Stenographisches Protokoll

84. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 11. November 2004

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 


Stenographisches Protokoll

84. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode  Donnerstag, 11. November 2004

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 11. November 2004: 9.00 – 19.00 Uhr

*****

Tagesordnung

Bundesfinanzgesetz 2005 samt Anlagen

Beratungsgruppe VIII: Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Beratungsgruppe XIII: Gesundheit und Frauen

Beratungsgruppe III: Äußeres

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 6

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ............................................................................................................ 7

Ersuchen der Abgeordneten Heidrun Silhavy auf Erteilung eines Ordnungs­rufes                         101

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 6

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 6

Verhandlungen

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (650 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2005 (Bun­desfinanzgesetz 2005 – BFG 2005) samt Anlagen (670 d.B.) .......................................................................................................................... 8


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84. Sitzung / Seite 2

Beratungsgruppe VIII: Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirt­schaft: Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, Kapitel 61: Umwelt ........................................................... 8

Redner/Rednerinnen:

Heinz Gradwohl .............................................................................................................. 8

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 11

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ......................................................................  12, 75

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 15

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...........................................................  19, 29, 53

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 21

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 22

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 24

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 26

Kai Jan Krainer (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 32

Rosemarie Schönpass ................................................................................................ 32

Jakob Auer .................................................................................................................... 33

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 35

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 37

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ....................................................................................... 38

Erwin Hornek ................................................................................................................ 39

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 40

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 42

Mag. Kurt Gaßner ......................................................................................................... 43

Franz Eßl ....................................................................................................................... 45

Gabriele Binder ............................................................................................................ 46

Matthias Ellmauer ........................................................................................................ 47

Heidrun Walther ........................................................................................................... 48

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 48

Sabine Mandak (tatsächliche Berichtigung) ................................................................. 50

Rainer Wimmer ............................................................................................................ 50

Johannes Schweisgut ................................................................................................. 51

Christian Faul ............................................................................................................... 52

Hermann Gahr .............................................................................................................. 54

Gerhard Reheis ............................................................................................................ 55

Johann Rädler .............................................................................................................. 56

Petra Bayr ..................................................................................................................... 57

Georg Keuschnigg ....................................................................................................... 58

Karl Dobnigg ................................................................................................................. 59

Karl Freund ................................................................................................................... 60

Georg Oberhaidinger ................................................................................................... 61

Konrad Steindl .............................................................................................................. 61

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 62

Gerhard Steier .............................................................................................................. 62

Christoph Kainz ............................................................................................................ 63

Katharina Pfeffer .......................................................................................................... 64

Nikolaus Prinz ............................................................................................................... 66

Anton Heinzl ................................................................................................................. 67

Helga Machne ............................................................................................................... 67

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 68

Mag. Andrea Kuntzl (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 69

Martin Preineder ........................................................................................................... 69

Norbert Sieber .............................................................................................................. 71

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ....................................................................................... 72

Johannes Zweytick ...................................................................................................... 73

Notburga Schiefermair ................................................................................................ 74

Josef Bucher ................................................................................................................. 76


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Entschließungsantrag der Abgeordneten Heinz Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung des Parlaments in die laufende Berichterstattung während der Programmplanungsperiode für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013 – Ablehnung  10, 77

Annahme der Beratungsgruppe VIII ................................................................................ 76

Beratungsgruppe XIII: Gesundheit und Frauen: Kapitel 17: Gesundheit und Frauen               77

Redner/Rednerinnen:

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ...............................................................  77, 90

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 79

Dr. Erwin Rasinger ....................................................................................................... 82

Dr. Kurt Grünewald ...................................................................................................... 84

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 86

Manfred Lackner .......................................................................................................... 89

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ............................................................................. 93

Mag. Brigid Weinzinger ......................................................................................  95, 122

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 98

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ................................................................  99, 101

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 102

Maria Grander ............................................................................................................. 103

Karl Öllinger ................................................................................................................ 104

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 108

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 108

Anna Höllerer .............................................................................................................. 110

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 111

Elmar Lichtenegger ................................................................................................... 113

Bettina Stadlbauer .................................................................................................. ... 115

Barbara Riener ........................................................................................................... 116

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 118

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 119

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 120

August Wöginger ....................................................................................................... 121

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 124

Renate Csörgits .......................................................................................................... 125

Mag. Andrea Kuntzl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 127

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 127

Anita Fleckl ................................................................................................................. 128

Maximilian Walch ....................................................................................................... 129

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 130

Hermann Krist ............................................................................................................ 131

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 132

Kai Jan Krainer ........................................................................................................... 133

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 133

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 134

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 135

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 135

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 137

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Kammern für Arbeiter und Angestellte – Ablehnung           107, 138

Annahme der Beratungsgruppe XIII .............................................................................. 138


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84. Sitzung / Seite 4

Beratungsgruppe III: Äußeres: Kapitel 20: Äußeres ................................................ 138

Redner/Rednerinnen:

Peter Schieder ............................................................................................................ 139

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 140

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 141

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 144

Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik .................................................................... 146

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 149

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 151

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 152

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 153

Petra Bayr ................................................................................................................... 154

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 156

Mag. Walter Posch ..................................................................................................... 157

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 158

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 159

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 160

Ing. Kurt Gartlehner ................................................................................................... 161

Carina Felzmann ........................................................................................................ 162

Mag. Ulrike Lunacek (tatsächliche Berichtigung) ...................................................... 162

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 163

Franz Xaver Böhm ..................................................................................................... 164

Anton Heinzl ............................................................................................................... 165

Johann Ledolter ......................................................................................................... 165

Walter Murauer ........................................................................................................... 166

Annahme der Beratungsgruppe III ................................................................................ 166

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage ........................................................................................................ 6

685: Dienstrechts-Novelle 2004

Anträge der Abgeordneten

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Realisierung der Güterzugumfahrung St. Pölten (466/A) (E)

Fritz Grillitsch, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein neues, impulskräftiges Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums (467/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Josef Broukal, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wis­senschaft und Kultur betreffend Wissenschafts- und Kulturreise nach China und in die Mongolei (2302/J)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betref­fend Maßnahmen gegen zunehmende Skinheadaktivitäten in Vorarlberg (2303/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Auswirkungen der Anwendung von Pesti­ziden auf Bienen und auf die Lebensmittelsicherheit (2304/J)


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Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Fertigverpackungsverordnung bei Bodenverbesse­rungsmitteln und Kultursubstraten (2305/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Bienensterben durch Pestizide (2306/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Initiative Sport-Kids (2307/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend seine Abwesenheit bei der Sitzung des Bundesrates am 5. November 2004 (2308/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Inneres betreffend Kriminalität in Wien Simmering (2309/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Endabrechnung der Errichtungskosten für das ös­terreichische Kulturforum in New York (2310/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Fi­nanzen betreffend Bundesbeschaffungsges.m.b.H. und Buchpreisbindung (2311/J)

Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend die Situation der Menschenrechte in der Türkei (2312/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen (2086/AB zu 2163/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (2087/AB zu 2167/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kol­leginnen und Kollegen (2088/AB zu 2123/J)



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Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Sitzung ist eröffnet.

Das Amtliche Protokoll der 82. Sitzung vom 9. November 2004 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind heute die Abgeordneten Mag. Langreiter, Scharer, Dr. Bleckmann, Dr. Van der Bellen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Ent­schließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bun­desregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein wird durch Bun­desministerin Maria Rauch-Kallat vertreten.

Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 2086/AB bis 2088/AB.

2. Regierungsvorlage:

Dienstrechts-Novelle 2004 (685 d.B.).

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2004 – VRÄG 2004 (671 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das land- und forstwirtschaftliche Berufsausbildungsgesetz ge­ändert wird (683 d.B.),

Antrag 463/A (E) der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Kammern für Arbeiter und Angestellte;

Finanzausschuss:

Abgabenänderungsgesetz 2004 – AbgÄG 2004 (686 d.B.);

Gesundheitsausschuss:

Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G (673 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Dentistengesetz geändert wird (DentG-Novelle 2004) (674 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Arz­neimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungsgesetz geändert werden (675 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999, das Arzneimittelgesetz und das Bundesgesetz über die Krankenanstalten und Kuranstalten geändert werden (676 d.B.);

Justizausschuss:

Rechnungslegungsänderungsgesetz 2004 – ReLÄG 2004 (677 d.B.),

Fortpflanzungsmedizingesetz-Novelle 2004 – FMedGNov 2004 (678 d.B.),

Strafprozessnovelle 2005 (679 d.B.);

Umweltausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2004) (672 d.B.);

Verkehrsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das ASFINAG-Gesetz, die ASFINAG-Gesetz-Novelle 1991, das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 und das Bundesgesetz betreffend Maßnah­men im Bereich der Bundesstraßengesellschaften geändert werden (680 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes errichtet wird (Un­falluntersuchungsgesetz) und das Luftfahrtgesetz, das Eisenbahngesetz 1957, das Schiffahrtsgesetz und das Kraftfahrgesetz 1967 geändert werden (681 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kraftfahrgesetz 1967 (25. KFG-Novelle), die 3. Kraft­fahrgesetz-Novelle, das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (682 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Antrag 465/A der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Hochschülerschafts­gesetz 1998 geändert wird.

*****

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Gegenstand ist der Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (650 der Beilagen): Bundesfinanzgesetz 2005 samt Anlagen (670 der Beilagen).

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß ist eine Tagesblockzeit von 9 „Wiener Stun­den“ vorgeschlagen, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158, Freiheitliche 108 sowie Grüne 117 Minuten.


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Die Redezeit des für die jeweilige Beratungsgruppe zuständigen Regierungsmitgliedes, die 20 Minuten überschreitet, beziehungsweise die Redezeit des für die jeweilige Bera­tungsgruppe zuständigen Staatssekretärs, die 10 Minuten überschreitet, soll auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion angerechnet werden.

Ferner soll die Redezeit ressortfremder Regierungsmitglieder beziehungsweise Staats­sekretäre jedenfalls auf die Redezeit der entsprechenden Regierungsfraktion ange­rechnet werden.

Über diese Redeordnung entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen sogleich zur Ab­stimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag der Präsidialkonferenz zustim­men, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Wir gehen so vor.

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (650 d.B.): Bundes­gesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2005 (Bun­desfinanzgesetz 2005 – BFG 2005) samt Anlagen (670 d.B.)

Beratungsgruppe VIII

Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft

Kapitel 61: Umwelt

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die Beratungs­gruppe VIII des Bundesvoranschlages 2005.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung zu dieser Beratungsgruppe liegt vom Spe­zialberichterstatter nicht vor.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl. Seine Wunschredezeit be­trägt 4 Minuten. – Bitte.

 


9.03

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Einen wunderschönen guten Morgen! Wie der Herr Präsident bereits ausgeführt hat, geht es um das Kapitel 60: Land-, Forst- und Wasserwirtschaft. Meine sehr geehr­ten Damen und Herren, ich bin überzeugt davon, Sie von den Regierungsfraktionen werden dieses Budget loben und die Vorzüge herausstreichen. Daher obliegt es in der Rollenteilung dieses Hauses mir, Herr Bundesminister, ... (Abg. Dr. Stummvoll: Alles schlecht zu machen!) – Das ist ein Irrtum, Herr Kollege Stummvoll! Es geht mir nicht darum, alles schlecht zu machen, sondern darum, die Dinge, die mit mehr Geld in diesem Budget nicht umgesetzt wurden, anzusprechen, denn es darf ja durchaus ein bisschen besser werden – darin sind wir uns doch einig, oder? (Beifall bei der SPÖ.)

Daher, Herr Bundesminister, beginne ich mit der inneragrarischen Solidarität, mit der Gerechtigkeit der Verteilung. Wenn man sich das Budget genauer anschaut, dann wird einem klar, es handelt sich um eine Fortschreibung des Bisherigen: 84 Prozent der Mit­tel gehen an 48 Prozent der Betriebe, 16 Prozent der Mittel gehen an 52 Prozent der Betriebe. Das heißt, Bodenrenten- und Kuhschwanz-Prämien werden festgeschrieben, und daran wird auch in Zukunft festgehalten.

Landesrat Plank sagt zwar dazu: Wir haben Probleme in Niederösterreich, der Wald wächst uns zum Fenster herein! Aber die Gemeinden sollten Verordnungen im Raum­ordnungsbereich machen. – Die Gemeinden sollen verordnen: Der Baum darf nicht wachsen! Aber Sie, Herr Bundesminister, haben mit Ihrer Regierungsmehrheit verhin-


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dert, dass bei der nationalen Umsetzung der GAP-Reform dementsprechend Vorsorge getroffen wird, dass die kleinen Betriebe in diesen Gebieten unterstützt werden und dort die Kulturlandschaft erhalten wird. – So viel zu Punkt 1.

Herr Klubobmann Molterer hat vorgestern von dieser Stelle aus erwähnt: Weniger Staat, mehr privat, das ist das Motto der Österreichischen Volkspartei, und das ist gut so! (Bravorufe bei der ÖVP.) Ja, Applaus! (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Gut, hervorragend!

Laut diesem Budget und laut dem Grünen Bericht, Herr Bundesminister, lieber Kollege Grillitsch, kommen 80 Prozent des durchschnittlichen landwirtschaftlichen Einkommens aus der öffentlichen Hand. Weniger Staat, mehr privat – das ist aber nur bei äußerst selektiver Wahrnehmung tatsächlich feststellbar! In dem Budget jedenfalls nicht, Herr Kollege Stummvoll!

Herr Kollege Stummvoll, Sie haben, als ich ein junger Abgeordneter war und vor etwas mehr als einem Jahrzehnt in dieses Haus gekommen bin, gesagt: Das Budget ist die in Zahlen gegossene Politik. – Gut, unter diesem Gesichtspunkt mache ich jetzt ein biss­chen weiter mit der in Zahlen gegossenen Politik.

Ein weiterer Punkt, wo es um die Gerechtigkeit geht, Herr Bundesminister – wir haben es heftig diskutiert –, ist nämlich die Verteilung der Milchquoten. Handverlesene, aus­gesuchte Betriebe erhielten eine Milchquote, die anderen müssen den Klagsweg beschreiten. Wenn das die in Zahlen gegossene Politik ist, dass derjenige, der leis­tungsfähig und leistungswillig ist, klagen muss, damit er wieder etwas leisten kann, Herr Kollege Stummvoll, dann ist das ein Armutszeugnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein entscheidender Punkt in der gan­zen Angelegenheit, Herr Bundesminister: Wir, die wir den Menschen im Mittelpunkt unseres Handelns und unserer politischen Arbeit sehen, haben und werden auch in Zukunft die Arbeitskraftförderung statt der Bodenrenten- und der Kuhschwanz-Prämie im landwirtschaftlichen Bereich einfordern.

Sie, Herr Bundesminister, stehen auf dem Standpunkt: Ich habe zwar zwei gute Stu­dien aus Wieselburg und Gumpenstein, aber ich traue mich nicht, das umzusetzen. – Das ist schade, denn es ist eine vertane Chance, Herr Bundesminister!

Da der Entwurf für das nächste Programm in der Periode 2007 bis 2013 fällig wird und, Herr Bundesminister, wir nicht mehr erleben wollen, dass das Parlament eigentlich nichts mitzureden hat, obwohl als Gesetzgeber in Österreich dazu berufen, bringe ich zum Abschluss folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Gaßner, Faul, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung des Parlaments in die laufende Berichterstattung während der Programm­planungsperiode für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,


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die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013 so zu konzipieren, dass künftig allen Wirtschaftsbereichen und damit allen Menschen in den ländlichen Regionen die Förderungsmittel zu gleichen Teilen zugute kommen

sowie

den Nationalrat in die Entscheidungen miteinzubeziehen und in regelmäßigen Abstän­den, nämlich quartalsmäßig, zu berichten.

*****

Herr Bundesminister! Damit wir vielleicht den nächsten Vorlagen zustimmen können, würde ich Ihnen empfehlen: Binden Sie uns ein, lassen Sie uns gemeinsam für die Zu­kunft der österreichischen Landwirtschaft arbeiten! (Beifall bei der SPÖ.)

9.08

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Gradwohl gerade einge­brachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Gaßner, Faul und KollegInnen betreffend Einbindung des Parlaments in die laufende Berichterstattung während der Programmplanungsperiode für die Förderung der Entwicklung des länd­lichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013 ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gradwohl, Mag. Gaßner und KollegInnen betreffend Einbindung des Parlaments in die laufende Berichterstattung während der Programmplanungsperiode für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013

Die EU-Kommission hat am 14. Juli 2004 die Verordnungsentwürfe zum neuen Pro­gramm für die Entwicklung des ländlichen Raumes vorgestellt. Diese sind nunmehr aus österreichischer Sicht zu bewerten und neue zukunftsträchtige Zielsetzungen, die den nationalen Gegebenheiten und Interessen entsprechen, zu formulieren. Da bisher nur drei Prozent der Förderungsmittel für den ländlichen Raum in nichtagrarische Bereiche gingen, ist nunmehr darauf zu achten, dass diese Förderungen allen Menschen in den verschiedenen Wirtschaftsbereichen der ländlichen Regionen gleichwertig zugute kom­men.

Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,

die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013 so zu konzipieren, dass künftig allen Wirtschaftsbereichen und damit allen Menschen in den ländlichen Regionen die Förderungsmittel zu gleichen Teilen zugute kommen

sowie


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den Nationalrat in die Entscheidungen miteinzubeziehen und in regelmäßigen Abstän­den zu berichten.“ (quartalsmäßig)

Zuweisungsvorschlag: Land- und Forstwirtschaft

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Gradwohl, Sie haben auf Ihrem Antrag einen Zuweisungsvorschlag: Land- und Forstwirtschaft. Diesen Zusatz halte ich aber für nicht notwendig, denn das ist ja ein Antrag, über den wir gleich nach dieser Debatte abstimmen werden. Daher wird er nicht zugewiesen. Verstehe ich das richtig? (Abg. Gradwohl: Ja!) – Danke.

Wir kommen zum nächsten Redner, das ist Herr Abgeordneter Grillitsch. Seine Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


9.09

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe Kol­leginnen und Kollegen! Schönen guten Morgen an all jene, die schon hier sind! Ich be­danke mich insbesondere bei meinen Kollegen der Regierungsfraktionen, dass sie so zahlreich gekommen sind und damit Interesse an der Land- und Forstwirtschaft zeigen. Denn wenn man in die linke Reichshälfte schaut, sieht man: Das Interesse an den bäuerlichen Familien und an der Landwirtschaft ist nicht sehr groß, meine Damen und Herren (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen), wirklich nicht sehr groß, aber wir werden das aushalten. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Wir werden das aushalten, wenn die Preise passen und wenn ihr endlich einseht, dass die Bauern sichere politische Rahmenbedingungen brauchen – und wir in diesem Haus stellen diese sicher. Ich gehe davon aus, dass ihr eure nicht anwesenden Kollegen davon überzeugen werdet, dass das notwendig ist.

Meine lieben Freunde! Kolleginnen und Kollegen! (Abg. Mag. Gaßner: Die Freunde sind dort drüben!) – Das ist richtig, ich habe eh dort hinübergeschaut. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die bäuerlichen Familien und die Bauern in Österreich – ich glaube, da werden Sie mir alle zustimmen – hatten ständig große Herausforderungen zu bewältigen, haben einen enormen Veränderungsprozess miterlebt: nicht nur die Entwicklung weg von der Agrargesellschaft hin zur Industrie- und heute Informations- und Wissensgesellschaft, sondern auch eine gewaltige Technisierung in der Land- und Forstwirtschaft, in Wahrheit weg vom Pferd hin zum Traktor, weg von der Zugsäge hin zum modernen Holzmähdrescher, weg von der Sense hin zum Mähwerk.

Trotzdem finden wir heute in Österreich eine Kulturlandschaft vor, die über Generatio­nen nachhaltig von Bauernhand geprägt wurde, die viele von Ihnen und viele andere Gesellschaftsgruppen für schützenswert halten. Und das ist ein Kompliment und eine Anerkennung der bäuerlichen Leistungen in Österreich.

Vor allem muss man auch dieses neue Anforderungsprofil für die Bäuerinnen und Bau­ern (Abg. Öllinger: LandarbeiterInnen!) mit bedenken, Herr Kollege Pirklhuber: den Konsumenten, den Österreicherinnen und Österreichern sichere Lebensmittel zur Ver­fügung zu stellen, umwelt- und naturgerechte Produkte zur Verfügung zu stellen, die Landschaft offen zu halten, auch als wesentliche Grundlage für den Tourismus. (Abg. Gradwohl: Da müsst ihr auch etwas tun dafür! Da braucht der Landesrat Plank nicht sagen, dass der Wald beim Fenster hereinwächst!) – Ich verweise auf das Interesse der SPÖ an Landwirtschaftsfragen. Schauen Sie in Ihre Sitzreihen! – Und die Bauern müssen gewisse Dienstleistungen zur Verfügung stellen.


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Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Seit wir federführend diese Agrarpolitik in Österreich betreiben (Abg. Mag. Gaßner: Sperren immer mehr zu!), haben die Bauern Sicherheit und Planbarkeit mit den Programmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben nicht nur diesen gesellschaftlichen Wandel und diese Technisierung mit­gemacht, sondern wir haben auch die Veränderungen durch den EU-Beitritt, die Agenda 2000 und jetzt wieder die GAP-Reform zu bewältigen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos.) – Herr Kollege Darabos, denken Sie an das Burgenland, an das Ziel-1-Gebiet; gerade im ländlichen Raum ist da viel Positives geschehen! Auch diesen Weg haben die Bauern mitgestaltet, mitgeprägt, mitverantwortet, trotz großer Sorge, die man gehabt hat. Aber seit 1995 haben wir entsprechende Programme, die uns Sicherheit und Planbarkeit bieten.

Ich bin dem Minister ganz besonders dankbar dafür, dass wir jetzt ein Budget haben, mit dem sichergestellt ist, dass wir alle Kofinanzierungen von Brüssel wieder abholen können, das das Umweltprogramm sicherstellt, das die Ausgleichszulage für die Berg­bauern sicherstellt, das entsprechende Investitionsförderungen sicherstellt, auch als wesentliche Grundlage für die Marktorientierung unserer Betriebe in diesem seit 1. Mai 2004 erweiterten Europa.

Dass die Konsumenten das schätzen, das wissen wir, denn das bestätigen auch jüngs­te Meinungsumfragen, in denen den Bauern hohe Anerkennung gezollt wird, mehr, als Sie uns heute mit Ihrer Anwesenheit erweisen, meine Damen und Herren der sozialisti­schen Fraktion. Die Menschen wissen, dass wir ihr Anforderungsprofil erfüllen, sichere Lebensmittel zu produzieren und erkennbar zu machen, wer wo wie produziert.

Daher die Bitte an Sie hier in diesem Hohen Haus: nicht ständig nur Diskussionen zu führen, wie man die Schraube, was den Standard bei den Bauern betrifft, anziehen kann, sondern auch darüber nachzudenken, wie die Bauern zu einem entsprechenden Einkommen kommen, wie man sicherstellen kann – und das ist auch mein Appell an den Handel –, dass Lebensmittel nicht ständig als Lockartikel verwendet werden, son­dern es geht darum, in der Gesellschaft die Frage aufzuwerfen: Was sind euch Le­bensmittel, Mittel zum Leben, die wir täglich brauchen, wert? Das ist eine ganz wesent­liche Frage.

Daher bitte ich Sie über alle parteipolitischen Grenzen hinweg, dafür Sorge zu tragen, dass den Bauern die Möglichkeit geboten wird, entsprechendes Einkommen zu verdie­nen, entsprechende Produktpreise zu erlösen, und den Bauern für die Zukunft sichere politische Programme, Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, damit sie das tun können, was sich die Österreicherinnen und Österreicher wünschen.

In diesem Sinne, glaube ich, gibt es parteiübergreifend einen Konsens, und daher bitte ich Sie, diesem Budget, auch wenn es Ihnen schwer fällt, zuzustimmen. Es war leider nicht möglich, einen gemeinsamen Antrag für die künftige ländliche Entwicklung einzu­bringen und das im Landwirtschaftsausschuss zu diskutieren. Wir sind für die Bäuerin­nen und Bauern in Österreich verantwortlich und wollen ihnen sichere und stabile Rah­menbedingungen zur Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. Seine Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


9.16

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Ein kurzes Wort zum gesellschaftlichen Wan­del. Kollege Grillitsch hat ja hier weit ausgeholt. Ich würde nur meinen, dass der Wan-


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del von der Agrar- zur Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft schon lange in Öster­reich abgeschlossen ist und die Herausforderungen heute an die Landwirtschaft und der Diskurs, den wir zu führen haben, sehr vielseitig und komplex sind und man daher nicht mit den alten Bildern arbeiten sollte, sondern die neuen Herausforderungen, die modernen, wichtigen Fragen in den Vordergrund stellen sollte.

Kollege Grillitsch, Sie haben eigentlich mit kaum einem Wort explizit Bezug genommen auf die Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich und darauf, ob mit dieser Reform diese Ziele erreicht werden, nämlich die Sicherung der ländlichen Räume, die Siche­rung der Arbeitsplätze im ländlichen Raum, die Innovation in diesen Bereichen und die Erhaltung unserer guten, interessanten Kulturlandschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben stattdessen von „Sicherheit“ und „Planbarkeit“ gesprochen und haben das immer wieder wiederholt und beschworen, aber, meine Damen und Herren, gerade da lässt dieses Budget im Agrarbereich alles zu wünschen übrig, was Sicherheit und Sauberkeit der Umsetzung betrifft (Abg. Grillitsch: Wo konkret?) – das sage ich Ihnen konkret, Kollege Grillitsch –, weil die Implementierung der EU-Agrarreform in den Bud­getbegleitgesetzen, ich habe das bereits in der diesbezüglichen Debatte angemerkt, und die Absicherung durch eine Novelle des Marktordnungsgesetzes, die aus unserer Sicht notwendig ist, nicht gegeben sind. Man muss wissen, diese Agrarreform verur­sacht weit reichende Veränderungen in der österreichischen Agrarpolitik, durch die Entkopplung der Prämien, die Modulation et cetera.

All das ist bis jetzt nicht vorgesehen – im Marktordnungsgesetz, Herr Bundesminister, kein Wort davon. Wenn Sie das nicht implementieren und festschreiben in einem ös­terreichischen Gesetz, dann steht Ihre Umsetzung (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Lesen Sie nach!) – ich habe nachgelesen! – auf tönernen Füßen. Wir werden uns dieser Frage noch genau widmen und werden prüfen lassen, Herr Bundesminister – da können Sie sicher sein –, ob das verfassungskonform ist, was Sie hier in Österreich für 2005 angehen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es geht immerhin um einen Betrag von mehr als 600 Millio­nen €, die in Österreich ohne ein Gesetz auf Basis einer Verordnung, Herr Bundes­minister, ab 2005 neu verteilt werden. Das ist aus unserer Sicht völlig unzureichend. Abgesehen davon – das haben wir monatelang kritisiert – haben Sie keine alternativen Lösungskonzepte vorgelegt. Sie wissen, die EU-Agrarreform hätte zwei Möglichkeiten der Umsetzung geboten: regional einheitliche Flächenprämien für Acker- und Grünland im Rahmen der Entkopplung oder ein historisches Betriebsprämienmodell. Sie haben sich mit dem Argument, dass es zu keinen Umverteilungen kommen dürfe, für dieses zweite Modell, das Betriebsprämienmodell, entschieden. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Das war gescheit!)

Meine Damen und Herren! Nur führt dieses Betriebsprämienmodell genau zum Gegen­teil von dem, was Sie in Lippenbekenntnissen anstreben, nämlich Innovation und Fort­schritt in der Landwirtschaft, es führt zu massiven Wettbewerbsverzerrungen, Herr Bundesminister.

Wenn Herr Kollege Grillitsch sagt, dass das ein Blödsinn ist, dann muss ich ihm lei­der – leider! – eine Aussage des Landesrats Rittsteuer aus dem Burgenland vorlesen. Herr Kollege Rittsteuer ist meines Wissens ÖVP-Agrarlandesrat im Burgenland, und er meint ganz konkret: „Wer innovativ ist, verliert.“ – Aussage eines ÖVP-Agrarlandesrats, Herr Bundesminister!

Haben Sie damals dazu Stellung bezogen? Haben Sie ihm erklärt, warum das nicht so ist? Das ist eine Aussage, die öffentlich gemacht wurde: „,Jeder Betrieb mit einem hohen Getreideanteil wird heute gegenüber einem Bio-Bauern bevorzugt‘, empörte sich der ÖVP-Politiker“. (Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)


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So schaut es nämlich bei dieser Agrarreformumsetzung aus, die Sie in Form von Lip­penbekenntnissen und Lobeshymnen hier versuchen als das Beste des Besten hinzu­stellen. – Das Gegenteil ist der Fall! Das führt zu massiven Wettbewerbsverzerrungen. Ich werde es Ihnen an Hand eines steirischen Kleinbetriebes demonstrieren.

Ein kleiner, und zwar ein konkreter Betrieb – wir haben das durchdiskutiert – in der Steiermark, der innovativ ist, der Ölkürbisse, Kartoffeln und Gemüse anbaut, hat von Ihrer Agrarmarkt Austria eine Mitteilung bekommen, dass er in Zukunft bis 2013 eine Betriebsprämie von 500 € bekommt. (Abg. Gradwohl: Super!) Bei einem Betrieb in derselben Größe, der intensiv Mais anbaut und damit massive Umweltgefahren verur­sachen kann ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Geh, hör auf!) – Kollege Scheuch! Auf jeden Fall ist in der Regel ein Maisanteil von 75 Prozent ökologisch nicht mehr verträglich, das wissen wir, das ist also kein Geheimnis. (Beifall bei den Grünen.) Dieser Betrieb bekommt entkoppelt bis 2013 jährlich fast 3 000 €. Also ein Unterschied von 2 500 €, und das bei niedrigen Einkommen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Du weißt ganz genau, warum das so ist!) Das wissen wir aus dem Grünen Bericht. Das ist doch eine massive Wettbewerbsverzerrung, Herr Bundesminister! Wie können Sie so etwas vertreten, dass den Kleinbetrieben diese Wettbewerbsverzerrung mit Ihren Maßnahmen hinein­gedrückt wird? (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Ein zweites Beispiel erspare ich Ihnen nicht aus einem Bereich, der an sich sehr markt­orientiert produziert, nämlich aus dem Bereich der Schweineproduktion, dem Bereich der Schweinemast in Österreich. Als oberösterreichischer Schweinemäster würde ich mich in Zukunft fragen, wie es denn angeht, dass ein – Beispiel – Rindermäster, der seine Rindermast beendet, eine entkoppelte Betriebsprämie von zigtausend € be­kommt und dann auf Schweinemast umstellen kann, das heißt, er hat einen Wettbe­werbsvorteil, weil er Schweine produziert und zusätzlich eine hohe entkoppelte Be­triebsprämie bekommt, während der Betrieb, der bisher schon Schweine erzeugt hat, keine Prämie bekommt.

Das ist doch weiterhin ein völlig marktfremdes Vorgehen. Das ist doch das Gegenteil von Marktorientierung. Das ist klare Wettbewerbsverzerrung, meine Damen und Her­ren, und daher ungeeignet, um die österreichische Landwirtschaft weiterzuentwickeln. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Schließlich und endlich komme ich zum Kernpunkt dieser meiner Meinung nach verfas­sungsrechtlich bedenklichen Vorgangsweise. Ihr Umsetzungsmodell, Herr Bundesmi­nister, führt nämlich zu einer Teilenteignung von Grundbesitzern und zu einer Entwer­tung des Grund und Bodens. Das hat übrigens – Sie schlagen die Hände zusammen – Herr Präsident Schwarzböck von der Präsidentenkonferenz in einer Presseaussen­dung im Jahr 2003 auch einmal gesagt. Das ist also nichts Neues.

Ganz konkret: Wenn ein Grundbesitzer, der seine Flächen verpachtet hat, einen Päch­ter wechseln will, dann hat er das Problem, dass dieser Pächter die Betriebsprämien nicht zurückgeben muss. Er kann sie behalten. Sie wissen das, Kollege Grillitsch, Sie können darüber lachen. Das wird in der Praxis noch zu massiven Problemen führen.

Aber ich möchte abschließen: Die Frage der Agrarreform birgt auch noch im Bereich zum Beispiel der Nichtentkoppelung der Milchprämien massive Gefahren in sich, näm­lich das Anheizen der Quotenpreise in den nächsten zwei Jahren. Herr Bundesminis­ter, das sind so einige Fragen, die hier völlig ungeklärt sind. 80 Prozent der Milch­bauern mussten bei der Verteilung der nationalen Reserve, bei der A-Quote durch die Finger schauen et cetera, et cetera.

Aber gehen wir zu einem anderen Bereich dieses Budgets, der im Agrarbereich eben­falls bereits zu Diskussionen geführt hat, nämlich zum Finanzdeal bei den Bundesfors­ten. Da haben Sie, Herr Bundesminister, den Finanzminister bei seinen Finanzbudget-


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kosmetiken eindeutig unterstützt. Sie haben ihn unterstützt, indem Sie zugestimmt haben, dass die Pensionen wieder dem Bund übereignet werden und damit ein Netto­budgetgewinn von 90 Millionen € für das Jahr 2005 aufscheint – ein reiner Budgettrick, Kollege Scheuch. 90 Millionen €, die als Einnahmen verbucht sind, die aber langfristig gebunden sind. Sie wissen es, Herr Bundesminister, Sie wissen es ganz genau. (Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll: Und wer zahlt die Pensionen?)

Drittens, meine Damen und Herren, im Bereich der Lebensmittelsicherheit: Hier haben Sie Ihr Konzept in die Richtung weiterentwickelt, dass Sie weiter kürzen wollen. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit bekommt 3 Millionen € weniger –ganz klar. Sie haben im Budgetausschuss gesagt: Ja, wir werden eh Zuschüsse ge­ben, und wir werden das Geld schon aufbringen, wenn es notwendig ist. (Abg. Scheib­ner: Die Redezeit beachten!)

Aber das ist keine nachhaltige Politik. Entscheiden Sie sich! Wollen Sie die Lebensmit­telsicherheit in Österreich auf gesunde Füße stellen? Wollen Sie sicherstellen, dass wirklich die Mittel verfügbar sind, damit die Qualität der Lebensmittel überprüft wird, die Sicherheit für die Konsumentinnen und Konsumenten gewährleistet wird, oder wollen Sie diese Einrichtung aushungern? Wollen Sie sie dazu zwingen, sich auf dem Markt sozusagen billig zu verkaufen?

Sie haben auch nichts konkret zur Erhaltung von gentechnikfreiem Saatgut und einer gentechnikfreien Lebensmittelproduktion vorgesehen. Zumindest haben Sie keine kon­kreten Aussagen dazu im Budgetausschuss machen können.

Schlussendlich, Kollege Grillitsch, haben Sie hier die Frage des Lebensmitteldumpings angesprochen. Das ist eine gute Frage, die ich immer wieder auch Ihnen gestellt habe. Ich muss nur feststellen: Wie unterstützen Sie in diesem Budget jene Initiativen, die gegen Lebensmitteldumping auftreten? (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Wie unter­stützen Sie diese Initiativen? Im Gegenteil, Kollege Grillitsch: Sie haben zum Beispiel die Interessengemeinschaft Milch, die es sehr gut geschafft hat, auch Supermärkten klarzumachen, dass Dumpinglockangebote im Supermarkt nicht im Sinne der Konsu­menten und Produzenten und im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft und Lebens­mittelerzeugung sind, nicht unterstützt. Die hat das geschafft.

Sie, Kollege Grillitsch, sagen im Hinblick auf diese Vorgangsweise: Ich begebe mich doch nicht auf Gewerkschaftsniveau. – Das ist Ihre Form von Interessenspolitik! Jene Bauern, die erfolgreich sind bei der Umsetzung Ihrer politischen Vorstellungen, werden diffamiert, und jene Interessengruppen, die eben wirklich erfolgreich sind, werden nicht ausreichend unterstützt.

Abschließend: Meine Damen und Herren! Dieses Agrarbudget 2005 wird den Struktur­wandel in Österreich beschleunigen und, statt neue Impulse für die Sicherung der bäu­erlichen Arbeitsplätze zu setzen, keine diesbezüglichen Strategien vorsehen. Daher können wir diesem Budget nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der SPÖ.)

9.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


9.28

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wolfgang (in Richtung des Abg. Dr. Pirklhuber), ich bin eigentlich enttäuscht, ich muss das jetzt ganz ehrlich sagen. (Abg. Dr. Glawischnig: Ich bringe dir ein paar Taschentücher raus!) Weißt du, war­um? – Weil es eigentlich bis jetzt immer nur diesen Klassenkampf Bauern gegen Nicht-


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bauern gegeben hat. Das ist etwas, was wir seit Jahrzehnten kennen. Das ist nicht neu. Das ist etwas, was von verschiedenen Interessengruppierungen mehr oder weni­ger gesteuert wird. Dazu brauchen wir, glaube ich, nichts mehr zu sagen.

Wirklich schade und wirklich bedenklich ist, dass es seit neuestem einen Klassenkampf Bauer gegen Bauer gibt. Ich bin davon überzeugt, Kollege Pirklhuber, dass uns das in der Debatte nicht nutzen wird. (Abg. Mag. Wurm: Das gibt es schon lange!) – Nein, das ist neu, für die Insider ist das neu. Das ist wirklich schade, und ich glaube einfach, dass wir hier das Problem nicht lösen werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir das Problem dadurch nur verstärken werden. Wenn wir beginnen, Bauer gegen Bauer aufzuhetzen, dann wird uns das langfristig in eine Sackgasse führen, vielleicht nicht die Gesamtpolitik oder jene, die darüber nur polemisieren, aber sicherlich all jene, die ernsthaft daran interessiert sind, dass die Agrarpolitik in eine positive Zukunft führt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aber eines nachholen – das habe ich auch ein bisschen vermisst, auch von meinem Kollegen Grillitsch am Anfang –: Ich möchte zumindest von Seiten unserer Fraktion, von Seiten der Freiheitlichen, der freiheitlichen Bauernschaft diese Budgetde­batte auch dafür nutzen, einen gewissen Dank allen Proponenten und Vertretern ab­zustatten – es ist nicht der Bauernbund, den ich damit meine, sondern es sind jene, die die Landwirtschaft fernab der Parteipolitik vertreten. (Abg. Dr. Pirklhuber: Es geht um Politik, nicht um Dank! Wo bleibt die Verantwortung?)

Wenn wir immer davon sprechen, dass es fernab der Parteipolitik sein sollte, so ist es nicht der Bauernbund, sondern es sind neben den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Ministerium, die hoffentlich, Kollege Grillitsch, nicht parteipolitisch motiviert ihre Arbeit machen, sondern im Interesse der Landwirtschaft, vor allen Dingen auch die Mitarbei­ter und Mitarbeiterinnen in den Kammern, die tagtäglich draußen stehen und versu­chen, all jenes, was vom Ministerium ausgegeben wird, zu den Bauern, also dort, wo es hingehört, nämlich zu den Betrieben zu bringen.

Ich hoffe, dass auch diese nicht primär parteipolitisch agieren. Ich möchte diesen Dank, weil ich gerade dabei bin, auch ausweiten auf die Opposition, nämlich was die Diskussion im Landwirtschaftsausschuss betrifft, die ja normalerweise wirklich eine sehr gute ist. In den zwei Jahren, in denen ich jetzt Agrarsprecher im Parlament bin, kann ich sagen, dass wir, wenn wir es schaffen – und das schaffen wir Gott sei Dank in den Ausschüssen sehr oft –, die Parteipolitik hintanzustellen, sehr wohl oft gute Dis­kussionen zur Landwirtschaft führen. Schließlich und endlich möchte ich auch den fast 200 000 Bäuerinnen und Bauern danken, die im Endeffekt dafür sorgen, dass wir ein funktionierendes System innerhalb der Landwirtschaft haben. In Wirklichkeit können wir hier nur die Rahmenbedingungen vorgeben. Im Endeffekt ist das, was draußen ge­macht wird, die tatsächliche Arbeit. Ich hätte mir erwartet, dass die Vertreter von Rot und Grün, aber auch von der ÖVP hier diesen Dank aussprechen. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

Kommen wir zur Verantwortung, kommen wir zur Leistung, kommen wir dazu, welche Rahmenbedingungen die Politik zur Verfügung stellt! Es wurde in einigen Ansätzen über die Budgetzahlen bereits gesprochen. Ich möchte das Ganze noch einmal dahin gehend erhärten, dass man, wenn man den Grünen Bericht anschaut, sieht, dass es natürlich bedenkliche Entwicklungen gibt und sich alle Agrarvertreter Sorgen machen sollten. Wenn wir einen realen Einkommensverlust von 4 Prozent im Jahr 2003 haben, so ist das bedenklich. Es geht darum, zumindest zu versuchen, die Rahmenbedingun­gen dahin gehend zu verändern, dass die Bauern weiterhin einen entsprechenden Beitrag in der Gesellschaft leisten können. Denn dieser Beitrag ist nicht nur, Felder zu bewirtschaften und einmal im Jahr Geld einzukassieren. Ich glaube, das sind Beiträge,


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die weit darüber hinausgehen. Das sind Beiträge an der Gesellschaft, das sind Bei­träge an der Umwelt, das sind Beiträge an den verschiedensten Wirtschaftszweigen.

Wenn ich Kollegen Bucher sehe, so weiß ich jetzt genau, dass es ohne Landwirtschaft keinen Tourismus gäbe. Wenn man die Klein- und Mittelbetriebe aus den Zulieferin­dustrien betrachtet, so weiß man, dass es dort ohne Landwirtschaft Tausende Arbeits­plätze nicht gäbe. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.) – Frau Dr. Glawischnig, auch wenn Sie sich über die Bauern lustig machen, muss ich doch betonen, sie sind und bleiben ein wichtiges Thema. Sie kommen selber aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, zumindest so von den Wurzeln her, soviel mir bekannt ist. Deswegen würde ich mir ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit in dieser Debatte auch in den Zwischenrufen erwarten, denn nur einfach dagegen zu sein und nur einfach destruktiv zu sagen, dass hier falsche Politik gemacht wird, ist der falsche Ansatz. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ein Wort zum Budget, Kollege Scheuch!)

Ich glaube, es geht darum, in diesem Budget auch wirklich Ansätze zu finden, um die­se Arbeitsplätze abzusichern. Wir haben sehr oft Dringliche Anfragen, wir haben De­batten gerade von Seiten der Opposition, wo es darum geht, wie wir die Arbeitsplätze sichern können. 240 000 Arbeitslose in Österreich!

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben in der Landwirtschaft über 200 000 Arbeitsplätze, und ich bin davon überzeugt, dass es wichtige Arbeitsplätze sind. Es handelt sich nämlich um Arbeitsplätze – und das sollte man bedenken –, die nicht in den Zentren sind, die nicht in den Gebieten sind, wo man vielleicht sowieso leicht einen Job bekommt, es sind jene Arbeitsplätze, die draußen sind, in den Tälern, in den Regionen, dezentral, dort, wo es nicht so besonders leicht ist, einen Betrieb anzusiedeln, dort, wo es die Menschen nicht besonders leicht haben, mit ihrer Familie zu leben, dort, wo es besonders wichtig ist, diese Strukturen zu erhalten, die Strukturen im ländlichen Bereich aber nicht nur in Form der Landwirtschaft, sondern auch in Form der Schulen, der Nahversorger, der Infrastruktur.

Deswegen, meine geschätzten Damen und Herren, sollten wir – und ich glaube, da ist der Ansatz wichtig – wirklich die Diskussionen darüber führen, wie man darüber hin­wegkommt, anstatt nur darüber zu diskutieren, Kollege Pirklhuber, wo der eine oder andere Euro bei den Bauern hingeht und ob jetzt der Kürbisbauer mehr oder weniger bekommt als der Körndlbauer und ob der Körndlbauer bevorzugt oder benachteiligt gegenüber dem Biobauern ist. Es geht um etwas ganz anderes, es geht darum, dass wir die Arbeitsplätze in den Regionen erhalten, wo wir sie brauchen, denn ich halte das wirklich für dramatisch. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich bin davon überzeugt, dass wir ein Problem bekommen werden, wenn wir uns nicht dazu bekennen, diese Leute zu fördern, wenn wir uns nicht dazu bekennen, dass diese Förderung, die in der Bevölkerung so oft kritisiert wird, auch dazu dient, wirklich andere Dinge nach vorne zu bringen. Da wird nicht nur Geld verteilt, damit ich mit meinem Traktor mit dem Pflug auf- und abfahre. Da wird in Bildung investiert, da wird in Umwelt investiert, da wird in biologische Landwirtschaft investiert, da wird in die Qualitäts­sicherung und in die Forschung investiert, da wird in erneuerbare Energie investiert. Es geht um so viele Bereiche, die im Endeffekt Zigtausende Arbeitsplätze schaffen. (Abg. Dr. Pirklhuber: 900 000 für die Organisation – das ist ein Tropfen auf den heißen Stein!)

Wenn wir es alleine schaffen würden, Kollege Pirklhuber, die nicht genutzten Ressour­cen in der Forstwirtschaft unserer Industrie zuzuführen, wenn wir es schaffen würden, diese beinahe 10 Millionen Erntefestmeter, die jährlich nicht genutzt werden, die mehr zuwachsen, als wir sie nutzen – meine geschätzten Damen und Herren, damit man einen Vergleich hat: das sind täglich 21 Hektar, täglich wachsen in Österreich 21 Hekt-


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ar Wald mehr zu, wächst das Land zu mit Wald –, wenn wir es nur schaffen würden, diese Ressourcen zu nutzen, den Holzimport aus Drittstaaten zu reduzieren, der genau gleich hoch ist – genau diese 10 Millionen Festmeter kommen herein (Abg. Grillitsch: Stadion!), das Stadion in Klagenfurt ist ein guter Ansatz, wie viele andere –, wenn wir es nur schaffen würden, Holz diesen Stellenwert zu geben als Energieträger, als Bau­träger in verschiedensten Bereichen, könnten wir dezentral im ländlichen Raum 10 000 Arbeitsplätze schaffen, 10 000 zusätzliche Arbeitsplätze in kleinen Dörfern, in kleinen Regionen und könnten damit auch 10 000 bäuerliche Betriebe absichern.

Ich glaube einfach, dass das Perspektiven sind, über die wir nachdenken müssen. Und ein Grundstein dafür ist das Budget, und ein Grundstein und ein Ansatz ist es, dass ich es dem Bauern ermögliche, in seinem Betrieb zu arbeiten. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Deshalb ist es wichtig, dass es diese Gelder gibt. Und es kann nicht wichtig sein, dar­über zu diskutieren, ob der Kürbisbauer ... (Abg. Mag. Gaßner: Wieso sperren dann jährlich 4 000 zu?) – Das ist ein bedenkliches Zeichen, und deswegen müssen wir etwas dagegen unternehmen. Da sind wir beieinander.

Ich bin bekannt dafür und wirklich bekannt dafür, dass ich nicht gerade einer bin, der die ÖVP-Agrarpolitik bis ins Letzte verteidigt. Ganz im Gegenteil! (Rufe bei der SPÖ: No!) Es kann auch nicht meine Aufgabe sein.

Meine lieben Kollegen von der SPÖ! Wenn führende Vertreter der SPÖ – und ich glau­be, Hannes Androsch steht nicht im Verdacht, ein Freiheitlicher zu sein (Abg. Scheib­ner: Wer weiß!) – in der heutigen „Presse“ wörtlich fordern:

„Man müsste zuerst einmal das, was Agrarkommissar Franz Fischler beim Zucker ge­schafft hat, auf eine allgemeine Ebene heben: Die Agrarsubventionen innerhalb von vier Jahren um 50 Prozent kürzen.“ (Abg. Dr. Pirklhuber: Zucker!)

Wenn man darüber spricht, dass Sie umverteilen wollen, dann meine ich, darüber können wir gerne sprechen, das ist keine Frage.

Auch ich bin der Meinung, dass es ein Ost-West-Gefälle bei den Förderungen gibt, auch ich bin davon überzeugt, dass es gerade die klein- und mittelstrukturierte Land­wirtschaft im Alpenbereich in den nächsten Jahren nicht leichter haben wird. Wenn man allerdings darüber nachdenkt, die Agrarsubventionen um 50 Prozent zu kürzen, dann würde das heißen, dass die paar Großbetriebe, die vielleicht jetzt bevorteilt sind, auch 50 Prozent weniger bekommen. Mit dieser Strategie und mit diesem Ansatz zer­stört man allerdings weitere 50 Prozent an landwirtschaftlichen Betrieben, zerstört man noch einmal 50 000 Arbeitsplätze im klein- und mittelstrukturierten Bereich. Das kann nicht der Ansatz sein! Es muss hier dieses Bekenntnis geben, dass landwirtschaftliche Förderung nicht nur eine Förderung der Bauern, sondern auch eine Förderung für Umwelt, eine Förderung für Tourismus und eine Förderung für Arbeitsplätze ist. Und diese Arbeitsplätze brauchen wir, denn jeder arbeitslose Bauer wird ein Arbeitsloser sein, der zum AMS geht und dort Geld benötigt. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Heinz, es gibt den Huber-Plan, der ist, glaube ich, aus den achtziger Jahren. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Alois Huber ist ja bekanntlich ein Freiheitlicher, der hatte diese Idee, da warst du noch gar nicht im Parlament. Also ich glaube, dass wir Freiheitlichen hier schon sehr lange die Forderung erheben, die Agrarpolitik zu überdenken. (Abg. Gradwohl: Ich habe mit Alois Huber hier schon diskutiert!) Das ist keine Frage. Aber man sollte sehr wohl darüber nachdenken, was man unter den momentanen Voraus­setzungen erreichen und umsetzen kann. Da bin ich davon überzeugt, bei aller berech­tigten sachlichen Kritik, dass die Polemik, dieses Auseinanderdividieren der Bauern der


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falsche Ansatz ist, dass es nicht sein kann, dass über Dinge diskutiert wird, die außer Streit stehen sollten. (Abg. Öllinger: Was sagt denn die ÖVP dazu?)

Meine geschätzten Damen und Herren! Die agrarische Debatte könnte man wahr­scheinlich den ganzen Tag führen, ich zumindest, also es gibt ja andere, die das nicht so sehen. Mir ist es ein besonderes Anliegen, diese Themen anzudiskutieren. Ich möchte aber meine Zeit nicht überstrapazieren, weil ich glaube, dass es auch viele wichtige andere Bereiche gibt, über die man diskutieren sollte.

Ich möchte abschließend eines deponieren: Neben dem klaren Bekenntnis der Frei­heitlichen zur Agrarpolitik, neben dem Bekenntnis zu diesem Budget, wenn auch mit Vorbehalten und mit etwaigen Änderungswünschen, möchte ich eines sagen: Ich als Agrarvertreter und auch als Agrarsprecher der Freiheitlichen würde mir wünschen, dass wir bei einer anderen Gelegenheit genau diese Grundsatzdebatte einmal aus­führlich führen. Ich werde mich wirklich darum bemühen, dass es uns gelingt – und als Erstes werde ich meinen Klubobmann überzeugen müssen und dann wahrscheinlich noch den restlichen Teil der Koalition, denn bei der Opposition werde ich in diesem Fall nicht so ein Problem haben –, einmal eine ausführliche Agrardebatte zum Grünen Be­richt zu führen (demonstrativer Beifall bei der SPÖ), diesen Grünen Bericht wieder ins Plenum zu bekommen und damit den Stellenwert der Bauern zu erhöhen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll gemeldet. – Herr Bundesminister, bitte.

 


9.40

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist dies heute eine wichtige Debatte für die Zukunft der Bäue­rinnen und Bauern in diesem Land und für die Zukunft des ländlichen Raums. Keine andere Bevölkerungsgruppe ist gerade in diesen Tagen mit derartigen Umbrüchen konfrontiert wie die Landwirtschaft. (Abg. Öllinger: Viele! Fast jede Gruppe! – Abg. Dr. Einem: Die Arbeitnehmer auch! – Abg. Riepl: Und die Hunderttausenden von Arbeitslosen? Sind die nicht betroffen?)

Keine andere Bevölkerungsgruppe ist derzeit so betroffen von einer Systemumstel­lung wie die Landwirtschaft, weil wir derzeit die größte Reform der Europäischen Union umsetzen. Es ist ein völliger Systemwechsel. Wir entkoppeln Prämien, die früher auf Hektarzahlen oder auf Stückzahlen festgelegt waren, zu einer einheitlichen Betriebs­prämie. Dieses System fordert uns ganz besonders, und mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die vor Ort, in den Landwirtschaftskammern, in der Beratung hervorra­gende Arbeit leisten, um diese Systemumstellung zum Wohle der Bäuerinnen und Bauern voranzubringen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweitens: Wir haben auch auf internationaler Ebene eine ganz besondere Heraus­forderung zu bewältigen. In der WTO geht es darum, unsere Vorstellungen von einer bäuerlichen Landwirtschaft zu implementieren – eine schwierige Aufgabe, weil wir noch Überzeugungsarbeit in Europa leisten müssen und Europa Überzeugungsarbeit auf internationaler Ebene leisten muss. Und es geht in der WTO in diesen Monaten bis Ende 2005 für uns um sehr viel: um die Neuordnung der Märkte, um die Herstellung der Wettbewerbsfähigkeit und um die Berücksichtigung jener Ideale, die wir implemen­tiert haben, nämlich Unterstützung der ländlichen Entwicklung, Tierschutzmaßnahmen, soziale Standards, ökologische Standards. All das ist etwas, was wir in Österreich implementiert haben.


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Dritter Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die Bäuerinnen und Bauern in diesem Land und in Europa sind konfrontiert mit der Neudiskussion der ländlichen Ent­wicklung – eine wichtige Säule für den ländlichen Raum und auch für die bäuerlichen Betriebe. Und in diesen Zeiten des Umbruchs und der Veränderungen ist es enorm wichtig, Planbarkeit und Sicherheit zu geben. Deswegen haben wir auch mit diesem Bundesbudget für das Jahr 2005 versucht, klar aufzuzeigen, wohin der Weg geht.

Es ist gelungen, die Summe, die im Landwirtschaftsbereich zur Verfügung steht, näm­lich 2,007 Milliarden € im Jahr 2004 in einem Jahr, nämlich bis 2005, auf 2,051 Milli­arden € zu erhöhen; das ist ein Plus von mehr als 40 Millionen €! Und damit können wir das, was diese Regierung von Anfang an klargestellt hat, nämlich die Absicherung des 3-Milliarden-Pakets, die Weiterverfolgung dieses konsequenten österreichischen We­ges in der Agrarpolitik, fortsetzen. Wir können damit ein wichtiges Programm, das ein­zigartig in Europa ist – nämlich das Programm für eine umweltgerechte Landwirt­schaft –, bis 2006 voll ausfinanzieren.

Auch an diesem Programm sehen Sie, dass es nicht nur um Unterstützung geht, und im Gegensatz zu manchen rede ich nicht von Förderung, sondern von Ausgleichszah­lungen für umweltgerechte Landwirtschaft, also für eine Leistung, die die Bäuerinnen und Bauern für die Gesellschaft erbringen.

Wir haben im Bio-Bereich eine absolute Erfolgsstory geschrieben. Österreich ist das Bio-Land Nummer eins in Europa. Wir liegen bei 10 Prozent, und wir waren die Ersten, die diesen Trend eingeleitet haben. Und wir konnten auch heuer wieder mit einer deut­lichen Zunahme bilanzieren: plus 30 Prozent an Bio-Ackerflächen in Österreich, und das kommt nicht von ungefähr, sondern daher, dass vorsorgende Politik mit klaren Zielsetzungen betrieben wird, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was die Frage der Gerechtigkeit und den sozialen Ausgleich betrifft: Da werden, um im agrarischen Bereich zu bleiben, viele Äpfel mit vielen Birnen verwechselt. Wir haben im Grünen Bericht ausgewiesen, dass wir im Jahr 2003 mit minus 4 Prozent ein schwieri­ges Jahr für Österreichs Landwirtschaft hatten. Aber, Herr Abgeordneter Gradwohl, wissen Sie, was sozial gerecht ist? – Dass in diesem schwierigen Jahr in jenem Agrar­bereich, wo in den extremsten Lagen zu wirtschaften ist, nämlich bei den Bergbauern, und hier gerade bei den Bergbauern der am meisten benachteiligten Zone 4, ein Plus ausgewiesen werden kann, ein Plus von 6 Prozent im Einkommen. Das ist gerechte, ausgleichende, zukunftsorientierte Agrarpolitik in diesem Land, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Was macht das monetär aus?)

Was die Fragen der Milchquotenverteilung betrifft, haben wir ganz klare Antworten ge­geben. Und zu Ihrer Anmerkung hinsichtlich der Anklageflut: Es sind drei übrig geblie­ben von den Tausenden, die in Aussicht gestellt wurden, und es ist legitim und richtig, dass jene, die damit nicht zufrieden sind, auch eine entsprechende Antwort suchen.

Was die Frage der Gestaltung der Bundesforste betrifft, Herr Abgeordneter Pirklhuber: Sie haben sehr viele Stellungnahmen abgegeben, aber ich glaube, Sie haben das Wort „Budget“ nicht einmal am Rande erwähnt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Geh bitte! Da waren ganz konkrete Bezugnahmen aufs Budget!) Wir diskutieren heute aber eine der wich­tigsten Fragen für die zukünftige Gestaltung dieses Bereiches.

Ich möchte nun auf die Bundesforste eingehen.

Wissen Sie, was wir bei den Bundesforsten gemacht haben – Sie haben das nämlich nicht zu Ende erzählt –? Wir haben 100 Millionen € Rücklage, die das Unternehmen Bundesforste bilden musste, um jährlich die Pensionsleistungen zu zahlen, ins Finanz-


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ministerium transferiert – und damit, denn Sie haben den zweiten Teil vergessen, auch die Pensionsverpflichtungen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Die haben es noch gar nicht! Kre­dite haben sie aufnehmen müssen!)

Das ist eine Politik, die Sinn macht, nämlich für das Unternehmen Bundesforste Sinn macht. Dieses Unternehmen pflegt die Wälder Österreichs nachhaltig, und mit dieser Überschreibung der Pensionsrückstellung und der Übernahme der Verpflichtung durch die öffentliche Hand haben wir der Zielsetzung der Bundesforste Rechnung getragen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Frage der Agentur für Ernährungssicherheit betrifft: Die Agentur für Ernäh­rungssicherheit erfüllt eine wichtige Aufgabenstellung für eine Zukunft, bei der wir vom Feld und vom Stall bis zum Konsumenten eine durchgängige Kontrollkette haben wollen. Und es stimmt absolut nicht, dass wir im Bereich der AGES, der Agentur für Ernährungssicherheit, gravierende Einschnitte machen, sondern wir haben in einem Nachtragsbudget im Rahmen der Budgetverhandlungen für diese wichtigen Zukunfts­leistungen noch einmal 7,3 Millionen € zusätzlich zur Verfügung gestellt. Das Gegen­teil von der Behauptung, die hier geäußert wurde, ist also der Fall.

Insgesamt ist es ein Budget, das den Bäuerinnen und Bauern in Österreich Planbarkeit und Erfüllung der Versprechen garantiert, bis ins Jahr 2006. Ich halte das auch für den ländlichen Raum für eine zentrale, wichtige Weichenstellung. Ich bin froh darüber, dass wir diese Eckdaten sichern konnten, denn das gibt auch Sicherheit für Österreichs Bäuerinnen und Bauern.

Zu den Umweltfragen werde ich dann etwas später Stellung nehmen, nachdem die heutige Debatte bis jetzt eine reine Agrardebatte war. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. Er hat eine Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

 


9.49

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was mir bei Ihnen, Herr Minister, immer auffällt, ist, dass es eine große Diskrepanz gibt zwischen dem, was Sie sagen, und dem, was Sie tun, zwischen dem Schein, den Sie erwecken, und dem Sein, der Realität Ihrer Politik. Und das will ich anhand der drei wesentlichen Umweltbereiche, der drei wichtigsten Themen im Umweltbereich auch skizzieren.

Das erste ist der Bereich Kyoto, Klimaschutz, Luftreinhaltung. Da suggerieren Sie immer, Österreich wäre international ein Vorreiter – was wir auch waren. Nur: In Wirk­lichkeit sind wir vom Kyoto-Ziel so weit entfernt, wie man nur entfernt sein kann. Wir sollten ursprünglich im Vergleich zu 1990 weniger CO2 emittieren, in Wahrheit ist es bisher mehr, und aus dem ursprünglichen Reduktionsziel von 13 Prozent sind mittler­weile mindestens 25 Prozent geworden. Die werden wir jetzt noch erreichen müssen.

Sie, Herr Bundesminister, erzählen uns immer von Ihrem großartigen Klimaaktiv-Pro­gramm. Das Einzige, was ich von diesem Klimaaktiv-Programm merke, sind vierfär­bige, viertelseitige Inserate in Tageszeitungen, wo Sie irgendwelche Preise überrei­chen und dergleichen, aber was da wirklich eingespart wird, davon ist nichts zu sehen. Das Einzige, was wir ernsthaft machen im Zusammenhang mit dem Kyoto-Ziel, ist, dass wir viel Geld in die Hand nehmen, um im Ausland CO2-Zertifikate oder über andere Programme Reduktionen zu erreichen. Im Inland, dort, wo wir mit unserem Geld auch Arbeitsplätze sichern könnten, passiert wenig bis gar nichts.


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Der zweite Bereich ist der Bereich der Gentechnik. Auch hier muss man sagen: Die PR-Maschinerie funktioniert wunderbar, es gibt eine Charta für Gentechnikfreiheit. Nur: Wenn man sich durchliest, welche acht Punkte in dieser Charta enthalten sind, wird einem klar, dass Sie für Gentechnikfreiheit in Österreich anscheinend überhaupt nichts tun können. Alle diese acht Punkte richten sich nämlich an andere Institutionen in Österreich: Da soll die Wirtschaftskammer was machen im Bereich des Handels, da soll die Arbeiterkammer was machen im Bereich der Konsumenten, da soll das Euro­päische Parlament was machen, da sollen die Länder was machen – aber der Minis­ter muss anscheinend gar nichts machen.

Dabei gibt es in Österreich immerhin ein Gentechnikgesetz, das hier vor wenigen Tagen beschlossen wurde, nur, da sind die wesentlichen Fragen alle nicht geklärt. Es ist die Koexistenzfrage nicht geklärt, es ist die Haftungsfrage nicht geklärt – und das sind die wesentlichen Fragen. Wir hätten die Möglichkeit, die Landwirtschaft und auch den Lebensmittelbereich in Österreich weitgehend gentechnikfrei zu halten, aber: Sie tun nichts dazu. Das sind alles nur große Worte, aber in der Realität passiert nichts.

Der dritte Bereich: Anti-Atompolitik – das nächste Desaster, das diese Regierung hin­terlässt. Es gibt ein Melker Abkommen, ein Melker Protokoll, nur ist dieses – wie wir von Anfang an gesagt haben – absolut zahnlos. Und Sie stellen sich wieder einmal hin und erklären: Alles wird besser, alles wird hervorragend! Die Realität ist: nichts wird besser, Temelín geht in den Normalbetrieb über, und vom Melker Protokoll ist über­haupt nichts umgesetzt, null. Es gibt keinerlei Verbesserungen, es ist nichts für den Schutz der Menschen in Österreich erreicht worden!

Der Unterschied zwischen dem, was Sie erzählen, man in Inseraten liest und Ihre PR-Propaganda verbreitet, und der Realität ist wie tausend zu eins. Wir kennen ja bereits einen Minister, der versucht hat, in Österreich eine Null als etwas Großartiges zu ver­kaufen; wo der heute steht, sehen wir. Diese PR-Masche funktioniert ein paar Jahre, aber sie funktioniert eben wirklich nur ein paar Jahre, und dann ist die Glaubwürdigkeit dahin, und Glaubwürdigkeit sollte für einen Politiker das höchste Gut sein.

Das Problem damit, dass Sie sagen: Das ist mir doch egal!, ist, dass Sie Ihre eigene Credibility, Ihre eigene Glaubwürdigkeit zerstören, und in drei Jahren geht es Ihnen so wie dem Grasser heute. Aber das große Problem ist, dass Sie damit ja nicht nur Ihre eigene Glaubwürdigkeit zerstören, sondern die Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt, und damit untergraben Sie auch die Glaubwürdigkeit von uns allen hier. (Abg. Gril­litsch: Herr „Professor“ Krainer!)

Das ist ein Problem, und deswegen sollten Sie sehr sorgsam mit den Dingen umgehen und auch schauen, dass das, was Sie kommunizieren, in irgendeiner Art und Weise mit der Realität übereinstimmt. Das tut es bisher nämlich nicht. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.53

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kopf. Wunsch­redezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


9.53

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Krainer, ich verstehe schon: Es muss wirklich frustrierend und schwierig sein, Oppositionspolitik beim Thema Landwirtschaft und vor allem auch Umwelt machen zu sollen, wenn es so wenig zu kritisieren gibt. Dann weicht man schon gern einmal aus auf Bereiche wie Temelín, das uns natürlich alle be­rührt, aber da bewegt man sich völkerrechtlich nicht in einem Bereich, wo man einfach


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mit dem Finger schnippen und sagen kann: Die Tschechen haben gefälligst das oder jenes zu tun.

Aber es ist bezeichnend, wo Sie Ihre Kritik ansetzen, nämlich im Ausland, dort, wo uns die Möglichkeiten zumindest der direkten Einflussnahme fehlen. Aber dass dort nichts geschehen sei, selbst das ist nicht richtig. Melk gibt es (Abg. Öllinger: Melk steht noch, ja! Das Stift meinen Sie, oder?), und die Melker Vereinbarung wird Punkt für Punkt ab­gearbeitet. Der Minister wacht sehr intensiv und sorgsam darüber, dass diese Verein­barung von den Tschechen auch tatsächlich eingehalten wird.

Aber wenden wir uns doch Erfreulicherem zu:

Wir sind in allen Rankings, wo immer Österreich und Österreichs Umweltsituation be­wertet wird, an der ersten Stelle. An der ersten Stelle! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist ja auch kein Wunder, wenn man es trotz Sparnotwendigkeit im Budget schafft, das Umweltbudget Jahr für Jahr anzuheben. Wir schaffen vom Jahr 2004 bis 2006 wie­der eine Steigerung um fast 10 Prozent, auf fast 560 Millionen €. 560 Millionen €, bitte!

Das kommt auch sonst nicht von ungefähr; keine Frage. Umweltförderungsprogramme im Inland und Ausland, Siedlungswasserwirtschaftsfonds – beide perfekt funktionie­rende Instrumente der Umweltpolitik. Ordnungspolitische Maßnahmen im Wasserbe­reich, im Luftbereich, im Bereich Boden, im Bereich Altlastensanierung, im Bereich auch der Betriebsanlagen, ob Gewerbeordnung oder zum Beispiel im AWG, führen eben zu dieser sehr, sehr positiven Situation.

Jetzt haben wir nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen Ländern tatsächlich ein uns alle beschäftigendes Problem, und zwar in Bezug auf die Lebenshaltung der Menschen, die Lebensführung der Menschen: Das ist der Klimaschutzbereich. Alle haben ihre Probleme: Der Verkehr nimmt zu, weil die Menschen nirgends bereit sind, sich einzuschränken, und vieles andere mehr. Die Industrie hat einen schönen Beitrag zur Senkung der Emissionen geleistet, aber auch hier wird gehandelt: 30 Millionen € zusätzlich nächstes Jahr, weitere 30 Millionen € zusätzlich übernächstes Jahr für den Klimaschutz; jetzt noch für das Programm JI/CDM, also im Bereich des Emissionszerti­fikatehandels – auch ein Beitrag zum Klimaschutz –, weitere 12 Millionen noch heuer, weitere 24 Millionen nächstes Jahr und 36 Millionen ab dem übernächsten Jahr.

Im Übrigen ist das ein Beitrag nicht nur für den Umweltschutz, sondern auch ein Bei­trag und ein Förderungsprogramm sozusagen für die heimische Industrie, die damit Chancen hat, Umwelttechnologie in einem größeren Ausmaß zu exportieren, gefördert eben durch dieses Programm.

Also in Summe, abgesehen von der Problematik Klimaschutz, mit der alle kämpfen, wo wir aber gezielte Maßnahmen setzen, eine äußerst positive Bilanz! Eigentlich verstehe ich nicht, dass die Sozialdemokratie hier wieder sagt: Es geschieht nichts! Das ist ja auch in Zeiten Ihrer Regierungsbeteiligung begonnen worden, das ist in vielen Fällen die Fortsetzung von Programmen, die mit Ihnen begonnen worden sind. Ich verstehe nicht, wie man sich auf einmal den anderen Hut aufsetzen und so tun kann, als ob man damit nichts zu tun hätte. (Abg. Sburny: Da sind Sie von der ÖVP aber perfekt, in solchen Sachen!)

Nehmen Sie doch ein bisschen etwas davon auch für sich in Anspruch! (Ironische Hei­terkeit bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Sie waren ja gar nicht dabei in den letzten 30 Jah­ren!) Sie brauchen sich ja nicht zu genieren dafür! Aber auf einmal zu sagen, es sei alles nichts, was der Herr Minister sagt, das ist doch völlig unglaubwürdig! Das ist völlig unglaubwürdig, Herr Krainer! (Abg. Krainer: Wer ist da unglaubwürdig?)


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Und deshalb: Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein würde Ihnen doch ganz gut tun. Sie brauchen sich doch nicht ständig zu verstecken! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Aber ich sage schon dazu: Der Herr Minister hat es geschafft, mit diesen Steigerungen im Budget noch eins draufzusetzen und damit weiteren Spielraum für umweltpolitisch sinnvolle Maßnahmen zu bekommen, und dazu ist ihm zu gratulieren. Herr Minister, ich kann mir vorstellen, es war sicher nicht leicht in den Budgetverhandlungen, diese zu­sätzlichen Mittel dem Herrn Finanzminister herauszuverhandeln. Ich gratuliere dazu recht herzlich und freue mich darauf, dass wir mit diesem Geld hier in diesem Hohen Haus weitere Maßnahmen zur Förderung der Umweltsituation, zur Verbesserung der Umweltsituation in diesem Land umsetzen werden können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. Gewünschte Redezeit: 8 Minuten. – Bitte.

 


9.59

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Umweltminister! Hohes Haus! Das mit dem Hut war wirklich lustig, Herr Kollege Kopf. Wir rätseln ja immer, wie die ÖVP es schafft, die Zeit vor 1999 so völlig aus ihrem Gedächtnis auszu­blenden, wenn es etwa ums Budget geht, um alles, was irgendwie schlecht ist. Da hat es ausschließlich eine sozialdemokratische Alleinregierung gegeben. – Also, das mit dem Hut werden wir uns merken. Das ist wirklich lustig! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum Umweltbudget, zum Kapitel Umwelt. Ich sage zuerst ein paar positive Dinge: Was nachweislich gut funktioniert, ist die gesamte Förderabwicklung – Umweltförderung, Siedlungswasserwirtschaft, Altlastensanierungsfonds –, obwohl man – vor allem, glau­be ich, in der Siedlungswasserwirtschaft – über Effizienzkriterien nach wie vor nach­denken muss.

Jetzt komme ich zum negativen Bereich; dieser ist etwas länger. (Abg. Kopf: Das war jetzt aber kurz!) – Ich war kurz, aber ich sage es zumindest! Hie und da haben Sie ja auch einen Geistesblitz, auch in der Politik. (Beifall bei den Grünen.) Es ist nicht so, dass ich alles nur schlecht finde – im Gegenteil.

Der größte Problembereich, wo man wirklich nicht davon sprechen kann, dass Öster­reich in allen Rankings Nummer 1 ist, ist der Klimaschutz. (Abg. Neudeck: Jetzt ist er eh in Argentinien, der Klima!) Das haben Sie völlig richtig angesprochen, und die Ent­wicklung ist wirklich Besorgnis erregend. Sie ist ohne Zweifel Besorgnis erregend; ich glaube, darüber sind wir uns einig, da braucht man nicht lange herumzustreiten. (Abg. Wittauer: Von den Standards muss man ausgehen!)

Österreich ist mittlerweile von dem Reduktionsziel, das wir uns auf der Basis von 1990 gesetzt haben – minus 13 Prozent –, meilenweit entfernt. (Abg. Wittauer: Das wissen wir ja alles!) Wir haben einen Anstieg seit 1990. Das bedeutet, dass wir jetzt von unse­rem Kyoto-Reduktionsziel 21 Prozent entfernt sind – das ist ziemlich viel! –, vor allem, weil man die Maßnahmen, die man machen könnte, und vor allem die Instrumente, die jetzt zur Verfügung stehen, in einer sehr eigenwilligen Art und Weise ausgelegt hat. Als Beispiel sei der Emissionszertifikatshandel erwähnt, wo wir nachweislich – auch im europäischen Vergleich – sehr, sehr großzügige Zugeständnisse an die Industrie ge­macht haben.

Ich habe das hier vor wenigen Tagen schon einmal erwähnt, aber ich sage es noch einmal: Es gibt mittlerweile internationale Vergleichsstudien über die europäischen


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Länder. Wenn es um die Frage geht, wie dieses neue Instrument Emissionszertifikats­handel angewandt wurde, so ist Österreich diesbezüglich nach Portugal das groß­zügigste Land gegenüber der Industrie. Kollege Wittauer hat das letztes Mal nicht verstanden. (Abg. Wittauer: Nein, ich werde nachher dazu was zu sagen haben, ...!) Weil die Studien von einer britischen und einer schwedischen Forschungseinrichtung gemacht worden sind, hat er davon gesprochen, dass das in Großbritannien alles ganz anders ist. Aber das war nicht gemeint, das waren nur die Studienautoren, die in Groß­britannien und in Schweden diese Vergleiche gemacht haben. Und die haben alle europäischen Staaten verglichen, und schlechter als wir ist nur Portugal. – Ich glaube, das war jetzt verständlich, oder? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Das stimmt eben nicht!)

Das ist nicht lustig, sondern das ist meiner Meinung nach ein Problem. Es war ein schwerer Kampf, und ich habe das sehr wohl beobachtet. Ich habe auch in Oberöster­reich beobachtet, wie man mit solchen Industriebetrieben umgeht, die dann massiv Druck machen und mit Argumenten wie Standortsicherung und Abbau von Arbeitsplät­zen versuchen, Umweltziele zu reduzieren und für sich das Beste herauszuschlagen. In solchen Momenten muss man eben hart bleiben, Herr Umweltminister, und nicht umfallen. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: ... Rudi Anschober!)

Der zweite Problembereich, den ich ansprechen möchte, ist der Antiatombereich. Es ist heute wieder aktuell: In Oberösterreich gibt es massive Kritik von Seiten des ober­österreichischen Landeshauptmannes und des Umweltlandesrates. Sie geht zurück auf die – meiner Meinung nach endgültige – Genehmigung für das Atomkraftwerk Temelín vom 11. Oktober, was meiner Meinung nach – und das ist, glaube ich, auch juristisch wasserdicht nachzuweisen – ganz klar ein Bruch des Melker Abkommens ist.

Wenn man sich das Umweltbudget dazu anschaut, dann sieht man, dass von dem Geld, das im Antiatombereich ausgegeben wird, nämlich 7,6 Millionen €, der Großteil, nämlich 5 Millionen €, in den aus meiner Sicht klar gescheiterten Melker Prozess fließt. Da wird also ein ziemlich großes Budget – an und für sich von der Ausgangssituation her vielleicht damals noch sinnvoll – jetzt dafür verwendet, dass Papier hin- und herge­schoben wird und die Tschechen sich nicht daran halten, wobei die Tschechische Atomaufsichtsbehörde noch dazu behauptet, dass das alles überhaupt kein Problem sei.

Das finde ich bedenklich, und ich finde es schade, dass man für diesen Prozess, der gescheitert ist, weiterhin Geld ausgibt, während man für die Energiepartnerschaften, die mit mittel- und osteuropäischen Ländern sehr wichtig sind, nur 1,5 Millionen € aus­gibt. Das ist ein Armutszeugnis, denn genau das – in unseren angrenzenden Nachbar­staaten alternative Energiesysteme zu fördern und aufzubauen – ist der Ansatzpunkt dafür, dass dort eine eigene Lobby für den Atomausstieg entsteht. Vielleicht können Sie dazu etwas sagen, wieso das so lächerlich gering, mit 1,5 Millionen €, budgetiert ist – vor allem in dieser Relation: 5 Millionen € für diese Hin- und Herschieberei von Papier.

Der letzte Bereich, der aus meiner Sicht problematisch ist (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: „Schlimm“!), ist der Abfallbereich. Dieser ist ein bisschen aus dem Blick­winkel der öffentlichen Aufmerksamkeit und aus dem Bereich der Diskussion gewichen und gesunken. Wir hatten da harte Auseinandersetzungen (Abg. Wittauer: Eine Er­folgsgeschichte!) mit dem jetzt gerade abwesenden Ex-Umweltminister und nunmehri­gen Klubobmann Molterer, der damals einen eigentlich sehr gravierenden Schritt gesetzt hat (Abg. Wittauer – auf den nicht besetzten Platz des Abg. Mag. Molterer weisend –: Er ist nicht da!), nämlich: Weg von verbindlichen Mehrwegquoten – wo Ös­terreich sehr gut war –, hin zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung mit der Wirtschaft.


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Wir haben damals schon gesagt: Das funktioniert nicht! Und die Zahlen haben uns mit unserer Skepsis auch Recht gegeben: Bei den Quoten im Mehrwegbereich, vor allem im Bereich Mineralwässer und Limonaden, kam es zu ganz dramatischen Einbrüchen. (Zwischenruf bei der ÖVP sowie Zwischenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Ich glaube, wir können gerne über unsere Probleme sprechen. Wir haben, vor allem im Mineralwasserbereich, 1995 noch fast 100 Prozent Mehrwegquote gehabt. Jetzt sind es mittlerweile unter 50 Prozent. Sie haben damals angekündigt: Wenn es wirklich nicht funktioniert, dann gibt es wieder verbindliche Zielsetzungen, verbindliche Quoten. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: ... 80 Prozent!) – Von diesem Weg sind Sie nun abge­gangen, und Sie gehen weiter den Weg mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft – die nicht funktioniert, weil Sie denen einfach nicht wehtun wollen. – Ich finde das falsch! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist etwas, was nicht nur den Konsumentinnen und Konsumenten auf den Kopf fällt, weil sie einfach keine Wahlmöglichkeit mehr haben, sondern vor allem auch den Ge­meinden. Diese haben nämlich dann die Müllberge, die durch die PET-Flaschen ent­stehen, auf der Gemeindeebene zu tragen. Das führt zu einer – auch von ihnen befürchteten – Mehrbelastung in einem sehr, sehr hohen Bereich.

Herr Umweltminister, ich würde Sie bitten: Es geht nicht immer alles so, dass man sich etwas mit dem Abgeordneten Kopf oder mit der Wirtschaftskammer ausmacht, und dann funktioniert die Erreichung eines Umweltzieles, sondern man muss hie und da auch gegenüber der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung wirklich Rückgrat haben. Das darf man sich im Umweltbereich nicht herausoperieren lassen! – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Krainer.)

10.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Wittauer ans Red­nerpult. Seine Wunschredezeit beträgt gleichfalls 8 Minuten. – Bitte. (Abg. Öllinger: Der Wittauer zeigt jetzt, was „Rückgrat“ heißt!)

 


10.06

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist so: Ich habe mich eigentlich gut vorbereitet und wollte heute über die Er­folgsgeschichte Österreichs in den Bereichen Umwelt und Landwirtschaft referieren, aber Frau Abgeordnete Glawischnig gibt mir natürlich wieder Anlass dazu, über Dinge zu sprechen, die sie anscheinend nicht verstanden hat. (Abg. Brosz: Der „Experte Wittauer“ wird das jetzt erklären!)

Ich habe das schon begriffen, dass das eine Studie von diesen zwei Ländern ist. Ich habe nur eines gesagt: Wir gehen von einem so hohen Niveau aus, dass sich England und andere Staaten relativ leicht tun, sage ich einmal, mit ihren Zielen, während wir Ziele haben, die weit über das Normale – das, was andere europäische Staaten ha­ben – hinausgehen. (Abg. Dr. Glawischnig: Wir haben eine gute Ausgangssituation!) Und deshalb ist es bei uns mit einem ganz anderen Aufwand verbunden, diese Ziele zu erreichen – und wir sind dabei auch auf einem guten Weg. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Glawischnig: Eben nicht! – Abg. Krainer: Realitätsverweigerung!)

Das heißt, Umwelt bleibt die größte Herausforderung, auch in Österreich. Aber ich glaube, das ist nicht nur für Österreich ein Problem, sondern europaweit und weltweit, besonders auch im Zuge der Globalisierung. Auch im Zusammenhang mit der Ost­erweiterung muss man festhalten, gerade wenn man den Verkehr betrachtet: Die Stei­gerungen sind ja nicht in Österreich allein verursacht, sondern wir haben einen Transit,


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wir haben also eine große Belastung, die von außen kommt. Und da müssen wir die Antworten geben, und diese müssen europäisch geklärt werden, nicht nur in Österreich alleine. (Abg. Öllinger: Ja, geben Sie die Antworten!)

Wir haben vorher gehört, wir hätten da keine Erfolgsgeschichte zu verzeichnen. – Wenn ich mir die Industrie anschaue, die auch so sehr gequält wird (Abg. Dr. Gla­wischnig: Die wird „gequält“!), dann ist festzuhalten, dass die Emissionen von Kohlen­monoxid – Quellen: Hausbrand, Verkehr und Industrie – seit 1990 um 31 Prozent abgenommen haben. Das ist doch ein Erfolg! Und wenn wir im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort Österreich das Emissionszertifikategesetz betrachten, dann ist das auch eine Erfolgsgeschichte: Es nützt der Umwelt, und es nützt auch dem Wirtschafts­standort Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Das nützt überhaupt nichts, die Zertifikate! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung der Abg. Dr. Glawischnig –: Es ist halt „alles zu wenig“, was wir machen! „Alles zu wenig“!)

Zum Thema Abfall: Auch das ist eine Erfolgsgeschichte. Insgesamt ist das jährliche Abfallaufkommen in den Bereichen Industrie, Gewerbe und Haushalt seit 1999 gleich geblieben, obwohl die Abfallerzeugung – und das ist auch wieder ein globales Pro­blem – ständig steigt (Zwischenruf des Abg. Öllinger); also die Abfalltrennung ist eine Erfolgsgeschichte. (Abg. Öllinger: Und was lernen wir daraus?) – Nun, das muss man zur Kenntnis nehmen!

Wenn man nun etwa den Bereich Altlasten hernimmt, dann muss man sagen: Auch dort haben wir sehr viel geschafft! (Abg. Öllinger: Was haben wir geschafft?) Die Sanierung der Deponien ist eine Erfolgsgeschichte! Da kann man nichts Gegenteiliges sagen. (Abg. Krainer: Sie hinterlassen uns viele Altlasten!)

Wir haben natürlich ein Problem: Der Trend geht in eine andere Richtung. (Abg. Krai­ner: Ihr seid ja der Trend!) Wir müssen gegen den Trend kämpfen. Wir haben die Ver­pflichtung von 13 Prozent übernommen. Wir haben Steigerungsraten: im Verkehr über 40 Prozent; wir wissen das. Gerade dieser Bereich ist aber einer, wo die Probleme nicht von einem Jahr auf das nächste geklärt werden können. Wir haben einen Bren­ner-Basistunnel, den wir bauen; wir investieren sehr viel in den Infrastrukturbereich Schiene. Da gibt es also viele Maßnahmen, und diese sollte man endlich einmal ein bisschen anerkennen! (Abg. Krainer: Ja, das „sollen wir anerkennen“! – Ironische Heiterkeit des Abg. Krainer.) Diese positive Erfolgsgeschichte – und ich sage: auch von Minister Pröll! – nicht einmal mit einem einzigen Satz abzutun, das halte ich schon fast für eine Gemeinheit, möchte ich sagen – und das ist ohnedies schon untertrieben. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Glawischnig sowie Ruf: Ich bringe ein Taschentuch!)

Wenn ich nun auf die Landwirtschaft zu sprechen komme, dann muss ich feststellen: Davon habe ich vorher nichts gehört! Die Landwirtschaft wird offenbar ausgelassen, wenn Sie über das Thema Umwelt reden. – Dabei ist der größte Umweltfreund, der am meisten für die Umwelt tut, die Landwirtschaft! Das ist ein Faktum! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.) 40 Prozent der österreichischen Fläche werden von Landwir­ten und Landwirtinnen, von unserer heimischen Landwirtschaft bearbeitet.

Was die Förderungen anlangt, kann man feststellen: Wir sind im absoluten Spit­zenfeld – die Spitze europaweit! – beim Biolandbau. Ist das nichts? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist alles zu wenig! Alles zu wenig! Egal, was geschieht: Alles zu wenig!) Wir sind Spitze bei der Lebensmittelerzeugung, bei der gesunden Lebensmit­telerzeugung. Ist das nichts? Wir haben beim Tierschutz die ersten Zeichen gesetzt – das trägt die Landwirtschaft! Ist das nichts? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Roten wol­len die Förderungen um 50 Prozent kürzen!)

Wenn man sich heute den ÖPUL oder Maßnahmen im Biolandbau oder biologische Maßnahmen anschaut, dann stellt man fest: Über 86 Prozent unserer Landwirte sind


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dort dabei! Ist das nichts? 86 Prozent sind es, die, sage ich einmal, irgendwo eine Förderungsmaßnahme bekommen. Herr Abgeordneter Pirklhuber, ist das nichts? (Abg. Dr. Glawischnig: Die Politik soll Probleme lösen und sich nicht selbst bewerten!)

Also ich bin Biolandwirt – ich glaube, Sie sind es auch, Sie haben Schafe; ich bin Rin­derzüchter –, und ich probiere, das als Vollerwerbsbetrieb über die Runden zu kriegen. Ich bin zufrieden mit unserem Förderungswesen! Ich bin zufrieden mit den Maßnah­men, die gesetzt werden. Ich kann mich nicht beklagen, dass ich nichts bekomme! Aber man muss vielleicht ein bisschen effizienter arbeiten, dann kommt man auch dort­hin, dass man für biologische Maßnahmen gar nicht einmal so wenig Geld kriegt.

Wenn man dann gerade den alpinen Bereich betrachtet, dann muss man sagen: Gera­de in sensiblen Ökosystemen – ich lebe in einem alpinen Bereich – sind wir Landwirte die Nachhaltigkeit schlechthin! (In den Reihen der ÖVP läutet das auf einem Tisch liegende Handy eines nicht im Saal anwesenden Abgeordneten.) – Da läutet es irgend­wo – aber ist ja egal. (Ruf bei den Grünen: Das ist, glaube ich, bei der ÖVP! – Abg. Krainer: Einen Ordnungsruf für das Handy! – Heiterkeit.) – Herr Präsident Khol wird mir die entsprechende Zeit dann natürlich dazugeben, weil das Thema ja so wichtig ist.

Es ist vorhin die Problematik der Waldbewirtschaftung angesprochen worden. – Natür­lich ist das ein riesiges Problem! Über 40 Prozent des Zuwachses werden nicht bewirt­schaftet. Und warum ist das so? (Das betreffende Handy läutet neuerlich. – Abg. Krai­ner: Der Amon soll sein Handy abdrehen! – Die Abgeordneten Gahr und Jakob Auer eilen zu dieser Bank, um das Handy abzuschalten. – Abg. Öllinger: Das ist ja eine Handy-Symphonie, Herr Präsident! – Heiterkeit.) – Da ist es wiederum so, dass im europäischen Raum sehr viel importiert wird, dass Billigware importiert wird und dass einfach die Preise, allein für die Bearbeitung, nicht bezahlt werden.

Wenn wir auf der anderen Seite sehr engagierte Programme haben, um Nachhaltig­keit – sei es bei der Stromerzeugung, sei es im Bereich Wärme – umzusetzen, und wir bekommen den Preis in unserer heimischen Waldwirtschaft nicht, dann ist das ein Pro­blem, das wir nicht nur in Österreich haben, sondern es ist ein europaweites Problem. Und da müssen wir etwas dagegen tun, auch was die Zielsetzungen betrifft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Pirklhuber, natürlich bin ich der gleichen Meinung wie Abgeordneter Grillitsch. (Abg. Dr. Glawischnig: Selbstverständlich! ...!) Ich bin froh, dass wir kein Gewerk­schaftssystem haben. Wir sind freie Bauern und bleiben freie Bauern. Und ich glaube, das ist es, was Abgeordneter Grillitsch sagen wollte: Jemand, der etwas besitzt und die Verantwortung für den Besitz hat, der Verantwortung hat für seine Familie, der braucht keine Gewerkschaft! (Abg. Broukal: ... eh den Bauernbund! ...!), sondern wir brauchen eine Kammervertretung, durch die uns in gewissen Bereichen geholfen wird – aber nicht diesen schrägen Vergleich. Man muss das also schon richtig sehen, so wie es Abgeordneter Grillitsch gemacht hat.

Wir haben also sehr viele Bereiche umgesetzt: das Emissionszertifikategesetz wurde erlassen, die Gentechnik war ein wesentlicher Bereich – ich glaube, das ist auch posi­tiv zu erwähnen –, jetzt vor kurzem gerade der Strahlenschutz, die Umweltinforma­tion – das ist nicht die Umwelt, aber es ist ein wesentlicher Teil, um, sage ich einmal, positiv Umweltpolitik zu betreiben –, weiters die UVP – da sind wir hoffentlich auf einem guten Weg, und hoffentlich schaffen wir es demnächst, zum Ziel zu kommen –, die Abfallwirtschaft – sie ist etwas, was uns immer beschäftigt, und sie ist auch eine positive Geschichte –, und das Förderungsprogramm – und das muss man hier schon erwähnen – in Österreich für nachhaltige Energie. Das ist etwas, was es europaweit nicht gibt! Wir werden mit diesen Programmen erreichen, dass wir bis zu 7 Prozent des


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Gesamtvolumens an Energie umweltfreundlich erzeugen. Und ich glaube, das sind engagierte Ziele!

Denken wir aber auch daran, wie schnell wir es geschafft haben, schwefelarmen Treib­stoff auf den Markt zu bringen! Und im Zusammenhang mit dem Dieselpartikelfilter gibt es jetzt auch Förderungsmaßnahmen. (Abg. Krainer: Die Regierung kauft die Autos mit dem höchsten CO2-Ausstoß! Da hat der Umweltgedanke keine Rolle gespielt!) – Sagen wir doch einmal danke dafür, dass Umwelt ein Schwerpunkt dieser Regierung ist – und jammern Sie das nicht immer tot, indem Sie sagen, es gäbe viele negative Dinge! Natürlich ist die Umwelt immer – ich habe es vorher schon gesagt – die Heraus­forderung der Zukunft. Dieser Bereich ist so komplex, dass man das nicht so einseitig sehen darf.

Es gibt zum Beispiel ein Problem, mit dem ich mich sehr intensiv beschäftige – viel­leicht wird das in der Zukunft auch einmal ein Schwerpunkt –, das ist die Raumord­nung. Die Raumordnung greift direkt in die Umwelt ein. Sie wird aber auf Gemeinde­ebene geregelt. Da kann der Herr Minister nichts dafür! Ich würde mir da überge­ordnete Konzepte wünschen, ich würde mir für dieses Problem sogar europäische Konzepte wünschen, denn in diesem Bereich würde für die Umwelt Wesentliches getan. – Solche Konzepte gibt es aber derzeit nicht.

Ich sehe, dass das rote Licht auf dem Rednerpult das Ende der Redezeit anzeigt, aber der Präsident hat mir ein bisschen Zeit dazugegeben. (Abg. Broukal – auf Präsident Dr. Khol weisend –: Es ist ihm nichts bekannt!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. – Meine Damen und Herren von den Oppositions­parteien, bitte nehmen Sie sich ein Herz und sagen Sie einmal: Herr Minister, Sie haben eine gute Politik gemacht, und wir unterstützen diese! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Heute ist zwar Faschings­beginn, aber den feiern wir hier nicht!)

10.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter! Ich kann Ihnen weder Zeit dazuge­ben, noch kann ich einem herrenlosen Handy, das läutet, einen Ordnungsruf erteilen. (Abg. Krainer: Das gehört dem Amon!) Ich weiß noch nicht, aber ich werde mit dem Abgeordneten reden. (Abg. Öllinger: Einen Ordnungsruf für die ganze ÖVP!)

Zu Wort hat sich nunmehr Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll gemeldet. Er hat noch 12 Minuten Redezeit. Wenn er länger redet, wird das auf die Zeit der ÖVP-Fraktion angerechnet. Ich stelle daher die Redezeituhr auf 12 Minuten. – Herr Minister, bitte.

 


10.16

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen zur Landwirtschaft nun zu einem wichtigen, für den Standort Österreich wichtigen Thema, nämlich zur Umweltpolitik in diesem Lande. Bevor ich auf die Budgetsituation eingehe, möchte ich auf ein paar Eckpunkte in dieser Strategie für eine positive Entwicklung der Umwelt in Österreich eingehen.

Es gibt mehrere Schwerpunkte, die wir zu bearbeiten haben. Es handelt sich hier um einen Prozess: Das ist kein Thema, wo man ein Ziel erreicht und dann abhakt, sondern Umweltpolitik ist ein ständiger Prozess.

Beim ersten Schwerpunkt geht es ohne Zweifel um eine globale Herausforderung, die wir zu bewältigen haben, wo Österreich alleine nicht die Antwort geben kann, aber einen wichtigen Teil der Antwort geben kann und geben wird: Das ist die Frage der Erreichung des Klimaschutzzieles von Kyoto.


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Herr Abgeordneter Krainer! Minus 13 Prozent auf Basis 1990. Ich stehe auch nicht an zu sagen, dass wir in den letzten Jahren seit dieser Entwicklung diesem Ziel nicht näher gekommen sind, sondern sogar jetzt mehr Reduktionserfordernis haben, aber nicht, wie Sie gesagt haben, 25 Prozent, sondern – da muss ich Frau Abgeordneter Glawischnig Recht geben – 21 Prozent. Und was tun wir?

Herr Abgeordneter, wir haben eine Antwort gegeben mit der österreichischen Klima­strategie, die eine breite Palette an Maßnahmen vorgibt: im Verkehrsbereich, in der Frage der Umweltförderung, in der Frage der Raumwärme, Energieeffizienz – die Wohnbauförderung wurde damit verbunden – und natürlich auch in der Frage des Emissionshandels. Tun wir doch nicht so, als ob wir nicht in den letzten Monaten ganz entscheidende Weichenstellungen vorgenommen hätten!

Der Emissionshandel wird zeitgerecht in Kraft treten. Wir haben eine heftige Debatte geführt – Umweltpolitik und Wirtschaftspolitik – um die Frage: Wo sind denn die Gren­zen in der Deckelung des CO2-Ausstoßes für Österreichs Industrie? Gerade auch viele Vertreter Ihrer Fraktion, aber auch mancher der oppositionellen Grünen – und Regie­rungsbeteiligten in Oberösterreich – haben in der Frage Ausbau des Standortes Voest eine ganz andere Position eingenommen, nämlich natürlich diesen ambitionierten Aus­bauplan – mit einer fast Verdoppelung des CO2-Ausstoßes – zu berücksichtigen! – Ich habe versucht, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit nicht nur eine ökologische Antwort zu geben, sondern auch eine Antwort für die ökonomische Ausrichtung und für die sozi­ale, sprich arbeitsmarktpolitische, Ausrichtung des Landes.

Diese Gratwanderung ist gelungen! Wie könnte es sonst sein, dass die Europäische Kommission, die Generaldirektion für Umwelt, unseren Plan als einen der ersten Pläne zum Emissionshandel auf Punkt und Beistrich – außer zwei kleinen Adaptionen – für gut befunden hat, im Sinne der Umwelt und als Beitrag für die Erreichung des europäi­schen Ziels im Rahmen der Kyoto-Strategie? – Wir sind also auf einem wichtigen und richtigen Weg.

Ich denke auch, man soll nicht nur die absolute Summe der Deckelung sehen. Für Wirtschaftsunternehmen, die betroffen sind – knapp über 200 –, macht es auch Sinn, jetzt in CO2-reduzierende Maßnahmen zu investieren, um über die Zertifikatverkäufe entsprechende Einnahmen zu lukrieren – ein ökonomisches Instrument für ökologische Ziele. Wir sind auf dem richtigen Weg! 90 Prozent der Umweltförderung werden derzeit für klimarelevante Investitionen ausgegeben. Auch das ist ein Punkt, den Sie in ande­ren Ländern so nicht finden werden.

Zweiter Punkt: Gentechnik. Mit der Gentechnik-Charta haben wir die politischen Hand­lungsanleitungen zur Verfügung gestellt, die entsprechenden Antworten zu geben und auch zu implementieren. Mit dem Gentechnikgesetz ist es etwas anders. Dieses liegt nicht in meiner Verantwortung; witzigerweise sind gerade Sie von der Fraktion der Sozialdemokraten mehrmals aufgetreten und haben gesagt, es müsse ein Vier-Augen-Prinzip geben, also nicht Gentechnik und Veterinärfragen zusammen bei der Landwirt­schaft, sondern diese Aufgaben seien zu trennen. Es ist so gekommen. Und ich halte das auch für richtig.

Dann aber die Verantwortung wieder einseitig an der Landwirtschaft aufzuhängen ist nicht richtig, wiewohl ich auch sage, das Gentechnikgesetz, das wir hier beschlossen haben, ist richtungweisend in Europa, gibt klare Haftungsregelungen vor und dient dem Ziel, das wir in der Regierung haben, nämlich die Gentechnik in der Auspflanzung von gentechnisch veränderten Pflanzen möglichst aus Österreich draußen zu halten. Das ist seitens des Bundes ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Jetzt haben auch die Länder in der Frage der Koexistenz, in der Frage der Gesetz­gebung mit dem Naturschutz und anderen Maßnahmen die Möglichkeit, sozusagen an


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den Schrauben zu drehen. Ich bin in sehr enger Abstimmung mit ihnen, auch da die entsprechende Antwort zu finden.

Zur Anti-Atompolitik. Frau Abgeordnete Glawischnig, Sie haben die 5 Millionen € für den Melker Prozess hinterfragt. Ich nehme heute aus dieser Diskussion mit, dass ich offensichtlich das Geld für den Melker Prozess nicht mehr ausgeben soll, den Melker Prozess und die Gespräche mit Tschechien beenden soll. Bezüglich meiner Position können Sie davon ausgehen, dass ich das Geld für Experten, die Tag und Nacht mit Tschechien über Sicherheitsverbesserungen sprechen, ausgeben werde. Mein Ziel ist, Temelín möglichst sicher zu machen und den Melker Prozess nicht aufzukündigen (Beifall bei der ÖVP), sondern diesen Weg weiter konsequent zum Schutz der österrei­chischen Bevölkerung zu gehen.

Es ist durch die Teilkollaudierung – auch das habe ich wiederholte Male gesagt – nicht zu einem Bruch des Melker Abkommens gekommen. (Abg. Dr. Glawischnig: Zehn Jahre Teilkollaudierung?) Temelín möglichst sicher zu machen, den Melker Prozess zu Ende zu führen und dafür auch die budgetären Mittel vorzusehen – das ist die richtige Antwort. (Abg. Dr. Glawischnig: Sehr euphemistische Interpretation!) Man muss natür­lich auch mit der Energiepartnerschaft weiter darauf drängen, zu alternativen Energie­formen zu wechseln.

Da kann das Ökostromgesetz neu ein gutes Beispiel für die zehn neuen Mitglieds­länder sein, um hier eine richtige Antwort zu geben. (Abg. Krainer: Abschreckendes Beispiel!) – Offensichtlich sind Sie mit dem Ökostromgesetz nicht zufrieden, Sie wollen noch restriktiver, so höre ich, vorgehen und die zur Verfügung stehende Summe in den Verhandlungen noch einmal reduzieren. (Abg. Krainer: Wo haben Sie das gehört? Ist das die Giftküche von Lopatka?) Wir werden ja sehen, wie die entsprechende Aufstel­lung läuft, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Was die Frage der Erfolge der letzten Zeit betrifft, jetzt nur jene der letzten Tage und Wochen: Wir haben auch in der Klimastrategie mit der Beimischung von alternativen Treibstoffen zu fossilen Energieträgern in einer Belastungsphase durch hohe Kosten bei fossilen Energieträgern die richtige Antwort gegeben. Im Jahr 2008: 5,75 Prozent Beimischung aus heimischer Produktion. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Das ist wichtig, Herr Abgeordneter Pirklhuber, für die Wertschöpfung im ländlichen Raum, für die Bäuerinnen und Bauern mit einem großen Umweltnutzen, denn minus 1 Million Tonnen CO2 werden aus dieser Maßnahme im Jahr 2008 resultieren. Das ist übrigens ambitionierter als in allen anderen europäischen Ländern. Das ist Vorbildwirkung auf einem nachhaltigen Weg in eine nachhaltige Energiezukunft für unser Land! (Beifall bei der ÖVP.)

Was die Frage anlangt, wie es denn mit der Sensibilisierung der Bevölkerung aussieht, so liegen interessante Studien vor, dass vor allem in den Städten – und hier vorrangig in Wien – die Menschen zu 97 Prozent zum Beispiel die Verringerung der Luftschad­stoffe für besonders dringlich halten. Für die Verringerung der Lärmbelastung sind 84 Prozent. Diesbezüglich haben wir noch etliche Aufgaben vor uns, um richtige Ant­worten zu finden. Da die Antworten in den Städten, vor allem in Wien, nicht gegeben werden, werde ich sie geben. Ich gehe nächste Woche mit einem Lärmgesetz in Begutachtung, um auch in der Umweltqualität im städtischen Bereich die richtigen Ant­worten für die Zukunft zu finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Glawischnig hat ein wichtiges Thema angeführt, nämlich die Frage der Mehrwegquoten und Einwegquoten. Grundsätzlich denke ich, dass wir in der Um­weltpolitik in diesem Land darauf achten sollten, gemeinsam und konsensual mit der Wirtschaft vorzugehen. Deutschland hat einen anderen Weg gewählt, hat ein Dosen­pfand probiert – was durchaus auch zu hinterfragen ist, aber es steht. Es hat aber von


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der Europäischen Union eine klare Antwort erhalten: Verbindliche Mehrwegquoten sind EU-rechtswidrig. Das deutsche Pfandsystem mit dem Chaos, das produziert wurde, ist nun durch eine Klage der Kommission gegen Deutschland stark unter Druck. So ge­sehen: Wenn man alternative Wege wählt, dann ist man gemeinsam mit der Wirtschaft oftmals am effizienteren und erfolgsträchtigeren Weg unterwegs. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Betreffend Budgetierung haben wir mit dem Klimaschwerpunkt mit plus 30 Millionen € für 2005 und noch einmal plus 30 Millionen € für 2006 das, was in der Regierungsver­einbarung steht, auf Punkt und Beistrich umgesetzt. Wir werden damit einen effizienten Beitrag zur Erreichung des Klimaschutzzieles zwischen 2008 und 2012 – bis dahin müssen wir dieses Ziel erreichen –, leisten können.

Insgesamt stehen im Jahr 2005 für den Umweltbereich in Österreich mit einer Steige­rung 524,91 Millionen € für die Verbesserung der Lebensqualität in diesem Lande zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

10.25

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Krainer zu Wort gemeldet. 2 Minuten. – Keine Werturteile!

 


10.25

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Das ist relativ einfach: Der Minister hat soeben behauptet, die SPÖ würde in Verhandlungen zum Ökostromgesetz dafür eintreten, dass weniger Geld für Ökostrom zur Verfügung stehen sollte.

Ich berichtige tatsächlich: Das ist falsch!

Die SPÖ will nicht weniger Ökostrom, sondern mehr. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Danke! – Abg. Neudeck: Dann müsst ihr mit uns mitarbeiten!)

10.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


10.26

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Grillitsch hat zu Beginn seiner Rede die mangelnde Anwesenheit auf der linken Seite kritisiert. Überwältigend ist sie bei der ÖVP auch nicht. (Abg. Neudeck: Aber noch immer stärker, Frau Kollegin! Zählen Sie nach!) – Ihr seid auch stärker, nicht? (Beifall bei der SPÖ.)

Die Agrarpolitik dieser Bundesregierung findet leider nicht die Zustimmung der SPÖ, und zwar deshalb nicht, weil sie die falschen Schwerpunkte setzt und nicht im Stande ist, endlich eine umfassende Strukturreform durchzuführen. Je größer der Betrieb, desto mehr Förderung – das ist der Grundsatz für das Landwirtschaftsbudget 2005 unter dem Motto „Nimm dem Armen, gib dem Reichen!“

Dort, wo dringend öffentliche Unterstützung gebraucht wird, zum Beispiel bei den Berg­bauern oder den Biobetrieben, passiert nichts. Die sollen schauen, wie sie mit ihren vergleichsweise minimalen Förderungen auskommen. (Zwischenruf des Abg. Ellmau­er.) – Vielleicht kennen Sie sich besser aus.

Die Tatsache, dass das Einkommen der Bergbauernbetriebe letztes Jahr um 7 Prozent gesunken ist, nicht nur im Gebiet 4 ... (Abg. Keuschnigg: Gestiegen!) – Ja, im Ge­biet 4! – Das heißt für Sie, Herr Minister, offenbar noch lange nicht, dass hier geholfen oder unterstützt werden muss. Wieso wollen Sie zum Beispiel die Bergbäuerinnen und


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Bergbauern nicht stärker fördern? Finden Sie das sinnvoll? – So, wie Sie Frauenförde­rung nicht sinnvoll finden, Herr Minister Pröll.

Ich möchte Sie an Ihre Aussage im Budgetausschuss erinnern, möchte vor dem Hohen Haus wiederholen, was Sie über die Prioritäten Ihrer Förderpolitik gesagt haben. Sie haben gesagt, dass Sie keine Frauenprojekte fördern wollen, sondern nur sinnvolle Projekte. Sie sind also der Meinung, dass Frauenprojekte nicht sinnvoll sind, dass es nicht sinnvoll ist, Frauenbeschäftigung zu fördern.

Herr Minister! Auch Sie sind dazu verpflichtet ... (Abg. Dr. Brinek: Das hat er nicht ge­sagt!) – Das hat er sehr wohl gesagt. Er hat auch gesagt, auch Männerprojekte werden nicht gefördert.

Herr Minister, auch Sie sind dazu verpflichtet, die EU-Richtlinie zum Gender Main­streaming einzuhalten und umzusetzen! (Beifall bei der SPÖ.)

Für den Fall, dass Sie es noch nicht verstanden haben: Das bedeutet, solange Unge­rechtigkeiten zwischen Männern und Frauen bestehen, müssen Sie in Ihrer Regie­rungsarbeit dafür sorgen, dass diese Ungerechtigkeiten beseitigt werden. (Abg. Neu­deck: Deswegen haben wir eine Männerabteilung!) Dort, wo Frauen schlechtere Chan­cen und geringere Einkommen haben, müssen Sie dafür sorgen, dass diese Nachteile beseitigt werden, auch in der Landwirtschaft. Ob Sie das sinnvoll finden oder nicht, ist Ihre Privatmeinung und tut nichts zur Sache.

Herr Minister! Ich weiß nicht, ob Sie gegen Ihre Überzeugung handeln mussten, als Sie den Vertretern eines Projekts aus meiner Region den ersten Preis überreicht haben. Es handelte sich dabei um ein innovatives Projekt im Rahmen des LEADER Plus-Pro­gramms der EU, mit dem die Beschäftigung von Frauen und Jugendlichen im Haus­ruckviertel gefördert wurde. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Deswegen unterstütze ich es ja ..., wenn ich einen Preis vergebe! – Abg. Jakob Auer: Da sieht man wieder ...! Jetzt haben Sie sich selbst widersprochen!)

Zum Schluss noch eine Frage an Sie, Herr Minister: Finden Sie es sinnvoll, die Arbei­terkammerumlage einzufrieren, während die Zuwendung für die Landwirtschaftskam­mer im Budget 2005 um 1 Million € erhöht wird? (Beifall bei der SPÖ.)

10.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jakob Auer. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


10.30

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Lebensminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur eine kleine Vorbemerkung zu dem, was Kollege Gradwohl und jetzt auch Kollegin Schönpass gemeint haben, nämlich dass mit der Größe der Betriebe auch die Förderungshöhe steigen würde. Bisher habe ich noch nicht vernommen, dass die Voest, dass BMW oder andere Großbetriebe die gleiche Förderung wie ein kleiner Wirtschaftsbetrieb erhalten. Natürlich ist, je größer ein Betrieb ist, auch die Herausfor­derung größer und daher auch die Förderung angepasster. Das sollten Sie zumindest einmal zur Kenntnis nehmen.

Ich stehe auch nicht an, dem Ministerium, dem Bundesminister, vor allem aber seinen Beamtinnen und Beamten und auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Landwirtschaftskammern sehr herzlich zu danken für die Arbeit, die gemacht wird, damit wir sozusagen den Förderungsdschungel durchschauen können, und dafür, dass sie uns beratend zur Seite stehen.


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Aber der größte Dank gilt immer noch den bäuerlichen Familien, den Bäuerinnen, den Bauern und vor allem der bäuerlichen Jugend, die bereit ist, auch in schwierigen Zeiten noch Bauer oder Bäuerin zu werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich darf auch ein Danke den Kolleginnen und Kollegen im Landwirtschaftsausschuss sagen, stellvertretend den Agrarsprechern, dem Kollegen Scheuch, dem Kollegen Pirklhuber und dem Kollegen Gradwohl, für die liebevolle, manchmal auch konstruktiv kritische Begleitung, denn niemand hindert euch und soll uns daran hindern, vielleicht in gemeinsamer Arbeit das eine oder andere noch besser zu machen. Selbstverständ­lich! Im Großen und Ganzen – das sei festgestellt – wird hier konstruktiv gearbeitet; damit meine ich alle, nicht nur die Regierungsparteien. Alle!

Meine Damen und Herren! Betreffend Landwirtschaft darf ich das ein wenig verstärken, was Kollege Scheuch gemeint hat. Es geht um die Arbeitssicherung, die Beschäfti­gungsnotwendigkeit in schwierigen Bereichen. Und Landwirtschaft ist nichts anderes als Wirtschaft am Lande. 6 Milliarden € pro Jahr, immerhin rund 8 Prozent des gesam­ten Bauvolumens der Bauwirtschaft vergibt die Landwirtschaft und sichert damit laut Wifo-Studie direkt und indirekt 440 000 Arbeitsplätze! Daher sollten die kritischen Aus­leuchtungen betreffend Unterstützung auch das berücksichtigen, was hier geschieht.

Meine Damen und Herren! Der Tourismus wurde angesprochen. Ja, die Landwirtschaft braucht und unterstützt einen funktionierenden Tourismus – zum einen leistet sie durch die Landschaftspflege ihren Beitrag, aber andererseits brauchen auch wir Bauern einen funktionierenden Tourismus, weil dort ein gewaltiger Absatzmarkt unserer bäuer­lichen Produkte gegeben ist.

Wie schauen denn die Perspektiven des ländlichen Raumes aus? – Es gibt Chancen, das haben manche Regionen aus eigener Kraft, unterstützt von einer hervorragenden Politik, bewiesen. Es ist aber auch klar zu sehen, dass es Probleme gibt.

Ein Beispiel aus meinem Heimatbundesland Oberösterreich: In 65 von 445 Gemeinden in Oberösterreich gibt es kein Lebensmittelgeschäft mehr, keinen so genannten Greiß­ler, die Nahversorgung fehlt. Es gibt in 176 Gemeinden in Oberösterreich keine Tank­stelle. Es gibt in 105 Gemeinden in Oberösterreich keinen praktischen Arzt und in 82 Gemeinden keine Veranstaltungsmöglichkeit. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Das ist durchaus eine dramatische Entwicklung, die man nicht verschweigen soll.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung, und ich freue mich, wenn um elf Uhr anlässlich einer Pressekonferenz bekannt gegeben wird, dass die Einigung zum Finanzausgleich, zum Gesundheitspaket steht.

Zum Finanzausgleich vielleicht ein anderes Mal eine sehr intensive Debatte, aber ent­scheidend ist schon: Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit des ländlichen Raumes auf­rechterhalten werden? Wenn es all diese Einrichtungen nicht gibt, kommt es zur Abwanderung. Das müssen wir klar sehen.

Noch etwas zur Wettbewerbsfähigkeit, die immer von der Landwirtschaft verlangt wird, und gleichzeitig ein Hinweis auf die Förderungsunterschiede in Österreich. Wer hat denn in Europa verhindert, dass es eine Deckelung für Großbetriebe einer bestimmten Art gibt? – Ich würde mich einmal erkundigen, welche Familienbetriebe unter der Bezeichnung von Frau Kollegin Künast dargestellt werden. 400 Hektar werden in Deutschland immer noch als Größe für einen Familienbetrieb angesehen, weil man aus dem früheren Osten einfach gewisse Verpflichtungen hat. Von derartigen Größenord­nungen kann man in Österreich nur träumen, meine Damen und Herren. Dasselbe gilt auch für die Viehbestände und für viele andere Bereiche.


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Ich habe hier aus Serbien eine Darstellung eines Schweinezucht- und -mastbetriebes. (Der Redner hält einen Prospekt in die Höhe.) 2 000 Muttersauen, 40 000 Mastschwei­ne, die Gülle – so heißt es hier – wird biologisch entsorgt. (Abg. Dr. Pirklhuber: Zum Schaden der eigenen Bevölkerung!) Ja, einfach dem Boden freigegeben, ohne Gülle­behälter, ohne „flüssigkeitsdicht“ und ohne Vorschriften, wann und wie ausgebracht wird. Und dann, meine Damen und Herren, soll man mit diesen Betrieben in Konkur­renz treten? – Diesbezüglich haben wir noch manche Aufklärungsarbeit vor uns.

Ich danke dem Herrn Bundesminister für das Agrarbudget, ich danke ihm für seine Arbeit, aber eine Bitte habe ich noch: So manche Bürokratie in einigen uns nahe ste­henden Bereichen – ich sage nur das Stichwort AMA – wäre tatsächlich zu hinterfra­gen. Weniger Bürokratie würde vielen Bauern das Leben wesentlich erleichtern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rest-Hinter­seer. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


10.36

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Ich habe jetzt die Aufgabe, mich ein bisschen durch die Themen zu han­teln, von der Landwirtschaft zur Umwelt, aber das passt manchmal besser zusammen, als man glaubt, oder auch nicht.

Zur Gewerkschaftsfrage möchte ich nur anmerken: Die größte Organisation der Bauern im romanischen Bereich, in Spanien, ist die COPA, das ist eine Bauerngewerkschaft. Ich finde diese Auseinanderdividiererei seltsam. Gewerkschaft ist einfach eine Vertre­tung, das ist nichts Unanständiges. Das finde ich eigenartig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir haben konkrete Anfragen zum Budget gestellt, und zwar zum Thema Aus- und Fortbildung im ländlichen Raum. Wir haben ganz konkret gefragt, wo der Gender-Aspekt Berücksichtigung findet, und haben eine aus meiner Sicht doch sehr kalt­schnäuzige Antwort bekommen. Es wird nämlich darauf hingewiesen, dass zirka 50 Prozent der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in den Ehegemeinschaften von Frauen geführt werden und alle Förderungsmaßnahmen auch für diese gelten. – No na! Was soll das heißen?

Ich glaube nicht, dass ich hier in diesem Haus davon zu reden beginnen muss, dass es ein Unterschied ist, ob es Ausbildungsangebote für Frauen oder für Männer gibt. Das macht einen Unterschied im ländlichen Bereich. Hier werde ich nicht bei Adam und Eva anfangen. Ich bin schon seit 20 Jahren in der Fortbildungsarbeit von und mit Bäuerin­nen tätig und weiß, wie kompliziert das ist.

Das hat dazu geführt, dass zum Beispiel eine Bäuerin immer nur dann zur Fortbildung kommen konnte, wenn sie gleichzeitig bei uns Wurst verkauft hat. Wir haben ihr die Wurst immer abgekauft, damit sie weiterhin an den Fortbildungsmaßnahmen teilneh­men konnte, sonst hätte sie nicht kommen dürfen. Wir reden hier nicht vom letzten Jahrhundert, das ist auch noch 2004 der Fall.

Das ist deswegen so wichtig, weil die kleinen und mittleren Landwirtschaftsbetriebe eine ganz wichtige Rolle im ländlichen Raum spielen. Wenn die Frauen aus dem länd­lichen Gebiet weggehen, wie es zum Beispiel jetzt in der Südsteiermark passiert, weil sie einfach bessere Ausbildungen haben und nicht mehr bereit sind, unter schlechten Bedingungen auf Bauernhöfen zu leben, dann spielt es auch eine Rolle, dass man sagt, sie sollen diese Angebote in Anspruch nehmen, wenn sie einfach nicht wegfahren können, weil zu wenige Arbeitskräfte auf den Bauernhöfen sind. Wir müssen eben die


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kleinen und mittleren Betriebe sehr wohl mehr oder anders fördern, Herr Kollege Auer, als die großen Betriebe. Das ist klar. (Beifall bei den Grünen.)

Die kleinen Bauernhöfe beziehungsweise die mittleren Betriebe sind kein Relikt aus vergangenen Zeiten. Sie haben ein hohes Potential an technischem und sozialem Know-how, das für den gesamten ländlichen Raum verloren geht, wenn die Höfe schließen. Und wenn einmal die Stalltüre zugegangen ist, dann geht sie auch nicht mehr auf; das wissen wir.

Jetzt noch eine Anmerkung zu einem Budgetposten, wo mir etwas sehr gefallen hat. Wir haben angefragt, mit welcher Begründung Übergangsbeihilfen für Lebendschwei­ne, Mastschweine und Zuchtsauen gewährt werden – das sind immerhin 500 000 €! –, und da hat der Herr Minister etwas verschämt gesagt: Das ist für die Lagerhaltung!, und wollte sich nicht näher darüber auslassen. Als wir aber ganz konkret nachgefragt haben, ob es für gentechnikfreie Nahrungsmittel in der Erzeugung und auch beim Mar­keting Unterstützungsmöglichkeiten gibt, hat er schon sehr genervt gesagt, was wir uns denn eigentlich vorstellen, warum er einzelne Betriebszweige extra unterstützen soll. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ich bin nie „genervt“!)

Natürlich gibt es da eine Notwendigkeit der Extra-Unterstützung, wenn auch die Schweine-Lagerhaltung extra mit 500 000 € unterstützt wird! (Beifall bei den Grünen.)

Die Unterstützung und Forcierung von Lebensmitteln, die gentechnikfrei erzeugt wer­den, werden wir nicht gratis bekommen, da werden wir sehr massiv in die Forschung investieren müssen. Aber das geht uns total ab, und zwar auch in den Budgetansät­zen. Wir haben diesbezüglich kaum etwas gefunden, nur ein paar magere Forschungs­projekte, die aber bei weitem nicht den Bedarf abdecken. Wir wissen nämlich vom Gentechnik-Volksbegehren her, dass es da einen ganz großen Bedarf gibt und dass die Leute auch bereit sind, dafür mehr zu bezahlen.

Nun komme ich zu einem Bereich, der überhaupt nicht dotiert ist, obwohl er so wichtig ist, und zwar zur Alpenkonvention. Diese Übereinkunft über die besondere Erhaltung des alpenländischen Raums kommt in das 13. Jahr. Sie ist vor genau 13 Jahren, und zwar am 7. November 1991, in Salzburg gegründet worden. Wir werden heuer die Prä­sidentschaft übernehmen (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ich!) – Sie, Herr Minister, aber Österreich als Land, nehme ich doch an oder hoffe ich zumindest –, aber im Budget findet sich dazu kein einziger Budgetansatz. In der Beantwortung steht, das wird aus laufenden Budgetmitteln bedeckt.

Herr Minister! Was soll das heißen? – Das heißt, dass jemand aus dem Ministerium – das nehme ich an; ich weiß es nicht, ich kann es nur vermuten –, der das bisher schon wahrgenommen hat – wahrscheinlich auch sehr gut –, weiterhin im Rahmen seiner Beamtentätigkeit diese Funktion wahrnehmen wird.

Ich möchte nur darauf verweisen, dass es in Berlin dafür zwei fix angestellte Leute gibt, obwohl der Alpenanteil von Deutschland bei weitem nicht so groß ist wie der Alpen­anteil von Österreich. Dazu kommt noch, dass wir auch das Ständige Sekretariat haben. – Ich finde es wirklich schade, dass wir diese Chance nicht ergreifen, weil gerade der Bereich Alpen, Verkehr und Klimaschutz in den Alpen, eine ganz zentrale Wichtigkeit für uns hat.

Zum Abschluss, Herr Minister, gebe ich Ihnen – weil ich es irgendwie immer nett finde, Ihnen etwas auf den Heimweg mitgeben zu können – eine Liste der Landwirtschafts­minister des letzten Jahrhunderts, und zwar vielleicht auch deshalb, um Sie ein biss­chen anzustacheln, nicht in der Politik fortzufahren, die die überwiegend schwarzen Minister, die die Landwirtschaft in den letzten 100 Jahren sozusagen begleitet haben, betrieben haben, was dazu geführt hat, dass jetzt der Anteil der Bauern und Bäuerin-


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nen an der Bevölkerung nur mehr, soviel ich weiß, 4,5 Prozent beträgt. – Wenn Sie so weitermachen, werden wir in Österreich trotz ganz hoher Förderungen bald keine Bauern mehr haben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Rest-Hinterseer überreicht Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll die erwähnte Liste.)

10.44

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Ach­leitner. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


10.44

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Rest-Hinterseer, der Gender-Aspekt ist generell als Querschnittsmaterie zu sehen, und ich meine, Sie sollten schon auch beachten, dass vom Infrastrukturministerium für die Breitbandinitiative, die insbesondere für den ländlichen Bereich, und da vor allem für die Frauen, einen großen Vorteil bringt, über 10 Millionen € vorgesehen sind. Man sieht ja am guten Beispiel von Tirol, dass dort schon überall 100 Prozent versorgt sind. Das ist gerade für den ländlichen Bereich, für Nicht-Ballungszentren eine sehr gute Fördermaßnahme. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Landwirtschaft und Umweltschutz hängen natürlich sehr eng zusammen, und ich kann sagen, da ich selbst aus einer ländlichen Region komme, dass es wirklich sehr deutlich feststellbar ist, dass sich die Landwirte sehr aktiv um den Umweltschutz bemühen.

Nun zum Umweltschutz-Budget. An den Budgetzahlen ist eindeutig erkennbar, dass Umwelt einen Schwerpunkt der Politik dieser schwarz-blauen Koalition bildet. Dieser ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir auch in Zukunft eine intakte Umwelt haben. Für das Budget 2005 stehen mehr Mittel zur Verfügung als im heurigen Jahr, und im Vergleich zum Jahr 2000 ist das Budget für die Umwelt sogar um das Doppelte gestiegen. – Wir können daher mit Recht sagen, dass das ein wirklich schöner Erfolg für den Bereich des Umweltschutzes ist. (Abg. Dr. Pirklhuber: Die Frage der Effizienz stellt sich auch!)

Ein weiterer wichtiger Punkt, der heute schon des Öfteren erwähnt wurde, ist die Kli­mastrategie beziehungsweise der Klimaschutz. Es ist eine Tatsache, dass Verände­rungen des Klimas sehr starke Auswirkungen auf uns haben. Extremwetterereignisse führen oft zu Umweltkatastrophen – das Hochwasser vom Jahr 2002 steckt auch uns in Oberösterreich noch sehr tief in den Knochen –, und daher ist es natürlich sehr wichtig, gerade jenen Faktoren, die zu einem Klimawandel führen – und das sind die Treib­hausgase –, besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Dass gerade für klimarelevante Maßnahmen mehr an finanziellen Mitteln zur Verfügung steht, zeigt einmal mehr das große Verantwortungsbewusstsein dieser Bundesregierung. Gegenüber dem Jahr 2004, in dem ja bereits die erste Aufstockung erfolgte, werden auch für das Jahr 2005 über 30 Millionen € mehr für klimarelevante Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Bei der Klimastrategie geht es um ein ganzes Paket von Maßnahmen: einerseits um Maßnahmen im Bereich der Umweltförderung, andererseits um JI/CDM-Programme, das heißt, um den Ankauf von Emissionsreduktionseinheiten aus klimaschutzrelevan­ten Projekten im Ausland, denn wir müssen schon auch daran denken: Das Klima macht an unseren Staatsgrenzen nicht Halt. Daher ist es wichtig, dass wir weltweit bemüht sind, Klimaänderungen entgegenzuwirken.

Eine wichtige Maßnahme in Österreich ist natürlich der Klimaschutz im Bereich des Verkehrs, denn der Verkehr ist, wie wir wissen, einer der Hauptverursacher der Treib­hausgase und ist auch jener Bereich, der am allerschnellsten wächst. Deswegen sage ich: Danke, Herr Minister, dass Sie sich mit Ihrem Programm „klima:aktiv“ ganz beson-


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ders im Verkehrsbereich für den Klimaschutz einsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Bereitstellung von vermehrten finanziellen Mit­teln für die Umwelt zeigt, dass die Umwelt dieser Bundesregierung ein Anliegen ist und dass die Umweltpolitik auch wirklich ernst genommen wird. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

10.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kum­merer. Wunschgemäß stelle ich ihm die Uhr auf 3 Minuten ein. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Trotz der Kürze der Zeit auch einige Anmerkungen zu den Ausführungen meiner Vorredner.

Zunächst zum Punkt Klimaschutz: Sechs Jahre sind vorbei seit Kyoto, und was die Erfolge der letzten sechs Jahre betrifft – da gab es auch die Auflösung des Umwelt­ministeriums –, heißt es so schön: stabil auf hohem Niveau.

Herr Minister! 2008 und 2012 sind sehr bald da, und wenn die Erfolge weiterhin so sind, wie wir sie in den letzten sechs Jahren verzeichnen konnten, wird das Ziel nicht zu erreichen sein.

Kollege Wittauer, zu den „freien Bauern“, den „freien Bauern“ der AMA, die auch Kol­lege Auer angesprochen hat, den „freien Bauern“ der Raiffeisen und so weiter: Die Gewerkschaft heißt „Großbauernbund“ – doch bei dieser spielt ihr leider nicht mit, aber diese Gewerkschaft diktiert die Agrarpolitik! (Abg. Wittauer: Wir finden, dass wir freie Bauern sind!)

Meine Damen und Herren! Wir reden in der Agrarpolitik von der Ernte. Schauen wir uns einmal die Ernte an! – Die ÖVP legt ja größten Wert darauf, das Budget nicht mehr in absoluten Zahlen zu betrachten, sondern in Relation zum BIP. (Abg. Rädler: Die Ernte ist gut!) Das tue ich gerne, Herr Bundesminister. Sie haben im Jahr 2001 ein äußerst restriktives Budget gehabt. Das hieß es: Konsolidierung, Konsolidierung, Kon­solidierung! Alles wurde zusammengeschnitten. Damals hatten Sie ein Agrarbudget von 0,89 Prozent des BIP.

Jetzt reden wir über die Zeit der Ernte, über die gute Ernte. – Die gute Ernte (neuer­licher Zwischenruf des Abg. Rädler), Herr Kollege, heißt 0,845 Prozent des BIP! – Das ist eine gute Ernte, wenn ich um fünf Hundertstel weniger habe? Im allgemeinen Sprachgebrauch, Herr Kollege, ist das eine Missernte, die Sie da 2005 einfahren werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber trotzdem gibt es Profiteure, und da sind wir wieder beim „Großbauernbund“. (Abg. Grillitsch: Wer?) Der „Großbauernbund“ hat es mit seiner Vertretung im Ministerium, mit seiner Vertretung in der AMA und mit seiner Vertretung in der Kammer geschafft, die GAP-Reform umzusetzen. Wie wurde sie umgesetzt? – So, wie sie es brauchen, haben sie sie umgesetzt! Die Modulation wurde nicht ernst genommen, es wurde eine Scheinmodulation durchgeführt. Die Tendenz, dass es – ich sage: vielleicht nicht von den Armen zu den Reichen – ganz sicher von den Kleinen zu den Großen geht, ist in jedem Grünen Bericht feststellbar.

Kollege Wittauer hat gemeint, er sei zufrieden. – Lieber Kollege, die Rede, die du heute gehalten hast, hebe ich mir auf, die hörst du noch einige Male. Ich stelle noch einmal fest: Kollege Wittauer ist voll zufrieden und bedankt sich. (Abg. Wittauer: Natürlich bin ich zufrieden mit der Förderung! Das andere muss ich selbst erarbeiten!)


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Herr Bundesminister! Sehr viel gibt es noch zu tun. Es ist keine Frage, dass der Um­weltschutz, dass die Agrarpolitik an den kleinen Landwirten hängt und nicht an den großen. Je größer der Betrieb, umso größer das Interesse, sich von diesen staatspoli­tisch wichtigen Themen zu verabschieden. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

10.51

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek. 5 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.51

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Körpergröße beträgt 1,75 Meter, ich bin damit ein „durchschnittlicher“ Bauer mit 45 Hektar Grund, die ich auch selbst bewirtschafte, und ich kann Ihnen daher Details erklären.

Wenn Kollege Kummerer Bedarf an statistischen Größen hat, empfehle ich ihm die ent­sprechenden Unterlagen im Grünen Bericht, dort wird er das im Detail nachvollziehen können.

Kollegin Schönpass hat, was mich sehr verwundert hat, denn ich habe sie als sehr korrekt in Erinnerung, behauptet, dass den kleinen Bauern – ich weiß allerdings nicht, welche Definition sie da angewandt hat – etwas weggenommen wird. Ich stelle fest: Das ist unrichtig, Frau Kollegin! Sehen Sie, bitte, im Grünen Bericht nach! Dort wer­den Sie nachvollziehen können, dass es tendenziell eine Verbesserung für in Bezug auf Flächenausmaße kleine Betriebe gegeben hat. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Energieflussbild der Republik Österreich zeigt auf, dass mehr als 1 200 Petajoule Energie jährlich in Österreich verbraucht wer­den. Tendenz steigend! Zirka 370 Petajoule machen alleine die Verluste aus. Das sind Umwandlungsverluste, Leitungsverluste und Ähnliches. Erfreulich ist, dass das öster­reichische Energieaufkommen mit zirka 400 Petajoule – man sehe den Vergleich: das ist beinahe die gleiche Größe wie die der Verluste! – primär beziehungsweise großteils aus erneuerbaren Energieträgern kommt, und zwar aus Wasserkraft und Biomasse.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es darf allerdings nicht verschwiegen wer­den, dass der Energieimport permanent steigt. Der Vergleich bei den Erdölimporten zeigt, dass sich dieser seit den siebziger Jahren beinahe verdoppelt hat. Umso erfreu­licher ist es, dass wir das Eigenaufkommen in erster Linie aus erneuerbaren Energie­trägern decken können, geschätzte Damen und Herren.

Die dominanten Verbrauchsbereiche sind im Zusammenhang mit dem Energiever­brauch die Raumwärme und der Verkehr. Das sind aber genau jene Bereiche, die uns parallel dazu im Umweltbereich Sorgen machen – speziell im Hinblick auf das Kyoto-Ziel. Energiesparen hat damit eine dominante Bedeutung, weil es einen Doppelnutzen hat: Zum einen sparen wir dadurch sehr viel Geld für Importenergie, zum anderen reduzieren wir damit massiv die Treibhausgase.

Dass unsere Bundesregierung in diesem Bereich massiv tätig ist, da klare und deut­liche Akzente setzt, ist daran ersichtlich, dass das Budget für das Jahr 2005 für den Umweltbereich rund 524 Millionen € und für das Jahr 2006 für den Umweltbereich 559 Millionen € vorsieht. Dies bedeutet eine Steigerung des Umweltbudgets in zwei Jahren um rund 10 Prozent. Dies schafft die Basis für eine positive Entwicklung im Umweltbereich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als einen energie- und umweltpolitischen Meilenstein betrachte ich die Tatsache, dass in Zukunft Biokraftstoffe den normalen,


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fossilen Kraftstoffen beigemengt werden. Daran ist klar und deutlich sichtbar, dass dieser Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Umweltbereich markante Akzente setzt, indem er zum Beispiel bei der Umsetzung der EU-Biokraftstoff-Richtlinie, die eine Beimischung von 2 Prozent im Jahr 2005 und eine Beimischung von 5,75 Prozent im Jahr 2010 vorsieht, danach trachtet, dass Österreich diese Werte schon früher erreicht. So wird Österreich im Jahr 2005 bereits 2,5 Prozent und im Jahr 2008 bereits 5,75 Prozent erreicht haben.

Das ist deshalb so bedeutsam – und das erkennt man, wenn man sich die weltpoliti­schen Ereignisse der letzten Zeit vor Augen führt –, weil wir damit massiv die Abhän­gigkeit von Erdölimporten reduzieren. Das wiegt insofern noch schwerer, als diese Erd­ölimporte in erster Linie aus Bereichen kommen, die weltpolitisch sehr instabil sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein wichtiges Element in Bezug auf den Um­weltschutz sehe ich in der Meinungsbildung. Ich darf hier anführen, dass sich in meiner Heimatregion, dem Waldviertel, sehr viele Gemeinden zur Energieagentur Waldviertel zusammengeschlossen haben, um diese Thematik intensiv aufzuarbeiten und selbst als Gemeinden positive Beispiele zu geben, etwa in Form von Contracting-Modellen, in Form von Biomasse-Projekten, in Form von Energiesparen und in Form von erneuer­baren Energien. Diese Vorbildwirkung ist deshalb so bedeutsam, weil sie auf die Bevöl­kerung abfärben soll – und auch muss, geschätzte Damen und Herren.

In Anbetracht der vorliegenden Daten in Bezug auf das Umweltbudget und in Anbe­tracht der Tatsache, dass unser Herr Bundesminister die Probleme, die vor uns liegen, sehr intensiv angeht, bin ich der Meinung, dass in Österreich Umweltpolitik mit Ge­wicht – mit politischem Gewicht, betone ich ausdrücklich – durch unseren Herrn Bun­desminister gemacht wird. – Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Ihre Wunschredezeit ist 6 Minuten. – Bitte.

 


10.57

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Umwelt, Verkehr, Konsumenten, Gesund­heit, Landwirtschaft: Das sind durchaus Begriffe, die nicht nur semantisch in einer gewissen Nachbarschaft zueinander stehen, sondern auch politisch eng zusammen­spielen.

Nicht umsonst, Herr Minister, haben Sie wahrscheinlich eine Umfrage in Auftrag gege­ben, wo die Lebensqualität im „Lebensraum Stadt“ einer Untersuchung unterzogen wurde. Diese Umfrage hat zu einem Ergebnis geführt, das wir Ihnen ja schon, wie ich glaube, mindestens ein halbes Jahr davor im Umweltausschuss, und zwar mittels eines Antrages, zu behandeln nahe gelegt haben.

Sie wissen genau, Herr Minister, dass der Lärm neben der Luftverschmutzung das Hauptproblem der Städter ist. Deshalb würde ich vorschlagen, dass Sie nicht extra Umfragen machen, denn das Ergebnis ist doch sonnenklar. Da braucht man nicht lange zu fragen, da braucht man nicht mit methodischen oder wissenschaftlichen Her­angehensweisen zu arbeiten, sondern da muss man wirklich nur mit den Leuten in der Stadt reden – auf dem Land haben wir andere Probleme, darüber spreche ich im An­schluss daran mit Ihnen –, und dann hat man schon die gewünschte Auskunft, nämlich: schlechte Luftqualität und Lärmbelastung. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)


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Herr Minister, ich frage mich jetzt wirklich, da Lärm und Luftqualität eng mit dem Ver­kehrsaufkommen zusammenhängen, wie ja auch aus diesen Umfragen teilweise her­vorgegangen ist: Was tun Sie im Verkehrsbereich? Welche Kontakte pflegen Sie zu Ihrem Kollegen Gorbach? Welche Kontakte haben Sie zum Finanzminister im Hinblick auf Steuerungsinstrumente, um die Hauptursachen dieser Belastungen, nämlich Luft­verschmutzung und Lärm, wirklich einmal konstruktiv anzugehen? Sie brauchen da Allianzen mit dem Finanzminister, Sie brauchen ein anderes Steuersystem.

Sie brauchen ein Steuersystem, das Umweltbelastung bestraft und Personaleinsatz/Ar­beitskraft entlastet. Deshalb plädiere ich nach wie vor dafür – und gerade Sie als Um­weltminister mit Ihrem Öko-Ansatz müssten das schon längst tun –, eine Ökosteuer einzuführen (Beifall bei den Grünen), damit die Luftschadstoffe zurückgehen, damit auch die Lärmbelastung zurückgeht, damit die Arbeitskraft entlastet wird und damit auch die landwirtschaftliche Produktion wieder mehr Absatz findet, einen größeren Markt vorfindet. Ihr Engagement in Richtung neues Steuersystem, das die Probleme an den Wurzeln packt, vermisse ich sehr.

Zu einem anderen Problemkreis – Lärm und Verkehr habe ich jetzt schon angespro­chen –, dem Konsumentenschutz. Die größte Sorge der KonsumentInnen ist eindeu­tig die Lebensmittelsicherheit. Das, was auf den Tisch kommt, soll wirklich von absolut guter Qualität sein. Und Sie, Herr Minister, haben die Mitverantwortung für eine zent­rale Instanz für die Garantie der Lebensmittelsicherheit in Österreich. Sie selber haben es ja vielleicht auch schon angesprochen:

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit hat durch die Ausgliederung der entsprechenden Bundesämter und so weiter, durch gewisse Umstrukturierungen ein eminentes finanzielles Grundproblem! – Es ist Ihnen nun mit Mühe und Not gelungen, in Verhandlungen mit dem Finanzminister 7 Millionen € zusätzlich für dieses Jahr abzuverhandeln. Aber die Situation in den nächsten Jahren und besonders ab 2007 ist eindeutig mit dem technischen Begriff „Unterdeckung“ zu qualifizieren. Konkret heißt Unterdeckung, dass die AGES 2007 in Konkurs gehen wird, wenn nicht zusätzliche Finanzmittel bereit gestellt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Ich verstehe nicht, dass sich gerade Sie in Ihrer Doppelfunktion als Landwirtschafts­minister und Umweltminister, dem auch die Qualität der Lebensmittel wirklich am Her­zen liegen sollte, nicht mehr durchsetzen und nicht mehr dafür sorgen, dass die AGES auch 2007 in ihrer Grundausstattung, ihrer finanziellen Grundausstattung gesichert ist.

Bedenken Sie doch einmal: Diese zusätzlichen 7 Millionen sind die Abgeltung für die BSE-Untersuchungen – die blanke Abgeltung für die BSE-Untersuchungen! –, weil die Länder nicht mehr dazuzahlen, wie mir Ihre Kollegin, Frau Rauch-Kallat, in einer Anfra­gebeantwortung mitgeteilt hat. Was ist denn dann mit den zusätzlichen Erfordernissen?

Wir haben ja teilweise Probeanalysezeiten in der AGES, die bis zu mehreren Monaten dauern, und dazu habe ich auch eine ganz aktuelle Beantwortung der Frau Gesund­heitsministerin auf meinem Tisch gefunden. Das Problem langer Probendurchlauf­zeiten ist vor Ort bekannt. Wir brauchen schnellere Probendurchlaufzeiten, damit die Warnung der KonsumentInnen früher erfolgen kann und etwas nicht schon zehn Mal verdaut ist, bis endlich einmal das rote Licht in der AGES aufleuchtet.

Das ist auch eine Frage der finanziellen Dotierung. Sie kennen die Strukturpläne. Jetzt wird die Bakteriologisch-Serologische Untersuchungsanstalt in Linz geschlossen, weil man alles in Wien konzentrieren will. Ähnliches steht den Lebensmittellabors, den ehe­maligen Bundesanstalten in Salzburg, in Graz, in Klagenfurt und auch in Linz bevor, nämlich dass man die Lebensmittelkontrolle vor Ort in Form dieser Labors nach Wien transferiert, dort zentralisiert, ohne diese mit den entsprechenden personellen Res­sourcen auszustatten. Das führt dazu, dass die Probennahmen wahrscheinlich redu-


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ziert werden müssen und dass auch insgesamt die Qualität und das Know-how leiden wird, dass man 08/15-Untersuchungen macht, aber keine Spezialuntersuchungen mehr vornimmt!

All das passiert nur, weil der Sparstift, weil der Rotstift diktiert und Sie sich nicht dage­gen wehren! Sie brauchen das dem Herrn Finanzminister ja nur ganz banal zu erklä­ren: Derzeit werden pro Person in Österreich 7 € für die Lebensmittelsicherheit, die AGES, aufgewendet. Würden 10 € pro Person aufgewendet, wäre das eine finanzielle Sicherstellung, die die Lebensmittelsicherheit und die Qualität wirklich garantiert. – Das ist ein ganz einfaches Argument. Bitte, sorgen Sie dafür, dass dem entsprochen wird! (Abg. Neudeck: ... 40 Prozent mehr!)

Zum Schluss noch einen Hinweis aus Ihrer eigenen Zeitschrift. Ich lese ja mit Freude die Fachzeitschrift „Ländlicher Raum“, und zwar nicht nur im Parlament, sondern manchmal auch im Zug. Darin habe ich einen sehr positiven Ansatzpunkt gefunden, nämlich im Titel des Artikels: „Mehr Bäuerliche Produkte aus Österreich – Besser für Klima, Umwelt und Wirtschaft“.

Ja! Das unterstreiche ich als Konsumentensprecherin! Wir können den CO2-Ausstoß durch Verkehrsreduktion massiv verringern, wenn wir 10 bis 30 Prozent des Imports von Nahrungsmitteln durch lokale, wahrscheinlich auch qualitativ bessere heimische Produktion substituieren. Wir können damit Arbeitsplätze sichern; in diesem Artikel werden 17 000, 49 000 Arbeitsplätze in diesem Zusammenhang genannt.

Aber eine Initiative von Ihnen, bei den KonsumentInnen wirklich dafür zu werben und dabei diesen Klimaschutzaspekt, diesen Verkehrsreduktionsaspekt, diesen Qualitäts­aspekt voranzustellen, vermisse ich! Und bitte, verwenden Sie das Geld nicht für Um­fragen, die No-Na-Net!-Ergebnisse wie: Die Menschen sind durch Luftschadstoffe und Lärm belastet. – Das wissen wir ohnehin.

Verwenden Sie Ihr Geld also dafür, für heimische Produkte zu werben. Das kommt den Bauern zugute, bringt Lebensmittelqualität für die KonsumentInnen und stellt gleichzei­tig eine Klimaschutzmaßnahme dar, beinhaltet also auch Klimaschutzaspekte! Ich sehe darin eine Perspektive, die sich dann auch in Budgetzahlen niederschlagen kann. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


11.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Ich habe die bisherige Debatte sehr aufmerksam verfolgt und dabei den Ein­druck gewonnen, dass die Regierungsparteien über ein anderes Kapitel debattieren als die Oppositionsparteien. Wir debattieren Umwelt und Landwirtschaft , Sie offensichtlich Katastrophenschutz. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Wir reden über das Budget 2005, über die Grund­bilanz!)

Geschätzte Damen und Herren! Wer es schafft, nur einen einzigen Satz zu der positi­ven Umweltentwicklung in Österreich in den letzten 25 Jahren zu sagen – einen ein­zigen Satz! –, und alles andere nur negativ sieht, dem muss ich sagen: Ich werde auf diese negative Debatte nicht einsteigen, ich verlasse die rot-grüne Raunzerzone und sage Ihnen die Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)


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Die Wahrheit ist nämlich, dass Österreich in Bezug auf die Lebensqualität seit drei Jah­ren auf Platz 1 liegt, auf Platz 7 des weltweiten Nachhaltigkeitsindex (Abg. Dr. Pirkl­huber: Fangen Sie doch zu singen an! Stimmen Sie einen Choral an!), und dass wir es in Österreich geschafft haben, Herr Kollege, viele Freunde für den Umweltschutz zu finden.

Herr Krainer mokierte sich darüber, dass alle dafür verantwortlich sein müssen. – Ja! Genau das ist aber das Erfolgsrezept in Österreich, geschätzte Damen und Herren! Die Bevölkerung tut mit, die Wirtschaft tut mit, die Gemeinden tun mit, die Politik tut mit. (Abg. Mandak: Und die Luft geht drauf!) Das ist das Erfolgsrezept dafür, dass wir innerhalb Europas ein Musterland im Bereich Umweltschutz sind. (Abg. Rest-Hinter­seer: Nicht mehr! – Abg. Krainer: Das ist Realitätsverweigerung!)

Geschätzte Damen und Herren! Wir sollten meines Erachtens aber auch den Blick auf die Realität nicht vergessen: Österreich ist eine kleine Volkswirtschaft in Europa. Durch die Erweiterung besteht ein hoher Bedarf an Umweltschutzinvestitionen in den neuen Mitgliedsländern. Wenn wir diesen Ländern helfen, im Bereich Umweltschutz auf die Beine zu kommen, dann ist das gut für Europa und damit auch gut für Österreich. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das stimmt!)

Ich möchte eine Branche besonders hervorheben, die aus meiner Sicht sehr interes­sant ist, deren Entwicklung jedoch in der Öffentlichkeit nicht so gewürdigt beziehungs­weise gesehen wird, und zwar die Branche der Umwelttechnologie-Unternehmungen.

Es gibt mittlerweile Hunderte von Unternehmen, die in den letzten 25 Jahren Know-how-Träger geworden sind, die eine Exportquote von 60 Prozent, die enorme Umsatz­zuwächse haben, Branchen wie Biomassetechnologie, Energieeffizienz, Solartechnik mit derzeit ungefähr 16 000 Mitarbeitern. Gemeinsam mit dem Sektor der Umwelt­dienstleistungen finden in diesen Bereichen mittlerweile 85 000 Mitarbeiter einen Ar­beitsplatz.

Ich meine, wir sollten nicht außer Acht lassen, dass in den Beitrittskandidatenländern enorme Chancen für diese Branche bestehen, weil diese Branche einen Technologie­vorsprung hat und weil wir uns in Österreich eben schon sehr lange mit dem Thema Umweltschutz beschäftigen. Wir haben einen Konkurrenzvorsprung durch das Know-how, aber auch durch die geographische Nähe. Die enormen Anstrengungen zur Anpassung an die EU-Umweltstandards in Ländern wie beispielsweise Bulgarien und Rumänien führen zu hohen Umweltinvestitionen in den nächsten Jahren. Es gibt hier Marktpotentiale bis zu 200 Milliarden €!

Ich habe diese Branche sehr bewusst erwähnt, weil ich glaube, dass es ein Indikator ist, dass Österreich hier in den letzten Jahren eine Vorreiterrolle eingenommen hat, und ich denke nicht – das war ja auch ein Vorwurf von Ihnen –, dass wir die Ver­gangenheit nur bis 1999 kennen. Gerade der Umweltbereich zeigt, dass wir hier seit 25 Jahren sehr, sehr erfolgreich tätig sind.

In diesem Sinne werden wir dem Budget zustimmen (Zwischenrufe bei der SPÖ), da­mit diese erfolgreiche Umweltpolitik unter der Führung von Umweltminister Josef Pröll weitergeführt werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.10

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Abgeordneter Mag. Gaß­ner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.11

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Mein Herr Vorredner hat gemeint, er möchte weg von diesem Raunzer­eck, von diesem grün-roten Raunzereck, und etwas Positives sagen. (Zwischenruf des


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Abg. Murauer.) Ich gehe lieber wieder zurück in dieses Raunzereck, denn es ist ja schon fast peinlich, dieses Halleluja-Singen und dieses „Danken“ und Alles-Zudecken und dann am Schluss noch zu bemerken, dass die ÖVP diesem Budget zustimmt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das, bitte sehr, ist wirklich zu viel des Guten! (Zwischenrufe der Abgeordneten Ellmau­er und Dipl.-Ing. Missethon.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der ländliche Raum, die ländliche Entwick­lung, ist heute schon des Öfteren Thema gewesen, und wir haben auch eine Anfrage an Sie, Herr Bundesminister, gerichtet, wie viel denn von den Mitteln, die im ländlichen Raum zur Verfügung stehen, in nichtlandwirtschaftliche Großbauernförderung gesteckt wird.

Sie haben uns darauf geantwortet, es seien in etwa 2,4 Prozent. Und mit einem Satz, den ich Ihnen nun vorlesen werde, haben Sie dann erklärt, warum Sie nicht sagen können, welche Projekte das sind. Sie meinten: Die endgültige Verteilung der Mittel auf die einzelnen Maßnahmen sei daher a priori nicht bestimmbar. – Ich frage mich, Herr Minister: Warum ist das nicht bestimmbar? Wenn es Projekte gibt, warum sagen Sie uns die denn dann nicht?

Ich behaupte, dass das Mehr an Förderungen, das es für heuer wieder gibt, wieder so verwendet wird, wie es in Ihrer Politik eben üblich ist: Hin zu den großen Betrieben, hin zu den großen Landwirtschaften, weg von den Kleinen! – Damit zerstören Sie, be­haupte ich, auch den ländlichen Raum mit, denn die Kleinen, Herr Minister, sind es, die uns die Kulturlandschaft erhalten. Die Kleinen sind es, die uns diese Gegend noch lebenswert gestalten, und die können nicht mehr, weil sie von diesen Förderungen nicht leben können!

Herr Kollege Auer – da ist er wieder – meint: Was soll denn das immer? Weg von den Großen, hin zu den Kleinen – das ist doch falsch! In der Wirtschaft schaut es ja auch so aus, dass die Großen mehr bekommen als die Kleinen. Und er hat als Beispiel dafür BMW genannt.

Ja, das stimmt! Nur, Herr Kollege Auer, haben Sie schon einmal verglichen, wie viele Arbeitsplätze BMW schafft und wie viele Arbeitsplätze die Großbauern schaffen? Das, glaube ich, ist das wahre Problem, über das wir uns unterhalten müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Wo gibt es in Österreich im Verhältnis zur EU Groß­bauern?)

Ländlicher Raum. – Die kleinen Bauern sterben uns weg. Wie Kollege Auer schon ge­sagt hat: Es gibt keine Nahversorgung mehr, es gibt keine Lebensmittelhändler mehr, es gibt keine Wirte mehr, es gibt keine Fleischhauer mehr. Wissen Sie, was es außer­dem nicht gibt? – Es gibt die Gendarmerieposten nicht mehr, die geschlossen wurden (Ruf bei der ÖVP: Die hat der Einem geschlossen!), die Bezirksgerichte, die Sie von der ÖVP geschlossen haben, die Postämter, die Sie geschlossen haben. Am kommen­den Samstag werden wir erfahren, dass wieder 350 Postämter geschlossen werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieser ländliche Raum wird von Schwarz-Blau ausgehöhlt – von den Postämtern bis hin zur Landwirtschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Wenn Sie so weiterreden, dann sind wir für den „Konsum“ auch noch verantwortlich!)

Wenn das nicht gestoppt wird, dann haben wir im ländlichen Raum keine Zukunft mehr! Und wenn ich dann in diesem Nachhaltigkeitsbericht des Ministeriums lese, die ländlichen Regionen Österreichs seien aber auch Wohn- und Wirtschaftsraum, nir­gendwo sonst in Europa wohne ein größerer Anteil der Gesamtbevölkerung in Regio-


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nen, die im weitesten Sinn als ländlich zu bezeichnen seien, dann, Herr Bundesminis­ter, muss ich sagen: Tun Sie etwas für die Menschen, die im ländlichen Raum leben, und nicht nur für die großen Bauern! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

11.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Eßl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.15

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gaßner, Sie haben gesagt, Sie gingen wieder zurück ins Raunzereck. Genau das macht den Unterschied aus: Sie raunzen, wir arbeiten für die Menschen in dieser Republik Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Vor allem die Bauern arbeiten sehr viel für das Wohlbefinden in dieser Republik und sorgen dafür, dass allen Bürgern in unserem Land zu jeder Zeit Lebensmittel in höchs­ter Qualität und in einer Vielfalt, die nicht selbstverständlich ist, zur Verfügung stehen.

Versorgungssicherheit ist keine Selbstverständlichkeit! Versorgungssicherheit und eine gesicherte Eigenversorgung müssen auch weiterhin staatspolitisches Ziel bleiben. Und mit diesem Budget sorgen die ÖVP und ihr Regierungspartner dafür, dass dieses Ziel auch in Zukunft hochgehalten und erreicht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist allerdings notwendig, dass man darauf schaut, dass die Bauern kostendeckende Preise erhalten, dass sie Einkommen erwirtschaften können. Da ist die Diskussion auch von Herrn Abgeordnetem Pirklhuber auf das Thema Milch gelenkt worden. Mir als Bauerbundvertreter ist es gelungen, alle an einen Tisch zu bringen: die Erzeuger, sprich: die Bauern, die Verarbeiter, sprich: die Molkereien, den Handel und auch die Verbraucher. Und in einem gemeinsamen Memorandum ist es gelungen, dass sich alle zu fairen Preisen bekannt haben.

Bemerkenswert ist auch – und da spreche ich die linke Reichshälfte an –, dass der Arbeitskammerpräsident aus Salzburg glaubt, dass 90 Cent Milchpreis im Handel durchaus leistbar sind. (Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig!) Leben wir danach! Ich bitte dar­um, leben wir danach! (Beifall bei der ÖVP.)

Die Bäuerinnen und Bauern erbringen aber weit mehr Leistungen für dieses Land. Ich darf mich vor allem bei den Bäuerinnen bedanken, die einen Eckpfeiler in unserer Gesellschaft darstellen, aber auch bei den Bauern. Die Gestaltung unseres Lebens­raumes ist einer der zentralen Aufgaben unserer Bauern.

Landschaft, geschätzte Damen und Herren, kann man nicht importieren. Die Land­schaft, die von den Bäuerinnen und Bauern gepflegt und gestaltet wird, ist auch eine der Grundlagen für andere Wirtschaftszweige, wie zum Beispiel den Tourismus. Und das ist eine Leistung, die eine Gegenleistung erfordert.

Damit darf ich auf diese Groß/Klein-Debatte zurückkommen, in der vor allem über För­derungen geredet wird: Das, was die Bauern bekommen, sind keine Förderungen, son­dern Gegenleistungen für Leistungen, die sie erbringen! (Beifall bei der ÖVP.)

Förderungen gibt es im Investitionsbereich – okay! –, aber wenn jemand zum Beispiel Biobauer ist, dann hat er Mindererträge und Mehraufwendungen. Dafür braucht er eine Gegenleistung! Und weil er diese Mindererträge und die Mehrleistungen beim ersten Hektar genauso hat wie beim hundertsten Hektar, braucht er diese Gegenleistungen natürlich auch beim hundertsten Hektar, sonst kann er diese Leistungen nicht er­bringen. Und wenn Sie von den Kleinen reden: Der AZ-Sockel, Herr Kollege, ist eine wesentliche Maßnahme, die da getroffen wurde.


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Die ÖVP schafft es nicht nur, dass bestehende Maßnahmen wie zum Beispiel das Umweltprogramm oder eben die Bergbauern-Direktzahlungen aufrechterhalten bleiben (Abg. Dr. Einem: „Dank“!) – ich darf mich beim ehemaligen Minister Molterer und auch beim jetzigen Minister Sepp Pröll dafür bedanken, dass das möglich ist –, sondern wir schaffen auch neue Maßnahmen, so zum Beispiel in der Steuerreform eine Verbesse­rung der Wettbewerbsfähigkeit in Form der Mineralölsteuerrückvergütung.

Wir schaffen Entlastung! Sie von der SPÖ wollen im Gegensatz dazu Belastungen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Der Reformvorschlag der SPÖ beschäftigt sich mit Grund­steuer, Erbschaftssteuer. Wir wollen entlasten, Sie wollen belasten! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Die Bauern, meine geschätzten Damen und Herren – und damit komme ich zum Schluss –, gestalten den Lebensraum und schaffen Lebensqualität für alle Menschen im Land. Für diese Leistung steht den Bäuerinnen und den Bauern eine angemessene Gegenleistung zu. Die ÖVP und ihr Regierungspartner sorgen mit diesem Budget dafür, dass diese Gegenleistung erbracht wird (Abg. Dr. Einem: Daher „Danke“!), und das im Interesse und zum Vorteil aller Menschen in unserem Land. (Beifall und Bravo­rufe bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.19

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollege Eßl, ich erinnere Sie nur an bis zum heutigen Tag 41 Be­lastungspakete oder Belastungen (Rufe bei der ÖVP: Zum Beispiel?), die Sie mit Ihrem Partner beschlossen haben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Verteilung der vorhandenen und budgetierten Mittel, die Erhöhung der Abgaben, und so weiter, und so fort (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen) – ich habe nur zwei Minuten –, haben vor allem in diesem Kapitel, Herr Minister, Vorrang. Verteilung ist ein wichtiges Wort, wenn es um Teilen geht, gerade heute am Martins-Tag. Das ist ein wichtiger Aspekt, aber uns geht es vor allen Dingen auch um Gerechtigkeit und um Verteilungsgerechtigkeit zwischen Arm und Reich, zwi­schen großen und kleinen Bauern, zwischen landwirtschaftlichen Betrieben und dem ländlichen Raum und vor allen Dingen zwischen Frauen und Männern.

Die Bundesregierung ist mit Schlagwörtern angetreten. Es stellen sich nun aber die Fragen: Wo wird gesät, wo wird geerntet, wo erfolgt tatsächlich ein Kahlschlag, und wo gibt es Zukunftsperspektiven, die vor allen Dingen die Frauen betreffen? Gerade die Frauen spielen ja im gesellschaftlichen und auch im sozialen Bereich eine maßgeb­liche Rolle, vor allem im ländlichen Raum. Wir haben einerseits Bäuerinnen, die in landwirtschaftlichen Betrieben beschäftigt sind, und andererseits Frauen, die auf dem Land leben und nicht in landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten. Beide Frauengruppen haben große Probleme, vor allem hinsichtlich des Anspruchs auf ein flächendeckendes Netz von Kinderbetreuung, auf ein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz und vor allen Dingen, Herr Minister, auf Aus- und Weiterbildung.

Sie, Herr Bundesminister, haben in einer Anfragebeantwortung an Frau Rest-Hinter­seer die Frage offen gelassen, wer tatsächlich jetzt weiterbildet, ausbildet. Ich denke, da sind Sie uns eine Antwort schuldig. Die Frauen im ländlichen Raum, auf dem Land, brauchen Ihre Unterstützung und haben vor allen Dingen Anspruch auf Förderung, denn dadurch bekommen sie eine Chance – vor allem zum Überleben. Ich denke, des­halb hat Frauenförderung absolute Priorität. (Beifall bei der SPÖ.)


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In diesem Sinne, meine Damen und Herren, gefällt mir das Motto eines Lungauer Bäu­erinnen-Projektes sehr: Sitzt die Bäuerin am Computer, rührt halt der Bauer die Butter! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

11.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ellmauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.23

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­desminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das Budgetkapitel Umwelt im Bun­desvoranschlag 2005 ist Beweis dafür, dass wir Verantwortung übernehmen und eine Politik gestalten, bei der es nicht nur um das Heute geht. Wir machen Politik für Mor­gen und Übermorgen und stehen für einen verantwortungsvollen Blick in die Zukunft. Nachhaltigkeit ist uns wichtig. Einen besseren Dienst können wir unseren nachfolgen­den Generationen, unseren Kindern und Jugendlichen gar nicht erweisen.

Dies gilt ganz besonders für das Kapitel 61 in diesem Budget. Meine Fraktion steht für eine aktive Wirtschaftspolitik, und wir haben erfolgreichst strukturpolitische Refor­men umgesetzt. Unsere wirtschaftspolitischen Vergleichsdaten können sich weltweit sehen lassen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, blicken Sie einmal über die Grenzen Öster­reichs hinaus! Österreich besticht nicht nur mit seinen ökonomischen, sondern auch mit seinen Umweltdaten und liegt im Hinblick auf die Lebensqualität weltweit im Spit­zenfeld. Mit dem Budgetkapitel Umwelt können wir die Erfolgsstory in diesem Bereich fortsetzen. Österreich ist in der Europäischen Union die Nummer 1 im Umweltschutz. Wir setzen diesen erfolgreichen Weg fort. Von 2004 bis 2006 werden die Budgetmittel für die Luftreinhaltung um 30 Millionen € jährlich aufgestockt, um dem Kyoto-Ziel näher zu kommen.

Als weitere Ansatzpunkte für die Reduktion der Treibhaus-Emissionen sind vor allem die Bereiche Verkehr und Raumwärme zu nennen. Was die Verkehrspolitik betrifft, sind Maßnahmen notwendig, da die CO2-Emissionen in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren um 42 Prozent gestiegen sind.

Der Hauptteil einer Verbesserung kann nur über technische Innovationen erfolgen. Hier weise ich besonders auf die steuerliche Begünstigung bei Neuzulassungen von Diesel-PKW mit eingebautem Partikelfilter hin. Wichtig zu erwähnen sind in diesem Zusam­menhang auch die thermische Sanierung und das Energiesparen.

Mein Heimatbundesland stellt ein hervorragendes Beispiel für umweltfreundliche Ener­giepolitik dar. Seit dem Jahr 2000 wurden 4 900 Wohnhäuser energiesparend umge­baut, 23 000 Heizungen adaptiert, 50 große Solaranlagen errichtet und Sonnenkollek­toren auf mehr als 650 000 Quadratmetern installiert. (Abg. Murauer: Bravo!)

Österreich wird von vielen Gästen, die zu uns kommen, wegen der hervorragenden Wasserqualität unserer Flüsse und Seen bewundert. Unsere Flüsse haben die beste Wasserqualität, unsere Seen – besonders im Salzkammergut – verfügen über Trink­wasserqualität; das soll auch so bleiben. Für diese Kontinuität stehen die Förderungen, die für die Siedlungswasserwirtschaft im Budget 2005 beschlossen werden. Ihr beacht­licher Barwert beträgt in den Jahren 2002 bis 2008 jeweils 218 Millionen €; das ent­spricht in der alten Währung mehr als 3 Milliarden Schilling jährlich.

Meine Fraktion hat sich intensiv dafür eingesetzt, dass diese erfolgreiche Politik in der Siedlungswasserwirtschaft kontinuierlich weitergeführt wird, um den kommenden Ge­nerationen eine intakte Umwelt übergeben zu können. Deshalb werde ich dem Bud-


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get 2005 und somit dem Kapitel 61, Umwelt, gerne zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.27

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Walther. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Frau Ab­geordnete.

 


11.27

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Liebe Gäste auf der Galerie! Herr Kollege Scheuch hat sich dazu verstiegen zu sagen, dass es uns um einen „Klassenkampf Bauer gegen Bauer“ gehe. – Sie und alle, die das auch angesprochen haben, wissen genau, dass es dabei nicht um solche Kategorien geht, sondern um die Fördergerechtigkeit, die nicht gege­ben ist. Vor allem geht es um das drohende Aufhören von kleinen Bauern – das gibt es, Sie alle wissen das, auch die Bürgermeister wissen das –, die für die Bewirtschaf­tung des ländlichen Raums und natürlich auch für den Tourismus von Bedeutung sind.

Kollege Gradwohl hat darauf hingewiesen, dass die Verteilungsgerechtigkeit überhaupt nicht stimmt. 48 Prozent, um es wieder in Erinnerung zu rufen, bekommen 84 Prozent der Mittel, 52 Prozent 16 Prozent der Mittel. Bei Getreide- und Maisbauern beträgt der Anteil der Fördergelder 94 Prozent des Einkommens, bei den Bergbauernbetrieben mit besonderer, extremer Erschwernis, Gruppe 4, nur 56 Prozent. Das haben sich die hart arbeitenden Bäuerinnen und Bauern wirklich nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ und der Abg. Rest-Hinterseer.)

Vor allem die Frauen im ländlichen Raum arbeiten schwer. Sie wissen, wenn man nicht mit Maschinen arbeiten kann, wie hart und schwer dann die Arbeit ist und wie viele Frauen auf dem Land diese Arbeit leisten.

Die SPÖ setzt sich deshalb dafür ein, dass Bergbauernbetriebe gefördert werden, dass Biobetriebe abgesichert sind und die Bioenergie, zum Beispiel Hackschnitzel, aber auch Solarenergie im ländlichen Raum im kommunalen Rahmen gefördert wird. Ich denke an eine Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Kommunen im Bereich Ener­gieversorgung. (Abg. Auer: Wir heizen damit!) Diesbezüglich sollte es eine Unterstüt­zung geben, weil das Arbeitsplätze im ländlichen Raum schafft, weil es auch bäuer­liche Wertschöpfung fördert, weil irgendjemand das Holz aufbringen muss, und weil es hilft, die Kyoto-Ziele zu erreichen, bei denen wir bei den Reduktionszielen mit 21 Pro­zent im Rückstand sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.30

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.30

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätztes Hohes Haus! Es ist doch immer wieder dasselbe: Es werden die Begriffe vertauscht, es werden die Begriffe vermischt, und es kommt Unordnung in die Diskussion. Bei den Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion habe ich überhaupt den Eindruck, dass wir alle Reden schon im vorigen und im vorvorigen Jahr gehört haben. Ich glaube, es ist wirklich wahr, dass Sie eine Tauschbörse für Second-Hand-Reden haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Reheis: Da hat sich nichts geändert bei Ihnen in den letzten Jahren!)

Gefährlicher ist da schon Kollege Pirklhuber, weil er sich wirklich auskennt (Beifall bei den Grünen), wie ein falscher Prophet durch die Gegend zieht, die Begriffe vertauscht


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und die Bauern verunsichert. Er treibt in gewisser Weise seinen intellektuellen Spott mit der Not, der Sorge der Bauern und der Zukunftsangst, die alle haben. Das ist eine sehr gefährliche Geschichte.

Bleiben wir bei der Wahrheit! Die Wahrheit ist, unser Lebensminister ist der erfolg­reichste Landwirtschafts- und Umweltminister, den Europa derzeit hat, was mehrfach und leicht zu beweisen ist. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bundesminister Pröll hat in kurzer Zeit großartige Erfolge erzielt. Er hat in kurzer Zeit gezeigt, wie er die Agrarpolitik versteht, und vor allem, dass er die Bauern versteht und die Notwendigkeiten sieht, um die richtigen Schritte zu setzen. Der Wasserschutz ist gesichert, die Kyoto-Verpflichtungen werden erfüllt. (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: End­lich einmal dass wir hören, dass Molterer nichts zusammengebracht hat! – Zwischenruf des Abg. Krainer.) Im kommenden Jahr werden Schritte gesetzt, die ganz wichtig und wesentlich sind!

Wir steigen ein in die Bio-Treibstoffbeimischung beim Verkehr und rufen damit das Solarzeitalter für den Straßenverkehr aus. Das ist der Beginn, es ist noch nicht das Ende, aber es ist der erste wichtige Schritt. Das heißt also, dass in Zukunft jeder Acker ein Solarkraftwerk ist, der Treibstoff für irgendein Auto liefert.

Da Sie da hinten so lachen, Herr Kollege von der OMV, möchte ich Ihnen sagen, dass ein Hektar Weizen (Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Um wie viel ist die Rapsernte im letzten Jahr zurückgegangen?) für einen Pkw für 25 000 Kilometer den Alkohol für die Reinverwendung liefern würde, und mit einem Hektar Zuckerrüben könnten Sie sogar 50 000 Kilometer fahren – bei Reinverwendung. Das ist eine gute Konkurrenz, und da steigen wir gerne ein.

Jeder Acker wird in Zukunft für die Produktion gebraucht. Das bedeutet: Ende der Flä­chenstilllegung, Einstieg in eine sinnvolle, zukunftsorientierte, umweltbewusste Produk­tion. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Unsere Lebensmittel haben die beste Qualität, Topqualität, Exportoffensiven gelingen. Danke, Herr Bundesminister, du hast wirklich etwas weitergebracht! (Abg. Gradwohl: Halleluja!) – Zwei Mal Halleluja, aber Ostern kommt erst! (Abg. Gradwohl: Luja sage ich! – Heiterkeit.) – Gut, ist in Ordnung.

Liebe Freunde! Wir wissen, dass wir gute Produkte haben. Wir haben aber ein Pro­blem, über das wir in der nächsten Zeit reden werden müssen; es wurde heute schon angesprochen. Leider verweigern uns unsere Handelsketten für unsere Top-Produkte in Top-Qualität und mit Top-Frische die Preise, die uns zustehen. Das ist ein Thema, über das wir uns in nächster Zeit noch unterhalten werden müssen. (Abg. Hagenhofer: Ja genau! – Abg. Neudeck: Das ist ein gutes Beispiel!)

Eines sage ich Ihnen: Spitzenleistungen, die wir erbringen, sind nur möglich, weil die Mehrheit der Bauern so gut ausgebildet ist, weil sie fleißig sind, weil sie redlich sind und weil sie erbringen, was wir von ihnen als Konsumenten und als Österreicher erwar­ten. (Abg. Krainer: Kollege Schultes, sagen Sie uns doch ...!) Die Beratung durch die Kammern hilft ihnen, dass es passt, auch wenn in manchen sozialistisch geführten Bundesländern ohne große Diskussionen die Finanzierung der Kammern gekürzt wird. (Abg. Krainer: Aufpassen auf das Mikrophon!)

Ich sage Ihnen eines: Wir sind gut unterwegs, wir lösen die Probleme, auch wenn sie schwierig sind, wir negieren keine Probleme, sondern lösen und meistern sie. Und das machen wir deshalb, weil sich unsere Bauern auf uns verlassen können, mit einem


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Bundesminister Pröll, auf den wir stolz sind! Österreich kann froh sein. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP. – Abg. Faul: Es lebe der Bauernbund!)

11.34

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mandak zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die Ge­schäftsordnung: zunächst den zu berichtigenden Teil, dann die Berichtigung. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.34

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Kollege Schultes hat gerade behauptet, das Kyoto-Ziel werde erfüllt. – Diese Aussage stimmt nicht!

Im Gegenteil: Wir haben das Kyoto-Ziel ... (Abg. Hornek: Sie können das gar nicht wis­sen!) Natürlich kann man das wissen! (Abg. Hornek: Aber gar nichts wissen Sie!) Wenn Sie sich ein bisschen mit der Sachlage auseinander setzen würden, dann wüss­ten Sie das. (Abg. Krainer: Das können Sie doch nicht von einem ÖVP-Abgeordneten verlangen, dass er sich mit der Sachmaterie auseinander setzt!)

Das Kyoto-Ziel wird nicht erfüllt. Österreich hat es auch noch nie erfüllt, und derzeit ist die Entwicklung so, dass wir immer weiter davon abdriften. Es wäre schön, wenn der Herr Minister ganz kurz diese Aussage bestätigen würde, die ich gerade gemacht habe. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Wer erfüllt das?)

11.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

 


11.35

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Eine Feststellung zu Kollegen Schultes: Kollege Schultes meinte, Herr Minister Pröll sei der beste Landwirtschaftsminister aller Zeiten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Einer der Besten!) Kollege, das hast du dich auch nur zu sagen getraut, weil euer Klubobmann Molterer draußen telefoniert hat. Jetzt ist er im Saal. Hoffentlich wiederholen Sie es noch einmal. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie sind immer für Überraschungen gut, und wir erwarten fast immer etwas Neues, aber es war noch nie der Fall, dass Sie sich so klar geäußert haben. Sie haben sich heute beim Finanzminis­ter dafür bedankt, dass er den Österreichischen Bundesforsten 100 Millionen Schilling wegnimmt. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Euro! Wir haben den Euro jetzt!) – Ent­schuldigung, 100 Millionen € – das ist noch schlimmer! Das ist irgendwie grotesk.

Ich darf von dieser Stelle aus sagen: Sie sind der oberste Eigentümervertreter, und ich meine daher, dass Sie sich doch endlich gegen die räuberischen Tendenzen des Finanzministers stellen sollten. Das wollen die Mitarbeiter der Österreichischen Bun­desforste, und das verlangen sie von Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molte­rer: Ich habe gehört, du hast mich gelobt! Welchen Fehler habe ich gemacht?)

Dazu kommt noch – die Situation ist ja völlig verrückt –, dass die Bundesforste dieses Geld nicht zur Verfügung haben. Die 100 Millionen € müssen in Form von Krediten aufgenommen werden, und das ist letztlich eine Katastrophe.

Ich möchte, nachdem das Licht jetzt schon blinkt, noch einen Punkt ansprechen, näm­lich den Standort der forstlichen Ausbildungsstätte in Gmunden, Schloss Orth. Sie ken­nen wahrscheinlich die Problematik. Es ist nicht einmal zwei Jahre her, dass von Ihnen der Beschluss gefasst wurde, dass Ossiach und Gmunden zusammengelegt werden


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sollen. Wir waren damals sehr skeptisch, weil wir schon immer den Verdacht hatten, dass Sie auch hier wieder aus zwei Einheiten eine machen wollen. Das ist normaler­weise so üblich, aber Sie haben uns felsenfest versprochen, dass diese Standorte weiterhin erhalten bleiben.

Jetzt schaut das ein bisschen anders aus. Aus Medienberichten haben wir Folgendes entnehmen können: Der Verkauf des Landschlosses Orth ist mehr als ein Gerücht. Aus einem Artikel von der vergangenen Woche ist zu entnehmen: Forstliche Ausbildung Landschloss Orth passé.

Herr Bundesminister, eine Frage dazu, und ich bitte, diese zu beantworten: Bleibt der Standort Gmunden aufrecht, oder haben Sie wirklich im Sinn, auch diesen Standort zu schließen?

Eine Bemerkung zu Kollegen Auer, der vom ländlichen Raum gesprochen hat:

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist eine Katastrophe, was sich in den letzten Monaten zugetragen hat, aber Kollege Auer hat, wie schon Kollege Gaßner erwähnt hat, doch einiges vergessen.

Ich möchte dir, lieber Kollege Auer, anhand des Beispiels Salzkammergut zeigen, wie diese Bundesregierung mit dem ländlichen Raum umgegangen ist. Bundesminister Platter: Kasernenschließung in Obertraun, 50 Arbeitsplätze; Bundesminister Gorbach: sechs Postämter in der inneren Region des Salzkammergutes geschlossen, weitere sind im Gespräch; Bundesminister Böhmdorfer: Das Bezirksgericht Bad Ischl steht heute noch in Diskussion; Bundesminister Grasser: Finanzamt Gmunden mit Vöckla­bruck zusammengelegt; Bundesminister Strasser: Gendarmerieposten-Zusammen­legung. Nur Sie, Herr Bundesminister Pröll, haben sich noch nicht verewigt, und ich hoffe, Sie werden es auch nicht tun. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jakob Auer: Löschnak hat damit angefangen!)

11.38

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.39

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist heute auffällig – das freut mich als Tourismussprecher ganz besonders –, dass im Rahmen vieler Wortmeldungen zum Thema „Landwirtschaft“ auch der „Tourismus“ angespro­chen worden ist. Der Herr Minister hat heute sehr viele Posten bekommen: Er ist der Umweltminister, Lebensminister, Landwirtschaftsminister, und ein bisschen scheint er auch noch Tourismusminister zu sein. In sehr vielen Wortmeldungen ist der Tourismus sehr positiv herausgestrichen und – ich glaube, das gilt für alle Parteien – in den Mittel­punkt gestellt worden.

Als Tourismussprecher meiner Partei lassen Sie mich auch ein paar Worte zum Touris­mus und natürlich zum Thema Budget an Sie richten. Ich glaube, man sollte gerade bei Budgetreden einen Bezug zum Budget findet.

Der Urlaub auf dem Bauernhof ist eine Alternative für den ländlichen Raum, eine Alter­native für die ländliche Bevölkerung, und gerade da ist in den letzten Jahren sehr viel passiert.

Es gibt in etwa 170 000 Betten im ländlichen Raum, was auch einen ganz enormen Wirtschaftsfaktor im Bereich des Tourismus ausmacht. Zirka 900 Millionen € werden von den Gästen im „Urlaub am Bauernhof“ in Österreich konsumiert und umgesetzt. Davon bleiben zirka 450 Millionen € in den Bauernhöfen, bei der ländlichen Bevölke-


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rung, und dieses Geld sichert mindestens 20 000 Arbeitsplätze. Also auch für den Tou­rismus ist die Landwirtschaft natürlich ein wesentlicher wirtschaftlicher Faktor. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Im Landwirtschaftsbudget – und ich glaube, das ist auch sehr wichtig – findet dieser „Urlaub am Bauernhof“ natürlich Resonanz und ist mit 320 000 € jährlich im Förde­rungsprogramm vorgesehen. Also nicht nur die Wirtschaft insgesamt, sondern auch die Landwirtschaft akzeptiert und sieht diese positiven Errungenschaften des Tourismus.

30 Prozent des Einkommens der Bauern – das sind Schätzungen, die von Wirtschafts­experten gemacht worden sind – kommen heute direkt oder indirekt aus dem Touris­mus. Auch das zeigt einmal mehr, wie wichtig dieser Faktor ist.

Ein kleiner Teil der Landwirtschaft, der natürlich auch mit dem Tourismus zu tun hat, der aber auch die Entwicklung der Landwirtschaft in Österreich deutlich macht, ist die Weinwirtschaft. Wenn man sich die Entwicklung der Weinwirtschaft in Österreich in den letzten Jahren vor Augen führt, so kann man gerade in diesem Bereich von einem enormen Qualitätsfortschritt, einem enormen Qualitätssprung, fast einem Quanten­sprung sprechen; das geschieht natürlich auch durch Förderungen.

Wenn man sich heute die Weingüter in Österreich anschaut, wenn man gerade das Burgenland näher betrachtet, kann man sagen, dass allein im letzten Jahr mit 197 Mil­lionen € Investitionen in die Weinwirtschaft – davon, das sollte man auch sehen, waren 41 Millionen € Förderungen – Enormes erreicht worden ist. Also auch hier ein Impuls in den Qualitätstourismus der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Tourismus, und damit komme ich zum Ende meiner Ausführungen, lebt mit und von den Bauern – und umgekehrt leben auch die Bauern mit und vom Tourismus. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


11.42

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Nur ein Wort zu dieser Aussage „Raunzer-Ecke“. Wer die Rede des Kollegen Grillitsch von heute morgen noch im Ohr hat, könnte meinen, der Fritz Grillitsch will ein „Klage- und Jammermonat“ für Bauern ausrufen, einen österreichischen „Jammerdan“, habe ich mir gedacht. Um das einmal richtig zu stellen: Das Strickmuster des Fritz Grillitsch als Bauernbündler ist immer dasselbe: die Punzierung in einen Klassenkampf, damit sich gegen alle Argumente, die von uns, von der Opposition, kommen, seine Mannschaft geschlossen hinter ihm vereint. – Das zum einen.

Kollege Auer hat heute von der Wirtschaft gesprochen. Ich muss ihm da beipflichten, und dazu, Herr Minister, nur ein Beispiel aus der Wirtschaft aus meiner Region:

In der VA-Tech Hydro werden wir rund tausend Arbeitsplätze durch diese verfehlte In­dustriepolitik der österreichischen Bundesregierung verlieren. Und, Herr Bundesminis­ter, ich habe mir das angesehen: Es werden 300 Nebenerwerbslandwirte davon betrof­fen sein. Diese haben es einerseits zwar leichter, weil sie in ihre bäuerlichen Betriebe zurückkehren können – da haben es Arbeitnehmer wesentlich schwerer, in unserer Region einen Arbeitsplatz zu finden –, aber andererseits weiß ich, wenn ich Ihre Be­triebsprämien für die insgesamt 250 000 Betriebe anschaue, dass die Nebenerwerbs­bauern in meiner Region nicht zu den 80 Privilegierten gehören, die über 70 000 € bekommen werden, sondern sie gehören zu den übrigen der 250 000, die zwischen 2 000 und 9 000 € Betriebsprämie pro Jahr bekommen werden. Das heißt, sie werden


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sich sehr, sehr schwer tun, mit ihren kleinen Betrieben weiterzukommen. – So viel zum Wirtschaftlichen.

Zum Zweiten, Herr Kollege Auer: Was Sie uns heute erzählt haben über diese Förde­rungen, über die Entwicklung des ländlichen Raumes, das ist alles recht und schön. Ich pflichte Ihnen auch bei, wenn Sie sagen, dass der ländliche Raum seinen wirtschaft­lichen Beitrag leistet – belegt durch all die Errungenschaften, die die Bauern in der ländlichen Region bewirkt haben –, aber wir wehren uns dagegen, dass Sie in Ihren Programmen und in Ihrem Entschließungsantrag für die Jahre 2007 bis 2013 die Wirt­schaft dezidiert ausschließen! Das heißt, alles, was dort gemacht wird, kann nur aus bäuerlichen Unternehmungen kommen. Ich frage mich, weshalb sich Kollege Mitter­lehner als Vertreter der Wirtschaft nicht stärker dagegen wehrt. (Beifall bei der SPÖ.)

11.44

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

 


11.45

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich heute zwar schon zwei Mal in dieser Debatte zu Wort ge­meldet – einmal zum Thema Umwelt und einmal zur Landwirtschaft –, nach etlichen Redebeiträgen ist es aber doch angebracht, zu von Ihnen vorgebrachten Themen noch einmal Präzisierungen vorzunehmen.

Erstens: Verteilung zwischen Groß und Klein. Ich kann das nicht so im Raum stehen lassen.

Wir haben im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik mit dem Betriebsprä­mienmodell genau jenes Modell gewählt, das eben keine Umverteilung nach sich zieht. Warum? – Weil wir schon in der Vergangenheit sehr präzise und klar in der österreichi­schen Agrarpolitik Benachteiligungen, Berg- und Gunstlagen, groß und klein ausge­steuert haben, weil wir allen für ihre Benachteiligungen schon in der Vergangenheit die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt haben. Daher ist es nur logisch, bei der Wahl des Modells diese historischen Zuwendungen unverändert auch in die Zukunft zu führen, und das haben wir mit der Umsetzung der Reform gemacht.

Zur Frage Frauenprojekte/Männerprojekte. – Ich habe im Ausschuss etwas anderes gesagt, nämlich: Es gibt keine spezifischen Frauenprojekte, weil es auch keine spezifi­schen Männerprojekte in der Zuwendung im ländlichen Raum gibt, sondern wir ma­chen und ich mache Politik im ländlichen Raum, damit alle jene, die Projekte einbrin­gen – egal ob gemeinsam, allein oder wie auch immer –, zu ihrer entsprechenden Ausgleichszahlung kommen. Das ist gerechte und faire Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Gaßner möchte Projekte genannt haben, die außerhalb der Land­wirtschaft dotiert werden. Ich habe die Zahl mit zirka 3 Prozent festgemacht, und es ist klar, dass wir uns in der neuen ländlichen Entwicklung in Europa gemeinsam darüber unterhalten werden, wie integrative Projekte noch stärker berücksichtigt werden können.

Was meine ich damit? – Dass in den ländlichen Regionen Projekte von Trägern da sind, die auch abseits der kernagrarischen Aufgaben natürlich zu bedienen sind: Tou­rismus, Wirtschaft, verknüpft mit Landwirtschaft, wie auch immer, nachhaltige Energie­projekte und so weiter. Es wird in Zukunft einen Schwerpunkt in der ländlichen Ent­wicklung in diesem Bereich geben, der jetzt im Wesentlichen im Artikel 33 festgemacht ist.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum Thema Erreichung der Klimaschutz­ziele; Frau Abgeordnete Mandak von den Grünen hat diese Frage gestellt. – Wir kön­nen oder wir müssen das Klimaschutzziel bis dato nicht erreichen! Wir haben eine völkerrechtliche Verpflichtung, in den Jahren 2008 bis 2012 diese minus 13 Prozent des Wertes aus dem Jahr 1990 zu erreichen. (Zwischenruf des Abg. Brosz.) Gehen Sie davon aus, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir in dieser Zeitspanne dieses ambitionierte Ziel in Österreich auch realisieren werden!

Was die Frage der Bundesforste betrifft, ist Folgendes zu sagen: Übertragung des Pensionsfonds, Rückstellung aus den Bundesforsten und Übergabe der Pensionsleis­tung in die öffentliche Hand – da müssen Sie zum einen auch dazu sagen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir auch Rücklagen ins Grundvermögen umgewan­delt haben.

Zum anderen zitiere ich einen sehr unverdächtigen Partner zu der Frage, wie das von außen gesehen wird. Der ÖGB hat eine Stellungnahme zur Übertragung der Pensi­onsrückstellung abgegeben, und ich zitiere: Dass für alle relevanten Fragen und die gesamte Abwicklung der Zusatzpensionen für Pensionisten der ÖBf AG künftig das Bundespensionsamt zuständig ist und somit auch in der Zukunft eine einzige Stelle zuständig ist, wird ausdrücklich positiv beurteilt. – So viel zu den von Ihnen vorge­brachten Bedenken in dieser wichtigen Weichenstellung für die Österreichischen Bun­desforste. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.48

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


11.49

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute das Budget für Landwirt­schaft und Umwelt, und wir diskutieren diese Kapitel unter einem, weil unter Bundes­minister Pröll die Interessen von Landwirtschaft und Umwelt bestens koordiniert, abge­stimmt und entschieden werden und weil weiters unter Bundesminister Pröll die Inter­essenabstimmung mit den übrigen Bereichen, mit Wirtschaft, mit Gesundheit, bestens funktioniert. Anhand von drei Beispielen möchte ich das im Folgenden auch aufzeigen.

Erstens: Gentechnikgesetz – Abstimmung zwischen Gesundheitsbereich und Landwirt­schaft.

Zweitens: Abfallwirtschaft – Abstimmung zwischen Wirtschaft und Umwelt.

Oder drittens ein Beispiel aus dem Bereich der Energiewirtschaft: das Ökostromge­setz – Abstimmung zwischen Wirtschaft und Landwirtschaft.

Alles in allem ein rundes Paket. Landwirtschafts- und Umweltpolitik sind auch Wirt­schaftspolitik, und ich danke Bundesminister Pröll dafür, dass er sich hier immer wieder vernetzt und über den Bereich Landwirtschaft hinaus positiv wirkt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben gerade für die Zukunft einige Schwerpunkte gesetzt, so im Bereich der Bei­mengung von Biotreibstoffen, im Bereich der Altlastensanierung, wo wir Fehler aus der Vergangenheit beheben müssen, aber auch in der Siedlungswasserwirtschaft, wo es darum geht, das kostbarste Gut, das Österreich überhaupt hat, nämlich unser Wasser, zu schützen und die Ressource Wasser auch gezielt einzusetzen.

Es ist heute auch schon des Öfteren der Bereich Klima, Klimastrategie angesprochen worden. Es ist sehr wohl wichtig, dass wir da auch zukünftig unsere Hausaufgaben machen. Das zeigen auch die Budgetzahlen im Umweltbereich: 90 Prozent der Mittel


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gehen in den Bereich Klimastrategie. Es geht darum, die Energieeffizienz, die alterna­tiven Energien, den Energiespargedanken und die Energieerneuerung zu fördern.

Es geht bei der Klimastrategie darum, dass wir heimische Energieträger forcieren. Es geht darum, Schadstoffe zu reduzieren, und es geht auch darum, die Wertschöpfung in Österreich zu lassen. Wir erleben derzeit, gerade in Bezug auf Landwirtschaft und Umwelt, einen so genannten Biogas-Boom. In Österreich werden sehr viele Biogasan­lagen errichtet, es werden aber auch sehr viele dezentrale Mikronetzwerke im Biomas­sebereich errichtet, und das soll auch in Zukunft verstärkt forciert werden, weil das einerseits der Umwelt und andererseits der Waldbewirtschaftung hilft.

Aktive Umweltpolitik ist eine Vernetzung zwischen Umwelt und Landwirtschaft. Es geht darum, die Lebensqualität zu sichern. Es geht darum, Ressourcen zu schonen und zu schützen. Es geht aber auch darum – darin sind wir uns alle einig, und dafür bin ich auch dankbar –, dass wir gemeinsam mehr Bewusstsein für die Umwelt schaffen. Man soll nicht nur alles schlechtmachen, sondern durch Vorbildwirkung und Vorausdenken und auch Handeln etwas für die Umwelt bewegen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.51

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Reheis. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


11.52

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Frau Präsidentin! Teures Mitglied der Bundes­regierung! Ich möchte vorweg einmal auch etwas Positives anmerken, denn es soll nicht immer heißen, die Opposition hat immer nur Negatives zu berichten: Wenn man durch unser Land fährt – der Tourismus ist ja schon angesprochen worden –, so muss man doch positiv vermerken, dass die Landwirtschaft sehr, sehr viel tut im Bereich des Umweltschutzes, der Landwirtschaft, im Gesamten, auch bei der Erzeugung der land­wirtschaftlichen Produkte, und dafür möchte ich von dieser Stelle den landwirtschaft­lichen Betrieben und den Landwirtschaftsarbeitern ein recht herzliches Dankeschön sagen. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das zeigt aber nur, dass Österreich ein ausgesprochen positives Land ist, ein Land mit fleißigen Arbeitnehmern ist, und ich wehre mich dagegen, Arbeitnehmer und Landwirt­schaft gegeneinander auszuspielen! (Bravorufe und allgemeiner Beifall.)

Ich möchte an dieser Stelle natürlich auch anmerken, dass Leistung anständig hono­riert werden soll, und deshalb sage ich, dass die von dieser Bundesregierung für die Landwirtschaft zur Verfügung gestellten Mittel auch gerechtfertigt sind, aber sie müs­sen natürlich entsprechend verteilt werden.

Da der Herr Bundesminister in seinen Ausführungen vorhin gesagt hat, dass die Be­nachteiligungen ausgeräumt wurden, muss ich schon die Frage stellen: Wie kommt es dann, dass die Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft bei den Bergbauernbetrie­ben mit 17 171 € je Betrieb um 7 Prozent niedriger als im Vorjahr waren? Dadurch hat sich das Einkommensverhältnis aus Bundesmitteln zwischen Bergbauernbetrieben und Nicht-Bergbauernbetrieben wieder geändert, der Abstand für die Bergbauernbetriebe hat sich wieder vergrößert. Wie kommt das, zumal der Herr Bundesminister sagt, die Nachteile wurden beseitigt? – Meine Damen und Herren, das kann es nicht sein!

Als Bürgermeister einer Tiroler Gemeinde bin ich sehr stolz darauf – wie ich einleitend schon gesagt habe –, dass die Bergbauern, ja die Bauern überhaupt, sehr viel für unsere Landschaft und für unsere Ernährung tun, aber ich sage auch, die Budgetmittel müssen anständig verteilt werden. Ich frage: Warum sind die Fördermittel so ungerecht verteilt, Herr Bundesminister? Sie haben gesagt, die Benachteiligungen wurden besei-


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tigt. Tatsache ist, sie wurden nicht beseitigt, denn wie wäre es sonst möglich, dass die Bergbauern um 7 Prozent weniger haben?! Da ist etwas zu tun, und ich bitte Sie, diesbezüglich auch etwas mehr zu tun.

Ich möchte mit Molière schließen und sagen: Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun! – Wir sollten mehr tun und nicht weniger. Ich bitte Sie, hier auch im Sinne der Bergbauern zu handeln. (Beifall bei der SPÖ.)

11.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abge­ordnetem Rädler das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.55

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Es gibt in der Politik einen Stehsatz beziehungsweise ein geflügeltes Wort, das da heißt: „Der Vergleich macht uns sicher!“ – Wenn wir die heutige Debatte verfolgen, so macht uns der Vergleich sicher, nämlich der Vergleich der Ausführungen des Bundesministers mit den Ausführungen, den fast kümmerlichen – würde ich sagen – Ausführungen der Abgeordneten Kummerer, Reheis und so weiter, die zur Landwirt­schaft gesprochen haben. Darauf gibt es nur eine Antwort: Die einzig wahre Interes­senvertretung – und ich sage das als Abgeordneter des ÖAAB – unserer bäuerlichen Familienbetriebe ist der Österreichische Bauernbund! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­ruf des Abg. Neudeck.)

Ich erinnere mich gerne an die siebziger, achtziger Jahre, als der damalige Vorsitzende der SPÖ und Parteiobmann gesagt hat: Wir brauchen einen Kirchschläger für die Bau­ern! – Es ist nie etwas daraus geworden. Wenn man sich so die Bundesminister der SPÖ für die Landwirtschaft ansieht, so gibt es nur eine Antwort darauf, nämlich die Ant­wort unseres Bundeskanzlers: Einen Pröll für die Bauern! Das ist die richtige Antwort.

Ein Thema heute, ein sehr wesentliches natürlich, ist unter anderem der Umweltschutz. Wenn wir uns den kürzlich vorgelegten Bericht von Wim Koks zur Lissabon-Strategie anschauen und hier das Ranking Österreichs innerhalb der 25 Länder Europas, müs­sen wir feststellen, wir liegen sehr gut mit unserer österreichischen Umweltpolitik.

Es sind bereits einige Themenbereiche angesprochen worden, von der Biomasse­erzeugung, von Windkraftanlagen et cetera bis hin zu den Bemühungen, die nunmehr in der Umweltpolitik im Vordergrund stehen, nämlich die Beimengung von Biosprit zum Treibstoff, im Besonderen natürlich das, was in diesen Tagen diskutiert und auch voll­zogen wird: die Nachrüstung mit Partikelfiltern. Das bringt uns in der österreichischen Umweltpolitik einen sehr großen Schritt nach vorne.

Als Niederösterreicher bin ich natürlich besonders stolz darauf, sagen zu können: Nie­derösterreich hat ein Bevölkerungswachstum von plus 5 Prozent, Niederösterreich hat ein Wirtschaftswachstum von plus 1,5 Prozent – und trotzdem eine stabile Umwelt­belastung in Form des CO2-Ausstoßes! Das deshalb, weil wir in Niederösterreich zahl­reiche Maßnahmen gesetzt haben.

161 Klimabündnisgemeinden – das bedeutet, 60 Prozent der Niederösterreicher woh­nen in Klimabündnisgemeinden! Niederösterreich hat damit in Europa, das kann man zu Recht sagen, eine Antwort auf die Fragen des Umweltschutzes gegeben und kann auch zu Recht stolz darauf sein, dass es das Klimabündnisland Nummer 1 in Europa ist. Das, meine ich, ist der beste Beweis für eine erfolgreiche Umweltpolitik.

Zum Abschluss vielleicht noch ein paar Worte zu jenen Maßnahmen, die besonders im Bereich der Umweltstrategie notwendig sind. Es gilt – und das sage ich als Bürger-


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meister –, Verkehrsspargemeinden zu forcieren. Ich bin stolz darauf, dass meine Ge­meinde eine Verkehrsspargemeinde ist, dass Niederösterreich zu Beginn des nächsten Jahres für die Aktion „Zweirad Freirad“ zusätzlich 2 000 Fahrräder zur Verfügung stellen wird, um den Umstieg zu ermöglichen und das Umweltbewusstsein zu schärfen.

Ich darf abschließend sagen: Eine erfolgreiche Umweltpolitik trägt die Handschrift die­ser erfolgreichen Bundesregierung von Schwarz-Blau! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.58

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


11.59

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das große Schmelzen hat begonnen. Momentan führen die Industrielän­der ein unkontrolliertes weltweites Experiment durch, um die Effekte des Klimawandels zu studieren. Die Versuchsfelder sind die Arktis, die Entwicklungsländer, aber letztlich die ganze Welt.

Es gibt Berechnungen und Klimamodelle, die uns vorhersagen, dass im Jahr 2070 in der Arktis im Sommer kein Schnee und kein Eis mehr sein wird, was viele Effekte hat, zum Beispiel den, dass das Sonnenlicht nicht mehr reflektiert wird und es dadurch zu einer weiteren Erwärmung kommt. Es kommt zum Ansteigen des Meeresspiegels, es kommt zu Verlusten von Lebensräumen, und zwar nicht nur für den Eisbären, sondern auch für den Menschen, weil die Städte der Menschen unter Wasser stehen werden, Länder unbewirtschaftbar sein werden, weil Landwirtschaft unmöglich wird und irgend­wann schlicht und ergreifend Überleben auf diesem Planeten unmöglich werden wird.

Langfristig geht uns das alle etwas an, nicht nur irgendwelche Menschen irgendwo weit weg in irgendwelchen Entwicklungsländern oder sonstwo, nein, auch uns hier betrifft das, und zwar ganz intensiv unsere Kinder und unsere Enkelkinder.

Es gibt eine Studie von John Schellnhofer, unter anderem auch bei BBC Online ver­öffentlicht, der sagt, dass ungefähr 0,3 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts not­wendig wären, um die Klimaerwärmung in den Griff zu bekommen. Ich denke, dass 0,3 Prozent des globalen Bruttosozialprodukts recht gut angelegt wären zum Beispiel in verbesserte Energieeffizienz von Gebäuden, in Effizienzsteigerungen von Kraftfahr­zeugen, in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder indem man Kohle, Gas und Öl durch umweltfreundliche Energiequellen ersetzt oder indem man verhindert, dass wei­terhin große, zusammenhängende Waldgebiete auf dieser Welt abgeholzt werden.

Das Überleben auf der Erde zu sichern muss uns schon 0,3 Prozent des globalen Brut­tosozialprodukts wert sein, denke ich, vor allem dann, wenn man bedenkt, dass in den vergangenen 20 Jahren die Folgekosten von Klimakatastrophen um das 17-Fache gestiegen sind. Wir kennen natürlich auch in Österreich die Folgen des Klimawandels in Form von Dürren, Hitze und Überschwemmungen, und ich denke, es wäre doch viel intelligenter, das Geld, anstatt es zum Reparieren der Folgen dieser Katastrophen aus­zugeben, dafür zu investieren, um den Klimawandel einzubremsen, und wirklich radika­le Maßnahmen zur CO2-Beschränkung zu finanzieren, zu zahlen, und zwar jetzt gleich und sofort. Diese wirklich überlebenswichtigen Mittel vermisse ich jedoch in diesem Budget, das phasenweise klimaschädlich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

 


12.01


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abge­ordnetem Keuschnigg das Wort. Herr Abgeordneter, auch Sie haben eine freiwillige Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

 


12.02

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Es geistert heute hier in dieser Debatte immer wieder der Begriff „Klassenkampf“ durch die Reihen, das Ausspielen von Bauern gegen Bauern oder auch von Arbeitnehmern gegen Bauern. Ich möchte sagen: Für mich persönlich ist der Begriff „Klassenkampf“ übertrieben, ich sehe ihn nicht wirklich. Was ich aber schon se­he – und da wende ich mich an die Kollegen von der SPÖ –, ist, dass in dieser Debatte inhaltlich nichts mehr kommt. Das ist viel gravierender. Es gibt diesen Wettbewerb an Ideen nicht. Das ist schade, denn davon würde eigentlich die Politik leben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin seit fünf Jahren hier im Parlament – zuerst war ich im Bundesrat, und jetzt bin ich im Nationalrat –, und ich habe in diesen fünf Jahren keine Änderung des Stils erlebt. Es läuft ein bisschen auf Kritik hinaus, das ist okay, das gehört dazu, aber es ist immer das gleiche Spiel: Groß gegen Klein, was ja in Österreich auch sehr relativ ist, und es geht auch immer um die „bösen“ Agrarfabriken und so weiter. (Abg. Dr. Pirkl­huber: Das Wort ist heute noch gar nicht gefallen! Der Erste, der das Wort in den Mund genommen hat, sind Sie!) Die Frage Großbetriebe ist überhaupt ein Treppenwitz der Geschichte.

Ich bringe Ihnen ein Beispiel, Herr Pirklhuber: Vor vielen Jahren hatten die südlichen Länder Europas Betriebe mit einer Kuh oder zwei Kühen. Wenn man heute die Statistik der Milchlieferanten in Europa anschaut, dann stellt man fest, dass Österreich die kleinststrukturierte Milchwirtschaft in Gesamteuropa hat. (Abg. Dr. Pirklhuber: Ja!) Portugal, Griechenland, Italien, die sind da alle davongaloppiert, und wir haben eine kleinstrukturierte, bäuerlich orientierte, umweltorientierte Landwirtschaft erhalten. Das ist eigentlich das Bedauerliche, aber das muss man zur Kenntnis nehmen.

Zur Sache selbst: Was wir wirklich brauchen, das sind marktfähige, schlagkräftige, rationelle Betriebe, die Bestand haben. Da kommt es auf den richtigen Mix der Politik an, aber dieser Mix ist eigentlich nicht kritisiert worden. Ich spreche da die Investitions­förderungen, die Direktzahlungen an.

Ein Wort zur Frage Bergbauern – Gerhard Reheis hat das freundlich angemerkt. Ohne vernünftige und gute Förderpolitik gäbe es in Österreich keine Bergbauern mehr, gäbe es in Tirol keine Bergbauern mehr. Nachdem wir aber blühende Berglandwirtschaften haben, ist das, glaube ich, ein Kompliment an unsere Politik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es geht um die Finanzierung von Bildung und Beratung, es geht um die Qualitätssiche­rung, um die Forschungssicherung im agrarischen Bereich. Dieser gesamte Mix ist in diesem Budget, glaube ich, vernünftig abgedeckt.

Ich möchte zum Schluss auch umfassendere Maßnahmen zur Sicherung der Landwirt­schaft nennen, weil sie gerade so aktuell sind. Wir haben in diesem Haus im Moment das Ökostromgesetz, Aufbau einer Wertschöpfungslinie, wir haben hier die Steuerre­form, Chancengleichheit bei Betriebsmitteln, wir haben gerade eine Regierungsvorlage betreffend Mineralölsteuergesetz, wieder Beimischung von Biodiesel und so weiter. Wir betreiben hier eine umfassende Politik.

Ich möchte sagen: Wir haben die Ideen für eine gute Agrarpolitik, und weil wir sie haben, stehen wir im europäischen Vergleich gut da. Eine starke heimische Landwirt­schaft ist zuvorderst ein Vorteil für die österreichische Bevölkerung und für die Konsu-


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84. Sitzung / Seite 59

mentinnen und Konsumenten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

12.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dob­nigg. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.06

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Spätestens seit das US-Pentagon in seiner weltweit aufsehenerregenden Studie festgestellt hat, dass vom Klimawandel eine größere globale Gefahr droht als vom schärfstens zu verurteilenden und zu be­kämpfenden Terrorismus, sollte uns wohl klar sein, welche politischen Schwerpunkte hier zu setzen sind. Ich stelle die Frage: Was macht unsere Bundesregierung? – Sie setzt die Prioritäten genau umgekehrt, also meiner Meinung nach falsch.

ÖVP und FPÖ rüsten militärisch auf, kaufen die teuersten Kampfbomber, als wollten sie Minisupermacht spielen – und vernachlässigen den Klimaschutz. Damit verspielen Sie die finanziellen Spielräume der nächsten Jahre und zerstören auch die Sicherheit der kommenden Generationen, denn gegen die zunehmenden Stürme und Wetter­extreme können Sie mit Ihren Kampfbombern, Kampffliegern noch so viele Angriffe fliegen, es wird niemandem nützen.

Herr Umweltminister, ich nehme Ihnen Ihr Bemühen um eine verbesserte Umweltpolitik ja ab, doch Ihre Regierungskollegen Bartenstein, Grasser, Platter und Bundeskanzler Schüssel halten Sie leider an einer ganz, ganz kurzen Leine. Diese Herren verfolgen alle möglichen Ziele, aber leider keine Umweltschutzziele.

Statt dieser Brems- und Umweltblockadepolitik könnte, ja müsste Österreich Investiti­onsprogramme in modernste Technologien, in die weitere Erforschung und Verbesse­rung alternativer Energiegewinnungstechniken und – auch das wäre wichtig – verstärkt in systematische Wärmedämmung der Gebäude starten. Neben dem Nutzen der Um­welt, der Reduzierung der Treibhausgase und dem Energiespareffekt kämen solche Initiativen auch dem Wirtschaftsstandort Österreich und der Beschäftigung zugute.

Doch all das scheint diese Bundesregierung nicht zu interessieren, und das finde ich traurig. Insbesondere bei der Budgetierung der Umweltförderung spiegelt sich die ver­kehrte und verfehlte Schwerpunktsetzung bei der Klimapolitik wider. Statt schwerpunkt­mäßig Projekte im Ausland zu fördern, wäre es doch wesentlich sinnvoller, einen verstärkten Mitteleinsatz für klimapolitische Maßnahmen im Inland vorzunehmen. Dies würde auch dem heimischen Arbeitsmarkt, der heimischen Wirtschaft und vor allem der eigenen Bevölkerung unmittelbar zugute kommen.

Weiters stört es mich, dass für die Erfüllung der Ziele der NEC-Richtlinie, also der Reduktion der nationalen Emissionshöchstmengen, insbesondere zur Reduktion der Emissionen von Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffen, keine Schritte gesetzt werden und auch keine budgetären Mittel vorgesehen sind. Die von der Regierung genannten 30 Millionen € Erhöhung zur Erreichung des Kyoto-Ziels sind für mich nicht nachvollziehbar. Es werden hier aus den verschiedensten Bereichen Ausgaben zu­sammengerechnet, sodass eine entsprechende Transparenz nicht mehr gegeben ist.

Auf Grund vieler Mängel und fehlender Lösungen für die Umweltprobleme können wir dem Budgetkapitel „Umwelt“ unsere Zustimmung nicht geben. (Beifall bei der SPÖ.)

 


12.09


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84. Sitzung / Seite 60

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Freund. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


12.09

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Land- und Forstwirtschaft nimmt nach wie vor einen ganz hohen Stellenwert bei der österreichischen Bevölkerung und bei dieser Bundesregierung ein. Man kann nicht oft genug betonen, welche Leistungen diese Berufsgruppe erbringt, von der Lebensmittelerzeugung, Landschaftserhaltung bis hin zur Arbeitsplatzsicherung im vor- und nachgelagerten Bereich.

Wir wollen, dass unsere Landwirtschaft in der bestehenden modernen bäuerlichen Form weiter erhalten bleibt, damit auch künftige Generationen ein lebenswertes Land vorfinden. Damit ist gerechtfertigt, dass im Budget für das Lebensministerium für das kommende Jahr 58 Millionen € mehr veranschlagt wurden als 2004. (Beifall bei der ÖVP.)

Die österreichischen Bauern stehen mit der weltweiten Liberalisierung großen Heraus­forderungen gegenüber. Wir müssen dafür sorgen, dass in unserem Land die richtigen Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft geschaffen werden.

Es ist auch kein Geheimnis, dass die Zahl der bäuerlichen Betriebe seit Jahren rück­läufig ist. Das geht auf Kosten der gesamten Gesellschaft. Was wir brauchen, das sind Förderprogramme wie ÖPUL, gezielte Investitionsförderungen, natürlich auch für Be­triebe, die von jungen Bauern übernommen werden – damit das auch in der Zukunft geschieht, sind diese Programme besonders wichtig.

Ich möchte betonen, dass wir das bäuerliche Einkommen nach wie vor überwiegend auf dem schwierigen internationalen Markt erzielen. Für unsere Landwirte sind aber dennoch die Ausgleichszahlungen notwendig.

Die landwirtschaftlichen Einkommen sinken laufend, und daher freut es mich, dass die Agrarförderungen im Budget für 2005 um 10 Millionen aufgestockt werden, womit das 3-Milliarden-€-Paket für diese Legislaturperiode abgesichert ist. Das 3-Milliarden-€-Paket ist für die bäuerlichen Einkommen ganz besonders wichtig, weil da auch die Kofinanzierung der EU-Förderprogramme verwirklicht wird.

Die österreichische Bundesregierung tut etwas für unsere Bauern. Man muss aber auch ganz besonders hervorheben, dass ab 2005 die Milchprämie von der EU für unsere Milchbauern wirksam wird. Der Milchpreis ist ja ganz besonders vom inter­nationalen Preisdruck betroffen. Ich lehne es ab, dass Milch- und Fleischprodukte von Supermarktketten als Lockartikel verwendet werden.

In den letzten Jahren hat es für die Bauern viele Veränderungen gegeben. Die Arbeit eines Landwirtes und natürlich auch die Rahmenbedingungen sind ganz anders gewor­den, aber wir haben bereits vor 20 Jahren erkannt, dass die Nachhaltigkeit ein ganz besonders wichtiger Aspekt ist, und haben bewusst auf die Umweltpolitik, auf die Ener­gie aus Biomasse und auf verschiedene andere Bereiche gesetzt. Die heutige Situation zeigt uns, dass wir vor 20 Jahren Recht gehabt haben, denn der Energiebereich ist für uns ein ganz wichtiger und wesentlicher Bereich geworden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es wären natürlich noch viele positive Aspekte aus diesem Agrar- und Umweltbudget anzuführen, aber leider Gottes reicht meine Redezeit nicht dafür. Ich möchte das ganz besonders herausstreichen und mich bei Bundesminister Pröll bedanken, der ein anspruchsvolles Budget vorgelegt hat, dem wir gerne die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


12.13


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84. Sitzung / Seite 61

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Oberhaidinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.13

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Leider geht es in der österreichischen Klimaschutzpolitik zurück und nicht vorwärts. Wir sind weiter denn je – das ist nachzulesen – von der Erfüllung der Kyoto-Verpflichtung entfernt. Sie haben schon Recht, Herr Bundesminister, wenn Sie sagen: Abgerechnet wird 2012!, aber mittlerweile sind es nicht mehr 13 Prozent, um die wir reduzieren müssen, sondern 22 Prozent. Das bedeutet, wir bewegen uns eindeutig weg vom Ziel. Mit den 60 Millionen €, die in diesem Ansatz für Klimaschutzförderung vorgesehen sind, ist dieser Bereich unserer Meinung nach eindeutig unterdotiert.

Herr Bundesminister! Es gibt noch immer keinen mit den Bundesländern ausverhan­delten und ausfinanzierten neuen Klimaschutzplan. Seit Jahren ersuche ich Sie und fordere ich Sie auf, uns endlich eine unterschriebene Artikel-15a-Vereinbarung vorzu­legen, in der auch ein Althaussanierungsprogramm vorzusehen wäre. Noch immer gibt es diese Vereinbarung leider nicht. Obwohl das Wifo von 25 000 Jahresarbeitsplätzen spricht, die allein im Bereich der Wärmedämmung geschaffen und gesichert werden könnten, geschieht leider nichts. Angesichts der höchsten Arbeitslosenrate, die wir in unserem Land haben, ist das eine längst überfällige Maßnahme; von den umwelt- und energiepolitischen Zielen rede ich in diesem Zusammenhang erst gar nicht.

Mit Umweltschutzförderungsmitteln wird immer mehr, wie es das Budget zeigt, Land­wirtschaftsförderung betrieben. Den Industrie- und Ballungszentren, Herr Bundesminis­ter, wird das Geld entzogen, obwohl wir in diesen Bereichen die größten Umweltpro­bleme haben.

Herr Bundesminister! Das vorliegende Budget bestätigt mir einmal mehr, dass Sie nicht als Umweltminister agieren, auch nicht als Lebensminister, sondern ausschließlich als Landwirtschaftsminister, aber auch hinsichtlich dieser Politik sind Sie, wie wir heute Vormittag gehört haben, nicht unumstritten. Daher können wir dem vorliegenden Kapi­tel nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: So etwas Neues!)

12.16

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Steindl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.16

Abgeordneter Konrad Steindl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die österreichische Umweltpolitik ist eine einzige Erfolgsge­schichte und wird sie auch bleiben. Das wesentliche Fundament dazu ist natürlich das erforderliche Budget, und ich darf Ihnen einige Fakten zum Budget in seriöser Weise näher bringen. (Abg. Öllinger: Gerne!)

Der Bundesvoranschlag 2005 für das Kapitel „Umwelt“ beträgt knapp 525 Millionen € und weist auch Einnahmen von etwa 300 Millionen € auf, welche überwiegend aus der Siedlungswasserwirtschaft kommen.

Aus umweltpolitischer Sicht stellen der Klimaschutz und die Umsetzung des Kyoto-Zie­les eine wichtige Herausforderung dar. Mit der Dotation von etwa 60 Millionen € wer­den auch entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Es kann dadurch zu einer Ausweitung der klimaschutzrelevanten Maßnahmen kommen.


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Zahlreiche Aktivitäten, insbesondere jene unter dem Motto „klima:aktiv“, die vor allem auf den Verkehr abstellen, wie beispielsweise die Beimengung von Biosprit, werden Maßnahmen sein, die eine effiziente Umweltpolitik weiter ermöglichen.

Auch im Bereich des Katastrophenschutzes wird eine entsprechende Budgetierung für vorsorgende Maßnahmen sichergestellt. Dem Katastrophenfonds stehen in den Jah­ren 2005 und 2006 wieder 123 Millionen € zur Verfügung und werden zugewiesen.

Der Zusagerahmen für Maßnahmen im Bereich der Siedlungswirtschaft wurde mit 218 Millionen € für die beiden Jahre festgelegt.

Sehr zufrieden stimmen mich auch die ständig steigenden Mittel der Umweltförderung, welche von 47,3 Millionen über 58,2 Millionen im Jahr 2004 auf nunmehr 69 Millionen € angestiegen sind. Hier ist man auf dem richtigen Weg. Die Bedeutung der Umweltför­derung spiegelt sich in der hohen Beteiligung unserer landwirtschaftlichen Betriebe wider.

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Österreich für seine Maßnahmen im Rahmen der ländlichen Entwicklung EU-weit der höchste Anteil zufällt. Wir sind damit Vorreiter bei der Umsetzung einer nachhaltigen und umweltorientierten Landwirtschaft.

Sehr geehrte Damen und Herren! Anhand der Fakten und der Budgetdaten kann man die aktive und nachhaltige Umweltpolitik der Bundesregierung nachvollziehen. Wir wer­den damit unsere hervorragende Position in Europa weiter festigen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.19

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die Geschäftsordnung: zunächst den zu berichtigenden Teil, dann die Berichtigung, und das alles in 2 Minuten. – Bitte.

 


12.19

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kollegenschaft! Herr Kollege Freund hat uns vorhin mitgeteilt, dass die – „wir“ hat er gesagt – ÖVP vor 20 Jahren die Umweltpolitik begonnen hätte. Diese Tatsachenmitteilung ist falsch. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vor 20 Jahren hat die ÖVP nicht regiert.

Richtig ist, dass das erste Umweltministerium von der SPÖ, von Bundeskanzler Bruno Kreisky eingerichtet wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

12.20

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich stelle fest: Das war keine tatsächliche Berichtigung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie Rufe: Genau! – Abg. Neudeck: Das war schon das zweite Mal beim Puswald der Fall! – Abg. Grillitsch: Frau Präsidentin, er hat das nicht verstanden!)

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Steier. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.20

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesmi­nister! Meine geschätzten Damen und Herren! Meine Kolleginnen und Kollegen haben schon sehr ausführlich zur Umweltpolitik dieser Bundesregierung Stellung genommen, und sie haben auch die Tatsache angesprochen, dass Österreich kein Umwelt-Muster­land mehr ist und wir uns mit unseren Umwelt-Kennzahlen nur mehr im EU-Mittelfeld bewegen.


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84. Sitzung / Seite 63

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Bereich, in dem unserer Ansicht nach immer noch viel zu wenig Aktivitäten gesetzt werden, ist der Lärmschutz – und mit dieser Bewertung befinden wir uns offensichtlich auch in guter Gesellschaft mit der be­troffenen Bevölkerung. Vor einigen Tagen hat Umweltminister Pröll eine Umfrage prä­sentiert, deren Kernaussage – kurz zusammengefasst – lautet: Städter wollen bessere Luft und weniger Lärm! – No na, kann ich da nur sagen, wer will das nicht!

Durch Lärm – und da vor allem durch Verkehrslärm – fühlen sich rund 28 Prozent der ÖsterreicherInnen belästigt. Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass die entsprechende Untersuchung bereits über sechs Jahre alt ist und daher entsprechende Daten über die Lärmbelastung als unzulänglich einzuschätzen sind. – Da das Verkehrsaufkommen in den letzten Jahren stark angestiegen ist, hat daher auch die Lärmbelastung der Bevöl­kerung zugenommen.

Österreich ist bereits seit geraumer Zeit, nämlich seit Mitte Juli 2004, mit der Umset­zung der EU-Lärmrichtlinie in nationales Recht in Verzug. Nun hat Herr Bundesminister Pröll angekündigt, dass in Kürze mit dem Entwurf eines Bundes-Umgebungslärm­schutzgesetzes zu rechnen sein wird.

In Ihrer Beantwortung einer entsprechenden parlamentarischen Anfrage wurde zu stra­tegischen Lärmkarten, zu Aktionsplänen und diversen Fristen und Kosten Auskunft erteilt. Wozu aber weniger, keine beziehungsweise ausweichende Antworten getroffen werden, sind ganz wesentliche Fragen, wie zum Beispiel: Wird es verbindliche und damit für Lärmopfer einklagbare Lärmschutzgrenzwerte geben – oder wieder nur Richt­werte? Weiters: Wird es flächendeckende Erhebungen der Lärmsituation in Österreich geben? Was ist – drittens – geplant, um die Kompetenzzersplitterung zwischen Bund und Ländern im Bereich Lärmschutz zu beseitigen?

Die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie wäre eine echte Chance, der österrei­chischen Lärmschutzpolitik einen Turbo-Schub in Richtung Effizienz und Modernität zu verpassen. Anzustreben wäre zum Beispiel eine einheitliche Lärmschutzkompetenz des Bundes beziehungsweise die Absenkung der österreichischen Grenzwerte für Lärmschutz zumindest auf WHO-Empfehlung: 45 Dezibel bei Nacht und 55 Dezibel bei Tag. Dies würde allerdings voraussetzen, meine geschätzten Damen und Herren, dass man keine Angst vor der eigenen Courage bekommt.

Was man gerüchteweise zum Entwurf des Bundes-Umgebungslärmschutzgesetzes hört, ist wenig ermutigend – und lässt befürchten, dass auch dieses Gesetz zur langen Reihe jener gehören wird, bei denen sich die Regierung nicht durch innovative und mutige Lösungsansätze auszeichnet.

Ich hoffe, es setzt noch ein Umdenken ein, damit diese Jahrhundertchance zur Be­kämpfung des Lärms nicht vergeben wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Kainz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.24

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Die Budgetkapitel Umwelt und Landwirtschaft werden nicht nur unter einem verhandelt, sondern sie passen tatsächlich hervorragend zusammen, und zwar gehören sie auch deshalb unmittelbar zusammen, weil erstens unsere bäuer­lichen Betriebe, auf die wir in Österreich sehr stolz sein können, es geschafft haben – und sie sind auch ein Beispiel dafür –, dass sie in einer globalisierten Zeit, in der in vielen Ländern von Landwirtschafts-Firmen die Rede ist, in Österreich der Garant dafür sind, dass unsere Konsumentinnen und Konsumenten hervorragende, qualitativ hoch-


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84. Sitzung / Seite 64

wertige Lebensmittel bekommen, und weil zweitens in Österreich, und zwar in Zusam­menarbeit mit den Ländern und den Kommunen, seitens des Bundes eine hervor­ragende Umweltpolitik betrieben wird. Bundesminister Pröll ist in beiden Bereichen der Garant dafür, dass sowohl gute Umwelt- als auch gute Landwirtschaftspolitik betrieben wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Umweltbereich tritt Österreich sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene für die Fortführung einer ambitionierten Umweltpolitik ein. Im Bereich Umwelt ist auch ein Anstieg der Budgetansätze zu verzeichnen, und zwar sind es im Jahre 2005 rund 524 Millionen € und im Jahre 2006 559 Millionen €, die für den Bereich Umwelt­politik vorgesehen sind. Das stellt die Voraussetzung für eine engagierte Umweltpolitik dar, wobei Herr Bundesminister Pröll, die ÖVP sowie diese Bundesregierung ein Ga­rant hiefür sind.

Aus umweltpolitischer Sicht – das wurde heute schon einige Male angesprochen – ist es zweifellos so, dass der Klimaschutz eine besondere Herausforderung, ein besonde­res Ziel darstellt. Ich bin froh darüber und stolz darauf, dass gerade auch die Finanz­struktur für diese Klima-Strategie in den nächsten Jahren verbessert und jeweils um 30 Millionen € aufgestockt werden wird.

Dass die Klima-Strategie einen wichtigen Bereich darstellt, wurde hier bereits an­gesprochen. Gerade am Beispiel Niederösterreich sieht man, dass auch die Länder sehr viel zur Erreichung dieser Klima-Strategie beitragen können, wenn ich nur daran denke, dass es allein in Niederösterreich bereits 232 Klimabündnis-Gemeinden gibt, und zwar mit insgesamt 925 000 Einwohnern; letztendlich profitieren davon 60 Prozent der Landesbevölkerung.

Die Umweltpolitik ist auch ein Zeichen dafür, dass das alles nur im Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sowie der Bevölkerung geht. Es geht um den Einsatz für eine nachhaltige ökologische und zukunftsorientierte Entwicklung, und diese Bundesregierung ist der Garant dafür. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube aber auch, dass die Gemeinden sehr viel hiezu beitragen können, und auch meine Gemeinde, nämlich die Gemeinde Pfaffstätten, ist eine Klimabündnis-Gemein­de. Ich darf in diesem Zusammenhang nur auf die vielen Möglichkeiten rund um die Förderung erneuerbarer Energieträger hinweisen, ebenso auf die Umweltberatung vor Ort, im direkten Kontakt mit den Bürgern sowie im Bereich der Verkehrssparpolitik – „Aktion ZweiRad FreiRad“ – und vieles andere mehr.

Mit dem vorliegenden Budget für den Bereich Umwelt und Landwirtschaft kann der erfolgreiche Weg für eine nachhaltige Umweltpolitik fortgesetzt werden. – Ich danke Ihnen und bitte um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

12.27

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Pfeffer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

 


12.27

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Pröll, ich spreche Ihnen gar nicht die gute Absicht ab, etwas für den Umweltschutz tun zu wollen, muss aber anmerken, dass es diese Bundesregierung „geschafft“ hat, dass Österreich kein Vor­reiterland mehr im Bereich Umweltschutz ist, sondern in Bezug auf die EU-weiten Um­welt-Kennzahlen längst ins Mittelfeld abgerutscht ist. – In mehreren Dutzend Fällen wurde Österreich wegen der Nicht-Umsetzung der EU-Umweltvorschriften von der


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Europäischen Kommission gerügt beziehungsweise vor dem EU-Gerichtshof ange­klagt.

Dass es auch anders geht, Herr Bundesminister, zeigt mein Bundesland Burgenland, nämlich in Sachen erneuerbare Energieträger, Windenergie und Biomasse-Energie. – Die BEWAG und ihr Tochterunternehmen Austrian Windpower – (Abg. Bucher: Gehört das nicht zu Österreich?) – das gehört zu Österreich, aber die BEWAG ist eine Vor­reiterin in Sachen Umweltpolitik – starten eine Windenergie-Initiative ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und woher kommt das Geld? Aus dem Finanzausgleich! Und wer blo­ckiert den? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Lentsch.) – Ich habe keine Zeit, Edeltraud (in Richtung der Abg. Lentsch), ich muss fertig werden! (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

280 Millionen € wurden investiert; 820 Millionen Kilowattstunden können den Ver­brauch von zwei Dritteln aller burgenländischen Stromkunden abdecken.

Durch diese geplanten Projekte, meine Damen und Herren, können pro Jahr 54 Millio­nen Liter Öl eingespart werden – ein weiterer Schritt in Richtung Erreichung des Kyoto-Ziels, denn die durch den Windausbau erreichte Energie entspricht einer CO2-Reduk­tion von 500 000 Tonnen jährlich und einer Einsparung von 545 Millionen Liter Erdöl im Jahr.

Sie sehen also, meine Damen und Herren, wie wichtig es ist, in weiterer Zukunft diese Form von Energiegewinnung zu unterstützen.

Wir von der SPÖ wollen einen weiteren Ausbau erneuerbarer Energieträger – und die­se Energie muss aber auch leistbar sein, und zwar für alle Menschen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Zusammenhang möchte ich noch ein Thema ansprechen, das mir sehr am Herzen liegt. Wir alle – zumindest jene, die sich dafür interessieren – wissen, dass für viele Menschen mit niedrigem Einkommen oder einer Mindestpension die hohen Heiz­kosten eine enorme Belastung darstellen.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien: Warum sind Sie so gegen den Vorschlag, dass Menschen, die ohnehin schon enorm belastet sind, in den Wintermonaten 40 € pro Monat an Heizkostenzuschuss bekommen? (Zwischen­rufe bei den Freiheitlichen.) In unseren Augen stellt diese Aufbringung von Heizkosten ein Grundbedürfnis dar! Wir dürfen und wollen nicht zulassen, dass Menschen in der kalten Jahreszeit aus finanziellen Gründen frieren müssen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Landeskompetenz! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitli­chen.)

Bis jetzt haben Sie diesen Antrag abgelehnt. Ich ersuche Sie daher noch einmal: Ge­ben Sie sich einen Ruck und überdenken Sie diese Sache! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist der Niessl so schlecht, dass wir das für ihn machen müssen? – Weitere Zwischen­rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Einen Satz noch zum Schluss, Herr Bundesminister: Sie dürfen nicht zulassen, dass Umweltförderungsmittel zur Aufdoppelung der Agrarförderung missbraucht werden, denn damit werden Industrie- und Ballungsgebieten Gelder entzogen, obwohl dort die größten Umweltprobleme bestehen! Ich ersuche Sie, dies zu überdenken! – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

12.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Prinz. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 



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12.31

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Pfeffer, nur ein Satz zum Heizkosten­zuschuss: Das „rote“ Wien zahlt 50 € für den Winter, das „schwarze“ Oberösterreich: 150 €! Das ist der „kleine“ Unterschied! (Beifall bei der ÖVP. – Ruf: In Oberösterreich ist es kälter! – Abg. Dr. Glawischnig: Ganz so super ist das auch nicht mit dem Heiz­kostenzuschuss!)

Bei wenigen Budgetkapiteln gehen die Wogen so hoch wie bei dem über öffentliche Agrarausgaben. Die Landwirtschaft beziehungsweise das Landwirtschaftsbudget ist leider vielen, die hier im Saal sitzen, immer noch ein Dorn im Auge. Von „Subvention für die Großbauern“ und von „Ungerechtigkeiten“ ist hier immer wieder die Rede. – Bis jetzt hat aber von der Opposition niemand definiert, was da ein kleiner beziehungs­weise großer Betrieb ist. Definieren Sie das konkret – und dann können wir weiter diskutieren!

Dass diese Vorwürfe nicht stimmen, wissen doch in Wirklichkeit alle hier; dennoch ist es offenbar ziemlich populär, die Landwirtschaft beziehungsweise die bäuerlichen Un­ternehmen mit einem besonders kritischen Auge zu betrachten. Landwirte, meine Da­men und Herren, sind weder Abzocker noch Almosenempfänger! Ausgleichszahlungen für bäuerliche Familienbetriebe dienen in erster Linie der Förderung und Entwicklung des ländlichen Raumes! Mit den Ausgleichszahlungen werden nicht nur die bäuer­lichen Familien unterstützt, sondern damit wird auch der ländliche Raum in exponierten Lagen als Wirtschafts- und Erholungsraum erhalten.

Darüber sind wir uns doch, wie ich meine, alle einig: Der Lebensraum Natur soll uns in seiner Gesamtheit auch weiter erhalten bleiben sowie auch für Naherholung und Tou­rismus zur Verfügung stehen. Wir wollen, dass auch jene Gebiete, die schwer zugäng­lich sind, erhalten bleiben.

Meine Damen und Herren! In Sonntagsreden wird gerne über die Bedeutung des länd­lichen Raumes gesprochen (Abg. Dr. Pirklhuber: Aha, ist das jetzt eine?), wenn es aber konkret wird und man sich zu Entscheidungen, die für die Betroffenen auch zwischen Daumen und Zeigefinger (der Redner macht eine entsprechende Bewegung) spürbar sind, bekennen sollte, verlässt Sie, meine Damen und Herren von der linken Reichshälfte in diesem Hohen Hause, sehr oft der Mut und die Bereitschaft, Ihren Worten auch Taten folgen zu lassen.

Ich habe oft den Eindruck, dass es manchen Damen und Herren hier herinnen offen­sichtlich gar nicht bewusst ist, worum es da wirklich geht – und man kommt erst drauf, worum es eigentlich geht beziehungsweise welche Fehler gemacht wurden, wenn es für die betroffene Bevölkerungsgruppe zu spät ist. Welche Auswirkungen Abwande­rung hat, kann man sehen, wenn man sich beispielsweise die Abwanderung in den fünfziger und in den sechziger Jahren anschaut – egal, ob im Wald- oder im Mühl­viertel.

Das Landwirtschaftsbudget, über das wir jetzt diskutieren, enthält die nötigen Förde­rungen und Ausgleichszahlungen für die Entwicklung des ländlichen Raumes, damit dieser gesichert ist. – Die Diskussion über Ausgleichszahlungen für landwirtschaftliche Betriebe wird wahrscheinlich nicht abreißen, und dazu kann ich nur sagen: Die Ein­kommenssituation der bäuerlichen Familien ist wahrlich nicht so rosig, als dass man hier von „unnötigen Ausgaben“ sprechen könnte.

Meine Damen und Herren! Wir von der Österreichischen Volkspartei, wir vom Bauern­bund werden uns weiterhin mit voller Kraft dafür einsetzen, dass bäuerliche Betriebe auch weiterhin bestehen können. (Beifall bei der ÖVP.)

 


12.34


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Heinzl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


12.34

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Das Budget im Umweltbereich ist seit dem ersten Antritt der blau-schwarzen Koalitions­regierung immer sehr ernüchternd gewesen und hat aus meiner Sicht nie positiv überrascht. Ein gutes Beispiel für das teilweise Versagen in der Umweltpolitik sind ja auch die getroffenen Maßnahmen des Herrn Umweltministers im Bereich Abfallrecht und Getränkeverpackungen. Auch da ist ein steter Rückzug aus der Verantwortung für die wachsenden Müllberge, insbesondere von Verpackungsmüll, festzustellen.

Anstatt, sehr geehrte Damen und Herren, die funktionierenden Systeme der stofflichen Wiederverwertung von Verpackungen, wie sie schon vor dem Jahre 2000 bestanden haben, zu fördern, wird den Mehrwertverpackungen sprichwörtlich der finanzielle Hahn abgedreht.

Der letzte Umsetzungsbericht zu diesen freiwilligen Vereinbarungen ist ernüchternd: So sank etwa der Abfüllungsgrad in Mehrwegverpackungen von 69 Prozent im Jah­re 1997 auf 48 Prozent im Jahr 2003. Der Einzelhandel bestimmt derzeit, eben auf Grund seiner Marktmacht, sowohl die Anbotspalette an Getränkebindungen als auch die Preise. Freiwillige Vereinbarungen, die hiezu getroffen wurden, stellen aus meiner Sicht lediglich einen Freibrief für den Einzelhandel dar, an der bisherigen Strategie der Produzierung von Müll festzuhalten.

Die Anfang Oktober hiezu präsentierte freiwillige Vereinbarung der Wirtschaft enthält wieder nur Globalziele, macht aber dem Einzelhandel keine verbindlichen Vorgaben. Herr Minister, Sie haben heute aus Berichten der EU-Kommission dieses Thema be­treffend zitiert, aber auch in diesen ist nachzulesen, dass freiwillige Selbstverpflichtung nur dann Sinn macht, wenn bei Nichterfüllung Sanktionsmechanismen daran ge­knüpft sind.

Nur zur Information: Jeder österreichische Haushalt gibt derzeit im Durchschnitt etwa 180 € jährlich direkt für Müllgebühren aus und muss zusätzlich noch 60 € für die Finan­zierung der Verpackungsabfallsammlung im Geschäft zahlen. Wegen der mittelfristig teureren Müllkosten auf Grund des seit vier Jahren stets steigenden Volumens an Einwegverpackungen ist für die Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich mit einem Anstieg der Müllkosten von 10 bis 15 Prozent zu rechnen.

Sehr geehrter Herr Umweltminister, sehr geehrter Minister Pröll: Ich ersuche Sie, füh­ren Sie endlich verpflichtende Ziele in Bezug auf die Mehrwegquote für Getränkever­packungen ein! Alles andere hat sich – sprichwörtlich gesagt – als Schuss in den Ofen erwiesen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.37

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Machne. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.38

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Das Thema Umwelt und Luft war und ist mir stets ein großes Anliegen – schon aus dem Grund, weil gerade wir im Lienzer Talboden mit immer wieder Probleme mit der Inversionswetterlage hatten.

Wir haben versucht, einige Akzente zu setzen, unter anderem ein Biomasseheizwerk zu bauen, welches 80 Prozent der Lienzer Bevölkerung mit Biomasse versorgt; da-


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durch konnten jährlich 6 Millionen Liter Öl eingespart werden, das durch Holz ersetzt wurde – und dadurch bleibt die Wirtschaftskraft natürlich auch in unserer Region.

In Lienz haben wir auch sehr viel in den Ausbau von Radwegenetze investiert; trotz­dem wurden durch den Verkehr sozusagen wieder einige dieser Maßnahmen aufge­hoben. Das ist aber kein Wunder, da in Österreich bereits 1,7 Millionen Diesel-PKW unterwegs sind; im Jahre 1990 waren dies nur rund 400 000 PKW. Deshalb bin ich auch besonders froh über die Fördermaßnahmen von Diesel-Partikelfiltern, was beson­ders für unseren Talboden eine sehr wichtige Maßnahme darstellt.

Bereits zwei von drei neu gekauften PKW in Österreich sind Dieselfahrzeuge. Der geringe Treibstoffverbrauch war bisher sowohl ökonomisches als auch ökologisches Argument für einen Umstieg auf solche PKW. Ab dem Jahre 2005 werden wir ein Bonus-Malus-System haben, sodass jene belohnt werden, die auch beim Autokauf umweltbewusst denken.

Es wurde hier auch angesprochen, dass es vielleicht nicht so viele Dieselfahrzeuge mit Partikelfiltern geben wird, wie das die Konsumenten verlangen. – Das glaube ich aber nicht, denn ich meine, die Wirtschaft ist sehr flexibel und wird sehr wohl solche Fahr­zeuge in ausreichendem Maße zur Verfügung stellen.

Der Umwelt-, der Klima- und der Gesundheitsschutz sind für die österreichische Bun­desregierung wesentliche Eckpunkte. Es wurde in der Umweltpolitik schon sehr viel von dieser Bundesregierung geleistet, und das sieht man auch an den jährlich wach­senden Mitteln für den Klimaschutz: 30 Millionen € mehr im nächsten Jahr.

Ich glaube, wir sind doch führend in Europa, was die Umweltpolitik anbelangt. Ich kann jedenfalls diese Schwerpunkte in der Umweltpolitik und damit unseren Minister Pröll nur unterstützten und bin einigermaßen enttäuscht, dass Sie das nicht tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.40

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


12.41

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Das Budget wurde schon in verschiedenen Bereichen beleuchtet, und man kann feststellen, dass es eine geringe Erhöhung gibt, dass aber diese Erhö­hung im Umweltbereich im Hinblick auf die gesetzten Ziele wie Klimaschutz oder För­derungen erneuerbarer Energieträger doch nicht ausreichen wird.

Man hat auch schon festgestellt – und das ist nachzuvollziehen –, dass sich die Um­weltschutzpolitik trotz vieler Ankündigungen und auch guter Ansätze, so möchte ich meinen, dennoch im Rückwärtsgang befindet und wir uns vom gesetzten Kyoto-Ziel immer weiter entfernen und dieses, wie ich meine, auch schwer erreichen werden.

Ich möchte da durchaus den guten Willen unterstellen, dass Anstrengungen unternom­men werden, aber im Hinblick auf das viele Lobbying, das dazwischen immer statt­findet, und im Hinblick darauf, dass dann die Ziele nur halbherzig umgesetzt werden, kann ich mir nicht vorstellen, dass dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, egal, welches Szenario man wählt.

Es ist jedoch festzustellen, dass es in Österreich bestimmte Bereiche der Umweltpolitik gibt, die ganz hervorragend funktionieren und die herzeigbare Ergebnisse zu verzeich­nen haben. Ich möchte da ganz besonders die Entwicklung der Siedlungswasserwirt­schaft hervorheben – durchaus auch als Vorbild zum Beispiel für erneuerbare Energie-


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träger –, denn da ist es uns gelungen, in einem Schulterschluss mit Gemeinden, Län­dern, Bund und den Bürgerinnen und Bürgern etwas zu bewegen und ein großartiges Ergebnis zu erzielen.

So wurden in den letzten zehn Jahren – und das ist ein Zeitraum, der sehr viel Aus­kunft gibt – über 15 000 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 10 Millionen € und einem Förderbarwert von 3,5 Millionen € durchgeführt. Aber auch in diesem Bereich sieht man, dass man trotz dieser Erfolgsstory beginnt, die Ansprüche ein wenig zurück­zunehmen, und dass man immer weniger Förderungen gibt. Die durchschnittliche Förderung war in der genannten Zeitperiode 32 Prozent, heute bewegt sie sich jedoch lediglich mehr um die 20 Prozent.

Das heißt, dass natürlich die eine oder andere Gemeinde ihre Vorhaben hinausschiebt, was wiederum bedeutet, dass weniger regionale Beschäftigung entsteht, da es ja be­kannterweise einen unmittelbaren Zusammenhang mit den öffentlichen Aufträgen gibt.

Geschätzter Herr Bundesminister, ich möchte noch Folgendes anmerken: Wie sehr sich Umweltpolitik lohnt, zeigt sich in der Güteklasse der Flüsse. Während 1968 etwa 17 Prozent der Flüsse in Güteklasse III bis IV eingestuft waren, sind es heute nicht einmal mehr 3 Prozent. Das heißt, diese Investitionen haben sich gelohnt – für die Um­welt und für die Menschen, die diese Umwelt nützen.

Wir haben es in dieser Zeit geschafft, dass über 80 Prozent unserer Fließgewässer in einem hervorragenden Zustand sind, nämlich in Güteklasse I, I bis II oder II. Man sieht also, wenn man sich mit ganzer Kraft für eine Politik einsetzt, dann kann man auch viel erreichen. Die Umweltpolitik, die wir in den siebziger Jahren mit der Forderung „Seen mit Trinkwasserqualität“ begonnen haben, sollten wir heute bei den erneuerbaren Energieträgern fortsetzen, um dort ebenfalls durch einen Schulterschluss aller Kräfte in zehn Jahren den gleichen Erfolg verzeichnen zu können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.45

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, Sie kennen die Geschäftsordnung: zunächst den zu berichtigenden Teil, dann den berichtigten Teil, das alles in 2 Minuten. – Bitte. (Abg. Dr. Stummvoll – in Richtung des Abg. Dr. Bau­er –: Hannes, du wirst berichtigt!)

 


12.45

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Keine Sorge, ich beziehe mich auf den Redebeitrag des Kollegen Prinz! – Kollege Prinz hat in seiner Rede behauptet, dass das Land Oberösterreich einen höheren Heizkostenzuschuss zahlt als das Land Wien.

Das stelle ich als Wiener Abgeordnete natürlich gerne richtig: In Wien wird von Oktober bis März ein Heizkostenzuschuss von 67 € gewährt, plus einem einmaligen Zuschuss von 50 €, was deutlich mehr ist als der oberösterreichische Zuschuss, wo nur einmal 150 € gewährt werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Prinz: 67 € und 50 € ist mehr als 150 €? Zurück in die Schule! Kopfrechnen!)

12.46

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Preineder. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.46

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzte Frau Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Am Tag des Heiligen Martin wird das Teilen sehr gerne in den Vordergrund gestellt. Es tut mir nur sehr Leid, dass


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manche Kollegen wie Kollege Gradwohl, Kollege Gaßner oder auch Kollege Pirklhuber das als Teilen der Bauern untereinander verstehen, nämlich als ein Teilen in große und kleine Betriebe. Ich würde gerne – wie auch Kollege Prinz – hören, wie Sie einen gro­ßen Betrieb und wie Sie einen kleinen Betrieb definieren, um daran festzumachen, wie ehrlich Sie das meinen.

Geschätzte Damen und Herren! Wie wir alle wissen, hat die Landwirtschaft in unserer Gesellschaft wesentliche Aufgaben zu erfüllen. Ihre Grundaufgabe ist die der Nah­rungsmittelproduktion, und da können wir darauf verweisen, dass die Bauern ausrei­chend Nahrungsmittel in einer sehr guten Qualität produzieren. Dies geschieht mit sehr hohem ökologischem und auch tierschutzmäßigem Standard. Wir können stolz auf unsere Nahrungsmittel sein.

Ich glaube, es gilt auch, in diesem Bereich den Konsumenten klarzumachen, welcher Unterschied zwischen österreichischen beziehungsweise heimischen Nahrungsmitteln und jenen, die aus dem Ausland importiert werden und die nicht nach den bei uns gül­tigen Standards produziert werden, besteht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Landwirtschaft hat aber auch – und wir merken das in diesen Tagen! – einen wesentlichen Beitrag im Bereich der Energieproduktion zu leisten. Das gültige Öko­stromgesetz hat die Möglichkeit eröffnet, in die Stromproduktion einzusteigen, und die laufende Diskussion wird zeigen, wie es weitergeht. Ich danke Herrn Kai Jan Krainer, dass er ein Bekenntnis dazu abgelegt hat, dass auch die sozialistische Fraktion für einen Ausbau beim Ökostrom zur Verfügung steht. (Abg. Parnigoni: Sozialdemokra­ten! Neue Diktion! – Abg. Schöls: Es ist egal, als was ihr umfallt!) – Die sozialdemo­kratische Fraktion. – Ich danke für den Hinweis, aber es freut mich trotzdem, wenn wir Sie in diesem Bereich zum Partner haben.

Es ist auch im Bereich der Biokraftstoff-Verordnung entsprechend Fuß zu fassen, und auch im Bereich der Hackschnitzelheizungen sind wir in der Produktion tätig. Klima­schutz wird dadurch umgesetzt, dass wir CO2 reduzieren. Das tun wir mit diesen Pro­dukten, das tun wir aber auch, wenn Bundesminister Pröll mit einer Artikel-15a-Ver­einbarung die Länder bei der Wohnbauförderung in die Pflicht nimmt und entsprechend ökologische Grundsätze voraussetzt.

Wir erhalten die Umwelt, den Boden und das Grundwasser und pflegen unsere Land­schaft so, dass wir als Tourismusland unsere Chancen nützen können.

Die Bauern haben aber auch eine entsprechende Funktion als Kulturträger, als Träger des Brauchtums und geben unserem Land seine Identität. All das wird auch von der Gesellschaft entsprechend anerkannt.

Es gibt eine Studie von Professor Bretschneider, die am 2. November präsentiert wurde, darüber, wie unsere Bevölkerung, wie die Österreicherinnen und Österreicher das Image der Landwirtschaft, der Bauern sehen. Da steigen wir sehr gut aus. Wir wer­den als gastfreundlich und modern gesehen, als aufgeschlossen, als naturverbunden (Ruf bei der SPÖ: Die Bauern, aber nicht ihr!), als eine Berufsgruppe, die sehr viel arbeitet, sympathisch und intelligent ist und viel Verantwortung in unserer Gesellschaft übernimmt.

Für dieses Image darf ich all unseren Bauern und Bäuerinnen recht herzlich danken, die dazu beigetragen haben, dass wir als Bauern so gesehen werden. Ich darf auch all jenen, die innerhalb der Interessenvertretung, der Landwirtschaftskammern tätig sind und mitgearbeitet haben, meinen Dank aussprechen, und natürlich auch unserer Bun­desregierung und unserem Landwirtschaftsminister.


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Geschätzte Damen und Herren! Diese Umfrage ist Grund dafür, selbstbewusst und mit Stolz Bauer zu sein, und ich glaube, man kann daher auch sagen, dass diese Leistun­gen den Bauern auch entsprechend budgetär anzuerkennen sind. Eine Berufsgruppe mit 4 Prozent Einkommensminus, die von 2002 auf 2003 2 500 Arbeitskräfte verloren hat, bedarf einfach der gesellschaftlichen Solidarität.

Wir Bauern leben nicht allein im ländlichen Raum, wir brauchen Solidarität und Part­nerschaften. Ohne Bauern wird es jedoch auch keinen ländlichen Raum geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Sieber. Auch Sie, Herr Abgeordneter, haben sich eine Redezeit von 3 Minuten genommen. – Bitte.

 


12.50

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Der heutige Tag ist für die Kärntner Kollegen und uns Vorarl­berger ein ganz besonderer Tag, denn am 11. 11. um 11.11 Uhr beginnt der Fasching. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da ich als Freund des Faschings auch sehr gerne Büttenreden anhöre, muss ich schon Folgendes sagen, meine Damen und Herren von der Opposition: Das, was von Ihnen heute zu hören war, war nicht nur inhaltsleer, sondern dem hat auch der Unterhal­tungswert gefehlt! In diesem Sinn, Herr Klubobmann Cap, freue ich mich auf einen Ihrer nächsten Beiträge. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Selbst in den Spiegel schauen! – Abg. Gradwohl: Sie sind aber im Parlament! Wissen Sie nicht, wo Sie sind?)

Wenn ich unser leistungsgerechtes System der Beitragszahlungen an die Bauern an­schaue, dann frage ich mich, meine Damen und Herren von der Opposition, wo Sie mit Ihren Forderungen hinwollen. Es wird nicht so sein können, dass jeder Schrebergarten­besitzer, der dort fünf Ziegen hält, dieselbe Förderung bekommt, wie ein Bauer mit 50 Kühen. – Das wird nicht möglich sein! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Aus diesem Budget werden 507 Millionen € für das ÖPUL – das ist das Österreichische Umweltprogramm – bereitgestellt. Gemeinsam mit den EU-Mitteln und den Mitteln der Länder stehen für dieses Programm 1,1 Milliarden € für das Jahr 2005 zur Verfügung – eine gute Investition in unsere Umwelt und für unsere Bauern, die diese Umwelt pflegen und lebens- und liebenswert erhalten.

Glücklicherweise stellen das Fundament der österreichischen Landwirtschaft, bäuer­liche Familienbetriebe dar, die unser Land nachhaltig bewirtschaften. Diese Betriebe gilt es zu stärken. Zu diesem Zweck hat unser Minister Sepp Pröll ein 3 Milliarden €-Paket vereinbart, das unseren Betrieben Planungssicherheit gibt. Da wir uns aber dessen bewusst sind, dass Landwirtschaft nur in einem starken ländlichen Raum funk­tionieren kann, ist auch in diesem Bereich ein starker Akzent – nämlich 353 Millionen € Bundesfinanzierungsanteil – gesetzt worden.

Das heißt, für die Jahre 2005 und 2006 stehen kofinanziert jeweils über 1 Milliarde € für den ländlichen Raum zur Verfügung. Viele Regionen Europas leiden unter einer Ab­wanderung aus ländlichen Gebieten. Wir stärken den ländlichen Raum, indem wir seinen Bewohnern nicht gleiche, aber vergleichbare Lebensbedingungen wie den Städtern geben.

Zu Ihren Vorwürfen von der Förderungerechtigkeit ist Folgendes zu sagen: Für die Leistungsabgeltungen für die Betriebe im Berggebiet, im benachteiligten und im kleinen


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Gebiet, stehen im Rahmen der Ausgleichszulagen inklusive der Ländermittel im Jahr 2005 rund 300 Millionen € und im Jahr 2006 309 Millionen € zur Verfügung.

In Vorarlberg, wo 98 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche im benachteiligten Gebiet und 95 Prozent im Berggebiet liegen, könnte kaum ein Bauer ohne diese Gelder aus der AZ seinen Betrieb wettbewerbsfähig weiterführen.

Dieses Geld ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt dieser Betriebe in den Berggebieten und damit ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der Vorarlberger Bergtäler auch als Lebens­raum.

Durch die zukunftsorientierte Gestaltung des Voranschlags wird den Bäuerinnen und Bauern die Möglichkeit gegeben, sich vom reinen Landwirt zum Energiewirt weiter­zuentwickeln und für die bäuerlichen Familienbetriebe ein weiteres Standbein zu schaf­fen.

Vieles wäre noch zu sagen, doch die Zeit lässt es nicht zu. Deshalb abschließend und zusammenfassend: Es ist ein gutes Budget von einem noch besseren Minister, ein Budget, für das ich Ihnen und Ihrem Haus recht herzlich danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Dipl.-Ing. Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Werte Damen und Herren auf der Zuschauergalerie! Ich greife aus dem Kapitel Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft einen Teilbereich heraus, der zwar im Budget zu einer eher geringen Belastung führt, dafür aber eine umso größere Wertschöpfung im Allgemeinen erzielt, nämlich den Bereich der Forstwirtschaft, der allerdings auch quasi in den Umweltthemenbereich fällt.

Die Forstwirtschaft schlägt sich nämlich gemeinsam mit der Holzwirtschaft mit insge­samt 2,5 Millionen € positiver Handelsbilanz zu Buche, und das ist ein Spitzenwert, und zwar nicht nur in Österreich – wir liegen da mit dem Tourismus nahezu gleichauf –, sondern auch international gesehen. Die österreichische Forst- und Holzwirtschaft liegt mir ihrer Produktion international gesehen an fünfter Stelle, das heißt, wir sind der fünftgrößte Schnittholzproduzent weltweit. Das ist wirklich ein ganz enormer Wert. Ich glaube, man darf insgesamt der Forst- und Holzwirtschaft, den Waldbäuerinnen und ‑bauern einen großen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Das geschieht auch noch bei den Standortbedingungen, die wir in Österreich im alpinen Raum vorfinden, nämlich bei klaren Nachteilen gegenüber den großen Produzenten wie etwa in den Nordländern Europas oder in Übersee.

Es wurde heute schon gesagt, dass aber ein Drittel des Zuwachses nicht genutzt wird. Das sind in etwa 10 Millionen Festmeter – eine ganz beachtliche Menge, die auch für rund 10 000 Arbeitsplätze sorgen könnte. Man rechnet in der Forstwirtschaft in etwa 1 000 Festmeter für einen Arbeitsplatz, und das wäre ein großes Potential für die Zukunft des ländlichen Raumes. Man könnte dann auch noch weitere 10 000 Arbeits­plätze für die Folgeproduktion – für die Sägeindustrie, Papierindustrie, Möbelindustrie et cetera – hinzurechnen, das heißt, es wäre ein Potential von rund 20 000 Arbeits­plätzen möglich.

Was ist zu tun? – Ich glaube, wir müssen ganz einfach den Holzverbrauch steigern. Wir müssen unser Konsumverhalten im Allgemeinen ändern, denn es geht wirklich um


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das „grüne Gold“, jenen Rohstoff, der vor unserer Haustür wächst. Es heißt dann zum Beispiel ganz einfach: mit Holz bauen! Ein aktuelles Beispiel für die Zukunft ist das EM-Stadion, das in Klagenfurt noch zu bauen ist – ein großes Fußballstadion.

Es gibt auf der Welt bereits viele Stadien, die mit Holz gebaut sind: zum Beispiel das Olympiastadion in Rom. Wir möchten uns dafür einsetzen – und es ist auch ein Ent­schließungsantrag dazu eingebracht worden –, die EURO 2008 als Nachhaltigkeits-EM zu führen. Wir möchten uns dafür einsetzen, dass dieses Stadion in Klagenfurt zum Beispiel mit Holz gebaut wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Weitere Bereiche wurden bereits angeschnitten: mit Holz heizen oder in einem Holz­bett schlafen. – Dazu eignet sich zum Beispiel ganz besonders die Zirbe. In einem Zirbenbett zu übernachten, heißt ganz einfach, man braucht weniger Schlaf. Das weiß ich aus persönlicher Erfahrung, und es ist mittlerweile auch wissenschaftlich erwiesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Holzforschung – die positiven Auswirkungen der Zirbe haben auch Holzforscher herausgefunden – muss vorangetrieben werden. Die ÖVP setzt mit dieser Regierung dementsprechende Akzente.

Ich hoffe auch auf neue Schwerpunkte im Programm ländlicher Entwicklung. Gerade für das nächste Jahr stehen ja 20 Prozent mehr zur Verfügung. Daran sollte auch die Forstwirtschaft beteiligt sein. Ich hoffe, dass dementsprechende Projekte auch umge­setzt werden.

Der Wald ist aber nicht nur Rohstofflieferant, sondern er ist auch Ambiente, Erholung, Klimaregulator, Schutzfaktor et cetera. Es gilt also auch, die überwirtschaftlichen Leis­tungen der Forstwirtschaft auch entsprechend abzugelten.

Abschließend darf ich noch einmal sagen: Die Forstwirtschaft lebt die Nachhaltigkeit seit Jahrhunderten vor. Stimmen daher auch Sie diesem Nachhaltigkeitsbudget zu. Das verdient auch die Umwelt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

12.59

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Zweytick. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.59

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Aus dem Land etwas machen, aus dem Land Kapital schlagen, das ist, glaube ich, eine Initiative im Interesse aller in diesem Land lebenden Menschen – der Frauen, der Männer, aber auch der Kinder.

Das ist auch der Auftrag an uns als gewählte Vertreter, und wir versuchen das mit bes­tem Wissen und Gewissen und mit Kraft umzusetzen, so gut es geht, nicht nur für das eigene Land, sondern auch für das Umland. Wir leben nicht allein in Europa, wir leben nicht auf einer Insel. Wir haben einen Standard zu verteidigen, aber wir müssen – im eigenen Interesse – auch mit unseren Nachbarn „können“. Mit anderen Worten: „Fein­kost im Kulturpark!“ – So präsentiert sich Österreich heute Gott sei Dank.

Das kommt nicht von selber, und das ist gar nicht so selbstverständlich. Unterneh­mensstrategie der Landwirtschaft ist auch Standortsicherung und Beschäftigung. Der Standort unseres schönen Landes Österreich wird erst durch die Bewirtschaftung seitens der bäuerlichen Familien ein immenser Faktor für die vor- und nachgelagerte Industrie, vor allem auch für den Tourismus. Die Marke „Grünes Herz Europas“ ist zukunftsreich und letztlich ein Exportschlager auf allen Weltmärkten.

Ein kurzes Beispiel dazu, der Wein: Ich habe gerade den Junker da. (Der Redner nimmt die mitgebrachte Weinflasche zur Hand. – Abg. Parnigoni: Eigenwerbung!)


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Marketing und Strategie: Die Bauern in diesem Land haben gelernt, auch das Marke­ting für ihre Produkte mit Strategie zu betreiben. Heute sind es über 2 Millionen Fla­schen österreichischer Jungwein, wovon ein Gutteil in das Ausland, in die benachbar­ten Länder Europas geht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist nicht irgendein Most, das ist eine Spezialität: „Feinkost im Kulturpark Öster­reich“, und das wird weltweit geschätzt.

Das Agrarbudget ist eine strategische Festsetzung künftiger Planbarkeit notwendiger Investments, aber auch ein existenzsicherndes Abkommen mit dem Staat. Meine Damen und Herren von den Grünen, das machen wir nicht alleine, wir machen das mit den Menschen für die Menschen. Die österreichischen Landwirte vertrauen deshalb der Österreichischen Volkspartei, und wir setzen auf unsere Partner im ländlichen Raum. Solidarität mit den Menschen von heute sichert den Erfolg von morgen!

57 Millionen € mehr, das heißt auch mehr Sicherheit, Sicherheit für unsere Umwelt, Si­cherheit für unsere Lebensmittel, aber auch Sicherheit in sozial gerechten Rahmenbe­dingungen. Investitionszahlungen, Direktzahlungen sind nicht allein Förderpolitik, son­dern auch Weitsicht mit Nachhaltigkeit. Unser Lebensminister weiß, was er will, nicht nur weil er auch ein Gourmet ist, sondern weil es ihm in erster Linie um Österreich geht, und Österreich, meine Damen und Herren, das sind wir alle. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Unruhe im Saal.)

13.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Schiefermair zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete. (Anhaltende Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Ich würde vorschlagen, dass etwas mehr Ruhe im Saal einkehrt!

 


13.02

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Werter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am 4. November hat der ÖVP-Klub zu einem wichtigen Thema eine Enquete veranstaltet. Nachhaltigkeit soll uns allen ein politischer Auftrag sein. Ich möchte mich ganz herzlich bei Herta Mikesch von der Wirtschaft und für den Sozialbereich bei Bar­bara Riener bedanken. Wir drei waren verantwortlich. Ich möchte mich auch bei allen Kollegen, die gekommen sind, bedanken, bei den Ministern, bei Professor Rade­macher, Vizekanzler Riegler und allen Projektanten, die wirklich dazu beigetragen haben, dass es ein Erfolg wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nachhaltigkeit soll nun Brücke sein, Brücke von hier, vom Parlament, hin zu den Projekten, hin zu den Netzwerken und hin zum ländlichen Raum. Dieses Haus trägt da große Verantwortung. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Budgetverhandlungen und Budget: Bildlich gesprochen ist das, als ob man an einer Wegkreuzung stünde. Und wir sind auf der Reise. Persönlichkeiten wie Fischler, Molte­rer, Riegler und nun Pröll gestalten die Reiseroute für die Landwirtschaft. Wir alle ha­ben einen Reiserucksack mit, und würde ich den Rucksack hierher stellen, würde jeder von Ihnen einen Wunsch, ein Anliegen, einen Schwerpunkt hineinlegen. Und darum geht es jetzt: hier zu entscheiden, welche Schwerpunkte, welche Ziele wir anstreben. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit gilt es, diese Schwerpunkte so zu setzen, dass sowohl das Reiseziel Kyoto als auch das Reiseziel Stärkung der bäuerlichen Familien im ländlichen Raum erreicht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich stehe hier als Vertreterin der Bäuerinnen und habe mit großem Interesse die De­batte verfolgt, auch in Bezug auf die Förderung von Frauen im ländlichen Raum. Ich meine, dass diese Anliegen sehr wichtig und auch sehr ernst zu nehmen sind. Ich


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freute mich, als ich im Budget, im Bereich Weiterbildung, Beratung, Forschung einen Betrag von 12 Millionen €, genau 12,3 Millionen € gefunden habe. Man könnte jetzt so viele Bereiche nennen, die uns wichtig sind, ich habe allerdings nicht viel Zeit. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit diesem Budget ein Stück des Weges weitergekommen sind.

Ich möchte mich noch ganz kurz bedanken – das ist ja schon oft geschehen – bei den Landwirtschaftskammern, bei den Beamten im Landwirtschaftsministerium, beim Klub hier und bei den Ausschüssen: wirklich tolle Arbeit! (Abg. Dr. Pirklhuber: Nur nieman­den vergessen!)

Die europäische Landkarte ist größer geworden. Es wird immer schwieriger, die rich­tige Route zu finden. Diese Regierung mit Bundesminister Pröll findet immer den rech­ten Weg, die richtige Richtung – Respekt! (Beifall bei der ÖVP.)

13.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeord­neter Dr. Pirklhuber zu Wort gemeldet. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Pirklhuber –: Oje, noch einmal 10 Minuten! – Abg. Dr. Pirklhuber: Ich habe ohnehin nur 2 Minuten!)

 


13.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Meine Damen und Her­ren! Um den vorgebrachten Lobeshymnen, die hier in den letzten Stunden gehalten wurden, eine gebührliche Ergänzung anzufügen, möchte ich als Biobauer und Agrar­ökologe auf eines nicht vergessen, nämlich allen Konsumentinnen und Konsumenten für das hohe Vertrauen zu danken, dass sie der österreichischen Landwirtschaft ent­gegenbringen, zum Beispiel durch den Kauf österreichischer Lebensmittel. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie überschätzen sich!) Ich denke, das sollte man auf keinen Fall ver­gessen, wenn man schon Lobeshymnen anstimmt. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und der ÖVP.)

Jetzt aber zum Ernst der Sache; es gab ja einige Fragestellungen. (Abg. Scheibner: Ach so, erst jetzt wird es also ernst! – Abg. Grillitsch: Das war also ein Witz!) – Ernst im Bezug auf das Agrarbudget, Kollege Jakob Auer, ernst im Bezug auf ein Budget, das aus unserer Sicht in vielen Dingen hinter das zurückfällt, was wir als Ziele anstre­ben.

Und hier möchte ich an eines appellieren: Sie haben davon gesprochen, dass wir ein gutes Diskussionsklima im Landwirtschaftsausschuss haben. Herr Kollege Auer, es wäre aber notwendig, über die nächste Periode des Programms für die ländliche Ent­wicklung wirklich eine offene und intensive parlamentarische Debatte zu führen. Ich würde Sie ersuchen, dazu beizutragen, dass gemeinsam eine offene Debatte geführt wird. Der Wettbewerb der Ideen, der angesprochen worden ist, besteht sehr wohl, und wir haben auch unsere Vorschläge gemacht, aber Sie sind bisher auf diese aus unse­rer Sicht guten Vorschläge nicht eingegangen.

Folgendes an Kollegen Preineder: Der Unterschied zwischen Groß und Klein lässt sich ganz einfach darstellen: 800 Betriebe in Österreich bekommen gleich viel Agrarförde­rung wie die 50 000 kleinsten Betriebe. Daraus können Sie ersehen, dass hier zumin­dest ein Ungleichgewicht besteht und dass die Politik hier gegensteuern muss. Groß und Klein sind Relationsbegriffe, keine Frage, auch große Betriebe in Österreich sind im europäischen Vergleich gesehen relativ kleine Betriebe. Darin gebe ich Ihnen Recht, aber es geht um die inneragrarische Gerechtigkeit und den inneragrarischen Interessenausgleich, Kollege Scheuch! Diese Debatte können und dürfen wir uns nicht ersparen.


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Herr Bundesminister, abschließend muss man leider festhalten, dass Sie in einem Punkt völlig Unrecht haben, nämlich darin, dass es zu keiner Umverteilung kommt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die 2 Minuten sind längst vorbei!) Diese EU-Agrarreform, die Sie umsetzen, ist eine Umverteilung, weil die Modulation der Mittel, das heißt, die Kür­zung bei großen Betrieben und die Umschichtung in die ländliche Entwicklung, einfach eine Umverteilung ist, eine Umverteilung darstellt, wobei es ja auch eine Freigrenze gibt, nämlich die Freigrenze von 5 000 €. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist für die Klei­nen!) Ihre Ausgestaltung des nationalen Modells ist eine Verzerrung dieser sozialen Komponente der EU-Agrarreform. Durch diese Verzerrung vertun Sie eine Chance, wirklich einen Schritt weiter in Richtung soziale Gerechtigkeit zu setzen.

Da Sie, Herr Bundesminister Pröll, auch Umweltminister sind, hätten wir von Ihnen er­wartet, dass Sie dem Leitbild Biolandbau mit dieser Agrarreform zum Durchbruch ver­helfen. Dazu haben Sie leider gar nichts beigetragen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.09

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher zu Wort gemeldet. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Bucher –: Ein Nebenerwerbslandwirt! – Abg. Scheibner: Der hat auch den Schnittlauch am Fensterbrett stehen!)

 


13.09

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Herr Präsident! Verehrte Regierungsmit­glieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war meiner Meinung nach eine sehr spannende Agrardiskussion, und bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte gibt es doch auch in sehr vielen Teilbereichen Übereinstimmung. Kollege Pirklhuber hat gerade gesagt, dass er mit dem Herrn Bundesminister nur in einem Punkt nicht übereinstimmt, nämlich bezüglich der Umverteilung und in der Diskussion darüber, ob es in Österreich große oder kleine bäuerliche Betriebe gibt. Agrarpolitik, Umweltpolitik und Tourismuspolitik sind sehr ineinander verstrickt und für die Aufrechterhaltung eines lebenswerten ländlichen Raums von ganz großer Bedeutung.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei den Landwirten bedanken, bei den Bäue­rinnen und Bauern in Österreich, dass sie auch der Tourismuswirtschaft immer ein sehr aufrichtiger und guter Partner waren: Für das Zur-Verfügung-Stellen der Produkte für Tourismuswirtschaft und Gastronomie in unserem Land, die uns so viel bedeuten und die ein sehr wesentlicher Wirtschaftsfaktor sind, für diese gute Partnerschaft also herz­lichen Dank!

Dank vor allem auch für die Bewirtschaftung des ländlichen Raumes, für die Aufrecht­erhaltung der Kulturlandschaft, die wir als wichtiges Kapital für eine weitere positive Entwicklung der Tourismuswirtschaft in Österreich ansehen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.11

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Spezialberichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die Beratungsgruppe VIII des Bundesvor­anschlages 2005.

Diese umfasst die Kapitel 60 und 61 des Bundesvoranschlages in 650 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein be­jahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.


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Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über den bei der Verhandlung der Beratungsgruppe VIII des Bundesfinanzgesetzes eingebrach­ten Entschließungsantrag sogleich vorzunehmen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Gradwohl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einbindung des Parlaments in die laufende Berichterstattung während der Programmplanungsperiode für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes für den Zeitraum 2007 bis 2013.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Beratungsgruppe XIII

Kapitel 17: Gesundheit und Frauen

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die Beratungsgruppe XIII: Gesundheit und Frauen.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich von der Regierungsbank aus Frau Bundesminister Rauch-Kallat. – Frau Bundesminister, bitte.

 


13.12

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Lassen Sie mich ganz kurz – es hat heute Vormittag auch eine Einigung über das Finanzpaket des Finanzausgleichs gegeben – über dieses berichten, um Sie aus erster Hand über das Strukturpaket „Gesundheit“ zu informieren. Ich werde dann in einer weiteren Wortmeldung selbstverständlich auch zum Budget und zu Ihren Einwen­dungen Stellung nehmen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Vielleicht macht niemand Einwen­dungen?)

Ich freue mich sehr, dass es heute Vormittag gelungen ist, dass Finanzausgleichspaket letztendlich zuzumachen und damit auch den Strukturausgleich, das Strukturreform­paket im Gesundheitswesen sicherzustellen. Dieses Paket ist der zweite wichtige Teil einer großen Gesundheitsreform. Einen Teil haben wir schon im vergangenen Jahr mit der Arzneimittelreform durchgeführt, und wir können auch schon die Früchte dieses Reformwerks ernten. Wir haben in der Zwischenzeit die Kostendämpfung auf 3 bis 4 Prozent Kostensteigerung erreicht – gegenüber prognostizierten 7 bis 9 Prozent. Das bedeutet eine Einsparung von 120 Millionen € in diesem Jahr.

Mit diesem Finanzausgleichspaket und der Strukturreform gelingt es uns erstmals auch im Zuge eines Finanzausgleichs, ganz wesentliche Reformbereiche des Gesundheits­wesens zu fixieren, und ich stehe nicht an, mich bei allen Verhandlerinnen und Ver­handlern des Strukturpakets aus den Bundesländern sehr herzlich dafür zu bedanken, dass es zwar harte, aber sehr konstruktive Verhandlungen gegeben hat. Sie wissen, die Gesundheitspolitik steht nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt gro­ßen Herausforderungen gegenüber: dem medizinischen Fortschritt und der demogra­phischen Entwicklung. Beide führen zu enormen Kostensteigerungen, die aber nicht in Frage gestellt werden sollen. In Österreich stehen wir zu einem niederschwelligen Zu­gang zum Gesundheitssystem, das heißt, dass jeder unabhängig von Einkommen und Alter diejenigen medizinischen Leistungen bekommt, die er oder sie braucht. Und das soll auch in Zukunft erhalten bleiben, und mit diesem Paket ist das auch möglich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Dieses Strukturreformpaket enthält neben dem Finanzpaket, das zusätzlich 300 Millio­nen € einbringen wird, Kosteneinsparungen, das heißt Kostendämpfungen, einen nied­rigeren Anstieg der prognostizierten Kosten um 300 Millionen €. Das ist ein Einhalten jenes Versprechens, das diese Bundesregierung gegeben hat, dass nämlich für jeden Euro, der zusätzlich in das System fließen wird, auch mindestens 1 € eingespart werden wird.

Wir werden erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik das an sich von den Kompetenzen her zersplitterte Gesundheitswesen – auf Länder, Sozialversicherungen, Bund, Gemeinden – erstmals in einer gemeinsamen Planung und Steuerung beider Bereiche des Gesundheitssystems, nämlich sowohl des Spitalsbereichs als auch des Bereichs der niedergelassenen Ärzte, zusammenführen. Wir werden damit eine bessere Servicierung der Klientinnen und Klienten beziehungsweise Patientinnen und Patienten erreichen, ein besseres Service. Diese Maßnahme wird dem Patientin/der Patientin Zeit sparen und dem System Geld. Ich denke, dass das eine wichtige Errun­genschaft ist, die in den nächsten Monaten auch entsprechend organisatorisch umzu­setzen sein wird, in einer Bundesgesundheitsagentur und neun Landesgesundheits­plattformen, in den Landesgesundheitsfonds, in denen alle wichtigen Teilnehmer am Gesundheitssystem auch mit Sitz und Stimme vertreten sein werden.

Wir werden diese 300 Millionen € an Einsparungen beziehungsweise Kostendämpfun­gen durch verschiedene Maßnahmen erreichen: Einerseits durch eine Änderung des LKF-Punktesystems, das nämlich die bisherige „Bestrafung“ von tagesklinischen Leis­tungen nicht mehr vorsehen wird, sondern auch eine entsprechende finanzielle Abgel­tung der tagesklinischen Leistungen; damit wird eine Reduktion der Spitalsbelagstage erreicht. Gleichzeitig ist natürlich auch eine Reduktion der Spitalsbetten vorgesehen. Das bedeutet aber nicht, dass jetzt sofort dutzende Spitäler geschlossen werden müssen, sondern dass wir auf qualitätsgesicherter Basis sicherstellen werden, dass es eine flächendeckende Versorgung sowohl im Spitals- als auch im ambulanten und im niedergelassenen Bereich geben wird, dass sich die Landesgesundheitsplattformen aber auf die jeweils kostengünstigste und für den Patienten/die Patientin freundlichste Lösung einigen – und so letztendlich die Effizienzpotentiale, die im System gegeben sind, auch nutzen werden.

Wir werden erstmals auch Einsparungen, Kostendämpfungen in der Verwaltung der Spitäler beziehungsweise im patientenfernen Bereich erreichen. Was versteckt sich hinter dieser Begrifflichkeit? – Bei Kosten wie zum Beispiel der Wäscherei oder den Küchen gibt es durchaus Einsparungsmöglichkeiten. Es wird eine Evaluierung der Kos­teneinsparungen geben und sichergestellt sein, dass diese Einsparungen auch tat­sächlich erreicht werden.

Wesentlich ist, dass dieses Strukturpaket auch ein Qualitätssicherungsgesetz enthält und ein Gesundheitstelematikgesetz und damit auch eine neue Ära in der Umsetzung und Weiterentwicklung der Gesundheitskarte hin zu einer elektronischen Gesundheits­akte bringen wird. Das ist deswegen wichtig, weil wir damit ein weiter verbessertes Service für den Patienten erreichen werden. Nicht jeder wird dann bei jeder Spitalsauf­nahme alle seine Kinderkrankheiten noch einmal herunterbeten müssen, und gleichzei­tig wird das langfristig Kosten sparen und dem einzelnen Arzt eine bessere Möglichkeit geben, den Gesundheitsverlauf eines Patienten/einer Patientin zu verfolgen. Das ist eine Maßnahme, die von einer Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher be­grüßt wird.

Weiters sind in diesem Paket Vorsorgemaßnahmen enthalten: 3,5 Millionen € für ein flächendeckendes Screening von Stoffwechselerkrankungen bei Säuglingen, um sie rechtzeitig erkennen zu können, und ein flächendeckendes Mammographie-Screening, das mir als Frauenministerin ganz besonders wichtig ist, sowie weitere Vorsorgemaß-


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nahmen, auf die wir uns auch mit den Ländern einigen werden, und weitere 2,9 Millio­nen € für das Transplantationswesen. In diesem Bereich ist Österreich führend. Damit wird sichergestellt, dass wir die bisherigen Leistungen im Transplantationsbereich fort­führen können. Wir haben mehr als 1 000 Herztransplantierte, mehr als 500 Lungen­transplantierte; viele von ihnen leben in hoher Lebensqualität weiter.

Wir werden auch im Rahmen eines „Österreichischen Strukturplans Gesundheit“, der den Österreichischen Krankenanstaltenplan, den ÖKAP, ablösen wird, sichtbar ma­chen, dass wir in der Gesundheitspolitik einen Paradigmenwechsel vorgenommen haben. Das halte ich deswegen für wichtig, weil wir der Gesundheitsförderung und der Vorsorge einen besonderen Stellenwert beimessen.

In diesem Sinne möchte ich mich bei allen bedanken, die an diesem Strukturpaket mitgewirkt haben, den LändervertreterInnen, dem Koalitionspartner. Wir haben hier, glaube ich, sehr konstruktiv an einer gesamthaften Lösung gearbeitet, die ein wichtiger Schritt in der Gesundheitsreform ist und die für die Erhaltung des hochqualitativen österreichischen Gesundheitssystems wichtig ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

13.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als erster Debattenredner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Ich erteile es ihm.

 


13.21

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, dass das Strukturpaket eine Reihe von interessanten Ansätzen enthält, die unter Umständen dazu führen kön­nen, dass die gestellten Zielsetzungen auch erreicht werden. Und in der Tat ist ein bes­seres Zusammenwirken zwischen dem Krankenhausbereich und dem niedergelasse­nen Bereich eine Grundvoraussetzung dafür, dass in Zukunft auch Effizienzpotenziale dementsprechend ausgenützt werden können.

Man soll aber auch nicht verhehlen, dass dieses Strukturpaket viele Fragestellungen offen lässt – viele Fragestellungen, die in den nächsten Monaten auf Landesebene noch zu regeln und zu klären sein werden – und dass es natürlich auch bereits erste Bedenken gibt, wie die konkrete Struktur am Ende aussehen wird. Auch der Präsident der Ärztekammer hat heute darauf hingewiesen, dass er durchaus positive Ansätze sieht, aber dass natürlich auch die Gefahr einer Zentralisierung des Gesundheitssys­tems und des Aufbaus einer neuen Bürokratie besteht, die von den Patienten und von den unterschiedlichen Anliegen in den einzelnen Regionen entfernt ist. Ich glaube, dass diese Einwände insofern wichtig sind, als sie, wenn dieses Paket umgesetzt wer­den soll, auch entsprechende Berücksichtigung finden sollen.

Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, dass die patientenfremden Leistungen eher eingeschränkt werden sollen, und dafür Beispiele genannt. Ihr Budget für das nächste Jahr ist leider nicht unbedingt ein Beweis für diese Haltung, denn wenn Sie den Perso­nalaufwand in der Zentralstelle des Ministeriums für das nächste Jahr um rund 23 Pro­zent erhöhen – das heißt, die Bürokratie ausdehnen –, ist das nicht der allerbeste Beweis dafür, dass hier an Bürokratie eingespart werden soll und die Leistungen aus­gebaut werden sollen.

Daher sage ich: Es gibt in diesem Strukturpaket eine Reihe von positiven Ansätzen. Aber der Gefahr, dass es hierdurch zu einer Zentralisierung fernab von den Interessen der Patienten kommt, muss entsprechend entgegengewirkt werden. Das erwarten wir uns! (Beifall bei der SPÖ.)


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Zum zweiten Kapitel, Frau Bundesministerin, was die Finanzierung des österreichi­schen Gesundheitssystems betrifft: In diesem Zusammenhang muss man einmal sagen, was es in den vergangenen Jahren allein an Belastungen der Österreicherinnen und Österreicher durch Ihre Regierung gegeben hat und wie die Belastungen ausgese­hen haben. Allein im Bereich der Gesundheitsversorgung haben Sie im Jahr 2001 120 Millionen € an Belastungen verordnet, im Jahr 2002 105 Millionen, im Jahr 2003 165 Millionen, im Jahr 2004 500 Millionen und im Jahr 2005 641 Millionen; das heißt in den letzten Jahren in Summe: 1,5 Milliarden € an zusätzlichen Belastungen für die Ver­sicherten, allein aus dem Titel der Krankenversorgung!

Jetzt sagt jeder: Na gut, das Geld wird ja der sozialen Krankenversicherung zugute ge­kommen sein. Dem ist leider nicht so, denn gleichzeitig wurden die Krankenversiche­rungsträger immer stärker finanziell ausgehungert. Ich möchte darauf verweisen, dass Sie den Krankenversicherungen im Jahr 2001 zusätzliche Belastungen von 171 Millio­nen € aufgebürdet haben, im Jahr 2002 286 Millionen €, im Jahr 2003 330 Millionen €, im Jahr 2004 413 Millionen € und im Jahr 2005 621 Millionen €. Das heißt, auf der einen Seite wurden die Versicherten mit 1,5 Milliarden € belastet, auf der anderen Seite haben Sie die Sozialversicherungen zusätzlich mit 1,8 Milliarden € belastet!

Frau Bundesministerin, ich sehe in dem, was Sie bisher präsentiert haben, keine Ver­änderung dieses Trends. Es bleibt die finanzielle Situation der sozialen Krankenver­sicherung eine enorm angespannte, und es stellt sich daher die Frage – die wird in den nächsten Jahren zu beantworten sein! –, ob diese 305 Millionen €, die es an neuen Mitteln für die Gesundheitsversorgung geben soll, angesichts des Trends, der seit dem Jahr 2001 vorhanden ist, überhaupt ausreichen werden, um die Gesundheitsversor­gung in Österreich zu finanzieren.

Frau Bundesministerin, es wird daher nicht allein ausreichen, strukturelle Einsparungen zu vereinbaren – ich hoffe, sie werden konstruktiv wirken – und auf der anderen Seite die 305 Millionen € unter Umständen zu erbringen, wenn jene Trends, die grundsätz­lich in der Frage der Gesundheitsfinanzierung und ihrer Ausgabensituation seit dem Jahr 2001 anhalten, auch weiter fortgesetzt werden.

Ich glaube, man sollte außer Streit stellen, dass es in Österreich eine Gesundheitsver­sorgung gibt, die solidarisch finanziert ist und die, unabhängig vom Einkommen, jedem im gleichen Ausmaß zugänglich ist. Wenn die Finanzierung weiterhin eine sehr knappe ist, stellt sich für die Zukunft die Frage: Wird es weitere Belastungen geben – und wer wird die zu tragen haben –, oder kommt es zu weiteren Einschränkungen?

Vor diesem Hintergrund betrachte ich auch das Paket, das Sie nun für die 305 Millio­nen € vorgelegt haben. Ich verhehle nicht, dass ich es für vernünftig erachte, dass die Rezeptgebühr nicht in einem so dramatischen Ausmaß erhöht wird, wie das ursprüng­lich geplant war, denn von 4,35 auf 5 € zu erhöhen, wäre in der Tat eine ganz massive Belastung gewesen, vor allem vor dem Hintergrund, dass die Rezeptgebühr im Jahr 2001 noch 3,27 € betragen hat. Das heißt, es ist ein erster Fortschritt, dass nun diese Rezeptgebührenerhöhung nur eine geringfügigere als die ist, die geplant war.

Aber wenn wir uns anschauen, wie der Einnahmenentfall aus dem Ganzen finanziert werden soll, dann sieht die Sache schon nicht mehr so blendend aus. Wenn Sie näm­lich als Ersatzmaßnahme dafür vorschlagen, dass in Zukunft die Sehbehelfe für den Großteil der Bevölkerung von den Krankenkassen nicht mehr mitfinanziert werden und dass – ausgenommen von Kindern und einzelnen sozial Schwachen – vor allem die immer teurer werdenden Brillengläser von allen selbst bezahlt werden sollen ... (Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Na, sonst werden Sie auf die Summe von 35 Millionen € nicht kommen, meine sehr verehrten Damen und Herren!


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Das heißt, wenn das in Zukunft selbst bezahlt werden soll, dann bedeutet das doch nichts anderes, als dass eine Belastung, die mit der Rezeptgebührenerhöhung ein großer Teil der Bevölkerung getragen hätte, nun zu einem Teil der Bevölkerung ver­schoben wird, aber es ändert nichts daran, dass es eine Fortsetzung der Tendenz zur Selbstbehaltemedizin ist. Wir Sozialdemokraten halten ein Fortsetzen der Selbstbehal­temedizin für den politisch falschen Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zum Zweiten: Was den Spitalskostenbeitrag betrifft, gibt es in Wirklichkeit keine Verän­derung – außer der, dass Sie die heiße Kartoffel an die einzelnen Bundesländer weiter­reichen. An der Betroffenensituation wird sich dadurch wenig ändern. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Wir müssen nämlich sehen, dass die Länder seit Jahren veranlasst sind, Überschüsse für das Grasser-Defizit zu liefern, und dass in Wirklichkeit das Ge­samtpaket ausgemacht wurde, um die Finanzierung der Krankenanstalten sicherzu­stellen. Doch jetzt geht man her und sagt zu den Ländern: „Aber wenn ihr freiwillig darauf verzichtet, könnt ihr ja gern!“, so unter dem Motto „Holt euch das Geld irgendwo anders!“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ändert überhaupt nichts an der sozial­politischen Komponente dieser Maßnahme. Die Bundesregierung versucht nur, die politische Verantwortung für diese Maßnahme an die Bundesländer weiterzugeben. Das ist nicht verantwortungsvoll! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Dritten geht es um Maßnahmen in dem Bereich. Ich würde sagen, der umstrittene Bereich der Gesundheitsfinanzierung hat 65 Millionen € umfasst; 65 Millionen € hat der umstrittene Teil der Gesundheitsfinanzierung betragen. Jetzt gehen Sie her und sagen: Man macht weiterhin die Erhöhung des Krankenanstaltenbeitrages, man macht eine geringfügigere Rezeptgebührenerhöhung, und man macht massive Einschränkungen bei den Sehbehelfen.

Ich glaube, es hätte vernünftigere und solidarischere Lösungen gegeben, um dieses Geld aufzubringen. Es wäre keine Bestrafung der Leistungsträger oder keine unge­bührliche Einschränkung gewesen, wenn man gesagt hätte, dass die Höchstbeitrags­grundlage in einem vernünftigen Ausmaß erhöht wird, sodass man das finanzieren kann. Das hätte dazu geführt, dass diejenigen, die es sich wirklich leisten können, einen kleinen Beitrag leisten, und diejenigen, die es sich nicht leisten können, von die­sen Maßnahmen verschont geblieben wären. Frau Bundesministerin, es gibt einen so­zial gerechteren Weg, die Gesundheitsversorgung zu finanzieren. Leider haben Sie mit diesem Ergebnis diesen Weg nicht beschritten! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Was bleibt daher als Gesamtbewertung dieses Pakets übrig? – Die Gesamtbewertung des Pakets ist: Erstens gibt es weiterhin die Zweifel der Ärztekammer und vieler ande­rer, dass die Strukturreform zu mehr Zentralisierung und Bürokratisierung führt. Ich hoffe, dass das durch die Ausführungsmaßnahmen, die Sie setzen werden, vermieden werden kann. Das Zweite, was übrig bleibt, ist der Zweifel, ob die 305 Millionen € tat­sächlich ausreichen werden, in den nächsten vier Jahren die Gesundheitsversorgung auf einem hohen Niveau sicherzustellen. Das Dritte, was übrig bleibt, ist: Die Finan­zierung dieser 305 Millionen € ist in manchen Bereichen in Ordnung, es bleiben aber einige sozialpolitische Härten erhalten, die absolut nicht notwendig gewesen wären, weil es dazu solidarische Finanzierungsalternativen gibt.

Ich würde sagen, sinnvoll ist eine Befassung das Parlaments mit diesen Fragen in jedem Fall. Es wäre sinnvoll, wenn die Budgetdebatte unter Einschluss dieses Finanz­pakets dazu benützt wird, dass die sozialpolitischen Härten, die dieses Paket nach wie vor enthält, bereinigt werden. Wir werden dazu unseren Beitrag leisten. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Sie haben ja schon abgelehnt!)

 


13.33


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


13.33

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Mit dem heutigen Tag ist es klar: Unsere Gesundheits­ministerin wird als mutige Reformministerin in die Geschichte der österreichischen Gesundheitspolitik eingehen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Mit dem schon erwähnten Medikamentenpaket, der gestern vorgestellten Vorsorgeun­tersuchung, dem Finanzsicherungspaket für die Spitäler und die Krankenversicherung, aber vor allem mit dem Strukturpaket kann man sich, glaube ich, auch international sehen lassen. Vor dem Hintergrund, der international abläuft, ist das auch sehenswert. Täglich haben wir einen enormen Fortschritt in der Medizin, und die Menschen werden älter. Ich zeige Ihnen nur drei Zeitschriften, die international allein heute veröffentlicht wurden. (Der Redner hält drei medizinische Fachzeitschriften in die Höhe.) Die Ärzte müssen das umsetzen! Wie wollen sie sonst verantworten, dass Fortschritt nur in Amerika, in England und in anderen Ländern stattfindet?

Ich finde es heute eine Augenauswischerei, wenn man auf der einen Seite sagt: Man will allen alles zukommen lassen – das ist nationaler Konsens! –, und auf der anderen Seite betet man gebetsmühlenartig das Wort „Belastung“ herunter. Trotz aller Refor­men, zu denen wir uns bekennen, müssen wir auch sagen, dass der Fortschritt letzt­endlich etwas kostet. Und an dem Tag, an dem diese Reform beschlossen sein wird, wird schon die nächste Reform anfangen; das ist in der Gesundheitspolitik system­immanent.

Bevor ich auf Details eingehe, möchte ich noch Folgendes feststellen: Wir hatten in Österreich immer einen nationalen Konsens in der Gesundheitspolitik, auch unter SPÖ-Ministern. Ich bin jetzt schon lange genug Gesundheitssprecher, um das sagen zu können: Es hat darüber Konsens bestanden, wir wollen eine maximale, eine hohe Versorgung in hoher Qualität, unabhängig vom Alter und unabhängig vom Einkommen. Das ist ein nationaler Konsens, der wird von der ÖVP und von der FPÖ überhaupt nicht gebrochen, sondern auf hohem Niveau weitergeführt, und das sollte man hier an­erkennen. Sie sind aufgerufen, den Zickzackkurs zu verlassen, der in den letzten Wo­chen sowohl bei den Grünen als auch bei der SPÖ stark sichtbar geworden ist: SPÖ-Länder dafür, Gusenbauer dagegen, und so weiter. (Abg. Silhavy: Kollege Dr. Rasin­ger, Zickzackkurs ist ...!) Bitte scheren Sie ein in den nationalen Konsens, wo Ihre Bundesländer schon längst sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte aus dem Paket nur drei Punkte herausgreifen. Erstens: Sehr wesentlich ist die verbesserte gemeinsame Planung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass in Österreich eine Institution der anderen Institution die Kosten zugeschoben hat. Es war nicht klar, ob die Dialyse vornehmlich draußen oder im Spital stattfindet. Es war immer das Schielen auf die eigenen Finanzen, man könnte auch sagen: Schrebergartendenken.

Die jetzigen Gesundheitsagenturen und Landesplattformen sollen dieses Denken über­winden. Hier ist Dank zu sagen den Ländern, Dank zu sagen dem Bund und auch der Sozialversicherung, und zwar dafür, dass sie bereit sind, gemeinsam vorzugehen. Es nützt nichts, in Österreich mit der Hacke durch die Lande zu gehen. „Gemeinsam vor Machtstreben“ ist das Motto, und das ist der Dank, den wir allen Beteiligten ausspre­chen. Auch die Ministerin hat da oft auf Macht verzichtet.

Zweitens: Der Punkt Prävention ist eminent wichtig; Karl Schweitzer ist ja ein unermüd­licher Rufer in der Wüste. Bedenken Sie: 60 Prozent der Österreicher machen über­haupt keine sportliche Bewegung! Die Menschen ernähren sich völlig falsch, und wir


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haben bei den Jugendlichen, gemeinsam mit Grönland, den traurigen Nummer-eins-Platz beim Rauchen. Da ist es doch sehr, sehr wichtig, dass wir endlich vom Welt­meisterplatz beim Spitalliegen wegkommen und dass die Leute gar nicht krank werden. Gestern hat die Frau Ministerin die neue Vorsorgeuntersuchung vorgestellt, und ich glaube, das ist ein wichtiger Weg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Kein Mensch würde sein Auto so lange fahren, bis es auseinander fällt. Nur mit unserer eigenen Gesundheit gehen wir besonders nachlässig um.

Dritter Punkt: Gott sei Dank – das sage ich Ihnen jetzt als Arzt – sind wir nicht in den Bettenabbau-Fetischismus und Spitalsfetischismus vieler Gesundheitsökonomen, die uns das wirklich milchmädchenartig vorrechnen, eingefallen. Es würde bedeuten: Rein theoretisch könnten wir jedes dritte Spital in Österreich schließen – rein theoretisch! Dies würde aber bedeuten, dass wir vor allem im ländlichen Bereich enorme Probleme hätten, zum Beispiel eine Notfallversorgung aufrechtzuerhalten. Ich kenne mich inter­national aus, und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich möchte nicht gern in den heu­tigen Ostgebieten Deutschlands wohnen, wo man ganz kühl lächelnd sagt: Auf 90 Kilo­meter Distanz wird es eben kein Spital geben. Was heißt das: Es wird eben kein Spital geben?

Es ist meiner Meinung nach eine verantwortungsvolle Strukturpolitik, dass wir sagen: Jawohl, Spitalsreformen – wir wollen, dass die Menschen in größerem Ausmaß drau­ßen betreut werden –, aber wir brauchen keinen Kahlschlag, der die Versorgung für viele Menschen, die sich nicht wehren können, praktisch zum Erliegen bringt. Jawohl, wir bekennen uns zum Stufenprinzip: zuerst die Prävention, dann der Hausarzt, dann der Facharzt, dann die Ambulanz, dann das Spital, dann die Rehab, dann die Pflege. Das wird billig sein, das ist die Mega-Aufgabe, vor der wir stehen, und nichts anderes. Wir brauchen keine Ideologien, wir brauchen keine Rationierungspolitik, und wir brau­chen keine Kahlschlagpolitik. Bitte scheren Sie ein in den nationalen Konsens, den wir in Österreich immer gehabt haben und weiterhin haben wollen!

Denken Sie an England, ein sozialdemokratisch geführtes Land, die haben jahrelang Kahlschlag betrieben! (Abg. Öllinger: Das war unter Thatcher!) Sie bauen heute hun­dert Spitäler, das dauert zehn Jahre. 1,3 Millionen Menschen stehen auf der Warteliste. Acht Jahre brauchen sie, um überhaupt die Notfallversorgung aufzubauen.

Deutschland geht jetzt vermehrt, Rot-Grün (Abg. Öllinger: Wer hat alles kaputtge­macht in England?) – hören Sie gut zu, Herr Öllinger, bei mir können Sie immer etwas Neues dazulernen (Beifall bei der ÖVP – Abg. Öllinger: Ich höre!) –, Deutschland geht vermehrt dazu über, dass große Aktiengesellschaften (Abg. Dr. Grünewald: Er wird sich keinen Hörbehelf leisten können!) – ja, hören Sie gut zu, Sie können etwas ler­nen –, große Ketten die Spitalsversorgung übernehmen. Ich kann Ihnen eines sagen: Wissen Sie, wozu das führt? Dass man plötzlich gute und schlechte Krankheiten hat. Shareholder Value kennt keine ethische Verantwortung bei Krankheiten, sondern wenn Sie Alzheimer haben, gleichzeitig alt sind, nierenkrank und Rheuma haben, dann sind Sie ein schlechtes Risiko für das Spital und Sie werden Probleme kriegen, ein Spitals­bett zu finden. Diesen Weg sind wir in Österreich eben nicht gegangen, und ich bin dankbar dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist klar, die Regierung bekennt sich mit diesen Paketen – mit dem Finanzierungs­paket, mit dem Strukturpaket und den anderen Reformen – zu ihrer Verantwortung, dass Gesundheit das wichtigste Gut ist, das wir haben. Wir sind klar positioniert, wir wissen, dass wir Reformen brauchen, wir wissen aber auch, dass das Gesundheits­wesen Geld braucht – sparsam, aber doch.

Gehen Sie bitte diesen Weg des nationalen Konsenses mit – im Interesse der hohen Qualität der Gesundheitsversorgung, aber auch im Interesse der österreichischen Pati-


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enten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Großruck: Bravo, Erwin!)

13.41

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


13.42

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vielleicht zuerst ein, zwei Sätze zu meinem Vorredner. Ich finde es schon eigenartig, wenn der Oppo­sition hier ein Zickzackkurs vorgeworfen wird, obwohl ich bis jetzt eigentlich nur den Slalomläufer Rasinger erleben durfte. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Womit er aber Recht hat, ist folgender Satz: Die Frau Ministerin hat auf Macht verzichtet. – Sehr wohl, so schaut es aus. Ich werde vielleicht versuchen, die Rede etwas zu gendern.

Als wir begonnen haben, darüber zureden, haben wir mit einer Frau Ministerin gespro­chen. Die Gespräche waren offen, transparent, spannend. Ich verhehle nicht, dass es eine Reihe von ins Auge gefassten Zielen gab, die ich und viele andere als sinnvoll und gut empfunden haben. Was war geplant? – Man hätte darüber reden können, und die Frau Ministerin hätte – das sage ich jetzt im Konjunktiv im Gegensatz zu Rasinger – als mutige Ministerin eingehen können: egal, ob in die Geschichte oder zumindest (Abg. Öllinger: Ins Protokoll!) über mehrere Wochen in die Zeitungen. Jetzt muss ich ein bisschen vorsichtig sein. Sie hätte eingehen können. Ich hätte Ihnen das auch ge­wünscht. Da bin ich weder neidig noch eifersüchtig.

Was ist aber passiert von der Planung bis zur Umsetzung? – Und jetzt gendere ich nochmals. Da haben – das ist nicht polemisch – die Männer mehr die Zügel in die Hand genommen und irgendwo – selten, aber umso ärger – zeigt sich in der Politik der Mächtigen schon so eine Art Cäsarenwahn, alles besser zu wissen, alles besser machen zu wollen und sich darin zu verbeißen. Was ist passiert? – Man hat diese gesundheitspolitischen Ziele, über die sich alle ExpertInnen – ich würde sagen, welt­weit, sofern sie sich mit Österreich beschäftigen – einig waren und geeinigt hatten, auf halber Strecke fallen gelassen, unter den Teppich gekehrt und in relativ dürftige Kom­promisse umgewandelt.

Was waren die Ziele und was war die Kritik der Experten? – Analysiert wurde das Ge­sundheitssystem in Österreich mit seinen Problemen eines Kompetenzdschungels im Bereich der Finanzierung, im Bereich der Verantwortung und der Zuständigkeiten. Es ist so weit gekommen, dass Bedarfserhebungen nicht zu einer bundeseinheitlichen Leistungsangebotsplanung für die PatientInnen geführt haben, Beiträge zu den Kassen waren weit weg von einer fairen Harmonisierung, die Patientenrechte waren gleich in neunfacher Ausformulierung vertraglich abgesichert mit den Bundesländern, wir hatten zehn Krankenanstaltengesetze. Das ist in einer Republik mit acht Millionen Menschen kein vernünftiger Föderalismus, sondern kontraproduktiv. Die Ziele waren also wirklich: eine bundeseinheitliche Bedarfserhebung, Leistungsangebotsplanung, Qualitätssiche­rung und Harmonisierung der Beiträge.

Dann kamen – was Schüssel als guten, langjährig bewährten Usus bezeichnet – die Finanzausgleichsverhandlungen. Hier waren ja überwiegend Männer im Spiel, und da war dann der Kampf der Mächtigen gegen die anderen Mächtigen. Und was ist zurück­geblieben? – Statt zu einer Stärkung der Bundeskompetenzen zu kommen, hat man im Austausch den Ländern einiges geopfert. Ich weiß schon, dass die Geld brauchen, ich weiß schon, dass die fair behandelt werden müssen, die Frage ist nur, um welchen Preis. Das Einzige, was fixiert worden ist, sind neue Belastungen, mehr Geld von den Versicherten und den Beitragszahlern in ein System, von dem nicht einmal klar ist, wie


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es in Zukunft verbindlich gestaltet werden soll. Denn das ist der Teil der Pläne von Rauch-Kallat, die aber wurden nicht verbindlich niedergeschrieben und sind wahr­scheinlich auch nicht so leicht umzusetzen.

Ich sage nur ein Beispiel: Es hat österreichweit einen Krankenanstaltenplan gegeben, der mit den Bundesländern verhandelt und auch unterzeichnet wurde. Ich bin einmal von Wien mit dem Zug nach Tirol gefahren und habe mit einem zuständigen Hofrat über den Krankenanstaltenplan Tirols gesprochen, und der hat mir wörtlich gesagt – ich sage es nicht im Dialekt –: Wir sind ja nicht blöd, das umzusetzen. Teure Akut­betten in billige andere umzuwidmen, da zahlen wir nur drauf.

So hat das ausgeschaut, und ich fürchte so wird das weiterhin ausschauen, denn nach meiner Erfahrung – und Ihre Erfahrungen sollten es Ihnen auch zeigen – waren 15a-Vereinbarungen nie sehr optimistisch zu betrachten, wenn man sich die Vergangenheit anschaut.

Das heißt, wir haben fixiert: Beitragserhöhungen, mäßige Rezeptgebührenerhöhungen und den Spitalskostenbeitrag. Und da wird es langsam absurd. Der Spitalskostenbei­trag wird den Ländern anheim gestellt. Das ist erstens nicht sehr mutig und zweitens den gesundheitspolitischen Zielen ja entgegenlaufend. Ich will Vereinheitlichung in Österreich. Statt einen Nationalfeiertag, fürchte ich, werden wir in Zukunft neun feiern. Jedes Bundesland hat seinen Nationalfeiertag. (Abg. Scheibner: Ein sehr intelligenter Vergleich!) – Nein, das ist kein komischer Vergleich, es geht in diese Richtung. (Abg. Silhavy: Kärnten, das sind die Ersten!) – In Kärnten ist es sowieso ein Thema, die haben ihn ja schon.

Jetzt machen Sie die Spitalskostenbeiträge zur Sache der Länder, also wieder gegen den Strom einer Vereinheitlichung. Und was ist? – Sie wollen gleichzeitig die Spitals­betten rückführen, abbauen, umwidmen. Da sind die größten Kosten, also müssten die Spitalskostenbeiträge zwangsläufig wieder sinken. Das heißt, die Länder schneiden sich, wenn sie Ihrer Reform zustimmen, die Einnahmen aus den Spitalskostenbeiträ­gen wieder ab. Also das ist kein ermunterndes Anreizsystem, in den Spitälern etwas zu machen.

Was Sie bei den Brillen machen, hat vielleicht nur einen Vorteil: Wenn die Eigenfinan­zierung steigt, wird politische Kurzsichtigkeit endlich einmal privat finanzierungspflich­tig. (Beifall bei den Grünen.) Man muss dann schon im wahrsten Sinne des Wortes sagen: Glasauge, sei wachsam! (Heiterkeit.) Über 30 Millionen € will man hier heraus­holen. (Abg. Scheibner: Haben Sie für Ihre Brille einen Beitrag bekommen?) Kassen finanzieren auch Glasaugen, das ist gar nicht so lächerlich. Aber da wird man dann statt eines Glasauges nur eine Augenbinde bekommen. Und das finde ich nicht gut. Sie wissen auch, Herr Scheibner, Österreich liegt, was die privaten Belastungen im Gesundheitssystem betrifft ... (Abg. Scheibner: Haben Sie für Ihre Brille einen Beitrag bekommen?) – Ich habe meinen Beitrag schon bezahlt, ja sicher. (Abg. Scheibner: Ob Sie einen Beitrag bekommen haben für Ihre Brille?) – Das weiß ich gar nicht. Das habe ich gar nicht beantragt, aber es kann schon sein. Aber jetzt werden die Beiträge der Privaten angehoben, nicht die Beiträge der Kassen. Sie müssen das schon lesen. 30 Millionen € will man bei diesen Heilbehelfen einsparen. Wir liegen an dritter Stelle der Welt, was diese Dinge betrifft.

Nun komme ich zu den Agenturen und Plattformen. Da hat sich vieles gespießt, da wa­ren unterschiedliche Meinungen. Ich muss Ihnen sagen, Frau Bundesminister, wie das heißt, ob das Bundesagentur heißt oder Plattform oder von mir aus auch Westöstlicher Diwan, das wäre mir alles völlig egal, wenn es durch eine stärkere Kompetenz des Bundes möglich wäre, Patientinnen und Patienten österreichweit gleiche moderne und


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sinnvolle Leistungen anzubieten und damit verbunden auch die Beiträge zu harmoni­sieren.

Was ist jetzt aber aus diesen Plattformen geworden? – Sie reden davon, dass der Bund gestärkt gehörte, Rasinger sagt, die Ministerin habe auf Macht verzichtet. Wenn Sie in der Bundesagentur Dinge beschließen, die von den Ländern nicht goutiert wer­den, werden Sie nicht deren Zustimmung bekommen. Das heißt, ich fürchte, dass schon in der Bundesagentur die Vorgaben so verwässert werden, damit man diesen Kompromiss mit den Ländern durchhält. Und das geht sicher nicht zu Gunsten der PatientInnen.

Was ist in der Agentur jetzt plötzlich festgeschrieben worden? – Ein Aufgabenbereich stationär, wo Länder Stimmrechte haben, die ihnen Mehrheiten sichern, und ein Leis­tungsbereich niedergelassener Bereich, wo die Kassen Stimmrechtsmehrheit haben. Das heißt, das, was ich bekämpfen wollte, die isolierte Betrachtung von niedergelas­senem und stationärem Bereich, wird in der Struktur nochmals nachgezeichnet. Dafür mache ich dann noch einen Koordinationsbereich. Das kann wirklich nicht gut sein. Das wird mir niemand erklären können. (Beifall bei den Grünen.)

Und was passiert mit den Kassen? Das schaue ich mir nämlich auch an. In diesen Plattformen oder Agenturen sind, heißt es, die Sozialversicherungsträger vertreten. Da gibt es aber, wie Sie wissen, nicht nur eine Sozial- und Krankenversicherung, sondern viele. Sie wissen aber, dass die Gebietskrankenkasse mindestens über 80 Prozent aller Beiträge der Versicherten verfügt und sieben andere große Kassen über 20 Pro­zent nach Adam Riese. Wenn da alle Kassen vertreten sind, wird jene, die 80 Prozent der Budgetmittel besitzt oder über sie verfügt oder diese verwaltet, nur zu einem Sie­bentel gegenüber jenen, die 20 Prozent vertreten, gewichtet. Das nenne ich eine mög­liche – ich sage mögliche, weil ich vorsichtig bin und vielleicht auch zu höflich –, aber durchaus wahrscheinlich politische Umfärbung, die so nicht passen kann. Wenn die Kassen aus dem Mitspracherecht des stationären Versorgungssektors mehr oder weni­ger in die Zuschauerrolle katapultiert werden, kann das auch nicht gut sein.

Zu guter Letzt glaube ich, dass Sie mit dieser Reform eine Chance vertan haben und nicht genügend Widerstand leisten konnten und durften. Das würde ich Ihnen ja noch zugute halten. Das wird jener vertreten müssen, der das mit den Ländern verhandelt hat, jener, der neben den Kassen auch die Arbeiterkammer ins Visier genommen hat. Ich glaube, bei zu vielen politischen Spielchen sind die letztlichen Verlierer einer Politik, die kein Spiel mehr ist, die Patientinnen und Patienten. Und das sollte nicht sein.

Vielleicht können Sie noch einiges korrigieren, ich fürchte aber, eine große Chance wurde vertan, und das tut mir Leid um uns alle, insbesondere um die PatientInnen. (Beifall bei den Grünen.)

13.53

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 


13.53

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich teile Ihre pessimistische Meinung, Herr Abgeordneter Grünewald, nicht. In Ihrer Kritik haben Sie in manchen Punkte etwas Richtiges angesprochen, aber ich glaube, man kann sehr gut den Beweis führen, dass trotz der schwierigen realpolitischen Lage hier ein Optimum an neuen Strukturen und Möglichkeiten herausgeholt worden ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es war ohne jeden Zweifel eine schwierige Operation, aber sie ist gelungen, und der Patient geht seiner Genesung entgegen. Die akuten Symptome – das war der offene


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Finanzbedarf im Spitalswesen – konnten erfolgreich behandelt werden, und es gibt auch – das ist ganz entscheidend und das war in früheren Jahren eben nie der Fall – ein Konzept für eine mittel- und langfristige Therapie: einerseits das Strukturpaket, das auch von Ihrer Seite doch sehr positiv beurteilt worden ist, und andererseits – und da muss man dem unermüdlichen Staatssekretär Schweitzer danken, der hier wirklich eine Pionierarbeit in Bewusstseinsbildung vollbracht hat – auch das erste Mal Mittel für eine Prävention, die diesen Namen verdient. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Rasinger.)

Diese beiden Maßnahmen zusammen werden zwar nicht sofort – darum ist auch die Notwendigkeit frischer Geldmittel sofort gegeben –, aber doch auf mittlere und vor allem auf längere Sicht zu einer Kostendämpfung im Gesundheitswesen führen, die wir dringend brauchen, denn die Kostensteigerung ist ja, wie gesagt worden ist, auf Grund der demografischen Situation vorgegeben.

Auch das sei hier noch einmal betont: Es besteht in Österreich Einigkeit darüber, dass der Zugang zu den medizinischen Leistungen von keinen sozialen Voraussetzungen her beschnitten werden darf. Das medizinische Angebot, das ein Staat leistet, ist Er­gebnis gesamtgesellschaftlicher Anstrengungen und muss deswegen auch von allen abgerufen werden können.

Klar ist die Situation, die wir vorgefunden haben. Wir wollten – und das ist eben der Unterschied und ein neuer Weg – einen neuen Ansatz machen, das heißt, keine frischen Mittel in ein ineffizientes System. So klar die Voraussetzungen waren, so schwierig, Herr Kollege Grünewald, war der Auftrag der realpolitischen Umsetzung. Denn die Effizienz des Systems litt darunter – da haben Sie hundertprozentig Recht, alle Experten sagen das, es ist auch wirklich mit Händen zu greifen und auch für einen Laien leicht zu erkennen –, die Ineffizienz des Systems lag daran, dass sich die ein­zelnen Spieler, vor allem die Ärzteschaft, die Länder und die Sozialversicherung, zu keinem gemeinsamen Vorgehen veranlasst gesehen haben. Das waren separierte Bereiche, die nicht nur separat, sondern oft auch in Konkurrenz zueinander gehandelt haben.

Das musste man ändern – das gleicht ein bisschen der Quadratur des Kreises, aber ich denke, die Frau Ministerin hat hier wirklich mit viel Einfühlungsvermögen doch eini­ges vorangebracht –, das musste man ändern, und zwar mit Wollen und mit Hilfe die­ser separierten Bereiche. Das ist nicht ganz einfach. Es wird ja auf der einen Seite be­klagt, dass es durch dieses Paket zu einer Zentralisierung kommen würde, Sie hinge­gen sagen, es wird zu derlei nicht kommen, sondern Sie beklagen eine weitere Födera­lisierung. Daran sieht man schon, wie schwierig das ist. Es sind das sehr einflussreiche Körperschaften und Institutionen, die ihr Eigenleben haben, ihr eigenes Selbstbewusst­sein haben, ihr eigenes Verständnis davon haben, was gut in der Gesundheitspolitik ist, und die sollten nun ihre Separierung aufgeben. – Nichts einfacher als das.

Ich meine, dass im Rahmen des Möglichen – und Politik ist, wie wir wissen, die Kunst des Möglichen – einiges gelungen ist. Wir haben – und da freue ich mich, dass die freiheitlichen Vorhalte zu guter Letzt Gehör gefunden haben – verhindert, dass mit Ge­sundheitsagenturen auch auf Länderebene eine zusätzliche Struktur eingezogen wor­den ist. Die Gesundheitsplattformen, so wie sie jetzt vorliegen, beziehen ja die Spitals­fonds mit ein, also keine zusätzliche Struktur. Es wird gelingen, und ich halte es auch für ganz entscheidend – ich habe mir vor kurzem einmal überlegt, dass die Ärzteschaft in diesem Parlament nicht sehr zahlreich vertreten ist –, die Ärzteschaft einzubinden. Ich finde die Reaktion des Ärztekammerchefs Brettenthaler, wie er sie in der APA dar­gestellt hat, eigentlich sehr positiv. Da hat es von der Ärztekammer zu früheren Refor­men schon ganz andere Aussagen gegeben.


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Es ist gelungen, eine Struktur zu schaffen, in der alle diese Spieler miteinander planen, in der es einen gemeinsamen Bereich gibt, und in der dennoch niemand sich in seiner Kompetenz, in seiner Vertragsfähigkeit beschnitten fühlt. Das war Voraussetzung, dass das sein muss, dass Freiwilligkeit besteht, und das ist weitgehend gelungen.

Der zweite Brocken war: Wie bringen wir die akut notwendigen zusätzlichen Mittel auf, diese berühmten 305 Millionen? Da haben die Länder – ganz klar, das ist eine poli­tische Grundregel – dann eben das Junktim umgekehrt: Keine Strukturreform ohne zu­sätzliche Mittel.

Wir haben es uns nicht leicht gemacht als Freiheitliche Partei, und ich bedanke mich da ganz besonders bei unserem Klubobmann, der sich hier wahrscheinlich bei man­chen schon ein bisschen Ärger eingehandelt hat (Beifall bei den Freiheitlichen), aber es hat sich, Herr Klubobmann, zu 100 Prozent gelohnt. Wir haben gesagt, es muss zu sozial verträglichen Möglichkeiten kommen, es muss vor allem auch befristet sein. Das ist noch nicht gesagt worden, deshalb streiche ich das heraus. Es ist wirklich ein großer Erfolg der Regierung, dass das eingesehen wurde und dass es gelungen ist, festzulegen, dass alle diese zusätzlichen Einnahmen befristet sind; befristet, bis die Gesundheitsreform greift.

Es ist ein großer Erfolg, dass es nicht zur Erhöhung der Rezeptgebühr kommt. (Iro­nische Heiterkeit bei der SPÖ.) Es kommt nämlich – im Gegensatz zu dem, was Sie sagen und auch, wenn Sie das gerne so darstellen würden – zu keiner Erhöhung der Rezeptgebühr. Das ist die routinemäßige Valorisierung, die es ja schon gibt. Also keine Erhöhung der Rezeptgebühr!

Zu den Spitalskostenbeiträgen stelle ich ganz klar fest: Es ist vernünftig, wenn jener, der vorhat, die Mittel auszugeben, auch argumentieren muss, warum er sie zusätzlich einhebt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das halte ich für ein gerechtes und vor allem auch für ein sehr effizientes Prinzip. Man wird es sich dann eben ein bisschen überlegen. Und ich, die ich die Situation in Nieder­österreich doch einigermaßen kenne, fordere von dieser Stelle aus Landesrat Sobotka und Landeshauptmann Pröll auf, nicht sofort zum Instrument der Beitragssteigerung zu greifen, sondern vorher – und ich weiß, in Niederösterreich ist da einiges drinnen – auf eine möglichst effiziente, saubere und sparsame Verwaltung in den Spitälern, die ja zunehmend Landesspitäler werden, zu drängen.

Alles in allem geht diese Reform – das erste Mal seit langem – neue Wege. Es dreht sich also nicht nur darum, das fehlende Geld aufzutreiben. So war es ja bis jetzt immer: Geld, das fehlt, bekommen wir über Belastungen wieder herein. Es gibt die Verknüp­fung mit der Reform. Die Aufbringung der zusätzlichen Mittel ist dank zäher Verhand­lungen im Rahmen des Möglichen, ausgewogen und gerecht. Ich betone noch einmal: Die Erhöhung der Rezeptgebühr kommt nicht. Die Erhöhung der Spitalsbeiträge muss nicht kommen, wenn sich die Länder am Riemen reißen.

Diese Gesundheitsreform ist ausgewogen, sie wird den Trend zu einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Mittel fördern, und das hohe medizinische Niveau ist bei gleichem Zugang für jedermann gewährleistet. – Wir geben diesem Kapitel Ge­sundheit gerne unsere Zustimmung. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

14.01

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte. (Abg. Dr. Rasinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Lackner –: Hoffentlich hast du das richtige Taferl mit! – Abg. Lackner: Ich habe immer die richtigen Taferln mit, Kollege!)

 



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14.02

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Belastungen und Leistungseinschrän­kungen für kranke Menschen, die Wegbereitung in die Zwei-Klassen-Medizin haben mit dem heutigen Tag einmal mehr einen klar zuzuordnenden Namen: Bundesministe­rin Rauch-Kallat und ihre bereitwilligen Unterstützer in ÖVP und FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Ihnen, Herr Kollege Scheibner – er ist jetzt gerade nicht da –, möchte ich besonders gratulieren: Sie haben doch sehr lange gebraucht, bis Sie wieder umgefallen sind – diesmal von Sonntag bis Donnerstag –, sonst ist das ja meistens schon nach wenigen Stunden erfolgt. (Abg. Dolinschek: Hör auf! So ein Blödsinn!) Es ist doch ein Fort­schritt, dass man erst nach so langer Zeit umfällt.

Frau Bundesministerin! Als Beweis für dieses Faktum präsentiere ich Ihnen heute die Bilanz Ihrer unsozialen Politik. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Belas­tungen der Menschen durch ÖVP und FPÖ im Gesundheitswesen von 2001–2005“ vor sich auf das Rednerpult.) 1 541 Millionen € auf dem Rücken kranker und schwacher Menschen – eine wahrlich „schöne“ Bilanz Ihrer Politik, Frau Bundesministerin!

Frau Bundesministerin! Nach dem heutigen Tag und der Leistungseinschränkung im Bereich der Brillen stellt sich für mich die Frage: Was kommt noch? – Und diese Frage ist nicht ganz unberechtigt. Ich darf Ihnen Ihre gestrige Pressekonferenz in Erinnerung rufen, wo Sie sinngemäß gesagt haben: Im Hinblick auf Gesundheitsleistungen, die bisher schon immer finanziert wurden, ist zu hinterfragen, ob diese auch noch ihre Be­rechtigung haben. – Das, Frau Bundesministerin, ist wirklich eine zynische und verant­wortungslose Drohung für alle kranken Menschen in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Wenn diese Leistungseinschränkungen bei den Brillen ein paar Abgeordnete Ihrer Fraktion abfällig abgetan haben, so darf ich doch daran erinnern, dass das ungefähr 51 Millionen € ausmachen wird und im Einzelfall zwischen 8 und 191 € an zusätzlichen Belastungen. Ob das eine Kleinigkeit ist, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, das wage ich zu bezweifeln!

Und das wird so weitergehen, Kollege Rasinger! – Ich fordere Sie auf, Frau Ministerin: Erklären Sie uns hier und heute, wo Sie noch gedenken, weitere Leistungseinschrän­kungen und Kürzungen im Gesundheitswesen vorzunehmen!

Frau Bundesministerin! Die Österreicherinnen und Österreicher trauen Ihnen in der Gesundheitspolitik nicht mehr über den Weg! Ich präsentiere Ihnen heute die erschüt­ternden Ergebnisse einer Umfrage über die Auswirkungen Ihrer Gesundheitspolitik: Skepsis gegenüber Ausgliederung von Spitälern und Ambulatorien – Österreicher be­fürchten Verschlechterung der Versorgung. Knapp 60 Prozent der Befragten erwarten, dass sich die gesundheitliche Versorgung verschlechtern wird. Bereits jetzt fühlen sich 44 Prozent der Befragten durch die Ausgaben im Gesundheitsbereich belastet.

Was die Rezeptgebühr betrifft, Kollege Rasinger, gibt es ja eine brandneue Umfrage, wonach die Österreicher eine weitere Erhöhung entschieden ablehnen, ebenso wie Spitalsschließungen.

Meine Damen und Herren! Kollege Rasinger! Frau Bundesministerin! Es ist ja gerade­zu erschreckend, wie exakt die Österreicherinnen und Österreicher Ihre nächsten un­sozialen Belastungen vorhersagen. – Das ist das Ergebnis dieser Ihrer Politik, die Sie völlig losgelöst, völlig abgehoben machen, anstatt hier im Hohen Haus mit uns den Versuch zu starten – mit uns gemeinsam! –, eine Reform auf den Weg zu bringen, die diesen Namen verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Das musst du dem Rieder und dem Häupl sagen!)


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Frau Bundesministerin! Wie weit Sie tatsächlich vom Pfad der Konsensdemokratie der Zweiten Republik abgewichen sind, zeigt sich durch den Angriff auf eine der tragenden Säulen unseres Landes: die österreichischen Arbeiterkammern. Für mich und meine Fraktion und viele Österreicher und Österreicherinnen ist damit die Grenze des Zumut­baren bei weitem überschritten. Frau Bundesministerin, ich fordere Sie daher auf: Unterlassen Sie diese Angriffe, und kehren Sie auf den Pfad der Konsenspolitik zurück, der Konsenspolitik auch in der Gesundheitspolitik! Besinnen Sie sich auf Ihre christlich-sozialen Wurzeln, und machen Sie mit uns eine Gesundheitsreform – wie ich bereits erwähnt habe –, die diesen Namen verdient!

Wir, Frau Bundesministerin, stehen für folgende Ziele: Wir stehen für einen fairen, gleichen Zugang zur Basisversorgung und zur Spitzenmedizin für alle Menschen – und dieser scheint ab dem heutigen Tage durch Ihre Politik gefährdet. Wir stehen für quali­tativ und quantitativ messbare Gesundheitsziele. Wir stehen für eine Stärkung der Pati­entenrechte. Wir stehen für die Verbesserung des Service im Gesundheitswesen. Wir stehen für einen effizienten Einsatz der Geldmittel im Gesundheitswesen, und, meine Damen und Herren, wir stehen für die Stärkung der Qualität im Gesundheitswesen und – das ist ganz wichtig, Kollege Rasinger – für eine solidarische Finanzierung des Gesundheitswesens und treten gegen Ihre unsozialen Selbstbehalte auf.

Für die SPÖ, Frau Bundesministerin, ist Gesundheitspolitik zu wichtig, um sie Ihren kurzfristigen parteipolitischen Machtinteressen auszuliefern. Daher lehnen wir diese unsoziale und unsolidarische Gesundheitspolitik entschieden ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

14.08

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesminister Rauch-Kallat. – Bitte.

 


14.08

Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat: Herr Präsident! Hohes Haus! Es passt gut darauf: Ich bedauere sehr, dass die SPÖ dieses sehr aus­gewogene Finanzpaket ablehnt, zumindest was die Nationalratsfraktion anbelangt; ich weiß nicht, wie der Bundesrat entscheiden wird. Denn die SPÖ-Politiker und -Politike­rinnen in den Bundesländern – Gabi Burgstaller war ja auch bei den Verhandlungen über das Strukturpaket dabei – haben sehr wohl das Strukturpaket sehr gelobt. Ich weiß nicht, ob Sie etwas anderes gehört haben, ich habe die Aussagen der Frau Lan­deshauptfrau Burgstaller sehr wohl vernommen, habe auch in einem konstruktiven Dialog mit Frau Stadtrat Brauner zusammengearbeitet. Auch Landeshauptmann Häupl und Vizebürgermeister Rieder von der SPÖ haben sich sehr wohl zu diesem Paket be­kannt, das ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beitragsleistungen, allgemeinen Solidaritätsleistungen und Eigenleistungen beinhaltet.

Lassen Sie mich kurz zur Rezeptgebühr etwas sagen. Das, was bei der Rezeptgebühr passiert, ist die seit langem vorgesehene Valorisierung der Rezeptgebühr, die jährlich stattfindet. Das sind 10 Cent von diesem auf das nächste Jahr – eine sehr moderate, vertretbare Erhöhung.

Das, was bei den Sehbehelfen passiert, haben wir uns nicht leicht gemacht, sondern sehr genau diskutiert, und das war das, was ich gestern in meiner Pressekonferenz an­gedeutet habe. Sie brauchen sich also nicht zu fürchten, was da noch alles kommt. Die Krankenkassen werden schon noch gebeten werden, ein bisschen zu schauen, wo noch Effizienzpotentiale sind, die sie noch nicht genützt haben. Einige haben sie ja auf Druck der ÖVP/FPÖ-Regierung schon genützt, und wir haben ja schon wesentliche Einsparungen durch die Verwaltungskosten-Deckelung bei den Krankenversicherun­gen erreicht.


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Wie sieht das Sehbehelfs-Paket tatsächlich aus? – Unbestritten ist, dass in Hinkunft Kinder und sozial Schutzbedürftige, aber auch hochgradig sehschwache Personen die bisherige Kostenbeteiligung der Krankenversicherung bekommen werden. Die Defi­nition obliegt dem Augenarzt, der Augenärztin. Das heißt, dort, wo höhere Kosten durch die Notwendigkeit von Bifokalbrillen angezeigt sind, wo die Kosten für Linsen auf Grund hoher Kurzsichtigkeit angezeigt sind, wird selbstverständlich wie bisher die Leis­tung der Krankenkasse erfolgen. Das, was gestrichen werden soll, ist das Gießkannen­prinzip.

Zu den Designerbrillen. Die Frau Staatssekretärin hat sich in der Pressekonferenz ver­sprochen, sie hat 500 € und nicht 5 000 € gemeint, und das kosten Designerbrillen bald. Die Aufzahlung der Krankenkasse erfolgt automatisch und beträgt 10,35 € für das Gestell oder bis zu 13,85 € – das ist unterschiedlich bei den Kassen – und 5,35 € pro Glas. Das gilt auch nach wie vor für Bifokalbrillen, wenn es medizinisch indiziert ist, wenn es also sozusagen kein Luxus ist, wie das bei mir der Fall ist. Ich habe 1,5 Di­optrien und habe auf Grund meiner Alterssichtigkeit auch eine Bifokalbrille, aber ich kann es mir leisten, und ich stehe auch dazu. Und wenn ich ein besonderes, bruch­sicheres Glas will und mir das leisten möchte, das nur sechs Gramm wiegt – und das ist das Teure an der Brille –, dann brauche ich auch diesen Krankenkassenzuschuss von 20 oder 23 € nicht.

Das ist das, was wir mit „Gießkanne“ meinen. Damit werden wir 35 Millionen € von ins­gesamt jetzt 65 Millionen € einsparen. Sie sehen also, die Masse dieser 65 Millionen machen diese Kleinzuzahlungen aus. Die, die die Brillen brauchen, nämlich die Kinder, die sozial Schwachen und die hochgradig oder stärker Sehbehinderten, bei denen es medizinisch indiziert ist, werden auch weiterhin den Zuschuss in der gleichen Höhe bekommen. Daher halte ich dieses Paket für wirklich ausgewogen und lade auch die SPÖ ein, dem zuzustimmen.

Ich war etwas verwundert über den Ausdruck „Cäsarenwahn“, Herr Abgeordneter Grü­newald. Ich habe es nicht so empfunden! Gerade beim Strukturpaket waren es mehr Frauen als Männer, die hier verhandelt haben, und wir sind, so glaube ich, zu einem guten Ergebnis gekommen. Es ist wichtig anzumerken, dass das ein erster wichtiger Schritt ist; damit ist das Paket noch nicht umgesetzt. Es wird jetzt sehr wohl darauf ankommen – und da gebe ich Ihnen Zeit und lade ich Sie ein mitzutun –, wie diese Strukturmaßnahmen dann tatsächlich umgesetzt werden in den einzelnen Gesund­heitsplattformen in den Ländern, in der Bundesgesundheitsagentur.

Wir haben ja sehr viele Einvernehmensregelungen gemacht, damit eben niemand Angst bekommen muss, dass er vom Bund überrollt wird. Das ist ja immer die große Sorge der Ärzte, die große Sorge der Bundesländer, dass sie überrollt werden von einem zentralistischen Bundeswahn. Den haben wir nicht. Wir bekennen uns zu einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen dem Bund und den Bundesländern und allen Playern im Gesundheitssystem, also auch den Ärztinnen und Ärzten, den anderen Gesundheitsdienstleistern, den Ordensspitälern, die ja auch einen wichtigen Beitrag im österreichischen Gesundheitswesen leisten, wie natürlich auch allen Krankenhäusern.

Das Glasauge wird also wachsam sein, Herr Abgeordneter Grünewald. Ich bin über­zeugt davon, Sie werden das auch sein, und ich lade auch Sie und Ihre Fraktion ein, konstruktiv mitzuarbeiten, denn gerade bei der Gesundheitstelematik werden wir das brauchen.

Ich möchte aber jetzt noch ganz kurz etwas zum Gesamtbudget sagen, denn das ist ja nicht nur eine Diskussion über die Gesundheitsreform. Herr Abgeordneter Gusenbauer hat die Erhöhung der Personalkosten kritisiert. Es ist mir wichtig, hier etwas richtig zu stellen. Im Jahr 2003 ist das Gesundheitsministerium erst ab Mai existent gewesen.


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Das heißt, es war ein Rumpfjahr, und die Personalausgaben bezogen sich nur auf acht von zwölf Monaten. Noch dazu hat es bei der Teilung des Ministeriums falsche Perso­nalberechnungen gegeben. Die Personalkosten wurden also falsch berechnet, nicht nach Köpfen. Daher ist es zu einer Unterdeckung gekommen, und da das ein Doppel­budget für die Jahre 2003 und 2004 war, ist diese Unterdeckung auch im Jahr 2004 fortgeschrieben worden. Wir mussten den fehlenden Betrag aus dem restlichen Budget zusammenkratzen und decken, und jetzt ist erstmals Budgetwahrheit zu den Kopfwahr­heiten gegeben. Es gibt also hier keine Vermehrung der Köpfe, sondern ganz im Gegenteil: Ich habe durch diese Fehlberechnungen, die passiert sind, dann Probleme gehabt, die pragmatisierten Beamtinnen und Beamten zu bezahlen. Ich kann sie nicht in Pension schicken, und ich will sie auch gar nicht in Pension schicken.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit ganz herzlich bei jenen Beamtinnen und Be­amten bedanken, die in den letzten Tagen und Wochen zum Teil Tag und Nacht bei uns im Hause gearbeitet haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Ebenso bedanken möchte ich mich bei jenen, die in den Bundesländern Tag und Nacht gearbeitet haben. Das Strukturpaket wurde am Samstag Abend fertig gestellt, von unseren BeamtInnen bis drei Uhr früh noch redaktionell überarbeitet. Ab zwölf Uhr mittags am Sonntag sind alle Landesbeamtinnen und -beamten an ihren Computern gesessen, haben es noch einmal durchgecheckt, sodass wir am Sonntag Abend das Okay von allen hatten. Das ist eine Leistung, die weit über das, was Pflicht ist, hinaus­geht, und dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bedanken.

Wir haben mit diesem Budget also keine Erhöhung der Personalkosten vorgenommen, sondern ganz im Gegenteil.

Das, was neu im Budget ist – und ich möchte das im Rahmen meiner Ausführungen erwähnen –, ist, dass durch das Bundestierschutzgesetz erstmals eine Bundeskompe­tenz für den Tierschutz geschaffen wird, die bei unserem Ministerium angesiedelt sein wird. Dazu findet sich im Kapitel 17 die finanzielle Bedeckung mit 3,5 Millionen €.

Durch eine umsichtige hausinterne Umschichtung von Finanzmitteln gelingt die kom­plette Reorganisation der Arzneimittelzulassung, der Arzneimittelinspektion und der Pharmakovigilanz mit einer Ausgliederung des Bundesinstituts für Pharmakologie in eine Pharm Austria.

Zusätzliche nach dem Arzneimittelgesetz vorzunehmende Maßnahmen: Erstmals kön­nen auch umfangreiche Aktivitäten des Ministeriums im Zusammenhang mit Gesund­heitsförderung und Prävention, wie zum Beispiel die Informationskampagnen zur Be­wegungsförderung, zur seelischen Gesundheit und zum Rauchausstieg, verankert werden. Die Förderung von Gesundheitsförderungs- und Drogen-Einrichtungen wird damit sichergestellt, und die Weiterversorgung der Bevölkerung mit Impfstoffen und insbesondere Kinderimpfprogramme werden gesichert.

Lassen Sie mich aber auch noch etwas zum Frauenbudget sagen, denn ich möchte hier nicht nur auf Grund der aktuellen Diskussion über Gesundheitsfragen diskutieren, sondern auch zum Frauenbudget kurz Stellung nehmen.

Im Kapitel 17 gibt es für die Bundesministerin genügend Spielraum für eine nachhaltige Finanzierungssicherung für die zahlreichen Frauenservice- und Fraueninterventions­stellen für die nächsten beiden Jahre. Es wird für die Interventionsstellen gegen Ge­walt, die, glaube ich, großartige Arbeit leisten, von sich aus aktiv werden über Informa­tion der Exekutive, auf die Betroffenen zugehen, nächstes Jahr mehr Geld geben, ebenso eine Valorisierung für die Frauenservicestellen, die meines Erachtens auch dringend notwendig ist.


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Bei der allgemeinen Frauenförderung mit ihren vielfältigen frauenspezifischen Pro­jekten kommt es erstmals auch seit längerer Zeit zu einer Erhöhung der Mittel um 500 000 € – vielleicht ein bescheidener, aber doch ein bestimmter Rahmen, der es uns ermöglichen wird, auch neue Projekte zu fördern.

Die Kompetenzausweitung der Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Schaffung der neuen Gleichbehandlungskommissionen geht auch mit einer deutlichen Aufstockung des Budgets für diese Einrichtungen einher. Ich weiß, der SPÖ ist das immer noch zu wenig, aber umgekehrt hat Ihr Parteivorsitzender die Personalkosten beklagt. Sie müs­sen sich schon entscheiden, was Sie gerne hätten. Die SPÖ wollte immer noch mehr Personal. Wir haben uns hier, glaube ich, für einen guten Mittelweg entschieden. Wir werden sehen, inwieweit die Gleichbehandlungsanwaltschaften in den anderen Berei­chen in Anspruch genommen werden, und danach auch sehen, ob die Bedeckung der Mittel und vor allem ob die personelle Besetzung ausreichend ist.

Ich bin sehr froh darüber, dass es uns mit diesen Mitteln gelingen wird, wichtige Maß­nahmen im Bereich des Schließens der Einkommensschere zu verfolgen. Es geht einerseits um bewusstseinsbildende Maßnahmen bei jungen Mädchen und Eltern, was die Berufswahl anbelangt, andererseits um Projekte zum Wiedereinstieg von Frauen, die für die Familienphase aus dem Beruf aussteigen, um ihnen dann den Wieder­einstieg zu erleichtern, und zwar zu den gleichen oder zu besseren Bedingungen und nicht, wie das manchmal der Fall ist, zu schlechteren Bedingungen. Wir haben ja mit dem Kinderbetreuungsgeld und der erhöhten Zuverdienstmöglichkeit hier schon wich­tige Maßnahmen gesetzt.

Mit der Pensionsharmonisierung und der mehr als Verdoppelung der Bemessungs­grundlage für die Pension zusätzlich zu jedem Zusatzverdienst ist, wie ich meine, eine nachhaltige Alterssicherung für Frauen sichergestellt.

Wir werden auch unsere Mentoring-Initiativen, um den Aufstieg von Frauen in den Be­ruf zu erleichtern, und damit auch alle anderen Initiativen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Mütter und Väter intensivieren, denn es ist uns wichtig, auch die Väter in ihre Verantwortung zu holen, denn eine Emanzipation der Mütter, eine Gleichstellung der Mütter wird es nur dann geben, wenn die Väter bereit sind, partnerschaftlich ihren Anteil nicht nur an der Erwerbsarbeit, sondern auch an der Familienarbeit zu leben und auch tatsächlich einzubringen.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu diesem, wie ich meine, sehr aus­gewogenen Budget und auch zur Gesundheitsreform; da ist doch noch einige Zeit im Parlament. Ich freue mich auf konstruktive Zusammenarbeit und bedanke mich bei all jenen, die dies schon in den letzten Wochen und Monaten bewiesen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.21

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme noch einmal Bezug auf die Ausführungen des Kollegen Lackner, der vorhin in seinem Debattenbeitrag zur Gesundheitsdiskussion gemeint hat, er fordere mehr Konstruktivi­tät und mehr Konsens ein. Ich denke, gerade unsere Bundesministerin hat sich in den letzten Monaten sehr um diese Konstruktivität und um diesen Konsens bemüht, aber dies passt Ihnen ganz einfach parteitaktisch nicht in den Kram. Das Gleiche ist bei der Frauenpolitik der Fall.


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Wir diskutieren heute nicht nur das Budget zum Gesundheitsbereich, sondern auch zum Frauenbereich. Ich bin sehr froh, dass die Frau Bundesministerin bereits die Über­leitung geschafft hat, denn die Frauen sollen auch in diesem Bereich jetzt in dieser Dis­kussion nicht zu kurz kommen. Maria Rauch-Kallat hat gerade auch im Frauenbereich in den letzten Monaten während der Zeit ihrer Amtstätigkeit ganz wichtige Akzente gesetzt und auch einiges an finanziellen Mitteln für Frauenaktivitäten umschichten können.

Ich fordere hier wirklich die Kolleginnen der Oppositionsparteien auf – ähnlich wie es Kollege Lackner vorher getan hat –, dies konstruktiv und positiv zu sehen und – ich glaube daran – gerade auch im Frauenbereich einen positiven und konsensorientierten Weg zu gehen. Gerade wenn es um Frauenangelegenheiten geht, sollten wir Frauen, denke ich, bessere Seilschaften knüpfen und besseres Networking forcieren. Es dient den Frauenanliegen nicht, wenn Sie sich immer dann aus der Verantwortung verab­schieden, wenn es ernst wird, ob das das Gleichbehandlungsgesetz ist, die Weisungs­freistellung der Anwaltschaft, ob das die Steuerreform mit wichtigen Maßnahmen gerade auch für AlleinerhalterInnen ist oder ob das jetzt die Frage der Pensionsharmo­nisierung ist, wo wir auch ganz wichtige Maßnahmen gerade im Interesse der Frauen treffen werden. Sie verabschieden sich immer dann, wenn es wichtig ist und wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen. (Abg. Sburny: Wie erklären Sie sich dann, dass die Situation der Frauen immer schlechter wird?) – Sie behaupten, weil Sie Fakten verdrängen, ganz einfach Dinge, die nicht stimmen. Lesen Sie im Budget nach!

Ich nehme noch einmal Bezug auf das, was Maria Rauch-Kallat schon gesagt hat. Sie sprechen davon, dass wir einsparen. Wo sparen wir ein? Wir haben eine Steigerung im Frauenbudget von 22 Prozent seit Amtsantritt. Wir haben 22 Prozent mehr für Frauen­aktivitäten!

Natürlich, Frau Kollegin Weinzinger: 2002 waren wir knapp unter 5 Millionen €, für 2004 und 2005 budgetieren wir jeweils mehr als 6 Millionen € für Frauenaktivitäten, 3,5 Millionen für die Förderung von Fraueninitiativen – Sie können das alles nachle­sen –, für Frauen- und Mädchenberatung, für Fraueneinrichtungen, Projekte gegen Ge­walt an Frauen und Kindern, wo auch das Bundesministerium noch mitfinanziert, und 2,5 Millionen im Bereich der Aufwendungen eben zur Aufarbeitung frauenspezifischer Themen, Schwerpunkte Gleichbehandlungsaufgaben, Gender Mainstreaming und so weiter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist Tatsache. Sie wollen es einfach nur nicht zur Kenntnis nehmen, weil es Ihnen parteipolitisch nicht in den Kram passt.

Wir haben allein im Jahre 2003 beispielsweise für Wiedereinsteigerinnen ganz kon­krete Maßnahmen gesetzt, und da sind auch Erfolge zu verzeichnen. 17 800 beim AMS vorgemerkte Wiedereinsteigerinnen konnten in einem qualifizierten Bereich eine Beschäftigung finden. Bitte, das sind echte Maßnahmen! Auch das Frauen-Business-Mentoring, das die Frau Bundesministerin bereits angesprochen hat, wo es gerade auch darum geht, Mentoring nicht nur für Spitzenkräfte, sondern auch im ländlichen Bereich zu forcieren, ist ein ganz wichtiger Bereich, ein Schulterschluss von Frauen für Frauen. Auch das, bitte, muss erwähnt werden.

Zum Bereich der Migrantinnen, der Ihnen immer so wichtig war. Auch da hat die Frau­enministerin einen neuen wichtigen Akzent gesetzt, indem sie eine neue Abteilung für Frauenservice und Grundsatzfragen von Migrantinnen im Ministerium eingerichtet hat, wo Anliegen dieser Frauen gezielt und individuell bearbeitet werden. Oder das Pilotpro­jekt Gender Budgeting. (Abg. Sburny: Wo?)

Sie kritisieren, Ihnen ist das alles zu wenig. Sie lachen. Wir haben Sie eingeladen, auch im Ausschuss. Hier gibt es seit dem Jahr 2000 eine Arbeitsgruppe, die Strategien


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erarbeitet, und hier gibt es auch konkrete Pilotprojekte in allen Bereichen. Diesbezüg­lich gibt es auch in anderen Ländern erst erste Erfahrungen. Tragen Sie dazu bei, ma­chen Sie konkrete Vorschläge! Wir sind hier auf dem richtigen Weg, und wir setzen hier auch ganz gezielte Maßnahmen, um auch bei der Budgeterstellung die Gleichstellung und die Verbesserungen für Frauen zu beachten.

Auch in Bezug auf die Frauenerwerbsquote – das wird sicherlich auch wieder kom­men – liegen wir im EU-Schnitt sehr gut. Wir liegen hier weit über dem EU-Schnitt. (Zwischenruf der Abg. Mag. Weinzinger.) – Das ist einfach die Wahrheit, Frau Kolle­gin! Sie wollen es nicht wahrhaben. 59,6 Prozent im Jahr 2000, jetzt 62,8. (Zwischenruf der Abg. Sburny.) Der EU-Schnitt liegt bei 55,3 Prozent. Wir liegen hier weit darüber, und es werden sich auch die Lebensverläufe der Frauen in den nächsten Jahren ver­ändern.

Frauen haben Gott sei Dank eine immer bessere Ausbildung, eine immer bessere Qualifikation. Wir haben mehr Akademikerinnen, mehr Maturantinnen, und Frauen wer­den auch andere Karrieren machen. Ich sage Ihnen auch an dieser Stelle ganz deut­lich, weil Sie immer die Einkommensschere ansprechen, man muss es immer wieder sagen: Man kann nicht über eine Pensionsreform oder über ein Budget all das, was in den letzten Jahrzehnten verabsäumt wurde und nicht passiert ist, aufholen. Das ist nicht möglich.

Arbeiten wir gemeinsam daran, dass es zu wirklichen Verbesserungen kommt! Hier sind alle gefordert, die Sozialpartner, alle Parteien, die Gesellschaft insgesamt, wo man ganz einfach auch zu einem Umdenken kommen muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber arbeiten wir konstruktiv daran! Sie sind dazu ja nicht bereit.

Abschließend – wir sind leider heute schon in der Debatte zum vorigen Budgetkapitel etwas in Verzug geraten – darf ich mich sehr herzlich bedanken bei den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeitern im Ministerium, bei der Bundesministerin, aber auch bei allen Frauen, die in den vielen Frauenprojekten und in den verschiedensten Fraueninitiativen positiv und konstruktiv arbeiten. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Ein herzliches Danke­schön auch an sie. Sie alle tragen mit dazu bei, dass es zu einer Trendumkehr kommt.

Arbeiten auch Sie mit uns daran, seien Sie mutig, arbeiten Sie daran, richtige Schritte in der Frauenpolitik hier in Österreich zu setzen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

14.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.

 


14.28

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Das war fast schon ein herzbewegender Appell an Kon­struktivität. Ihre Definition von Konstruktivität und Frauensolidarität besteht allerdings darin, dass Sie sagen: Ganz am Schluss, wenn wir Ihnen ein fertiges Ding auf den Tisch knallen, das unserer Ideologie alleine entspricht, stimmen Sie bitte zu! – Das ist aus Ihrer Sicht konstruktiv und solidarisch. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

„Solidarisch“ würde für mich bedeuten, sich die Lebensrealität von Frauen anzuschau­en statt schönzureden, nicht zu sagen, da wird es neue Karriereverläufe für die jungen Frauen geben, sondern hinzuschauen, welche Karriereverläufe das sind, nämlich im­mer mehr atypische Beschäftigungen, Teilzeitjobs, nicht existenzsichernde Jobs. Das sind diese neuen Karriereverläufe, die sich heute abzeichnen. Sie sollten sagen: Da ist dringendster Handlungsbedarf für die Politik, für eine Frauenministerin. Was tun wir denn? – Das machen Sie aber nicht!


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Ich werde trotzdem konstruktiv sein. Fangen wir einmal mit dem Positiven an – es geht ganz schnell, ist nicht allzu viel –: Wir waren bei der letzten Budgetdebatte ganz deut­lich mit Vorschlägen und haben gesagt, die Ministerin ist für Gesundheit und Frauen gleichzeitig zuständig. Es wäre daher wichtig, sich geschlechtsspezifische Aspekte in der Medizin genauer anzuschauen.

Ich hatte so das Gefühl, bei den ersten Debatten darüber – damals noch im Budget­ausschuss – war das Verständnis für den Konnex noch nicht besonders ausgeprägt. Umso mehr freut es mich, dass es inzwischen eine Initiative der Ministerin gibt: Gender Medizin in der Ausbildung an der Universität und bei der Weiterbildung, die die Ärzte­kammer anbietet. Dazu kann ich nur gratulieren. Das ist ein richtiger Schritt in die rich­tige Richtung. Bitte weitermachen! (Beifall bei den Grünen.)

Damit kommen wir dann zum eigentlichen Kapitel, nämlich Frauenpolitik. Da schwanke ich jetzt zwischen dem gestern von Klubobmann Scheibner kreativ eingebrachten Schweigen am Rednerpult – das würde der Tätigkeit am genauesten entsprechen –, der Aufzählung der neuen Initiativen der Ministerin – das dauert zirka fünf Sekunden, wie lange man eben braucht, um das Wort „Mentoring“ auszusprechen – und einer phi­losophischen Herangehensweise, für die ich mich entscheiden würde.

Es ist wirklich spannend, weil philosophisch nicht uninteressant: Kann jemand, der nichts macht, etwas falsch machen? Wie weit ist die Form des Untätigseins eine Form des Tuns? Gibt es überhaupt ein Nichttun? Kann daher jemand, der nichts tut, es schon falsch gemacht haben?

Politisch, glaube ich, lässt sich diese Frage jedenfalls eindeutig beantworten. Politisch ist es nämlich die Aufgabe einer Ministerin, zu gestalten, Verantwortung zu überneh­men und Dinge zu tun. Eine Ministerin, die nichts tut, ist daher eigentlich schon ge­scheitert. (Abg. Grillitsch: Wen meinen Sie?)

Wenn es mehrere Kandidaten und Kandidatinnen in der Regierung gäbe, würde ich Ihnen zustimmen. Da es gerade um die Frauenpolitik geht, meine ich in diesem Fall die Frauenministerin, die sich als Frauenministerin wahrlich nicht hervorgetan hat. Viel­leicht war sie so beschäftigt mit der Gesundheit, keine Ahnung, aber man sollte viel­leicht auch Ressorts übernehmen, die man vom Umfang her bewältigen kann.

Jedenfalls kann es nicht angehen, dass Österreich zwar eine Mehrheit der Bevölke­rung hat, die weiblich ist, aber eine Frauenministerin, die nicht zu ihrer Aufgabe kommt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Was die Sache noch verschlimmert, ist, dass trotzdem einige Trends erkennbar sind. Ich kann jetzt nur die Trends skizzieren, denn die Aufzählung aller Einzelfälle würde den Zeitrahmen weitaus sprengen. Aber wir haben erstens den Trend, nicht nur, aber auch im Frauenministerium: Wir holen alles zu uns ins Haus – Servicestelle bei uns, Hotline im Justizministerium, Bericht ohne NGOs. Wozu brauchen wir die Zivilgesell­schaft, die NGOs und diese ganzen kritischen Denkerinnen und Denker noch? – So viel zur Würdigung der Frauenberatungsstellen, deren Arbeit im Übrigen auch gerade einmal valorisiert – ist gleich Inflation abgegolten – wird, nicht aber um die dringend notwendigen Mittel aufgestockt wird.

Damit wären wir auch schon beim Trend Nummer zwei: Man sagt das eine und tut das andere. Man sagt, der Schutz vor Gewalt für Mädchen und Frauen ist uns ganz, ganz wichtig, soll verstärkt werden, die Interventionsstelle wurde soeben gelobt, man tut aber das andere. Die Wiener Interventionsstelle musste heuer schon einmal die Arbeit für mehrere Bezirke einstellen, weil schlicht und ergreifend kein Geld da war und die zuständigen Ministerien, also Innenministerium und Frauenministerium, gekürzt hatten oder nicht zusätzlich finanzierten.


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Eine Beratungsstelle für sexuell missbrauchte Mädchen und junge Frauen, also nicht etwas, was Unsummen verschlingt, was eigentlich im Mainstream des politischen Diskurses der Ministerin wäre, hat schon im dritten Jahr keine Mittel mehr aus der Ge­sundheitsabteilung bekommen und gekürzte Mittel aus der Frauenabteilung Ihres Res­sorts, Frau Ministerin. Das ist für mich schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. Zu­mindest sexuell missbrauchten jungen Mädchen wird wohl dieser Staat die notwendige Unterstützung geben können, das wird man sich noch leisten können. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

In den selben Trend passt auch hinein, dass Sie die moderne, eigenständige Frau pre­digen, die politische Gestaltung aber derart ist, dass man Frauen das soziale Netz und den Boden unter den Füßen wegzieht und die Bedingungen für die Eigenständigkeit von Frauen dramatisch verschärft. Die notwendigen Unterstützungen, die Eigenstän­digkeit braucht, gibt es nicht mehr. Das heißt, wir haben hier eine modernistische Rhetorik: Selbst ist die Frau, stark, modern, urban, braucht keinen Staat mehr!, und gleichzeitig eine Retropolitik, die aus Kinderbetreuungsgeld, Gratisfrauenarbeit in der Familie für Pflegeleistungen, Familienhospizkarenz und so weiter besteht und wo der Einstieg in die Eigenständigkeit, in den Arbeitsmarkt immer schwerer wird. Dass das Ganze dann den Frauen auch in der Pension dramatisch auf den Kopf fällt, reden Sie schön mit der privaten Pensionsvorsorge. – Das wäre der dritte Trend.

Wir sehen eine Privatisierung der Frauenpolitik, so wie wir es jetzt gerade auch bei der Gesundheitsreform erlebt haben: Die Verantwortung für mögliche neue Belastungen schiebt man jetzt bereits den einzelnen Augenärzten zu. Die sollen entscheiden, ob jemand zahlen muss oder nicht. Es ist in der Frauenpolitik um nichts anders. Die Ver­antwortung dafür, dass Frau nicht in Saus und Braus leben kann, liegt bei Frau allein, denn hätte sie es sich anders eingerichtet, anders geheiratet, was immer getan – was nachweislich nur einigen in einer gewissen Gehaltsklasse möglich ist, rein numerisch von den vorhandenen Männern her gesehen. Sie ist also selber schuld.

Dass man AMS-Maßnahmen in die Hand nehmen könnte, um die Frauenerwerbsquote tatsächlich zu stützen, um tatsächlich zu einer Reduktion der Einkommensschere bei­zutragen, fällt dieser Regierung leider nicht ein. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Insofern kann ich nur mit großem fast schon Amüsement erwarten, wie man denn mit 3,5 plus 2,5 Millionen € deutlich zur Reduktion und zur Schließung der Einkommens­schere beitragen wird, insbesondere wenn man nur mit der Reparaturmaßnahme der Schäden, die durch das Kinderbetreuungsgeld angerichtet worden sind, beschäftigt sein wird.

Wir haben durch die Kinderbetreuungsphase mit mangelndem Kündigungsschutz eine Verschärfung beim Wiedereinstieg von Frauen in den Arbeitsmarkt, und das wird noch deutlich größere Probleme aufwerfen. Da können wir von der Erwerbsquote der Frauen und ihrem Anstieg nur träumen.

Vielleicht, Frau Abgeordnete Scheucher-Pichler, sollten Sie sich einmal teilzeitberei­nigte Zahlen anschauen. Nehmen wir einmal die Erwerbsverhältnisse, wo Frau tat­sächlich, zumindest allein, vielleicht auch mit ihren Kindern, halbwegs gut davon leben kann, und dann schauen wir uns die Quote an. Rechnen Sie nicht immer jede gering­fügige Beschäftigung, die zehn Stunden umfasst, die bestenfalls der von Ihnen so heiß geliebte Zuverdienst ist, mit rein!

Letzte Anmerkung noch, da Ihr großartiger neuer Trend Gender Budgeting heißt. Ich habe schon bei der letzten Sitzung einige Bonmots aus den von Ihnen selbst zitierten Angaben, aus den von Ihnen selbst genannten Beispielen gebracht. Ich möchte es heute nur noch darum ergänzen, was das Innenministerium unter Gender Mainstrea-


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ming und Gender Budgeting so versteht, nachdem sich der Herr Innenminister da ges­tern ganz besonders hervorgetan hat mit der Bevorzugung von gleich qualifizierten Frauen in ausgewählten politisch prekären Fällen.

Das Innenministerium hat im Gleichbehandlungsbericht angegeben, man hätte jetzt die Portiersstelle mit einer Frau besetzt. – Das ändert schlagartig das gesamte Personal­wesen im Innenministerium.

Bei der Polizeireform, wo es tatsächlich um handfeste Personalfragen geht, wo Frau­en- und Männergleichbehandlung ein heißes Eisen wäre, ist der Herr Minister nicht einmal auf die Idee gekommen, dass es Gender Mainstreaming relevant sein könnte.

Als Gender Budgeting-Maßnahme gibt Minister Strasser an: die Förderung der Inter­ventionsstelle gegen Gewalt an Frauen – das finde ich echt „rührend“: jener Stelle, die er in diesem Jahr selbst gekürzt hat!

Damit bleibt nur zu hoffen, dass es besser wird. Und ich kann, glaube ich, wenn ich mir die Sache in Summe so anschaue, Ihnen, Frau Ministerin, nur empfehlen, in ein frau­enpolitisches Mentoring-Programm einzusteigen. (Beifall bei den Grünen und bei Ab­geordneten der SPÖ.)

14.38

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.38

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Frau Weinzinger, ich denke, es darf ein­fach nicht sein, dass etwas frauenspezifisch Positives von dieser Bundesregierung gemacht wird. Ich glaube, dass Sie ganz einfach nur das Negative sehen wollen. (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie es uns!)

Ich werde Ihnen jetzt einige in Zukunft sehr positive Aspekte sagen. Gehen wir einmal davon aus, dass, obwohl generelle Einsparungen angesagt sind, das Budget im Frau­enministerium um 500 000 € gestiegen ist. Das muss doch schon einmal einer der positiven Aspekte sein. (Abg. Mag. Weinzinger: Inflationsabgeltung nennt man so etwas!)

Gerade bei den Interventionsstellen, die Sie angesprochen haben, die wirklich hervor­ragende und ausgezeichnete Arbeit leisten, wird das Budget aufgestockt, sodass diese engagierten Mitarbeiterinnen ihre Arbeit fortsetzen können. Dieses Budget ist ja nur die Hälfte des Gesamtbudgets, denn die andere Hälfte kommt aus dem Innenministerium, und auch da wird das Budget nicht gekürzt.

Frau Kollegin Weinzinger, Sie haben auch angesprochen, es gefällt Ihnen nicht, dass die Karriere von Frauen gefördert wird. Wir stehen dazu, dass es eine Eigenständigkeit von Frauen gibt, und deswegen fördern wir auch. Wir sehen es auch als sehr positiv, dass die Mentoring-Offensive durch dieses erhöhte Budget weiter gefördert wird, denn ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, ich habe selbst eine Mentee, und das bringt sehr große Vorteile für Frauen, insbesondere wenn es in den Bereich von Füh­rungsaufgaben geht.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren, und insbesondere die Damen von der Oppo­sition, Frauenpolitik ist für uns eine Querschnittsmaterie. Das heißt, wir fokussieren uns nicht nur auf Förderungen und Möglichkeiten, die insbesondere das Budget des Frauenministeriums bietet, sondern wir betrachten das mit einem gewissen Weitblick.


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Ich unterstelle Ihnen ja nicht, dass Ihnen der Weitblick fehlt, aber Sie müssen schon auch andere Budgets und andere Möglichkeiten anschauen, und da gibt es eine Menge von Ansätzen, die sich insbesondere mit Frauenförderung beschäftigen.

Da spreche ich gleich einmal die Frauenförderung im Spitzensportbereich an, im Budget für Frauenförderung eigens ausgewiesen, und zwar mit 218 000 €, Geld, das es ermöglicht, dass insbesondere Frauen gefördert werden in Sportarten, die nicht olympisch sind, beziehungsweise Frauen gefördert werden, deren Leistungen noch nicht von „Topsport Austria“ gefördert werden. Die Silbermedaillen-Gewinnerin von Athen, Claudia Heil, war genau eine jener Frauen, die durch diese Sportförderung die Möglichkeit hatte, finanzielle Zuwendungen zu bekommen. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Auch in der Wissenschaft gibt es sehr viele Möglichkeiten: 17 Millionen € werden in den Jahren 2000 bis 2006 für frauenfördernde Maßnahmen zur Verfügung gestellt. Das reicht von speziellen Förderungen von Professorinnen über den Aufbau von Anlauf­stellen für Kinderbetreuungsfragen bis hin zu Initiativen, damit Frauen in naturwissen­schaftlichen Ausbildungen und Berufsfeldern auch in Zukunft gestärkt werden.

Ich habe es gestern bei der Debatte um das Technologie-Budget schon angesprochen: FEMtech, ein Programm des Infrastrukturministeriums. Hier werden 2005 1,5 Millio­nen € zur Verfügung stehen, um Frauen in technischen und technologischen und For­schungsbetrieben für außeruniversitäre Forschung und in Betrieben, die diese tech­nologischen Forschungen betreiben, zu fördern.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist wahre Frauenpolitik, wie wir sie verstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Auch in der Steuerreform wurden frauenspezifische Förderungen berücksichtigt. Ich denke da nur an den Absetzbetrag, der in erster Linie Alleinerzieherinnen zugute kommt, wobei auch eine Negativsteuer erhalten werden kann, und an die Steuerbefrei­ung bis 15 770 €, die leider – ich muss sagen: leider – in erster Linie Frauen zur Ver­fügung steht, da sehr viele Frauen vom Einkommen her noch an der unteren Grenze stehen.

Die Harmonisierung der Pensionssysteme: Sie sagen, es ist schlecht, wir sagen, es ist gut, dass erstmals Kindererziehung als Leistung anerkannt wird.

Sehr geehrte Damen und Herren! Frauenpolitik wird von dieser Regierung sicherlich sehr ernst genommen. Wir sehen das nur nicht isoliert, in einem einzelnen Budget, sondern Frauenförderung muss in allen Ressorts umgesetzt werden. Dennoch ist der Ansatz in diesem Frauenbudget ein guter. Sie aber tun den Frauen nichts Gutes, wenn Sie nicht zustimmen. Deswegen appelliere ich an Sie, sehr geehrte Damen in erster Linie von der SPÖ und von den Grünen: Stimmen Sie mit, stimmen Sie dem Budget­ansatz des Frauenministeriums zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.43

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Schweitzer. – Bitte.

 


14.43

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Kollegin Achleitner sehr dankbar dafür (Abg. Dr. Jarolim: Ja, dankbar sind wir alle!), dass sie die Maßnahmen betreffend Frauenför­derung, zum Beispiel im Sport, angesprochen hat. Ich verstehe es nicht, wenn bei der SPÖ hier Frauen sitzen, die das, was in diesem Zusammenhang getan wird, gering­schätzig abtun. Ich kann mich an Zeiten erinnern, wo es SPÖ-Politiker gegeben hat, die für die Frauenförderung im Sport verantwortlich gewesen wären. Und da hat es


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genau nichts gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen.

Im Gegensatz dazu gibt es jetzt nicht nur ein eigenes Förderungspaket für die Frau im Spitzensport, und da wurde nicht eine gefördert, sondern da werden rund 150 Frauen, die im Spitzensport tätig sind, gefördert. Sie haben offensichtlich wenig Ahnung davon, reden aber trotzdem darüber. Das ist das Problem bei Ihnen: dass Sie oft über Dinge reden, von denen Sie keine Ahnung haben. Aber ich bin jetzt da, um Sie aufzuklären, und bitte Sie höflich, auch zuzuhören. (Zwischenruf der Abg. Binder.)

Frau Kollegin Binder, dass Sie mit Sport nicht sehr viel am Hut haben, das sieht man! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Das ist eine Frechheit! Das ist ja ungeheuerlich!)

„Topsport Austria“ .... (Weitere heftige Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was ist denn? (Abg. Heinzl: Schämen Sie sich!) – Ihre Zwischenrufe zeigen, dass sie sich damit relativ wenig bis gar nicht beschäftigt hat, und ich kann auch den Nachweis dafür locker erbringen. (Abg. Heinzl: Sie sind optisch unerträglich! Schämen Sie sich!)

„Topsport Austria“ ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Frau Kollegin Binder! Sollten Sie etwas von dem, was ich gesagt habe, anders verstehen, als ich es gemeint habe, dann ziehe ich das mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. (Abg. Heinisch-Hosek: Überlegen Sie sich vorher, was Sie sagen! – Abg. Reheis: Schämen Sie sich!)

Nichtsdestotrotz werde ich fortfahren, um zu zeigen, dass wir für die Frauen sehr, sehr viel tun, Herr Kollege! (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Zur Frauenförderung ist zusammenfassend zu sagen: Es gibt jetzt das Spitzensport-Förderungsprojekt für die Frauen, es gibt „Topsport Austria“ für die Frauen, und es gibt vor allem auch das so genannte „After Sports“-Projekt, mit dem wir dafür sorgen, dass Frauen, die im Spitzensport tätig waren, auch nach ihrer sportlichen Karriere die Mög­lichkeit bekommen, über eine entsprechende Ausbildung in berufliche Tätigkeiten ein­zusteigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auch zur Gesundheits­reform eine Stellungnahme abgeben. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie interessieren uns nicht!)

Ich glaube, dass die drei Maßnahmenpakete, die wir geschnürt haben, sehr, sehr gute Pakete sind. Das Finanzierungspaket, das Strukturpaket und auch das Präventions­paket können durchaus als gute Pakete bezeichnet werden.

Das Finanzierungspaket, kurzfristig notwendig, ist natürlich ein Kompromiss, aber ein guter Kompromiss und ein ausgewogener Kompromiss.

Das Strukturpaket, das von allen positiv beurteilt wird, auch gestern bereits vom Kolle­gen Van der Bellen, das von den Landeshauptleuten, von der Frau Kollegin Burg­staller, vom Kollegen Häupl als äußerst positiv beurteilt wurde, wird dazu führen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass zum ersten Mal nicht nur Geld umverteilt wird, sondern tatsächlich auch Reformen erfolgen werden – und vor allem Reformen mit­einander erfolgen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Damit erreichen wir nämlich eine Überwindung der strikten Trennung der einzelnen Sektoren im Gesundheitswesen, und wir erreichen auch eine bessere Abstimmung in der Planung, Steuerung und Finanzierung des gesamten Gesundheitswesens. Länger­fristig wird es so sein, dass die Finanzierbarkeit des österreichischen Gesundheits-


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wesens durch die Maßnahmen zur Kostendämpfung und Effizienzsteigerung gesichert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was Sie bis jetzt überhaupt noch nicht wirk­lich angesprochen haben, ist der Bereich der Prävention, der in diesem Paket einen sehr großen Anteil darstellt. Herr Kollege Grünewald, ich bedauere es, dass Sie sich diesem Präventionsbereich nicht gewidmet haben, im Gegensatz zum Kollegen Rasin­ger und den anderen Gesundheitssprechern. Ich denke, dass durch die Möglichkeit, mit dem organisierten Sport zusammenzuarbeiten, für die Ärzte eine neue Situation geschaffen wird: Sie können das so genannte „grüne Rezept“ verschreiben. Bewe­gungseinheiten statt Medikamentation – das ist, glaube ich, eine sehr, sehr sinnvolle Vorgangsweise, weil wir damit vorbeugen können, bevor es notwendig ist, Medika­mente einzusetzen.

Wir haben mit Vertretern des organisierten Sports lange und ausführlich verhandelt. Die großen Dachverbände werden Bewegungsprogramme erarbeiten, die im präven­tiven Bereich wirksam werden. Ich denke, dass das ein sehr, sehr guter Ansatz ist, und ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit all jenen im Bereich der Gesund­heitspolitik, die der Prävention in Hinkunft einen großen Stellenwert beimessen werden. Die Voraussetzungen dafür haben wir mit dem Strukturpaket geschaffen. Ich glaube, dass das ein guter Schritt ist, um von den „Krankenkassen“ zu den „Gesunden­kassen“ zu kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.49

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Silhavy zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.49

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich ersuche Sie, dem Herrn Staatssekretär einen Ordnungsruf zu erteilen. Es ist in letzter Zeit üblich geworden, dass von der Regierungsbank persönliche Untergriffe gegen Ab­geordnete hinsichtlich ihres Aussehens oder ihrer Tätigkeit gemacht werden. Das ist eine Unsitte, die hier nicht einreißen soll, und wenn der Herr Staatssekretär halbherzig gemeint hat, falls wir das anders verstehen, dann nimmt er es zurück, würde ich darauf bestehen, dass er zumindest eine formelle tatsächliche Entschuldigung gegenüber der Abgeordneten Binder abgibt, weil das eine Ungehörigkeit ist und wir das nicht das erste Mal hier in diesem Haus erlebt haben. Ich glaube, Sie würden auch der Frauen­ministerin einen Gefallen tun, wenn Sie Frauen gegenüber nicht in dieser diskriminie­renden Form vorgehen würden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.50

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete, ich habe mir vorgenom­men, die Frage der Polemik von der Regierungsbank oder einer untergriffigen Bemer­kung ganz sicher bei der nächsten Präsidiale zur Sprache zu bringen, weil ich mich Ihrer Meinung anschließe. Ich bin aber sicher, dass der Herr Staatssekretär sich ge­genüber der Frau Abgeordneten entsprechend äußern wird. Damit wird er sicher kein Problem haben.

 


14.51

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Herr Präsident! Frau Kollegin Binder, ich habe mich in meinen Ausführungen mit der Frauenförderung im Sport beschäftigt. Offensichtlich ist all das, was wir für die Frauen im Sport tun, nicht allgemein bekannt.


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Meine Bemerkung, die offensichtlich missverständlich hinübergekommen ist, tut mir Leid. Ich ziehe sie mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist keine Entschuldigung! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

14.51

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


14.51

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministe­rin! Herr Staatssekretär, schämen Sie sich – das sage ich Ihnen an dieser Stelle – für diese unglaubliche Entgleisung, für die Sie sich jetzt nicht einmal entschuldigt haben! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie der Abg. Steibl.)

Herr Staatssekretär, Sie wissen genau, dass uns Frauenförderung im Sport ein sehr wichtiges Anliegen ist. Gerade Sie haben dauernd gesagt, Frauenpolitik sei eine Quer­schnittsmaterie. Sie haben ein Beispiel gebracht, aber Sie haben eine Kollegin persön­lich beleidigt und haben sich dafür nicht entschuldigt. Und das ist wirklich verachtungs­würdig! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich Lebensrealitäten verschließt, dann kommen Ausführungen zustande wie jene der Kolleginnen Scheucher-Pichler und Achleitner, realitätsfremde Ausführungen. Wenn man sich aber der Wahrheit nicht verschließt, wenn man der Wahrheit ins Auge blickt, meine Damen und Herren, wenn man sich die Erwerbsverläufe von Frauen anschaut, wenn man sich anschaut, wie die Lohnschere auseinander klafft – bis zu 36 Prozent; wir sind Schlusslicht in der EU –, wenn man sich anschaut, dass Frauen bei der Harmonisierung zu den größten Verlie­rerInnen gehören – denn Frauen haben nun einmal geringere Einkommen und daher auch niedrigere Pensionen –, wird man erkennen, dass natürlich auch diese Gesund­heitsreform, wie sie heute vorliegt, Frauen wieder zu Verliererinnen macht.

Frauen sind mehrfach benachteiligt und werden auch durch die Sache mit den Brillen, durch die Rezeptgebührenerhöhung (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir erhöhen keine Re­zeptgebühr!) und durch das Taggeld sicherlich nicht bevorteilt, sondern wieder benach­teiligt werden. – Noch eine Benachteiligung mehr.

Frau Bundesministerin! Dieses Budget von 3,5 Millionen € für Frauenförderung ge­währleistet keine nachhaltige Sicherung, denn etliche Projekte – das geht aus einer Anfragebeantwortung von Ihnen hervor – wurden schon heuer, 2004, abgelehnt, weil nicht genug Geld da war und es nur diese geringfügige Aufstockung gab – ich vermute, das sind die 400 000 €; Frau Bundesministerin, wenn es nicht stimmt, sagen Sie es mir –, diesen Betrag, der aus dem Wirtschaftsministerium für Frauenförderung herüber­gewandert ist. De facto ist das also keine Erhöhung des Budgets, sondern eine Gleich­stellung.

Meine Damen und Herren! Und ein Vergleich, der besonders betroffen macht: Wir haben nur 3,5 Millionen € für sehr viele Frauenprojekte und Mädchenprojekte; das ist sehr wenig Geld für wichtige Einrichtungen. Ich möchte mich bei allen MitarbeiterInnen, die in solchen Projekten arbeiten, aber auch bei allen BeamtInnen Ihres Ministeriums, die unter sicherlich zum Teil erschwerten Bedingungen arbeiten, weil auch hier keine Personalaufstockungen erfolgen, sehr herzlich bedanken. Das kann ich hier von dieser Stelle aus tun – mehr kann ich nicht tun. Ich kann leider nicht mehr Geld herbeizau­bern. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist aber in Summe auch nicht mehr Budget, Frau Frauenministerin – Sie haben das auch im Gleichbehandlungsausschuss zugegeben –, als 1999 für Frauenförderung da war. Dieses Budget ist de facto eingefroren. Sie haben gesagt, wir sind auf dem


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Stand von 1999. Und es befremdet mich sehr – ich weiß nicht, wie es Ihnen geht –, ich habe ein sehr unangenehmes Gefühl, wenn ich daran denke, dass für den Tierschutz mehr Geld da ist, nämlich 3,9 Millionen €. Wenn ich daran denke, dass für den Betrieb einer Schweine-Datenbank 3 Millionen € da sind, dass für die Einrichtung einer Schaf- und Ziegen-Datenbank 1,8 Millionen € zur Verfügung gestellt werden (Abg. Grillitsch: Weil die Kontrolle für die Sicherheit der Konsumenten das erfordert!), erscheint es ziemlich beschämend, dass wir nur 3,5 Millionen € für Frauen- und Mädchenprojekte in Österreich zur Verfügung haben! (Zwischenrufe der Abg. Lentsch.)

Das finde ich dermaßen geschmacklos, dass ich gar nicht ausdrücken kann, wie ge­schmacklos, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Das ist zur Kontrolle ...!)

Und wir wissen auch, dass die Anzahl der Gewaltdelikte steigt, Herr Kollege Grillitsch, aber es ist weniger Geld dafür zur Verfügung! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.)

Erzählen Sie mir, wie das Geld für die Schweine verwendet wird! Das würde mich jetzt wirklich sehr interessieren. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Leider ist allen schriftlichen Antworten der Frau Bundesministerin aus dem Budgetaus­schuss eines gemeinsam, denn überall, wo es ums Geld geht, meine Damen und Herren, steht: vorbehaltlich der budgetären Bedeckbarkeit. Das heißt: Vorbehaltlich der budgetären Bedeckbarkeit gibt es keine Kürzungen. Vorbehaltlich der budgetären Bedeckbarkeit gibt es nur diese und jene Förderungen oder diese und jene Erhöhun­gen. – Das ist kein Gefühl der Sicherheit, das wir da mitnehmen, sondern es ist ein Gefühl größter Unsicherheit, was dieses Budget betrifft.

Abschließend möchte ich nur kurz weitere negative Beispiele ansprechen, die meine Kolleginnen dann noch näher beleuchten werden.

Migrantinnen: Sie haben sich nicht geäußert dazu, Frau Bundesministerin.

Frauen im ländlichen Raum, Frauen in der Arbeitswelt, Vereinbarkeit von Beruf und Familie. – Das sind immerhin 52 Prozent der Bevölkerung, die Sie schlecht bedienen, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich bin sehr enttäuscht. Ich bin für Frauensolidarität, aber das muss eine echte Frauensolidarität sein und den Frauen helfen. Zum Teil schaden den Frauen Ihre Maßnahmen aber.

Ich darf Ihnen zum Abschluss mitgeben, dass zwei Drittel aller Frauen nicht profitieren werden von der Steuerreform, aber alle Frauen bezahlen den höheren Krankenver­sicherungsbeitrag, um nur ein kleines Beispiel dafür zu nennen, dass Frauen auch hier die Verliererinnen sind. Aber Sie reagieren nicht. Sie schweigen dazu, und es erfolgt kein Aufschrei. Diese Geringschätzung gegenüber 52 Prozent der Bevölkerung halte ich schlichtweg für skandalös. (Beifall bei der SPÖ.)

14.57

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grander. (Abg. Mag. Donnerbauer: Wie man sich so künstlich aufregen kann! – Abg. Heinisch-Hosek: Der Grillitsch hat sich aufgeregt, nicht ich!)

 


14.57

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz noch auf die Aussage der Frau Abgeordneten Weinzinger eingehen, die Frau Bundesministerin sei keine Frauenmi­nisterin. Ich denke, ich habe in diesem Hohen Haus schon einmal festgestellt, dass


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besonders unsere Bundesministerin schon lange in der Frauenarbeit tätig ist, und ich weise daher diese Behauptung zurück. Sie bemüht sich und macht sehr viel für die Frauen. Ich behaupte, sie hat diesen Bereich auch sehr gut in der Hand. (Beifall bei der ÖVP.)

Bekanntlich ist die Zahl der erwerbstätigen Frauen gestiegen. Es gibt vermehrt er­werbstätige Mütter; das ist in den vergangenen Jahren nicht der Fall gewesen. 62 Pro­zent sind unselbständig Erwerbstätige. Es gibt einen deutlichen Anstieg auch bei der Teilzeitarbeit, auch wegen der Kinderbetreuung. Teilzeitbeschäftigungen werden auch wegen Aus- und Weiterbildung gerade von Frauen immer wieder stark angenommen. Und wir wissen besonders aus der Pflegeausbildung, dass es viele Frauen gibt, die 50 Prozent arbeiten und ihre Weiterbildung oder Ausbildung in diesen zweieinhalb Jahren machen, was nur unter diesen Bedingungen für sie möglich ist.

Für das österreichische Gesundheitssystem braucht es ein umfassendes und innova­tives Reformkonzept – ein solches liegt jetzt auf dem Tisch –, das sowohl den hohen medizinischen und auch pflegerischen Standards als auch den wirtschaftlichen Erfor­dernissen Rechnung trägt.

Ganz kurz zur Pflege: Um den Bedarf an Pflegeleistungen zu decken und die Entwick­lung der nötigen Versorgungsstrukturen zu ermöglichen, muss eine entsprechende An­zahl von Pflegepersonen ausgebildet werden. Das Ausbildungsniveau muss den jewei­ligen Aufgaben entsprechen.

Wir brauchen dringend das modulare System, das ja sehr stark angedacht und bereits auch in Vorbereitung ist, weil die modulare Ausbildung sinnvoll ist.

Weiters ist es mir wichtig, dass mindestens 10 Prozent der Pflegepersonen akade­misch ausgebildet sein sollten. Es muss auch die adäquate Finanzierung dieser Aus­bildung gewährleistet werden, und man darf dabei den Status und die Autonomie der Pflege nicht übersehen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.00

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

 


15.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Ich möchte mich ausdrücklich für Ihre Worte angesichts der Wortmeldung zur Geschäftsordnung von Kollegin Silhavy bedanken. Ich möchte aber auch Folgen­des dazusagen: Herr Staatssekretär, wenn man eine Rücknahme so einleitet, wie Sie das jetzt in dem zweiten Versuch gemacht haben, indem Sie nämlich gesagt haben, dass es „missverständlich hinübergekommen“ sei, dann ist das keine Rücknahme, sondern legt die Verantwortung für das, was gesagt wurde, wieder auf den Adressaten. (Abg. Heinisch-Hosek: Genau!)

Es kann doch nicht sein, dass der Adressat, der sozusagen etwas missverstanden ha­ben soll, derjenige ist, der das Problem hat. – Sie haben das Problem, Herr Staatssek­retär! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Bravo, Karl!)

Das ist einfach der Punkt: Wir kennen aus den politischen Debatten – und dabei will ich es von meiner Seite auch schon bewenden lassen – eine Reihe von so genannten Ent­schuldigungen, die genau das Gegenteil von dem besagen, nämlich Nicht-Entschuldi­gung, und das ist – das möchte ich jetzt nicht Ihnen unterstellen – entbehrlich, das ist degoutant, und es ist despektierlich, wenn sozusagen in einer Entschuldigung – das war nicht unbedingt Ihre Ausführung – derjenige, der sich verspottet fühlt und verspot-


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tet sieht, dann auch noch die Verantwortung dafür übergehängt bekommt. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Frau Bundesministerin! Unser Gesundheitssprecher, mein Kollege Kurt Grünewald, hat schon ausgeführt, dass wir Grünen durchaus mit bestimmten Zielen, so wie sie ursprünglich von Ihnen formuliert worden sind, etwas anfangen hätten können. Ja, wir Grünen sind auch der Meinung, dass ein Problem des österreichischen Gesundheits­wesens die Zersplitterung, wenn Sie so wollen, die – obwohl das nicht gern gehört wird – übermäßige Föderalisierung dort, wo sie in dieser Form nicht sinnvoll ist, ist. (Abg. Heinisch-Hosek: ... erklären! – Heiterkeit der Abg. Heinisch-Hosek.)

Übermäßige Föderalisierung heißt: wenn neun Länder unterschiedliche Gesetzge­bung – nicht nur was Bauführung, Errichtung von Krankenhäusern betrifft, sondern auch was Patientenrechte betrifft –, wenn neun Bundesländer unterschiedliche Rechte haben. Brauchen wir das? – Nein! Wo wäre es sinnvoll? – Ich kann Ihnen einen Bereich formulieren: wenn eine Bundesagentur Bundesländern – zum Beispiel Bundes­ländern oder Gebietskörperschaften – Ziele vorgibt und sich die sozusagen rechts­unterworfenen Bereiche, die Gebietskörperschaften, dann durchaus unterschiedliche Ideen einfallen lassen können, wie sie diese Ziele erfüllen. Das wäre sinnvoll, so eine Art Best-Practice-Modell.

Wir brauchen nicht andere Modelle, die da heißen Privatisierung et cetera – da bin ich ganz Ihrer Meinung, Herr Kollege Rasinger. Aber das war an uns falsch adressiert: Wir Grünen sind nicht diejenigen, die die Privatisierung im Gesundheitswesen vorantrei­ben. (Abg. Dr. Rasinger: Deutschland! Deutschland!) Wir haben eher Sie im Verdacht, dass Ihre Parteien ganz gerne – es gibt ja auch entsprechende Vorschläge und Mo­delle, die immer wieder in die Debatte eingebracht werden, Herr Kollege Rasinger – damit liebäugeln. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Rasinger.)

Der Gesundheitsbereich ist einer jener Bereiche, wo man nicht mit Privatisierung lieb­äugeln sollte, denn dazu ist er ein zu kostbares Gut. Und Ihr Beispiel Großbritannien – wo ja nicht eine sozialdemokratische Regierung, sondern eine konservative Regierung den Gesundheitsbereich völlig ruiniert hat – ist ja aussagekräftig genug.

Wir Grünen wollen ein hohes Niveau in der Gesundheitsversorgung erhalten. Wir wol­len aber auch dort, Frau Bundesministerin, wo es dieses Niveau nicht gibt, wo es tat­sächlich Disparitäten, Unterschiede, unterschiedliche Versorgungszugänge gibt, das Gesundheitssystem ausbauen.

Darum, Frau Bundesministerin, hat mich an Ihren Ausführungen auch der eine Satz so stark irritiert, in dem Sie gesagt haben, ja, Sie wollen auch dieses Gesundheitswesen, Sie wollen es erhalten und finanzieren – und dann sagten Sie: Für jeden Euro, der zusätzlich gegeben wird, wird einer eingespart!

Welche Aussage ist das? (Bundesministerin Rauch-Kallat: Im patientenfernen Be­reich! In der Verwaltung!) Welche Aussage ist das? – Das ist nicht denkbar! Sie haben, bevor Sie diesen Satz gesagt haben, gesagt, wir brauchen zusätzliche Finanzierungen. Aber wenn für jeden Euro, der zusätzlich ausgegeben wird, einer eingespart wird, dann kommt unten null heraus. Dann ist das ein völliges Paradox (Abg. Mag. Kogler: Richtig! Ein völliger Schwachsinn!), denn dann heißt das nichts anderes, als dass die Gesundheitskosten eingefroren werden. Und eingefrorene Gesundheitskosten bei stei­genden Anforderungen, bei steigenden Leistungen und natürlich auch bei steigenden Kosten bedeuten eine Senkung. Und da machen wir Grünen nicht mit!

Wenn Sie, Frau Bundesministerin, jetzt in diesem Gesamtpaket, das Sie heute vorge­stellt haben, kaum hier im Parlament vorgestellt haben – Klammer: Rufzeichen –, wenn Sie in diesem Gesundheitspaket einen Kompromiss geschlossen haben mit den Län-


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dern, möchte ich Ihnen ganz kurz am Beispiel dieses Kompromisses unseren Stand­punkt klarmachen, dass Sie die Verliererin bei diesem Kompromiss sind – nicht Sie als Person, sondern die Gesundheitspolitik auf Bundesebene. Und das tut uns Grünen weh, denn wir hätten uns etwas anderes vorgestellt: vorwärts zu gehen und nicht wieder rückwärts zu gehen zu Strukturen, die wir eigentlich verlassen wollen, weil sie sich als ineffizient herausgestellt haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Bravo!)

Ich erkläre Ihnen das aus meiner Sicht – und Sie können mir dann erklären, wo ich es falsch sehe –: Sie schreiben noch in Ihrer Punktation zur Bund-Länder-Vereinbarung: Es geht um eine Gesamtverantwortung der Gebietskörperschaften und der Sozialver­sicherung für die Finanzierung der Gesundheitsversorgung. Und Sie verbinden das mit der Strukturfrage, also mit diesen Bundes- und Ländergesundheitsagenturen oder ‑plattformen – egal, wie Sie es nennen. Wie ist die Lösung für diese Gesamtverantwor­tung in dem, was Sie jetzt paktiert haben?

Die Gebietskrankenkassen und alle anderen Kassen, aber hauptsächlich die Gebiets­krankenkassen, haben ein Riesendefizit. Diese sind die Hauptfinanziers für den ge­samten Gesundheitssektor in Österreich. Die Länder – oder sagen wir allgemeiner: die Gebietskörperschaften – sind auch ein Finanzier im Gesundheitsbereich, haben ein Problem wegen der Steuerreform, sind aber auch Anbieter von Leistungen, nämlich der Krankenhäuser.

Der Finanzierungsvorschlag schaut jetzt so aus, dass die Gebietskrankenkassen, die Kassen allgemein, verpflichtet werden, Geld vom Kassensektor, der ein Defizit hat, hin­überzuschaufeln in die Länder. – Die Länder sind nicht verpflichtet, ihre Ineffizienzen dort, wo sie festgestellt wurden, zu beseitigen. Die Länder bekommen Geld, und den Ländern wird noch dazu gesagt: Wenn ihr mit diesem Geld nicht auskommt, dann holt es euch bei den Patienten!

Was ist das für ein Strukturvorschlag, wo die Patienten, die Kranken sozusagen, ver­pflichtet werden, für die Ineffizienzen, die es in den Ländern gibt und die es zwischen Bund und Ländern – und nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch den Krankenversicherungen – gibt, für die Probleme, für die Reibungsflächen zu zahlen? Die sollen jetzt zahlen? – Das kann es ja wirklich nicht sein, Frau Bundesministerin! Und dass der Spitalskostenbeitrag dann in dem einen Bundesland meinetwegen 7 €, im anderen Land 9 € und im anderen Bundesland 10 € pro Tag betragen soll, das ist die Lösung? Das ist die Perspektive? – Das kann es ja auch nicht sein, Frau Bundes­ministerin!

An diesem einen Beispiel ist mir klar geworden, dass dieses Modell von Bundesge­sundheitsagenturen und Länderplattformen von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, weil sich in dieser Frage der Finanzierung, der Finanzierung des Finanzausgleiches und der damit zusammenhängenden Gesundheitsfrage, gezeigt hat, dass sich die Län­der durchgesetzt haben. Und die Länder sagen: Wir richten es uns wie bisher selbst, auch für die Zukunft!

Die Frau Bundesministerin und der Bund in seiner Verantwortung für Gesundheitswe­sen haben abdanken müssen! Das ist das Ergebnis dieses Gesundheitskompromisses.

Nein, danke, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wir sind für einen sinnvollen Föderalismus, ja, und er ist auch möglich. Best-Practice-Modelle wären sinnvoll. Das geht aber nur dann, wenn die Bundesverantwortung klar und stark genug ist. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Überall dort, wo jetzt in diesem Kompromiss die Frau Bundesministerin eigentlich gestärkt werden hätte müssen von Ihrer Seite, sind die Länder gestärkt worden. – Das ist das Ergebnis, und


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das ist bitter. Das ist eine absolute Niederlage für das, was Sie bisher als Gesundheits­reform bezeichnet haben. Da machen wir sicher nicht mit! (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte nur ganz kurz noch einen Aspekt anschneiden: Arbeiterkammerumlage. Den Medien entnehmen wir, ... (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Rauch-Kallat.) – Das ist nicht gestorben! Bitte, was haben die Arbeiterkammerumlage und die Erhöhung, sozusagen die geringen Mehreinnahmen, die die Arbeiterkammer hätte, wenn die Höchstbeitragsgrundlage angehoben wird, mit den Problemen des Gesund­heitswesens zu tun? Was bringt es dem Gesundheitswesen, wenn die Arbeiterkammer 1 Million € nicht erhält? – Nichts bringt das dem Gesundheitswesen, das wissen Sie genau! Aber eines wissen Sie auch: Die Arbeiterkammer wird in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben geschwächt. (Abg. Dr. Brinek: Wieso geschwächt? Nur weil sie ...?) Sie wissen, dass die Prozesse, die arbeitsrechtlichen Prozesse, und die Dienstleistun­gen, die die Arbeiterkammer in den vergangenen Jahren erbringen musste – das wis­sen Sie, Frau Kollegin Brinek –, angestiegen sind. Das wissen auch genügend Kolle­ginnen und Kollegen von Ihrer Fraktion, und deshalb bringen wir folgenden Antrag ein (Abg. Dr. Brinek: Die Wirtschaftskammer hat ihre Beiträge gekürzt!) – Frau Kollegin Brinek, vielleicht hören Sie zu! –:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Kammern für Arbeiter und Angestellte

„Der Nationalrat wolle beschließen:“

(Abg. Dr. Brinek: Die Wirtschaftskammer hat ihre Beiträge gekürzt! ...!) – Frau Kollegin Brinek! Antrag!

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle Maßnahmen zu unterlassen, die eine Ein­schränkung der finanziellen Mittel der Kammern für Arbeiter und Angestellte und damit der Arbeitfähigkeit derselben zur Folge hat oder haben könnte sowie dafür einzutreten, dass die zum Zeitpunkt der Antragseinbringung bestehende Rechtslage hinsichtlich der Höhe und der jährlichen Anpassung der Arbeiterkammerumlage nicht eingeschränkt wird.“

*****

Das ist schlicht und einfach unser Begehr: dass Sie nicht auch noch ein kleines politi­sches Revanchespiel in Zusammenhang mit einer sicher sehr schwierigen Angelegen­heit wie der Gesundheitsreform einzulösen versuchen (Abg. Dr. Brinek: Die Wirt­schaftskammer ... die EU ... Aufgaben übernommen, ...! – Abg. Silhavy: Frau Kollegin Brinek, warum sind Sie so nervös? – Abg. Dr. Brinek: Sie sind nervös!), sondern die Einrichtungen, die dazu befugt sind und denen vom Gesetzgeber aufgetragen wurde, die Interessen von bestimmten Gruppen wahrzunehmen – egal ob es Wirtschaftskam­mer, Arbeiterkammer, Landwirtschaftskammer sind –, im Rahmen ihrer Selbstverwal­tung auch arbeiten lassen. Das verlangen wir von Ihnen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.13

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Öllinger eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung der Arbeitsfähigkeit der Kammern für Arbeiter und Angestellte (Abg. Dr. Brinek: Für die Wirtschaftskammer auch? – Das ist ihm Wurscht! – Abg. Grad­wohl – in Richtung der Abg. Dr. Brinek –: Vor lauter Aufregung haben Sie nicht zuge-


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hört, Frau Kollegin!) ist hinreichend unterstützt, steht mit in Verhandlung und wird in zirka 20 oder 25 Minuten abgestimmt werden.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


15.14

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Ich knüpfe an die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Öllinger beziehungs­weise an den Beginn seiner Ausführungen an, wo er gesagt hat, dass die Antwort des Herrn Staatssekretärs dieses Hauses nicht würdig ist und dass der Stil nicht in Ordnung war. Ich gebe schon zu, dass diese Wortmeldung nicht in Ordnung war oder an der Grenze war, aber er hat sich dafür entschuldigt! (Abg. Mag. Kogler: Na eben nicht! – Abg. Dr. Einem: Sie glauben, ... beleidigen – und dann entschuldige ich mich halt! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Damit nicht jeder Redner der Opposition wieder mit ähnlichen Ausführungen wie Herr Abgeordneter Öllinger an das Rednerpult tritt, möchte ich Sie schon daran erinnern, dass die Sensibilität der Abgeordneten oder überhaupt die Sensibilität in diesem Haus, was Angriffe, insbesondere auch persönlicher Art, betrifft, nicht sehr groß ist, indem ich Ihnen in Erinnerung rufe, was hier schon alles an Bemerkungen gefallen ist.

Zum Beispiel hat Herr Abgeordneter Brosz am 4. Dezember 2003 gesagt: Der Helmut, der Kukacka, hat eine Gletscherspalt’n im Gesicht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wahn­sinn!) – Also ich muss sagen, das geht schon sehr unter die Gürtellinie! (Abg. Mag. Kogler: Wo hat der sein Gesicht, bitte?)

Herr Abgeordneter Brosz hat am 26. Mai dieses Jahres gesagt: Apropos Teufel: Da kommt Bartenstein! – Also ich muss schon sagen, das ist mehr als entschuldigungsreif! (Abg. Mag. Kogler: Bitte, wo hat der Kukacka sein Gesicht?)

Herr Abgeordneter Jarolim – damit auch die SPÖ weiß, dass sie sich sehr oft im Stil vergreift – hat am 27. Jänner 2004 anlässlich einer Dringlichen gesagt: Der Amon spricht wie ein verkleidetes Tortenstück! (Lebhafte Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) – Der Amon von der ÖVP.

Also wissen Sie, wenn man austeilt, dann soll man auch einstecken können und soll nicht gar so empfindlich sein! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie gesagt, ich entschuldige nichts – der Herr Staatssekretär hat sich selbst schon entschuldigt –, aber ich möchte verhindern, dass jetzt jeder Redner von der Opposition herauskommt und uns belehrt darüber, wie der Stil im Parlament sein soll. – Jeder soll sich an der eigenen Nase nehmen. Jeder hat schon einmal über das Ziel geschossen, und ich glaube, das sollte man auch dem Staatssekretär verzeihen, dass er heute über das Ziel geschossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.16

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Silhavy. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.16

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Frau Kollegin Partik-Pablé, genau das haben Sie mit Ihrer Wortmeldung nicht erreicht. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ja, das denke ich mir eh! Bezüglich Ihrer Aussagen gibt es auch eine ganze Menge!) Es kann schon passieren, dass man einmal über das Ziel schießt – da haben Sie durchaus Recht –, aber dass es gerade bei der Debatte zum Kapitel Gesundheit und Frauen ist, ist schon eine besondere Auffälligkeit, und vor al­lem auch die Art, wie Kollege Schweitzer sich zu rechtfertigen versucht hat. Er hat ver-


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sucht, sich zu rechtfertigen, und hat keine Entschuldigung abgegeben. Das, finde ich, ist das wirklich Skandalöse, denn wenn einem einmal etwas passiert, dann soll man sich auch ernstlich und ehrenhaft entschuldigen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber in dieser Form, wie es Herr Kollege Schweitzer, oder Herr Staatssekretär Schweitzer, gemacht hat, das ist unakzeptabel, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei den Freiheitlichen: Ein „riesiger“ Applaus!)

Herr Kollege Rasinger – eigentlich wollte ich ja zum Thema Gesundheit sprechen – hat heute in ganz großen Tönen gesprochen, nämlich „mutige Reformministerin“. – Herr Kollege Rasinger! Das ist eine Selbsteinschätzung, die nicht unbedingt geteilt werden muss. (Abg. Dr. Rasinger: Die „großen Töne“?) – „Mutige Reformministerin“.

Herr Kollege Rasinger, ich empfehle Ihnen, eine Wochenzeitung zu lesen, in der es heißt – ich zitiere –: Komplexe Nichtreform: Rauch-Kallat floppt weiter. An der Spitze der Gesundheitsreformbewegung steht künftig die Bundesgesundheitsagentur. Dieses politisch besetzte Gremium soll die bisherige Nichtarbeit des Gesundheitsministeriums ersetzen, sich um Zielvorgaben, die Budgetierung und um allgemeine Richtlinien küm­mern. – Zitatende.

So einmal die erste Beurteilung dieses ganzen Stückes. Danach wird dann noch aus­geführt, wie man sich das eigentlich vorstellt: dass die Bundesagentur auf die Länder wirken soll, wo es Parallelstrukturen und Mehrfachstrukturen gibt, die ja überhaupt nicht angegeben werden, und die ganze Problematik wird aufgezeigt. Also vielleicht wäre es besser, Sie würden einen einfach formulierten Zeitungsartikel lesen, dann wür­den Sie vielleicht mehr Einblick haben, was hinter diesen Wörtern, die wir derzeit ver­nehmen, steht – denn Regierungsvorlagen dazu gibt es in diesem Hause ja noch nicht.

Zweiter Punkt: Die Ministerin hat „auf Macht verzichtet“, war Ihre nächste Aussage. – Sie werden vielleicht im heutigen „Standard“ das gesehen haben (die Rednerin hält eine Tafel mit dem Bild von Bundesministerin Rauch-Kallat, der Aufschrift „Diese Frau will Sie entmündigen“ und diversen Verbotszeichen in die Höhe): „Diese Frau will Sie entmündigen“, steht da im heutigen „Standard“. (Abg. Dr. Rasinger: Unter der Gürtel­linie!) – Von den Trafikanten gemacht!

Nun unterstütze ich zwar das mit der Tabakgeschichte – damit das nicht in eine falsche Richtung geht –, aber zum Thema „entmündigen“ (Abg. Dr. Rasinger: Aber unter der Gürtellinie ...!) – das habe nicht ich gemacht, das haben die Trafikanten gemacht – möchte ich etwas sagen: Es gibt eine Vorlage hier im Haus zur Neugestaltung des Hauptverbandes, den Sie ja hier im Haus verfassungswidrig beschlossen haben – wider besseres Wissen, behaupte ich, denn wir haben Sie immer wieder darauf auf­merksam gemacht. – Gut. Was macht die Ministerin? – Sie will den Hauptverband so konstruieren, dass er eindeutig wieder eine schwarze Mehrheit hat.

Was macht die Ministerin jetzt bei den Länderplattformen? – Sie trennt in eine für nie­dergelassene Ärzte und eine für Spitalsfinanzierung, wo sie sich wieder entsprechende Mehrheiten sicherstellen will. Frau Ministerin, sind da alle Kassen drinnen, oder sind die Kassen, auf die 80 Prozent der Beitragsleistungen entfallen, wie es Kollege Grüne­wald angesprochen hat, jene, die dort das Sagen haben? – Das ist auch eine Frage.

Es steht also wieder politische Umfärbelung à la ÖVP hinter diesem ganzen Konzept. Und das soll auch hier einmal ganz offen gesagt werden.

Außerdem würde mich wirklich interessieren – das haben wir auch noch nicht von Ihnen gehört, Frau Ministerin –: Wie viel Geld fließt denn überhaupt in den Strukturtopf, wenn schon immer von Strukturen gesprochen wird?– Die Vorredner und Vorrednerin­nen haben zum Teil schon dargestellt, dass in Wirklichkeit strukturelle Änderungen nicht zu erwarten sind, sondern festgeschriebene Strukturprobleme in Zukunft noch


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stärker weiter festgeschrieben werden. Das ist entsetzlich, das ist eigentlich kein guter Beitrag.

Das Abschieben von Verantwortung – und das ist kein Machtverzicht – auf die Länder, wenn sie mit dem Geld nicht zurechtkommen, den Verpflegskostenbeitrag zu erhöhen, hat überhaupt nichts mit Machtverlust zu tun. Das hat mit Nichtwahrnehmung von Ver­antwortung zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Zuletzt möchte ich noch auf den Antrag des Kollegen Öllinger eingehen. Kollege Öllin­ger, auch wenn die Regierung die Rechtslage bezüglich Arbeiterkammer nicht ändern kann – das ist ja eine Sache dieses Hauses –, so gebe ich Ihnen inhaltlich vollkommen Recht. Das ist genau diese Form von Revanchismus: Dort, wo man keine Mehrheit hat, versucht man einfach, die Ideen und die Möglichkeit, sich in einer demokratischen Gesellschaft darzustellen, einzuschränken. Das steckt hinter Ihrer Politik, und das ver­achten wir. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.21

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Höllerer. Wunschredezeit: 3 Minuten. (Abg. Silhavy spricht mit Bundesministerin Rauch-Kallat.)

Ich bitte die Kollegin an der Regierungsbank, der Rednerin nicht den Rücken zuzuwen­den. Frau Kollegin Silhavy! Wenn Sie auf die Regierungsbank heraufkommen und mit der Frau Minister reden, geht das, aber bitte nicht der Rednerin den Rücken zuzuwen­den – ganz gleich, wer das ist.

Jetzt beginnen die 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.22

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, dass ich auf die Rede der Frau Abge­ordneten Heinisch-Hosek eingehe. Ich bin Bäuerin, ich muss hier wirklich anmerken, dass dieser Vergleich der Finanzmittel, die für die Schweinedatenbank und für die Zie­gendatenbank aufgewendet werden, mit den Finanzmitteln, die für Frauenangelegen­heiten aufgewendet werden, nicht nur unwürdig ist, extrem unwürdig ist gegenüber allen Frauenangelegenheiten (Abg. Heinisch-Hosek: Das war kein Vergleich! Das war kein Vergleich!), sondern ich muss auch sagen, es ist ein total unpassender Vergleich, denn die Gelder, die in diese Schweinedatenbank und Ziegendatenbank fließen (Abg. Heinisch-Hosek: Haben Sie zugehört?), sind Gelder, die vor allem zur Lebensmittel­sicherheit beitragen.

Dabei handelt es sich um eine Forderung von Konsumentinnen und Konsumenten, die genau diesen Wirtschaftsbereich transparent machen wollten. Diese Forderung soll bewirken, dass eine Dokumentation darüber vorliegt, wie in diesem Bereich gearbeitet wird. Das ist keine Forderung der Bauern. Es wird auch kein Cent von diesem Geld als Förderung für Bauernfamilien verwendet, sondern es wird ausschließlich für diese Dokumentation eingesetzt, die letztendlich von den Konsumentinnen und Konsumen­ten verlangt wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben auch auf die Entwicklung des Budgets für Frauenangelegenheiten Bezug genommen. Ich möchte Ihnen hier die genauen Daten seit dem Jahr 1995 wiederge­ben. Sie wissen, damals war Frauenministerin Barbara Prammer für Frauenangelegen­heiten zuständig, auf jeden Fall lagen damals die Finanzen für das Frauenbudget in Ihrer Kompetenz. 1995 hat dieses Budget 3,302 Millionen € betragen, 1996 dann 3,225 Millionen €, 1997 auch 3,225 Millionen €, das heißt, es war sogar ein rück­läufiges Budget zu verzeichnen. Also in Ihrer Kompetenz, während Sie, die SPÖ, die Frauenangelegenheiten zu verwalten hatten, wurde sogar das Frauenbudget gekürzt. (Abg. Heinisch-Hosek: Das war ja kein ...!) Das ist tatsächlich so.


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Erst 1998 haben Sie wieder leicht aufgestockt, 1999 gab es ein Budget von 4,290 Milli­onen €, das mit einem Budgetüberschreitungsgesetz aufgestockt wurde. Aber ich habe genau nachgeschaut: Mit diesem Mehr an Budget wurden keine Frauenprojekte geför­dert, sondern wir haben uns damals in einem Wahljahr befunden. Ich denke, dass Sie damals diese Gelder sicher in diese Richtung verwendet haben. (Zwischenrufe der Abgeordneten Gradwohl und Heinisch-Hosek.)

Ab dem Jahre 2000, als sich die Kompetenzen bezüglich Frauenangelegenheiten ge­ändert haben, war tatsächlich eine Budgetaufstockung zu verzeichnen und es waren 5 Millionen € für das Budget für Frauenangelegenheiten drinnen. 2001 gab es einen leichten Rückgang auf 4,8 Millionen €, 2002 wieder eine Aufstockung auf 4,955 Millio­nen €. Ab 2003 war Frau Bundesministerin Maria Rauch-Kallat für das Frauenbudget verantwortlich, und es gab 5,44 Millionen €. So viel gab es vorher nie! (Beifall bei der ÖVP.)

Für 2004 und 2005 gibt es auch wieder eine entsprechend gute Absicherung des Frau­enbudgets (Abg. Heinisch-Hosek: Schauen Sie, wie viele Projekte zusperren!), eine Aufstockung im Jahr 2005 auf 6,05 Millionen €. 2006 wird dieses hohe Budget fortge­schrieben.

So schaut Frauenpolitik budgetär aus, da können auch die entsprechenden Maßnah­men gesetzt werden. Ich möchte Sie noch darauf hinweisen, dass Frau Bundesminis­terin Rauch-Kallat auch eine Frauenservicestelle für Migrantinnen eingesetzt hat. So etwas hat es vorher überhaupt noch nie gegeben. Sie haben nicht daran gedacht, dass das in dieser Weise wirklich notwendig ist und dass auch dafür die Gelder sehr gut angelegt sind.

Ich gratuliere Frau Bundesministerin Rauch-Kallat zu ihrer Arbeit, die sie im Frauenbe­reich macht, aber auch zu ihrer Arbeit, die sie im Bereich der Gesundheitspolitik macht. Ich gratuliere ihr insbesondere zum heutigen positiven Abschluss des Gesundheitsfi­nanzierungspakets, das in der Gesamtheit des Finanzausgleiches beschlossen werden konnte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Lichtenegger.)

15.26

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


15.27

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich habe gerade in den letzten Wo­chen bei den Verhandlungen mitverfolgt, was eigentlich herauskommen hätte sollen und was jetzt wirklich unter dem Strich herausgekommen ist.

Frau Ministerin, Ihre Ideale, die Sie hatten, dass das Gesundheitswesen zentral von Bundesseite her gesteuert wird, sind vorbei, die Länder haben jetzt wieder mehr Spiel­raum bekommen, als sie vorher hatten. Und das geht auf Kosten der Patienten.

Frau Ministerin, Sie haben gesagt, Sie seien mehr oder weniger die Schutzpatronin für die Qualitätssicherung in Österreich – Sie nicken jetzt auch dazu. Aber wenn ich mir Ihre Beantwortung der Anfragen des Budgetausschusses anschaue, wo ich Sie gefragt habe, welche Maßnahmen Sie für die barrierefreie Nutzung des Gesundheitswesens setzen werden, muss ich sagen, Sie schreiben mir zurück: Fragen des barrierefreien Zugangs zu Einrichtungen des Gesundheitswesens fallen als baurechtliche Angelegen­heiten in die Zuständigkeit der Länder.

Das heißt, für Sie ist dieses Thema nicht mehr wichtig. (Bundesministerin Rauch-Kal­lat: Das stimmt nicht!) Frau Ministerin! Es geht nicht nur um eine Stufe, es geht nicht nur um einen Lift, sondern es geht um mehr, es geht um den Anspruch auf Gesund-


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heitsleistungen für Menschen mit Behinderungen. Und diesen Anspruch, Frau Minis­terin, haben diese Menschen ganz einfach.

Frau Ministerin! Es liegt in Ihrer Hand, mitzugestalten, welche Arztpraxen vergeben werden, wie sich das auf das Punktesystem auswirkt, aber anscheinend ist es Ihnen nicht mehr wichtig. Ich habe wirklich einmal geglaubt, dass es Ihnen wichtig ist, aber diese Ihre Antwort hat mich meinen Glauben in diese Richtung verlieren lassen. Ich kann es Ihnen auch zeigen, ich habe es auch anderen schon gezeigt, die nur den Kopf geschüttelt haben.

Frau Ministerin, Sie wissen ganz genau, dass speziell mobilitätsbeeinträchtigte Men­schen in der Regel viel intensiver und viel regelmäßiger einen Arzt, eine Therapie, eine Untersuchung brauchen als andere, die nicht behindert sind. Aber für uns ist es un­gleich schwerer, irgendeine Behandlung in irgendeiner Form zu bekommen.

Ich versuche, Ihnen das noch einmal an einem Beispiel zu zeigen. Ich habe das schon hundert Mal getan, aber es wirkt anscheinend nicht. Frau Ministerin! Es bringt mir nichts, wenn ich fünf Minuten von meiner Wohnung entfernt einen praktischen Arzt habe, den ich aber nicht konsultieren kann, weil mich auf dem Weg in seine Praxis Stufen erwarten.

Frau Ministerin! Es bringt mir nichts, wenn ich bei der Gesundenuntersuchung einen Überweisungsschein bekomme, dass ich zur Mammographie gehen soll, wenn es kein einziges Mammographiegerät gibt, mit dem ich diese Untersuchung auch im Sitzen machen kann.

Frau Ministerin! Es bringt mir auch nichts, wenn ich zum Beispiel zur Knochendichte­messung gehe, wie es Frauen ab einem gewissen Alter tun sollten – und da gehöre ich auch dazu –, wenn es einfach kein Gerät gibt, das das leisten kann.

Es ist nicht möglich, dass man als Mensch mit Behinderung ein Lungenröntgen macht. Ein Lungenröntgen ist keine medizinische Erfindung, die erst in den letzten zwei Jah­ren gemacht worden wäre, sondern diese Untersuchungsmethode gibt es seit Jahr­zehnten – aber nicht für uns, Frau Ministerin.

Es gibt für uns kaum Möglichkeiten, zu einem Zahnarzt zu gehen. Es gibt für uns auch kaum Möglichkeiten, Physiotherapie in Anspruch zu nehmen. Ich sage Ihnen auch, warum: Wenn wir Physiotherapie in Anspruch nehmen wollen, dann müssen wir das in den Ambulatorien der Krankenhäuser tun; sonst geht das nirgends. Sie wissen ganz genau, wenn ich heute zu einer Physiotherapie ins Ambulatorium gehen muss, die auf jeweils 30 Minuten angesetzt ist, jedes Mal eine andere Therapeutin kommt und zuerst die Anamnese aufnimmt, dann bleiben nur noch 15 Minuten übrig. Dann ist der Termin wieder vorbei und man hat sich eigentlich länger an- und ausgezogen, als man behan­delt wurde.

Frau Ministerin! Das gehört auch zur Qualität im Gesundheitswesen. Das ist ein we­sentlicher Teil der Qualität im Gesundheitswesen. Dieser Teil wird einfach nicht bear­beitet, er wird nicht so gesehen. Das ist für uns Menschen mit Behinderungen schon ein sehr starkes Stück, weil wir ganz einfach auch die Pflicht haben, dass wir uns um unsere Gesundheitsvorsorge kümmern, und weil wir auch das Recht haben, wenn wir krank sind, dass wir entsprechend behandelt werden.

Ich weiß nicht, Frau Ministerin, was Sie uns in Ihrem Qualitätspaket anbieten, ob das auch Menschen mit Behinderungen etwas bringt. Bis jetzt habe ich noch nichts gese­hen, aber ich erwarte mir, dass Sie uns nicht nur etwas sagen, sondern dass Sie auch handeln und dass die Situation für Menschen mit Behinderungen verbessert wird, denn derzeit, Frau Ministerin, ist sie katastrophal.


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Ich versuche, Ihnen das noch an einem anderen Beispiel klarzumachen. Es gibt die so genannte Patientencharta. Alles recht schön, aber wesentliche Punkte für Menschen mit Behinderungen fehlen ganz einfach. Es ist nicht selbstverständlich, dass jemand, wenn er gehörlos ist, auch entsprechend aufgeklärt werden kann oder mit dem Arzt kommunizieren kann.

Es ist auch nicht selbstverständlich, dass blinde Menschen ihre Befunde lesen können, weil sie nicht so aufbereitet sind, dass sie auch für blinde Menschen lesbar gemacht werden. Es ist nicht einmal selbstverständlich, dass bei einem Krankenzimmer, in dem jemand liegt, der blind ist, an der Tür geklopft wird. Der Betreffende weiß dann nicht, wer im Raum steht und was derjenige tut.

Frau Ministerin! Es ist auch nicht selbstverständlich, dass, wenn RollstuhlfahrerInnen im Krankenhaus sind, der Rollstuhl im Zimmer verbleibt. Zu 90 Prozent werden die Rollstühle aus dem Zimmer entfernt. Wissen Sie, was das für mich heißt? – Das ist für mich wahrscheinlich dieselbe körperliche und emotionelle Belastung, wie wenn man Sie in ein Maschenbett legen würde, denn Sie kommen aus einem Maschenbett nicht allein heraus. Und wenn mein Rollstuhl nicht bei mir ist, dann habe ich diese Chance auch nicht. Vielleicht kann ich es im Moment auch gar nicht, aber ich muss einfach die­sen Bestandteil von mir bei mir haben – und nicht im Depot des Krankenhauses.

Frau Ministerin, das sind Dinge, die teilweise gar nichts kosten, sondern einfach nur ein Stück Sensibilität und Aufmerksamkeit und auch ein Stück Verantwortung gegenüber den Betroffenen oder den Patienten verlangen. Das vermisse ich wirklich auf weiten Strecken. Ich kann Ihnen garantieren – Sie werden das teilweise selbst wissen –, dass bei uns Menschen mit Behinderungen, wenn wir uns heute in die Obhut einer statio­nären Versorgung begeben müssen, das mit enormen Ängsten verbunden ist, aber nicht mit Ängsten, dass bei der Behandlung etwas schief gehen könnte – da sind wir gleich gut oder gleich schlecht bedient wie Nichtbehinderte –, sondern das sind einfach Ängste, dass dort das Personal, das Umfeld gegen uns spricht. Und das macht für uns die Situation nicht leichter, sondern extrem schwierig! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deshalb bitte ich Sie, Frau Ministerin – es sind nur so kleine Dinge, die zum Tragen kämen, die aber so wichtig für uns wären –, dass diese Mindestvoraussetzungen end­lich einmal auch für uns greifen und dass wir nicht immer um Dinge betteln müssen, die für andere selbstverständlich sind. Das erwarte ich mir und das wünsche ich mir, Frau Ministerin, im Interesse der mobilitätsbeeinträchtigten und behinderten Menschen in Österreich. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.36

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lichtenegger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.36

Abgeordneter Elmar Lichtenegger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Um das vielleicht abschließen zu können: Wenn man es mittlerweile schon als persönliche Beleidigung ansieht, wenn gesagt wird, man habe mit Sport nichts am Hut, so muss ich sagen: Dann hat es der Sport hier im Parlament schon weit gebracht! Und insofern kann ich dem noch etwas Gutes abgewinnen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Heinisch-Hosek: Fangen Sie auch an damit?)

Generell muss man sagen ... (Abg. Silhavy: Das ist ungeheuerlich!) – Was ist da un­geheuerlich? (Abg. Reheis: Es war schon peinlich genug, was der Staatssekretär gesagt hat!) Wenn Sie so sensibel sind und das immer wieder von dieser Seite beleuchten, dann kann kein Mensch wirklich etwas dafür.


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Man muss generell sagen, wenn man die Debatte so verfolgt hat, dann war der ganze Nachmittag eigentlich nicht so der „Reißer“. Das kann entweder daran liegen, dass wenig Interesse an der Gesundheit besteht, was ich nicht annehme, oder es kann sein, dass an und für sich große Zustimmung zum ganzen Paket der Gesundheitsreform vorherrscht. Man hat auch vom Erstredner, Abgeordnetem Gusenbauer, gehört, dass er sehr viel Potential bei allen Maßnahmen, die wir hier setzen, sehen und entdecken kann. Die einzige Kritik, die er wirklich anbringen kann – das lässt er auch via Presse­aussendung Herrn Brettenthaler ausrichten –, ist, dass man da nicht wirklich etwas erkennen kann. Deswegen ist offensichtlich das Interesse an dieser gesamten Ge­sundheitsgeschichte nicht sehr groß.

Es hat lange Verhandlungen gegeben, alles ist uns gut gelungen. Dann kommt jedoch Herr Abgeordneter Lackner heraus und sagt, die FPÖ werde wieder umfallen. – Das ist nicht richtig, das kann nicht sein! (Zwischenruf des Abg. Lackner. – Abg. Parnigoni: Sie können nicht mehr umfallen, Sie liegen ja schon!) In diesem Fall können wir gar nicht umfallen, weil schon Herr Häupl und Herr Gusenbauer da liegen. Das geht gar nicht, dass wir umfallen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber Gott sei Dank, man muss es sagen, eigentlich waren es gar nicht wir, die die gesamte Gesundheitsreform quasi gehoben haben. Da ist nämlich der Retter aus dem Süden gekommen. (Abg. Dr. Grünewald: Na bitte!) Weiß jemand, wer das ist? Kennt jemand den Namen dieses Retters? – Das traut sich keiner zu sagen. Aber es war nicht Jörg Haider, hier steht es: „Verhinderung der Anhebung der Rezeptgebühr – kla­rer Kärntner SPÖ-Erfolg“. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Danke, Peter Ambrozy!) Gott sei Dank, habe ich mir gedacht, die Gesundheitsreform wäre wirklich gescheitert, hätte es nicht Herrn Ambrozy gegeben. Also insofern kann man sagen: Seien wir alle froh, dass es dann doch so gelaufen ist, dass es bei der ganzen Gesundheitsreform zu einer brei­ten Einigung gekommen ist!

Wir wissen, dass wir unser Ziel nicht verfehlt haben, dass wir gut gearbeitet haben, dass das ganze Paket, die Gesundheitspolitik generell, bei uns in die richtige Richtung hin funktioniert.

Was geschieht? – Ein paar Punkte noch, heute ist schon sehr viel dazu gesagt worden: Die Gesundenuntersuchung, ein revolutionäres Instrument, um in der Prävention Fort­schritte zu erreichen, wird insofern besser gestellt, als ab nächstem Jahr jeder einmal pro Jahr kostenlos zur Gesundenuntersuchung gehen kann. Es gibt 20 Millionen € mehr, insgesamt 82 Millionen € nächstes Jahr für die Gesunden-, für die Vorsorge­untersuchung, für die aktive Prävention.

Die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages um 0,1 Prozent ist auch nur eine Übergangslösung, bis schlussendlich die ganze Strukturreform greift, und da sind dann die Länder angehalten, diese Strukturen wirklich effizient zu nutzen und Änderungen vorzunehmen.

Ein weiteres Vorhaben ist, bei den Generika eine höhere Quote zu erreichen, auf 20 Prozent zu kommen. Ich glaube, dazu müssen wir steuerungstechnisch noch etwas beitragen, noch ein paar Anreize schaffen.

Generell kann man sagen: Die Rezeptgebühr ist nicht erhöht worden. Die Valorisierung ist in diesem Sinne keine Erhöhung.

Die Erhöhung der Tabaksteuer um 18 Cent – diesbezüglich ist vorhin hier ein schönes Plakat gezeigt worden – hat meines Erachtens absolute Legitimität, denn wenn rund 2,3 Millionen Österreicher rauchen – ich sage das jetzt ganz wertfrei –, von denen 800 000 nikotinsüchtig sind, und der Zigarettenrauch rund 4 000 Chemikalien beinhal­tet, was unter anderem auch dazu führt, dass rund 14 000 Personen in Österreich jähr-


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lich am Tabakkonsum sterben, dann ist es durchaus berechtigt, dass man versucht, da ein wenig steuernd einzugreifen.

Insgesamt entstehen dadurch laut Schätzungen – und das sagt auch der Hauptver­band der Sozialversicherungsträger – Mehrkosten von rund 2 Milliarden €, und zwar mehr volkswirtschaftliche Kosten. Daher ist es, glaube ich, notwendig, dass man da schon jetzt Schritte setzt, dass man da schon jetzt gegensteuert, um damit auch bei der Finanzierung des Gesundheitssystems positive Effekte zu erzielen, denn diese wird in Zukunft nicht einfacher werden.

Insofern glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir sind jederzeit bereit, hier konstruktiv weiterzuarbeiten. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.42

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Nein, ich werde keinen Schlussstrich unter diese Debatte ziehen! Ich kann es Ihnen nicht ersparen, noch einmal auf die Causa Schweitzer einzugehen, denn Sie ver­stehen einfach nicht, worum es dabei geht.

Staatssekretär Schweitzer hat hier eine unglaubliche frauenfeindliche Entgleisung ge­habt (Abg. Dolinschek: Was hat er denn gesagt?), hat sich nicht dafür entschuldigt, und der Präsident, der zu dieser Zeit den Vorsitz geführt hat, nämlich Präsident Prinz­horn, hat ihm nicht einmal einen Ordnungsruf erteilt!

Jedes Mal, wenn ein Handy läutet, gibt es einen Ordnungsruf, aber für solch frauen­feindliche Entgleisungen gibt es keinen! Aber was mich noch weit mehr aufregt, ist die Tatsache, dass Frauenministerin Rauch-Kallat hier stumm daneben gesessen ist, die Situation zwar beobachtet, aber keinen einzigen Satz dazu gesagt hat. – Ist das die Frauensolidarität, die die ÖVP- und FPÖ-Frauen einfordern?! Schämen Sie sich für diese Situation! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesministe­rin Rauch-Kallat.)

Nun ein Wort zum Gesundheitspaket, bei dem Sie sich ja heute abfeiern lassen woll­ten. Das Handlungsmuster dieser Regierung ist ja wieder einmal wunderbar zu sehen: Zuerst mit 200 Prozent Verschlechterung in die Verhandlungen gehen und dann sagen: Die FPÖ stellt sich quer, wir verhandeln das noch!, und das Ergebnis ist eine hundertprozentige Verschlechterung.

Die ÖVP stellt das jetzt so dar, als ob alles ohnehin nicht so schlimm wäre, die FPÖ ist wieder einmal umgefallen, und unter dem Strich bleibt übrig, dass die Menschen in Ös­terreich belastet werden. – Das ist Ihre Taktik, die zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre ganze Politik, von vorne bis nach hinten, und das wird auch hier wieder sichtbar! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Nun zum Frauenbudget. Ich möchte gleich vorweg mit einer Legende aufräumen, und zwar mit der Legende, dass das Frauenbudget erhöht wurde. – Nehmen wir die Mittel vom Vorjahr, addieren wir dazu die Mittel der Frauengrundsatzabteilung des Wirt­schaftsministeriums ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist jetzt ein Kochrezept?) – Hören Sie einmal zu, dann lernen Sie jetzt von mir wenigstens rechnen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Von Ihnen kann ich etwas lernen? Die Sorge habe ich!)

Nehmen wir die Mittel vom Vorjahr, addieren wir dazu die Mittel der Frauengrundsatz­abteilung des Wirtschaftsministeriums, die voriges Jahr noch ein eigener Bereich war,


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dann kommen wir auf die Mittel von 2005. Und das nennen Sie eine Erhöhung?! – Das ist im besten Fall eine Stagnation, real sind es Kürzungen! (Beifall bei der SPÖ.)

Zweite Legende: Es gibt keine Kürzungen bei Frauenvereinen. – Vier aktuelle Beispie­le: 11 Prozent Kürzung bei der Frauen-Helpline; Frauenservice Graz feiert 20-jähriges Jubiläum und fürchtet finanzielle Kürzungen, weil man schon darüber informiert worden ist; LILIT vor dem Aus, Kremser Frauenprojekt ist auf Grund enormer Kürzungen in seiner Existenz bedroht. Ein viertes Beispiel hat Kollegin Weinzinger heute schon gebracht. – Das heißt, das sind Legenden! Das stimmt einfach nicht, und das müssen Sie sich anhören, und das müssen wir den Frauen auch sagen!

Nächstes Thema: Gender Budgeting – ein Ding, das vielleicht gut gemeint war, das aber sehr schlecht gemacht wurde, denn das, was die einzelnen Ministerien unter „Gender Budgeting“ geliefert haben, ist wirklich abenteuerlich. Es fehlt völlig die Strate­gie, es gibt ein Durcheinander von frauenbezogenen Maßnahmen und Gender Main­streaming, kurz: Es stimmt hinten und vorne nicht! – Doch was sagen Sie dazu, Frau Ministerin? Sie sagen im Ausschuss nur: Hoppala, da dürften die Ministerialbeamten etwas falsch verstanden haben!

Aber darum geht es nicht! Es geht darum, dass Sie da etwas verabsäumt haben, dass Sie da etwas falsch erklärt haben! Es liegt in Ihrer Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Situation von Frauen in Österreich verbessert, dass es ein aus­reichendes Budget für Frauen gibt! Sie können diese Verantwortung nicht immer ab­schieben.

Das ist auch der ganz große Unterschied zwischen Ihnen und den ehemaligen Frauen­ministerinnen, die die SPÖ gestellt hat: Dohnal, Konrad, Prammer haben sich immer für die Fraueninteressen verantwortlich gefühlt (Zwischenruf der Abg. Lentsch), auch wenn die Sachkompetenz in anderen Bereichen gelegen ist. Vorangetrieben haben die Sache der Frauen die Frauenministerinnen!

Beim Gender Budgeting erfinden wir das Rad ja nicht neu, es gibt ja viele ausländische Beispiele! Auch in diesem Punkt, Frau Ministerin, haben Sie im Ausschuss gesagt, dass Sie diese Beispiele nicht finden können und dass die BeamtInnen nicht danach arbeiten können.

Frau Ministerin, ich sage Ihnen: Schauen Sie sich Ihre eigene Homepage an, dann werden Sie sehen, dass da alles drinsteht! Schieben Sie nicht Ihren eigenen politi­schen Unwillen immer auf die BeamtInnen, die sehr gut arbeiten würden, wenn Sie sie nur lassen würden, sondern übernehmen Sie selbst Verantwortung!

Frau Ministerin, Sie nennen sich Frauenministerin! – Sie sind es nicht wert, diesen Titel zu tragen! (Abg. Mag. Regler: Also bitte! Das ist ein Skandal! – Weitere heftige Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) Legen Sie ihn doch zurück! Das würde das Ganze verein­fachen, und es wäre vor allem ehrlicher. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lentsch – in Richtung der das Rednerpult verlassenden Abg. Stadlbauer –: So etwas tut man nicht! Ich sage nur: Kinderstube! – Abg. Dolinschek: Das ist nicht die feinste Art! Keine gute Kinderstube!)

15.46

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Riener. Rede­zeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.47

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesmi­nisterin! Hohes Haus! Herr Kollege Öllinger, Sie wissen schon – und darauf hat unsere Frau Gesundheitsministerin immer wieder in den Ausschüssen hingewiesen –, dass es nicht um Einsparungen im Gesundheitssystem geht, sondern um eine Kostendämp-


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fung (Abg. Öllinger: Um Einfrieren!) Das heißt, dass der Anstieg in den Kosten nicht eingefroren, sondern reduziert wird. Der prognostizierte Anstieg für die nächsten Jahre lag um die 9 Prozent, und dieser Kostenanstieg soll letztendlich auf 4 bis 5 Prozent ein­gependelt werden. Dies soll allerdings ohne Qualitätsverluste und in patientenfernen Bereichen erfolgen.

Zu Ihrem Entschließungsantrag, Herr Kollege, betreffend die Arbeitsfähigkeit der Arbei­terkammer darf ich Ihnen sagen: Machen Sie sich darüber keine Sorgen! (Abg. Öllin­ger: Schon!) Diese Kürzungen der Mittel finden nicht statt! – Jedoch ist in sozialdemo­kratisch geführten Kammern nicht immer ganz klar, ob die Gelder wirklich den Zielen des Gesetzes entsprechend verwendet werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Nun zum Gesundheitsbereich. – Im Jahresbericht 2003 des Fonds „Gesundes Öster­reich“ ist zu lesen, dass ein Themenschwerpunkt die seelische Gesundheit darstellt. Fachkreise schätzen, dass rund ein Viertel der Erwachsenenbevölkerung an psycho­genen Schwankungen und Erkrankungen leidet. Laut WHO wird die Depression bis zum Jahr 2020 neben Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten Krankheitsbildern zählen.

Wenn man den Männer-Gesundheitsbericht vom Bundesministerium für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz liest, erkennt man den unterschiedlichen Umgang von Männern und Frauen mit ihrer Gesundheit, mit Problemen und Lebens­situationen.

Psychisch kranke Menschen unterliegen einem erhöhten Suizid-Risiko. Pro Jahr ster­ben in Österreich im Durchschnitt der letzten Jahre rund 1 500 Menschen – im Ver­gleich dazu liegt die Zahl der Verkehrstoten bei ungefähr 930. In der westlichen Welt sterben drei Mal so viele Männer an Suizid wie Frauen, jedoch verüben Frauen weitaus mehr Selbstmordversuche, weil diese einen kommunikativen, nämlich appellhaften, Charakter haben; Männer suchen den Tod kompromissloser. – Deshalb bin ich froh, dass sich der Fonds „Gesundes Österreich“ und Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat um das Thema „psychische Gesundheit“ besonders annehmen. Dieses Geld im Budget ist hundertprozentig gut angelegt.

Doch wie kommt es eigentlich – wie es Erwin Ringel, der große österreichische Psychi­ater, beschrieben hat – zu dieser eingeengten, kanalisierten Sicht des Betroffenen, dass er für sich selbst keinen Ausweg mehr sieht? Wie gesagt, es werden die Sicht der Dinge und somit die Lösungsmöglichkeiten immer mehr verengt.

Ich bin jetzt fast zwei Jahre lang hier im Hohen Haus bei Debatten dabei. Wissen Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien, welches Gefühl sich breitmacht, wenn von Ihnen – nicht von allen, manche KollegInnen differenzieren; das möchte ich ausdrücklich festhalten – meist alles, was von den Regierungsparteien kommt, als schlecht bezeichnet wird, wenn die Zukunft als trist und katastrophal für die Bevölkerung beschrieben wird?!

Deshalb mein Appell an Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von den Oppositions­parteien: Nehmen wir unsere Verantwortung für die Stimmungslage in Österreich wahr! Geben wir, ohne die Realität zu verweigern, den Menschen Hoffnung und positive Per­spektiven für die Zukunft! Die Umsetzung dieser Bitte kostet das Gesundheitssystem keinen Cent, ist aber, so hoffe ich, nicht umsonst, denn – und davon bin ich über­zeugt – positive Perspektiven steigern das Wohlbefinden der österreichischen Bevölke­rung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


15.51


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84. Sitzung / Seite 118

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriele Moser. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.51

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Die Finanzierung war ja heute schon in der Debatte über das Gesundheitssystem ein großer Diskussionspunkt.

Frau Ministerin, haben Sie sich eigentlich schon einmal überlegt, dass ein großer Teil der Gesundheitskosten auch durch Verkehrsunfälle verursacht wird? Sie wissen ja, dass dann, wenn Arbeitsunfälle zu bezahlen sind, sehr wohl die AUVA herangezogen wird, dass die Sozialversicherung da in keiner Weise den vollen Kostenumfang trägt.

Bei Verkehrsunfällen, Frau Ministerin – ich komme jetzt zum Verkehrsbereich –, ist die Sozialversicherung die einzige zahlende Instanz. Sicher – wie nennt man das? – für Schäden aus Unfallfolgen wird schon gezahlt. (Zwischenbemerkung von Bundesminis­terin Rauch-Kallat.) Ja, genau, Schadenersatzleistung heißt das. – Aber die reinen Behandlungskosten, die Rehabilitationskosten et cetera, das alles trägt die Sozialver­sicherung.

Wenn Sie bei den Tabakwaren die Steuern erhöhen, dann agieren Sie verursacher­prinzipmäßig. Warum gilt das Verursacherprinzip in diesem Bereich nicht? Da wäre es sicherlich möglich, größere Summen auch für das Gesundheitswesen zu lukrieren, ohne dass sozial Schwächere zur Finanzierung besonders herangezogen würden. Die Finanzierung würde dann wahrscheinlich über eine höhere Versicherungsprämie bei der Kfz-Versicherung erfolgen, aber das wäre verursacherbezogen. Das wäre genauso wie bei den Rauchern, die jetzt für die Zigaretten mehr werden zahlen müssen und dadurch einen Beitrag für die Gesundheitsgefährdung leisten werden, die sie auch ver­ursachen. – Das war der eine Gedanke in Bezug auf den Verkehrsbereich.

Ein anderer Gedanke, Frau Ministerin, der aus meinen Konsumentenschutzagenden resultiert: Sie haben immer wieder betont, dass Vorsorge auch ein wesentlicher Aspekt ist, um Gesundheitskosten zu vermeiden, um die Lebensqualität zu erhöhen und auch zu gewährleisten. Sie wissen, ein wesentlicher Aspekt der Vorsorge ist auch die Ernährung. Falsche Ernährung ist oft die Ursache für Krankheiten, vor allem für chronische Krankheiten.

Schlechte Lebensmittel sind auch ein Aspekt, der von der öffentlichen Hand zu kontrol­lieren ist und wo man mit einer entsprechenden, guten Lebensmittelkontrollinstanz auch Kosten sparen kann. Diese Lebensmittelkontrolle, Frau Ministerin, liegt zur Hälfte in Ihrer Hand und zur Hälfte in der Hand des Herrn Landwirtschafts- und Umweltminis­ters. Sie wissen ja schon aus unserer vorigen Budgetdebatte, dass die Finanzierung der Lebensmittelkontrolle, der Lebensmitteluntersuchung in Österreich im Jahr 2007 wirklich konkursreif sein wird. Wir haben darüber schon letztes Jahr geredet, aber es wurde seither nichts verbessert. Dieses Jahr haben Sie noch 7 Millionen nachgeschos­sen. (Bundesministerin Rauch-Kallat: Das ist ein hübsches Geld!)

Ja, für dieses Jahr, für 2004. Für 2005 übernehmen Sie die gesamten BSE-Untersu­chungskosten, und zwar auch noch mit der AGES.  Aber die finanzielle Sicherheit der Lebensmittelkontrolle, der Labors, der AGES, sind ab dem Jahr 2006 extrem gefähr­det. Das hat Ihnen sicher Herr Dr. Url schon gesagt, das hat Ihnen auch sicher der zweite Geschäftsführer, Dr. Frühauf, schon unterbreitet. Aber Sie und Herr Dr. Herzog in Ihrem Kabinett, Sie verhandeln zu schwach mit dem Finanzminister, und auf der Strecke bleibt die Lebensmittelsicherheit und damit ein Aspekt der Gesundheitsvor­sorge.


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Da wird, bitte, am falschen Ort gespart. Reden Sie noch einmal mit dem Finanzminister darüber! Es ist notwendig – ich habe es heute Vormittag schon gegenüber Minister Pröll geäußert –, dass pro Österreicher und Österreicherin 10 € pro Jahr für die Le­bensmittelkontrolle und Lebensmittelsicherheit eingesetzt werden.

Frau Ministerin, da müssen Sie im ureigensten Vorsorgebereich endlich aktiver wer­den. Vor allem: Sie können doch nicht zusehen, dass vor Ort, in den einzelnen Landes­hauptstädten, die ehemaligen Untersuchungsanstalten einfach zugesperrt werden und alles in Wien und in Innsbruck konzentriert wird. Darunter leidet die Qualität der Pro­benuntersuchung, darunter leidet auch das Know-how, und die Kompetenzen, die wir uns in den einzelnen Untersuchungsanstalten, in Graz, in Klagenfurt, in Salzburg oder in Linz, erworben haben, die verschwinden!

Frau Ministerin, Sie haben dann wirklich die volle Verantwortung, wenn womöglich in nächster Zeit wieder Lebensmittelskandale auftreten, weil einfach der Kontrollmecha­nismus ausgehöhlt wird.

Diese Bedeutung der Lebensmittelkontrolle und Lebensmittelsicherheit ist meines Er­achtens auch in diesem Budget unterdotiert. Das haben Sie dem Finanzminister nicht klarmachen können. Da müssen Sie wirklich etwas wettmachen, das Sie in der Ver­gangenheit versäumt haben.

Frau Ministerin, nehmen Sie diese zwei Anregungen mit, vor allem auch, was die Finanzierung mit eventuellen Beiträgen aus der Kfz-Versicherung anlangt! (Beifall bei den Grünen. – Bundesministerin Rauch-Kallat: Das geschieht schon!)

15.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


15.57

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Österreich hat ein ausgezeich­netes Gesundheitssystem, wir nützen darin die medizinischen Fortschritte. Unser gro­ßes Ziel ist es daher, es zu erhalten und für alle – vom Baby bis zum alten Menschen – den uneingeschränkten Zugang zu diesem zu sichern.

Die Ideen und Initiativen, die in der Gesundheitsreform verankert sind, sind zukunfts­weisend: Einsparungen durch Strukturreformen auf der einen Seite, damit wir auf der anderen Seite das große medizinische Angebot für alle – erwähnen möchte ich dabei die immer größer werdende Gruppe von älteren Menschen – bezahlen können. Es muss uns allen aber auch klar sein, dass eine Reform, ein Umdenken auch in unseren eigenen Köpfen stattfinden muss, und zwar auf verschiedenen Ebenen.

Wir leben in einer Knopfdruckgesellschaft. Knopfdruck – der Lift fährt in die Höhe oder hinunter. Knopfdruck – der Computer lässt eine virtuelle Welt entstehen. Knopfdruck –eine Fernsehwelt entsteht vor uns. Wir degradieren unseren Körper zu einem stati­schen Element – wir sind aber Bewegungsmenschen! Eigenverantwortung und ein neues Körperbewusstsein, das entwickelt werden muss, damit wir gegenüber dem Wunderwerk Körper das auch wirklich richtig ausnützen, sind ein Gebot der Stunde. Dann können wir auch unterscheiden, was wir wirklich an ärztlicher Hilfe brauchen, wo wir aber auch selbst aktiv werden können.

Bewegung, richtige Ernährung, am besten nicht rauchen, kein gesteigerter Alkoholkon­sum und rechtzeitige Vorsorgeuntersuchungen bewirken, dass wir möglichst lange ge­sund bleiben können. Jeder von uns weiß das. Es ist logisch, es leuchtet ein, aber die Umsetzung, das Tun fällt uns allen schwer.


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Ich freue mich daher über die Einführung des Gesundheitsvorsorgepasses für Jugend­liche ab dem 18. Lebensjahr, für Erwerbstätige und für Senioren, der ab 2005 eine Unterstützung, eine Erinnerung in Richtung Prävention bringen wird. Heute gehen übri­gens nur 13 Prozent der Österreicher zur Vorsorgeuntersuchung, die kostenlos ist.

In diesem Zusammenhang möchte ich, und zwar im Europäischen Jahr der Erziehung durch Sport, für die Initiative Fit für Österreich“, die von Staatssekretär Karl Schweit­zer ins Leben gerufen wurde, und für die budgetären Mittel von 700 000 €, die dafür zur Verfügung stehen, danken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich danke auch dafür, dass mit dieser Aktion schon im Vorschulalter begonnen wird und sich diese dann bei der Schuljugend, den Erwerbstätigen und den Älteren fortsetzt. Wenn man in ganz jungen Jahren Freude und Lust an der körperlichen Bewegung aufbaut, wird man dieses Gefühl, aber auch das Kontrollieren des Körpers nie mehr aufgeben wollen. Ich kann daher nur appellieren, dass wir all diese Richtlinien auch wirklich umsetzen beziehungsweise diese Aufgabe in Angriff nehmen.

Die Gesundheitsreform steht, sie ist ein Riesenschritt zur Sicherung dieses Gesund­heitssystems, mit dem wir mehr als zwei Drittel der Bevölkerung hoch zufrieden machen. Jeder von uns profitiert davon, und jeder von uns sollte dazu beitragen, was er in gesunder Eigenverantwortung dazu leisten kann.

Ich gratuliere der Frau Bundesministerin zu den gelungenen Verhandlungen für diese Reform und wünsche mir, dass sie für uns gesund bleibt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.00

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.01

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht inhaltlich ein wenig durcheinander. Das liegt leider in der Struktur der Sache. In der Kürze der Zeit Anmerkungen zu drei frauenpolitischen Punkten:

Erster Punkt: Frau Bundesministerin, Sie haben von der nachhaltigen finanziellen Si­cherung für Frauenprojekte insbesondere im Gewaltschutzbereich gesprochen. – Ir­gendetwas kann sich da nicht ausgehen, denn wie ich das in Gesprächen mit einerseits VertreterInnen derartiger Initiativen und andererseits auch mit VertreterInnen der Stadt Wien mitbekomme, ist es so, dass diese Projekte mitnichten mit den Mitteln auskommen, zum Teil nicht wissen, wie es demnächst weitergehen soll, und daher versuchen, auf Landesebene mehr Mittel zu lukrieren, weil sie der Bund zunehmend im Stich lässt. Ich hoffe, es ist Ihnen wirklich ein Anliegen – aber dann muss man offenbar die Mittel etwas umschichten oder was auch immer. Jedenfalls geht sich da etwas nicht aus.

Zweiter Punkt: Sie, Frau Minister, haben von der nachhaltigen Alterssicherung gespro­chen, diese sei für Frauen sichergestellt. – Ich weiß nicht, von welcher Pensionsreform Sie hier sprechen, aber es kann auf keinen Fall jene sein, die wir zurzeit in diesem Haus diskutieren, denn alles, was infolge dieser Reform passiert, wird im Endeffekt dazu führen, dass sich in Hinkunft 80 Prozent der Frauen im Alter an der Armutsgrenze bewegen werden.

Die Situation ist heute schon dramatisch genug. Ich darf darauf hinweisen, dass die heutigen Frauenpensionen im Durchschnitt bei 618 € brutto liegen, die Arbeiterinnen­pensionen bei 490 €. Wenn wir da jetzt noch die Kürzungen einberechnen, die sicher kommen werden – ich verweise nur auf die Ausweitung des Durchrechnungszeitrau-


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mes auf die gesamte Lebensarbeitszeit –, kann dieses Bisschen, was bei der Anrech­nung von Kinderbetreuungszeit geändert wird, den Verlust nicht wettmachen.

Die Frauenpensionen werden also durch diese Reform eklatant gekürzt werden, auch wenn Sie ein bisschen etwas bei der Anrechnung der Kinderbetreuungszeiten tun. Es zählen diese Jahre nämlich jetzt mit, was bei einer Durchrechnung von 15, 18 Jahren nicht der Fall war.

Dritter und letzter Punkt – wir haben dieses Problem auch im Budgetausschuss disku­tiert –: Es geht darum, dass der Kündigungsschutz kürzer ist als die Bezugsdauer des Kindergeldes. Sie haben damals schriftlich ähnlich geantwortet, nämlich dass Sie darin einen Anreiz sehen, wieder einzusteigen. Also ich sehe das nicht, wenn ich mir die Frauen vor Augen halte, die jetzt überrascht sind und das eher als Hinausschleudern aus dem Arbeitsplatz empfinden denn als Anreiz, im Beruf zu bleiben.

Ich hielte als wichtigste Maßnahme ein Angleichen. Wenn Sie das nicht vorhaben, was ich politisch schlimm finde und auch sehr bedaure, dann ist es zumindest in zwei Punk­ten notwendig, die Hebel anzusetzen, die Sie in der schriftlichen Beantwortung richtig ansprechen: Das eine ist die Informationspflicht. Da würde ich aber nicht von einer freiwilligen ausgehen, sondern ich wäre für eine gesetzliche Verpflichtung der Betriebe, dass sie die Arbeitnehmerinnen rechtzeitig darüber informieren, dass diese Frist abläuft. Und der zweite Punkt ist die Zuverdienstgrenze. Da, meinen Sie, sei alles aus­reichend. Das denke ich nicht! Gerade wenn im Hinblick auf die spätere Pension jedes Jahr zählt, ist es notwendig, die Zuverdienstgrenze zu verändern und anzuheben. (Bei­fall bei der SPÖ.)

16.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wöginger. 3 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.04

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundes­ministerin! Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, auch als Gemeinderat einer kleinen Landgemeinde und als Abgeordneter eines ländlichen Bezirkes mit einem relativ klein strukturierten Spital, dass dieses Gesundheitspaket im Rahmen der Finanzausgleichs­verhandlungen jetzt abgeschlossen werden konnte. Das ist ganz wichtig für den ländlichen Raum und dafür mein aufrichtiges Dankeschön! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ein hervorragendes Gesundheits­system, und das kommt unserer Bevölkerung auch zugute. Wir nehmen einen Spitzen­platz in der Europäischen Union ein: Wir sind hinter Finnland an zweiter Stelle, und darauf sollten wir stolz sein! Der Großteil der österreichischen Bevölkerung ist laut Studie mit unserem Gesundheitssystem sehr zufrieden. Über 80 Prozent der Bevölke­rung erfreuen sich eines Gesundheitswesens, das weltweit zu den besten zählt. Deutschland weist da 50 Prozent auf, in Griechenland sind es nur 18 Prozent.

Um unserer Bevölkerung auch in Zukunft die beste Qualität im Gesundheitsbereich si­chern zu können, müssen wir die Finanzierbarkeit sicherstellen. Eine sehr wichtige Rolle spielen dabei auch die Prävention und die Gesundheitsvorsorge. Dieser Punkt im Kapitel Gesundheit liegt mir besonders am Herzen.

Über 61 Millionen € sind für die Gesundheitsvorsorge veranschlagt. Es ist ein Grundge­danke unserer Regierungsparteien, dass wir sozusagen Gesundheit neu überdenken und in der Politik vom reinen Reparaturdenken weg und hin zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsvorsorge kommen müssen. Daher danke ich für die geplanten Maß­nahmen, besonders für die Gesundheitsförderungsprogramme, und für die Informatio-


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nen über zahlreiche Themen wie Ernährung, Bewegung, Stressvermeidung und Stressabbau, die in letzter Zeit vermehrt an unsere Bürger herangetragen werden. Aktionen wie Projektwochen zum Thema Gesundheitsvorsorge und Unfallvermeidung an Österreichs Hauptschulen und AHS-Schulen ab 2006 möchte ich besonders positiv hervorheben.

Gerade bei den Zivilisationskrankheiten unserer heutigen Zeit wie Herzinfarkt und Krebserkrankungen liegt ein Ansatzpunkt – und da freut es mich, dass es jetzt die „Vor­sorgeuntersuchung neu“ gibt.

Neu ist, dass es künftig nicht mehr nur um die Früherkennung geht, sondern dass auch die Aufklärung über und Unterstützung für gesundheitsfördernde Maßnahmen ange­sprochen werden. Dieses Angebot von Untersuchung und Beratung ist gratis. Natürlich wird es aber den Staat etwas kosten. Experten rechnen mit zirka 20 Millionen € mehr pro Jahr, je nach Zuwachsrate. Aber ich bin mir sicher – und ich nehme an, da sind wir einer Meinung –, dass diese Ausgaben nur zu unterstützen sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist heute ein guter Tag, wir haben ein gutes Gesundheitsbudget vorliegen, und ich bitte um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.07

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Weinzin­ger. 5 Minuten Wunschredezeit.

 


16.08

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Tierschutzministerin in spe! Ich wechsle das Thema und komme zu einem Aufgabenbereich, der Ihnen ab dem 1. Jänner 2005 zentral überantwortet ist. Wir haben heute schon von einer Vorrednerin erfahren, dass die Dotierung dafür nicht so rasend üppig ist, im Vergleich zum Frauenbudget noch immer auf vergleichbar niedrigem Niveau.

Ich würde Sie nur ersuchen, mich über das genaue Budget aufzuklären: In der schrift­lichen Beantwortung der Budgetausschussfrage haben Sie mir mitgeteilt, das Budget würde 3 900 000 € ausmachen. Heute haben Sie von 3 500 000 € gesprochen. Sind da 400 000 € noch heftig umstritten, oder liegt da einfach ein Schreibfehler vor?

Tatsache ist, dass wir mit dem Bundestierschutzgesetz heuer, vor dem Sommer, einen vergleichsweise großen Wurf feiern konnten – wir haben da auch gerne mitgefeiert! –, dass es aber seither still geworden ist und im Hintergrund die schleichende Aushöh­lung der Errungenschaften bereits heftig begonnen hat, insbesondere seitens der Inter­essengruppen, die von Anfang an dagegen waren. Ich nenne jetzt nur als ein Beispiel, dass man versucht, einen in wirklich harten Verhandlungen errungenen Kompromiss zum Thema Anbindehaltung in der Verordnung durch eine leichte, subtile Umtextierung doch wieder umzudrehen. Ich möchte mich aber vor allem auf ein aktuelles Beispiel konzentrieren.

Es läuft derzeit die Bestellung der Tierschutzombudsleute. Die Einrichtung von Tier­schutzombudsleuten, die es in jedem Bundesland geben soll, war ein Teil des großen Erfolges im Tierschutzgesetz. Es war angedacht und auch ganz klar von allen vier Parteien so festgehalten, dass das eine Anwaltschaft vergleichbar mit der Umweltan­waltschaft oder der Jugendanwaltschaft werden soll, das heißt eine unabhängige Stelle mit zumindest einer gewissen Dotierung als Arbeitsbudget, damit man auch tatsächlich etwas machen kann, die sich für die Interessen des Tierschutzes weisungsfrei einset­zen kann und bestimmte Befugnisse hat.


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Wie schaut es jetzt damit aus? – Erstens hat es das Ministerium für nicht notwendig erachtet, den Ländern einigermaßen verbindliche Empfehlungen dafür mitzugeben, wie die Bestellung zu erfolgen hat, ob man sich freihändig jemanden aus der bisherigen Beamtenschaft aussucht, ob man intern ausschreibt, ob man extern ausschreibt. Wie man das macht, ist völlig den Ländern überlassen, die das auch weidlich ausnutzen, insbesondere in den ÖVP-dominierten Bundesländern, aber auch das FPÖ-dominierte Kärnten ist da nicht ganz ohne; ich werde noch darauf zu sprechen kommen, was man da so hört.

Besonders gefallen hat mir angesichts der doch zentralen Rolle als Ansprechfunktion für die Zivilgesellschaft die Begründung der Landesregierung in Tirol dafür, warum man das nur intern besetzt. Ich kann das den Tiroler Abgeordneten, Kolleginnen und Kolle­gen nur ans Herz legen.

Aus Tirol hört man, dass es in Tirol nur sehr wenige Personen mit den geforderten Qualifikationen gebe und diese Personen in Tirol bei der Tiroler Landesregierung be­schäftigt seien. Von den geforderten Qualifikationen werden genannt – das steht im Gesetz –, dass man eine Ausbildung in der Veterinärmedizin hat oder der Bodenkultur oder in der Zoologie, mit Zusatzqualifikation im Tierschutz.

Soll das wirklich heißen, dass in Tirol alle Leute, die Veterinärmedizin oder auf der Bodenkultur oder Zoologie studiert haben und auch noch irgendeine Ahnung vom Tier­schutz haben, in der Landesregierung arbeiten oder es außer den vier oder fünf, die das dort vielleicht tun, in ganz Tirol niemanden gibt, keinen Tierarzt, keine Tierärztin, die sich mit Tierschutz auskennt und nicht in der Tiroler Landesregierung arbeitet? – Nicht böse sein, aber das ist ein bisschen sehr platt!

Nicht viel besser schaut es auch in einer Reihe anderer Bundesländer aus, etwa Vor­arlberg, Burgenland oder Salzburg, wo ebenfalls keine externe Ausschreibung ge­macht wurde. Positiv herausstreichen kann man da nur Wien und Niederösterreich, die eine offene Ausschreibung machen. Allerdings hört man zumindest aus den Gerüchte­küchen, auf die man vertrauen kann oder auch nicht, dass jedenfalls in Niederöster­reich schon Namen gehandelt werden, welche Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeite­rin aus dem Amt der Veterinärdirektion es wird. Für Vorarlberg sei Ähnliches nicht auszuschließen, also auch dort könnte jemand aus der Veterinärdirektion, die ja jetzt schon für das Vollzugsdefizit mitverantwortlich ist (Rufe bei der ÖVP: Wo gibt es ein „Vollzugsdefizit“?), deren Tätigkeit zum Teil vielleicht von einem Tierschutzombuds­menschen mit zu überprüfen wäre, den Tierschutzombudsmann stellen, so nach dem Motto: Am Vormittag bin ich Veterinärdirektoratsmitarbeiter/in, am Nachmittag kontrol­liere ich mich selber als Tierschutzombudsmensch.

So kann es doch wirklich nicht funktionieren! Und ich appelliere an die Seriosität der ÖVP, die hoffentlich noch gegeben ist, eine saubere Bestellungs- und Vorgangsweise zu sichern.

Mein Sonderfall ist Kärnten. Kärnten hat den Vogel abgeschossen. In Kärnten bestellt man natürlich intern, ohne Ausschreibungsverfahren, eine Tierschutzombudsfrau – dass eine Frau bestellt wird, wäre ja noch das Erfreuliche – und: kostenneutral! In die­sem Landesregierungsvortrag steht nämlich explizit: Keine zusätzlichen Kosten für das Budget, die Person wird ehrenamtlich bestellt, bekommt null Euro, null Cent Arbeits­budget, soll aber auf zehn Stunden pro Woche dienstverpflichtet werden.

Wie das dienstrechtlich geht, wird man mir noch erklären müssen, aber ich halte das wirklich für eine Chuzpe und kann die freiheitlichen Kolleginnen und Kollegen, die sich gerade für den Tierschutzombudsmann stark gemacht haben, nur dringlich ersuchen, mit den Kärntner Kollegen noch einmal zu reden. Das kann nicht sein: Ehrenamtlich dienstverpflichten für den Tierschutz und kein Geld in die Hand nehmen wollen ist


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wirklich das Letzte! (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Wittauer.)

Einen letzten, aktuellen Punkt spreche ich nur kurz an, ich kann ihn nicht näher ausfüh­ren, die Misere würde vermutlich eine halbe Stunde in Anspruch nehmen: Gänserndorf, das Affenprojekt, die „pensionierten“ Tierversuchsaffen in Gänserndorf. – Ihre Zukunft ist mehr als ungewiss. Der Grund, warum ich das hier anspreche, ist, dass sowohl die Republik, die die Einfuhr eines Teiles dieser Affen aus Sierra Leone widerrechtlich genehmigt hat, als auch das Land Niederösterreich als Standort sowie auch einige andere Akteure nach dem Motto agieren: Und dann will es keiner gewesen sein! Dann geht es keinen etwas an!

Ich kann sowohl den Bund als auch das Land Niederösterreich nur dringlich auffordern, hier eine Lösung herbeizuführen, die tierschutzgerecht ist (Abg. Dr. Fasslabend: ... falsch!) und nicht heißt: Der Masseverwalter beziehungsweise die zuständige Be­hörde danach geht zur Euthanasierung der Affen über.

Hier also bitte etwas mehr Engagement für den Tierschutz! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.15

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Lentsch. 3 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.15

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Stadl­bauer, welche BeamtInnen und Angestellten dürfen im Ministerium nicht arbeiten? – Sie haben nämlich unserer Bundesministerin vorgeworfen, sie lasse ihre Beamten nicht arbeiten. Links und rechts der Regierungsbank sitzen sie, Sie können diese Da­men befragen. Es würde mich wirklich interessieren, wer nicht arbeiten darf. Zeigen Sie mir eine Chefin, die ihre Angestellten nicht arbeiten lässt! So etwas habe ich persönlich noch nicht erlebt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Auch wenn Sie sich noch so wehren: Seit dem Amtsantritt dieser Bundesministerin ist das Frauenbudget um 20,1 Prozent gestiegen. Das ist nachlesbar, liebe Frau Stadl­bauer! Trotz Sparkurs sind nämlich viele Verbesserungen für die Frauen beschlossen worden. Da rede ich aber nicht über das Kinderbetreuungsgeld, bei dem übrigens Sie, geschätzte Damen und Herren von den Oppositionsparteien, dagegen gestimmt haben. Glauben Sie mir, Ihre Wählerinnen und Wähler können das noch immer nicht glauben!

Wenn Sie heute gegen dieses Budget stimmen, dann stimmen Sie gegen die Frauen, das sollte Ihnen auch bewusst sein! Dieses Kinderbetreuungsgeld ist nämlich eine positive Sache, Frau Weinzinger – sie hat sich ja in ihrer ersten Rede so über das Kin­derbetreuungsgeld echauffiert. Das zentrale frauenpolitische Anliegen in den letzten Jahren ist und war nämlich die Kinderbetreuung! Auch das ist eine Tatsache, die uns allen bewusst sein sollte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Dieses Kinderbetreuungsgeld nimmt sowohl von den Müttern als auch von den Vätern einen gewissen finanziellen Druck. Und viele frauenpolitische Anliegen spiegeln sich gar nicht im eigentlichen Budgetkapitel wider. Die Steuerreform beispielsweise entlas­tet vor allem die Frauen durch das Tarifsystem. Die Bezieher von Einkommen bis zu 14 500 € wurden völlig steuerfrei gestellt, was wiederum vor allem jenen Frauen hilft, die wenig verdienen oder nur Teilzeit arbeiten.

Auch die Pensionsharmonisierung ist für die Frauen wichtig, denn damit werden vier und nicht mehr nur zwei Jahre an Kinderbetreuungszeiten angerechnet, und die mo-


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natliche Beitragsgrundlage dafür wurde sogar auf 1 350 € verdoppelt! So viel verdienen manche Frauen nicht einmal.

Der Slogan heißt: Sieben Jahre sind genug! – Das hat es bis jetzt überhaupt noch nicht gegeben, dass Frauen nach sieben Arbeitsjahren und mit den entsprechenden Ver­sicherungsjahren in Pension gehen konnten. Mit Ihnen von der SPÖ konnte man nicht einmal eine Regelung über zehn Jahre andiskutieren, wenn Sie sich erinnern. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Geschätzte Damen und Herren! Glauben Sie mir, Frauenpolitik reicht eigentlich weit über das entsprechende Budgetkapitel hinaus! Es ist seit jeher eine meiner zentralen Forderungen gewesen, Frauenpolitik nicht als politische Spielwiese für Gags und Nebensächlichkeiten zu verstehen, sondern immer in Verbindung mit anderen Sachbe­reichen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Krainer.)

Der Aktionismus von Frau Dohnal und Kollegin Prammer war zwar sehr lustig, aber nur für die Medien. (Abg. Heinisch-Hosek: Was für ein Aktionismus, bitte?) Den Frauen hat es unter dem Strich absolut nichts gebracht, außer einem Frauen-Volksbegehren, und auch nur das deswegen, weil die SPÖ-Ministerinnen nichts weitergebracht haben. (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist ja unglaublich!) Das ist die Wahrheit!

Diese Bundesregierung macht das jetzt anders, daher ein Kompliment an unsere Frau­enministerin Maria Rauch-Kallat. Dieses Budget ist frauenfreundlich. (Abg. Mag. Gaß­ner: Halleluja!) Und die Argumentation dagegen wird für Sie immer schwieriger! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Halleluja!)

16.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csörgits. 4 Mi­nuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.19

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, meine Vorrednerin hat ein bisschen die Fakten vergessen oder verwechselt. Erstens einmal muss man klar feststellen, dass Familien­politik keine Frauenpolitik ist, sondern Frauenpolitik etwas ganz Separates ist. Und ge­rade Frau Bundesministerin Dohnal und auch Frau Bundesministerin Prammer waren ganz maßgebend daran beteiligt, dass wir in Österreich in der Gleichbehandlungs­politik so weit voraus waren. Sie von der Bundesregierung versuchen jetzt, das wieder zurückzudrehen! So schaut die Situation aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu meinem eigentlichen Thema, zum Budget. Traurig muss man feststellen, dass nur ganze 623 Millionen €, also weniger als ein Prozent des Gesamtbudgets, vom Herrn Bundesminister für Finanzen für das Kapitel 17, Gesundheit und Familie, zur Verfügung gestellt worden sind. Jetzt habe ich schon hunderttausend Mal von Ihnen gehört, dass Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie ist: Es wäre ja schön, wenn es wirklich so wäre! Aber es kommt halt darauf an, wie groß der Querschnitt ist. Wenn der Querschnitt nicht einmal einen Millimeter beträgt, dann pfeife ich auf diese Quer­schnittspolitik! Es muss doch dafür Sorge getragen werden, dass überall genügend Mittel für politische Maßnahmen für Frauen zur Verfügung gestellt werden! – Das zu Ihrer Querschnittsmaterie.

Schauen wir uns das jetzt noch einmal an: Von den 623 Millionen € entfallen auf die Frauenförderung für das Jahr 2005 lediglich 3,55 Millionen €. Das sind pro Frau in Österreich nicht einmal 88 Cent! Gemessen am Gesamtbudget ist das nicht einmal ein Hundertstel für mehr als die Hälfte der österreichischen Bevölkerung! Das bedeutet unter anderem auch, dass so wichtige Einrichtungen wie Frauenberatungsstellen wie­der nicht bundesweit abgesichert flächendeckend eingerichtet werden können, wie es


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zum Beispiel bei den Familienberatungsstellen der Fall ist. Frauenberatungseinrichtun­gen werden also weiterhin schlecht abgesichert bleiben, und das bedeutet natürlich, dass die dort beschäftigten Frauen – und das ist ein großes Problem, das Sie bis jetzt anscheinend noch nicht erkannt haben – total verunsichert sind und auch Angst haben, wie es denn mit ihrer Existenz weitergeht.

Frau Bundesministerin, ich kann Ihnen also den Vorwurf nicht ersparen, dass Sie Ihre Hausaufgaben nicht erfüllt haben! Weiterhin muss ich auch kritisch festhalten, dass die Ihnen im Budgetausschuss gestellten Fragen, egal ob sie das Thema Frauen oder das Thema Gesundheit betrafen, nur sehr oberflächlich beantwortet wurden.

Die Gesundheitspolitik ist überhaupt ein ganz besonderes Stiefkind. Die Abgaben – ich sagte es bereits im Hohen Haus – im Rahmen der sozialen Krankenversicherung wer­den 2005 mindestens 400 Millionen € betragen. Das entspricht einem Prozentsatz von 0,2 des BIP. Im Budget sind allerdings nur 0,1 Prozent vorgesehen. Das heißt: Die Zahlen sind schöngefärbt, und mein Verdacht, dass jetzt die Kranken wieder mehr belastet werden, hat sich bestätigt. Weitere zwei Drittel sind im Gesundheitsbudget an gesetzliche Verpflichtungen gebunden, das heißt, auch diese stehen für eine aktive Gesundheitspolitik nicht zur Verfügung. Frau Bundesministerin! Es gibt in Ihrer Politik kaum Lösungsansätze für die Problematik der Finanzierung im Gesundheitssystem!

Gerade in den letzten Tagen hat es die skurrilsten Bemerkungen gegeben, wie man Gesundheitspolitik denn eigentlich finanzieren könnte. Man hat eine alternative Ge­sundheitsfinanzierung gesucht, und Vorschläge betreffend diese alternative Gesund­heitsfinanzierung kamen eindeutig aus einer Richtung. Da wurde von „Körberlgeld“ gesprochen. Heute sagt man, dass man es nicht direkt so gemeint hat. Es ist aber nicht uninteressant, dass gerade von den Vertretern der FPÖ gefordert wurde, dass man sich doch überlegen sollte, die Kammerumlage einzufrieren. Es ist kein Zufall, dass das von den Vertretern der FPÖ gekommen ist, und ich möchte Ihnen gerne erklären, wieso ich zu diesem Schluss komme.

Herr Kollege Walch, vielleicht helfen Ihnen einige Zahlen ein bisschen auf die Sprün­ge. – Tirol: 63,7 Prozent, Salzburg: 63,4 Prozent, Niederösterreich: 56,8 Prozent, Vor­arlberg: 50,9 Prozent. Ich könnte die Zahlenreihe noch weiter fortsetzen. Wissen Sie, welche Zahlen das sind, Herr Kollege Walch, Herr Kollege Dolinschek? Wissen Sie das? – Das sind die Prozentsätze, die Ihre Partei bei den letzten Arbeiterkammerwah­len verloren hat! So schaut es nämlich aus! (Abg. Neudeck: Walch hat 98,6 Prozent bei seiner Betriebsratswahl bekommen! Das müssen Sie einmal schaffen!)

De facto haben Sie in allen Bundesländern mehr als die Hälfte verloren, mit Ausnahme von Kärnten, da waren es nur 15 Prozent. In den Bundesländern Salzburg und Tirol haben Sie jedoch Verluste bis zu fast zwei Dritteln eingefahren. Man spricht also zu Recht davon, dass Ihnen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in diesem Land eine deutliche Niederlage beschert haben. – Sie sind nämlich nicht die Partei des kleinen Mannes, und dass Sie die kleine Frau nicht vertreten, haben wir ja gerade auch bei dieser Diskussion bemerkt. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daher kommt das nicht von ungefähr.

Ich möchte noch kurz die Gelegenheit wahrnehmen, um Ihnen zu sagen, dass genau diese Arbeiterkammer im letzten Jahr mehr als 2 Millionen Beratungen durchgeführt hat, dass die Arbeiterkammern in ganz Österreich mehr als 284 Millionen € für die Mit­glieder zurückgewonnen hat und dass bei den Beratungen ein wichtiger Schwerpunkt im Zusammenhang mit der Gesundheitspolitik und entsprechenden Präventionsmaß­nahmen gesetzt wird. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Das heißt also: Die Arbeiterkammer ist tatsächlich ein wichtiges Instrumentarium der Arbeitnehmer Österreichs.


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Anbetracht dessen sage ich ganz deutlich: Wir stehen zu unserer Arbeiterkammer, und wir stehen zu unserer sehr ausgegliche­nen Politik der Sozialpartnerschaft! Wir stehen aber auch zu unserem Gesundheitssys­tem. Meine Kolleginnen und Kollegen haben dementsprechende Maßnahmen schon angeführt.

All das und vieles mehr unterscheidet uns von der Bundesregierung. Die Arbeitnehme­rInnen wissen das. Sie wissen, wie Sie ihnen in die Tasche greifen, aber beim nächsten Wahltag ist dann Ihr Zahltag! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war eine Pfründenverteidigungsrede!)

16.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeord­nete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, Sie kennen die Geschäftsord­nung. – Bitte.

 


16.27

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Kollegin Lentsch hat vorher behauptet, dass man künftig erstmals nach sieben Jahren in Pension gehen kann.

Ich berichtige dies: Auch künftig braucht man mindestens 15 Versicherungsjahre, um in Pension gehen zu können. Davon müssen sieben Jahre aus Erwerbstätigkeit sein, der Rest kann aus Teilversicherungszeiten wie zum Beispiel Kindererziehungszeiten kom­men. Am Faktum der 15 Jahre hat sich jedoch nichts geändert, und von der Höhe der Pension möchte ich gar nicht sprechen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Es ist aber schon eine wesentliche Verbesserung!)

16.27

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich werde in meinen Ausführungen nur ganz kurz auf die Gesundheitsförderung eingehen.

Ich weiß auch, dass unserer Frau Bundesministerin Rauch-Kallat neben einer hoch­wertigen medizinischen Versorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher auch die Gesundheitsförderung ein wichtiges Anliegen ist. Ich verweise auch auf die groß angelegte Gesundheitsförderaktion zur Überwindung des inneren Schweinehundes – kurz ISch genannt –, bei welcher es um Ernährung, Bewegung, Stressvermeidung, Prophylaxe und medizinische Vorsorge geht.

Gesundheitsförderung ist eindeutig ein Weg zu mehr Lebensqualität, und als gesetz­liche Grundlage für die Gesundheitsförderung dient das 1998 in Kraft getretene Bun­desgesetz. Basierend darauf wurde der Fonds „Gesundes Österreich“ als die nationale Stelle errichtet, welche praxisbezogene und wissenschaftliche Studien und Projekte zur Erhaltung, Förderung und Verbesserung der Gesundheit im gesamtheitlichen Sinn för­dert. Aktivitäten dieses Fonds sind unter anderem Information und Aufklärung über ver­meidbare Krankheiten, Entwicklung von Programmen in Gemeinden, Städten, Schulen, Betrieben und im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens sowie die Unterstüt­zung der Fortbildung und die Durchführung von Konferenzen wie etwa Präventions­tagungen. Dafür haben wir 7,25 Millionen € im Budgetansatz.

Ich denke, es ist dies ein gutes und ausgewogenes Budget, und möchte mit einem Zi­tat schließen, das vielleicht ein wenig zum Nachdenken und zum Schmunzeln einlädt,


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und zwar mit einem Wort von Sir Stanley Ford Rous im beachtlichen Alter von 90 Jah­ren, der gesagt hat:

„Wenn ich je geahnt hätte, dass ich so alt werde, ich hätte mehr auf meine Gesundheit geachtet.“ – Das hat er im Alter von 90 Jahren gesagt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.29

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl. Auch sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


16.29

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! – Frau Bundesminister Rauch-Kallat ist leider nicht da.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Frau Bundesminister betritt den Raum.

 


Abgeordnete Anita Fleckl (fortsetzend): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! – Frau Kollegin Achleitner hat behauptet, dass Frauenförderung und Gender Budgeting eine Querschnittsmaterie sind. Im Hinblick darauf frage ich mich aber jetzt, warum alle anderen Ministerinnen und Minister jetzt nicht auch hier auf der Regierungsbank sitzen, sondern nur die Frau Frauenministerin.

Ich sage das deshalb, weil ich eine Frage an die Frau Bundesministerin gestellt habe, nämlich: Wie beurteilen Sie die Durchführung von Gender Budgeting im Verkehrsminis­terium?

Darauf hat mir die Frau Bundesministerin geantwortet, dass sie für die Nichtdurchfüh­rung von Gender Budgeting beziehungsweise entsprechenden Maßnahmen nicht ver­antwortlich ist und dass sie diese, wenn sie durchgeführt wurden, nicht beurteilen kann. Ich habe das hier schwarz auf weiß, Frau Bundesministerin! Daher frage ich mich jetzt, warum bei der Behandlung dieser Frage nicht der Herr Verkehrsminister hier sitzt und zu verantworten hat, welche Maßnahmen er getroffen oder, besser gesagt, nicht ge­troffen hat. Schauen wir uns das Verkehrsministerium an: Zum wiederholten Male hat es abgemalt das Projekt FEMtech, eine durchaus wichtige Maßnahme zur Förderung von Frauen in Forschung und Technologie.

Frau Bundesministerin, haben Sie sich, auch wenn Sie es nicht zu verantworten haben und nicht beurteilen können, vielleicht einmal Gedanken darüber gemacht, wie die Erwerbssituation für Frauen im ländlichen Raum aussieht? – Wir haben heute sehr viel vom ländlichen Raum gehört, und somit stelle ich hier diese Frage an Sie. Mobilität ist ein entscheidender Faktor, welcher sich auf die Lebensqualität und die Lebensgestal­tung der Frauen und Menschen überhaupt im ländlichen Raum stark auswirkt. Arbeits­plätze gibt es dort nicht vor der Haustür, und sie wachsen auch nicht auf den Bäumen.

Meist sind weite Anfahrtsstrecken zurückzulegen, damit man überhaupt zum Arbeits­platz gelangt. Wir reden hier vor allem auch von Frauen, die eine Teilzeitbeschäftigung haben, wenn sie überhaupt einen Arbeitsplatz haben. Die meisten dieser Frauen kön­nen einen möglichen Arbeitsplatz gar nicht erreichen, weil die Mobilität in den länd­lichen Regionen auf Grund von Einsparungen fast zur Gänze reduziert wurde. Diesbe­züglich vermisse ich Evaluierungen und echte Maßnahmen! Wenn Sie nur hier stehen und in Sonntagsreden die Förderung des ländlichen Raumes und der Frauen im länd­lichen Raum predigen, dann hilft das den Menschen dort mit Sicherheit nicht!

In den Ausschussberatungen haben Sie mir gesagt, dass zur Mobilität dort auch ge­hört, dass Kindergarten‑Busse in den Gemeinden zur Beförderung der Menschen vor­handen sind. – Erstens können Frauen mit den Kindergarten‑Bussen nicht mitfahren, zweitens werden diese Kindergarten-Busse die Menschen sicherlich nicht zu ihren


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Arbeitsplätzen befördern, und drittens sind das wiederum Maßnahmen, die nur die Ge­meinden beziehungsweise im besten Falle die Länder bezahlen.

Frau Ministerin! Ich finde es schade, dass die Bundesregierung an der Realität vorbei budgetiert, vorbei an den Bedürfnissen der Frauen und vorbei an der Lebenssituation der Menschen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Er hat ganze 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.33

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Csörgits, Sie haben Kritik ge­übt. – Danke, dass Sie sich so viele Sorgen um die freiheitlichen Arbeitnehmer ma­chen, weil wir bei den letzten Wahlen nicht so viel gewonnen haben, wie man sich das vorstellt! Ich kann Ihnen aber sagen: Ich habe bei der Arbeiterkammerwahl 1994 von acht auf 17 Mandate in Oberösterreich zugelegt. Es gibt halt einmal Regen und einmal Sonnenschein, und damals habt ihr dementsprechend verloren!

Sie machen sich offenbar speziell Sorgen um die Arbeiterkammer! Ihre Rede war ge­wissermaßen eine Pfründenverteidigungsrede! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es muss doch in Österreich erlaubt sein, dass man laut nachdenkt, was man mit Überschüssen macht. Das muss doch möglich sein, oder? Und man sieht auch den ersten Erfolg: Sofort ist die Arbeiterkammer auf den Zug aufgesprungen und hat gesagt: Wir behalten das Geld sowieso nicht, wir geben es den Arbeitnehmern wieder, vielleicht mit einer Erhöhung des Bildungsschecks. Ich habe schon einige Anrufe von Kammerpräsidenten bekommen, die mit mir darüber gesprochen haben, wie sie sich vieles vorstellen kön­nen. Ein Erfolg ist also vorhanden, und das ist ganz gut.

Heute ist aber der SPÖ-Chef Dr. Gusenbauer hier gestanden und hat groß verteidigt, was er verhindert hat, beziehungsweise hat er einen Pressedienst abgesetzt: Vermin­derte Rezeptgebührenerhöhung Erfolg der SPÖ. – Herr Dr. Gusenbauer, da kann irgendetwas nicht stimmen! Da müssen Sie etwas vergessen haben!

Der Finanzminister hat Finanzausgleichsverhandlungen mit den Bundesländern ge­führt. Ich habe das in den Medien genau verfolgt. Da hat es Meldungen von einigen Mitgliedern gegeben, ob diese jetzt aus Salzburg waren, das angeblich SPÖ-dominiert ist, ob aus Wien, unter welchen sich auch ein Finanzstadtrat befand. Dann hat es ein Telefongespräch gegeben, und ich habe gehört, dass Herr Dr. Gusenbauer gesagt hat, dass er informiert worden ist. Erst hat er einmal ja gesagt, nach drei Stunden hat er jein gesagt, und in der Früh hat er dann nein gesagt. – Es ist schon interessant, wie schnell solche Bewegungen sind!

Herr SPÖ-Vorsitzender! Nicht Sie haben verhindert, dass wir höhere Rezeptgebühren oder einen Spitalskostenbeitrag haben, sondern die Freiheitlichen haben das in Ver­handlungen mit dem Koalitionspartner geschafft! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das ist weder der SPÖ noch den Grünen oder noch irgendjemandem anderen gelungen. Schmücken Sie sich nicht ständig mit fremden Federn! Wenn ihr verhandelt hättet, dann hätten wir wahrscheinlich diese Belastungen in Österreich gehabt! Aber wir ver­treten den kleinen Mann, die Bürgerinnen und Bürger.

Wenn ich heute speziell von den Damen von der SPÖ und auch von den Grünen im Zusammenhang mit der Frauenpolitik Vorwürfe höre, dann möchte ich euch bitten, wieder einmal das Gewissen zu erforschen. Was habt ihr gemacht? – Die SPÖ hat unter Kollegin Prammer, als sie Ministerin war, das Karenzgeld von zwei Jahren auf eineinhalb Jahre reduziert. War das nicht diese Frau Prammer, die einmal Ministerin


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war und jetzt Präsidentin ist? Ist das eine andere? Ich glaube nicht! Ich kann mich nicht an eine andere erinnern!

Wir haben das Karenzgeld hingegen von eineinhalb Jahren auf drei Jahre erhöht. Wer hat denn die Familienbeihilfe unter SPÖ um 100 S gekürzt? Wir haben sie wieder erhöht! Wer hat in Österreich das Kindergeld eingeführt? Wir mit der ÖVP! Wer hat für Mehrlingsgeburten 218 € eingeführt? Ihr habt überall dagegen gestimmt! Wer hat die Anrechnung der Kindererziehungszeiten für vier Jahre eingeführt? Ihr nicht! Wer hat den Alleinverdienerabsetzbetrag rückwirkend mit 1. Jänner 2004 dementsprechend er­höht? Nicht die SPÖ! Ihr habt sogar noch dagegen gestimmt! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wer hat die Zuverdienstgrenze der Alleinverdiener – gut aufpassen, sonst er­zählt ihr wieder etwas Falsches! – von 4 400 € auf 6 000 € erhöht? Wir haben es ge­macht, und ihr habt dagegen gestimmt!

Wer macht die größte Steuerreform der Zweiten Republik zu Gunsten aller, aber spezi­ell der Frauen, weil diese niedrige Einkommen haben, woran ihr nicht ganz unschuldig seid, weil ihr bei den Verhandlungen im Bereich der Frauenberufe schlecht verhandelt habt? Wer sorgt dafür, dass wir sie dementsprechend entlasten? Wir, und ihr stimmt wieder dagegen! Stellt euch nicht zum Rednerpult und schmückt euch nicht mit frem­den Federn! Das glaubt euch sowieso keiner mehr! (Beifall und Bravorufe bei den Frei­heitlichen. – Beifall bei der ÖVP.)

16.38

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.38

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Wegen meiner kurzen Redezeit kann ich mich nur einer Gruppe von Frauen besonders widmen. Dies ist mir aber ein Anliegen, weil diese Gruppe besonders benachteiligt ist: Ich meine die Migrantinnen.

Wir wissen, dass deren gesellschaftliche Situation oft sehr schwierig ist, und ich möchte durchaus positiv vermerken, dass die Ausweitung der Maßnahmen für Migran­tinnen im Kapitel Gesundheit und Frauen vorgesehen ist. Da aber die Integration auch eine Querschnittsmaterie ist, erwarte ich mir nicht nur, dass einzelne Projekte gefördert werden und auch eine Beratung im Einzelfall erfolgt, was zweifellos wichtig ist. Viel­mehr erwarte ich mir auch von Ihnen, Frau Ministerin, dass Sie immer, wenn Probleme auftreten und es um die Situation der Frauen geht, Ihre Stimme erheben und gezielt gemeinsam mit Ihren RegierungskollegInnen Maßnahmen ergreifen. Das erwarte ich mir allgemein in Frauenangelegenheiten und natürlich auch bei den Migrantinnen.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich auf die Mädchen zu konzentrieren, ihnen zu helfen, sich zu integrieren und einen selbst bestimmten Platz in der Gesellschaft zu finden. Besonders wichtig dabei ist die Ausbildung. Eine Studie des Wifo zeigt, dass die Situation besonders bei türkischen Mädchen alarmierend ist, deshalb erwähne ich das hier.

Ich möchte Sie daher dringend ersuchen, dass Sie sich um diese Frage annehmen, denn wenn wir wirklich Integration wollen – ich denke, wir müssen das wollen –, dann ist es auch Ihre Aufgabe als Frauenministerin, sich um diese Gruppe von Frauen zu kümmern. (Beifall bei der SPÖ.)

16.40

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krist. Seine Redezeit beträgt 2 Minuten. – Bitte.

 



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16.41

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich muss kurz auf die Ausfüh­rungen des Kollegen Walch eingehen. Er redet immer vom Zickzackkurs, den die SPÖ fahre. – Ich muss dir ganz ehrlich sagen, lieber Max: lieber zickzack fahren und Untie­fen und Hindernissen ausweichen und dann wieder auf Kurs gehen, als unter dem un­glaublich heftigen Tin soldier-Syndrom leiden, das du mit Sicherheit hast! Du kündigst nämlich immer groß Verhandlungen an, trittst mordsmäßig in der Öffentlichkeit auf und fällst beim leisesten Winderl um wie ein Zinnsoldat. Das ist mit Sicherheit nicht die Art und Weise, wie wir agieren. (Abg. Walch: Gesundheitsreform!) Umgefallen sind wir noch nie! Da müssen andere Bläser kommen, dass es uns schmeißt. (Beifall bei der SPÖ.)

Kleine Information: Dein Zickzackkurs, den du fährst, hat der FPÖ in der Arbeiterkam­mervollversammlung in Oberösterreich folgenden Mandatsstand gebracht: 8, 17, 11 und 5. (Abg. Neudeck: 98,6 Prozent hat er bekommen!) Es gibt mitleidige Menschen, die in der Zwischenzeit schon über den Schutz der Freiheitlichen diskutieren. Sie reden darüber, ob wir sie nicht unter Schutz stellen sollten, sonst sind sie beim nächsten Mal ganz weg. (Abg. Walch: 98,6 Prozent!)

Bei der Betriebsratswahl in einer großen Firma in Ried im Innkreis waren sechs Man­date zu vergeben. Sechs hat leider Gottes die sozialdemokratische Fraktion bekom­men, null die Freiheitlichen, die angetreten sind. – So viel zum Thema: den kleinen Mann und seine Interessen vertreten. (Abg. Neudeck: 98,6 Prozent hat Walch!)

Kommen wir zurück zur wichtigsten Geschichte. (Abg. Neudeck: Kollege, Walch hat 98,6 Prozent!) Frau Bundesministerin, Sie haben viele Dinge angekündigt: aktive Frau­enpolitik, Hebung der Frauenbeschäftigungsquote, gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Es ist vieles geschehen, aber die Frauen dürfen sich mit Sicherheit noch mehr erwarten. Es wäre noch viel mehr zu tun. Wir haben die höchste Arbeitslosenquote in der Zweiten Republik, davon betroffen sind meistens Frauen. Wir haben eine um 2,4 Prozent höhere Frauenarbeitslosigkeit als im Oktober vorigen Jahres. (Abg. Neu­deck: 98,6 Prozent!) 70 Prozent der geringfügig Beschäftigten sind Frauen, und bei Gott nicht alle arbeiten gerne in diesem Beschäftigungsverhältnis.

Die katastrophalen Auswirkungen der Pensionskürzungsreform brauche ich nicht näher auszuführen.

Wir brauchen gezielte Maßnahmen für die Frauen, um sie aus der Armutsfalle zu holen, um ihnen Selbstbestimmung und Eigenständigkeit zu gewährleisten. Vorschläge haben die Sozialdemokraten genug gemacht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir bräuchten auch dringendst eine mit Bundesmitteln dotierte Frauenstiftung in den Bundesländern. Ich möchte nur drei wichtige oberösterreichische Firmen anführen: Solvay in Ebensee, Dreefs in Peuerbach, Högel-Schuhe in Schärding. Dort sind viele Frauen beschäftigt, die ganz wenig Zukunftsperspektiven haben, die ganz dringend Hilfe bräuchten in Form von Frauenstiftungen, und da wäre schon der Bund gefordert, zu helfen.

Dieses Budget hat einmal gerade 88 Cent für die Frauen übrig. Da bewegen wir uns sehr realistisch im Bereich einer sehr bescheidenen Wurstsemmel. Das ist mit Sicher­heit zu wenig für die Frauen. Es ist doch einigermaßen zynisch, wenn Sie, Frau Bun­desministerin, unsere berechtigte und notwendige Kritik, aber auch die vieler Expertin­nen und Experten als Gejammer abtun. Das hilft den Frauen nicht und gereicht auch Ihnen als Ministerin nicht zur Ehre. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 


16.43


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84. Sitzung / Seite 132

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Spindelberger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.44

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Frau Bundesministerin! Liebe Umfaller­partie von der FPÖ! Wir hören in den letzten Tagen immer wieder, dass betreffend Ge­sundheitsreform alle Hausaufgaben gemacht wurden. Aber alle Antworten, die ich im Zusammenhang mit den Budgetanfragen bekommen habe, sind, so sage ich einmal, nicht einmal das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen.

Es sind überhaupt keine wie immer gearteten verbindlichen Aussagen seitens des Ministeriums vorzufinden. Und dann versuchen Sie noch schnell, so wie es in den letz­ten Wochen passiert ist, die Gesundheitsreform in die Finanzausgleichsverhandlungen hineinzuverpacken, um sie am Parlament vorbeizuschummeln. (Abg. Kößl: Was sagt Häupl?) Die Länder und Städte sollen jetzt dazu missbraucht werden, für Ihr Ressort Gelder aufzubringen, wo Sie bisher an allen Ecken und Enden kläglich gescheitert sind. Zahlen sollen es wieder einmal die kranken Menschen in unserem Lande.

Kollegen Walch kann ich nur sein Motto empfehlen: Lesen, denken, reden! Was ist denn herausgekommen? – Lesen Sie einmal ganz genau! Sie haben durch Ihre Maß­nahmen die Krankenkassen mit 1,8 Milliarden € belastet, die Österreicherinnen und Österreicher durch die unsozialen Maßnahmen nur in der Krankenversicherung mit 1,5 Milliarden € belastet. (Abg. Walch: SPÖ-Verantwortung – Wiener Gebietskranken­kasse!) Das, was ihr gemacht habt, ist unsoziale Politik, wie es ärger nicht mehr sein kann. (Beifall bei der SPÖ.)

Und dann wundern Sie sich, wenn die SPÖ sagt: stopp!? Dann verlangt Kollege Rasin­ger einen nationalen Konsens? – Aber nicht mit uns! 44 Belastungen in drei Jahren sind genug!

Aber es fällt Ihnen heute auch wieder nichts Gescheiteres in diesem Zusammenhang ein: Erhöhen wir die Rezeptgebühr! Darf es beim Spitalskostenbeitrag wieder ein bis­serl mehr sein? (Abg. Dr. Rasinger: Man kann nicht gleichzeitig auf dem Gas stehen und auf die Bremse steigen!) Und dazu kommen noch die ganzen Leistungskürzungen, wie wir gehört haben, und die Beitragserhöhungen.

Auf Grund der abgehobenen Politik haben Sie, glaube ich, gar keine Ahnung, was es bedeutet, wenn die kranken Menschen jetzt zusätzlich monatliche Mehrbelastungen in der Höhe von 20 € oder 30 € haben. Das soll eine ausgewogene Politik sein? – Sicher­lich nicht! Wo ist da das ausgewogene Verhältnis, Frau Ministerin, das Sie angekündigt haben? (Abg. Neudeck: Was wollte Gusenbauer vorher?)

Auf Grund des Widerstands der SPÖ und nach ein paar Tagen des Zögerns der FPÖ ist schon wieder postwendend der nächste Tiefschlag gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gekommen. Sie sind mit Ihrer bisherigen Gesundheitspolitik kläglich gescheitert! Dann kommen der Bundeskanzler und FPÖ-Politiker mit ihrer bekannten Art daher: Wess’ Brot ich ess’, dess’ Lied ich sing’!, aber weil die Arbeiterkammer da nicht mitgespielt hat, fällt euch nichts Gescheiteres ein, als zu sagen: Frieren wir die Arbeiterkammerbeiträge ein! Wieder wollen Sie auf diesem Umweg erreichen, dass nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese verfehlte Politik, nämlich das Nicht­finanzieren des Gesundheitswesens, mittragen. (Abg. Scheibner: Die Arbeitnehmer zahlen dann weniger Beiträge!)

Kollege Rasinger hat gesagt, die Frau Bundesministerin werde in die Geschichte ein­gehen. Da stimme ich ihm zu, aber nur deshalb, weil sie den Sozialstaat in einen Almo­senstaat umgewandelt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

 


16.47


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84. Sitzung / Seite 133

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Krainer. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung des sich zum Rednerpult begeben­den Abg. Krainer –: Berichtigen Sie Ihren Kollegen!)

 


16.47

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Frage, ob das Finanzierungspaket für die Gesundheitsreform sozial ausgewogen ist oder nicht, hat sich schon in den letz­ten Wochen gestellt. Die Rezeptgebühr soll um 10 Cent erhöht werden, die Refundie­rung der Kosten für einen Brillenersatz soll mit Ausnahme von Kindern (Abg. Scheib­ner: Das haben Sie beschlossen, Herr Krainer! Ihre Partei hat das beschlossen in den neunziger Jahren! Bleiben Sie bei der Ehrlichkeit! Die Valorisierung!), Personen mit hochgradiger Sehbehinderung und sozial Schutzbedürftigen gestrichen werden, für Brillenträger wie für Sie. (Abg. Scheibner: Sie haben die Valorisierung beschlossen, Herr Krainer!) Dritter Punkt: Der Spitalskostenbeitrag soll auf 10 € angehoben werden. Das bringt 60 Millionen €.

Dazu gibt es aber auch Alternativen, die wir vorgeschlagen haben. Man könnte ganz einfach die Höchstbemessungsgrundlage nicht nur um 90 € anheben – das kostet jeden von uns hier im Monat knappe 4 €, ein bissel unter 4 € (Abg. Dr. Gusenbauer: Brutto!) brutto. Man könnte das einfach auch um 270 € anheben, das würde dann auch um 60 Millionen € mehr bringen. Das würde jeden von uns hier nicht einmal 10 € kos­ten (Abg. Dr. Gusenbauer: Brutto!) – brutto. Nun erfolgt die Umrechnung wie immer: 10 € – drei Wurstsemmeln würde uns das im Monat kosten. Bei Menschen, die einen Bruttogehalt in der Höhe von 7 500 € haben, ist das wirklich nicht viel. Das wäre sozial ausgewogen im Vergleich zu dem, was jetzt passiert, dass nämlich Menschen mit 1 000 €, 1 100 €, 1 200 €, wenn sie eine Brille brauchen, um 100 €, 200 €, 300 € mehr zahlen müssten als nach unserem Modell.

Das ist halt der Unterschied zwischen einer sozial ausgewogenen Politik, wie wir sie machen, und einer nicht sozial ausgewogenen Politik. (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht!) Ich gebe gern die 10 €, damit wir dieses unsoziale Belastungspaket nicht haben. Ich gebe gern, Kollegin Fuhrmann, die drei Wurstsemmeln, damit wir dieses unsoziale Belastungspaket nicht haben. Dann wäre es auch wirklich sozial ausgewogen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


16.49

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dass heute dieses Gesundheitspaket präsentiert werden konnte, Frau Bundesminister, liegt in erster Linie daran, dass es bestimmt war von der Sorge und der Fachkompetenz der Länder- und Gemeindevertreter. Von der Jubelstimmung, von der Sie reden, die es in den Ländern geben soll, höre ich nichts. Ich höre eher Ent­täuschung!

Es ist Ihnen zweifellos gelungen, dass Sie Themen miteinander verquickt haben, die an sich nicht zusammen gehören, und genau diese Vorgangsweise hat die Verhand­lungen schwierig gemacht. Diese Vorgangsweise hat eigentlich nur zwei Ergebnisse möglich gemacht: ein schlechtes oder ein noch schlechteres. Wenn die Länder sich nun, Frau Bundesminister, für das schlechte Ergebnis entscheiden, dann heißt das noch lange nicht, dass es ein gutes Ergebnis ist.


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84. Sitzung / Seite 134

Aber das Ergebnis kann auch nicht über das Chaos in der Regierung hinwegtäuschen. Seien Sie sicher, Frau Bundesminister, irgendwann wird Klubobmann Scheibner wie­der aufstehen.

Der Bundeskanzler spricht sehr häufig von der „Zeit der Ernte“. – Ja, es ist richtig, es hat fünf Jahre lang eine Zeit der Ernte gegeben, aber nicht für die Bevölkerung, sondern für den Finanzminister, für den Bundeskanzler, also für die Bundesregierung. 9 Milliarden € wurden neu abkassiert, die Steuerreform wird ein Drittel davon zurück­geben, allerdings mit dem Ergebnis, dass der allergrößte Teil nicht denen zugute kommt, die die 9 Milliarden € einbezahlt haben.

Sie haben zusätzlich das Staatsvermögen verschleudert und die Staatsschulden um 20 Milliarden € erhöht. Sie erinnern sich noch, Frau Bundesminister, Ihre Botschaft war: Zukunft ohne neue Schulden. Wahr ist, dass wir heute die höchste Staatsver­schuldung aller Zeiten haben.

Sie haben auch vom Paradigmenwechsel gesprochen, Frau Bundesminister Rauch-Kallat. Paradigmen als Denkmuster, die die Weltsicht prägen – ja, genau das ist es, Frau Bundesminister. Ihr Konzept heißt Ideologie: Ihre Ideologie heißt Privatisierung der Küchen und Wäschereien in den Krankenhäusern, wie Sie uns heute erzählt ha­ben. Ihre Ideologie heißt Privatisierung des Gesundheitssystems. Sie wollen eine defi­nierte Grundversorgung für alle, Spitzenmedizin nur für die Reichen, und genau das, Frau Bundesminister, unterscheidet uns.

Wir Sozialdemokraten wollen den Stand der Medizin jeweils allen Menschen anbieten und wollen das solidarisch und sozial gerecht finanzieren. Wenn Sie uns das, Frau Bundesminister, garantieren, dann werden wir mit dabei sein. (Beifall bei der SPÖ.)

16.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir haben jetzt noch drei Wortmeldungen à 2 Minuten. Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. Er wünscht, 2 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


16.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal kurz auf das Thema Lebensmittelsicherheit zu sprechen kommen. In diesem Zusammenhang sei an den Rechnungshofbericht und an unsere Kritik erinnert, die vor einigen Jahren bereits, so würde ich sagen, den Kern getroffen hat. Auch der Rechnungshof hat sich dieser Mei­nung angeschlossen, nämlich dass ein rechtzeitiger Umstrukturierungsprozess im Be­reich der Lebensmittelkontrolle und -sicherheit in Österreich eindeutig einer Ausgliede­rung vorzuziehen gewesen wäre. Frau Bundesministerin! Wie haben Sie diese Emp­fehlungen des Rechnungshofes im Rahmen der Budgetvorlagen berücksichtigt? – Aus unserer Sicht in keiner Form.

Der Rechnungshof spricht offen davon, dass eine Interessenkollision zwischen dem privatwirtschaftlichen und dem hoheitlichen Bereich nicht restlos ausgeräumt werden konnte, und spricht auch davon und empfahl es, dass sich die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit aus dem Geschäftsfeld der Privataufträge zurückziehen sollte. Er spricht da Mindereinnahmen in der Höhe von 4 Millionen € an.

Meine Damen und Herren! Da ist offensichtlich eine Unterdotierung vorhanden. In den nächsten Jahren droht der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit der Kon­kurs, wenn nicht die entsprechenden budgetären Mittel zur Verfügung gestellt werden. Da sehen wir noch kein grünes Licht in den vorliegenden Vorschlägen, die Sie gemein­sam mit Kollegen Pröll zu verantworten haben.


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84. Sitzung / Seite 135

Ich denke nur an die zusätzlichen Herausforderungen im Bereich der Kennzeichnungs­kontrolle gentechnikfreier Lebensmittel, der gesamte Sektor der BSE-Untersuchungen wurde der Agentur überantwortet; das ist also ein umfangreiches Gebiet.

Frau Bundesministerin, abschließend: Eine wichtige Anregung im Bereich der Gesund­heitsvorsorge betrifft den gesamten Bereich der Ernährung, vor allem die biologisch produzierten Lebensmittel und die Versorgung öffentlicher Einrichtungen damit. Das ist ein wichtiges Thema, das Sie auch aus unserer Sicht verstärkt und mutig angehen soll­ten, denn da würden wir auch gemeinsame Projekte machen können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.55

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier für 2 Minuten ans Rednerpult. – Bitte.

 


16.55

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Gegenfinanzierung der Gesundheitsreform, Frau Bundesministerin, gibt es vernünftigere Lösungen. Unser Parteiobmann Dr. Gusenbauer hat das in seiner Wortmeldung ganz klar dargestellt. Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen einen Weg aufzeige! (Ruf bei der ÖVP: Was sagt Schaden?)

Das ist ein Prospekt (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe) „for a better stan­ding“. Es geht um eine Tube. Ich zeige Ihnen eine Tube. (Der Redner hält eine Senf­tube in die Höhe.) Das hier ist eine Senftube, die jeder kennt. Das Neueste, das es jetzt gibt – ich halte das für einen Skandal –, ist Wodka in einer Tube (der Redner hält eine Wodkatube in die Höhe), Alkopops, die an Minderjährige abgegeben und verkauft werden. Hohes Haus, ich halte das wirklich für einen Skandal! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Kollege Stummvoll, wir haben schon im Finanzausschuss darüber gesprochen, und Sie haben an Frau Bundesministerin Rauch-Kallat einen Brief gerichtet. Der Antrag der Sozialdemokraten geht in Richtung einer Lenkungsabgabe. Wenn 30 Millionen Stück verkauft werden – das sind die Zahlen für das Jahr 2003, meine sehr geehrten Damen und Herren –, dann haben wir bei einer Abgabe von 2 € pro Stück 60 Millionen € für das Gesundheitswesen. Und das ist der Weg, den wir Sozialdemokraten vorschlagen! Ihr Weg ist falsch! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.57

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.57

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! (Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Nein, Herr Kollege Großruck, ich kann sicher nicht mit einem Vierzeiler dienen, dafür aber mit vier Fragen, die Sie sehr interessieren sollten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.) Kollege Großruck stiehlt jetzt offensichtlich meine Zeit. Passen Sie auf, ich sage Ihnen etwas im Ernst: Sie wissen um die gemeinsamen Schwierigkeiten in Oberösterreich, was die Finanzierung des Gesundheitssystems be­trifft. Ich darf feststellen, dass über Nacht zwar keine Jahrhundertreform, aber immer­hin eine Reform des Gesundheitswesens ausgerufen wurde.

Zweitens wurde festgestellt, und zwar nicht von uns, von uns wurde das in Abrede ge­stellt, der von Ihnen behauptete zwingende Zusammenhang zwischen Finanzausgleich und Gesundheitsfinanzierung.


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Es gibt drittens die Fragestellung der langfristigen Zuschussbedarfe für die Kranken­anstalten. Es gibt die Bedarfe von Personalfinanzierungen des Bundes, und zwar nicht nur über das Wissenschaftsbudget, sondern möglicherweise über das Gesundheits­budget. Jetzt frage ich mich: Was ist das für eine Reform, bei der kein einziger Posten verändert wird? Kommt Ihnen das nicht komisch vor? – Es kann durchaus sein, dass die Zweckzuschüsse als Nettoposten nicht tangiert werden, weil man sagt, die Erhö­hungen, die jetzt an anderer Stelle vorgenommen werden, werden anders abgebucht und laufen nicht über das Gesundheitsbudget. – Bitte erklären Sie uns das!

Warum sage ich das, und warum frage ich das? – Im Budgetausschuss, der dafür zu­ständig ist, in dem das vorberaten wurde, war niemand in der Lage – der Finanzminis­ter wäre es vielleicht gewesen, er war aber nicht willens – oder willens, diese Dinge aufzuklären.

Aus diesem Grund habe ich mich mit dem Gesundheitssprecher der ÖVP unterhalten. Es war ein sehr konstruktives Gespräch, er ist immer sehr bemüht. Wir beide haben bis zum Schluss keine tragfähige Begründung erkennen können, warum nach dieser Reform nichts im Budget verändert werden muss. Wir wussten nicht, was es damit auf sich hat. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Wir sind ein bisschen mit Fragezeichen zurückgeblieben. Ich finde das aber in Ord­nung, ich finde es ehrlich, wenn wir so kooperieren. Ich frage mich nur, was wir jetzt beschließen. Ich will zumindest – insofern ist uns die Geschäftsgrundlage für einen Vorbeschluss abhanden gekommen – aufmachen, was aber ein geschäftsordnungs­mäßiges Problem ist, dass wir die Gesundheitskapitel jetzt ohne Finanzausgleich ab­stimmen müssen.

Kommen Sie doch hier heraus und erklären Sie uns den inneren Zusammenhang oder besser noch den inneren Nichtzusammenhang! Dem Finanzminister – der jetzt natür­lich nicht da ist; das ist aber kein Vorwurf – mache ich zum Vorwurf, dass er im Budget­ausschuss diese Auskünfte verweigert hat.

Es kommt noch schlimmer: Wir haben dem Finanzminister nachgewiesen, dass die Fi­nanzausgleichskapitel unterbudgetiert waren, weil schon erkennbar war, was kommen wird. Jetzt hängt das angeblich alles mit der Gesundheitsreform zusammen. Bis heute haben Sie die Abänderungsanträge nicht vorgelegt, aber wir sollen jetzt zustimmen, weil das alles ja so toll ist. Sagen Sie uns doch, wo sich das in der prinzipiellen Kon­figuration der Bruttobudgetierung abspielt, in den Töpfen außerhalb des Budgets oder allenfalls innerhalb des Budgets!

Aber hier ein Reformwerk zu verkünden, ohne dass sich eine einzige Zahl verändert hat – ja was muss ich denn da denken? Dann sind Sie entweder Hellseher, die vorher schon genau gewusst haben, um wie viel Euro sich das verschiebt – gratuliere! –, oder ich muss dem Verdacht Ausdruck verleihen, dass es mehreren so geht wie mir und dem aufrichtigen Gesundheitssprecher der ÖVP, dass das offensichtlich nicht nachvoll­ziehbar ist, was hier herumreformiert wird. Das ist unser Verdacht. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich zitiere noch den Fraktionsführer, den Klubobmann der Freiheitlichen. Er hat seinen Verdacht auch noch nicht zurückgenommen, dass in Wahrheit keine Gesundheitsre­form finanziert wird, sondern der Teil, der an die Länder geht, eben irgendwie verwen­det wird, aber nicht dazu, die Reformfähigkeit zu erhöhen, sondern vielleicht dazu, so zwischendurch irgendetwas zu machen. Es ist nicht einmal gewährleistet, dass das wirklich im Gesundheitssystem landet. Ja was sind denn das für Zustände? (Beifall bei den Grünen.) Was Ihre Unterschriften wechselseitig unter den Papieren wert sind, das weiß man ja.


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Kollege Scheibner, erklären Sie mir das, sonst halte ich mir die Ohren zu bei dem Pumperer, der jetzt bei der Abstimmung erfolgen wird! Ich habe Ihnen das aber pro­gnostiziert. Das ist eine krank machende Debatte und keine Gesundheitsreform! (Abg. Scheibner: Wo waren Sie in den letzten zwei Wochen? Sie haben überhaupt nichts einzubringen! Null Kompetenz!)

Ich habe Ihnen gesagt, die Verwahrlosung in der Finanzierungsfrage der Systeme und in der Debatte hier im Haus schreitet voran. Das ist wieder ein gutes Beispiel dafür. Das einzige Problem ist, dass man das geschäftsordnungsmäßig gar nicht mehr sanie­ren kann. Ich habe mich mit Präsidentem Khol darüber unterhalten. Es war ein gutes Gespräch, aber das geht halt nicht. Ich mache Sie nur darauf aufmerksam, dass ich den Verdacht habe, dass Sie gar nicht wissen, was Sie abstimmen. Ich gebe es we­nigstens zu und stimme aus diesem Grund dagegen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Herr Abgeordneter, Sie haben keine Redezeit festge­legt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – auf dem Weg zum Rednerpult –: 3 Minuten!) – Bitte.

 


17.02

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Geschätzte Damen und Her­ren! Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Herr Kollege Kogler, Sie hätten sich in den letz­ten zwei Stunden weniger permanent mit irgendwelchen Leuten draußen unterhalten, sondern hier herinnen besser zuhören sollen, dann wüssten Sie, dass dieses Gesund­heitskonzept, dass diese Reform eine gute ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn ich – das sage ich Ihnen ganz ehrlich, Herr Kollege Kogler – hier heraußen ste­hen (Abg. Dr. Einem: Sie stehen ja!) und einmal zitieren würde, was Sie während des ganzen Tages hier in irgendwelchen Gesprächen von sich geben, dann würde das ers­tens den Zeitrahmen sprengen, und zweitens würde es Ordnungsrufe hageln, weil Ihre Wortwahl auch nicht immer korrekt ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich habe mich jetzt aber zu Wort gemeldet, um Folgendes klarzustellen: Uns Freiheit­lichen wird vorgeworfen, wir hätten bei dieser Gesundheitsreform einen Umfaller ge­habt. (Rufe bei der SPÖ: Ja! Ja!) – Einen Moment! Einen Moment! Ich verlese eine APA-Meldung von heute Nachmittag:

„Verhinderung Anhebung Rezeptgebühr und Co klarer Kärntner SPÖ-Erfolg, ,Sieg des sozialen Gewissens setzt sich fort‘“. (Abg. Mag. Kogler: Sagen Sie, was hier vorliegt!)

SPÖ-Chef Dr. Peter Ambrozy ist begeistert vom „großartigen Erfolg“ bei den Verhand­lungen über die Gesundheitsreform. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jetzt kenn’ ich mich aber nicht mehr aus, meine geschätzten Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Das sage ich ja dauernd!) Es gibt noch andere Kapazunder: Frau Kolle­gin Burgstaller, Herr Bürgermeister Häupl, Herr Stadtrat Rieder, Landeshauptmann­stellvertreter Peter Ambrozy. Sehr viele wichtige Damen und Herren der Sozialdemo­kratie finden das Ergebnis gut. Wir haben die Erhöhung der Rezeptgebühr verhindert – dies, Herr Dr. Gusenbauer, war eine Forderung von Ihnen!

Dass es zu einer Valorisierung von 10 Cent kommt, das beruht auf etwas ganz ande­rem, und das wissen Sie ganz genau. Dass diese Valorisierung in den neunziger Jah­ren von einer Regierungskoalition, der wir Freiheitlichen nicht angehörten, beschlossen wurde, wissen Sie nur zu gut.


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Dass die Erhöhung des Spitalskostenbeitrags nicht zwingend kommt – die sparsamen Länder werden von dieser Erhöhung absehen, jene Länder, die Bedarf haben, werden sie einführen (Abg. Dr. Gusenbauer: In Kärnten zum Beispiel!) –, das wissen Sie ganz genau.

Es ist für mich wirklich faszinierend, dass Sie den Mut haben, sich hier herzustellen und das zu kritisieren, was Sie selbst gefordert haben! Das ist für mich nicht nachvoll­ziehbar. Ich habe eigentlich erwartet, dass Sie heute bei der Pressekonferenz der Spitze von ÖVP und Freiheitlichen auch anwesend und ebenfalls darüber erfreut sein werden, weil das, was Sie noch vor drei Tagen als Ergebnis Ihres Kampfpräsidiums angesehen haben, wo sich Bund und Länder in irgendeiner scheinheiligen Form geeinigt haben, weil diese Forderungen, die wir jetzt umgesetzt haben, eigentlich auch ein Erfolg der Sozialdemokraten wären.

Sie hätten noch die Chance, diesen Erfolg gemeinsam mit der ÖVP und der FPÖ zu feiern. Geben Sie Ihrem roten Herzen einen Ruck und stimmen Sie dieser guten Re­form zu! – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Spezialberichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen somit zur Abstimmung über die Beratungsgruppe XIII des Bundesvoran­schlages 2005.

Diese umfasst das Kapitel 17 des Bundesvoranschlages in 650 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Gemäß § 55 Abs. 5 der Geschäftsordnung schlage ich vor, die Abstimmung über den bei der Verhandlung der Beratungsgruppe XIII des Bundesfinanzgesetzes eingebrach­ten Entschließungsantrag sogleich vorzunehmen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordne­ten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Sicherstellung der Arbeitsfähig­keit der Kammern für Arbeiter und Angestellte.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Beratungsgruppe III

Kapitel 20: Äußeres

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Verhandlung über die Beratungsgruppe III: Äußeres.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde seitens des Spezialberichterstatters ver­zichtet.

Ich eröffne die Debatte.

 


Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


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17.07

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Nach einigen Monaten außenpolitischer Abstinenz im Hohen Hause führen wir nun erfreulicherweise innerhalb kürzerer Zeit die zweite Debatte über Außenpolitik. Ich möchte mich deshalb nicht wiederholen und werde das, was ich in der letzten Debatte gesagt habe, nicht noch einmal sagen.

Bevor ich auf ein paar Punkte zu sprechen komme, möchte ich als Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses, aber auch namens der sozialdemokratischen Parla­mentsfraktion dem Außenamt und seinen Mitarbeitern für die gute Zusammenarbeit sehr herzlichen Dank sagen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie des Abg. Dr. Bösch.)

Meine Damen und Herren! Der heutige Tag gebietet es auch, dem palästinensischen Volk zum Tode Arafats zu kondolieren, der Leistungen des Präsidenten Arafat zu ge­denken und dies mit unserer Hoffnung und unseren Wünschen für eine vernünftige und friedliche Lösung des Nahostkonfliktes und für eine akkordierte Zukunft des palästinen­sischen Volkes in einem eigenen Staat zu verbinden. (Allgemeiner Beifall.)

Wenn wir heute darüber sprechen, was die Schwerpunkte des Jahres 2005 auf dem Gebiet der Außenpolitik sein werden – und das ist ja die Umsetzung der Budget­zahlen –, dann muss uns klar sein, dass vieles im Jahr 2005 in Vorbereitung unserer EU-Präsidentschaft geschehen wird, dass auch die neue Kommission, die neue Arbeit in der EU, die Erweiterung, die Frage des Balkans Fragen sein werden, die uns sehr stark beschäftigen werden. Dazu kommen noch die Feierlichkeiten, die geplant sind. Ich glaube jedoch, unsere außenpolitische Rolle sollte im kommenden Jahr über die EU-Vorbereitung und über die Rolle des Gastgebers bei Feierlichkeiten in unserem Land hinausgehen.

Wir sind der Auffassung, es sollten Schwerpunkte gesetzt werden, die diese Bereiche ergänzen, vielleicht sogar abändern und ausgleichen.

Als territorialen Schwerpunkt schlage ich deshalb vor, zu überlegen – zumal Europa nun ohnedies immer auf der Tagesordnung steht –, ob wir uns im nächsten Jahr nicht spezifisch um den afrikanischen Kontinent kümmern sollten. Es werden neue Chancen wahrscheinlich auch durch neue personelle Konstellationen in der Nahost-Frage be­stehen. Es gibt das neue große Problem der Elfenbeinküste, die gesamte Problematik Hunger, Elend und alles rund um Sudan. Es gibt die Probleme im südlichen Afrika, Aids und anderes.

Afrika könnte ein Bereich sein, für den wir breites Engagement aufbringen können. Un­sere Fraktion ist dazu bereit. Unsere entwicklungspolitische Sprecherin, Kollegin Bayr, leidet zwar an den Folgen ihrer Schienbeinkopfzertrümmerung, aber sie ist trotzdem jederzeit einsatzbereit, wenn es darum geht, mitzuhelfen, diesen Schwerpunkt Afrika zu setzen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Inhaltliche Schwerpunkte könnten im nächsten Jahr meiner Meinung nach Fragen der Menschenrechte sein, und wir sollten auch weitermachen in unserem Bemühen für die Abschaffung der Todesstrafe; Menschenrechte aus dem Grund, weil die große Heraus­forderung gegeben ist, bei allen Überlegungen zur Terrorbekämpfung darauf zu ach­ten, dass das nicht auf Kosten der Grund- und Freiheitsrechte geht, Abschaffung der Todesstrafe deshalb, weil es wichtig ist, die gute Tradition Österreichs fortzusetzen.

Frau Ministerin, ich hoffe, Sie werden von Ihren Regierungskollegen unterstützt wer­den. Ich hoffe auch, dass der Herr Vizekanzler, als er unlängst sehr medienwirksam Gouverneur Schwarzenegger seinen Besuch abgestattet hat, dort unter vier Augen


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auch die Frage der Todesstrafe beziehungsweise der Verhängung der Todesstrafe zur Sprache gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich denke, dass es überhaupt immer wichtiger wird, in der Außenpolitik für andere Staaten Vorbildwirkung zu zeigen. Das, was wir, was viele Staaten bisher machen konnten, weil das in einer westlichen Demokratie niemand missverstanden hat, ist in Zukunft auch unter dem Aspekt zu betrachten, dass das auch als Vorbildwirkung ge­sehen werden muss. Also wenn Putin nun überlegt, die Gouverneure nicht mehr direkt zu wählen oder die Hürde für den Eintritt ins Parlament höher zu setzen, dann werden wir ihm nur dann sagen können: Das ist nicht demokratisch!, wenn wir nicht auch selbst solche Verhaltensweisen setzen – viele Länder in der EU tun dies aber doch –, weder auf föderaler Ebene noch demokratische Organe.

Oder, um bei Österreich zu bleiben: Wenn wir im Europarat andere Länder kritisieren, weil dort die Gefängnisse nicht von zuständigen Organen, sondern vom Militär betreut werden, wenn wir deshalb sagen, diese erfüllen die Bedingungen nicht, dann können wir nicht etwas Ähnliches im eigenen Land diskutieren.

Ich schlage deshalb vor, Schwerpunkte zu setzen, Grundsätze zu haben, Beispiele zu setzen. Dann setzt unsere Außenpolitik mit der Neutralität, zu der wir uns nun wieder alle bekennen – auch wenn manche ein Ablaufdatum einführen wollen –, einen Schwerpunkt, der unserem Land dient, der Europa dient und der auch zeigt, dass wir die Welt nicht vergessen haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.14

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.14

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte zunächst das Budget selbst mit seinen Zahlen in Erinnerung rufen. Wir haben für das Budget Äußeres im Kapitel 20 für das Jahr 2005 380 Millionen € angesetzt. Das sind gegenüber dem Vorjahr, also ge­genüber dem Budget 2004, um 39 Millionen € mehr, und das ist eine Steigerung von mehr als 10 Prozent. Ich denke, das ist eine sehr gute Grundlage, Frau Bundesministe­rin Plassnik, die Sie mit Ihrer Amtsführung von Ihrer Vorgängerin Benita Ferrero-Wald­ner übernommen haben, damit Sie Ihre Aufgaben erfüllen können. Man kann, und das möchte ich hier auch noch tun, Benita Ferrero-Waldner dankbar sein für ihre Budget­verhandlungen, weil sie für eine Grundlage des Außenamtes gesorgt hat, die sich sehen lassen kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zu den einzelnen Positionen, meine Damen und Herren, möchte ich nicht viel sagen. Es gibt einige Vorhaben, die wir sehr begrüßen. Es ist das Budget für die ADA, die Austrian Development Agency, um mehr als eine Million € erhöht worden. Es gibt aber auch das Vorhaben, das Außenamt unter ein Dach zu bringen. Es gibt Budgetmittel, die für die Adaptierung der Herrengasse, des ehemaligen Gebäudes der niederöster­reichischen Landesregierung, für das Außenamt vorgesehen sind. Ich halte das für sehr richtig, denn es ist gut, wenn ein Ressort unter einem Dach regiert wird.

Angesichts der 1 428 Mitarbeiter, die das Außenministerium in allen Vertretungsbe­hörden und in der Zentralstelle hat, ist klar, dass diese Zahl nicht üppig ist. Ganz im Gegenteil! Sehr viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außenamtes haben immer mehr Arbeit zu erledigen. Gerade die Konsularfälle steigen pro Jahr immer mehr an; über 600 000 in diesem Jahr. Das heißt, das sind immer mehr Aufgaben, die die Mit­arbeiter bewältigen müssen.


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Ich möchte mich namens meiner Fraktion bei allen Damen und Herren, besonders in den Vertretungsbehörden, bedanken, die im Interesse Österreichs und im Dienste der Österreicher handeln und das sehr erfolgreich tun. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Was die Schwerpunkte betrifft, meine Damen und Herren, bin ich in vielem einer Mei­nung mit meinem Kollegen Peter Schieder.

Für das nächste Jahr hat Frau Bundesministerin Plassnik angekündigt, dass sie zwei neue Botschaften eröffnen möchte, nämlich in Zypern und in Malta, was wir natürlich begrüßen. Das ist sinnvoll, weil wir damit in der gesamten Europäischen Union Vertre­tungsbehörden haben. Das ist ein gewisser Lückenschluss, und das, glaube ich, ver­dient auch die Zustimmung aller in diesem Haus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

Darüber hinaus hat Kollege Schieder auch Vorhaben während der Präsidentschaft an­gesprochen. Wir sollten eines auch nicht vergessen: Im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft wird es einen Lateinamerika-Gipfel geben. Es bietet sich daher auch an, im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft besonders die Beziehungen zu den Staaten Lateinamerikas zu fördern. (Abg. Schieder: 2006 – darum schlage ich vor, 2005 ...!) Ich verstehe schon; ich sage ja, ich bin mit vielem einverstanden, was Sie meinen, aber wir sollten auch das nicht unberücksichtigt lassen.

Ich möchte Sie, Frau Bundesministerin, noch ersuchen, dass wir die gute Gepflogen­heit im Rahmen der Präsidentschaft 1998 der Zusammenarbeit mit dem Parlament wieder aufleben lassen. Wir haben damals, 1998, intensiv zusammengearbeitet, auch was die Termingestaltung betrifft, zwischen dem Außenamt und dem Parlament. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie das fortsetzen könnten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.18

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Ab­geordnete Mag. Lunacek. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.18

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich meine heutige Rede zum Budgetkapitel Äußeres ebenfalls mit dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Außen­ministeriums beginnen. Ich denke, gerade sie, vor allem auch die Mitarbeiter in den Konsularbehörden, aber auch in jenen Botschaften, die sehr gering besetzt sind, in denen dann zum Beispiel die Konsularbeamten oft Aufgaben des Botschafters/der Bot­schafterin übernehmen müssen, stehen unter hohem Druck, haben sehr viel zu arbei­ten, haben in den letzten Jahren auch massive Personalkürzungen und Einsparungen ausgleichen müssen. Ich denke, dafür gebührt ihnen ein besonderer Dank und auch eine Ermunterung, dass sie trotz hoher Belastungen ihre Arbeit auch in Zukunft und auch mit Freude an der Arbeit fortsetzen können. (Allgemeiner Beifall.)

Dieser heutige Tag – und das hat Kollege Schieder schon angesprochen – ist sehr wohl auch ein denkwürdiger Tag – nicht nur für die Situation im Nahen Osten, sondern für die gesamte Welt! Der Tod des Palästinenserpräsidenten Arafat bedeutet das Ende einer Ära. Arafat, der jetzt eben gestorben ist, steht als Symbol für den Freiheitskampf des palästinensischen Volkes.

Er hat das Ziel, Präsident eines unabhängigen und auch lebensfähigen Palästinenser­staates zu sein, leider nicht erreicht, er hat es jedoch in seinem Leben sehr wohl geschafft, von einem Kämpfer mit gewaltvollen Mitteln zu einem zu werden, der diesen


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Mitteln eine Absage erteilt hat – auch wenn er es nicht geschafft hat, innerhalb der ihm unterstehenden Leute der Gewalt ein völliges Ende zu bereiten.

Was Arafat leider auch nicht geschafft hat, ist, sich rechtzeitig in einer Form um die Nachfolge zu bemühen, dass es schon früher möglich gewesen wäre, mit neuen Per­sonen einen Neubeginn zu machen.

Ich teile jedoch die Hoffnung vieler, dass es jetzt einen Neubeginn des Friedensprozes­ses im Nahen Osten gibt und dass dort tatsächlich bald Wahlen stattfinden mit einer neuen, von allen anerkannten palästinensischen Führung. Diese wird dann hoffentlich auch von Israel und von der Regierung Sharon anerkannt, womit eine Rückkehr zur „Road Map“ möglich werden sollte.

Frau Außenministerin! In diesem Zusammenhang habe ich an Sie eine ganz konkrete Frage. Österreich hat ja eine lange Tradition in der Nahost-Politik, auch im Rahmen seiner aktiven Neutralitätspolitik. Sie haben vor kurzem, als der israelische Staats­präsident Katzav in Wien war, betont, dass die Beziehungen – das ist ein Zitat – zu den Ländern des Nahen Ostens einen Schwerpunkt Ihrer außenpolitischen Tätigkeit dar­stellen werden. Heute wurde entschieden, dass morgen Vizekanzler Gorbach beim Begräbnis von Arafat vertreten sein wird. Er ist Vizekanzler, das akzeptiere ich schon, aber mich würde interessieren, warum Sie nicht diese Chance wahrnehmen wollten, als neue Außenministerin bei diesem Begräbnis anwesend zu sein. Dies würde ja auch die Gelegenheit darstellen, mit anderen Außenministern der Europäischen Union über die Möglichkeit zu sprechen, hier einen Neuanfang weiterzutreiben. Mich würde ein­fach interessieren, ob Sie das überlegt haben und warum Sie, warum die Regierung dann zu diesem Beschluss gekommen ist. Denn Sie selbst haben ja gesagt, Sie wollen die Nahost-Politik zu einem Schwerpunkt der österreichischen Außenpolitik machen. Wie wollen Sie das machen? – Das würde mich interessieren.

Frau Ministerin, noch ein Punkt: Es sind in letzter Zeit einige weltpolitische Ereignisse geschehen, unter anderem die Wiederwahl des US-Präsidenten Bush. Sie waren in Ihren Kommentaren dazu sehr diplomatisch. Ich würde gerne wissen, ob Sie vorhaben, den Weg Ihrer Vorgängerin – ein Weg der Mitte, der sich nicht klar positioniert – weiter­zugehen, oder ob Sie vorhaben, wie aus Ihren Wortmeldungen zu schließen sein kann, nämlich aus der Forderung nach einem stärkeren Multilateralismus, nach einer starken Unterstützung der Vereinten Nationen, das auch gegenüber den Vereinigten Staaten und der Regierung Bush so zu deklarieren, oder ob Sie eben weiter diesen Weg der Mitte, den Ihre Vorgängerin gegangen ist, weitergehen wollen. Dieser war einer des Weder-Noch, der einfach keine klare Position erlaubte.

Ich denke, klare Positionierungen in der österreichischen Außenpolitik sind notwendig, auch etwa gegenüber Russland, gegenüber Präsidenten Putin, der, zum Beispiel was Tschetschenien betrifft, in den letzten Jahren von Seiten der Europäischen Union mei­nes Erachtens viel zu wenig Kritik erfahren hat. (Beifall bei den Grünen.)

Da wünsche ich mir auch von Ihnen eine klare Positionierung, denn es kann nicht angehen, dass man deswegen, weil man mit einem Land auch gute wirtschaftliche Be­ziehungen haben will – Ähnliches trifft auf China zu –, solch massive Menschenrechts­verletzungen, wie sie in Tschetschenien geschehen, nicht anspricht und so tut, als würden sie nicht geschehen.

Nun aber zur Frage, welche Schwerpunkte Österreich in nächster Zeit, auch im Jahr 2005 haben kann und wie das mit dem Budget zusammenhängt. Frau Ministerin! Die Idee des Kollegen Schieder, im Jahr 2005 Afrika einen stärkeren Stellenwert in den bilateralen österreichischen Beziehungen zu geben, ist eine sehr gute Idee, die von mir und von den Grünen unterstützt wird. Ich denke, das wäre die Gelegenheit zu sagen, dass Sicherheitspolitik den Rahmen setzen muss, um soziale und ökologische Bedin-


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gungen zu schaffen, die Sicherheit erst ermöglichen; und um demokratische Bedingun­gen zu schaffen mit Teilnahme und Teilhabe der Bevölkerung, vor allem der Frauen, damit gewaltvolle Konflikte gar nicht entstehen können. Und dazu hat Österreich einen Beitrag zu leisten!

Da komme ich auch gleich zur Frage des Budgets, wo ich zwar für die Entwicklungszu­sammenarbeit eine leichte Erhöhung sehe (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), nur lei­der sind es für den bilateralen Bereich – dort, wo tatsächlich etwas gestaltbar ist –, also für die ADA, lediglich 1,33 Millionen €. Ich denke, das wird zu wenig sein – nicht nur, um in unseren afrikanischen Schwerpunktländern tatsächlich etwas weiterzubringen, sondern auch, um das Monterreyiel, wovon Sie gesagt haben, dass Sie es erreichen wollen, wirklich zu erreichen.

Sie haben zwar in Ihrer Rede betont, dies werde 2006 erreichbar sein, Österreich werde die 0,33 Prozent des BIP erreichen, die Frage ist aber immer: Wird das nur über Entschuldungen gehen, die nicht planbar sind, oder tatsächlich substantiell, damit Ös­terreich in den Schwerpunktländern der Entwicklungszusammenarbeit sowohl im Sü­den als auch im Osten Schritte setzen kann? – Und da wünsche ich mir von Ihnen – das haben wir uns schon von Außenministerin Ferrero-Waldner gewünscht, aber das haben wir leider nicht bekommen, auch der Finanzminister war nicht dafür, aber Sie könnten jetzt einen Neuanfang machen – einen Fahrplan, wie Österreich nicht nur bis 2006 diese 0,33 Prozent erreicht, sondern auch bis 2010 die 0,7 Prozent, die seit mitt­lerweile 34 Jahren auf UNO-Ebene beschlossen sind.

Frau Ministerin! Ich hoffe, dass es von Ihnen hier noch einige klarere Aussagen geben wird als bisher, denn nur zu sagen: Es ist toll, dass das Außenamt jetzt mehr Budget hat!, ist zu wenig. Ich bin schon froh, dass es nicht weniger geworden ist – auch ich! Das österreichische Außenministerium ist einfach in den letzten Jahren, was die Res­sourcen betrifft, massiv geschwächt worden.

Wenn ich einen Vergleich ziehe zum Beispiel beim Personalstand: Wir haben in Öster­reich jetzt weniger als 1 500 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – ein vergleichbares Land wie Schweden hat 2 500! Menschen haben nur 24 Stunden am Tag, um arbeiten zu können. Ich hoffe, dass Sie hier in Zukunft mehr Budget für Ihr Ressort erreichen wer­den.

Frau Ministerin, lassen Sie mich mit einem Punkt schließen, der die österreichische EU-Präsidentschaft betrifft. Der Lateinamerika-Gipfel ist schon angesprochen worden, er wird 2006 in Österreich stattfinden. Vor kurzem haben sich die Länder des Mercosur und des Anden-Paktes zusammengeschlossen, um einen gemeinsamen Markt aufzu­bauen. – Ich weiß, dorthin ist es noch ein langer Weg, aber ist das eine Initiative, die von Ihnen unterstützt wird? Wenn ja, könnte man dann nicht gerade den Gipfel unter dieses Motto stellen?

Ein Letztes: Frau Ministerin! Wie gesagt, ich habe Ihren ersten Reden und auch in den Ausschüssen Ihren Antworten mit großem Interesse gelauscht und habe darin interes­sante, sage ich einmal, Anmerkungen gefunden, wo ich mir denke, da könnte noch mehr daraus werden – zum Beispiel, wie Sie denn den Multilateralismus stärken wollen, wie Sie die Vereinten Nationen stärken wollen.

Ich hoffe, dass Sie hier tatsächlich klarer in Richtung österreichische Friedenspolitik gehen, in Richtung Gestaltbarkeit von sozialer und ökologischer Sicherheit auf der Welt. Ich hoffe auch, dass Sie zu einer Ministerin werden, die Österreich hier wieder eine gestaltende Rolle gibt – gehört habe ich es bis jetzt im für mich nötigen Ausmaß von Ihnen noch nicht, ich hoffe, da kommt noch etwas. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


17.28


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Scheibner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.29

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Außenminis­terin! Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede das Bedauern über das Ableben von Präsident Jassir Arafat hier zum Ausdruck bringen. Wir hoffen, dass es nun nach seinem Ableben, das ja in den letzten Tagen noch die ganze Tragik des Lebens und der Person von Jassir Arafat gezeigt hat – er durfte anscheinend nicht sterben, weil seine potentiellen Nachfolger noch die Zeit gebraucht haben, um die Nachfolge zumin­dest halbwegs zu regeln –, eine stabile Führung, eine von allen anerkannte Führung des palästinensischen Volkes geben wird und dass es vielleicht wieder eine Chance für eine Neuauflage des Friedensprozesses im Nahen Osten zwischen Israel und den Palästinensern gibt.

Es muss aber auch Folgendes zum Ausdruck gebracht werden: Es ist interessant, dass jetzt doch von den meisten das Leben und das Wirken von Präsident Arafat sehr positiv gesehen werden. Man vergisst dabei jedoch ein bisschen, dass diese positive Beurteilung durchaus auch in den letzten Jahren angebracht gewesen wäre, als es darum ging, wie man mit einem gewählten Präsidenten – ob man mit allem, was er im Rahmen seines Lebens und seines Wirkens getan hat, einverstanden ist oder nicht, er war der gewählte Präsident des palästinensischen Volkes –, wie man mit ihm und mit ihm als Funktionär umgeht.

Ich glaube, auch das war in der Vergangenheit eine Problematik dieses Nahost-Kon­flikts. Und da hat man wenig Proteste von der westlichen Welt, auch wenig Proteste von der Europäischen Union gehört. (Beifall des Abg. Neudeck.)

Es muss für die Zukunft gelten, dass jede Institution, die ihre Funktionäre, ihre offiziel­len Organe wählt, das Recht hat, dass diese Organe von der Staatengemeinschaft und von allen Staaten der Welt anerkannt werden. Das werden wir, so hoffe ich, auch in Zukunft unterstützen, Frau Außenministerin. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang sind die Wahlen in den Vereinigten Staaten von ganz be­sonderer Bedeutung, denn bisher hatte man nicht den Eindruck, dass die USA ein objektiver und dynamischer Vermittler im Nahost-Konflikt sind. Es ist zu hoffen, dass Präsident Bush jetzt, da er nicht mehr das Damoklesschwert der nächsten Wahlen vor sich hat, eine andere Politik als bisher verfolgt, und zwar nicht nur im Nahen Osten, sondern auch im Irak, denn da mussten wir den Willen zu einem Ausgleich, zu einem gerechten Frieden unter Beteiligung aller Streitparteien leider allzu oft vermissen.

Frau Außenministerin! Ich glaube, gerade jetzt, da es eine neue Situation gibt, haben die Europäische Union und damit auch Österreich als Motor für diese Entwicklung die Chance, aber auch die Verantwortung und die Verpflichtung, sich stärker als bisher in die Vermittlerrolle einzubringen.

Ich möchte so wie Kollege Schieder – er hat Recht, wir haben in den letzten Debatten hier schon vieles angebracht – nicht wiederholen, sondern nur schlagwortartig streifen, etwa die Frage der nächsten Erweiterungsrunde. Frau Außenministerin! Auch in die­sem Zusammenhang sehen wir eine wichtige Rolle Österreichs, nämlich dass wir, wenn es darum geht, Verhandlungen mit der Türkei zu führen, dafür sorgen, dass eindeutig festgehalten wird, dass es sich hier um keine Einbahnstraße in Richtung Mitgliedschaft handeln darf, sondern dass wir anerkennen, dass die Türkei für Europa wichtig ist, auch eine strategisch wichtige Rolle einnimmt, dass es aber nicht möglich ist, dass dieses Land in die Werteunion der Europäischen Union mit allen Rechten und Pflichten aufgenommen werden kann, und dass wir deshalb in andere Richtungen ver-


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handeln wollen, etwa in Richtung einer „Partnerschaft für Europa“, wo Länder, die für uns wichtig sind, die aber nicht die Erfordernisse für eine Vollmitgliedschaft erfüllen, eingebunden werden können.

Nächster Punkt ist die Entwicklungszusammenarbeit. Ich denke, dass sich die ADA bisher schon gut bewährt hat. Ich hoffe, dass man hier die entsprechenden Schwer­punkte setzt, dass man den Menschen in den Entwicklungsländern das Handwerks­zeug gibt, dass sie die Verantwortung in die eigenen Hände nehmen, dass wir damit auch präventiv arbeiten im Bereich der Sicherheitspolitik, aber auch der Flüchtlings­politik, dass die Menschen in ihren Ländern eine Zukunft sehen und sich nicht ver­anlasst sehen, über kriminelle Schlepperorganisationen ihre Zukunft in Europa und in Österreich zu suchen.

Frau Außenministerin! Selbstverständlich wird auch die Zusammenarbeit in der Sicher­heitspolitik in Europa, aber auch darüber hinaus gehend eine wichtige Aufgabe der österreichischen Außenpolitik darstellen. Nicht nur der Kampf gegen den Terror, son­dern insgesamt die Zusammenarbeit in allen Bereichen der Sicherheitspolitik ist von ganz besonderer Bedeutung.

Auch dazu ein klares Wort, da ja in der letzten Zeit einige interessante Ideen – früher von der Sozialdemokratie, jetzt von den Grünen – aufgetreten sind, die eine Verge­meinschaftung der Sicherheits- und der Verteidigungspolitik in Europa zum Ziel haben. Vergemeinschaftung bedeutet in Wirklichkeit Abschaffung der nationalen Armeen, also auch des österreichischen Bundesheeres – das dürfte ja der wahre Hintergrund der Ini­tiativen der Grünen sein –, und eine Euroarmee unter dem Kommando Brüssels. Und dazu erteile ich Ihnen aus der Sicht der Freiheitlichen eine klare Absage.

Wir wollen eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Abg. Mandak: Sie haben lieber die NATO!), wo man Strukturen vereinheitlicht, aber gemeinsam ... (Abg. Mag. Lunacek: Sie wollen lieber zur NATO!) – Nicht die NATO, Frau Kollegin, lesen Sie einmal die Initiativen in der Europäischen Union! Das, was Sie wollen, wollen wir nicht, nämlich dass Brüssel darüber entscheidet (Abg. Mandak: Nicht Brüssel, das Europäische Parlament!), wo wann und wie österreichische Staatsbürger in militärische Einsätze geschickt werden. Das ist die Verantwortung Österreichs und des österreichi­schen Parlaments – und so soll es auch bleiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich glaube auch, dass Afrika für unsere Sicherheit, aber auch für die Wirtschaftsinter­essen von ganz besonderer Bedeutung ist. Aber den Weg, den man bis jetzt gegangen ist, dass man bei Konflikten versucht, in einer Zusammenarbeit von europäischen Staaten dort Sicherheitseinsätze zu leisten, halte ich für falsch. Wichtiger und sinn­voller wäre es, dass man die Staaten in Afrika unterstützt – leider sind es ja nicht sehr viele –, die über stabile Strukturen, stabile Regierungen verfügen, sodass sie selbst im Rahmen der UNO und gemeinsam mit der Europäischen Union Friedenstruppen auf­stellen können, damit die, die über die Erfahrungen und auch das Vertrauen in der Region verfügen, diese Aufgaben mit unserer Unterstützung wahrnehmen können.

Also eine ganze Reihe von Aufgaben und Möglichkeiten für die österreichische Außen­politik. Das höhere Budget wird ein besseres Handwerkszeug zur Verfügung stellen. Auch Ihre ersten Aktivitäten, Frau Außenministerin, lassen uns nicht nur die Hoffnung, sondern geben uns auch die Sicherheit, dass mit Ihnen an der Spitze des Außenmi­nisteriums diese dynamische Außenpolitik fortgeführt und auch noch verbessert und erweitert werden wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.36

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Frau Bundesministerin Dr. Plassnik zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 



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17.36

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Prä­sidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst für die positive Auf­nahme, die ich bei meinem Amtsantritt vor zwei Wochen in diesem Haus gefunden habe, bedanken. Es ist mir durchaus bewusst, dass dieser Vertrauensvorschuss erst von meiner Seite gerechtfertigt werden muss. Ich werde hart arbeiten, um diesem Ver­trauensvorschuss gerecht zu werden. Lassen Sie mich daher bitte mein Angebot er­neuern, das Bemühen um Gemeinsamkeit zu einer Leitlinie meiner Arbeit zu machen.

Hohes Haus! Auch ich möchte zwei Vorbemerkungen zur internationalen Lage ma­chen.

Wir beobachten mit Sorge und Aufmerksamkeit die Lage im Nahen Osten. Mit Präsi­dent Arafat verliert das palästinensische Volk den Führer, mit dessen Namen die Hoff­nung des palästinensischen Volkes auf einen eigenen Staat verbunden war. Über mehr als drei Jahrzehnte hat er alle Höhen und Tiefen des palästinensischen Kampfes um Selbstbestimmung mitgeprägt. Mit seiner ganzen Leidenschaft hat er um die Zukunft seines Volkes gerungen. Unsere Trauer, aber auch unsere Hoffnung gelten dem paläs­tinensischen Volk. Möge eine neue Führung den Mut und die Kraft finden, die Gewalt zurückzudrängen und gemeinsam mit Israel, den regionalen Nachbarn und den ande­ren internationalen Partnern den Weg zu einer Friedenslösung zu beschreiten! Wir sind in jeder Phase bereit, unseren Beitrag dazu zu leisten. (Allgemeiner Beifall.)

Hohes Haus! Heute Abend treffen einander der wieder gewählte amerikanische Präsi­dent und der englische Premierminister. Auch da hoffen wir auf Signale, dass die USA nach einem Wahlkampfjahr ihre Aufmerksamkeit den drängenden Fragen des Nahen Ostens zuwenden werden. Wir müssen auf beiden Seiten des Atlantiks aufeinander zugehen. Die Zeit des Wartens ist vorbei.

Nun zum Thema Budget. Der Voranschlag für das Außenministerium beträgt genau 380 Millionen €. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um 39 Millionen € oder 11 Prozent. Meine Amtsvorgängerin, der ich an dieser Stelle herzlich danken möchte, hat sich erfolgreich für einen Anstieg des Budgets eingesetzt, weil in den nächsten Jahren viele zusätzliche Aufgaben ins Haus stehen, zu denen sich diese Regierung verpflichtet hat, allen voran der Ausbau der österreichischen Entwicklungs­zusammenarbeit und die Organisation der EU-Präsidentschaft.

Nur die Hälfte des vorliegenden Voranschlags, nämlich rund 190 Millionen €, werden für das Außenministerium selbst verwendet, also für den Betrieb aller Botschaften in der Welt und des Ministeriums in Wien. Die Mittel für diesen Bereich blieben, ich habe es im Ausschuss erwähnt, im Großen und Ganzen unverändert. Die andere Hälfte des Budgets wird für die Arbeit in der Welt verwendet. Hier gibt es Erhöhungen bei jenen Ausgaben, die nicht von mir beziehungsweise meinem Ressort direkt beeinflussbar sind, die so genannten gesetzlichen Beiträge.

Das sind nicht nur die Mitliedsbeiträge zu den Vereinten Nationen oder dem Europarat, sondern auch die Beiträge Österreichs zu den vielen friedenserhaltenden Operationen der UNO, etwa in Liberia oder im Kongo, aber auch 5 Millionen € zur UNO-Mission im Sudan und 3 Millionen € zur UNO-Mission in Haiti sowie der Beitrag zum Internationa­len Strafgerichtshof.

Darüber hinaus werden wir, wie im Regierungsprogramm angekündigt, unseren Beitrag zur Entwicklungszusammenarbeit und auch für die Auslandskulturarbeit ausbauen. Ich möchte hier vielleicht anmerken, dass wir 2003 fast die Hälfte unserer Projektmittel in der EZA in Afrika eingesetzt haben. 2004 waren es immerhin über 30 Prozent.


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Zur Europäischen Union: Hier liegen gerade in den kommenden beiden Jahren – einige meiner Vorredner haben es ja erwähnt – wichtige Aufgaben vor uns, die wir ge­meinsam – Bundesregierung und Parlament – an einem Strang ziehend zu bewältigen haben.

Der Verfassungsvertrag, den ich mit dem Bundeskanzler vor zwei Wochen unterzeich­net habe, bietet aus meiner Sicht eine hervorragende Basis für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, gerade aber auch der nationalen Parlamente. Die Verfassung wird mehr Demokratie, klarere Zuständigkeiten und auch mehr Rechte für den europäi­schen Bürger bringen.

Es freut mich daher, dass der Verfassungsvertrag heute – vor wenigen Stunden – in Litauen als dem ersten Land bereits durch das nationale Parlament ratifiziert wurde. Es ist mir klar, dass zur Ratifikation der neuen Verfassung in Österreich auch eine ent­sprechende Öffentlichkeitsarbeit gehört.

Einige Worte zum Europäischen Rat, der letzte Woche getagt und zwei wichtige Wei­chenstellungen vorgenommen hat:

Erstens: die europäische Standortdiskussion, der Lissabon-Prozess, der Wim-Kok-Be­richt dazu, die Vorschau auf die Mid-Term Review Anfang des nächsten Jahres. Hier wurden neue Impulse gesetzt und Verdichtungen vorgenommen.

Der zweite wichtige Bereich: innere Sicherheit, Fortschritte auf dem Weg zu gemeinsa­men Asylstandards und in der Zusammenarbeit beim Grenzmanagement.

Zum Thema Erweiterung: Die Erweiterung hat die Stellung Österreichs in Europa ver­ändert. Vier der zehn neuen Mitgliedsländer sind Nachbarländer und damit gleichbe­rechtigte nahe Partner in der Europäischen Union.

Ich werde alles daransetzen, die Chancen, die uns der Beitritt dieser Länder bietet, auch entsprechend zu nützen. Nach meinem ersten bilateralen Besuch in der Schweiz und einem Gespräch mit meinem kroatischen Amtskollegen hier in Wien werde ich nächste Woche in die Slowakei fahren. Weitere Treffen mit den regionalen Partnern sind in Planung. Ich werde morgen übrigens den äthiopischen Außenminister in Wien empfangen.

Die nächsten konkreten EU-Erweiterungsschritte zeichnen sich ab. Bulgarien und Ru­mänien stehen kurz vor dem Verhandlungsabschluss und könnten daher bereits in wenigen Jahren beitreten.

Was Kroatien betrifft, so arbeiten wir bekanntlich darauf hin, dass beim Europäischen Rat am 17. Dezember die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen beschlossen wird. Mit der Annäherung Kroatiens an die EU wird ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Stabilisierung Südosteuropas vollzogen.

Über die Türkei wird im Dezember diskutiert. Österreich wird in der Vorbereitung eine nicht unwichtige Rolle spielen. Bundeskanzler Schüssel wurde beim EVP-Gipfeltreffen vorige Woche zum Koordinator der EVP in dieser Frage ernannt, und wenn meine Informationen richtig sind, dann wurde SPÖ-Vorsitzender Dr. Gusenbauer in die Steue­rungsgruppe der Europäischen Sozialdemokraten zu diesem Thema berufen. (Abg. Scheibner: Da schau her! Deshalb ist er gleich nicht da!)

Zu Südosteuropa: Die Entwicklung der anderen Länder Südosteuropas ist für Öster­reich natürlich auch von großer Bedeutung. Im letzten Ministerrat hat die Bundesregie­rung beschlossen, dass zur Stabilisierung der Region die Entsendung von 600 Sol­daten im Kosovo und 300 Soldaten in Bosnien und Herzegowina verlängert wird. Der Beitrag, den diese Friedensmission leistet, ist nicht nur ein Beitrag zur Sicherheit und


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Stabilisierung im Westbalkan, sondern auch ein Beitrag zur Sicherheit in Österreich und in Europa.

In der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, in der Mitgestaltungsmöglichkeit liegt jetzt eine der größten Herausforderungen für die österreichische Außenpolitik. Wir werden diese von Anfang an aktiv mitgestalten und unsere österreichische Position rechtzeitig erarbeiten und einbringen. Dies gilt auch für den Aufbau des europäischen auswärtigen Dienstes, der derzeit vorbereitet wird.

Besonders sichtbar wird der österreichische Beitrag zur europäischen Integration wäh­rend unserer Präsidentschaft in der ersten Hälfte des Jahres 2006 sein. Für die Vor­bereitung der zahlreichen organisatorischen Verpflichtungen, die mit dem Ratsvorsitz zusammenhängen, müssen wir auch mit dem Budget 2005 schon vorsorgen. Wir haben daher 15,9 Millionen € für diese große Aufgabe budgetiert.

Unserer ersten Präsidentschaft im Jahre 1998 wurde von allen Seiten ein gutes Zeug­nis ausgestellt. Wir bereiten daher mit aller Aufmerksamkeit heute schon alles vor, um auch 2006 mit unserer Präsidentschaft ein Zeichen der Professionalität, aber auch der politischen Weitsicht zu setzen – nicht nur in Europa, sondern auch mit unseren außer­europäischen Partnern.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, es wird eine Reihe von Gipfeltreffen in Öster­reich geben. Es gibt das Gipfeltreffen mit den USA, mit Kanada, mit Japan, mit Russ­land und mit den lateinamerikanischen und karibischen Ländern.

Was die Entwicklungszusammenarbeit betrifft, so ist die Unterstützung der Länder des Südens in ihren vielfältigen Problemen für uns eine moralische und politische Pflicht. Die Bundesregierung hat sich daher sowohl im EU-Rahmen als auch auf der Konfe­renz von Monterrey dazu verpflichtet, den EZA-Beitrag zu erhöhen.

Wir bekennen uns zur Erreichung des Monterrey-Ziels, was bedeutet, dass wir 2006 0,33 Prozent des BIP für die EZA zur Verfügung stellen wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir im Budget 2005 die Steigerungstendenz fortgesetzt. Der Beitrag des österreichischen Bundesbudgets zur EZA wird nächstes Jahr um 21 Millionen € auf insgesamt 594 Millionen € erhöht.

Im Bereich des Außenressorts werden wir 2005 90,1 Millionen € über die österrei­chische EZA-Agentur ADA für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellen. Das sind 20 Millionen € mehr als vor zwei Jahren. Damit haben wir die Entwicklungs­milliarde in Schilling, zu der wir uns vor fünf Jahren bekannt haben, erreicht.

Darüber hinaus leistet Österreich – und das sollte man nicht unbeachtet lassen – auch einen großen Beitrag zum EZA-Budget der Europäischen Union. Der Beitrag beläuft sich im kommenden Jahr auf 185 Millionen €, was einen Anstieg von 20 Millionen € gegenüber 2004 bedeutet. Zudem trägt Österreich 78 Millionen € zum EZA-Budget von internationalen Organisationen wie der UNO bei.

Ein Wort zur Auslandskultur: Erfreulich ist, dass wir bei den Mitteln für die kulturelle Dimension der Außenpolitik eine Trendwende erreicht haben. Im Vergleich zum Bud­get 2004 konnten wir eine Anhebung von 4,9 auf 6 Milliarden € erreichen. Mit diesen Mitteln werden wir die österreichische Kultur in einer wachsenden Zahl von Standorten präsentieren.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich Ihnen heute verdeutlichen konnte, dass wir das Budget eines modernen Dienstleistungsunternehmens besprechen, dessen Kernkompetenz es ist, für die Interessen Österreichs und seiner Bürgerinnen und Bür­ger da zu sein – vom konsularischen Notfall im Ausland bis zur Vertretung österreichi-


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scher Positionen am Brüsseler Verhandlungstisch. Dafür werden die im Budget vorge­sehenen Mittel eingesetzt, für die ich Sie um Ihre Unterstützung ersuche.

Den Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werde ich mit Freude weiter­leiten. – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP, den Freiheitlichen und der SPÖ.)

17.48

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Einem. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


17.49

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin, erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Sie sind – zumindest auch – die EU-Innenministerin Österreichs. Sie sind gewissermaßen die Koordinatorin der ös­terreichischen Politik in der Europäischen Union, und als solche will ich Sie primär ansprechen.

Ich weiß, dass ich dabei mehr ansprechen muss, als Sie im Ressort Äußeres zu ver­antworten haben, aber wer sonst hat Gesamtverantwortung für österreichische Politik in Brüssel außer dem Bundeskanzler und – im Alltag – Ihnen?

Lassen Sie mich daher zu einigen Herausforderungen, vor denen die EU in unseren Augen steht, sprechen!

Erstens zur Erweiterung: Sie haben zwei Aspekte davon angesprochen. Ich will den dritten ansprechen. Am 17. Dezember geht es unter anderem um die Frage: Wie weiter mit der Türkei? Zugleich ist das auch die Frage: Wie weiter mit der EU? Ist – so die Frage – die Europäische Union wirklich gerüstet für weitere Erweiterungsschritte? Ist es nicht so, dass die 25 noch nicht wirklich gelernt haben, miteinander Europa zu ent­wickeln, und dass die zehn neuen nicht gerade das beste Beispiel von den bisherigen Mitgliedern bekommen haben?

Ich denke, da brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn beispielsweise letztes Wo­chenende in Wien ein Abgeordneter der heutigen polnischen Opposition geradezu ulti­mativ forderte, Deutschland solle gefälligst seinen Sozialstaat abspecken und die über­flüssige Bürokratie abbauen, um mehr Geld für Polen hergeben zu können, und wenn andererseits bei der selben Veranstaltung der Bürgermeister von Warschau – auch er gehört einer Oppositionspartei von heute an – erklärte, dass Polen jedenfalls darauf bestehen werde, seine Unternehmensbesteuerung autonom zu gestalten, um auf diese Weise Unternehmen zur Ansiedlung in Polen zu bewegen, und dann zu allem Über­fluss auch noch erklärte, warum Polen die USA als Partner wichtiger seien als die Part­ner innerhalb der Europäischen Union.

Warum beschreibe ich das? – Nicht, um Polen schlecht zu machen, sondern es ist ein Beispiel dafür, dass wir schwierige Jahre in der EU vor uns haben. Und da wollen wir jetzt einfach weitermachen, also ob sich nichts geändert hätte?

Ich denke, wir müssen einen Akzent setzen, der diese EU überhaupt erst wieder in Schwung bringt, und dass das geradezu eine Vorbedingung dafür ist, weitere Erweite­rungsschritte zu setzen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Zweitens zur wirtschaftlichen Entwicklung: Gerade hat die hochrangige Experten­gruppe unter dem ehemaligen niederländischen Premierminister Wim Kok ihren Bericht zur Zwischenbilanz der Lissabon-Strategie vorgelegt. Ganz offen kritisiert dieser Be-


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richt die Widersprüchlichkeit der Ziele von Lissabon und den mangelnden Willen der Mitgliedstaaten, wirklich beherzt Maßnahmen zu ergreifen.

Wir werden das Ziel, wettbewerbsfähigste Region der Welt zu werden und gleichzeitig mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen, eine wissensbasierte Gesellschaft zu schaffen, die soziale Kohärenz zu stärken, nur erreichen, wenn es gelingt, die Wirt­schaft anzukurbeln, und zwar nicht durch Beten oder Hoffen, sondern durch koordinier­te Investitionen in die Infrastruktur, in die Forschung und in die Bildung, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) – Herzlichen Dank!

Frau Außenministerin! Wir werden nur dann wieder Begeisterung für Europa bekom­men, wenn die Menschen spüren, dass es aufwärts geht und dass die Mittel Europas auch wirklich genützt werden. Das ist zugleich die Voraussetzung dafür, dass man den Bürgerinnen und Bürgern der EU weitere Erweiterungsschritte zumuten und erklären kann. Wir wollen und wir brauchen die Akzeptanz der EU-Bürgerinnen und -Bürger.

Lassen Sie mich noch etwas zur Außen- und Sicherheitspolitik sagen! Frau Bundes­ministerin! Wir sind an dem Aufbau einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik aus einer Hand interessiert, aber wir wollen nicht irgendeine Außen- und Sicherheitspolitik, sondern wir wollen eine, die auf Frieden, Demokratie und Recht basiert, und nicht eine, die primär auf militärischer Stärke und wirtschaftlichem Eigen­nutz beruht. (Beifall bei der SPÖ.)

Deshalb brauchen wir in den nächsten Jahren weiter die österreichische Neutralität, und zwar nicht mit Augenzwinkern, sondern mit Festigkeit und Solidarität. (Beifall bei der SPÖ.) Die Neutralität hilft uns, in der EU eine Sicherheitspolitik zu entwickeln, die auf der Charta der Vereinten Nationen und ganz generell auf der Basis des Rechts beruht.

Wir wollen nicht, dass österreichische Soldaten ohne anerkannte rechtliche Grund­lagen in den Krieg geschickt werden, und wir wollen ebenso wenig, dass andere Solda­ten aus der EU ohne anerkannte rechtliche Grundlagen in den Krieg geschickt werden. Als neutraler Staat dürfen wir das auch gar nicht wollen. Daher: Aufrechterhaltung der österreichischen Neutralität und eine europäische Politik, die diesem Anspruch gerecht wird.

Lassen Sie mich zum Schluss kommend noch Folgendes sagen: Frau Bundesminis­terin! Wenn die EU-Kommission – auch die neue EU-Kommission – glauben sollte, dass sie mit Vorschlägen wie denen zur europäischen Dienstleistungsrichtlinie oder zur Arbeitszeitrichtlinie Europa die Akzeptanz bei den Menschen bekommen kann, die es braucht, um sich positiv weiterentwickeln zu können, dann ist die Kommission leider auf dem Holzweg.

Eine Dienstleistungsrichtlinie, die Dienstleistungen europaweit liberalisiert, ohne die negativen Effekte für die Verlierer dieser Liberalisierung auch nur irgendwie zu behan­deln, oder eine Arbeitszeitrichtlinie, die das europäische Arbeitszeitrecht nur zu Lasten der Arbeitnehmer verändert und ausschließlich zu Gunsten der Arbeitgeber, schafft Tausende und Abertausende zusätzliche Europa-Skeptiker. Da können wir uns eine Strategie wie „Communicating Europe“ getrost sparen, wenn wir nicht beginnen, eine Politik zu machen, die auf alle Menschen in Europa Rücksicht nimmt. Darum will auch ich Sie ersuchen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Einem begibt sich zur Regierungsbank und reicht Bundesministerin Dr. Plassnik die Hand.)

17.55

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Hakl. Sie haben sich 4 Minuten Redezeit genommen. – Bitte.

 



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17.55

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einleitend auch den Mitarbeitern im Außenamt für die hervorragende Arbeit danken, und dabei vor allem jenen, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind, aber auch den Mitarbeitern der ADA, der neuen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit, und auch den Vertretern der NGOs, die die gesteigerten Mittel, die wir in den letzten Jahren Gott sei Dank zur Verfügung stellen konnten, sozusagen auf die Straße, unter die Menschen, zu den ärmsten Menschen der Welt bringen. – Ihnen allen ein ganz herzliches Dankeschön dafür! (Beifall bei der ÖVP.)

Verantwortlich dafür, dass wir diesen erfolgreichen Weg insbesondere zur Bekämpfung der Armut und damit zur Bekämpfung von Konflikten gehen konnten, ist die jetzige europäische Außenministerin, Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Umsetzen wird dies in Zukunft unsere geschätzte Frau Dr. Plassnik, der ich an dieser Stelle ein großes Lob – wie ich glaube, stellvertretend für alle – für ihre ersten Auftritte im Parlament und in den Medien aussprechen muss und der ich für die Zukunft viel Erfolg wünsche. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Posch: Lob von der ÖVP sollte man nicht zu viel beachten!)

Die wiederum erhöhten Mittel für die österreichische Entwicklungszusammenarbeit nach dem Rekordbudget des letzten Jahres sind aber allein nicht genug, um Armuts­bekämpfung wirklich erfolgreich betreiben zu können. Es ist nicht nur das Geld, was zählt. Vor allen Dingen wurde in der Vergangenheit und wird auch laufend die Qualität der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit besser.

Erst vor wenigen Tagen ist der aktuelle Bericht des OECD-Entwicklungsausschusses, des CAD, herausgekommen. In regelmäßigen Abständen wird dort die Qualität der ös­terreichischen Entwicklungszusammenarbeit untersucht. Dieser Bericht ist der beste, den die österreichische Entwicklungszusammenarbeit in den letzten zwei Jahrzehnten bekommen hat. (Beifall bei der ÖVP.)

Die OECD begrüßt darin ganz ausdrücklich die Reformen, die seit dem Jahre 2000 durchgeführt worden sind. Besonders loben die Experten, die sonst, so glaube ich, auch von der Opposition immer sehr geschätzt werden, das neue EZA-Gesetz, das lei­der nicht einstimmig beschlossen werden konnte.

Ganz besonders gelobt wird auch die Ausgliederung der operativen Planung und der Projektabwicklung in die ADA, die leider auch von den Oppositionsparteien abgelehnt wurde, und das aktuelle Dreijahresprogramm mit den entwicklungspolitischen Vorha­ben der Jahre 2004 bis 2006, das ja – nicht mehr wirklich überraschend – leider gleich­falls abgelehnt wurde.

Ich hoffe, dass wir in Zukunft größere Gemeinsamkeiten finden können, wenn der von den Regierungsparteien beschrittene Weg auch von externen und neutralen Partnern gelobt wird.

Wir bekennen uns ganz ausdrücklich dazu, im Jahr 2006 die 0,33 Prozent des Bruttoin­landsproduktes für die Entwicklungszusammenarbeit aufzubringen, und ich danke der Frau Außenministerin, dass sie dies im Hohen Haus mittlerweile auch schon mehrfach bestätigt hat.

Darüber hinaus danke ich auch der „nullkommasieben“-Kampagne, die uns alle dabei unterstützt, das Bewusstsein bei den Menschen in Österreich dafür zu schärfen, dass es mit dieser Mittelsteigerung noch nicht getan ist. Ich bekenne mich auch ganz aus­drücklich für die ÖVP zu den in der „nullkommasieben“-Kampagne formulierten Zielen.


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Wir werden uns alle gemeinsam darum bemühen, die schwierige Aufbringung von noch mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit zustande zu bringen. – Herz­lichen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Hakl begibt sich zur Regierungsbank und reicht Bundesministerin Dr. Plassnik die Hand.)

17.59

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Stoisits. Sie haben sich 4 Minuten Redezeit genommen. – Bitte.

 


18.00

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Es ist zwar ein Zufall, aber es führt sozusagen logischerweise kein Weg daran vorbei: Heute ist ein Tag, an dem ein Staatsmann starb, der keinen Staat hatte. Deshalb ist auch die Frage, ob er mehr Revolutionär oder mehr Staatsmann gewesen sei, aus meiner Sicht schwer zu beant­worten, denn man kann schwerlich ein Staatsmann sein, wenn man den Staat nicht zugestanden bekommt, um sich dann auch im eigentlichen Sinn als Staatsmann be­trachten zu können. Sie haben zu Beginn Ihrer Ausführungen von Arafat als gewähltem Präsidenten des palästinensischen Volkes gesprochen. Ich meine, dass der Beitrag, den Sie jetzt gemeinsam mit Bundeskanzler Schüssel im Rahmen der Europäischen Union leisten könnten, darin bestehen könnte, genau diesen nicht erfüllten Wunsch, der jetzt nur mehr als Vermächtnis bezeichnet werden kann, durch den Arafat vielleicht im Nachhinein ein großer Staatsmann werden könnte, umsetzen zu helfen, nämlich die legitimen Ansprüche des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und damit für mich auch klarerweise auf einen eigenen Staat zu realisieren. Sie haben sich zwar dazu geäußert, aber nicht in der Detailliertheit oder Präzision, wie es an einem solchen Tag, an dem so ein Staatsmann stirbt, angebracht wäre. (Beifall bei den Grünen.)

Vielleicht haben Sie nicht erwartet, dass das heute angesprochen wird. Ich weiß es nicht. Ich muss ehrlich sagen, dass ich auch ein bisschen beklemmt bin, weil ich nicht wirklich erwartet habe, dass Sie uns eine vorbereitete Rede vorlesen werden, sondern gedacht habe, Sie würden auf die Argumente der außenpolitischen Sprecher ein wenig eingehen. Das haben Sie bedauerlicherweise aber überhaupt nicht gemacht. Kollege Schieder hat explizit nach den Schwerpunkten Afrika, Europäische Union und Österrei­chische Präsidentschaft 2006 gefragt. Ulrike Lunacek hat in Bezug auf Lateinamerika konkrete Fragen gestellt. Es steht auch die schlichte Frage im Raum, warum Sie die Gelegenheit auslassen, an den Begräbnisfeierlichkeiten in Kairo teilzunehmen. Gerade für eine neue Ministerin wäre das eine – ich sage das jetzt ohne diplomatisch große Kenntnisse zu haben – gute Gelegenheit, sich außerhalb des Kreises der EU-Kollegin­nen und Kollegen darzustellen und zu positionieren. Ich stelle mir vor, dass sich solche Gelegenheiten nicht so oft ergeben. Aber gut.

Ich will nicht, dass hier heute der Eindruck entsteht, dass nur deshalb, weil die Minis­terin ganz neu ist, alle völlig zufrieden und sozusagen ganz von Ihnen eingenommen sind. Ich nicht, ich bin nach Ihrer Wortmeldung enttäuscht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist nicht sehr überraschend!)

Abschließend habe ich noch zwei Bitten an Sie, Frau Ministerin, also etwas, was Sie wahrscheinlich ohnehin von mir erwarten, weil ich das im Ausschuss bereits vorge­bracht habe. Zum einen geht es um die Frage der Ortstafeln anlässlich des nächst­jährigen Jubiläumsjahres: 50 Jahre Staatsvertrag. Inzwischen hat sich etwas geändert. Bundeskanzler Schüssel hat gestern hier von dieser Stelle aus gesagt, dass eine Konsenskonferenz einberufen wird. Vor zwei Wochen im Ausschuss war das noch ein völlig unbestimmter Termin beziehungsweise hat er gar nichts dazu gesagt – Sie ja auch nicht –, ob es das je wieder geben wird. Ich möchte Sie bitten, dass Sie vor allem


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mit der Verantwortung, die Sie in erster Linie außerhalb Österreichs, innerhalb der Europäischen Union und gegenüber den betreffenden Staaten ja auch tragen, sich für eine Lösung einsetzen. Es zeichnet sich jedoch keine Lösung ab, weil der Herr Bun­deskanzler heute bereits angekündigt hat, dass er in derselben Besetzung wie vor zwei Jahren eine Lösung erzielen will. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Seien Sie doch nicht so pessimistisch!)

Da kann es aber keine Lösung geben, Frau Ministerin, weil damals schon deshalb keine Lösung möglich war, weil sie an eine Bedingung geknüpft war, die für Slowenen­vertreter unannehmbar war, denn einen schriftlichen Verzicht auf alle rechtlichen Schritte in Zukunft zu leisten, das kann kein Slowenenvertreter bei keiner Konsens­konferenz der Welt tun, denn es ist verbrieftes Recht, was im Artikel 7 des Staats­vertrags von Wien steht. Bitte verwenden Sie sich dafür, dass diese Konsenskonferenz überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hat. (Beifall bei den Grünen.)

Da ich jetzt keine Zeit mehr habe, muss ich noch eine kurze Bitte aussprechen: Minis­terin Ferrero-Waldner hat sich immer sehr dezidiert für die EU-Aufnahme Kroatiens eingesetzt. Ich gehe jetzt logischerweise davon aus, dass Sie diese Linie fortsetzen werden, aber ich bitte Sie gleichzeitig, nicht zu vergessen, dass Kroatien nur ein Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien ist. Bosnien-Herzegowina und Serbien-Montenegro sind jene beiden Länder, die nach meinem Dafürhalten auch immer noch Nachbarstaaten Österreichs sind. Damit sind wir hierzulande auch groß geworden, und deshalb meine ich, dass eine ganz besondere österreichische Fokussierung auf diese Problematik nicht nur diesen Ländern nützen könnte und gut tun würde, sondern vor allem uns. Aber ich vertraue Ihnen, und vielleicht das nächste Mal ein paar Antworten auf die Fragen. – Aber Sie haben ja noch Chancen, es ist ja noch nicht ganz aus. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Großruck: Danke! Danke vielmals!)

18.06

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Bösch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


18.06

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben Ihre Amtszeit sehr initiativ begonnen. Wir von Seiten der FPÖ begrüßen das, und ich kann Ihnen nur raten, dass Sie sich Ihren Terminkalender auch in Hinkunft nicht von den Grünen machen lassen, sondern dass Sie den durchaus selbst bestimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Seit Ihrem Amtsantritt haben sich einige Nuancen verändert, auf die ich schlaglichtartig eingehen möchte. Sie haben schon erwähnt, dass der Herr Bundeskanzler von seiner Fraktion auf europäischer Ebene, der EVP, zum Koordinator der Gestaltung der Ver­handlungen mit der Türkei ernannt worden ist und dass es deshalb von unserer Seite durchaus Hoffnungen gibt, dass die Beschlüsse, die im EU-Parlament am 2. Dezember gefasst werden, im Europäischen Rat am 17. Dezember auch jenes Ergebnis bringen werden, auf das wir uns eigentlich hier in Österreich großteils geeinigt haben, nämlich dass diese Verhandlungen offen geführt werden sollen und nicht zwingend in einen Beitritt der Türkischen Republik münden werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich jetzt höre, dass auch Kollege Gusenbauer in seiner Partei auf europäischer Ebene, der SPE, in dieser Koordinierungsgruppe tätig sein wird und wenn ich die Aus­führungen des Herrn Kollegen Einem dazu ernst nehme, dann bin ich doppelt zuver­sichtlich, dass es in dieser Frage eine österreichische Linie geben wird, die auf euro­päischer Ebene klarmacht, was wir von österreichischer Seite und was die öster­reichische Bundesregierung eigentlich will, nämlich jetzt keine neue Erweiterung der


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Europäischen Union und in weiterer Folge auch keinen Beitritt der Republik Türkei zur EU in den nächsten Jahren.

Meine Damen und Herren! Es hat noch einen zweiten Punkt gegeben, in dem sich etwas qualitativ verändert hat, und zwar hat der Herr Bundeskanzler angekündigt, dass er initiativ für eine europäische Volksabstimmung über die neue europäische Verfas­sung eintreten wird. Auch das ist von Seiten der FPÖ nur zu begrüßen, und ich hoffe, dass es auch gelingen wird, mit den anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union einen Weg zu finden, der das möglich macht. Wir müssen davon ausgehen, dass be­reits in Luxemburg, Spanien, Portugal, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Däne­mark, Irland, Polen, Tschechien und auch in Großbritannien für das kommende Jahr nationale Volksabstimmungen vorgesehen sind und dass es deshalb auf diesem Euro­päischen Rat am 17. Dezember und in den Vorbesprechungen dazu eigentlich darum gehen wird, festzulegen, ob es möglich sein wird, eine europäische Volksabstimmung durchzuführen, zu klären, ob die Mitgliedsländer bereit sind, diesen Weg zu gehen.

Ich hoffe, dass es Ihnen und den gleichgesinnten Vertretern der Regierungen der nati­onalen Mitgliedsländer möglich sein wird, diese Regelung zu treffen und klarzumachen, dass eine europäische Volksabstimmung für das Gelingen dieses neuen Verfassungs­werkes grundlegend wäre und dass sie eigentlich auch dazu führen würde, dass die einzelnen Mitgliedsländer auf nationaler Ebene keine Volksabstimmungen mehr abhal­ten müssten.

Die Entwicklung in den letzten Wochen hat meiner Meinung nach auch gezeigt, wie wichtig nicht nur eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch die Sicherheitspolitik nach innen ist. Vor allem die Ereignisse in Holland haben gezeigt, wie schnell ein friedliebendes europäisches Land von heute auf morgen in den Strudel von terroristischen Ereignissen kommen kann und wie wichtig es ist, dass man auch im Rahmen der Europäischen Union versucht, Mechanismen dagegen anzusetzen.

Frau Minister Plassnik, Sie beginnen Ihre Arbeit in einer sehr spannenden Zeit. Die Herausforderung ist eine große. Die Unterstützung von uns Freiheitlichen ist Ihnen sicher. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.11

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Bayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.11

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Da­men und Herren! Ich hätte mir für das Budget 2005 natürlich schon eine größere Stei­gerung des EZA-Budgets gewünscht. Aber ich bin zuversichtlich und habe auch keinen Grund, daran zu zweifeln, dass Sie sich wirklich sehr bemühen werden, dass wir 2006 unseren internationalen Verpflichtungen wirklich nachkommen und die 0,33 Prozent des BNE für Entwicklungsausgaben leisten werden.

Aber ganz egal, wie groß oder wie klein unser österreichischer Beitrag ist, er wäre fak­tisch immer immens steigerbar, wenn nämlich unsere österreichische Entwicklungszu­sammenarbeit kohärenter wäre, wenn österreichische Politik ganzheitlicher für globale Entwicklung stünde. Die OECD lobt uns nicht nur, das tut sie auch, aber sie kritisiert uns auch dafür, dass wir es nach wie vor nicht geschafft haben, die Kohärenz zu errei­chen, die möglich wäre.

Ich würde vorschlagen, dass wir uns da ein Beispiel an Schweden nehmen. Schweden hat gerade ein Gesetz beschlossen mit dem Titel „Geteilte Verantwortung – Schwe­dische Politik für globale Entwicklung“, in welchem es um neue Möglichkeiten in Anbe­tracht der Globalisierung geht und darum, verstärkt Schwedens internationale Anstren-


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gungen zu ventilieren, die Millennium Development Goals zu unterstützen. Dieses Gesetz hat das Ziel, weltweit zu einer fairen und nachhaltigen Entwicklung beizutragen, und zwar in Anbetracht dessen, dass die Welt kleiner geworden ist, die Grenzen durch­lässiger geworden sind und die Länder voneinander, untereinander auch wesentlich abhängiger. Dinge wie Umweltzerstörung, Terrorismus, AIDS und Armut haben einen gemeinsamen Nenner: Sie kennen keine Nationalstaaten, sie kennen keine Grenzen, sie sind eine weltweite Herauforderung.

Das Ende des Kalten Kriegs, neue geostrategische Zusammensetzungen und die zu­nehmende Globalisierung bedeuten unter anderem auch, dass erstmals auch für jeden einzelnen Menschen auf dieser Welt ein Fortschritt individuell möglich wäre, weil die Welt noch nie zuvor so reich war, wie sie es jetzt ist. Noch nie haben so viele Men­schen in Demokratien gelebt wie derzeit. Es gibt Wissenschaft und technischen Fort­schritt, der uns Chancen eröffnet, von dem wir vor ein paar Jahren oder Jahrzehnten nur geträumt hätten oder nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Trotz alledem gibt es immer noch viele Menschen, die nichts von all diesen Vorteilen haben. Über 1 Milliarde Menschen kämpft zum Beispiel täglich wirklich ums Überleben im wahrsten Sinne des Wortes. Um das zu verändern, bedarf es einer großen Anstrengung der gesamten Ge­sellschaft, auch der unsrigen, der nördlichen.

Die Verantwortung für unseren Planeten ist geteilt. Um diese Verantwortung auch wahrnehmen zu können, müssen unsere österreichischen Entwicklungsanstrengungen ganz einfach kohärenter werden und mit unserer Politik, zum Beispiel im Bereich Han­del, im Bereich Landwirtschaft, im Bereich Außenwirtschaft, im Bereich Umwelt oder auch im Bereich Sicherheit, viel mehr verzahnt sein und Hand in Hand gehen. Wir kön­nen unsere Entwicklungsausgaben wesentlich effizienter machen, wenn wir mit allen unseren Politiken in eine Richtung gehen und uns dabei gegenseitig unterstützen.

Entwicklungszusammenarbeit ist immens wichtig – gar keine Frage! –, aber sie ist nur ein Instrument unter vielen möglichen einer österreichischen Politik für globale menschliche Entwicklung. Ich appelliere an Sie, wirklich zu versuchen, diesen wichti­gen Schritt der Kohärenz zu gehen, sich an Schweden ein Beispiel zu nehmen und zum Beispiel einmal die Exportsubventionen in der Landwirtschaft, die Förderpolitik der Oesterreichischen Kontrollbank, unsere Klimaschutzpolitik et cetera, et cetera unter diesem Kohärenzaspekt durchaus kritisch zu betrachten.

Wofür ich in meiner Funktion als Vorsitzende der österreichisch-afrikanischen parla­mentarischen Freundschaftsgruppe zum Schluss auch noch appellieren möchte – das haben auch einige Vorredner und Vorrednerinnen von mir angesprochen –, ist die Hin­wendung zu Afrika, der Versuch, politisch dorthin einen Fokus zu legen. Dieser Konti­nent läuft tatsächlich Gefahr, noch weiter marginalisiert, mit unlösbaren Problemen alleine gelassen und wirtschaftlich noch mehr ins Out gedrängt zu werden, als er das ohnehin jetzt bereits ist. Afrika liegt uns, denke ich, geographisch wesentlich näher als uns dieser Kontinent bewusstseinsmäßig nahe liegt, und Good Governance, Owner­ship, Capacity Building und vieles andere mehr brauchen auch immer die Stärke von nationalen Parlamenten, um nicht nur Schlagwörter zu sein, sondern um auch wirklich umgesetzt werden zu können.

Ich denke, dass Österreich einen ganz wichtigen Beitrag dazu leisten könnte, etwa durch Ausrichtung einer Konferenz auf parlamentarischer Ebene zwischen der Euro­päischen Union und dem südlichen Afrika, zum Beispiel zur Konfliktprävention – um jetzt eines der wirklich brennenden Themen herauszugreifen. Es wäre sehr schön, wenn uns das Außenamt dabei unterstützen könnte. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


18.16


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Dr. Fassl­abend zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


18.16

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesminister, Sie haben meiner Überzeugung nach in sehr klarer Weise die Schwerpunkte der österrei­chischen Außenpolitik für das nächste Jahr beziehungsweise die nächsten Jahre skiz­ziert. Das ist eigentlich genau das, was man üblicherweise bei einer Budgetdebatte tut: Man beschäftigt sich mit der Budgetstruktur und präsentiert als Mitglied der Bundes­regierung die inhaltlichen Schwerpunkte. Ich kann Ihnen aus meiner politischen Erfah­rung heraus nur sagen: Lassen Sie sich nicht beirren, wenn jemand wie Frau Kollegin Stoisits auch nach 20 Jahren noch nicht gelernt hat, was bei einer Budgetdebatte üblich ist, sondern eine Budgetdebatte mit einer Fragestunde verwechselt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stoisits: Nicht beirren lassen, das charakterisiert Ihre Haltung!)

Frau Kollegin Stoisits, Ihnen möchte ich sagen: Ich habe es so empfunden, dass die Frau Bundesminister auf subtile und diplomatische Art und Weise sehr klar nicht nur ihre eigenen Schwerpunkte in ihrer Präsentation zum Ausdruck gebracht hat, sondern auch den Umfang der Entwicklungszusammenarbeit ganz konkret umrissen hat und ebenso angesprochen hat, dass sie sich morgen mit dem äthiopischen Außenminister auseinander setzen wird, und damit auch darauf eingegangen ist, was Kollege Schie­der angesprochen hat, nämlich das ihr das Thema Afrika wichtig ist.

An den Beginn ihrer Rede hat die Frau Bundesministerin allerdings den Nahen Osten gestellt, die Palästinafrage – nicht nur aus der Aktualität dieser Frage heraus, sondern auch deshalb, weil das eine Schlüsselfrage für die Sicherheit der gesamten Welt ist, und nicht nur die Europas oder die des Nahen Osten. (Abg. Mag. Stoisits: Das war Ihrer Ansicht nach ein Eingehen auf die Debatte? – Abg. Mag. Lunacek: Es geht doch darum, eine Debatte zu führen!)

Die Frau Bundesministerin hat meiner Ansicht nach auch sehr klar gesagt und sehr deutlich gemacht, dass es dabei nicht nur darum geht, dass man irgendwo einen Wunsch deponiert, sondern darum, dass sich jetzt möglicherweise ein politisches Fenster öffnet – dies auch durch die Wiederwahl von Bush und durch seine Erklärung, in welcher er bereits ein Jahr vor dieser seiner Wahl sehr klar dafür eingetreten ist, dass es eine Zwei-Staaten-Lösung geben soll; das ist etwas, was bis jetzt noch kein amerikanischer Präsident gemacht hat.

Wichtig erscheint mir aber insbesondere auch die Europafrage, und zwar die Schick­salsfrage, die sich uns stellt und die in nächster Zeit und mittelfristig wahrscheinlich überhaupt von größter Bedeutung sein wird, nämlich die, ob es uns gelingt, den Ver­fassungsvertrag über die Bühne zu bringen. Das wird für die Stärke der EU von aus­schlaggebender Bedeutung sein sowie natürlich auch für die Erweiterungsfrage.

Ich danke, dass Sie, Frau Bundesministerin, das so klar angesprochen haben. Ich danke auch, dass Sie uns den gesamten Katalog der außenpolitischen Aufgabenstel­lungen, diese ganze Fülle in Klarheit und Deutlichkeit näher gebracht haben, und ich wünschen Ihnen bei Ihrer Tätigkeit weiterhin viel Erfolg. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


18.19


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Posch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.19

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Minister! Herr Kol­lege Fasslabend! Frau Kollegin Stoisits wird Ihren außenpolitischen Rat wirklich nicht brauchen. (Abg. Steibl: Ihren vielleicht auch nicht!) Ich meine, dass es schon auch gestattet sein muss, Kritik zu üben, und daher beschäftige ich mich auch gerne mit dem Budget und seinen Daten. (Abg. Steibl: Das ist auch gut so!)

Für das Budgetkapitel 20 sind 380 Millionen € veranschlagt, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass ein Vergleich mit den vorhergehenden Budgets auf Grund der Aus­gliederung der ADA schwer möglich ist.

Beachtlich sind in diesem Budget allerdings auch, gemessen an diesen 380 Millio­nen €, die Ansätze für die EU-Ratspräsidentschaft. Sie haben es schon gesagt: 15 Mil­lionen € im zentralen Budget, dazu kommen im Ressort des Außenministeriums ein Betrag von 800 000 € und noch die jeweiligen Ausgaben in den anderen Ressortbud­gets, also weit über 16 Millionen €, das sind – in Schilling – über 200 Millionen Schil­ling. Da muss man schon sagen, dass sich die Ausgaben für die EU-Ratspräsident­schaft auf ein Niveau hinbewegt haben, das bar jeglicher Vernunft ist, das nur der un­geheuren, barocken Selbstdarstellungsfreude, dem Selbstdarstellungszwang und dem Selbstlob der Bundesregierung dient. Da kann man, glaube ich, schon auch einmal relevieren, ob diese Ausgaben, die in erster Linie der Repräsentation dienen, notwen­dig sind.

Zweitens: Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit wurde ausgegliedert und sollte bis zum Jahr 2006 auf das Niveau von 0,33 Prozent des BIP angehoben werden, wobei zunächst einmal völlig klar ist, dass dieses Ziel für das Jahr 2005 mit 0,24 Pro­zent eindeutig verfehlt wird, und auch nicht klar ist, wie es im Jahr 2006 erreicht wer­den soll, weil es sich um eine beträchtliche Summe handelt. Ich bin auch schon skep­tisch angesichts der Lippenbekenntnisse der vergangenen Zeit, was die Anhebung der Mittel für Entwicklungshilfe und Entwicklungszusammenarbeit anbelangt.

Hinsichtlich der Erhöhung der Mittel für die ADA darf auch erwähnt werden, dass gleich einmal 40 Prozent davon in den Verwaltungsaufwand der ADA fließen, sodass man schon fragen darf, ob es angesichts der in Wirklichkeit stagnierenden Mittel für Ent­wicklungszusammenarbeit der Schaffung einer Agentur bedurft hat oder ob nicht die zuständige Sektion im Außenministerium diese Mittel ökonomischer hätte verwalten können. Auf jeden Fall hätte man sich den Verwaltungsmehraufwand sparen können.

Hinsichtlich der Außenpolitik sind wir gespannt, wie es gehen wird. Ich glaube, die ist in der Vergangenheit nicht immer geglückt: Stichwort „Irak-Politik“, Stichwort „Sanktio­nen“, Stichwort „Beneš-Dekrete“, Stichwort „Temelín“. Dabei wird es sicherlich die zentrale Frage sein, wie es mit der EU weitergehen wird. Nachdem jetzt die Geschichte mit der neuen Kommission wieder bereinigt ist – allerdings nicht ohne Verlust des An­sehens, aber auch unter dem positiven Blickwinkel eines mit neuem Selbstbewusstsein ausgestatteten Parlaments –, ist die Frage nach den Institutionen und nach deren Rolle für den europäischen Einigungsprozess in eine neue Phase eingetreten, insbesondere die Frage: Wie wird sich die EU-Kommission entwickeln? Wird sie ein neo-liberales Projekt werden, ein bürokratisches Projekt oder ein Instrument der Regierungen?

Kollege Einem hat ja schon angesprochen, welche Perspektive es bei dieser Kom­mission für ein soziales Europa gibt – Stichwort „Dienstleistungsrichtlinie“, Stichwort „Arbeitszeitrichtlinie“ –, denn es ist die Gefahr, dass im Bereich der Sozialpolitik die Standards in den Nationalstaaten gesenkt werden, nicht von der Hand zu weisen. Wir


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hoffen, dass wir Sie nicht nur bei den zukünftigen Bemühungen um eine Wirtschafts­union, sondern auch bei jenen um eine Sozialunion als engagierte Mitstreiterin werden gewinnen können.

Abschließend ein paar Worte zur EU-Verfassung: Diese Verfassung bringt tatsächlich mehr Entscheidungsrechte und Grundrechte für die Bürgerinnen und Bürger mit sich. Am besten wäre es, sie durch eine gesamteuropäische Volksabstimmung zu legitimie­ren – da bin ich ausnahmsweise einmal Ihrer Meinung –, obwohl es momentan recht­lich nicht durchführbar ist. Aber es wird damit die Rolle des Europäischen Parlaments gestärkt, es wird ein neues plebiszitäres Element eingeführt, nämlich die Bürgerinitia­tive, auch die Europäische Grundrechtscharta wird rechtsverbindlich, und damit wer­den auch die in ihr festgelegten Menschenrechte und Bürgerrechte individuell durch­setzbar.

Frau Bundesministerin, abschließend sei noch gesagt: Sie wurden wegen Ihrer profes­sionellen Performance mit großen Vorschusslorbeeren begrüßt, und das ist Ihnen zuzugestehen. Ich traue Ihnen auch zu, die in der Vergangenheit nicht immer frei von Ressentiments und Revisionismus geleitete Außenpolitik – insbesondere des Kabinetts Schüssel I – zu verändern, zu überwinden und zu einer neuen, friktionsfreien Außen­politik zu kommen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.25

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Groß­ruck zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.25

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich schließe mit den Vorschusslorbeeren naht­los an meinem Vorredner, Kollegen Posch, an und kann dem beipflichten. Ich glaube, dass die Frau Bundesminister die Vorschusslorbeeren nicht zu Unrecht bekommen hat und dass sie die Vorschusslorbeeren, die sie hier von allen Parteien im Parlament bekommen hat, mehr als rechtfertigen wird.

Ich sehe das, was Frau Kollegin Stoisits vorhin vorgebracht hat, eher als oppositionelle Pflichtübung an: nicht zu viel loben, das könnte ihr politisch vielleicht schaden. Sie hat hier heraußen für meine Begriffe gegen ihre politische Überzeugung gesprochen, denn jetzt herzugehen und zu kritisieren anzufangen um der Kritik willen, das war für mich sehr offensichtlich. Aber gut, es ist Ihre Sache, wie Sie damit umgehen, Frau Kollegin! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Stoisits: Widmen Sie mir bitte einmal einen Reim! Mein sehnlichster Wunsch!)

Frau Bundesministerin! Ich habe an einem kleinen persönlichen Beispiel schon Ihre Unterstützung auch für uns Parlamentarier gesehen: Ich habe vor kurzem in einem Ausschuss eine kleine Frage gestellt, und prompt habe ich von Ihnen ein paar Tage später die Antwort bekommen. Ich glaube, dass das der richtige Umgang und auch die richtige Kooperation mit den Abgeordneten ist und dass wir Ihre Unterstützung haben, aber nicht nur wir, sondern vor allem auch jene, die draußen – und ich sage das jetzt bewusst – in ihren Missionen, ob es bei der OSZE ist oder als Wahlbeobachter oder in Spezialgebieten, tätig sind. Da meine ich alle hier herinnen, und ich möchte ein herz­liches Dankeschön sagen, auch an Ihre Mannschaft und an Ihre Damenschaft im Ministerium, die uns wirklich immer bestens unterstützen. Wir brauchen das, um auch unsere Arbeit bewältigen zu können.

Ich bedanke mich aber auch – und das sage ich ganz deutlich – bei Ihren Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Ich will nur drei Beispiele nennen, die mir vom Balkan her be­kannt sind, und zwar Botschafter Porias in Belgrad, Rennau in Albanien und Dr. Jandl


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in Sarajewo, alle drei hervorragende Vertreter – die anderen kenne ich nicht –, die ihren Job wirklich bestens machen, die ein hervorragendes Standing haben, die akzep­tiert werden – das sieht man auch im Umgang mit den offiziellen Stellen – und die vor allem für Österreich beste Werbung machen.

Wir haben eine gute Connection, wir haben ein gutes Standing in diesen Balkanvöl­kern. Das ist historisch bedingt, das ist aber auch bedingt durch die Art und Weise, wie wir die Probleme lösen wollen: nicht als Kommissare, so wie viele andere Länder hin­kommen und glauben, sie müssen den Leuten anschaffen, wie es geht, sondern ver­ständnisvoll, einfühlsam für die Probleme und lösungsbewusst. Ich glaube, dass das unser Zugang ist und dass uns das ganz besonders dazu auszeichnet, gerade auch in diesen Gebieten aktiv zu werden, nicht nur für diese Länder, sondern auch im eigenen Interesse, sodass wir vor der Haustür gute Nachbarn und gute Freunde haben und diese auch auf ihrem Weg nach Europa unterstützen. Ich glaube, das ist ein ganz we­sentlicher Punkt und ein ganz wesentliches Ziel, und daran wollen wir weiterarbeiten. (Beifall bei der ÖVP.)

Frau Bundesministerin! Wie immer ein eineinhalbfacher Vierzeiler zum Schluss, der für Sie gilt:

Nachdem auf Wunsch von Wolfgang Schüssel

Benita ging hinaus nach Brüssel,

regiert, mit Lorbeeren vorbeschusst,

Ursula sehr selbstbewusst.

Die Größte ist sie auf der Welt,

die viele in den Schatten stellt.

(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.28

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Abgeordneter Dr. Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.28

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­terin! Geschätzte Damen und Herren! Zuerst möchte auch ich für die hervorragende Arbeit danken, die im Außenamt geleistet wird, und der Frau Bundesminister viel Erfolg wünschen, weil tatsächlich eine sehr spannende Zeit gegeben ist und weil viele Ent­wicklungen, die heute schon erkennbar sind, sehr großen Einsatzes bedürfen, ob das in Nahost ist, ob das in der Frage des Balkans ist oder ob das in anderen Regionen, die sehr sensibel und unruhig geworden sind, ist. Ich möchte auch herausstreichen, dass es gut ist, dass wir zwei neue Botschaften errichten, und zwar in Malta und in Zypern. Ich halte es für richtig, dass man allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union seine Präsenz zeigt.

Aber wenn neben dieser generellen Außenpolitik ein Schwerpunkt gesetzt werden soll, dann wünsche ich mir, dass er in der Nachbarschaftspolitik gesetzt wird. Allerdings soll Nachbarschaftspolitik etwas anders betrieben werden, als es in der Vergangenheit geschah. Wenn ich immer wieder höre, wie großartig die Regionale Partnerschaft oder die Strategische Partnerschaft sein soll, die politisch auch immer wieder herausgestri­chen wird, so muss ich sagen: Sie ist anfänglich gar nicht so gut aufgenommen wor­den, weil sie mit einem fast neohabsburgischen Gehaben begonnen wurde.

Es haben sich viele davon distanziert, zum Beispiel Václav Klaus, als er meinte, es gebe viele Initiativen ohne Inhalt, oder der polnische Vertreter, als er ein wenig über-


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rascht davon war, dass hier etwas geschaffen werden soll, was so etwas wie eine neue Blockbildung bedeutet. Das war anfänglich auch eher so gedacht, sonst hätte wohl Frau Bundesminister Ferrero-Waldner die Stimmen dieser Länder nicht immer wieder zusammengezählt und der Zahl der Stimmen großer Länder wie Großbritannien, Deutschland oder Italien gegenübergestellt. Das ist meiner Auffassung nach ein völlig falscher Zugang. Daher glaube ich, dass es für Sie, Frau Bundesminister, wichtig ist, wirklich als Partner dieser Länder zu beginnen. Die Regionale Partnerschaft ist wichtig, aber es müssen die Zielvorstellungen klar definiert sein, und die Ziele müssen gemein­sam verfolgt werden.

Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Regionale Partnerschaft auf eine neue Zusam­menarbeitsebene zu stellen. Schließlich ist die EU-Erweiterung für Österreich und für ganz Europa von besonderer Bedeutung, wobei Österreich auf Grund seiner geostrate­gischen Lage und aus der historischen Vertrautheit heraus in eine Position gerückt ist, die viel für die Zukunft verspricht. Ich bin überzeugt davon, dass wir schon bewiesen haben, dass wir großartig reagiert und auch die Chance in den letzten Jahren gut genützt haben.

In Zukunft geht es darum, dass wir uns immer mehr als Partner verstehen, so wie wir das zum Beispiel in unseren Euregios tun, die wir gebildet haben, in denen wie selbst­verständlich die Themen gemeinsam angesprochen werden und in den jeweiligen Re­gionen auch gemeinsam verfolgt werden.

In diesem Sinne wünsche ich mir dieses andere Vorgehen, und ich bedanke mich schon im Vorhinein dafür, wenn das tatsächlich auch so erfolgt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.32

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Dr. Brader zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.32

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Es ist heute schon gesagt worden, und weil es so gut klingt, wiederhole ich es gerne: Die Mittel für das Bundesministerium für auswärtige Angele­genheiten wurden deutlich aufgestockt. Das freut mich, und ganz besonders begrüße ich die Budgetansätze für die Entwicklungszusammenarbeit und die Osthilfe.

Ich glaube, in einer Welt, die immer enger und vernetzter wird, ist eine effiziente Ent­wicklungszusammenarbeit einfach notwendiger denn je, weil Frieden, Freiheit und Si­cherheit noch nie so gefährdet waren wie jetzt. Wirtschaftliche und soziale Unsicherheit sind der ideale Nährboden für Terrorismus, Krieg und Flüchtlingsströme. Wenn man bedenkt, dass die Hälfte der Weltbevölkerung mit weniger als 2 € pro Tag auskommen muss und dass über 20 000 Menschen täglich an den Folgen des Hungers sterben, so wird deutlich, wie groß unser Handlungsbedarf ist.

Natürlich ist es so – und das ist mir vollkommen bewusst –, dass wir mit unseren Mit­teln nicht alles Elend aus der Welt schaffen können. Ich begrüße es daher sehr, dass wir uns in Bezug auf die Entwicklungszusammenarbeit auf einige wenige Schwerpunkt­regionen konzentrieren.

Aus aktuellem Anlass möchte ich ganz besonders auf unsere Sonderprogramme in Palästina hinweisen. Der Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage im Gaza-Streifen und die Finanzierung eines Zentrums für chronische Krankheiten sind nur einige unse­rer Aktivitäten in dieser so schwer geprüften Region. Als ich anlässlich der Wahl von Arafat zum palästinensischen Präsidenten als Wahlbeobachter in Gaza war, konnte ich mir vor Ort ein Bild von dieser Situation machen. Ich bin für diesen Einsatz noch heute


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sehr dankbar, vor allem weil ich erfahren durfte, welch hohes Ansehen Österreich in dieser Region genießt.

Ich bin überzeugt davon, dass in der Amtszeit unserer neuen Ministerin dieses Anse­hen noch gesteigert werden wird, und wünsche ihr alles Gute. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.35

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Ing. Gart­lehner zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 


18.35

Abgeordneter Ing. Kurt Gartlehner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätz­te Frau Bundesministerin, ich kann zwar nicht mit einem so tollen Vierzeiler wie Kollege Großruck aufwarten, aber ich habe eine Bitte an Sie. Ich glaube – wie heute von einigen Vorrednern schon angesprochen –, dass die österreichische Außenpolitik wie­der aktiver die Nahostpolitik mit beeinflussen kann und soll. Ich glaube, Österreich hat von der Vergangenheit her historische Verdienste vorzuweisen aus dem Prozess um das palästinensische Volk und die Entwicklung der PLO weg vom Terrorismus hin zu einem eigenständigen Volk mit dem Anspruch auf einen eigenständigen Staat, der inzwischen auch schon anerkannt wird. Jetzt wäre, glaube ich, wieder ein historischer Augenblick, in dem Österreich sich stark und engagiert einbringen könnte, und das wäre – Kollege Brader hat es erwähnt – auch eine große Chance für die neuen Außen­ministerin, sich weiterhin zu profilieren und sich ein starkes Profil zu verleihen.

Darüber hinaus wird es, glaube ich, eine sehr wichtige Aufgabe sein – oder sollte es eine wichtige Aufgabe sein –, dass die österreichische Außenpolitik sehr sensibel und aufmerksam den Erweiterungsprozess begleitet, der wirklich ein historischer Prozess sein soll und in einigen Jahren zu einem guten Ende gebracht werden soll. Einige mei­ner Vorredner haben das schon angesprochen, zum Beispiel Caspar Einem: Es muss dieser Erweiterungsprozess so ablaufen, dass die Menschen etwas davon haben und dass sie einen konkreten Nutzen daraus ziehen.

Man ist im Augenblick nicht überall davon überzeugt, dass die EU-Erweiterung in den neuen Beitrittsländern – aber auch in den Kandidatenländern für die nächsten Erweite­rungsschritte – entsprechend erfolgreich verläuft. Man sieht gerade bei den jüngsten Regionalwahlen in Tschechien eine dramatische Demokratieverweigerung: Man erwar­tet sich eigentlich nichts. 30 Prozent Wahlbeteiligung sind natürlich eine Katastrophe für eine junge Demokratie.

Ich glaube, es ist die Aufgabe der alten europäischen Demokratien, dafür Sorge zu tra­gen, dass der Prozess der EU-Erweiterung ein Erfolgsprozess für die Menschen in allen EU-Mitgliedstaaten, also auch für jene in den Erweiterungsländern, wird und nicht zu Lasten der Menschen in den Erweiterungsländern sowie zu Lasten der arbeitenden Menschen in den alten Demokratien geht. Mit einem Wort: Es muss ein wirklich aus­geglichenes gemeinsames Interesse geben derjenigen, die die Investitionspolitik in diesen Ländern machen, also der Konzerne, aber auch jener Menschen, die die Opfer dieser Rationalisierungsprozesse und Reformprozesse sind, die dort im großen Stil und im großen Umfang abgehen und ablaufen. Daher ist es, glaube ich, notwendig, ein sehr wachsames Auge auf die Entwicklung in den neuen EU-Mitgliedsländern zu haben.

In diesem Sinne wünsche auch ich Ihnen, Frau Bundesministerin, alles Gute und viel Erfolg bei Ihrer neuen Tätigkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

 


18.39


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felz­mann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.39

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministe­rin! Hohes Haus! Diese Bundesregierung hat für das Jahr 2004 das höchste EZA-Bud­get aller Zeiten umgesetzt, und wir haben heute schon gehört, wie sich dieses Budget in naher Zukunft sehr gut und positiv fortschreiben wird. Auch die Einsetzung der ADA ist sicherlich ein sehr effizienter Schritt auf dem Weg, die im Lissabon-Prozess definier­ten 0,33 Prozent des BIP für die Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen. Wir haben heute schon sehr viel von Prozenten und Zahlen gesprochen. Das, was ich Ihnen heute mitgeben möchte, ist ein Beispiel für den Einsatz von EZA-Mitteln.

Konkret geht es da um ein Projekt in Afrika – auch Kollegin Baier hat dieses Thema an­gesprochen, als sie meinte, dass die Kooperation mit Afrika sehr bedeutend ist –, und zwar trägt dieses Projekt den Titel „Tonga.Online“. „Tonga.Online“ ist ein transversales Medien- und Kommunikationsprojekt mit Fokus auf die einzigartige, aber leider be­drohte Kultur des Tongavolkes im Grenzgebiet von Zimbabwe und Sambia.

Was wurde dort geschaffen? – Mit Hilfe von Internet wurde eine Brücke hergestellt, sozusagen ein Fenster geöffnet von der Region Tonga in die weite Welt und damit der Blick auf dieses Volk und seine Kultur ermöglicht. In deren Schulen wurden verschie­dene Computerstationen installiert, die jetzt eine dauerhafte Verbindung mit diesem Volk herstellen. Das heißt, über die Kultur, über die Kunst in Verbindung mit Bildung wurde da ein bemerkenswertes, bilaterales Projekt zustande gebracht.

Es sind da zwei unterschiedliche Kulturkreise verbunden. Das soll dazu beitragen, den Menschen die Angst voreinander zu nehmen, die deshalb vorhanden ist, weil man einander nicht kennt. So ist unter anderem auch eine Schule in Linz eingebunden. Die Schüler und Schülerinnen dort lernen über die Lebensbedingungen von Tonga und verkaufen für die Tonga-Frauen Körbe in Österreich.

Neben diesem guten Vorzeigeprojekt möchte ich mich noch kurz auf die Ausführungen der Kollegin Bayr beziehen. Sie hat einen Wunsch ausgesprochen im Hinblick auf die Errichtung einer Diskussionsplattform zwischen den Mitgliedern der EU und Afrika. Die­se gibt es bereits. Euromed ist die Plattform, wo auf der einen Seite die Parlamente der EU und das Europäische Parlament und auf der anderen Seite die Länder des Mittel­meerraumes eingebunden sind. Dies ist die einzige Diskussionsplattform, auf der auch Israel und Palästina einander treffen. Die Diskussionen auf dieser Plattform sind nicht nur sehr interessant, sondern sie dienen auch dazu, dass auf der wirtschaftlichen und auf der kulturellen Ebene gute Verbindungen zwischen den Abgeordneten hergestellt werden. Es geht auch um Fragen internationaler Sicherheit.

Sie sehen, das Budget, die Themen, unsere Projekte sind auf einem guten Weg. Sie können, denke ich, der Regierung und auch der Arbeit unserer neuen Außenministerin trauen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort gemeldet. – Frau Abgeordnete, Sie kennen die Geschäftsordnung: 2 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.42

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Die Frau Kollegin Felz­mann hat soeben gesagt, das sei das höchste EZA-Budget, das es jemals gegeben hat.


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84. Sitzung / Seite 163

Ich berichtige tatsächlich: Dieses EZA-Budget ist prozentuell nicht das höchste, das es je gegeben hat – prozentuell zum BIP war es zum Beispiel in den achtziger Jahren höher –, und in realen Zahlen ist es nur deshalb höher, weil jetzt die Ausgaben für die Ostzusammenarbeit dazugerechnet werden. Die Ausgaben für die Südzusammenar­beit allein waren noch nie höher. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fasslabend: Da­durch ist es noch höher! – Abg. Neugebauer: Real ist es höher!)

18.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zum Wort gelangt Frau Abgeord­nete Mag. Muttonen. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


18.43

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte einige Anmerkungen zur Auslandskulturpolitik und zum Bud­get machen.

Der Bundesvoranschlag 2005 ist nicht wirklich aufschlussreich, was detaillierte Infor­mation zur Auslandskulturpolitik betrifft. So ist zum Beispiel nicht nachvollziehbar, wie hoch die Budgets der einzelnen Kulturforen oder auch die Mietkosten oder Perso­nalkosten der einzelnen Standorte sind. Es ist auch schwer nachvollziehbar, wo aktuell die kulturellen Schwerpunkte der einzelnen Kulturforen und Botschaften liegen und wofür die zur Verfügung gestellten Gelder verwendet werden. Spannend wäre es, in diesem Zusammenhang zu erfahren, ob es allen Kulturforen und Botschaften gleicher­maßen gut gelingt, das zeitgenössische Österreichbild in der Welt zu vermitteln.

Ein Spezialfall unter den Kulturforen sowohl im Hinblick auf Innovation als auch im Hin­blick auf Mitteleinsatz ist sicherlich das Kulturforum New York, 2002 eröffnet. Es han­delt sich dabei um ein wirklich außergewöhnliches und beeindruckendes Bauwerk, das mittlerweile in die Liste der 30 künftigen Landmarks der Stadt aufgenommen wurde. Leider haftet diesem Landmark, wie Sie wissen, ein Makel an, denn zu wenig Umsicht und auch Aufsicht Ihrer Vorgängerin, Frau Ministerin, haben dazu geführt, dass die Baukosten des Kulturforums enorm explodiert sind – von geplanten 23,9 Millionen $ auf geschätzte 34 Millionen € –, und jetzt, im November 2004, liegt noch immer keine Endabrechnung vor, oder wir wissen nicht davon. Es liegt offensichtlich noch keine Endabrechnung der gesamten Errichtungskosten seitens der BIG vor. Ich glaube, dass man zwei Jahre nach der Eröffnung endlich eine Endabrechnung haben sollte, noch dazu, da sich daraus auch die Miete ergibt, die das Außenamt der BIG zu bezahlen hat.

Interessant wäre auch eine Klärung der Frage, ob das Gebäude Kulturforum New York tatsächlich, wie medial berichtet, an die Oesterreichische Nationalbank verkauft wer­den soll. Da drängen sich zahlreiche Fragen auf, die einfach beantwortet werden müssten.

Meine Damen und Herren! Wir haben vor wenigen Tagen – vor zwei Tagen, glaube ich – den Außenpolitischen Bericht 2003 übermittelt bekommen. Darin sind auch die Aktivitäten zur Auslandskultur dargestellt, allerdings war die Suche nach der Höhe des operativen Kulturbudgets 2003 sehr schwierig. Das war eher eine detektivische Aufga­be, und es ist nicht gelungen, im Bericht 2003 die notwendigen Daten aufgeschlüsselt zu finden. Da erwarte ich mir eine bessere Darstellung; wie im Bericht 2002.

Für 2005 ist das Budget ja angeblich erhöht worden. Es gibt allerdings Gerüchte um eine bevorstehende dreiprozentige Ausgabenbindung, was die Zahlen etwas relativie­ren würde.


Nationalrat, XXII.GP
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84. Sitzung / Seite 164

Frau Ministerin, ich ersuche Sie, was die Auslandskulturpolitik betrifft, um Verbesserun­gen, vor allem im budgetären Bereich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.47

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Böhm. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.47

Abgeordneter Franz Xaver Böhm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehr­te Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Gründung der Regionalen Partnerschaft mit den ehemaligen EU-Beitrittskandidaten Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn sowie mit dem kulturellen Nachbarn Polen ging auf eine Initiative von Dr. Be­nita Ferrero-Waldner zurück, die am 6. Juni 2001 die Außenminister der Partnerstaaten in die Wiener Hofburg zu einem ersten Treffen einlud. Sie wollte durch Bündelung der spezifischen Potentiale gemeinsame Vorteile erzielen, ohne jemanden auszugrenzen oder benachteiligen zu wollen.

Ziel dieser Initiative war es, durch eine gezielte Vertiefung der Zusammenarbeit in den­jenigen Bereichen, welche für die damals bevorstehende Erweiterung der EU von besonderer Bedeutung waren, ohne Schaffung neuer Strukturen eine neue Regionale Partnerschaft zu bilden. Die vor mehr als drei Jahren initiierte Regionale Partnerschaft darf heute schon als ein echter Erfolg betrachtet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Konzept der Regionalen Partnerschaften wird immer mehr von den Partnern nicht nur akzeptiert, sondern auch angewendet, vor allem bei der gemeinsamen Definition von Interessen, insbesondere der Kooperation im Bereich der inneren Sicherheit, der gemischte Grenzkommissionen, der Konsularkonsultationen sowie der Zusammenar­beit auf den Gebieten Kultur, Hochtechnologie und Infrastruktur.

Wir bekennen uns natürlich auch dazu, dass wir in der Regionalpolitik in der Grenz­region etwas investieren müssen: in die Kriminalitätsbekämpfung, in die gemeinsame Sicherheit, die uns allen am Herzen liegt, in bessere Umweltstandards, in soziale Ko­häsion, in den Zusammenhalt in diesem neuen Europa. Das wird nicht so einfach sein, denn die Unterschiede wurden ja durch die Erweiterung zunächst größer, als sie heute in manchen Bereichen sind.

Lassen Sie mich bitte kurz einen Bericht übermitteln, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie die Wirtschaft, verbunden mit einer sinnvollen Außenpolitik, in Bezug auf die Regionalpolitik Auswirkungen haben kann. Ich nehme einen Bericht aus der „Tiroler Tageszeitung“ von dieser Woche. „Top-Ränge bei Jobs für Tirol und Südtirol“ lautet die Überschrift. Ich lese: „Südtirol hatte im Vorjahr mit nur 2 Prozent die niedrigste Arbeits­losenquote der gesamten EU. Auf Platz 2 liegt Salbzug mit 2,3 Prozent Arbeitslosen, gefolgt von Tirol und der holländischen Region Zeeland mit 2,5 Prozent. Bei der Frau­enarbeitslosigkeit hat Salzburg die Spitzenposition alleine (2,3 Prozent), Tirol kommt hier mit 2,6 Prozent auf Platz vier.“

Da sieht man die wunderbare Vernetzung einer gut funktionierenden Region zusam­men mit der Wirtschaft, verbunden mit der entsprechenden Außenpolitik. Ich möchte der Wirtschaft noch einmal danken, die in wenigen Jahren seit dem Fall des Eisernen Vorhangs aus dieser Öffnung der Grenze eine unglaubliche Erfolgsgeschichte gemacht hat. Die Exporte und die Importe, vorwiegend in die neuen EU-Staaten, sind nahezu verdreifacht worden.

Es liegt in unserer Hand, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir aus die­sem europäischen Einigungsprozess für die Zukunft genau jene Chancen nützen, die drinnen liegen, nämlich Chancen für unser Land. (Beifall bei der ÖVP.)

 


18.50


Nationalrat, XXII.GP
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84. Sitzung / Seite 165

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. Herr Abgeordneter, Sie haben 3 Minuten Gesamtrestredezeit für die SPÖ. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.50

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Im Rahmen dieser Budgetdebatte zum Bereich Außenpolitik möchte ich auf Grund der Kürze der Zeit, die mir nur mehr zur Verfügung steht, nur einen Punkt ansprechen, wo ich glaube, dass die österreichische Außenpolitik in der nächsten Zeit wesentlich akti­ver werden sollte, als dies in den letzten Jahren der Fall war. Es ist dies die Situation in jenen Staaten südöstlich Europas, die größtenteils durch den Zerfall der Sowjetunion entstanden sind und die seitdem nicht zur Ruhe gekommen sind.

Hohes Haus! Ich hatte Anfang dieses Jahres die Möglichkeit, als Wahlbeobachter der OSZE die Wahlen in Georgien mitzuerleben. Ich habe die tiefe Armut und das Elend vor allem der ländlichen Bevölkerung Georgiens gesehen. In vielen Gesprächen habe ich mich davon überzeugen können, dass die Menschen dieser Region große Hoff­nungen daran knüpfen, dass ihnen die Europäische Union dabei hilft, dass ihr Elend erleichtert wird.

Deshalb bin ich überzeugt davon, dass die heute vorhandenen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Land und auch in seinen Nachbarstaaten ein Vorbote jener Probleme sind, denen sich die EU in den nächsten Jahren stellen muss und denen selbstverständlich auch wir in Österreich uns stellen müssen. Wir müssen einfach, sehr geehrte Damen und Herren, für eine friedliche, sozial halbwegs erträgliche Entwicklung dieser Region arbeiten und Lösungen finden.

Sehr geehrte Frau Ministerin, eine aktive österreichische Außenpolitik kann ihren Teil dazu beitragen – und darum ersuche ich Sie! (Beifall bei der SPÖ.)

18.53

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeord­neter Ledolter. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.53

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Außen­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Anknüpfend an die Ausführungen des Kollegen Heinzl möchte ich nur feststellen, dass mit dem hier vorlie­genden Budget und der 10-prozentigen Erhöhung, die darin enthalten ist, eine ausge­zeichnete Grundlage gegeben ist, um genau diese Art von Politik zu machen, wie sie unter der Vorgängerin Benita Ferrero-Waldner begonnen wurde und wie sie unter Ursula Plassnik fortgesetzt werden wird.

Da hier fälschlicherweise immer wieder von „Vorschusslorbeeren“ die Rede ist, möchte ich auch das einmal klarstellen: Es ist eine berechtigte Erwartungshaltung, die zur Kenntnis nimmt, dass hier sehr viel Kompetenz und Erfahrung gegeben ist, und ein fulminanter Start, wie Sie ihn hingelegt haben, Frau Ministerin, stellt das unter Beweis. Herzlichen Glückwunsch und Gratulation zu diesem Beginn Ihrer Tätigkeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wie wichtig aber diese Kontinuität und die Anerkennung, die die österreichische Außenpolitik in der Welt hat, sind, konnte ich erst unlängst anlässlich eines Wahlmoni­toringaufenthaltes in der Ukraine zur Kenntnis nehmen und erfahren. Darauf näher ein­zugehen, wäre natürlich verlockend, ist aber auf Grund der Kürze der Zeit nicht mög­lich. Dort ist auch eine selbstbestimmte und selbstbewusste Nation unterwegs, die nach Orientierung sucht und die durchaus für positive Signale aus dem europäischen Raum empfänglich ist.


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84. Sitzung / Seite 166

Ich meine, dass es auch gut ist, einen Satz noch zur Frage des Beitritts der Türkei zur EU zu sagen. Entgegen dem Zickzackkurs, meine Damen und Herren, der von Seiten der Sozialdemokratie gefahren wird – Gusenbauer sagt ja, Cap sagt nein, Häupl sagt wieder ja, Darabos sagt wieder nein –, wodurch die Menschen verunsichert und irritiert werden, ist es an uns, eine klare und verlässliche Leitlinie vorzugeben und ergebnis­offene Verhandlungen zu führen, die nicht automatisch in einem Beitritt enden.

Die Aufgabe, den Menschen die Sorge zu nehmen, wird Ursula Plassnik wahrnehmen, und ich bin zuversichtlich, denn es ist eine gute österreichische Tradition, mit allen zu reden und zu verhandeln. Diesen Weg werden wir auch weitergehen – zum Wohle die­ses Landes und auch seiner Menschen! (Beifall bei der ÖVP.)

18.56

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als vorerst Letzter gelangt Herr Abgeordneter Murauer zu Wort. Herr Abgeordneter, Sie haben 2 Minuten Redezeit angegeben; Ihre Fraktion hat 3 Minuten Restredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.56

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Las­sen Sie mich als Wehrsprecher abschließend in aller Kürze darauf aufmerksam ma­chen, dass es zwischen Außenpolitik und Verteidigungspolitik natürlich viele Zusam­menhänge und Verbindungen gibt.

Frau Außenministerin, Sie haben in Ihren Erklärungen den Schwerpunkt am Balkan gesehen, Sie haben den Schwerpunkt in Südosteuropa gesehen und haben gesagt, dass da in der unmittelbaren Nachbarschaft einer Ihrer besonderen Akzente zu sehen ist. Dies gilt natürlich genauso für die Landesverteidigung, die dort in dieser Region 300 und 600 Soldaten stationiert hat und mit CIMIC einen Beitrag leistet, der eine be­sonders sympathische Visitenkarte unseres Landes darstellt.

Solana weist darauf hin, dass mit allen Mitteln und Institutionen die Sicherheitspolitik gesehen werden muss. Ich darf darauf verweisen, dass wir in Österreich selbstver­ständlich viele, viele Fähigkeiten haben – wirtschaftliche und rechtsstaatliche Unterstüt­zungen, Menschenrechte, Demokratie und diplomatische Ressourcen –, die wir einset­zen können, und ich bin zuversichtlich, dass Sie, Frau Bundesministerin, das auch in entsprechender Form machen werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich sehe das anders als einer meiner Vorredner heute, nämlich Dr. Einem, der gemeint hat, dass die militärischen Mittel zu vernachlässigen seien. Ich meine, in letzter Kon­sequenz brauchen wir auch militärische Mittel, um Interessen, Frieden, Freiheit, Demo­kratie und Menschenrechte durchsetzen zu können.

Frau Bundesministerin, Sie haben uns mit Ihrem Start und mit der heutigen Erklärung wissen lassen – und wir kennen Sie ja schon über viele Jahre –, dass Sie weiterhin die beste Außenpolitik für und mit Österreich machen werden. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.58

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. (Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.) – Ich ersuche um Aufmerksamkeit!

Wünscht der Herr Spezialberichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Somit kommen wir zur Abstimmung über die Beratungsgruppe III des Bundesvoran­schlages 2005.


Nationalrat, XXII.GP
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84. Sitzung / Seite 167

Diese umfasst das Kapitel 20 des Bundesvoranschlages in 650 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 466/A (E) und 467/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2302/J bis 2312/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Dienstag, den 16. November 2004, 10 Uhr, mit folgender Tagesordnung ein:

Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (650 der Beilagen): Bun­desfinanzgesetz 2005 samt Anlagen (670 der Beilagen).

Zur Beratung kommen: Beratungsgruppe VI: Bildung, Wissenschaft und Kultur, Bera­tungsgruppe IX: Wirtschaft und Arbeit, und Beratungsgruppe IV: Inneres.

In dieser Sitzung findet keine Fragestunde statt.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 19 Uhr

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