosz.

Lieber Kollege Faul, auch wenn dir das nicht gefällt und du das ins Lächerliche ziehen willst: Wir beschließen heute erstaunlicherweise – ich hätte damit nicht mehr ge­rechnet – miteinander eine Gesetzesvorlage, die unsere Gesetzeslage sinnhaft und praxisbezogen den Erfordernissen der modernen Schulpolitik anpasst, wobei die Stimmung so ist, dass ich wirklich das Gefühl hatte, das kommt schon gar nicht mehr zustande. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

22.50

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Bitte einen Vierzeiler! – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


22.51

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Ich habe zuerst sehr aufmerksam – nicht andächtig – den Worten von Herrn Niederwieser gelauscht. Wissen Sie, was er gesagt hat? – Bei diesen – wortwörtlich – „Schnellschüssen“ tun wir nicht mit.

Jetzt muss ich einmal erklären, was Herr Niederwieser unter „Schnellschuss“ versteht: Vor vier Jahren ist die Materie behandelt worden, dann ist sie einstimmig eingebracht worden, dann war die SPÖ dagegen, und drei Jahre später spricht er von „Schnell­schüssen“. – Herr Niederwieser, wenn du in der Zeit der Neandertaler gelebt hättest und Jäger und Sammler gewesen wärst, dann wärst du verhungert, denn mit deinen Pfeilen und deinen „Schnellschüssen“ hättest du nie ein Wild erlegt! Im Gegenteil, die Pfeile würden heute noch herumschwirren, ohne ein Ziel getroffen zu haben. (Heiter­keit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das, lieber Kollege Niederwieser, ist eure Politik – die Politik der SPÖ: Ihr stellt For­derungen, dann ist die öffentliche Meinung dagegen, und ihr zieht euch wieder zurück und tut so, als sei nichts gewesen.

Die Abschaffung der Bezirkshauptmannschaften, gefordert von Herrn Gusenbauer – nie gesagt, aber dokumentiert. Das Zusperren von Bezirksgendarmeriekommanden – nie gesagt, aber ... (Abg. Mag. Johann Maier: Wer hat das gemacht?) – Na, wer hat denn die Schließungsorgien gemacht, Herr Kollege Maier? (Abg. Mag. Johann Maier: Strasser! – Rufe bei der ÖVP: Schlögl!) – Schlögl und Einem waren das! Da war ja der Minister Bartenzwerg ein Aufsperrmeister gegen eure Schließungsorgien! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Dann fordern die Genossen das Zusperren von kleinen Schulen unter 300 Schülern. Heute haben wir es gehört: Das wurde angeblich auch nie gefordert. Die Zeugen sagen, es wurde im Konvent eingebracht. Und dann seid ihr zu feig, euch hinzustellen und zu sagen, jawohl, das ist unsere Politik. – Es ist ja nichts Schlechtes, aber wenn ihr diese Politik vertretet, dann steht auch dazu!

Herr Niederwieser, wissen Sie, was das heißen würde? – 90 Prozent aller Schulen in Österreich würden auf Grund eures Vorschlages geschlossen werden. Das ist SPÖ-Schulpolitik! Wir haben es ja heute schon gehört. Die Schlagzeilen sprechen für uns, und auch die Zustimmung der Grünen spricht dafür, dass es sich um vernünftige Gesetze handelt – wobei ich nicht sage, dass alles, wo die Grünen nicht zustimmen, unvernünftig ist. Das möchte ich schon sagen. (Beifall des Abg. Neudeck.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 278

Die Schlagzeilen in der Presse: „Nicht genügend, setzen: SPÖ blockiert Schulgesetz.“ „Eine goldene Banane für die SPÖ.“ „Die SPÖ auf der Eselsbank.“ „Pfui, Ordnung.“ „Drei SPÖ-Klubobleute und ein Schulpaket.“ „Wird der Bürger den Bocksprüngen noch folgen können?“ – Da ist die SPÖ gemeint. Das ist die Meinung der Presse über eure Schulpolitik!

Meine Damen und Herren! Die Schüler haben ein Glück, dass die Unterrichtsministerin Gehrer heißt und keine Sozialistin das Amt innehat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Schüler haben ein Glück, dass sie in die Diskussion eingebunden werden. Ihr wollt sie ausschließen. Ihr stimmt heute dagegen. Wir werden ihnen das natürlich sagen. Die Schüler und die Jugendlichen wissen natürlich auch, wer die modernere Zukunfts­politik betreibt. Das sehen wir in den Umfragen zu den Europawahlen, die am 13. Juni stattfinden werden.

Meine Damen und Herren! Angesichts dieser Situation darf ich Ihnen meinen obligaten Vierzeiler bringen, an den ich noch einen kleinen Zweizeiler anhänge. (Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Auf Wiedersehen!) – Hören Sie zu!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Man kann den Vierzeiler am Präsidium nicht hören. Ich muss ihn aber hören, damit ich weiß, ob er ordnungsrufverdächtig ist. Ich bitte also um Ruhe! (Allgemeine Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Wolfgang Großruck (fortsetzend): Herr Präsident! Er ist nicht ord­nungsrufverdächtig. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Es sei denn, es kommt jemand nicht mit, dann wird er vielleicht einen fordern. (Ruf bei der SPÖ: Das interessiert niemanden!)

Ihr habt ja damals den Herrn Martin – ich habe es noch in Erinnerung – als großen „Wunderwuzzi“, als Zampano hingestellt. Der Herr Swoboda ist ausgetrickst worden. Er hat immer gesagt: Europa werden wir europareif machen. – Das war sein Beitrag. Jetzt haben Sie den Schlamassel, und ich habe mir einen Vierzeiler einfallen lassen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Hören Sie mir zu, ich bin ja gleich fertig! Meine Damen und Herren! Lautstärke ist kein Argument! Wer von euch ist denn Lehrer? In der Schule sagt man immer: Zuhören! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Okay. Dann seid ihr nie in die Schule gegangen. Ich sage ihn trotzdem:

Herr Martin, wer’s vergessen hat,

war roter Spitzenkandidat.

Als Wunderwuzzi einst erklärt

ist er jetzt Ihr Trojanisch’ Pferd.

Jetzt haben Sie nur mehr Swoboda –

kein Vergleich zu Ursula!

(Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

22.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Einem zu Wort gemeldet. (Beifall bei der SPÖ. – Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen.) Ich möchte dem Herrn Abgeordneten in Ruhe das Wort erteilen können. – 2 Minuten Redezeit. Sie kennen die Geschäftsordnung.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 279

22.56

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Ja, sie ist mir bekannt. (Ruf bei der ÖVP: Die Frage ist, ob er sie einhält! – Abg. Neudeck: Sind Sie der neue Spitzenkandidat?) Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte meinen Vorredner, Herrn Abgeordneten Großruck, in zweierlei Hinsicht tatsächlich berichtigen. (Abg. Mag. Mainoni: Mit einem Vierzeiler!)

Erstens hat er, was mich sehr verwundert, eine Person als „Bartenzwerg“ ange­sprochen. Tatsächlich ist dies unrichtig. Richtig ist, dass diese Person Bartenstein heißt. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war „Gartenzwerg“! Das ist keine tatsächliche Berichtigung!)

Zweitens hat er behauptet, eine Schließungsorgie bei Gendarmerieposten und Polizeidienststellen sei unter Schlögl und Einem erfolgt. – Dies ist tatsächlich unrichtig. (Abg. Dr. Fekter: Löschnak!)

Richtig ist, dass jetzt unter Strasser Gendarmerieposten und Bezirksgendarmerie­kommanden geschlossen werden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

22.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Schasching. Die Redezeit Ihrer Fraktion beträgt noch 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Neudeck: Der Einem hat sich aber nicht gereimt!)

 


22.57

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Welche Bundesregierung als die Regierung der Schließung aller Einrichtungen, die man sich nur vorstellen kann, in diesem Land in die Geschichte eingehen wird, das ist ja wohl klar und muss nicht noch einmal deutlich gemacht werden. Aber ich sage es Ihnen trotzdem: Es ist die blau-schwarze und schwarz-blaue Bundesregierung, die alles nur so zusperrt, was ihr gerade einfällt. – Das hat sie in den letzten drei Jahren wunderbar bewiesen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Das ist nicht richtig! Verzapfen Sie einfach Unwahrheiten?)

Frau Bundesministerin! Wenn Sie sagen, Sie haben Angst vor sozialdemokratischer Bildungspolitik, dann sage ich: Keine Angst, denn wir haben eine ganz klare Linie! Das Bildungssystem braucht die notwendigen Ressourcen, um die Qualität aufrecht­zuerhalten, und unsere Schülerinnen und Schüler und unsere forschende Jugend haben sich diese Ressourcen und Mittel auch verdient, Frau Bundesministerin! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir orientieren uns an den Bildungsweltmeistern, und das sind das finnische und andere Schulsysteme, die logischerweise ganztägige Schulformen und eine nicht zu frühe Selektion haben. Frau Bundesministerin! Das ist unsere klare Linie. Die haben wir nie verlassen. (Beifall bei der SPÖ.)

Als Letztes sei Ihnen noch gesagt: Wir nehmen Schuldemokratie und Schulpartner­schaft wirklich ernst. Nur deshalb können Sie von uns heute zu diesem Antrag keine Zustimmung erwarten. Frau Fuhrmann! Da helfen die ganzen Krokodilstränen nichts, die Sie hier vergossen haben. Schulpartnerschaft heißt wirklich etwas anderes als das, was Sie heute hier vorgelegt haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist nunmehr noch Herr Abgeordneter Broukal gemeldet. 1 Minute Redezeit. – Nein, Entschuldigung. Der Computer hat festgestellt: 0 Minuten Redezeit. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 280

Zum Wort ist nun vorläufig niemand mehr gemeldet. – Das scheint auch endgültig so zu sein.

Die Debatte ist daher geschlossen.

Die Herr Berichterstatter wünschen kein Schlusswort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz und das Landesvertragslehrergesetz geändert werden, in 485 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den Einleitungssatz in Artikel 2 bezieht.

Es liegt nur dieser eine Antrag vor, daher werde ich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des eben erwähnten Abänderungsantrages abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Amon und Rossmann zustimmen, um ein bejahen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Antrag auch in dritter Lesung zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist wieder einstimmig.

Ich stelle ausdrücklich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeord­neten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Dienstnehmerschutz im Lehrerbereich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet nicht die erforderliche Mehrheit, er ist daher abgelehnt.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 486 der Beilagen.

Da dieser Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird, im Sinne des Artikels 14 Abs. 10 der Bundesverfassung nur in Anwe­senheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder beschlossen werden kann, stelle ich diese einmal fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf ihre Zustim­mung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der vorliegende Gesetz­entwurf wurde nicht mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Es liegt somit kein Gesetzesbeschluss des Nationalrates im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung vor.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 281

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung von Verhaltensvereinbarungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag hat die Mehrheit und ist angenommen. (E 53.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 487 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag des Unterrichtsausschusses hat die Mehrheit, er ist angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung von Kleinschulen im ländlichen Raum.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 397/A bis 401/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1781/J bis 1812/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden – und wurde auch schon beantwortet.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, 27. Mai 2004, 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen.

Die Sitzung wird mit einer Fragestunde beginnen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 23.05 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien