Stenographisches Protokoll

67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 17. Juni 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

67. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode               Donnerstag, 17. Juni 2004

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 17. Juni 2004: 9.00 – 20.04 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzen­schutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Weingesetz 1999 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden, mit dem ein Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungs­zentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 168/A der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­mittel­gesetz 1997 geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 375/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflan­zenschutzmittelgesetz 1997 geändert wird

5. Punkt: Bericht über den Antrag 142/A (E) der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Agrarisches Betriebsmittelrecht und Lebensmittel­recht

6. Punkt: Bericht über den Antrag 150/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischun­gen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999) geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 373/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gentechnik-Moratorium sowie zur Regelung der Koexistenz und der Haftung in Zusammenhang mit GVO’s

8. Punkt: Bericht betreffend den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 2

9. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Forschungsförderungs­gesell­schaft mit beschränkter Haftung errichtet wird (Österreichische Forschungsförderungs­gesellschaft mbH – FFG-G) und das Bundesgesetz zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung (Forschungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich (For­schungsorganisationsgesetz – FOG), das Bundesgesetz über das Bankwesen (Bank­wesengesetz – BWG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich, die Einrichtungen der Bundesministerien (Bundesminis­teriengesetz 1986  BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundes­voranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanzgesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz)

10. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich und über die Änderung des Forschungs­förderungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird

11. Punkt: Bericht über den Antrag 300/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und Umsetzung einer öster­reichischen Forschungsstrategie

12. Punkt: Bericht über den Antrag 158/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend VerbraucherInnenbildung und -forschung

13. Punkt: Bericht über den Antrag 398/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofort­maßnahme für die Universitäten und den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF)

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Inhalt

Nationalrat

Präsident Dr. Andreas Khol zum bevorstehenden Ende der Amtsperiode von Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler........................................................................................................... 111

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 64/A (E) der Abgeord­neten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rück­erstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Wohlfahrtsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 7. Juli 2004 zu setzen ............................................................................................................................. 33

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ............................................................................................................. 33


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 3

Redner:

Anton Heinzl ............................................................................................................... 163

Jakob Auer .................................................................................................................. 165

Peter Marizzi ............................................................................................................... 167

Josef Bucher ............................................................................................................... 168

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 168

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 169

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 34

Antrag der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................................ 206

Bekanntgabe ................................................................................................................... 46

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 46

Redner:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 210

Walter Murauer ........................................................................................................... 211

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 212

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 213

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 214

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 215

Fragestunde (9.)

Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ..................................... 12

Heinz Gradwohl (77/M); Franz Eßl, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolf­gang Pirklhuber

Jakob Auer (71/M); Klaus Wittauer, Heidemarie Rest-Hinterseer, Rainer Wimmer

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (75/M); Heidrun Walther, Georg Keuschnigg, Klaus Wittauer

Klaus Wittauer (80/M); Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Petra Bayr, Johannes Zweytick

Mag. Ulrike Sima (78/M); Anna Höllerer, Barbara Rosenkranz, Dr. Gabriela Moser

Notburga Schiefermair (72/M); Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Christian Faul

Dr. Eva Glawischnig (76/M); Georg Oberhaidinger, Matthias Ellmauer, Dipl.-Ing. Elke Achleitner

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (81/M); Heidemarie Rest-Hinterseer, Rosemarie Schönpass, Franz Glaser


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 4

Mag. Kurt Gaßner (79/M); Michael Praßl, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Heidemarie Rest-Hinterseer

Carina Felzmann (74/M); Dr. Eva Glawischnig, Katharina Pfeffer

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 12

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 32

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bedrohung der österreichischen Bildungslandschaft durch SPÖ-Schulreform-Vorschläge (1900/J) ....................................................................... 121

Begründung: Werner Amon, MBA ............................................................................. 125

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 130

Debatte:

Mares Rossmann ....................................................................................................... 133

Dr. Robert Rada (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 136

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 136

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 139

Dieter Brosz .......................................................................................................  141, 161

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 144

DDr. Erwin Niederwieser (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 146

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 147

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 148

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 150

Mag. Andrea Kuntzl (tatsächliche Berichtigungen) ..................................  152, 160, 162

Michaela Sburny ......................................................................................................... 152

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 154

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 155

Sabine Mandak ........................................................................................................... 157

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 159

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 161

Dr. Peter Wittmann (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 162

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (505 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutz­gesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Weingesetz 1999 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geändert werden, mit dem ein Bundesgesetz über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004) (529 d.B.) ............................................................ 34


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 5

2. Punkt: Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird (530 d.B.) ........................................................................................................................ 34

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 168/A der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert wird (531 d.B.) .......................................... 35

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 375/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzen­schutz­mittel­gesetz 1997 geändert wird (532 d.B.) .......................................... 35

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 142/A (E) der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Agrarisches Betriebsmittelrecht und Lebensmittelrecht (533 d.B.) .......................................................................................... 35

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 150/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Herstellung, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen (Futtermittelgesetz 1999) geändert wird (534 d.B.) ................................ 35

Redner:

Heinz Gradwohl ............................................................................................................ 35

Jakob Auer .................................................................................................................... 36

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................. 38

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 40

Gabriele Binder ............................................................................................................ 43

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 44

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 45

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 46

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 48

Christian Faul ............................................................................................................... 49

Karl Freund ................................................................................................................... 50

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 51

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 52

Heinz Gradwohl (tatsächliche Berichtigung) ................................................................ 53

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ....................................................................................... 54

Ing. Josef Winkler ......................................................................................................... 55

Gerhard Reheis ............................................................................................................ 55

Dipl.-Ing. Günther Hütl ................................................................................................. 56

Rosemarie Schönpass ................................................................................................ 57

Notburga Schiefermair ................................................................................................ 58

Mag. Ulrike Sima .......................................................................................................... 58

Heidrun Walther ........................................................................................................... 60

Rainer Wimmer ............................................................................................................ 60

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 61

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der Finanzmittel für die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) – Ablehnung    62, 64

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 529 und 530 d.B. ........................................... 63

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 531, 532, 533 und 534 d.B. ..................... 64


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 6

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 373/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gentechnik-Moratorium sowie zur Regelung der Koexistenz und der Haftung in Zusammenhang mit GVOs (535 d.B.)               65

Redner:

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 65

Heinz Gradwohl ............................................................................................................ 66

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 68

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................. 71

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 73

Georg Keuschnigg ....................................................................................................... 75

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 76

Norbert Sieber .............................................................................................................. 77

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 78

Franz Eßl ....................................................................................................................... 79

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gentechnik-Mora­to­rium – Ablehnung ...........  73, 81

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 535 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Gentechnik-Moratorium sowie zur Regelung der Koexis­tenz und der Haftung in Zusammenhang mit GVOs (E 61) .............................................................................................................................. 80

8. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeits­bericht (III-66 d.B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002 (554 d.B.) ........................................ 81

Redner:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 81

Hermann Gahr .............................................................................................................. 82

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 84

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 85

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 86

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 90

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 91

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 93

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 95

Erwin Hornek ................................................................................................................ 96

Christian Faul ............................................................................................................... 97

Edeltraud Lentsch ........................................................................................................ 98

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 99

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 99

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 100

Johann Ledolter ......................................................................................................... 101

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 101

Hermann Krist ............................................................................................................ 102

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 103

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 104

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 104

Mag. Wilhelm Molterer .............................................................................................. 105

Rechnungshofpräsident Dr. Franz Fiedler .............................................................. 106

Kenntnisnahme des Berichtes ..................................................................................... 112


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 7

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (510 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Österreichische For­schungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet wird (Öster­reichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH – FFG-G) und das Bundes­gesetz zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung (For­schungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich (Forschungs­organi­sationsgesetz – FOG), das Bundesgesetz über das Bankwesen (Bankwesen­gesetz – BWG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich, die Einrichtungen der Bundesministerien (Bundesministerien­gesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanz­gesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Struktur­reform­gesetz) (538 d.B.)               ............................................................................................................................. 112

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (506 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich und über die Änderung des Forschungsförderungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird (539 d.B.) ..................................................................................... 113

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 300/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und Umsetzung einer österreichischen Forschungsstrategie (540 d.B.) ....................................................... 113

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 158/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend VerbraucherInnenbildung und -forschung (541 d.B.) ..................................................................................................... 113

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 398/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Josef Broukal, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten und den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) (542 d.B.) .......................................................................................................... 113

Redner:

Josef Broukal .............................................................................................................. 114

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 115

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 117

Mag. Dr. Magda Bleckmann ...................................................................................... 119

Petra Bayr ................................................................................................................... 169

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 170

Michaela Sburny ......................................................................................................... 172

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 174

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 179

Vizekanzler Hubert Gorbach ..................................................................................... 180

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 183

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 185

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 186

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 188

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 189

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 190


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 8

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 191

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 193

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 194

Martin Preineder ......................................................................................................... 195

Heidrun Walther ......................................................................................................... 196

Johannes Zweytick .................................................................................................... 197

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 198

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 199

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 200

Carina Felzmann ........................................................................................................ 201

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 202

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 203

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 204

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 538 und 539 d.B. ......................................... 205

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 540, 541 und 542 d.B. .......................... 206

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 32

537: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Re­publik zur Verwirklichung eines Eisenbahntunnels auf der Brennerachse

545: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

551: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die polizeiliche Zusammenarbeit

552: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit

553: Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Ver­hinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

555: Bundesgesetz, mit dem das Umweltmanagementgesetz 2001 geändert wird

556: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungs­ge­setz 1994, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Reichshaft­pflichtgesetz, das Rohrleitungsgesetz und das Gaswirtschaftsgesetz geändert werden

557: Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (24. KFG-Novelle)

Anträge der Abgeordneten

DDr. Erwin Niederwieser, Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend 5 Millionen Euro jährlich als Sofortmaßnahme zur Existenzsicherung der nichtkon­fessionellen Schulen in freier Trägerschaft (419/A) (E)

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Barbara Prammer, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Entschädigungsfondsgesetz geändert wird (420/A)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 9

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Christine Lapp, Josef Bucher, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versöhnungsfonds-Gesetz geändert wird (421/A)

Mag. Eduard Mainoni, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971 geändert wird (422/A)

Mag. Eduard Mainoni, Werner Miedl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesbahngesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Eisenbahngesetz 1957 geändert werden (423/A)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Glücksspielgesetzes (424/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung der Rücktrittsfristen für KonsumentInnen bei allen Konsumentengeschäften auf 14 Tage“ (425/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Werner Amon, MBA, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bedrohung der öster­reichischen Bildungslandschaft durch SPÖ-Schulreform-Vorschläge (1900/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Nationale Fußballinformationsstelle und Sicherheit bei Fußballmeisterschaftsspielen in Österreich“ (1901/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend „Nationale Fußballinformationsstelle und Sicherheit bei Fußballmeister­schaftsspielen in Österreich“ (1902/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Dauer der Bearbeitung von Pflegegeldanträgen (1903/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einsatz und Sicherheit von Wireless Lan’s (WLan’s) in Schulen (1904/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Autobahn-Ostumfahrung von Linz“ (1905/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend österreichische Aktivitäten im Rahmen der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (1906/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die mutmaßlich steigende Anzahl der durch Menschenhandel und Verschleppungen nach Österreich gekommenen Personen (1907/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Rückerstattung der Studiengebühren an Studierende aus Entwicklungsländern an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie der Wirtschaftsuniversität Wien (1908/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 10

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend erhöhten Aufwand an öffentlichem Sicherheitspersonal für Wahlkampfveranstaltungen der Freiheitlichen Partei (1909/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Drogenprävention (1910/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Drogenprävention (1911/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Umsetzung der sieben EZA-Schwerpunkte, wie unter irischer EU-Präsidentschaft formuliert (1912/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haftentschädigung im Fall Peter Löffler (1913/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Haftentschädigung im Fall Peter Löffler (1914/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend die Rückerstattung der Studiengebühren an Studierende aus Entwicklungsländern an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien sowie der Wirtschaftsuniversität (1915/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Allokationsplan für den Emissionshandel zur Reduktion von Kohlendioxid (1916/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Team 04 – Vorschläge zur Umstrukturierung der Kriminalpolizei in St. Pölten (1917/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend Hotline – „0800112 112 – Notruf für Opfer“ (1918/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Auflösung der Zollwache mit 01. Mai 2004 und Aufteilung des Personals (1919/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Sonderregelung“ für bisherige Zollwachebedienstete am Flughafen Wien (1920/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend zunehmende gentechnische Kontamination von Saatgut, Futter- und Lebensmitteln (1921/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Gesundheit und Frauen betreffend zunehmende Risiken durch gen­technische Kontaminationen von Lebensmitteln (1922/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Missstände Österleingasse xx (1923/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Ermittlungen im Fall Gebauer (1924/J)

Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Fall Gebauer (1925/J)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 11

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Frauenorganisationen und Frauenbildungseinrichtungen (1926/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Teilnahme an der Fast Track Initiative der Weltbank und Geberländern (1927/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die ADEA-Diskussionsplattform (1928/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Häufung von unbegründeten Befristungen von Lenkberechtigungen (1929/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Häufung von unbegründeten Befristungen von Lenkberechtigungen (1930/J)

Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Häufung von unbegründeten Befristungen von Lenk­berechtigungen (1931/J)

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie alle im Hohen Haus.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Kopf, Csörgits, Dr. Gusenbauer, Verzetnitsch und Dr. Lichtenberger.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mit­gliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter wird durch den Bundesminister für Inneres Dr. Ernst Strasser vertreten.

Fragestunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr, um 9.01 Uhr, zur Fragestunde, und ich beginne mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 1. Anfrage formuliert Herr Abgeordneter Gradwohl. Ich bitte um die Verlesung der Frage.

 


Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Ich stelle an Sie die vor zwei Tagen schriftlich überreichte Anfrage:

77/M

„Welche Änderungen am österreichischen Umsetzungsmodell der europäischen Agrar­reform werden Sie vornehmen, um den enttäuschten und verärgerten Biobauern eine Benachteiligung im Vergleich zum österreichischen Durchschnittsbetrieb zu ersparen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Der Beantwortung Ihrer Frage muss man Folgendes voranstellen: Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik macht keinen Unterschied zwischen konventionellen Bauern und Biobauern.

Wir haben für die Biobauern in Österreich und in der EU ein eigenes Programm, ein Umweltprogramm etabliert. Dieses Programm ist von dieser Reform nicht betroffen. Ich kann daher aus der Reform heraus keine Schräglage zu Lasten oder zu Gunsten eines Produktionszweiges erkennen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 13

Was die Frage von einzelnen Kulturführungen betrifft, werden wir uns in einem eigenen Fonds – Härte- und Sonderfälle-Fonds – entsprechende Antworten überlegen.

Klar ist: Die Biobauern sind durch die Reform in der ersten Säule nicht benachteiligt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Bundesminister! Ich gebe Ihnen Recht, dass in der GAP-Reform die Biobauern nicht benachteiligt sind, sie sind es aber durch die nationale Umsetzung. Das geht auch aus einer Aussendung der ARGE Biobauern hervor, die wegen der geplanten Agrarreform enttäuscht und verärgert sind und auch befürchten (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) – ich komme schon zur Frage, Herr Präsident –, dass durch das von Ihnen vorgeschlagene Österreich-Modell der Umsetzung und durch die eingefrorene Prämiensituation zukünftig geringere Prämien für Biobetriebe festgeschrieben sind.

Das, Herr Bundesminister, wäre eine Maßnahme, die gegen die ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter, formulieren Sie die Frage! (Abg. Mag. Mainoni: Das ist eine Fragestunde!)

 


Abgeordneter Heinz Gradwohl (fortsetzend): ... – ich bin dabei, Herr Präsident! – bisherige Usance der Bio-Landwirtschaft in Österreich ist.

Wie wollen Sie die Vorreiterposition in der Europäischen Union in dieser Hinsicht beibehalten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Noch einmal: Ich kann nicht erkennen, dass eine Schräglage gegeben ist. Wir haben kein österreichisches Modell umgesetzt, sondern aus der Reform heraus das Betriebsprämien-Modell gewählt. Dadurch kommt es – im Gegen­satz zu anderen Ländern – zu keiner Umverteilung zwischen Produktionsbereichen, damit auch nicht zwischen bio, konventionell und umgekehrt.

Wir konservieren das, was an Förderungsvolumen da war, auch für die Biobauern in Zukunft, und wir werden – um auf Ihre Frage zurückzukommen – ganz klar auch in der neuen Periode der ländlichen Entwicklung mit einem eigenen Umweltprogramm, mit einer eigenen Bio-Förderung, die in diesem Ausmaß in Europa einzigartig ist, jedenfalls in die Verhandlungen gehen und für die neue Periode diese Summen auch sicher­stellen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Mainoni.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Eßl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Programm für ländliche Entwicklung zieht meiner Meinung nach nicht nur für die Bauern, sondern für die gesamte Bevölkerung positive Effekte nach sich.

Welche Effekte sind es aus Ihrer Sicht (Abg. Brosz: ... Frage, bitte! – Abg. Mag. Molterer: Das war die Aufklärung für den Brosz!), die das österreichische Programm für die Entwicklung des ländlichen Raumes nach sich zieht?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben in der Agrarpolitik in Europa in den letzten Jahren ein System etabliert – und mit der Reform noch vertieft –, welches vorsieht, dass neben den Marktordnungszahlungen für Bauern, die direkt erfolgen, vor allem das Programm


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der ländlichen Entwicklung ausgebaut wird. Wir werden als Österreicher davon profitieren können.

Die ländliche Entwicklung umfasst nicht nur das Umweltprogramm für die Bauern, die Ausgleichszulage für die Bergbauern, sondern auch – mit dem Artikel 33 – ein Programm, durch das Projekte, integrative Projekte unterstützt und verwirklicht werden können – Projekte, die im Sozialbereich, im Tourismusbereich, im Wirtschaftsbereich und im Landwirtschaftsbereich angesiedelt sind. Wir geben also in der ländlichen Entwicklung weit über den agrarischen Kernbereich hinaus Antworten für die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Mainoni.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Neben dieser Agrarreform, die für die Biobauern Probleme bereiten könnte oder bereiten wird, ist das Bundestierschutzgesetz momentan sehr in Diskussion, auch für die Bauern.

Sehen Sie gerade für den Biobereich hier eventuell zusätzliche Nachteile, weil es eine schwierigere oder schwächere Abgrenzung zu den konventionellen Bauern geben wird, wenn diese Standards für alle Bauern höher sein werden – wobei momentan ja der Biobauer gegenüber den konventionellen Bauern weit besser gestellt war?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Solche sehe ich nicht. Warum nicht? – Das Bundestier­schutzgesetz integriert nun neun Ländergesetze auf einem einheitlichen Standard. Für die Biobauern ist ja abseits der Tierhaltung noch vieles andere im ökologischen Sinn zu erledigen. Was die Frage der Futterbasis betrifft, was die Frage der Düngung, der Pestizide und so weiter betrifft, grenzen sich die Biobauern in ihrer Produktion ganz klar ab, und an dem wird nichts verändert.

Im Übrigen ist es so, dass die Biobauern schon in den letzten Jahren in der Investitionsförderung für ihre Investitionen in besonders tierfreundliche Stallungen mehr lukrieren konnten als andere Betriebe.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirkl­huber, bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Wir sind uns einig darüber, dass die Agrarreform zwei Umsetzungsmodelle gewährleistet, nämlich einerseits Betriebsprämien-Modell und andererseits einheitliches Flächen­modell.

Ich zitiere aus einer Mitteilung des Hauptverbandes der Land- und Forstwirtschafts-Betriebe (Rufe bei der ÖVP: Frage! Frage!):

Würde sich nun Österreich für die einheitliche Flächenprämie auf Bundesländerbasis entscheiden, ergäbe das eine österreichische Einheitsprämie (weitere Rufe bei der ÖVP: Frage! Frage!) von rund 250 € pro Hektar. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Dies ergeben Berechnungen des Bundesministeriums, Abtei­lung III/7. – Ende des Zitats.

Meine Frage, Herr Bundesminister: Warum haben Sie uns diese Unterlagen hier in diesem Haus, sowohl dem Landwirtschaftsausschuss als auch dem Rechnungshof-Unterausschuss, bisher vorenthalten?

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 15

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben die Reform der Agrarpolitik im Juni 2003 beschlossen. Diese Reform sieht im Großen und Ganzen zwei Möglichkeiten vor: ein Betriebsprämien-Modell und die Frage von Flächenprämien.

Wir haben uns für das Betriebsprämien-Modell entschieden. Warum? – Weil wir keine Verwerfungen in Österreich zwischen den Produktionssparten haben. Sie sehen alleine an dieser Publikation, dass wir niemandem – niemandem! – Berechnungen und Sonstiges vorenthalten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit kommen wir zur 2. Anfrage, die Herr Abgeordneter Jakob Auer formuliert. – Bitte.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

71/M

„Wie wird die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe im Zusam­menhang mit der EU-Erweiterung gestärkt?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich denke, dass es eine zentrale Herausforderung ist, es unseren Bäuerinnen und Bauern, den bäuerlichen Betrieben zu ermöglichen, dass sie auf gleicher Augenhöhe wirtschaften können. Wir werden dazu ein Maßnahmenpaket haben:

Erster Punkt – gerade angesichts der Erweiterung –: Gleiche Standards für alle in der Produktion müssen überprüft und sichergestellt werden.

Zweitens: Wir haben in Österreich im Rahmen der Steuerreform mit dem Agrardiesel, der überfällig war und jetzt mit 50 Millionen € verwirklicht werden wird, eine wettb­ewerbsstrategisch richtige Antwort gegeben, und auch das Tierschutzgesetz erfüllt diesen Sinn. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Jakob Auer. – Bitte.

 


Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Trotzdem tut sich die Frage auf:

Wie wird nachhaltig der landwirtschaftliche Produktionsstandort vor allem im Bereich Milch, Getreide und Fleisch sichergestellt?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich glaube, es sind zwei wesentliche Punkte.

Erstens: Wir werden – und ich will – in der ländlichen Entwicklung die Investitions­förderung stärken, ganz gezielt jene Betriebe stärken, die investieren, die sich entscheiden, sich zu vergrößern oder Betriebsumstellungen vorzunehmen.

Und zweitens: Ich bin dabei – und das ist ein Schlüssel –, daran zu arbeiten, dass wir für unsere Lebensmittel neue Märkte erobern. Das wird einer von den großen Punkten sein: auf den Märkten in den zehn neuen Mitgliedstaaten die entsprechenden erfolg­reichen Antworten zu geben.

 



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Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Wittauer.

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ich weiß, dass Sie gerade im Export gegenüber den neuen Ländern sehr viele Initiativen gesetzt haben.

Wie sehen Sie gerade im Zusammenhang mit der GAP-Reform die Wettbewerbs­fähigkeit gegenüber den neuen Ländern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist gut, dass wir im Juni 2003 mit der Reform der Agrarpolitik gemeinsam für alle 25 Mitgliedstaaten einheitliche Regeln definiert haben. Das allein ermöglicht es uns, auf gleicher Augenhöhe zu produzieren, mit gleichen Wett­bewerbsbedingungen ins Rennen zu gehen. Das ist wichtig, damit es innerhalb von Europa für die Bäuerinnen und Bauern zu keiner Schräglage kommt.

Wir werden auch – und das sage ich ganz klar und deutlich – mit dem, was Österreich in der ländlichen Entwicklung mit unseren Umweltprogrammen und so weiter gemacht hat, verstärkt auftreten. Das grenzt uns positiv zu den Mitbewerbern ab.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer.

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Bundesminister! Auf Grund des Scheiterns der Verhandlungen der WTO in Cancún im Herbst 2003 konnte auch eine von der EU beabsichtigte Verlängerung der so genannten Friedensklausel nicht beschlossen werden.

Meine Frage dazu – sie betrifft etwas, was auch mit dem Wettbewerb zusam­menhängt –: Sind auf Grund des Auslaufens der so genannten Friedensklausel bereits Verfahren vor dem WTO-Schiedsgericht im Bereich der Landwirtschaft anhängig?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ist mir momentan nicht bekannt. Klar ist, dass wir in der Frage WTO Antworten geben müssen. Sie wissen, dass in Genf sehr, sehr intensiv verhandelt wird, dass es ein neues Angebot der Europäischen Union gibt, über das man geteilter Meinung sein kann, aber klar ist: Wir brauchen ein Welthandelssystem, das in den nächsten Monaten und Jahren neu errichtet werden muss, um genau die Frage Auslaufen der Friedensklausel und damit Prozesse zwischen den großen Blöcken in Wirtschaftsfragen hintanzustellen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Bundesminister! Wir wissen, dass durch die Erweiterung der Europäischen Union besonders die klein strukturierten Betriebe noch schwerer unter Druck geraten sind. Zurzeit sind ja die Förderungen vorwiegend von der Größe der Flächen abhängig: Große Betriebe – hohe Förderungen; kleine Betriebe – niedrige Förderungen. Das ist sehr ungerecht.

Ich stelle daher die Frage: Wann wird endlich der anfallende Arbeitseinsatz für die Berechnung der Förderungen herangezogen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Der Arbeitseinsatz wird zum Beispiel in der Frage der


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Investitionsförderung bereits als Grundlage der Bemessung herangezogen. In der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik ist der Arbeitskraft-Ansatz als Bemessung nicht vorgesehen und damit auch in Österreich nicht umzusetzen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den 2. Fragenkomplex beantwortet.

Den dritten leitet Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber mit seiner Frage ein. – Herr Abgeordneter, bitte formulieren Sie die Frage.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

75/M

„Welche konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der EU-Agrarreform werden Sie in den Bereichen Biolandbau, Investitionen in tiergerechte Haltungssysteme und gentechnik­freie Produktion setzen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist so, dass wir die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik mit dem entkoppelten Betriebsprämien-Modell umsetzen werden. Wir werden die ländliche Entwicklung weiterführen.

Was die Frage der tierfreundlichen Haltungssysteme betrifft, so gehen bereits jetzt zwei Drittel der Investitionsförderung in Stallbausysteme und 83 Prozent davon in besonders tierfreundliche. Wir werden diesen Weg konsequent weiter fortsetzen und die Investitionsförderung auch in der ländlichen Entwicklung in Zukunft stärken.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Herr Kollege? – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Zur gentechnikfreien Produktion haben Sie mir nicht geantwortet, aber vielleicht können Sie das ausführlich tun, nachdem ich meine Zusatzfrage formuliert habe (Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll: Gerne!), welche lautet:

Werden Sie auch bei der Neugestaltung des österreichischen Programms für eine umweltorientierte Landwirtschaft, im ÖPUL-Neu, vorsehen, dass gentechnikfreies Saatgut eine Voraussetzung für die Förderungsgewährung sein wird?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: In der Frage der Gentechnik sind wir ohne Zweifel europäischer Spitzenreiter. Sie kennen die Position von mir und der Bundesregierung zu diesem Thema, und wir sind, was die Frage der Schwellenwerte für Saatgut und andere Fragen betrifft, ganz vorne mit dabei. Wir werden auch in der Frage der Ausrichtung der ländlichen Entwicklung, des Umweltprogramms alle Fragen, die in Zukunft behandelt werden müssen, entsprechend gemeinsam diskutieren und einer ent­sprechenden Lösung zuführen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Walther.

 


Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Bundesminister! Welche Investitionen sind genau für die Ökologisierung der Landwirtschaft geplant – über die Angaben, die Sie schon gemacht haben, hinaus? Und zusätzlich: Stimmt die Kritik der Biobauern, dass sie im Verhältnis zu den konventionell wirtschaftenden Bauern jetzt durch die


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Prämiensituation Nachteile haben? – Ich weiß, dass die Frage so ähnlich schon gestellt wurde, aber ich möchte sie noch genauer beantwortet wissen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Noch einmal zur Präzisierung: Die Reform der Agrarpolitik greift nicht in das Gefüge der Prämien zwischen Biolandbau und konventionellem Landbau ein. Das Betriebsprämien-Modell nimmt das, was historisch erworben wurde, und schreibt es in Zukunft fort. Damit kommt es zu keiner Umverteilung, keiner Schräglage.

Klare Antwort: Die Biobauern sind aus dieser Entwicklung nicht benachteiligt. Wir haben im ÖPUL die Prämien unverändert gelassen, und wir werden ganz sicher die Biobauernförderung auch in Zukunft als zentralen Bestandteil der ländlichen Entwicklung sehen.

Die andere Frage, die noch mitgedacht werden muss: Man darf Biolandbau nicht ausschließlich über Ausgleichszahlungen diskutieren. Es geht auch um die Frage: Wie differenziert der Markt zwischen Preisgestaltung für Biobauern, Gütezeichen-Pro­grammen und konventionellen Produkten? Dort müssen wir unsere Anstrengungen noch intensivieren, und ich werde auch im Rahmen des Bio-Aktionsprogramms, das ich in Österreich etabliert habe und das jetzt in Brüssel diskutiert wird, auf gemein­schaftlicher Ebene alles dafür tun, dass die Biobauern am Markt gestärkt werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Keuschnigg. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Herr Bundesminister! Die Investitionskraft der bäuerlichen Betriebe ist für die Weiterentwicklung des Sektors der Land- und Forstwirtschaft von vorrangiger Bedeutung. Welche Maßnahmen beinhaltet die Inves­titionsoffensive im Rahmen der ländlichen Entwicklung neu?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich werde zeitgerecht für die neue Periode, die ab 2007 startet, einen breiten Diskussionsprozess anbieten, nämlich auch über die Frage Investitions­förderung neu. Ich denke, dass wir das, was bewährt ist – Stallbauförderung, Förderung von besonders tierfreundlichen Ställen, Verarbeitungs- und Vermarktungs­stärkung, die Frage von Qualitätsoffensiven und so weiter und so fort, also das gesamte Bouquet –, sehr intensiv diskutieren werden, damit wir in der Investitions­förderung neu ab 2007 strategisch, wettbewerbspolitisch richtige Antworten geben können.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Wittauer.

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Minister! Sie wissen, 80 Prozent der Bevölkerung lehnen genmanipulierte Lebensmittel ab. Es gibt einen Vier-Parteien-Konsens, dass Österreich als gentechnikfreie Zone erhalten bleiben soll. Welche Maßnahmen werden Sie gegen eine Überflutung des österreichischen Marktes mit genmanipulierten Produkten aus dem EU-Raum setzen, um den heimischen Markt und unsere Bauern zu schützen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: In der Frage der Verwendung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln – man muss hier genau trennen zwischen Lebensmitteln und der


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Aussaat, Auspflanzung von Pflanzen – hat der Konsument seit 18. April die Wahl. Es gibt EU-weit ein Kennzeichnungssystem. Ich habe mich immer gegen die Gentechnik ausgesprochen, auch im Rat in Luxemburg mit unserer Stimme zusammen mit anderen verhindert, dass im Agrarministerrat bereits die Zulassung erfolgt ist. Die Kommission hat dann in der Frage Bt-11-Mais anders entschieden. Aber der Konsument kann wählen. Es liegt in seiner Hand, mit der Kennzeichnung darüber zu entscheiden: Nimmt er gentechnisch veränderte Lebensmittel oder nicht?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Danke, Herr Bundesminister.

Wir kommen zum 4. Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Wittauer durch das Vortragen der Frage einleitet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister!

80/M

„Welche konkreten Maßnahmen werden Sie bis Jahresende setzen, um die Produktion von heimischem Bio-Diesel zu erhöhen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist so, dass ich bereits im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sehr, sehr dafür gekämpft habe, dass wir trotz eines entkoppelten Modells einen Zusatz-Input für die Frage alternativer Treibstoffe geben. Sie werden in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen, und es ist gelungen, dass zukünftig 45 € pro Hektar für den Anbau dieser Kulturen zur Verfügung stehen werden.

Die Umsetzung der Biokraftstoff-Richtlinie der Europäischen Union, die am Dienstag in den Eckpunkten durch den Ministerrat gegangen ist und jetzt in einer Verordnung auch entsprechend in Begutachtung gehen wird, wird natürlich diesen Markt für nach­wachsende Energien in Zukunft entsprechend beeinflussen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Wittauer? – Bitte.

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie wissen, dass in vielen Bereichen Österreichs das Angebot des Biodiesels nicht gewährleistet ist. Gerade angesichts der letzten Zahlen über das Wirtschaftswachstum in Asien und in den Ländern der Dritten Welt und des damit verbundenen steigenden Bedarfs an Öl ist derzeit keine Verbilligung des Rohölpreises in Sicht.

Wie wurde diese Produktion bisher und wie wird sie künftig gefördert werden? Wie soll der Ausbau der heimischen Produktion künftig gewährleistet werden? Was ist Ihr Zielprozentsatz an Biodiesel gemessen am Jahres-Gesamtdieselverbrauch?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, das waren drei Fragen, aber der Herr Minister wird sie wohl in einem beantworten.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter Wittauer! Die Frage der Umsetzung der Biotreibstoff-Richtlinie der Europäischen Union beinhaltet indikative Zahlen oder fakultative Zahlen, nämlich: 2 Prozent Beimischung von alternativen Treibstoffen mit dem Jahr 2005 und 5,75 Prozent in der Endausbaustufe im Jahr 2010.

Ich und wir wollen dieses Ziel ambitionierter erreichen, nämlich bereits im Jahr 2008 5,75 Prozent, und zwar mit zwei Tangenten: Biodiesel-Beimischung zu fossilem Treibstoff – oder rein, um das Gesamtvolumen zu erreichen – und Äthanol als


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wichtige zukunftsstrategische Ausrichtung auch der Landwirtschaft: Bioäthanol als Beimischung für den Benzin. – Mit diesen Zahlen sind die Eckpunkte festgelegt.

Ich muss auch ganz klar dazusagen: Abseits dieser 45 € wird sich hier ein Markt einspielen, ein Markt der Nachfrage auf Grund dieses Bedarfs, und dann stellt sich die Frage der Gestaltung des Angebots.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben es bei der Steuerreform 2005 verabsäumt, Pflanzenöle und nachwachsende Rohstoffe steuerlich von der Mineralölsteuer zu entkoppeln. Welche weiteren Optionen für umweltschonende, nachhaltig erneuerbare Treibstoffe sollten Ihrer Meinung nach verfolgt werden? Und welche Projekte und Maßnahmen Ihrerseits sind dazu geplant?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Mit der von mir bereits angesprochenen Verordnung – Bio­treibstoff-Richtlinie  werde ich versuchen, dieses Ziel mit den Beimischungs­prozenten umzusetzen und 2008 bereits 5,75 Prozent zu erreichen. Die entsprechen­den Gespräche, auch was die Frage der steuerlichen Antwort betrifft, laufen sehr intensiv.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das deutsche Bundesumweltamt vertritt die Meinung, dass aus Sicht des Umwelt­schutzes der Vorteil von Rapsöl und Rapsmethylester gegenüber Mineralöldiesel nicht besonders groß ist, und zwar deswegen, weil der Anbau und die Verarbeitung des Rapses sehr energieintensiv sind und so nur ein Klimaschutznettoeffekt zwischen 17 und 29 Prozent übrig bleibt.

Daher meine Frage: Wie viel Hektar Rapsanbaufläche wären eigentlich notwendig, um die von Ihnen forcierte Biodieselbeimischung zu gewährleisten? Und wie quantifizieren Sie die Auswirkungen, was den hohen Dünger- und Pestizideinsatz, den hohen Grundwassereinsatz, die Bodenbelastung und die Monokulturen betrifft, die dann auch schädliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt hätten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Genau aus diesen Gründen werde ich ein Stufenmodell vorschlagen, um nicht schlagartig einen riesigen Flächenbedarf abzurufen. Klar ist, dass alleine der Bedarf an Biodiesel durch österreichische Flächen in Hinkunft strate­gisch nicht gedeckt werden kann. Und deshalb werden wir auch ein Hauptaugenmerk auf die Produktion von Äthanol legen müssen. Äthanol ist international als Beimischung bereits stark im Vormarsch, und ich denke, dass in dieser Ausgewogenheit zwischen Biodieselproduktion und Beimischung einerseits und der Frage der Äthanolverwendung andererseits ein vernünftiges Verhältnis gesucht werden muss, um Umweltauswirkun­gen, Monokulturen und Probleme für die Bäuerinnen und Bauern in der Fruchtfolge hintanzuhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Zweytick. – Bitte, Herr


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Abgeordneter.

 


Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wie wird Österreich die EU-Biotreibstoff-Richtlinie umsetzen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zur Frage der Umsetzung der Biotreibstoff-Richtlinie der EU wird in den nächsten Wochen eine Verordnung von mir in Begutachtung gehen, mit der im Wesentlichen das Ziel von 5,75 Prozent Beimischung, das die EU mit 2010 vorgibt, bereits 2008, also früher und ambitionierter erreicht und ein schrittweises „Hineinwachsen“ ab 2005 gestaltet werden soll.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit haben wir den 4. Fragenkomplex beantwortet. Den 5. leitet Frau Abgeordnete Mag. Sima ein. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

78/M

„Was haben Sie konkret für Maßnahmen angesichts der drohenden Neuzulassungen von Genprodukten auf EU-Ebene gesetzt, um die österreichische Bevölkerung vor Gen-Nahrungsmitteln zu schützen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zum Ersten habe ich in allen Gremien – und nicht nur ich, das geschah in allen Gremien, in denen wir vertreten sind – auf europäischer Ebene klargemacht, dass wir eine sehr kritische, ablehnende Haltung gegenüber der Gentechnik in der Frage der Aussaat, aber auch in der Frage der Produkte und Lebensmittel einnehmen.

Ich habe alle Minister der Länder der Europäischen Union, Umwelt- und Landwirt­schaftsminister, vor diesem Prozess schriftlich um Abstimmung gebeten. Es gelang uns damit, die Entscheidung im Agrarministerrat für eine offensive Anwendung zu verhindern.

Klar ist, dass die Kommission anders entschieden hat und jetzt mit der Kenn­zeich­nungsregelung die entsprechende Antwort auch beim Konsumenten – in den Waren­strömen – liegt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Was Österreich konkret betrifft: Wird es von Ihrer Seite ganz klare gesetzliche Vorgaben geben, dass man in Österreich auch so genannte gentechnikfreie Zonen einrichten kann, damit sich die österreichischen Bauern und Biobauern vor dem Einsatz von Gentechnik im Saatgut und im Landwirtschaftsbereich schützen können?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Was die Frage der Einrichtung von gentechnikfreien Zonen, die Frage der Koexistenz und der Haftung, die unmittelbar damit verbunden sind, betrifft, gibt es einen intensiven Diskussionsprozess mit den Bundesländern und mit dem Bundesministerium für Frauen und, und (Abg. Dr. Pirklhuber: Gesundheit!) Gesund­heit – danke schön! Wir werden auf dieser Ebene gemeinsam die entsprechenden Antworten geben.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 22

Es ist auch wichtig, zu betonen, dass ich dabei bin, in Europa eine europaeinheitliche Regelung zu diskutieren, damit nicht Österreich auf Grund seiner Grenzlage zu den zehn neuen oder zu ein paar der zehn neuen Mitgliedsländer unter Druck kommt. Ich will, dass die Frage der Abgrenzung von gentechnikfreien Zonen mit den dazu­gehörigen Parametern europäisch definiert wird.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Höllerer. – Bitte.

 


Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ein entscheidendes Thema der Landwirtschaft sind auch die GVO-Schwellenwerte beim Saatgut.

Wie weit sind die Diskussionen bezüglich einer EU-Schwellenwert-Verordnung für GVO-Verunreinigung beim Saatgut fortgeschritten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Auch in der Frage der Schwellenwerte für Saatgut und GVO-Verunreinigungen ist es wichtig, zu betonen, dass Österreich hier Vorreiter ist. Wir haben eine 0,0-Schwelle, und wir wollen keine Gentechnik in Österreich akzeptieren. In Europa gibt es Diskussionen über Verunreinigungswerte zwischen 0,3 und 0,7 Prozent, die sind aber nicht abgeschlossen. Wir bringen uns mit unserem Know-how, mit unserem Beispiel immer sehr aktiv ein.

Ich denke, dass das noch ein schwieriger, aber sehr, sehr intensiver Diskussions­prozess werden wird. Es sind noch keine Entscheidungen gefallen, aber die Diskussion schreitet voran.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Rosenkranz.

 


Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Gerade in Bezug auf gentechnisch veränderte Lebensmittel sind Transparenz und Erkennen derartiger Produkte für den Konsumenten ein unabdingbares Erfordernis.

Unterstützen Sie die Forderung, gentechnisch veränderte Lebensmittel in eigens dafür gekennzeichneten Regalen im Lebensmittelhandel, aber auch bei der Direktvermark­tung anzubieten?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich sage dazu ganz klar und deutlich Folgendes: Es gibt EU-Regelungen für die Frage der Kennzeichnung, und ich bin dabei, diese EU-Rege­lungen so zu akzeptieren, wie sie gemeinsam gestaltet wurden.

Klartext gesprochen: Der Konsument kann in seiner Einkaufsentscheidung klar zwischen gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln und solchen, die das nicht sind, differenzieren. Und wir sollten das auch in Österreich so umsetzen.

Im Übrigen haben ja die meisten Lebensmittelketten von sich aus gesagt, dass sie gentechnisch veränderte Produkte in ihren Regalen nicht listen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Moser.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Für die KonsumentInnen sind bei der gentechnikfreien Produktpalette zwei Fragen entschei­dend: einerseits die Kontrolle, andererseits die Haftung.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 23

Die Kontrolle ist unterfinanziert – Sie wissen, die AGES steht finanziell vor dem Konkurs –, die Haftungsfrage ist ungeklärt ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Stellen Sie die Frage, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Wann wird die Haftungsfrage im Gentechnikgesetz endgültig geregelt? Und wie soll sie aussehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich muss Ihnen widersprechen, wenn Sie hier über finanzielle Belange der AGES sprechen: Dies entspricht nicht den Tatsachen! – Erstens.

Zweitens: Natürlich sind die Kontrollsysteme in Österreich ganz klar aufgestellt: mit der Agentur für Ernährungssicherheit, Lebensmittelkontrolle – Sie kennen die Abläufe. Es hat sich jeder an die Gesetze zu halten. Und es ist seit 18. April Gesetz, gentechnisch veränderte Produkte jedenfalls kennzeichnen zu müssen. Ich gehe davon aus, dass diese Ströme entsprechend kontrolliert, ausgewiesen und dargestellt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den 6. Fragekomplex leitet Frau Abgeordnete Schiefer­mair durch ihre Frage ein. – Frau Kollegin, bitte formulieren Sie die Frage! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Haftungsfrage!)

 


Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Frage:

72/M

„Wie wendet Österreich die Modulation im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik an?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich darf vorher vielleicht noch ganz kurz etwas zur Haftung sagen: Diese Frage der Haftung wird natürlich auch im Zuge der Umsetzung der Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union zu diskutieren sein, die aber nicht in meiner Kompetenz liegt – um Ihnen vollständig zu antworten.

Zu Ihrer Frage der Modulation: Die Reform der Agrarpolitik gibt die Modulation vor. Alle Betriebe, die mehr als 5 000 € aus der ersten Säule der Agrarpolitik haben, müssen modulieren, es wird ein Betrag einbehalten. 2005 werden 3 Prozent, im nächsten Jahr dann 4 Prozent und im Endstadium 5 Prozent einbehalten. Diese Mittel bringen für Österreichs ländliche Entwicklung einen Zuwachs, den ich ganz gezielt für die Investförderung verwenden will.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte.

 


Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Erfolgt die Modulation im europäischen Gleichklang?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Die Modulation ist im europäischen Gleichklang, sie ist einheitlich in der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik für alle Mitgliedsländer im Juni 2003 beschlossen worden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch, bitte.

 



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Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Wie sieht es mit dieser Modulation ab 2007 aus? Momentan schaut es so aus, dass die Agrarminister danach diese prozentuellen Kürzungen sehr wohl erhöhen können, und zwar auf mehr als die von Ihnen genannten 5 Prozent. Gibt es diese Möglichkeit? Wenn ja, was ist in dieser Richtung in der Europäischen Union geplant?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich will nicht verhehlen, dass wie alle anderen Politikbereiche natürlich auch die Agrarpolitik immer politischen Entscheidungen unterliegt und grundsätzlich alles verändert werden kann, gehe aber davon aus, dass das Grund­system, das wir im Juni 2003 festgelegt haben, sichere Rahmenbedingungen – den Finanzrahmen und die Bedingungen – für die Bäuerinnen und Bauern bis 2013 schafft. Klar ist, dass über die Frage der Modulation auch zukünftig diskutiert werden kann. Ich gehe davon aus, dass die Zahlen halten werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. – Bitte, Frau Kollegin. (Abg. Dr. Glawischnig: Nein, das war falsch!) – Gemeldet ist Pirklhuber.

Herr Kollege, wollen Sie eine Zusatzfrage stellen? – Bitte.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Bundesminister! Für welche konkreten Maßnahmen werden Sie die aus der Modulation frei werdenden Mittel in der Höhe von 18 Millionen € jährlich umsetzen? Also welche Maßnahmen werden Sie mit diesen 18 Millionen €, die frei werden, setzen? (Abg. Scheibner: Das war ja schon!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich habe vor, diese Zahlungen schwerpunktmäßig jedenfalls für die Stärkung der Investitionsförderung mit all ihren Ausprägungen einzusetzen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Faul.

 


Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrter Herr Minister! Wie Sie heute gesagt haben, lehnen Sie den Faktor Arbeitseinsatz grundsätzlich ab und, wie wir jetzt gehört haben, auch eine tiefer gehende Weiterführung der Modulation. Somit glauben wir, dass Sie eine Entwicklung ablehnen, die der Arbeitskraft als Faktor der ländlichen Entwicklung Bedeutung beimisst, wie Ihre eigenen Intentionen in Gumpenstein und Wieselburg beweisen.

Herr Minister, eine Frage: Welche Vorstellungen haben Sie im Hinblick auf die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze im ländlichen Raum?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Ich habe nicht gesagt, dass ich die Arbeitskräfte grundsätzlich ablehne, sondern dass sie im europäischen Kontext nicht vorgesehen sind. – Erstens.

Zweitens, was die Frage der Arbeitsplatzsituation im ländlichen Raum betrifft, so gibt die ländliche Entwicklung partiell Antworten. Aber man kann nicht die Herausforderung Arbeitsplätze im ländlichen Raum außerhalb der Landwirtschaft an der Agrarpolitik alleine aufhängen. Da würde man diese Herausforderungen überfrachten. Sozialfonds,


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Bildungsfonds, andere Themen sind hier anzusprechen. Ein Teil der ländlichen Entwicklung geht in Projekte, die natürlich auch in der ländlichen Entwicklung Arbeits­kräfte stiften, aber der Schwerpunkt Arbeitsplatzschaffung/Arbeitsplatzsicherung kann nicht an der Agrarpolitik aufgehängt werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen damit zur Formulierung des 7. Fragen­komplexes, der durch die Frage der Frau Abgeordneten Dr. Glawischnig eingeleitet wird. – Bitte, Frau Kollegin.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister!

76/M

„Welche konkreten anti-atompolitischen Maßnahmen werden Sie in den kommenden Wochen setzen, um gemäß dem parlamentarischen Auftrag vom 29. Jänner 2004 über die Schließung Temelíns zu verhandeln und den europäischen Atomausstieg voranzutreiben?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Sie kennen meine Position und die der Bundesregierung zur Frage der Nutzung der Atomkraft. Wir lehnen diese Nutzung als nicht nachhaltige Energieform der Zukunft ab! Und wir sind deswegen in Europa unterwegs, dafür Verbündete zu suchen.

Was die Frage des Auftrages des Nationalrates vom 29. Jänner betrifft, zitiere ich – ich habe mir das extra mitgenommen –: „... sobald als möglich in Stilllegungs­verhandlun­gen mit der tschechischen Regierung einzutreten; ...“ – Zitatende.

Wir tun das! Wir diskutieren immer dann, wenn wir mit tschechischen Kollegen zusammentreffen, genau diesen Wunsch Österreichs, darüber zu sprechen. Nur, das sage ich Ihnen auch ganz offen, sind für solche Gespräche zwei Seiten notwendig. Unser Wille ist ganz klar artikuliert, wird immer klar artikuliert. Wir brauchen daher aber auch die Tschechen als Partner, um in diese Diskussionen einzutreten. Momentan ist es leider nicht so, dass die Tschechen über diese Nulloption offensiv mit uns in Diskussionen treten wollen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage, Frau Kollegin? – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister! Zur Stunde tagt der Rat der Staats- und Regierungschefs. Es geht um die neue europäische Verfassung. Ein ganz wichtiger Fragenbereich ist, wie es mit dem EURATOM-Vertrag weitergeht. Was wird der Bundeskanzler ganz konkret heute und morgen tun, um beim europäischen Atomausstieg einen Schritt weiter zu kommen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Mit der Frage EURATOM geht es quasi um die Sicher­heitsfinanzierung von Atomkraftwerken für die Zukunft. Sie kennen unsere Position dazu.

Erstens: Die Frage der Reformkonferenz wurde gerade von Österreich immer releviert und ganz klar angesprochen. Wir wollen auf einer Reformkonferenz über diese Dinge, nämlich Reform des EURATOM-Vertrages, diskutieren. Sie müssen wissen, dass die Ziele nur einstimmig veränderbar sind, die Aufstockung aber mehrheitlich funktionieren kann, was oft in den Diskussionen vermischt wird. Das heißt, wir wollen eine Reformkonferenz, den EURATOM-Vertrag jedenfalls revidieren – und das nur ganz


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 26

klar für Sicherheitsverbesserungen und mit klaren Ablaufdaten der Atomkraftwerke in Zukunft.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Ober­haidinger.

 


Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Herr Bundesminister! Genau in diese Richtung zielt auch meine Frage: Wird die Bundesregierung darauf drängen, dass im Rahmen der europäischen Verfassung nur ein Energiekapitel beschlossen wird, das in Zukunft auch die Festlegung europaweiter Sicherheitsstandards auf Gemeinschafts­ebene ermöglicht?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zur Frage der Sicherheitsstandards auf europäischer Ebene muss ich leider mit Bedauern feststellen, dass eine Reihe von Ländern diesen Zielen nicht folgt, zum Beispiel Deutschland, das Vereinigte Königreich, Schweden, Finnland, Litauen, Tschechien, die dem alle sehr kritisch gegenüberstehen.

Unser Ziel ist es, so wie beim EURATOM-Vertrag, auch in der Frage der Sicherheit immer gewesen, einheitliche Regelungen zur Verbesserung der Sicherheit herbei­zuführen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Ellmauer.

 


Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Spätes­tens seit dem 11. September 2001 sind uns allen terroristische Anschläge aus der Luft in schrecklicher Erinnerung. Auch vor etwa eineinhalb Jahren hat es eine Flugzeug­entführung in Frankfurt gegeben.

Herr Bundesminister! In welcher Weise behandelt die österreichische Bundesregierung mögliche Gefährdungen deutscher Atomkraftwerke aus der Luft?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Auf Grund der seit dem 11. September aufgetauchten Problemlagen betreffend Sicherheit von Atomkraftwerken gegen terroristische Anschlä­ge hat das Umweltministerium in Deutschland eine Studie hinsichtlich dieser sicher­heitsrelevanten Fragen in Auftrag gegeben, die uns offiziell nicht zugänglich ist.

Wir haben deswegen über das Außenministerium darum gebeten, dass wir in einem Meinungsaustausch darüber informiert werden, wie man in dieser Frage weiter vorgehen soll. Ende Juni wird es unter Einbindung der betroffenen Bundesländer ein Expertentreffen zum Thema deutsche Atomkraftwerke und deren Sicherheit vor bewusst herbeigeführten Flugzeugabstürzen geben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner.

 


Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Leider setzen auch unsere bayrischen Nachbarn wieder verstärkt auf die Atomenergie. Bestehende Atommeiler sollen ersetzt und bei Bedarf auch neu gebaut werden. Inwieweit werden Sie sich gegen die geplante Nichteinhaltung des europäischen Atomausstiegs durch Bayern einsetzen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 27

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Es gibt den europäischen Atomausstieg als Konzept oder als klares politisches Agreement ja nicht, sondern wir sind ein Land, dass in seiner Ablehnung der Atomkraft im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union weit, weit vorne steht. Wir können nicht mehr tun, als in allen Gremien der Europäischen Union, in denen Entscheidungen zu treffen sind und wir an den Hebeln sitzen, unseren negativen Zugang zur Errichtung von Atomkraftwerken klarmachen. Das gilt für Bayern, das gilt für alle anderen Regionen der Europäischen Union in gleicher Art und Weise.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 8. Fragenkomplex, der durch die Frage des Herrn Abgeordneten Dipl.-Ing. Scheuch eingeleitet wird. – Bitte, Herr Kollege, formulieren Sie Ihre Frage!

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Zurück zur Landwirtschaft: Die Verteilung der Milchquote im letzten Jahr hat für viele Diskussionen, auch innerhalb der Koalition, gesorgt. Wie sehen die für die künftige Verteilung der Milchquote notwendigen neuen Strategien aus, um dafür zu sorgen, dass diese Verteilung gerechter vonstatten geht und nicht tausende Landwirte nichts von diesem Kuchen bekommen?

81/M

„Inwieweit planen Sie bei der nächsten Zuteilung der Milchquoten aus der nationalen Reserve fairer und ausgewogener vorzugehen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Wir haben in der Frage der Milchquoten nach objektiven Kriterien, die wir zugegebenermaßen in Österreich selbst wählen können, zu entscheiden. Wir haben das der Europäischen Union zur Entscheidung vorgelegt, und die Europäische Union hat anerkannt, dass es sich bei der Verteilung um objektive Kriterien gehandelt hat. Wir haben diese Quoten aus der nationalen Reserve zugeteilt.

Derzeit steht keine Neuverteilung von Quoten an. Ich sage ganz offen, wir werden uns natürlich auch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sehr genau überlegen, mit welchen objektiven Kriterien und Parametern wir dann, wenn zukünftig aus der nationalen Reserve Milchquoten zu verteilen sind, diese Verteilung vornehmen werden.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Kollege.

 


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Sie haben in diesem Zusammenhang die Europäische Union angesprochen. Inwieweit gibt es Vergleiche aus anderen Staaten, wo vielleicht auch solche Quoten verteilt wurden? Gibt es dort andere Kriterien, wie verteilt wird, oder andere Modelle, die eventuell mehr Bauern zugute kommen als dem nur sehr kleinen Anteil der österreichischen Milch­bauern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist so, dass es den Nationalstaaten freisteht, nach welchen objektiven Kriterien – sie müssen vor der Europäischen Kommission nur halten – sie ihre Milchquotenaufteilung vornehmen. Ich habe keine direkten Vergleiche angestellt. Warum nicht? – Weil ich und weil wir bei dieser Verteilung auf unsere Gegebenheiten,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 28

auf unsere Strukturen und unsere Herausforderungen eingehen wollen. Das ist eine lange Geschichte der Entwicklung. Tendenziell haben wir die Milchquoten auch wieder jenen gegeben, die mit Milchquotenkauf ursprünglich in die nationale Reserve Milch­quoten eingespeist haben. Aus diesem Topf wurde wieder verteilt. Ich denke, dass das ein ausgewogenes System gewesen ist.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Bundesminister! Eine Frage zu den Milchquoten: Sind Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, um jene Milchbäuerinnen und -bauern zu entschädigen, die zwar beantragt haben, aber bei der Quotenzuteilung nicht bedacht worden sind?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Nein, es sind keine Kompensationszahlungen vorgesehen. Wir haben objektive Kriterien angewandt, jeden einreichenden Betrieb, der Milchquoten aus dem nationalen Reservetopf haben wollte, in gleicher Art und Weise nach klaren Richtlinien und objektiven Kriterien bedient.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Schönpass.

 


Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wenn alles so objektiv und ausgewogen verteilt wird, wie erklären Sie sich dann, dass mehr als 2 000 Bauern, vorwiegend aus Oberösterreich, eine Klage eingebracht haben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Wir haben objektive Kriterien angelegt und jeden einzelnen Betrieb, egal, ob groß oder klein, ob im Berggebiet oder im Talgebiet angesiedelt, nach diesen objektiven Kriterien bemessen und die Quoten zugeteilt. Wir haben der Europäischen Union diese Parameter bekannt gegeben, und sie wurden akzeptiert.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Abgeordneter Glaser. – Bitte.

 


Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Jede Art der Zuteilung – egal, nach welchem Modell – hätte wahrscheinlich Kritik nach sich gezogen. Es stellt sich aber die Frage: Warum war diese Zuteilung 2003 überhaupt notwendig?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zwei Punkte dazu. Erstens: Es war im nationalen Topf eine entsprechende Quote vorhanden.

Zweiter und entscheidender Punkt: Mit der Reform der Agrarpolitik im Juni 2003 muss­ten wir handeln, um für Österreich das Bestmögliche herauszuholen: nämlich durch diese Neuverteilung für die Milchbewirtschaftung der Zukunft die meisten Finanzmittel, die möglich sind, nach Österreich und auf unsere Höfe zu bringen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit ist der 8. Fragenkomplex beantwortet.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 29

Den 9. Fragenkomplex leitet Herr Abgeordneter Mag. Gaßner mit seiner Frage ein. – Bitte, Herr Kollege.

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister!

79/M

„Welche Summen flossen seit 2000 aus dem Programm zur Entwicklung des ländlichen Raumes in außeragrarische Wirtschaftsbereiche und damit zum Vorteil von Projekten und Arbeitsplätzen, die nicht in der Landwirtschaft angesiedelt sind?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: In der Frage der ländlichen Entwicklung, Herr Abgeordneter – ich habe das heute schon kurz angesprochen –, geht es nicht nur rein um agrarische Förderungen. Was haben wir getan, aus diesem Topf heraus, für Maßnahmen außerhalb des kernagrarischen Bereichs? Mit zirka 58 Millionen € konnten wir zirka 280 Millionen € als Investsumme im ländlichen Raum auslösen, was natürlich in den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen noch einen zusätzlichen Effekt abseits der Direktzuwendungen gebracht hat. – Ich spreche jetzt für die Jahre 2000 bis 2003.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte.

 


Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Bundesminister! In diesem ländlichen Raum gibt es so Gebilde wie Gemeinden. Inwieweit könnten Sie sich vorstellen, in diese Programme der ländlichen Entwicklung auch die Gemeinden mit einzubeziehen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Abgeordneter Gaßner! Soweit ich das sehe – ich komme aus einer kleinen Gemeinde und kann sagen, die Gemeinden liegen mir sehr am Herzen (Beifall bei der ÖVP) –, kann ich Ihnen sagen, dass die Frage der Gemeinden, des ländlichen Raumes insgesamt und die Frage der Verteilung der Gelder zentrales Thema des Finanzausgleichs sein werden und dort auch die entsprechenden Maßnahmen und Lenkungseffekte zu erzielen sind. Stichwort Dorf­erneuerung, Artikel 33, hier können Projekte auch von Gemeinden unterstützt werden, und das tun wir, aber der grundsätzliche Aufgaben- oder Verteilungsschlüssel wird im FAG festzulegen sein. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage wird formuliert von Herrn Abgeordnetem Praßl.

 


Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundes­minister! Welchen Anteil der Gesamtmittel für die ländliche Entwicklung in der EU bekommt Österreich?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: In der Frage der ländlichen Entwicklung liegen wir bei knapp unter 10 Prozent der europäischen Mittel, die dafür vorhanden sind. Wir sind in Bezug auf die Verteilung der Geldmittel aus dem EU-Gesamttopf, nämlich mit 2 Prozent der Fläche 10 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung abzuholen, in der EU absoluter Spitzenreiter.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Frage: Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 30

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Im November letzten Jahres wurden in einem Vier-Parteien-Antrag betreffend Chan­cengleichheit für Frauen und Männer im ländlichen Raum einige Maßnahmen beschlossen. Nun meine Fragen: Welche Maßnahmen haben Sie bislang durch­gesetzt? Welche Förderungen wurden geleistet, um die Situation der Frauen im ländlichen Raum zu verbessern?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Die Frage der Entwicklung und Gleichbehandlung der Frauen im ländlichen Raum ist ein zentrales Aufgabengebiet. Wir haben zum Beispiel bei der Gestaltung des Grünen Berichtes, der als Kernelement die Entwicklung des ländlichen Raumes beinhaltet, auch der Entwicklung der Bäuerinnen, der Frauen auf dem Land entsprechend breiten Raum eingeräumt. Wir wollen auch mit speziellen Bildungs­programmen, auch über die Schulen, auch in meinem Ministerium, die Frauen viel stärker einbinden in innovative Projekte und ihnen Chancengleichheit ermöglichen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Zusatzfrage zu diesem Fragenkomplex formuliert Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.

 


Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sie haben jetzt in Beantwortung der Frage meiner Kollegin auch schon die Frage beantwortet, die ich jetzt stellen wollte, nämlich welche Maßnahmen Sie ergreifen werden, und daher komme ich noch einmal auf die Frage meiner Kollegin zurück: Welche Maßnahmen haben Sie bisher ergriffen, um den Frauen im ländlichen Raum mehr Unterstützung und auch politische Teilhabe zu ermöglichen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Was die Frage der Unterstützung betrifft, habe ich bereits Ihrer Vorrednerin entsprechend geantwortet.

Was die politische Teilhabe betrifft, so meine ich, man kann nicht von zentraler Stelle aus gewisse Quoten und Sonstiges anordnen. Das halte ich für falsch. Aber wir sehen, dass die Bäuerinnenorganisationen und die Frauen im ländlichen Raum stärker partizi­pieren, auch in den Gemeinden, und das halte ich für den richtigen Weg. Mit meiner Unterstützung können Sie dabei jedenfalls rechnen.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit gelangen wir zum letzten Fragenkomplex, zur 10. Frage. Sie wird durch die Abgeordnete Carina Felzmann eingeleitet.

Frau Kollegin, bitte formulieren Sie die Frage!

 


Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Herr Präsiden! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine Frage lautet:

74/M

„Was sind die Kernpunkte der neuen europäischen Chemiepolitik – besonders im Hinblick auf Auswirkungen in Österreich?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Mit der neuen Chemiepolitik, die wir derzeit auf europäischer Ebene – Umweltministerrat und Wettbewerbsministerrat gemeinsam – sehr intensiv diskutieren, wird in der Chemiepolitik und in der Vorsorgepolitik, in der Registrierung


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 31

von Chemikalien ein völlig neuer Weg beschritten. Ich halte das für eine sehr wichtige zukünftige umweltpolitische Aufgabe, für eine zentrale umweltpolitische Aufgabe. Wir sind hier mitten im Verhandlungsprozess, sowohl auf beamteter Ebene als auch auf politischer Ebene. Das Thema ist noch nicht abgeschlossen, ist aber aus umwelt­politischer Sicht in der Priorität ganz oben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Felzmann, bitte.

 


Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Welche Schwerpunkte setzt Österreich in diesem Verhandlungsprozess?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist so, dass wir uns dafür eingesetzt haben, dass das Thema in allen Gremien stark und schnell vorangetrieben wird, dass wir jetzt eine Clearing­stelle zwischen Wettbewerbsrat und Umweltministerrat haben. Aus einer ursprünglich politischen Kontrastellung heraus ist es gelungen, hier integrativ zu wirken und etwas weiterzubringen.

Ein zentraler Punkt für uns ist natürlich die Verankerung des Substitutionsgedankens. Diesen zu implementieren, in welcher Art und Weise auch immer, und ihn auch abwicklungstechnisch erfolgreich machen zu können, das ist einer der wesentlichen Punkte, die wir in den nächsten Wochen und Monaten zu diskutieren haben.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage formuliert Herr Abgeordneter Wittauer. (Abg. Wittauer: Ich verzichte!) – Er verzichtet.

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig.

 


Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Bundesminister! Das europäische System zur Zulassung von Chemikalien weist aus meiner Sicht sehr große Schwächen auf. Es wird sehr liberal sein, und es werden sehr viele Stoffe auf die Bevölkerung losgelassen.

Planen Sie noch einen Vorstoß, das System restriktiver zu machen?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sie können davon ausgehen, dass ich als Umweltminister in der Diskussion auf der restriktiveren Seite stehe. Ich kann dem nicht beipflichten, dass hier schon ein liberales System etabliert wäre. Wir sind mitten in einem Verhand­lungs­prozess, der schwierig ist, der zwischen Wirtschaft, aber vor allem ökologischen Interessen den Ausgleich zu suchen hat. Für mich stehen in der Umsetzung dieses neuen wichtigen Systems die ökologischen Interessen absolut im Vordergrund.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Welche Strategie verfolgen Sie, um eine nachhaltige Nutzung von Pestiziden in Österreich voranzutreiben?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Was die Frage der Nutzung von Pestiziden betrifft, so haben wir mit dem Umweltprogramm für Österreichs Landwirtschaft die richtige Antwort gegeben. Wir können seit Jahren kontinuierlich nachvollziehen, dass der Pestizidverbrauch und die Pestizidanwendung in Österreich weniger werden. Das ist das Verdienst dieses


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Umweltprogramms. 90 Prozent der Bauern nehmen an diesem Umweltprogramm teil. Sie extensivieren ihre Produktion und reduzieren damit Pestizid-, Herbizid-, Fungizid­einsatz und leisten dadurch einen wesentlichen Beitrag für die Umweltqualität in diesem Lande.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Damit sind alle zehn Fragen beantwortet. Die Fragestunde ist beendet.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (545 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Umweltmanagementgesetz 2001 geändert wird (555 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994, das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz, das Reichshaftpflichtgesetz, das Rohr­leitungsgesetz und das Gaswirtschaftsgesetz geändert werden (556 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 geändert wird (24. KFG-Novelle) (557 d.B.).

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Mexikanischen Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuer­umgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (553 d.B.),

Antrag 416/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinz­horn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hypothekenbankgesetz, das Pfandbriefgesetz und das Bausparkassengesetz geändert werden,

Antrag 417/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Buchhaltungsagenturgesetz geändert wird,

Antrag 418/A (E) der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einsatz der beschlossenen Budgetmittel für Hochwassersanierungs­maß­nahmen und Hochwasserschutzmaßnahmen – kein Versickern der Mittel aus dem Katastrophenfonds in das allgemeine Budget;

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Slowenien über die polizeiliche Zusammenarbeit (551 d.B.),


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Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Slowakischen Republik über die polizeiliche Zusammenarbeit (552 d.B.);

Unterrichtsausschuss:

Antrag 415/A der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz geändert wird;

Verkehrsausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Italienischen Republik zur Verwirklichung eines Eisenbahntunnels auf der Brennerachse (537 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 414/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts­gesetz 2002 geändert wird.

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Abgeordneten Amon, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen haben das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung ein­gebrachte schriftliche Anfrage 1900/J der Abgeordneten Amon, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bedrohung der österreichischen Bildungslandschaft durch SPÖ-Schulreformvorschläge dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr behandelt werden.

Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Josef Cap beantragt hat, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 64/A (E) der Abgeordneten Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuer­wehren und Wohlfahrtsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften eine Frist bis 7. Juli 2004 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Kurzdebatte über diesen Fristsetzungsantrag durch­zuführen.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage verlangt wurde, wird die Kurzdebatte im Anschluss an diese stattfinden.

Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag wird nach Schluss der Debatte erfolgen.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatten über die Punkte 1 bis 6 sowie 9 bis 13 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.


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Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir können daher so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 7 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich insgesamt folgende Redezeiten für den Tag ergeben: ÖVP und SPÖ je 123, Freiheitliche 84, Grüne 91 Minuten.

Darüber hinaus wurde im Rahmen dieser Blockzeitvereinbarung eine weitere Vereinbarung wie folgt getroffen:

Konsens über die Dauer der Debatten zu den Tagesordnungspunkten 1 bis 7: ÖVP 35 Minuten, SPÖ 35 Minuten, Freiheitliche 24 Minuten, Grüne 26 Minuten. – Das bezieht sich auf den Block mit den Landwirtschaftsthemen, der bis 13 Uhr beendet sein wird.

Für Tagesordnungspunkt 8, Rechnungshof, werden von der ÖVP 35 Minuten, von der SPÖ 35 Minuten, von den Freiheitlichen 24 Minuten und von den Grünen 26 Minuten in Anspruch genommen, sodass wir diesen Punkt auf jeden Fall vor Behandlung der Dringlichen Anfrage verhandeln können.

Über diesen Vorschlag der Präsidialkonferenz hat das Hohe Haus zu entscheiden.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das wird vom Hohen Haus einstimmig angenommen.

Wir werden daher so vorgehen.

1. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regie­rungsvorlage (505 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzgesetz 1995, das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997, das Saatgutgesetz 1997, das Wein­ge­setz 1999 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz – GESG geän­dert werden, mit dem ein Bundesgesetz über die Bundesämter für Land­wirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten erlassen wird, mit dem ein Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet wird – BFWG, und mit dem das Forstgesetz 1975 geändert wird (Agrarrechtsänderungsgesetz 2004) (529 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird (530 d.B.)


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3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 168/A der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert wird (531 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 375/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 1997 geändert wird (532 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 142/A (E) der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Agrarisches Betriebsmittelrecht und Lebensmittelrecht (533 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 150/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Herstellung, das Inver­kehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatz­stoffen (Futtermittelgesetz 1999) geändert wird (534 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 bis 6 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Gradwohl. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


9.57

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wie bereits aus der Einleitung des Herrn Präsidenten hervorgeht, handelt es sich beim Agrarrechtsänderungsgesetz 2004 um eine der berühmten, gefürchteten, von manchen als berüchtigt bezeichneten Sammelgesetznovellen.

Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und der Rechnungshof haben in ihren Begutachtungs-Stellungnahmen diese Art der Gesetzesnovellen sehr gut begründet kritisiert. Dieser Kritik, geschätzte Damen und Herren, können wir uns nur anschließen und sie um einen Punkt erweitern: Weder die Vollziehung noch der Bürger oder die Bürgerin haben durch eine derartige Sammelgesetznovelle eine Rechtssicherheit beziehungsweise einen leichteren Umgang mit dem Gesetz zu gewärtigen, sondern das Gegenteil ist der Fall! – Das bedauern wir zutiefst. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ausschuss wurde diese Sammel­gesetznovelle etwas despektierlich auch als „Kraut und Rüben“-Novelle bezeichnet, und die Debatte im Ausschuss dazu hat gezeigt, wie berechtigt dieser Vorwurf ist, denn es war nicht einfach, die einzelnen Gesetze tatsächlich zu diskutieren.


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Diese Novelle bringt weniger Sicherheit und mehr Verwirrung für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die betroffene landwirtschaftliche Bevölkerung. Was bringt sie aber im Detail und im Konkreten aus der Sicht der Konsumentinnen und Kon­sumenten? – Herr Bundesminister! Leider ist es ein enttäuschendes Ergebnis, das bei dieser Prüfung herauskommt.

Die ÖVP-Agrarierinnen und -Agrarier in diesem Haus rufen regelmäßig zum Schulter­schluss und sogar zur Solidarität der Konsumentinnen und Konsumenten mit den Produzenten auf. Dieser Schulterschluss wird von uns unterstützt, aber die Grundlage dafür, Herr Bundesminister, wären klare gesetzliche Maßnahmen, die – beim Saatgut beginnend, bei den Grundmaterialien in der Produktion beginnend – diese Sicherheit und dieses Freisein von Verunreinigungen auch gewährleisten. Mit dieser Ihrer Vorlage und mit Ihrer Novelle, also mit diesem Agrarrechtsänderungsgesetz, haben Sie das bedauerlicherweise nicht erreicht und somit eine Chance vertan.

Herr Bundesminister, Sie und die Kolleginnen und Kollegen von der Regierungspartei haben im Ausschuss festgestellt, die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion wären damit mit erledigt – die Anträge, die die Zielrichtung hatten, gesicherte Bedingungen für Produzenten und Konsumenten zu erreichen.

Auf die Frage, in welchen Passagen, in welchen Paragraphen diese Sicherheit erreicht wird und diese Anträge umgesetzt werden, konnten Sie leider keine Antwort geben, weil diese Umsetzung nicht erfolgt ist.

Herr Bundesminister! Es ist bedauerlich, dass damit wieder eine Chance vertan wurde, entsprechende Sicherheitsgesetze zu beschließen, eine Novelle zum Saatgutgesetz, das die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen regelt, wo wir wissen, dass 80 Prozent der europäischen Bevölkerung diese gentechnisch veränderten Organismen und Lebensmittel ablehnen. Diese Chance, eine klare Regelung zu treffen, haben Sie, Herr Bundesminister, vertan. Es ist ein Trauerspiel, dass diese Chance vertan wurde.

Sie gliedern ein Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum aus, nämlich das, das sich mit Wald beschäftigt, Herr Bundesminister. Wenn wir uns die letzten Waldberichte anschauen, die auf Grund von Mehrheitsbeschlüssen leider Gottes nie einer Plenardebatte unterzogen werden, dann stellen wir fest: Sie betreiben seit Jahren Mangelverwaltung. Der Zustand des Waldes, speziell des Schutzwaldes, wird immer schlechter. Und Sie gliedern eine Anstalt aus, die maßgeblich an der Erstellung dieses Berichtes gearbeitet hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Sammelgesetznovelle, dieses so genannte Kraut- und Rübengesetz bringt keine Verbesserungen, sondern eher Ver­wirrung und Verschlechterungen. Und auch die Chance, die Umsetzung europäischer Richtlinien klar zu definieren beziehungsweise eine klare Position in Europa zu beziehen, Herr Bundesminister, diese Chance haben Sie ebenfalls vertan. Unser Abstimmungsverhalten wird sich danach richten.

Die einzige Ausnahme stellt das Weingesetz dar. Ich bedauere namens meiner Fraktion, dass Sie, Herr Bundesminister, die Chance der gemeinsamen Gesetzgebung in diesem Fall wieder nicht genützt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

10.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.02

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur einen kurzen Satz zur Rede des Kollegen Grad-


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wohl. Wer heute, meine Damen und Herren, während der Fragestunde objektiv zugehört hat, hat feststellen können, dass der Herr Bundesminister in klaren Antworten perfekte Kompetenz gezeigt hat und dementsprechend glaubwürdig aufgetreten ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) – In klaren Antworten, Herr Kollege Gradwohl! Es handelt sich nicht, wie Sie behaupten, um eine Kraut- und Rüben-Gesetzesnovelle, sondern in ganz klaren Punkten werden klare Antworten gegeben, die von den österreichischen Bauern auch erwartet werden.

Meine Damen und Herren! Immer wieder, gerade auch von Ihrer Seite, wird darauf hingewiesen, dass die Würze der österreichischen Landwirtschaft im Feinkostladen Europas abgesichert werden könnte, nämlich die klein strukturierte Land- und Forstwirtschaft. Dafür braucht man Märkte.

Meine Damen und Herren! Um auf einem Markt bestehen zu können, ist eine Positionierung notwendig. Man braucht dazu eine Marke, die unverkennbar, unver­wechselbar, nachvollziehbar und auf Regionen bezogen ist. Dafür braucht man Marketing und Mittel, um dieses Marketing auch bewerben und die Absatzmög­lichkeiten absichern zu können. (Abg. Faul: Pestizide!) – Ja, gerade das Stichwort Pestizide. Das ist ja wirklich nett! Offensichtlich haben Sie nicht aufgepasst, was der Herr Bundesminister auf die Frage einer Ihrer Kolleginnen geantwortet hat. Er hat gesagt, dass der Pestizideinsatz deutlich zurückgegangen ist, weil sich in Österreich in etwa 90 Prozent der österreichischen Bauern am Umweltprogramm, dem ÖPUL, beteiligen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Dr. Puswald, von der Landwirtschaft verstehen Sie so viel wie der Teufel vom Weihwasser! Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Es ist ja besonders bemerkenswert, wenn hier immer wieder Einwendungen hin­sichtlich überschaubarer Produktion kommen. Gleichzeitig wird aber täglich ein Mehr an Kontrollen, an Auflagen, an Hindernissen und Erschwernissen gefordert. Wer wird denn diese Auflagen noch erfüllen können, wenn nicht der größere Betrieb, weil es eben dem kleineren nicht möglich ist! (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Meine Damen und Herren! Auch der Konsument hat es in der Hand, ein klares Bekenntnis zur österreichischen Landwirtschaft abzugeben, ebenso der Handel. Was machte der Handel in den letzten Monaten? – Schleuderaktionen: minus 50, minus 51 Prozent. Da werden Geburtstage auf Kosten der Bauern gefeiert, die relativ teuer sind. Was machen verschiedene Handelsketten? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Puswald! Ein Guthaben ist verbraucht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wieso hat der ein Guthaben?)

 


Abgeordneter Jakob Auer (fortsetzend): Ich glaube, Kollege Puswald ist schon längst im Malus, er hat schon längst kein Guthaben mehr.

Verehrte Damen und Herren! Mit diesem Agrarrechtsänderungsgesetz werden in acht wichtigen Punkten, in acht wichtigen Bereichen neue Fixierungen gesetzt: im Pflanzen­schutzgesetz eine ordnungsgemäße und klare Vollziehung, im Pflanzenschutzmittel­gesetz eine Verwaltungsvereinfachung und im Saatgutgesetz Absicherung der gen­technikrechtlichen Vorschriften. Das Kapitel Wein überlasse ich den Kollegen meiner Fraktion, die sich beim Wein besser auskennen. Bei der Gesundheits- und Ernäh­rungssicherungsagentur erfolgt eine Kostenzuordnung, die klar abgesichert ist. In Artikel 7 wird das Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Natur­gefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts errichtet und das Bundesamt für Wald eingerichtet. Herr Kollege Gradwohl! Im Gegensatz zu Ihnen behaupte ich, dass diese klare Zuordnung und Umwandlung in eine vollrechtsfähige Dienststelle ein


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Vorteil und nicht ein Nachteil sein wird. Im Forstgesetz geht es darum, einige redaktionelle Sicherstellungen vorzunehmen, die Behebung von Systemwidrigkeiten zu sichern und die Begriffsbestimmungen klarer darzustellen.

Verehrte Damen und Herren! Interessant war vor kurzem eine Umfrage: Wie verhält sich der Konsument beim Einkauf? Es wird ja immer wieder gesagt, die Qualität sei das Wichtigste. Ich freue mich darüber. (Abg. Mag. Johann Maier: Wie verhält sich der Bauer beim Einkauf?) – Herr Kollege Maier! Ich freue mich darüber. Diese Umfrage stammt gerade aus Ihrem Bundesland, aus Salzburg. Immer mehr achten auf Preis und Qualität, war die Frage. Wissen Sie, wie die Antwort gelautet hat? – Dass im Vergleich zum Jahr 2002 12 Prozent der Befragten weniger auf die Qualität und dafür mehr auf den Preis achten.

Ich habe manches Mal sogar Verständnis dafür. Nur eines wird nicht machbar sein: hier in acht Gesetzesbereichen zusätzliche Verschärfungen zu fordern, zusätzliche Auflagen zu fordern, zusätzliche Bedingungen zu formulieren, aber auf die Preis­voraussetzungen, nämlich darauf, dass auch der Bauer, dass auch der Produzent, dass auch der bäuerliche Familienbetrieb gestiegene Produktionskosten hat, keine Rücksicht zu nehmen! Das wird nicht möglich sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Über 60 Prozent der österreichischen Bauern sind im Nebenerwerb tätig. Die Zahl derer, die das tun müssen, steigt. Unsere klein struk­turierte Landwirtschaft – immerhin bewirtschaften 44 Prozent der österreichischen bäuerlichen Betriebe weniger als 10 Hektar, 18 Prozent liegen noch darunter, und 21 Prozent bewirtschaften eine Kulturfläche zwischen 10 und 20 Hektar – müssen wir erhalten! (Abg. Dr. Pirklhuber: Das wissen wir alle schon! – Abg. Mag. Molterer: Aber nicht andere!)

Meine Damen und Herren! Eines sollte man schon auch wissen: wie abhängig das Funktionieren gerade auch des ländlichen Raumes von den bäuerlichen Betrieben ist. Gerade der ländliche Raum ist abhängig von der Investitionsfähigkeit und -möglichkeit von bäuerlichen Betrieben. Da ist eine entsprechende Stärkung notwendig. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bitte Sie daher, Herr Bundesminister, bleiben Sie unbeirrt auf diesem erfolgreichen Weg.

Obwohl es nicht in direktem Zusammenhang steht, noch eine Bitte: Es wurde heute in der Fragestunde vom Kollegen Gaßner angesprochen, dass die Frage des Finanz­ausgleiches im kommenden Herbst ein entscheidendes Thema sein wird. Es ist dies auch eine bestimmende Frage des ländlichen Raumes, so wie die klare Vollziehung jener Gesetze, die wir heute behandeln. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.10

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kommt aber jetzt auch nichts Neues! Du wirst sehen!)

 


10.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Bundesminister! Kollege Auer, hier den Minister aufzu­fordern, unbeirrt in die falsche Richtung weiterzulaufen, das kann es doch nicht sein (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Laufen ist nicht die Stärke des Ministers, glaube ich!), obwohl Fakten auf dem Tisch liegen, die deutlich zeigen, dass sich da Missstände perpetuieren beziehungsweise Gefahren sowohl für die Bäuerinnen und Bauern


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(weitere Zwischenrufe) – ich komme schon noch dazu – als auch für die Kon­sumentInnen in Österreich bestehen. Es gibt also gute Argumente dagegen.

Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein! Und ich werde versuchen, auch klar zu machen, warum der Minister diese Chance nicht genützt hat.

Punkt eins: Ein so wichtiges Gesetz wie das Pflanzenschutzmittelgesetz gehört nicht in eine Sammelnovelle. Herr Bundesminister! Hören Sie auf mit dieser Art und Weise von Versteckspiel! Das gehört klar und transparent diskutiert in diesem Haus (Beifall bei den Grünen und der SPÖ), und das gehört auch in der Öffentlichkeit so dargestellt.

Übrigens, erinnern wir uns: Der EU-Bericht kritisiert gravierende Mängel im Bereich der Pestizidkontrolle in Österreich. Kollege Molterer ist jetzt nicht im Saal, aber gerade er war damals für dieses Agrarrechtsänderungsgesetz verantwortlich, er hat die Gleichstellungsverordnungen bewirkt, womit wir – und das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – jenes Land gleichstellen und begünstigen, das in Europa den Ruf einer Agrarindustrienation par excellence hat, nämlich Holland. Die Niederlande sind ein Land, das wir auf Grund seiner verfehlten Agrarpolitik immer kritisieren. Aber andererseits werden die Pestizide, die dort zugelassen sind, auf Basis einer Gleichstellungsverordnung in Österreich ungeschaut zugelassen. Zwei ganze Jahre hätten Sie Zeit gehabt, wenn Sie das schon wollen, um es gut vorzubereiten. Sie haben nicht einmal das geschafft.

Ich erinnere an ein Beispiel. Am 6. Februar trat diese Verordnung in Kraft, und damit wurde auch Cyhexatin, eine erbverändernde Substanz, wie Sie in einer Anfrage­beantwortung auch erklärt haben – ja, das stimmt, das ist eine gefährliche Substanz –, vom 6. Februar bis zum 17. März wieder zugelassen, Herr Bundesminister. Eineinhalb Monate war eine Substanz plötzlich wieder zugelassen, die hoch gefährlich ist, wie Sie selbst sagen! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Wer hat sie herausgenommen?) Also ein Pestizidchaos, wie man es sich nicht besser vorstellen kann. Leider, muss ich sagen, ist das dramatisch, weil Sie damit viele KonsumentInnen verunsichern und auch viele Bauern und Bäuerinnen im Regen stehen lassen, Herr Bundesminister.

Sie haben Ihre Chance nicht genutzt. Wir haben hier einen Antrag eingebracht, wonach § 12 Abs. 10, durch den diese Gleichstellungsverordnungen möglich wurden, ersatzlos gestrichen werden und wieder wie schon bisher ein Case-by-Case-Szenario eingeführt werden soll, womit wir sehr wohl auch vereinfacht das eine oder andere bessere Pflanzenschutzmittel zulassen können, aber nicht pauschal und generell.

Eines, Kollege Auer, zur Frage des Pestizideinsatzes in der österreichischen Landwirtschaft. Die Zahlen im Grünen Bericht zeigen eine leichte Tendenz nach unten, was den Pestizideinsatz betrifft. Aber es steht explizit in diesem Bericht drinnen, die Direktimporte sind damit nicht erfasst. Kollege Auer, das ist das Problem bei den Direktimporten: Die Bäuerinnen und Bauern können jetzt direkt importieren, bekommen aber keine deutschsprachigen Anwendungsbestimmungen aus Holland mitgeliefert.

Bitte, es kann doch nicht in unserem Interesse sein, dass wir die Bäuerinnen und Bauern ermutigen, so zu handeln, wo sie selbst die Ersten sind, die dann einen Schaden davontragen (Beifall bei den Grünen), und zwar einerseits bezüglich ihrer eigenen Gesundheit, wenn sie nicht wissen, wie sie diese Mittel korrekt einsetzen sollen, andererseits, weil sie damit Rückstände in Lebensmitteln erzeugen.

Es ist sowieso die Frage schlechthin, welche Pestizidhöchstwerte gelten. Wir wissen dies erst seit kurzem auf Basis der von Bundesministerin Rauch-Kallat erlassenen Verordnung. Es gelten die österreichischen Höchstwerte, man dürfte diese Mittel derzeit gar nicht einsetzen. Das ist Faktum, meine Damen und Herren, und daher eine


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Katastrophe aus meiner Sicht, dass Sie hier unseren Verbesserungsvorschlägen nicht entgegengekommen sind.

Kein einziges Pflanzenschutzmittel – und all das sind Mittel für Tomaten gewesen, die Global 2000 untersuchen hat lassen – hat die AGES gefunden, ohne Sie jetzt als die Hauptschuldigen hinstellen zu wollen. Letztlich sind Sie, Herr Bundesminister, verantwortlich dafür, dass die finanziellen Mittel nicht bereitgestellt werden, dass es so vorbereitet wird, dass, wenn man so eine Verordnung schon verlautbart, auch entsprechend geprüft werden kann.

Lassen Sie mich abschließend noch einiges zu den anderen Punkten dieser Agrarrechtsänderungsgesetznovelle sagen. Es sind einige Punkte dabei, die unsere Zustimmung finden werden. Daher werden wir auch für eine getrennte Abstimmung sein. Andererseits gibt es die schon erwähnten Punkte wie zum Beispiel im Saat­gutgesetz, in dem das In-Verkehr-Bringen von genetisch verändertem Saatgut per Verordnung geregelt werden kann. Solche Tricks hier einzubauen in eine Sam­melnovelle, wo wir uns gerade vorher in der Fragestunde geeinigt haben, dass wir für Gentechnikfreiheit sind, ist keine Vorgangsweise, Herr Bundesminister, wie wir sie uns wünschen.

Wir würden Sie daher ersuchen, in Zukunft wirklich genau zu sein und uns auch die Unterlagen zur Verfügung zu stellen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sehr genau!) – Nein, bitte. Sie haben mir in der Fragestunde nicht beantwortet, warum Sie uns die Unterlagen nicht zur Verfügung stellen, die ein Landwirtschaftsverband, wie der Hauptverband der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe, bekommt, wie etwa die Unterlagen über die Einheitsprämie, Kollege Auer, die im Ministerium gerechnet werden. Weder dem Landwirtschaftsausschuss haben Sie sie bisher zur Verfügung gestellt noch dem Rechnungshofunterausschuss, wo Ihr Vertreter aus Ihrem Ressort gesagt hat, er wisse nicht, ob es Untersuchungen und Berechnungen in Ihrem Ressort gibt. Ich erwarte mir wirklich, dass Sie heute hier noch Stellung dazu beziehen, wann Sie uns diese Fördermodell-Berechnungen mit sämtlichen Unterlagen zur Verfügung stellen werden.

Sie wissen ganz genau, Herr Bundesminister, dass uns das bisher verweigert wurde. Ich ersuche Sie, nehmen Sie dazu Stellung! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 5 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – zu dem sich noch beim Rednerpult befindenden Abg. Dr. Pirklhuber –: Bleibst du bei mir heraußen? – Rufe: Wäre gescheiter!)

 


10.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen, Wolfgang macht zum Teil sehr gute Politik, in seinem Bereich kennt er sich aus, obwohl er natürlich hin und wieder über das Ziel hinausschießt und in seinen Aussagen nicht unbedingt meine Linie teilt.

Ich möchte mit dem beginnen, was Heinz am Anfang gesagt hat. Zwischen dem, dass ich heute ein Sammelgesetz kritisiere, und dem, dass ich es gleich als gefürchtet bezeichne, ist schon ein bisschen ein Unterschied. So schlimm ist dieses Gesetz auch wieder nicht.

Ich habe mir in der kurzen Zeit, die ich zur Verfügung gehabt habe, angeschaut, wie oft – es waren unzählige Male – die SPÖ in ihrer Regierungszeit Sammelgesetze und


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Sammelnovellen gebracht hat. Du kannst aus dem Fürchten gar nicht mehr heraus­kommen vor lauter Schreck, was du selbst schon alles während der Regierungszeit deiner Partei beschlossen hast.

Herr Kollege Auer hat davon gesprochen, dass der Herr Minister klares Auftreten hat und klare Antworten gibt. Ich sehe das ein bisschen differenzierter. Klares Auftreten – das kann ich wirklich teilen. Klare Antworten – ich habe heute in der Fragestunde aufgepasst und muss sagen, auf meine zwei Fragen habe ich keine Antworten bekommen, effektiv keine Antworten. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Vielleicht waren die Fragen zu unpräzise, vielleicht die Antworten, ich weiß es nicht. Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht die Möglichkeit haben, das im Detail zu diskutieren, aber die Antworten waren nicht gegeben.

Bevor ich zur Sache komme, noch zu den Aussagen des Kollegen Puswald, die ich mir auch noch aufgeschrieben habe. Er ist momentan leider wieder nicht hier, hat aber zuerst mitgeredet.

Kollege Auer, ob Puswald etwas von Landwirtschaft versteht oder nicht, wage ich selbst zu bezweifeln. Eines kann ich sagen: Beim Gurktaler Speckfest vor 14 Tagen ist er in der ersten Reihe gestanden, hat jeden Speck gekostet, den die Gurktaler Bauern produziert haben, und die Qualität geprüft. Seppi Bucher war auch dabei. Da war er Agrarier par excellence, muss ich ehrlich sagen.

In seinen Reden hat Kollege Puswald dort die Landwirtschaft über den grünen Klee gelobt. Ich habe mir gedacht, Kollege Auer steht draußen und redet. Ich war wirklich fasziniert, was da heute gekommen ist.

Ich möchte aber, damit ich mich nicht zu sehr verzettle, am Anfang einmal Dank aussprechen, das hat mir bei meinen Vorrednern auch gefehlt, nämlich nicht nur an die Landwirtschaft und die Bauern, sondern ich möchte im Rahmen dieses Tages­ordnungspunktes auch einmal der Präsidiale dafür danken, dass es Gott sei Dank gelungen ist, eine Agrardebatte einmal an den Beginn der Diskussion zu stellen, denn sonst ist es meistens so, dass wir erst um 22 Uhr, also in der Nacht, über Bauern­themen diskutieren. Das ist einmal ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Diese Bauernthemen sind nämlich wichtig. Es ist dieses Agrarrechtsänderungsgesetz vielleicht etwas, wo es nicht so sehr herauskommt. Meine Vorredner haben ange­sprochen, wo Veränderungen stattfinden werden: im Saatgutbereich, im Bereich des Pflanzenschutzes, und, und, und. Das sind Details. Ich glaube, worüber man sich schon unterhalten und eine Debatte führen sollte – und da erwarte ich mir auch von meinen Nachrednern noch klarere Stellungnahmen –, das ist die Einstellung zur Landwirtschaft generell, das ist die Positionierung generell.

Ich bin, wie gesagt, sehr froh darüber, denn wir haben intern schon überlegt, ob wir nicht einmal eine Dringliche Anfrage an den Minister stellen sollten, damit wir einmal die Chance haben, eine Agrardebatte zu führen. Es geht einfach um eine Bekenntnisfrage. Es geht bei dieser Agrarpolitik, bei dieser Landwirtschaftspolitik um eine Bekenntnis- und Glaubensfrage, die es sicherlich zu klären gilt.

Man kann bei dieser Gelegenheit auch einmal darüber sprechen, dass diese Bundes­regierung für die Bauern sehr viel tut. Ich glaube, das sollte auch wieder einmal erwähnt werden, denn das vergessen die Leute sehr schnell. (Beifall der Abgeordneten Bucher und Keuschnigg.)


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Ich habe mir nur zwei Punkte aufgeschrieben. Wenn man davon spricht, dass wir sehr wohl den Agrardiesel eingeführt haben: Jahrelang hat auch die SPÖ das gefordert. In meiner Landwirtschaftskammer in Kärnten haben die Roten vier Mal den Antrag eingebracht, Agrardiesel durch ihre Fraktion einzuführen. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Dass die SPÖ dann, wenn er eingeführt wird, dagegen stimmt, das finde ich echt faszinierend, das muss ich ehrlich sagen.

Es wäre wirklich erforderlich, hier die Parteipolitik einmal hintanzustellen und Sach­politik zu machen. Agrarpolitik muss Berufsvertretung sein. (Beifall bei den Frei­heitlichen.) Agrarpolitik darf und kann keine Politik sein, wo Parteipolitik im Vordergrund steht, denn dafür ist die Sache, glaube ich, zu wichtig. (Zwischenruf des Abg. Faul.)

Eine zweite Sache – auch von unserer Regierung eingeführt –: die Besserstellung der Nebenerwerbslandwirte. Wie lange haben wir denn darüber diskutiert, dass die Bauern kein Arbeitslosengeld bekommen können, und zwar bereits ab einem Einheitswert von 4 000 €? – Wurde von uns umgesetzt! ÖVP und FPÖ haben es durchgesetzt. Wo war die Zustimmung der Opposition dazu?

Ich muss ehrlich sagen, da würde ich mir zumindest erwarten, dass die Agrarvertreter aufstehen und sagen: Das ist eine gute Sache für die Bäuerinnen und Bauern, das setzen wir um, da sind wir mit dabei!

Oder viele andere Dinge. (Zwischenruf.) Du sprichst die Sozialversicherung an, natürlich, aber es sind auch kritische Punkte dabei, da muss man aufpassen. Nicht nur Sozialversicherung, sondern auch Tierschutz, Gentechnik, Agrarreform und so weiter, all das sind Bereiche, wo man genauer aufpassen wird müssen, um das Gleichgewicht nicht aus den Angeln zu heben. Gerade die Sozialversicherung ist ein Bereich, über den wir noch sehr intensiv diskutieren werden, um eine Lösung zu finden. Und dann werde ich mich auch hier heraus stellen und werde für diese Lösung eintreten. Vorher habe ich es nicht getan, auch wenn ich dafür zum Teil aus den eigenen Reihen gehaut worden bin, weil ich als Bauer auch in meinen eigenen Reihen in der Minderheit bin. Aber ich glaube, dass es sich auszahlt, dafür zu kämpfen, hier Rahmenbedingungen zu schaffen, auch im Sozialversicherungsbereich, die den Bauern den Fortbestand ermöglichen.

Seien wir doch ehrlich: Die Agrarpolitik ist ja zu 80, 90 Prozent Europapolitik. In Wirklichkeit wird uns sehr viel vorgegeben, agrarpolitisch geschieht sehr viel in Europa (Abg. Marizzi: Raiffeisen, nicht Europa!) – von Kollegen Fischler, der jetzt hoffentlich Kommissionspräsident wird und damit Platz macht für einen jüngeren, dynamischeren Agrarpolitiker, der uns vielleicht ein bisschen stärker helfen kann.

Wir hier im Hohen Haus, im Parlament, haben nicht viel Spielraum, um Bauernpolitik zu machen. Da gibt es zwei Bereiche, eben den sozialrechtlichen und den steuer­rechtlichen Bereich. (Zwischenruf des Abg. Faul.) Und ich denke, dass wir in beiden Bereichen diesen Spielraum werden nutzen müssen. Das Lippenbekenntnis, das immer wieder von allen kommt, wird ersetzt werden müssen durch ein klares Bekennt­nis für mehr als 200 000 Arbeitsplätze. Es wird endlich einmal das Bekenntnis dazu kommen müssen, auch von der Opposition, dass wir über 200 000 Familien in der Landwirtschaft haben. Es ist wichtig, dass wir hier wirklich den Garant, von dem immer gesprochen wird, für gesunde Nahrungsmittel, für eine gesunde Umwelt, für flächen­deckende Landwirtschaft haben. Wir werden uns dazu bekennen müssen, wir werden da einfach mitarbeiten müssen, um dafür zu sorgen, dass die flächendeckende Landwirtschaft auch künftig abgesichert ist.

Deswegen möchte ich abschließend, damit meine Ausführungen nicht zu lange werden – immer dann, wenn es um Agrarpolitik geht, könnte ich ja viel länger als die


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mir vorgegebenen 5 Minuten sprechen –, nur noch sagen: Ich möchte jetzt und hier dazu auffordern, endlich dazu überzugehen, in diesen Bereichen, in denen es wirklich um sachpolitische Fragen geht, die Parteipolitik hintanzustellen und die Interessen der Bauern, die Interessen der bäuerlichen Familien und damit im Endeffekt die Interessen Österreichs voranzustellen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.23

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Binder zum Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


10.24

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Scheuch, ich bin absolut Ihrer Meinung, wenn es darum geht, jenen Menschen, die in landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten und leben, Respekt zu zollen. Da bin ich wirklich einer Meinung mit Ihnen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Umso unverständlicher, meine Damen und Herren, ist es, dass gerade gesetzliche Bestimmungen, die für diese Menschen notwendig sind, in einem Sammelgesetz geregelt werden. Ich persönlich bin der Meinung, dass es dadurch in der Vollziehung zu Problemen kommen wird – vor allem jene, die es anwenden müssen, werden Probleme bekommen – und dass dieses Sammelgesetz dadurch undurchschaubarer und unklarer ist. Kollege Gradwohl hat es schon gesagt – um in der Sprache des Ausschusses zu bleiben –: Es ist ein Kraut- und Rüben-Gesetz, Herr Minister!

Die Vollziehung der Gesetze ist immer problematisch. Es ist ja so, Herr Bundes­minister, dass Sie immer dann, wenn es unangenehm für Sie wird, so wie auch im Ausschuss, auf die Beschlüsse und auf die Verantwortung des Parlaments hinweisen. Sie machen es sich damit immer sehr, sehr leicht.

Sie bleiben insgesamt Ihrer Linie treu (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll), denn der Waldbericht oder der Grüne Bericht werden im Ausschuss enderledigt und nicht mehr im Plenum diskutiert (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das macht das Parlament, nicht der Minister!), und da frage ich mich ... – Ja, genau so ist es, jetzt sind wir wieder dort, bei der Verantwortung, die das Parlament trägt. Sie machen es sich da sehr leicht, aber ich stelle mir die Frage, wie Sie es insgesamt mit der Wertigkeit und dem Stellenwert des Parlaments halten (Zwischenruf des Abg. Wittauer) und wie Sie diese Wertigkeit tatsächlich zum Ausdruck bringen. Auf eine breite Meinungsfindung scheinen Sie, Herr Minister, keinen Wert zu legen.

Einen Punkt aus diesem Sammelgesetz möchte ich herausgreifen, er betrifft die Neustrukturierung der landwirtschaftlichen Bundesanstalten. Das wäre ein erster Schritt zu einer Ausgliederung.

Es gibt wesentliche Kritikpunkte in diesem Artikel. Sie entziehen dem Parlament das Kontrollrecht, der so genannte Spielraum, den Kollege Scheuch eingefordert hat, wird noch ein bisschen kleiner. Sie schaffen zusätzliche Abhängigkeiten, die von Ihrer Beliebigkeit maßgeblich betroffen sind, und Sie, Herr Minister, stellen sich selbst einen Freibrief aus, wenn es darum geht, zu entscheiden: Was ist von öffentlichem Interesse und was nicht? Und das, was uns sehr wichtig ist, ist, dass arbeitsrechtliche Bedingungen für die Mitarbeiter völlig ungeklärt sind, in diesem Artikel nicht erfasst sind.

Ein wesentlicher Mangel dieses Artikels ist auch das Fehlen der Flexibilisierungs­klausel, was natürlich zum Nachteil der Anstalten ist.

Deshalb gibt es von uns, meine Damen und Herren, keine Zustimmung zu diesem Sammelgesetz, denn wir meinen: lieber Mischkulturen auf den Feldern als eine


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Vermischung von gesetzlichen Regelungen zum Nachteil der Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist eine „Mischkultur“, Frau Kollegin? – Abg. Binder – das Rednerpult verlassend –: Ich sage es Ihnen später! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eine Mischkultur ist ein Unkrautacker!)

10.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.27

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Von Rechtssicherheit sprechen die einen, von Chaos die anderen. Ich möchte die Debatte nützen, verstärkt über den Aspekt der Verlässlichkeit zu diskutieren. Da geht es zum einen um das Vertrauen der Konsu­menten in die österreichischen bäuerlichen Produkte, zum anderen geht es darum, dass sich unsere Bauern auf die Rahmenbedingungen, die wir als Politiker vorgeben, verlassen können. (Abg. Gradwohl: Ja wie bitte?) Und nur dann, wenn sich der Kreis zwischen beiden schließt, kommen beide, Bauern wie Konsumenten, auf ihre Rechnung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Als Nebenerwerbslandwirt kenne ich die Arbeitsbedingungen der Bauern sehr gut. Mit GAP-Reform, EU-Erweiterung, nationalen und europäischen Gesetzesänderungen – erst unlängst haben wir hier in diesem Hause das Bundes-Tierschutzgesetz beschlossen – nehmen die Veränderungen für die bäuerlichen Betriebe eigentlich kein Ende. Klare Vorgaben, einheitliche Regelungen und neue Möglichkeiten betriebswirt­schaftlichen Handelns im europäischen Wettbewerb sind daher notwendig und begrüßenswert.

Was ich allerdings nicht verstehen kann, ist, dass nun erneut versucht wird, Chaos und mögliche Gefahren für Leib und Leben in der Gesetzesmaterie zu entdecken. – Meine Damen und Herren von der Opposition! Hören Sie endlich auf, hinter jeder Vereinfachung einer Rechtsmaterie ausufernde Anarchie zu befürchten.

Jedem Landwirt ist die Sicherheit seiner Produkte und die hohe Qualität wichtig. Er kennt seine Verantwortung für die Gesundheit der Menschen und für die Umwelt. Vor allem aber weiß er, dass die Qualität seiner Produkte entscheidet, wie viel Umsatz er im Endeffekt damit macht.

Mein vordringlicher Appell gilt aber den Konsumenten, denn sie allein entscheiden, wie viel an Qualität in unseren Produkten sein soll. Mit ihrer Kaufentscheidung machen sie klar, was sie haben wollen: gute österreichische Produkte oder billigere Importware. Die Österreicherinnen und Österreicher können sich auf die hervorragende und gesunde landwirtschaftliche Produktpalette verlassen, aber kann sich auch der Landwirt darauf verlassen, dass seine Produkte ausreichend gekauft werden? Der Konsument fordert Sicherheit, ist er aber auch bereit, diese zu bezahlen?

Die Auswirkungen etwa des Bundes-Tierschutzgesetzes für die österreichischen Bauern sind noch nicht abschätzbar, auf jeden Fall aber werden die Produktionskosten durch Umstellungen und Investitionen höher.

Nicht nur der Preis bestimmt den Markt, gerade dann, wenn es um die Gesundheit der Lebensmittel geht, muss auch die Qualität eine Rolle spielen. Und unsere Produkte haben Qualität – unabhängig, ob aus biologischer oder konventioneller Produktion. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Produktionsbedingungen, die Wettbewerbschancen und das Kaufverhalten entscheiden über die Zukunft unserer klein strukturierten bäuerlichen Landwirtschaft. Nur das korrekte Zusammenspiel und das gegenseitige Vertrauen zwischen Politik,


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Landwirtschaft und Konsumenten sicheren die hohe Qualität unserer Lebensmittel für die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.30

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.30

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Es klingt immer so schön, wenn die ÖVP und die Abgeordneten, die auch Bauern sind, hier zur Verteidigung antreten und sagen, dass ohnehin alles so gut läuft. – Wenn es wirklich so wäre, würde ich nicht hier meine Kritik anbringen. Warum sollte ich das dann auch tun? Aber leider ist es nicht so.

Wir haben schon im Mai in einer Auseinandersetzung betreffend Gentechnik die Stellungnahme des Kollegen Schultes gehört, der sich geradezu lustig gemacht hat darüber, dass die Grünen hier – seiner Ansicht nach – immer Panikmache betreiben. Seit Mitte Mai wissen wir nun aber, dass der Oberste Gerichtshof in Kanada gegen Percy Schmeiser entschieden hat. Percy Schmeiser ist ein konventionell wirtschaf­tender Rapsbauer in Kanada, der auf seinen Feldern gentechnisch modifizierte Pflan­zen vorgefunden hat, beziehungsweise hat der Konzern Monsanto mit der Polizei auf seinen Feldern Nachschau gehalten und hat auch sein Saatgut kontrolliert. Percy Schmeiser hat jetzt beim Obersten Gerichtshof verloren, und zwar mit einer ganz knappen Mehrheit, mit 5 : 4, weil Monsanto Recht bekommen hat, dass nicht der Bauer Percy Schmeiser geschädigt ist, weil sein Land durch gentechnisch modifizierte Pflanzen verunreinigt ist, sondern der Gentechnikhersteller Monsanto, weil er keine Lizenzgebühren von Schmeiser bekommen hat.

Warum erzähle ich das so ausführlich? – Das ist auch die Zukunft in Europa! Wir als kleine Bauern und Bäuerinnen, als landwirtschaftliche Betriebe werden mit großen Staatgutherstellern konfrontiert, die immer mehr Patente anmelden und dabei auch vom EU-Patentamt Recht bekommen. In Hinkunft werden wir uns vermutlich auch mit solchen Klagen auseinander setzen müssen, und ich bin neugierig, wie dann hier im Parlament darüber gesprochen werden wird. Ich bin neugierig, ob dann hier diese Hochstimmung, dass alles so toll läuft, noch immer anhält.

Die Probleme der Koexistenz sind aus meiner Sicht und aus der Sicht vieler Wis­senschafter und Experten nicht lösbar. Es wird nicht möglich sein, gentechnisch behandelte Nahrungsmittel neben konventionellem Anbau oder Bioanbau zu produ­zieren. Deswegen bringen wir Grüne jetzt auch einen Entschließungsantrag ein, der auf eine ganz konkrete Veränderung abzielt, die eigentlich schon längst ansteht – das hätte längst verankert werden müssen, weil seit 18. April die EU-Verordnungen über genetisch veränderte Lebens- und Futtermittel in Kraft sind –, und zwar:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rest-Hinterseer betreffend sofortige Verankerung der EU-Verord­nungen 1829/2003 über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel und 1830/2003 über Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung im österreichischen Lebens­mittel­recht

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung wird ersucht, die EU-Verordnungen 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel sowie 1830/2003 über Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von aus GVO hergestellten Lebensmitteln umgehend in § 10 Abs. 3 bzw. § 10 Abs. 5 Lebensmittelgesetz aufzunehmen, damit im Falle von Beanstandungen auch Strafbestimmungen zur Anwendung kommen können.

*****

10.34

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete! Ich darf Sie davon unterrichten, dass Sie einen Entschließungsantrag zum Tagesordnungspunkt 7 eingebracht haben. Wir diskutieren jetzt die Tagesordnungspunkte 1 bis 6. Ich kann diesen Antrag daher jetzt nicht zulassen. Ich würde vorschlagen, Sie bringen ihn bei Punkt 7 ein und ziehen ihn jetzt zurück. (Abg. Rest-Hinterseer: Ja!) – Danke.

(Beifall bei den Grünen für die das Rednerpult verlassende Abg. Rest-Hinterseer.)

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass die Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss betref­fend die Beschaffung von Kampfflugzeugen einzusetzen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das erste Mal!)

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Erledigung der Tagesordnung statt.

*****

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


10.35

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer, es kann etwas passieren, aber die gen­technikfreie Zone und alles, was mit Gentechnik zu tun hat, ist wichtig. Und egal, ob es jetzt bei diesem Tagesordnungspunkt vorgebracht wurde oder beim nächsten, wir werden uns auf alle Fälle intensiv damit beschäftigen.

Abgeordneter Puswald, der mit Landwirtschaft wirklich überhaupt nichts zu tun hat, hat sich hier „aufgemauschelt“, er sollte sich besser am Kollegen Gradwohl ein Beispiel nehmen, der sich inhaltlich damit auseinander setzt, aber kein Schreigeheul gegenüber dem Minister und gegenüber dem Redner macht. Kollege Puswald sollte schauen, dass er sich bei der Materie auskennt, sollte einmal eine Ausschusssitzung besuchen, dann könnte ich das in irgendeiner Form akzeptieren. (Abg. Gradwohl: Du hast ja gehört, wie er sich auskennt!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 47

Meine Vorrednerin von den Sozialdemokraten hat von Mischkultur geredet. Daran sieht man auch wieder, wie weit sich jemand auskennt. Wahrscheinlich hat sie etwas anderes gemeint, Mischwald, Verunkrautung oder sonst irgendetwas in der Richtung. (Abg. Binder: Nein! Nein!) Oder sie hat gemeint, dass es eine Kulturfolge gibt. Auch darüber können wir diskutieren, aber ich würde bitten, dass man sich auf die Themen inhaltlich vorbereitet.

Wir reden heute hier über die Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist wichtig, und gerade die österreichische Landwirtschaft hat hohe Umweltstandards. Wir produzieren in Österreich sehr teuer, sind jedoch von einer landwirtschaftlichen Struktur umgeben, wo man billig produziert, die andere Rahmenbedingungen hat.

Ich möchte aber schon jeden daran erinnern, dass die Leistungen der Landwirtschaft wichtig sind – gerade der Bürgermeister von Imst, Abgeordneter Reheis, weiß, was das in Imst mit den Steilhängen bedeutet. Bei uns darf wirklich nicht die Frage der Kosten entscheidend sein, sondern wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, auch För­derungsbedingungen (Zwischenruf) – ganz klar –, unter denen die Landwirtschaft erhalten bleibt.

Wir waren immer dafür – das kann auch Herr Abgeordneter Scheuch bestätigen; auch in der Vergangenheit –, diese Arbeitsplätze zu sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das heißt, wir werden natürlich auch auf die ÖVP dahin gehend einwirken, dass es dort zu Fortschritten kommt. Die Förderungsmaßnahmen sind ein Thema der Zukunft, um sicherzustellen, dass unsere Landwirtschaft diese Rahmenbedingungen weiterhin hat.

Natürlich ist die Wettbewerbsfähigkeit wichtig; ebenso der Grundsatz der Rahmen­bedingungen.

Es wird immer der Pestizideinsatz kritisiert. Ich weiß – man kann das hier immer wieder nur betonen –: Im europäischen Vergleich werden bei uns am wenigsten Pestizide eingesetzt; wir sind in diesem Bereich Vorbild. (Abg. Faul: Noch!) Wir haben Vorbildwirkung für ganz Europa, das muss man herausstreichen. Man darf also nicht nur schimpfen, sondern ich würde mir von den Sozialdemokraten auch erwarten, dass sie das loben, auch die Leistungen dieser Bundesregierung loben. Es geschieht viel in schwierigen Zeiten für die Landwirtschaft, und da wäre es wichtig, das aktiv zu unterstützen.

Wir werden nachher beim Thema Gentechnik sehen – ich halte meine Ausführungen kurz, aber der Bereich Gentechnik ist sehr wichtig, und vielleicht schaffen wir einen Vier-Parteien-Antrag –, dass man dort schauen muss, dass man für den Konsumenten und für die Landwirtschaft etwas tut. Ich hoffe, es wird ein Vier-Parteien-Konsens.

Dass Sie bei dieser Gesetzesnovellierung nicht zustimmen, bedauere ich, weil da das Beste aus einer schlechten Situation gemacht wird. Ich gebe Abgeordnetem Gradwohl Recht, ein Sammelgesetz ist nicht immer etwas Günstiges, auch für die Vollziehung nicht. Da könnte man in Zukunft etwas ändern. Aber vielleicht geben Sie sich einen Ruck und stimmen doch zu. Wir wollen das Beste, diese Regierung will das Beste für die Landwirtschaft und für die Bauern – und wir Freiheitlichen ganz besonders. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 48

10.39

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Was brauchen die Bauern, was brauchen die Konsumenten? Das ist die Frage, die vorangestellt werden muss, wenn wir eine Gesetzesänderung oder mehrere Gesetzesänderungen im Agrarbereich diskutieren. Was wollen und was brauchen vor allem die Bauern? – Sie brauchen Wettbewerbsgleichheit, sie brauchen Sicherheit und Verlässlichkeit, und sie brauchen klare Rahmenbedingungen. Was brauchen und wollen die Konsumenten? – Vertrauen, Sicherheit und Qualität.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da hier auf der Besuchergalerie sehr viele junge Menschen sitzen, möchte ich sagen, das zählt umso mehr. Attribute wie „Kraut und Rüben“, „Pestizid-Chaos“, „in die falsche Richtung marschieren“ und so weiter sind weder angesichts dieses Agrarrechtsänderungsgesetzes angebracht noch schaffen sie Vertrauen bei den Konsumenten noch schaffen sie Sicherheit und Vertrauen bei den Bauern. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Wir haben hier eine klare Regelung in verschiedenen Punkten vorgelegt, auf die ich noch im Detail eingehen werde.

Ich möchte hier als Beispiel ein Thema herausgreifen. Herr Abgeordneter Pirklhuber hat gesagt: Cyhexatin war zugelassen. – Man muss präzise bleiben! Es wurde nicht zur Zulassung angemeldet, war nie in Österreich für das Inverkehrbringen zugelassen (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber es konnte importiert werden! Direkt!) und wurde mit einer eigenen Verbotsverordnung von mir, wie auch andere hormonähnliche Substanzen, explizit herausgenommen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Aber Direktimport!) Man muss das, wenn man das anspricht, auch Punkt für Punkt klar ausführen, weil es um Sicherheit geht, weil es um das geht, was uns am meisten wert ist, nämlich eine Lebens­mittelqualität, die wir gemeinsam in diesem Land haben wollen.

Ich zitiere hier – was ich sehr ungern und vielleicht überraschend tue – GLOBAL 2000, die eine Überprüfung von Erdbeeren auf Feldern durchgeführt hat. Erdbeeren sind eine Kultur, bei der man immer wieder breitflächigen Pestizideinsatz unterstellt. GLOBAL 2000 kommt zum Schluss:

Jene Konsumentinnen und Konsumenten, die saisonale Waren kaufen, wenn sie in Österreich aus österreichischer Produktion angeboten werden, können sehr sicher sein, unbelastete Ware gekauft zu haben. Wir haben es bei asaisonalen Importen meistens mit solchen aus anderen Gebieten der Welt zu tun, wenn es um Problemfälle geht. – Zitatende.

Man soll das nachlesen: Bei den Erdbeerkulturen gibt es ein hervorragendes Qualitäts­zeugnis für die österreichische Produktion.

Was ist im Agrarrechtsänderungsgesetz an wichtigen Punkten enthalten? – Mit der Änderung des Pflanzenschutzgesetzes wird eine weitere Harmonisierung des Probe­nahmeverfahrens implementiert und umgesetzt, mit der Novelle des Pflanzen­schutz­mittelgesetzes werden das Pflanzenschutzmittelverzeichnis und das Pflanzenschutz­mittelregister zusammengeführt. Das ist auch ein wichtiger technischer Prozess, um hier Klarheit und Vereinfachung herbeizuführen. Wir passen auch die Kennzeichnungs­bestimmungen durch die Umsetzung zweier EU-Richtlinien – das sind Vorgaben der Europäischen Union – entsprechend an.

Der Nachweis der Identität von Pflanzenschutzmitteln, die parallel aus Deutschland und Holland importiert werden, wird konkretisiert und dient ebenfalls der Klarheit, der klaren Kommunikation, der Anwendung und des Inverkehrbringens.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 49

Nächster Punkt: Mit dem Saatgutgesetz werden die Bestimmungen über die Verkehrsbeschränkungen von Saatgutmischungen an das Auslaufen der vierjährigen Übergangsfrist für die Einschränkung des Inverkehrbringens von Saatgutmischungen für Futterpflanzen im Binnenmarkt angepasst.

Und – ich brauche mich diesbezüglich nicht noch einmal nach der Fragestunde zu verbreitern – wir haben hier eine Ermächtigung vorgesehen, um auch ganz schnell und ganz klar auf die Frage gentechnisch verändertes Saatgut reagieren zu können und auf jene Herausforderungen, die möglicherweise – das ist noch nicht fix, aber möglicherweise – auf europäischer Ebene auf uns zukommen.

Was die Frage des Weingesetzes und dessen Novelle betrifft, wird die Rechtsfolge bei der Unterlassung der Abgabe einer Erntemeldung festgeschrieben. Wir machen auch etwas in der Frage DAC-Umsetzung; das ist ein Zukunftskonzept in der öster­reichischen Weinwirtschaft. DAC als Markenproduktion betrifft neue konkrete Vor­schläge, um dieses Konzept auch dort hinzuführen, wo zum Beispiel mein Heimat­viertel, das Weinviertel, mit dem Grünen Veltliner DAC bereits ist.

Was die Frage der Ausgliederung des Bundesamtes für Land- und Forstwirtschaft und der landwirtschaftlichen Bundesanstalten betrifft, so wird das Bundesamt und Bundesforschungszentrum für Wald aus einer nachgeordneten Dienststelle in eine vollrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ausgegliedert.

Keine Leistung, die diese hochwertige Anstalt für uns gebracht hat, wird damit unter den Tisch fallen – im Gegenteil! Diese Leistungen werden weiter für die österreichische Forstwirtschaft erbracht werden. Diese Anstalt kann sich jetzt auch für Dienstleistungen außerhalb der öffentlichen Hand öffnen. Ich halte das für eine extrem wichtige Weichenstellung. Diese Ausgliederung wurde – das haben die wenigsten dazugesagt – von den Angestellten dieser Anstalt explizit betrieben und gewünscht, und wird auch jetzt mit diesem Gesetz umgesetzt.

In der Novelle zum Forstgesetz haben wir bei der Begriffsbestimmung eine kleine Systemwidrigkeit einer Lösung zugeführt.

In diesem Sinne liegt mit dem Agrarrechtsänderungsgesetz ein Gesetzentwurf vor, der jene Antworten, die ich eingangs aufgezählt habe, gibt: nämlich Verlässlichkeit, klare Rahmenbedingungen und Zukunftsperspektiven für die bäuerlichen Betriebe und Sicherheit auch und vor allem für die österreichischen Konsumenten. (Beifall bei der ÖVP.)

10.45

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Faul. Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.45

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, wenn man Ihnen heute so zuhört, dann wäre man ja versucht, Ihnen manchmal zu glauben. Man muss Ihnen bestätigen, dass Sie die Landwirtschaftspolitik in Österreich sehr ausstrahlend und sehr positiv bewertend führen, aber in der politischen Arbeit, Herr Bundesminister, sind Sie Ihrem Vorgänger Molterer leider sehr ähnlich und haben vieles übernommen. Ich muss das wirklich kritisieren. Das haben auch schon meine Vorredner – Kollege Pirklhuber, Kollege Gradwohl – gesagt: Diese Gesetzesvorlagen einfach in einem Paket zusammenzufassen, überhaupt keine Zeit für Diskussionen aufzuwenden und sich diese Verordnungsermächtigungen selbst zu geben, damit das Parlament auch künftighin von den Diskussionen ausgeschlossen ist, das müssen wir kritisieren. Das finden wir nicht in Ordnung!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 50

Herr Bundesminister, es ist uns schon bewusst, dass Sie die Beamten von Minister Molterer übernommen haben, die diese „Molterer-Taktik“ noch in sich tragen, nämlich zuerst alles in ihrem Binnenbereich abzuhandeln, das heißt, mit dem Bauernbund zu reden, mit den Landwirtschaftskammern, mit der Präsidentenkonferenz alles abzu­handeln, und letztlich mit der Opposition nicht zu reden. Diese Stellungnahmen der Arbeiterkammern und der anderen Institutionen, Herr Bundesminister – geben Sie es doch zu! –, sind für Ihre Beamten wirklich nur Makulatur. Wenn diese Stellungnahmen eintreffen, sind die Weichen schon längst vorher bei euch gestellt, lieber Kollege Grillitsch. Ich glaube, wenn man sie richtig verfolgen würde, würde man sehen, dass sie ungelesen und unbeachtet in den Reißwolf Ihres Ministeriums hineinwandern.

Die Taktik – und das verurteilen wir sehr – Ihrer Abgeordneten im Ausschuss ist klar erkennbar: Dieses Durcheinanderdiskutieren der vielen Gesetzesmaterien, sodass man nicht wirklich auf die Schwächen der einzelnen Gesetze eingehen kann, ist eine Taktik, die wir sehr kritisieren.

Sie, Herr Minister, wissen selbst ganz genau, wie viel Sprengstoff und wie viele Gefahren – Kollege Pirklhuber hat es aufgezeigt – in diesen Gesetzeswerken für die Umwelt, für die Ernährungssicherheit und letztlich für die langfristige Gesunderhaltung der Menschen stecken.

Die Intention – die Intention vor allem von Ihren Abgeordneten – geht dahin – und das kritisieren wir sehr, lieber Herr Kollege Grillitsch! –, die Opposition, uns, immer als Feind der Landwirtschaft, als Feind der Bauern hinzustellen, die die Ertragssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Bauern im neuen Europa behindert.

Beispielsweise Kollege Auer – er ist jetzt leider nicht mehr da – hat im Ausschuss ein Untergangsszenario für den Fall gezeichnet, dass den österreichischen Bauern der Zugriff auf die Billigstprodukte ausländischer Pflanzenschutztechnik verwehrt werden würde. Heute hat er uns ja lebhaft gezeigt, dass er diejenigen beschuldigt, die eigentlich die Partner von euch Bauern sein müssten, und zwar die Konsumenten und letztlich den Handel. Kollege Scheuch redet überhaupt davon, dass Europa schuld an der Misere sei.

Dieses kurzsichtige Denken, liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, verhindert auch ein Nachdenken über falsche Anwendungen, über bedenkliche Substanzen und auch über Langzeitfolgen. Aufgeschrien, liebe Freunde, wird erst dann, wenn – wie beim Schweinearzneimittelskandal – Feuer am Dach ist und der Konsument Ihnen den Konsum verwehrt.

Schauen Sie nach bei den Weinbauern! Die würden Ihnen sagen, dass Qualität ihren Preis im Einsatz, aber auch im Konsum haben kann. (Beifall bei der SPÖ.)

10.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Freund 3 Minu­ten. – Bitte.

 


10.49

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das Agrarrechtsänderungsgesetz regelt unter ande­rem die Bestimmungen über die Pflanzenschutzmittel. Das ist ein sehr ernstes Thema, denn es geht dabei um den Schutz der landwirtschaftlichen Produkte, aber auch um den Schutz der Konsumenten. Wie sich ein Patient sicher sein muss, wenn er Medikamente einnimmt, so muss auch ein Bauer sicher sein können, wenn er Pflan­zenschutzmittel anwendet.

Ich möchte vorausschicken, dass kein Bauer gerne Pflanzenschutzmittel verwendet, aber es ist nun einmal notwendig. Damit eine Frucht gedeiht und gesund heran-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 51

wachsen kann und letzten Endes zu einem qualitätsvollen Produkt werden kann, muss der Bauer zum Teil Pflanzenschutzmittel einsetzen.

In diesem Zusammenhang möchte ich schon darauf verweisen, dass parallel aus Deutschland und jetzt auch aus Holland importierte Pflanzenschutzmittel in Österreich einem eigenen Zulassungsverfahren – das heißt, einschließlich Eintragung in ein Pflanzenschutzmittelregister mit eindeutiger Kennzeichnung – unterliegen. Das, meine sehr geschätzten Damen und Herren, ist nicht in allen europäischen Ländern der Fall.

Österreich hat den höchsten Anteil an biologischer Landwirtschaft in der EU. Die Landwirtschaft ist klein strukturiert und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Ich bin davon überzeugt: Bundesminister Pröll geht den richtigen Weg und nicht den falschen, wie Sie das hier vermuten oder zum Ausdruck gebracht haben, denn unser Bundesminister hat ein großes Sensorium für die Bauern und für die Konsumenten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es kann also keine Rede von einem Agrar-Umweltfiasko sein, wie das heute wieder Abgeordneter Pirklhuber gesagt hat; er hat das ja schon vergangene Woche in den Medien getan. Sie verunsichern mit Ihren Äußerungen nur die Bauern und auch die Konsumenten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das war der Minister! Nicht wir!) Das möchte ich auf das Schärfste zurückweisen, denn nirgends in Europa gibt es so klare Regelungen und so klare Vorgabe wie hier in Österreich.

Ich möchte Ihnen auch Folgendes sagen: Sie kritisieren, dass es Importe von Pflanzenschutzmitteln aus Deutschland gibt. Meines Wissens ist in Deutschland schon lange und nicht erst seit Monaten eine grüne Landwirtschaftsministerin in der Regie­rung. Ihr könnten Sie eigentlich vertrauen, wie das letzten Endes auch unsere Bauern und unsere Konsumenten tun. Ich glaube, Sie machen sich hier unnötig Gedanken, Sie sollten lieber dazu beitragen, dass in diesem Bereich Rechtssicherheit herrscht und dass unsere Konsumenten und Bauern nicht verunsichert werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. Redezeit: 3 Minuten. Er hat soeben das Plenum betreten und gelangt nunmehr an das Rednerpult. – Bitte.

 


10.52

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Ich habe soeben das Plenum betreten, aber es ging um eine sehr interessante Frage, die uns dann noch beschäftigen wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider ist Herr Kollege Auer nicht da. Mir hat es „gefallen“, wie er den Handel mehr oder weniger beschimpft hat – und das in Richtung der SPÖ blickend, so als ob dort ... (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer.) – Nicht der Herr Diplomingenieur, ich meine meinen Kollegen Bür­germeister!

Jakob Auer hat in Richtung SPÖ geschaut und hat den Handel beschimpft. Ich habe heute in der Früh, da höre ich immer ein bisschen Radio, von der Partnerschaft einer ganz großen Handelskette – jene mit den 50 Prozent – gehört, die „mit unseren Bauern“ geworben hat. Ich denke, man sollte sich einmal mit dieser großen Handels­kette unterhalten und nicht der SPÖ vorwerfen, dass der Handel nicht ganz in Ihre Richtung spielt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: ... „Konsum“! – Abg. Silhavy: Das war ein besonders „qualitativer“ Zwischenruf!)


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 52

Herr Minister, wir haben uns am Dienstag im Rechnungshof-Ausschuss getroffen. Da haben Sie leicht spöttisch zu mir gemeint: Na ja, Sie werden mir wieder eine Frage zum Grundwasser stellen. – Ihr Wunsch, Herr Minister, ist mir Befehl, Sie bekommen sie gestellt. Grundwasser und Pflanzenschutzmittel haben sehr viel miteinander zu tun. Auch das Pflanzenschutzmittelgesetz hat damit zu tun.

Meine Frage im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses zu den Landwirt­schaftsförderungen war: Wie wird denn ÖPUL tatsächlich kontrolliert? Wie häufig und nach welchen Plänen wird ÖPUL kontrolliert? Wie wird konkret in unserem Wasser­schutzgebiet, Wasserschongebiet Marchland-West kontrolliert? – Leider bekam ich darauf keine Antwort. Welche Kontrollpläne gibt es für all diese Maßnahmen? – Leider keine Antwort.

Ganz im Gegenteil: Die EU ist sehr kritisch, denn sie wirft uns vor, keine Anwen­dungskontrollen durchzuführen. Herr Minister, wissen Sie, wie es bei uns in diesem Grundwasserschongebiet ausschaut? – Wir haben uns gefreut – nicht über das Hoch­wasser –, dass das Hochwasser diese Mittel ausgeschwemmt hat. Jetzt, bei den letzten Messungen, liegen wir bei den Pestiziden und konkret beim Atrazin wieder im Grenzwertbereich. Bitte, was ist hier wirklich geschehen? – Obwohl dort sowohl ÖPUL als auch noch Vertragswasserschutz eingesetzt wird, also zweimal gezahlt wird, kann mir keiner sagen, wie oft denn kontrolliert wird.

Wie wollen Sie denn die privaten Importe aus Deutschland und Holland in den Griff bekommen, Herr Bundesminister? – Wir von der SPÖ sind der Meinung, dass uns dieses vorliegende Gesetzessammelsurium sicher nicht im Bereich des Schutzes der Konsumenten und im Bereich des Schutzes des Grundwassers weiterhelfen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

10.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Neudeck. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


10.55

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Bundesgesetz wird auch das Weingesetz 1999 geändert, damit die Wettbewerbsfähigkeit der hervorragenden österreichischen Wein­wirt­schaft gestärkt und an die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Weinkontrolle und an die Entwicklung auf dem Kellereiartikel-Sektor angepasst.

Eine Einsparung für die österreichischen Weinbauern in einer Größenordnung von etwas über 15 000 € ergibt sich allein dadurch, dass die verpflichtende Untersuchung auf Glykolsäure entfallen kann. Durch diese Änderung ist weiterhin gesichert, dass die österreichische Weinwirtschaft mit steigender Qualität am Auslandsmarkt punkten kann und Wettbewerbsnachteile, die sich allein aus der klein strukturierten österreichischen Weinbauwirtschaft ergeben, abgebaut werden.

Es ist ja meiner Meinung nach immer interessant, wenn man sieht, dass Wein aus Argentinien, Kalifornien, Chile und anderen Staaten mit einer Werbung angeboten wird, die vielleicht dem österreichischer Sektor entspricht, wo der Weinbauer wirklich noch selbst die Reben mit einer überschaubaren Anzahl an Mitarbeitern bearbeitet. Es ist aber so, dass diese Betriebe und diese Konzerne, die mit der Werbung des idyllischen Weinbaus nach Österreich liefern, in Wirklichkeit große Agrarfabriken sind, die den Weinbau mit Maschinen betreiben, die barriquierte Weine verkaufen, die jedoch nie einen Barrique gesehen haben, sondern auf andere Art und Weise ihren Holz­geschmack bekommen. Mit denen muss der österreichische Weinbau, der öster­reichische Weinbauer konkurrieren.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 53

Ich möchte auch anmerken, dass der Weinbausektor einer der wenigen Sektoren am Agrarmarkt ist, der nicht mit Förderungen überschüttet wird, wobei ich grundsätzlich nichts gegen Förderungen habe, aber der Weinbau kommt hier mit dem aus, wie er sein Produkt an den Endkonsumenten veräußert. Die Förderungen sind da sehr dünn gesät.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist diese Änderung zu begrüßen. Der Herr Minister hat auf die Erweiterung beziehungsweise positive Weiterentwicklung des DAC-Begriffes hingewiesen. Ich darf anmerken, dass das mit dem Grünen Veltliner, der ja jetzt auch weltweit Furore macht, wirklich eine Erfolgsgeschichte ist. (Abg. Scheibner: Ein bisschen spät! Zehn Jahre zu spät!)

Wenn Klubobmann Scheibner sagt, um Jahre oder um zehn Jahre zu spät, dann ist das vielleicht auch ein Grund dafür, warum die Freiheitlichen in der Regierung sind und weiter in der Regierung bleiben sollen, denn es gibt hier sehr viele, die dem guten Wein, zwar nicht hier im Haus, aber doch gerne in der Freizeit zusprechen. Das erhöht zum einen den Absatz und zum anderen das Bewusstsein für einen guten Weinbausektor. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung: zu berichti­gen­der Sachverhalt, tatsächlicher Sachverhalt, keine politischen Wertungen.

 


10.59

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Wittauer hat in seinem Redebeitrag unrichtigerweise behaup­tet, dass Frau Abgeordnete Binder Mischwald mit Mischkulturen verwechselt hätte.

Ich berichtige tatsächlich: Bei Mischkulturen, Herr Kollege Wittauer, handelt es sich um eine in der Fläche zunehmende, extensive und nachhaltige Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft, bei der ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter, das ist keine Berichtigung, sondern das ist eine Erklärung! Was berichtigen Sie jetzt? (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

 


Abgeordneter Heinz Gradwohl (fortsetzend): Ich berichtige, Herr Präsident, dass Herr Kollege Wittauer unrichtigerweise behauptet hat, Frau Kollegin Binder hätte keine Ahnung und hätte Mischwald mit Mischkulturen verwechselt. (Abg. Scheibner: Na na! Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das geht nicht! Nehmen Sie wieder Platz!)

Um das aufzuklären, berichtige ich, dass es sich dabei um eine neue Art, eine wichtige nachhaltige Art in der Landwirtschaft handelt, wo unterschiedliche Pflanzen, die sich gegenseitig ...

11.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das ist keine tatsächliche Berichtigung, Herr Abgeord­neter!

(Beifall bei Abgeordneten der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Gradwohl.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Redezeit: 3 Minuten. – Herr Kollege, Sie können den Faden von Abgeordnetem Gradwohl aufnehmen und uns erklären, was Mischwald und Mischkultur ist; interessiert mich sehr. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 54

11.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja nicht das einzig Unrichtige, was Wittauer behauptet hat. Man gewöhnt sich aber schön langsam daran.

Aber, um jetzt auf eine weitere Aussage von dir, Herr Kollege, zurückzukommen: Du vermisst das Lob für die Bundesregierung seitens der Opposition, seitens der SPÖ. Jetzt frage ich dich: Für diesen Eintopf erwartest du dir Lob von der SPÖ? Oder erwartest du dir Lob für die Agrarpolitik der letzten Jahre, Kollege Wittauer? (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich erinnere an die Ungerechtigkeit bei den Förderungen: 80 Prozent der Förderungen gehen an 20 Prozent der Landwirte!

Ich erinnere an die desaströse Situation bei der bäuerlichen Sozialversicherung. (Abg. Wittauer: Sockelbetrag für die Bergbauern!)

Ich erinnere dich daran, dass die Bauern in Österreich jedes Jahr weniger werden bei eurer blau-schwarzen Politik. Dafür, Kollege, erhoffst du dir Lob? (Abg. Wittauer: Ihr habt ja keine! Wir vertreten sie ja!)

Nun auch noch an die Adresse des Kollegen Scheuch, der den Agrardiesel ange­sprochen hat. – Auch diesbezüglich ist das Kurzzeitgedächtnis gut, das Langzeit­gedächtnis weniger. Ich möchte den Kollegen Scheuch – und vielleicht richtest du ihm das aus, wenn er wieder kommt – daran erinnern, dass der Agrardiesel unter einer SPÖ-Alleinregierung von Agrarminister Haiden eingeführt wurde, übergeführt in eine Direktförderung, die heute noch immer ausgezahlt wird.

Dann, im Jahr 2000: schwarz-blaues – oder damals noch blau-schwarzes – Regie­rungs­übereinkommen: Einführung des Agrardiesels. Aber was ist passiert? – Der blaue Finanzminister Grasser hat diesen Agrardiesel „geschmissen“. Er musste auf schwarz mutieren, bis jetzt ein Agrardiesel kommt. (Abg. Wittauer: Das hat er ja gar nicht gesagt! – Abg. Scheibner: Aber ihr stimmt dagegen! – Abg. Wittauer: Das hat er ja gar nicht gesagt! Er hat gesagt, in der Kammer haben die Roten zugestimmt, und dann haben sie dagegengestimmt! – Abg. Grillitsch: Wahlmöglichkeit hat er! Erkundigen Sie sich genau! Sie wissen gar nicht, wovon Sie sprechen!)

Wie kommt der Agrardiesel, Kollege Wittauer? – Nicht bezogen auf den Bedarf, sondern wieder bezogen auf die Fläche. Das ist eine ungerechte Förderung, mit der wir nicht einverstanden sind. (Abg. Grillitsch: Erkundigen Sie sich!) Ich bitte dich, worüber haben wir denn diskutiert? Wir haben darüber diskutiert, wie der Agrardiesel ausschauen soll! Das war euch alles nicht recht. Böse Zungen behaupten, manche hätten sich den Agrardiesel dann nicht in den Mercedes einfüllen können. Jetzt, über die Fläche, sind alle Möglichkeiten offen. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, um den Ball vom Kollegen Neudeck aufzu­nehmen: DAC ist ein wahrer Erfolg! Das Weinviertel hat hier gut abgeschnitten. Ich bitte dich nur, Herr Bundesminister, bei dieser Novelle im Sinne des DAC weiter zu agieren.

Wenn ich heute lese, dass wir einen geographischen Begriff einführen, dass der DAC jetzt bis auf Rieden hinunter vergeben werden kann, bitte ich dich: Wirke dem entgegen! Für mich war es nämlich ein maßgebliches Kriterium für den Erfolg des DAC, dass es uns gelungen ist, dem Markt eine größere Menge vergleichbarer Qualität zur Verfügung zu stellen. Von diesem Grundsatz, Herr Minister, sollten wir nicht abweichen! – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

11.04

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 55

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Winkler. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.04

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! – Zunächst herzliche Gratulation der Frau Präsidentin und alles Gute für ihre besonders wichtige Aufgabe!

Geschätzte Damen und Herren! Ich darf naturgemäß auf einen Punkt eingehen, nämlich auf den Artikel 8, § 21, Änderung des Forstgesetzes, wo die Wortfolge „oder Wohlfahrtswirkung“ entfällt.

Natürlich hat das zunächst einmal etwas Verunsicherung erzeugt, insbesondere bei Nicht-Forstleuten. Ich darf aber kurz darauf hinweisen, dass es dabei wirklich um eine harmlose formelle Korrektur im Text geht, und zwar insofern, als im § 6 die Aufgaben und Funktionen des Waldes klar und deutlich geregelt sind, nämlich in Form der Nutzwirkung, der Schutzwirkung, der Wohlfahrtswirkung und der Erholungswirkung, wobei die Schutzwirkung sich in Standortschutzwald und Objektschutzwald aufteilt und im Bereich der Wohlfahrtswirkung auf den Einfluss auf die Umwelt, und zwar insbesondere auf den Ausgleich des Klimas und des Wasserhaushaltes, und auf die Reinigung und Erneuerung von Luft und Wasser Bezug genommen wird. Beide, Schutzwald- und Wohlfahrtswirkung, werden in Form einer Bannwaldlegung durch besondere Bestimmungen dann im Hinblick auf die Erreichbarkeit der Ziele festgelegt.

Aber es ist, geschätzte Damen und Herren, nicht immer unbedingt die formelle Richtigkeit maßgeblich. Natürlich ist es wichtig, dass ein Gesetz formell richtig ist, aber besonders wichtig ist auch die Praxis. Da ist es besonders wichtig, dass, um die Ansprüche der Öffentlichkeit im Hinblick auf die eingangs erwähnten Aufgaben und Wirkungen erfüllen zu können, fachlich bestens ausgebildetes Personal vor Ort vorhanden ist. Ich glaube, beim Herrn Bundesminister offene Türen einzurennen, wenn ich ihn ersuche, insbesondere im Bereich des öffentlichen Betriebes Bundesforste dafür zu sorgen, dass sich fachliches Personal nicht nur ausbilden lassen kann, sondern auch für die Praxis zur Verfügung steht.

In diesem Sinne bitte ich alle um Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Reheis. – Bitte.

 


11.07

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Ich kann dem Herrn Bundesminister sehr wohl zustimmen, wenn er, wie er heute hier gesagt hat, meint, dass wir im Bereich der Landwirtschaft Vertrauen schaffen sollen, oder wenn er laut „profil“ vom 7. Juni 2004 die Auffassung vertritt, dass sich der Konsument auf die Sicherheit unserer Lebensmittel verlassen können muss.

Dem stimmen wir gerne zu, aber dem steht gegenüber dieser Bericht aus dem „profil“, aus dem ich soeben zitiert habe, und zwar mit dem Titel „Angriff der Killertomaten“. Mit der Gleichstellungsverordnung dieser Bundesregierung hat ja der damalige Um­weltminister Wilhelm Molterer der Agrarlobby eigentlich einen Strich durch die Rech­nung gemacht, indem er den großen Chemiekonzernen zunehmend kostspielige Prüfverfahren für Pestizideinsätze erspart hat. Die nehmen Sie leider nicht sehr gerne auf sich, Herr Bundesminister!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 56

Dass wir sehr gerne vom „Feinkostladen Österreich“ sprechen, von den besten Standards, aber auch von der notwendigen Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft, und dass die bäuerliche Standesvertretung zu Recht appelliert, dass österreichische Produkte, die beste Qualität aufweisen, gekauft werden sollen, kann ich nur begrüßen, aber es kann nicht die Meinung vertreten werden, wie heute hier der Kollege Auer eigentlich vermittelt hat, dass Kontrollen eine Schikane für den Bauern, für den Landwirt seien. Das sind keine Schikanen, sondern im Gegenteil: Es ist eine Garantie für den Konsumenten, dass er zukünftig mit österreichischer Qualität auch wirklich kontrollierte Qualität kaufen kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Konsument, meine Damen und Herren, aber auch der Landwirt, der Bauer, sie alle sind keine Chemiker. Deshalb müssen die Flächen von Fachleuten kontrolliert werden. Schuldzuweisungen an Partner, wie den Konsumenten, sind sicherlich unzulässig und falsch.

Kollege Auer hat heute auch gesagt, dass die Konsumenten zu den billigsten Pro­dukten greifen würden. No na net! Freilich werden sie zu den günstigsten Produkten greifen, wenn sie auf Grund der Politik, die Sie vertreten, leider immer mehr zum Sparen gezwungen werden, weil sie weniger Einkommen haben. Sie müssen ja zu den billigen Produkten greifen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Schauen wir, dass die Menschen ein entsprechendes Einkommen haben, dann werden sie sich auch bessere Qualität leisten können und damit dem „Feinkostladen Österreich“ sozusagen einen Gefallen tun. Dieser Kreislauf muss hergestellt werden!

Herr Bundesminister, uns und mich ganz besonders bedrückt schon auch, dass eine WHO-Studie sagt, dass pro Jahr weltweit bis zu 200 000 Menschen durch akute Vergiftungen von Pflanzenschutzmitteln sterben beziehungsweise einige schwere Krankheiten mit Pestizidwirkstoffen in Verbindung stehen.

Herr Bundesminister, was sagen Sie zu diesen Vorwürfen? Der Pflanzen­schutz­mitteleinsatz in Österreich ist derzeit noch ohne Warnhinweise und ohne ent­sprechende Information für den Konsumenten möglich. Daher ist Qualität auch nicht erkennbar. Eine zusätzliche Information und Warnpflicht wären auch eine zusätzliche Stärkung und Unterstützung der biologischen Produkte zum Beispiel und auch der Bio-Bauern.

Meine Damen und Herren! Eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ist nur möglich durch ehrliche Erzeugung von Feinkost, durch ehrliche Erzeugung von Qualität und wirklich gesunder Produkte, die auch als solche für den Konsumenten erkennbar sein müssen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Dipl.-Ing. Hütl. Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.10

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Ausführungen beziehen sich auf den Artikel 6 des Bundesgesetzes über die Bundesämter für Landwirtschaft und über die landwirt­schaftlichen Bundesanstalten.

Im Zuge der Verwaltungsreform gab es ja schon in den letzten Jahren einige Änderun­gen in diesem Bereich, und nun werden weitere Anstalten, und zwar jene in Gumpen­stein und Wieselburg, zu neuen regionalen Bildungs- und Forschungszentren zusam­mengefasst.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 57

In der Steiermark wird die Bundesanstalt für Alpenländische Landwirtschaft mit der Höheren Lehranstalt Raumberg und in Wieselburg die Bundesanstalt für Landtechnik mit der Höheren Bundeslehranstalt Francisco Josephinum zusammengeführt.

Ich habe hier an dieser Stelle schon einmal über die Bundesanstalt für Landestechnik gesprochen, an der einige Wissenschaftler Forschung über Biomasse und nach­wachsende Rohstoffe betreiben und weit über unsere Grenzen hinaus Anerkennung finden.

Dem gegenüber steht die renommierte Höhere Bundeslehranstalt Francisco Josephi­num mit den Schwerpunkten Landwirtschaft, Landtechnik und Lebensmitteltechnologie. Das Josephinum ist auch der Namensgeber der künftigen Lehr- und Forschungsanstalt mit den Schwerpunkten nachwachsende Rohstoffe, Biotreibstoffe und Landtechnik.

In Wieselburg entsteht – nicht zuletzt durch die Verbindung mit der neuen Fach­hochschule – mit dem K-Plus-Zentrum, mit dem Austrian Bio Energy Centre sowie der Messe Wieselburg ein wesentlicher Bildungs- und Forschungscluster.

Ich darf auch an dieser Stelle (in Richtung Zuschauergalerie gewandt) die Studenten der Fachhochschule Wieselburg sehr herzlich begrüßen! (Allgemeiner Beifall.)

Parallel zur Neuorganisation dieser Bundesinstitute hat nun Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll die Funktion eines Forschungsbeauftragten neu geschaffen, um eine neue österreichische Forschungsstrategie im Bereich der Lebens-, Umwelt- und Agrarwissenschaften zu entwickeln. Ich bin überzeugt davon, dass diese Zusammen­legung der Anstalten, und zwar sowohl in Wieselburg als auch in Gumpen­stein/Raumberg, ab 1. Jänner 2005 im Sinne einer effizienten Ressourcenbündelung gute Ergebnisse bringen wird.

Ich danke Herrn Bundesminister Pröll auch für diese Regierungsvorlage. In den nächsten Wochen und Monaten wird es an den künftigen Partnern sowie an den handelnden Personen liegen, dieses Gesetz nach bestem Wissen und Gewissen mit Leben zu erfüllen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

11.13

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. Ich erteile ihr das Wort.

 


11.14

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Uns liegt heute ein Gesetzentwurf vor, der eine derartige Fülle an unterschiedlichen Materien enthält, dass jede Übersichtlichkeit verloren geht. Wir kennen diese Methode ja bereits aus der Vergangenheit.

Im gegenständlichen Fall behandelt diese Vorlage die Änderung von Pflanzen­schutzgesetz, Pflanzenschutzmittelgesetz, Saatgutgesetz, Weingesetz und Gesund­heits- und Ernährungssicherheitsgesetz, weiters die Erlassung eines Bundesgesetzes über die Bundesämter für Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Bundesanstalten, dann die Einrichtung des Bundesforschungs- und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft als Anstalt öffentlichen Rechts sowie vom Bundesamt für Wald – und schließlich noch die Änderung des Forstgesetzes.

Die Transparenz und Verständlichkeit der Legislative werden damit weiter ausgehöhlt. Aber nicht nur diese formellen Punkte rufen unsere Kritik hervor. Am Beispiel des Pflanzenschutzmittelgesetzes zeigt sich, dass die darin enthaltenen Regelungen die Interessen der Konsumentinnen zu kurz kommen lassen. Es ist höchste Zeit, dass auch Futtermittel als Bestandteil der Lebensmittelkette betrachtet werden, weshalb


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 58

die SPÖ einen entsprechenden Antrag eingebracht hat, der heute ebenfalls zur Diskussion steht.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, bitte bekennen Sie sich zum Konsumentenschutz – und korrigieren Sie dieses Gesetzeskonvolut in sinnvoller Weise! Darum ersuche ich Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

11.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 


11.16

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Zur Debatte steht das Agrarrechtsänderungsgesetz, und da möchte ich gleich eingangs zu der geäußerten Kritik etwas sagen; leider ist Herr Abgeordneter Pirklhuber jetzt nicht da. Ich verstehe ja irgendwie den Vorwurf beziehungsweise die Kritik, dass diese Änderungen sozusagen in einem Sammelgesetz gemacht werden, möchte Sie jedoch an Folgendes erinnern: Diese Anforderung an Vielfalt, die in diesem Änderungsgesetz enthalten ist, wird tagtäglich an die Bauern gerichtet. Landwirte müssen Kenntnisse haben in Pflanzenbau, Pflanzenschutz, im Tierzuchtbereich, in der Lebensmittelhygiene, in rechtlichen Belangen, bei Kontrollen und so weiter. – In meinen 2 Minuten Redezeit kann ich das alles gar nicht aufzählen.

Nochmals: Diese Anforderung an Vielfalt wird täglich an die Bauern gestellt, und ich meine daher, wir Abgeordneten werden es doch auch schaffen, das in diesem Sam­melgesetz durchzubringen.

Zur Frage des Standpunktes: Das Thema öko-soziale Marktwirtschaft ist von unserem ehemaligen Landwirtschaftsminister Josef Riegler vor vielen, vielen Jahren hier ins Hohe Haus gebracht worden. Öko-soziale Marktwirtschaft hat folgende Bedeutung: ökologisch, ökonomisch und sozial. – Wenn man das jedoch vom Standpunkt des Kollegen Pirklhuber her sieht, bestimmt nur der Faktor „Ökologie“ den richtigen Standpunkt. (Abg. Sburny: Ausgerechnet!) – Nein, es muss darum gehen, dass ökologische, ökonomische und soziale Standpunkte in Einklang gebracht werden! (Beifall bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Frau Abgeordnete, wenn ein Betrieb herkömmlich erzeugt, ist es nicht sozial, wenn ihm die biologische Bewirtschaftung seines Hofes aufgezwungen wird, auch aus finan­ziellen Gründen nicht! Es muss selbstverständlich auch die ökonomische Situation berücksichtigt werden, die ökologische, aber auch die soziale.

Ich meine auch, dass ein Abwerten dieses unseres Standpunktes in der Bevölkerung Verunsicherung erzeugt, und ich meine weiters, dass man Brücken bauen statt Gräben aufreißen sollte. Meiner Überzeugung nach ist es unser aller Aufgabe, Konsumen­tinnen und Konsumenten dazu zu animieren, österreichische Produkte zu kaufen: eben in der Saison, genau dann, wenn das in Österreich produziert wird. Das wäre unser aller Aufgabe!

Nochmals: Es ist wichtig, Brücken zu bauen – und nicht Gräben aufzureißen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

11.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.

 


11.19

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Frau Präsidentin! Ich stelle fest, ich muss mich jetzt umgewöhnen und immer schauen, ob eine Frau oder ein Mann am Prä-


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 59

sidium sitzt, denn bisher hat man sich nicht umdrehen müssen und einfach automatisch „Herr Präsident“ sagen können. Das ist jetzt also eine neue Qualität im Präsidium des Nationalrates! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich möchte mich kurz mit dem Thema Pestizide befassen, wie ich das ja auch schon im Ausschuss getan habe. Wie Sie wissen, haben wir dieses heillose Durcheinander sehr scharf kritisiert, denn durch die Zulassung der Pestizide, und zwar dadurch, dass es eben die automatische Zulassung der Pestizide, wie in den Niederlanden und auch in Deutschland, jetzt auch in Österreich gibt, wird es massive Auswirkungen nicht nur für Bauern, sondern auch für die KonsumentInnen geben; wir haben das ja bereits besprochen.

Ich halte es für einen schweren Fehler, dass man das ohne irgendwelche Begleit­maßnahmen gemacht hat; die negativen Folgeerscheinungen merkt man ja jetzt immer stärker. Wir haben ja auch in dieser Sache sehr umfangreiche Anfragen an Sie gerichtet.

Ich glaube, dass das wirklich sehr schlecht vorbereitet war, weil wir jetzt allergrößte Probleme im Bereich der Kontrolle haben, und das wissen Sie. Die AGES, die Ernährungsagentur, kann ja viele der neuen Pestizide noch nicht nachweisen, das ist ein Problem. Es gab ein monatelanges Rätselraten um die Höchstwerte der Pestizide. Zuerst hat es geheißen, die niederländischen Höchstwerte gelten. Da hätten sich unsere Bauern, glaube ich, sehr schwer getan, weil die Höchstwerte sehr kultur­spezifisch angesetzt werden. Das heißt, für Gurken sind andere Höchstwerte gültig als für Paprika – und wenn man die aus den Niederlanden nicht kennt, wie soll das dann ein österreichischer Bauer wissen und entsprechend anwenden?

Jetzt heißt es – und es gibt auch einen Erlass der Frau Ministerin Rauch-Kallat, die dafür zuständig ist –, die österreichischen Höchstwerte gelten. Da es aber keine spezifischen Höchstwerte gibt – das heißt, niemand hat sich die Mühe gemacht, zu untersuchen, wie viel man für eine Tomate und wie viel man für einen Paprika verwenden darf –, gelten sehr, sehr niedrige Höchstwerte. Das ist aus unserer Sicht begrüßenswert, nur sage ich Ihnen: Kein Landwirt in Österreich kann mit diesen Höchstwerten die neu zugelassenen Pestizide verwenden! Diese niedrigen Höchst­werte kann er nicht einhalten, kulturspezifische Höchstwerte gibt es nicht – also was soll das Ganze eigentlich?

Ich finde, das ist eine sehr eigenartige Vorgangsweise, die ja auch von Ihrem Vorgänger, der hier sitzt, vorbereitet worden ist. Ich glaube, dass man wirklich sehr intensiv daran arbeiten muss, um das, was man in Hast und Eile der schnellen Umsetzung da falsch gemacht hat, auszugleichen, denn sonst wird das auf dem Rücken der Bauern und der Konsumenten ausgetragen werden, wenn eigentlich niemand weiß, wie viel und wo genau er es anwenden kann. Das sind, glaube ich, sehr wichtige Informationen.

Dazu kommt noch das Problem der Kontrolle, der fehlenden Nachweismöglichkeiten der Ernährungsagentur, was ich schon als großes Defizit sehe. Ich mache da der Agentur gar keinen Vorwurf, denn wenn plötzlich zig neue Pestizide auf dem Markt sind, kann sie sich nicht so schnell darauf einstellen, das verstehe ich. Ich glaube, da muss man bei den politischen Vorgaben wirklich mit Maß und Ziel vorgehen, damit das nicht so überfallsartig passiert und dann alle vor unlösbaren Problemen stehen.

Also wenn man so etwas will, Zulassungen von Pestiziden aus anderen Ländern einfach 1 : 1 zu übernehmen, dann, Herr Bundesminister, muss man es zumindest gut vorbereiten, sonst kommt ein Durcheinander heraus, wie es jetzt der Fall ist, und das finde ich sehr bedauernswert. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.22

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 60

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist als Nächste Frau Abgeordnete Walther. Ich erteile ihr das Wort.

 


11.22

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Liebe Gäste auf den Rängen! Dass wir diesem Agrarrechtsänderungsgesetz zumindest teilweise zustimmen können, verdanken Sie, Herr Minister, unserem und dem Ansuchen der Grünen um getrennte Abstimmung der sieben Teilgesetze dieses Sammelgesetzes.

Ich möchte mich vor allem mit der Novelle des Saatgutgesetzes beschäftigen und hier etwas gleich vorausschicken: Es geht wirklich, Herr Minister, in die Richtung von Taschenspielertricks, wenn man gentechnisch veränderte Organismen per Verordnung und mit einem Sammelgesetz in den Verkehr bringt. Das ist eine derart sensible Materie, dass man so etwas wirklich klarer formulieren und klarer definieren muss, damit auch die Bevölkerung das mitbekommt.

Es verwundert deshalb auch nicht, dass gleich zwei Landesregierungen die Novelle zum Saatgutgesetz 1997 in ihren Stellungnahmen klar und deutlich zumindest hinter­fragen beziehungsweise auch mehr als kritisch behandeln. Ich möchte nur darauf hinweisen, ich habe es mir ausgedruckt: Das Amt der Vorarlberger Landesregierung und auch das Amt der Tiroler Landesregierung haben sich mit der Novelle beschäftigt und sie auch kritisch beurteilt. (Die Rednerin hält zwei Schriftstücke in die Höhe.) Zum Beispiel verweist die Tiroler Landesregierung auf Folgendes: Dass wohl die Melde- und Aufzeichnungspflichten beim Pflanzenschutz und beim Saatgut nicht gestrichen werden dürfen, das muss doch wohl ein Irrtum sein.

Ich teile die Kritik daran, dass alle Fragen durch Verordnungen geregelt werden und dass die Beratungen im Parlament umgangen werden sollen; meine Kollegin Schön­pass hat das schon ausführlich behandelt.

Gerade in dem Bereich, für den Sie im Umweltressort zuständig sind und wo es um die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch der Bauern geht, ist es wirklich etwas bedenklich, wenn man gentechnisch veränderte Organismen oder gentechnisch verändertes Saatgut einfach im Verordnungsweg in den Verkehr bringt.

Es ist deshalb auch kein Wunder, dass diese Diskussion noch weitergeführt werden muss und dass wir heute diesem Teilbereich auf keinen Fall unsere Zustimmung geben können. (Beifall bei der SPÖ.)

11.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.26

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Kollegin Schiefermair, wir können das Blatt drehen und wenden, wie wir wollen, Sammelgesetzesänderungen enthalten immer den Verdacht, dass etwas durchgepeitscht wird, dass etwas schnell gehen soll, dass man ein bisschen etwas verstecken will, dass man ein bisschen etwas vertuschen will, aber zumindest, dass man die Diskussion ganz massiv einschränken will. Das ist der Grund, warum wir diese Vorgangsweise nicht goutieren und uns dagegen auflehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr vieles ist schon gesagt worden, noch nicht alles – vielleicht noch ein paar Worte zur Änderung des Forstgesetzes. Vor zwei Jahren wurde das letzte Mal dieses Forstgesetz geändert, und da ist ja der Begriff des Objektschutzwaldes eingeführt


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 61

worden. Heute soll gerade aus diesem Bereich, dem Objektschutzwald, die Wohlfahrtswirkung herausgenommen werden. Das ist nicht ganz nachvollziehbar für uns, auch wenn uns der Herr Bundesminister im Ausschuss versichert hat, dass da nichts passieren wird, dass der freie Zugang zum Wald weiter aufrecht bleibt.

Herr Bundesminister! Wir werden uns ganz genau anschauen, wie ernst Ihre Beteuerungen und Versprechungen zu nehmen sind. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sehr ernst!) Wir werden da ganz genau aufpassen.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es gibt natürlich auch schon jetzt Probleme mit den Ruhezonen. Es werden ja riesige Ruhezonen festgelegt, wo ebenfalls der Zutritt zum Wald verboten ist. Ich sage Ihnen hier auch, für uns Sozial­demokraten ist ganz klar: Wenn das die Hintertür ist, durch die der Wald wieder ein bisschen schlechter begehbar gemacht wird, quasi wieder ein „Schlüssel“ eingebaut wird, dann werden Sie mit unserem Widerstand zu rechnen haben.

Lassen Sie mich zum Abschluss hier drei Punkte anführen: Wir wollen die freie Begehbarkeit des Waldes in gar keiner Weise eingeschränkt sehen. Wir sehen den freien Zugang zum Wald wirklich als Grundrecht für die Menschen in diesem Land, und wir werden dieses Grundrecht mit allen demokratischen Mitteln verteidigen! (Beifall bei der SPÖ.)

11.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorläufig Letzte dazu zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Frau Abgeordnete, wie lange wünschen Sie die Redezeit eingestellt zu bekommen? – 3 Minuten. – Bitte, Sie haben das Wort.

 


11.28

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Danke für den Hinweis, Herr Minister, dass Ihnen die Sicherheit der KonsumentInnen sehr viel wert ist. Danke für den Hinweis, dass Sie die Part­nerschaft mit den KonsumentInnen suchen, und danke, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Landwirtschaft, dass Sie das auch immer als zentralen Punkt ansehen. Ich möchte Sie gerne bei dieser Zusicherung, bei diesem Versprechen „Sicherheit für die KonsumentInnen“ jetzt beim Wort nehmen.

Konkret: Wie schaut es denn aus mit der Sicherheit für die KonsumentInnen, wenn Sie praktisch alle Lebensmittel betreffende Regelungen immer in Agrarrechtsänderungs­gesetzen unterbringen, wenn Sie alle Regelungen die Lebensmittelsicherheit betref­fend in Landwirtschaftsgesetzen unterbringen, im Ressort der Landwirtschaft ansiedeln, im Landwirtschaftsausschuss verhandeln, im Rahmen von Landwirtschafts­debatten diskutieren? – Bitte, da gibt es eine Vermischung von Interessen der Produzenten und von Interessen der KonsumentInnen.

Wir haben so etwas in anderen Bereichen ja auch nicht! Denken Sie nur an die Verkehrssicherheit! Es hat nicht der ÖAMTC die Kontrolle der Verkehrssicherheit über, nein, aber in der Landwirtschaft werden alle Fragen, bei denen es um Kontrolle und um Sicherheit der Lebensmittel geht, im Produzentenressort geregelt, mit der Produzen­tenlobby ausgedealt, am Produzententisch ausverhandelt. Das ist mein Problem, wenn es um die Sicherheit der KonsumentInnen geht, und ich mache das an ganz konkreten Beispielen dingfest.

Erstes Beispiel: Sie haben die Lebensmittelkontrolle ausgegliedert. In der neuen Geschäftsführung hat ein Agrarier, Herr Dr. Url, der fachlich sicher qualifiziert ist, in Zukunft fachlich und sachlich alles in der Hand. Ein Agrarier!


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Zweites Beispiel: Sie haben die Finanzen der ausgegliederten Agentur zu knapp bemessen. Deswegen ist die Lebensmittelkontrolle finanziell stark unterdotiert. Dankenswerterweise haben Sie mir, Herr Minister, zugesichert, es werde nach­verhandelt. Aber wer garantiert mir, dass wirklich die für die Sicherheit notwendigen Mittel vom Finanzminister auch zur Verfügung gestellt werden?

Letztes Beispiel: Sicherheit. Es gibt bereits seit einem Jahr einen Rechnungs­hofrohbericht über die Lebensmittelkontrolle und die AGES. Wann wird dieser endlich in diesem Parlament diskutiert werden können? Es geht doch hier wirklich um zentrale KonsumentInneninteressen. Wir brauchen Transparenz, wenn es um Sicherheit geht, und deshalb auch mein Antrag, der sowohl auf finanzielle Sicherheit bei der Kontrolle als auch auf Transparenz, auch im Sinne der Produzenten, abzielt.

Ganz kurz: Das Gesetz über die österreichische Ernährungsagentur soll novelliert werden.

Erstens: Die finanzielle Dotierung wird in kürzestmöglicher Zeit auf das erforderliche Ausmaß aufgestockt und bei zukünftigen Budgets realistisch kalkuliert, damit ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes gewährleistet ist.

Zweitens: Es wird ein jährlicher Tätigkeitsbericht mit Schwerpunkt Lebensmittel- und Futtermittelkontrolle unter besonderer Beachtung des Einsatzes gentechnisch verän­derter Produkte vorgelegt.

Meine Damen und Herren! Wir als KonsumentInnen haben alle ein Recht auf eine gute Kontrolle und auf eine transparente Handhabung in Form eines Berichts.

Herr Minister! Sie haben uns heute leider zu wenig oder nichts über die AGES gesagt. Unser Schwerpunkt liegt auf dieser sehr, sehr wichtigen Institution, die die Sicherheit der KonsumentInnen im Lebensmittelbereich gewährleisten kann.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, einen Moment, bitte: Ich darf Sie ersuchen, den Entschließungsantrag noch einmal komplett einzubringen. Sie haben nur Teile daraus vorgelesen. – Bitte.

 


Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Die Frau Präsidentin legt Wert auf eine völlig korrekte Vorgangsweise. Ich hätte es auch gemacht, wollte es nur etwas abkürzen. Ich lese ihn noch einmal vor:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und KollegInnen betreffend Aufstockung der Finanzmittel für die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Bundesgesetz, mit dem die Öster­reichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit eingerichtet werden, wie folgt zu novellieren:

1. Die finanzielle Dotation der AGES wird in kürzestmöglicher Zeit auf das erforderliche Ausmaß aufgestockt und bei zukünftigen Budgets realistisch kalkuliert, damit ein hohes Niveau des Gesundheitsschutzes und des Schutzes der Verbraucherinteressen (insbe­sondere im Bereich der Lebens- und Futtermittel) gewährleistet werden kann und die Zielbestimmungen des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes laut § 1, § 3, § 4 und 5 im Rahmen der AGES umgesetzt werden können.


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2. Es wird ein jährlicher Tätigkeitsbericht mit Schwerpunkt Lebensmittel-, Futtermittel­kontrolle unter besonderer Beachtung des Einsatzes von gentechnisch veränderten Produkten vorgelegt.

*****

Ich glaube, jetzt können Sie zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Dr. Moser ist genügend unterstützt, auch dementsprechend eingebracht worden und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist dazu niemand mehr.

Ich schließe die Debatte. (Ruf bei der ÖVP: Ist der Antrag schon verteilt?) Der Antrag ist verlesen worden!

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Agrarrechts­änderungsgesetz 2004 samt Titel und Eingang in 529 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen und der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen vor.

Ich werde daher über den Gesetzentwurf der Systematik des Gesetzestextes nach unter Berücksichtigung der Verlangen auf getrennte Abstimmung abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 1 bis 3 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur getrennten Abstimmung über Artikel 4 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über die Artikel 5 und 6 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Abgeordnete, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 7 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 Z. 1 und 2 des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem die Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 64

Ferner kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 Z. 3 des Gesetz­entwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, der möge bitte ein entsprechendes Zeichen geben. – Das ist mit Stim­menmehrheit angenommen.

Weiters kommen wir zur getrennten Abstimmung über Artikel 8 Z. 4 bis 9 des Gesetz­entwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in 529 der Beilagen in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der Finanzmittel für die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieser Entschließungsantrag ist nicht angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über das Bundesamt für Wasserwirtschaft geändert wird, samt Titel und Eingang in 530 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetz­entwurf ist einstimmig angenommen.

Der Gesetzentwurf ist also auch in dritter Lesung angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 531 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 532 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 533 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Stimmenmehrheit angenommen.


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Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft, seinen Bericht 534 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch bei diesem Antrag die Damen und Herren im Falle der Zustimmung um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist auch mit Mehrheit angenommen.

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 373/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gentechnik-Moratorium sowie zur Regelung der Koexistenz und der Haftung in Zusammenhang mit GVO’s (535 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 7. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ich eröffne nun die Debatte.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Grillitsch. Er ersucht um eine Redezeit von 5 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.

 


11.40

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Wir haben uns heute schon sehr ausführlich mit Fragen der Landwirtschaft, aber vor allem generell mit Fragen des Konsumen­tenschutzes und im Speziellen mit Fragen der Lebensmittelsicherheit für die Menschen in Österreich beschäftigt. Bei dem nun zur Debatte stehenden Tagesordnungspunkt kommen wir zu einem Thema, das öffentlich mit sehr viel Emotion diskutiert wird, und daher erwarte ich mir hier in diesem Hohen Hause auch die dementsprechende Aufmerksamkeit, wenn es um dieses Thema geht, nämlich um die Gentechnik.

Bei dieser Materie, die man sehr eingehend diskutieren muss und wo man sich auch genau informieren sollte, muss man die Frage in den Raum stellen: Ist die Gentechnik in Wahrheit ein Fluch oder ein Segen? (Abg. Dr. Pirklhuber: Für die Landwirtschaft ein Fluch!) Diese Frage sollten wir hier in diesem Hohen Haus ganz offen diskutieren.

Ich glaube, der Opposition „unterstellen“ zu können, das sie das gleiche Ziel hat wie wir. Nur: Der Weg ist wahrscheinlich vielfach ein anderer. Deswegen freue ich mich, dass wir uns betreffend dieses Thema auf einen Vier-Parteien-Antrag einigen konnten.

Meine Damen und Herren! In Wahrheit geht es dabei um Sicherheit. Erstens brauchen wir Sicherheit für die Konsumenten, die die Nachvollziehbarkeit bei den hergestellten Nahrungsmitteln haben wollen, die wissen wollen, wer wo wie produziert. Zweitens brauchen wir selbstverständlich auch für die Produzenten, nämlich für die Bauern, eine umfassende Sicherheit. In diesem Spannungsfeld müssen wir, glaube ich, dieses Thema aus unserer Verantwortung für die Menschen in diesem Lande heraus diskutieren.

Meine Damen und Herren! Wie haben uns immer für die Aufrechterhaltung des EU-Moratoriums eingesetzt, auch wenn nun durch die Zulassung von Süßmais Bt-11 gegen die Stimme von Österreich dieses Moratorium gebrochen wurde. Trotzdem sage ich ganz klar: Wir sind auch weiterhin – und es wäre auch für die Mitglieder des Wissenschafts- und Forschungsausschusses durchaus interessant, sich hier diesem Thema zu widmen – gegen die Neuzulassung von GVO’s. Es darf keine Neu­zulassung von GVO’s vor Klärung der Koexistenz geben, denn auf Grund der starken Verflechtung internationaler Märkte und Warenströme ist wahrscheinlich eine 100-


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prozentige Gentechnikfreiheit unter den gegebenen Bedingungen in vielen Bereichen überhaupt nicht mehr realisierbar.

Ein weiterer Grund, warum es keine Zulassung von GVO’s geben kann, ist natürlich die Klärung der Haftungsfrage. Eines sage ich auch ganz ehrlich: Den Letzten dürfen da nicht die Hunde beißen! Es sind zwar die Ersten die Bauern, wir wissen das, aber die Bauern werden nie die Letzten von Gestern sein, sondern die Bauern werden – davon bin ich überzeugt – die Ersten von Morgen sein, wenn wir die entsprechenden Rahmenbedingungen haben und wenn wir die entsprechenden Bedingungen haben, um in diesem Land entsprechend wirtschaften zu können. (Bravorufe und Beifall bei der ÖVP.)

Daher sage ich: Diese Haftungsfrage muss umfassend diskutiert werden. Sie darf nicht bei den Bauern sozusagen hängen bleiben. Man muss gemeinsam mit den Verarbeitern und mit der Industrie versuchen, diese Haftungsfrage zu klären. All diese Fragen, meine Damen und Herren, haben wir – und wir sind auf keiner Insel der Seligen hier in Österreich – auch auf EU-Ebene zu klären.

Ich bringe in diesem Zusammenhang ein Beispiel: So macht etwa Pollenflug nicht vor einer Grenze Halt. Das Landwirtschaftliche Institut der britischen Regierung DEFRA, Department for Environment, Food and Rural Affairs, hat beispielsweise bei Raps ein Einzugsgebiet von 26 Kilometern gemessen und festgestellt, dass sich dann, wenn sich die natürlichen mit den genmanipulierten Gewächsen vermischen, auch im neu entstandenen Organismus veränderte Gensequenzen finden. So könnten eigentlich Pflanzenarten einer Region in kürzester Zeit ausgekreuzt werden.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es daher wichtig ist, dass wir auch weiterhin auf europäischer Ebene eine gemeinschaftsweite harmonisierte Regelung der Koexistenz fordern und für die Klärung der Haftungsfrage eintreten. Das ober­österreichische Gentechnikverbotsgesetz hat die Kommission beispielsweise klar abgelehnt, weil eine gentechnikfreie Bewirtschaftung nur mit EU-rechtlichen Vorgaben möglich ist. Das bedeutet aber nicht – und das sollten wir wissen –, dass solche Regionen in Österreich nicht existieren können.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen auch darauf hinweisen – und die Kommission hat das auch getan –, dass es die Möglichkeit zur Errichtung gentechnikfreier Regionen auf Grund freiwilliger Vereinbarungen geben muss. Da ist auch das Konsumverhalten eine entscheidende Frage. Ich will diese Frage jetzt nicht auf die Konsumenten abwälzen, aber in Wahrheit ist der Konsument unser strategischer Partner. Daher wird es notwendig sein, diese gentechnisch veränderten Produkte klar zu kennzeichnen, damit der Konsument die Wahl beziehungsweise die Möglichkeit hat, sich entweder für billige, gentechnisch veränderte Produkte oder für gentechnikfreie Produkte zu entscheiden. Das müssen wir, glaube ich, auch klar sagen.

Daher brauchen wir, glaube ich, Rahmenbedingungen, die den Bauern Rechts­sicherheit geben, die den Bauern Planbarkeit geben, die den Bauern Kalkulierbarkeit geben – damit sie das tun können, was die Konsumenten von ihnen wünschen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn.)

11.47

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Gradwohl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.47

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Wittauer wird dann diesen vom Kollegen Grillitsch bereits ange­sproche-


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nen Vier-Parteien-Antrag einbringen, aber ich möchte schon jetzt dazu Position beziehen.

Wir haben im Rahmen der heutigen Fragestunde bereits erfahren, dass die Gentechnik und die Anwendung von GVO’s in Lebensmitteln ein besonderes, gemeinsam zu lösendes Thema ist. Wir haben das auch in der vorhergehenden Debatte, wo es sozusagen um eine Sammelgesetznovelle ging, gehört.

Jetzt bin ich eigentlich froh, dass es uns nach langen und bis zur letzten Sekunde vor Beschlussfassung andauernden Verhandlungen gelungen ist, uns auf einen Text für diesen Entschließungsantrag zu einigen, der mehreren Kriterien gerecht wird, und zwar:

zum Ersten dem Herrn Bundesminister auf europäischer Ebene den Rücken zu stärken, in den Verhandlungen auf europäischer Ebene GVO-Freiheit umzusetzen, durchzusetzen und zu ermöglichen,

zum Zweiten den Bundesländern, die als Vorreiter im Vertrauen auf die Bundes­gesetzgebung und auf die Bundesregierung bereits dementsprechende Beschlüsse gefasst haben, Rechtssicherheit zu geben, wobei die Umsetzung allerdings bei Ihnen liegt, Herr Bundesminister, aber mit diesem Antrag ist, denke ich, die Umsetzung leichter möglich,

zum Dritten dem Sicherheitsbedürfnis der Konsumenten und Konsumentinnen, aber auch der Produzenten gerecht zu werden.

Kollege Grillitsch! Ich gebe dir Recht, wenn du meinst, es darf nicht der Bauer derjenige sein, den die Hunde beißen, und daher muss auch die Haftungsfrage geklärt werden. Es geht bei der Haftungsfrage nicht nur um die Haftung nach dem Ver­ursacherprinzip, sondern auch um die Haftung nach der zufälligen Einbringung, sei es durch Pollenflug oder ähnliches, und dieser Schwierigkeit wird dieser Antrag gerecht.

Leider geht dieser Vier-Parteien-Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht so weit, wie wir es uns wünschen würden. Vielleicht sagen die Vertreter der Regie­rungsfraktionen und auch Sie, Herr Bundesminister, das sei die Ansicht der Opposition, aber es ist auch das gute Recht der Opposition, sich weitergehende und bessere Bestimmungen zu wünschen. Deshalb wird der Kollege Pirklhuber einen Abänderungs­antrag einbringen, der genau jene Punkte umfasst, die im gemeinsamen Antrag noch nicht geregelt sind. Darin wird auch genau definiert, wie wir die Situation mit dem ÖPUL einschätzen, wie wir das ÖPUL als dementsprechenden „Schlüssel“ oder „Anker“ auch im Bereich gentechnisch veränderter Produkte einsetzen wollen.

Ich bitte die Regierungsfraktionen, sich noch einmal zu überlegen, ob sich nicht auch diesem Antrag zustimmen wollen, denn auch der würde eine Verbesserung der Sicherheit, und zwar der Sicherheit für die Konsumenten, aber auch der für die Produzenten, bringen.

In diesem Sinne freut es mich, dass es heute im Ausschuss möglich war, und zwar einige Minuten vor Behandlung hier im Nationalrat, eine Vier-Parteien-Einigung zustande zu bringen, und wir werden beiden Anträgen unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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11.50

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Ich bin wirklich froh, dass wir heute betreffend diese so wichtige Materie, nämlich die gentechnikfreie Zone in Österreich, und alles, was mit Gentechnik zu tun hat, einen gemeinsamen Antrag zustande bringen konnten, was nicht ganz so leicht war, ja sich eher mühevoll gestaltete. Ein Vier-Parteien-Antrag bedeutet aber nicht nur, dass man den Minister unterstützen wird, sondern auch, dass es ein besonderer Auftrag für uns ist.

80 Prozent der Menschen in unserem Land bekennen sich dazu, dass sie keine gentechnisch veränderten Lebensmittel haben wollen, und die meisten Bauern in unserem Land wollen auch keine solchen produzieren. Wenn man das weiß, dann ist das ein Auftrag für diejenigen, die dieses Land im Parlament vertreten, und wir müssen daher alles tun, um diesem Auftrag gerecht zu werden.

Das bedeutet, dass es nicht nur um ein Vertreten der Konsumenten geht, sondern auch um ein Vertreten der Bauern. Man erwartet dabei von uns die Durchsetzung von Dingen, die damit im Zusammenhang stehen, etwa eine klare Kennzeichnung der Lebensmittel. Es ist ein ganz wichtiger Faktor, dass man dem Handel mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln – ganz egal, ob sie aus dem europäischen Raum oder aus dem amerikanischen Raum oder aus dem kanadischen Raum oder aus Brasilien oder aus vielen anderen Staaten, die gentechnisch veränderte Lebensmittel produzieren, kommen – durch eine klare Kennzeichnung, die sofort ersichtlich ist, Einhalt gebietet, wie das zum Beispiel bei der Frage der Käfighaltung der Fall ist, wo man beim Ei ganz genau weiß, wie es produziert wird. Das erwarte ich mir, und ich hoffe, dass das auch durchgesetzt wird.

Das Fallen des Moratoriums war natürlich ein Rückschritt für uns alle, das hat uns natürlich nicht gefallen in unserem Kampf, gentechnikfreie Zonen nicht nur in Öster­reich, sondern europaweit zu schaffen. Damit wurde diese Diskussion beschleu­nigt, aber ich glaube, dass die vier Parteien in diesem Fall sofort und klug reagiert haben, indem sie gemeinsam gehandelt haben.

Ich möchte dazu noch sagen: Das Kärntner Modell ist ein Erfolgsmodell, Salzburg hat es jetzt weitergeführt, und ich glaube, dass auch die anderen Bundesländer dem nachfolgen werden, und zwar auch Oberösterreich, zumal wir wissen, dass Oberöster­reich keine Chance hat, ihr Modell aufrechtzuerhalten. Ich hoffe, dass das Kärntner Modell sehr schnell auf freiwilliger Basis in allen Bundesländern umgesetzt wird.

Herr Abgeordneter Grillitsch hat hier die Frage gestellt, ob die Gentechnik Fluch oder Segen ist. – Amerika, Kanada und auch andere Staaten haben bewiesen, dass es ein Fluch ist und kein Segen, und wir sollten daher unsere Bevölkerung und unsere Bauern davor schützen, diesem Fluch ausgesetzt zu werden, und alles dafür tun, um gentechnikfrei produzieren zu können.

Auch die Haftungsfrage wurde hier angesprochen. Eines ist klar: Natürlich ist es so, dass der Produzierende meistens der Unschuldige ist, dass das Verursacherprinzip zu gelten hat. Es wäre hier angebracht, sehr schnell in Verhandlungen, und zwar auch mit dem Justizminister Böhmdorfer, zu treten, um diese Haftungsfrage zu klären.

In diesem Bereich steht noch viel Arbeit vor uns, aber damit wäre gewährleistet, dass es in Zukunft mehr Lebensmittelsicherheit gibt. Wichtig ist der gemeinsame Wille, gentechnikfrei zu produzieren. Damit wäre, wie der Kollege Reheis es auch schon gesagt hat, gewährleistet, dass der Markt in ganz Österreich mit Lebensmitteln beliefert wird, die wirklich die besten sind.

Ich möchte nun einen gesamtändernden Abänderungsantrag einbringen.


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Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Grillitsch, Wittauer, Gradwohl, Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

weiterhin auf EU-Ebene gegen die Neuzulassung von GVO’s einzutreten,“

– das ist ein ganz wichtiger Punkt! –,

„Initiative zum freiwilligen Zusammenschluss zu gentechnikfreien Regionen auf EU-Ebene, in Kooperation mit Nachbarstaaten sowie im nationalen, regionalen und lokalen Bereich insbesondere unter Berücksichtigung der Anforderungen für ökologisch sensible Gebiete, für den biologischen Landbau sowie die Imkerei und unter Bedacht­nahme auf internationale Abkommen des Biodiversitäts- und Biosphärenschutzes zu unterstützen,“

– damit ist gewährleistet, dass wirklich versucht wird, international und mit den anderen Staaten zu kooperieren, um gemeinsam diese Ziele umzusetzen –,

„sich auf EU-Ebene für die Möglichkeit der Schaffung gentechnikfreier Regionen einzusetzen,“

– das ist, glaube ich, ein besonderer Auftrag an diese Regierung –,

„auf europäischer Ebene weiterhin für eine gemeinschaftsweite harmonisierte Rege­lung auf Koexistenz und der Haftung einzutreten, da mögliche Verunreinigungen mit GVO’s an den Grenzen nicht Halt machen,“

– das macht uns am meisten Sorgen; Koexistenz sollte auf europäischer Ebene definiert werden –;

„bis zur EU-weiten Regelung der Haftung eine transparente Regelung der Haftung im Rahmen der nationalen Gesetzgebung umzusetzen, insbesondere auch unter Berück­sichtigung von unverschuldeten und nicht zuordenbaren Verunreinigungen mit GVO’s, wobei die einfache Durchsetzbarkeit der Bestimmungen in Nachbarländern sicher­zustellen ist,“

– damit ist auch gewährleistet, dass nicht die Gefahr besteht, dass der Bauer beziehungsweise der Produzierende allein diese Haftung trägt, sondern dass man wirklich schaut, dass das Verursacherprinzip gewahrt bleibt –,

„die österreichischen Pflanzenzüchter und die österreichische Saatgutindustrie in ihrer Bereitschaft, GVO-freies Saatgut und hochqualitative Sorten auf den Markt zu bringen, zu unterstützen,“

– da ist auch ein Markt gegeben; damit entsteht unter Umständen für manche ein attraktiver Markt, denn GVO-frei heißt auch, dass man GVO-freies Saatgut haben muss, und wenn man da eine Vorreiterrolle spielt, so ist das ein gutes Zeichen –,

„transparente und klare Umsetzungsmaßnahmen für die Kennzeichnung von gen­technikhältigen Lebensmitteln gemäß der gültigen EU-Verordnungen sicherzu­stellen, um die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten zu sichern sowie


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auf europäischer Ebene sich für die Festsetzung möglichst niedriger Grenzwerte an der technischen Nachweisgrenze für GVO-Saatgutverunreinigungen einzusetzen.“

*****

Ich glaube, mit diesem Antrag wird etwas Positives bewirkt. Natürlich unterstützen wir Freiheitliche jede weiterreichende Möglichkeit, um besser, schneller und im Sinne der Bürger diese Maßnahmen umzusetzen. Deshalb bin ich froh und glücklich, dass wir bis zuletzt nicht nur gehofft, sondern auch gemeinsam daran gearbeitet haben, diesen Antrag zustande zu bringen. – Danke (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Dieser gesamtändernde Abänderungsantrag der Abgeordneten Grillitsch, Wittauer, Kolleginnen und Kollegen ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht damit mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Gesamtändernder Abänderungsantrag

der Abgeordneten Grillitsch, Wittauer, Gradwohl, Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 373/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gentechnik-Moratorium sowie zur Regelung der Koexistenz und der Haftung in Zusammenhang mit GVO’s in der Fassung des Ausschussberichtes (535 d.B.)

Seit Mitte 1999 gibt es in der Europäischen Union ein Moratorium bei der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen. Europaweit harmonisierte Regelungen der Koexistenz und der Haftung in Zusammenhang mit GVO´s sind notwendig, wurden bisher aber nicht festgelegt. Die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten muss daher gesichert werden, denn 80 % der österreichischen Bürgerinnen und Bürger wollen gentechnikfreie Lebensmittel konsumieren.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Gesamtändernden Abänderungsantrag

Der Text des Antrages 373/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen in der Fassung des Ausschussberichtes (535 d.B.) hat wie folgt zu lauten:

"Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

weiterhin auf EU-Ebene gegen die Neuzulassung von GVO´s einzutreten,

Initiativen zum freiwilligen Zusammenschluss zu gentechnikfreien Regionen auf EU-Ebene, in Kooperation mit Nachbarstaaten sowie im nationalen, regionalen und lokalen Bereich insbesondere unter Berücksichtigung der Anforderungen für ökologisch sensible Gebiete, für den biologischen Landbau sowie die Imkerei und unter Bedachtnahme auf internationale Abkommen des Biodiversitäts- und Biosphären­schutzes zu unterstützen,

sich auf EU-Ebene für die Möglichkeit der Schaffung gentechnikfreier Regionen ein­zusetzen,


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auf europäischer Ebene weiterhin für eine gemeinschaftsweite harmonisierte Regelung der Koexistenz und der Haftung einzutreten, da mögliche Verunreinigungen mit GVO`s an den Grenzen nicht Halt machen,

bis zur EU-weiten Regelung der Haftung eine transparente Regelung der Haftung im Rahmen der nationalen Gesetzgebung umzusetzen, insbesondere auch unter Berücksichtigung von unverschuldeten und nicht zuordenbaren Verunreinigungen mit GVO´s, wobei die einfache Durchsetzbarkeit der Bestimmungen in Nachbarländern sicherzustellen ist,

die österreichischen Pflanzenzüchter und die österreichische Saatgutindustrie in ihrer Bereitschaft GVO-freies Saatgut und hochqualitative Sorten auf den Markt zu bringen, zu unterstützen,

transparente und klare Umsetzungsmaßnahmen für die Kennzeichnung von gen­technikhältigen Lebensmitteln gemäß der gültigen EU-Verordnungen sicherzustellen, um die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten zu sichern sowie

auf europäischer Ebene sich für die Festsetzung möglichst niedriger Grenzwerte an der technischen Nachweisgrenze für GVO Saatgutverunreinigungen einzusetzen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.57

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Es ist heute wirklich ein durchaus erfreulicher Tag im Sinne einer intensiven Debatte, die zwar selten harmonisch verläuft, aber in diesem Fall produktiv war. Kollege Grillitsch hat zu Beginn dieser Debatte hier zu Recht gesagt: Es ist ein gemeinsames Bemühen in einer manchmal unterschiedlich wahrgenommenen, aber durchaus wichtigen Fragestellung, wie der Gentechnik, die die gesamte österreichische Gesellschaft, von den Konsumenten bis zu den Bäuerinnen und Bauern, immer wieder sehr bewegt, festzustellen.

Aber das ist nicht nur hier in Österreich, Herr Bundesminister, sondern in ganz Europa eigentlich die Kernauseinandersetzung, und ich habe Ihnen daher diese Einkaufs­tasche heute mitgebracht (der Redner stellt eine Einkaufstasche mit der Aufschrift „Genfood? – Nein Danke!“ vor sich auf das Rednerpult), damit Sie sehen können, dass es auch auf dem Markt eine enorme Dynamik in dieser Frage gibt. Das sind Initiativen aus der Naturkost-Fachbranche. Im Bereich der Supermärkte hat die Handelskette „Spar“ zum Beispiel eine eigene Informationsbroschüre für gen­technikfreie Lebensmittel vorgelegt. Ich erwähne dies, ohne hier Werbung für einzelne Firmen machen zu wollen, aber es ist sehr interessant, dass die Handels­unternehmungen diese Fragestellung sehr ernst nehmen. Auch wir in der Politik sind gefordert, die Ansprüche, Wünsche und Interessen der KonsumentInnen wahrzu­nehmen und Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten.

Daher denke ich, dass dieser gemeinsame Vier-Parteien-Antrag Ihnen, Herr Bundes­minister, den Rücken stärken soll – das hat der Kollege Gradwohl zu Recht hier angemerkt –, denn das ist notwendig, da in Europa die Gentechnik-Debatte durchaus noch nicht abgeschlossen ist. Ich gestehe auch zu, dass es viele Fragen geben wird, etwa in Einzelbereichen der medizinischen Anwendung, wo wir sehen werden, dass es eindeutig mehr Nutzen bringt als Risken, wo der Nutzen eben überwiegt.


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Aber im Bereich der Agro-Gentechnik, Herr Bundesminister, ist die Anwendung bisher wirklich ein Fluch, selbst wirtschaftlich gesehen ein Fluch, der jetzt von einer unverfänglichen Stelle bestätigt wird, nämlich dem amerikanischen Department of Agriculture (USDA). Diese US-Behörde hat kürzlich festgestellt, dass der Einsatz der Agro-Gentechnik bisher in den USA nicht mehr Erträge brachte – im Gegenteil, konventionelle Sorten bei Soja haben höhere Erträge –, und zweitens interessanter­weise auch keine Reduktion des Pestizideinsatzes erfolgt ist. Im Gegenteil, der Pestizideinsatz in den USA steigt wieder, weil es zu einem Phänomen kommt, das wir aus der Praxis kennen – das ist in Agrartechnik und Landwirtschaftswissenschaft nichts Neues –, nämlich dass die Unkräuter resistent gegen die Spritzmittel werden. Wenn nur ein Mittel eingesetzt wird – in dem Fall bei Roundup –, dann werden sehr viele Unkräuter sehr rasch resistent, und dann gibt es wieder ein echtes Agrarproblem.

Aber warum bringen wir heute doch auch einen eigenen Entschließungsantrag ein? – Weil wir die Diskussion mit Ihnen hier im Haus weiterführen wollen, in den Aus­schüssen, aber auch mit dem Minister, da wir glauben, dass dies ganz, ganz wichtig ist, um unsere Regionen, unsere Bundesländer zu unterstützen. Ich selbst war bei dem Treffen der gentechnikfreien Regionen Europas in Oberösterreich dabei, das auf Initiative der Grünen und des Landeshauptmanns stattgefunden hat. Auf diesem Tref­fen waren zwölf Regionen Europas – und da sind keine Kleinen vertreten, wie die Toskana, aber auch Gebiete wie Wales, Schleswig-Holstein –, in deren regionalen Verwaltungen und politischen Körperschaften es den politischen Willen gibt, hier Maßnahmen zu treffen.

Diesbezüglich bringen wir folgenden weitergehenden Entschließungsantrag ein:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, folgende Maßnah­men zu treffen: erstens, eine transparente gesetzliche Regelung der Haftung nach dem Verursacherprinzip – das ist uns ganz wichtig – im Rahmen der nationalen Gesetz­gebung zu schaffen. – Das Verursacherprinzip ist ein Prinzip, das auch in Deutschland im Gentechnikgesetz verankert wurde, und wir glauben, dass es in Österreich ebenfalls richtig wäre, das so umzusetzen.

Im Österreichischen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft – ÖPUL – bei sämtlichen Maßnahmen den Verzicht auf gentechnisch verändertes Saatgut als notwendige Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit zu implementieren, das wäre auch eine Maßnahme, die ganz klar EU-konform ist, weil das ÖPUL eine freiwillige Maßnahme ist, die es sichern würde, dass wir auf lange Frist gentechnikfrei wirt­schaften können – egal, welche Regelungen in Europa beschlossen werden.

Drittens, und das ist meiner Meinung nach die entscheidende Richtlinie, die Sie, Herr Bundesminister, initiieren müssten: ein umfassendes Rahmengesetz, ein so genanntes Gentechnik-Vorsorgegesetz, zur Errichtung gentechnikfreier Anbaugebiete in Österreich insbesondere unter Bezugnahme auf Schutzanforderungen für ökologisch sensible Gebiete, für den biologischen Landbau sowie die Imkerei und unter Bedacht­nahme auf internationale Abkommen des Biodiversitäts- und Biosphärenschutzes vorzulegen. – Es geht hier also darum, die Länder durch eine Rahmenrichtlinie zu unterstützen, eine Rahmengesetzgebung, damit einheitliche Standards in ganz Öster­reich implementiert werden.

Ich würde Sie ersuchen, diesen Diskussionsprozess gemeinsam mit uns zu führen, im Interesse der österreichischen Landwirtschaft und einer gentechnikfreien Lebensmittel­branche in Österreich. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

12.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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Der Antrag hat genau folgenden Gesamtwortlaut:

 Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Glawischnig, Sima und Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 373/A (E) der Abgeordneten Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen zum Gentechnik-Moratorium sowie zur Regelung der Koexistenz und der Haftung im Zusammenhang mit GVOs in der Fassung des Ausschussberichtes (535 d. B.)

Die Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Bezug auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit sind bis jetzt nicht einschätzbar. Ins­besondere die Folgen einer großflächigen Verwendung gentechnisch veränderten Saatguts in der Landwirtschaft sind mit heutigem Wissensstand in ihrer Komplexität nicht verlässlich vorhersehbar. Andererseits kann aus den praktischen Erfahrungen mit den bis jetzt auf den Markt gebrachten gentechnisch veränderten Sorten kein über­zeugender Beweis bezüglich ihrer volks- und ernährungswirtschaftlichen Überlegenheit gewonnen werden.

Insbesondere müssen die Haftungsbestimmungen und rechtliche Regelungen so gestaltet werden, dass durch einen möglichen GVO-Anbau jenen Bauern und Unter­nehmen, die gentechnikfrei bleiben wollen, keine zusätzlichen Kosten erwachsen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, folgende Maß­nahmen zu treffen:

1. eine transparente gesetzliche Regelung der Haftung nach dem Verursacherprinzip im Rahmen der nationalen Gesetzgebung zu schaffen

2. im Österreichischen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) bei sämtlichen Maßnahmen den Verzicht auf gentechnisch verändertes Saatgut als notwendige Voraussetzung für die Förderungswürdigkeit zu implementieren

3. ein umfassendes Rahmengesetz (Gentechnik-Vorsorgegesetz) zur Errichtung gen­technikfreier Anbaugebiete in Österreich – insbesondere unter Bezugnahme auf Schutzanforderungen für ökologisch sensible Gebiete, für den biologischen Landbau sowie die Imkerei und unter Bedachtnahme auf internationale Abkommen des Biodiversitäts- und Biosphärenschutzes vorzulegen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.03

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Wenn man die Frage der Gentechnik in der Öffentlichkeit und im gesellschaftspolitischen Umfeld diskutiert, so muss man ein paar


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grundsätzliche Klärungen herbeiführen, weil oft – um bei einem heute schon verwendeten Ausdruck zu bleiben – „Kraut und Rüben“ vermischt werden.

Die Frage der Gentechnik hat im Wesentlichen drei große Bereiche. Erstens ist dies die gentechnische Anwendung in der Medizin, dort wurden in den letzten Jahren und Jahrzehnten unglaubliche Herausforderungen und Entwicklungen ermöglicht. Dann hat sie zwei weitere Gesichtspunkte, nämlich die Verwendung von Gentechnik bei der Produktion von Lebensmitteln und dem Angebot gentechnisch veränderter Lebens­mittel an den Konsumenten, und vorgelagert als ein Thema, das wir in Europa noch nicht abschließend beurteilt haben, die Auspflanzung von gentechnisch verändertem Saatgut.

Man muss diese Kette logisch getrennt jedes für sich diskutieren und Antworten für jeden Bereich geben. Das ist wichtig, um in der Auseinandersetzung nicht an Boden zu verlieren.

Was die Frage der medizinischen Gentechnik betrifft, ist sie über weite Strecken beantwortet. Ethische Fragen sind von Fall zu Fall entsprechend zu beantworten.

Was die Frage der Veränderungen von Lebensmitteln durch gentechnischen Einsatz betrifft, gibt es auch eine Antwort in Europa, und zwar mit der Rückverfolgbarkeit und mit der Kennzeichnung. Das heißt: Ja, zum Beispiel Bt-11-Mais ist als Nahrungsmittel zugelassen – nicht zur Auspflanzung, sondern als Nahrungsmittel! –, und der Konsu­ment kann auf Grund der Rückverfolgbarkeit und auf Grund der Kennzeichnung seit April auch wählen. Sie wissen, dass ich persönlich dieser Zulassung sehr kritisch und ablehnend gegenübergestanden bin.

Man kann an dieser Frage auch einen zweiten Punkt aufhängen, der wichtig ist. In der Frage der Ablehnung, der Skepsis und der Zustimmung zur Gentechnik in der Landwirtschaft oder bei Lebensmitteln gehen die Grenzen der Ablehnung und der Zustimmung quer durch politische Parteien, quer durch gesellschaftspolitische Lager und quer durch Nationalstaaten in der Europäischen Union. So ist es uns nicht gelungen, zum Beispiel Deutschland in der Ablehnung der Gentechnik bei der Zulassung im Agrarministerrat auf unsere Seite zu bringen, obwohl es dort bekanntlich seit Jahren andere politische Konstellationen gibt.

Auf der anderen Seite zeigt sich im Spiegelbild, dass es Skepsis in der Frage der Aussaat von gentechnisch verändertem Saatgut gibt. Wir haben dazu in Österreich Gott sei Dank eine einhellige Meinung und eine klare Linie, wir diskutieren auch entlang dieser Linie. Aber es wird entscheidend davon abhängen: Können wir in der Frage der Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut in Zukunft Allianzen schmieden, die uns in eine Mehrheitsposition bringen, oder gelingt uns das nicht?

Die Frage der Koexistenz und die Frage der Haftung sind jedenfalls zu klären. Wenn wir diesen Kampf um die Ablehnung der Gentechnik auf europäischer Ebene verlieren, müssen wir in Österreich Antworten auf die neuen Herausforderungen geben. Die Antwort muss sein: Wie regeln wir die Koexistenz europaeinheitlich? Wenn das nicht gelingt: Wie in Österreich? Und wie regeln wir die Haftung, die ein extrem sensibles Problem darstellt? – Ich bin nicht dazu bereit, die Haftungsregelung in die Dörfer und zwischen die Bauern hineinzutragen!

Wir müssen auch in dieser Frage strategisch die richtigen Antworten geben. Zu diesem Zweck kämpfe ich in Europa für einheitliche Regelungen, was die Koexistenz und die Haftung betrifft. (Beifall bei der ÖVP.)

Gelingt uns das nicht, werden wir gemeinsam mit den Bundesländern in Österreich Antworten geben. Sie wissen, Herr Abgeordneter Pirklhuber, dass die Gentechnik-Gesetzgebung nicht in meinem Haus und nicht in meiner Zuständigkeit erfolgt; dass


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zwar die Bäuerinnen und Bauern betroffen sind, aber Maria Rauch-Kallat federführend dafür verantwortlich ist. Wir werden uns also gemeinsam mit dem Ministerium und den neun Bundesländern aufstellen – und wir tun das auch schon seit längerer Zeit, seit Monaten, in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe –, wenn wir den Kampf gegen die Gentechnik in Europa nicht erfolgreich absolvieren können, weil möglicherweise nicht genügend Unterstützer aus anderen Nationalstaaten unsere Linie zukünftig mittragen.

So gesehen, ist heute die Vier-Parteien-Einigung und der Änderungsantrag hier ein klares und gutes Zeichen, das die österreichische Position seitens des Nationalrates, aber auch seitens der Verantwortungsträger, der Minister einmal mehr in der EU kräftig unterstützt. (Beifall bei der ÖVP.)

12.07

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Keuschnigg. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.08

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Der wissenschaftlich-technische Fortschritt hat uns bei der Gentechnologie einen Regelungsbedarf beschert, für den wir teilweise noch keine Antworten haben. Das müssen wir ganz ehrlich eingestehen. In einigen wesentlichen Fragen ringen wir in ganz Europa um Antworten. Es ist ja nicht so, dass da jemand Lösungen parat hätte. Ich glaube also, wir sind da an vorderster Front beim Herantasten an machbare Lösungen.

Wie ist die Ausgangslage? – Es will in Europa weder der Konsument gentechnisch veränderte Nahrungsmittel, und es wollen sie auch die Bauern nicht. Was aber die Bauern wollen und worauf sie auch ein Recht haben, sind gesetzliche Rahmen­bedingungen, die einhaltbar, verhältnismäßig und berechenbar sind. Faktum ist, dass das EU-Moratorium, das uns seit 1998 eine gewisse Frist gegeben hatte, gefallen ist. Leider ist es in dieser Zeit nicht gelungen, diese Fragen des rechtlichen Rahmens letztlich einer Klärung zuzuführen.

Was aber sehr wohl gelungen ist – und das ist natürlich ein entscheidender Fortschritt –, ist, die Kennzeichnungspflicht einzuführen, die wir seit April dieses Jahres haben. Herr Pirklhuber hat bei dieser Frage auf den Markt verwiesen, und selbst­verständlich gibt es dort eine ungeheure Dynamik und eine ungeheure Bewegung. Aber wie der Markt letztendlich wirklich reagieren wird – die volle Breite des Marktes und nicht nur einige wesentliche, treibende Kräfte –, das wird erst die Wirklichkeit zeigen. Wir haben ja schon oft die Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit erlebt. Unser Wunsch ist ein gemeinsamer, aber wir werden sehen, welche Antwort die Zeit geben wird.

Leider ist es uns nicht gelungen, die Frage der Koexistenz zu klären. Es ist schon gesagt worden, dass eine Übertragungsmöglichkeit über viele Kilometer besteht. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass teilweise ein geordnetes Nebeneinander faktisch nicht möglich ist, und wenn es faktisch nicht möglich ist, ist es auch relativ schwer zu regeln.

Offen sind auch Fragen der Haftung. Ich verweise insbesondere auf Punkte der unver­schuldeten Verunreinigung und auf nicht zuordenbare Verunreinigungen. Wo sie zuordenbar sind und wo das Nachbarschaftsrecht greift, sehe ich am ehesten die Möglichkeit, faire Regelungen beziehungsweise auch durchsetzbare und realisierbare Regelungen zu machen. Wo sie aber nicht zuordenbar und unverschuldet sind, ist dies deutlich schwieriger.


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Man kann nicht – das ist schon gesagt worden – auf dem Rücken des schwächsten Gliedes, des kleinen Bauern, letztlich die Haftung für Dinge austragen, für die er nichts kann und deren er sich teilweise auch nicht erwehren kann. Bei der Inverkehrbringung des Saatgutes ist eine saubere Regelung möglich, nicht aber bei der ungewollten Kontamination oder Verfrachtung. Wer also Haftungsregelungen vorschlägt, der muss vorher die Antwort geben, wie sie durchführbar und durchsetzbar sind, und zwar auch in Grenzregionen. Auch im Hinblick auf die Grenzregionen müssen wir Antworten haben. – Das Licht am Pult leuchtet bereits.

Welche Politik machen wir? – Erstens: Priorität für alles haben europäische Rege­lungen. Zweitens müssen wir uns die Zeit nehmen, die dafür notwendig ist, die offenen Fragen, sprich Haftung und Koexistenz, zu klären. Drittens halte ich es für zukunfts­orientiert und für ganz besonders notwendig, Rahmenbedingungen für Modellregionen zu finden, in denen auf den Einsatz von Gentechnologie verzichtet wird. (Beifall bei der ÖVP.)

12.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten, Gesamt­redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.12

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Umweltminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich fürchte, wir reden ein wenig über einen Scheinkonsens. Ich habe jetzt ein bisschen zugehört, es stehen alle hier heraußen, und es entsteht irgendwie der Eindruck, jeder und jede, die hier sprechen, sind gegen den Einsatz von gentechnikverändertem Saatgut in der österreichischen Landwirtschaft sowie grundsätzlich gegen Gentechnik in der Lebensmittelproduktion und in der Landwirtschaft.

Meine Überlegung ist: Wer A sagt, wer also diese Behauptung ernsthaft in den Mund nimmt und das ernsthaft verteidigen will, der muss auch B sagen. Wenn ich mir jetzt anhöre, dass hier über Haftungsfonds et cetera nachgedacht wird, dann ist das ja schon die stille Akzeptanz, dass Gentechnik in der österreichischen Landwirtschaft durchaus zur Anwendung kommt. Dann frage ich mich aber auch, warum man nicht die gesamte Palette an Maßnahmen, die man zur Verfügung hat, ausnutzt, um die österreichische Landwirtschaft tatsächlich gentechnikfrei zu halten. Was Sie heute hier beschließen, ist ein erster kleiner Schritt, aber es gäbe noch sehr viel weiter reichende Maßnahmen, die tatsächlich eine echte Verhinderung dieses Einsatzes in der österreichischen Landwirtschaft bewirken könnten.

Das Einfachste wäre im Grunde, das über das ÖPUL zu machen – das ist auch rechtlich möglich –, also einfach das Umweltprogramm und die Förderung in diesem Bereich an die Gentechnikfreiheit zu knüpfen. Damit hat man de facto 80 Prozent der Fläche völlig aus diesem möglichen, potenziellen Einsatz draußen. Ich verstehe nicht, warum das kein gangbarer Weg ist.

Herr Minister, ich halte es auch für eine falsche Strategie, dass Sie jetzt die Möglichkeit zur Schaffung von gentechnikfreien Zonen ausschließlich für die Länderebene und die EU-Ebene angedacht haben. Ich vermisse die Bundesebene.

Was ich zudem vermisse, ist, bei der Frage der Haftung einen ähnlichen Weg zu gehen, wie ihn die Österreicher schon einmal gewählt haben, nämlich bei der Atom­haftung. Wir haben zwar keine Atomkraftwerke, aber wir haben ein ausgesprochen strenges Atomhaftungsgesetz, und zwar genau für die grenzüberschreitenden Unfälle. Es kann uns völlig Wurscht sein, ob es dann einen Haftungsfonds gibt oder nicht.


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Wenn es im Burgenland einen Polleneinflug gibt und dort zu einem Schadensfall kommt, dann wird einfach mit dem strengen österreichischen Haftungsrecht, mit dem Zivilrecht im Hintergrund, grenzüberschreitend exekutiert gegen denjenigen, der auf der anderen Seite Gentechnik zum Einsatz gebracht hat.

Daher sehe ich hier überhaupt kein Problem! Und ich frage mich, warum man da nicht einen Schritt weitergeht. Ich habe ein bisschen das Gefühl, das sind bloß Lippen­bekenntnisse. (Beifall bei den Grünen.)

Dieser Einsatz auf europäischer Ebene ist selbstverständlich sehr wichtig, aber die gesamte nationale Palette auszuschöpfen, wäre eigentlich ein Gebot der Stunde.

Zum Zweiten glaube ich, dass die Situation noch etwas unterschätzt wird. Der Bt-11-Mais wird zwar nicht jetzt in den Regalen stehen, aber er hat eine Zulassung. Und mittelfristig, wenn die Wogen etwas geglättet sind und weitere Produkte Zulassungen haben, wird der Bt-11-Mais irgendwann einmal auch in den österreichischen Regalen stehen – man soll sich da keinen Illusionen hingeben –, wenn man das nicht von vornherein zum Beispiel mit einem Moratorium, mit einem Importverbot tatsächlich auch rechtlich bekämpft.

Wenn man sich vor Augen führt, dass dies jetzt ein einziger Zulassungsantrag ist und dass weitere 32 in der europäischen Pipeline stecken, dann scheint mir: Eine gewisse Mutlosigkeit und eine gewisse stille Akzeptanz, dass es irgendwann einmal passieren wird, ist auf der Regierungsbank bereits zu verspüren. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Nein!)

Herr Bundesminister! Ich wünsche mir einfach sehr viel schärfere Maßnahmen, und ich wünsche mir rechtlich wasserdichte Maßnahmen. Beim Haftungsrecht ist es überhaupt kein Problem, eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung zu machen. Neh­men wir als Vorbild die österreichische Atomhaftung und machen wir ein Bundes­gesetz, wodurch gentechnikfreie Zonen auf Bundesebene eingerichtet werden!

Und: Schauen Sie auch beim ÖPUL nach und überlegen Sie sich noch einmal ernsthaft, ob das nicht der am einfachsten gangbare Weg wäre, um die österreichische Landwirtschaft auf einer sehr großen Fläche automatisch und noch dazu EU-konform gentechnikfrei zu halten! – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


12.16

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Wir behandeln hier ein Thema, bei dem uns in der Sache nicht viel trennt. Wir alle sind der Meinung, dass wir gentechnisch veränderte Lebensmittel in Österreich nicht brauchen und dass sie auch für niemanden wirklich einen Nutzen darstellen.

Nach wie vor sind die langfristigen Auswirkungen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln nicht bekannt und die Risiken, wie etwa das vermehrte Auftreten von Allergien, nicht geklärt. Aus diesem Grund glaube ich, dass der Antrag des Vorarl­berger Landtages, in dem gefordert wird, Haftungsfragen und Auswirkungen bei der Freisetzung von GVO’s zu klären und auch Maßnahmen zu ergreifen, um das Aussetzen und Aussäen von GVO’s im gesamten Landesgebiet zu unterbinden, unbedingt zu unterstützen wäre.


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Die EU hat aber bereits klargestellt, dass landesweite Gentechnikfreiheit zumindest rechtlich nicht umsetzbar ist. Insgesamt gesehen befindet sich die EU bei diesem Thema auf einem Weg, den ich für falsch halte. So wurde zum Beispiel vor kurzem in der Kommission der gentechnisch veränderte Mais Bt-11 als Lebensmittel zugelassen. Unser Minister Pröll hat durch erfolgreiches Lobbying im Agrarministerrat eine Mehrheit gegen die Zulassung erreicht, und dafür möchte ich ihm recht herzlich danken! Meine Damen und Herren von den Grünen, es ist bedauerlich, dass ihre Kollegen aus Deutschland damals bei den Stimmenthaltungen dabei waren und somit keine qualifizierte Mehrheit gegen die Zulassung zu erreichen war.

Man steht also mit dem Fall des Moratoriums in Österreich vor einer neuen Situation, auf die reagiert werden muss. Derzeit warten 35 verschiedene GVO-Produkte auf ihre Zulassung in der Union. Ein Drittel davon soll auch angebaut werden, und für neun GVO’s ist das entsprechende Prüfverfahren bereits eingeleitet worden.

Sicher ist, dass wir Möglichkeiten finden müssen, um auch in Zukunft gentechnikfreie Landwirtschaft in Österreich möglich zu machen. Ich sehe in einer gentechnikfreien Produktion auch eine Chance für die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft, die es mit allen möglichen Mitteln zu unterstützen gilt, denn dann ist sichergestellt, dass auch der Konsument eine echte Wahlmöglichkeit hat.

Unsere Botschaft an die Konsumentinnen und Konsumenten muss daher sein: Wer die hervorragenden Produkte von österreichischen Bauern kauft, kauft gentechnikfrei! (Beifall bei der ÖVP.)

12.18

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Schultes.

Ich stelle die Uhr auf 2 Minuten und mache darauf aufmerksam, dass die Restredezeit der ÖVP 3 Minuten beträgt. Das heißt, wenn er Zeit spart, hat sein Kollege Eßl auch noch die Gelegenheit, das Wort zu ergreifen.

 


12.19

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! In der Gentechnikfrage muss ich mich zu Wort melden – auch wenn ich kurz sein muss –, weil unser Bundesminister gute Arbeit leistet und der Antrag selbst gut ist. Ich bedanke mich bei den Kollegen Grillitsch und Wittauer für die Ausformulierung eines „Vier-Parteien-fähigen“ Antrages und bin sehr froh, dass wir unserem Bundesminister helfen, in einem schwierigen europäischen Umfeld eine gute österreichische Linie zu verteidigen.

Wir wissen, dass wir in dieser Frage der Gentechnik – im Gegensatz zur Medizin – sehr skeptisch sein wollen und müssen, und wir können sicherstellen, dass wir in Österreich, solange wir über diese Fragen nicht wirklich Gewissheit haben, auf den Anbau verzichten werden und auch dauerhaft verzichten wollen. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.)

Ich kann Ihnen nur noch Folgendes sagen: Wir haben heute eine „Kraut-und-Rüben-Diskussion“ gehabt, und da fühle ich mich doch irgendwie zuständig. Beim Thema Rüben kann ich Ihnen ganz bestimmt versichern, dass wir noch auf sehr lange Zeit auf die Gentechnik verzichten können, weil die nichts haben, was wir brauchen. Beim Zuckerrohr ist das ja schon heute nicht der Fall. Denken Sie daran! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.21

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 79

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. Es verbleiben ihm tatsächlich 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.21

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Dieses Thema, das heute diskutiert wird, wird natürlich sehr emotionell diskutiert. Aber ich glaube, es ist wichtig, dass man dabei sachlich bleibt, und dazu ist es wichtig, dass man ein bisschen über die Grenzen schaut. Tatsache ist, dass weltweit derzeit in etwa bereits 100 000 Hektar bepflanzt sind und dass man schätzt, dass es in fünf Jahren rund eine Million Hektar sein werden.

Gerade aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Koexistenz geregelt wird, dass die Haftungsfrage geregelt wird und dass es zu einer Regelung kommt, bei der nicht die Bauern letztendlich die Belasteten sind. Es darf nicht sein, dass durch Einflüsse von außen der Bauer plötzlich in irgendein kriminelles Eck gedrängt wird, in Beweis­notstand gerät und beweispflichtig würde. Das darf nicht sein! Die Beweislast darf nicht beim Bauern landen.

Genau das ist auch der Grund, warum man jetzt nicht unbedingt dafür sein kann, dass im ÖPUL die Gentechnikfreiheit zur Auflage gemacht wird. Ich komme aus dem Bundesland Salzburg im Grenzgebiet zu Deutschland. In Deutschland will man die Gentechnik, und wenn durch Pollenflug plötzlich jemand in Österreich, jemand bei mir im Bundesland auf seinem Feld gentechnisch veränderte Pflanzen hätte (Abg. Dr. Pirklhuber: Darum geht es ja nicht!), dann wäre es dem EU-Kontrollor nämlich Wurscht, wie die da hingekommen sind. (Abg. Dr. Pirklhuber: Gentechnikfreies Saatgut wird gefordert!) Er würde den Bauern liebend gerne auffordern, fünf Jahre Direktzahlungen zurückzuzahlen. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist ein Missverständnis!)

Aus diesem Grund ist es, glaube ich, nicht gescheit, dass wir das machen, sondern wir wollen schauen, dass wir mit diesem Antrag eine europaweite Regelung bekommen. Das ist das Ziel, und so soll es auch gehandhabt werden.

Wenn wir diesem Antrag zustimmen, dann stimmen wir für die Bauern in unserem Land, wir stimmen für die Bürger in unserem Land, und ich bedanke mich schon im Vorhinein dafür, dass Sie das so machen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorläufig letzter Redner hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten; Restredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Minis­ter! Hohes Haus! Der Bauernbundpräsident aus Salzburg hat sich jetzt irgendwie selbst überdribbelt, denn wir haben ja sowieso einen Vier-Parteien-Antrag, mit dem wir das verhindern wollen. Also so eine Dramatik brauchen wir nicht aufkommen zu lassen! Wir Bauern brauchen die Gentechnik nicht – darin sind wir uns einig –, aber bei diesem Antrag und auch bei dieser Sache im ÖPUL geht es ja darum, dass wir das Saatgut verhindern. Wenn von Deutschland Pollen hereinfliegen, ist das eine andere Ge­schichte, die natürlich gefährlich ist und die wir ahnden müssen.

Ich habe mich deswegen zu Wort gemeldet, weil es eigentlich interessant war, die Sache zu verfolgen: Alle wollen das Gleiche, alle wollen die Gentechnik verhindern, nur der Zugang ist ein anderer.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 80

Frau Dr. Glawischnig, wenn Sie von einem Scheinkurs reden, den die Regierung fährt, so stelle ich fest, dass das, was ihr fordert, in Wirklichkeit der gleiche Scheinkurs ist. Nur, der Unterschied ist: Wir attestieren euch nicht, dass ihr einen Scheinkurs fahrt, sondern den Grünen wird attestiert, dass sie irgendetwas toll verhindern wollen. Bei den Maßnahmen, die wir als Regierung setzen, wird uns ein Scheinkurs attestiert, obwohl wir auch die Gentechnik verhindern wollen. Sie werden das irgendwann zur Kenntnis nehmen müssen, denn wenn Sie das im ÖPUL – Sie kommen ja von einem Bauernhof, wenn ich das richtig weiß – verhindern wollen, aber nur 80 Prozent im ÖPUL sind, wollen Sie damit für die 20 Prozent, die nicht im ÖPUL sind, die Gentechnik erlauben? – Nein, danke! Dafür bedanke ich mich.

Da werden wir gescheiterweise schauen, das mit ordentlichen Landesgesetzen, mit einer ordentlichen Haftungsbestimmung, die unser Justizminister Böhmdorfer 100-prozentig durchsetzen wird, zu regeln. Da ist ja die ÖVP nicht so ganz handelseins, wie es mit der Haftung ausschauen wird, aber da wird eben diese freiheitliche Regierungsbeteiligung dazu beitragen, dass es eine Haftung gibt, die das nicht zulässt. Dann werden wir ein besseres Gesetz machen, als die Forderung von eurer Seite lautet. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Man muss sich fairerweise auch einmal die Landwirtschaftskammern anschauen, man muss, wenn man von diesen ÖPUL-Bauern spricht, die darauf verzichten sollen, um in das ÖPUL-Programm hineinzukommen, hier fairerweise auch einmal sagen: Also ich kann Ihnen garantieren, diese Bauern, die ÖPUL für sich als Verpflichtung übernehmen, das sind die letzten Bauern, die diese Gentechnik haben wollen.

Das heißt, in Wirklichkeit ist das nicht das Thema. Unser Antrag ist – und das habt ihr uns ja Gott sei Dank auch attestiert – ein Schritt in die richtige Richtung, ein erster Schritt, mit dem gemeinsam versucht wird, etwas zu verhindern, was wir nicht haben wollen.

Abschließend: Die Diskussion um die Gentechnik zeigt allerdings auch die Schein­heiligkeit in anderen Bereichen, denn die grüne Landwirtschaftsministerin Künast hat sich bei der Beschlussfassung im Agrarministerrat bewusst der Stimme enthalten und damit auch eine qualifizierte Mehrheit verhindert. Da nehme ich jetzt einmal unseren Minister in Schutz. Die grüne Landwirtschaftsministerin hat im Agrarministerrat durch eine Stimmenthaltung mit dazu beigetragen, dass es keine qualifizierte Mehrheit gegen die Ausbringung gibt. Hätten wir dort eine qualifizierte Mehrheit dagegen gehabt, so wie Österreich es gemacht hat, dann wäre das gar nicht einmal bis in die Kommission gekommen, dann hätten wir dieses Problem, das keiner in Österreich haben will, gar nicht auf dem Tisch.

Bitte aufhören damit, Wasser zu predigen und Wein zu trinken! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Scheibner: So schaut es aus!)

12.26

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 535 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Hiezu haben die Abgeordneten Grillitsch, Wittauer, Gradwohl, Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 81

Ich lasse sogleich über die dem Ausschussbericht 535 der Beilagen angeschlossene Entschließung in der Fassung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Grillitsch, Wittauer, Gradwohl, Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Danke schön, einstimmige Annahme. (E 61.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dipl.-Ing. Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gen­technik-Moratorium.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

8. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht (III-66 d.B.) des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002 (554 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 8. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Damit eröffne ich die Debatte.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Dr. Cap. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.28

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Tagesord­nungspunkt 8, Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002, gibt die Möglichkeit, sich einerseits mit dem Inhalt dieses Berichtes auseinander zu setzen, aber natürlich auch, hier namens der Fraktion den Dank für die gewissenhafte und korrekte Arbeit von Franz Fiedler, dem Rechnungshofpräsidenten, noch einmal eindeutig zum Ausdruck zu bringen. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber ich glaube, er wird es verstehen, wenn die heutige Debatte natürlich schon ein wenig auch davon beeinflusst ist, dass wir jetzt in Kürze einen neuen Rechnungs­hofpräsidenten oder eine -präsidentin zu bestellen haben. Wir wissen, dass der Rechnungshof eine ganz bedeutende Kontrolleinrichtung ist, wir wissen, dass daher mit der Entscheidung, wer für die nächsten zwölf Jahre Präsident sein soll, natürlich auch eine wichtige Entscheidung hier im Haus getroffen wird, die auf zwölf Jahre eine Festlegung auf eine Person, auf eine Persönlichkeit ist, die natürlich Auswirkungen hat. Die Kontrolltätigkeit und daraus geschlossene Reformvorschläge, aber auch damit verbundene weit reichende Folgen hängen natürlich davon ab, wer diese Tätigkeit, die Präsidentschaft dieses Amtes, ausfüllt.

Wir alle kennen den Katalog der Aufgaben – egal, ob das die Mitwirkung bei der Begründung von Finanzschulden ist, die Einkommenserhebung im Bereich der öffentlichen Wirtschaft, Verfassung des Bundesrechnungsabschlusses, Kontrolle der Gebarung von Bund, Ländern, Gemeinden, gesetzlichen beruflichen Vertretungen, Einkommensberichte auf Grund des Bezügebegrenzungsgesetzes; sogar Spenden­listen sind zu übermitteln. Vermögensverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung, der Landesregierungen, der Staatssekretäre sind dem Präsidenten des Rechnungs­hofes offen zu legen im Sinne des Unvereinbarkeitsgesetzes.


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Es geht also um eine Fülle an Wissen, an Information, an Kontrolltätigkeit. Hier ist es wichtig, dass natürlich auch das entsprechende Vertrauen der Bevölkerung gegenüber dem künftigen Präsidenten gegeben ist.

Der künftige Präsident oder die künftige Präsidentin werden natürlich auch an der Arbeit und an der Tätigkeit des bisherigen Präsidenten gemessen werden, der – das möchte ich noch einmal betonen – sehr gewissenhaft, sehr korrekt diese Tätigkeit erfüllt hat und auch mit der entsprechenden Öffentlichkeit viele Problemstellungen aufgezeigt und auch Anregungen geliefert hat, was die nachhaltige Lösung betrifft. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher ist es aber auch so wichtig – und das fordern wir hier noch einmal mit Nachdruck –, dass am 23. Juni, wenn es die Sitzung des Hauptausschusses gibt, ein öffentliches Hearing unter Anwesenheit der Printmedien und der elektronischen Medien stattzufinden hat. Daher wäre es auch wichtig, dass nicht Schwarz-Blau einen Kandidaten kürt – so quasi, die Regierung sucht sich selbst den Kontrollor aus, der dann augenzwinkernd Kontrolltätigkeit ausübt, sie aber nicht wirklich ernst nimmt im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler –, sondern dass hier jemand gesucht wird, der bestmöglich das Vertrauen aller hier im Hause anwesenden Fraktionen hat, damit er auch die Autorität hat, damit er auch die Legitimation hat, diese Tätigkeit – optimal – auszufüllen.

Ich höre immer nur Gerüchte darüber, wer es werden soll. Ich weiß nicht, wie weit überhaupt die Fraktionen da einbezogen sind, ob nur ein kleiner Kreis darüber be­stimmt, wen man jetzt auf zwölf Jahre zum Rechnungshofpräsidenten macht. Ist es jetzt Josef Moser, der ehemalige Klubdirektor der Freiheitlichen? Ist er es nicht? Ist es Herr Raschauer, der da eine sehr ideologisch bestimmte Definition seiner Tätigkeit eingebracht hat? (Abg. Dr. Stummvoll: Da wissen Sie schon mehr als wir! – Abg. Dr. Fekter: Sie beziehen sich nur auf Zeitungsmeldungen!) Die kommenden Redner der beiden Regierungsfraktionen könnten hier Licht ins Rechnungshof-Dunkel für die künftige Bestellung des Präsidenten bringen.

Ich fordere Sie auf, dass Sie dazu auch Stellung nehmen! Ich fordere Sie auf, dass Sie diese Kriterien auch an die Arbeit des künftigen Rechnungshofpräsidenten anlegen, und ich fordere Sie auf, dass es ein öffentliches Hearing am 23. Juni zu geben hat. Dies wäre wirklich im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher und der Tatsache, dass sie das mit Ihren Steuergeldern zu finanzieren haben, was diese Kontrolltätigkeit aufzudecken hat. (Beifall bei der SPÖ.)

12.33

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Gahr zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.33

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zwölf Jahre Kontrolle im Staat sind eine lange Zeit. Es hat sich in diesen zwölf Jahren vieles bewegt und entwickelt, und so sei es uns von der ÖVP-Fraktion und mir als Rechnungshofsprecher erlaubt, hier einen kurzen Rückblick auf zwölf Jahre Präsident Dr. Franz Fiedler zu machen.

Kollege Cap, es war wohl bei dem letzten Hearing und bei der Auswahl des letzten Rechnungshofpräsidenten die Wahl nicht so schlecht, denn Sie haben heute die Dienste und die Amtszeit von Dr. Fiedler sehr gelobt, und ich glaube, das öffentliche Hearing wird auch nun wieder einen guten Kandidaten bringen. Es geht nur darum,


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dass wir die richtigen Kandidaten für dieses Hearing nominieren, und die Auswahl soll dann so erfolgen, dass sie uns allen dient.

Die Wahl im Jahre 1992 – ich habe mir das Protokoll darüber ausgehoben – hat ja auch einige Turbulenzen verursacht. Es gab intensive Diskussionen zur Unabhängig­keit und darüber, wer das Amt am besten ausüben kann. Das Wahlergebnis damals mit 93 : 90 war ein sehr knappes Ergebnis, aber ich glaube, es war eine kluge und gute Entscheidung. Wenn wir heute vor dieser Wahl stünden, würden, glaube ich, fast alle Dr. Fiedler das Vertrauen aussprechen. Er hat in diesen zwölf Jahren dieses Amt nach außen, in der Öffentlichkeitswirkung, aber auch im internen Bereich so gestaltet und abgewickelt, dass es an Profil und an Akzeptanz gewonnen hat.

Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident Fiedler, Sie haben mit Ihrer Arbeit im Rechnungshof diesem Ihren persönlichen Stil aufgedrückt. Ihr persönlicher Stil war einer, welcher vielleicht nicht allen behagt hat, aber eine gewisse Sturheit, ein gewisser strenger Blick haben vielen Menschen Respekt abverlangt, und Sie haben mit Ihrer Stimme Mängel aufgezeigt und zu Optimierungen und Verbesserungen beigetragen.

Ich darf vielleicht drei Beispiele erwähnen, wo Präsident Fiedler sehr massiv und nachhaltig eingewirkt hat. Das war einerseits die Regelung der Politikerbezüge mit der Bezügepyramide, die er als Rechnungshofpräsident massiv eingefordert hat; das war andererseits die Fusionierung von Polizei und Gendarmerie. Sie haben diese Bitte schon sehr lange ausgesprochen. Ich kann mich an eine der letzten Ausschuss­sitzungen zurückerinnern, und ich hoffe und wünsche, dass diese Reform auch in Ihrem Sinne umgesetzt wird. Ein weiterer großer Punkt war die ÖBB-Reform, bei der viele Ihrer Anregungen, Forderungen und Empfehlungen berücksichtigt wurden.

Wo immer es um Strukturoptimierungen und Verbesserungen im öffentlichen Bereich ging, haben Sie sich massiv eingebracht. Dafür ein Danke! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Zwölf Jahre Rechnungshofpräsident Fiedler: Es wurde vieles bewegt, es wurden die Qualität und Effizienz der Kontrolle massiv gesteigert. Es wurde aber andererseits auch die Unabhängigkeit der Kontrolle gewahrt und die Glaubwürdigkeit der Kontrolle verbessert. Ich glaube, alle stimmen hier zu: Präsident Fiedler hat dieses Amt im höchsten Maße überparteilich geführt. Er hat damit sich selbst gefestigt und damit auch nach außen ein gutes Zeugnis abgegeben. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)

Ein funktionierender Rechnungshof, welcher öffentliche Körperschaften kontrolliert, ist die beste Vorsorge gegen Missbrauch und Korruption im Staat, und ich wünsche mir, dass wir einen bestmöglichen Nachfolger für Dr. Fiedler finden.

Wie im Ausschuss darf ich mir heute auch hier erlauben, fünf persönliche Eindrücke von Dr. Fiedler zu nennen:

Seine Autorität ist eine ideale Voraussetzung, und sein Profil sollte das Anforderungs­profil für seinen Nachfolger sein.

Dr. Fiedler hat mir deswegen imponiert, weil er immer Distanz gehalten hat zu seinem Umfeld, gegenüber der Politik, der Interessenvertretungen, aber auch gegenüber den Medien. Und er hat seine Linie durchgezogen.

Er hat unpopuläre Botschaften mit Stil und Niveau dargestellt.

Er hat aber auch seine Mannschaft im Rechnungshof im Griff gehabt und seine Mit­arbeiter motiviert. Ich habe auch gesagt, er ist ein Vorbild, wie man eine Beamten­schaft gut führt und mit Leistung und Kompetenz überzeugt.


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Und er hat mit seiner Kritik und Nachhaltigkeit vieles bewegt.

Zwölf Jahre Präsident Fiedler: Die Kontrolle im Staat Österreich funktioniert, der Vergleich mit anderen Staaten macht uns sicher.

Zwölf Jahre Präsident Fiedler zeigen, dass die Gesellschaft ein Kontrollinstrument akzeptiert. Er hat diesem Amt auch jenen Stellenwert verliehen, den es heute hat. Der Vergleich mit anderen Ämtern macht uns sicher.

Herr Dr. Fiedler hat die Latte für seinen Nachfolger sehr hoch gelegt, und ich hoffe und wünsche mir, dass sie der Nachfolger überspringen kann. Er war kein bequemer, aber ein gerader Mensch, und keiner oder keine war ihm für Kritik zu schade.

Es ist ihm gelungen, den Rechnungshof zu einem modernen Prüfunternehmen zu formen, welches gute Arbeit für den Staat geleistet hat.

Sehr geehrter Herr Präsident Fiedler! Dank und Anerkennung für Ihre Arbeit und Ihre Leistung! Ihre Arbeit im Rechnungshof geht zu Ende, das heißt aber auch, es wird Zeit für andere Dinge frei, und eine Bitte sei mir erlaubt: Führen Sie das Projekt Österreich-Konvent, das unter Ihrer Vorsitzführung steht, erfolgreich zu Ende! Wir brauchen es und sind Ihnen sicher dankbar.

Für Ihre persönliche Zeit wünsche ich Ihnen, dass Sie Ihre Interessen und Ihre Pläne weiter verfolgen können. Viel Erfolg und Glück für die Zukunft! Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen, der SPÖ und der Grünen.)

12.40

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Mag. Gaß­ner zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.40

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Der Form halber zunächst ein Satz zu dem Bericht, der heute zur Diskussion steht – darin geht es auch um die Förderungen an die sonstige Wirtschaft –: Ich konnte im Ausschuss nicht in Erfahrung bringen, warum das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft eine Studie über die Qualitäts­sicherung der Milchwirtschaft in Rumänien fördert, obwohl auch der Landwirtschafts­minister und auch das Außenministerium fördern. Aber vielleicht kann mir der Herr Staatssekretär eine Antwort auf diese Frage geben.

Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich bin 1997 in dieses Hohe Haus sozusagen quer eingestiegen und wurde dann dem Rechnungshofausschuss zugeteilt. Meine Kollegen sagten mir: Ui, das schaut nach Arbeit aus! – Es war eine sehr spannende Arbeit, und die Art und Weise, wie Sie als Präsident des Rechnungshofes einem Neuling damals begegnet sind, hat sehr viel dazu beigetragen, dass ich heute noch Freude mit dieser interessanten Arbeit im Rechnungshofausschuss habe.

Ich habe auch erlebt, wie Sie einer Regierung und einer Mehrheit gegenüber, die damals SPÖ/ÖVP hieß und jetzt ÖVP/FPÖ heißt, gehandelt haben. An Ihrer Korrektheit und an der Klarheit Ihrer Aussagen hat sich dadurch überhaupt nichts verändert.

Daher bin auch ich der Meinung, dass die Latte für Ihren Nachfolger sehr, sehr hoch liegt und es überhaupt nicht einzusehen ist, warum dieser Nachfolger/diese Nach­folgerin sich nicht auch in einem öffentlichen Hearing bestätigen sollte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Seine freiwillige Redezeit stelle ich auf 6 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Die Abgeordneten Reheis und Dr. Cap: Ein heimliches Hearing!)

 


12.42

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Rechnungs­hofausschuss hat sich in seiner letzten Sitzung auch mit der Immobilienmanagement­gesellschaft des Bundes beschäftigt, und es konnte dort von den Geschäftsführern und auch vom Geschäftsführer der BIG berichtet werden, dass die aufgezeigten Anfangsschwierigkeiten weitgehend beziehungsweise zur Gänze beseitigt wurden.

Es hat mich besonders gefreut, dass Präsident Fiedler auf meine diesbezügliche Frage bestätigt hat, dass das Kostenbewusstsein der öffentlichen Hand, der Ministerien und der öffentlichen Stellen, gerade was den Immobiliensektor betrifft, ein anderes geworden ist. Früher war es ja so, dass man einfach Flächen angefordert hat und diese dann auch bekommen hat, egal, was es gekostet hat. Heute wird eine ortsübliche Miete verrechnet. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass sowohl seitens der BIG als auch seitens der Ministerien harte Verhandlungen geführt werden, und es wurde vom Präsidenten des Rechnungshofes bestätigt, dass in diesem Bereich Kostenwahrheit und Kostenbewusstsein Platz gegriffen haben – und das freut mich gerade auf diesem Sektor besonders.

Meine Damen und Herren! Es ist heute der letzte Tag, an dem Herr Präsident Fiedler in dieser Funktion im Hohen Haus anwesend ist. Mir ist, als der Vorredner erwähnt hat, dass Präsident Fiedler auch Präsident des Österreich-Konvents ist, folgende Bitte eingefallen: Herr Präsident, Sie sind an lange Amtszeiten – zwölf Jahre – gewöhnt. Ich würde darum bitten, dass wir den Österreich-Konvent früher beenden und ihn nicht, während einer ebenso langen Amtszeit, auf kleiner Flamme kochen lassen.

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof wirkt durch seine 395 Mitarbeiter, mit denen er über 700 000 in der öffentlichen Wirtschaft Beschäftigte kontrolliert, kontrollie­rend begleitet. Die öffentliche Wahrnehmung des Rechnungshofes wird aber durch den Präsidenten bestimmt, und da, muss ich sagen, haben Sie, Herr Präsident, ein sehr gutes, positives Bild für den Rechnungshof und für die Kontrolltätigkeit in Österreich abgegeben.

Ich darf auch anmerken, dass von den sechs seit 1945 gewählten Rechnungs­hofpräsidenten – ich sage das jetzt, ohne Präsident Fiedler für die Freiheitliche Partei einvernehmen zu wollen – die letzten drei Rechnungshofpräsidenten seit 1964 – Kan­dutsch, Broesigke, Fiedler – durch führende Initiative der Freiheitlichen Partei gewählt und nominiert wurden.

Wenn ich mir anschaue, dass man heute schon versucht – so wie es Kollege Cap oder Kollege Kogler mit seiner Presseaussendung gemacht haben –, Kandidaten, die noch gar nicht nominiert sind, als Apparatschiks darzustellen, dann darf ich daran erinnern, dass Präsident Fiedler von Kollegin Stoisits in der Debatte am 25. Juni 1992 als „vergifteter Köder“ bezeichnet wurde – da ist ja der „schwarz-blaue Apparatschik“ noch ein müder Abklatsch dagegen! –, und sagen, dass ich stolz darauf bin, dass, wie ich glaube – das habe ich der Debatte im Ausschuss entnommen –, eigentlich alle vier Fraktionen die Tätigkeit des Präsidenten Fiedler als sehr positiv und als sehr un­parteiisch gesehen haben. Es freut mich daher besonders, dass wir – wenn auch nicht alle Personalentscheidungen immer ganz so eindeutig und von allen mitgetragen werden – auch bei Präsident Fiedler die Entscheidung lange Zeit als Fraktion allein getragen haben und die ÖVP erst durch Arbeit überzeugt werden musste, dass wir mit Weitblick den richtigen Kandidaten ausgesucht haben.


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In der Ausschussarbeit, muss ich sagen, hat mich Präsident Fiedler immer sehr fasziniert, weil er mit seinem ruhigen Gesichtsausdruck, mit seiner sparsamen Gestik doch sehr viel ausgedrückt hat. Und es gefällt mir besonders, wenn ich aus seinem Umfeld höre, dass er sich eine gewisse Schrulligkeit bewahrt hat, eine liebevolle Schrulligkeit: Er fährt nach wie vor noch gerne mit seinem VW, Baujahr 1974, aus seinem Privatdomizil, dem Wohnpark Alt-Erlaa, in sein Amt, und das frühmorgens, was dazu führt, dass er zeitweise Bewohner dort aufweckt. Es passiert auch, dass ihm in der der Hausanlage zugeordneten Schwimmhalle einmal eine Petition überreicht wird. Er hat weder Bodyguards noch andere, die ihn abschirmen.

Besonders hätte mich gefreut, wenn er den Bundespräsidentschafts-Wahlkampf ange­reichert hätte. Typisch für seine ruhige Art – und anscheinend auch die seiner Gattin – finde ich Folgendes: Als er ihr um zwei Uhr nachts mitgeteilt hat, dass es die Überlegung gibt, dass er als Bundespräsident kandidiert, hat sie gesagt: Wenn es nur das ist, dann gute Nacht. Ich gehe jetzt schlafen. – Und als er dann gemeint hat, es werde nun doch nichts, hat sie gesagt: Da freue ich mich aufrichtig darüber! – Also ich hätte es gerne etwas anders gesehen, aber es wäre wahrscheinlich gar nicht so leicht gewesen, dann in Alt-Erlaa die Dienstwohnung zu haben. Ich weiß nicht, wo Sie Dromedare, Kamele oder Hunde – all die Geschenke, die Sie bekommen hätten – untergebracht hätten. Freunde von Ihnen sagen, Sie seien etwas sparsam, sie hätten den Tieren dann vielleicht das Futter vorgezählt. – Sie haben also der Tierwelt einen guten Dienst getan, indem Sie nicht kandidiert haben.

Ihrer Lunge tun Sie einen weniger guten Dienst: Der Verbrauch an Tabakwaren und Mentholzigaretten, mit denen Sie sich als Admira-Fan in der Trafik des ehemaligen Goalgetters Willi Kreuz in Alt-Erlaa eindecken, ist etwas, was ich schon im Ausschuss erwähnt und dazu auch angemerkt habe, dass das eine zusätzliche Steuerleistung des Präsidenten Fiedler ist. Ich gehe ja davon aus, dass er alle Steuern ordentlich abführt, aber er hat noch eine zusätzliche, freiwillige Steuerleistung: Er unterstützt den Staat mit sehr hohen Zahlungen an Tabaksteuer.

Herr Präsident! Das ist wirklich ein sehr netter Zug von Ihnen, dass Sie das freiwillig – und mit Genuss noch dazu – tun. Ich darf Ihnen – ich sage jetzt nicht: trotz dieses Lasters, sondern: trotz dieser positiven Sucht – und Ihrer Familie alles Gute und Gesundheit wünschen. Es war eine Freude, in den letzten vier Jahren mit Ihnen zusammenzuarbeiten! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Neudeck reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Präsidenten des Rechnungshofes Dr. Fiedler die Hand.)

12.49

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. Seine gewünschte Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.49

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich habe mich ja schon im Ausschuss anlässlich Ihrer dortigen Verabschiedung dahin gehend geoutet, dass ich eigentlich nicht wirklich eine Rede vorbereitet hatte, sondern nur ein bisschen innegehalten und über die Frage nachgedacht hatte: Wie ist es denn, gerade aus der Position eines Grünen, aus der Sicht des Ausschussvorsitzenden, mit der Vorstellung von dem, was der Rechnungs­hof können soll beziehungsweise müssen soll? Und wie haben Sie das angelegt?

Dabei kann man auf sehr viel kommen. Ich will mich heute aber im Wesentlichen nur auf einen Punkt beschränken und diesen vielleicht in mehreren Facetten erwähnen, um einerseits die Bedeutung des Rechnungshofes für eine parlamentarische Demokratie


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österreichischen Zuschnitts und andererseits aber natürlich auch die Rolle, die Franz Fiedler genau vor diesem Hintergrund, jedenfalls aus meiner Sicht, gespielt hat, herauszustreichen.

Die Aufgaben des Rechnungshofes sind ja wesentlich vielfältiger, als viele – vielleicht sogar auch der eine oder die andere hier im Hohen Haus – glauben. Es gehören dazu nicht nur die Gebarungsüberprüfungen der öffentlichen Wirtschaft, der Verwaltung, der politischen Exekutive, sondern das auch zunächst einmal über sehr, sehr viele Gebietskörperschaften verteilt – eigentlich über alle, die wir haben, also Bund, Länder und Gemeinden; das wird hier in diesem Haus ja manchmal vergessen –, und mittlerweile, nach der Novelle, auch die gesetzlichen und beruflichen Interessen­vertretungen; weiters die Verfassung der Bundesrechnungsabschlüsse, die Einkom­menserhebungen und der Einkommensbericht – auch wenn Sie mit manchen dieser Tätigkeiten gar nicht immer Freude haben, weil wir ja gemeinsam der Ansicht sind, dass diese Aufgaben woanders besser loziert wären –, die Begutachtung von neuen Rechtsvorschriften – wie gehabt –, nicht zuletzt die Kontrolle der Gebarung mit EU-Mitteln – ein großes und immer größer werdendes jüngeres Aufgabenfeld.

Die Sonderaufgaben des Rechnungshofpräsidenten: Offenlegung nach dem Unverein­barkeitsgesetz, Selbiges nach dem Parteiengesetz, Mitwirkung bei der Begründung von Finanzschulden, Kundmachungen verschiedener Art in Anpassungsfaktoren.

Nüchtern gesprochen, Herr Dr. Fiedler: Sie haben diese Aufgaben für den Rechnungs­hof überall übernommen, und mein Eindruck ist, dass Sie alle diese Aufgaben überall und im Großen und Ganzen und im Wesentlichen zu allergrößter Zufriedenheit des Parlaments – ich sage das deshalb, weil es ja immer ein bisschen eigenartig heißt, aber so lautet eben die Bezeichnung: der Rechnungshof ist „ein Organ des Parla­ments“; aber ich meine, in diesem Fall über alle Fraktionen hinweg urteilen zu dürfen –, also zur größten Zufriedenheit des Auftraggebers gelöst haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Allein dafür gebührt schon große Anerkennung!

Ganz etwas anderes ist die Fragestellung: Was kann oder was macht ein Präsident mit dieser Amtsfülle, mit den gesetzlichen und verfassungsmäßig vorgegebenen Möglich­keiten, Rechten und Pflichten? – Der eine Aspekt, den ich hier herausheben möchte, der Sie vor allem auch von allen Vorgängern abgehoben hat und der wirklich eine Veränderung gebracht hat, die meines Erachtens besonders würdigenswert ist, ist die neue öffentliche Rolle des Rechnungshofs.

Warum halte ich das in einer parlamentarischen Demokratie unseres Zuschnitts für so wichtig? – Die Kontrolle – und da geht es nicht nur um die bloße Gebarungs­über­prüfung und um die Effizienz der Verwaltung, sondern überhaupt um das Wechselspiel von Kontrolleinrichtungen, meinetwegen des Parlaments, und in vielen Fragen eben in enger Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof, gegenüber der Exekutive – ist ohne Transparenz ja gar nicht vorstellbar! Und wir dürfen uns darüber hinaus schon einmal auch gemeinsam hier – wie soll ich sagen? – freuen, oder das zumindest einmal als Leistung des Parlaments, als Gesetzgeber selber nämlich, auch anerkennen, dass wir in Österreich, wie ich glaube, ein System haben, in welchem der Rechnungshof als Organ des Parlaments verankert ist – mit Möglichkeiten des öffentlichen Auftritts, mit Außenvertretungsfunktionen, die dann eben, und deshalb gehört es hier besonders erwähnt, der Präsident, und fast ausschließlich der Präsident, wahrzunehmen hat.

Ich halte es für ganz essentiell für das Funktionieren und für einen, wenn man so will, gelungenen Ablauf einer demokratischen Kontrolle, einer parlamentarischen Demo­kratie an sich über weitere Perspektiven, über weitere Zeitabläufe hinweg, dass dieses


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Wechselspiel zugelassen wird, gewollt wird, akzeptiert wird über alle Kräfte des Hauses hinweg.

Und das muss dann auch noch ausgefüllt werden. Es ist zwar nicht nur der Rechnungshof, der dies zu bewerkstelligen hat, aber der Rechnungshof hat in Österreich und in unserem Verfassungssystem eigentlich eine herausragende Rolle, wenn man das mit der Implementierung und Systematisierung von Rechnungshöfen in anderen, durchaus vergleichbaren Ländern vergleicht. Also hat die Aufgabe des Rech­nungshofpräsidenten hier einen ganz besonderen Stellenwert, und gerade wieder, wie ich meine, vor dem Hintergrund der öffentlichen Repräsentanz. Und Öffentlichkeit heißt in diesem Zusammenhang natürlich auch: die Vertretung des Rechnungshofs hier im Hohen Haus – einerseits im Ausschuss, andererseits im Plenum –, den Medien gegen­über und überhaupt, über die Vermittlung der Medien, der allgemeinen Öffentlichkeit – wenn man so will: dem Souverän – gegenüber.

Und auch wenn der Rechnungshof als Organ des Parlaments verfasst ist, ist es, glaube ich, nützlich und sinnvoll, dass er auch gegenüber dem Parlament eine gewisse eigenständige, geradezu emanzipierte Rolle eingenommen hat. Das war früher nicht so. Das ist eben das Neue: Das hat Fiedler bewerkstelligt, eingeführt, lange aufgebaut. Als Sie, Herr Präsident Fiedler, das Amt übernommen haben, war von dem gar nichts zu sehen. Es wurde mit wenigen Mitteln, Ressourcen – Menschen natürlich – so etwas Ähnliches wie ein kleines Öffentlichkeitsreferat geschaffen.

Ich bin der Meinung, dass das eine ganz herausragende Leistung war – und im Übri­gen natürlich auch so beibehalten werden soll –, weil es nämlich dazu führt, dass die Aufgaben des Rechnungshofes, die er übernimmt, entsprechende zusätzliche Bedeu­tung gewinnen. Und das haben Sie, Herr Präsident, nicht nur eingeleitet, sondern das haben Sie dann selbst auch entsprechend ausgefüllt – auch wenn es dann hier im Haus, manchmal sogar unserer Fraktion, nicht immer gepasst hat, was Sie da dann befundet haben, was Sie kritisiert haben, wie Sie manche Gegenäußerung wiederum bewertet haben und wie Sie Ihr Gesamturteil gebildet haben. Aber das ist es eben, was aus meiner Sicht so hervorstreichenswert ist: dass Sie diesen Freiraum, den die österreichischen Gesetze zulassen – und den vielleicht ein weiser Gesetzgeber sogar so wollte –, genau ausgeleuchtet haben und entsprechend verantwortungsvoll und letztlich doch zurückhaltend beschritten haben – zum Nutzen des Ganzen. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dr. Rasinger.)

Es war eben die ausgewogene Amtsführung, und es ist auch Ihre Vermittlungskunst sehr wohl zu kritisieren, das auch den Ministerien oder der Regierung als Ganzes so zu vermitteln, dass auch relativ rasch Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden können, denn hier liegt ja im Übrigen die allergrößte Wirkung des Rechnungshofes: sowohl ex post, dass etwas verbessert wird, aber noch viel mehr ex ante, dass nämlich viele Dinge überhaupt erst gar nicht einreißen, weil man weiß, dass es erstens den Rechnungshof gibt, dass er zweitens diese verfassungsmäßige Stellung hat, wie er sie hat, die ihm drittens diese Freiräume einräumt, und dass wir viertens einen Präsiden­ten haben, der das eben genau so ausfüllt, dass das diese Wirkungen zeitigt. Und das ist meiner Meinung nach das große Verdienst von Franz Fiedler. Da hat er sich von den Vorgängern abgehoben, und da ist etwas Neues entstanden, das meines Erach­tens natürlich auch beibehalten werden soll. Davor habe ich den allergrößten Respekt: dass Sie das mit diesen kleinen Mitteln, die Ihnen für diese Sache zur Verfügung gestanden sind, so gelöst haben – im Interesse des Ganzen! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ und der ÖVP.)

Ich glaube, dass die öffentliche Sache an sich in der Demokratie eben bestimmte Abläufe braucht. Und deshalb meine ich auch, dass vieles an den Vorgängen rund um den Rechnungshof da oder dort vielleicht durchaus noch öffentlicher und transparenter


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gemacht werden könnte. Das ist jetzt die einzige Bemerkung, die ich mir, anknüpfend an Kollegen Cap, erlaube, was das Procedere zur Findung Ihres Nachfolgers betrifft: dass wir tatsächlich der Meinung sind, dass ein Hearing über dieses wichtige Amt, so wie es von mir beschrieben wurde, im Hauptausschuss, wie es die Gesetze vorsehen, durchaus öffentlich abgehalten werden sollte – eben aus genau all jenen Gründen, die ich vorher erwähnt habe. Mir scheint da nichts Verkehrtes dabei zu sein, sondern ganz im Gegenteil: Das ist eigentlich geradezu ein sich aufdrängendes Bild, das man hier bekommt. Und es ist ja noch nicht das letzte Wort gesprochen, wir werden ja sicher noch verhandeln. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich bleibe kurz bei dem Punkt „offen“ und „Öffentlichkeit“: Herr Präsident! Sie haben es, jedenfalls für unsere Fraktion – und ich gehe davon aus, dass es für alle so gehalten wurde –, geschafft, den Rechnungshof noch offener zu machen, auch was die direkten Kontakte mit den Abgeordneten betrifft. Ich halte das für wesentlich und für essentiell. Man geht in den Rechnungshof, man hat vorher die Berichte gelesen, und man bekommt dort eine Vorlesung der Sonderklasse, möglicherweise ein Privatissimum von vier Vortragenden.

Ich meine, es ist vielleicht schon nahe liegend für Parlamentarier, wenn der Rech­ungshof hier zugeordnet ist, andererseits aber hat man sich auch jedes Mal davon überzeugen können, mit welcher Kompetenz dort gearbeitet und wie gut das Haus geführt wird. Auch das ist nicht selbstverständlich. Vielen Dank dafür von Seiten des Parlaments! (Allgemeiner Beifall.)

Ich weiß, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier eine besondere Rolle spielen, Sie lassen es sich ja nicht nehmen, selber bei jeder Gelegenheit darauf hinzuweisen. Ich habe es somit jetzt nur indirekt gesagt, weil heute Sie im Mittelpunkt stehen und weil Sie das so gelöst haben, sodass all das möglich wurde.

Das sage ich auch vor dem Hintergrund, dass wir, wie erwähnt, nicht immer gleicher Meinung waren. Ich glaube, es wurde da oder dort, auch seitens unserer Fraktion, sogar bisweilen die Frage gestellt, ob das jetzt noch Sache des Rechnungs­hofprä­sidenten ist, sich so oder so zu äußern. Aber es hat relativ rasch eine Überein­stimmung darüber gegeben, was jetzt die Überprüfung der Exekutive ist, was der gesetzlich vorgegebene Rahmen, innerhalb dessen geprüft wird, ist. Im Wesentlichen sind die ganz wenigen potentiellen Missverständnisse, die es hätte geben können, gar nicht aufgekommen oder in den ganz wenigen Fällen so rasch wie möglich beseitigt worden.

Ich sage das deshalb, weil unsere Fraktion – ich war damals noch nicht hier im Hohen Haus – Sie nicht gewählt hat. Aber die Vertrauensbildung hat relativ rasch stattge­funden, und ich glaube, dass Ihnen das bei den meisten Mandataren gelungen ist.

Ich wollte nicht enden, ohne auch ein paar persönliche Worte zu sprechen. Als ich in das Parlament gekommen bin, stellte sich ja auch die Frage, wohin man sich orientieren soll. Mein Vorgänger, auch im Amt des Vorsitzenden des Rechnungs­hofausschusses, hat gesagt: Kümmere dich um den Rechnungshof, da lernt man viel, da erfährt man viel! – Siehe Vorlesungen: Das hat alles gestimmt.

Aber ich habe auch von Ihnen sehr viel gelernt. Eigentlich sind Sie – und meiner Meinung nach sind Sie in diesen Funktionen verkannt (Heiterkeit bei den Grünen und der ÖVP) – durch und durch ein Homo Politicus, schon kraft dessen, womit alles Sie sich beschäftigen müssen – und da habe ich viel gelernt!

Was mich jedoch noch mehr fasziniert hat, das war Ihre Formulierkunst. Es gibt ja in Wirklichkeit noch ganz wenige „Fiedlerologen“, die Fiedler in Wort und Schrift näher gekommen sind und interpretieren können. Ich habe mir das ja, wie gesagt, mit Wonne


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angetan, über vier Jahre lang, und habe sehr viele, eigentlich fast alle Berichte gelesen, an die Sie, wie ich weiß, bei jedem noch selber Hand angelegt haben, also immer auch redaktionell dabei waren und sich immer eingelesen haben, bis zu den Hintergrundmaterialien. Was mich immer fasziniert hat – es fasziniert mich eigentlich bis heute –, ist diese staubtrockene Kunst sowohl in Schrift, aber vor allem auch in Wort! Man muss es einmal zustande bringen, die Dinge so zu formulieren und trotzdem durchaus Spitzen einzubauen, die Ihre Absicht doch eindeutig erkennen lassen, zumindest dann, wenn man hinhören kann und will.

Das ist eine ganz eigene Kunst! Es mag nicht jedermanns und jederfraus Geschmack treffen, meinen schon. Manchmal haben die Abgeordneten den Eindruck vermittelt, als ob es im Lokal VI gerade so trocken wäre, dass wir ein riesiges Luftbefeuch­tungs­aggregat bringen lassen müssten, für mich aber war es sehr oft pointenreich. Ich habe den Eindruck, bei Franz Fiedler ist noch vieles unentdeckt, möglicherweise ist ja mit Ihren weiteren Aufgaben, die Sie noch ausfüllen werden, für viele eine weites Feld gefunden, um das eine oder andere noch zu entdecken.

Ich glaube, man kann im Wesentlichen nur davon profitieren. Auf diesen weiteren Wegen, wo auch immer Sie hinführen mögen, wünsche ich Ihnen alles Gute und darf mich noch einmal persönlich und namens meiner Fraktion bedanken. – Vielen Dank! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Kogler reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Präsidenten des Rechnungshofes Dr. Fiedler die Hand.)

13.04

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte; Herr Abgeordneter.

 


13.04

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident Fiedler! Herr Staatsekretär! Ich war bei der vorgestrigen Sitzung des Rechnungshofausschusses zum ersten Mal als Mitglied anwesend. Das heißt, ich hatte das Privileg, den Franz Fiedler quasi noch als Rechnungshofpräsidenten miterlebt haben zu dürfen.

Vieles, was man als Bild von Ihnen vermittelt bekommt, hat sich eigentlich in dieser Sitzung eins zu eins bestätigt. Ich darf an meine Vorredner anschließen und mich ebenfalls sehr herzlich bedanken. Ich glaube, dass der Rechnungshof eine sehr ernst­zunehmende Behörde geworden ist. Die Regierungen können das meistens bestä­tigen. Er ist eine nicht zu überhörende Stimme geworden, auch, weil er sich im Grunde genommen – zu erkennen, wenn man Rechnungshofberichte durchliest – von der reinen Kontrollbehörde wegbewegt hat in Richtung auch einer Beratungsbehörde. Es sind darin zu jeder Kritik auch Anregungen formuliert, was, glaube ich, die Kompetenz des Rechnungshofes stärkt.

Dass der Standort auch den Standpunkt bestimmt, das ist gerade bei Rechnungs­hofberichten deutlich sichtbar. Die Regierungen stöhnen meistens ob dieser Berichte. Die Opposition jubelt meistens, weil sie genügend „Futter“ bekommt. Oft hat es heftige Diskussion gegeben, und meistens, nach langen Schrecksekunden, ist es auch zu Veränderungen gekommen.

Werner Kogler hat die Öffentlichkeit angesprochen. Ich halte es ebenfalls für wichtig, dass die Öffentlichkeit teilnehmen darf, möchte aber gerade in dieser Stunde auch darauf hinweisen, dass es hier Entwicklungen gibt, die mich persönlich durchaus nachdenklich stimmen. Wir müssen achtsam und wachsam bleiben! Wenn heute Rechnungshofrohberichte dazu benützt werden, Personen und Organisationen quasi durch die Medien zu zerren, um dadurch die Regierung zu kritisieren, sollten wir uns


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meines Erachtens doch überlegen, ob das mit unserem Rechtsbewusstsein, nämlich auch die andere Seite Stellung nehmen zu lassen, vereinbar ist. Ich glaube, gerade diesem Prozess sollten wir uns in Zukunft mit besonderer Aufmerksamkeit widmen.

Im Großen und Ganzen, darf ich mich, Herr Präsident, dem Dank anschließen und Ihnen für die Zukunft ebenfalls alles Gute wünschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich möchte aber doch auch noch zum Rechnungshofbericht betreffend das Verwaltungsjahr 2002 einige Dinge sagen, im Speziellen zum Thema „Förderungen an die sonstige Wirtschaft“, das sich im Wesentlichen mit dem Förderungswesen für Betriebe der gewerblichen Wirtschaft sowie der Tourismus- und Freizeitwirtschaft beschäftigt. Bevor ich ins Detail gehe, möchte ich einen Teilbereich, nämlich jenen der Tourismuswirtschaft, herausgreifen und zuerst einen Blick auf das Ganze werfen.

Förderprogramme haben ja meistens den Sinn, dass wir Branchen „anreizen“, dass wir Entwicklungen fördern wollen, um die Volkswirtschaft quasi in die richtige Richtung zu lenken. Gerade die Tourismuswirtschaft und die Förderpakete in der Tourismus­wirt­schaft haben erstaunliche Ergebnisse gebracht. Wir haben im Jahr 2003 ein Förder­volumen in der Höhe von 830 Millionen € gehabt und fast jährlich neue Tourismus­rekorde zu verzeichnen. Der Grund, warum ich diesen Bereich anführe, ist der, dass dieser Vertrag zwischen dem Ministerium und der ÖHT in dieser Prüfung gestanden ist, und weil Sie einen bemerkenswerten Satz, auch im Ausschuss, gesagt haben.

Damit komme ich zum Schluss meiner Ausführungen: Neben aller Kritik sollte man auch jene Punkte herausnehmen, die Sie bestärkt und die Sie als positiv gesehen haben. Sie haben gemeint, dass es im Bereich des Wirtschaftsministeriums durchaus zu eindeutigen Verbesserungen gekommen sei, und das will ich heute auch nicht unter den Tisch fallen lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.09

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Sie haben es ja gehört, Ihre Berichte sind gewichtig. Ich habe deshalb extra noch ein Exemplar dieser sowohl von der Öffentlichkeit als auch von uns immer mit Spannung erwarteten Berichte mitge­nommen, als Zeichen dafür, dass der Herr Präsident persönlich in der Lage war, ein unglaubliches Arbeitspensum zu bewältigen und in seiner, von meinem Vorredner schon angesprochenen, persönlichen Herangehensweise und sozusagen stilistischen Kunst auch die Dinge auf den Punkt zu bringen.

Herr Präsident Dr. Fiedler, ich habe Sie wirklich sowohl in Sitzungen als auch bei Gesprächen im Rechnungshof selbst immer als offenen, als flexiblen, jedoch sehr an der Sache orientierten und sehr differenziert und kritisch denkenden Menschen erlebt. Ich meine, dafür sollten wir uns alle bei Ihnen bedanken!

Meiner Ansicht nach stellt es einen Wermutstropfen dar, dass es keine längere Amtsperiode für einen Präsidenten von solcher Qualität gibt; aber das liegt einfach an der Verfassung.

Herr Präsident Fiedler, Sie wirken ja weiter beim Österreich-Konvent, und im Rahmen dieser Konventstätigkeit könnten Sie ja – auf Basis Ihrer Erfahrungen – die Effizienz des Rechnungshofes, zu der Sie ja zweifelsohne beigetragen haben, sozusagen noch einmal zuspitzen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 92

In diesem Zusammenhang denke ich zum Beispiel daran, dass die Frist für Stellung­nahmen der einzelnen Institutionen, die der Rechnungshof einer Prüfung unterzogen hat, derzeit drei Monate beträgt. Das ist meines Erachtens – und ich glaube, auch Experten sind dieser Meinung – eine relativ lange Frist, und sicherlich wäre es ohne weiteres möglich, diese Frist zu verkürzen. Das ist eine verfas­sungsmäßig festgelegte Frist, und wenn wir diese verkürzen würden – ich sage jetzt: nur auf ein Drittel, auf einen Monat etwa –, dann wäre es de facto möglich, innerhalb von zwei Monaten einen Endbericht hier im Parlament zu haben, diesen im Ausschuss vorgelegt zu bekommen, und dadurch würde natürlich die wertvolle Arbeit des Rechnungshofes noch viel wirksamer, weil so Themen beziehungsweise Berichte dann schneller in der Öffentlichkeit diskutiert werden könnten und es so auch rascher zu Verbesserungen kommen würde.

Ein solch konzentrierter Fristenablauf würde die MitarbeiterInnen im Rechnungshof beileibe nicht überfordern, treffen diese doch jetzt schon alle Vorbereitungen, um fristgerecht fertig zu werden. Nur: Diese Drei-Monats-Frist bei den zu überprüfenden Institutionen ist doch eine etwas antiquierte Angelegenheit, die im Sinne eines moder­nen parlamentarischen Kontrollinstruments bei der Debatte über die Bundesverfassung im Österreich-Konvent diskutiert werden müsste.

Ich möchte Ihnen, Herr Präsident Fiedler, aber nicht nur eine Anregung für Ihre weitere Tätigkeit mitgeben, sondern noch einmal auf Ihre – jetzt fast schon vergangene – Tätigkeit zu sprechen kommen und hier eine Stilprobe von Ihnen aus dem Exemplar des Tätigkeitsberichtes des Verwaltungsjahrs 2002 zu Gehör bringen.

Mir persönlich – das ist auch eine etwas ironische Herangehensweise meinerseits – und auch Ihnen persönlich, Herr Präsident Fiedler, liegt sicherlich auch der Personen­verkehr am Herzen, wahrscheinlich allen hier. Gewisse Vertreter einer gewissen Partei haben ja auch noch personelle Beziehungen zum Personenverkehr der Österreichi­schen Bundesbahnen. Da gibt es personelle Konstellationen, die durchaus rechnungs­hofrelevant sein könnten; sagen wir es einmal so.

Deshalb mein Zitat aus diesem Bereich, wo Sie, Herr Präsident Fiedler, vermerken:

„Die gegenwärtig zwölf Verkehrsverbünde sind durch ein unzweckmäßiges und unwirtschaftliches Finanzierungs- und Abrechnungssystem gekennzeichnet, dessen Reformbedarf außer Streit steht.“ – Zitatende.

Herr Präsident Fiedler, Sie haben sicherlich Recht; Sie führen das ja auch in Details an. Da einzuhaken, wäre eine dringende Aufgabe von uns als gesetzgebende Instanz beziehungsweise auch von Ihnen, Herr Staatssekretär Finz, sozusagen als Exekutiv­instanz, die für die Legistik verantwortlich ist und vor allem im Finanzwesen die Verantwortung für eine bessere, eine perfekte Legistik trägt.

Uns allen ist ja wohl durch regen Zugverkehr und durch häufige Fahrten – hoffentlich mit den ÖBB – die Kundenorientierung ein Anliegen. Dazu auch eine Stilprobe Fiedler – ich zitiere –:

„Umfrageergebnissen zufolge sind für die Fahrgäste ‚Soft-Facts’ im Schienenverkehr, wie Sauberkeit und Kundendienstorientierung, von besonderer Bedeutung. Dabei wurden in den letzten zehn Jahren jedoch nur geringfügige Fortschritte erzielt.“ – Zitatende.

Wenn man mit den Menschen in den Zügen spricht, so hört man immer wieder: Es wurde eingespart, und zwar wurde massiv eingespart beim Reinigungspersonal; Fremdvergaben sind erfolgt, und teilweise ist es wirklich unzumutbar, dass in Waggons gar keine Toiletten zur Verfügung stehen, weil diese aus „sanitären Gründen“ gesperrt wurden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 93

Solch konkrete Missstände formuliert Herr Präsident Fiedler in sehr treffenden, allge­mein gehaltenen Formulierungen. Aus diesen Formulierungen sozusagen das konkrete Extrakt zu ziehen, ist Aufgabe von uns, in den Ausschüssen beispielsweise, um so eine entsprechende Diskussion voranzutreiben.

Aus Zeitgründen erspare ich mir und Ihnen jetzt die Aufzählung von Details aus anderen Tätigkeitsberichten beziehungsweise eine Aufzählung weiterer Kritikpunkte – und darf nur noch kurz eine persönliche Anmerkung machen: Herr Präsident Dr. Fiedler war immer offen, und zwar sowohl was eine schriftliche als auch eine mündliche Auskunft betraf, wenn es um Dinge ging, die auch auf informellem Wege erledigt werden konnten. Auch dafür ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

13.15

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.16

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Werte Damen und Herren! Werte Zuhörer und Zuschauer! Wenn ich Sie, Frau Kollegin Moser, jetzt richtig verstanden habe, fordern Sie sozusagen ein „Lebenslang“ für einen Rechnungshofpräsidenten; schon eine sehr lang dauernde Zeit! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Lebenslänglich ist eher was für ...!) – Lebenslang!

1986 ist eine zwölf Jahre lang dauernde Amtsperiode für die Rechnungshof­präsident­schaft eingeführt worden, und ich glaube, dass das damals auch ein wichtiger und richtiger Schritt war, denn es hat vorher ja die Möglichkeit gegeben, zweimal für sechs Jahre bestellt zu werden, also mit der Möglichkeit der Wiederwahl.

Wenn man davon ausgeht – und das ist auch das, was den Freiheitlichen sehr am Herzen liegt, wenn es um den Rechnungshofpräsidenten geht –, dass es dabei um ein Organ geht, das unabhängig ist, das sich diese Unabhängigkeit auch bewahren konnte, so ist doch wohl genau die jetzige Regelung eine sehr gute.

Dadurch dass es keine Wiederwahl gibt, ist man nicht abhängig von zukünftigen Mehrheiten, dass man eben wieder gewählt werden muss, wenn man das will, sodass man sich unter Umständen Mehrheiten durch „gewogenes Verhalten“ sichern muss. – So ist eben echte Unabhängigkeit gegeben! Mit einer zwölf Jahre dauernden Amtszeit ist es, wie ich meine, auch möglich, vieles zu bewegen und zu bewirken.

Der Rechnungshof generell stellt für uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein sehr, sehr wichtiges Instrument dar, eben ein Kontrollinstrument, mit dem man sehr viel in die gesamte Tätigkeit auch einer Regierung hineinschauen kann. Somit ist das für uns eine sehr wichtige Funktion.

Wichtig ist jedoch auch, Ergebnisse, die vom Rechnungshof präsentiert werden, zu akzeptieren und diese für in Ordnung zu befinden – und dann nicht immer wieder erneut zu thematisieren. Aber das ist genau das, was wir jetzt leider erleben: Trotz Ergebnissen, die durch den Rechnungshof geklärt wurden, und Fragen, die durch den Rechnungshof beantwortet wurden, stellt man immer wieder beziehungsweise ein weiteres Mal Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen. Also es werden noch einmal Dinge hinterfragt, die schon durch Rechnungshofberichte eindeutig geklärt wurden.

Genauso ist das ja auch mit Ihrem heute wieder gestellten Antrag betreffend Abfang­jäger, über deren Bestellungsvorgang es eindeutig positive Berichte seitens des Rechnungshofes gegeben hat. Sie von der SPÖ aber stellen trotzdem wieder die gleichen Fragen, die bereits mehr als einmal vom Rechnungshof beantwortet wurden,


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wieder in Form eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, obwohl, wie bereits gesagt, all das schon beantwortet wurde.

Da es diesen Rechnungshof gibt, der Berichte erstellt und in diesem Bericht Dinge geklärt werden, ist es schon auch wichtig, dass diese dann auch akzeptiert werden – und dass man damit den Rechnungshof als Kontrollinstanz auch wirklich zur Kenntnis nimmt.

Der Rechnungshof erachtet – das hat er ja auch in sein Leitbild hineingeschrieben –Folgendes für wichtig, etwas, was wir ja alle für sehr wichtig erachten: die Steigerung der Effizienz der Kontrolle im öffentlichen Bereich. Das ist ein Punkt, der uns allen wichtig ist. Ebenso aber betont der Rechnungshof sein Selbstverständnis, als Anwalt der Steuerzahler gegen Verschuldung, gegen Verschwendung aufzutreten. Das ist auch eine ganz, ganz wichtige Aufgabe des Rechnungshofes!

Der Rechnungshof selbst sieht sich ja auch als Vorbild: mit seinen Mitarbeitern und in seiner gesamten Funktion, und er hat daher in sein Leitbild hineingeschrieben: aktive Öffentlichkeitsarbeit, was, wie ich immer wieder höre, etwas Neues ist und was Rechnungshofpräsident Dr. Fiedler in seiner Funktion – und mit seiner Person – gut ausgefüllt hat. Das ist etwas, was es vorher nicht gegeben hat.

Das ist jetzt im Leitbild des Rechnungshofes sozusagen festgeschrieben – Kollege Kogler hat es als Eigenständigkeit bezeichnet; ich meine, auch das hat dem Rech­nungshof einen höheren Stellenwert gegeben –, vielleicht nicht immer zur Freude vor allem der Regierungsparteien, aber ich denke, das ist genau das, was einen unab­hängigen Rechnungshof und somit auch einen unabhängigen Rechnungshof­präsiden­ten ausmacht und was die Autonomie darstellt, dass man eben auch das eine oder andere macht, das nicht zur Freude aller ist, aber trotzdem dazu beiträgt, dass man Aufklärung hineinbringt, dass man der Kontrollfunktion nachkommt, im Sinne der Öffentlichkeit vorgeht und seiner Amtserfüllung nachkommt.

Ich habe den Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler nicht so lange Zeit erlebt wie viele meiner Vorredner. Ich bin erst seit eineinhalb Jahren im Parlament und hier unter anderem im Rechnungshofausschuss tätig, ich muss aber sagen: Auch ich kann mir eine Präsidentschaft des Rechnungshofs ohne Franz Fiedler nur schwer vorstellen. (Abg. Mag. Mainoni: Sehr schwer!) Schon, lieber Kollege Mainoni, weil er inzwischen einfach eine so feste Instanz geworden ist, auch eine gewisse moralische Instanz innerhalb des Rechnungshofs.

Sie sind einfach eine Persönlichkeit, Herr Präsident Fiedler, wie man sie nicht so oft findet, eine Persönlichkeit, die mit ganz eigenen, markanten Merkmalen – sage ich einmal – ihrer Tätigkeit nachgekommen ist. Bereits erwähnt worden ist die einerseits pointierte, andererseits auch sehr trockene Ausdrucksweise, an die man sich erst einmal gewöhnen muss, in die man genauer hineinhorchen muss und die man genauer nachlesen muss, um doch sehr gut zwischen den Zeilen lesen zu können, was wirklich gemeint ist.

Ihr Erfolg und auch die Anerkennung, die Sie ja inzwischen von allen Fraktionen erhalten, gründen sich natürlich auf Ihre fachlichen Qualifikation, aber auch auf Sachlichkeit und Qualität. Ihre Berichte waren in meinen Augen immer von sehr hohem Niveau und hoher Qualität. Sie haben sich wirklich immer um kritische Gerechtigkeit bemüht und waren immer objektiv und fachlich. Wenn jemand für Korrektheit steht, dann sind das sicherlich Sie in Ihrer Funktion im Rechnungshof und in Ihrer Vorbildfunktion darin, wie Sie sich bemüht haben, als Kontrollorgan tätig zu sein.

Sie haben in den letzten zwölf Jahren den Rechnungshof als Kontrollorgan in meinen und unseren Augen sehr gut geleitet, geführt, unabhängig geführt. Ich danke Ihnen


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 95

auch seitens meiner Fraktion ganz herzlich für Ihre Arbeit und freue mich sozusagen im Nachhinein für meine Kollegen von damals, die Sie unterstützt haben, die Sie mitgewählt haben. Ich freue mich, dass die richtige Entscheidung getroffen worden ist, die im Nachhinein von allen goutiert wird. Wir haben sozusagen zwei Tage des Abschiednehmens, aber auf jeden Fall danke ich Ihnen schon jetzt.

Ich möchte zum Abschluss auch das Ende des Leitbildes zitieren, denn ich denke, das ist auch ein Teil Ihrer Lebenseinstellung, wenn es um das Miteinander geht. Im Leitbild des Rechnungshofes steht Folgendes:

„Wir wollen...

... aufeinander zugehen und voneinander lernen;

... uns gegenseitig vertrauen und achten;

... die Leistungen jedes Einzelnen anerkennen.

Wir halten unsere Abmachungen.

Wir handeln, wie wir reden!“

Genau das haben Sie gemacht, Herr Präsident Fiedler, und dafür danke ich Ihnen und wünsche Ihnen alles Gute für Ihren weiteren Weg. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Dr. Bleckmann reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Rechnungshofpräsiden­ten Dr. Fiedler die Hand.)

13.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.23

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Diskussion heute über den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002 ist ganz sicher keine gewöhnliche Diskussion, steht sie doch unter dem Zeichen der Verabschiedung des Präsidenten des Rechnungshofes von seinem Amt.

Ich möchte trotzdem eine kurze Bemerkung zum Bericht machen, und zwar zur Immobilienmanagementgesellschaft. Unter Punkt 4 zu diesem Kapitel hält der Rech­nungshof fest, dass bei der Umsiedlung von Behörden aus BIG-Immobilien in Gebäude privater Eigentümer nicht nur die geringere Miete, sondern auch die Betriebskosten, Leerstehungskosten, Verwertungskosten, Renovierungskosten zu beachten sind.

Angesichts dieser Empfehlung muss in Bezug auf die Übersiedlung der drei Gerichte von der Riemergasse in die Marxergasse auf Folgendes hingewiesen werden: Hier lässt sich eine Kostenexplosion der Betriebskosten von 35 900 € auf 88 700 € im Monat feststellen. Leerstehungskosten sind dabei noch nicht berücksichtigt, ebenso wenig die Kosten der umstrittenen Provision an Herrn Plech, worauf ich an dieser Stelle aber nicht weiter eingehen möchte.

Die Empfehlungen des Rechnungshofes sind nicht umgesetzt worden. Ich meine, dass eine Überprüfung der Übersiedlung angebracht wäre, dass diese Übersiedlung prüfenswert ist, und ich möchte das an dieser Stelle auch anregen.

Herr Präsident! Ich bin wie meine Vorrednerin ebenfalls erst seit relativ kurzer Zeit, nämlich seit eineinhalb Jahren, hier im Parlament und im Rechnungshofausschuss tätig, und es ist auch für mich immer eine sehr große Auszeichnung gewesen, erleben


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 96

zu dürfen, mit welchem Einsatz Sie bemüht waren, objektiv im Interesse des Staates und der Bevölkerung zu agieren.

Ganz besonders freut es mich, dass Sie die höchste Auszeichnung der Stadt Wien, das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien, erhalten haben, dass Sie damit geehrt wurden. Ich bin mir aber sicher, dass die größte und schönste Auszeichnung für Sie der Dank und die Anerkennung der Bevölkerung für Ihre Tätigkeit sein werden. In diesem Sinne möchte ich Ihnen persönlich herzlich danken und viel Erfolg und alles Gute für Ihre weiteren Tätigkeiten wünschen. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Becher reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler die Hand.)

13.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.26

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Meine Herren Präsidenten! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute den Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes über das Verwaltungsjahr 2002. Der Rech­nungshof als Organ dieses Hohen Hauses zeigt Verbesserungspotentiale am Beispiel der Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes auf.

Grundsätzlich festzuhalten ist, dass es eine beachtliche Herausforderung darstellt, von einer ehemaligen Bundesgebäudeverwaltung eine Umstellung auf eine Immobilien­managementgesellschaft mbH vorzunehmen. Mittlerweile wurden verschiedene Maß­nahmen getroffen, ein Restrukturierungsprogramm eingeleitet und Effizienzsteige­rungen vorgenommen. Ich denke, dass sich diese Gesellschaft auf dem richtigen Weg befindet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich mich mit einer Thematik auseinander setze, die mich als Mitglied des Rechnungshofausschusses und des Rechnungshofunterausschusses seit Eintritt in diese beiden Ausschüsse begleitet; es ist dies die Thematik der Bundeswohnbaugesellschaften. Mir sind Formulierungen zu Beginn der Diskussion erinnerlich, die da lauteten: verscherbeln, verschleudern, ans Ausland verkaufen und Ähnliches.

Diese Thematik der Bundeswohnbaugesellschaften wurde im parlamentarischen Rech­nungshofausschuss fünfmal diskutiert, kam zehnmal bei Debatten im Nationalrat zur Sprache, und es wurden 26 parlamentarische Anfragen im Zusammenhang damit gestellt.

Der Rechnungshof hat zu dieser Thematik festgestellt, dass der Verkauf der Bun­deswohnbaugesellschaften aus Sicht der Republik dann sinnvoll zu sein scheint, wenn ein Verkaufserlös in der Bandbreite von 400 bis 600 Millionen € erreicht werden kann. Die verschiedenen Überprüfungen und Diskussionen haben ergeben, dass es sich beim Verkauf der Bundeswohnungen um ein professionelles und transparentes Verfah­ren gehandelt hat, dass die Beratungskosten 20 Prozent unter jenem Wert lagen, der von der Opposition permanent angeführt wurde. Es handelt sich um einen Wert von 0,8 Prozent; international sind 1 bis 1,5 Prozent üblich. Wenn der Verkauf über Makler durchgeführt worden wäre, wäre ein Satz von 3 Prozent zur Anwendung gekommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte festhalten, dass sich jedes gute private Unternehmen Berater bedient, wenn es sich mit einer derart umfassenden Thematik auseinander setzt und derart große Dimensionen bewältigen muss. Das Verkaufsergebnis kann sich sehen lassen! Es wird nichts ans Ausland verkauft, sondern lediglich an österreichische Unternehmen, und diese Unternehmen lesen sich


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wie das „Who is Who“ in der österreichischen Wirtschaft: die Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, die Wiener Städtische Versicherung, die Oberösterreichische Ver­sicherung und einige mehr.

Geschätzte Damen und Herren! Auch der Verkaufserlös in der Dimension von 961 Millionen € für die BUWOG, die WAG und die EBS können sich sehen lassen, ebenso der Wert von 55 Millionen € für die WBG sowie die zusätzliche Schulden­übernahme von 1 436 Millionen €.

Der Vergleich macht sicher – dazu ein Beispiel in ähnlicher Dimension aus der Bun­desrepublik Deutschland, konkret die Stadt Berlin betreffend: Einem lukrierten Ver­kaufserlös von 405 Millionen € steht eine Schuldenübernahme von 1 700 Millionen € entgegen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Erwähnenswert – zum Schluss kommend – scheint mir zu sein, dass es im Zuge dieses Verkaufes absolut keine negativen Auswirkungen für die Mieter gibt und dass damit die Interessen der Mieter langfristig gesichert sind.

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte aber diese Gelegenheit auch noch dazu wahrnehmen, als Vorsitzender des Rechnungshofunterausschusses und auch im Namen meiner Vorgänger – ich habe diese Funktion von Herrn Dr. Trinkl über­nommen – Herrn Rechnungshofpräsidenten Fiedler für die exzellente Zusammenarbeit zu danken. Ich darf ihm für seine weiteren Tätigkeiten alles erdenklich Gute wünschen. (Allgemeiner Beifall. – Abg. Hornek reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler die Hand.)

13.31

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.31

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Prä­sident Dr. Fiedler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Prüfkapitel des Rechnungshofes über die Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes ist vielleicht ein besonders geeignetes Kapitel dafür, die positive Wirkung der Arbeit des Rechnungshofes hervorzuheben, aber auch dafür, die positive Auswirkung der Arbeit auf die beanstandeten Fakten und Fehler zu sehen, die nach einiger Zeit durch das Befolgen der Ratschläge des Rechnungshofes zu jenen positiven Ergebnissen geführt haben, die die Auskunftspersonen der Gesellschaft und letztlich auch der Minister dann gerne auch als ihr Verdienst verkauft haben.

In diesem Fall, Herr Präsident des Rechnungshofes, waren Sie einerseits Controller und Mahner, andererseits aber zugleich auch Betriebsberater. Es ist Ihnen und, wie Sie selbst gesagt haben, Ihren Mitarbeitern zu verdanken, dass die Immobilien­managementgesellschaft heute so große Erfolge aufweisen kann, auf die sie ganz besonders stolz ist. Für mich persönlich stellt sich die Frage: Was wäre gewesen, hätte der Rechnungshof die Gebarung der Gesellschaft nicht so deutlich unter die Lupe genommen?

In diesem Sinne, Herr Präsident, herzlichen Dank für Ihre korrekte Arbeit und Ihr Bemühen! Ich darf Ihnen persönlich sagen: Ich werde – wie ich das bereits in der Vergangenheit gemacht habe – auch in Zukunft, wenn ich über Sie spreche, nur in höchster persönlicher Achtung über Sie reden. – Herzlichen Dank, Herr Präsident Dr. Fiedler! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Faul reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler die Hand.)

13.33

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 98

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.33

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Damen und Herren! Auch ich möchte mich gleich zu Beginn meiner Ausführungen bei Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident Fiedler, für die gute Zusammenarbeit bedanken. Ich habe sehr oft bewundert, mit welcher Ruhe und Geduld Sie unsere Fragen beantwortet haben, selbst dann noch, wenn die Fragen nicht ganz gentlemanlike waren. Sie haben das einfach übergangen und trotzdem geantwortet. Sie waren immer höflich. Ich kann mich da an eine Episode erinnern, als Sie auf eine Frage von mir nur gemeint haben: Diese Frage beantworte ich nicht. – Möglicherweise war sie so dumm gestellt. Trotzdem herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit. Auch ich möchte Ihnen für Ihren weiteren Lebensweg alles erdenklich Gute wünschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte kurz auf den Bericht des Rechnungshofes im Zusammenhang mit dem Naturschutz im Raum Neusiedler See eingehen. Da wir vor dem Ende eines Schuljahres stehen, möchte ich sagen: Dieser Bericht stellt einen glatten Einser für den zuständigen Umwelt- und Agrarlandesrat Paul Rittsteuer dar.

Das, was rund um den Neusiedler See punkto Naturschutz gemacht wurde, ist sicherlich einmalig in Österreich und hat eine Vorbildwirkung für ganz Europa. Dass ausgerechnet hier ein international anerkannter Nationalpark verwirklicht wurde, ist kein Zufall. Das ist das Ergebnis einer sehr langen und sehr mühsamen Vor­bereitungsarbeit gewesen. Ich kann nur allen Grünbewegten – und da meine ich nicht nur die Damen und Herren von den Grünen, sondern alle Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus – empfehlen, sich dieses Beispiel anzuschauen. (Abg. Mandak: Es sind aber leider nicht alle grünbewegt!) Es sind nicht alle grünbewegt, das weiß ich, daher habe ich ja extra die Grünbewegten angesprochen. (Beifall bei der ÖVP.) Sie müssen mir zuhören, liebe Frau Kollegin! (Abg. Mandak: Ich habe schon verstanden!) Ich habe das liebevoll gemeint.

Ich meine damit nicht nur die wunderschöne Landschaft – ich weiß schon, dass alle Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus das von ihrem Bundesland bezie­hungsweise von ihrem Wahlkreis behaupten –, sondern Sie sollten sich auch an­schauen, wie Landesrat Rittsteuer die Widerstände gegen diesen Nationalpark umkehren konnte, wie er auf die Bevölkerung eingegangen ist und wie letztlich dann alle von diesem Nationalpark begeistert waren. Das Nationalparkgesetz war schluss­endlich nur mehr reine Formsache.

Das ist ein praktischer Umweltschutz, so wie er sein sollte, von der Bevölkerung mitgetragen, und nicht einer, der gegen die Menschen gerichtet ist. Aber diesen Weg gehen wir von der ÖVP ja in sehr vielen anderen Bereichen auch.

Es ist uns natürlich eine doppelte Genugtuung, wenn unsere Art der Politik ein so gutes Ergebnis bringt, wie eben dieser Bericht zeigt. Dieser Bericht zeigt aber auch, dass wir Schwarzen schon immer die besseren Grünen waren. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Schon zu einer Zeit, wo es sie noch gar nicht gegeben hat, waren wir Schwarzen die besseren Grünen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Regler: So ist es!)

Ich möchte mich aber auch bei den Beamtinnen und Beamten des Rechnungshofes für diesen positiven Bericht bedanken und Ihnen, Herr Präsident, noch einmal alles erdenklich Gute wünschen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lentsch reicht dem auf der Regierungsbank sitzenden Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler die Hand.)

13.37

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 99

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.38

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident! Herr Staatssekretär! Kollegin Lentsch, Sie sagen, Sie waren schon immer die besseren Grünen. – Man kann vielleicht sagen, dass die ÖVP noch sehr grün hinter den Ohren ist, was Umweltschutz betrifft. Das ist das Einzige, was mir zu grün und ÖVP einfällt. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Rechnungshofpräsident! Ich hatte oft den Eindruck, dass Ihre Prüfberichte und all Ihre Verbesserungsvorschläge im konkreten Teil der Verwaltung, die Sie überprüft haben, durchaus zu Verbesserungen geführt haben und dass Ihre Kritik auf frucht­baren Boden gefallen ist. Genauso oft hatte ich auch den Eindruck, dass Ihre Kritik, die oft auch sehr grundsätzlich und sehr allgemein war, auf wesentlich größere Teile der Verwaltung anzuwenden gewesen wäre, was aber nicht passiert ist.

Ein Beispiel: Sie haben öfters die Österreichische Galerie Belvedere überprüft und dort wesentliche Mängel festgestellt und auch kritisiert: mangelnde Vorbereitung auf die Ausgliederung, unvollständige oder falsche Inventarlisten, Gehaltssprünge, die nicht klar erklärbar waren, oder auch mangelnde Sicherheitsvorkehrungen. Sie haben im Ausschuss auch selbst gesagt, dass diese Kritik wahrscheinlich auch auf andere ausgegliederte Museen anzuwenden ist, dass viele der Kritikpunkte wahrscheinlich auch auf andere Bereiche zutreffen. Am Ende der oftmaligen Prüfungen war vielleicht die Österreichische Galerie Belvedere fast schon musterhaft im Vergleich zu allen anderen ausgegliederten Museen.

Ministerin Gehrer hat leider auf diese allgemeine Kritik, die auch auf andere Bereiche – Ihrer damaligen Meinung nach – Anwendung hätte finden können, nicht reagiert. Wie wichtig ein unverkrampfter Umgang gewesen wäre, zeigt sich auch auf Grund der schon fast täglichen Enthüllungen im Bereich des Kunsthistorischen Museums – wie wichtig es gewesen wäre, diese Anregungen, die Sie gegeben haben, nicht nur auf den einen speziell zu überprüfenden Bereich der Verwaltung, sondern auf größere Felder anzuwenden.

Herr Rechnungshofpräsident, Sie haben uns oft eine Freude gemacht, weil Sie die Regierung kritisiert oder die Regierungspropaganda als Propaganda entlarvt haben. Sie haben uns manchmal auch weniger Freude gemacht, wenn Sie die Regierung gelobt haben, aber Sie haben im Wesentlichen Ihren neutralen Standpunkt nie verlassen. Dafür gebühren Ihnen und natürlich auch Ihren Mitarbeitern im Rech­nungshof Dank und Anerkennung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

13.40

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.40

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof prüfte die LAWOG, die Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft für Ober­österreich, über den Zeitraum von Mai 2000 bis Juni 2003. Die LAWOG ist eine Genossenschaft mit beschränkter Haftung. Das Land ist mit 46,27 Prozent beteiligt, und der Bund ist über die WohnungsanlagengesmbH, die zu 100 Prozent dem Bund gehört, und über die Finanzlandesdirektion mit je einem Geschäftsanteil beteiligt. Der Rechnungshofbericht bescheinigt der LAWOG eigentlich im Großen und Ganzen eine sehr gute Arbeit.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 100

Direktor Frank Schneider berichtete im Ausschuss, dass die Anregungen des Rech­nungshofes bereits größtmöglich umgesetzt wurden. Der Personalstand hat sich in diesen Zeitraum um 4,5 Vollbeschäftigte reduziert. Die LAWOG unterliegt seit 1. Jänner 2004 dem Bundesvergabegesetz, somit wird generell mit öffentlichen Aus­schreibungen gearbeitet. Die LAWOG hat in Oberösterreich bereits mehr als 100 Kom­munalbauten positiv abgewickelt. Als Beispiel darf ich hier das SENIORium, ein Seniorenheim in Bad Kreuzen, erwähnen. Prüfberichte in dieser Form sind keine Selbstverständlichkeit. Dieses Beispiel unterstreicht aber auch, dass die Wohnbau­gesellschaften mit den öffentlichen Mitteln der Wohnbauförderung sorgsam umgehen.

Herr Präsident Dr. Fiedler, da das heute Ihre letzte Plenumssitzung ist, darf ich einfach an dieser Stelle sagen: Herzlichen Dank! Ich wünsche Ihnen für die Zukunft alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen! (Beifall bei der ÖVP.)

13.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.42

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Österreich hat sich vor 21 Jahren verpflichtet, der RAMSAR-Konvention zu entsprechen. In diesem Zeitraum wurden bis jetzt elf Schutzgebiete ausgewiesen. Ich denke, das ist eine gute Bilanz, aber das darf noch nicht das Ende sein. Es gibt noch viele wichtige Gebiete, die darauf warten, den RAMSAR-Schutz zu genießen, in diesen aufgenommen zu werden.

Ich denke, dass das bedeutendste RAMSAR-Schutzgebiet Österreichs zumindest aus burgenländischer Sicht das Äckersystem Neusiedler See ist. Der Bericht findet ja auch sehr viel Lob für dieses Gebiet. Ich denke, dass dieses Lob durchaus auch als Anerkennung für die Bemühungen des burgenländischen Landeshauptmannes, der burgenländischen Landesregierung zu sehen ist, aber auch als Anerkennung für die Arbeit der Nationalparkgesellschaft. Daher möchte ich an dieser Stelle Dank an alle Mitarbeiter dieser Gesellschaft richten, Dank für die wirklich ausgezeichnete Arbeit, die da geleistet wird, und Dank für das unermüdliche Bemühen, Natur und Kulturlandschaft zu erhalten.

Ich möchte auf noch einen Punkt hinweisen, nämlich den Wasserhaushalt des Neusiedler Sees, der sehr vielschichtig in Diskussion steht, und ich denke, dass die Diskussionen dazu noch keinesfalls abgeschlossen sind. Daher ist es doch etwas verwunderlich, dass das zuständige Regierungsmitglied mit der Donau-Variante eine Entscheidung präsentiert, auch einen Zeitpunkt für die Umsetzung.

Meine Damen und Herren! Bei allem Verständnis für die Wünsche des Tourismus, ich denke, dass in dieser Frage jedenfalls die ökologischen Überlegungen allen anderen überzuordnen sind und eine endgültige Entscheidung erst auf Grund der Ergebnisse einer UVP zu treffen ist.

Ich darf mich auch kurz an den Herrn Präsidenten des Rechnungshofes wenden. All die Ausführungen der Vorredner sind ja nur zu unterstreichen. Herr Präsident, Sie haben mit Ihrer objektiven, sachlichen und konsequenten Arbeit unsere politische Arbeit im Parlament bestens unterstützt. Ich darf Ihnen dafür recht herzlich danken und für die Zukunft alles Gute wünschen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.45

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 101

13.45

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen der heutigen Debatte erlaube ich mir, noch einmal auf die Zusam­menführung der Förderinstrumente von vier Ministerien im Rahmen der AWS einzu­gehen, weil ich meine, dass die nach der letzten Sitzung noch weitergeführte Debatte nicht wirklich förderlich war. Dies erkennt man vor allem dann, wenn man die Notwendigkeiten und Wertigkeiten dieser Einrichtung im Hinblick auf die Wirkung bei den Klein- und Mittelbetrieben in Rechnung stellt, vor allem im Hinblick auch auf Basel II, das in der klein- und mittelständischen Wirtschaft besondere Sicherheits­erfordernisse mit sich bringt, auch im Hinblick auf Beteiligungsfinanzierung und die Verbesserung der Bonitäten, die dringend notwendig sind und, wie ich meine, dieses AWS-Instrumentarium für parteipolitische Polemik absolut ungeeignet erscheinen lassen, weil man damit der Wirtschaft schadet, die Mitarbeiter demotiviert und vor allem den Wirtschaftsstandort schlechtredet, dies umso mehr, als auch nachhaltige Erfolge in dieser Zusammenführung zu sehen sind, im Hinblick auf die Tatsache, dass bei den KMU das Fördervolumen um 6,5 Prozent gesteigert werden konnte, dass sich die Bearbeitungszeiten wesentlich effizienter gestaltet haben und gesenkt werden konnten, dass beispielsweise bei der Jungunternehmerförderung eine Halbierung der Fristen zu verzeichnen ist und das Fördervolumen insgesamt um 12 Prozent zuge­nommen hat. Daher, meine Damen und Herren von der Opposition, Kritik ja, Polemik nein – ein Grundsatz, dem sich unter Präsident Fiedler auch der Rechnungshof sehr deutlich verschrieben hat.

Als letzter Redner meiner Fraktion möchte ich es daher nicht verabsäumen, an Sie, Herr Präsident Dr. Fiedler, ein paar anerkennende Worte zu richten, und unter­streichen, dass Ihre Amtsführung durch Kompetenz und Durchsetzungsvermögen, gepaart mit Routine und Ihrer persönlichen Eloquenz, ausgezeichnet war. Über dem Ganzen standen allerdings das strenge Postulat der Wirtschaftlichkeit, unter das Sie die Kontrolle immer gestellt haben, der ökonomische Umgang mit den Ressourcen und der verantwortungsbewusste Einsatz von Mitteln im Hinblick auf die geforderte Nach­haltigkeit. Diese Sparsamkeit in der öffentlichen Wirtschaft und Verwaltung, die Sie immer gefordert haben, haben Sie ja auch eindrucksvoll gelebt, in einem überaus sparsamen Einsatz von Gestik und Mimik, der von manchen sogar als Mangel an Humor hätte interpretiert werden können. Dazu vielleicht noch die Ergänzung, dass Sie sich mit diesem subtilen Repertoire die öffentliche Wertschätzung erworben haben und vor allem mit Ihrer Äquidistanz zu den politischen Parteien auch nachhaltig die Wertschätzung der politischen Kräfte hier im Hohen Haus.

Persönlich möchte ich Ihnen alles erdenklich Gute und viel Wohlergehen wünschen, viel Freude auch an Ihrer Arbeit im Österreich-Konvent, bei dieser verant­wortungs­vollen Tätigkeit, die Sie in den nächsten Wochen und Monaten sicherlich auch sehr entscheidend fordern wird. Auf Grund der jugendlichen Frische, mit der Sie da vor uns sitzen, erlaube ich mir zu sagen: Noch lange keine Pension, weil ich es mit vielen in diesem Lande halte, die sich wünschen, dass Sie noch weiter arbeiten mit Freude und Begeisterung im Interesse der Menschen dieses Landes und zum Wohle unserer Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

13.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


13.50

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Ich denke, es wäre auch schön gewesen, den Dank und die Anerkennung an


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unseren Präsidenten Dr. Fiedler durch Anwesenheit zu unterstützen. Leider richte ich das jetzt, wenn ich es zu Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten sage, an die falsche Adresse.

Auch der heute zu behandelnde Bericht des Rechnungshofes zeigt, dass die Ver­fehlungen dieser Regierung offenbar System haben, Verfehlungen insbesondere bei den Kosten, für die die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufkommen müssen. Die Gründung der Immobilienmanagementgesellschaft ist ein Beispiel dafür, wie leichtfertig diese Regierung mit Steuergeld umgeht, nur um dem Prinzip Ausgliedern bezie­hungsweise Privatisieren um jeden Preis zu entsprechen. Die Betonung liegt dabei auf dem Passus „um jeden Preis“. So waren zum Beispiel die Aufwendungen für externe Berater auffallend hoch. Die Ursache dafür lag nach Ansicht des Rechnungshofes in der mangelhaften Vorbereitung der Ausgliederung. Die Verträge der Geschäftsführer entsprachen nicht vollständig der Vertragsschablonenverordnung. – Diese Liste ließe sich beliebig fortführen.

Zu den Verträgen der Geschäftsführer: Diese Thematik wurde auffallend oft vom Rech­nungshof kritisiert – zu Recht, wie sich immer wieder herausstellte. Wie reagiert zum Beispiel das Wirtschaftsministerium auf die Kritik, dass offenbar gesetzwidrige Verträge geschlossen wurden? – Anstatt die von der Bundesregierung beschlossene Vertrags­schablonenverordnung zu novellieren, werden Umgehungshandlungen gesetzt, meinte Präsident Fiedler in der letzten Rechnungshofausschusssitzung. Daraus erkennen Sie, meine Damen und Herren, die Einstellung zum Thema „Gesetzeskonformität“, eine Einstellung, die bedenklich ist. Wo es nicht passt, richtet man es sich halt und lässt sich die Vorgehensweise durch externe Berater gegen teures Geld bestätigen.

Es ist daher dem Rechnungshof, ganz besonders Ihnen, Herr Präsident Dr. Fiedler, ebenso Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu danken, dass Sie in objektiver Form Licht in diese diffusen Konstruktionen von Ausgliederungen brachten.

Die SPÖ nimmt als Interessenvertreterin der österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler den vorliegenden Bericht nicht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

13.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.53

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätz­ter Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Fiedler! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Hohes Haus! Zuallererst möchte auch ich mich bei den Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes für die ausgezeichnete, gewis­senhafte und vorbildliche Arbeit bedanken, die im Hintergrund dieses umfassenden gegenständlichen Berichtes geleistet wurde.

Ich zolle – und das gebe ich gerne zu – als relativ junger Abgeordneter dem Rech­nungshof, seinem Präsidenten und den im Rechnungshof Beschäftigen großen Respekt, insbesondere weil ich in der kurzen Zeit meiner Tätigkeit im Rechnungs­hofausschuss Herrn Präsidenten Dr. Fiedler als personifizierte Genauigkeit und Unab­hängigkeit kennen lernen durfte. Ihre messescharfen Feststellungen und präzisen Formulierungen, Herr Präsident, haben mich schwer beeindruckt und geprägt. Herr Präsident Fiedler! Ich danke Ihnen für Ihre unverzichtbare Arbeit, die zu wichtiger Transparenz und Kontrolle innerstaatlicher Vorgänge beiträgt, und wünsche Ihnen für die Zukunft alles erdenklich Gute. (Beifall bei der SPÖ.)

In der Sache selber möchte ich nur am Beispiel des Arzneimittelwesens den Beweis für die Wichtigkeit des Rechnungshofes und die Arbeit seiner Prüfer erbringen. Der


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Rechnungshof zeigt beispielsweise auf, dass das BMSG im Jahr 2000 die Gebüh­rentarife für Anträge auf Zulassung von Arzneimitteln ohne ausreichende Bedacht­nahme auf die gesetzlich angeordnete Kostendeckung festlegte. Daraus ergab sich nach einer Schätzung des Rechnungshofes eine Unterdeckung der Kosten in einer Bandbreite von 10 bis 15 Millionen € – sicher keine Glanzleistung des zuständigen Ministeriums.

Der Rechnungshof zeigt weiters auf, dass vom BMSG keine wirksame Vorsorge für die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Inspektions- und Über­wachungsaufgaben bei der Herstellung und beim Vertrieb von Medizinprodukten getroffen wurde. Wichtige Kostenfaktoren der Arzneimittelpreise waren die Groß­handels- und Apothekenspannen. Die höchst zulässigen Aufschläge wurden vom Ministerium im Wege von Verordnungen festgelegt. Sogar der Hauptverband der Sozialversicherungsträger stellte daraufhin ein Gesamteinsparungspotenzial von rund 100 Millionen € fest.

Meine Damen und Herren! Beispiele genug, um dem Rechnungshof und seinem Präsidenten für die Anregungen und Vorschläge zu danken. Besonders wichtig wäre es natürlich auch, diese Anregungen und Vorschläge umzusetzen, und da hat diese Regierung genug zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

13.55

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.55

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Präsident des Rechnungshofes! Dem Lob meiner Vorredner für Sie und Ihre hervorragenden Mitarbeiter etwas draufsetzen zu wollen, wäre schon kitschig, und Kitsch ist bekanntlich nicht Ihre Sache, sondern Sie sind, wie Kollege Kogler richtig gesagt hat, ein Mann der feinen Klinge. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das kann man von dir nicht behaupten!) Das sieht man etwa daran, wie Sie die Freunderlwirtschaft dieser schwarz-blauen Regierung im zu diskutierenden Bericht beschreiben, und zwar mit den Worten: „Die Immobilienmanagementgesellschaft wendete 2001 1,46 Mill EUR ohne Umsatzsteuer für externe Berater auf. Ein Großteil dieser Summe (1,12 Mill EUR) entfiel auf ein Unternehmen“. – Freunderlwirtschaft.

Oder: Das sieht man auch daran, wie elegant Sie die Husch-Pfusch-Gesetzgebung, wie ich meine, dieser schwarz-blauen Regierung umschreiben, wenn Sie zum Beispiel ausführen: „Die Aufwendungen für externe Berater waren auffallend hoch. Die Ursache dafür lag nach Ansicht des RH in der mangelhaften Vorbereitung der Ausgliederung der Immobilienmanagementgesellschaft.“ – Also so elegant kann man die Dinge umschreiben.

Herr Präsident! Ich verspreche, ich werde versuchen, auch die Anregung vom Kollegen Scheuch aufzunehmen, und mich zukünftig dieser eleganten Umschreibungen für die Husch-Pfusch-Gesetzgebung und Freunderlwirtschaft dieser Regierung bedienen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Geh, geh, du verlierst sogar beim Rechnungs­hofpräsi­denten!)

Meine Herrschaften! Aber ich vernehme mit Freude die salbungsvollen Worte der Sprecher der Regierungsfraktionen, was die Qualität des Nachfolgers des Herrn Rechnungshofpräsidenten betrifft, und ich bin sehr gespannt, ob es bei diesen salbungsvollen Worten im Sinne leerer Worthülsen bleiben wird oder ob Sie wirklich ernsthaft an einer Qualität nach den Maßstäben des Herrn Präsidenten Fiedler interessiert sind. Die Geschichte hat Ihnen ein Vorbild gegeben.


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Bruno Kreisky hatte bekanntlich die absolute Mehrheit, als er damals der Opposition, und zwar der damals wie heute nahe dem parlamentarischen Existenzminimum herumkrebsenden FPÖ, Broesigke als Rechnungshofpräsidenten ermöglichte. Ich bin neugierig – und daran wird man auch das Demokratieverständnis der Regierung messen können –, wie Sie sich in den nächsten Wochen bei der Wahl des neuen Präsidenten des Rechnungshofes verhalten werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.58

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.58

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Wir haben gehört: Beratungskosten von zirka eineinhalb Millionen €. Das Hauptergebnis dieser Beratung war die Erkenntnis, dass mangels kaufmännischem Personal nicht jene Wirtschaftlichkeit erreicht werden konnte, wie man es sich für ein Unternehmen vorstellt.

Man muss sich vorstellen, man gründet ein Unternehmen und stellt dann nach Inves­titionen in Millionenhöhe in vier Jahren fest, worauf die Misswirtschaft zurückzuführen ist: nämlich auf zu wenig kaufmännisches Personal. Die Geschäftsführung kommt dann zur Erkenntnis, kaufmännisches Personal in Zukunft einstellen und vorhandenes speziell schulen zu wollen.

Meine Damen und Herren! Ich darf anmerken, dass diese Gesellschaft über einen Fundus von profunden Handwerkern verfügt hat, von Leuten, die sich infolge Aus­bildung in der Arbeit professionell hervorgetan hatten. Man hat diesen Menschen aber nicht die Möglichkeit gegeben, ihr Wissen einzubringen. Man hat auf der einen Seite durch Personalabbau versucht, augenscheinlich Wirtschaftlichkeit zu erreichen, womit man letztlich auch nicht erfolgreich gewesen ist. Aber man hat vor allem eines getan: Statt die vorhandenen Kapazitäten zu nutzen, hat man fremde Unternehmungen mit Reparaturarbeiten beauftragt. Installations-, Maler-, Fliesenleger- und Maurerarbeiten wurden extern vergeben. Die echten Professionisten in diesem Unternehmen mussten zuschauen oder den Tag entsprechend anders verbringen, was sich letztlich so niedergeschlagen hat, dass die Personalkosten die Einnahmen dieses Unternehmens nach wie vor überstiegen. Der Rechnungshof kommt zu der Ansicht, dass sich bis 2006 dort nichts ändern wird.

Meine Damen und Herren! Da sollte man Anregungen des Rechnungshofes ernst nehmen, der Sache auf den Grund gehen und dieses Problem so beseitigen, dass nicht Personalabbau die Wirtschaftsmaßnahme ist, sondern die Ausnützung der vorhandenen Ressourcen, der guten Mitarbeiter, deren Ausbildung diese Republik mitgetragen hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte zum scheidenden Herrn Präsidenten sagen: Respekt und Anerkennung Ihnen, Herr Präsident, und Ihrer Mannschaft für die in den letzten zwölf Jahren geleistete Arbeit! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prähauser begibt sich zur Regierungsbank und reicht Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler die Hand.)

14.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


14.00

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Franz Fiedler, ich möchte Ihnen ein bisschen Kräuterlikör schenken. – Das ist Medizin für die


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Magennerven. Wenn man zwölf Jahre lang als oberster Controller der Republik den verschiedensten Regierungen gegenübersitzt, dann ist das schon eine gewisse Belastung – auch der Magennerven. (Abg. Neudeck: Die ersten acht Jahre waren die härtesten!) Nervenstärke werden Sie ja auch noch im Rahmen des Konvents brauchen, und insofern bleiben Sie ja der res publica noch einige Zeit erhalten. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn begibt sich zu Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler und reicht diesem die Hand.)

Sehr geehrter Herr Präsident Fiedler, es geht eine Amtszeit zu Ende – besser gesagt: eine Ära Dr. Franz Fiedler. Sie können wirklich stolz auf Ihre Leistungen sein! Wie sehr diese auch international anerkannt werden, habe ich erst kürzlich bei einer großen Tagung der INTOSAI – das ist die internationale Vereinigung der obersten Rech­nungskontrollbehörden – bemerkt. Man hatte auch dort allergrößten Respekt Ihnen gegenüber, und es waren Damen und Herren aus vielen Ländern dort: von Australien über afrikanische Staaten bis Kanada.

Sehr geehrter Herr Präsident Fiedler, es bedauern sowohl national alle Fraktionen und die Bevölkerung der Republik als auch die Repräsentanten aus aller Welt, dass Sie aus Verfassungsgründen dieses Amt verlassen müssen. Wir von der Sozialdemokratie danken Ihnen, Herr Präsident. Sie haben den Rechnungshof zu dem gemacht, was er ist – zu einer von der Regierung unabhängigen Institution.

Der Rechnungshof hat hoch kompetente Mitarbeiter und verfügt national und inter­national über höchste Reputation. – Meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien! Es liegt an Ihnen, dafür zu sorgen, dass das so bleibt.

Für Sie persönlich, Herr Dr. Fiedler, alles Gute, viel Gesundheit! Es begleiten Sie die besten Wünsche der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Kräuter überreicht Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler eine Flasche Kräuterlikör.)

14.02

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Restredezeit seiner Fraktion: 9 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


14.02

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident des Nationalrates! Herr Präsident des Rechnungshofes! Wenn in diesen Tagen die Diskussion auch öffentlich geführt wird, welches Anforderungsprofil an einen Rechnungshofpräsidenten, an eine Rechnungshofpräsidentin gestellt wird, dann lautet – ich würde sagen: das zumindest ist auch in der öffentlichen Debatte Grundkonsens – eine Reihung dieser Anforde­rungskriterien in etwa: erstens Objektivität, zweitens Unabhängigkeit, drittens Inte­grität – persönliche Integrität klarerweise – und Fachkompetenz.

Würde man das übersetzen, Herr Präsident Fiedler – du verzeihst, dass ich das jetzt etwas volkstümlich sage –, dann könnte man dieses Anforderungsprofil in der Kurzfassung auch so beschreiben: So, wie es der Fiedler gemacht hat. – Das ist ein Kompliment, lieber Herr Präsident Fiedler! (Allgemeiner Beifall.)

Ich denke, dass du auch weißt, dass diese zwölf Jahre deiner Amtsführung nicht nur die Prüftätigkeit, nicht nur die Qualität der Arbeit, sondern vor allem auch das Ansehen der Institution Rechnungshof massiv gesteigert haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist aus der Sicht des Parlaments absolut begrüßens- und bedankenswert. Es ist unsere Kontrolleinrichtung. Ich möchte auch dazusagen, dass du es in besonderer Art und Weise geschafft hast, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rech-


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nungshofes zu dieser Qualitäts-Höchstleistung zu motivieren – dies auch deshalb, weil dir, Herr Präsident, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes und auch deren dienstrechtliche Stellung immer ein besonderes Anliegen waren. (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Zur Aufklärung, warum Herr Präsident Fiedler bei dieser Passage lächelt: Ich war damals in der Bundesregierung gemeinsam mit Wolfgang Ruttenstorfer sein Visavis und bin nicht bei allen Wünschen des Präsidenten für seine Mitarbeiter automatisch in helle Begeisterung ausgebrochen, aber das ist die Arbeitsteilung, die es in der Politik manchmal gibt.

Auffällig ist – und das sei schon gesagt –, dass nach zwölfjähriger Tätigkeit Franz Fiedlers auch jene von seinen Qualitäten überzeugt sind, die vor zwölf Jahren das Gegenteil gesagt haben. Das ist ein Leistungsbeweis, der eigentlich für sich spricht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

In diesem Sinne, lieber Herr Präsident Fiedler, bedanke ich mich namens der Fraktion der Österreichischen Volkspartei hier im Nationalrat für deine Arbeit in den abge­laufenen zwölf Jahren. Man muss nicht immer einer Meinung sein und kann trotzdem die Arbeit als hoch qualitativ und für die Republik Österreich unverzichtbar werten.

In diesem Sinne: Danke! – Es ist ja nicht dein endgültiger Abschied; der Konvent wartet weiter auf deine Arbeitsleistung. Danke und alles Gute! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Molterer begibt sich zur Regierungsbank und reicht Rechnungshofpräsidenten Dr. Fiedler die Hand.)

14.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr der Präsident des Rech­nungshofes Dr. Fiedler. – Bitte.

 


14.06

Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es wäre unehrlich, würde ich nicht klar zum Ausdruck bringen, dass ich mich über die anerkennenden Worte für den Rechnungshof und auch für mich sehr gefreut habe. Ich darf meinen Dank dafür aussprechen.

Ganz besonders darf ich meinen Dank dafür aussprechen, dass von Ihrer Seite, und zwar von allen Fraktionen hier im Hause, auch der Mitarbeiter des Rechnungshofes gedacht wurde und dass man die Arbeit der Bediensteten des Rechnungshofes von Ihrer Seite aus in solchem Maße gewürdigt hat.

Ich möchte unterstreichen, was ich bereits in der Vergangenheit immer wieder betont habe: Der Rechnungshof besteht nicht nur aus dem Präsidenten, sondern – so, wie es in der Verfassung verankert ist – aus dem Präsidenten, den Beamten und den Hilfs­kräften. Ich glaube, es gibt sonst keine Einrichtung in dieser Republik, für die in der Bundesverfassung festgehalten ist, dass die Mitarbeiter eine zentrale Rolle bei der Erfüllung der Aufgaben einer solch wichtigen Einrichtung, wie es der Rechnungshof ist, haben.

Ich freue mich daher ganz besonders, dass Sie – so wie ich – der Meinung sind, es gebührt der Dank vorrangig den Bediensteten, die die Arbeit für den Rechnungshof ja vornehmlich verrichten, die die Prüfungen durchführen und dann die Berichte schreiben und die Ihnen auch noch – und das kam ja von Ihrer Seite auch mehrfach zum Ausdruck – unterstützend zur Seite stehen, wenn Sie nähere Informationen wollen, wenn Sie die Beratungsleistungen des Rechnungshofes in Anspruch nehmen wollen.


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Ich würde mir natürlich wünschen, dass dieser Dank, der den Mitarbeitern des Rechnungshofes ausgesprochen wird, nicht nur hier verbal verhallt, sondern auch anderswo und in anderer Form seinen Niederschlag findet. Herr Klubobmann Molterer hat bereits ein Stichwort ausgesprochen: Rechnungshof-Dienstgesetz – ein Anliegen des Rechnungshofes und, ich verhehle es nicht, auch ein besonderes Anliegen von mir.

Ich glaube, die Mitarbeiter des Rechnungshofes haben es sich verdient, dass ihre dienstrechtliche Stellung in einem besonderen Gesetz Anerkennung und Würdigung erfährt, wie es ihrer Qualität und ihrem Engagement entspricht. – Diese Bitte möchte ich noch aussprechen. (Allgemeiner Beifall.)

Hohes Haus! Die zwölf Jahre, für die ich in dieses Amt gewählt wurde, gehen in wenigen Tagen ihrem Ende entgegen. Diese zwölf Jahre waren nicht nur für den Rech­nungshof, sondern für die Republik insgesamt, aber eben auch für den Rechnungshof, eine Zeit des Umbruchs, eine Zeit der Veränderung. Ich darf nur schlagwortartig einige Beispiele hiefür anführen:

Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union im Jahre 1995 hat auch für den Rechnungshof eine Vermehrung seiner Aufgaben mit sich gebracht – eine Vermehrung insoweit, als der Rechnungshof seither die widmungsgemäße Verwendung jener Gelder, die uns von Brüssel national zugewiesen werden, prüft, und zwar – sogar überwiegend – im Zusammenwirken mit dem Europäischen Rechnungshof. Ich glaube sagen zu können, dass wir auch insoweit der österreichischen Verwaltung ein recht gutes Zeugnis ausstellen können.

Der Rechnungshof hat das Seine dazu beigetragen – das glaube ich auch sagen zu können –, dass die widmungsgemäße Verwendung dieser Mittel sichergestellt ist und dass Österreich nicht – oder nicht so ohne Weiteres – Gefahr läuft, Anlastungen hinnehmen zu müssen; denn das wäre fatal. Ich habe auch im persönlichen Umgang mit den Mitgliedern des Europäischen Rechnungshofes immer wieder erfahren, dass Österreich von der Europäischen Union insoweit ein durchaus gutes Zeugnis ausgestellt wird.

Die internationale Tätigkeit des Rechnungshofes hat in den letzten zwölf Jahren über­haupt einen deutlichen Aufschwung genommen, vor allem deshalb, weil in unserer unmittelbaren Nachbarschaft in den Reformstaaten Rechnungshöfe zum Teil ja überhaupt erst geschaffen werden mussten.

Diese neu geschaffenen Rechnungshöfe haben sehr bald den Kontakt zum österreichi­schen Rechnungshof gesucht, weil er, gerade was den internationalen Bereich anlangt und den Erfahrungsschatz insoweit betrifft, auf eine gute Reputation verweisen konnte.

Es wurde von Herrn Abgeordneten Kräuter angesprochen, dass der Rechnungshof das Generalsekretariat der Internationalen Organisation der Obersten Rechnungskontroll­behörden in Wien leitet. Man hat von Seiten der neu geschaffenen Rechnungshöfe sehr gerne die von uns ausgestreckte Hand genommen und uns um Rat gefragt. – Wie soll ein Rechnungshof aufgebaut werden – einer, der diesen Namen verdient, der unabhängig ist und der auch Mittel zur Verfügung hat, um entsprechende Kontrollen vornehmen zu können?

Man hat uns gefragt, wie ein Rechnungshofgesetz beschaffen sein soll. Ich darf an dieser Stelle anmerken: Angesichts dessen, wie die diversen Rechnungshofgesetze in manchen Nachbarstaaten dann letztlich umgesetzt wurden, waren wir mit unseren Empfehlungen erfolgreicher, als wir es im Inland mit unseren Anregungen waren.


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Hier kann aber vielleicht die Zukunft noch Verbesserungen bringen, und man kann vielleicht noch das eine oder andere, was sich der Rechnungshof wünscht, auch im Inland umsetzen.

Ich freue mich ganz besonders, dass es gerade im Bereich der internationalen Zusammenarbeit vor wenigen Monaten gelungen ist, mit Ungarn gemeinsam einen Bericht zu erstellen, der die Prüfung der Umweltschutzmaßnahmen im Bereich des Neusiedler Sees zum Gegenstand hat. Ich betrachte dies wirklich als Krönung der bilateralen Zusammenarbeit mit dem ungarischen Staatsrechnungshof.

Ein weiteres Moment, das der Rechnungshof in die Innenpolitik eingebracht hat, war die stärkere Befassung mit den Gesetzentwürfen im Rahmen des Begutachtungs­verfahrens.

An sich war diese Befassung des Rechnungshofes seit dem Jahre 1981 auf Grund einer Entschließung des Nationalrates ja schon vorgesehen, aber es hat sich in den vergangenen zwölf Jahren gezeigt, dass die Möglichkeit des Rechnungshofes, noch im Vorfeld der Gesetzwerdung Einfluss zu nehmen, so stark vom Nationalrat ange­nommen wurde, dass sich klarerweise damit auch eine Motivation für die Mitarbeiter im Rechnungshof ergeben hat, sich insoweit verstärkt einzubringen.

Ich glaube, sagen zu können, dass die Stellungnahmen des Rechnungshofes im Begut­achtungsverfahren vom Nationalrat – von den einzelnen Fraktionen im Nationalrat – immer sehr dankend aufgenommen wurden.

Ein weiterer Bereich, der vor zwölf Jahren für eine Kontrollinstanz noch nicht denselben Stellenwert wie heute hatte, ist der Umweltschutz. Ich war eigentlich vom ersten Tag meiner Präsidentschaft an der Ansicht, der Rechnungshof müsse sich viel stärker, als dies in der Vergangenheit geschehen ist, um den Umweltschutz verdient machen. Er muss sich da viel stärker einbringen, und er muss die Umweltschutz­maßnahmen, sei es auf Bundesebene, sei es auf Landesebene, verstärkt prüfen.

Ich kann mich erinnern, dass Mitte der neunziger Jahre noch ein gewisses Unver­ständnis darüber bestanden hat, warum der Rechnungshof Umweltschutzmaßnahmen prüft. Es wurde uns sogar vorgeworfen, es handle sich dabei eigentlich nicht um Gebarung im eigentlichen Sinne.

Ich habe dann darauf verwiesen, dass es zwar richtig ist, dass man im ersten Moment einer solchen Prüfung noch keine gesicherten Feststellungen in Richtung Quantifizie­rung treffen kann, dass aber sehr wohl einsichtig ist, dass unterlassene Umwelt­schutzmaßnahmen sehr bald zu ungeahnten negativen Kostenfolgen führen können.

Das hat man dann durchaus akzeptiert, und ich danke dem Nationalrat dafür. Ich glaube, es war der Umweltausschuss, der in einem Bericht auch zum Ausdruck gebracht hat, dass der Rechnungshof im Bereiche des Umweltschutzes seine Prüfungstätigkeit weiterhin fortsetzen soll. Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet, dass Sie uns unterstützt und in der Meinung bestärkt haben, dass wir auch diesen Bereich in der Zukunft weiter prüfen sollen. (Allgemeiner Beifall.)

Ein weiteres Tätigkeitsfeld ist dem Rechnungshof durch eine Novelle im Jahre 1994 zugewachsen, und zwar umfasste diese Novelle die Prüfungszuständigkeit des Rech­nungshofes über die gesetzlichen beruflichen Vertretungen – eine Neuerung, die auf beiden Seiten, sowohl auf Seiten der Kontrollore als auch auf Seiten der Kontrollierten, nicht ganz unumstritten war.

Ich glaube aber, sagen zu können, dass sich die Prüfungsverfahren diesbezüglich eingespielt haben. Es mag Verbesserungsmöglichkeiten geben, und sofern uns dies angebracht erscheint, werden wir zu gegebener Zeit auch noch dafür Vorschläge


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erarbeiten können. Der Konvent, der noch tagt, sollte uns diesbezüglich ein geeignetes Forum bieten.

Der Rechnungshof hat auch im Zusammenhang mit dem Bezügebegrenzungsgesetz neue Kompetenzen bekommen und hat sich klarerweise auch diesen neuen Aufgabengebieten gestellt, ohne dass, das muss ich auch hinzufügen, eine personelle Vermehrung beim Rechnungshof zu verzeichnen war. Der Mitarbeiterstand ist gleich geblieben.

Ich darf aber insgesamt dem Nationalrat dafür danken, dass bei all diesen Neuerun­gen, die auf den Rechnungshof zugekommen sind, niemals vergessen wurde, dass auch die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen sind. Ich darf dem Nationalrat und wirklich allen Fraktionen dafür danken, dass wir immer jenes Budget bekommen haben, das wir uns gewünscht haben. – Dafür recht herzlichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

Ich darf auch hinzufügen, dass der Rechnungshof nie – in keinem Jahr! – sein Budget voll ausgeschöpft hat, sondern dass wir immer unterhalb der Obergrenze des Budgets geblieben sind. Ich glaube, auch sagen zu können, dass wir damit ein Vorbild für andere Ressorts waren.

Wenn ich noch einen Wunsch äußern darf, dann darf ich ersuchen, dass man auch bei den kommenden Budgetverhandlungen – sie werden ja vermutlich im August über die Bühne gehen – von Seiten der Regierungsverantwortlichen und auch von Seiten des Nationalrates dem Rechnungshof eine budgetäre Vorsorge in einer Weise angedeihen lässt, dass er auch in den kommenden Jahren sein Auslangen finden kann.

Die Unterstützung, die uns der Nationalrat hat angedeihen lassen, ist im Rech­nungshofausschuss selbst noch stärker zum Ausdruck gekommen. Dort wurden die Berichte des Rechnungshofes sehr ausführlich behandelt, und ich bin allen, die in diesen zwölf Jahren dem Rechnungshofausschuss angehört haben, dankbar dafür, dass sie die Berichte des Rechnungshofes so genau gelesen haben, dass sie exakte Fragen gestellt haben, dass sie mit uns in die Breite und in die Tiefe der Berichte gegangen sind und wirklich vieles aus diesen Berichten herausgeholt haben. – Es ist anerkennenswert, dass Sie sich dieser Aufgabe unterzogen haben. Wir wissen dies von Seiten des Rechnungshofes zu schätzen und danken Ihnen dafür.

Der Dank gilt in erster Linie den verschiedenen Vorsitzenden der Fraktionen im Rech­nungshofausschuss, den Obmännern des Rechnungshofausschusses, die ich dort erlebt habe, aber letztlich, wie ich bereits gesagt habe, auch allen Abgeordneten, jedem einzelnen Abgeordneten im Rechnungshofausschuss, der sich dort für die öffentliche Finanzkontrolle verdient gemacht hat.

Ich glaube, auch sagen zu können, dass durch die enge Zusammenarbeit, ins­besondere im Rechnungshofausschuss, zwischen den Abgeordneten des National­rates und dem Rechnungshof eine Vertrauensbasis geschaffen wurde, die sehr bald dazu geführt hat, dass man von Seiten des Nationalrates in seiner Gesamtheit, aber auch von Seiten verschiedener Fraktionen an den Rechnungshof herangetreten ist und ihm Prüfungsaufträge erteilt hat.

Wir sind diesen Prüfungsaufträgen, so wie uns dies die Verfassung vorschreibt, gerne nachgekommen. Ich hoffe auch, dass wir bei den verschiedenen Abgeordneten, bei den verschiedenen Fraktionen, die uns diese Aufträge haben zukommen lassen, die entsprechende Befriedigung über unsere Arbeit hervorrufen konnten.

Hohes Haus! Es war heute verständlicherweise auf Grund der zu behandelnden Materie sehr viel von Kontrolle die Rede. Natürlich habe ich als Präsident des Rech­nungshofes zu unterstreichen, dass Kontrolle überaus wichtig ist. Ich möchte aber nicht


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verhehlen – und das sollte man auch betonen –, dass Kontrolle nicht Selbstzweck ist. Kontrolle ist immer nur Mittel zum Zweck, und im konkreten Fall, wie sie der Rechnungshof ausübt, Mittel zu einer besseren und effizienteren Führung der Verwaltung in diesem Staat.

Hiezu einen Beitrag zu leisten sind alle aufgerufen, nicht nur der Rechnungshof selbst, sondern auch der Nationalrat, der das Budget zu beschließen hat, die Regierung, die das Budget zu verwalten hat, die die entsprechenden Verfügungen auf Grund der budgetären Vorgaben vorzunehmen hat, und letztlich der Rechnungshof, der dann zu überprüfen hat, ob von der Regierung die vom Nationalrat erteilten Vorgaben auch in budgetärer Hinsicht eingehalten wurden.

Hier besteht ein Zusammenspiel auf verschiedenen Ebenen; hier hat jeder seinen Beitrag zu leisten, und zwar nicht im Eigeninteresse, sondern im Interesse des Steuer­zahlers. Wir haben seine Gelder verantwortungsvoll zu beschließen, zu verwalten beziehungsweise zu kontrollieren. Insgesamt trifft uns die Verantwortung dafür, dass fremde Gelder ordnungsgemäß verwendet werden.

Ich glaube, sagen zu können, dass die Zusammenarbeit in den letzten zwölf Jahren gut funktioniert hat, und ich würde mir wünschen – ich bin auch durchaus optimistisch –, dass sie auch in den nächsten zwölf Jahren gut funktioniert.

Meine zwölf Jahre sind praktisch um. Es werden zwölf Jahre für meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin beginnen, und es gibt auch für den Rechnungshof offene Fragen, was die Zukunft betrifft. Ein Beispiel, da die europäische Verfassung noch immer nicht beschlossen wurde: Wie ist der Stellenwert der öffentlichen Finanz­kontrolle in einem neuen, in einem größeren Europa? Ich halte diese Frage für ganz besonders wichtig. Aber auch: Wie ist der Stellenwert der öffentlichen Finanzkontrolle in Österreich? Damit wird sich auch noch der Österreich-Konvent zu befassen haben. Ich glaube, dass es dort noch einige Diskussionspunkte gibt, die es anzusprechen gilt.

Ich darf auch daran erinnern, dass die Entwicklung des Budgets noch nicht zum Abschluss gekommen ist, vermutlich nie zum Abschluss kommen wird, vor allem nicht, wenn es darum geht, sich mit der Frage auseinander zu setzen: Wird einmal ein ausgeglichenes Budget auf längere Sicht zu erreichen sein? Nicht nur kurzfristig, nicht nur punktuell, sondern längere Zeit hindurch. Durch die Maastricht-Vorgaben sind wir gezwungen, uns eine Budgetdisziplin zu Eigen zu machen. Wir haben in der Vergan­genheit viel erreicht – es waren aber wechselhafte Entwicklungen zu beobachten, sie sollten vielleicht etwas kontinuierlicher verlaufen. Der Rechnungshof und mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin werden in den nächsten zwölf Jahren auch darauf ein Auge zu werfen haben.

Es wird das natürlich nicht die Aufgabe des Rechnungshofes allein sein, aber im Zusammenwirken mit Ihnen als Gesetzgeber sollte es gelingen, jene Vorgaben zu erfüllen, die uns von der EU überbunden wurden und die, wie ich meine, letztlich zum Vorteil Österreichs ausschlagen.

Der Rechnungshof hat in der Vergangenheit der Regierung und dem Nationalrat seine Unterstützung auch in beratender Funktion angeboten; dies haben bereits mehrere Vorredner zum Ausdruck gebracht. Ich gehe davon aus, dass auch in der Zukunft eine solch unterstützende Tätigkeit von Seiten des Rechnungshofes entfaltet werden kann und dass von Ihrer Seite aus die Beratungstätigkeit des Rechnungshofes gesucht wird. Ich denke, das hat in der Vergangenheit durchaus zum Nutzen aller ausgeschlagen. Ich erinnere hier nur beispielsweise an die Schaffung der Gehaltspyramide von einer Kommission, der ich vorgestanden bin. Ich könnte mir vorstellen, dass auch in Zukunft Ähnliches unter Beiziehung des Rechnungshofes beziehungsweise seiner Präsidentin oder seines Präsidenten zustande kommen kann.


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Der Rechnungshof hat einen großen Fundus an Erfahrung auf Grund seiner reich­haltigen Prüfungstätigkeit, auf Grund seiner reichen Prüfungsfelder, die er zu beackern hat. Es gibt kaum einen anderen Rechnungshof in Europa – ich würde fast sagen: auf der Welt –, der ein solch großes Prüfungsgebiet überbunden und überantwortet bekommen hat. Natürlich ergeben sich daraus Möglichkeiten, die dabei geschöpften Erfahrungen auch außerhalb der eigentlichen Prüfungstätigkeit für den Nationalrat, für den Gesetzgeber nutzbar zu machen.

Das gedeihliche Zusammenwirken zwischen Nationalrat und Rechnungshof ist in der Vergangenheit allen zugute gekommen, dem Rechnungshof, weil damit seine Empfeh­lungen umgesetzt werden konnten, dem Nationalrat, weil er Informationen bekommen hat, die er sonst nie hätte bekommen können. Ich glaube, sagen zu können, dass wir idealtypisch waren und dass wir uns alle freuen können, dass sie so gut funktioniert hat.

Ich erwarte mir eine Fortsetzung dieser Kooperation in der Zukunft und bin durchaus hoffnungsfroh, dass dies geschehen kann.

Ganz zum Schluss darf ich noch gleichzeitig mit dem Dank, den ich Ihnen für die gute Zusammenarbeit ausspreche, an Sie appellieren und einen Wunsch äußern: Lassen Sie die Unterstützung, die Sie mir, dem Rechnungshof und den Mitarbeitern des Rechnungshofes während dieser zwölf Jahre haben angedeihen lassen, auch meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin angedeihen.

Es ist zwar nicht bekannt, wer mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin werden wird, aber ich glaube, jeder, der es wird, hat es sich verdient, Ihre Unterstützung zu bekommen. Ich bin auch davon überzeugt, dass dann von seiner oder von ihrer Seite auch die entsprechende Kooperation mit Ihnen gesucht werden wird.

Ich wünsche eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Rechnungshof und dem Nationalrat in den kommenden zwölf Jahren. Ich wünsche Ihnen und dem Rech­nungshof viel Erfolg im Interesse der Steuerzahler und unserer Republik. – Danke schön. (Lang anhaltender allgemeiner Beifall.)

14.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

*****

Präsident zum Ende der Amtsperiode von RH-Präsident Dr. Fiedler

Präsident Dr. Andreas Khol: Gestatten Sie mir, dass ich, bevor ich die Abstimmung durchführe, auch einige Worte zum Präsidenten des Rechnungshofes sage.

Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes Dr. Franz Fiedler! Zwölf Jahre lang haben Sie der Republik treu gedient. Es ist heute voraussichtlich das letzte Mal – man weiß ja nie, was Sondersitzungen bringen können –, dass Sie auf der Regierungsbank sitzen, von wo aus Sie zwölf Jahre lang die Republik mitgestaltet haben.

Ich möchte Ihnen im Namen aller im Haus vertretenen Fraktionen Dank und Anerken­nung aussprechen für Ihre großartige Arbeit. (Allgemeiner Beifall.)

Ich habe mit Bedacht das Wort „Staatsdienst“ gewählt, die Franzosen bezeichnen manche herausragende Menschen als „grands commis d’Etat“, als „große Diener des Staates“. Sie waren solch ein „grand commis d’Etat“! Sie haben dem Rechnungshof zwölf Jahre lang gedient.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 112

Sie haben den Rechnungshof als eine wichtige Institution übernommen. Sie haben sofort einige Missstände abgestellt. Der Handel mit Rohberichten aus dem Rech­nungshof hat sofort aufgehört, und der Rohbericht wurde nicht mehr als Teil der politischen Tagesintrige verwendet.

Sie haben die Berichte lesbar gemacht – dafür danken wir alle Ihnen, denn wir bekom­men viele Berichte –, Sie haben sie standardisiert. Man hat jetzt die Kurzzusam­menfassung. Das ist von Ihnen auf EDV gelegt worden.

Sie haben die Empfehlungen ausgebaut. Ich erinnere daran, dass zum Beispiel die Zusammenlegung der Wachkörper, also von Gendarmerie, Polizei, Zollwache, eine ständige Anregung von Ihnen war. Sie haben die Frage der ÖBB-Reform angeregt. Ihre Empfehlungen wurden – auch wenn Sie so kritisch waren wie die Empfehlungen zur Privatisierung, wo man nicht immer Ihrer Meinung sein konnte – doch immer sehr ernst genommen und in vielen, vielen Fällen auch umgesetzt. Vor allem hat der Rechnungshof ja die unschätzbare Möglichkeit, Empfehlungen, die nicht umgesetzt wurden, im nächsten Jahr wieder auszusprechen und wieder von der Regierungsbank aus zu vertreten.

So wurde der Rechnungshof unter Ihrer Führung nicht nur ein Kontrollorgan des Staates, sondern auch ein ganz wichtiges Instrument zur Verwaltungsreform. Nicht umsonst haben Sie gemeinsam mit einem anderen die Verwaltungsreformkommission des Bundes geleitet. Sehr viele Vorschläge wurden in den letzten Jahren umgesetzt.

Unter Ihrer Führung ist die Bezügepyramide entstanden, und ich kann Ihnen sagen, dass wir alle Ihnen gerade im Lichte der Diskussion über Bezüge im Europäischen Parlament sehr dankbar dafür sind, dass wir diese Bezügepyramide haben, die die Bezüge objektiviert und in ein vertretbares System gebracht hat.

Sie haben den Einkommensbericht gestaltet und jedes Jahr vertreten.

Auf Grund Ihrer großen Sachkunde und Ihrer inzwischen in allen Fraktionen erwachse­nen Annahme und Kompetenz – es war ja nicht immer so; Sie haben als Staatsanwalt begonnen, wurden dann Klubsekretär einer Fraktion in diesem Haus, wurden dann in einer Kampfabstimmung gewählt und haben sich den Respekt aller Fraktionen in diesen zwölf Jahren erarbeitet – haben Sie auch für den Rechnungshof hohes Ansehen und hohe Reputation geschaffen. Sie haben das Amt gestaltet. Wir danken Ihnen für Ihre Tätigkeit.

Wir wissen, dass Sie als Vorsitzender des Österreich-Konvents Ihre langjährigen Erfahrungen in den Dienst der Republik stellen. – Herzlichen Dank! Alles Gute, Herr Präsident Dr. Franz Fiedler! (Allgemeiner Beifall.)

*****

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-66 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regie­rungsvorlage (510 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Österreichische For-


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schungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet wird (Öster­reichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH – FFG-G) und das Bundes­gesetz zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung (Forschungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich (Forschungsorganisations­gesetz – FOG), das Bundesgesetz über das Bankwesen (Bankwesengesetz – BWG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch verän­derten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gentechnikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich, die Einrichtungen der Bundesministerien (Bun­desministeriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanzgesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz) (538 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungs­vorlage (506 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich und über die Änderung des Forschungsförderungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geän­dert wird (539 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 300/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Entwicklung und Umsetzung einer österreichischen Forschungs­strategie (540 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 158/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend VerbraucherInnenbildung und -forschung (541 d.B.)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Antrag 398/A (E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen betreffend 100 Millionen Euro als Sofortmaßnahme für die Universitäten und den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) (542 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 9 bis 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher sofort in die Debatte ein.

Als erster Redner gemeldet ist Herr Abgeordneter Josef Broukal. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 114

14.34

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Präsident, ich möchte zunächst sagen: Ich nehme meine umstrittene Äußerung vom 4. Juni 2004 mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Vor uns liegt der Entwurf für eine große Änderung der österreichischen Forschungs­landschaft. In den letzten Jahrzehnten sind eine Reihe von Spezialgesellschaften geschaffen worden, die jede für sich Teilaspekte der Forschungsförderung erledigt, und diese Gesellschaften wollen Sie zusammenfassen. – Das ist gut. Aber die Kehrseite der Medaille ist die Art und Weise, in der diese Zusammenfassung geschieht.

Diese Gesellschaften verlieren Selbständigkeit, die sie derzeit haben, was vor allem die universitäre Wissensgemeinschaft schmerzt. Der FWF bekommt einen Aufsichtsrat, sein Präsident wird in Zukunft nicht mehr allein im Kreis der Wissenschaft bestimmt. Man ist auf einen Vorschlag von außen angewiesen.

Weiters sind auch nach Ihrem Entwurf nach wie vor vier Ministerien für Forschung und Entwicklung zuständig, und ein fünfter Koch kommt auch noch dazu: der Rat für Forschung und Technologieentwicklung.

Fünf Köche, die ein Forschungsmenü zusammenstellen, das kann gut gehen, es muss aber nicht gut gehen. Das Beispiel AWS zeigt ja, wie schlecht sich manchmal solch vielfältige Zuständigkeiten auswirken.

Wir Sozialdemokraten haben lange das Zusammenlegen der verschiedenen wirt­schaftsorientierten Förderungsgesellschaften gefordert, aber wir wollten und wollen es anders. Wir wollten zum Beispiel, dass die beteiligten Ministerien nicht durch Beamte vertreten werden, sondern durch die Chefinnen und Chefs höchstpersönlich, damit sicher ist, dass nicht die Bürokratie ihre Kriege führt, sondern die Politik sagt, was Sache in der Forschung ist.

Wir wollten auch, dass es einen Forschungsminister in diesem Land gibt, sodass die Wissenschaftsgemeinschaft und die Öffentlichkeit wissen, wer in diesem Staat für Forschung zuständig ist, auch gegenüber dem Finanzminister, auch wenn es darum geht, das nötige Geld herauszuschlagen.

Wir sind darüber hinaus der Ansicht, dass mit diesem Gesetz der zweite Schritt vor dem ersten gesetzt wird. Sie wissen ja nicht, sage ich jetzt an FPÖ und ÖVP gerichtet – und so lesen wir es ja auch in den Erläuterungen –, wohin überhaupt Österreichs Forschungspolitik in den nächsten Jahren gehen soll. Sie schaffen also eine organisatorische Hülle für einen Inhalt, der frühestens in einem Jahr erarbeitet werden soll. Man wird sehen, ob die Hülle dann auch passt.

Nach wie vor nicht gegeben, auch das möchte ich festhalten, ist eine komplette längerfristige Finanzierungszusage für die österreichische Forschungsförderung, das bedauern wir und empfinden es als Mangel.

Die Regierungsparteien haben uns spät, aber doch zu Gesprächen eingeladen. Wir haben eine Reihe von Vorschlägen gemacht. Wir wollten etwa, dass beim Wissen­schaftsfonds die Vertreter der Wissenschaft nicht von den Vertretern der Ministerien überstimmt werden können – das haben ÖVP und FPÖ zugestanden. Wir wollten, dass die grundlegenden Ziele, die großen Ziele im Bereich der österreichischen Forschung und Technologie nicht in der Regierung, sondern im Nationalrat besprochen werden – auch das haben sie zugestanden.

Einigen konnten wir uns nicht in einem für uns sehr wichtigen Punkt. Wir finden, dass im Aufsichtsrat der neuen zentralen Forschungsförderungsgesellschaft fünf Vertretern


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der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung ... (Abgeordnete der ÖVP sprechen miteinander.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Abgeordneter Grillitsch und meine Damen, würden Sie bitte dem Redner nicht den Rücken zuwenden!

 


Abgeordneter Josef Broukal (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Wir wollten, dass den fünf institutionalisierten Arbeitgebervertretern im Aufsichtsrat der neuen Dachgesellschaft zwei Vertreter der institutionalisierten Arbeitnehmerseite gegenüber­gestellt werden, weil wir dem Diktum des Herrn Vizekanzlers: Wir alle sind Wirtschaft!, nicht glauben konnten. Es hat einen guten Sinn, dass Unternehmer in der Indus­triellenvereinigung organisiert sind, aber Arbeitnehmer im ÖGB. Es hat einen guten Sinn, dass Unternehmer in der Wirtschaftskammer ihre gesetzliche Interessen­vertretung haben, Arbeitnehmer aber in der Arbeiterkammer.

Wir finden es eigentlich sehr schade, dass dieses Gesetz schon in einer Form in den Nationalrat gekommen ist, die es Ihnen, Frau Dr. Bleckmann und Frau Dr. Brinek, nicht mehr ermöglicht hat, uns hier jenes Entgegenkommen zu zeigen, das wir im Interesse von Österreichs Arbeitnehmern erwartet hätten.

Aus diesem Grund neigt sich die Waagschale für uns trotz vieler positiver Ansätze am Schluss des Tages doch in Richtung Nein. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Broukal, ich bedanke mich für Ihren Einleitungssatz. Er entspricht dem, was in der Präsidialkonferenz vereinbart wurde. Damit ist die Sache für uns erledigt. (Abg. Broukal: Danke!)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


14.39

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich habe bis vor wenigen Minuten noch gedacht, ich könnte hier stehen und sagen: Ich freue mich sehr, dass wir einen Vier-Parteien-Antrag und eine Vier-Parteien-Zustimmung für diese Materie bekommen werden. – Nun ist es leider nicht mehr so, da eben vor kurzer Zeit die Zustimmung, die auch von der SPÖ signalisiert und eigentlich durch Handschlag schon gegeben war, wieder zurückgezogen werden musste. Ich bin sehr irritiert, aber ich nehme es zur Kenntnis. Wir stehen vor einer parlamentarischen Neuerung, nämlich dass wir in eine Debatte eingehen und noch nicht wissen, mit welcher Form von Abänderungen wir zu rechnen haben, wenn es zur Abstimmung kommt.

Aber die Kernteile haben wir, kennen wir. Das Motiv für die Reform der For­schungseinrichtungen waren Fragen wie: In welcher Situation steht Österreich? Wohin soll die Reise mit der Forschungsstruktur gehen?

Ausgangslage: Österreich liegt europaweit bezüglich Ökologie- und Umweltstandards auf Platz 1, in Bezug auf Wohlstandsstandards auf den Plätzen 3 bis 5, in Bezug auf Innovation auf den Plätzen 10 bis 11. Allen ist klar: Anzusetzen ist bei Innovation, bei der Verbesserung dieser Werte durch Investition in Forschung und Technologie.

Ich bin sehr froh darüber, dass diese Bundesregierung und auch jene davor schon Zeichen gesetzt haben, nämlich Geld frei gemacht, Maßnahmen dazu getroffen, die Nationalstiftung eingerichtet haben, sodass wir in Summe für die Jahre 2004 bis 2006


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1,2 Milliarden € an zusätzlichen Mitteln für Forschung und Entwicklung freimachen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine geschätzten Damen und Herren, 1,2 Milliarden €, das ist eine beträchtliche Summe Geldes! Mit dieser Ausgabe, mit dieser Disposition stehen wir europaweit als mustergültige Nation da. Alle Instanzen, Forschungseinrichtungen und Experten internationalen Zuschnitts sagen, damit liegen wir richtig, dies ist der richtige Weg.

Meine Damen und Herren, längst ist auch so etwas wie der europäische Forschungs- und Hochschulraum Selbstverständlichkeit. Österreichische Forscherinnen und Forscher bewegen sich auf internationalem Boden; daher war klar, dass wir die Forschungsstruktur, die Struktur, die wir heute beschließen wollen, auch nach den internationalen Beispielen ausrichten wollen. Wir haben dazu internationale Evaluie­rungsgrundlagen geschaffen, Unterlagen und Berichte des Rechnungshofes beige­zogen.

Über das hinaus, was ich als parlamentarische Neuerung angesprochen habe, ist sicher, dass wir in wesentlichen Punkten die Forschungsstrukturen und -organisationen ändern. Wir machen aus den ehemaligen Einzelbereichen FFF, ASA, BIT und TIG eine große Forschungsförderungsgesellschaft. Diese Forschungsförderungsgesellschaft soll Synergien schaffen, die Verwaltung vereinfachen, das Organisieren von Kontakten zu europäischen Programmen besser bewerkstelligen, und gleichzeitig ist die Autonomie des FWF gesichert. Ich darf einschieben, dass das ursprüngliche AG-Modell den FWF, den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, integrieren wollte. Die heute vorliegende Lösung zu erreichen ist in den vielen Vorgesprächen, mit Über­zeugungsarbeit gelungen; das AG-Modell hätte zwar auch einen gewissen Charme und eine bestimmte Sinnhaftigkeit gehabt, aber das Ergebnis ist nun ein anderes.

Das Wissenschafterkuratorium im FWF entscheidet über die Projekte, es gibt also keinen Eingriff in die Autonomie der Institution. Es soll mit dem neuen Gesetz aber noch mehr Autonomie geben, nämlich für den Rat für Forschung und Technologieentwicklung. Dieser wird in seiner Funktion als beratendes Organ gestärkt, das heißt autonom gestellt, und dadurch noch unabhängiger die Bundesregierung und künftig auch, gewissermaßen indirekt, das Parlament beraten können.

Ich bin froh über die Verbesserungen, die im Rahmen der Ausschussverhandlungen passiert sind. Wir konnten in Ausschussfeststellungen wichtige Verbesserungen erreichen, wie etwa dass das Augenmerk darauf zu richten ist, dass dort, wo es gesetzlich möglich ist, die Geschlechterparität, das heißt das Geschlechterverhältnis, berücksichtigt wird, damit mehr Frauen in Wissenschaft und Forschung etabliert und gefördert werden. Weiters soll die Forschungsstrategie, die der Rat der Bundes­regierung empfiehlt, im Parlament vorgestellt, diskutiert und damit öffentlich gemacht werden können. Es wird damit auch zur breiten parlamentarischen Stellungnahme eingeladen. Weil das noch keine gesetzliche Grundlage ergibt, können wir mit einer Entschließung gewissermaßen darauf antworten. Außerdem ist es, in Richtung Kollegen Broukal, um das Anstreben einer mehrjährigen Finanzierungssicherheit gegangen, auch mit Hilfe einer ersten Ausschussfeststellung, damit mit der mehrjäh­rigen Planung eine entsprechende mehrjährige Budgetierung einhergeht.

Ich lasse mir noch etwas Zeit für das Ende der Rede, um mit Ihnen von der SPÖ während der dringlichen Debatte zu diskutieren und Sie einzuladen, doch noch zu einer Vier-Parteien-Mehrheit zu kommen. Ich bin zuversichtlich, ich sehe gute Signale. Lassen wir uns auf dieses parlamentarische Experiment ein! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.44

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 117

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. 8 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


14.44

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Wahrscheinlich müsste ich jetzt eine Stunde lang reden, um zu wissen, was ich Ihnen sage, denn die Verhandlungen gehen bis zur letzten Sekunde. Ich bin kein Sportreporter und auch nicht am Fußballplatz, aber es ist zumindest recht spannend. Ich wüsste schon gerne, wie dieses Spiel ausgehen wird. Es ist nämlich kein Spiel. Es soll hier ein Forschungsförderungsgesetz beschlossen werden, das über beträchtliche finanzielle Mittel verfügt, das Struktur und Straffung in das bringen soll, was die Bundesregierung großherzig, visionär und meilensteinartig als Schwerpunkt der Zukunft sieht: Forschung, Universitäten, angewandte Forschung, Grundlagen­forschung.

Wenn man sich fragt, wie Förderungsmittel vergeben werden sollen, so wird man von vernünftigen Leuten die Antwort bekommen: nach einer Forschungsstrategie. Was heißt das? – Das heißt, dass die Bundesregierung ad personam einen Rat für Forschung und Technologieentwicklung bestellt hat, der in ihrem Auftrag an einer nationalen Forschungs- und Technologieplanung arbeitet. Das ist dann die öster­reichische Forschungsstrategie. Man kann fragen, ob das gut ist. Wir Grüne haben gemeint, eine österreichische Forschungsstrategie, die in die Zukunft weisen soll, die über beträchtliche Mittel der Förderung verfügt, die nach bestimmten transparenten Kriterien vergeben werden sollen, bedarf schon zumindest einer Befassung des Wis­senschaftsausschusses, erweitert um Leute aus der Wirtschaft, aus dem Wirtschafts­ausschuss und gegebenenfalls aus dem Industrieausschuss, aber auch einer Behandlung im Parlament. Das war nicht angedacht, das war nicht im Entwurf, das haben wir aber im Versuch eines konsensualen Vier-Parteien-Antrags geschafft. Wenn Sie so wollen, ist das ein Fortschritt. Viele sind es ja nicht, die mir hier im Parlament untergekommen sind, außer einer Vier-Parteien-Einigung bei der Familienhospiz­karenz. Aber das ist, wie Sie wissen, ein anderes Thema.

Das ist uns gelungen. Was nützt aber die schönste Strategie, wenn sozusagen die Unterfütterung mit den so wichtigen pekuniären Mitteln, genannt Budget, fehlt? – Im Gesetzestext ist großherzig von Fünfjahresprogrammen zu lesen, von großen Programmen, die von oben nach unten – ich sage nicht „diktiert“ – vorgeschlagen werden, um Stärken zu stärken, aber auch um Schwächen zu beseitigen und Schwächen auszugleichen. Auch hiebei handelt es sich um Millionen, wenn nicht um Milliarden an Geldern.

Wie soll das gemacht werden? Da steht: Fünfjahresprogramme werden oder sollen finanziert werden. Im gleichen Gesetzestext lese ich: nach Maßgabe der Bedeckbarkeit der jährlichen Budgets. – Da fragt man sich schon: Liest man über einen Paragraphen hinaus, oder bleibt man dabei stehen, oder ist der Forschungsminister Österreichs – und hier bitte ich Gorbach aufzupassen – nicht er, sondern Bundesminister Grasser? Wir möchten das nicht unbedingt, sage ich.

Auch da haben wir erreicht, dass sich zumindest alle vier Parteien einig waren, dass das Parlament seinen Willen kundtut, sodass eine nachhaltige Finanzierung gesichert ist. Es kann nicht angehen, dass der Fonds für Grundlagenforschung jährlich um sein Budget betteln muss, auf ein Basisbudget reduziert ist, dass teilweise bewilligte – und diesbezüglich gibt es international höchst ausgezeichnete Gremien, die Forschungs­projekte beurteilen – und positiv beurteilte Projekte nur zu 20 Prozent genehmigt werden können, weil kein Budget mehr vorhanden ist. Auch da wurde zumindest eine Willenskundgebung erreicht.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 118

Was uns am Gesetz ursprünglich gestört hat, ist, dass die Regierung nicht nur Interesse an der Forschung gezeigt hat, sondern auch durchaus begehrlich gewünscht hat, Einfluss zu nehmen, und zwar nicht nur darauf, was geforscht werden soll, son­dern auch darauf, wie das vor sich geht, und sich in die Strukturen und Organisations­formen überstark hineinreklamiert hat. Erstmals haben unabhängige – bis jetzt unabhängige – Fonds Aufsichtsräte bekommen, die zu einem guten Teil von der Regierung bestellt wurden und zum Teil aus weisungsgebundenen Beamtinnen und Beamten bestehen. Diese BeamtInnen verfügen natürlich über das nötige Wissen und die nötige Kompetenz, aber sie sind Diener und Dienerinnen ihrer Herren. Niemand weiß, welche Regierung dann wie auf Inhalte der Forschung, möglicherweise auch auf ihre Qualität, Einfluss ausüben wird.

Auch hiezu haben wir in Vier-Parteien-Verhandlungen Verbesserungen bewirkt. Es ist uns gelungen, dass bestimmte Qualifikationsprofile, die sehr stark auf unterneh­merischer, wirtschaftlicher Seite gelegen sind, auch um die nötigen Kompetenzen der Wissenschaft sozusagen aufgedockt wurden. Als Wermutstropfen bleibt, dass in der angewandten Forschung bei keinem aller Aufsichtsräte, bei keiner aller Aufsichts­rätinnen die wissenschaftliche Qualifikation nachgefragt oder verlangt wird, was schon ein bisschen die schräge Optik des Verdachtes nahe legt, hier handle es sich, wie manche meinten, eher um ein Wirtschaftsförderungsinstitut als um ein Förderungs­institut für angewandte Forschung. In diesem Punkt hat man partielle Verbesserungen erreicht. Auch der Präsident des Forschungsfonds wird nun so gewählt, wie es sich eine autonome Forschungsinstitution wünscht.

Was uns nicht gefällt, ist, dass durch Reklamation in letzter Minute der Einfluss bestimmter Klientelen doch sehr stark gestärkt wurde – verzeihen Sie diese Duplikation von Ausdrücken! – und dass die Wissenschaft nicht ganz jene Priorität in den Entscheidungsgremien oder Aufsichtsräten haben wird, die wir uns erwartet haben. Trotzdem ist es gelungen, etwas zu bündeln, etwas zu straffen, was ich als positiv ansehen würde.

Im Hintergrund muss man aber schon etwas kritisieren. Was hier partiell gelungen ist, zeichnet sich auf Regierungsebene nicht ab. Im Gegenteil! Es wird konterkariert. Vier befasste Ministerien zeigen, dass die Forschungsverankerung in der Bundesregierung extrem stark zersplittert ist. Gehrer, Gorbach, Bartenstein und nicht zuletzt Grasser nehmen Einfluss. Das zeigt sich in Verhandlungen, das zeigt sich in Begehrlichkeiten, das zeigt sich in Wünschen nach Befriedigung bestimmter Klientelen. Die Gefahr, dass hier die Qualität an die zweite Stelle rückt und Fairness nicht immer an erster Stelle steht, ist noch nicht ganz beseitigt.

In diesem Sinne hätte ich natürlich gerne gesehen, wenn der Wunsch der SPÖ nach einer etwas erweiterten Arbeitnehmervertretung in Erfüllung gegangen wäre. Grosso modo aber glaube ich, dass durch unsere Hartnäckigkeit – eigentlich aller vier Parteien –, durch das erstmalig von mir beobachtete Über-den-Schatten-Hüpfen einiger Vertreter der Regierungsparteien und durch die ausgleichende, sehr kollegiale Beratung der zuständigen Beamten etwas gelungen ist, was vielleicht Schule machen könnte, dass man nämlich das nächste Mal früher zu debattieren anfängt und den Hausverstand mehr einsetzt, als nur Befehle von oben zu erfüllen. Wenn dem so wäre, könnte das Parlament vielleicht spannende Tage erleben, vielleicht auch Tage, an denen sich mehr als ein Drittel der Abgeordneten für dieses Thema interessiert. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Bleckmann. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 119

14.53

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Frau Minister! Herr Vizekanzler! Es wird sozusagen bis zum Schluss verhandelt, und ich denke, das ist einerseits gut, aber andererseits ein bisschen schwierig – sage ich einmal. Aber bis zum Schluss wird sicher ein geeigneter Abän­derungsantrag vor­liegen, dem eigentlich alle Parteien zustimmen könnten. Im Laufe der Verhandlungen haben sich im Endeffekt sehr viele Übereinstimmungen ergeben, wobei man auch seitens der Regierungsfraktionen den Wünschen der Opposition nachgekommen ist, weil sie einerseits berechtigt waren. Andererseits sind Frauen, wenn es um Frauen­anliegen geht und wenn Frauen mitverhandelt haben, auch wichtig. Ich meine, dass man dann schon zu Übereinstimmungen kommen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

Ich danke auch den Männern, die geklatscht haben. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.) – Noch einmal, wunderbar.

Bei einem kann ich Sie beruhigen: Seitens der Regierung gibt es einen Forschungs­minister, das ist Vizekanzler Hubert Gorbach. Das wurde beim Reformdialog gesagt, der zweimal stattgefunden hat, im Rahmen dessen sehr lange und ausführlich schon im Vorfeld über diese ganze Forschungsrestrukturierung diskutiert und gesprochen worden ist.

Ich möchte auch auf Ihre Ausführungen eingehen, Kollege Grünewald. Sie haben die Zersplitterung der Zuständigkeiten für die Forschung in den Ministerien angesprochen. In den Ministerien war es sehr gut möglich, zu einem gemeinsamen Entwurf zu kom­men, auf der parlamentarischen Ebene wird jetzt eben weiterverhandelt. Wenn es heißt, welche Klientel wie und wo berücksichtigt wird, dann bitte ich Sie, jetzt schon auch diese Verhandlungen genau zu betrachten. Ich gehe davon aus, dass ein großer Teil der SPÖ den Kompromissvorschlag, den Sie selbst eingebracht haben, nämlich dass ein Aufsichtsratsmitglied aus der Arbeiterkammer im Aufsichtsrat der Gesellschaft vertreten ist, ein zweites, nicht stimmberechtigtes Mitglied beigezogen wird, befürwor­tet. Das war ein eigener Vorschlag der SPÖ, der in die Verhandlungen, in eine der vielen Unterverhandlungen, die wir hatten, eingebracht wurde. Dieser wurde von der Regierung aufgenommen, weil sie gesagt hat, uns ist die Zustimmung der Opposition so wichtig, weil wir einfach finden, dass die Forschung ein Bereich ist, den man als Partei nicht alleine sehen kann, sondern der über die Parteigrenzen hinweg betrachtet werden muss. Da muss man einfach schauen, dass es zu einem gemeinsamen nationalen Konsens kommt. Deshalb war uns das wichtig! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Und deshalb sind wir genau diesem Wunsch nachgekommen. Leider, muss ich sagen, hat sich Kollege Broukal in seiner Partei nicht durchgesetzt. Es tut mir direkt weh, und ich leide mit ihm mit, dass er sich hier mit seinem Vorschlag, den er uns vorgelegt hat, nicht durchsetzen konnte. Leider haben wir heute, zwei Stunden bevor wir diese Diskussion im Parlament begonnen haben, auch öffentlich die Absage bekommen, dass das, wozu es eigentlich geheißen hat, dass es die Zustimmung gibt, nicht stattfinden kann. Das tut mir wirklich Leid, es tut mir vor allem auch um die Forschung Leid, denn das wäre ein schönes Signal gewesen. Das wäre ein wirklich schönes Signal gewesen, wenn diese neue Forschungsstruktur einstimmig beschlossen worden wäre, diese Forschungsstruktur, gegen die Sie im Prinzip nichts haben, denn Sie hätten ja zugestimmt, wenn noch der ÖGB im Aufsichtsrat stimmberechtigt vertreten gewesen wäre. Mitreden kann er ja, wenn er im Aufsichtsrat beigezogen wird, nur Mitstimmen wäre nicht möglich gewesen, doch all dem hätte die Regierung nachgegeben.


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Ich sage es Ihnen ehrlich: Ich bin dann in meiner emotionellen Art so weit, dass ich sage, lieber gar nichts geben. Aber der Herr Vizekanzler hat mich überzeugt: Es ist natürlich vernünftiger, dass man sagt, der gute Wille seitens der Regierung bleibt aufrecht. Das eine Aufsichtsratsmitglied, das Sie sich wünschen, bekommen Sie auch. Nur begründen Sie mir dann auch wirklich Ihre Ablehnung! Wir sind Ihnen hier sehr, sehr entgegengekommen. Wir sind Ihnen hier in großen Teilen entgegengekommen. Wir sind Ihren Wünschen auch in anderen Bereichen, wenn es zum Beispiel um verstärkte Repräsentanz von Frauen geht, nachgekommen.

Eine Diskussion im Ausschuss war ein großer Wunsch, nicht nur im Ausschuss, auch im Plenum. Das werden wir heute wahrscheinlich auch noch gemeinsam unter­schreiben, dass wir sagen, die nationale Forschungsstrategie soll hier im Plenum, weil sie so wichtig ist, auch diskutiert und beschlossen werden. Auch diesem Wunsch sind wir nachgekommen, weil wir sagen, die Forschung ist so wichtig, dass auch hier im Parlament darüber diskutiert werden muss. Diesbezüglich sind wir Ihren Wünschen nachgekommen.

Die Einbeziehung der Bundesländer steht drinnen, die Betonung der wissen­schaft­lichen Qualität der Vorsitzenden des Aufsichtsrates des FWF und die Änderung des Bestellmodus des siebten Aufsichtsratsmitgliedes im FWF. Auch dem sind wir nachge­kommen. Es waren ja viele Wünsche, die Sie hatten. Es waren wirklich viele Wünsche, denen wir allen nachgekommen sind, weil uns Ihre Zustimmung so wichtig ist. Und jetzt hängen Sie sich an diesem kleinen Punkt auf beziehungsweise nicht Sie, aber wahrscheinlich einer von Ihnen, der heute gar nicht hier ist, weil er krank ist und einfach meint, man müsse an alten Strukturen festhalten und könne nicht zu neuen Strukturen übergehen.

Dabei bräuchte das die Forschung wirklich dringend notwendig, um im europäischen Wettbewerb auch mitwirken zu können, dass man zu dieser neuen Struktur kommt, die dann auch ein gemeinsames Zeichen aller Parteien hier im Parlament gewesen wäre.

Es geht jetzt nicht um den einen Punkt, es geht darum, dass es vorher schon sehr schwierig war und sehr vieler Monate an Diskussion bedurft hat, um diese Veränderung überhaupt herbeizuführen. Wir wissen alle, Veränderungen wünschen sich alle, aber halt nur nicht bei sich selbst. Wenn es dann darum geht, einzelne Organisationen zu verändern, ist es eben sehr schwierig. Da hat es sehr vieler Gespräche bedurft, um überhaupt zu diesem Erstentwurf zu kommen, jetzt weiterer Gespräche, in denen wir Ihnen sehr entgegengekommen sind. Es tut mir im Endeffekt um die Forschung Leid, dass es uns und Ihnen nicht gelungen ist, die eigenen Reihen zu überzeugen, damit wir einen gemeinsamen Beschluss zustande bekommen.

Umso mehr begrüße ich es, dass die Grünen sagen, für sie sei das in Ordnung, wir seien sehr vielen Wünschen nachgekommen. Ich wünsche trotzdem, dass die For­schung ein gutes Weiterbestehen mit dieser neuen historischen Gesellschaft hat, die nämlich wirklich seit 40 Jahren eine ganz neue Veränderung in diesem Bereich bringt. Ich denke, es ist ein Aufbruch in ein neues Zeitalter für die Forschungsgeschichte in Österreich. Dazu gratuliere ich all jenen, die heute zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

14.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 9 bis 13 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr, also jetzt, stattfinden kann.


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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betref­fend Bedrohung der österreichischen Bildungslandschaft durch SPÖ-Schul­reform-Vorschläge (1900/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 1900/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich deren Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Internationale Studien bescheinigen dem österreichischen Bildungssystem eine hohe Qualität:

Beim Global Competitiveness Report, einer Umfrage unter 4.800 internationalen Führungskräften, belegt Österreich mit Finnland den ersten Platz.

Auch bei der internationalen PISA-Studie liegt Österreich in allen Bereichen unter den Top Ten der Teilnehmerländer.

Auch das nationale Bildungsmonitoring bestätigt: 79 Prozent der Befragten geben unserem Schulsystem die Noten „Sehr gut“ oder „Gut“.

Unser differenziertes Schulsystem legt nach dem Grundsatz „Durchlässigkeit statt Sackgasse“ den Grundstein für die mit 7,3 Prozent EU-weit niedrigste Jugend­arbeitslosigkeit. Dagegen hat der „PISA-Sieger“ Finnland, ein Land mit differenzierter Gesamtschule bis zur 9. Schulstufe, eine Jugendarbeitslosigkeit von 21,0 Prozent (EUROSTAT März 2004).

Die Bundesregierung, insbesondere die Bildungsministerin, hat in den vergangenen Monaten eine Reihe von Initiativen gesetzt, um unsere Vorreiterrolle in Europa zu festigen: Das Projekt "klasse:zukunft" und die hervorragende Arbeit der Zukunfts­kommission führte zu konkreten Verbesserungsvorschlägen für das heimische Schul­system und zum Ausbau der Qualitätssicherung. Auch die Initiative LESEFIT, die zur Halbierung der Zahl der Kinder mit Leseschwierigkeiten dient und mittels Lesetests an ca. 1200 Schulen mit ca. 60.000 Schüler/innen durchgeführt wurde, trägt zu einer weiteren Qualitätssteigerung im heimischen Schulsystem bei.

Bildungsministerin Elisabeth Gehrer präsentierte diese Woche das Qualitätsmemoran­dum und die Schritte für die große innere Schulreform als wesentliche Ergebnisse des Zukunftsdialogs in St. Johann. Aus der Dialogveranstaltung in St. Johann vom 3. bis 4. Juni – als Höhepunkt von „klasse:zukunft“, bei der über 360 Personen Resümee gezogen haben – ergaben sich die 3 Schritte für die große innere Schulreform: das Qualitätsmemorandum, die Qualitätsoffensive 2004 und der Bildungsplan 2010.

Entgegen der erfolgreichen Bildungspolitik der Bundesregierung hat die SPÖ Vor­schläge eingebracht, die alte ideologische Hüte statt zukunftsweisender Ideen zur Weiterentwicklung des bewährten Bildungssystems hervorbringen:

7. Oktober 2003: Forderung der SPÖ nach Errichtung einer zwangsweisen, flächen­deckenden Ganztagsschule in ganz Österreich

28. Februar 2004: Bildungsenquete des Renner-Institutes: Forderung nach zwangs­weiser verschränkter Ganztagsschule, Abschaffung der Noten und Gesamtschule

1. April 2004: Präsentation des SPÖ-Kompetenzteams für Bildung: Forderung nach Aufgabe der Differenzierung zwischen AHS-Oberstufe und BHS


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April 2004: Bekanntwerden der SPÖ-Vorschläge für den Österreich-Konvent: Schließung oder Zusammenlegung von rund 92 Prozent unserer Pflichtschulen, Einrichtung von Bildungsregionen und Wahl von „Bildungsräten“ mit den Landtags­wahlen

All diese Programme lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Seit den 60er-Jahren kommen von der SPÖ immer wieder die gleichen, ideologischen Vorschläge zu einer radikalen Zerschlagung unseres Bildungssystems.

Im Unterschied zur Bundesregierung steht für die SPÖ nicht die Optimierung unseres differenzierten Schulsystems, sondern seine Zerschlagung zur Durchsetzung alter ideologischer Forderungen im Vordergrund:

Eine gemeinsame Schule für alle 6- bis 15-jährigen, die Gesamtschule,

Abschaffung der Noten in der Volksschule, keine Wiederholung einer Schulklasse in den ersten 8 Jahren,

Zwangsweise Ganztagsschule flächendeckend in ganz Österreich.

Diese SPÖ-Vorschläge sind weder neu, noch basieren sie auf wissenschaftlichen Daten oder Studien. Vollkommen ausgespart bleibt bei den SPÖ-Vorschlägen ein Bekenntnis zur Leistung. Der pädagogisch so wichtige Ansatz der Vielfalt und die Rücksichtnahme auf unterschiedliche Begabungen, Neigungen und Interessen wird vollkommen außer Acht gelassen.

Die SPÖ fordert weiters:

Ganztägige Schulformen mit verschränktem Pflichtunterricht vormittags und nach­mittags, fünf Tage in der Woche,

Flächendeckende Ganztagsschulen in ganz Österreich,

Die unterfertigten Abgeordneten wollen die Nachmittagsbetreuung dort, wo sie gebraucht wird, und jedenfalls mit Wahlfreiheit für die Betroffenen.

Auch hinsichtlich der Gesamtschule ist festzustellen, dass die SPÖ durch ihre Vorstellungen Differenzierung nach Interessen und Begabung ablehnt:

Die SPÖ fordert:

Eine gleiche Schulform und gleiche Ausbildung für alle Kinder zwischen 10 und 14 Jahren anstelle des bewährten differenzierten österreichischen Schulsystems mit AHS-Unterstufe, Hauptschule und Sonderschule.

Das bedeutet:

Auf unterschiedliche Talente, Stärken und Schwächen der Jugendlichen wird keine Rücksicht genommen.

Individuelle Förderung für weniger Begabte oder Hochbegabte wird nicht vorge­nommen.

In Wien, wo die SPÖ das alleinige Sagen hat, bedeutet die SPÖ-Bildungspolitik, dass die Hauptschulen vernachlässigt werden, während die AHS-Unterstufen überlaufen sind.

Diese skandalösen Wiener Zustände sind ein Zeugnis dafür, dass die SPÖ Partei­interessen in den Vordergrund stellt und ihr ideologisches Modell einer Gesamtschule Schritt für Schritt umsetzen will.

Die SPÖ steht auch für eine „Abschaffung der Noten“ statt eines leistungsorientierten Bildungssystems. Die SPÖ fordert:


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Abschaffung der Noten in der Volksschule,

Ausschließlich verbale Beurteilung in der Volksschule,

Abschaffung des „Sitzenbleibens“ bis zur achten Schulstufe.

Die Bundesregierung fördert, was gefordert wird: Eine „Spectra“-Umfrage von März 2004 belegt:

73 Prozent der Befragten wollen das klassische Notensystem in den Volksschulen beibehalten. Bei den Hauptschulen und Gymnasien sprechen sich sogar 87 % für Noten aus.

Ebenfalls 87 % vertreten den Standpunkt, dass Schüler mit mehreren „Nicht genügend“ an Hauptschulen und Gymnasien die Klasse wiederholen sollen.

Die SPÖ fordert die Vermischung von AHS-Oberstufe und BHS statt differenzierter Berufsausbildung:

Auflösung der Trennung von AHS-Oberstufe und Berufsbildenden Höheren Schulen: „Die relativ starre Gliederung im Bereich der Oberstufen, die Trennung zwischen Allgemeinbildenden und Berufsbildenden Höheren Schulen, sollte aufgelöst werden“ („10-Punkte-Konzept zur Bildungspolitik“ der SPÖ).

Die Vorschläge der SPÖ („Entprovinzionalisierung“) im Ausschuss VI des Österreich-Konvents zur Reform der Schulverwaltung würden bereits Pflichtschüler zu Pendlern machen:

Schulgröße mindestens 300 bis 1.000 Schüler,

Freiheit in der Schul- und Unterrichtsorganisation,

Lehreranstellung durch den Schulleiter auf Grund einer Beratung in einem „Personalkomitee“,

Lehrer grundsätzlich ganztags an der Schule tätig,

Schaffung von Bildungsregionen.

Dies würde bedeuten:

4.523 der 4.945 Pflichtschulen (91,47 Prozent) wären potentiell von einer Schließung oder Zusammenlegung betroffen, da sie weniger als 300 Schüler haben.

Eine völlige Zerschlagung der Österreichischen Bildungslandschaft.

Abschaffung des differenzierten Schulsystems.

Einführung der Gesamtschule.

Einführung der Ganztagsschule.

Überwachung unserer Lehrerinnen und Lehrer.

Dem gegenüber steht die Bildungspolitik der Bundesregierung:

Einstehen für ein differenziertes Schulsystem, das sich zu Qualität, Vielfalt und Leistung bekennt.

Es gibt auch ein Recht auf Vielfalt. Jedes Kind soll eine Ausbildung erhalten, die seine Anlagen, Talente, Interessen und Neigungen am besten fördert.


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Die Prinzipien von „Kein Abschluss ohne Anschluss“ und „Karriere mit Lehre“ werden in keinem anderen Land Europas so erfolgreich umgesetzt. Dies ist auch ein wichtiger Beitrag für die niedrige Jugendarbeitslosigkeit.

Internationale Studien sprechen gegen die Gesamtschule: PISA-Sieger Finnland, das über ein Gesamtschulsystem verfügt, weist die dreifache Jugendarbeitslosigkeit Österreichs auf.

Vielmehr geht es darum,

das kostbare Gut Bildung zu erhalten;

ständige Verbesserung und Weiterentwicklung des Bildungssystems zu betreiben;

die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf die Herausforderungen der Arbeitswelt und der Gesellschaft vorzubereiten;

die Wahlfreiheit für Eltern und Schüler zu bewahren.

Das Papier der SPÖ ist nicht nur öffentlich heftig kritisiert worden, auch innerhalb der SPÖ löste es Proteste aus. So kritisierte etwa der ehemalige Unterrichtsminister und Wiener Altbürgermeister Dr. Helmut Zilk in einem Kommentar in der „Kronen Zeitung“ unter dem Titel „Vorwärts Genossen, wir marschieren zurück!“ vom Sonntag, 11. April 2004, die Bildungsdebatte innerhalb der SPÖ:

„Offenbar haben einige die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind vor 10, 20 Jahren stecken geblieben!“

Auch aktive Spitzenpolitiker der SPÖ distanzieren sich heftigst von den Vorschlägen ihrer Partei: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl erklärte gegenüber dem „Kurier“, dass dieses Papier veraltet sei – dass er solchen Vorschlägen zugestimmt habe, sei eine „ungeheuerlicher Behauptung“. Er habe das Papier nämlich gemeinsam mit Wiens Stadtchef Michael Häupl zu Fall gebracht.

Das von Niessl und Häupl „zu Fall gebrachte“ Papier des SPÖ-Klubs findet sich nach wie vor im Anhang zum Ausschuss-Protokoll des zuständigen Ausschuss VI im Österreich-Konvent.

Die unterfertigten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur nachstehende

Anfrage:

1. Wie beurteilen Sie die SPÖ-Vorschläge zum Österreichischen Schulsystem?

2. Was unternehmen Sie, um die hohe Qualität im heimischen Schulsystem zu erhalten?

3. Welche Verbesserungen erwarten Sie sich durch die Maßnahmen des Qualitäts­memorandums aus der Dialogveranstaltung in St. Johann am 3./4. Juni 2004?

4. Wie stellen Sie eine bedarfsgerechte Nachmittagsbetreuung sicher?

5. Was unternehmen Sie, um die Kleinschulen im ländlichen Raum zu erhalten?

6. Welche Maßnahmen stellen sicher, dass die Erfolgsgeschichte des berufsbildenden Schulwesens auch in Zukunft fortgesetzt werden kann?


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In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 1 GOG verlangt, diese Anfrage vor Eingang in die Tagesordnung dringlich zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile nun dem Erstantragsteller, Herrn Abgeord­netem Amon, zur Begründung der Dringlichen Anfrage das Wort. Redezeit: 20 Minu­ten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


15.00

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bill Gates sagt, die wichtigste Institution neben der Familie ist die Schule. Daher ist es, glaube ich, recht und billig, dass wir heute einige Fragen besprechen, die aus unserer Sicht in der Tat dringlich sind, in der Tat wichtig sind.

Meine Damen und Herren! Die letzten Wochen und auch die letzten Tage – mediale Berichterstattung, mediale Stellungnahmen, insbesondere von Seiten der Sozial­demokratie – haben Ihre Positionen zur Bildungspolitik und zu bildungspolitischen Maßnahmen in unserem Land sehr deutlich gemacht. Ich bedauere eigentlich sehr, dass das eine Positionierung ist, die man nicht gerade als konstruktiv bezeichnen kann. Ich möchte sogar so weit gehen, zu sagen, dass es eine sehr konstruktive Haltung ist, die von anderen Parteien in diesem Haus eingenommen worden ist, während die Sozialdemokratie eine ausgesprochen destruktive Haltung in bildungs­politischen Fragen einnimmt, was ich sehr bedauere. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Alle Konzepte, die Sie vorgelegt haben und die Sie vorlegen, sind keine Antwort auf die Herausforderungen der Zeit, in der wir leben. Es sind das in erster Linie ideologische Konzepte und nicht Konzepte, die Antworten geben auf die Praxis, die wir erleben, auf die Herausforderungen in diesem Bereich; ich habe es bereits angesprochen.

Ihre Vorschläge werden auch in gar keiner Weise dem tatsächlichen Status der österreichischen Bildungslandschaft gerecht. Ich glaube, dass es wichtig ist, um richtige Antworten geben zu können, dass man sich einmal die gegenwärtige Situation in der österreichischen Bildungslandschaft ansieht.

Wenn etwa der Global Competitiveness Report, eine interessante Vergleichsstudie, in Rahmen welcher 4 800 Führungskräfte weltweit befragt wurden, wo Bildungssysteme unterschiedlichster Art miteinander verglichen worden sind, Österreich gemeinsam mit Finnland an die erste Stelle aller Bildungssysteme der Welt reiht, wenn wir in der PISA-Studie in allen abgetesteten Bereichen immerhin eine Position im ersten Drittel der abgetesteten Länder erreichen und wenn das alljährliche Bildungsmonitoring, das im Auftrag des Bildungsministeriums durchgeführt wird, ausweist, dass fast 80 Prozent aller Betroffenen dem österreichischen Bildungssystem die Note „Sehr gut“ oder „Gut“ geben, dann glaube ich, meine Damen und Herren, dass wir das österreichische Bildungssystem nicht krankzujammern und nicht krankzureden brauchen. Es ist in seiner Qualität hervorragend! Dafür gebührt der Dank auch allen Lehrerinnen und Lehrern, aber natürlich auch all jenen, die sich konstruktiv an der Bildungspolitik beteiligen, wo an der Spitze unsere Bildungsministerin Elisabeth Gehrer steht! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Sie sagen a priori nein zu allen Vorschlägen, die wir in Sachen Bildungsreform bringen, und das zumeist nicht sachlich


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begründet, sondern aus ideologischen Gründen. Da stellt sich schon die Frage, wie wir damit umgehen.

Ich möchte die heutige Dringliche Anfrage dazu nützen, um eine Einladung auszusprechen. Ich glaube, dass es nicht gut ist, wenn wir uns auf den sehr guten Ergebnissen aller internationalen Vergleichsstudien ausruhen, sondern ich glaube, dass es notwendig ist, den Blick in die Zukunft zu richten und die Qualität abzusichern und weiterzuentwickeln. Ich lade die Sozialdemokratie ein, sich an dieser konstruktiven Diskussion zu beteiligen und nicht aus einem Justamentstandpunkt heraus alte ideologische Konzepte in den Vordergrund zu rücken.

Es geht nicht um die Frage eines ideologischen Konzepts, sondern es geht um die Frage: Wie erreichen wir die beste Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen? Es geht um die Frage: Wie sichern wir die gute Qualität des österreichischen Bildungssystems ab? Es geht weiters um die Frage: Wie entwickeln wir unser Bildungssystem weiter, um die richtigen Antworten auf die Fragen, auf die Herausforderungen der Zukunft zu geben?

Wie sehen nun die Antworten der SPÖ aus? – Ich glaube schon, dass man darüber reden muss, um besser zu verstehen, warum wir andere Antworten haben als Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ.

Wenn die SPÖ etwa im Oktober des letzten Jahres die zwangsweise Einführung von flächendeckenden Ganztagsschulen ... (Abg. Mag. Kuntzl: Wo? Wo fordern wir das?) – Ich zitiere es für Sie, nicht so ungeduldig! Ich komme genau darauf zu sprechen.

28. Februar 2004: Bildungsenquete des Renner-Institutes; Forderung nach einer verschränkten Ganztagsschule, Abschaffung der Noten und Einführung der Gesamt­schule.

1. April 2004: Präsentation eines SPÖ-Kompetenzteams für Bildung; Forderung nach Aufgabe der Differenzierung zwischen der Oberstufe der allgemein bildenden höheren Schule und den berufsbildenden höheren Schulen, also gleichsam nach Abschaffung aller Handelsakademien, höheren technischen Lehranstalten, HBLAs und dergleichen.

Oder: Im April 2004, als bekannt wird, welche Vorschläge Sie im Rahmen des Ausschusses VI des Konvents einbringen – auch im Internet nachzulesen –, verlangen Sie die Zusammenlegung beziehungsweise die Schließung von 92 Prozent aller Pflichtschulen. Sie vertreten nämlich die Position, dass es keine kleinere Bildungs­einheit geben soll als im Minimum 300 Schülerinnen und Schüler.

Meine Damen und Herren! 92 Prozent aller Pflichtschulen in Österreich haben weniger als 300 Schülerinnen und Schüler. Das ist daher eine Konzeption, die definitiv abzulehnen ist! (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt könnten Sie hergehen und mir Polemik unterstellen. (Abg. Dr. Cap: Ja! Ja! Mehr! Mehr! – Weitere Rufe bei der SPÖ: Ja!) Ich habe das angenommen. Daher möchte ich jetzt gar nicht so sehr meine Worte bewertet wissen, sondern ich zitiere einen aus Ihren Reihen, jemanden, den Sie, glaube ich, gut kennen, der nicht irgendjemand ist, sondern der Unterrichtsminister gewesen ist und langjähriger Bürgermeister von Wien war: Helmut Zilk.

Was sagt Helmut Zilk zu den Reformvorschlägen der SPÖ? – Er sagt – ich zitiere –:

„Man kann einem solchen Unsinn nicht früh genug widersprechen. Gerade die anonymen Großorganisationen sind es doch, die so viele Probleme schaffen – von der Vereinsamung des Einzelnen bis zur Keimzelle für alle Probleme, die wir heute haben. Nur im Schulwesen lautet die Devise: ‚Vorwärts, Genossen, wir marschieren zurück!’


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Offenbar haben hier einige die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind vor 10, 20 Jahren stecken geblieben.“ – Das sagte Helmut Zilk zu den Vorschlägen der SPÖ, meine Damen und Herren.

Es geht darum, dass wir uns auseinander setzen mit den Antworten, die Sie geben. Sie fordern etwa, es soll flächendeckend Ganztagsschulen geben. Sie sagen dann in Ihrer Detailkonzeption: Zumindest jede zweite Schule sollte eine Ganztagsschule sein.

Da stelle ich die Gegenfrage: Was ist denn die Herausforderung der Zeit? Geht es um die Umsetzung eines ideologischen Konzeptes aus einem Justamentstandpunkt heraus oder darum, dass wir eine Antwort geben? Die Herausforderung der Zeit ist doch die, dass wir heute, wenn mehr als 60 Prozent der Frauen erwerbstätig sind, ein breiteres Angebot an Nachmittagsbetreuung brauchen. – Da decken sich unsere Auffassungen, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP.)

Aber das soll doch nicht unter Zwang geschehen! Warum überlassen wir denn diese Entscheidung nicht den Betroffenen, meine Damen und Herren von der SPÖ? Wenn Sie zum Beispiel einen Unterricht am Nachmittag platzieren wollen, wie das Ihre Modelle vorsehen, dann nehmen Sie damit den Eltern und Erziehungsberechtigten die Wahlmöglichkeit! Das ist doch nicht Sinn und Zweck, meine Damen und Herren!

Frau Abgeordnete Kuntzl, Ihr Klubobmann ist nicht da, aber DDr. Niederwieser ist da. Der war sogar bei dieser Pressekonferenz, die Sie gegeben haben: Die Zeit ist reif für eine neue Schule. – Was ist Ihr Zugang? Sie sagen hier wörtlich in dieser Presse­unterlage: Eltern spüren, dass die Schule ihre Kinder besser fördern kann als sie selbst. – Meine Damen und Herren, das ist Ihr Zugang zu dieser Frage! Wir sagen: Lassen wir die Wahlmöglichkeit bei den Eltern oder den Kindern, nehmen wir ihnen doch diese Möglichkeit nicht!

Die richtige Antwort haben wir gegeben, indem Bildungsministerin Elisabeth Gehrer vorgeschlagen hat, die Nachmittagsbetreuung im gesamten Bundesgebiet nach Bedarf um 20 Prozent zu erhöhen – aber auf freiwilliger Basis! (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Sie nämlich jede zweite Schule zu einer Ganztagsschule machen, dann frage ich Sie, was Sie denn dann im ländlichen Raum den Eltern anbieten wollen, wo es doch dort oft nur einen Schulstand gibt. Da nehmen Sie den Eltern diese Wahlmöglichkeit, meine Damen und Herren, und das lehnen wir ab! (Abg. Dr. Jarolim: Fragen Sie in der Steiermark Ihre eigenen Politiker!)

Oder: die Forderung der SPÖ nach Einführung der Gesamtschule. – Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie damit nicht hehre Ziele verfolgen wollen. Sie wollen damit Chancengleichheit schaffen. Nur: Menschen sind doch unterschiedlich! Menschen haben unterschiedliche Begabungen. Menschen haben unterschiedliche Neigungen. Menschen haben unterschiedliche Interessen. Also: Wenn Sie ungleiche Menschen gleich behandeln, behandeln Sie sie in Wirklichkeit ungleich! Sie müssten doch die Kinder und Jugendlichen dort abholen, wo sie stehen, also ein differenziertes Angebot machen, um diese Chancengleichheit tatsächlich zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie sagen, Sie wollen die Gesamtschule einführen, um das auszugleichen, was möglicherweise in der Ausbildung eine Rolle spielt, nämlich die Frage des sozialen Umfeldes. Es ist natürlich die Frage, ob es tatsächlich so ist, dass Kinder aus bildungsnahen Schichten eher eine weiterführende Ausbildung, ein Universitätsstudium machen, als Kinder, die aus einem „sozial schlechteren Umfeld“ – unter Anführungs­zeichen – kommen.


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Ja, da decken wir uns! Es sagen zwar die internationalen Vergleichsstudien, dass es in Österreich – und ich sage: Gott sei Dank! – keine signifikanten Unterschiede gibt. aber wenn es hier eine Ungleichheit gibt, dann bin ich absolut der Meinung, dass es Aufgabe der Bildungspolitik ist, diese sozialen Ungleichheiten zu beheben.

Gerade deshalb ist ein differenziertes Angebot mit einer Durchlässigkeit im Bildungs­system die richtige Antwort auf diese wichtige Frage des Ausgleiches sozialer Ungleichheiten. In unserem Nachbarland, in der Bundesrepublik, wo Sie überwiegend ein Modell von Gesamtschule haben, sagt etwa der deutsche Bundeskanzler Ger­hard Schröder: In keinem vergleichbaren Land entscheidet die soziale Herkunft so sehr über den Bildungserfolg wie bei uns. – Gemeint ist natürlich: in der Bundesrepublik Deutschland. – Viele andere Staaten schaffen es, herkunftsbedingte Lernnachteile auszugleichen. Wir schaffen es nicht, wir sind, was die Bildungschancen angeht, ein gespaltenes Land! – Das sagt Gerhard Schröder.

Warum sagt er das? (Abg. Brosz: Weil die dasselbe Bildungssystem haben wie Österreich!) – Weil die Bildungschancen etwa in Bayern oder in Baden-Württemberg hervorragend sind – diese Länder haben fast mit den gleichen Werten wie die Österreicher in der PISA-Studie abgeschnitten –, besser sind als in anderen Bundes­ländern der Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren.

Also es geht nicht um die Frage der Organisationsform, sondern es geht um andere Fragen: Es geht um die Frage des Schulklimas, es geht um die Frage der Lehreraus- und Fortbildung, es geht um die Weiterentwicklung der Pädagogischen Akademien.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie verlangen, dass etwa die Oberstufe der AHS mit den berufsbildenden höheren Schulen zusammengelegt wird und es etwa im 10-Punkte-Programm des Alfred Gusenbauer wörtlich heißt: Die relativ starre Gliederung im Bereich der Oberstufe, die Trennung zwischen allgemein bildenden und berufs­bildenden höheren Schulen sollte aufgelöst werden!, dann arbeiten Sie aus ideologi­schen Gründen entgegen all dem, was wissenschaftlich dokumentiert ist, meine Damen und Herren!

Wir sind im Global Competitiveness Report nämlich nicht deshalb an erster Stelle, weil wir ein Modell haben, wie es anderswo in Europa praktiziert wird, sondern deshalb, weil wir ein Modell haben, das auch eine gute Antwort ist etwa auf die Frage der Jugendbeschäftigung. (Abg. Dr. Jarolim: So ein Unsinn! So ein Holler!)

Meine Damen und Herren! Wir wissen aus allen Untersuchungen, aus allen Studien, dass gerade die Frage der Ausbildung in berufsbildenden höheren und mittleren Schulen, dass gerade die Ausbildung im dualen Berufsausbildungssystem mit ein Grund dafür ist, dass wir die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben. Dabei soll es auch bleiben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben keinen ideologischen Ansatz in der Bildungspolitik, wir haben einen sehr pragmatischen Ansatz: Es geht um die Bedürfnisse der Menschen, und es geht um die Frage, wie wir die Zukunft am besten meistern können.

Frau Bundesministerin Elisabeth Gehrer war es, die überhaupt erst begonnen hat zu fragen: Wo stehen wir denn mit unserem Bildungssystem? Beteiligen wir uns an internationalen Vergleichen, an Benchmarks! Elisabeth Gehrer war die Erste, die sich bereit erklärt hat, sich mit unserem Bildungssystem an internationalen Vergleichs­studien überhaupt zu beteiligen, um einmal eine solche Standortbestimmung auch im internationalen Vergleich vorzunehmen.

Danach wurde dann nach den Ergebnissen der PISA-Studie die Zukunftskommission eingerichtet, eine Kommission, die sich selbstverständlich, ausgehend von den Ergebnissen der PISA-Studie, mit den Fragen sehr intensiv auseinander gesetzt hat.


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Sie schlugen vor, Bildungsstandards einzuführen, um die Validität der Abschlüsse im Bildungssystem zu garantieren, weil es nicht so sein kann, dass Kinder, die Land­hauptschulen besuchen und dort eine hervorragende Ausbildung haben, unter dem Image von manchen Stadthauptschulen zu leiden haben, meine Damen und Herren, die das Niveau nicht mehr bringen, das sie eigentlich bringen sollten, und zwar aus einer falsch verstandenen Bildungspolitik heraus.

Weiters: das vorgeschlagene Qualitätsmemorandum, das die Frau Bildungsministerin im Ministerrat vorgestellt hat, um die gute Qualität des Bildungssystems abzusichern.

Meine Damen und Herren! Es geht um eine Schule nach Maß. Es geht um eine Schule, die verlässlich ist. Es geht um eine verlässliche Schule. Was sagt Helmut Zilk dazu, den ich noch einmal zitieren möchte? – Er sagt: Wir pressen die Kinder in Schulen, für die sie gar nicht geeignet sind. Jeder schwach begabte Mensch kann in Österreich ein Doktorat erwerben, wenn er nur lange genug studiert oder lange genug Nachhilfe hat.

Darum geht es nicht, meine Damen und Herren! Es geht um die Möglichkeit im Bildungssystem, und es geht darum, dass wir Kinder dort abholen, wo sie tatsächlich auch mit ihren Interessen, Begabungen und Neigungen stehen.

Daher ist es wichtig, dass man Antworten gibt, und zwar Antworten gibt, die Transparenz schaffen, die Vergleichbarkeit ermöglichen, die Qualität sichern, die Validität herstellen und letztlich die Autonomie und Schulpartnerschaft fördern.

Darum, Frau Bundesministerin, ist es für uns ungeheuer wichtig, dass Sie uns auch eine Antwort geben, wie Sie beurteilen, was die Vorschläge der Sozialdemokratie bedeuten. Was sagen Sie zu den Vorschlägen der SPÖ, die es da gibt im österreichi­schen Bildungssystem? Was sind Ihre Vorstellungen, um die Qualität für das österreichische und heimische Bildungssystem entsprechend abzusichern? Wie stellen Sie sich in Zukunft die bedarfsgerechte Nachmittagsbetreuung vor? Was unternehmen Sie, um Klein- und Kleinstschulen im ländlichen Raum zu erhalten?

Es ist schwer genug, das sicherzustellen, aber es ist wichtig, dass wir Bildung vor Ort anbieten, und nicht Kleinkinder schon zu Pendlern machen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Welche Maßnahmen, Frau Bundesministerin, setzen Sie, um sicherzustellen, dass sich die Erfolgsgeschichte des berufsbildenden Schulwesens auch in Zukunft fortsetzen lässt?

Es ist wohl so, dass die SPÖ Dinge tut, die sie glaubt, aus ideologischen Dingen tun zu müssen. Es wäre gut, wenn die SPÖ lernen würde, Dinge zu tun, die schlicht und einfach notwendig sind, und dazu, meine Damen und Herren, möchte ich Sie einladen.

Ich glaube, dass die Herausforderungen groß genug sind, die wir bewältigen müssen. Wir können uns nicht auf den sehr guten Ergebnissen, die wir in internationalen Vergleichsstudien haben, ausruhen. Nein, das wollen wir nicht! Wir wollen das Bildungssystem weiterhin mit der hohen Qualität bedenken, die es heute hat. Gehen Sie doch ein Stück mit auf diesem Weg! Ich lade Sie wirklich dazu ein – aber gehen Sie bitte ab von diesem starren ideologischen Konzept! (Beifall bei der ÖVP.)

15.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer zu Wort


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gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Frau Bundes­ministerin.

 


15.19

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Bildung ist der Rohstoff der Zukunft. Ich war heute am Vormittag bei der Diplomverleihung an der Fachhochschule in Krems und bei der Startveranstaltung zur Weiterbildungsuniversität in Krems. Es zeigt sich, dass der Trend zu höherer Bildung anhält: mehr als 200 000 Studierende an den Universitäten, rund 21 000 Studierende an den Fachhochschulen und bedeutend mehr Schüler und Schülerinnen in den weiterführenden höheren Schulen. Das ist erfreulich, und deswegen muss Bildung auch der Mittelpunkt der politischen Arbeit sein und muss Bildung auch im Mittelpunkt politischer Diskussionen stehen.

Ich freue mich daher, dass wir heute Gelegenheit haben, ausführlich im Hohen Haus über diesen wichtigen Teil der politischen Arbeit, nämlich über die Bildungsarbeit zu reden.

Meine Damen und Herren! Die Anfragen, die eingebracht wurden, berühren alle Bereiche der Bildung, die besonders wichtig sind.

Zur 1. Frage: „Wie beurteilen Sie die SPÖ-Vorschläge zum österreichischen Schulsystem?“ (Abg. Brosz: Ist das Gegenstand der Vollziehung?)

Ich meine, dass wir grundsätzlich unterschiedliche Auffassungen darüber haben, was die Qualität des Bildungswesens ausmacht. In der SPÖ orte ich das Bedürfnis nach ständiger Umorganisation des Schulwesens. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja absurd! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Wittmann und Sburny.) Das heißt, es werden an mich sehr viele Vorschläge herangetragen, welche die Umorganisation des Schulwesens beinhalten. Da gibt es den Vorschlag, eine Grenze zu ziehen für Pflichtschulen zwischen 300 und 1 000, der im Österreich-Konvent eingebracht wurde. Es gibt die Vorschläge ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittmann, Sie können sich dann zu Wort melden – und bitte, nicht ständig Zwischenrufe zu machen!

Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer (fort­setzend): Es gibt bei jeder Diskussion zum Schulorganisationsgesetz die Vorschläge der SPÖ, die Gesamtschule und die Ganztagsschule einzuführen. Das sind alles Organisationsfragen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube aber, gute Bildungspolitik darf sich nicht im Umorganisieren erschöpfen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), sondern gute Bildungspolitik muss die Qualität im Vordergrund haben, die Qualität, die auch auf der europäischen Ebene eine immer größere Rolle spielt. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Qualität des Bildungswesens wird inzwischen in internationalen Vergleichen gemessen. Die Qualität des Bildungswesens ist auf europäischer Ebene zu einem bestimmenden Faktor geworden. Die EU hat es längst erkannt: Wir greifen nicht in die Schulsysteme der einzelnen Länder ein, wir greifen nicht in die Organisationsformen der einzelnen Länder ein, denn die Organisation ist nicht dafür ausschlaggebend, ob wir gute Schulen, gute Bildungsstätten, gute Bildungsangebote haben. Ausschlag­gebend dafür sind der moderne Unterricht, die Professionalisierung der Lehrer und Lehrerinnen und die guten Rahmenbedingungen. Das ist ausschlaggebend für die Qualität des Unterrichts!


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Deshalb meine ich, dass wir uns in den Anträgen, die immer wieder an mich herangetragen werden, in der Richtung, in die Bildung gehen soll, grundsätzlich in der Frage unterscheiden: Was macht die Qualität aus?

Viele Vertreter in Parlament, der Oppositionsparteien meinen, das Glück liege im Umorganisieren: Schaffung neuer Bildungsregionen, Zusammenlegung von Schulen, neue Gesamtschulen und neue Ganztagsschulen. Ich jedoch meine, die gute Qualität von Bildung liegt in den modernen Angeboten, liegt in den Inhalten, liegt bei den Lehrern und Lehrerinnen, und Gott sei Dank haben wir sehr gute Lehrer und Lehrerinnen, die beste Bildungsqualität bieten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun zur 2. Frage: „Was unternehmen Sie, um die hohe Qualität im heimischen Schulsystem zu erhalten?“

Ich habe zielorientiert im Jahr 1995 die große innere Schulreform begonnen. Nicht eine äußere Schulreform, eine Umorganisation, sondern eine große innere Schulreform mit mehr Autonomie für die Schulen, mehr Autonomie für die Landesschulräte, mit mehr Autonomie für die einzelnen Bildungsangebote. Wir haben den Lehrplan 1999 geschaffen. Wir haben zum ersten Mal die Lehrpläne in Kernbereiche und Erwei­terungsbereiche eingeteilt. Die richtige Stoffauswahl ist ein wichtiges Qualitätskriterium. Wir haben in vielen Bereichen, besonders beim Dienstrecht, mehrere neue mobile Möglichkeiten geschaffen.

Ich halte es aber für besonders wichtig, dass wir an dieser Qualität – wir stehen im weltweiten, im europäischen Vergleich – planmäßig und zielorientiert arbeiten. Ich habe deshalb die Zukunftskommission, das heißt vier Wissenschafter, beauftragt, die Antwort auf die Frage zu erarbeiten: Was müssen wir noch machen, um die Qualität der Schule zu verbessern, um die Qualität der Schule weiterzuentwickeln?

Wir haben auf breitester Basis diskutiert, wir haben alle Oppositionsfraktionen zu diesen Diskussionen, zu den Veranstaltungen eingeladen, und es waren sehr positive Veranstaltungen, bei denen ich das Gefühl hatte, dass in Bezug auf viele Vorschläge auch die Fachleute aus den Oppositionsfraktionen wissen, dass sie für die Schule wichtig und richtig sind und dass sie verwirklicht werden müssen.

Was sind nun diese Vorschläge, die wir derzeit schon umsetzen? – Meine Damen und Herren, eine Qualitätsoffensive entsteht ja nicht so, dass sich einmal Experten zusammensetzen, anschließend das Parlament irgendein Gesetz beschließt oder das Ministerium eine Verordnung erlässt, und das ist dann die Qualitätsoffensive! (Abg. Dr. Jarolim: Wo gibt es die?) Das ist ein Prozess, den wir 1995 begonnen haben und den wir kontinuierlich weiterführen, und zwar mit immer wieder wichtigen, neuen Schwerpunkten.

Ich erwähne die Qualitätsoffensive 2004, die Entwicklung und Erprobung von Bildungs­standards. Zum ersten Mal wird daran gedacht, wie der Output einer Schule gemessen wird. Es wird eine Leadership-Akademie geschaffen, in der die Führungspersön­lich­keiten geschult werden. Es werden die Nachmittagsangebote ausgebaut. Zur Verrin­gerung der Zahl der Klassenwiederholungen werden wir das Frühwarnsystem in das erste Semester verlegen. Der Förderunterricht soll gezielt und bedarfsorientiert angeboten werden, und die Pädagogischen Akademien werden zu Pädagogischen Hochschulen weiterentwickelt.

Was mir auch ein Anliegen ist, das ist die Verbesserung der frühkindlichen Förderung. Diese liegt in der Zuständigkeit der Länder, der Gemeinden. Wir werden zu einer Besprechung einladen, bei der wir besonders die Aktion „Lesefit“, bei der es um das frühkindliche Fördern von Leseverständnis geht, mit den Zuständigen erörtern werden,


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und wir werden diese Aktion gerne auch auf Kindergärten und andere Einrichtungen ausdehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) – So viel zu den Fragen 2 und 3.

Zur Frage 4, der bedarfsgerechten Nachmittagsbetreuung.

Ich bin eine Verfechterin, das zu fördern, was gefordert wird. Die Eltern fordern Betreuung, wenn sie sie brauchen. (Abg. Öllinger: Nein, sie wollen sie haben!) Sie wollen aber nicht flächendeckend ihre Kinder am Nachmittag in der Schule haben. Deswegen sage ich Ihnen: Die Landesschulräte und die Länder werden melden, wo noch eine Nachmittagsbetreuung gebraucht wird. Wir werden die notwendigen Stundenressourcen zur Verfügung stellen. Wir fördern, was gefordert ist, und das ist moderne Politik! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zur Frage 5: „Was unternehmen Sie, um die Kleinschulen im ländlichen Raum zu erhalten?“

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie es immer wieder vehement abstreiten, so stimmt es dennoch: Es wurde von der SPÖ eine Mindestgröße für Schulen beantragt, eine Mindestgröße zwischen 300 und 1 000 Schülern als Untergrenze. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wenn Sie eine Mindestgrenze von 300 Schülern für die Pflichtschulen vorsehen, dann muss ich Ihnen sagen: Es befinden sich 91,5 Prozent der Schulen unter dieser Mindestgrenze von 300 Schülern und Schülerinnen. Das ist so! Dieses Ihr Vorhaben ist nachzulesen in Ihren Aussendungen und in Ihren Vorschlägen für den Österreich-Konvent.

Ich sage Ihnen: Ich halte es für wichtig, dass die Schule im Dorf erhalten bleibt. Eine Schule mit drei Kindern kann nicht mehr geführt werden, aber Schulen mit zehn, zwölf, fünfzehn Kindern, das sind Kleinschulen am Land, die erhalten bleiben sollen. Ich weiß auch, dass die Bürgermeister und Bürgermeisterinnen dies wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch um eines dringend bitten: dass wir Verantwortlichkeiten, die wir eingehen, auch wirklich wahrnehmen. Ich glaube, das ist eine politische Tugend. Es haben die Landeshauptleute mit dem Finanzminister ein Paktum geschlossen, wonach in der Volksschule für 14,5 Volksschüler ein Lehrer zur Verfügung gestellt wird und in den Hauptschulen für zehn Kinder ein Lehrer zur Verfügung gestellt wird. Wir liegen damit weit unter dem OECD-Schnitt! Im OECD-Schnitt ist für 17 Volksschüler beziehungsweise für 13,9 Hauptschüler/Unterstufen-Schüler ein Lehrer vorgesehen. Ich sage Ihnen: Es ist gut so, dass wir diese Maßzahlen haben, denn sie können der Garant dafür sein, dass die Kleinschulen in den Dörfern erhalten bleiben.

Ich bitte Sie wirklich, die Verantwortung, die von den Landeshauptleuten mit dem Finanzminister übernommen wurde, auch so darzustellen und nicht ständig zu sagen, die Bildungsministerin habe wieder neue Sparpläne. Ich habe überhaupt keine Spar­pläne! Ich meine, Schulen müssen gut ausgestattet sein, und dieses Verhältnis ist ein gutes Verhältnis. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich werde alles daransetzen, dass im nächsten Finanzausgleich an diesen Verhält­niszahlen nicht mehr gedreht wird. Ich bin mit allen Bürgermeistern, mit allen Landes­hauptleuten, mit vielen im Gespräch, die politische Verantwortung tragen: Diese Verhältniszahlen dürfen in den Verhandlungen zum Finanzausgleich nicht mehr verändert werden! Das sind Verhältniszahlen, mit denen wir leben können, aber weniger ist nicht mehr möglich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Zur Frage 6: „Welche Maßnahmen stellen sicher, dass die Erfolgsgeschichte des berufsbildenden Schulwesens auch in Zukunft fortgesetzt werden kann?“

Erstens einmal, dass wir berufsbildendes Schulwesen und allgemeines Schulwesen nicht miteinander vermischen. Das ist einmal das Erste! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das Zweite ist, dass wir für zusätzliche Schülerinnen und Schüler an den berufs­bildenden Schulen auch zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung stellen. Das wird gemacht! Für Schülerinnen und Schüler, die mehr an den berufsbildenden Schulen sind, schicken wir auch mehr Lehrerinnen und Lehrer an die Schulen. Wir bauen zielorientiert die berufsbildenden Schulen aus. Seit 1995 haben wir 30 000 Plätze mehr an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen geschaffen.

Meine Damen und Herren! Zukunftsorientierte Bildungspolitik heißt, gute Rahmen­bedingungen zu schaffen: von der baulichen Voraussetzung her, von den Computern her, von der Einrichtung her, von den Möglichkeiten her, die an den Schulen gegeben sind. Gute Bildungspolitik heißt, bestqualifizierte Lehrer und Lehrerinnen zu haben – und Gott sei Dank haben wir diese in Österreich! Ich höre immer wieder, welch gute Leistungen von den Lehrerinnen und Lehrern erbracht werden – und gerade zu Schulende sollte man wieder einmal ein Danke dafür sagen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Gute Bildungspolitik heißt auch, die Qualität des Unterrichts, die Qualität des Angebo­tes kontinuierlich weiterzuentwickeln. Ich lade Sie alle ein, mit der Qualitätsoffensive 2004 und mit dem Bildungsplan 2010 mit uns in Richtung Qualitätsentwicklung des Schulwesens zu gehen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.32

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Mich freut, dass wir hier heute im Zusammenhang mit dieser Dringlichen Anfrage auch einmal die Widersprüchlichkeit und die tief-sozialistischen, ideologisch geprägten Bildungsvorschläge der SPÖ diskutieren können. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Um über die heutige Bildungspolitik zu sprechen und um diese besser analysieren zu können, muss man aber – und ich erlaube mir das jetzt – einen Sprung zurück in die Vergangenheit machen; zurückgehend bis in die siebziger Jahre, also bis in die Zeit der SPÖ-Alleinregierung. Mit Beginn der 68er-Bewegung wurde plötzlich jeglicher Autoritätsgedanke und jeder Leistungsgedanke in Frage gestellt. Jeder in meinem Alter kann sich noch sehr gut daran erinnern; das war meine Jugendzeit, in der es einfach wahnsinnig „uncool“ gewesen wäre, würde man heute sagen, etwas – und wäre es auch nur in irgendeiner Form gewesen – als Autorität anzuerkennen.

Parallel dazu entwickelte sich aber bald seitens der SPÖ-Alleinregierung – unter dem Titel „Chancengleichheit“ – die so genannte sozialistische Schulpolitik. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das werde ich Ihnen gleich sagen, was da passiert ist! Von da an begann ein ständiges Herunternivellieren der Leistungen; sämtliche Leistungen wurden in Frage gestellt. (Abg. Binder: ... Das ist unmöglich!) – Ich wusste, dass Sie jetzt aufschreien werden; mit dem habe ich gerechnet! Trotzdem werde ich Ihnen noch Weiteres schildern!


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Jegliche Autorität der Lehrer wurde schrittweise untergraben. Und wenn Sie heute mit Lehrern sprechen, werden Sie merken, genau das ist der Ansatzpunkt, dass diese sagen: Wir haben heute den Kindern gegenüber nichts mehr in der Hand! Womit sollen wir noch in irgendeiner Form Autorität ausüben? Wie sollen wir die Kinder leiten? (Abg. Sburny: Was sollen sie denn in der Hand haben?)

Der Gipfel, um all das für lange Zeit einzubetonieren – bis zum heutigen Zeitpunkt –, war nämlich der, dass man, was den Schulbereich betrifft, ständig die Verfassung missbraucht und so eben alle Gesetze mit Zweidrittelmehrheit einbetoniert hat!

In weiterer Folge – das sehen wir ja heute anhand der Schulpolitik speziell in der Stadt Wien – wurde auch noch eine völlig falsche Integrationspolitik betrieben, die so weit geht, dass diese falsche Integration mittlerweile zu großen Lernschwächen in den Schulen Wiens geführt hat – und darin mündet, dass die Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache nicht Deutsch und daher auch dem Unterricht nicht folgen können sowie dass die Jugendarbeitslosigkeit, ja die Arbeitslosigkeit überhaupt in Wien geradezu einen negativen Höhepunkt erreicht hat! Sämtliche Arbeitslosenzahlen in Österreich fußen auf diesem schlechten Ergebnis der Stadt Wien! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

All das hat seinen Ursprung in der sozialistischen Alleinregierungszeit. Und ich sage das hier ganz bewusst, bin ganz bewusst in die Vergangenheit zurückgegangen.

Genau die, die heute ständig das Schulsystem kritisieren, dieses schlechtreden, alles infrage stellen, sind diejenigen, die vor 30 Jahren diese völlig falsche Entwicklung eingeleitet haben! Stehen Sie doch dazu! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Eine Umkehr – das sage ich Ihnen auch – geht nur langsam voran. Mein Kollege Amon hat ja bereits darauf hingewiesen, dass Frau Bundesministerin Gehrer da mit einer Umkehr begonnen hat, jedoch: Mühsame einzelne Schritte sind das! (Abg. Dr. Cap: Aber was sagt Maria Theresia?)

Infolge der notwendigen Zweidrittelmehrheit sind Sie von der SPÖ nicht bereit – jedes Mal haben wir hier herinnen eine Debatte darüber –, auch nur irgendeiner Änderung zuzustimmen, die in Richtung Modernisierung des Schulsystems geht. (Abg. Dr. Cap: Aber was sagt Maria Theresia?) Ich bin wirklich gespannt, wie das im Österreich-Konvent weitergehen wird, wie weit Sie von der SPÖ da zu Änderungen bereit sein werden.

Aber ich sage auch – und das durchaus sehr selbstbewusst –: Durch die Mitwirkung der Freiheitlichen in der Bundesregierung, auch durch unsere freiheitlichen Vorschläge, die stets im Regierungsübereinkommen ihren Niederschlag gefunden haben, werden neue Wege im Bildungssystem beschritten, eben in Richtung „klasse: zukunft“, wie das ja heute bereits zitiert wurde.

Diese Veranstaltung in St. Johann war eine hervorragende Veranstaltung, Herr Kollege Niederwieser, auch wenn Sie das nicht so empfunden haben. (Beifall der Abge­ordneten Dr. Partik-Pablé und Amon.) Als ich Ihnen zugehört habe, habe ich gedacht, Sie müssen bei einer anderen Veranstaltung gewesen sein! Ich kann Ihnen sagen: Es war das eine hervorragende Veranstaltung! Die Lehrer haben sich sehr wohl gefühlt, haben konstruktiv mitgearbeitet – und haben genau das aufgezeigt, was ich zuvor ausgeführt habe, nämlich dass ihnen in der Erziehung mittlerweile die Hände gebun­den sind. (Abg. Dr. Cap: Was sagen Sie zum 18. Jahrhundert?)

Ich werde Ihnen jetzt ganz etwas anderes sagen, Herr Kollege Cap, und das wird Sie sicherlich interessieren. (Abg. Steibl: Den Cap interessiert doch nichts! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Ich werde jetzt die Schule der Zukunft nach dem


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„Modell Gusenbauer“ aufzeigen. Das ist hochinteressant! (Abg. Dr. Cap: Was sagen Sie zum 18. Jahrhundert?)

Eine Schule nach dem „Modell Gusenbauer“ schaut folgendermaßen aus: Die Schule hat eine Größe von 300 bis 1 000 Schülern. – Entsetzlich! (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Das heißt, alle Landschulen werden geschlossen; diese Debatte gibt es dann gar nicht mehr. Das ist Ihnen offensichtlich recht.

Weiters: Alle 6- bis 15-Jährigen kommen in einen Schultyp. (Abg. Riepl: Wo steht das?) Das ist alles „Modell Gusenbauer“, eine Zusammenfassung Ihrer Bildungspro­gramme beziehungsweise Pressekonferenzen dazu. (Abg. Wattaul: Das hat er in Moskau gesehen!) – Alle 6- bis 15-Jährigen werden in einem Schultyp zusammen­gefasst. Jetzt frage ich Sie: Wo bleibt da die Sonderschule? Wo bleibt da die Haupt­schule? Speziell die Landhauptschulen, wie das ja schon mein Kollege Amon gesagt hat, haben einen hervorragenden Ruf; diese Schulen haben sich spezialisiert, sind modern im wahrsten Sinn des Wortes, auch im Hinblick auf die Berufsausbildung. (Abg. Dr. Cap: Bleiben Sie doch beim Text!)

Wo bleibt der Schwerpunkt Allgemeinbildung, wenn Sie AHS und BHS zusam­menlegen, Herr Kollege Cap?! Wie wollen Sie das der Wirtschaft erklären, dass es keine HTL-Schwerpunkte, dass es keine kaufmännischen Schwerpunkte mehr geben soll?! Wie wollen Sie das erklären?! (Abg. Dr. Cap: Aber was sagt Maria Theresia?)

Wie wollen Sie von der SPÖ das auch all jenen erklären, die durchaus noch Interesse an einer humanistischen Ausbildung haben, die beispielsweise ab der dritten Klasse Latein haben. (Abg. Dr. Cap: Aber was sagt Maria Theresia?!) – Maria Theresia hat meinen Vornamen als Kosenamen gehabt, falls Sie das interessiert; das hat sie seinerzeit niedergeschrieben!

Jetzt skizziere ich weiter die Schule nach dem „Modell Gusenbauer“: Niemand kann mehr durchfallen! Das heißt, Lernziele müssen überhaupt nicht mehr erreicht werden! Es kann niemand mehr durchfallen, und, wie ja auch Helmut Zilk gesagt hat, dann wiederholt man halt so lange, bis jeder studieren kann! Niemand kann nach Ihrem Modell mehr durchfallen!

Zurück zum Anfang meiner Rede: Das ist ein sozialistisches Schulmodell, resultierend aus der 68er-Bewegung, dem Sie von der SPÖ jetzt noch immer nachhängen, jeden Tag!

Zu weiteren Punkten Ihres Schulmodells: Keine Noten in der Volksschule soll es nach Ihren Vorstellungen geben! Wo bleiben da schulische Vergleiche, nach der sich doch auch die Kinder sehnen?! Kinder sind stolz darauf, Noten zu haben; Noten bedeuten Motivation!

Laut einer Spectra-Umfrage wollen in der Volksschule 73 Prozent Noten haben; 87 Prozent in der AHS. Das Notensystem ist zeitgemäß – und ich sage Ihnen auch, warum: weil im Berufsleben auch Bewertungen erfolgen. Man muss sich immer Bewertungen stellen! Und deshalb brauchen die Kinder dieses Notensystem! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was Sie hier vorgelegt haben, ist einfach sozialistischer Einheitsbrei des Modells der 68er-Generation, und es erübrigt sich eigentlich, mehr dazu auszuführen.

Ich kann nur einmal mehr Ihren Genossen Helmut Zilk zitieren, der Ihnen wörtlich ausrichten ließ, und zwar in einem Gastkommentar –: 

„Nur im Schulwesen lautet die Devise ‚Vorwärts, Genossen, wir marschieren zurück!’ Offenbar haben hier einige die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind vor 10, 20 Jahren stecken geblieben.“ – Zitatende.


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Das ist Gusenbauer’sche Schule, das ist Ihr Modell, wo Sie stecken geblieben sind! (Abg. Dr. Cap: Das war zu hart!)

Ich habe Zilk zitiert, das ist nicht zu hart. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Cap.) Sie lachen, aber es ist eigentlich sehr traurig, muss ich sagen.

Ich sage Ihnen abschließend: Wir Freiheitlichen stehen ganz klar zu einer Schule mit einem Notensystem. Ich sage durchaus, und zwar im Unterschied zum Kollegem Amon: Das ist bei uns Ideologie! Eine gewisse Leistung zu bejahen, ist Ideologie! Wir stehen zur Erziehung der Schüler in der Familie und in der Schule – und nicht ausschließlich in der Schule. Ich sage Ihnen auch: Die Nachmittagsbetreuung darf nur freiwillig sein!

Ich freue mich auf die Diskussion im Bereich „Zukunft – Schule“. Wir werden schauen, wie weit der Konvent es uns ermöglicht, da wirklich einen großen Reformschritt zu machen.

Ich hoffe, Sie sind vernünftig und nehmen sich zu Herzen, was Ihnen Ihr Genosse ausgerichtet hat. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.41

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rada ans Rednerpult. 2 Minuten Redezeit. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Geschäftsordnung. – Bitte.

 


15.41

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Hohes Haus! Die Frau Bundesministerin hat erklärt, dass für 3,2 Schüler im ASO-Bereich, für 10 Schüler im Hauptschulbereich und für 14,5 Schüler im Volksschulbereich ein Lehrer zur Verfügung steht. – Frau Bun­desministerin, das stimmt nicht! Das sind fiktive rechnerische Beispiele!

Dazu zählen noch alle Schulaktivitäten, die im Bereich der Verwaltung abgedeckt werden, Krankenstände, Kuraufenthalte und auch Bildungsfortbildung. (Beifall bei der SPÖ.)

15.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


15.42

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­te­rin! Hohes Haus! Wir reden heute über eine Dringliche Anfrage betreffend „Bedrohung der österreichischen Bildungslandschaft durch SPÖ-Schulreform-Vorschläge“. (Abg. Dr. Cap: Die werden sie jetzt verteidigen!)

Grundsätzlich ist natürlich einmal die Frage berechtigt, ob das einen Gegenstand der Vollziehung betrifft, aber das Präsidium oder der Präsident hat so entschieden, und das nehmen wir zur Kenntnis.

Wir wussten aber auch nicht, dass Sie sich so vor unseren Vorschlägen fürchten, und damit Sie sich bei meiner Rede – einer Rede eines sozialdemokratischen Bildungs­sprechers – nicht fürchten müssen, stelle ich Ihnen ein Schutzengel-Bildchen auf die Regierungsbank. (Der Redner stellt das erwähnte Bildchen auf die Regierungsbank. – Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen – Abg. Steibl: Sehr „lieb“! – Abg. Lentsch: Sehr kindisch!) Da brauchen Sie sich jetzt nicht mehr weiter zu fürchten!


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„Bedrohung“ ist aber ein gutes Stichwort, Kolleginnen und Kollegen. „Bedrohung“ – das ist etwas, was das Bildungssystem tatsächlich derzeit verspürt, und zwar nicht von unserer Seite, sondern von Ihrer Seite. Bedroht fühlen sich die Menschen im Bildungsbereich von dieser Bundesregierung und von dieser Parlamentsmehrheit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dazu zitiere ich eine aktuelle Aussendung des Dachverbandes der Elternvereine, in der Folgendes steht: 

„Obwohl Österreichs Pflichtschulen seit dem Jahr 2000 bereits 120 000 Wochen­stun­den gestrichen wurden, will der Finanzminister weitere Kürzungen erzwingen.

Die massiven Kürzungen haben bewirkt, dass die Klassenschülerzahlen bis zu 20 Prozent gestiegen sind und der Bestand der Kleinschulen akut gefährdet ist. Für Interessens- und Begabungsförderung sowie individuelle Fördermaßnahmen stehen so gut wie keine Mittel mehr zur Verfügung.“

Das schreibt der Dachverband der Elternvereine! Da reden Sie noch darüber, dass die Schulen sich von uns bedroht fühlen, wenn Sie so mit den Schulen umgehen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

In den Jahren der SPÖ-Regierung seit 1970 ist unser Bildungssystem ausgebaut worden, sodass es sich im internationalen Vergleich nicht zu schämen braucht. Unsere Bildungspolitik hat man 30 Jahre lang erleben und auch bewerten können, und da wäre es mir das erste Mal untergekommen, dass sich Menschen tatsächlich davor fürchten müssen.

Bei Ihnen ist das aber anders: Ihre Bildungspolitik lässt Menschen auf die Barrikaden steigen! (Abg. Rossmann: Die Sie organisieren!) Wir sagen: Sie haben Recht, dass sie sich zur Wehr setzen (Abg. Rossmann: Sie organisieren das!) – und wir unterstützen sie dabei!

So viel zu den Bedrohungen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger.) Etwas Geduld, Kollege Spindelegger!

Kommen wir nun zu den Vorschlägen. Normalerweise ist es üblich, dass das Parlament über jene Vorschläge diskutiert, welche die Regierung, welche die Regie­rungsparteien einbringen. Ich habe eine Liste von Vorschlägen der Kollegin Rossmann, da könnte ich bei allen sagen: diskutierbar! Aber der Koalitionspartner hat das offensichtlich so „ernst“ genommen, dass das gleich wieder in die Schublade ver­schwunden ist.

Da bleibt wohl nur zu schauen, was Kollege Amon vorgeschlagen hat. Auch vom Kollegen Amon fehlen die konkreten Vorschläge, sodass Ihnen offensichtlich nichts anderes übrig bleibt – mangels eigener Vorschläge –, als sich mit unseren zu beschäf­tigen und mit dieser Dringlichen Anfrage davon ablenken zu versuchen, dass Sie es sind, die Kürzungen und Ausdünnung im ländlichen Raum hervorrufen.

Ich erinnere daran: Gendarmerieposten gestrichen, Postämter gestrichen, Postbus gestrichen (anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP), und jetzt kommen auch noch die Schulen dazu. – Das ist der wahre Skandal!

Was Sie heute mit dieser Dringlichen Anfrage versuchen, ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver von Ihrer radikalen Kürzungspolitik! (Beifall bei der SPÖ.)

Kommen wir zur PISA-Studie, die hier vielfach zitiert wurde, und zu jenen Staaten, die in der PISA-Studie bessere Ergebnisse hatten als wir.

Natürlich gibt es in den Ländern, die in der PISA-Studie vor uns liegen, flächen­deckende Angebote an ganztägigen Schulen – Schnider, einer der wenigen Kreativen,


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die Sie haben, den ich sehr schätze, bezeichnet sie als Tagesschulen; Sie sollten ihm besser zuhören! –, und natürlich gibt es in diesen Ländern, die in der PISA-Studie vor uns liegen, durchgehend keine Trennung der Kinder mit dem zehnten Lebensjahr, sondern es gibt eine gemeinsame Schule bis zum 14. oder 15. Lebensjahr, und natürlich gibt es dort auch, Kollege Amon, eine individuelle Förderung. Wenn man auf das Kind individuell eingehen will, dann muss man es nicht in unterschiedliche Schultypen trennen, sondern das Geheimnis erfolgreicher Schulsysteme ist es, dass sie auf die individuellen Stärken und Schwächen der Kinder in einer gemeinsamen Schule eingehen und die Kinder gemeinsam unterrichten. (Abg. Amon schüttelt verneinend den Kopf.) Dieses System hat sich als dem unseren überlegen dargestellt. Das sollten Sie wirklich zur Kenntnis nehmen!

Sie stoßen sich an der Forderung nach Abschaffung der Noten in den Volksschulen. – Sie wissen offensichtlich nicht einmal genau, was an den österreichischen Schulen passiert, denn es gibt schon Hunderte Volksschulen in Österreich, in denen alternative Formen der Leistungsbeurteilung praktiziert werden.

Zum Aufsteigen mit „Nicht genügend“, etwas, das Ihnen an unseren Vorschlägen auch nicht gefällt, wird aus der von der Frau Ministerin eingerichtete Zukunftskommission Folgendes berichtet – ich zitiere wörtlich –:

„Nach Auffassung der Zukunftskommission sind beim Repetieren die Nachteile deutlich größer als die damit erzielten Vorteile.“ – Zitatende. (Abg. Dr. Cap: So schaut’s aus!)

Reden wir auch konkret über die ganztägigen Schulformen! – Sie von ÖVP und FPÖ behaupten, wir möchten solche flächendeckend für ganz Österreich einführen. Die Zukunftskommission schlägt – und das unterstützen wir – einen gesetzlich garantierten Anspruch auf Betreuung vor, wenn Eltern dies wünschen. Wir haben das konkret umzusetzen versucht und gesagt: Wir möchten 100 000 Plätze in den nächsten zehn Jahren schaffen! (Ruf bei der ÖVP: Sie – oder die Eltern?) Wir möchten, dass die Bildungspolitik zusätzlich 100 000 Plätze an ganztägigen Schulformen in den nächsten zehn Jahren schafft. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben in Österreich über 1 Million Schülerinnen und Schüler, und wir haben dann mit den vorhandenen rund 150 000 ganztägige Plätze. Vielleicht fängt damit erst die Auswahlmöglichkeit überhaupt an, von der Sie sprechen, denn wenn es nichts gibt, gibt es auch nichts auszuwählen! Da müssen wir zunächst einmal diese Angebote schaffen, damit den Eltern überhaupt geholfen werden kann.

Bleiben wir beim Prozentrechnen! – Ganzflächig wären es 100 Prozent, wir sind da bei 15 Prozent, und ich muss sagen: Wenn wir nach Ihrer Prozentrechnung gingen, dann würden Sie nicht einmal die Mindeststandards bei den neuen Bildungsstandards erreichen.

Aber bleiben wir noch bei den Standards in Mathematik und reden wir von den Stellenplan-Richtlinien! – Hunderte Lehrerinnen und Lehrer werden im heurigen Herbst keine Anstellung mehr bekommen. Die Frage ist: Warum? (Abg. Lentsch: Weil es keine Kinder gibt!)

Kleiden wir das in eine einfache Rechnung, die Sie, Frau Ministerin, dann in die Beispielsammlung für die Standards aufnehmen können!

In Österreich entfallen auf einen Volksschullehrer 12 Schülerinnen und Schüler. Die Regierung beschließt, dass künftig auf einen Lehrer 14 Schülerinnen und Schüler entfallen sollen.


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Frage: Gibt es dadurch bei gleich bleibender Schülerzahl weniger, gleich viel oder mehr Lehrerinnen und Lehrer? (Abg. Dr. Fasslabend: Das ist eine Frage an „Radio Eriwan“!) Die meisten von uns, würden wohl sagen: weniger!

Sie, Frau Bundesministerin, beantworten die Frage ganz anders, Sie sagen: Das kommt darauf an! Es können mehr, aber es können auch weniger sein, denn das obliegt einzig und allein den Ländern und der Autonomie der Schule!

Wenn Ihnen – und Sie, Frau Bundesministerin Gehrer, waren Lehrerin – ein Schüler auf diese einfache Frage so eine Antwort geben würde, dann würden Sie wahrschein­lich sagen: Pflanz einen anderen, nicht genügend, setzen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Cap: Ja, das würde sie sagen!)

15.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Fuhrmann. Wunsch­redezeit: 8 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


15.51

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition: Der Vergleich macht mich sicher! Es gibt auf der einen Seite die Vor­schläge der Regierung, der ÖVP. Da geht es um das Qualitätsmemorandum, da diskutieren wir darüber, welche Ziele die Qualität des Unterrichts haben soll, welche Grundkompetenzen als Basis voranstehen müssen, welche sozialen Fähigkeiten in der Schule gefördert gehören und wie wir den Lehrberuf professionalisieren können.

Dann gibt es eine Qualitätsoffensive, wo wir uns darüber Gedanken machen, wie wir mehr Autonomie an die Schule bringen können, wie wir die Schulpartnerschaft und die direkte Demokratie stärken können. Das ist etwas – siehe Verhaltensvereinbarung! –, was Sie nicht unterstützen. Sie wollen keine Demokratie, Sie wollen keine Fairness!

Wir wollen auch – im Gegensatz zu Ihnen! – mehr Fairness und mehr Objektivität bei Personalentscheidungen.

Weiters gibt es den „Bildungsplan 2010“, wo es darum geht, auch Schulen dahin gehend zu unterstützen, Selbstevaluierungen in Angriff zu nehmen und die Feedback-Kultur zu fördern. Das alles war eingebettet in einen breiten Dialog, wo es 1 800 inhaltliche Beiträge gegeben hat, und zwar in Anlehnung auf die Vorschläge der Zukunftskommission, und wo es viele Bundesländerveranstaltungen gegeben hat und letztendlich einen Dialog mit 360 Personen, die Resümee gezogen haben.

Was steht auf der anderen Seite? – Der Vorschlag der SPÖ: Gesamtschule, Ganz­tagsschule, Zusperren von Klein- und Kleinstschulen – das beträfe immerhin 92 Pro­zent der Pflichtschulen, würde man es so machen, wie Sie es vorschlagen – und das Abschaffen der Noten.

Ich sage Ihnen: Veränderung funktioniert nur dann nachhaltig, wenn man sich traut, die Qualität zu hinterfragen – und nicht so, wie Sie es seit den sechziger Jahren tun, nämlich immer die gleichen Dinge zu predigen, alte Hüte zu präsentieren und nur rein organisatorische Fragen zu behandeln. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Was wollen Sie jetzt damit sagen?)

Die Qualität des Unterrichts hängt von der Auswahl des Lehrstoffes, von einer modernen Methodik und der Nachhaltigkeit der Vermittlung aus. (Abg. Dr. Cap: Was ist die Botschaft?) Die Botschaft, Herr Kollege Cap, ist eine ganz einfache: Wir bekennen uns zu einem guten und differenzierten Schulsystem! Der Grundsatz lautet: Durchläs­sigkeit anstatt Sackgasse zu haben!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 140

Sie von der SPÖ wollen eine Gesamtschule. – Wir von der ÖVP wollen ein Schulsystem, das auf unterschiedliche Talente, Stärken und Schwächen Jugendlicher Rücksicht nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie von der SPÖ wollen einen Einheitsbrei aller 6- bis 15-Jährigen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wir von der ÖVP sind der Meinung, dass es gut ist, dass alle Menschen unterschiedlich sind, dass es positiv ist, dass jeder von uns unterschiedliche Stärken und Schwächen hat. (Abg. Dr. Cap: Sie sind ja leistungsfeindlich!)

Stellen Sie sich vor, hier im Parlament würden lauter Menschen sitzen, die alle gleich sind! Das wäre doch langweilig! Es ist doch positiv, Vielfalt zu haben! Das gehört auch entsprechend gefördert! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Cap: Was haben Sie gegen Leistung?)

Die SPÖ will für alle Kinder die gleiche Ausbildung – unabhängig davon, welche Talente, welche Fähigkeiten und welche Neigungen sie haben. (Anhaltende Zwischen­rufe bei der SPÖ.)

Ich würde Ihnen raten: Akzeptieren Sie endlich, dass das Kind und das Individuum im Mittelpunkt stehen muss – und nicht ein ideologisches Konzept, dass Sie seit 40 Jahren umzusetzen versuchen, das aber erst recht nicht funktioniert! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

In Wien gibt es den Beweis dafür: Da sind die Hauptschulen vernachlässigt worden, die AHS-Unterstufen gehen über – und all das nur deshalb, weil Sie von der SPÖ parteipolitische Interessen in den Vordergrund stellen und das Kind nicht entsprechend würdigen! – Ich glaube, dass das ein großer Fehler ist! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zum Thema „Jugendarbeitslosigkeit“, das hier angeschnitten wurde, kann ich Ihnen sagen, dass das differenzierte Schulsystem in Österreich einen gut Teil dazu beiträgt, dass wir in Österreich EU-weit gesehen die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit haben.

Wir fördern Projekte, um die Lehre attraktiver zu machen. Stichwort: „Karriere mit Lehre“. Dabei geht es auch darum, den Mädchen den Zugang zu technischen Berufen zu erleichtern, oder auch darum, die Imagefrage in den Vordergrund zu stellen, oder etwa darum, Anreize für Unternehmen zu schaffen, etwa in Form der Lehrlingsprämie, die nachhaltig und auch beweisbar eine Verbesserung der Lehrlingssituation gebracht hat. – Wir können auf dieses duale Ausbildungssystem doch stolz sein!!

Was Finnland betrifft, das immer als Vorbild herangezogen wird und wo übrigens natürlich auch das differenzierte Schulsystem vorherrscht, hat Kollege Niederwieser vergessen, zu sagen, dass Finnland, das ,wie gesagt, so gerne als Vorbild hingestellt wird, bei der Jugendarbeitslosigkeit nicht so gut abschneidet. Da trauen Sie sich nicht dasselbe Beispiel zu bringen, denn die Jugendarbeitslosigkeit in Finnland ist dreimal so hoch wie in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

Was Sie hier betreiben, ist eine Politik der alten Hüte, eine Politik der Realitäts­verweigerung! (Abg. Dr. Niederwieser: Das gilt dann auch für die Zukunftskom­mission!)

Ich appelliere an Sie von der SPÖ, endlich einmal einzusehen, dass Sie sich zu Qualität, Leistung und Vielfalt bekennen sollen! (Abg. Dr. Cap: Was haben Sie gegen Leistung?)

Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie endlich auch einsehen, dass jedes Kind das Recht auf Vielfalt hat, ein Anrecht darauf, eine entsprechende Ausbildung zu bekommen! (Abg. Dr. Cap: Was haben Sie gegen Leistung?)


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Nicht umsonst wird im Bildungsmonitoring zum Ausdruck gebracht, dass 79 Prozent der Befragten dem österreichischen Schulsystem ein „Sehr gut“ oder ein „Gut“ geben. Glauben Sie, das passiert umsonst oder das kommt von nirgendwoher?! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich möchte Sie auch einladen, endlich der Realität ins Auge zu schauen und Bildung als die wichtigste Ressource für die Bewältigung der Zukunftsfragen in den Vordergrund zu stellen.

Ich glaube, dass die Investition in Bildung die beste Investition in die Zukunft ist!

Insbesondere der SPÖ sei Folgendes ins Stammbuch geschrieben: Wenn man von Investitionen spricht, dann geht es nicht immer nur um materielle Investitionen, sondern es geht auch um etwas, was gratis ist, aber sicher nicht umsonst, und das nennt sich Hirnschmalz. Das setzen Sie anscheinend nicht ein, denn sonst würden Sie nicht seit 40 Jahren immer mit den gleichen Papieren daherkommen! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen abschließend: Von der Jugend bekommt die SPÖ ein deutliches „Nicht genügend“, und Sie können froh sein, dass es im Parlament kein Sitzenbleiben gibt! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

15.58

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. 8 Minu­ten Redezeit. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


15.58

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Schauen wir uns rückwirkend an, was geplant war! Ich glaube, am Wochenende oder zu Wochenbeginn hat die SPÖ angekündigt, dass sie eine Dringliche Anfrage zum Thema „Eurofighter“ einbringen will. (Abg. Wattaul – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Ich habe sie in der Hand!)

Heute haben wir eine „rasend“ interessante und „aktuelle“ Dringliche Anfrage zum Thema „SPÖ-Versagen in der Bildungspolitik“. Es gibt hier „brechend volle“ Jour­nalistenreihen, die Abgeordneten von den Regierungsfraktionen „tummeln“ sich hier nur so im Raum, ja es ist eigentlich unglaublich, dieser „massenhafte Auflauf“. Die Klubobleute haben sich überhaupt schon vor einer Stunde absentiert. – Also ein „Musterbeispiel“ für lebendigen Parlamentarismus in Österreich. „Gratulation“ an die Regierungsparteien! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass Präsident Khol bei Dringlichen Anfragen an den Herrn Finanzminister Grasser immer dann, wenn bei einer Frage nicht ganz klar war, ob sie die Vollziehung betrifft, gesagt hat: Herr Finanzminister, diese Frage betrifft nicht die Vollziehung, Sie haben die Möglichkeit, Sie zu beantworten oder nicht zu beantworten! – Das hätte er heute wahrscheinlich wieder gemacht.

Heute gibt es eine Dringliche Anfrage an die Frau Bildungsministerin zum Thema „SPÖ-Bildungspolitik“. – Ich höre da keinen Hinweis vom Herrn Präsidenten, dies und jenes sei auch wahrzunehmen.

Na gut, gehen wir trotzdem auf den Inhalt dessen ein, was da heute wieder als Schau­spiel stattfindet. Kollege Amon hat ja diesbezüglich einiges vorgebracht. Ich habe mir überlegt, was man wieder einmal zitieren könnte, um die vorgebrachten Behauptungen zumindest ansatzweise zu widerlegen. Heute habe ich mir eine Studie des Instituts für Familienforschung mitgenommen. Das ist insofern nicht ganz uninteressant, weil die ja etwas mit dem Kinderscheck zu tun gehabt und das Kinderbetreuungsgeld gerechnet haben. Im Gegensatz zur Arbeiterkammer, der sozusagen von Haus aus verdächtige


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und subversive Ambitionen unterstellt werden, kann man das bei diesem Institut ja wohl nicht so in den Vordergrund stellen.

Wenn man sich mit der Frage beschäftigt, ob die Schulorganisation Auswirkungen darauf hat, ob in Österreich faire Chancen gegeben sind oder nicht, würde ich durchaus raten, einmal in diese meiner Meinung nach hochinteressanten Studien des Instituts für Familienforschung hineinzuschauen. Sie behaupten ja immer, wir hätten ein durchlässiges Schulsystem, es gäbe zwar eine große Differenzierung, aber da hätten alle die gleichen Chancen. – Diese Studie stammt aus dem Jahr 2002 und war ein Rückblick auf die Entwicklung der Bildungsabschlüsse in Österreich in den letzten drei bis vier Jahrzehnten. Sie kommt zum Schluss, dass nach wie vor nur 10 Prozent der Kinder von Eltern, die den niedrigsten Bildungsabschluss haben, Maturaniveau erreichen, während 80 Prozent der Kinder von AkademikerInnen Maturaniveau haben. Man kann das auch weiterspielen: 80 Prozent der SchülerInnen, die in eine AHS-Unterstufe gehen, beenden ihrer Schullaufbahn mit Matura, aber nur 12 Prozent derer, die in die Hauptschulen gehen, schließen die Schulzeit mit Matura ab. – Und angesichts dieser Fakten sagen Sie, dass die Schulorganisation Wurscht ist, Sie nicht interessiert und keine Fragen aufwirft. (Abg. Großruck: Haben Sie schon einmal die Bevölkerungsstatistik in Österreich gesehen? Da sehen Sie, wie viele in den Ballungs­zentren wohnen!)

Herr Kollege Großruck, Sie werden wahrscheinlich wieder mit einem Vierzeiler hier her kommen, aber Sie können ja dennoch auch Statistiken lesen. Sie könnten sie sich einmal anschauen. Wer ernsthaft glaubt und behauptet, dass man im Alter von zehn Jahren feststellen kann, ob ein Kind in der richtigen Schule ist, dass man im Alter von 9,5 oder zehn Jahren mit Sicherheit sagen kann, welche Kinder wir sozusagen ausselektieren können und für höhere Bildung nicht geeignet sind, welche Kinder also nicht die Chance bekommen sollen, eine höhere Bildung zu bekommen, maturieren zu können, der ist am falschen Dampfer. Genau das passiert aber in Österreich nach wie vor. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

52 Prozent Hauptschule – das ist ja kein Widerspruch. Wenn ein Vielfaches der Kinder in die Hauptschule geht und dann immer noch mehr MaturantInnen aus der AHS-Unterstufe hervorgehen, ist das ja kein Widerspruch. Das lässt sich mathematisch relativ leicht auflösen! Die Chance, die Matura zu machen, wenn man in die AHS-Unterstufe geht, ist drei Mal so hoch wie bei einem Hauptschulbesuch, und dann gibt es eben gleich viele MaturantInnen. Na kein Wunder! Das könnte man leicht aus­rechnen; angesichts des 10. Platzes in der PISA-Studie sollte das auch Abgeordneten dieses Landes einigermaßen möglich sein. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Zur PISA-Studie selbst: Werner Amon, du kennst sie, du weißt, was drinnen steht. Ich schätze dich durchaus, weil man mit dir redlich über gewisse Punkte diskutieren kann, zumindest außerhalb des Hauses. Aber beim siebenten Versuch zu behaupten, dass Deutschland das Beispiel für ein Gesamtschulsystem ist, da stellt es mir irgendwie alle Haare auf, die vorhanden sind.

„Österreich und Deutschland“ – Zitat PISA-Studie – „sind Länder, in denen vom durchschnittlichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Status der Schulen ein erheblicher Einfluss auf die Schülerleistungen ausgeht.“

Und weiters: „Um die Qualität und Gleichheit im Bildungswesen in solchen Ländern zu steigern, müsste den Unterschieden zwischen den Schulen besondere Aufmerk­samkeit gewidmet werden. Der Abbau der sozioökonomischen Segregation zwischen den Schulen stellt eine mögliche Strategie dar, um diesem Problem beizukommen. – Zitatende.


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Dann kommt Sie von den Koalitionsparteien daher und sagen, Deutschland sei ein Bei­spiel dafür, dass Gesamtschulsysteme nicht funktionierten. Das ist dieses Parla­ments wirklich unwürdig, Werner Amon, das muss ich dir schon sagen! Das hat mit der Re­alität einfach nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Finnland – und damit kann man vielleicht gleich einmal die Kurve kratzen zu den Ausführungen von Kollegin Fuhrmann – hatte bis in die späten siebziger Jahre ein Bildungssystem, das dem österreichischen fast geglichen hat. Finnland und auch Schweden haben eine sehr intensive Bildungsdiskussion durchgeführt und versucht, orientiert auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens Veränderungen im Bildungs­system durchzuführen. Unter anderem darauf reflektierend, dass sich in den skandinavischen Ländern Entwicklungen wie beispielsweise die Erhöhung der Frauen­beschäftigungsquote schon viel früher durchgesetzt hat – die Erwerbsquoten von Frauen sind dort ganz andere als in Österreich –, wird klar, dass gewisse Konse­quenzen wie zum Beispiel ganztägige Schulformen ein logisches Abbild der gesell­schaftlichen Verhältnisse sind. Man hat versucht, die Schulsysteme so zu gestalten, dass soziale Gerechtigkeit halbwegs sinnvoll funktioniert und Benachteiligungen ausge­glichen werden.

Wie kann man da zu Verbesserungen kommen? Finnland ist es innerhalb von 20 Jah­ren gelungen, von einer mittleren Position in sämtlichen Studien – das kann man ja nachprüfen – an die absolute Spitze vorzudringen. Und wenn Sie einmal genauer hineinschauen und dabei feststellen, dass – und das ist ja das Faszinierende schlechthin – die SchülerInnen in Finnland die besten Leistungen bringen und dass vor allem die Unterschiede zwischen den besten SchülerInnen und denen, die die schlech­testen Leistungen bringen, nur einen Bruchteil des Unterschiedes in Österreich aus­macht, dann kann man nicht einfach behaupten, dass die Organisation unseres Schulsystems super ist. Die Finnen haben eine Gesamtschule, so ist es nun mal, sie haben eine Ganztagsschule. Sie haben ein sehr große innere Differenzierung, was im Übrigen überhaupt kein Widerspruch ist, und natürlich auch Begabungsförderung integriert. Das ist doch etwas, was man sich genauer anschauen könnte. Stattdessen geht man her und sagt – ich meine, es betrifft ja nicht uns, denn man könnte bei vielen Punkten darüber schreiben, dass das die Grünen ohnehin nicht gesagt haben –: Die SPÖ kommt aus der Steinzeit daher!

Wenn man dagegen in die skandinavischen Länder schaut, sieht man, diese haben genau die Erfolgsmodelle praktiziert, die für Österreich angebracht wären. Ich finde das langsam echt peinlich, wie diese Auseinandersetzung von Ihnen immer wieder angezettelt wird! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch ein Punkt, der mir wichtig und meiner Meinung nach für die Zukunft der Schulorganisation durchaus bedeutend ist: die Jugendarbeitslosigkeit in Österreich. Das österreichische Modell der dualen Ausbildung hat dazu geführt, dass wir seit Jahren eine relativ geringe Jugendarbeitslosigkeit haben. Stimmt, da hat Kollegin Fuhrmann Recht.

Wenn man sich dann aber die Zahlen umfassender anschaut, wie es dann weitergeht, wenn man sich also die Arbeitslosenstatistik bei den Erwachsenen anschaut und schaut, welche Ausbildung Erwachsene, die in Langzeitarbeitslosigkeit landen, haben, von wo im Schulsystem sie kommen, dann stellt man auf der anderen Seite fest, dass die überwiegende Mehrheit aus der dualen Ausbildung kommt. Sie kommen also aus einer Ausbildungsschiene, die darauf ausgerichtet ist, manuelle Fähigkeiten auszu­bilden.

Da stelle ich mir jetzt schon langsam die Frage, ob dieses duale Ausbildungssystem, so wie es wir haben – also mit 15 aus dem Schulsystem raus, dann nur mehr relativ


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kurze Zeit schulischen Unterricht –, ob das die Antwort der Zukunft sein kann, wenn man sich die technologische Entwicklung in den Lehrberufen anschaut. Und ich sage Ihnen: Es ist kein Wunder, dass genau die SchülerInnen dann auch in hohem Ausmaß in der Arbeitslosigkeit landen. – Wenn Sie sich dagegen Finnland anschauen, dann werden Sie zwei Entwicklungen feststellen: Die Jugendarbeitslosigkeit in Finnland sinkt, allerdings ausgehend von einem wesentlich höheren Niveau. (Abg. Amon: Viermal so hoch!)

Das ist wahr, das ist richtig: Die Arbeitslosigkeit generell in den skandinavischen Ländern, insbesondere in Finnland sinkt jedoch auch, wenn man die Entwicklung betrachtet. Ja, Werner Amon! Aber betrachten wir doch einmal die Ausgangs­positionen, sonst sind das nur absolute Vergleiche, die wenig Sinn machen.

Jeder, der über Finnland vernünftig redet, wird feststellen, dass es sich um ein Land handelt, das allein von der Sprache her in einer sehr schwierigen Situation ist. Eine eigene Sprache, die gerade mal von ein paar Millionen Einwohnern gesprochen wird, das bringt einfach wirtschaftliche Nachteile. Die Finnen haben beispielsweise in Hoch­technologie sehr stark investiert: Nokia als Beispiel. Ein Unternehmen wie Nokia in Finnland könnte mit einem Schulsystem, wie wir eines haben, schwerlich existieren. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Es geht darum, dass ein entsprechender Anteil der Bevölkerung eine Ausbildung hat, um im Hochtechnologiebereich arbeiten zu können. Das ist nämlich die Grundlage für eine solche wirtschaftliche Entwicklung. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das löst bei Ihnen Aufschreie aus; vielleicht lesen Sie einmal in den entsprechenden Studien nach. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Finnen sind einen Weg gegangen, dessen Ziel es ist, möglichst viele Menschen zu einem hohen Bildungsabschluss zu bringen, und sie gehen ihn erfolgreich. – Die Regierung in Österreich ist die einzige in Europa, die sagt: Wir wollen 40 Prozent der Bevölkerung in dualer Ausbildung halten – und dabei noch meint, dass das die Antwort der Zukunft ist. Ich sage Ihnen, das ist sie nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. 6 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.08

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Um ganz kurz zu replizieren: Mir ist es so vorgekommen, als hätte Kollege Brosz gesagt, dass quasi jeder, der nicht die Matura macht, seine Chance im Leben vertan hat und irgendwo als Hauptschüler endet. So hat das jedenfalls für mich geklungen.

Ich sage dagegen: Zur Ausbildung gehören genauso auch die berufsbildenden Schulen. Und ich sage auch: Die Lehrlinge und die Facharbeiter sind eine wesentliche Stütze unserer Klein- und Mittelbetriebe – und nicht nur dieser. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In einem Betrieb wie Nokia, weil Sie den gerade angesprochen haben, werden nicht die Akademiker sitzen und Handys zusammenbauen, sondern dafür braucht man wirklich Fachkräfte (Abg. Öllinger: Meinen Sie Frauen?), die mit den hochwertigen Maschinen arbeiten können, und genau dafür braucht man diese Menschen auch. So ein Betrieb braucht eine Vielfalt an Ausbildungen. Ich meine auch, dass das nicht nur in Finnland funktioniert, sondern sehr gut auch bei uns hier.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 145

Ganz kurz zur Anfrage betreffend die Bedrohung der österreichischen Bildungs­landschaft durch SPÖ-Schulreformvorschläge. Ich habe die Wortwahl auch etwas ungewöhnlich gefunden, aber es war zumindest nicht so ungewöhnlich, als dass ich mir nicht angeschaut hätte, was an Vorschlägen denn damit gemeint ist. Ich habe mir dazu ein paar Aussendungen der SPÖ durchgelesen.

APA-Aussendung vom 7. Oktober 2003: „Gusenbauer schwebt an den Ganztags­schulen eine Fünf-Tage-Woche mit verpflichtender Anwesenheitszeit von 8.30 bis 16.30 Uhr vor.“

Das heißt, er will dort alle verpflichtend von 8.30 bis 16.30 Uhr drinnen haben. Ich will jetzt gar nicht bewerten, ob das gut oder schlecht ist. Ich spreche nur davon, was da gefordert wird. – Das ist das eine.

In dieser Aussendung steht weiters: „... für das Mittagessen sollen auch sozial gestaffelte finanzielle Beiträge der Eltern eingehoben werden. ... ein ganztägiger Platz koste etwa 3 000 € pro Schuljahr.“ – Ich habe das ganz kurz eingetippt, 250 € pro Monat sind das. – Und weiters: „Gegengerechnet werden müsse dies aber mit den Essensbeiträgen der Eltern sowie höheren Sozialversicherungs- und Steuer­bei­trägen ...“

Was heißt das jetzt im Klartext? Die Eltern müssen 250 € im Monat aufwenden, damit ihre Kinder eine Ganztagsschule besuchen können, die verpflichtend ist, und bezahlen müssen sie sie selber erstens durch die Essensbeiträge, zweitens durch höhere Sozialversicherungsbeiträge, drittens durch höhere Steuerbeträge. Das ist der Vorschlag der SPÖ vom 7. Oktober 2003; das kann jeder nachlesen.

APA-Aussendung vom 28. Feber 2004: „Es sei ,absurd’ nicht nach dem Maß der Fähigkeiten sondern nach dem Maß der Unfähigkeit zu selektieren ...“

Jeder weiß, dass man verschiedene Ausbildungswege wählen kann. Man kann die Stärken intensivieren und somit jemanden vorantreiben, man kann auch versuchen, die Schwächen zu kompensieren, aber eines davon herauszustreichen und als absurd zu bezeichnen, halte ich für falsch.

Was wollen wir mit unserer Schulbildung? – Wir wollen eine allgemein gültige, gute Bildung, eine allgemeine Ausbildung, eine, wenn man so will und zum Beispiel die AHS nimmt, Reifeprüfung, die eine gute Grundlage, eine gute Basis für unsere Schüler ist.

In der gleichen Presseaussendung steht: „Abschließend sprach sich Gusenbauer für die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit für schulpolitische Fragen aus. Die politische Praxis der letzten Jahre habe gezeigt, dass diese mehr ein Verhinderungs- ...mechanismus sei.“

Da habe ich mir gedacht: Warum stimmen Sie da eigentlich nicht mit? Also Sie sagen damit eigentlich, dass Sie dadurch, dass Sie einer Regierung nie die Möglichkeit einer Zweidrittelmehrheit bieten, Fortschritte in der Bildungspolitik verhindern. Ist das so richtig? Habe ich das richtig verstanden? – Ich glaube schon. Kann man das so sagen? – Na ja, man kann es ja auch nachlesen, es steht ja schwarz auf weiß da.

Es ist heute schon vielfach zitiert worden: „Die SPÖ schlägt im Österreich-Konvent eine Mindestgröße für Schulen von 300 ... Schülern vor.“ Wann war das? Am 5. April 2004. Das hat ja nicht nur zur Folge, dass man schon kleine Kinder zu Pendlern macht. Viele von Ihnen sitzen hier ja als Gemeindevertreter, wie Sie immer wieder großartig verkünden, und Sie wissen genau, dass eine Schule nicht nur eine Bildungsstätte, sondern auch eine Integrationsstätte ist. Wenn man einer kleinen Gemeinde die Schule wegnimmt, dann wird früher oder später wahrscheinlich auch der Nahversorger wegfallen, dann wird der Arzt wegfallen oder was auch immer, und das wird nicht


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 146

funktionieren. Das Bildungssystem in die Zentralräume zu rücken, ist jedenfalls nicht unsere Absicht. Ich will gar nicht bewerten, ob das richtig oder falsch ist, aber das ist jedenfalls Ihre Vorstellung von Bildungspolitik.

Auf der anderen Seite sagen Sie dann wieder am 1. April 2004: „Es wird zu wenig getan für jene, die weniger begabt sind, und zu wenig für jene, die hoch begabt sind; unser Schulsystem tut so, als gebe es Durchschnittsschüler.“

Ja, wie will man das machen, wenn man in einer Schule mindestens 300 Schüler haben will? Wie kann man da auf spezielle Begabungen eingehen? Man hat da erst wieder so eine große Anzahl von Schülern. Wie kann man denn da sehen, ob einer begabt ist oder Mängel hat?

Am 1. April 2004 steht aber auch zu lesen: „Der SPÖ-Vorsitzende erklärte aber auch dezidiert, dass die SPÖ keine verpflichtende Ganztagsschule anstrebe, ...“ 

Da habe ich mir gedacht, ich habe doch am 7. Oktober gelesen: Ganztagsschule mit verpflichtender Anwesenheitszeit. Also das hat sich dann über die Weihnachtsferien geändert, und im April haben wir jetzt dann doch keine verpflichtende Ganztagsschule.

Über die Vorschläge, ob sie gut oder schlecht sind, lässt sich streiten. Man kann nur nicht wirklich eine Richtung oder ein Konzept erkennen.

Noch etwas dazu: „Muttonen bezeichnete es auch als besorgniserregend, dass in bestimmten Schultypen, wie beispielsweise den Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) Kunsterziehung als eigenes Fach in keiner Weise vorgesehen ist.“

Das mag auch berechtigt sein, das ist Ihre Ansicht. Auf der anderen Seite haben wir vorhin einer Presseaussendung entnommen, dass man die Stärken fördern müsse. Wie soll man das jetzt machen, wenn man zum Beispiel auch in einer HTL musischen oder künstlerischen Unterricht anbietet? Das bedeutet nämlich, dass man für anderes natürlich weniger Zeit hat. Andererseits habe ich auch nie gesehen, dass in einer musischen Schule Elektrotechnik angeboten wird. Also man muss sich schon einmal darauf festlegen, was man wirklich will.

Ich habe bereits am Anfang gesagt, dass ich nicht beurteilen möchte, ob das gut oder schlecht ist. Ich wollte nur einmal Ihre Positionen, Ihre Vorschläge hier vorlegen, damit das auch die Zuschauer hier noch einmal sehen, und die können sich wirklich ihre eigene Meinung bilden. Ich würde mir wünschen, dass Sie konkrete Vorschläge machen, dass Sie dann zu diesen Vorschlägen auch stehen und dass das ein ein­heitliches Konzept ist. Irgendwo habe ich gelesen, das es noch bis zum Herbst dauern wird, bis das Konvolut einmal wirklich fertig sein wird. Vielleicht können wir dann noch einmal darüber diskutieren. Aber ich sage einmal: Die Halbzeit ist nicht sehr impo­nierend. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.16

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Kollege Lichtenegger hat vorhin gesagt, die SPÖ wolle, dass 250 € pro Monat für ganztätige Schulplätze zu bezahlen sind. – Diese Aussage ist unrichtig! Und ich füge dazu: Sie haben das richtig zitiert, aber den falschen Schluss gezogen.

Richtig ist, dass das die Kosten sind, die der öffentlichen Hand erwachsen. Die Beiträge für die Eltern sind nicht die 250 €, sondern die Essensbeiträge. Das ist die korrekte Formulierung, wenn Sie das alles genau durchlesen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.16

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 147

Präsident Dr. Andreas Khol: Tatsächliche Bestätigungen gehören an sich in Debat­tenbeiträge, aber es war das eine tatsächliche Berichtigung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.17

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wieder einmal erleben wir in diesem Haus eine Dringliche der Regierungsparteien. Wieder einmal ist es Ihnen gelungen, ein Thema aufzugreifen, das Ihre eigenen Kollegen und Kolleginnen als offenbar wirklich dringliche Dringliche empfinden. So kann man die heftige Beteiligung aus Ihren Reihen wohl werten. Wieder einmal ist es Ihnen gelungen, Verdrehungen, Schreckgespenster riesengroß aufzublasen, um dann dagegen anzurennen. Und wieder einmal ist es Ihnen gelungen, aus der untersten Schublade Plattitüden auszupacken, die wirklich an sehr wohl ideologisch begründete Debatten von Ihrer Seite aus den sechziger Jahren erinnern, wo wir uns doch denken, dass wir die in der bildungspolitischen Debatte schon lange überwunden hätten. Leider fallen Sie wieder in diese Phase zurück. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das alles beweist genau zwei Dinge: Erstens scheuen Sie die Debatte über die Abfangjäger offenbar ganz entsetzlich, verständlicherweise. Und zweitens sind Sie ganz offensichtlich nicht bereit, mit uns eine sachliche Debatte über unsere tat­sächlichen Vorschläge zur Bildungspolitik zu führen. Das zeigt auch, auf welch tönernen Beinen Ihre eigenen bildungspolitischen Vorschläge stehen, von denen man in dieser Debatte herzlich wenig hört. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber nun zu den unwahren Behauptungen und Unterstellungen in Ihrer Dringlichen: Zum einen: Die SPÖ sei für die zwangsweise flächendeckende Ganztagsschule in ganz Österreich. Das wissen Sie viel besser, wenn Sie sich ein wenig damit beschäftigt haben, dass es überhaupt nicht darum geht.

Wir von der SPÖ sagen: Die Hälfte der Schulen soll ganztägige Angebote machen. Und von wegen zwangsweise – das wissen Sie auch – Es geht nicht darum, die Leute zu zwingen, ihre Kinder in ganztägige Schulformen zu geben, sondern dass in Wirklichkeit ein Riesenbedarf danach besteht.

In Wirklichkeit muss man Sie von den Koalitionsparteien dazu zwingen, nämlich politisch dazu zwingen, dass Sie den Bedürfnissen der Eltern und der Schüler und Schülerinnen nachkommen und dieses Angebot endlich auch schaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Zweite ist die zwangsweise verschränkte Ganztagsschule. Das stimmt natürlich auch nicht. Obwohl die meisten Pädagogen und Pädagoginnen das als das sinnvollste Konzept bezeichnen, sagen wir, es soll eine Durchmischung geben. Und wiederum: Wenn schon Zwang, dann muss durch öffentliche Debatte der politische Zwang ausgeübt werden, um Sie auch dazu zu bringen, nicht nur ganztagsbetreute Schul­formen zu bringen, sondern auch diese sinnvollen pädagogischen Konzepte zu verwirklichen und nicht nur halbherzige Konzepte durchzusetzen, denn dazu neigen Sie leider.

Drittens möchte ich noch die besonders phantasievolle Verdrehung betreffend unsere Vorschläge im Österreich-Konvent hervorheben. – Frau Bundesministerin, Sie wissen auch viel besser, was da gefordert wird, und Sie wissen, dass die SPÖ natürlich keinesfalls Vorschläge macht, die zu einer Schließung eines hohen Anteils der Schulen führen würden. – Im Gegenteil: Es geht darum, auf Verwaltungsebene Zusammen­fassungen zu schaffen, um die einzelnen Standorte erhalten zu können!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 148

Frau Bundesministerin, Sie könnten aus dem Papier, das Sie in Händen halten, den betreffenden Satz auch richtig zitieren! Ich mache das aber gerne für Sie. Sehr geehrte Damen und Herren, es geht darum, eine Mindestgröße von 300 bis 1 000 Schülern für die sinnvolle Verwaltung, aufgeteilt auf mehrere Schulstandorte, zu schaffen, um eben genau die kleinen Standorte zu erhalten.

Die Wahrheit ist, dass die kleinen Standorte sehr wohl bedroht sind, aber, Frau Bundesministerin, nicht durch unsere Vorschläge, sondern – im Gegenteil – durch Ihre Einsparungsmaßnahmen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Ihre Einsparungsmaßnahmen führen nämlich dazu, dass durch die Kürzung bei den Schülerverhältniszahlen eine Situation hervorgerufen wird, dass letztlich allein in Niederösterreich – allein in einem Bundesland! – 40 Schulen geschlossen werden müssen! Und das, Frau Bundesministerin, sehr geehrte Damen und Herren, wollen Sie durch die Verdrehung konstruktiver und sinnvoller Vorschläge unsererseits kaschieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Silhavy: Genau so ist es! Das ist ein Skandal!)

Zur gemeinsamen Schule der 6- bis 15-Jährigen: Jawohl, es gibt zum Beispiel eine Studie des Instituts für Familienforschung – Kollege Brosz hat sie zitiert –, die kritisiert, dass die soziale Selektion in Österreichs Schulen zu hoch ist.

Ich erinnere Sie von der ÖVP daran, dass Ihre eigene Partei in der Steiermark diesbezüglich sehr wohl konstruktive Vorschläge macht! Versuchen Sie doch, sich einmal sinnvoll mit Vorschlägen auseinander zu setzen, die der europäischen Norm entsprechen – und nicht einfach in die unterste Schublade zu greifen!

Ihre Phantasie, die Sie aufgewendet haben, um die Argumente betreffend diese Anfrage zu erfinden, sollten Sie das nächste Mal doch eher dazu verwenden, um sich zu überlegen, wie Sie die Vorschläge Ihrer eigenen Zukunftskommission umsetzen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Cap: Jawohl!)

16.22

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


16.22

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich über den Verlauf dieser Diskussion sehr erstaunt bin. (Abg. Eder: Aber!)

In Sitzungen des Unterrichts- und des Wissenschaftsausschusses wird immer wieder, und zwar gerade von der Opposition, bedauert, dass hier im Hohen Haus manche Bildungsfragen beziehungsweise manche Wissenschaftsfragen nicht besprochen und ausführlich diskutiert werden. – Heute haben wir Gelegenheit, ausführlich über Bildung zu diskutieren, und dann wird diese Diskussion als „Schauspiel“ bezeichnet!

Ist es denn so unwichtig, über Bildung zu reden, meine Damen und Herren? (Abg. Silhavy: Für Ihre Partei offensichtlich schon!) Ist es wirklich notwendig, dass man dieses Thema mit Schutzengelbildchen lächerlich macht, die mir da hergestellt werden? (Abg. Steibl – in Richtung SPÖ –: Das ist unterste Schublade!) Ist es notwendig, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen mit Fragen und Rechenaufgaben, die man stellt, die angeblich schwierig zu lösen oder aber auch simpel sein sollen?

Ich glaube, dass sich die Bildung, die Schule und gerade die Förderung unserer Kinder eine ernsthafte Diskussion verdient haben! Und wenn aus Ihren Anträgen etwas wortidentisch wiedergegeben wird, dann bitte ich Sie, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass die Zitate jeweils Ihren Anträgen und Ihren Aussendungen entnommen wurden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 149

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, wirklich einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass das Finanzausgleichsgesetz, auf dessen Basis diese Verhältniszahlen aufbauen, hier im Parlament beschlossen wurde und dass es sich hiebei um eine Vereinbarung zwischen den Landeshauptleuten und dem Finanzminister handelt. Ich bitte Sie von der SPÖ wirklich dringend, gerade in Wien darauf zu achten, dass nicht wieder Lehrer und Schüler verängstigt werden, indem man über eine „Sparpolitik der Bildungs­ministerin“ spricht. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Vor kurzem haben wir einen Rechnungshofbericht diskutiert, in welchem mir der Rechnungshof vorgeworfen hat, dass ich nicht spare. Von Ihrer Fraktion bin ich aber gefragt worden, was ich endlich zu tun gedenke, damit ich die Sparziele, die der Rechnungshof vorgibt, erreiche!

Ich spare auf diesem Gebiete nicht! Die Landeshauptleute haben mit dem Finanz­minister Verhältniszahlen für die Zuteilung der Dienstposten im Pflichtschulbereich vereinbart, und diese Vereinbarung ist schlussendlich von der Regierung umzusetzen.

Meine Damen und Herren! Es müssen noch einige Dinge klargestellt werden. Herr Abgeordneter Niederwieser hat dieses Rechenbeispiel gebracht. – Von 14,5 Kindern ist in der Vereinbarung zwischen den Landeshauptleuten und dem Finanzminister die Rede. Ich sage Ihnen: Wenn es immer weniger Kinder gibt, dann werden einige Stand­orte geschlossen werden müssen! (Zwischenruf der Abg. Mag. Muttonen.)

Ich habe den Landeshauptleuten gesagt: Der Schülerschwund schlägt sich nicht vollkommen auf Dienstpostenreduktionen nieder, sondern er schlägt sich etwa zur Hälfte auf die Dienstpostenreduktion nieder. Dort, wo keine Kinder sind, können auch keine Schulen mehr aufrecht erhalten werden. Aber dort, wo zehn, 20 und 30 Kinder sind, wollen wir mit unseren guten Verhältniszahlen die Schulen absichern.

Wir wollen auch nicht, dass zehn Gemeinden mit 30 Kindern zu einer Schulverwaltung zusammengelegt werden. Das wäre ja die Konsequenz aus Ihrer Idee, dass mindes­tens 300 Kinder in einer Schulverwaltung sein müssen! Demnach würden dann zehn Gemeinden mit 30 Kindern einen Direktor haben. Das funktioniert doch nicht! Ich will die kleinen Schulstandorte mit ihren eigenen Direktoren und Direktorinnen erhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.)

Es wurde hier wieder Finnland erwähnt: Ich möchte nur richtig stellen, dass sich die PISA-Studie auf die Lesefähigkeit bezogen hat. – Ich möchte wirklich zurückweisen, dass man hier herausgeht und feststellt, dass die Firma Nokia wahrscheinlich in Österreich ihr erfolgreiches Wirken nicht umsetzen könnte, weil das Schulsystem nicht gut genug ist. Das haben sich die österreichischen Schulen und die österreichischen Lehrer und Lehrerinnen nicht verdient, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Weltgesundheitsorganisation hat am 4. Juni einen Bericht veröffentlicht. Die Welt­gesundheitsorganisation hat in 35 Ländern Schüler und Schülerinnen danach befragt, ob sie die Schule sehr mögen, weniger mögen oder gar nicht mögen. – Österreich liegt mit dem vierten Platz weltweit an hervorragender Stelle! Von den 15-jährigen Schülern und Schülerinnen in Österreich sagen 27 Prozent der Burschen und 23 Prozent der Mädchen, dass sie die Schule sehr mögen. (Abg. Dr. Cap: War das eine anonyme Befragung?) Ich habe jetzt nur die Antwort „sehr mögen“ genommen.

Ich darf Ihnen jetzt aber auch noch sagen, welches Ergebnis für die finnische Schule vorliegt: In den finnischen Schulen fühlen sich die Jugendlichen am wenigsten wohl. Nur 4 Prozent der Burschen und 4,5 Prozent der Mädchen sagen dort, dass sie die Schule sehr mögen. (Abg. Mag. Molterer: Das spricht für sich!) Ich bin stolz auf unsere


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 150

österreichischen Schulen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Abg. Dr. Cap: Bei dieser Befragung müssen die Lehrer dabei gewesen sein!)

16.28

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.28

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bildungsministerin! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Kuntzl, das Thema Abfangjäger ist abgehakt! Die Bildungspolitik ist ein Zukunftsthema, daher diskutieren wir heute hier im Hohen Haus über diese Fragen.

„Vorwärts Genossen, wir marschieren zurück!“, das haben nicht wir gesagt! Das hat Ihr ehemaliger Unterrichtsminister, der geschätzte ehemalige Bürgermeister von Wien Dr. Zilk gesagt. Zilk hat weiters gesagt: Offenbar haben einige die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sind vor zehn, 20 Jahren stecken geblieben!

Wenn Ihr eigener SPÖ-Unterrichtsminister davon spricht, dass Sie zehn bis 20 Jahre Rückstand in der Bildungspolitik haben, dann werden es wohl in Wirklichkeit 30 oder 40 Jahre sein! Sie von der SPÖ kramen heute bildungspolitisch in einer ideologischen Mottenkiste! Sie sind für, diese bürgerliche Regierung hingegen ist gegen eine Ganztagsschule! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir sind gegen ganztägige Schulformen mit verschränktem Pflichtunterricht. Wir sind für Wahlfreiheit, wir sind für den Ausbau der Nachmittagsbetreuung auf freiwilliger Basis, vor allem aber nur dort, wo sie auch gebraucht wird. – Sie von der SPÖ hingegen wollen immer verordnen!

74 Prozent der Bevölkerung hält die Nachmittagsbetreuung auf freiwilliger Basis für eine gute Idee. Seit 1997 wurde die Nachmittagsbetreuung um ein Drittel ausgeweitet, weitere 10 000 Plätze sollen in den nächsten drei Jahren geschaffen werden; das wird eine Steigerung um 20 Prozent sein. Das Ziel ist natürlich eine flächendeckende, bedarfsorientierte Nachmittagsbetreuung auf freiwilliger Basis. – Das ist der Unter­schied zur SPÖ-Bildungspolitik!

Die ÖVP ist auch gegen die von der SPÖ forcierte Gesamtschule. Wir wollen, dass auf unterschiedliche Talente, Stärken und Schwächen eingegangen wird. Herr Kollege Brosz, wir sind für ein differenziertes Schulsystem, so, wie die Deutschen das in Bayern und Württemberg machen. Auch dort gibt es das differenzierte Schulsystem. Im übrigen Deutschland gibt es allerdings die Gesamtschule, und darum schneidet Deutschland eben bei der PISA-Studie nicht sehr gut ab. Das sagt sogar deren Bundeskanzler Gerhard Schröder: Viele andere Staaten schaffen es, herkunfts­bedingte Lernnachteile auszugleichen. Wir schaffen es nicht, wir sind, was die Bil­dungschancen angeht, ein gespaltenes Land. – Zitatende.

In Anbetracht dessen ist die Entwicklung der Gesamtschule durchaus auch in Deutsch­land von Interesse. Wir schauen uns da nicht zu viel ab! Gesamtschulen bedeuten nämlich für uns eine Nivellierung nach unten.

Wir bekennen uns zur Leistung, und daher sind wir für die Beibehaltung von Noten sowohl in Volks- als auch Hauptschulen. Im Übrigen: Auch fast Dreiviertel der Bevöl­kerung wollen den Fortbestand von Noten.

Die SPÖ fordert die Abschaffung des Sitzenbleibers bis zur achten Schulstufe; alle sollen durchkommen. Das ist der Bildungseinheitsbrei, den Sie von der SPÖ wollen! 87 Prozent der Bevölkerung meinen jedoch, dass mit mehreren „Fünfern“ wohl kein Staat zu machen sei.


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Wir wollen zwar, dass schwächere Schüler bei der Erreichung der Klassenziele unterstützt werden, wollen jedoch nicht, dass sozusagen alles ohne Leistung funktioniert. Positive Beispiele sind ein Frühwarnsystem, das jetzt auch ausgebaut werden soll, und Förderunterricht.

Wir sind für Bildungsstandards zur Qualitätssicherung. Bildungsstandards haben Orientierungsfunktion. Wir sind für die Durchlässigkeit des Bildungssystems. Soziale Kompetenz, Teamfähigkeit, Selbsttätigkeit, motivationsstärkende Selbsterfahrung und Wissensmanagement sind Themen einer modernen zukünftigen Bildungspolitik.

Wir von der ÖVP treten für die Erhaltung der Schule im Dorf ein. Die SPÖ ist für eine Schließung und für eine Ausdünnung des ländlichen Raumes. Tatsache ist, dass das SPÖ-Papier, das beim Österreich-Konvent vorgelegt wurde, Schulgrößen von 300 bis 1 000 Schülerinnen und Schülern zum Inhalt hat. 90 Prozent der Pflichtschulen wären in diesem Fall von Schließung und Zusammenlegung betroffen. – Wir von der ÖVP wollen eher die Dorfschulen im Dorf lassen und diese zu Bildungszentren ausbauen.

Wir sind gegen die SPÖ-Forderung, dass Lehrer ganztags an der Schule tätig sind. Wo Lehrer die Hausübungen anschauen, Schularbeiten korrigieren und sich vorbereiten, das sollen sie selbst entscheiden! Österreichs Pädagogen leisten ausgezeichnete Arbeit, sie sind auch auf den verschiedensten Ebenen ehrenamtlich tätig. Ohne unsere Pädagogen würde Österreich im Sozial-, Sport- und Kulturbereich wirklich einen Fehlbestand aufweisen! (Abg. Dr. Cap: Wer hat die Rede geschrieben? Woher haben Sie den Text?)

Wir sind für eine noch bessere Ausbildung der Pädagogen. Daher werden die Pädagogischen Akademien zu Hochschulen aufgewertet. Hiebei geht es vor allem um die Verbesserung von Kernkompetenzen und um das Anbieten von zusätzlichen Qualifikationen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Abschließen möchte ich mit zwei äußerst positiven Beispielen. Die Entwicklung der Fachhochschulen ist eine einzige Erfolgsgeschichte. Es gibt 7 120 Studienanfänger und insgesamt mehr als 22 000 Studienplätze in 141 Studiengängen, und im Jahre 2010 werden immerhin 33 000 Studienplätze im Fachhochschulbereich ange­boten und 200 Millionen € pro Jahr dafür aufgewendet werden.

Auch die Universitätsreform ist ein international beachtetes Reformwerk, mit den Hauptpunkten Schwerpunktbildung und Profilentwicklung, Leistungsvereinbarungen zwischen den jeweiligen Universitäten und dem Wissenschaftsministerium, abge­stimm­ter Universitätsbauplan, Erarbeitung von europäischen Standards, einheitlicher Kollek­tivvertrag, Infrastrukturpaket und Schaffung einer Vorzieh-Professur.

Was haben die Sozialdemokraten zur Hochschulreform beigetragen? – 57 Mal haben sie beeinsprucht, weil sie diese Reform eigentlich überhaupt abgelehnt haben. Sie sind nicht für die moderne Entwicklung einer modernen Bildungspolitik. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.35

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. Aus gegebenem Anlass rufe ich die Bestimmungen der Geschäftsordnung in Erinnerung: Eine tatsächliche Berichtigung beginnt mit der Darstellung des zu berichtigenden Sachverhaltes, dem wird der richtige Sachverhalt gegenüber gestellt, und es wird keine politische Wertung vorgenommen. – Bitte.

 



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16.36

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Sonnberger hat soeben in seiner Rede behauptet, die SPÖ vertrete ein Konzept, nach welchem die Mindestschulgröße 300 bis 1 000 Schüler betragen soll.

Ich stelle richtig: Diese Zahlen beziehen sich auf die Mindestgröße einer Verwaltungs­einheit, allerdings gilt das natürlich aufgeteilt auf mehrere Schulstandorte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sage das nach jedem ÖVP-Redner gerne noch einmal. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scheibner.)

16.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war eine tatsächliche Berichtigung, Herr Klub­obmann!

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.36

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin weit davon entfernt, alles verteidigen zu wollen, was die Sozialdemokraten an Bildungspolitik bis jetzt gemacht haben. (Abg. Scheibner: Sehr weit nicht!) Wir haben in Wien auch genügend Sträuße mit ihnen ausgefochten, was diese Bildungspolitik betrifft.

Was Sie von den Regierungsfraktionen aber mit Ihrer so genannten Dringlichen Anfrage da heute produzieren, ist angesichts der Probleme, die es im Schulbereich tatsächlich gibt, ein Affront! Das ist ein Affront für alle, die in der Schule beschäftigt sind – und das ist überhaupt keine Basis für eine sachliche Diskussion, die Sie immer wieder einfordern. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Führen Sie eine sachliche Diskussion?) Ich versuch’s! (Abg. Mag. Molterer: Das werden wir gleich sehen!)

Das, was Frau Bundesministerin Gehrer immer wieder anspricht – und das gibt mir schön langsam zu denken –, ist, dass es bei der Schulreform nicht um eine Schul­umorganisation geht. Das heißt, es geht nicht darum, wie die Rahmenbedingungen sind, sondern es geht nur, wie Sie immer sagen, um die Qualität, und Sie tun so, als ob Qualität nichts mit den Rahmenbedingungen, nämlich mit der Schulorganisation zu tun hätte.

Das ist nachvollziehbar in Ihrem Angriff gegenüber einer Gesamtschule oder einer Ganztagsschule, aber: Es ist schlicht falsch. Natürlich ist die Schulorganisation eine wesentliche Grundlage für eine qualitätsvolle Schule, und Sie selbst arbeiten auch mit diesem Argument in vielen Fragen. Wenn Sie allerdings gerade einen Angriff gegen die Sozialdemokraten starten, dann spielt Schulorganisation auf einmal keine Rolle mehr!

Ich möchte an einem Beispiel aufzeigen, worin der Unterschied auch in der Schul­organisation zwischen dem besteht, was Sie von den Regierungsfraktionen als Qualität verstehen, und dem, was wir von den Grünen darunter verstehen. – Sie von ÖVP und FPÖ wollen ein getrenntes Schulwesen haben, Sie beeinspruchen immer vehement den Vorschlag, dass es eine Gesamtschule bis zumindest 14 Jahre geben soll, weil Sie nämlich von einem Begabungsbegriff ausgehen, der besagt, dass es Kinder gibt, die weniger begabt, und Kinder, die mehr begabt sind. Nach Ihrer Auffassung gehören die weniger Begabten zum Beispiel in eine Hauptschule und die mehr Begabten in eine AHS. Wie sich das verhält, stellen Sie fest, wenn die Kinder zehn Jahre alt sind, und dann ist die Sache für Sie erledigt.

Unser Begabungsbegriff besagt hingegen: Jedes Kind hat spezielle Begabungen, und diese haben überhaupt nichts mit der Schulform zu tun und sind schon gar nicht im


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Alter von zehn Jahren oder womöglich noch früher in völliger Ausprägung feststellbar. Das heißt: Wir verlangen daher eine gemeinsame Schule und innerhalb der Schule einen hohen Differenzierungsgrad, um all den Begabungen, welche die Kinder in sehr unterschiedlicher Art und Weise aufweisen, gerecht zu werden und diese Begabungen zu fördern. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

So schließt sich natürlich Ihre Argumentation mit der Schulorganisation. Wenn man eine Schulorganisation hat, in der man diesen Begabungsbegriff, den Sie von ÖVP und FPÖ haben, einsetzen kann, dann ist es logisch, dass man eine getrennte Schule braucht. – Wir hingegen wollen eine andere Schulorganisationsform, nämlich eine gemeinsame, weil wir glauben, dass Kinder zwar verschiedene Begabungen haben, sehr unterschiedliche Begabungen, aber dass diese gemeinsam in einer Schule differenziert gefördert werden müssen.

Mein Kollege Dieter Brosz hat schon angesprochen, welche Auswirkungen es hat, wenn Kinder in einem gemeinsamen Schulsystem gut und differenziert gefördert werden; er hat das Beispiel Finnland gebracht. Ich möchte hier noch eine Zahl anschließen, und zwar aus dem OECD-Bericht für 2002. Dort wird festgestellt, dass 68 Prozent der Schüler und Schülerinnen im OECD-Durchschnitt individuelle Förder­maßnahmen innerhalb der Schule bekommen, das heißt, keine privat gezahlte Nachhilfe, sondern sie werden innerhalb der Schule individuell gefördert. In Österreich sind das nur 32 Prozent, und entsprechend hoch sind auch unsere Nachfragen nach privaten Nachhilfestunden, weil eben diese interne Differenzierung in der Schule überhaupt nicht funktioniert.

In Finnland zum Beispiel werden 93 Prozent individuell innerhalb der Schule gefördert, in Schweden 68 Prozent, und das ist der große Unterschied. Bei uns in Österreich sind es 32 Prozent, die außerhalb der Schule – was ja durchaus Ihrem Konzept entspricht – auf private Maßnahmen zurückgreifen müssen, womit wir wieder einmal dort sind, dass diejenigen, die mehr Geld haben, es sich vielleicht auch leisten können, während andere auf der Strecke bleiben und die Segregation zwischen unseren Kindern immer stärker wird. (Beifall bei den Grünen.)

Das heißt, aus unserer Sicht ist Schulorganisation eine sehr wesentliche Grundlage. Wir treten daher auch für eine gemeinsame Schule ein, weil wir eben diesen Begabungsbegriff und diese Begabungsförderung unterstützen wollen.

Ein Wort noch zu den ländlichen Schulen, weil das immer wieder ein Thema ist: Es gibt da sehr unterschiedliche Stellungnahmen seitens der Regierung, auch seitens der Frau Bundesministerin Gehrer. Sie haben einmal quasi eine Garantieerklärung dafür abgegeben, dass keine ländlichen Schulen geschlossen werden.

Das ist jetzt insofern interessant: Wenn man das im Zusammenhang mit einer Durchschnittszahl von Kindern in einer Klasse betrachtet, dann hat das – es tut mir Leid, auch wenn das nicht so gewünscht ist – gewisse mathematische Konsequenzen. Wenn Sie jetzt sagen, die durchschnittliche Zahl von Schülern und Schülerinnen, die auf eine Lehrperson kommen, beträgt 14 – von mir aus, wenn wir von den 12 weggehen –, dann kann das nur bedeuten, dass, wenn auf dem Land weniger Kinder sind – was ja richtig ist –, Sie entweder für weniger Kinder eine Lehrperson haben oder irgendwann diese Schule schließen müssen. Eine andere Konsequenz gibt es nicht.

Eine weitere Konsequenz ist, dass Sie, wenn Sie die Schule aufrechterhalten – was ja Ihrer Garantieerklärung entsprechen würde –, mehr Mittel brauchen, um in der Stadt diesen Schnitt von 14 zu halten. Auch das ist mathematisch logisch. Oder die andere Variante ist, dass in der Stadt der Schnitt von Kindern pro Lehrperson steigt.


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Diesen Widerspruch sollten Sie einmal aufklären, weil Sie sonst in den Verdacht kommen, dass Sie die Probleme vom Land auf die Stadt hinschieben, nur um dann feststellen zu können, dass zum Beispiel in Wien wieder einmal alles ganz furchtbar ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.43

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.43

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Diese Dringliche von heute macht zwei Dinge ganz deutlich: erstens, dass sich die Abgeordneten der derzeitigen Regierungsparteien vor einer Besprechung zum Thema Eurofighter fürchten, und zweitens, dass sie nicht verstanden haben ... (Abg. Scheibner: Sagen Sie, wenn man eine Dringliche Anfrage einbringt, wovor muss man sich da fürchten?)

Sie verstehen also nicht die Vorgänge in der Schulpolitik; Sie verstehen das aber auch gesellschaftspolitisch nicht. (Abg. Großruck: Wer versteht das nicht?) Sie verstehen es auch nicht familienpolitisch – und schon gar nicht im Bereich der Frauenpolitik, wie Sie ja gestern sehr beeindruckend gezeigt haben. (Abg. Steibl: Was hat Sie da beeindruckt?) Diese Bildungspolitik, über die wir jetzt sprechen, steht ja nicht im luftleeren Raum.

Meine Damen und Herren! Wir von der SPÖ wollen eine Gesamtschule, die nicht trennt, sondern zusammenhält und fördert. – Sie von ÖVP und FPÖ wollen die Trennung in vermeintliche Eliten und den Rest.

Wir wollen eine Ganztagsschule mit einer pädagogisch sinnvollen Zeiteinteilung und keine Aufbewahrung am Nachmittag, wie Sie das wollen. (Abg. Dr. Brinek: Das ist eine ungeheuerliche Bemerkung! „Aufbewahrung“!) Sie können sich offensichtlich aus dem starren Denken und verkrusteten Strukturen nicht herauslösen. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir von der SPÖ wollen eine Schule, die integriert und Möglichkeiten bietet, nach der eigenen Geschwindigkeit und den eigenen Talenten zu persönlichen Höchstleistungen zu gelangen. – Sie von ÖVP und FPÖ wollen alle über einen Kamm scheren, und letztendlich wollen Sie alle gleich machen; nur einige wenige sind eben „gleicher“. Das ist Ihr Ansatz, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen eine Vielfalt in den Chancen, in den Möglichkeiten und auch in den Resul­taten. Sie kürzen zum Beispiel unter anderem genau dort, wo es um Kreativität, wo es um Innovation, wo es auch um Beweglichkeit geht. Sie kürzen die Stunden im Bereich Kunstpädagogik, Sie kürzen gerade jene künstlerischen Bereiche, die ein zentrales Übungsfeld für so genannte Schlüsselkompetenzen sind. Aber verantwortlich sind Sie nicht, das wissen wir, wir kennen die Antwort: Schulautonomie!

Ich frage mich, wenn Sie immer und überall jede politische Verantwortung auslagern (Abg. Großruck: Nein! Subsidiarität nennt man das!): Wozu brauchen wir diese Regierung überhaupt noch, meine Damen und Herren? (Abg. Großruck: Subsi­diaritätsprinzip!)

Es scheint Ihnen entgangen zu sein, dass Querdenken, Quereinsteigen, Beweglichkeit und der konstruktive Umgang mit Unterschiedlichkeiten in vielen Bereichen unserer Gesellschaft explizit gefragt sind und auch von der Wirtschaft eingefordert werden.

Sie von ÖVP und FPÖ sprechen auch immer wieder die PISA-Studie an, ebenso Finnland an. Herr Lichtenegger, Sie haben das auch angesprochen. Gerade in


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Finnland wird immer wieder dieser eingeforderten Vielfalt und Beweglichkeit voll Rechnung getragen. So zum Beispiel hat eine US-Studie vor einiger Zeit in einem Kreativitäts-Ranking gezeigt, dass – wenig überraschend – Finnland an erster Stelle liegt. Wenn man sich die Wertung der kreativen Bildung in diesem Land anschaut, merkt man, dass das auch kein Wunder ist.

Interessant ist zum Beispiel auch ein Bericht des Weltwirtschaftsforums zur Wirt­schaftsdynamik und Innovationsfähigkeit. Da kommt Finnland auf den ersten Platz. Das nenne ich zukunftsorientiert – und nicht nach hinten gerichtet. Übrigens ist Österreich in dieser Studie an letzter Stelle gelegen.

Wie bereits erwähnt, stellen wir immer öfter fest, dass die politische Verantwortung Ihrerseits, seitens der jetzigen Regierung, einfach negiert wird und die zuständigen Regierungsverantwortlichen schweigen, anstatt zu handeln. Ein ganz plakatives Beispiel dafür ist das Chaos rund um das Kunsthistorische Museum. Sie kennen alle die Vorgänge um den Raub der „Saliera“, aber auch um die Käufe und Verkäufe des Privatmanns und Geschäftsführer-Direktors des Kunsthistorischen Museums. (Abg. Großruck: Die Sabinerinnen haben sie damals auch geraubt! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wir wollten diese Dinge hier im Parlament mit Ihnen diskutieren, Frau Ministerin, aber Sie entziehen sich immer wieder dieser Diskussion, auch gestern, als wir diese Angelegenheit hier im Parlament besprochen haben. Es gibt also eine ganze Reihe von Punkten, die zu diesem Bereich hinterfragt und diskutiert werden sollen. Schließlich geht es ja um Kunstschätze, und es geht um den Umgang mit öster­reichischen Steuergeldern. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht auch um die politische Verantwortung einer Ministerin für die Vorgänge und Unterlassungen in ihrem ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete, das hat aber nichts mit dem Gegenstand der Anfrage zu tun!

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (fortsetzend): Es geht um die Kultur, Herr Präsident!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es geht um die Qualität des Bildungssystems!

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (fortsetzend): Es geht um die Bildung und Kultur. (Abg. Großruck: Vielleicht waren die Wörter ...!) Daher werden Sie, Frau Ministerin, sich auch kritische Fragen gefallen lassen müssen, nicht nur im Bereich der Kulturpolitik, sondern auch im Bereich der Bildungspolitik. Und Sie werden sich weiterhin mit innovativen Vorschlägen der SPÖ auseinandersetzen müssen.

Da kann ich nur sagen: Herr Amon, das wird Ihnen auch nicht erspart bleiben! Ich hoffe, Sie fürchten sich dann nicht allzu sehr! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. 5 Minuten Redezeit; Restredezeit Ihrer Fraktion: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.49

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich habe jetzt leider nicht die Zeit, um den Kollegen Amon in all seinen Ängsten und Sorgen, was unsere Bildungspolitik seitens der Sozialdemokraten anlangt, aufklären zu können. Aber zu dem, was Sie von Differenzierung halten, Herr Kollege Amon: Irgendwann werde ich Ihnen erklären, was Differenzierung für die Sozialdemokraten bedeutet. Sicher nicht AHS-Unterstufe, Hauptschule und sonstiges, sondern Differenzierung verstehen wir völlig anders!


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Über die Kollegin Fuhrmann möchte ich nur ein Wort verlieren: eigentlich unwissend, was diese Bildungsdebatte anlangt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lichtenegger: Das waren aber mehr Worte!)

Wir haben ein sehr klares Problem auf dem Tisch liegen, auch wenn Sie, Frau Ministerin, immer wieder sagen, dass der Finanzausgleich mit dem Finanzministerium und mit den Landeshauptmännern und -frauen ausgehandelt wurde. Tatsache ist, dass wir mit diesen Werten die Schulorganisation nicht mehr aufrechterhalten können. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer.)

Tatsache ist, Frau Bundesministerin, dass Sie im vorigen Jahr per Verordnung die Stundenreduktion nicht nur angekündigt, sondern vollzogen haben. Tatsache ist damit, dass den Schülern Unterrichtszeit entgeht. Tatsache ist, dass den Schülern mit all diesen Maßnahmen weniger Fördermaßnahmen zugute kommen. Tatsache ist, dass die Schüler weniger individuelle Fortbildungsmaßnahmen, weniger differenzierte Fortbildung haben.

Es kann nicht so sein, die Verantwortung für all diese Maßnahmen, die per Ministerium verordnet worden sind, einfach auf Landeshäuptlinge und Landeshauptfrauen abzuwälzen – und vielleicht auf das Finanzministerium.

Ich habe in meiner tatsächlichen Berichtigung bereits dargestellt, wie eigentlich die wirklichen Zahlen aussehen. Mit diesen Zahlen werden wir in Hinkunft unsere Schul­organisation nicht aufrechterhalten können. Ich ergänze noch – wir haben das hochgerechnet, das sind gesicherte Werte –: Sie können eine Volksschulklasse nur mit 22 Schülerinnen und Schülern kostendeckend führen. Sie können eine Hauptschul­klasse nur mit 24 Schülerinnen und Schülern kostendeckend führen. Das heißt natürlich, alle anderen Schulklassen zusammenzuziehen – und das bedeutet auch einen Qualitätsabbau. Darüber können wir nicht hinwegdiskutieren, dass es anders einfach nicht mehr möglich ist!

Wir haben einen Abbau im Bereich der individuellen Begabungsförderung, und da geht es nicht um die Hochbegabtenförderung, wie sie Kollege Amon immer mit Begeis­terung fordert. Wer sind denn die Hochbegabten? Sind das diejenigen, die das Einmaleins fünfmal geschwinder aufsagen können? – Begabungen gilt es zu fördern, Herr Kollege Amon, nicht die Hochbegabten! (Abg. Amon: Das war nicht mein Thema!) Das steht in allen Ihren Papieren drin: nur die Hochbegabten, und das sind die bei Ihnen nachprüfbaren Werte.

Wir haben in all diesen Bereichen keine Fördermaßnahmen, und keinen einzigen Ansatz haben Sie noch gezeigt. Was tun wir mit jenen Schülerinnen und Schülern, die Teilleistungsschwächen haben? Was machen wir mit denen? (Abg. Mag. Molterer: Ich bin so froh, dass Frau Gehrer Unterrichtsministerin ist!) – Die haben Begabungen, diese Begabungen gilt es zu fördern. Darum geht es!

Weil heute PISA strapaziert wurde: Wir werden PISA wahrscheinlich in den nächsten Jahren noch haben, wenn die neuen Werte veröffentlicht werden, wenn es nicht bloß um das Lesen geht, sondern wenn auch die mathematischen Kenntnisse dabei sind und wenn wir feststellen, dass wir im Bereich der Dyskalkulie unheimlich große Aufholbedürfnisse haben. Dann, Frau Ministerin, werden wir die nächste Verordnung bekommen, was jeder für diese Maßnahmen tun soll. Wir, die Lehrerinnen und Lehrer tun das gerne. Sie brauchen allerdings die Ressourcen dazu.

Weil es um das Aufsteigen mit „Nicht genügend“ und die Wiederholung von Klassen gegangen ist: Herr Kollege Amon, was soll es denn bringen? Was soll es bringen – und ich zeige Ihnen genügend Beispiele, wenn Sie mir das nicht glauben wollen –, wenn Schülerinnen und Schüler in Werkerziehung, Bildnerischer Erziehung, Musikerziehung


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„Nicht genügend“ bekommen? – Das sind „Nicht genügend“ für Lehrerinnen und Lehrer, und darüber müssen wir einmal diskutieren, was diese „Nicht genügend“ bedeuten sollen. Das wird in Summe immer wieder mitverpackt, und darüber wird nicht gesprochen.

Das Sitzenbleiben, das Sie immer wieder als ein so großartiges pädagogisches Mittel und Förderungsmittel ansprechen: Was bringt das Sitzenbleiben – außer volkswirt­schaftlichen Schaden? Nicht mehr als volkswirtschaftlichen Schaden! Wir haben das hochgerechnet, das ist immer noch im Milliardenbereich von Schillingbeträgen angesiedelt. Es ist viel gescheiter, wenn Sie unser sozialdemokratisches Bildungspro­gramm lesen (Abg. Mag. Molterer: Aber dann wird man nicht gescheiter!), was wir mit Modulen für diese Schülerinnen und Schüler auffangen wollen. (Abg. Mag. Molterer: Man wird nicht gescheiter, wenn man das Programm liest!)

Mit Sitzenbleiben, Herr Klubobmann, wird man nicht gescheiter! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Damit wird man sicherlich nicht gescheiter! (Beifall bei der SPÖ.)

16.54

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Redezeit: 9 Minuten, das ist auch die Gesamtredezeit Ihrer Fraktion. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


16.55

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Ministerin Gehrer, Sie haben den Lehrerinnen und Lehrern heute Anerkennung gezollt. Das freut mich, denn das war nicht immer so. Ich erinnere mich daran, dass vor zwei Jahren in Vorarlberg, und zwar sowohl in Feldkirch als auch in Dornbirn, Hunderte Lehrerinnen und Lehrer auf der Straße gestanden sind, um gegen Ihre Bildungspolitik zu demonstrieren, um sich dagegen zu wehren – und sich auch dagegen zu wehren, wie sie von Ihnen behandelt worden sind.

Es waren Hunderte Lehrerinnen und Lehrer, und ich war damals verblüfft, welche Lehrerinnen und Lehrer auf der Straße protestiert, sich hingestellt und gesagt haben: So nicht mit uns! (Abg. Rossmann: Das waren organisierte ...!) Sie haben ganz klare Grenzen aufgezeigt. Ich kenne die Situation aus Vorarlberg, von der Basis her, und weiß, dass damals sehr viel zerstört worden ist in diesem Verhältnis zwischen den Lehrerinnen und Lehrern und Ihnen. (Abg. Mag. Molterer: Ja, aber von wem?) Das spürt man auch herinnen, dass das keine Basis sein kann, auf der eine wirkliche Reform getragen wird, die Platz macht für Visionen, die eine wirkliche Verbesserung für unser Bildungssystem ermöglichen würden. Schade, sehr schade darum! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Lichtenegger: War aber ein magerer Applaus!)

Sie von der ÖVP sagen heute, es ist alles ganz anders, es ist alles ganz positiv, und es läuft alles ganz toll. Ich habe mir dazu eine Meldung aus den „Salzburger Nachrichten“ vom 6. Dezember 2003 von Helmut Schliesselberger herausgesucht. Er schreibt – ich zitiere –:

„Ein kalter Winter an vielen heimischen Pflichtschulen: Möglichst viele Klassen werden mit 30 Kindern vollgestopft. Volksschulklassen werden jahrgangsübergreifend zusam­mengelegt, Ressourcen für Integrationskinder drastisch gekürzt. Schulschwerpunkte werden reduziert, gesetzliche Teilungszahlen nicht durchgeführt. Zusatzangebote und Fördermaßnahmen fallen weg.“

Das ist die Realität! Das ist die Realität in sehr vielen Schulen, in sehr vielen Ge­meinden, Frau Ministerin – und nicht das, was Sie uns hier weiszumachen versuchen: wie toll Ihre Bildungspolitik de facto läuft. Die Realität ist eine andere: Es sind immer


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weniger Lehrer und Lehrerinnen, die sich in immer größer werdenden Klassen mit immer mehr Schwierigkeiten herumschlagen müssen – so schaut nämlich der Alltag aus –, die dafür immer weniger an Rückenstärkung Ihrerseits bekommen, die dafür keinen Anspruch auf Supervision haben, die dafür zum Teil sehr wenig Möglichkeiten an qualitativ wirklich guter Fortbildung haben.

Sie, Frau Bundesministerin, sprechen immer von Qualität. Es muss Ihnen klar sein, dass Qualität auch Geld kostet, weil das ehrenamtliche Engagement seine Grenzen hat. Engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die weit über das Maß hinaus arbeiten, für das sie derzeit bezahlt werden, können nicht auf Dauer nur sozusagen aus ihrem ehren­amtlichen Engagement, aus ihrem Idealismus heraus arbeiten. Sie brauchen eine leistungsgerechte Entlohnung, sie brauchen klare, transparente Richtlinien, was die Beförderungen und auch was die Leitungsbestellungen an den Schulen betrifft, sie brauchen eine Stärkung des Weiterbildungssystems. Es gäbe eine ganze Reihe von Maßnahmen, die Sie setzen könnten, wenn Sie wollten, um den Lehrerinnen und Lehrern wirklich den Rücken zu stärken und sie in ihrer Arbeit, in einer qualitativ guten Arbeit zu ermutigen.

Kollege Amon hat gesagt, es geht nicht um ein ideologisches Konzept, sondern es geht darum, wie wir die beste Bildung unserer Kinder erreichen. Da gebe ich ihm durchaus Recht. Aber ich weiß nicht, Herr Kollege Amon, ob Sie es als „optimales Bildungskonzept“ sehen, wenn derzeit in Klassen von bis zu 36 Schülerinnen und Schülern ein Schulalltag von sechs, sieben Unterrichtsstunden in einer Wurst, ohne Absprache der Fächer untereinander, stattfindet.

Ich finde es ganz, ganz schade, dass es in Österreich nicht möglich ist, grundsätzlich einmal Visionen über eine andere Art von Bildung zu entwickeln. Wir alle wissen, dass dieses Aneinanderreihen von Stunden, die die Kinder und Jugendlichen sitzend in den Bänken verbringen, bei Gott nicht die optimale Bildungsmöglichkeit ist, die es gäbe. Wir wissen von wissenschaftlichen Untersuchungen, dass die Aufteilung zwischen Unterricht, Freizeit, Lern- und Spielphasen genau das Richtige wäre, um möglichst viel an Inhalten mitnehmen zu können. Das bieten wir unseren Kindern überhaupt nicht.

Wenn man solche Visionen und solche Konzepte anspricht, dann heißt Ihre Antwort nur: Ähh? Ganztagsschule? Weg damit! – Das ist Ihre Antwort darauf. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Neudeck: Wie schreibt man das?) Das ist jetzt symptomatisch: Sie wollen wissen, wie man das schreibt. Hören Sie lieber, was ich sage! Das ist gescheiter. Es geht um etwas Wichtiges. Es geht um eine Vision. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Großruck: Sie reden nur fürs Protokoll!)

Ich würde mir wünschen, dass Sie einfach einmal diesen Schritt zur Seite machen und schauen: Was könnte Bildung in Österreich heißen und was bedeutet sie derzeit? Ich weiß nicht, welche Bildungsgeschichte Sie hinter sich haben, aber denken Sie einmal zurück an verschiedene Fächer. Es ist manchmal erschütternd, wenn man sich das vorstellt: Acht Jahre Geschichtsunterricht, acht Jahre Geographieunterricht oder vier Jahre Englischunterricht – und was ist hängen geblieben?

Da stellt sich die Frage: War das alles? War das das bestmögliche Ergebnis meiner Bildungslaufbahn? Und ich sage Ihnen: Nein. Wir alle könnten eine ganz andere Art von Bildung, von Zugang zu Wissen haben, wenn wir eine andere Art von Ausbildung hätten. Es ist schade, dass es nicht möglich ist, von so einem Ausgangspunkt weg miteinander zu diskutieren.

Sie selbst sprechen immer wieder die Hauptschulen auf dem Land an: Das ist ja noch was! – Ich bitte Sie, zu überlegen, was die Hauptschulen auf dem Land sind. Der Bregenzer Wald hat bis vor kurzem noch die Situation gehabt, dass es nur Hauptschulen gegeben hat. Das heißt, die Hauptschulen waren de facto Gesamt-


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schulen. Da hat es kein Gymnasium gegeben, und die große Mehrzahl der Kinder ist im Tal geblieben. Genau das hat zu der Durchmischung der Hauptschulen geführt, die Sie ja offenbar auch wollen, nämlich die Durchmischung, dass die Kinder verschie­denster Begabungen in der gleichen Stufe der Zehn- bis Vierzehnjährigen geblieben sind. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Schauen Sie unsere Volksschulen an! Die funktionieren ja gut, und da haben wir auch die interne Differenzierung. (Abg. Großruck: Gerade haben Sie gesagt, sie funk­tionieren nicht!) Auch da haben wir Kinder mit völlig unterschiedlichen Begabungs­niveaus, und das ist gut. Das Gleiche wäre im Hauptschulbereich möglich, aber leider blockieren Sie da völlig. Ihre Worte sagen etwas anderes. Es ist schade, dass dieses Wort der „Gesamtschule“ ein derart rotes Tuch, im wahrsten Sinn des Wortes, für Sie ist, sodass Sie nicht mehr in der Lage sind, inhaltlich zu überlegen: Was ist dran? Welche Chancen würden wir den Kindern geben? – Denken Sie nach darüber! Es wäre eine große Möglichkeit. Reden Sie mit Ihren Kollegen und Kolleginnen aus Gemeinden in solchen Talschaften, welche Erfahrungen sie haben. Lassen Sie sich von ihnen erzählen, was für ausgezeichnete Schülerinnen und Schüler aus diesen Hauptschulen herauskommen. Das wäre eine Möglichkeit in Richtung einer Gesamtschule. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. Ich erteile es ihm. (Abg. Faul: Muss das sein? – Abg. Neu­deck: Das hätte man beim Rada auch sagen können! – Abg. Faul – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Bitte keine Vierzeiler!)

 


17.03

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Als vielleicht letzter Redner hiezu hat man auch die Aufgabe, etwas aus seiner Sicht zu sagen und zu korrigieren, und ich darf auf ein paar Vorredner eingehen.

Lieber Kollege Brosz! – Ist er hier? – Er ist nicht hier, aber ich sage es ihm trotzdem. Ah, da kommt er jetzt herein. – Ich war an und für sich etwas enttäuscht von Ihrer Rede. Sie gelten doch auch im Unterrichtsausschuss als sachlicher Politiker, aber was Sie heute gesagt haben, ist Ihrer nicht würdig. Wenn Sie Nokia anführen und sagen, dass eine Firma Nokia im Gegensatz zu Finnland in Österreich nicht möglich wäre, dann beleidigen Sie wirklich viele: Sie beleidigen nicht nur die Lehrer, die Schüler, wie die Frau Bundesministerin gesagt hat, sondern Sie beleidigen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren hervorragenden Betrieben. Und ich glaube, dass wir in Öster­reich uns wirtschaftsmäßig und betriebsmäßig nicht vor Nokia zu verstecken brauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lieber Kollege Niederwieser, von dir habe ich leider nur den Schluss gehört. Als ich hereingekommen bin, hast du gesagt: Nicht genügend! Setzen! Dann bist du vom Rednerpult weggegangen und hast dich auf deinen Platz gesetzt. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich habe mir gedacht, Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung. Bitte, so weitermachen! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben heute in diesen zwei Stunden wieder ein ganz kräftiges Nein gehört, ein ganz kräftiges SPÖ-Nein zu allen Vorschlägen, die gekommen sind, zu allen Vorschlägen für Reformen, die gemacht werden sollen. Wir hörten ein Nein zu den Verhaltensvereinbarungen, die wir das letzte Mal beschließen wollten, wobei die Grünen mitgestimmt haben. Da wären die Schüler, die Eltern, die Lehrer eingebunden gewesen. Die SPÖ hat nein gesagt.


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Wir haben heute ein Nein gehört zu einem vielfältigen Angebot. Wir wollen, lieber Herr Niederwieser, eine pädagogische Blumenwiese statt einem sozialistischen Bürsten­haarschnitt, was die Pädagogik anlangt. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ist Ihnen schon aufgefallen, meine Damen und Herren, dass der Herrgott oder – für die Agnostiker – die Natur (lebhafte Heiterkeit bei der ÖVP) die Menschen mit verschie­denen Talenten, Begabungen, Neigungen, Interessen ausgestattet hat? Und das ist gut so. Jeder sitzt herinnen mit verschiedenen Begabungen, Interessen, und deshalb haben wir auch ein Bildungssystem, das diesen Interessen gerecht wird, das den jungen Menschen die bestmögliche Ausbildung bei ihren Interessen, bei ihren Neigun­gen, bei ihren Begabungen bieten soll. Das ist die Vielfalt, die wir haben, und die gehört erweitert, die gehört ausgebaut, die gehört natürlich auch verbessert. Aber jetzt herzugehen und zu sagen – wie wir gehört haben –, unser Schulsystem sei schlecht, die Schüler hätten – so wie Frau Mandak vorhin gesagt hat – viel mehr lernen können, als sie jetzt lernen, also auch da macht uns natürlich der Vergleich sicher, wenn wir das internationale Ranking anschauen.

Und da immer Finnland und die PISA-Studie erwähnt werden, so wissen wir ja ganz genau, dass die das Lesen betrifft. Da war kürzlich einmal eine Delegation in Finnland und hat sich das angeschaut. Frau Mandak, wissen Sie, warum die so gut lesen können? Weil Finnisch eine Sprache ist, die im Fernsehen nicht gern synchronisiert wird. Jetzt sitzen die Kinder dort, sehen fern und müssen, um mitzukommen, lesen, was auf Finnisch dort steht. Und das ist der Grund, sagen uns die Experten, warum in Finnland das Lesen derart an oberster Stelle rangiert. (Zwischenruf bei der SPÖ.) Gut, das mag sein, aber es ist schlüssig, meine Damen und Herren.

Die SPÖ sagt aber nicht zu allem nein, sondern sie sagt auch ja. Sie will kleine Schulen schließen. Sie möchte den pädagogischen Einheitsbrei, und sie möchte die Ganztags- und Gesamtschule. Meine Damen und Herren, das sind alte Hüte. Nicht mit uns! Mit diesen alten Hüten fallen Sie nicht einmal mehr auf einem Trabrennplatz auf.

Nein, danke, sagen wir zu dem, was Sie den Österreichern zumuten. Ja, danke, sage ich zu unserer Bundesministerin, weil bei ihr die Bildung, weil bei ihr die Pädagogik, weil bei ihr die Schulreformen in bester Hand sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zum Abschluss noch in einem Vierzeiler die Schule à la Gusi definieren (Abg. Faul: Nein! Bitte nicht!):

Zwangstagsschule, Einheitsbrei –

Noten, Leistung einerlei.

Kleine Schulen werden geschlossen.

Nicht mit uns, werte Genossen!

(Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Faul: Bei ihm hat das Bildungs­system versagt! Der Herrgott hat wirklich an der Begabung gespart bei ihm!)

17.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. – Frau Kollegin Kuntzl, Sie kennen die diesbezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung.

 


17.08

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Großruck hat soeben behauptet, die SPÖ möchte kleine Schulen schließen.


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Wahr hingegen ist: Die SPÖ möchte das nicht! Die SPÖ möchte sie auf der Verwaltungsebene zu größeren Einheiten zusammenfassen, um die einzelnen Schulstandorte zu erhalten. – Ich sage es Ihnen gerne immer wieder. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. – Abg. Faul: Mehr als vier Zeilen versteht er nicht!)

17.09

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Brosz. (Abg. Mag. Mainoni: Da wird was herauskommen!) Sie haben noch 1 Minute Restredezeit für Ihren Klub. – Bitte.

 


17.09

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Um das nicht so stehen zu lassen – möglicher­weise war meine Ausführung bezüglich Nokia in Finnland nicht hundertprozentig korrekt –, möchte ich klarstellen: Meine Aussage war, dass ein Land, das so auf Hochtechnologie setzt wie Finnland – und wie andere skandinavische Länder auch –, ein entsprechendes Schulsystem braucht, wodurch eine möglichst hohe Anzahl der Kinder und Jugendlichen einen hohen Bildungsabschluss hat, weil sonst so eine technologische Entwicklung in einem Land kaum möglich wäre. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Sie haben gesagt, dass eine Firma wie Nokia in Österreich nicht vorstellbar wäre!)

17.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Amon hat sich noch zu Wort gemeldet. (Abg. Faul: Der „Amon-iak“!) Die Restredezeit für den ÖVP-Klub beträgt 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.10

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Frau Bundesministerin! Frau Abgeordnete Kuntzl hat mich jetzt eigentlich provoziert, nachdem sie jetzt die, ich weiß nicht, zweite oder dritte tatsächliche Berichtigung macht und hier ständig, gleichsam aktionistisch, darzustellen versucht, dass die SPÖ überhaupt nicht der Meinung ist, dass Kleinschulen geschlossen werden sollen.

Erstens haben Sie ganz klar – und das ist nachzulesen – in Ihren Vorschlägen im Ausschuss 4 des Österreich-Konvents gesagt, dass Sie Schuleinheiten nur dann für sinnvoll halten, wenn sie zwischen 300 und 1 000 Schülerinnen und Schüler umfassen. Da über 90 Prozent aller Pflichtschulen weniger als 300 Schüler haben, ist die logische Schlussfolgerung daraus, dass Sie entweder zusammengelegt oder zugesperrt werden müssen. Also die SPÖ ist für die Schließung von Kleinschulen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Binder: Aber geh!)

Frau Kollegin Kuntzl! Bevor Sie jetzt wieder jemanden schicken, um eine tatsächliche Berichtigung zu machen, darf ich Ihnen etwas vorlesen. Damit wäre bewiesen, dass Ihre Berichtigung falsch ist.

Ich habe hier ein Zitat von Landeshauptmann Niessl aus dem Burgenland, wo er auf eine Dringliche Anfrage hin im Burgenländischen Landtag in dessen 40. Sitzung am Donnerstag, dem 11. Dezember, sagt – ich zitiere Landehauptmann Niessl –:

„Wir haben im Burgenland zu spät mit der Strukturreform begonnen. Ich glaube, dass das richtig ist.“ – Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber er sagt das. „Wir werden ..., und ich habe das immer wieder gesagt, und ich sage es auch jetzt, wir werden auch in Zukunft“ Kleinschulen „schließen müssen.“


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Das ist die Position der SPÖ. – Es ist nicht die unsere. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort gemeldet. – Kollege Wittmann, Sie kennen die Bestimmungen. Bringen Sie zunächst den zu berichtigenden Sachverhalt, dann den richtig gestellten und keine politischen Bewertungen.

 


17.12

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Amon hat behauptet, dass im Ausschuss 4 gesagt worden wäre, die SPÖ will kleine Einheiten und kleine Schulen schließen. – Das ist unrichtig!

Vielmehr ist die Position der SPÖ in diesem Ausschuss auch, dass man auf der Verwaltungsebene größere Einheiten schaffen soll. Sie sollten sich bei Ihren Kollegen im Ausschuss erkundigen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)

17.13

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete: Noch einmal dieselben Bestimmungen, auch für Sie.

 


17.13

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Ich habe versprochen, dass ich es immer wieder sage. Herr Abgeordneter Amon hat aus einem angeblichen Papier der SPÖ zum Konvent zitiert.

Ich stelle richtig und lese Ihnen das tatsächliche Zitat vor: Schulgröße mindestens 300 bis 1 000 Schüler (Mindestgröße für sinnvolle Verwaltung), aufgeteilt auf mehrere Standorte.

Ich sage das gerne noch einmal! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur Durchführung einer kurzen Debatte.

Die kurze Debatte betrifft den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Cap, dem Finanz­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 64/A (E) der Abgeordneten Dr. Gu­senbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Wohlfahrtsorganisationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften eine Frist bis 7. Juli 2004 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen somit in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner oder


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die Erstrednerin zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellung­nahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staats­sekretärInnen sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Heinzl. Ich erteile es ihm somit.

 


17.15

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die österreichischen Feuerwehren bangen wahrlich um ihre Finanzie­rung. Die Feuerwehren brauchen auf Grund der wachsenden Zahl der Einsätze, der notwendigen Modernisierung der Ausrüstung und der steigenden Anforderungen an ihr technisches Gerät wirklich dringend und wahrlich Unterstützung.

Die Anforderungen an die Feuerwehren steigen ständig. Vor einigen Jahrzehnten hatten die Feuerwehrleute einem Großbrand nicht viel mehr entgegenzusetzen als ihre persönliche Bereitschaft, das Eigentum und sogar das Leben ihrer Nachbarn zu schützen beziehungsweise zu retten. Heute ist dieser Einsatz eine logistische und technische Meisterleistung, und für diesen Zweck mussten und müssen die notwen­digen Einrichtungen geschaffen und auch erhalten werden.

Im Wandel der Zeit haben sich auch die Anforderungen geändert. Pro Jahr werden heute achtmal mehr technische Einsätze von den Feuerwehren durchgeführt als Brandeinsätze. Nicht dem Wandel der Zeit unterworfen war in diesen Jahren der Idealismus der Feuerwehrfrauen und auch der Feuerwehrmänner, zu jeder Stunde bereit zu sein zu retten, zu bergen und zu helfen. Die trockenen Zahlen der Statistik weisen sehr gut darauf hin, wie groß die Einsatzbereitschaft war und ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Jährlich rücken die 320 000 Feuer­wehrleute der rund 5 000 österreichischen Feuerwehren zu etwa 200 000 Einsätzen aus. Anders ausgedrückt: Alle zweieinhalb Minuten müssen Menschen gerettet, Tiere oder Sachgüter geborgen oder Brände gelöscht werden. Und gerade jetzt sind irgendwo in Österreich Feuerwehren unterwegs und stellen damit Idealismus und ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis.

Für all diese Einsätze sind wirklich erhebliche Geldmittel für die Beschaffung der Einsatzfahrzeuge und der Geräte, aber auch für deren Wartung und Betrieb nötig. Ohne zeitgemäße Ausrüstung ist eine rasche und vor allem effiziente Hilfeleistung gerade in Situationen, in denen es um Leben und Tod geht, einfach nicht möglich.

Nur um ein Beispiel zu nennen: Allein die Anschaffung eines Tanklöschfahrzeuges, wie es zum Beispiel die niederösterreichische Feuerwehr-Mindestausrüstungsverordnung bereits für Feuerwehren in kleinen Gemeinden mit etwa 300 Häusern vorschreibt, kostet etwa 300 000 €; davon macht die Mehrwertsteuer zirka 60 000 € aus. Hiezu kommen noch die Kosten für die Erhaltung und den Betrieb der benötigten Anlagen.

Hohes Haus! Allen Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren und auch den Gemein­deverantwortlichen sind die Schwierigkeiten bei der Finanzierung von neuen Gerät­schaften, technischen Einrichtungen und Gebäuden nur zu gut bewusst. Hier werden über die Einsätze hinaus viele gemeinsame Anstrengungen unternommen, um durch Veranstaltungen und Aktivitäten – wir kennen sie alle – wie Heurigen, Bälle, Sommer­feste, Spendensammlungen in den Gemeinden und dergleichen (Abg. Neudeck: Zeltfeste!), auch Zeltfeste zum Beispiel, das notwendige Geld für die Anschaffung der notwendigen Gerätschaften aufzutreiben.

Die den Feuerwehren aus der Feuerschutzsteuer und aus dem Katastrophenfonds zur Verfügung stehenden Mittel reichen aber – und wer das nicht weiß, möge sich bei den Feuerwehrexperten erkundigen – schon seit Jahren nicht mehr aus – und das ist das


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Problem, sehr geehrte Damen und Herren –, um beispielsweise die aus dem Einsatz­spektrum Verkehrsunfall entstehenden finanziellen Belastungen der Feuerwehr auch nur annähernd abzudecken. Noch dazu – das wissen Sie auch sehr genau – ist betreffend die Mittel aus dem Katastrophenfonds festzustellen, dass diese von 2002 auf 2003 für Feuerwehren um stolze 15 Prozent gekürzt wurden.

Die Rettungsorganisationen erhalten im Gegensatz dazu gemäß Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz aus 1996 Beihilfen im Ausmaß der nicht abzugsfähigen Vorsteuern, und das ist auch gut so, wie ich meine. Eine ähnliche Regelung sollte auch für die Finanzierung der Infrastruktur der Feuerwehren getroffen werden.

Viele Feuerwehrmitglieder und -experten sagen: Bei der Rettung geht es, warum geht das eigentlich nicht auch bei den Feuerwehren? – Und wir halten die Mehrwertsteuer-Befreiung für Anschaffungen von Feuerwehren für den einzig vertretbaren Weg. Auf diese Weise wird der Steuerzahler nicht belastet und die Finanzlage der Feuerwehren entscheidend entspannt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Im Durchschnitt werden österreichweit in nur einem Jahr etwa 50 bis 60 Millionen € für die Beschaffung von Feuerwehr­fahrzeugen und -gerätschaften aufgewendet, davon entfallen allein 10 bis 12 Mil­lionen € auf die Umsatzsteuer.

Wenn man die Feuerschutzmittel aus Versicherungssteuer und die Katastrophen­fondsmittel-Anteile aus den direkten Steuern, die in einem Jahr um die 72 Millionen € betragen, zusammenzählt, fließt also eine beträchtliche Summe zurück in den Steuertopf. Also muss jeder sechste Euro, der von den Freiwilligen Feuerwehren eingenommen wird beziehungsweise den sie an Förderung bekommen, gleich wieder dem Finanzminister als Mehrwertsteuer abgeliefert werden.

Finanzminister Grasser hat in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage im Juli 2001 ausgeführt, dass die Mehrwertsteuerbefreiung von Rettungsorganisationen über den Weg von Beihilfen aus gesetzlichen Gründen möglich ist – Punkt! –, für Feuerwehren aber aus anderen gesetzlichen Gründen nicht möglich sei. – Deshalb fordern wir, dass die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Feuerwehren den Rettungsorganisationen gleichgestellt werden.

Das ist eine höfliche, aber bestimmte Aufforderung an die Regierung, sich auch auf europäischer Ebene für die Ergänzung der geltenden Rechtslage der Mehrwert­steuer­befreiung für Freiwillige Feuerwehren einzusetzen. Es ist aber auch eine Aufforderung an die Regierung, die geltende Rechtslage auf nationaler Ebene im Sinne der Mehrwertsteuerbefreiung der Freiwilligen Feuerwehren zu ändern.

Hohes Haus! Wir wollen diese Maßnahmen dabei aber nicht nur auf die Feuerwehren beschränken, auch Wohlfahrtsorganisationen und andere freiwillige gemeinnützige Organisationen sollen bei ihren notwendigen Investitionen von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Folgendes sei aber ganz klar festgestellt: Eine Erhöhung der Feuerschutzsteuer, wie dies von verschiedenen Seiten gefordert wird, kommt für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht in Frage, weil die Österreicherinnen und Österreicher ohnehin bereits jetzt unter einer sehr hohen Steuerbelastung leiden.

Bereits eine einfache Änderung des Umsatzsteuergesetzes, insbesondere des § 2, der diese freiwilligen gemeinnützigen Organisationen als Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Mehrwertsteuerzahlung verpflichtet, wäre ein wesentlicher Schritt zur Stärkung dieser Organisationen. Eine Änderung könnte dann den genannten Organi­sationen den Vorsteuerabzug oder die Mehrwertsteuerrückerstattung zubilligen.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die SPÖ hat bereits 2001 einen Entschließungsantrag für die Mehrwertsteuerbefreiung von Feuerwehren eingebracht. Dieser ist aber leider seinerzeit in der Minderheit geblieben. Der zweite diesbezügliche Entschließungsantrag, für dessen Behandlung nunmehr eine Frist gesetzt werden soll, ist bis heute im Finanzausschuss liegen geblieben.

Es ist Mode, freiwillige gemeinnützige Organisationen und deren herausragende Vertreter immer wieder zu würdigen. Sonntagsreden sind zwar schön – die sind sehr schön! –, aber es ist auch eine Pflicht, die Arbeit von freiwilligen gemeinnützigen Organisationen dort zu unterstützen, wo es ihnen am meisten hilft, nämlich in der Kasse.

Deshalb, Hohes Haus, sehr geehrte Damen und Herren: Helfen Sie mit, die Feuer­wehren und die gemeinnützigen Wohlfahrtsorganisationen in ihrer Arbeit zu unter­stützen! Stimmen Sie dafür, dass der in Rede stehende Entschließungsantrag so bald wie möglich im Finanzausschuss behandelt wird, und helfen Sie einfach mit, dass der Finanzausschuss so bald wie möglich zu einem positiven Abschluss für die freiwilligen gemeinnützigen Organisationen kommt.

In diesem Sinne bitte ich Sie, dem Fristsetzungsantrag Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der nunmehr zu Wort kommenden Abgeordneten 5 Minuten beträgt.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


17.25

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Aufforderung, dass wir den Feuerwehren und den Hilfseinrichtungen helfen und sie unterstützen sollen, kann man durchaus zustimmen, Herr Kollege! (Ruf bei der SPÖ: Bravo!)

Meine Damen und Herren, ich sage aber gleich vorweg: Der Fristsetzung stimmen wir nicht zu (Rufe bei der SPÖ: Oje!), wir sichern Ihnen jedoch zu, dass dieser Antrag am 30. Juni im Finanzausschuss auf die Tagesordnung kommt. Dafür haben Sie unser Versprechen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, dies geschieht auch aus Respekt vor der Leistung, die diese Hilfseinrichtungen erbringen. Und ich lade Sie heute schon ein, zu einem positiven gemeinsamen Ergebnis zu kommen.

Eine kleine Erinnerung aber, verehrte Damen und Herren von der SPÖ, ist doch angebracht: Ich bin einer jener, die bereits etwas länger hier im Hohen Haus tätig sind, und ich kann mich daran erinnern, dass es einmal einen Finanzminister gab, der Ihrer Seite angehörig war – es war dies der hoch geschätzte Kollege Lacina. Wir mussten jahrelang darum kämpfen, dass für Kommandofahrzeuge der Feuerwehren die Luxus­mehrwertsteuer beseitigt werden konnte – und ich sage heute noch dem früheren Kollegen Nowotny von der SPÖ ausdrücklich danke und danke auch dem Kollegen Neuwirth von der SPÖ. Den in diesem Zusammenhang größten Dank hätte sich der Wiener Branddirektor Perner verdient, denn er war es letztlich, der mit Hilfe sämtlicher Argumente auch Ihre Seite überzeugen konnte.

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, dass gerade aus dem Katastrophen­fonds 8,49 Prozent der Mittel zum Ankauf derartiger Fahrzeuge verwendet werden können. Und ich bin froh, dass es durch einen Abänderungsantrag in der Steuer-


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reformdebatte bei der Behandlung dieses Punktes möglich war, zusätzlich 1 Million € für derart notwendige Anschaffungen zur Verfügung zu stellen.

Trotzdem sei darauf hingewiesen: Es gibt eine durchaus schwierige finanzielle Situation im ersten Quartal. Ich nenne hier die Zahlen aus Oberösterreich: Im ersten Quartal gab es einen Rückgang bei der Feuerschutzsteuer, die für die Länder und daher für die Feuerwehren zur Verfügung steht, um 513 000 €. Die Prognose für das dritte Quartal – auch auf Oberösterreich alleine bezogen – sieht ein Minus von 750 000 € vor. Also muss man heuer im Vergleich zum Vorjahr mit einem Minus von zirka 25 Prozent rechnen.

Und an diesem Rednerpult steht jetzt niemand, der das vielleicht von irgendjemandem erfahren hat; ich bin seit 1965 aktives Mitglied einer Feuerwehr, jedoch kein Experte – ich möchte mich nicht als solcher bezeichnen, obwohl ich alle Lehrgänge, die zum Führen einer Feuerwehr notwendig sind, natürlich absolviert habe.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt: Die oberösterreichischen Feuerwehren erbringen selbst an Eigenleistung pro Jahr zirka 10 Millionen € zum Anschaffen von Gerätschaften, zum Bauen von Feuerwehrhäusern, damit sie dann helfen können. Eigenleistung der oberösterreichischen Feuerwehren: zirka 10 Millionen €!

Und es gibt – das sei bei dieser Gelegenheit auch dazugesagt – eine großartige Reputation des österreichischen Feuerwehrwesens. Es sind dies auch die einzigen Initiativen, die für etwas sind. Wir erleben heute viele Initiativen, die gegen etwas sind, aber diese Hilfseinrichtungen sind für etwas: für eine rasche Hilfe, Unterstützung und so weiter. Daher müssen wir uns auch überlegen, wie hier sinnvoll und vernünftig geholfen werden kann.

Manches Mal wird den Feuerwehren ja vorgeworfen, sie hätten zu viel Geld, sie hätten wunderschöne Häuser, neue Autos sonder Zahl. – In der oberösterreichischen Brand­bekämpfungsverordnung ist per Gesetz festgelegt, dass der Fahrzeugtausch alle 15 Jahre zu erfolgen hätte. Wissen Sie, wann seitens des Feuerwehrkommandos – Landesfeuerwehrverbandes – auf Grund der finanziellen Schwierigkeiten einem Fahrzeugtausch zugestimmt wird? – Nach 25 Jahren! Ich nehme daher an, dass all jene, die derartige Vorwürfe erheben, in Hinkunft auch so lange mit ihren Fahrzeugen durch die Gegend fahren müssen.

Meine Damen und Herren, um Folgendes würde ich schon auch bitten: Die Einsätze werden immer schwieriger. Aus Anrainerschutzgründen werden Tunnel vorge­schrieben, Überdeckungen, Grünbrücken bei internationalen Verkehrswegen. – Das ist zur Freude der Anrainer großartig, aber es ist ein riesiger Nachteil für die Hilfskräfte: Sie brauchen daher spezielle Fahrzeuge, sie brauchen Atemschutzgeräte mit größe­rem Luftvolumen, sie brauchen Spezialanzüge, um in schwierigen Situationen in der­artigen Tunnelbränden helfen zu können. Und ich möchte niemanden zu einer derartig schwierigen Bergung einladen.

Wir müssen daher wirklich darüber nachdenken, wie es möglich ist, zu helfen. Eines aber wird nicht möglich sein: Der Konsument ist nicht bereit, mehr zu zahlen, weil er schon belastet ist; der Verkehrsteilnehmer ist nicht bereit, mehr zu zahlen; die Wirtschaft kann auch nicht mehr zahlen. Also: Der Bund soll es zahlen. Der Bund verteilt aber auch nur das Steuergeld all jener, die ich vorher genannt habe, also unser aller Steuergeld.

Daher: Wenn wir diese Anforderungen an die Hilfskräfte, die großartige Arbeit leisten, stellen, dann müssen wir auch in der Lage sein, sie zu finanzieren, und uns dazu


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bekennen, dass sie zu finanzieren sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Marizzi zu Wort. Sie haben 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.31

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich gebe Herrn Abgeordnetem Auer natürlich bei seinem letzten Satz Recht. Die Feuerwehren sollten eigentlich eine Konsensmaterie sein. Wir sollten dabei die Parteipolitik da draußen lassen, denn die Feuerwehren sind uns wichtig.

Aber was mir auffällt und was ich jetzt nicht verstehe, Herr Kollege Auer, ist: Wenn wir einen Fristsetzungsantrag einbringen, der begründet ist – und Sie haben ihn selbst in Ihrer Wortmeldung auch begründet –, dann sagen Sie zu uns: Wir versprechen euch, wir bringen das im Finanzausschuss am 30. Juni ein! (Abg. Auer: Auf die Tages­ordnung!)

Dann verstehe ich aber nicht, warum Sie dieser Fristsetzung heute nicht zustimmen – nur weil die Fristsetzung jetzt von der Opposition kommt! (Abg. Scheibner: Na weil wir es nicht brauchen, Herr Kollege!) Das kann mir wirklich niemand erklären, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Heinzl hat die Problematik sehr deutlich gemacht. Worum geht es? – Die Feuerwehren schaffen um 50 bis 60 Millionen € jährlich Geräte an; davon – wir wissen es – fallen 12 Millionen € an Mehrwertsteuer an. Wenn man sich das ansieht, auch im letzten Finanzausschuss, dann muss man sagen, dass die Feuerwehren, wie heute ebenfalls schon angeschnitten wurde ... (Das rote Lämpchen am Rednerpult leuchtet. – Abg. Mag. Mainoni: Redezeit! – Der Redner wendet sich Präsidentin Mag. Prammer zu.) – Habe ich 5 Minuten oder stimmt das? (Bedienstete der Parlamentsdirektion schalten das rote Lämpchen aus.) – Darf ich weiterreden? Okay! – Man sieht also, dass um mindestens 15 Prozent weniger aus dem Katastrophenfonds kommen. 15 Prozent! (Abg. Neudeck – in Anspielung auf das rote Lämpchen –: Es brennt bei der SPÖ!)

Herr Kollege! Wenn Sie wenigstens etwas von der Feuerwehr verstehen würden! Dann könnten Sie sich nämlich zu Wort melden! Sie können ja auch selbst ans Rednerpult treten! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) – Das ist ein zu ernstes Thema. Da geht es nämlich um 300 000 Feuerwehrleute und um 5 000 Feuerwehren. Wenn Ihnen das egal ist und wenn Sie das lächerlich machen, dann sagen Sie es den Leuten draußen! (Abg. Neudeck: Es geht ja nicht um die Feuerwehr! Es geht um das rote Licht!)

Ich wollte die Parteipolitik nicht bei den Feuerwehren hineinbringen, denn das sind Organisationen, die wir brauchen. Und wir sagen ja, wenn wir diese Freiwilligen Feuerwehren nicht hätten – da haben einige Leute schon nachgerechnet –, dann würden uns diese Menschen, die da für uns tätig sind, ähnlich viel kosten wie das Bundesheer.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir im Parlament, parteiübergreifend, einen Beschluss fassen, um den Feuerwehren das Überleben, die Modernisierung zu garantieren. Und, Herr Kollege Auer, Sie haben Recht, Sie haben das aufgezeigt; ich bin auch aktiver Feuerwehrmann – wahr­scheinlich habe ich nur nicht die gleichen Ausbildungen wie Sie –, ich verstehe auch Ihre Aussagen, aber: Springen Sie doch über Ihren Schatten, wenn wir einmal als Opposition einen Fristsetzungsantrag über eine sinnvolle Sache einbringen! (Abg. Neudeck: Ist ja auch auf der Tagesordnung!)


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Gehen Sie doch einmal parteiübergreifend mit und springen Sie über den eigenen Schatten! Sobald die Opposition einmal etwas sagt und einmal etwas einbringt, sagen Sie stante pede nein! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich rege mich nicht auf, aber ich denke mir nur, es wäre eine kleine Geste, hier einmal mitzustimmen. Wir stimmen ja auch bei Ihnen manchmal mit. (Abg. Auer: Nur manchmal!) Es geht hier nicht um Schwarz, Blau, Grün oder Rot, sondern es geht um Rot-Weiß-Rot, es geht um unsere Feuerwehren, und die sind uns wichtig! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

17.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Bucher zu Wort gemeldet. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.35

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Marizzi! Es liegt uns fern, die Politik in dieses sehr wichtige Thema hinein­zubringen. Das wollen wir überhaupt nicht, weil auch wir die Leistungen der öster­reichischen Feuerwehren im höchsten Maße schätzen. (Abg. Marizzi: Stimmen Sie zu!)

Aber es ist uns schon auch wichtig, dass es nicht darum geht, einem Fristsetzungs­antrag zuzustimmen, sondern es geht letztendlich darum, dass wir unterm Strich mehr Mittel für die Feuerwehren herausholen und dass wir uns alle gemeinsam dafür stark machen und einsetzen, dass die österreichischen Feuerwehren das modernste Gerät für die Katastrophenbekämpfung und für ihre Einsätze in nächster Zukunft zur Verfügung haben. Das muss die Zielüberlegung sein, der wir uns zu stellen haben.

Ich glaube darüber hinaus, dass sich auch die Aufgabenfelder der Feuerwehren in den letzten in etwa 120 Jahren seit Bestehen der Feuerwehren insgesamt geändert haben und dass wir auch einmal überlegen sollten, ob die Strukturen, wie sie derzeit in Österreich angewandt werden, richtig sind, ob sie zukunftsorientiert sind und ob sie nicht überdacht werden sollten – wenn ich nur daran denke, dass es Kleingemeinden gibt, die noch über drei oder vier Feuerwehrhäuser verfügen – und ob wir hier nicht einen neuen Weg gehen sollten. Es gibt nämlich auch Studien und interne Papiere des Feuerwehrverbandes, die darauf hinweisen, dass es einen erheblichen Bedarf gibt, diese Strukturen zu verändern und auf einen modernen Weg, der in die Zukunft weist, auszurichten.

Ich denke, dass wir die Möglichkeit haben, am 30. Juni im Finanzausschuss darüber zu sprechen. Wir sind für eine sehr wohlwollende und für die österreichischen Feuer­wehren unterstützende Entscheidung im Finanzausschuss. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 5 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


17.37

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es handelt sich eigentlich um einen Fristsetzungsantrag, der ein formales Interesse inkludiert. Diesem formalen Interesse, nämlich dass das auf die Tages­ordnung des Finanzausschusses kommt, können wir jederzeit zustimmen.

Wenn das jetzt gleichzeitig von den Regierungsparteien zugesagt wird, dann sieht man daran nur, welch eigenartige Blüten das Ganze hier im Haus schon treibt: Man nimmt zwar das Anliegen auf, stimmt aber nicht zu. Dazu könnten Sie sich ja vielleicht trotzdem durchringen! Sei ’s drum! (Abg. Neudeck: Wir sind schon weiter wie Sie ...!)


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In der Sache selbst wurde von allen Vorrednern betont, wie wichtig die Feuerwehren sind. Auch wir können uns diesem Argument anschließen. In meiner Heimatgemeinde zum Beispiel haben wir zwar nur einen Kirchturm, aber zwei Feuerwehren. Das könnte mich dann doch manchmal auf den Gedanken bringen, auch hier nach Effizienz­kriterien Ausschau zu halten, aber nicht, was die Feuerwehren betrifft, sondern die Förderkultur.

Damit bin ich nämlich ohnehin beim eigentlichen Punkt: Wenn wir der Meinung sind, es ist irgendetwas eine sehr wichtige öffentliche Aufgabe, dann ist der nächste Schritt, dessen Finanzierung sicherzustellen. Und wie und in welcher Form diese optimal passiert, ist für mich eine ganz andere Frage.

Ich bin mir noch nicht ganz so sicher wie die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, ob wir mit einer weiteren Ausweitung der Mehrwertsteuer-Spezialregelung, die zuge­gebenermaßen an anderer Stelle schon Beispiele findet, die das durchaus als über­tragbar erscheinen lassen, und einer weiteren Verkomplizierung dem Steuersystem an sich etwas Gutes tun.

Gerade das Mehrwertsteuersystem ist eines, das aus meiner Sicht eher nach einer Vereinfachung schreit, was aber nur die weitere Frage aufwirft: Wie stellen wir den identifizierten Finanzierungsbedarf für die Feuerwehren sicher? – Und da das auch ein Thema für den Finanzausschuss sein kann, werden wir uns diesen Fragen „unter einem“ zuwenden.

Deshalb ein Ja zur Fristsetzung! Die Sache selbst – Absicherung der Feuerwehren dort, wo das gebraucht wird, und Finanzierung – ist wirklich eine Frage des effizienten Mitteleinsatzes. Und ob da die Mehrwertsteuer-Sonderregelung die beste aller Antworten ist? – Ich habe sie noch nicht! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

17.39

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 64/A (E) der Abgeordneten Dr. Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Rückerstattung der Mehrwertsteuer für Feuerwehren und Wohlfahrtsorgani­sationen bei der Anschaffung neuer Gerätschaften eine Frist bis 7. Juli 2004 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag auf Fristsetzung zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist nicht die Mehrheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 9 bis 13 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort.

 


17.40

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Liebe Frau Präsidentin! Sehr geehrte leere Regie­rungsbank! Meine Damen und Herren! Das Forschungsförderungsgesetz und die Forschungsförderung im Allgemeinen sind ein bisschen ein Spiegelbild dafür, wie die Regierung mit sehr vielen wichtigen Themen umgeht. Es ist kaum Zeit in der Begut-


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achtungsphase – in diesem Fall dauerte sie formal quasi einen Monat, de facto waren es auf Grund der Weihnachtsferien 14 Tage. Es bleibt also kaum Zeit, wirklich einen konstruktiven Dialog mit den betroffenen und relevanten Gruppen zu führen.

Trotz der Zusammenführung der Forschungsförderung unter einem Dach – was ich prinzipiell begrüße und für wichtig halte – schaffen Sie es aber leider nicht, auch eine Kohärenz auf der Ebene der Ministerien herzustellen. Das ist sehr schade.

Sie lagern wichtige Entscheidungen, nämlich Entscheidungen, die für Österreich zukunftsweisend sind, und Entscheidungen, die unseren Stellenwert in der inter­nationalen Forschungsszene bestimmen, aus. Entscheidungen, durch die wirklich ein großes Volumen von Steuergeld verlagert wird, gehen weg von der politischen Struktur, weg von der politischen Ebene hin zu privatwirtschaftlichen Strukturen – und das halte ich doch für sehr problematisch, weil es vor allem der Transparenz der Mittelvergabe nicht wirklich zuträglich ist.

Diese jetzt beschriebenen Prinzipien machen es uns leider nicht möglich, diesem Gesetz zuzustimmen. Es ist zwar zu sehen, dass es in sehr vielen Fragen Bewegung gab, und viele dieser Bewegungen möchte ich auch wirklich begrüßen; aber auch wenn ich mir den Abänderungsantrag, der jetzt letztendlich vorliegt, anschaue, muss ich sagen, dass es zwar wirklich okay ist, dass eine verbesserte Repräsentanz der Frauen jetzt gesetzlich festgeschrieben ist, aber was die Vertretung der über­betrieblichen Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat betrifft oder auch was die Trans­parenz zur Sicherstellung des Informationsflusses zum Parlament betrifft und dass da einfach nur veröffentlicht und übermittelt wird, aber keine wirkliche Mitsprache­möglichkeit im Parlament vorhanden ist, so erscheint mir das doch zu schwach und zu wenig weit gehend, als dass wir dem wirklich zustimmen könnten.

Ich meine, dass wir uns in zwei bis drei Jahren anschauen sollten, ob das, was wir alle von der Zusammenführung unter ein Dach erwarten, auch wirklich eingetreten ist, ob es die Synergien gibt, die wir erwarten, ob die Bündelung wirklich vorhanden ist – oder ob es nur eine Basis für eine Umfärbung der Forschungspolitik in Österreich ist. Und diesfalls werden, so denke ich, dann auf jeden Fall noch sehr weit reichende strukturelle Änderungen notwendig sein. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.43

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben, wie meine Vorredner schon ausgeführt haben, hier eine ganz wesentliche Forschungsmaterie vor uns: Es geht um die Bündelung der Förderungsstrukturen im Bereich Forschung und Entwicklung.

Wir haben intensive Diskussionen geführt, und ich kann meiner Vorrednerin, die wieder einmal in dieses Klagelied eingestimmt hat, alles sei zu kurz und ginge zu schnell und sie hätten keine Gelegenheit, nicht zustimmen: Es hat sehr intensive Debatten auch im Ausschuss, auch im Vorfeld gegeben, und es hat sehr intensive Verhandlungen seither gegeben, aber leider hat sich die SPÖ aus sehr parteitaktischen Motiven wieder einmal von einem möglichen Konsens – und der wäre heute sicherlich möglich und war an sich ja schon vorhanden –, von einem solchen Einvernehmen in diesem für Österreich wichtigen Bereich entfernt.


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Aber lassen Sie mich zur Ausgangslage zurückkommen. Wenn Sie hier Verschiedenes an diesem Vorhaben, die verschiedenen Forschungsförderungsfonds und –einrich­tungen unter einem Dach zu vereinen, kritisieren, dann darf ich in diesem Zusammen­hang jemand Unverdächtigen zitieren, der heute hier schon von Rednern aller Frak­tionen sehr gelobt wurde, nämlich den Rechnungshof, der in einem Bericht im Jahr 2002 über die Prüfung dieser Forschungsförderung und Technologieförderung im Zeitraum 1996 bis 2001 berichtet und diese dargestellt hat.

Die Schlussfolgerungen, zu denen der Rechnungshof für diesen Bereich – überwie­gend den Zeitraum Ende der neunziger Jahre betreffend – gekommen ist, waren sehr klar, nämlich – und ich zitiere jetzt aus diesem Bericht –: 

„Die forschungsspezifischen Aufgaben ... sollten zusammengeführt werden“, „eine Konzentration auf eine strategische Ausrichtung der Forschungsangelegenheiten“ wird empfohlen, „ein strategisches und operatives Controlling von Förderungsprogrammen und -einrichtungen“ ist „anzustreben“, „Die Anzahl der Förderungseinrichtungen wäre zu verringern“, „eine Zusammenlegung ... der finanziellen bzw organisatorischen Ressourcen“, und „Die bestehenden Zersplitterungen und Überschneidungen ... wären durch eine gezielte Abstimmung ... der Forschungspolitik sowie ein Zusammenlegen der Förderungsprogramme zu beseitigen“.

Genau das tun wir, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesen Gesetzes­vorlagen, die heute zur Abstimmung anstehen – und genau deshalb ist es so schade, dass Sie aus den schon genannten Motiven hier heute leider nicht zustimmen werden.

Aber es gibt noch andere, die genau diesen Weg, wie wir ihn heute mit dieser Materie, mit diesen Gesetzesvorhaben einschlagen, empfohlen und angeraten haben.

Die erste Koalitionsregierung zwischen FPÖ und ÖVP hat schon in ihrem Regie­rungsprogramm im Jahr 2000 einen sehr wesentlichen Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung gelegt und in diesem Regierungsprogramm, das sie auch umgesetzt hat, die Einrichtung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung empfohlen – und, wie gesagt, dann auch umgesetzt.

Auch dieser Rat für Forschung und Technologieentwicklung, der ein ganz wichtiges Beratungsinstrumentarium für den Bereich Forschung und Entwicklung geworden ist, hat immer wieder in seinen Empfehlungen, in seinen Schlussfolgerungen und Untersuchungen Strukturänderungen verlangt, Zusammenfassungen verlangt, um eine einheitliche Forschungsförderung und eine strategische Ausrichtung der Forschungs­förderung in Österreich zu ermöglichen.

Genau dafür liegen diese Gesetzesvorhaben heute auf dem Tisch, und genau das wurde auch in den Verhandlungen im Ausschuss von allen Fraktionen als sehr wichtig empfunden. Daher tun Sie sich hier heute auch so schwer, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, überhaupt zu begründen, warum Sie diesen Vorhaben nicht zustimmen. Es bleibt – und diesen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen – beim fundamentaloppositionellen Nein zu einer – wie Sie selbst feststel­len – wichtigen Materie.

Wir haben in den letzten Jahren im Bereich Forschung und Entwicklung wichtige Erfolge erzielt. Das wird dieser Bundesregierung von vielen Einrichtungen auch attestiert, und das wird auch hin und wieder von der Opposition betont. Meine Kollegin Gertrude Brinek hat heute ja schon gesagt und ausgeführt, in welchen Bereichen wir auch entgegengekommen sind, und Herr Kollege Broukal hat das sogar bejaht. Er hat das auch bestätigt, dass es dieses Entgegenkommen in diesen Bereichen gegeben hat.


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Mir tut es Leid, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dieses Entgegen­kommen, das wir aufrechterhalten – diese ausgestreckte Hand bleibt ausgestreckt –, von Ihrer Seite mit einem Nein beantwortet wird: einem Nein – und das ist die einzige Begründung, warum Sie hier nicht zustimmen, die letztlich geblieben ist –, weil es Ihnen in einer alten Prägung, in einer Form von alten Politik, um Postenbesetzungen geht, weil Ihnen irgendein Aufsichtsratssitz, den Sie sich noch unter den Nagel reißen wollen, zu wenig ist. Deswegen sagen Sie nein. (Abg. Dr. Einem: Fünf für die Wirtschaft, Herr Kollege! Den Posten haben Sie, nicht wir!)

Das ist, bitte, zu wenig, das ist keine moderne Forschungs- und Technologiepolitik! Uns geht es nicht um Postenbesetzungen (Rufe bei der SPÖ: „Nein“!, „Nein“!), uns geht es um moderne, um erfolgreiche Forschungs- und Technologieentwicklung, so wie in den vergangenen Jahren auch. Ihnen geht es leider wieder nur um dieses eine: um die Frage der Postenbesetzungen, und das ist sehr schade. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Silhavy: ... rot werden bei diesen Behauptungen! – Abg. Dr. Einem: Das glauben Sie ja nicht einmal selber!)

17.49

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Sburny zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

 


17.49

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Also wie das links oder rechts hier im Haus mit den Posten ist, das lassen wir einmal dahingestellt.

Was dieses Gesetz jedenfalls nicht kann – um das gleich einmal vorneweg zu sagen –, das ist, diesen Kompetenzwirrwarr auf Ebene der Ministerien zu bereinigen, den wir von Anfang an kritisiert haben. Das kann dieses Gesetz nach wie vor nicht. Es sind drei Ministerien – mit dem Finanzministerium letztlich vier –, die sich um die Forschungsförderung streiten. Ob das gut oder schlecht sein wird, das wird man noch sehen. Bei den Verhandlungen hat sich zumindest einmal gezeigt, wie schwierig es ist, wenn es mehrere Ansprechpartner gibt.

Trotzdem: Wir seitens der Grünen haben uns, auch auf Grund der Verhandlungen, entschieden, diesem Gesetz mit den Abänderungen unsere Zustimmung zu geben (demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), weil es aus unserer Sicht tatsächlich substantielle Veränderungen sind und weil wir uns auch internationale Erfahrungen sozusagen zum Vorbild nehmen wollen, die zeigen, dass es gerade im Forschungsbereich notwendig und sinnvoll ist, parteiübergreifend zu agieren.

Natürlich verlangt das auch Bewegung auf allen Seiten. Für uns, würde ich einmal sagen, ist ein Maß erreicht worden, das es uns ermöglicht, diesem Gesetz zuzu­stimmen.

Die Forschungsförderung ist wichtig sowohl als Basis für die Innovation in einem Land als auch für das nationale Wirtschaftswachstum, und wir haben sicher noch ein Stück Weg vor uns, um da parteiübergreifende Konsense herzustellen.

Ein wichtiger Punkt ist in der Abänderung gelungen; Frau Kollegin Bayr hat ihn angesprochen. Dass das Parlament hier keine Mitsprache hat und dass genau diese Mitsprache des Parlaments jetzt hier festgehalten wird, das war für uns ein zentraler Punkt. Es ging uns darum, dass der Rat für Forschung und Technologieentwicklung nicht nur eine nationale Forschungsstrategie entwickelt, die dann irgendwo in einem oder mehreren Ministerien, sagen wir einmal, besprochen wird, und dann wird eben etwas gemacht oder nicht, sondern dass tatsächlich die Abgeordneten hier im Haus die Möglichkeit haben, darüber zu diskutieren. Das ist einerseits teilweise im Gesetz


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sichergestellt, andererseits über eine zusätzliche Vereinbarung der Fraktionen, der auch die SPÖ zugestimmt hat, in der festgehalten wird, dass es im Einvernehmen aller Fraktionen ist, dass diese nationalen Strategien regelmäßig dem Parlament zugeleitet und auch diskutiert werden sollen.

Das ist für uns auch insofern eine zentrale Frage, als in Österreich die so genannte Awareness, die Aufmerksamkeit in Richtung Forschung extrem gering ist, wenn man das mit dem europäischen Schnitt vergleicht. Das ist auch mit Zahlen belegt. Wir halten es für sehr notwendig, dass eben diese Awareness, diese Aufmerksamkeit, auch diese Wertschätzung der Forschung in der Öffentlichkeit steigt, und dazu braucht es einfach auch mehr öffentliche Diskussion, und diese scheint uns doch zumindest verbessert, wenn auch noch nicht ausreichend gewährleistet. Damit ist zumindest einmal ein erster Schritt gemacht worden.

Ein Punkt noch, weil das in einer Aussendung angesprochen wurde: Wir haben uns dafür eingesetzt, dass diese Diskussion nicht nur im Wissenschaftsausschuss geführt wird, sondern unter Beiziehung von Mitgliedern auch des Wirtschafts- und des Industrieausschusses, weil wir es eben für sehr notwendig halten, dass auch die Abgeordneten aus dem Wirtschafts- und Industriebereich diese Debatte mit führen und auch mit entscheiden und das nicht allein im Wissenschaftsbereich bleibt – wenn wir auch glauben, dass wesentliche Bereiche, gerade auch der Grundlagenforschung, ebendort angesiedelt sein müssen.

Ein zweiter wichtiger Bereich, der mich ganz besonders freut – er ist jetzt schon zwei, drei Mal so ganz nebenbei angeklungen –, ist die Frage der Repräsentanz von Frauen in dieser neuen Gesellschaft. Ich habe bereits mehrmals angesprochen, dass es im Forschungsbereich ganz offensichtlich für Frauen besonders schwierig ist, an die Spitze zu kommen. Forscherinnen haben in den diversen Institutionen offenbar wenig Möglichkeiten, wirklich in leitende Positionen zu kommen.

Jetzt ist es natürlich schwierig, so etwas in einem Gesetz zu verankern, wo es noch dazu um eine GesmbH geht. Aber ich bin doch einigermaßen erfreut darüber – und ich möchte auch den BeamtInnen in beiden Ministerien, die sich bemüht haben, da eine Formulierung zu finden, an dieser Stelle danken –, dass jetzt auch im Gesetz fest­gelegt ist, dass „bei der Bestellung der Organe und Beiräte“ „der Frage eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses besondere Beachtung zu schenken“ ist. – Das klingt zwar zunächst einmal sehr allgemein, es ist aber das erste Mal, dass das in dieser Form in einem Gesetz festgelegt worden ist, und es handelt sich in diesem Sinn um einen Präzedenzfall, den man, glaube ich, nicht hoch genug loben kann. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Dr. Einem.)

Ein dritter Punkt ist die Frage des Aufsichtsrates, der natürlich auch im Zusam­menhang mit den Diskussionen mit der SPÖ-Fraktion ein wesentlicher Punkt war. Es ist ja nicht so, man kann ja nicht so tun, als ob der Aufsichtsrat so irgendwie quasi „überinteressenmäßig“ organisiert wäre. Tatsächlich ist es so, dass während der Begutachtungsfrist zwei zusätzliche Vertreter – Vertreter nehme ich einmal an; vielleicht jetzt doch eine Vertreterin – aus dem wirtschaftsnahen Bereich beziehungs­weise aus dem Unternehmensbereich dazugekommen sind. Wir waren grundsätzlich nicht der Meinung, dass dieses Gremium sozialpartnerschaftlich besetzt werden muss. Aber wenn man auf der einen Seite sagt, da kommen jetzt die WKÖ und vor allem auch noch die IV hinein, dann verstehe ich auch die SPÖ-Fraktion beziehungsweise haben wir dann auch mit vertreten, dass zumindest auch ein Vertreter oder eine Vertreterin der Arbeiterkammer mit Stimmrecht in diesem Gremium sitzen muss. Das wenigstens ist jetzt gelungen, und ich halte das in Anbetracht dessen, was da vorher in der Begutachtungsfrist alles passiert ist, zumindest für ein Erfordernis, das erfüllt worden ist, womit wir einmal leben können.


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Alles in allem haben wir, glaube ich, noch ein ganz schönes Stück Weg vor uns, eine verbindliche, gemeinsam erarbeitete, parteiübergreifend erarbeitete Forschungsstrate­gie zu entwickeln, die dann auch mehrere – und vielleicht auch unterschiedliche – Regierungen überleben kann. Aber dieses Gesetz ist zumindest ein Schritt auf diesem Weg. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


17.56

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Vize­kanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Es ist wirklich schade, dass es Kollege Broukal nicht gelungen ist, diesen Meilenstein in der österreichischen Forschungs­politik in den eigenen Reihen durchzusetzen. Vielleicht können Sie sich doch noch entscheiden oder über Ihren Schatten springen, wenn ich den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Magda Bleckmann, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen einbringe. – Ich ersuche die Präsidentin, wegen des Umfangs dieses Antrages diesen gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung an die Abgeordneten verteilen zu lassen.

Obwohl Kollegin Sburny diesen Abänderungsantrag schon in einigen Punkten erörtert hat, möchte ich aus formellen Gründen die Kernpunkte des Antrages noch einmal erläutern. Ich freue mich natürlich, dass neben einigen weiteren Punkten insbesondere auch die Repräsentanz von Frauen in diesem Gesetz verankert werden konnte, dass im Aufsichtsrat die Vertretung der Arbeiterkammer vorgesehen ist und dass der Informationsfluss zum Parlament verbessert wird.

Weiters wird die Entsendung des siebenten Mitgliedes des FWF in Anlehnung an das Universitätsgesetz 2002 formuliert, wenn im Streitfall dieses siebente Mitglied nicht bestimmt werden kann.

Ich kann mich, wenn die Sozialdemokraten dem jetzt nicht zustimmen können, des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ganz einfach nicht eingestehen wollen, dass diese Regierung es schafft, eine solche Forschungsreform durchzubringen – vielleicht deshalb, weil sie selbst kläglich daran gescheitert sind. Ich erinnere mich noch: Im Jahr 1997 wollten Sie ja schon selbst solch ein Technologiebüro gründen, wobei diese Thematik sogar zur Chefsache erklärt worden ist. Sie haben es in Ihrer Regierungszeit, während Ihrer Regierungsführung aber nicht geschafft, diesen essentiellen Schritt in der Forschungspolitik erfolgreich zu gestalten.

Diese Reform der Forschungsförderung ist wirklich ein Meilenstein in der Forschungs- und Entwicklungspolitik. Auch wenn hier von einem Kompetenzwirrwarr verschiedener Ministerien gesprochen wird: Die Tatsache, dass als Ergebnis von deren Zusam­menarbeit das großartige Werk dieser Forschungsförderungsreform vorliegt, deutet darauf hin, dass diese Zusammenarbeit sehr wohl gut funktioniert.

Es ist noch nie so viel Geld in Forschung und Entwicklung investiert worden wie unter dieser schwarz-blauen Regierung. Die steuerliche Begünstigung spornt Unternehmen an, dass auch im Wirtschaftsbereich endlich mehr in Forschung und Entwicklung investiert wird. Das führt zu dieser ansehnlichen Gesamtsumme in den For­schungsausgaben, das spiegelt sich eindeutig wider in der Forschungs- und Ent­wicklungsquote von 2,27 Prozent des BIP, das ja von den Sozialdemokraten ständig angezweifelt wird.

Als Technikerin kann ich es nicht darauf beruhen lassen, wenn Zahlen irgendwo angezweifelt werden. Ich habe mich daher bei der Statistik Austria sehr genau


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erkundigt, wie diese Zahlen zustande kommen. Es ist eindeutig ein methodisches Konzept, das zu diesen Zahlen führt – zumindest schließe ich das aus den Aussagen, dass sie sowohl international als auch über Jahre hindurch sehr gut vergleichbar sind. Es tut natürlich weh, wenn man als SPÖ zugestehen muss, dass die Forschungs- und Entwicklungsquote in den letzten Jahren der schwarz-blauen Regierung rasant gestiegen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die finanziellen Mittel bedeuten natürlich nicht alles. So ist es unbedingt notwendig, dass auch Strukturen optimiert werden, damit genau diese Mittel, die nun vermehrt ausgeschüttet werden, auch effizient einsetzbar sind. Es ist ausgezeichnet, dass diese zersplitterte Forschungslandschaft endlich in eine Gesellschaft zusammengefasst wird, dass ein einheitlicher Ansprechpartner für die Wirtschaft zur Verfügung steht und dass auch der Aspekt der Kundennähe näher in Betracht gezogen worden ist, indem Abläufe und Strukturen verbessert wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ein wesentliches Ziel ist es natürlich, dass sich der Wissenschaftsfonds, der die Grundlagenforschung betrifft, und die wirtschaftsbezogene Forschung verstärkt und verbessert miteinander abstimmen – durch verbesserte Kooperation und verbesserte Koordination. Ich halte es für gut, dass die Wirtschaft verstärkt mit eingebunden ist, denn gerade im Bereich der Wirtschaft ist es notwendig, dass die Investitionen in Forschung und Entwicklung noch stärker und noch verstärkt gefördert werden.

Es ist ja nicht so, dass die Wirtschaft nur von den Forschungsgeldern lebt. Nein, die Forschungsgelder ermöglichen es, neue und vermehrte Investitionen in die Forschungslandschaft einzubringen. Das ist unbedingt notwendig, damit wir auch das hoch gesteckte Ziel von Lissabon erreichen können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Forschungs- und Entwicklungspolitik ist kein exklusives Thema, das nur für einige wenige Wissenschaftler zum Tragen kommt – Forschung ist eine Investition in die Zukunft! Das bedeutet, dass der Wirtschafts­standort nachhaltig gesichert ist und dass die Wirtschaftskraft verstärkt wird, und das wiederum bedeutet, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden und diese auch nachhaltig geschaffen werden können. Die Regierung zeigt durch diese offensive Forschungs- und Entwicklungspolitik, dass sie Verantwortung hat, dass sie Verant­wortung auf mehrere Jahre hinaus übernimmt.

Ich verstehe die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ wirklich nicht! Wie kann es sein, dass Sie gegen eine aktive und zukunftsorientierte Arbeitsmarktpolitik stimmen, die Sie die ganze Zeit über von der Regierung einfordern, weshalb Sie die Regierung permanent kritisieren?

Ich kann in erster Linie unserem Forschungsminister dazu gratulieren, dass dieser weitere Mosaikstein und Meilenstein in der Forschungspolitik getätigt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben einge­brachte und in seinen Kernpunkten erläuterte Antrag der Abgeordneten Dr. Bleckmann, Dr. Brinek, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen auch schriftlich überreicht wurde und genügend unterstützt ist; er steht somit mit in Verhandlung.

Im Hinblick auf den Umfang des Antrages lasse ich ihn gemäß § 53 Abs. 4 der Ge­schäftsordnung zur Verteilung bringen. Im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt werden.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann, Dr. Gertrude Brinek, Dr. Kurt Grüne­wald sowie Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage (510 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet wird (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH – FFG-G) und das Bundesgesetz zur Förderung der Forschung und Technologieentwicklung (For­schungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG), das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich (Forschungsorganisationsgesetz – FOG), das Bundesgesetz über das Bankwesen (Bankwesengesetz – BWG), das Bundesgesetz, mit dem Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen, das Freisetzen und Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen geregelt werden (Gen­technikgesetz – GTG), das Bundesgesetz über die Zahl, den Wirkungsbereich, die Einrichtungen der Bundesministerien (Bundesministeriengesetz 1986 – BMG) und das Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2004 (Bundesfinanzgesetz 2004 – BFG 2004) geändert werden (Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz) (538 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht angeschlossene Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Art. 1 (Bundesgesetz, mit dem die Österreichische Forschungs­förderungs­gesell­schaft mit beschränkter Haftung errichtet wird (Österreichische Forschungsförderungs­gesellschaft mbH – FFG-G)) wird wie folgt geändert:

a) Dem § 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Bei der Bestellung der Organe und Beiräte ist der Frage eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses besondere Beachtung zu schenken.“

b) In § 6 lauten die Abs. 1 und 2:

„(1) Die Gesellschaft hat einen Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat besteht aus zehn Mitgliedern. Bei Stimmengleichheit gibt, außer im Falle von einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Beschlüssen, die Stimme des Aufsichts­rats­vorsitzenden den Ausschlag.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie bestellt den Vorsitzen­den und ein weiteres Mitglied, der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur bestellt den Stellvertreter des Vorsitzenden des Aufsichtsrates. Je ein Aufsichtsrats­mitglied wird vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, vom Bundesminister für Finanzen, von der Wirtschaftskammer Österreich, von der Vereinigung der Österreichi­schen Industrie sowie von der Bundesarbeitskammer entsandt. Zwei weitere Mitglieder mit unternehmerischer Erfahrung werden vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit einvernehmlich bestellt.“

c) Dem § 8 Abs. 3 wird folgender Satz angefügt:

„Das Mehrjahresprogramm ist der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dem Präsidenten des Nationalrates zur Information der Abgeordneten zu übermitteln.“

d) Dem § 10 Abs. 3 wäre ein 2. Satz anzufügen:


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„Die Ausgestaltung der Beiräte wird durch interne Organisationsrichtlinien festgelegt.“

2. Art. 2 (Änderung des Bundesgesetzes zur Förderung der Forschung und Tech­nologieentwicklung (Forschungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG)) wird wie folgt geändert:

a) In Z 6 (§ 4) erhält der bisherige § 4 die Bezeichnung „§ 4 (1)“. Weiters wird folgender Abs. 2 angefügt:

„(2) Bei der Bestellung der Organe und Beiräte ist der Frage eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses besondere Beachtung zu schenken.“

b) In Z 7 (§ 4a) wird Abs. 2 folgender Satz angefügt:

„Das Mehrjahresprogramm ist der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und dem Präsidenten des Nationalrates zur Information der Abgeordneten zu übermitteln.“

c) In Z 9 (§ 5a) lautet Abs. 1:

„(1) Der Aufsichtsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Drei Mitglieder werden von der Delegiertenversammlung gewählt, zwei Mitglieder werden von der Bundesministerin oder vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und ein Mitglied von der Bundesministerin oder vom Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur entsendet. Ein weiteres Mitglied wird von den sechs Mitgliedern des Aufsichtsrates einvernehmlich bestellt. Kommt es innerhalb von sechs Wochen nach der Bestellung der sechs Mitglieder zu keiner einvernehmlichen Bestellung des weiteren Mitglieds, hat die Aufsichtsbehörde eine angemessene Nachfrist zu setzen. Verstreicht diese ergeb­nislos, ist dieses Mitglied des Aufsichtsrats von der Bundesministerin oder vom Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit der Bundes­ministerin oder dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf Basis eines vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung zu erstellenden Dreier­vorschlages zu bestellen. Die vorgeschlagenen Personen sind oder waren in verantwortungsvollen Positionen in der Gesellschaft, insbesondere der Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft tätig und können aufgrund ihrer hervorragenden Kenntnisse und Erfahrungen einen Beitrag zur Erreichung der Ziele und Aufgaben des Wissenschafts­fonds leisten. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Bundesministeriums sowie die Mitglieder der Ratsversammlung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung dürfen dem Vorschlag nicht angehören. Den Sitzungen des Aufsichtsrates ist die oder der Vorsitzende des Aufsichtsrates der Österreichischen Forschungsförderungs­gesellschaft mbH zur Beratung beizuziehen.“

d) In Z 22 (§ 17b) wird in Abs. 3 3. Satz der Punkt durch einen Beistrich ersetzt und folgende Wortfolge angefügt:

„den diese dem Nationalrat als Bericht zuleitet.“

Begründungen:

Zu Z 1 (Art. 1):

lit. a)

In Ergänzung zu den Feststellungen des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung (538 d.B.) soll nun auch gesetzlich das Anliegen einer verbesserten Repräsentanz von Frauen in entscheidenden und beratenden Funktionen verankert werden.

lit. b)

Zur Einbindung der überbetrieblichen Arbeitnehmervertretungen im Aufsichtsrat der


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 178

Gesellschaft war ein Entsendungsrecht der gesetzlichen Arbeitnehmervertretung vorzusehen. Durch die Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Aufsichtsrates war ein Dirimierungsrecht des Vorsitzenden vorzusehen.

lit. c)

Zu Schaffung erhöhter Transparenz und zur Sicherstellung des Informationsflusses zum Parlament sind die Mehrjahresprogramme zu veröffentlichen und dem Nationalrat zu übermitteln. Dabei ist eine Veröffentlichung auf der Homepage der Gesellschaft und eine Übermittlung auf elektronischem Wege als ausreichend anzusehen.

lit. d)

Zur bestmöglichen Beratung der Gesellschaft soll sie in flexiblen Organisations­richtlinien festlegen können, wie sich die Beiräte in den unterschiedlichen Bereichen, für unterschiedliche Programme, zusammensetzen. Dabei werden zur Einholung des notwendigen Know Hows und zur Einbindung von stake-holdern im BottomUp Beirat ein Vertreter der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und ein Vertreter des Österreichischen Gewerkschaftsbundes auch weiterhin vertreten sein.

Zu Z 2 (Art. 2):

lit. a)

In Ergänzung zu den Feststellungen des Ausschusses für Wissenschaft und For­schung (538 d.B.) soll nun auch gesetzlich das Anliegen einer verbesserten Repräsentanz von Frauen in entscheidenden und beratenden Funktionen verankert werden.

lit. b)

Zu Schaffung erhöhter Transparenz und zur Sicherstellung des Informationsflusses zum Parlament sind die Mehrjahresprogramme zu veröffentlichen und dem Nationalrat zu übermitteln. Dabei ist eine Veröffentlichung auf der Homepage des Wissen­schaftsfonds und eine Übermittlung auf elektronischem Wege als ausreichend anzusehen.

lit. c)

Im Falle der Nichteinigung über das siebente Mitglied sollte von einer unabhängigen Instanz (Rat für Forschung und Technologieentwicklung) ein Dreiervorschlag erstattet werden. Unter Dreiervorschlag ist in diesem Fall wie auch an anderen Stellen in diesem Gesetz (insbesondere Dreiervorschlag des Aufsichtsrates an die Delegierten­versammlung bei der Bestellung der Präsidentin oder des Präsidenten) ein Vorschlag von genau drei Personen zu verstehen. Darüber hinaus soll das siebente Aufsichts­ratsmitglied nicht direkt den Weisungen einer Ministerin oder eines Ministers unterliegen und auch nicht der Ratsversammlung selbst angehören. In Anlehnung an das Universitätsgesetz 2002 werden inhaltliche Anforderungen an dieses Mitglied formuliert.

lit. d)

Zur Sicherstellung eines guten Informationsflusses zum Nationalrat ist der jährliche Bericht des FTE-Rates von der Bundesregierung dem Nationalrat zuzuleiten.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter DDr. Niederwieser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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18.04

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Kollegin Achleitner hat soeben über die Forschungsquote und über unsere Zweifel daran berichtet. Man darf schon zweifeln, wenn auf einmal von einer Statistik zur anderen, von einer Veröffentlichung zur anderen die Forschungsquote um 0,2 Prozent steigt – aus statistischen Gründen, nicht, weil das Geld mehr geworden wäre!

Wir haben uns das natürlich auch genau angesehen und festgestellt, dass in den letzten fünf Jahren der SPÖ-Regierungsbeteiligung die Forschungsquote stärker gestiegen ist als in den fünf Jahren, seit Sie in der Regierung sind. – Auch das zeigt diese Statistik! Vielleicht sollten Sie sie auch einmal dahin gehend überprüfen, um etwas bescheidener zu werden, wenn Sie von Jahrhundert-, von Jahrzehnte­ereignis­sen reden.

Sie haben uns auch einen Abänderungsantrag vorgelegt, auf welchen ich jetzt konkret eingehen möchte.

Frau Kollegin Brinek! Wir haben uns über diese Frage, ob in Organen – zum Beispiel Universitätsbeirat – Frauen ausgewogen vertreten sein sollen, schon in den Verhand­lungen zum Universitätsgesetz unterhalten, und Sie haben letztlich – so gesehen ist das ja keine Premiere – diesem Ansinnen auch zugestimmt. Ich frage mich daher wirklich: Was geht in diesen beiden Regierungsparteien vor, wenn sie diese Frauenbe­teiligung nicht automatisch, nicht von sich aus hineinschreiben, sondern darauf warten, dass wir kommen und sagen: Das gehört doch heutzutage dazu, dass Frauen aus­gewogen vertreten sind!? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Wieso können Sie und Kollegin Achleitner nicht von sich aus sagen: Das wollen wir! und eine Gesetzesvorlage, eine Regierungsvorlage einbringen, wo das schon von vornherein drinsteht? (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Dasselbe gilt für die Frage, ob in den Aufsichtsräten die überparteilichen Interessen-, die überbetrieblichen Interessenvertretungen halbwegs ausgewogen vertreten sind. Es ist doch eine Provokation, zu sagen: Wir konstruieren einen Aufsichtsrat: zweimal Wirtschaftskammer, einmal Industriellenvereinigung (Abg. Dr. Brinek: Wer bringt das Geld ein?), wir berücksichtigen die Wirtschaftspartner. So lautete doch Ihr ursprüng­licher Vorschlag! Gnadenhalber sagen Sie dann: Natürlich gibt es die Arbeitnehmer auch noch – es sind ja nur 2 Millionen! –, und die werden wir jetzt auch noch berück­sichtigen. (Abg. Dr. Brinek: Wer bringt das Geld ein?)

Da erwarten Sie, dass wir in Dankbarkeit vor Ihnen niederknien und sagen: Super, was Sie uns da zugestanden haben!, wenn es doch eine Selbstverständlichkeit ist, dass das in ein solches Gesetz hineingeschrieben gehört. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Wer bringt das Geld ein? Wer bringt die Forschungsmittel? Das war der Maßstab!)

Der dritte Punkt betrifft das Parlament an sich, denn wir haben hier im Ausschuss schon lange darüber diskutiert. Natürlich gebe ich Ihnen Recht, das ist eine neue Qualität, dass das Parlament über die Forschungsziele diskutieren kann, sie vielleicht sogar beschließen kann – das wissen wir noch nicht, das wird die Praxis zeigen; das wäre tatsächlich etwas völlig Neues und Positives –, aber ich frage auch: Wieso schrei­ben wir das dann nicht in das Gesetz hinein, wenn wir das ohnehin alle wollen? Wieso steht in Ihrem Antrag, dass der jährliche Bericht des FTE-Rates auch im Plenum verhandelt werden soll? (Abg. Großruck: Dann hätten Sie nichts zu reden gehabt!)

Es kann wohl stimmen, dass der Bericht ins Plenum kommt, aber wer garantiert uns denn, dass Sie nicht wieder einmal aus irgendeinem Grund beleidigt sind und sagen:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 180

Diesmal eben leider nicht! (Abg. Dr. Brinek: Aber geh! Wer ist der Beleidigte!?) Daher wäre es uns lieber gewesen, es wäre im Gesetz gestanden, dann hätten wir uns als Fraktion wahrscheinlich auch leichter getan, zu sagen: Ja, wir wollen diesem Gesetz auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Gorbach. – Herr Vizekanzler, Sie sind am Wort.

 


18.08

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzte Frau Präsidentin! Regierungskollegin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, man kann sagen – weil hier immer diskutiert wird, inwiefern die im Parlament vertretenen Parteien eingebunden waren in die Entstehung dieser Reform beziehungsweise des heute zu beschließenden Gesetzes –, dass wir uns sehr bemüht haben – wenn ich uns sage, meine ich natürlich das Verkehrs-, Innovations-, Technologie-, also Forschungsministerium, auch das Wissenschafts- und Bildungs­ministerium, aber natürlich auch das Wirtschaftsministerium –, dass wir alle sehr bemüht waren, auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diese Forschungsreform auf einen möglichst breiten Konsens zu bringen und so auf eine gute Basis für eine neue, noch bessere Forschungszukunft Österreichs zu stellen, als das in den letzten Jahren schon der Fall war. Wir haben schon einige Zahlen dazu gehört.

Sie wissen es, meine Damen und Herren: Eine zersplitterte Forschungsförderungs­landschaft in Österreich, schließlich auch Empfehlungen des Rechnungshofes, aber auch Empfehlungen des Rates für Forschung und Technologieentwicklung und nicht zuletzt die von allen Fraktionen begrüßte internationale Vorevaluierung im Jahr 2004 waren Grundlage für eine völlige Neustrukturierung der Forschungslandschaft in Österreich – eine Reform, meine Damen und Herren, die dazu beitragen wird, uns international auch auf dem Forschungssektor – ich sage dazu: genau zum richtigen Zeitpunkt! – unter den Top-Innovationsländern Europas zu positionieren!

Die Entwicklung der Forschungsförderungsstrukturen trägt der europäischen Entwick­lung eindeutig Rechnung. Die jüngste Veröffentlichung der Statistik Austria anlässlich des Reformdialoges im Mai dieses Jahres – bereits erwähnt – zeigt, dass die öster­reichische Forschungsquote für 2004 voraussichtlich 2,27 Prozent des BIP, des Bruttoinlandsprodukts, betragen wird, das heißt, dass die Forschungs- und Entwick­lungsausgaben trotz des relativ geringen Wirtschaftswachstums auf voraussichtlich insgesamt 5,3 Milliarden € steigen werden. Eine beachtliche Marke! Gestützt auf diese ersten Ergebnisse der Vollerhebung 2004 revidierte die Statistik Austria im April ihre Schätzungen der Forschungsausgaben kräftig nach oben.

Das ist insofern erfreulich, als damit das schon belächelte Ziel, nämlich bis zum Jahr 2006 eine Forschungsquote von 2,5 Prozent zu erreichen und in weiterer Folge bis 2010 eine Forschungsquote von 3,0 Prozent zu erreichen, auch wirklich in greifbare Nähe kommt und nicht allein Vision oder Utopie ist. Damit werden die Bemühungen in Ergebnissen dargestellt, nämlich die Bemühungen dieser Regierung, mehr für For­schung und Entwicklung zu tun denn je, insbesondere auch dadurch, dass man mehr Geld in die Hand nimmt denn je zuvor und auch die Wirtschaft dazu animiert, ihren Beitrag zu leisten. Das zu erwähnen möchte ich nicht verabsäumen, zumal gerade darüber diskutiert wird, warum der Aufsichtsrat so wirtschaftsfreundlich zusammen­gestellt ist.

Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, dass die Forschungsquote Österreichs erstmals deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt. – Auch das sei besonders erwähnt.


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Ebenfalls erwähnt sei, dass die Forschungsausgaben in Österreich in den letzten sieben Jahren deutlich mehr als doppelt so rasch wuchsen als das Bruttoinlands­produkt, und das im Gegensatz zu Ländern wie Deutschland oder den USA bei einer weiterhin steigenden Tendenz.

Erwähnen möchte ich die gemeinsamen Einrichtungen „Nationalstiftung“, die 125 Mil­lionen € pro Jahr an zusätzlichem Forschungsgeld sicherstellt, und natürlich auch das „Haus der Forschung“.

Insgesamt gesehen handelt es sich mit diesen zwei Schwerpunkten um die größte Reform der österreichischen Forschungsförderungslandschaft seit fast 40 Jahren; exakt – wir haben es im Wissenschaftsausschuss festgestellt – sind es 37 Jahre. Im Jahre 1967 nämlich wurden bekanntlich die Fonds FFF und FWF gegründet, und bisher ist das jetzt die einzig wirkliche Reform, die auch wieder in die Zukunft weisen wird und die Forschungslandschaft Österreichs international gesehen gut dastehen lässt.

Meine Damen und Herren! Das Gesetz wird es uns ermöglichen, im Herbst diese For­schungsförderungsgesellschaft zu gründen, sodass wir in Zukunft eine zentrale Einrichtung zur Förderung der wirtschaftsnahen Forschung haben. Im Jahr 2004 wird sie über ein Budget von knapp 300 Millionen € verfügen, und das soll bis zum Jahr 2006 auf 350 Millionen € gesteigert werden. Damit legt diese Bundesregierung ein klares Bekenntnis dazu ab, dass alles Nötige unternommen wird, um die Barcelona-Ziele zu erreichen, welche, wie bereits erwähnt, eine Forschungsquote von 3,0 Prozent des BIP vorsehen.

Die neue Gesellschaft wird über klare und schlanke Strukturen verfügen. Sie wird die Gesellschaften ASA, also Austrian Space Agency, das Büro für internationale Forschungs- und Technologiekooperation, den Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft, FFF, und die Technologie Impulse Gesellschaft, die TiG, zusammenführen. Konkret bedeutet das, dass in Zukunft anstelle von 15 Gremien nur mehr vier benötigt werden, und das ist auch eine deutliche Einsparung. Es wird die Organisation wesentlich vereinfacht, deutlich vereinfacht, weil es nur eine Anlaufstelle gibt und natürlich auch Synergien entstehen, die bestmöglich genützt werden können.

Die Gesellschaft wird auch – und das war auch ein alter Wunsch, eine Forderung – Mehrjahresplanungen erstellen, wodurch endlich eine Planungssicherheit gegeben sein wird.

Mir ist auch klar, dass das Funktionieren dieser neuen Gesellschaft der gebündelten Kräfte nur dann gewährleistet sein wird, wenn die Ministerien mit der Wirtschaft noch besser als bisher zusammenarbeiten. Die Wirtschaft spielt eine ganz wichtige Rolle, ist uns deshalb ein wichtiger Partner. Ich mache darauf aufmerksam, dass international ein Benchmarking üblich ist und dass bekannt ist, dass zwei Drittel Ausgaben aus Wirtschaft und Industrie und ein Drittel öffentliche Ausgaben ein ideales Verhältnis darstellen. Wir sind bereits bei 63 Prozent aus Wirtschaft und Industrie, da lagen wir noch vor nicht allzu langer Zeit unter 60 Prozent. Ich betone das auch deshalb, weil hier irgendwann die Frage angedeutet wurde, weshalb die Wirtschaft im Aufsichtsrat so gut vertreten ist. Ich glaube, das ist sie zu Recht.

Wir sind bei der Überarbeitung des Entwurfes, nach Durchsicht der Stellungnahmen, auf die berechtigten Anliegen der Wirtschaft besonders eingegangen, haben deshalb, wie schon erwähnt wurde, die Zahl der Mitglieder des Aufsichtsrates von ursprünglich sieben auf zehn erhöht. Zehn Mitglieder deshalb, weil wir auch einem Wunsch – wenn man so will – des Forschungsdialogs vom Mai dieses Jahres nachkommen wollten und nachkommen werden, nämlich auch ein Mitglied der Arbeiterkammer mit Sitz und Stimme in diesem Aufsichtsrat vertreten zu haben.


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Meine Damen und Herren! Sofern ich mich richtig erinnere, haben vor gut einer Woche die Sozialdemokraten im Ausschuss vorgeschlagen, dass man darüber hinaus auch noch die Gewerkschaft und den Bauernbund, nein, pardon, die Landwirtschafts­kammer – ich habe zu intensiv in diese Richtung geschaut – vertreten haben möchte. Auch dem hätten wir noch zugestimmt, dass diese beiden Institutionen mit je einem Vertreter/einer Vertreterin kooptiert werden, weil auch schon drei weitere Kooptierun­gen vorgesehen sind.

Ich bedauere deshalb sehr – und verstehe es auch nicht –, dass das heute zu wenig ist. Wir werden aber trotzdem – wie vorgesehen, wie Sie ja wissen – diesen einen Vertreter/diese eine Vertreterin der Arbeiterkammer im Aufsichtsrat belassen, weil man einmal Zugesagtes auch so belässt, wenn man es für richtig und gut empfunden hat. Ich halte nämlich ein Feilschen und Handeln im Bereich der Forschung für unnötig. Vielleicht ist das auch eine Einladung an Sie, Damen und Herren von der Opposition, von der Sozialdemokratie, in Zukunft trotzdem wieder sehr konstruktiv, wie ich das ja in einigen Phasen erleben durfte, im Bereich der Forschung und Entwicklung mitzu­arbeiten.

Meine Damen und Herren! Eine Befürchtung, die immer wieder geäußert wurde, war, dass sich die Politik in die Vergabe von Förderprojekten einmischen will. Um diese Sorge zu entkräften, haben wir explizit festgehalten, dass die fachlichen Entscheidun­gen im Bottom-up-Bereich, ob ein Projekt genehmigt wird oder nicht, weiterhin durch einen Beirat getroffen werden.

Das heißt zusammengefasst: Die bewährten Kernkompetenzen, Strukturen und Ab­läufe aller Gesellschaften werden bewahrt beziehungsweise unter dem Aspekt der Kundennähe, also in erster Linie im Interesse der forschenden Unternehmen weiterhin verbessert, und zweitens werden die strukturellen Voraussetzungen dafür geschaffen, international aktiv mithalten zu können und auch wirklich erfolgreich nach neuen Chancen greifen zu können.

Es ist damit, glaube ich, auch klar, dass alle Bereiche der neuen Gesellschaft ihr Know-how zu bündeln haben. So schaffen wir Arbeitsplätze, und zwar hoch qualifi­zierte Arbeitsplätze, und steigern damit auch den Wohlstand in unserem Lande.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich danke all jenen, die sich wirklich intensiv eingebracht haben in die Entwicklung dieser größten Forschungsreform seit 37 Jahren. Ich bedauere noch einmal, dass es nicht zum greifbar nahen All-Parteien-Beschluss kommen kann, sondern dass es, so wie es jetzt ausschaut und wie man den Redebeiträgen entnehmen konnte, ein Drei-Parteien-Beschluss werden wird. Ich hätte mir gewünscht, dass es ein Freudentag der Forschung nicht nur deshalb ist, weil bekannt gemacht wird – einmal mehr –: Es wird für Forschung und Entwicklung mehr Geld ausgegeben denn je zuvor. Es sind die Weichen für eine gute Forschungszukunft Österreichs gestellt. Alle vier im Parlament vertretenen Parteien sind sich darüber einig – wenn es auch noch Nuancen geben kann, Wünsche hat man immer.

Leider ist das nicht der Fall. Trotzdem bin ich der Meinung, dass festzustellen ist, dass in diesem größer werdenden Europa – und auch das ist eine besondere Heraus­forderung, deshalb ist der Zeitpunkt so richtig, gerade auch nach der Erweiterung der EU – die Bundesregierung in einem Bereich erkannt hat, wo die Zukunft liegt.

Ich darf deshalb absichtlich den Philosophen österreichischer Herkunft Sir Karl Raimund Popper zitieren, der einmal sehr treffend festgestellt hat:

„Unsere Einstellung der Zukunft gegenüber muss sein: Wir sind jetzt verantwortlich für das, was in der Zukunft geschieht.“


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 183

Das ist, wie ich meine, entscheidend und ist uns sehr gut gelungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.21

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Gesetz zur Forschungsförderung ist ein großes Vorhaben mit dem grundsätzlichen Ziel, schlanke, stringente, transparente Strukturen zu schaffen. Neben den zusätzlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung ist selbstverständlich unbedingt eine der Zeit ent­sprechende, effiziente und kundenorientierte Neustrukturierung, eine Reform der Forschungsförderungslandschaft notwendig – Klarheit also, wie sie allein schon aus der Aufzählung der angepeilten Eckpunkte der Strukturreform ersichtlich wird. Ich wiederhole: Erstens: Errichtung der Österreichischen Forschungsförderungs­gesell­schaft, zweitens: organisatorische Änderungen beim Fonds zur Förderung der wis­senschaftlichen Forschung – FWF, drittens: Umwandlung des Rats für Forschung und Technologieentwicklung in eine juristische Person öffentlichen Rechts.

Wir streben also strukturelle Klarheit an, die ich hier nur kurz umreißen kann, da ich einen Antrag der Abgeordneten Dr. Brinek und Mag. Dr. Bleckmann sowie Kolleginnen und Kollegen einbringen möchte.

Dieser Abänderungsantrag zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regierungsvorlage 506 der Beilagen betrifft ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Öster­reich und über die Änderung des Forschungsförderungsgesetzes (Forschungs­organisationsgesetz – FOG) geändert wird (539 der Beilagen).

Ich ersuche die Frau Präsidentin wegen des Umfangs gemäß § 53 Abs. 4 Geschäfts­ordnungsgesetz um Verteilung an die Abgeordneten.

Ich erläutere kurz die Kernpunkte des Antrages. Der Langtitel des FOG wird redak­tionell korrekt wiedergegeben, und ein Verweis ist zu aktualisieren, um im Anwen­dungsbereich dieser Gesetzesstelle eine einheitliche Förderungsgestion für den FWF und den Bund wie bisher zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren! Es war natürlich zu erwarten, dass es von Seiten der Opposition jede Menge von Wünschen, Erwartungen und Befürchtungen vor zu starker Dominanz der Vertreter des Ministeriums, zu starker Präsenz der Wirtschaft und so weiter geben wird. Vor allem aber – ich habe es im Ausschuss bereits erwähnt – scheint mir die Angst vor allzu großer Wirtschaftsnähe übertrieben zu sein. Sie scheint mir weniger konkrete als ideelle Wurzeln zu haben.

Dabei ist Wirtschaftsnähe im Bereich Forschung absolut logisch. Sie macht Sinn, vor allem was die Aufbringung von Geldern betrifft. Es geht schließlich auch um ange­wandte Forschung. Deshalb ist es sinnvoll, wissenschaftliche mit unternehmerischer Erfahrung zu verknüpfen. Ja es ist der zeitgemäße Weg in eine positive Zukunft von Forschung und Entwicklung.

Entgegen diversen oppositionellen Schwarzmalereien gibt es Bereiche, in denen diese Berührungsängste absolut nicht vorhanden sind, zum Beispiel bei so vielen jungen Forschern und Forscherinnen oder bei den engagierten Klein- und Mittelgewerbe­betrieben im Land, die ihre Chancen erkannt haben und den Nutzen, den sie aus der Forschungsförderung ziehen können.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 184

Deshalb mein Appell an Sie – wir wissen inzwischen leider, dass er beim größeren Teil der Opposition ungehört verhallen wird –, diese Bemühungen um das Begehen neuer Wege auch politisch zu würdigen und abzusegnen. Verhandlungsbereitschaft war bis vor kurzem da. Die Hoffnung auf wirkliche Kooperation ist enttäuscht worden, zwar nicht von den Grünen, aber leider von der SPÖ. Anscheinend hat man eine Vorgangs­weise gewählt, die aus politisch-taktischen Gründen eine angepeilte große Architektur gleich im Ansatz wenn nicht zerstören kann, so doch wenigstens nach Kräften stören will. Das ist schade, denn die Erreichung des großen Ziels einer Forschungsquote von 3 Prozent des BIP bis 2010 ist wichtig, sie ist realistisch. Dorthin, meine Damen und Herren, sind wir nicht zuletzt durch die heute zu beschließenden Gesetzesvorlagen auf einem guten, leider aber nicht ganz gemeinsamen Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe bekannt, dass der soeben in seinen Kernpunkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleck­mann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Forschungsorganisationsgesetz schriftlich überreicht wurde, genügend unterstützt ist und mit in Verhandlung steht.

Ich gebe dem Ersuchen der Frau Abgeordneten Dr. Wolfmayr statt, dass dieser Antrag auf Grund seines Umfanges gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung vervielfältigt und verteilt wird; im Übrigen wird dieser Antrag auch dem Stenographischen Protokoll beigedruckt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Brinek, Mag. Dr. Bleckmann sowie Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über die Regie­rungsvorlage 506 d.B.: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich und über die Änderung des Forschungsförderungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird (539 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem Bericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. Der Titel des dem Bericht angeschlossenen Gesetzentwurfes erhält folgende Fassung:

„Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Foschungs­organisation in Österreich und über die Änderungen des Forschungsförderungs­gesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird“.

2. Der Einleitungssatz des dem Bericht angeschlossenen Gesetzesentwurfes erhält folgende Fassung:

„Das Bundesgesetz über die Foschungsorganisation in Österreich und über die Änderungen des Forschungsförderungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG), BGBl. Nr. 341/1981, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 14/2002, wird wie folgt geändert:“.

3. In Z 5 des dem Bericht angeschlossenen Gesetzesentwurfes (§ 11) erhält Abs. 1 folgende Fassung:


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 185

„Bei der Vergabe von Förderungen ist auf die Ziele und Prinzipien der gesamt­österreichischen Forschungs- und Technologiepolitik, insbesondere die Forschungs­strategien des Bundes, Bedacht zu nehmen. Die Gewährung von Föderbeiträgen oder Darlehen kann von Bedingungen abhängig gemacht werden. Bei Forschungsvorhaben von unmittelbarem Nutzen für die Förderungswerberin oder den Förderungswerber hat diese oder dieser einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten zu leisten. Die §§ 20 und 21 des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 434/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. xxx/2004, gelten sinngemäß.“

Begründung

Zu Z 1 und 2:

Der Langtitel des FOG lautet: „Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 1. Juli 1981 über die Forschungsorganisation in Österreich und über die Änderungen des Foschungsförderungsgesetzes (Forschungsorganisationsgesetz – FOG) geändert wird“. Die „Änderungen“ stehen in der Pluralform.

Zu Z 3 (§ 11 Abs. 1):

Im Forschungsförderungsstrukturänderungsgesetz ist eine inhaltliche Änderung ange­ordnet, die in einer Novellierung des § 21 FTFG die Gestion des FWF betrifft. Auf diesen Paragraphen wurde bereits bisher verwiesen. Der bisherige Verweis verwies jedoch statisch auf § 21 des Forschungsförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 377/1967, das jedoch durch eine Wiederverlautbarung und zahlreiche Novellierungen im Forschungs- und Technologieförderungsgesetz aufgegangen ist. Der Verweis ist daher zu aktualisieren, um im Anwendungsbereich dieser Gesetzesstelle eine einheitliche Förderungsgestion für den FWF und den Bund wie bisher zu gewährleisten. Der Verweis auf die §§ 20 und 21 des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes hat daher auf die §§ 20 und 21 des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 434/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. xxxx/2004, zu lauten, weil das FTFG tatsächlich durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 71/2003 zuletzt geändert wurde und nunmehr auch durch die Regierungsvorlage zum Forschungsförderungs­struktur­änderungsgesetz (510 d.B.) neuerlich geändert wird.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.25

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir teilen sehr wohl den Grundgedanken dieses Gesetzes, wo es darum geht, die Instrumentarien, die Institutionen der Forschungsförderung zusammenzufassen und in diesem Sinne zu effektivieren. Wir haben es auch am Anfang sehr begrüßt, dass es Signale gegeben hat, dass Verhandlungen geführt werden, was ja nicht unbedingt die Usance in den letzten Jahren war. Wir waren bereit, den vorliegenden Entwurf weiterzuentwickeln, und haben auch entsprechende Vorschläge eingebracht. Wir haben in mehrfachen Gesprächen versucht, mit Ihnen zu verhandeln, mussten aber letztlich feststellen – und da war Kollege Broukal nicht gegen seine Fraktion, wie Sie das versuchen dar­zustellen, sondern im Gegenteil, wir haben das im Konsens mit ihm entschieden –, dass Sie letztlich nicht bereit waren, auf zentrale Anliegen, die wir eingebracht haben,


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 186

einzugehen. (Abg. Dr. Brinek: Zwei Stunden lang!) Es war jedenfalls keine Differenz zwischen uns, Frau Kollegin. Das werden Sie zur Kenntnis nehmen müssen.

Jedenfalls ist bei uns im Endeffekt der Eindruck entstanden, dass es letztlich doch nicht darum geht, ein im Konsens getragenes Konzept hier zu beschließen, sondern dass es Ihnen letztlich doch darum geht, eine neue Struktur zu schaffen, um ent­sprechende parteipolitische Einfärbungen vorzunehmen. Deswegen können wir diesem Entwurf letztlich unsere Zustimmung doch nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt einige wesentliche Kritikpunkte, nämlich dass die Kompetenzen für die Forschungsförderung, was die Aufteilung auf die Ministerien betrifft, nach wie vor auf vier Ministerien zersplittert bleiben, was aus unserer Sicht keine sehr effektive Neustrukturierung, ja gar keine Neustrukturierung bedeutet. Es fehlen längerfristige Finanzierungszusagen. Die Formulierungen über die Berichte im Parlament erscheinen mir doch als ziemlich vage. Vage erscheinen mir auch die Formulierungen, was die Repräsentanz von Frauen in den Gremien betrifft. Sie ist allemal drinnen, aber doch noch vage.

Ein wesentlicher Punkt aus unserer Sicht ist natürlich die Beteiligung der über­betrieblichen Arbeitnehmervertreter und -vertreterinnen. Wir hatten dazu im Ausschuss eine meiner Meinung nach ziemlich bedenkliche Diskussion, wo uns mitgeteilt wurde, das sei die neue Form der Sozialpartnerschaft, wo ursprünglich fünf Vertretern von Wirt­schaftsvertretungen wie Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung keine überbetrieblichen Arbeitnehmervertreter gegenübersitzen. Das wurde dann in den Verhandlungen ein bisschen ausgeweitet, aber nicht auf den ohnehin bescheidenen Wunsch unserer Seite, da zwei Vertreter zu haben.

Ich möchte hier abschließend noch betonen, dass wir sehr gerne bereit sind, über neue Modelle der Sozialpartnerschaft zu diskutieren und Verkrustungen aufzubrechen. Aber wir sind, sehr geehrte Damen und Herren, für eine Weiterentwicklung der demo­kratischen Mitentscheidungsmöglichkeiten und nicht für eine Rückentwicklung demo­kratischer Mitsprachemöglichkeiten zu gewinnen. (Beifall bei der SPÖ.)

18.29

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­minis­terin Elisabeth Gehrer. Ich erteile es ihr.

 


18.29

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Europäischen Union wurde vor einiger Zeit eine Untersuchung gemacht, nach welchen Kriterien sich Betriebe ent­scheiden, ihre Standorte in einen gewissen Staat, in ein gewisses Land zu verlegen. Aus dieser Untersuchung ist klar hervorgegangen, dass erstens das Bildungsangebot ein ganz wichtiges Kriterium ist – jedes Unternehmen braucht gut ausgebildete Mit­arbeiter –, dass zweitens die Bemühungen des Landes, in Forschung und in Tech­nologie zu investieren, ein wichtiges Kriterium sind und dass drittens die Kultur, das kulturelle Angebot eine große Rolle spielt, denn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wollen natürlich in einem Land wohnen, wo es auch kulturelle Angebote gibt. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt die landschaftliche Schönheit. Dazu kommt dann noch die Infrastruktur, die für jeden Betrieb auch sehr wichtig ist.

Die österreichische Bundesregierung hat ihre Schwerpunke genau nach diesen Kriterien gesetzt: Die österreichische Bundesregierung investiert in Bildung und sehr stark in Forschung, ebenso in Infrastruktur. Eine große Steuerreform wurde gemacht, um Betrieben auch die entsprechenden steuerlichen Rahmenbedingungen zu geben, damit sie sich bei uns ansiedeln.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 187

Meine Damen und Herren! Diese Politik der Forschungsförderung, der Infrastruktur­förderung und spezieller Steuermaßnahmen zeigt, dass das der richtige Weg ist. So hat beispielsweise die Firma Sandoz ihren Hauptfirmensitz von Basel nach Wien verlegt; die Firma Baxter wird sich gegenüber der BOKU ansiedeln. Wir werden gemeinsam ein sehr großes Forschungslabor bauen; 700 neue Arbeitsplätze werden dort geschaffen. Weiters hat sich die Firma Behringer Ingelheim im Süden Wiens angesiedelt, wodurch viele neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Damit zeigt sich also, dass diese Politik der Investition – besonders auch in Forschung und Bildung – die richtige Politik ist, um die Zukunft für die jungen Menschen zu sichern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die heute zu beschließenden Gesetzesvorlagen bilden die Grundlage für eine kon­zentrierte Forschungsförderung, für eine überblickbare Forschungslandschaft. Es freut mich ganz besonders, dass es uns gelungen ist, die vielen Forschungseinrichtungen unter einem Dach zusammenzubringen.

Meine Damen und Herren, da hier immer wieder von „Zersplitterung“ geredet wurde: Es kann nicht sein, dass alles in der Hand eines Ministers liegt, denn dann bräuchte man ja in einer Regierung überhaupt nur mehr einen Minister. Es ist nun einmal so, dass die Lehrlinge vom Aufgabenfeld, vom Berufsfeld her ins Ressort des Wirt­schaftsministers fallen, dass der Bereich Schule zu meinem Ministerium ressortiert und dass für soziale Belange das Sozialministerium zuständig ist.

Für den Bereich Forschung ist ganz klar: Forschung, Infrastruktur sind beim BMVIT angesiedelt, aber die Grundlagenforschung – und das halte ich für sehr wichtig – ist zusammen mit der Wissenschaft in einem Ressort. – Ich möchte nicht wissen, wie Sie hier Kritik anbringen würden, wären Universitäten und Grundlagenforschung getrennt.

Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir über die Ministerien hinweg gut zusam­menarbeiten – und das haben wir ja mit der Schaffung dieser neuen Forschungs­gesellschaft bewiesen.

Ich möchte noch auf Folgendes hinweisen: Bei allen Weiterentwicklungen, die von dieser Regierung in den vergangenen vier Jahren in Angriff genommen wurden, haben wir uns sehr bemüht, die Opposition, und zwar in einer breiten Diskussionsbasis, von Anfang an mit einzubeziehen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang etwa an die offene Planung zur Univer­sitätsreform, an die vielen, vielen Gesprächsrunden, an die Enqueten hier im Hause, an verschiedene Diskussionsrunden et cetera. Wir haben uns bemüht, schlussendlich hat jedoch die Opposition, hat die SPÖ – leider! – nein gesagt.

In der Hofburg beispielsweise haben wir für die Forschung Reformdialoge gemacht, wozu auch alle Fraktionen, alle Parteien eingeladen wurden. Alle konnten mitreden, alle konnten etwas einbringen. Wir haben auf breitester Basis die Entstehung dieses Forschungsorganisationsgesetzes diskutiert. Im Ausschuss haben wir Ihre Wünsche entgegengenommen, und wir haben auch versucht, diese in Gesetzesform zu gießen. Täglich hat es Verhandlungen darüber gegeben, und es ist auch das, was Sie als Hauptwunsch hatten, nämlich einen zusätzlichen Sitz für die Vertreter der Arbeit­nehmerorganisation zu haben, erfüllt worden.

Daher müssen Sie schon verstehen, meine Damen und Herren von den Oppositions­parteien, dass dann die Enttäuschung schon etwas groß ist und man schön langsam das Gefühl bekommt: Es bringen doch all unsere Bemühungen nichts, wenn Ihrerseits nur Opposition gemacht wird, und weil Opposition gemacht wird, wird einfach prinzipiell nein gesagt, auch wenn man 99 Prozent einer Vorlage eigentlich zustimmen könnte!


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 188

Mit ist es ein besonders großes Anliegen gewesen, eine gemeinsame Beschluss­fassung zu erreichen, denn ich glaube, genauso wie Bildung sollte auch Forschung etwas sein, was von einer breiten gemeinsamen Basis in einem Staat getragen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Was mich freut, ist, dass wir die Neuorganisation des FWF in einer guten Atmosphäre über die Bühne gebracht haben. Ihren Vorschlag, dass im Streitfalle das siebente Mitglied des Aufsichtsrates vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung vorgeschlagen werden soll, haben wir in diese Gesetzesvorlage aufgenommen.

Dass all diese Bemühungen gerade im Grundlagenforschungsbereich auch Früchte tragen, zeigt sich an den zahlreichen Instituten, die sich derzeit in Österreich weiter­entwickeln. So haben wir beispielsweise in Innsbruck und in Wien das Institut für Quantenoptik und Quanteninformation mit den Universitätsprofessoren Blatt, Zoller, Grimm und Zeilinger, die Quantenforschung betreiben und versuchen, in einer Tele­portation das Beamen zu ergründen. – Sie sehen, meine Damen und Herren: Die Investitionen, die wir in diesem Bereich machen, sind enorm groß!

In den nächsten drei Jahren werden 10 Millionen € nur in dieses Akademie-Institut investiert, und damit können 65 neue, zum Großteil höchstwertige Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Bemühungen zeigen eben Ergebnisse.

Ich darf Ihnen jetzt etwa nur die Titelseite der letzten Ausgabe von „nature“ vom 17. Juni 2004 zeigen. (Die Rednerin hält die genannte Fachzeitschrift in die Höhe.) „Nature“ beschäftigt sich mit den Ergebnissen dieses österreichischen Institutes für Quantenoptik und Quanteninformation! Diesem Institut ist es weltweit zum ersten Mal gelungen, Quanten zu beamen, eine Teleportation von Quanten vorzunehmen! Das ist eine Sensation! Und: Wer keine Sensation erforscht hat, über den wird auch nicht in „nature“ berichtet! Dazu gratuliere ich den Forschern jedenfalls sehr, sehr herzlich! (Beifall bei der ÖVP.)

Genauso ist es mit den anderen Instituten der Grundlagenforschung, so etwa mit dem Institut für molekulare Biotechnologie, mit den Forschungszentren, mit Einrichtungen an verschiedenen Universitäten: Die Grundlagenforschung ist uns ein ganz wichtiges und großes Anliegen. Wenn man alle Förderungen zusammenzählt, die für Grund­lagenforschung in Österreich aus Steuergeldern gemacht werden, so sind wir bei über 700 Millionen €: über den FWF, über die verschiedenen Institutionen und auch über die Grundlagenforschung an den Universitäten.

Wir haben damit eine gute Basis geschaffen für unseren Forschungsnachwuchs, für die jungen Forscherinnen und Forscher und für die Forschungsarbeit an den Universitäten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Ab­geordnete.

 


18.37

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Mir tut es Leid, dass es darüber nicht zu einer Einigung gekommen ist; ich möchte das aber jetzt nicht mehr weiter kommentieren. Andererseits ist es aber erfreulich, dass letztlich die Maßnahmen dieser Bundesregierung, wie man ja auch im Ausschuss sehen konnte, von ihrem Inhalt her – und ich glaube, darauf kommt es an, wenn man Forscherinnen und Forschern in Österreich Chancen und Möglichkeiten geben möchte – auf breiter Basis akzeptiert werden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 189

Ich sehe auch große Dankbarkeit, dass es jetzt endlich zu einheitlichen Anlaufstellen auch für die anwendungsnahe Forschung kommt, bei jenen Menschen, die im Mittel­punkt unserer Forschungs- und Wissenschaftspolitik stehen, nämlich bei den For­scherinnen und Forschern sowohl an den Universitäten als auch in den Unternehmen, denen auch durch die bisherige Zersplitterung der Forschungsförderungslandschaft das Leben unnötigerweise schwer gemacht wurde.

Diesen Forscherinnen und Forschern ist es gleichgültiger, als Sie von der SPÖ sich das offensichtlich überhaupt vorstellen können, wer aller im Aufsichtsrat sitzt, sondern ihnen kommt es genau darauf an, ob sie einen einheitlichen Ansprechpartner haben, einen Ansprechpartner, der nicht nur abstrakt über die Höhe der Förderung ent­scheidet, sondern der jemand ist, der in Zukunft auch Ressourcen haben wird für zusätzliche Beratung, für Nennung von Ansprechpartnern und Weitervermittelung, auch zu einschlägigen EU-Institutionen.

Die Forscherinnen und Forscher sind auch froh darüber, dass diese Ansprechpartner Zeit haben, zusätzliche Beratungsleistungen sozusagen aus einer Hand gewähren – ich möchte da jetzt gleich für die schon bisher geleistete tolle Arbeit danken – und den Forscherinnen und Forschern so das Leben und deren Arbeit leichter machen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist auch egal, wie oft man beschwört, dass man Wissenschaft und Forschung zu einem Schwerpunkt macht, wenn es einem nicht geglaubt wird. Ich bin sehr glücklich, festzustellen, dass die Menschen, die Forscherinnen und Forscher, die Wissenschafter an den Taten erkannt haben, dass sich diese Bundesregierung wie wohl keine vor ihr um den Bereich der universitären und höheren Bildung, der Wissenschaft und der Forschung bemüht und da deutliche Erfolge zu verzeichnen hat.

Die Forscherinnen und Forscher erkennen, dass sie auf Grund der Neustrukturierung, vor allem aber auch auf Grund der entscheidend höheren Dotierung all dieser Fonds und aller Quellen mehr Mittel und mehr Möglichkeiten für die Forschung zur Verfügung haben und honorieren das auch sehr.

Ich möchte auf eine Studie, auf die ich in meiner Tätigkeit als entwicklungspolitische Sprecherin gestoßen bin, verweisen. Das „Global Economic Forum“ hat eine Studie über das Ranking der 21 reichsten Industrienationen hinsichtlich der Leistung im ent­wicklungspolitischen Bereich veröffentlicht, hat aber darin nicht nur die absoluten Zahlen für Entwicklungspolitik herangezogen, sondern gleichzeitig verschiedene Bereiche für die Gesamtheit der nachhaltigen, fairen und gerechten Entwicklung der Welt mitbewertet.

Da liegen wir im Bereich der entwicklungsrelevanten, zukunftsrelevanten und nach­haltigkeitsrelevanten Forschung im Segment der nachhaltigen Umweltpolitik, wo wir exzellent sind, international unter den 21 reichsten Industrienationen bereits an der weltweit drittbesten Stelle, weil wir in vielen Bereichen, insbesondere auch im steuerlichen Bereich, in der Erhöhung der Forschungsmittel in den letzten Jahren derartig große Erfolge zu verzeichnen hatten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Gartlehner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.42

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Geschätzte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 190

Herren! Dieses Modell, das wir heute hier diskutieren und das heute mehrheitlich beschlossen wird, ist eigentlich das Modell auf Firmenebene, das immer wieder als ministerielles Modell geplant, diskutiert und vorgeschlagen wurde: Zusammenführung der Agenden aus den einzelnen Ministerien in einem Forschungsministerium.

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass uns die FPÖ diese Forderungen seinerzeit immer bei den parlamentarischen Diskussionen abringen wollte. Es ist jetzt nicht so gekommen, dass ein Forschungsministerium entsteht, sondern es ist eher ein Trend in die Richtung feststellbar, sozusagen die politische und die ministerielle Tätigkeit auszulagern, die Forschungspolitik in Österreich auf Firmenebene abzuhandeln und nur mehr als Aufsichtsrat oder Aufsichtsorgan wirken zu wollen.

So gesehen ist es sicher ein interessantes Experiment. Es kann gut funktionieren, muss es aber nicht unbedingt, weil wir aus der Vergangenheit wissen, dass sich die doch recht große Vielfalt an ministeriellen Einzelinteressen – Interessen einzelner Minister und Ministerinnen – nicht immer zum Wohle der Forschung in Österreich ausgewirkt hat.

Ich glaube, man muss sich einmal anschauen, ob es jetzt besser funktioniert. Das kann sein – das will hier niemand abstreiten –, nichtsdestotrotz glaube ich aber, dass es erst einmal ein möglicher Kern einer zukünftigen neuen Struktur für die österreichische Forschungslandschaft ist.

Ich glaube, es fehlt nach wie vor die Landwirtschaft, die ja im Land­wirtschafts­ministerium immer sozusagen sehr sektiererisch mit einem relativ großen Forschungs­budget vertreten war. (Abg. Steibl: Was heißt da „sektiererisch“? Kann man das übersetzen? Das werden wir unseren Bauern sagen! Die SPÖ sagt, die Bauern sind sektiererisch!) – Ja, sie steht einfach außerhalb der österreichischen Forschung und bleibt jetzt auch außerhalb, und das ist grundsätzlich einmal schlecht. Ich höre ja aus den Gesprächen derer, die dabei waren, dass gar kein so großes Interesse vorhanden war, die Bauern oder die landwirtschaftliche Forschung hier mit zu integrieren.

Es besteht, wie gesagt, nach wie vor das Problem der vielen Ministerien, die mitreden wollen, und ein Kompetenzwirrwarr ist nicht auszuschließen. Es fehlt noch immer dieses Fünfjahresprogramm in Zahlen, das wirklich notwendig ist und das wir auch heute wieder einfordern, weil erfolgreiche Forschung meistens nur dann möglich ist, wenn man eine mittelfristige Finanzplanung hat, auf die man sich wirklich verlassen kann.

Weil die Frau Bundesministerin die Tiroler Quantenforscher erwähnt hat, darf ich sagen: Diese Grundlagenforscher sind jetzt nicht deshalb so toll unterwegs, weil diese Bundesregierung in den letzten vier Jahren so viel für die Forschung getan hat, sondern weil die Voraussetzungen für diese Erfolge – und wir wissen, Grundlagen­forschung ist ein langfristiges Projekt (Abg. Großruck: Haben der Raab und der Figl gesetzt!) – schon viel früher geschaffen wurden.

Das soll uns nur zusätzlich in der Überzeugung bestärken, dass unsere Forscher eine langfristige Finanzierungsgarantie benötigen. In diesem Sinne möchte ich an Sie appellieren, in dieser Richtung weiterzuarbeiten. (Beifall bei der SPÖ.)

18.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Dr. Brader. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.46

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich finde


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es durchaus spannend, wenn man zuerst Bildungsfragen diskutiert und gleich darauf Forschungsfragen zur Sprache bringt, weil ich glaube, dass da ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ich denke, dass sowohl die Schule als auch die Forschung auf dem richtigen Weg sind.

Die Bundesregierung jedenfalls ist mit dem Ziel angetreten, der Forschung und Entwicklung in unserem Lande einen entsprechenden Schub zu verleihen. Zu diesem Zweck wurde diese Offensive eingeleitet, und damit soll unsere Ausgangssituation im veränderten europäischen und internationalen Wettbewerb entscheidend gestärkt werden.

2003 werden wir die politischen Zielvorgaben und damit auch den EU-Durchschnitt deutlich übertreffen. Das heißt, die angestrebten 3 Prozent Forschungs- und Entwick­lungsquote werden bis 2010 in greifbare Nähe gerückt. Wenn man bis 2006 600 Mil­lionen € an Sondermitteln lockermacht, dann ist es, glaube ich, legitim, auch die Grundlage für den effizienten Einsatz dieser Mittel zu schaffen, und diese Grundlage sind eben die anstehenden und heute zu beschließenden Reformen.

Mit der Schaffung der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft und der Adaptierung des Forschungsorganisationsgesetzes wird ganz im Sinne dieser Neu­strukturierung eine verbesserte Effizienz geschaffen. Ich denke, das ist gut so. Es wird dadurch auch der Überblick über die verschiedenen Forschungsförderungs­möglich­keiten erleichtert.

Es macht einfach Sinn, wenn vier Förderungseinrichtungen des Bundes zusammen­geführt und dadurch Doppelgleisigkeiten vermieden werden. Ich wünsche mir, dass auch die Forschungsförderungsstellen der Länder in diesen Konzentrationsprozess miteingebunden werden.

Mit der damit verbundenen Organisationsänderung im Wissenschaftsfonds wird zum einen der Empfehlung des Rechnungshofes nach einer schlankeren Organisations­struktur entsprochen und auch das Kuratorium verkleinert. Außerdem wird der Auf­sichtsrat nicht nur für Controlling-Aufgaben zuständig sein, sondern auch die vom Wissenschaftsfonds neu zu erstellenden Programmplanungen beschließen.

Die Genehmigung der längerfristigen Programme durch die Minister ermöglicht auch verstärkte Planungssicherheit, und die dadurch eintretende Verwaltungsvereinfachung ist ebenfalls nicht zu übersehen. Die Umwandlung des Rates für Forschung und Technologieentwicklung in eine juristische Person wird ebenfalls von mir begrüßt. Ich denke mir, auch Sie, meine geschätzten Damen und Herren von der SPÖ, könnten sich einen Stoß geben und dieser Vorlage zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.49

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster erteile ich Frau Abgeordneter Mag. Trunk das Wort, der ich bei dieser Gelegenheit sehr herzlich zu ihrem heutigen Geburtstag gratuliere. (Allgemeiner Beifall.)

 


18.49

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Es tut gut, ein Jahr reifer zu werden. Wirklich geschätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Diese Gesetzesvorlage zur Forschungsförderungsstruktur und vor allem ihr Werden und die Verhandlungen dazu sind für mich – nicht nur unter dem Eindruck der heutigen Debatte auch zu Bildung – so etwas wie ein klassisches Beispiel dafür, wie sehr wir von der SPÖ uns in dem Verständnis von partnerschaftlichen Verhandlungen und Kooperation von den Vertretern der Regierungsparteien unterscheiden.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 192

Es ist eine Tatsache und sehr gut so, dass die SPÖ-Fraktion sehr wesentliche Veränderungen bewirken konnte. Aber was bedeutet das? (Abg. Mag. Molterer: Dass Sie nicht zustimmen!) – Das bedeutet nicht, dass sich die SPÖ mit effizienten und für die Forschung und die Forschungsstruktur hervorragenden Konzepten durchgesetzt hat, sondern die Veränderungen beziehen sich auf ganz dringend notwendige Reparaturmaßnahmen, und das ist es.

Diese Reparaturmaßnahmen sind unter wesentlicher Miteinbeziehung der Vorschläge der Opposition vorgenommen worden. Bei anderen Materien allerdings haben Sie die Reparaturmaßnahmen nach Gesetzwerdung durchführen müssen, oder Sie haben völlig auf die Verhandlungsqualität oder die Gesprächsbereitschaft vergessen.

Wenn es Ihnen auch wehtut: Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an die Pensionsreform, Ihre Privatisierungsmaßnahmen, die ich in Wirklichkeit Verschleu­derung von Staatsvermögen nenne – bei der Abfangjäger-Geschichte und dergleichen. (Abg. Großruck: Uns tut nichts weh! – Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Tatsache ist, dass Sie sich den Zeitpunkt und die Lust auf Verhandlungen scheinbar – aber nur scheinbar – willkürlich aussuchen. Eine weitere Tatsache wird sich bald zei­gen, nämlich am 28. Juni, und zwar, wie sich die Verhandlungen und die Kooperation in der Frage des Rechnungshofpräsidenten seitens der Regierungsparteien darstellen werden.

Tatsache ist nämlich, dass heute so oft von Verhandlungen und Kooperation die Rede ist, weil sich diese Regierung und diese Koalition von ÖVP und FPÖ in Wirklichkeit in einer schweren, dramatischen Krise befindet. (Abg. Murauer: Da merke ich gar nichts davon! – Abg. Großruck: Das ist das Parlament und keine Wunschsendung!) Deshalb verwendet man das Zauber- und Codewort, spricht von Verhandlungen und redet eine Kooperation herbei, die Sie in Wirklichkeit gar nicht wünschen.

Der zweiter Punkt ist ein Bundeskanzler, der im Kopf halb in Brüssel war und sich heute grußlos aus dem EU-Rat verabschiedet, eine Koalitionspartei, die bei der Bevölkerung noch 6 Prozent Zustimmung hat, und das Schweigen der gesamten Regierung zur Tatsache, dass jemand wie Andreas Mölzer Österreich in der EU vertritt. – Das wird unserem Image nicht förderlich sein. (Abg. Großruck: Nehmen Sie ein demokratisches Wahlergebnis zur Kenntnis!) Das ist die Wirklichkeit, und die glauben Sie, mit den Code- und Zauberworten „Kooperation“, „Zusammenarbeit“ und „Partnerschaft“ wettmachen zu können. (Abg. Wittauer: Zur Sache bitte! – Abg. Mag. Molterer: Meinen Sie die Kärntner Regierungskoalition?) Es trifft nur, was betrifft, und Ihre Aufregung bestätigt meine Aussagen.

Um es abzukürzen, schenke und widme ich meinen Kollegen von der ÖVP und der FPÖ und dieser Regierungskoalition einen Satz von Berthold Brecht. Nachdenken bedeutet auch ganz einfach zuzuhören oder selbst zu lesen:

„Wenn die letzten Irrtümer verbraucht sind, sitzt als letzter Gesellschafter uns das Nichts gegenüber.“

Gutes Nachdenken! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Großruck: Uns sitzt bei der SPÖ nichts gegenüber, wenn wir in die erste Reihe schauen!)

18.53

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

 



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18.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir können in Österreich mit Stolz auf eine großartige internationale Spitzenforschung blicken. Schwerpunkte dieser Forschung liegen auf Life Sciences und auf Informations- und Kommunikationstechnologien.

Denken Sie nur – da zitiere ich noch einmal unsere Frau Bundesministerin – an die Schlagzeilen der letzten Tage, dass ein weiterer Erfolg bei der Teleportation von Kalziumatomen zu verzeichnen ist. Wir bezeichnen das ja üblicherweise als „beamen“. Auf der ganzen Welt wird mit Hochdruck an dieser epochalen Quanteninformations­technologie gearbeitet, und die österreichischen Wissenschaftler wie Zeilinger oder Blatt sind an vorderster Front dabei. Wenn sich diese Technologie einmal durchgesetzt hat, wenn das einmal Stand der Technik ist, dann wird es eine Revolution in der Informationstechnologie geben.

Auf dem Weg zu einem europäischen Forschungsraum und zu den Barcelona-Zielen liegen wir 2004 voraussichtlich bei einer Forschungsquote von 2,27 Prozent. Das entspricht einer Steigerung von annähernd 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wir sind auch auf dem besten Weg, unser angepeiltes Ziel für 2006 zu erreichen.

Die Bundesregierung hat auch entsprechend der Wichtigkeit und der Bedeutung der Forschung viele Maßnahmen gesetzt, und – Frau Gertrude Brinek hat es schon erwähnt, und man kann es nicht oft genug sagen – es wird in den Jahren 2004 bis 2006 zusätzliche Mittel in der Höhe von 1,2 Milliarden € für die Forschung geben.

Wir sprechen heute von einem Meilenstein in der österreichischen Forschungs­landschaft, von einer Neuordnung in der Forschungsförderung, von der Errichtung dieser Forschungsförderungsgesellschaft, von der Umwandlung des Rates für For­schung und Technologieentwicklung sowie von einer grundlegenden Reform des Wis­senschaftsfonds.

Die strategischen Ziele dieser Maßnahmen im Bereich der Forschung sind die Leistungs- und Serviceorientierung. Neben Aufgaben wie der Durchführung und Abwicklung von Maßnahmen für die Forschung und Entwicklung sind Mehrjahres­pro­gramme beziehungsweise jährliche Arbeitsprogramme zu erstellen. Zugleich wird auch auf eine mehrjährige Finanzierungsperspektive im Sinne einer Planungssicherheit in der Forschung hingewiesen, auch im Sinne der Ausschussfeststellung.

Besonders bedeutsam ist es in Hinkunft, dass wir einen einheitlichen Ansprechpartner haben – man könnte sagen, einen One-Stop-Shop –, wo durchaus Doppelgleisigkeiten vermieden werden und durch die Verstärkung der Abstimmung mit internationalen Programmen wie Rahmenprogrammen Forschungsmittel bei der EU optimal lukriert werden können.

Besonders wichtig ist es für mich auch, dass die Eigenständigkeit des Wissen­schaftsfonds gewahrt bleibt. Der Wissenschaftsfonds hat als Motor der wissen­schaftlichen Innovation besonders im Bereich der grundlagenorientierten Forschung als Förderer von Bottom-up-Anträgen aus dem Bereich der Universitäten größte Bedeutung.

Ich möchte auch allen zuständigen Ministerien, Bundesministern und auch Bundes­ministerin Gehrer, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Ministerien, den Wissen­schaftssprecherinnen und -sprechen – Gertrude Brinek oder Frau Bleckmann – sehr herzlich für dieses umfassende Werk für unsere zukünftige Forschung danken. Es waren sicherlich sehr viele Monate und Tage notwendig, bis dieses Werk zustande gekommen ist.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 194

Besonders bedauerlich finde ich als Wissenschaftsfan, dass die SPÖ in Anbetracht der großen Bedeutung dieser heutigen Forschungsneuorientierung nicht mitgeht und sich eigentlich sehr ins Abseits stellt. Wie wir jedoch als Fußballexperten wissen, kann man aus so einem Abseits ganz einfach herauskommen, indem man einen Schritt in die richtige Richtung setzt. Wir jedenfalls sind Ihnen viele Schritte entgegengekommen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.58

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krainer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Hoffentlich redet der jetzt zur Sache! – Abg. Dr. Jarolim: Mehr als die Frau Ministerin jedenfalls! – Abg. Mag. Molterer: Das kann nur der Jarolim gewesen sein! Die „Qualität“ des Zwischenrufes weist auf Jarolim hin!)

 


18.58

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Seid ihr fertig? – Gut, wenn sich alle wieder beruhigt haben, dann kann ich beginnen. – Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Zersplitterung der Agenden in der Forschungspolitik ist einer der Hauptkritikpunkte und wird von allen Forscherinnen und Forschern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der momentanen For­schungspolitik bekrittelt, die anscheinend trotzdem auch solche Erfolge möglich macht wie die in der Teleportation von Quanteninformationen.

Ich verstehe nicht ganz, warum das jetzt als großer Erfolg eingebracht wird, wenn das quasi vor dieser Reform geschehen ist, aber das sei dahingestellt. Unser Eindruck ist, dass diese Zersplitterung jetzt nicht aufgehoben wird, dass es weiterhin nicht eine zuständige Ministerin oder einen zuständigen Minister für Forschungspolitik gibt, sondern dass weiterhin de facto vier Ministerien daran beteiligt sind und dass sich diese Zersplitterung und diese Streitereien in Wirklichkeit nur in einen Aufsichtsrat verlagern.

Der ursprüngliche Vorschlag der Regierung, diesen Aufsichtsrat mit den vier Ministe­rienvertretern und mit einer Art „Sozialpartnerschaft neu“ zu besetzen, nämlich mit fünf Arbeitgebervertretern und null Arbeitnehmervertretern, ist in Wahrheit beschämend. Mindestens so beschämend waren die Erklärungsversuche im Ausschuss dazu, unter dem Motto: Die Wirtschaft sind wir alle, und wenn ein Wirtschaftsvertreter dort ist, vertritt er ohnehin alle! (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine simplifizierte Sichtweise!) – Nicht nur simplifiziert, sondern das gab es schon, und das waren für mich im Prinzip sehr überraschende Dinge.

Es hat ja auch zu Gelächter geführt, als wir meinten, wir schlagen fünf Arbeitnehmer­vertreter und null Arbeitgebervertreter vor. Dieser Vorschlag ist natürlich genauso sinnlos. Ich glaube, dass Arbeitnehmervertreter genauso einen Beitrag zur For­schungspolitik leisten können wie Arbeitgebervertreter, und finde es eigentlich schade, dass das von der Regierung nicht so gesehen wird. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

Nichtsdestotrotz gibt es auch einige Dinge, die wir durchaus anerkennen, nämlich dass jetzt eine gewisse Bündelung stattfindet, dass durch mehrjährige Pläne auch mehr Sicherheit für die Forscherinnen und Forscher entsteht – aber insgesamt zuwenig.

Frau Ministerin Gehrer! Womit ich jedoch am allerwenigsten anfangen kann, ist der alte Vorwurf, hier werde Fundamentalopposition betrieben. Wenn ich mir überlege, wie viele Gesetze von der Regierung und von den Regierungsfraktionen eingebracht werden und wie vielen wir hier zustimmen, dann muss ich sagen: Wir stimmen mehr als der Hälfte zu, und da kann man wohl schwer von Fundamentalopposition sprechen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 195

Wenn ich mir hingegen anschaue, wie viele Initiativanträge und Gesetzesvorschläge wir hier eingebracht haben und wie vielen von Seiten der Regierung oder der kleinen Koalition zugestimmt wurde, muss ich sagen: Da fällt mir nur ein einziger Antrag in der laufenden Gesetzgebungsperiode ein. Man kommt also sehr schnell drauf: Die Fundamentalisten sitzen auf der Regierungsbank und in den Reihen der kleinen Koalition, aber sicher nicht auf Seiten der Opposition. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Preineder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.01

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Vizekanz­ler! Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Stillstand ist Rückschritt – und das trifft insbesondere auf Forschung und Entwicklung zu. Wir hatten lange Zeit einen Stillstand, und gerade diese Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Forschungs- und Entwicklungsquote bis 2010 auf 3 Prozent des Bruttoinlands­pro­duktes zu erhöhen. Zwei Drittel davon sollen durch die Wirtschaft finanziert werden.

Die gesteigerten Forschungsausgaben zeigen, dass wir diesem Ziel auch näher kommen. Aber es geht nicht nur darum, Leute oder Forschung monetär zu protegieren, sondern auch um Motivation und Organisation. Durch die Errichtung der Forschungs­förderungsgesellschaft sind wir diesem Ziel, glaube ich, einen großen Schritt näher gekommen.

Vier wirtschaftsnahe Forschungsorganisationen werden zu einer Gesellschaft zusam­mengeführt, Synergieeffekte genutzt, Parallelstrukturen vermieden und ein einzelner Ansprechpartner geschaffen. Eine verstärkte Abstimmung mit internationalen Programmen ermöglicht es, entsprechende EU-Förderungsmittel zu lukrieren.

Es gab im Ausschuss einen breiten Konsens darüber, dass dieser Weg richtig ist, und es war der allgemeine Wunsch, hier eine Vier-Parteien-Einigung zu erzielen. Es gab auch wirklich großes Entgegenkommen seitens der Regierungsparteien. Ich bin vor allem den Kollegen von der grünen Fraktion dankbar dafür, dass sie dieses Entgegen­kommen angenommen haben. Die Sozialdemokraten hingegen haben lange für die Zusammenlegung dieser vier Forschungsförderungsgesellschaften plädiert – es war eine schon sehr lang gehegte Forderung –, aber jetzt, da es um die Umsetzung geht, wollen sie etwas anderes. Für mich stellt sich dann die Frage: Was wollen sie wirklich?

Ich glaube, das größte Problem war nicht die Bildung dieser Gesellschaft, sondern die Besetzung der Gremien, die Besetzung des Aufsichtsrates und des Beirates. Im Ausschuss wurde die Forderung nach einem Arbeitnehmervertreter gestellt. Dieser Forderung ist die Regierung, sind wir nach Gesprächen auch nachgekommen. Es sollten noch ein Vertreter der Gewerkschaft und der Landwirtschaft mit Sitz imple­mentiert werden. Herr Broukal hatte die Zustimmung bereits gegeben, und wir glaubten, uns über einen Konsens freuen zu können, in seiner Rede und auch in seiner Presseaussendung mussten wir dann jedoch anderes vernehmen.

Ich zitiere: „Broukal erklärt Forschungsförderungs-Strukturreformgesetz eine Absage“. „Die Waagschale neigt sich bei uns, trotz vieler positiver Aspekte, am Schluss des Tages doch in Richtung nein.“

Wahrscheinlich war das Gewicht von Herrn Broukal in dieser Waagschale zu gering. Aber, geschätzte Damen und Herren der SPÖ, die Tür ist noch offen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.04

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 196

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Walther. Freiwillige Redezeitbeschränkung: ebenfalls 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.04

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Zusammenführung der verschie­denen Forschungsgesellschaften, der Weltraumagentur ASA, der Technologieimpulse Gesellschaft, des Büros für internationale Technologiekooperationen, des gewerb­lichen Forschungsförderungsfonds, in der FFG ist sicher eine gute Sache und ist zu begrüßen. Aber die Form der GesmbH gewährleistet ein jederzeitiges Eingriffs- und Weisungsrecht, und dazu haben sich nun auch die oberösterreichische Wirtschafts­kammer und die Austrian Cooperative Research, ACR, kritisch zu Wort gemeldet.

ACR-Präsident Theo Gumpelmayer hält kritisch fest: „Die neue Dachorganisation ist sicher eine gute Idee. Ich sehe aber gewisse Gefahren.“

„Das System mit nur zwei Geschäftsführern und einer GmbH, in der die Eigentümer, also die Ministerien, das letzte Wort und damit die Kontrolle haben, birgt Gefahren in sich. Die eingeschlagene Marschroute kann so jederzeit geändert werden.“

Es handelt sich dabei um eine Forschungsinstitution der Klein- und Mittelbetriebe. Und Gumpelmayer merkt zuletzt kritisch an, die KMUs, die Klein- und Mittelbetriebe, würden hier vielleicht als Erste auf der Strecke bleiben.

Kollegin Sburny hat auch schon ausgeführt, dass die Forschungsförderung nicht am Parlament vorbei geführt werden darf. Dass jetzt hier zumindest einmal im Jahr berichtet und darüber diskutiert werden wird, ist auch eine Sache, die wir begrüßen.

Nicht zu begrüßen sind folgende Punkt: dass die Landwirtschaft nicht dabei ist – mein Kollege Gartlehner hat das schon gesagt –, dass ein Fünf-Jahres-Programm noch nicht vorliegt und dass über die finanzielle Dotierung noch zu wenig gesagt wurde. Das ist schade, weil die Forschung wirklich die notwendigen Mittel braucht. Ich denke, das kann jeder, der mit Forschung befasst ist, bestätigen.

Was ich auch schade finde, ist Ihre Darstellung, wie wir unbedingt vertreten sein wollen. Ich meine, dass diese Darstellung von Ihrer Seite schon einer Provokation nahe kommt. Wenn man bedenkt, dass die Forscher in verschiedenen Firmen arbei­ten – deswegen bin ich auch dafür, dass die Wirtschaftskammer, die Industriellen­vereinigung und so weiter dabei sind –, dass sicher nicht alle Forscher Selbständige sind, sondern meist unselbständig Beschäftigte, und dass sie auch vertreten werden könnten, zum Beispiel durch den Österreichischen Gewerkschaftsbund, und dass es wirklich nichts ausgemacht hätte, wenn in dieser Gruppe ein zweites Mitglied gewesen wäre, dann muss man sagen, dass Sie von den Regierungsparteien wenig flexibel sind, aber sicher nicht die SPÖ. Die Wirtschaft hätte ohnehin noch immer die Mehrheit gehabt – das hätte uns nichts ausgemacht. Aber dass wir uns provozieren lassen, haben wir nicht notwendig.

Es ist also leider so, dass wir zu keiner Einigung kommen konnten. Insgesamt weist das neue Gesetz sehr gute Züge auf, bei manchen Dingen konnten wir aber leider nicht mitgehen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.)

19.08

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 197

19.09

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Frau Bundesminister! Herr Vizekanzler! Ich glaube, ich bin der 30. Redner zu diesem Punkt, und nach Karl Valentin muss ich sagen: Es ist schon alles gesagt, aber noch nicht von allen.

Am Ende dieser Debatte entsteht für mich jetzt immer mehr der Eindruck, dass die SPÖ eigentlich mitgehen möchte. (Abg. Dr. Jarolim: Der Herr Murauer hat sicher einen anderen Eindruck!) Ich vermute da ein bisschen ein schlechtes Gewissen bei den Rednern, lieber Kollege, und das ist auch berechtigt. Ich weiß nicht, welches Problem Sie haben. Und wenn jemand den anderen Provokation vorwirft, dann möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass vor wenigen Tagen von dieser Stelle aus eine sehr starke Provokation ausgegangen ist, aber nicht von den Regierungsparteien, liebe Kollegin Walther.

Trotzdem halte ich es für möglich, dass man von seinem hohen Ross einfach herun­tersteigt. Man kann sich schon etwas wünschen, aber viele Wünsche zu haben oder alles zu wünschen, das hat eben seinen Preis.

Ich denke, es wurde hier im Konsens viel erreicht, und es geht bei der Differenz nicht wirklich um viel im Vergleich zu dem, was heute hier beschlossen wird. Und es tut mir persönlich Leid, Sie als Abgeordnete-Kollegen hier nicht mit im Boot zu haben.

Das – das muss man dazu sagen – ist schon ein riesiger Fortschritt, den es nicht alle Tage gibt, eine Entwicklung, um die uns viele in Europa beneiden. Frau Bundes­ministerin Gehrer hat ja bereits die Ansiedelung verschiedener Firmen aus Europa hier in Österreich erwähnt. Ich kann selbst davon ein Lied singen, ein Jubellied aber bitte, denn auch bei uns in der Südsteiermark siedeln sich sehr viele Unternehmen aus Deutschland an, und das ist wirklich sehr erfreulich.

Für diese Entwicklung gibt es ja ganz klare Gründe; ein Grund dafür ist eben diese heutige Gesetzesvorlage, ebenso die Steuerreform in unserem Lande. Und ein weiterer Grund mag möglicherweise der deutsche Bundeskanzler selbst sein. Ich weiß es nicht, aber ich vermute das beziehungsweise habe ich gehört, dass manche Unter­nehmer in Deutschland keine Zukunft mehr sehen, diese aber für das Unternehmen, für jeden Unternehmerverantwortlichen, letztlich auch für die Arbeitnehmer auf Num­mer sicher gehen möchten und daher rechtzeitig wichtige Entscheidungen treffen, damit ihr Unternehmen überleben kann. Dabei geht es aber nicht nur ums Überleben der Firma, sondern auch um den Weiterbestand der Arbeitsplätze für die Mitarbeiter. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Die Verantwortung für das Unternehmen trägt ja immer der Unternehmer selbst, und er agiert selbstverständlich immer auch im Interesse des Arbeitnehmers. Daher möchte ich Sie schon daran erinnern, dass es nicht so sehr darauf ankommt, was Sie von den Oppositionsparteien da immer vermuten. Da, meine Damen und Herren, geht es um nationales Wirtschaftswachstum – eine Kollegin aus meinem Klub hat das hier ja bereits erwähnt –, und daher wäre zumindest eine gewisse Konsensbereitschaft Ihrer­seits schon wünschenswert.

Ich freue mich, dass die Grünen diese Verantwortung mittragen – und das umsomehr, als Sie von der SPÖ eben nicht bereit sind, das im Konsens mitzutragen, Sie aber gerade vorhin versucht haben, hier sozusagen ein Sommerthema zu schaffen für Feuerwehr-Feste und dafür sogar Konsens eingemahnt haben, selbst aber dazu bei anderen Themen nicht dazu bereit sind. Da geht es doch nicht um viel – und im Übrigen: Gerade die Feuerwehren brauchen ständig Forschung und Weiterentwicklung im Zusammenhang mit ihrer Ausrüstung et cetera. Und mit diesem Gesetz wird eben eine neue und bessere Basis hiefür geschaffen.


Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 198

Abschließend: Forschung und Entwicklung wird damit auch für die Zukunft gesichert. Wenn jemand glaubt, wir dürfen uns nicht weiterentwickeln: Bei dieser Abstimmung wird jeder an seinem Verhalten gemessen werden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.12

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


19.12

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Frau Bundesministerin Gehrer hat eine Vielzahl von Faktoren aufgezählt, ebenso eine internationale Studie, und sie hat erklärt, was alles für eine Ansiedelungspolitik wichtig ist.

Etwas habe ich allerdings in diesem Zusammenhang vermisst, nämlich die Steuer­belastung in unserem Lande. Diese Steuerbelastung wurde uns in den vergangenen Diskussionen nicht ... (Abg. Dr. Brinek: Das hat sie gesagt! Betriebsansiedlung!) – Nein, die Frau Bundesminister hat das nicht gesagt! Lesen Sie doch das Steno­graphische Protokoll nach! Die Frau Minister hat uns vorgegaukelt, dass die Steuer­politik in unserem Lande ein wichtiges Ansiedelungsmoment sei. (Abg. Dr. Brinek: Die Steuerreform, das hat sie gesagt!)

Und da komme ich auch schon zum Kernpunkt, nämlich wie wir hier „informiert“ werden. Ich habe hier ein Umfrageergebnis der Austrian Business Agency, in der diese Motive in der gleichen Reihenfolge, aber ohne diese Steuersache, angegeben wurden. – Aber das war jetzt sozusagen nur ein Vorspann.

Der zweite Punkt, den ich hier erwähnen möchte, ist diese Sache mit Baxter. Frau Bundesministerin, ich wünsche mir auch, dass Baxter in den kommenden Jahren 700 neue Arbeitsplätze in Österreich schafft. – Die Wirklichkeit schaut jedoch so aus, dass Baxter vergangene Woche 85 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gekündigt hat! Das ist die Wirklichkeit! Das ist noch dazu in einer Form geschehen, die nicht nachahmenswürdig ist! (Abg. Zweytick: Umso wichtiger ist dieses Gesetz!)

Lassen Sie mich aber, meine Damen und Herren, jetzt zum eigentlichen Thema kommen. Im Vorblatt dieses Gesetzes steht, eine „internationale Evaluierung des Forschungsförderungsfonds und des Fonds für wissenschaftliche Forschung fordert modernere Governancestrukturen“ sowie „klarere Verantwortungszüge“.

Das halte ich auch für wichtig, und das ist die internationale Empfehlung. Aber wie sieht die Wirklichkeit aus? – Die Wirklichkeit sieht so aus, dass Ausgliederungen selbstverständlich auch sehr erfolgreich sein können, und zwar dann, wenn dabei bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Diese Zusammenführung wird von uns auch unterstützt, und zwar sowohl für ein physisches als auch für ein gesellschaftsrechtliches Dach, aber in diesem Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren, bleiben dennoch viele Fragen offen.

Weshalb ich zu dieser Feststellung komme: Zwei Ministerien sind dafür zuständig, Gesellschafterrechte wahrzunehmen. Minister Bartenstein aber, der dafür auch zuständig ist, sitzt jetzt gar nicht hier auf der Regierungsbank. Und ein drittes Ministe­rium muss da auch noch eingebunden werden. Das provoziert natürlich Konflikte zwischen Ministerien (Abg. Zweytick: Im Gegenteil: Das regt an!), das provoziert lange Entscheidungswege, das provoziert auch Konflikte bei der Geschäftsführerbestellung, denn da ist auch noch der Aufsichtsrat einzubinden. Ich erwähne in diesem Zusam-


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menhang nur das Modell Austria Wirtschafts Service, wo es ja genau dieses Problem gibt.

Nächster Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gibt da drei verschiedene Aufsichtsratsgremien. (Zwischenruf des Abg. Zweytick.) – Hör zu! – Es gibt den Aufsichtsrat, dann gibt es einen Aufsichtsrat ohne Stimmrecht und weiters einen Beirat. Jetzt ist natürlich schon richtig: Das Wort „Aufsichtsrat“ an sich beinhaltet ja „Aufsicht“ und „Rat“. Die Frage ist jedoch: Warum braucht man da einen Aufsichtsrat ohne Stimmrecht? So nach dem Motto: Beratet die Berater!, müssen die die Aufsichtsräte beraten. Dann kommt noch zusätzlich der Beirat, der wiederum die Gesellschaft beraten und auch noch Projekte beschließen soll. – Es ist also wirklich nicht klar, wer da letztlich was zu bestimmen hat!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich das so anschaut, dann kann man nur zu dem Schluss kommen, dass es sich dabei um ein organisations-theoretisches und gesellschaftsrechtliches Tohuwabohu handelt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Das AWS-Desaster, über das wir ja bereits gestern hier diskutiert haben, könnte in diesem Umfeld, aus dieser Organisation heraus, geradezu zu einem „Lercherl“ degradiert werden, würde ich einmal salopp sagen.

Bevor ich aber jetzt das Rednerpult verlasse, möchte ich noch auf etwas hinweisen, und zwar auf das Thema Sparsamkeit; Rechnungshofpräsident Fiedler hat uns das ja heute sozusagen mit auf die Reise gegeben. Als Startkosten dieser Gesellschaft werden 2,652 Millionen € veranschlagt; in alter Währung: 37 Millionen Schilling zur Implementierung dieser Gesellschaft! Dazu kann man nur sagen: Diese Gesellschaft, diese neue Geschäftsführung zieht sich „sehr warm“ an!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu diesem Beispiel fällt mir nur mehr Folgendes ein: Wer aus Fehlern der Vergangenheit – sprich Austria Wirtschafts Service – nichts lernt, ist gezwungen, diese zu wiederholen! – Aber nicht mit uns Sozialdemokraten! (Beifall bei der SPÖ.)

19.17

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.17

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Von der Opposition wurde heute mehrfach die „Zersplitterung“ der Forschungs­organisation beklagt, und darauf möchte ich jetzt kurz eingehen.

Zunächst einmal hat Herr Abgeordneter Professor Grünewald bedauert, dass die Forschungsorganisation in ihrer Finanzierung abhängig sei von Beschlüssen des Parlaments beziehungsweise vom Finanzminister, wie Dr. Grünewald sagte; auch im Ausschuss hat er das bereits getan.

Naturgemäß ist diese Finanzierung von Beschlüssen des Nationalrates abhängig. Es ist unsere Angelegenheit, wie wir diesen Forschungstopf dotieren. Sicherlich bekom­men wir vom Finanzminister einen Vorschlag, aber: Wenn ich mir die heutige Diskussion so angehört habe, dann, muss ich sagen, bin ich mir dessen sicher, dass allen Mandataren die Bedeutung und Wichtigkeit der Forschung bewusst ist und es daher auch zu entsprechenden budgetären Ansätzen kommen wird.

Weiters glaube ich nicht, dass eine Gigantomanie oder ein Einheitsbrei zu einer höheren Effizienz führen würde: Die Zuständigkeit von zwei Ministerien – bei zwei voneinander getrennten Angelegenheiten – führt sicherlich effizienter zum Ziel.


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Der Herr Vizekanzler und zugleich Bundesminister für Innovation wird sich sicherlich mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, wenn dies notwendig ist, rasch über Details einigen. – Wichtig ist jetzt, dass der Forschungsförderungsfonds mit drei anderen Gesellschaften zu einer Gesellschaft verschmolzen wird. Ziel ist es, wie der Herr Vizekanzler gesagt hat, das doppelte Finanzvolumen in der industriellen und gewerblichen Forschung zu initiieren, das Doppelte von dem, was als Förderung hineingegeben wird.

In diesem Sinne kann ich der neuen Gesellschaft als Nachfolgerin des Forschungs­förderungsfonds nur ebenso viel Erfolg wünschen, denn der FFF hat schon sehr viel erreicht und sehr viel initiiert.

Ebenso wichtig ist es aber auch – da wende ich mich jetzt an die Frau Wissen­schaftsministerin –, dass das Wissenschaftsministerium für den Bereich der univer­sitären Forschung, der Grundlagenforschung, zuständig ist. Die Einheit von Forschung und Lehre muss gegeben sein; wenn wir eine solche nicht mehr hätten, wären Universitäten sozusagen nicht von gewöhnlichen Schulen zu unterscheiden.

Das ist auch ganz wichtig bei den Berufungsverhandlungen. Es wird immer darauf hingewiesen, dass ausreichend Geld für die Forschung der Universitätslehrer zur Verfügung stehen muss. Es scheitern Berufungen oft weniger am Geld für den Einzelnen als am Geld für die Forschungsmöglichkeiten, die der Forscher hat, wenn er nach Österreich kommt oder nach Österreich zurückkehrt.

Als Letztes – es wurde schon im Ausschuss gefragt, wie das nun mit Aufsichtsrat und Beirat ist –: Hohes Haus! Ich war selber viele Jahre lang Geschäftsführer der For­schungsgesellschaft für das Straßenwesen. Ich sage Ihnen, es ist ganz wichtig, dass es auf der einen Seite die Geschäftsführung gibt und auf der anderen Seite einen wissenschaftlichen Beirat, der die Forschungsansuchen begutachtet, Stellungnahmen abgibt, der weiß, was alles geforscht wird, der Zugang zur Dokumentation et cetera hat und damit optimal beraten kann, welche Ansuchen gefördert werden sollen. Wir sind hier also auf einem guten Weg. Ich wünsche der neuen Forschungsorganisation in Österreich ein herzliches Glückauf. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

19.21

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Rada. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.21

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Es ist jetzt zu Ende der Debatte zur Forschungsförderungsgesellschaft sehr vieles gesagt worden. Folgendes noch, Herr Kollege Zweytick: Es ist nicht wirklich so, dass die Sozialdemokraten nicht zustimmen wollen. Sie wollten eigentlich zustimmen, sie möchten zustimmen, sie können aber nicht.

Man müsste mit einbeziehen, was bis zu dieser Beschlussfassung passiert ist. Ich erinnere mich ganz genau an die Ausschusssitzung vor einer Woche, in der keinerlei Signale in die Richtung gesetzt worden sind, ob man die Sozialdemokraten in diesem Boot haben will oder nicht. Man kann nicht wirklich erwarten, dass eine Oppositions­partei in der letzten halben Stunde der Debatte alle Positionen über Bord wirft. Vorher lassen wir euch quasi rutschen, und jetzt müsst ihr mit dabei sein. – Aber das nur als Nebenbemerkung zu Ihnen, lieber Herr Kollege Zweytick.

Wir stehen natürlich grundsätzlich positiv zu dieser Forschungsgesellschaft, weil sie ja im Hinblick auf die globale Entwicklung und die Europäische Union eine äußerst


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wichtige ist. „Forschen für Österreich“ muss nicht bloß ein Slogan der Wirtschafts­kammer sein, sondern Forschen für Österreich muss ein Anliegen für alle Wirtschafts­treibenden und natürlich auch für alle Politiker sein. Es darf nicht bloß ein Slogan sein, den Leitl als einer der führenden Politiker der Regierungsparteien gesagt hat. 3 Prozent Forschungsquote muss für uns in Österreich ein Muss sein. Ich hoffe, dieses Muss wird er auch in seinen Kreisen einhalten.

Bezüglich dieser neuen Gesellschaftsstrukturen wurde heute schon angekündigt, dass Sie eine neue Struktur schaffen. Die Gefahr und alle Bedenken liegen darin, dass man nicht unter Umständen wieder ein monsterbürokratisches Element schafft, das eigent­lich alle nicht wollen. Wir wollen aber auch nicht haben, dass die Förderungsmittel nur an jene aus der Industrie, die im Vorstand sitzen, weitergegeben werden, sondern vor allem an jene, die Arbeitsplätze schaffen, auch an die Klein- und Mittelbetriebe, die besonders im Bereich Forschung und Entwicklung ihre Geldmittel brauchen.

Ich hoffe, dass all diese Dinge, die vorgeschlagen sind, der Vergangenheit angehören und wir nicht mehr in einem Wirrwarr und in einem Dschungel von Minister­kom­petenzen stecken bleiben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Felzmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.24

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Persönlich war ich ziemlich beeindruckt ob dieses großen Dialoges, der im Vorfeld der Entstehung des Forschungsorganisationsgesetzes stattgefunden hat. Das war eine breite Diskussion, in der alle Partner eingebunden waren, die auch hier ihren Input leisten konnten. Umso mehr ist es schade, dass, wenn wirklich so ein großes Gesetz formuliert wird, wo wir uns im Großen und Ganzen über die Inhalte einig sind, dann die SPÖ deswegen nicht mitstimmt, weil sie eine Position nicht zusätzlich bekommen hat. Das ist wirklich schade.

Durch die Zusammenführung der ASA, des BIT, des Forschungsförderungsfonds und der TIG  in die neue Forschungsgesellschaft wird einerseits der Ruf der Wirtschaft und andererseits auch jener der Wissenschaft erhört. Worum geht es? – Es geht darum, effiziente, dynamische Strukturen zu schaffen, um nicht nur den nationalen, sondern auch den internationalen Entwicklungen gerecht werden zu können.

Österreich ist ein kleines Land, es ist jedoch voller kreativer und innovativer Menschen. Das sind unsere Ressourcen, auf die wir setzen können. Daher gilt es, auch wirklich eine gezielte Forschungspolitik zu betreiben, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Wir haben ja gar keine andere Chance, als unsere Kräfte in den Forschungsinstitutionen zu bündeln, die Synergien zusammenzuführen, um eben konzentriert vorgehen zu können.

Vieles gilt es allerdings im Sinne der Effizienz noch zu erreichen, natürlich auch in der Zusammenarbeit zwischen den Ländern und dem Bund. Faktum ist, dass sich die vorhandene Dynamik, die ja in der Forschung und in der Entwicklung da ist, auch in den Institutionen dahinter widerspiegeln muss. Ich denke, mit dem neuen FOG ist sicher ein Schritt in diese Richtung getan.

Auch das Haus der Wissenschaft, auch die AWS zeugen von diesem Netzwerk­gedanken, der im Zusammenführen der verschiedenen Forschungsinstitutionen vor­handen ist. Auch wenn hier mehrfach der AWS etwas angekreidet worden ist, ich bin


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überzeugt davon, dass die Entscheidung richtig war. Natürlich gilt es, die unter­schiedlichen Mentalitäten zusammenzuführen und ihnen Zeit für den Aufbau zu geben.

Die Bundesregierung unternimmt alles, was machbar ist, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, die für eine prosperierende Forschungs- und Entwicklungsgemeinde notwendig sind. Das spiegelt sich auch in den vorhandenen Daten, Fakten und Zahlen wider.

Ich möchte noch ganz kurz auf die wirtschaftsnahe Forschungsförderungsorganisation zurückkommen. Gehen Sie doch bitte einfach davon aus, dass die Wirtschaft, von der ja erwartet wird, dass sie mehr als 60 Prozent des Forschungsvolumens einbringt, dahinter diese dynamischen und effizienten Strukturen benötigt, um ihren Beitrag leisten zu können!

Schade, dass Sie nicht mitziehen! Wir hoffen, dass es Ihnen bei den künftigen The­men, die uns noch beschäftigen werden – mehr Frauen in der Forschung, die Förderung des Techniknachwuchses –, vielleicht doch gelingen wird, auf diesem na­tional wichtigen Weg mit uns mitzugehen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Mainoni.)

19.27

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


19.28

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister Gehrer! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Haubner! Ich bin sehr froh, dass jetzt eine Dame, die mit Konsumentenschutz zu tun hat, auf der Regierungsbank erscheint. (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach.) – Natür­lich auch: Sehr geehrter Herr Minister, der Sie jetzt umringt sind von Frauen. So soll es öfter sein.

Der Anlass, warum ich den Bereich der Forschung nicht nur der Forschung und der Wissenschaft überlasse, sondern noch einmal den Aspekt des Konsumentenschutzes thematisiere, ist klar. Sie wollen heute einfach meinen konstruktiven Antrag betreffend VerbraucherInnenbildung und -forschung kommentarlos – ich sage: kommentarlos! – wegstimmen. Sie werden einsehen, dass ich das nicht zulasse.

Es gab heute Vormittag die Rede von Herrn Minister Pröll, in der er meinte, die KonsumentInnen seien die Stütze der Landwirtschaft; Qualität, Sicherheit und Kontrolle und so weiter seien wichtig. Wenn man die entsprechenden Fachpublikationen liest, dann stößt man immer wieder darauf, dass die Voraussetzung für ein sozusagen qualitätsbewusstes KonsumentInnenverhalten ist, dass die Konsumentinnen und Konsumenten eine gewisse Bildung haben und dass auch ihr Verhalten erforscht wird. Nun versucht man als gründlich arbeitende Politikerin, der Sache wirklich auf den Grund zu gehen und entdeckt dann, dass natürlich die KonsumentInnen- und Ver­braucherInnenbildung in den Schulen ein bisschen – wie soll man sagen? – ein kümmerliches Dasein fristet und stößt auf die Tatsache, dass es in Österreich dazu praktisch keine Forschung gibt.

Wenn man aus wirtschaftlichen Gründen und wenn man gerade – es haben ja kürzlich EU-Wahlen stattgefunden – EU-mäßig die Wettbewerbssituation von Seiten der KonsumentInnen ausnützen will, dann geht das nur, wenn eine entsprechende mündige Verhaltensweise, fundiert durch eine gewisse KonsumentInnenbildung, auch in Österreich endlich Platz greift.


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Frau Ministerin! Es ist nichts leichter, als Konsumentenbildung auch in der Schule zu verankern. Ich komme aus dem Deutschunterricht und weiß, man braucht ja nur Texte, die konsumentInnenrelevant sind.

Sie wissen ja selber, man steuert im Endeffekt die Produktion weltweit, global durch bewusstes und gezieltes, auch moralisch-ethisch verankertes Kaufverhalten. Ich meine, das ist ein Potential, das nicht genutzt ist.

Frau Staatssekretärin Haubner, Sie haben im Prinzip einen Hebel in der Hand, den Sie mehr oder weniger nicht nur links liegen lassen, sondern den Sie noch gar nicht erkannt haben. Und jetzt werden Sie Obfrau Ihrer Partei und womöglich Sozialministerin und nützen Ihr eigenes Potential, Ihr ureigenstes Potential, nämlich die Sektion für den KonsumentInnenschutz im eigenen Ressort nicht in die Richtung, wohin es gehen soll.

Herr Forschungsminister beziehungsweise Herr Innovationsminister, Herr Verkehrs­minister! Bedenken Sie doch, was allein das KonsumentInnenverhalten im Verkehr bewegen könnte! Denken Sie an die ganzen Verlagerungspotentiale, wenn es eine entsprechende Bewusstseinsbildung gäbe, wenn es eine entsprechende Forschungs­offensive gäbe, wenn den Leuten durch entsprechende Schulung endlich klar würde, dass sie es in der Hand haben, dass man sich anders verhalten kann, dass man anders konsumieren kann, sozusagen Grundsätze der Qualität und der Nachhaltigkeit durch das Kaufverhalten verankern kann.

Deshalb mein Plädoyer: Stimmen Sie nicht einfach meinen Antrag weg, sondern geben Sie ihm noch eine Chance! Wenn Sie das nicht tun, dann bringe ich ihn noch einmal in einer anderen Form ein. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fuhrmann. Frau Abgeordnete, auch Sie haben sich eine freiwillige Redezeitbeschrän­kung von 3 Minuten auferlegt. – Bitte.

 


19.32

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es gibt Fakten, Gott sei Dank, die selbst die Opposition, die SPÖ, nicht wegdiskutieren kann, nämlich: Österreich ist im Bereich Forschung, Technologie und Innovation auf dem richtigen Weg. Das ist beweisbar durch die Quote im Bereich Forschung und Entwicklung, die wir kontinuierlich steigern können. Mit unserem Ziel, bis zum Jahr 2010 3 Prozent des BIP verwirklichen zu können, haben wir uns die Latte sehr hoch gelegt.

Wir messen der Forschung finanziell wesentlich mehr bei, als es früher der Fall war. Es gibt zahlreiche Preise und Stipendienprogramme, gerade für junge Wissenschafterin­nen und Wissenschafter. Wir versuchen, die Zugangsmöglichkeiten für Frauen im Bereich Naturwissenschaften und Technik zu verbessern. Und heute geht es darum, den nächsten großen Schritt zu tun, nämlich die Forschungsreform in Angriff zu nehmen und eine Strukturbereinigung zu vollziehen.

Wir wollen eine einheitliche österreichische Forschungsförderungsgesellschaft, eine Bündelung, ein One-Stop-Shop-Prinzip, in dem der Wissenschafter, der Unterneh­mer, die universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen einem An­sprechpartner gegenüberstehen. Wir wollen den Wissenschaftsfonds reformieren und neu organisieren, wobei die Autonomie sichergestellt ist. Es ist sichergestellt, dass der Rat für Forschung und Technologieentwicklung als beratendes Organ gestärkt und dadurch auch unabhängiger wird.


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Ich glaube, dass diese Verknüpfung zwischen wissenschaftlicher und unternehme­rischer Erfahrung der einzige und richtige Weg ist, um eine positive Zukunft für den Bereich Forschung und Entwicklung sicherzustellen. Ich frage noch einmal die SPÖ, ob Sie es wirklich verantworten können, auf Grund einer einzigen Personalentscheidung diesem Gesetz, diesem wichtigen Gesetz nicht zuzustimmen. Ich dachte, dass wir im Parlament schon weiter sind. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Bleckmann.)

19.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorläufig letztem Redner hiezu erteile ich Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Auer das Wort. Auch Sie haben sich eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten auferlegt. – Bitte.

 


19.34

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Last but not least noch einmal ein kurzer Überblick über die Debatte und über das Gesetz, das zu beschließen ist.

Bisher war die Forschungslandschaft in Österreich eine eher zersplitterte mit über­holten Strukturen. Ich glaube, das ist Anlass genug, hier wirklich einmal eine Struktur zu finden, die durchgängig strukturiert ist. Das Ziel war Effizienz, Modernität und auch Kundenorientiertheit – das ist von meinen Vorrednern schon einige Male erwähnt worden.

Die drei wichtigsten Maßnahmen waren daher die Errichtung einer eigenen Gesell­schaft, also die Zusammenführung von  ASA, FFF, BIT und TIG – ich glaube, ich muss diese Begriffe nicht mehr näher ausführen, sie sind oft genug genannt worden – zur Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, einem einheitlichen Ansprech­part­ner. Die Ausnutzung von Synergieeffekten et cetera, der Ausbau der FTE-Förderung und die Lukrierung von EU-Mitteln waren wichtig.

Der zweite Punkt ist der neue, reformierte Wissenschaftsfonds. Dazu gehört auch ein Aufsichtsrat und eine Mehrjahresplanung. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig beim Blick in die Zukunft. Dasselbe gilt für den Rat für Forschung und Technologie­entwicklung.

All das, meine Damen und Herren, basiert auf einer doch gesicherten Finanzierung. Es kommt zu einer massiven Ausweitung der Mittel bis zu 50 Prozent gegenüber dem Jahr 2003 für die Forschungsförderungsgesellschaft, es gibt zusätzlich rund 1,2 Milliar­den € für den F & E-Sektor insgesamt. Ich meine auch, dass das Nationalstiftungs­gesetz aus dem Jahr 2003 hier als Finanzierungsbasis zu erwähnen ist.

Ich kann Ihnen auch erfolgreiche aktuelle Beispiele nennen für die Forschungsland­schaft in Österreich. Infineon Villach wird nächste Woche den Grundstein für ein neues Forschungszentrum legen; es sind immerhin 270 Arbeitskräfte, die dort Arbeit finden. Wild Electronics, eine Firma in Wernberg bei Villach, investiert ebenfalls in die Forschung. Insgesamt haben wir ja bereits 185 000 Beschäftigte im F & E-Bereich, und wir sind drauf und dran, diese Beschäftigtenanzahl mit diesen Maßnahmen zu verstärken.

Meine Schlussbemerkung: Die Kritikpunkte der SPÖ, dass es für diesen Bereich vier Ministerien gibt, kann ich durchaus entkräften, denn wir sind eben Netzwerker. Unsere zuständigen Minister können durchaus zusammenarbeiten, und das gilt auch für die Beamten, das gilt auch für die Behörden. Daher sehe ich da keinen Nachteil. Ob die SPÖ dem Wunsch eines einzelnen Abgeordneten nach einem eigenen Forschungs­ministerium nachgekommen wäre, dessen bin ich mir nicht so sicher. Schade, dass hiezu die Zustimmung nicht erfolgt ist.


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Ich war am Vormittag verwundert darüber, dass die Zustimmung zur Ausgliederung des BFW, Bundesanstalt und Forschungszentrum für Wald, von Seiten der SPÖ nicht erfolgt ist, denn dabei geht es ja auch um eine Absicherung für die Zukunft, um die Lukrierung von Drittmitteln. Herr Kollege Gradwohl: Ja, das ist nur mit einer Ausgliederung möglich. Ich glaube, die Regierungsparteien ÖVP und Freiheitliche sichern die Forschung für die Zukunft und sichern damit auch den Wirtschaftsstandort Österreich weiterhin ab.

Daher alles Gute für die neue Forschungsförderungsgesellschaft. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.38

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht einer der Berichterstatter/eine der Berichterstatterinnen das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Damit gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Forschungs­förderungs-Strukturreformgesetz in 538 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Bleckmann, Dr. Brinek, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht. Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf unter Berück­sichtigung des erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrages abstimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 538 der Beilagen samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des Zusatz- beziehungsweise Abänderungs­antrages der Abgeordneten Dr. Bleckmann, Dr. Brinek, Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Gesetzentwurf aussprechen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist somit mit Mehrheit ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Forschungsorganisationsgesetz geändert wird, in 539 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf den Titel, den Einleitungssatz sowie die Ziffer 5 bezieht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Brinek, Dr. Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Dies ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch hier stelle ich die Einstimmigkeit fest.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissen­schaft und Forschung, seinen Bericht 540 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 541 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Ich stelle die Mehrheit fest. Der Antrag ist somit mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung, seinen Bericht 542 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Der Antrag ist mit Stimmenmehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Beschaffung von Kampfflugzeugen.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kräuter, Mag. Gaßner und KollegInnen gemäss § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis V: 5, S: 4, F: 1 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung über die Existenz der von Bundeskanzler Schüssel propagierten Wirt­schaftsplattform zur Finanzierung von Kampfflugzeugen sowie mögliche Ergebnisse dieser Plattform;

Aufklärung der Vorwürfe möglicher Geldflüsse, „nützlicher Aufwendungen“ und Mani­pulationen des Vergabeverfahrens im Zuge der Beschaffung von Kampfflugzeugen für das österreichische Bundesheer seit April 2001;

Aufklärung von Einflussnahmen auf Entscheidungsträger und Spitzenrepräsentanten der Regierungsparteien in der XXI. und XXII. Gesetzgebungsperiode im gegen­ständlichen Vergabeverfahren;


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Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von „wirtschaftlichen (Eigen-)interessen“ von politischen Parteien und persönlichen Interessen von Regierungsmitgliedern im Zuge der gegenständlichen Vergabe;

Aufklärung darüber, ob es im Zusammenhang mit diesem Sachverhalt – bedingt durch die Verfolgung „wirtschaftlicher (Eigen-)interessen“ oder Manipulationen durch Ent­scheidungsträger im Vergabeverfahren – zu Nachteilen für die österreichischen SteuerzahlerInnen gekommen ist;

Aufklärung über die tatsächlich durch die betroffenen Minister abgeschlossenen Verträge bzw. Vorverträge sowie Rücktrittsmöglichkeiten und Schadenersatzfolgen aus diesen Vereinbarungen;

Aufklärung über die Vorgänge rund um die Ministerratsentscheidung am 2. Juli 2002 hinsichtlich der Meinungsbildung von Bundesminister Grasser, Bundesminister Scheibner und Bundeskanzler Schüssel;

Aufklärung über den Abschluss von Kompensationsgeschäften sowie deren Einfluss auf die Kaufentscheidung;

Aufklärung hinsichtlich der Reduktion der Kampfflugzeugstückzahl von 24 Geräten auf 18 unter Nichteinhaltung des selbst gewählten Vergabeverfahrens;

Aufklärung über die Anmietung von Kampfflugzeugen zur Überbrückung des Zeit­raumes bis zur Eurofighter-Auslieferung;

Aufklärung über bekannt gewordene technische Mängel der Tranche II des ange­kauften Flugzeugtyps;

Aufklärung über Vertragsverhandlungen hinsichtlich des Ankaufes von 18 Kampfjets der Britischen Armee;

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit den genannten Sachverhalten.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Landesverteidigung, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten überprüfen.

Begründung:

Der Deutsche Bundesrechnungshof warnt in einem vertraulichen Bericht den Haushaltsausschuss des Bundestages eindringlich vor einer Freigabe neuer Mittel für den Eurofighter (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Juni 2004). Die deutschen Rechnungsprüfer raten den Haushaltspolitikern neue Mittel erst zu billigen, wenn klar ist, welches Entwicklungsergebnis bisher tatsächlich erreicht ist. „Vor Freigabe der Beschaffung der zweiten Tranche sollte das Bundesministerium im Detail darlegen, wann und in welchem Umfang der deutschen Luftwaffe mit dem Eurofighter Kampfflugzeuge zur Verfügung stehen, die tatsächlich militärisch voll einsetzbar sind und ihren Auftrag ohne Abstriche erfüllen können“.


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Jüngste Pressemeldungen gehen davon aus, dass die Britische Armee ihre bereits bestellten Eurofighter-Kontingente aufgrund technischer Beanstandungen nicht aus­nutzen wird, sondern im Gegenteil, Kampfjets verkaufen wird. Unter möglichen Käuferländern scheint auch die Republik Österreich auf. Wurden anfangs ent­sprechende Verhandlungen verleugnet, ist nunmehr klar, dass seitens der Republik Österreich Vertreter mit der entsprechenden Informationsbeschaffung beauftragt wurden.

Immer wieder berichten internationale Medien, zuletzt der Evening-Standard vom 25. Mai 2004 über technische Mängel des Eurofighter „Typhoon“: Das Kampfflugzeug wird im bodennahen Bereich oder bei Schlechtwetter nur von zwei Piloten geflogen werden können, weil gewisse Systeme die Bodenannäherung nicht anzeigten oder ganz abschalteten „mit katastrophalen Folgen“.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ Nr. 104 vom 5.5.2004 berichtet, dass es der deutschen Bundesregierung gelungen sei, einen Nachlass für die bereits bestellten Abfangjäger der Type Eurofighter Typhoon in Höhe von 200 Millionen Euro auszu­handeln. Somit erwirbt die deutsche Bundesregierung den Eurofighter zum Stückpreis von 65 Millionen Euro, während die österreichische Regierung für ein Flugzeug desselben Typs 112,5 Millionen Euro bezahlt.

Ebenso weisen die jüngsten Erkenntnisse des Rechnungshofes erhebliche Mängel im Rahmen des Vergabeverfahrens zur Beschaffung von 24 Kampfflugzeugen nach:

Musskriterien wurden in Sollkriterien ohne nachvollziehbare Begründung umgewandelt;

neue Entscheidungskriterien wurden ohne nachvollziehbare Dokumentation in das bereits laufende Vergabeverfahren einbezogen;

die Kostendarstellung im Zuge des Ministerratsvortrages zur Typenentscheidung wurde unrichtig wiedergegeben;

Akten hinsichtlich eines anders lautenden Ministerratsvortrages, die einen anderen Bieter begünstigten, waren im Zuge der Rechnungshofprüfung nicht auffindbar;

die Beurteilung der Gegengeschäfte erschien als nicht nachvollziehbar, ebenso eine entsprechende Kommunikation zwischen den BMLV und dem BMWA;

es erfolgte keine Überprüfung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des angebotenen Kampfflugzeuges des Typs Eurofighter.

Erhebliche Zweifel bestehen an der Einhaltung des Liefertermins sowie der grundsätzlichen Einsatzfähigkeit des ausgewählten Flugzeugtyps. Dem gegenüber stehen exorbitant hohe Lebenszykluskosten.

Auffällig ist, dass die Prüfung des Rechnungshofes für ein Kaufvorhaben von 24 Abfangjägern durchgeführt wurde, durch die österreichische Bundesregierung aber 18 Geräte angekauft werden. Der Rechnungshof gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass eine Verringerung der laut Angebotseinholung und Bewertung vorge­gebenen Stückzahl von 24 Kampfflugzeugen eine Neuausschreibung erforderlich machen würde, wenn durch die Verringerung der Stückzahl die Bieterreihung geändert würde.

Ging der Ministerratsvortrag von 1,791 Milliarden Euro für 24 einsitzige Flugzeuge aus, so erhöhten sich diese Kosten auf einen zu erwartenden Beschaffungspreis von rund


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2,767 Milliarden Euro. Darin noch nicht enthalten sind die Ausgaben für die Adaptierung der fliegerischen Infrastruktur, des Radars, des Funks usw.

In der Rechnungshofausschuss-Sitzung am 27.4.2004 wurde mit RH-Präsidenten Dr. Fiedler dieser Bericht des Rechnungshofes über die Typenentscheidung und die Gegengeschäftsangebote im Zuge der Beschaffung von Luftraumüberwachungs­flugzeugen erörtert. Diesbezüglich stellte Präsident Dr. Fiedler klar, dass in keiner Form die von BK Schüssel propagierte Wirtschaftsplattform vorgefunden wurde. Der Rechnungshofpräsident hielt dazu fest: „Eine Wirtschaftsplattform ist mir nach wie vor nicht untergekommen“.

Wesentliche Kritik äußerte Präsident Fiedler an den verschiedenen Zahlungsvarianten: Für den Rechnungshof blieb völlig unklar, ab wann eine Zahlungsvariante von 18 Halbjahresraten als prioritär bewertet wurde und warum. Daraus ergibt sich, dass der Kaufpreis von 1,79 Milliarden Euro, der als Grundlage für den Minister­ratsbeschluss vom 2.7.2002 diente, „irreal ist und wesentlich höher liegen müsste“ (Präsident Fiedler). Für den RH-Präsidenten wurde dadurch der Eindruck einer Barzahung erweckt, tatsächlich war die Finanzierung aber im Zeitpunkt des Minis­terratsbeschlusses völlig offen. Der tatsächliche Preis von rund 2,7 Milliarden Euro musste aber bei der Ministerratsentscheidung hinlänglich bekannt sein. Die Gründe für die Heranziehung einer Zahlungsvariante mittels 18 Halbjahresraten war für den Rechnungshof auch formal nicht nachvollziehbar. Laut Präsident Fiedler ist ein entsprechendes Schriftstück, mit dem erstmals eine derartige Variante als prioritär betrachtet wurde, mit 24. Juni 2002 datiert.

Durch den Rechnungshof wurden bisher nur die Vorgänge bis zum Ministerrats­beschluss vom 2. Juli 2002 geprüft, eine Prüfung hinsichtlich der Reduktion der Abfangjägeranzahl bis hin zur Vertragsunterzeichnung ist anhängig. Mögliche Parteien­finanzierungen bzw. Geldflüsse (sogenannte „wirtschaftliche Interessen“) außerhalb des Ausschreibungsprozesses konnten seitens des Rechnungshofes keiner Kontrolle unterzogen werden.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 eine Ministerratsentscheidung auf Basis von falschen Preiskalkulationen herbeigeführt hat. Ebenso haben sich sämtliche Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfang­jäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar herausgestellt.

Aus all den genannten Fakten und Darstellungen ist die sofortige Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und ein sofortiger Stopp der laufenden Abfangjäger­beschaffung geboten.

Unter einem verlangen die unterzeichneten Abgeordneten gem. § 33 Abs. 2 GOG die Abhaltung einer kurzen Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen in die Debatte ein.

Gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemel­de­ten Staatssekretären/Staatssekretärinnen sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.


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Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Herr Abgeordneter, Sie haben 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.43

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hoch geschätzte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Großruck: Minister sind auch noch da!) – Frau Ministerin! Herr Minister! Diese Dringliche Anfrage, Herr Kollege Stummvoll, war natürlich ein Ausdruck Ihres schlechten Gewissens, das Sie im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Deal haben, und hat im Übrigen jäh mit einem bildungspolitischen Eigentor geendet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: So schwach, wie Ihre Begründung ist, nehmen Sie sich selber nicht ernst!)

Ziel, meine Damen und Herren, war es einzig und allein, eine Diskussion über dieses Abfangjäger-Desaster abzuwürgen. Das wissen Sie, das weiß die Öffentlichkeit, das ist allgemein bekannt und sogar in Zeitungen nachzulesen. (Abg. Scheibner: Lesen Sie einmal die Begründung von Ihrem Antrag! Sie nehmen sich selbst nicht ernst!) Sie, Kollege Scheibner stecken einfach den Kopf in den Sand. Sie wollen nichts hören, Sie wollen nichts sehen, Sie wollen nichts sagen – und vor allem wollen Sie nicht wissen, was sich international abspielt, Kollege Scheibner, denn Ihr Eurofighter-Projekt – das ist auch Ihres! – zerbröselt, im wahrsten Sinn des Wortes. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist letztlich verantwortungslos, wie Sie agieren, denn unter Umständen verspielen Sie die letzte Chance auf einen Ausstieg. Es stimmt nämlich überhaupt nichts mehr: Es stimmt der Zeitplan nicht, es stimmen die Kosten nicht, es stimmen die Gegen­geschäfte nicht, und daher kann es nur einen Untersuchungsausschuss geben.

Beispielsweise ist zu untersuchen das Täuschungsmanöver von Kanzler Schüssel vor den Nationalratswahlen. Inzwischen kann man ja sagen, der Ausspruch von Präsident Fiedler, so etwas wie eine Plattform sei ihm nicht untergekommen, ist legendär. – Und es gehört alles untersucht, was Minister Platter als korrekt und transparent bezeichnet – alles! –, und natürlich die Gegengeschäfte.

Meine Damen und Herren! Die „Kleine Zeitung“ schreibt am 4. Juni unter dem Titel „Gegengeschäfte im Tiefflug“ : „Was wurde aus jener ‘Task Force’, die ein Viertel der Eurofighter-Gegengeschäfte in die Steiermark bringen sollte? Das Büro ist längst aufgelöst.“

Das ist ja unglaublich, meine Damen und Herren, Herr Kollege Stummvoll! „Das Büro ist ruhend gestellt“, weiß Wirtschaftskammerpräsident Peter Mühlbacher. So schauen Ihre Gegengeschäfte aus?!

Erinnern wir uns: Was war denn das Hauptargument für den Kauf des teuersten Kampfjets für ein neutrales Land? – Es waren die angeblich so tollen Gegen­geschäfte. – Fazit ist: Das Büro wurde aufgelöst!

Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern: Es wird diesen Untersuchungs­ausschuss eines Tages geben! Wahrscheinlich sind dann schon bestimmte Akteure, wie Grasser beispielsweise, von der Bildfläche verschwunden, aber die Parteien werden zur Rechenschaft gezogen werden. Die FPÖ wird zur Rechenschaft gezogen werden, falls sie noch existiert, und natürlich die ÖVP. Und dann werden Sie sich wünschen, dass Sie rechtzeitig einem Untersuchungsausschuss zugestimmt und damit noch Reste Ihrer Glaubwürdigkeit gerettet hätten!

So allerdings wird eine Abrechnung durch den Wähler erfolgen, die sich gewaschen hat! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.46

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten beträgt jeweils 5 Minuten.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Murauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.46

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Kräuter und GenossInnen! – 10 Minuten hätte er Zeit gehabt, 3 Minuten hat er gesprochen. (Abg. Ellmauer: Weil ihm nichts mehr einfällt!) Ihm fällt nichts mehr ein, denn das ist heute schon die 44. Auflage irgendeiner Anfrage, schriftlich oder mündlich, und wir erzählen uns gegenseitig immer wieder das Gleiche. Also, machen wir es heute noch einmal! (Beifall bei der ÖVP.)

Eine interessante Bewertung der Politik finde ich in der morgigen „Kronen Zeitung“ von Dr. Nenning, der eigentlich sehr treffend darauf hinweist, wie er die Politik der Sozialdemokratie einschätzt. Ich schließe mich seinen Ausführungen natürlich gerne an. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das glaub’ ich Ihnen!)

Meine Damen und Herren, sogar der Kollege Öllinger ist meiner Meinung. – Da muss ich fast nachdenken, ob ich wirklich richtig liege. (Heiterkeit.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist klar: Ohne Luftraumüberwachung gibt es keine internationalen Veranstaltungen mehr in unserem Land. Ohne Luftraum­überwachung gibt es keine Olympischen Spiele, auch nicht in Portugal die Fußball-Europameisterschaft. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Es gibt keine internationalen Konferenzen, und auch 2006 wird es schwierig schein, den Aspekt der Sicherheit für unser Land im Rahmen des Europäischen Vorsitzes darzustellen. (Abg. Gradwohl: Herr Kollege, wir haben ja noch gar keinen Eurofighter!)

Herr Kollege, mit euch ist es nicht einfach: 1999 wart ihr noch dafür ... – Frau Bures, schütteln Sie nicht den Kopf! Sie waren ja bei der Verhandlung dabei und haben darunter geschrieben: Jawohl, Bures ist für Luftraumüberwachung und Ankauf von Abfangjägern. (Widerspruch der Abg. Bures. – Abg. Gradwohl: Welches Koalitions­papier sprechen Sie an?)

Damals waren Sie dabei – und heute können Sie sich nicht mehr erinnern, weil es eine andere Koalition gibt! Warum macht ihr euch das denn so einfach? Mit der Sicherheit kann man – ich bitte euch höflich – nicht so umgehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Da Herr Kollege Kräuter und GenossInnen in der Anfrage und in den Erläuterungen auf die Gegengeschäfte hingewiesen haben: Wir haben gesehen, dass es bei den Draken eine 100-prozentige Gegengeschäftsbestätigung gegeben hat. Nun haben wir einen Flieger gekauft, wo wir 200 Prozent verhandelt haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Prähauser: Wir haben das ausgehandelt! Ihr wart in Opposition! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das glauben Sie natürlich nicht, selbstver­ständlich, Herr Einem! Ist ja ganz klar. Wie könnten Sie einmal irgendetwas bestätigen, was von der ÖVP kommt?! Da können Sie nicht drüber; dafür habe ich Verständnis.

Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir die Gegengeschäfte entsprechend verhan­delt haben, dass auch Rechtssicherheit gegeben ist und dass das im Wirtschafts­ministerium so klar und transparent sein wird, dass man es nachvollziehen wird können. – Nicht in einem Jahr, das gebe ich zu. Aber, Herr Dr. Einem, fahren Sie einmal nach Ried – Oberösterreich dürfte Ihnen bekannt sein – und reden Sie mit FACC, wie die mit den Gegengeschäften bereits erweitern, Arbeitsplätze sichern et


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cetera. Oder reden Sie mit den Steyrer Nutzfahrzeugen, die jetzt ebenfalls einen Auftrag in fast Milliardenhöhe bekommen, weil das Teil der Gegengeschäfte ist.

Sie sagen jetzt: Die Gegengeschäfte sind überhaupt das Schlechteste, das werden wir nie kriegen! – Wir werden es Ihnen in den nächsten 15 Jahren beweisen, wo selbst­verständlich die ÖVP den Bundeskanzler stellen wird – und auch den Verteidigungs­minister. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Lebhafte ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Vielleicht auch noch zum Preis und zur Anzahl, gemessen an Deutschland und Österreich und so weiter, weil diese Vergleiche sicher auch wieder kommen.

Für alle jene, die bereit sind mitzurechnen – dieses Rechenbeispiel haben wir auch schon einmal gehabt –: In Deutschland haben 180 Eurofighter 21,3 Milliarden Schilling gekostet – das ist heute wieder nachzulesen; die Bestellung ist aufrecht, erste, zweite und dritte Tranche – und bei uns 18 Eurofighter 1,96 Milliarden. Wenn man das dividiert, dann kommt man für einen deutschen Eurofighter auf etwa 118, für einen österreichischen Eurofighter auf etwa 108 Millionen.

Das heißt, wir haben bestens verhandelt, das Verhältnis Kosten – Nutzen stimmt, und es gibt keinen Anlass zu einer Prüfung oder zu einem Untersuchungsausschuss – schon gar nicht aus parteipolitischen Überlegungen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.52

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Auch hier gilt: 5 Minuten Redezeit. – Bitte um Entschuldigung, Herr Abgeordneter Bösch, darf ich noch einmal korrigieren: Es wäre jetzt der Herr Kollege Prähauser, den ich auf der Liste übersehen habe, an der Reihe.

Nächster Redner also Herr Abgeordneter Prähauser. 5 Minuten. – Bitte.

 


19.52

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Kollege Murauer! Gestatten Sie mir, ein bisschen Nachhilfe zu leisten: Es ist Aufgabe der Opposition, Fehler der Regierung zu korrigieren, aber Sie machen es einem wirklich nicht schwer.

Ich erinnere Sie an die Regierungsverhandlungen 1999. Es kam zu einem Ergebnis, in dem es hieß: nach Maßgabe der budgetären Möglichkeiten. – Diese sind bis heute nicht gegeben. Also von einem Beschluss der Sozialdemokraten, Flieger anzuschaffen, kann man hier beileibe nicht sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Murauer, Sie haben gesagt, die Gegengeschäfte beim Draken hätten funktioniert. Da haben Sie Recht. Nur: Da waren Sie nicht in der Regierung. Sie wollten andere Flieger haben damals, vergessen Sie das nicht. Die Freiheitlichen waren dabei, da waren sie noch eine liberale Wirtschaftspartei. Das hat sich aber auch geändert.

Wir als Opposition werden natürlich dafür sorgen, meine Damen und Herren, dass man hier Licht ins Dunkel bringt. Das ist unsere Aufgabe. Es ist Alarmstufe Rot. Warum verhindern Sie jede wirkliche Diskussion? Es ist uns ja nicht daran gelegen, Ihnen zu schaden, sondern gemeinsam Österreich zu helfen. Eine Dringliche Anfrage mit vordergründigen Sorgen um die Bildung zu stellen ist Ihre Sache. Wir werden hier keine Ruhe geben, wir werden den Finger so oft in diese Wunde legen, wie es uns richtig erscheint und so oft es für Österreich notwendig ist, um Geld zu sparen und eine vernünftige Politik voranzutreiben. (Abg. Großruck: Es gibt keine Wunde!)


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Meine Damen und Herren! Wir haben heute den Rechnungshofpräsidenten verab­schiedet und haben Lobeshymnen auf den Rechnungshofpräsidenten gesprochen – gesungen, möchte ich fast sagen. In Deutschland gibt es auch einen Bundesrech­nungshof, Herr Klubobmann Molterer, und der hat seiner Regierung höchste Alarm­stufe angekündigt, was die Freimachung weiterer Geldmittel für den Eurofighterkauf angeht.

Ich weiß schon, Herr Kollege Scheibner, dass Sie hier auch ein bisschen befangen sind. Sie haben das mit zu verantworten, was wir heute diskutieren, aber ich darf Ihnen sagen: Wir werden jede Gelegenheit nutzen, hier Licht ins Dunkel zu bringen. Wir werden jede Diskussion führen, um vielleicht doch noch jenen auf die Spur zu kommen, die uns eine Wirtschaftsplattform als Financier genannt haben. Heute ist davon nichts merkbar.

Aber es geht um etwas anderes. Der Flieger ist inzwischen in Deutschland in der ersten Stufe im Einsatz, und dort freut man sich, dass zeitweise bis zu 40 Prozent der bisher gelieferten Flieger flugtauglich sind. Manchmal sind es auch nur zwei Flieger und dann wieder fünf. (Abg. Großruck: Wer glaubt denn so einen Blödsinn?)

Meine Damen und Herren! Läuten da nicht die Alarmglocken? Wir kaufen ein Flugzeug, das nirgendwo erprobt worden ist – und Sie haben keinerlei Bedenken? Zeitungen schreiben, englische Unternehmen berichten, der deutsche Rechnungshof beeinsprucht, mahnt – wir aber gehen davon aus: Es kann ja nichts passieren! – Und Österreich hat den Schaden zu tragen.

Sie allerdings haben die Verantwortung, meine Damen und Herren, und die wollen wir Ihnen natürlich nicht abnehmen. Wir wollen Ihnen aber helfen, selbst Schaden zu erleiden. (Abg. Mag. Molterer: Sie wollen, dass wir Schaden erleiden?!) Daher werden wir versuchen, diese Punkte gemeinsam anzusprechen, gemeinsam aufzuklären und vielleicht doch einen Weg zu finden, Österreich dieses unselige Geschäft zu ersparen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Bösch, Sie sind nun tatsächlich der Nächste auf der Rednerliste. Verzeihen Sie noch einmal die Ver­wechslung! – Bitte. (Abg. Scheibner: Das war hoffentlich keine Verwechslung, Frau Präsidentin?!)

 


19.56

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Prähauser, dass sich die SPÖ nicht mehr an die Zeiten erinnert, in denen sie Verantwortung für dieses Land getragen hat, ist bezeich­nend. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir können sagen, dass es nicht so ist, wie Sie hier behaupten, dass die Regierung es Ihnen einfach macht, sondern ich muss Ihnen das Kompliment zurückgeben: Auch die Opposition macht es den Regierungsparteien sehr einfach.

Sie haben jetzt zum wiederholten Male diesen Antrag kopiert, und es ist eigentlich in der groben Substanz überhaupt nicht Neues dazu gekommen. Im Gegenteil, Sie kopieren nur immer wieder neue Zeitungsartikel, die Ihnen irgendwo aufgefallen sind, dazu und glauben, dass es dadurch eine substantielle Veränderung der Debatte gibt. Meine Damen und Herren, das gibt es nicht!

Wir Freiheitlichen wollen uns bei unserer Regierungsarbeit nicht auf Zeitungsartikel und Journalisten verlassen, sondern die verfassungsmäßigen Einrichtungen der


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Republik bemühen, und das wurde in diesem Fall schon getan. Ich darf Sie daran erinnern, dass der Rechnungshof bereits zweimal die Causa Abfangjäger geprüft hat: einmal die Ausschreibungsmodalitäten, dann die Typenauswahl. Und wir erwarten jetzt den dritten Bericht des österreichischen Rechnungshofes.

Die Staatsanwaltschaft hat sich mit den unhaltbaren Vorwürfen, die von Seiten der politischen Gegner gekommen sind, befasst, und sie hat alles zurückgelegt, was hier behauptet worden ist.

Meine Damen und Herren! Sie haben auch in diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses überhaupt keine neuen Aspekte gebracht. (Abg. Öllinger: Es reichen die alten!) Die Argumente sind nach wie vor nicht stichhaltig.

Wir Freiheitlichen werden diesem Antrag selbstverständlich nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.57

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als letzter Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Herr Abgeordneter: 5 Minuten. – Bitte.

 


19.58

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein eigenartiges Phänomen, dass ausgerechnet in Österreich immer wieder davon gesprochen wird, dass man dann Verantwortung trägt, wenn man in der Regierung ist, während man sonst offensichtlich überhaupt nur verantwortungslos durchs Leben schlendert, und auch verantwortungslos auf dem Abgeordnetensessel sitzt. Da liegt ein Missverständnis vor, das eigentlich Ihnen von der FPÖ nicht passieren sollte, denn so oft und so viel regieren Sie auch nicht, und wenn, ist es desaströs. Also, man kann auch verantwortungslos regieren. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Sache. – Es gibt natürlich auch eine Rollenverteilung. Wenn Sie das gemeint haben, würde ich Ihnen folgen. Die Opposition hat natürlich hier bestimmte Aufgaben zu vertreten, und so witzig ist das nicht, wie Sie tun. Ich bin immer recht froh über derartige Debatten, denn man wird einmal nachlesen können, wenn es dereinst den Untersuchungsausschuss wirklich gibt, wie oft schon rechtzeitig darauf hingewiesen worden war. Und wie Sie dann in sich gehen werden, wenn Sie jetzt, hier, heute in Ihrer Verantwortung wieder einmal alles wegwischen, wird dann Ihre Sache sein.

Aber ich sage Ihnen: Die wirklich großen und erfolgreichen Aufklärungsprojekte und auch Untersuchungsausschüsse haben diese Vorläufe gehabt. Und immer waren es die Regierenden, die nicht anders, sondern genauso argumentiert haben, wie Ihre Redner das jetzt hier tun. Auch wenn Sie sich schon langweilen oder wenn es Sie belustigt: Das hat nur den Hintergrund des Tarnens, weil man sich den wirklichen Dingen nicht zuwenden will. (Beifall bei den Grünen.)

Man mag die Sache mit den Gegengeschäften belächeln, aber so witzig ist auch das nicht. Unanhängig davon, dass hier die glatte Unwahrheit gesagt wurde –- das darf ich hier gerade noch sagen: die glatte Unwahrheit! – von diesen ganzen Plattformen et cetera, stellt sich jetzt etwas ganz anderes heraus.

Die Flucht nach vorne des Kanzlers und des Wirtschaftsministers war ja, dass gesagt wurde, mit 31. Mai ist 1 Milliarde unterschrieben und unter Dach und Fach. So genannte Milestones seien sogar in dem Gegengeschäftsvertrag drinnen – aber den


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haben Sie bis heute nicht offen gelegt gegenüber dem Parlament. Aber wir wollen das glauben, was auf der Homepage steht.

Wir haben aber recherchiert. Es ist keine Rede davon, dass Gegengeschäfte im Ausmaß von 1 Milliarde € unterschrieben sind, nicht einmal 10 Prozent davon! Das ist alles lächerlich, was Sie hier vorbringen! Und jetzt frage ich Sie: Wie schaut dieser Vertrag aus? Wer hat ihn gebrochen? Beziehungsweise: Warum werden die Zahlen nicht auf den Tisch gelegt, obwohl es versprochen wurde? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der 31. Mai – das ist selbst im blauen Kalendarium nachzulesen – ist schon vorbei, nämlich 21 Tage vor der Sonnwendfeier. So einfach ist das, so kann man sich das merken.

Und jetzt, weil Sie ja immer etwas Neues hören wollen, zu den Kosten. Nicht erwähnen wollen wir, dass der Rechnungshof auch gesagt hat, dass ausschließlich die Finanzierungsvariante und nicht die militärischen Obliegenheiten hier den Ausschlag gegeben haben. Die Finanzierungsvariante wurde vom Finanzministerium in einer abenteuerlichen Art und Weise in das Entscheidungsverfahren hineingedrückt, zu einem Zeitpunkt, wo es nicht hätte sein dürfen! Da können Sie sich noch lange vor einer Untersuchung drücken wollen: Das Finanzministerium hat zur falschen Zeit die Sache so hingeschoben. Auch wenn Sie das nicht hören wollen, ich bleibe dabei!

Zu den Kosten, Kollege Murauer, damit auch da das Protokoll nicht ewig mit Unwahr­heiten gestraft bleiben muss. (Abg. Murauer: Na, na, na, na, na!) Wenn Sie schon deutsche Vergleichspreise zitieren, dann nehmen Sie die richtigen! Es wird ja kein Zufall sein, dass der deutsche Rechnungshof den Haushaltsausschuss davor warnt, die zweite Tranche, aus der Österreich beziehen soll, zu diesen Preisen zu kaufen, wenn noch nicht einmal klar ist, zu welcher Menge, zu welcher Verfügbarkeit und Tauglichkeit das Gerät überhaupt zur Verfügung steht.

Jetzt kommt’s: Die Kosten, die dort errechnet werden, sind zunächst mit den öster­reichischen vergleichbar, nämlich die Kosten ab Band exklusive Entwicklungskosten und Systemkosten. Deutschland ist eine Betreibernation, selbstverständlich haben die Entwicklungskosten! Die dürfen Sie da nicht hineinrechnen! Aber das machen Sie ungeniert, wider besseres Wissen offensichtlich. Wenn Sie nur die Produktionskosten hernehmen, so gut diese eruierbar sind – wir haben uns die Arbeit angetan, und auch im Verteidigungsministerium hat man unsere Argumente nicht widerlegen können; wir waren bei Minister Platter und seinem Team –, haben wir in der Bundesrepublik Deutschland Vergleichswerte von 44 Millionen € pro Stück, wenn man vorsichtig vorgeht.

Und was bezeichnen Sie als preiswertes Angebot in Österreich? – 63 Millionen € pro Stück – ohne Finanzierungskosten! Die müssen Sie aber bei dieser komischen Finanzierungsform, die Sie gewählt haben, natürlich in das Geschäft einrechnen. Dann sind wir ohne Systemkosten und inklusive Finanzierung bei 75 Millionen € pro Stück! – Und da sagen Sie, das ist ein gutes Geschäft?!

Wissen Sie, was? Überall will man sich vom Eurofighter verabschieden, sogar in den Entwicklungs- und Betreiberländern, nur Sie wollen draufbleiben. – Gute Nacht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.03

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 419/A (E) bis 425/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1900/J bis 1931/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 20.04 Uhr ein; das ist gleich im An­schluss an diese Sitzung.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 20.04 Uhr

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