Stenographisches Protokoll

96. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 2. März 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

96. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                       Mittwoch, 2. März 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 2. März 2005: 10.00 – 23.35 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betref­fend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2006 samt Anlagen

2. Punkt: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über eine Ver­fassung für Europa

3. Punkt: Bericht über den Antrag 511/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Klaus Witt­auer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umwelt­verträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden

4. Punkt: Bericht über den Antrag 512/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Position Österreichs zum Schutz von Walen und Delfinen bei den Vertragsstaa­tenkonferenzen des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfanges (ICRW) und in anderen Gremien

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (7. Führerscheingesetz-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung geändert werden

6. Punkt: Bericht über den Antrag 494/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Spindel­egger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2005

7. Punkt: Bericht über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nominierung des israelisch-palästinensischen „Parents’ Circle“ für den Friedensnobelpreis 2005

8. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Tschechischen Republik über die Beschäftigung in Grenzzonen

9. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweite­rung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Vertretung der Republik Malta durch österreichische Vertretungsbehörden hinsicht­lich der Erteilung von Visa zur Durchreise und zum kurzfristigen Aufenthalt


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96. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt Anhang

12. Punkt: Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten samt Anhängen

13. Punkt: Bericht über den Antrag 515/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000 geändert wird

14. Punkt: Bericht über den Siebenundzwanzigsten Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2003)

15. Punkt: Bericht über den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über Teil­gebiete der Gebarung des Bundes

16. Punkt: Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Architek­turpolitik und Baukultur in Österreich“

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (497/A)

18. Punkt: Wahl einer Ordnerin/eines Ordners

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Inhalt

Nationalrat

18. Punkt: Wahl einer Ordnerin/eines Ordners ........................................................... 236

Wahlergebnis:

Ordner: Detlev Neudeck ............................................................................................. 236

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Ordnungsrufe ......................................................................................................  122, 197

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwor­tung 2327/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 23

Ersuchen des Abgeordneten Karl Öllinger, die Anwesenheit der Bundesminis­terin Mag. Karin Miklautsch abzuwarten ................................................................................................................... 107

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung         107

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 107

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ............................................................... 110

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 112

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 113

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 114

Dr. Kurt Grünewald .................................................................................................... 115


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96. Sitzung / Seite 3

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen, dem Sport­ausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 523/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Erstattung eines schriftlichen Berichtes an den Nationalrat über die Vorgänge rund um den geplanten Stadionbau in Klagenfurt, die politischen Verantwortlichkeiten für ein mögliches Scheitern des Projektes und die Auswirkungen auf die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2008 durch Österreich und die Schweiz gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen      ............................................................................................................................... 23

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 23

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 117

Peter Haubner ............................................................................................................. 120

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 121

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ....................................................................... 123

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 125

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 126

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 127

Antrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz, BGBl. 183/1947, geändert wird, ge­mäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen .......................... 24

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 24

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 128

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 131

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 132

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 133

Karl Öllinger ................................................................................................................ 134

Ablehnung des Fristsetzungsantrages ........................................................................ 135

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Aus­schussberichte 827 und 826 d.B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung .......................................................................... 24

Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Geschäftsordnung, die Regierungsvorlage betref­fend das Bundesfinanzgesetz 2006 samt Anlagen (830 d.B.) in erste Lesung zu nehmen – Annahme       26, 26

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 26

Antrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung über die im Zusammen­hang mit dem Vergabeverfahren zum Bau des EM-Stadions Klagenfurt erhobe­nen Vorwürfe gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung                    236

Bekanntgabe ................................................................................................................... 46

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kur­zen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 46


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96. Sitzung / Seite 4

Redner:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 238

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................. 241

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 242

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 244

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 245

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 246

Unterbrechung der Sitzung ........................................................................................ 107

Ersuchen des Abgeordneten Heinz Gradwohl auf Erteilung eines Ordnungs­rufes                        123

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung auf Grund der Ausführungen von Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka zu Tagesordnungspunkt 5:

Peter Schieder ............................................................................................................ 148

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 149

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 149

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 23

Ausschüsse

Zuweisungen .........................................................................................................  24, 236

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Dr. Peter Pilz ........................................................................ 25

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2006 samt Anlagen – Beschluss auf erste Lesung  27, 26

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (789 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über eine Verfassung für Europa (820 d.B.)     ............................................................................................................................... 41

Redner/Rednerinnen:

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 41

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 43

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 44

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 46

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 48

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 49

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 51

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 52

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 54

Michaela Sburny ........................................................................................................... 55

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 56

3. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 511/A der Abgeord­neten Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein


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96. Sitzung / Seite 5

Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden (827 d.B.) ........................................................................................................................ 57

Redner/Rednerinnen:

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 57

Karlheinz Kopf .............................................................................................................. 59

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 60

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 62

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ........................................................................ 63

Staatssekretär Mag. Karl Schweitzer ......................................................................... 66

Anita Fleckl ................................................................................................................... 67

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 69

Heidemarie Rest-Hinterseer ....................................................................................... 70

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 72

Mag. Johann Moser ..................................................................................................... 73

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 74

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 75

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 77

Anton Heinzl ................................................................................................................. 78

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ............................................................................................. 80

Walter Schopf ............................................................................................................... 81

Gerhard Steier .............................................................................................................. 81

Erika Scharer ................................................................................................................ 82

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 83

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 85

4. Punkt: Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 512/A (E) der Abge­ordneten Dr. Eva Glawischnig, Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Position Österreichs zum Schutz von Walen und Delfinen bei den Vertragsstaatenkonferenzen des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfanges (ICRW) und in anderen Gremien (826 d.B.)    ............................................................................................................................... 85

Redner/Rednerinnen:

Norbert Sieber .............................................................................................................. 86

Petra Bayr ..................................................................................................................... 87

Mag. Herbert Haupt ...................................................................................................... 88

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 88

Katharina Pfeffer .......................................................................................................... 89

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 826 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Position Österreichs zum Schutz von Walen und Delfi­nen bei den Vertragsstaatenkonferenzen des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfanges (ICRW) und in anderen Gremien (E 89)           ............................................................................................................................... 90

5. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (794 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (7. Führerscheinge­setz-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung geändert werden (817 d.B.) ........................................................................................................................ 90

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ..............................................................................................................  90, 151

Werner Miedl ................................................................................................................. 92

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 93

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 95

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 99

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 102

Franz Glaser ................................................................................................................ 103


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96. Sitzung / Seite 6

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 104

Dr. Gabriela Moser (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 106

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 106

Gabriele Binder .......................................................................................................... 136

Christoph Kainz .......................................................................................................... 136

Peter Marizzi ............................................................................................................... 138

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 139

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 139

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ............................................................................... 140

Petra Bayr ................................................................................................................... 141

Peter Haubner ............................................................................................................. 143

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 144

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ............................................................  145, 147

Kurt Eder (tatsächliche Berichtigung) ......................................................................... 146

Anton Doppler ............................................................................................................ 147

Astrid Stadler .............................................................................................................. 149

August Wöginger ....................................................................................................... 150

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend sachgerechte Erweiterung und regelmäßige Evaluierung
des von den Regierungsfraktionen vorgesehenen „Schmalspur-Punkteführer­scheins“
 – Ablehnung       105, 152

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 151

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 494/A (E) der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobel­preis 2005 (804 d.B.) ........................................... 152

7. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nominierung des israelisch-palästinensischen „Parents’ Circle“ für den Friedens­nobelpreis 2005 (805 d.B.) ..................................... 152

Redner/Rednerinnen:

Peter Schieder ............................................................................................................ 152

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 153

Mag. Ulrike Lunacek .........................................................................................  154, 160

Dr. Reinhard Eugen Bösch ....................................................................................... 155

Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik .................................................................... 156

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 156

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 157

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 158

Johann Ledolter ......................................................................................................... 159

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 804 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobel­preis 2005 (E 90) ............................. 160

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 805 d.B. ..................................................... 161

Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (688 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich


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96. Sitzung / Seite 7

und der Regierung der Tschechischen Republik über die Beschäftigung in Grenz­zonen (801 d.B.) ..................................................................... 161

9. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (689 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitneh­mern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse (802 d.B.)             ............................................................................................................................. 161

10. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvor­lage (628 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Vertretung der Republik Malta durch österreichische Vertretungs­behörden hinsichtlich der Erteilung von Visa zur Durchreise und zum kurzfristigen Aufenthalt (800 d.B.) ..................................................................................................... 161

11. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (705 d.B.): Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt Anhang (803 d.B.) ....................... 161

12. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungs­vorlage (609 d.B.): Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten samt Anhängen (799 d.B.)      ............................................................................................................................. 161

Redner/Rednerinnen:

Dr. Michael Spindelegger .......................................................................................... 161

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 162

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 163

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 165

Karl Donabauer .......................................................................................................... 166

Dkfm. Dr. Hannes Bauer ........................................................................................... 167

Maximilian Walch ....................................................................................................... 168

Walter Murauer ........................................................................................................... 169

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 170

Ing. Hermann Schultes .............................................................................................. 170

Carina Felzmann ........................................................................................................ 171

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 172

Genehmigung der fünf Staatsverträge in 801, 802, 800, 803 und 799 d.B. ................. 172

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 803 d.B. ......... 173

13. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 515/A der Ab­geordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000 geändert wird (821 d.B.) ................................ 174

Redner/Rednerinnen:

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 174

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 175

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 176

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 177

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 178

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 179

Michael Praßl .............................................................................................................. 180

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 181

Walter Murauer ........................................................................................................... 182


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96. Sitzung / Seite 8

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die EU-Richtlinie zur Patentierung computerimple­mentierter Erfindungen – Ablehnung  181, 183

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 183

14. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Siebenundzwanzigs­ten Bericht (III-79 d.B.) der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2003) (822 d.B.) .............................. 183

Redner/Rednerinnen:

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 183

Peter Marizzi ............................................................................................................... 184

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 185

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 186

Maria Grander ............................................................................................................. 188

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 188

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 190

Karl Öllinger ................................................................................................................ 191

Mag. Hans Langreiter ................................................................................................ 192

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 193

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 194

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka ................................................................................ 195

Kenntnisnahme des Berichtes III-79 d.B. ..................................................................... 197

15. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungs­bericht (III-77 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (818 d.B.) ................... 197

Redner/Rednerinnen:

Dr. Günther Kräuter ..........................................................................................  198, 222

Hermann Gahr ............................................................................................................ 200

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 201

Josef Bucher ............................................................................................................... 203

Ing. Erwin Kaipel ........................................................................................................ 204

Johann Ledolter ......................................................................................................... 205

Karl Öllinger ................................................................................................................ 206

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 209

Gerhard Reheis .......................................................................................................... 209

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ..................................................................................... 210

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 211

Dr. Günther Kräuter (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 212

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 212

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 213

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 214

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 215

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser ............................................................... 216

Christian Faul ............................................................................................................. 218

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 219

Hermann Krist ............................................................................................................ 220

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 221

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von ressortinternen Richtlinien hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungs­aufträgen für externe Beratung und Öffentlichkeitsarbeit – Ablehnung          199, 222

Kenntnisnahme des Berichtes III-77 d.B. ..................................................................... 222


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96. Sitzung / Seite 9

16. Punkt: Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“ (824 d.B.) ............................................................................................... 222

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 222

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 223

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 224

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 225

Carina Felzmann ........................................................................................................ 226

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 227

Doris Bures ................................................................................................................. 228

Wolfgang Großruck ................................................................................................... 229

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 230

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 231

Herta Mikesch ............................................................................................................. 232

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 233

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 824 d.B. ..................................................... 234

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 824 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend Maßnahmen zur Förderung einer engagierten Architektur­politik und Baukultur (E 91)                     234

17. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumenten­schutzgesetz geändert wird (497/A)                        234

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 234

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 235

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 236

Zuweisung des Antrages 497/A an den Justizausschuss ........................................... 236

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 25

Petition betreffend „Resolution der Studienkommission der Pädagogischen Aka­demie des Bundes in Oberösterreich“ (Ordnungsnummer 54) (überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr)

Petition betreffend „Gegen die Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte St. Pölten“ (Ordnungsnummer 55) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)

Petition betreffend „Gegen die Schließung der Kopalkaserne in St. Pölten“ (Ord­nungsnummer 56) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)

Bürgerinitiative ............................................................................................................ 25

Bürgerinitiative betreffend „Rechtliche Absicherung integrativer (Aus-) Bildungs­angebote für Jugendliche mit Behinderung ab der 9. Schulstufe/Sekundarstufe II“ (Ordnungsnummer 25)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 24

815: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regie­rung der Republik Kroatien im Bereich der Kultur und der Bildung


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96. Sitzung / Seite 10

816: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutsch­land über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahren­abwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten

819: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behördengesetz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden

828: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2005 geändert wird (BFG-Novelle 2005)

829: Budgetbegleitgesetz 2006

830: Bundesfinanzgesetz 2006 samt Anlagen

Zu 558: Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novelle 2004) (Zurückziehung)

Berichte ......................................................................................................................... 25

Vorlage 32 BA: Bericht über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 2004; BM f. Finanzen

Vorlage 33 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 4. Quartal 2004; BM f. Finanzen

III-123: Bericht über die Fortschreibung des Österreichischen Stabilitätsprogram­mes für die Jahre 2004 bis 2008; BM f. Finanzen

III-124: Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes und der Bundes-Vergabekon­trollkommission über den Zeitraum Jänner bis Dezember 2003; BM f. Wirtschaft und Arbeit

Anträge der Abgeordneten

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nachmittagsbetreuung für Schüle­rInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf und außerordentliche SchülerInnen (528/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überarbeitung der „Pickerl“-Regelung (wiederkehrende Begutachtung von Kraftfahrzeugen nach § 57a KFG) hin­sichtlich der derzeit insbesondere aus Verkehrssicherheitsperspektive zu großzügigen Prüfintervalle (529/A) (E)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einvernahme von SchülerInnen in Disziplinarverfahren (530/A) (E)

Werner Amon, MBA, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz hinsicht­lich des Schulwesens geändert wird (531/A)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Möglichkeit der Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen in allen öffentlichen Krankenanstalten (532/A) (E)

Gabriele Heinisch-Hosek, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend wirksame gesetzliche und andere Maßnahmen gegen Stalking (533/A) (E)

Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bau des „Bahnhofs Wien – Europa Mitte“ (534/A) (E)


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Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen betreffend genaue Daten über in Perso­nenkraftwagen verunglückte Kinder (535/A) (E)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket zur Sen­kung der Emissionen von Feinstaub und Schwebestaub (536/A) (E)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) geändert wird (537/A)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührenge­setz 2001, das Militärberufsförderungsgesetz 2004, das Militärstrafgesetz, das Bundes­verfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland, das Militärauszeichnungsgesetz 2002, das Zivil­dienstgesetz 1986 sowie das Finanzstrafgesetz geändert wird (538/A)

Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (539/A)

Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkürzung und Attrakti­vierung des Zivildienstes (540/A) (E)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung – StVO geändert wird (541/A)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare und nachvollziehbare Mietzinsbegrenzungen (542/A) (E)

Werner Amon, MBA, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Umsetzung der Ergebnisse des Reformdialogs (543/A) (E)

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das KommAustria-Gesetz geändert wird (544/A)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geän­dert wird (524/A) (Zu 524/A)

Anfragen der Abgeordneten

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend internationalen Katastrophenfonds der Bundesregierung (2636/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend dringend aufklärungsbedürftige Vorgänge bei der Finanzierung von Eisenbahninfrastruktur und bei der Gewährung von Zahlungen für gemeinwirtschaftliche Leistungen (2637/J)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Elternteilzeit (2638/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend geschlechterspezifische Forschung (2639/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend geschlechterspezifische Forschung (2640/J)


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Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend geschlechterspezifische Forschung (2641/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend geschlechterspezifische Forschung (2642/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend geschlechterspezifische Forschung (2643/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend geschlechterspezifische Forschung (2644/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend geschlechterspezifische Forschung (2645/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für sozi­ale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend geschlechterspezi­fische Forschung (2646/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend geschlechterspezifische Forschung (2647/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend geschlechterspezifische Forschung (2648/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend geschlechterspezifische Forschung (2649/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Verrechnung von tagesklinischen Aufnahmen im Kranken­haus (2650/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Bewilligung der Ausfuhr von 800 Stück Repetiergewehren „Steyr .50 HS“ (2651/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Bestellung eines Sozial­attachés an die österreichische Botschaft in Rumänien (2652/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Bestellung eines Sozialattachés an die österreichische Botschaft in Rumänien (2653/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unvollständige und teilweise unrichtige Beant­wortung einer Anfrage zum Wirken des „Wissenschaftlichen Beirats Funk“ (Thema: „Mobilfunk und Gesundheit“) sowie zu den alarmierenden Ergebnissen der TNO- und der Reflex-Studie (2654/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend RFID-Systeme in Pässen und Führerscheinen (2655/J)


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Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Streichung von Zügen mit Rollstuhlstellplatz und Behinderten-WC aus dem Fahrplan (2656/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend fehlende Barrierefreiheit von neu adaptierten Speisewagen (2657/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hilfestellung an den Bahnhöfen und Einsatz von barrierefreien Waggons mit Rollstuhlstellplatz und benutzbarem Behinderten-WC (2658/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Krisenmanagement bei Tsunami-Katastrophe (2659/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufgabenprofil von „Wiederaufbau-Koordinator“ Min.a.D. Dr. Ernst Strasser sowie der Koordinationsstelle zum Wiederaufbau von Südostasien (2660/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuerschulden von Unternehmern in Österreich (31.12.04)“ (2661/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Schließung des Bezirksgerichtes Mürzzuschlag (2662/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Ver­unreinigte Nahrungsergänzungsmittel (NEM) – Doping- und Gesundheitsrisiko – Be­hörden und Kontrollen 2004“ (2663/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Büro für interne Angelegenheiten – Abhörskandal? (2664/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Recht auf ein Girokonto“ (2665/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Abfrageberechtigungen nach dem Meldegesetz IV“ (2666/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Schließung Tiroler Bezirksgerichte (2667/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Ermöglichung einer gentechnikfreien Produktion in Österreich (2668/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Tatsächliche Anzahl der bei der BPD Salzburg tätigen Exekutivbeamten (01.01.2005)“ (2669/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Recht auf ein Girokonto“ (2670/J)

Mag. Gisela Wurm, Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend das UVP-Verfahren Auto­bahnabfahrt Innsbruck Mitte (2671/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Projekt Landvermessung (vormals Austrokoffer) (2672/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Umsetzung der Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der


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Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsauf­träge (2673/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend öffentliche Äußerungen der Geschäftsführung der Bundesbeschaffung Gesell­schaft m.b.H. (BBG) (2674/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend exorbitant hohe Beratungshonorare für die „Reorganisation des Beschaf­fungswesens“ (2675/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Eierstockentfernung“ (2676/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Umgehung österreichischer Gesetze durch Vereine“ (2677/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Umgehung österreichi­scher Gesetze durch Vereine“ (2678/J)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Umgehung österreichischer Gesetze durch Vereine“ (2679/J)

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend die Förderung der so genannten Besuchscafés (2680/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Bewilligung der Ausfuhr von 800 Stück Repetierge­wehren „Steyr .50 HS“ (2681/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Bericht zur Erfüllung der Millennium Development Goals (2682/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Kosten Führerscheinausstellungen 2004“ (2683/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Führerschein für gehörlose Menschen (2684/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (2685/J)


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Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend den Vorschlag der Euro­päischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (2686/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäi­schen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (2687/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt (2688/J)

Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finan­zen betreffend Werbung für die Steuerreform 2005 (2689/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Nahrungsergänzungsmittel/Gefälschte Arzneimittel – Doping & Gesundheits­gefährdung – sicherheitspolizeiliche Ermittlungen?“ (2690/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „SOKO Kitz“: Skandale, Amts- und Machtmissbrauch bei der Tiroler Gendar­merie (2691/J)

Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienst (2692/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Schivergnügen (2693/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betref­fend Finanzierung des Baukulturreports (2694/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend mangelnden Schutz österreichischer Schriftstel­lerInnen und DiplomatInnen im Ausland (2695/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „40+ Guide“ und „Männer Guide“ (2696/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „40+ Guide“ und „Männer Guide“ (2697/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mangelndes Interesse des Bundesministers an legistischer Qualität, besonders hinsichtlich der Einhaltung der Vorgaben des Bundes­haushaltsgesetzes (2698/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Versagen im BMVIT bei der Führung des Ressorts (2699/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend den Verleih des Exponates „Der Feldhase“ und anderer Exponate durch die Albertina ohne Genehmigung und das „Laisser-faire“ in der Museumspolitik (2700/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend erhöhte Familienbeihilfe (2701/J)

Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend zugängliche Gynäkologie (2702/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend erneuten offensichtlichen Postenschacher im


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Einflussbereich des derzeitigen Verkehrsministers und Vizekanzlers samt fragwürdi­gem Vollzug des Stellenbesetzungsgesetzes und des Schieneninfrastrukturfinanzie­rungsgesetzes (2703/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Situation von Kindern im Verkehr (2704/J)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Inanspruchnahme des Kinder­betreuungsgeldes durch Väter, aufgeschlüsselt nach Berufsgruppen (2705/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Werbung im „40+ Guide“ und im „Männer Guide“ (2706/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Glaube und Wissenschaft (2707/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Frauenarbeitslosigkeit (2708/J)

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Telefonüberwachung durch das Büro für interne Angelegenheiten (2709/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend „Kavaliersdelikt“ (2710/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Bezugsfortzahlungen an ausgeschiedene Regierungsmitglieder (2711/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Verkehrsstatistik und geschlechtsspezifische Aufschlüsselung der Verursachung von Verkehrsunfällen (2712/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Verlässliche Schule“ (2713/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend „Übelste parteipolitische Vorgänge im Landesschulrat für Steiermark“ (2714/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Schließung von Bezirksgerichten in Oberösterreich“ (2715/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend die Schließung von Bezirksgerichten in Niederösterreich (2716/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend mangelhafte Beantwortung der „Anfrage betreffend Selbstdarstellung der Bundesregie­rung“ (2717/J)

*****

Matthias Ellmauer, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Diensthandy für die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (28/JPR)


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Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Nie­derwieser, Kolleginnen und Kollegen (2361/AB zu 2440/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ulrike Königs­berger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen (2362/AB zu 2450/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2363/AB zu 2410/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2364/AB zu 2411/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2365/AB zu 2378/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2366/AB zu 2379/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen (2367/AB zu 2388/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2368/AB zu 2404/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (2369/AB zu 2415/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer, Kolleginnen und Kollegen (2370/AB zu 2426/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (2371/AB zu 2384/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2372/AB zu 2391/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2373/AB zu 2392/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2374/AB zu 2470/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2375/AB zu 2396/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (2376/AB zu 2383/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2377/AB zu 2386/J)


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96. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2378/AB zu 2390/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2379/AB zu 2398/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2380/AB zu 2417/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2381/AB zu 2422/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gart­lehner, Kolleginnen und Kollegen (2382/AB zu 2408/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (2383/AB zu 2416/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2384/AB zu 2394/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kollegin­nen und Kollegen (2385/AB zu 2407/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (2386/AB zu 2409/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2387/AB zu 2413/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2388/AB zu 2414/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolle­ginnen und Kollegen (2389/AB zu 2424/J)


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96. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2390/AB zu 2385/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karin Hakl, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen (2391/AB zu 2430/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen (2392/AB zu 2429/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2393/AB zu 2397/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gart­lehner, Kolleginnen und Kollegen (2394/AB zu 2406/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2395/AB zu 2403/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2396/AB zu 2418/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen (2397/AB zu 2468/J)


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96. Sitzung / Seite 20

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (2398/AB zu 2389/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (2399/AB zu 2427/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2400/AB zu 2420/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (2401/AB zu 2428/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2402/AB zu 2466/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2403/AB zu 2421/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (2404/AB zu 2425/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2405/AB zu 2473/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2406/AB zu 2443/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2407/AB zu 2469/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2408/AB zu 2431/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2409/AB zu 2433/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2410/AB zu 2434/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2411/AB zu 2435/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2412/AB zu 2436/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2413/AB zu 2438/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (2414/AB zu 2439/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2415/AB zu 2502/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2416/AB zu 2442/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2417/AB zu 2444/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (2418/AB zu 2595/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2419/AB zu 2453/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2420/AB zu 2456/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2421/AB zu 2458/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2422/AB zu 2472/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (2423/AB zu 2447/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kollegin­nen und Kollegen (2424/AB zu 2448/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2425/AB zu 2462/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2426/AB zu 2471/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2427/AB zu 2463/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2428/AB zu 2459/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2429/AB zu 2441/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2430/AB zu 2449/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2431/AB zu 2454/J)


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des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (2432/AB zu 2474/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Witt­mann, Kolleginnen und Kollegen (2433/AB zu 2452/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2434/AB zu 2455/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2435/AB zu 2461/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2436/AB zu 2465/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (2437/AB zu 2476/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (2438/AB zu 2457/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2439/AB zu 2460/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (2440/AB zu 2451/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2441/AB zu 2464/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2442/AB zu 2446/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2443/AB zu 2467/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2444/AB zu 2505/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolle­ginnen und Kollegen (2445/AB zu 2488/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2446/AB zu 2475/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2447/AB zu 2477/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (2448/AB zu 2498/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Wein­zinger, Kolleginnen und Kollegen (2449/AB zu 2479/J)


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der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2450/AB zu 2497/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen (26/ABPR zu 27/JPR)

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Matthias Ell­mauer, Kolleginnen und Kollegen (27/ABPR zu 28/JPR)

 


10.00.00


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Beginn der Sitzung: 10 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 96. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Ich begrüße Sie alle sehr herzlich. Besonders herzlich begrüße ich den Herrn Bundes­präsidenten, der traditionellerweise der Budgetrede beiwohnt. (Allgemeiner Beifall. – Bundespräsident Dr. Fischer erhebt sich von seinem Platz in der Loge.)

Das Amtliche Protokoll der 95. Sitzung vom 4. Februar 2005 ist in der Parlamentsdirek­tion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Keuschnigg, Steibl, Dobnigg, Keck, Mag. Posch, Heinisch-Hosek, Dr. Partik-Pablé, Rossmann und Mag. Weinzinger.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für den heutigen Sitzungstag hat das Bundeskanzler­amt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitglie­dern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen):

Die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat wird durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein vertreten.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2327/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 2327/AB der Anfrage 2358/J der Abgeordneten Öllinger, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend den Tod des Schubhäftlings Edwin Ndupu durch die Frau Bundesministerin für Justiz abzuhalten.

Diese kurze Debatte findet gemäß § 57a Abs. 4 der Geschäftsordnung nach Erledi­gung der Tagesordnung, jedoch spätestens um 15 Uhr statt.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass Herr Abgeordneter Dr. Cap beantragt hat, dem Sportausschuss zur Berichterstat­tung über den Antrag 523/A (E) der Abgeordneten Mag. Maier, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend Bericht an den Nationalrat über die Vorgänge rund um den geplanten Stadionbau in Klagenfurt eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzu­führen. Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Debatte über die Anfragebeant­wortung stattfinden. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glocken-


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zeichen.) – Ich darf noch einmal darum bitten, den Geräuschpegel etwas niedriger zu halten!

*****

Weiters teile ich mit, dass Frau Abgeordnete Mag. Lunacek beantragt hat, dem Aus­schuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abge­ordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird, eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Ferner liegt wiederum das von fünf Abgeordneten gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Diese kurze Debatte wird im Anschluss an die Debatte über den Frist­setzungsantrag des Abgeordneten Dr. Cap stattfinden.

Abstandnahme von der 24-stündigen Aufliegefrist

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Um die Punkte 3 und 4 der Tagesordnung in Verhand­lung nehmen zu können, ist es gemäß § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung erforderlich, von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen des Ausschussberichtes abzusehen. Bei den Punkten 3 und 4 handelt es sich um Berichte des Umweltausschusses über die Anträge 511/A der Abgeordneten Kopf, Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Bundesgesetz über den Umweltsenat geändert werden, 827 der Beilagen, sowie 512/A (E) der Abgeordneten Dr. Glawischnig, Kopf, Wittauer, Krainer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Position Österreichs zum Schutz von Walen und Delfinen bei den Vertragsstaatenkonferenzen des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfanges (ICRW) und in anderen Gremien, 826 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Abstandnahme von der 24-stündigen Auflie­gefrist hinsichtlich dieser beiden Gegenstände ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Die Zweidrittelmehrheit ist gegeben, das kommt daher auf die Tagesordnung.

10.05.00Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 2636/J bis 2700/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 28/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 2361/AB bis 2450/AB.

3. Anfragebeantwortungen (Präsident des Nationalrates): 26/ABPR und 27/ABPR.

4. Initiativantrag:

Zurückziehung: 524/A.

5. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördenge­setz und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (819 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2005 geändert wird (BFG-Novel­le 2005) (828 d.B.),

Budgetbegleitgesetz 2006 (829 d.B.),

Bundesfinanzgesetz 2006 samt Anlagen (830 d.B.);

Zurückziehung:

Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert wird (SPG-Novel­le 2004) (Zu 558 d.B.).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Übernahme von Bundeshaftungen im Jahre 2004 (Vorlage 32 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßi­gen Ausgaben im 4. Quartal 2004 (Vorlage 33 BA);

Immunitätsausschuss:

Ersuchen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (094 Hv 7/05w) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Pilz wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung nach § 111 Abs. 1 und 2 StGB;

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 54 betreffend „Resolution der Studienkommission der Pädagogischen Akademie des Bundes in Oberösterreich“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidlmayr,

Petition Nr. 55 betreffend „Gegen die Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte St. Pölten“, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 56 betreffend „Gegen die Schließung der Kopalkaserne in St. Pölten“, über­reicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Bürgerinitiative Nr. 25 betreffend „Rechtliche Absicherung integrativer (Aus-) Bildungs­angebote für Jugendliche mit Behinderung ab der 9. Schulstufe/Sekundarstufe II“.

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 527/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinz­horn, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 geändert wird;

Justizausschuss:

Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten (816 d.B.),

Antrag 525/A der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, das die Überprüfung des Ermessens gem. § 35 Abs. 2 SMG in den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 11a StPO aufnimmt,


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Antrag 526/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung befristeter Mietverträge;

Kulturausschuss:

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kroatien im Bereich der Kultur und der Bildung (815 d.B.);

Ausschuss für Sportangelegenheiten:

Antrag 523/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Erstattung eines schriftlichen Berichtes an den Nationalrat über die Vorgänge rund um den geplanten Stadionbau in Klagenfurt, die politischen Verant­wortlichkeiten für ein mögliches Scheitern des Projektes und die Auswirkungen auf die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2008 durch Österreich und die Schweiz;

Verkehrsausschuss:

Schifffahrtsrechtsnovelle 2005 (814 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Bundesgesetz, mit dem das Außenhandelsgesetz 2005 – AußHG 2005 erlassen und das Kriegsmaterialgesetz geändert wird (798 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Budgetausschuss:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Fortschreibung des Österreichi­schen Stabilitätsprogrammes für die Jahre 2004 bis 2008 (III-123 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes und der Bundes-Vergabekontrollkommis­sion über den Zeitraum Jänner bis Dezember 2003, vorgelegt vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (III-124 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es liegt mir der Antrag gemäß § 69 Abs. 3 der Ge­schäftsordnung vor, die Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz 2006 samt Anlagen, 830 der Beilagen, in erste Lesung zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein entsprechen­des Zeichen. Die Zustimmung wird einstimmig erteilt.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 6 und 7 sowie 8 bis 12 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.

Wir gehen in die nunmehr feststehende Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestal­tung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von


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9 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 158 Minuten, Freiheitliche 108 sowie Grüne 117 Minuten.

Der ORF wird die Sitzung von 10 bis 13 Uhr übertragen. Die Budgetrede ist bis zirka 11.10 Uhr vorgesehen. Für die Zeit von 11.10 Uhr bis 13 Uhr wurde folgende Rede­zeitordnung festgelegt: für die Debatte zu Tagesordnungspunkt 2 zunächst je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, anschließend zwei Regierungsmitglieder mit insgesamt 15 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten; für die Debatte zu Tagesordnungspunkt 3 zunächst je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten, anschließend zwei Regierungsmitglieder mit insgesamt 15 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit je 5 Minuten.

Vor Beginn der letzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit von der Vorsitz führenden Präsidentin gleichmäßig auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen. Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen und Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung erst nach der Fernseh­übertragung aufgerufen werden.

Über diese gesamte Redeordnung entscheidet das Hohe Haus. Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesamtvorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches Zei­chen. – Das ist wiederum vom Hohen Haus einstimmig angenommen.

10.07.431. Punkt

Erklärung des Bundesministers für Finanzen zur Regierungsvorlage betreffend das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 2006 samt Anlagen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Ich erteile dem Herrn Bundesminister für Finanzen zur Abgabe der Erklärung das Wort. – Bitte.

 


10.07.58

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Liebe Österreicherinnen und Österreicher! Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus!

Ich freue mich, Ihnen heute den Bundesvoranschlag 2006 vorzulegen, ein Budget, das gemeinsam mit dem Budget 2005 ausverhandelt wurde und im Zeichen der Entlas­tung der Bevölkerung steht.

Das Maastricht-Defizit des gesamten öffentlichen Sektors sinkt im Jahr 2006 auf 1,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die Finanzschulden sinken auf 62,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Gleichzeitig reduzieren wir die Steuer- und Abgabenquote auf den niedrigsten Stand seit Jahren. Das sind Entwicklungen, die uns im EU-Ver­gleich durchaus positiv abheben und im Spitzenfeld der Union positionieren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Seit nunmehr fünf Jahren verfolgen wir eine klare finanz- und wirtschafts­politische Strategie. Die drei Säulen dieser Strategie sind: erstens ein ausgeglichener Haushalt über den Konjunkturzyklus, zweitens eine nachhaltige substantielle Senkung der Steuern und Abgaben und drittens mehr Wachstum durch Investitionen in die Bil­dung, die Forschung und die Infrastruktur. Diese Strategie ist notwendig, sie ist richtig, und auch das Ergebnis stimmt.


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Österreich ist zurzeit das drittreichste Land Europas und das zwölftreichste Land der Welt. Wir wollen das erhalten und wenn möglich sogar ausbauen. Eine kürzlich präsen­tierte Studie der European Foundation for the Improvement of Living and Working Conditions bescheinigt Österreich eine herausragende Lebensqualität im Vergleich zu den 25 Ländern in der Europäischen Union (Abg. Dr. Jarolim: Ist das neu?):

Platz eins für die Qualität von Sozialleistungen, Platz eins in der Gesundheitsvorsorge (Abg. Parnigoni: Das waren wir immer schon!) und Platz eins, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft. Platz zwei für die Einschätzung der Sicherheit des eige­nen Arbeitsplatzes, des Einkommens und der Wohnsituation.

Die Österreicherinnen und Österreicher haben sich in dieser Untersuchung sehr klar artikuliert: Österreich ist ein wunderbares Land zum Leben und zum Arbeiten. Ver­besserungen sind natürlich immer gewünscht. Dafür zu arbeiten ist unsere Aufgabe! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Subjektives Empfinden, Stimmung, die Antwort auf die Frage „Wie geht es mir?“ sind sehr wichtig, weil Wirtschaft natürlich immer auch eine Frage der Stimmung, also auch eine Frage der Psychologie ist. Voraussetzung für eine gute Stimmung, für Optimismus sind aber auch objektive Fakten. Auch sie belegen, unsere Arbeit bringt gute Ernte.

In diesem Sinne halte ich fest, dass Österreich in den Jahren 2005 und 2006 schneller wachsen wird als unsere größten Handelspartner Deutschland und Italien. Unser Wirt­schaftswachstum wird über dem Schnitt der Eurozone und der „alten“ EU-15 liegen.

Ich halte fest, dass Österreich die Steuern und Abgaben gesenkt und Entlastungen umgesetzt hat, dass Österreich in den letzten Jahren eine günstige Lohnstückkosten­entwicklung in der Europäischen Union erreicht hat, was sich schon jetzt positiv für neue Jobs und Investitionen ausgewirkt hat.

In Österreich gibt es um 100 000 Beschäftigte mehr als vor dem Antritt dieser Bundes­regierung. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist nicht einmal halb so hoch wie in der Eurozone. Wir freuen uns, dass die Einkommen der österreichischen Bevölkerung um 27 Milliarden € gestiegen sind und dass die Spar­einlagen um 14 Milliarden € gestiegen sind. (Abg. Parnigoni: Nur bei den Reichen!) In Österreich gibt es 120 000 Wohnungen mehr, es gibt 200 000 Fahrzeuge mehr als noch im Jahr 1999.

In den Jahren von 1999 bis 2006 erreicht unsere Exportwirtschaft mit einem nominellen Exportzuwachs von etwa 60 Prozent sehr gute Erfolge. Seit 2002 gibt es eine positive Handelsbilanz. (Abg. Öllinger: Traummännleinzahlen sind das!)

Im letzten Jahr wurden mehr als 30 000 neue Unternehmen gegründet, wir haben da­mit heute um 70 000 Unternehmen mehr als noch 1999. Meine Damen und Herren, diese Bilanz lässt sich sehen, viele in Europa beneiden uns darum! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Der Bund wird im kommenden Finanzjahr bei prognostizierten Einnahmen von 60,4 Milliarden € Ausgaben von 66,1 Milliarden € tätigen. Das gesamtstaatliche Defizit wird 2006 bei 1,7 Prozent liegen. Wir nehmen dieses Defizit ganz bewusst in Kauf, weil wir mit den Entlastungen der Steuerreform den Wirtschaftsaufschwung unterstützen.

Ich stimme aber mit all jenen überein, die sagen, wir müssen das Defizit in den nächs­ten Jahren wieder reduzieren, denn hohe Defizite bedeuten weniger Wachstum, weni­ger Investitionen und mehr Arbeitslose. Das Gegenteil, also höheres Wachstum und neue Arbeitsplätze sind unser Ziel. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Deshalb ja auch die Wende der Finanzpolitik seit dem Jahr 2000.


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Daher war es auch so wichtig, dass wir unser Ziel „Keine neuen Schulden mehr“, aus­geglichener Haushalt über den Zyklus erneuert haben. Über die Parteigrenzen hinweg haben Bund, Länder – unter der Vorsitzführung Wiens –, Städte und Gemeinden einen neuen innerösterreichischen Stabilitätspakt beschlossen und gemeinsam festgelegt, dass wir 2008 wieder einen ausgeglichenen Haushalt, ein Nulldefizit erreichen wollen. Das Ziel ist damit ganz klar gesetzt, wir gehen wieder in Richtung Nulldefizit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die typische Reaktion eins haben wir gesehen, die typische Reaktion zwei mancher professioneller Pessimisten ist zu sagen: Das geht ja nicht, beziehungsweise das geht ja nur dann, wenn man ein Sparpaket macht. (Abg. Brosz: Wenn Grasser Steuern zahlen würde, würde es gehen!) Ich möchte diese Behauptungen nicht im Raum ste­hen lassen, sondern sie direkt ansprechen und halte ganz klar fest: Mit uns, mit mir gibt es kein Sparpaket! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Jetzt werden Sie vielleicht mit Recht fragen: Wie soll das dann gehen? Wie schaffen wir es, von 1,7 Prozent nach unten zu kommen? (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich würde Sie wirklich im Interesse aller bitten, dass Sie jetzt den Redner zu Wort kommen lassen.

 


Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Sie werden wahrscheinlich zu Recht fragen – da wir uns offensichtlich gemeinsam darüber freuen, dass es kein Sparpaket gibt –: Wie schaffen wir es dann, diese 1,7 Prozent Defizit zu reduzieren? Wie schaffen wir es, die 4,3 Milliarden € einzu­sparen? Wie machen wir das ohne ein Sparpaket?

Erstens: Wir schaffen es, indem wir das Wachstum erhöhen. Wir werden die Wachs­tumsbremsen für unsere Wirtschaft abbauen. (Zwischenruf der Abg. Sburny.)

Zweitens: Wir schaffen es, indem wir eine Reihe von Ausgaben weniger schnell wach­sen lassen als das nominelle Bruttoinlandsprodukt. (Abg. Dr. Cap: Meditation!)

Drittens: Wir schaffen es durch Ausgabenreduktionen. Hier konzentrieren wir uns auf die nächste Etappe der Verwaltungsreform. Wir werden jede Anstrengung unterneh­men, um die Kosten der öffentlichen Verwaltung deutlich zu reduzieren. Die Verhand­lungsteams auf Seiten des Bundes und der Länder sind bereits nominiert. Im März beginnen die Verhandlungen. Hier sind wir dem Steuerzahler im Wort.

Viertens: Wir schaffen es durch eine Reform des Haushaltsrechtes mit Globalbudgets und einer so genannten Schuldenbremse. (Abg. Dr. Cap: Jetzt müssen Sie selbst lachen!) Eine Reihe von anderen Ländern hat sehr gute Erfahrungen mit gesetzlich festgelegten Ausgabenobergrenzen gemacht. (Abg. Dr. Cap: Sie müssen lachen! Herrlich!) Von diesen Erfolgen werden wir lernen. (Abg. Dr. Cap: Seien Sie ehrlich und lachen Sie!)

Ich stehe trotzdem nicht an auszusprechen, dass das Nulldefizit 2008 ein ehrgeiziges, ein ambitioniertes Unterfangen ist. Aber ich bin optimistisch, wir können es, wir werden es schaffen! Ich stelle daher nochmals klar: Wir erhöhen keine Steuern! Wir erhöhen keine Abgaben und es gibt kein Sparpaket! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Abg. Mag. Kogler: Den Scherben haben wir auf!)

Hohes Haus! Schauen wir uns doch die laufenden Einnahmen und Ausgaben des Bundes an, ohne die Zinszahlungen für die Schulden zu berücksichtigen! Bis 1970 hat man in Österreich praktisch keine Schulden gemacht. Dann haben die Regierungen von 1970 bis 1986 sehr viel mehr Geld ausgegeben, als sie eingenommen haben. Es


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sind große Schulden gemacht worden. Seither müssen wir auch viel an Zinsen für diese Schulden bezahlen. In der Periode 1987 bis 2006 gab es dagegen so genannte Primärüberschüsse von 13,3 Milliarden €. (Abg. Dr. Matznetter: Sagen Sie, wie viele Schulden ...!) Das heißt also, die laufenden Einnahmen waren um 13,3 Milliarden € höher als die Ausgaben. Das bedeutet, meine Damen und Herren, ohne Schulden bis zum Jahr 1986 wäre der Bund auch im Jahr 2006 schuldenfrei. Das heißt, wir wären auch heute schuldenfrei. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie sich die Entwicklung anschauen, die wir als Bundesregierung unmittelbar zu verantworten haben, also die Entwicklung seit Februar 2000 bis 2006, dann werden Sie erkennen, dass wir die Staatsausgaben um 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes reduziert und Primärüberschüsse – die Einnahmen waren höher als die Ausgaben – von mehr als 20 Milliarden € erreicht haben. Ein Riesenbetrag, 20 Milliarden €, den wir gerne zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes, zur Senkung der Steuern, zur Senkung der Lohnnebenkosten oder für noch stärkere Investitionen in die Zukunft eingesetzt hätten. Wir haben diese 20 Milliarden €, die wir gemeinsam erwirtschaftet haben, aber nicht für die Zukunft einsetzen können, sondern mussten in diesen Jahren sogar 46 Milliarden € an Zinsen für die Schulden, die uns hinterlassen wurden, bezahlen.

Die Österreicherinnen und Österreicher wissen schon, bei wem sie sich dafür bedan­ken können. (Abg. Parnigoni: Keine Autobahnen, keine ...! ) Sie wissen, wer wirt­schaftliche Kompetenz hat. Ich sage daher nur: Erfahren Sie auch in Zukunft den Unterschied! Der zahlt sich nämlich aus für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Jarolim: Eine unseriöse Rede!)

Schauen wir uns an, wie Österreich 1999 finanziell aufgestellt war und wie wir uns seit 1999 verbessern konnten! (Abg. Neudeck – in Richtung SPÖ –: Jetzt passt auf!)

1999 hatte Österreich mit einem Defizit von 2,2 Prozent die rote Laterne in der Euro­päischen Union. Die Euro-Länder waren mit einem durchschnittlichen Defizit von 1,3 Prozent viel besser als Österreich. (Abg. Dr. Cap: Dann ging die Sonne auf!) – Herr Cap sagt: „Dann ging die Sonne auf!“. Danke, dass Sie das anerkennen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich bringe selten Zitate von Ihnen, aber manchmal muss ich es tun. (Abg. Dr. Jarolim: Vielleicht ein Sonnenbrand! – Abg. Mag. Wurm: Sonnenfinsternis!)

Meine Damen und Herren! Im Jahr 2006 wird unser Defizit bei 1,7 Prozent liegen. Wir sind damit erstens besser als 1999 und zweitens auch wesentlich besser als der Durchschnitt der Euro-Länder, der bei einem Defizit von 2,5 Prozent liegt. Damit ernten wir auch international positive Schlagzeilen. Ich zitiere: „Österreichs Sparkurs – Vorbild für Europa“. – So lobt das „Hamburger Abendblatt“ im Februar des heurigen Jahres Österreichs ambitionierte Budgetpolitik. (Abg. Öllinger: Was hat der Druck gekostet?)

1999 hatte Österreich eine Finanzschuld von 66,5 Prozent. Damals lag die Verschul­dung über dem Durchschnitt der Europäischen Union. 2006 haben wir eine Finanz­schuld von 62,8 Prozent, also fast vier Prozentpunkte niedriger, und liegen jetzt besser als der Durchschnitt der Europäischen Union.

Schauen wir uns eine lange Periode an! Das durchschnittliche Defizit von 1976 bis 1999 lag bei 3,1 Prozent. Wir haben es geschafft, im Jahr 2001 erstmals seit fast 27 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zustande zu bringen und das Defizit in den sieben Budgetjahren seit 2000 im Durchschnitt auf 1,1 Prozent zu senken. Vorher 3,1 Prozent, jetzt 1,1 Prozent! (Abg. Parnigoni: Und was hat die Bevölkerung dafür bluten müssen? Das müssen Sie auch sagen!)

In den achtziger und neunziger Jahren gab es einen klaren Trend. Wir hatten damals hohe Defizite und steigende Belastungen, das heißt, steigende Steuern und Abgaben.


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Wir haben diese Entwicklung umgedreht. Wir haben niedrigere Defizite und eine deut­liche Senkung der Steuern und Abgaben um mehr als 3 Prozent des BIP erreicht. (Zwischenruf der Abg. Bures.) Eine deutliche Senkung der Steuern und Abgaben bei einem niedrigeren Defizit!

Damit fällt der Vergleich sehr eindeutig aus. Ich sage mit allem Recht: Wir haben uns vom letzten Platz weit nach vor gearbeitet. Unser Kurs stimmt. Der Erfolg gibt uns Recht. Diesen Weg gehen wir auch ganz konsequent weiter. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Cap: Das sagt gar nichts, die applaudieren bei allem!)

Auch das Budget 2006 steht im Zeichen der Steuerreform. Wir entlasten die Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer, die Alleinerziehenden, die Pensionisten, die Pendler, die Landwirte, die Tausenden Klein- und Mittelbetriebe und die Industrie. Die Entlastung 2006 beträgt rund 3,6 Milliarden €. Das ist um rund 1,5 Milliarden € mehr an Entlastung im Jahr 2006 als im laufenden Jahr 2005. (Abg. Dr. Cap: Jetzt bin ich erleichtert!)

Obwohl diese Entlastung steigt, geht das Defizit von 2005 auf 2006 zurück. Ohne Steu­erreform und ohne Konjunkturbelebungsprogramme wären wir 2006 sogar in der Lage, einen kleinen Haushaltsüberschuss zu erreichen. Aber die Entlastung ist notwendig. Wir geben die richtigen Signale: Leistung lohnt sich. Investieren zahlt sich aus. Diese Entlastung ist eine ganz wichtige Stütze für den Aufschwung. Sie erhöht das Wachs­tum. Sie gibt den Betrieben den Anreiz, zusätzliche Mitarbeiter aufzunehmen. Das bringt jedem österreichischen Haushalt mehr an Kaufkraft. Damit werden den österrei­chischen Steuerzahlern elf Tage mehr an Freiheit geschenkt. Elf Tage weniger Arbeit für den Staat – elf Tage mehr für sich selbst und die Familie. (Abg. Dr. Matznetter hält eine Graphik in die Höhe.) Weniger Steuern, meine Damen und Herren, mehr fürs Leben! Und dieser Weg hat erst begonnen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Sburny: Das ist peinlich!)

Meine Damen und Herren! Wohin entwickelt sich die Abgabenquote in unserem Land? Sie wissen, es war unser Ziel, die Abgabenquote bis zum Jahr 2010 auf 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) Viele haben befürchtet, dass wir dieses Ziel nie erreichen, dass wir das nicht schaffen. Man hat befürchtet, dass wir das Nulldefizit nicht erreichen. Dann hat man befürchtet, dass wir die 40 Prozent Abgabenquote nicht erreichen.

Meine Damen und Herren! Wir diskutieren nicht darüber, ob wir unsere Ziele erreichen oder nicht, wir verlegen die Zielerreichung nach vorne! (Ah-Rufe bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. – Abg. Dr. Cap: Das ist ein Kabarett!) Wir schaffen es schon im Jahr 2006, die Abgabenquote auf 40,7 Prozent zu reduzieren. Von fast 45 Prozent im Jahr 2001 auf 40,7 Prozent im Jahr 2006. Das sind 3 Prozent weniger als im Jahr 1999. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

3 Prozent weniger als im Jahr 1999, während die meisten Länder in der Europäischen Union die Steuern nicht gesenkt, sondern erhöht haben. Damit, so denke ich, können wir zufrieden sein, weil es Österreich gelungen ist, seit dem Jahr 2002 die größten Ent­lastungen in der Europäischen Union umzusetzen. Damit gelingt es uns, folgende Poli­tik und Strategie umzusetzen: Weniger Steuern, mehr Geld in der Brieftasche, ein Weg für höhere Einkommen, ein Weg für mehr Beschäftigung! (Abg. Öllinger: Von wem reden Sie?)

Das Budget 2006 setzt die im Regierungsprogramm festgelegten Reformen zur Stär­kung des Wirtschaftsstandortes, zur Steigerung der Beschäftigung, zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und zur Forcierung der Innovationskraft der österreichischen Wirtschaft fort.


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Wir bauen unsere Schwerpunkte ganz gezielt weiter aus: Wir dotieren Forschung und Entwicklung mit 30 Millionen € mehr als noch 2005 und setzen die Sonderoffensive für Forschung mit 220 Millionen € verstärkt fort.

Ökologie und nachhaltiges Wirtschaften sind uns wichtig. Wir geben um 30 Millionen € mehr für den in Kyoto vereinbarten Klimaschutz aus. (Zwischenruf der Abg. Mandak. – Abg. Öllinger: UVP! Tempo 160!)

Wir erhöhen die Ausgaben für Bildung und Kultur um 62 Millionen €.

Der soziale Zusammenhalt, die Bekämpfung der Armut ist uns ein großes Anliegen. Wir erhöhen die Sozialtransfers um 872 Millionen €. (Abg. Bures: Sie erhöhen die Zahl der armen Menschen!)

Das 3-Milliarden-€-Paket für die Bauern kann durch eine weitere Aufstockung der För­derungsmaßnahmen um 62 Millionen € erreicht werden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, mehr Arbeitslosigkeit braucht natürlich auch mehr Mittel. Daher gibt es zusätzliche 104 Millionen € für den Arbeitsmarkt. (Abg. Öllinger: Traum­männlein!)

Wir haben, wie Sie wissen, den neuen Finanzausgleich mit dem Ländern, den Städten und den Gemeinden erfolgreich verhandelt. Wir haben Konsens über die Finanzierung der Krankenanstalten, einen neuen innerösterreichischen Stabilitätspakt und die Auf­teilung der Steuereinnahmen mit einem Gesamtvolumen von immerhin fast 300 Mil­liarden € – inklusive der Krankenanstaltenfinanzierung – für die nächsten vier Jahre erzielt.

Diesen neuen Finanzausgleich setzen wir natürlich auch im Budget 2006 entsprechend um. Die Länder und Gemeinden erhalten jeweils 100 Millionen € zusätzlich. (Abg. Man­dak: Und zahlen 150 Millionen € mehr!) Für Landeslehrer gibt der Bund 12 Millionen € mehr aus (Abg. Brosz: 30 Millionen weniger!), was unseren Schülerinnen und Schü­lern zugute kommt.

Ich erachte es als einen großen Erfolg, dass wir nach jahrzehntelanger Diskussion endlich auch den Einstieg in die Abschaffung (Abg. Mag. Kogler: Falsch!) des abge­stuften Bevölkerungsschlüssels geschafft haben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.) Dies ist wichtig, weil es uns ein Anliegen war, die kleinen Gemeinden und die ländlichen Regionen zu stärken. Das gelingt mit 60,2 Millionen €. Ein wichtiger Schritt in Richtung unseres gemeinsamen Ziels: Jeder Bürger muss uns gleich viel wert sein. – Dieses Bekenntnis möchte ich abgeben. Darauf arbeiten wir hin! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Die Grundlage des österreichischen Erfolges bildet unsere fleißige und veränderungsbereite Bevölkerung. Die Österreicherinnen und Österreicher zeichnet ihr Wille zum Wandel ebenso aus wie ihre Bereitschaft, alles zu prüfen, das Gute zu behalten und das Schlechte zu verbessern. Niemand kann aus der Globalisierung aus­steigen, schon gar nicht ein Land mit einer über 50-prozentigen Exportquote bei Gütern und Dienstleistungen. Aber wir können und müssen alles tun, um unser Land zu einem Globalisierungsgewinner zu machen. Eine erfolgreiche Vergangenheit ist dafür sicher­lich nicht genug. In einer schnelllebigen, durch enorme Veränderungen geprägten Welt sind permanente Anstrengungen notwendig. Anstrengungen, die wir nicht gescheut haben, sondern mit großer Energie und Optimismus angegangen sind, um die Lebens­qualität und den Wohlstand unserer Bevölkerung zu verbessern.

Mit den bisherigen Reformen haben wir viel in Bewegung gebracht, haben wir viel erreicht. Denken Sie an das harmonisierte Pensionsrecht für alle und in Ergänzung


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dazu die Mitarbeitervorsorge und die Zukunftsvorsorge! Das nenne ich fair, solidarisch, nachhaltig und gerecht. Erstmals ist es uns wirklich gelungen, die private Vorsorge auf eine breite Basis zu stellen. Das neue Instrument der Zukunftsvorsorge wird von Tau­senden unserer Mitbürger gut angenommen. Mehr als 600 000 abgeschlossene Ver­träge in nur zwei Jahren und eine Rendite von über 20 Prozent beweisen den großen Erfolg. (Abg. Öllinger: Bitte! Na, na!)

Ich glaube, dass die Zukunftsvorsorge ein tolles Produkt ist, und kann Sie zu Hause nur auffordern, sich die staatliche Prämie in der Höhe von 180 € zu holen, auch wenn es dem Staat Geld kostet. Sie können mir glauben, dass ich mich darüber freue. Sor­gen wir vor, sorgen Sie vor, schauen wir drauf, dass wir es haben, wenn wir es brauchen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Denken Sie an die ÖBB-Reform mit einer neuen Unter­nehmensstruktur, einem neuen Dienstrecht, mit klaren Einsparungszielen und einer Qualitätsverbesserung für die Bevölkerung.

Denken wir an die Reform der Universitäten: Autonomie, neue leistungsorientierte Finanzierung und privates Arbeitsrecht.

Die Heeresreform und die Zivildienstreform mit den Verkürzungen für unsere jungen Leute sind ein weiteres Beispiel.

Weiters: die Weichenstellungen für den Finanzplatz und Kapitalmarkt Österreich wie Schaffung der Finanzmarktaufsicht, Einsetzung eines eigenen Regierungsbeauftrag­ten. Seit 1999 stieg die Marktkapitalisierung um 97 Prozent, das ist also fast eine Ver­doppelung der Marktkapitalisierung. Der ATX ist von 1 066 Punkten auf mehr als 2 700 Punkte derzeit angestiegen. Wien ist damit die bestperformende Börse der entwickelten westlichen Industrienationen.

Denken Sie an die Privatisierung, Entpolitisierung der ÖIAG. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Öllinger: Entpolitisierung“!) Mehr als 6 Milliarden € an Vermögen wurde für den Steuerzahler erwirtschaftet, meine Damen und Herren! Unser Ziel ist, erstmals eine Verstaatlichten-Holding ohne Schulden zu erreichen, und das werden wir schaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Denken Sie an die Verwaltungsreform: Reduktion der Zahl der öffentlich Bediensteten um fast 15 000, Zusammenlegung von Polizei, Gendarmerie und Zollwache, Reform der Finanzverwaltung und zentrale Beschaffungs- und Buchhaltungsagentur. Das ergibt Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung bis zum Jahr 2006 in der Höhe von mehr als 7,5 Milliarden €.

Aber, meine Damen und Herren, wir haben nicht nur gespart, sondern wir haben gleichzeitig auch Prioritäten gesetzt. Wir haben klare Schwerpunkte dort gesetzt, wo es um die Zukunft unseres Landes geht, zum Beispiel in der Forschung und Entwicklung: Errichtung einer Forschungsstiftung mit einem Kapital in der Höhe von 3,3 Milliarden €, Haus der Forschung, Forschungsprämie und Forschungsfreibetrag. In den Jah­ren 2000 bis 2006 geben wir mehr als 10 Milliarden € für die Forschung aus, das ist ein Plus von 34 Prozent im Vergleich zur Periode 1993 bis 1999. Eine Steigerung der For­schungsquote von 1,9 Prozent im Jahr 1999 auf 2,5 Prozent im Jahr 2006, das bedeu­tet einen wirklichen Schwerpunkt in Richtung Forschung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zweites Beispiel: Investitionen in die Infrastruktur. Manche verlangen von uns eine Investitionsoffensive. Meine Damen und Herren, die Realität ist, unsere Investitions­offensive läuft schon lange. (Abg. Öllinger: Weg!) Wir haben die Ausgaben für Straße und Schiene im Zeitraum 2000 bis 2006 um 60 Prozent gegenüber dem Vergleichszeit­raum 1993 bis 1999 erhöht. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Nächstes Beispiel: Schwerpunkt Bildung. Im Jahr 2006 haben wir um 1,1 Milliarden € mehr in unsere Schulen, in die Fachhochschulen, in die Universitäten investiert als noch im Jahr 1999.

Weiteres Beispiel: Familie. Der Focus Familie zieht sich durch alle Maßnahmen dieser Bundesregierung. Denken Sie an die wertmäßige Verdoppelung der Anrechnung der Kindererziehung bei der Pensionsreform, an die Erhöhung der Familienbeihilfe, an das Anheben der Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbeträge und natürlich an die Ein­führung des Kinderbetreuungsgeldes. (Abg. Mandak: Die Armutsgefährdung hat sich verdoppelt!) Im Vergleich zu 1999 geben wir im Jahr 2006 um 1,1 Milliarden € mehr für unsere Familien aus. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich gestehe durchaus freimütig ein, wir machen sicherlich nicht alles perfekt, vieles bleibt noch zu tun, einiges gilt es zu optimieren (Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Öllinger: Das glauben wir gar nicht!), aber ich bin der Über­zeugung, dass wir mit mutigen und fair umgesetzten Reformen Österreich auf einen Erfolgskurs gebracht haben. Wir versprechen keine Wunder, aber wir halten Wort, und wir arbeiten hart und konsequent an einer Verbesserung der Lebensbedingungen unserer Bevölkerung. Das ist das Ziel dieser österreichischen Bundesregierung. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die wirtschaftlichen und reformerischen Erfolge Österreichs werden auch international anerkannt und bestätigen durchaus, dass unsere Politik richtig ist. Der Internationale Währungsfonds beispielsweise sieht Österreich als Musterbeispiel an Reformarbeit. „Österreich – ein Erfolgsmodell“ titelt im Jänner 2005 die „Neue Zürcher Zeitung“, eine der besten Zeitungen der Welt. In dieser Zeitung steht weiters geschrieben:

„Die neue Geschichte Österreichs ist eine Erfolgsgeschichte, wirtschaftlich und sozial, politisch und auch kulturell. Der Erfolg lässt sich ... in Zahlen ausweisen. Das Land gehört heute zu den reichsten Ländern der Welt, ... Österreich ist zudem ein demokra­tischer Rechtsstaat mit soliden Institutionen, der auf einer stabilen Bürgergesellschaft abgestützt ist. Und diese Gesellschaft zeigt sich auch immer wieder offen und modern; sie ist bereit für Neues.“

Auf dieser Basis, meine Damen und Herren, können wir aufbauen, können uns noch stärker auf das Morgen vorbereiten. Ich denke, die Leistungsbilanz stimmt, wir haben einiges umgesetzt und noch mehr an Anstrengungen vor uns, das ist überhaupt keine Frage. Die Zukunft ist unser Programm! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Unsere Vision von Österreich ist Wohlstand und Gerechtigkeit für alle. Wir arbeiten für ein Österreich, das großen ökonomischen Erfolg mit großer sozialer Gerechtigkeit verbindet. Es geht um ein Österreich, in dem alle jede Möglichkeit der Entfaltung haben, um ein Österreich, das erfolgreich ist im internationalen Wettbewerb, weil unsere Talente am besten gefördert werden. (Abg. Sburny: Was ist mit der stei­genden Armut?) Wir werden nicht ruhen, bis wirtschaftliche Chancen jedem offen stehen und die Tausenden Männer und Frauen, die arbeiten wollen, auch das Recht und die Möglichkeit haben zu arbeiten. (Abg. Öllinger: Wo leben Sie?) Es geht um ein dynamisches Österreich, das Wettbewerb als Chance begreift und Vollbeschäftigung für seine Menschen zustande bringt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Von allen Ländern in Europa haben wir es geschafft, die Steuern und Abgaben am stärksten zu senken. Der erste Schritt ist dabei oft der schwierigste, aber auch der wichtigste, weil es um die Glaubwürdigkeit der Umsetzung politischer Programme geht. Daher war der Beschluss der ersten beiden Etappen der Steuerreform von besonderer Bedeutung, weil wir damit die Wende weg vom Hochsteuerland hin zu einem der steu­erlich attraktivsten Länder in Europa eingeleitet haben. 3 Milliarden € an Entlastung


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und die Senkung der Abgabenquote in Richtung 40 Prozent sind ganz wichtige Erfolge, ich sage aber auch dazu, das ist uns nicht genug. Wer gedacht hat, wir geben uns damit zufrieden, den werden wir enttäuschen, wer gehofft hat, dass diese Regierung die Steuern und Abgaben weiter senken wird, dem werden wir unseren Willen zur Reform beweisen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Hohe Steuern und Abgaben bedeuten weniger Wachstum, Standortnachteile und höhere Arbeitslosigkeit. (Abg. Sburny: Das sieht man in Skandinavien, was das Wachstum betrifft!) Die Steuern und Abgaben in Österreich sind nach wie vor zu hoch. Die Menschen werden noch immer zu stark belastet. Gute Arbeit, Fleiß, Leistungs­bereitschaft und unternehmerische Initiative werden zu wenig belohnt. Arbeit wird noch immer zu hoch besteuert, die Lohnnebenkosten sind zu hoch.

Meine Damen und Herren! Ich bekenne mich dazu, wir müssen und werden die Steuern und Abgaben weiter senken. Die Entlastung muss weitergehen, und es geht uns jetzt darum, die Spielräume zu erwirtschaften (Zwischenruf der Abg. Sburny), damit wir das tatsächlich tun können.

Denken Sie zurück an das Jahr 2000, auch damals haben wir gesagt, die Steuern müssen gesenkt werden. Zuerst haben wir die Staatsfinanzen in Ordnung gebracht, haben das Nulldefizit geschafft und haben uns damit den Spielraum für unsere 3 Mil­liarden € an Steuersenkungen, die wir in den Jahren 2004 bis 2006 umsetzen, erarbei­tet. Und auch jetzt sind die Ziele klar gesteckt: 2008 müssen wir wieder einen ausge­glichenen Haushalt erreichen, damit wir dann in der Lage sind, die nächste Entlastung durchzuführen.

Es steht für mich völlig außer Frage, dass die nächste Entlastung kommen muss, und ich möchte Ihnen schon heute sagen, was wir dann tun werden. Wir werden die Lohnnebenkosten weiter reduzieren, Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen etwas davon haben, beide müssen gleichermaßen entlastet werden. Ausreichendes Eigenkapital ist die Grundvoraussetzung für exponentielles Unternehmenswachstum und mehr Jobs. Da stehen die Tausenden Klein- und Mittelbetriebe im Blickpunkt unserer Entlastungs­strategie. Wir werden kleine und mittlere Einkommen weiter stärken und ihre Kaufkraft erhöhen, indem wir die Belastungen zurücknehmen. Wir werden bei der Gruppe der Freiberufler ansetzen. Die Progression in Österreich ist zu stark. Auch da werden wir handeln. Leistung muss sich lohnen! Ich möchte, dass den Menschen mehr übrig bleibt. Weniger staatliche Umverteilung, mehr Freiheit für den Einzelnen, mehr Geld in der Brieftasche – das ist unser Ziel! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Faire und attraktive Rahmenbedingungen sind das eine – Betrug und unfairerer Wett­bewerb das andere. Es geht uns um einen fairen Wettbewerb. All jene, die betrüge­risch am Markt agieren (Zwischenrufe bei den Grünen), die Mitarbeiter als illegal Beschäftigte ausnützen, die ohne Lohnnebenkosten und Umsatzsteuer kalkulieren, haben uns zum kompromisslosen Gegner. Wir stehen damit an der Seite jener, die sich redlich an die Spielregeln halten. Es ist unsere Pflicht und Verantwortung, die Prävention zu erhöhen und fairen Wettbewerb sicherzustellen. (Abg. Mandak: Sie haben einen Satz vergessen, Herr Bundesminister!) Die Redlichen und die Tüchtigen brauchen unseren Schutz und unsere volle Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es geht also einerseits darum, dort Geld hereinzuholen, wo es hinterzogen wird, und andererseits darum, jenen das Geld zurückzugeben, denen es auch zusteht. Ich er­achte es auch als wesentliche Aufgabe der Finanzverwaltung, die Informationen und die Servicequalität gegenüber den Steuerpflichtigen zu verbessern.

Wenn sich unsere Arbeitnehmer mehr als 200 Millionen € nicht vom Fiskus zurück­holen, dann gibt mir das zu denken, ob die Arbeitnehmerveranlagungen professionell


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organisiert und ausreichend Informationen vorhanden sind. Ich kündige daher einen Kurswechsel der Finanzverwaltung an. Fairness und Gerechtigkeit erreichen wir nur dann, wenn beide Seiten funktionieren, also die Abgabeneinhebung und ihre Überprü­fung, aber auch die Rückzahlung von Steuern an jene, die zu viel bezahlt haben. Wir können die Besteuerung niemals populär machen, aber wir können sie attraktiv, fair, einfach und gerecht machen, und genau das werden wir tun, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Noch nie war die Beschäftigungsquote in Österreich höher als das derzeit der Fall ist. (Abg. Öllinger: Das stimmt nicht!) Wir haben eine Rekordbeschäftigung mit 3 200 500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Auch das Budget für die aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik ist auf einem Höchststand. Mit 1,5 Milliarden € geben wir doppelt so viel wie noch im Jahr 1999 aus. Insgesamt investieren wir im Jahr 2006 4,9 Milliarden € in unseren Arbeitsmarkt. Seit 2005 gibt es einen verpflichtenden Betreuungsplan für jeden Arbeitslosen. Es gibt neue, mit den Sozialpartnern aus­verhandelte moderne Zumutbarkeitsbestimmungen und ein neues Frühwarnsystem für Arbeitnehmer. Während in Österreich die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit von 140 Tagen im Jahr 1999 auf 108 Tage im Jahr 2004 zurückgegangen ist, beträgt der Durchschnittswert in Deutschland 245 Tage.

Wir haben die Lehrlingsprämie mit 1 000 € pro Jahr und Lehrling eingeführt und damit die Lohnnebenkosten für Lehrlinge um 120 Millionen € gesenkt. Es war unser Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel persönlich, der eine Lehrlingsoffensive im öffentlichen Dienst gestartet hat. Bund, Länder und Gemeinden haben 1 800 zusätzliche Lehrstel­len geschaffen. Dies ist eine Initiative, die beweist, dass uns die Beschäftigung der jungen Menschen ein großes Anliegen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben 4,5 Prozent Arbeitslosigkeit in Österreich. Wir sind damit hinter Irland und Luxemburg das drittbeste Land in der Europäischen Union der 25 Mitgliedsländer. Die Arbeitslosigkeit in Österreich ist nur halb so hoch wie im europäischen Durchschnitt. – Das sind die guten Nachrichten. Ich sage aber auch dazu, natürlich gibt es auch schlechte. Wir haben mit 243 880 vorgemerkten Arbeitslosen (Abg. Bures: 364 000!) im Jahresdurchschnitt 2004 eine viel zu hohe Arbeitslosigkeit zu beklagen. Hinter die­ser Zahl stehen persönliche Schicksale, Ängste und die Sorgen von Tausenden Men­schen und ihren Angehörigen.

Es kommen 6 273 Firmenzusammenbrüche und über 5 600 Privatkonkurse dazu. Das bedeutet auf der einen Seite Menschen in Not. Arbeit bedeutet auf der anderen Seite Existenz, Sinn und Leben. Arbeitet bedeutet Einkommen. Arbeit ist das wirksamste Mittel gegen Armut und soziale Ausgrenzung. Daher müssen wir da helfen, meine Damen und Herren, da ist eine nationale Kraftanstrengung gefordert. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir müssen allen, die arbeiten wollen, ein gemeinsames Signal über die Parteigrenzen hinweg geben. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit allen zur Verfügung stehenden und neu zu erfindenden Mitteln ist unser wichtigstes und, wie ich hoffe, auch unser gemeinsames Ziel. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Eine nachhaltige Reduzierung der Arbeitslosigkeit und das Erreichen von Vollbeschäfti­gung wird uns aber nur dann gelingen, wenn wir es schaffen, unser Potentialwachstum auf 3 Prozent anzuheben. Der wichtigste Faktor für die Leistungsfähigkeit einer Volks­wirtschaft sind wir alle: die Menschen eines Landes, unsere Fähigkeiten, unser Leis­tungswille, unsere Risikofreudigkeit, unser Wille zum Tun, zum Unternehmen. Im Zent­rum unserer Überlegungen muss daher der Aufbau von Humankapital, die Ermutigung


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zu lebenslangem Lernen, ein neues Bewusstsein über den Wert von Bildung und Ausbildung stehen. Ohne Wissensvorsprung gibt es keinen Wohlstandsvorsprung.

Deswegen glaube ich auch, dass es so wichtig war, dass der gemeinsame Start für die „Schule Neu“ geglückt ist, weil es ein ganz wesentlicher Fortschritt ist, dass alle Par­teien in unserem Land sagen, weg mit der Zweidrittelmehrheit für Schulgesetze. Das ist die Grundvoraussetzung für den notwendigen Wandel, der nur eines bedeuten kann: Wir brauchen die höchstmögliche Qualität der Ausbildung für unsere Kinder! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die „Schule Neu“ muss sich an der modernen Arbeitswelt orientieren. Dazu gehört die Fünf-Tage-Woche für 6- bis 14-Jährige, genauso wie ein Tagesbetreuungsangebot nach Wahl der Eltern. Die „Schule Neu“ muss Starke fordern und Schwache fördern. Sprachkompetenz und Lesekultur sind Basis für individuelles Lernen, der Leistungsge­danke in unserem Ausbildungssystem muss positiv besetzt sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Deswegen 30 Millionen weniger!)

Wir müssen Unternehmertum, Risikofreudigkeit und Flexibilität durch klare Anreize ermutigen und belohnen, wir müssen Forschergeist und das Streben nach Spitzenleis­tungen fördern.

Bei der Erwerbsquote der älteren Arbeitnehmer haben wir ein Problem, und das muss sich ändern. Mit dem Anheben des Pensionsantrittsalters in Rahmen der Pensions­sicherungsreform ist uns ein erster Schritt gelungen. Wir brauchen einen funktionieren­den Arbeitsmarkt für ältere Menschen. Wir müssen das Wissen, die Erfahrungen, die Fähigkeiten dieser älteren Menschen nützen. Der Schlüssel dazu liegt ganz sicher in der Weiterbildung. Es braucht eine Initiative, meine Damen und Herren, zur Zerti­fizierung, zu Modularisierung und zur Internationalisierung unser außerbetrieblichen Weiterbildungseinrichtungen.

Wir müssen Frauen besser in das Erwerbsleben integrieren (Abg. Gradwohl: Wenn Sie es eh wissen, warum machen Sie es dann nicht, Herr Minister?), das verbindet wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Zielsetzungen. Kinderbetreuung und Arbeit dürfen kein Widerspruch sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Wer die Arbeitslosigkeit reduzieren will, der muss aber auch bereit sein, von alten Tabus Abstand zu nehmen. Jene Länder mit den niedrigsten Arbeitslosenraten verfü­gen über die flexibelsten Arbeitsmärkte. Lernen wir von ihnen! Flexiblere Arbeitsmärkte schaffen auch mehr Beschäftigung und steigern die Widerstandsfähigkeit der Arbeits­märkte gegen konjunkturelle Einbrüche und externe Schocks.

Flexible Arbeitsabläufe sorgen für eine höhere Produktivität, sichern unser Sozialnetz und bringen mehr individuelle Freiheit. Wir alle, Arbeitnehmer und Arbeitgeber, können von liberaleren und flexibleren Arbeitsmärkten profitieren. Beide Teile müssen gleicher­maßen etwas davon haben. Die Verantwortung für diese wichtigen Schlüsselfragen liegt bei den Sozialpartnern, und daher appelliere ich auch die Sozialpartner, die Gespräche voranzutreiben. Österreich erwartet sich Fortschritte und Lösungsvor­schläge in dieser wichtigen Frage. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir sollten uns die Frage stellen, ob Österreich ausreichend liberalisiert ist. Wir müs­sen bereit sein, über das Thema Ladenöffnungszeiten zu diskutieren, und die Länder auffordern, die Möglichkeiten, die der Bund ihnen eingeräumt hat, auch zu nützen – auf freiwilliger Basis, nicht flächendeckend, nicht überall, aber dort, wo es die Konsumen­ten verlangen, wie in Einkaufszentren, in Einkaufsstraßen, in Tourismusgebieten. Ich


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möchte, dass wir in Österreich das Geschäft machen und nicht Bratislava, Györ oder Laibach.

Österreich bildet bezüglich Regulierung der freien Berufe mit Italien das Schlusslicht. Die Liberalisierung des Binnenmarkts für Dienstleistungen bietet daher besondere Chancen zur Freisetzung bisher ungenutzter Potentiale.

Meine Damen und Herren! Wir müssen die Arbeitslosigkeit reduzieren, und dazu braucht es ein mutiges Programm. Ich ersuche daher alle Unternehmer, die Tausen­den Klein- und Mittelbetriebe, die österreichische Industrie, die Sozialpartner, die Experten, die Parteien, gemeinsam an diesem wichtigen Ziel zu arbeiten. Beweisen wir den Menschen, dass wir bei den wirklich wichtigen Themen unseres Landes gemein­sam zu den besten Lösungen kommen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreichs Sozialleistungen gehören zu den besten in Europa. Die Sozialtransfers im Bundesbudget liegen 2006 bei 25,9 Milliarden €; das sind um fast 6 Milliarden € mehr, als wir im Jahr 1999 für den sozialen Zusammenhalt ausgegeben haben.

Trotz Pensionsreformen geben wir heute um 3,3 Milliarden € mehr aus dem Bundes­budget für unsere Pensionen aus. Die Familie ist der Kern unserer Gesellschaft. Die Kinder sind die Zukunft unseres Landes: Kinderbetreuungsgeld und die Erhöhung der Familienbeihilfe schlagen mit 1,1 Milliarden € an Mehrausgaben zu Buche. 900 Millio­nen € mehr geben wir an Arbeitslosengeldern und Notstandshilfe aus.

Dieses Zahlenwerk ist eine wohl mehr als eindeutige Bestätigung für den hohen sozi­alen Anspruch dieser Bundesregierung. (Abg. Öllinger – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Die neuen Arbeitslosenzahlen!) Wir sind gegen soziale Ungleichheit und für mehr Verteilungsgerechtigkeit. Solidarität, Zusammenhalt und soziale Gerechtigkeit sind uns ein großes Anliegen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Und gerade vor diesem Hintergrund erkennen wir auch, dass Globalisierung und ein Mehr an Wettbewerb die Ungleichheit erhöhen. (Abg. Mandak: Bravo!) Welche realis­tischen Antworten können wir anbieten? – Die meisten haben erkannt, dass wir den Wohlfahrtsstaat der siebziger und achtziger Jahre nicht fortschreiben können. Seine Modernisierung ist unumgänglich. Wir werden unsere Sozialsysteme grundlegend überarbeiten müssen.

Die größte Herausforderung sehe ich darin, dass wir die Treffsicherheit unserer Sozial­leistungen dramatisch verbessern müssen (Zwischenruf der Abg. Hagenhofer): Unter­stützung und Solidarität nur für all jene, die sie wirklich brauchen, aber nicht für alle, die sie gerne in Anspruch nehmen. Soziale Gerechtigkeit für die wirklich Bedürftigen zu erreichen, dieses Ziel werden wir auch weiterhin verfolgen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Lassen Sie mich einige unpopuläre Fragen stellen und ein darüber Nachdenken anre­gen:

Ist es unsere Absicht, vermögende Haus- und Grundbesitzer von der Rezept- und Rundfunkgebühr zu befreien, weil sie kein regelmäßiges Einkommen haben? (Abg. Mag. Johann Moser: Wer hindert Sie daran?)

Halten wir es für sozial gerecht, wenn Mitarbeiter der ÖBB im Alter von 49, 50 oder 51 Jahren in den Ruhestand geschickt werden (lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ – Abg. Öllinger: Der Gorbach macht das!), während wir für alle anderen ein Regelpensi­onsalter von 65 Jahren festgelegt haben?


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Österreich hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. (Abg. Mag.Trunk: ... Menschen und Schicksale!) Kann es wirklich sein, dass etwa ein Drittel aller Neuzu­gänge in der Pension die Invaliditätspension beansprucht?

Meine Damen und Herren! Wir müssen Armut wirksam bekämpfen. Wir sollten den sozial Schwachen mehr Unterstützung geben als heute. Ich bin der Überzeugung, Reformen werden dann von der Bevölkerung mitgetragen, wenn sie sozial ausgewo­gen und fair sind. Wir haben die Verpflichtung, Steuergeld so effizient wie möglich einzusetzen. Wohlerworbene Rechte sollten dabei keine Rolle spielen.

Ich bin sehr dafür, alles zu tun, um die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozial­leistungen zu bekämpfen. Ich halte es für ein völlig richtiges Signal, wenn das Arbeits­marktservice die Auszahlung von Arbeitslosengeld im letzten Jahr 82 000 Mal wegen Missbrauchs gesperrt hat. Wer nicht arbeiten kann, soll jede Unterstützung, jede Solidarität in Anspruch nehmen können. Wer aber nicht arbeiten will, hat kein Recht auf unsere Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)

Die Bekämpfung von Armut und die Unterstützung sozial Schwacher ist vor allem eine nationale Verpflichtung. Ein so reiches Land wie Österreich muss sich aber auch international engagieren. Wir dürfen die Augen nicht vor der Realität verschließen: Jeden Tag sterben, von der Öffentlichkeit unbeachtet, 33 000 Kinder auf unserer Welt. Das Bruttoinlandsprodukt der 47 Länder Mittelafrikas zusammen ist niedriger als das­jenige unseres Landes.

Es ist daher eine Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft, dieses tragi­sche Elend zu lindern (Abg. Mag. Kogler: Österreich ist Schlusslicht!): mit Maßnahmen wie Öffnung der Märkte der Industrieländer für die Produkte der Dritten Welt, Fair Trade, Entschuldung, Aufbau tragfähiger Gesellschafts- und Wirtschaftsinstitutionen (Abg. Mag. Kogler: Schlusslicht bei der Entwicklungshilfe!), von Sozialsystemen, Er­richtung von Infrastruktur, Bekämpfung von Kinder- und Müttersterblichkeit, Schaffung von Zugang zu sauberem Trinkwasser. Mit Maßnahmen in all diesen Bereichen kann Österreich seinen Beitrag zur Bekämpfung der Armut und zur Erreichung der Millen­nium Development Goals leisten.

Wir wollen daher unsere Position im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit stär­ken. Das Ziel der Entwicklungshilfe wurde von den europäischen Staats- und Regie­rungschefs mit 0,33 Prozent der so genannten ODA-Quote für das Jahr 2006 fest­gelegt. Wir werden heuer etwa 0,5 Prozent und 2006 etwa 0,4 Prozent erreichen und damit in beiden Jahren unser Ziel deutlich übertreffen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Trotzdem bleibt klar, dass wir hier noch viel zu tun haben, um den inter­nationalen Zukunftswert von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu realisieren. (Abg. Mag. Kogler: Eben!)

Hohes Haus! Unsere Wirtschaft im Aufschwung: „Die Deutschen beneiden uns“, titelte die „Kronen Zeitung“.

Das deutsche „Manager Magazin“ schreibt: „Fluchtpunkt Austria. Jahrzehntelang galt das kleine Nachbarland als sympathisch, aber etwas rückständig. Inzwischen hat sich der Austro-Kapitalismus als Erfolgsmodell etabliert. Ist Österreich das bessere Deutschland?“, fragt das deutsche „Manager Magazin“.

Die Standortanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass Österreich ein Top-Standort für High-tech-Ansiedlungen in Europa ist. Spitzenstandorte für Ansiedlungen in der EU sind derzeit die neuen Mitgliedsländer Estland, Polen und Tschechien sowie Irland. Aber Österreich ist unter den High-tech-Standorten ganz vorne dabei: Vier österrei­chische Regionen finden sich unter den besten zehn aller 1 207 EU-Regionen. Im


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direkten Vergleich mit Deutschland haben alle österreichischen Regionen die Nase vorn. Die attraktivsten deutschen Regionen kommen ab dem Platz 443. – Eine ein­drucksvolle Bestätigung unserer Arbeit, ein schöner Erfolg. Man muss nur wissen, wie man es macht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Trotzdem darf ich Ihnen versichern: Wir lehnen uns jetzt sicherlich nicht zufrieden zurück, sondern, ganz im Gegenteil, es ist uns völlig bewusst, dass wir die Innovations­kraft Österreichs weiter stärken müssen. Gemessen an angemeldeten Patenten, Zu­griffen auf Patentdatenbanken, am Beschäftigungsanteil von Technikern und Wissen­schaftern hat Österreich einen Aufholbedarf. Die Forschungsquote ist nach wie vor zu niedrig. Das europäische Ziel, Forschungsaufwendungen im Verhältnis ein Drittel Staat zu zwei Drittel private Wirtschaft zu finanzieren, ist noch nicht erreicht.

Daher müssen wir unsere Anstrengungen weiter verstärken. Österreich soll das Land der Forschung und das Land der Forscher werden. (Abg. Sburny: Was ist mit den Forscherinnen?) Mit der Eliteuniversität nach dem Vorbild des MIT wollen wir strukturell und thematisch weiter fokussieren. Internationalen Forschern rufen wir zu: Kommt nach Österreich!, eine Einladung, die wir durch steuerliche Anreize attraktiver machen werden.

Wir müssen die Forschung in die Breite bringen. Wir überlegen spezielle Programme für unsere vielen Klein- und Mittelbetriebe. Ihre Kreativität, ihre Talente müssen wir nüt­zen, damit es uns wirklich gelingt, den Sprung zum Land der Ideen, der Innovationen, der neuen Verfahren und der neuen Produkte zu schaffen.

Da Forschung und Entwicklung ganz wichtige Schwerpunkte dieser Bundesregierung sind, möchten wir auch Sicherheit geben: Sicherheit geben, was die Mittelausstattung betrifft. Schon heute darf ich daher bestätigen, dass wir in unseren Finanzplanungen selbstverständlich von einer weiteren Forschungsoffensive ausgehen. Sicherheit beim Geld, eine klare Mittelfristplanung für die Forschung – das ist unsere Antwort für mehr Forschung, für mehr Wachstum und für neue und bessere Arbeitsplätze in unserem Land! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Österreich hat die Kraft und das Potential, zu einem Vorbild für viele Wirtschafts- und Gesellschaftsnationen zu werden. Dabei müssen wir wissen: Wir erhalten die Chance, die wir uns selbst geben.

Ich glaube, wir alle sind aufgerufen, eine Frage zu beantworten und auch danach zu handeln: Wie sieht unser Österreich aus, das wir mit noch mehr Stolz, mit noch mehr Zufriedenheit an unsere Kinder und Enkelkinder übergeben wollen?

Vieles ist dafür zu tun: Wir müssen die Stabilität und den Wohlstand sichern, aber gleichzeitig den Fortschritt forcieren. Einige der wichtigsten Prioritäten konnte ich skiz­zieren.

Wann, wenn nicht jetzt, haben wir diese Aufgaben anzugehen? Wer, wenn nicht wir alle, hat die Verantwortung dafür? Wo, wenn nicht hier im Parlament, haben diese Weichenstellungen zu erfolgen?

Wir haben viele unserer Ziele früher als geplant erreicht. Das ist gut, aber sicherlich kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen (Ruf bei der SPÖ: ... Arbeitslosen!), im Gegenteil:

Unsere Motivation liegt in einer weiteren Steigerung der Erwerbstätigen, vor allem bei den Frauen, bei den Älteren und bei den Jugendlichen. Unsere Motivation ist die Re­duktion der Arbeitslosigkeit, ist die Steigerung der Forschungs- und Entwicklungsquote, die Erhöhung des Wirtschaftswachstums. Unsere Motivation ist die weitere Senkung


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der Steuer- und Abgabenquote und die fortlaufende Reduktion der österreichischen Schuldenquote.

Das sind unsere wichtigsten Aufgaben, meine Damen und Herren. Wenn wir es dazu schaffen, eine Kultur des Denkens zustande zu bringen – weltoffen, keine Barrieren für Leistungen, keine Grenzen für Talente, kein Plafond für Erfolg und das gemeinsame Verständnis, dass nicht nur einige wenige, sondern jeder die Chance hat, seine Träume zu erfüllen –, dann erreichen wir das Österreich, das uns allen ein ganz, ganz großes Anliegen ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich ersuche Sie daher um die Annahme eines ambitionierten Budgetvoranschlags, der sowohl kurzfristige Weichenstellungen vorsieht als auch den notwendigen Wandel für das mittel- und langfristige Wohl Österreichs im Auge hat. Er ist Ausdruck der Entschlusskraft, die die Österreicherinnen und Öster­reicher zu Recht von uns erwarten dürfen. Modern und zukunftsorientiert denken, ent­schlossen handeln, besser leben! Die Zukunft liegt in unserer Hand – gestalten wir sie verantwortungsbewusst und gemeinsam! – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Parnigoni: Sehr matt! Sehr matt!)

11.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich danke dem Herrn Bundesminister für seine Ausfüh­rungen.

Die Debatte über die Budgetrede wird morgen stattfinden. Sie wird im Fernsehen ab 10 Uhr live übertragen. (Abg. Parnigoni: Das wird dann spannend!)

11.02.202. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (789 d.B.): Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über eine Verfas­sung für Europa (820 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.02.52

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Wir beginnen mit die­sem Ermächtigungsgesetz den Ratifikationsprozess der Europäischen Verfassung. Ich glaube, dieser Weg, den Österreich da geht, nämlich die Ratifikation in zwei Schritten durchzuführen, ist ein guter, er entspricht unserer Rechtsordnung. Damit geben wir auch eine Antwort gegenüber anderen Ländern: dass wir im Einklang hier im Hohen Haus dieser Europäischen Verfassung die Zustimmung erteilen.

Ich glaube, das ist gut und richtig, denn diese Europäische Verfassung, meine Damen und Herren – und das ist die wesentliche Botschaft –, gibt Europa ein neues Antlitz. Sie gibt ein neues Gesicht, nach außen und nach innen, und sie sendet Signale. Wir als Österreichische Volkspartei verstehen uns als eine Europapartei, die sich mit voller Kraft und mit vollem Herzen für ein gemeinsames Europa engagiert, und daher unter­stützen wir diesen Prozess und diese Europäische Verfassung! (An der Brüstung der Galerie fixieren Zuschauer je ein Transparent mit einem Buchstaben, die in ihrer Folge das Wort „Volksabstimmung“ ergeben, und rufen wiederholt: Volksabstimmung! – Prä-


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sident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen. – Bedienstete der Parlamentsdirektion entfer­nen die Transparente von der Galerie.)

Ich darf gleich auf dieses Argument eingehen: Wir haben diesen Weg in Österreich gewählt, weil wir eine Volksabstimmung über eine grundsätzliche Frage nicht aus­schließen wollen, aber eine Volksabstimmung ist wohl auf jene Fälle zu begrenzen, bei welchen es um grundsätzliche Fragen geht, bei welchen es um Prinzipien geht, die weit in die Zukunft reichen – beides würde ich in diesem Fall befürworten –, aber auch in jenen Fällen, bei welchen es um sehr kontroversielle Fragen geht. Nur: Das sehe ich in diesem Fall nicht! Alle Parteien, die im Nationalrat vertreten sind, bekennen sich zu dieser Europäischen Verfassung, und ich glaube daher, dass wir da nicht das Volk fragen müssen. Ich bin überzeugt davon, dass eine ganz große Mehrheit der Öster­reicherinnen und Österreicher dieser Verfassung auch die Zustimmung geben würde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich darf auch begründen, warum. Wenn ich sage, dass es ein neues Gesicht nach innen und nach außen gibt, dann ist das leicht zu beweisen: Mit der Europäischen Verfassung werden Bürgerrechte festgeschrieben, Bürgerrechte, die besagen, welche Rechte – festgeschrieben in einer Verfassung – ein einzelner europäischer Bürger im Rahmen dieser Union hat und auch einklagen kann.

Ich glaube, dass dies ein Signal nach innen ist, dass die Europäische Union auch Antworten gibt, wenn Bürger fragen: Was habe ich davon?, weil sie damit mit Rechten ausgestattet sind, wie wir das in einem Rechtsstaat wie in Österreich als selbstver­ständlich empfinden.

Es ist aber auch nach außen ein ganz wichtiges Signal, weil wir in Europa mit dieser Institutionalisierung von Bürgerrechten auch ein Signal gegenüber anderen Kontinen­ten, gegenüber anderen Gesellschaften geben. Ich würde sagen, es ist ein Markenzei­chen dieses gemeinsamen Europa, dass es Bürgerrechte in dieser Art verfassungs­rechtlich festschreibt. – und das ist gut und richtig so! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zum Zweiten: Warum ist das ein neues Antlitz? – Wir haben in dieser Verfassung auch mehr Rechte für das Europäische Parlament festgeschrie­ben. Es ist ein Signal, dass zukünftig bei allen Rechtsmaterien ein Mitentscheidungs­verfahren des Europäischen Parlaments stattfinden wird, ein Signal nach innen, dass das Europäische Parlament eine echte Bürgerkammer ist, wo jeder, der bei Europa­wahlen mitwählt, auch weiß, dass seine Abgeordneten im Europäischen Parlament das Recht haben, Gesetzgebung voll und ganz zu betreiben.

Dies ist auch nach außen ein wichtiges Signal, weil wir damit in der Europäischen Union sagen: Wir stehen für Demokratie! Das ist ein Markenzeichen Europas, das sich durchaus sehen lassen kann. Andere Gesellschaften, andere Kontinente könnten sich, glaube ich, diesbezüglich ein Beispiel nehmen.

Ich darf noch ein Drittes anführen: Mit der Europäischen Verfassung gibt es auch einen gemeinsamen Außenminister, eine gemeinsame Sicherheitspolitik. Das ist ein richtiges Signal nach außen, weil es wichtig ist, dass auch andere sehen, dass Europa sich mit einer Stimme am Weltgeschehen beteiligt, und ein richtiges Signal nach innen, weil es wichtig ist, dass alle Staaten an einem Strang ziehen, wenn es um so wichtige Fragen wie Nachbarschaftspolitik, wenn es um Frieden und Wohlstandssicherung in Europa geht.

Ich halte es daher für richtig und wichtig, dass wir dieses Signal mit einer Europäischen Verfassung setzen, und ich möchte sagen, dass wir als Österreichische Volkspartei mit der vollen Zuversicht und mit guten Argumenten für diese Europäische Verfassung


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eintreten, weil wir größtes Interesse daran haben, dass dieses Europa gemeinsam zukünftig noch integrativer wird und für Frieden und Wohlstand in dieser Welt sorgt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Einem. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.08.02

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In der Sache sind wir – das hat Kollege Spindelegger schon angespro­chen – weitgehend einig: Auch wir sind eindeutig für die Akzeptierung, für die Ratifizie­rung dieser neuen Europäischen Verfassung.

Ich möchte nur zwei wesentliche Gründe dafür anführen. Der eine Punkt ist: Die Rechte der Bürger werden gestärkt – das ist schon gesagt worden. Die Rechte der Bürger werden zweifach gestärkt: einerseits, indem ihnen Beteiligungsrechte vermehrt gegeben werden, indem eine Volksinitiative auch auf europäischer Ebene geschaffen wird, und andererseits, indem die Rechte des Europäischen Parlaments gestärkt wer­den. Beides führt dazu, dass der Wille der europäischen Bürgerinnen und Bürger deut­licher zum Ausdruck kommen kann. Da sind wir dafür.

Der zweite Punkt ist – auch das wurde schon angesprochen –: Die Europäische Ver­fassung bringt die Rechtsverbindlichkeit einer Grundrechts-Charta innerhalb dieser Europäischen Verfassung und damit einklagbare Grundrechte aller Bürgerinnen und Bürger, aller Menschen sogar, die innerhalb der EU von Maßnahmen der Europäi­schen Union betroffen sind, gegen Maßnahmen der Union, gegen Institutionen der Union. Auch das ist ein wesentlicher Schritt, die Europäische Union bürgerfreundlicher zu machen. Daher treten wir für diese Verfassung ein.

Der andere Aspekt, auf den ich hinweisen möchte, ist, dass die Europäische Verfas­sung auch dazu beiträgt, die Europäische Union handlungsfähiger zu machen. Es ist in einer Zeit wie heute wichtig, dass die Institutionen der Europäischen Union in der Lage sind, zu Entscheidungen zu kommen. Das wird dadurch befördert, dass die Möglich­keiten, mit qualifizierter Mehrheit im Rat zu entscheiden, vermehrt werden. Auch das ist ein richtiger Schritt.

Daher unsere Zustimmung zu dieser Verfassung.

Lassen Sie mich aber auch noch einen anderen Aspekt ansprechen. Ich bin, wie ver­mutlich alle anderen Abgeordneten hier im Hohen Haus, in den letzten Tagen mit einer ganzen Reihe von E-Mails besorgter Bürger konfrontiert worden, und deren Sorgen gehen in zwei verschiedene Richtungen: Einerseits wird inhaltlich argumentiert, die Europäische Verfassung schreibe eine neoliberale Wirtschaftsordnung in Europa fest.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die Europäische Union und das Konzept des Binnenmarktes basieren auf einer wirtschaftsliberalen Grundvorstellung, und daran ändert diese Verfassung nichts. Wenn wir daran etwas ändern wollen, dann braucht es dazu Politik, aber nicht die Ablehnung dieser Verfassung. Wir sind daher für diese Verfassung, weil wir als Demokraten auch akzeptieren können, dass wir uns nicht in allen Fragen haben durchsetzen können, und wir werden daran weiterarbeiten, dass es zu einer Wirtschaftspolitik auf nationaler und auf europäischer Ebene kommt, die dazu beiträgt,dass die Menschen Arbeit haben, von der sie auch leben können. Das ist der politische Kampf, für den man sich einsetzen muss! (Beifall bei der SPÖ.)

Die zweite Sorge der Bürger ist, die Europäische Verfassung zwinge die Mitglieds­länder der Europäischen Union, ihre Militärausgaben dramatisch zu erhöhen. Manche


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haben natürlich Sorge, dass das, falls das der Fall wäre, allenfalls zu einer Einschrän­kung der Sozialausgaben führen könne.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Ernsthaftigkeit gesagt: Das ist nicht wahr, dieser Vorwurf oder diese Kritik! In Wirklichkeit sieht die Europäische Verfassung vor, dass die Mitgliedstaaten die Ausgaben, die sie für militärische Zwecke tätigen, effi­zienter einsetzen sollten. Und dagegen sollten wir sein? Natürlich ist es sinnvoll, eine effizientere Nutzung der finanziellen Mittel, die man für militärische Zwecke ausgibt, vorzusehen. Natürlich ist es nicht mehr sinnvoll, in der EU der 25 Mitgliedstaaten 25 Infanteriearmeen aufrecht zu erhalten, die die Außengrenzen jedes einzelnen Landes zu verteidigen haben. Da sind die Mittel viel effizienter einsetzbar, und das ist auch unser Programm.

Nächster Punkt: Es wird von manchen auch behauptet oder geradezu apodiktisch festgestellt, diese EU-Verfassung werde die Neutralität Österreichs beseitigen. (Abg. Scheibner: Das haben Sie eh schon gemacht!)

Auch das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist in dieser Form zweifellos falsch! Es stimmt einfach nicht! Sowohl die Bestimmungen, die Solidarität und Bei­stand in Krisenfällen vorsehen, berühren die Neutralität nicht notwendig, als auch die sicherheitspolitische Konzeption der Europäischen Union wurde durch diese Euro­päische Verfassung nicht substantiell geändert. Nichts zwingt Österreich dazu, im Rahmen der EU und auch der künftigen EU-Verfassung eine Politik zu betreiben, die mit der Neutralität nicht vereinbar wäre. Daher sind wir für diese Verfassung, weil wir auch zugleich für die Aufrechterhaltung der Neutralität als Instrument der Friedens­sicherung eintreten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Lassen Sie mich ein Letztes sagen, meine Damen und Herren: Viele von denen, die mir geschrieben haben, fordern eine Volksabstimmung über diese Verfassung (ein Exemplar derselben in die Höhe haltend). Das sind mehr als 300 Seiten Text.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt viele Staaten, die Volksabstimmun­gen vorsehen, weil sie ihre Verfassung dazu zwingt oder weil sie aus innenpolitischen Gründen dafür sind. Sie alle, die Sie heute zuhören und zusehen, zahlen uns einen Haufen Geld dafür, dass wir diese Arbeit machen, nämlich solche Dinge durcharbeiten und mit der Alternative vergleichen. Ich bitte Sie, lassen Sie uns diese Arbeit machen, wir werden sie seriös machen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Dr. Bösch zu Wort. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


11.13.53

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute eine technische Regelung, die notwendig ist, um den Ratifizierungsprozess für die neue Europäische Verfassung im Hohen Haus über die Bühne zu bringen. Wir Freiheitlichen werden heute diesem Gesetz zustimmen, und wir stehen auch zu dieser Ratifizierung dieser neuen Europäischen Verfassung, weil sie notwendig ist, um eine Union der 25 und bald 27 Mitgliedsländer am Funktionieren zu halten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir werden mit dieser neuen Europäischen Verfassung um vieles klarere Verhältnisse haben als mit den Verfassungstexten von Nizza und davor. Wir werden einen Präsi­denten haben, der gewählt ist. Wir werden in den wesentlichsten Bereichen die doppelte Mehrheit haben. Wir werden klarere Kompetenzverteilungen haben. Wir wer-


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den das Mitentscheidungsverfahren für das Europäische Parlament haben und einen Außenminister für die Europäische Union. Wir werden aber auch die Bürgerrechts­charta und die Daseinsvorsorge in dieser Europäischen Verfassung verankert haben.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen sehen diese Notwendigkeit ein, und wir unterstützen sie – aber nicht, ohne dazuzusagen, dass wir selbstverständlich die Reali­sierung, die Umsetzung, die Interpretation dieser neuen Europäischen Verfassung kritisch verfolgen und dabei auch auf die Interessen Österreichs achten werden. Es wird notwendig sein, dass man ab 2014 die Regelung, dass nicht mehr jedes EU-Mitgliedsland einen Kommissar hat, noch einmal aufs europäische Tapet bringt. Der Herr Bundeskanzler hat das ja auch schon angekündigt, und zwar auf einem Gipfel auf europäischer Ebene, und wir unterstützen ihn dabei.

Es wird auch notwendig sein, darauf zu achten, dass es vor neuen Erweiterungs­schritten eine Vertiefung der Europäischen Union gibt. Vertiefung heißt, dass wir die neuen Regelungen der Europäischen Verfassung in der Realität erst einmal erproben und uns klar werden, welche neuen Schritte in die Zukunft die Europäische Union mit dieser neuen Verfassung überhaupt gehen kann und in welcher Weise diese einzelnen Schritte gesetzt werden, zum Beispiel, was den neuen Außenminister betrifft, ob er überhaupt auf die Mehrheit innerhalb der Europäischen Union trifft und eine wirklich effiziente europäische Außenpolitik machen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich komme nun zum Thema „Volksabstimmung“. Ich kann nicht nachvollziehen, was Kollege Einem dazu gesagt hat, aber auch das nicht, was Kollege Spindelegger dazu gesagt hat. Ich darf Sie alle daran erinnern, dass wir uns eigentlich darüber schon einig sind, dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine europaweite Volksabstimmung einsetzt. Wir Freiheitlichen haben das begrüßt und unterstützt, und wir unterstützen Sie, Herr Bundeskanzler und Frau Außenminister, weiterhin in diesem Bemühen, auf europäischer Ebene eine Volksab­stimmung am Schluss des Ratifizierungsverfahrens über diese Verfassung abzuhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses Ratifizierungsverfahren ist ja noch nicht an sein Ende gelangt. Zahlreiche Mit­gliedstaaten der Europäischen Union werden noch nationale Volksabstimmungen haben; eine ist schon über die Bühne gegangen. Zahlreiche EU-Mitgliedsländer wer­den ihrer Bevölkerung diese neue Europäische Verfassung mitteilen müssen, und wir Freiheitlichen halten das für richtig. Ich glaube, es ist falsch, hier herauszutreten und zu sagen, die Bevölkerung verstünde eine solche Verfassung nicht, das Volk wäre zu dumm, darüber abzustimmen. Ich halte das in einer Demokratie nicht für die richtige Position.

Die europäische Ebene wird nämlich immer dann, wenn es um eine plebiszitäre Ent­scheidung geht, meine Damen und Herren, dazu gezwungen (Abg. Silhavy: Das ist Ihre Interpretation!), ihre politischen Inhalte zu übersetzen, damit sie die Bevölkerung der einzelnen EU-Mitgliedstaaten verstehen kann – und genau das muss auch unser Ziel sein!

Wir dürfen nicht darüber jammern, dass Europa bei den Bürgern noch nicht angekom­men sei, wenn die politische Ebene dafür zu wenig tut und wenn wir gerade bei einer so wichtigen Entscheidung, wie es die neue Europäische Verfassung ist, das sozu­sagen in Kameralistik abhandeln wollen. Ich halte es für notwendig, dass wir eine Volksabstimmung auf europäischer Ebene in die Wege leiten können und dass wir diese neue Europäische Verfassung auch kampagnisieren, dass wir sie übersetzen, dass wir sie für die Bürger unseres Landes verständlich machen. Ich glaube, das ist


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unsere Verpflichtung als Politiker in dieser Causa, und diese Verpflichtung sollten wir wahrnehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen treten für diese neue Verfassung für Europa ein, werden aber ihre Realisierung und ihre Interpretation kritisch begleiten, um die Interessen der Republik Österreich zu gewährleisten. Aber wir wollen auch eine Miteinbeziehung der österreichischen Bevölkerung. Wir treten daher für eine Volksab­stimmung ein! Ich möchte Sie alle bitten, meine Damen und Herren, uns Freiheitliche dabei zu unterstützen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.19

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, teile ich mit, dass die Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung über die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren zum Bau des EM-Stadions Klagenfurt erhobenen Vorwürfe einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Absatz 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Absatz 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Er­ledigung der Tagesordnung statt.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek ans Rednerpult. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.19.48

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren auf der Galerie und vor den Fernsehern! Hohes Haus! Der Finanzminister hat aus seiner schriftlich vorliegenden Rede zwei kurze Sätze ausgelassen, die wir sehr gerne aus seinem Mund gehört hätten, und die möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Die hießen nämlich: „Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Es ist Diebstahl an der Allge­meinheit.“ (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich hoffe sehr, dass der Finanzminister mit dem Auslassen dieser beiden Sätze sich nicht von deren Inhalt distanziert hat (Beifall bei den Grünen) oder distanzieren wollte. (Abg. Mag. Molterer: Zur Sache!)

Lassen Sie mich nun zum Thema „Ermächtigungsgesetz für den Europäischen Verfas­sungsvertrag“ kommen.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was vor dem Beginn des Prozesses zu dieser Europäischen Verfassung stand? – Es war das Scheitern von Nizza, das Scheitern einer Regierungskonferenz, wo in einem nächtlichen „Interessensbasar“, einem Basar nationaler Interessen die nationalen Regierungen daran gescheitert sind, für diese Europäische Union einen neuen Vorschlag zu machen, einen Vorschlag, der tatsäch­lich Demokratiebeteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bedeutet und uns auch einen Schritt weiterbringt von der Wirtschaftsunion, auf welcher diese Europäische Union aufgebaut ist, hin zu einer tatsächlich politischen Union. Es war dieses Scheitern von Nizza, woran auch diese Bundesregierung beteiligt war, dieser Interessensbasar, nämlich, sich populistisch an nationalen Interessen zu orientieren und das europäische


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Ganze aus dem Blick zu verlieren, es überhaupt nicht mehr im Kopf zu haben. Daraus ist die Idee entstanden, einen Europäischen Konvent einzurichten, wo eine Mehrheit von Parlamentarierinnen – es waren leider nicht sehr viele Frauen, aber dennoch einige – und Parlamentariern vertreten war, die dort in einem ganz eigenen und ganz neuen Verfahren einen Entwurf gemacht haben. Dieser wäre – das verhehle ich nicht – auch uns Grünen noch lieber als das, was jetzt als Verfassungsentwurf vorliegt.

Was ist dann geschehen? – Die Regierungskonferenz ging noch einmal drüber – auch diese Bundesregierung und der Bundeskanzler waren dabei – und hat leider einige Dinge noch rausgenommen (Abg. Mag. Molterer: Einige Verbesserungen gemacht!), zum Beispiel den Vorschlag für die Abhaltung einer europäischen Volksabstimmung, meine Damen und Herren. Das, was der Kollege Scheibner ... (Abg. Scheibner: Ich komme erst dran!) Oder war es der Kollege Bösch? Pardon! – Das, was Kollege Bösch vorhin gesagt hat, nämlich, die Freiheitlichen wären für europäische Volksabstimmung, hätte diese Bundesregierung schon während der Regierungskonferenz einfordern kön­nen. Sie hätte schon damals Allianzen in den anderen europäischen Staaten suchen können, zumal auch einige andere Staaten wollten, dass das, was im Entwurf stand, auch tatsächlich kommt. Dann würde es jetzt die Möglichkeit geben, dass das euro­päische Volk gemeinsam, am selben Tag, über diesen Vertrag abstimmt. Dadurch würde tatsächlich diese europäische Idee auch bei einer Volksabstimmung Gewicht bekommen. Aber diese Chance hat diese Bundesregierung vertan, meine Damen und Herren. Das hätten Sie erreichen können! Leider haben Sie es vertan.

Genauso wussten Sie zu verhindern, dass hier im Nationalrat, wie auch im Verfas­sungsausschuss Mitte Februar, eine Petition behandelt wird, die eine Volksabstim­mung vorsieht. Wir haben den Wunsch unterstützt, dass das im Nationalrat behandelt wird. Die Regierungsfraktionen hingegen waren dagegen. Sie wollten das nicht! Sie haben gesagt: Nein, nicht einmal reden wollen wir darüber! Also sagen Sie uns nicht, dass Sie für eine europäische Volksabstimmung gewesen wären. Sie haben es nicht versucht – und über eine Volksabstimmung in Österreich wollten Sie nicht einmal diskutieren. Für uns ist klar: Wir wollen eine Volksabstimmung auf europäischer Ebene, und dafür werden wir uns auch weiterhin einsetzen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wo?)

Genauso treten wir Grüne mit einem kämpferischen Ja für diese Verfassung ein. Es gibt einige Punkte, die uns daran nicht so gut gefallen, aber im Ganzen ist es ein Fun­dament für eine europäische Demokratie. Diese Verfassung verankert Grundrechte, die EU wird ein völkerrechtliches Subjekt, zum ersten Mal in der Geschichte der Men­schenrechte werden die sozialen Rechte zu klassischen Menschenrechten erklärt. Die Garantie, dass Menschen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen nicht mehr diskriminiert werden dürfen, steht drinnen. Das Gleichstellungsgebot von Frau und Mann wird verstärkt – das ist notwendig, gerade auch im Falle Österreichs. Andere Ziele sind: nachhaltige Entwicklung, umfassender Friedensauftrag, gerechter Welthandel und vieles andere mehr. Aber auch zivile und militärische Konfliktpräven­tion in der Verteidigungspolitik sind darin verankert, sie werden von dieser Verfassung erstmals auf die gleiche Stufe gehoben, und zwar Konfliktprävention überhaupt als Teil von Friedenspolitik. Das ist einer von mehreren Gründen, warum wir ein kämpferisches Ja für diese Verfassung aussprechen und uns dafür einsetzen werden, dass sie in Zukunft weiter verbessert wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundeskanzler. Ich erteile es ihm.

 



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11.25.21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Ich darf erklären, warum diese neue Europäische Verfassung so wichtig ist. Die alte Verfassung ist einfach nicht mehr zeitgemäß für eine Union, die 25 Mitgliedsländer umfasst. Die Verfahren sind extrem kompliziert, es gibt, soweit ich weiß, 27 verschiedene Mitbestimmungsverfahren zwi­schen dem Rat, dem Parlament und allen anderen Institutionen. Es gibt immer noch die völlig undurchschaubare Drei-Säulen-Struktur: Die erste Säule ist das Gemein­schaftsrecht, die zweite Säule sind die reinen Maßnahmen, etwa in der Außenpolitik, die zwischen den Regierungen, sozusagen zwischenstaatlich ausgehandelt werden, und die dritte Säule ist eine Art Mischform. Es gibt unzureichende Antworten auf gera­de jene Fragen, die die europäischen Bürger – auch die österreichischen – besonders bewegen, wie etwa Fragen betreffend Wirtschaft, Arbeitsplätze oder auch innere Sicherheit. Insgesamt bietet die alte Verfassung sehr viele Blockademöglichkeiten. So kann durch das Prinzip der Einstimmigkeit praktisch einer alles blockieren, wenn ihm irgendetwas nicht passt, und das ist, glaube ich, in einer Union, die weiterkommen will, nicht sinnvoll. Daher ist eine neue Verfassung ausgearbeitet worden.

Diese Verfassung ist durch einen Konvent vorbereitet worden, von über 100 Mitarbei­tern, und Giscard d’Estaing hat dann einen hervorragenden Entwurf vorgelegt, der aus österreichischer Sicht zu 95 Prozent akzeptabel gewesen ist, und dieser Entwurf konnte in einigen Punkten auch noch verbessert werden.

Ich möchte allen Konventmitgliedern – es sind einige hier –, insbesondere Farnleitner, Einem, Bösch und Voggenhuber, ausdrücklich danken. Mein Dank gilt aber auch allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in den Arbeitskreisen mitgewirkt haben. Sie alle haben eine gute Arbeit für Europa und für Österreich geleistet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen sowie Beifall bei den Grünen.)

Man muss auch dazusagen: Mit über 100 Mitgliedern kann man nicht wirklich alles basisdemokratisch abstimmen und im Konsens machen. (Abg. Mandak: O ja!) Nein! Der ganze Teil drei ist im Konventsplenum überhaupt nie diskutiert worden – um hier mit einer Legende aufzuräumen. Daher war es sehr sinnvoll und notwendig, dass dann die wirklich verfassungsrechtlich Befugten, nämlich der Rat, die Regierungskonferenz und das Europäische Parlament, sehr eng zusammengearbeitet haben, und wir haben jetzt, die Europäische Union gemeinsam mit den nationalen Parlamenten, einen Ent­wurf, der meiner Meinung nach wirklich tragfähig ist.

Was bringt der neue Verfassungsentwurf? – Er bringt vor allem die langumkämpfte Integration der Grund-, Freiheits- und Bürgerrechte in die einklagbare Europäische Verfassung. In Hinkunft wird ein europäischer Bürger, wenn er direkt betroffen ist, bis zum Europäischen Gerichtshof gehen können, um sein Recht einzuklagen. Da waren wir Österreicher übrigens federführend, denn wir haben ein sehr weit ausgebautes indi­viduelles Klagsrecht für unsere Bürger, und wir haben uns mit diesem Bereich durch­aus durchgesetzt.

Ein neuer Europäischer Außenminister wird geschaffen, die Institutionen werden abge­schlankt, die Verfahren werden vereinfacht, in Summe werden die Blockademöglich­keiten deutlich reduziert, und die Union der 25 gewinnt wieder eine Entscheidungskraft, wie sie früher einmal die Union mit neun Mitgliedsländern gehabt hat.

Das soll man nicht gering achten! Es ist dies eigentlich ein ganz großer Wurf, der da gelungen ist. Natürlich ist es ein Kompromiss! Auch wir haben nicht alle Vorhaben, die wir uns gemeinsam vorgenommen haben, zu hundert Prozent durchsetzen können, aber insgesamt sind wichtige Prinzipien, wie die Gleichheit der Mitgliedstaaten, die Aufwertung der nationalen Parlamente, der Schutz der Minderheiten, die Gerichtshof­kontrolle für Ratsbeschlüsse, erreicht worden.


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Gewisse wichtige Fragen unterliegen weiterhin der Einstimmigkeit, wie etwa die der Energienutzung oder die der Verwendung des österreichischen Wassers oder die Re­gelung von Grund und Boden und die Daseinsvorsorge. Es sind also sehr vernünftige Dinge in diesen neuen Verfassungsentwurf eingebracht worden.

Ich freue mich sehr, dass wir, wie ich vermute, heute einen einstimmigen Beschluss für das Ermächtigungsgesetz und demnächst Einstimmigkeit für den Verfassungsvertrag selber bekommen werden, denn das ist auch ein gutes Signal dafür, dass Österreich sein Verhandlungsergebnis – als eines von 25 – wirklich ernst nimmt. Die Parlamen­tarier haben über den Hauptausschuss, den Europaausschuss und über die diversen Zwischeninformationen auch sehr intensiv mitgearbeitet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Erlauben Sie, dass ich abschließend noch ein Wort betreffend Volksabstimmung sage. Ich verhehle nicht meine Skepsis, dass das, was wir jetzt haben, nämlich einen euro­papolitischen Fleckerlteppich, 10 Länder stimmen mittels Plebiszit ab, 15 Länder stim­men nicht ab, eigentlich unbefriedigend ist. Ich meine auch, dass sich die Komplexität dieser Materie nicht wirklich für 25 einzelne Volksabstimmungen eignet. Was ich immer für richtig gehalten habe – Sie wissen es, ich habe es hier auch oft gesagt –, ist: Wenn wir zum ersten Mal eine Europäische Verfassung oder einen Verfassungsvertrag haben, dann wäre es durchaus sinnvoll, das europäische Volk damit zu konfrontieren, und zwar weniger wegen des Details in Artikel III Abs. 24 lit. 10. Die Details sind nicht der Punkt, aber zum ersten Mal eine Europäische Verfassung vom populus, vom euro­päischen Volk zu legitimieren, das halte ich für sinnvoll. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe mich massiv dafür eingesetzt, habe leider – ich sage es hier – null Unterstüt­zung gefunden. (Abg. Mag. Lunacek: Sie haben sich zu spät dafür eingesetzt!) Frau Abgeordnete Lunacek, es wird durch Wiederholung nicht wahrer, was Sie hier gesagt haben. Zu behaupten, dass Österreich im Konvent oder in der Regierungskonferenz eine europäische Volksabstimmung verhindert hat, ist einfach lächerlich. Es ist falsch! (Abg. Mag. Lunacek: Sie haben sich zu wenig dafür eingesetzt!) Ich habe mich – nachweisbar! – immer dafür eingesetzt. Bitte, nehmen Sie es wenigstens heute, bei dieser einstimmigen Beschlussfassung zur Kenntnis! Ich würde mich sehr darüber freuen, Frau Abgeordnete. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich bin zutiefst davon überzeugt: Eine europäische Volksabstimmung wird eines Tages kommen. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen. Sie soll sich etwa am Modell der Schweiz orientieren, das heißt, nicht 25 oder 30 Blockademöglichkeiten, sondern: dop­pelte Mehrheit, Mehrheit der europäischen Bevölkerung und Mehrheit der Staaten, ebenso wie es die Schweiz hervorragend vorexerziert. Ich werde weiter dafür kämpfen. Diesmal ist es nicht gelungen, aber ich hoffe, dass jetzt langsam, auch durch die Erfahrungen der einzelnen nationalen Volksabstimmungen, die Einsicht wächst, dass das eigentlich ein richtiger Weg wäre. Ich danke nochmals für die Zusammenarbeit und bitte um gemeinsame Beschlussfassung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.32

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht der Herr Vizekanzler. Seine Redezeit beträgt 8 Minuten; 1 Minute vor Ende der Redezeit leuchtet das Licht. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


11.32.29

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Regierungskollegen! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Man kann natürlich viele Entwicklungen im Bereich der Europäischen Union kritisch hinterfragen. Man kann die Chancen im Zuge der


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Erweiterung deutlicher und die Risken weniger sehen oder umgekehrt. Auch die neue Europäische Verfassung bietet Gelegenheit dazu.

Meine Damen und Herren! Ich denke, einiges in der Europäischen Verfassung ist noch nicht gelungen und kann kritisch hinterfragt werden, doch die Europäische Verfassung stellt eine neue Qualität dar, die Europa mit mehr Transparenz versieht und Europa, vor allem den EU-Mitgliedsstaaten, auch mehr Sicherheit in Bezug auf die Souveränität bietet.

Durch den europäischen Verfassungsvertrag werden die Gründungsverträge verein­facht und auch neu geordnet. So schreibt die Europäische Verfassung erstmals die Werte der Union ausdrücklich fest; Werte wie die Achtung der Menschenwürde, Frei­heit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Wahrung der Menschenrechte, Minderheiten­rechte, das Diskriminierungsverbot sowie Gleichheit von Männern und Frauen. Mit der Verankerung der Charta der Grundrechte im Verfassungsvertrag werden klassische bürgerliche und politische sowie auch soziale Rechte nunmehr auch verbindlich.

Der europäische Verfassungsvertrag schafft erstmals die Möglichkeit eines freiwilligen Austritts eines EU-Mitgliedstaates aus der Europäischen Union. Bei einem entspre­chenden innerstaatlichen Beschluss ist nunmehr geregelt, was bisher höchst umstrit­ten, weil eben ein ungeregelter Bereich, war.

Der europäische Verfassungsvertrag schafft auch ein neues Verfahren, das zur An­wendung kommen soll, wenn die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Werte der Europäischen Union durch einen EU-Mitgliedstaat gegeben ist. Diese neue Regelung, meine Damen und Herren, verhindert, dass vertragswidrige und will­kürliche Sanktionen gegen EU-Mitgliedstaaten erfolgen, wie das zum Beispiel im Jahr 2000 zu Unrecht gegen Österreich der Fall war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der neue europäische Verfassungsvertrag stärkt des weite­ren die Befugnisse des Europäischen Parlaments. Er bringt mehr an Demokratisierung der Europäischen Union und eine Stärkung des von Bürgerinnen und Bürgern der Union gewählten Vertretungsorgans. Das Mitentscheidungsverfahren wird auf weitere Politikbereiche ausgedehnt. Das Entscheidungsrecht des Europäischen Parlaments bei der Festlegung der Finanzen der Union wird deutlich erweitert und dadurch gestärkt.

Ein ganz wesentlicher Punkt scheint mir aber die Stärkung des Rechtssystems der Europäischen Union zu sein. Der europäische Verfassungsvertrag schafft eine Über­prüfbarkeit der Handlungen des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten durch den Europäischen Gerichtshof. Das bedeutet eine entscheidende Ver­besserung des Rechtsschutzes des Einzelnen gegen Rechtsakte der Europäischen Union.

Für die Stellung der nationalen Parlamente im Gefüge der Europäischen Union ganz wesentlich ist aber auch die Einführung eigener Verfahren zur Überprüfung der Einhal­tung der Subsidiarität durch den europäischen Verfassungsvertrag. Zukünftig wird es, meine Damen und Herren, jedem einzelstaatlichen Parlament zustehen, Vorschläge der Europäischen Kommission zu beeinspruchen, wenn ein Verstoß gegen das Sub­sidiaritätsprinzip vermutet wird.

Mit der Bürgerinitiative wird auch ein neues Instrument geschaffen, nämlich erstmals ein Mittel der direkten Demokratie innerhalb der Europäischen Union. Auch das ist auf der Habenseite gutzuschreiben.

Meine Damen und Herren! Im Bereich der Europäischen Sicherheits- und Verteidi­gungspolitik schafft der europäische Verfassungsvertrag eine Solidaritätsklausel bei Katastrophen und Terroranschlägen sowie eine wechselseitige Beistandsgarantie, die


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gerade auch bei uns heftig diskutiert wurde; eine Beistandsgarantie bei bewaffnetem Angriff, wobei ein neutraler Mitgliedstaat wie Österreich selbst entscheidet, ob und, wenn ja, in welchem Umfang er Beistand leistet.

Ich sage an dieser Stelle deutlich, dass sich die FPÖ immer für eine Beistandsgarantie im Rahmen der Europäischen Union ausgesprochen hat, wenn es darum geht, den Frieden für Europa und den Frieden in Europa zu sichern und damit auch die Sicher­heit in unserem Lande zu garantieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Hohes Haus! Lassen Sie mich abschließend ein Thema ansprechen, dessen Proble­matik weder im Konvent noch bei der Regierungskonferenz zum europäischen Verfas­sungsvertrag gelöst werden konnte. Stichwort: Euratom. Der Euratom-Vertrag bleibt auch in der neuen EU-Verfassung ein selbständiger Vertrag mit eigener Rechtspersön­lichkeit, und das ist, wie ich meine, auf längere Sicht eine völlig unzufriedenstellende Situation. Das fragmentarische Euratom-Protokoll erfüllt nicht die Zielsetzung, die Europäische Union demokratischer, effizienter und transparenter zu machen. Lang­fristiges Ziel muss es daher weiterhin sein, das schrittweise Auslaufen des Euratom-Vertrages zu erreichen.

An dieser Stelle möchte ich grundsätzlich schon jetzt für alle folgenden Diskussionen zu diesem oder ähnlichen Themen festgestellt haben, dass aus meiner Sicht die Euratom-Gelder ausschließlich für die Stilllegung von Anlagen verwendet werden müs­sen und zukünftig ausdrückliche Rechtsgrundlagen für europaweite Sicherheitsstan­dards geschaffen werden müssen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit dem europäischen Verfassungsvertrag erhält die EU eine klare rechtliche Struktur. Es wird in kodifizierter Form eine Verfas­sung verankert werden, die die Kompetenzen festschreibt, Verfahren nominiert, Grund­rechte deklariert und somit zu mehr Rechtssicherheit und mehr Demokratie führt. Die Europäische Verfassung garantiert aber auch den Mitgliedstaaten ihre Souveränität und Eigenstaatlichkeit – leben und mit Leben erfüllen müssen wir diese Verfassung und auch das Europa der Regionen schon selbst.

Ich selbst hätte mir auch eine Volksabstimmung darüber gewünscht, allerdings auf europäischer Ebene. Wie schon gesagt: Hoffentlich müssen wir nicht mehr lange dar­auf warten, dass derartige europaweiten Abstimmungen Realität sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.39

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Baum­gartner-Gabitzer. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


11.40.00

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Damen und Herren Mitglieder der Bundesregierung! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem heu­tigen Ermächtigungsgesetz beschließen wir – Gott sei Dank, wie ich annehme, einstim­mig – die verfassungsrechtliche Grundlage für die Ratifizierung der EU-Verfassung. Es ist dies die gleiche Vorgangsweise, die wir bereits beim Amsterdam-Vertrag, beim Nizza-Vertrag und bei der EU-Erweiterung gewählt haben, und diese Vorgangsweise ist sowohl politisch als auch juristisch korrekt.

Eine Volksabstimmung darüber ist aus unserer Sicht in Österreich verfassungsrechtlich nicht notwendig. Auch die überwiegende Anzahl der Lehrenden in Österreich gibt uns in dieser Meinung Recht; es gibt eine einzige Lehrmeinung, die sagt, eine Volksab­stimmung wäre notwendig. Eine Volksabstimmung in Österreich ist laut österreichi­scher Verfassung dann notwendig, wenn die Baugesetze unserer Verfassung verletzt


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oder aufgehoben werden, und das ist da nicht der Fall. Die Baugesetze – das republi­kanische Prinzip, das demokratische Prinzip und das rechtsstaatliche Prinzip – bleiben voll erhalten und werden ausgebaut! (Beifall bei der ÖVP.)

Daher hat – und auch ich bin dieser Meinung – in diesem Fall das Parlament, zu ent­scheiden. Wir sind vom Volk Delegierte, wir müssen die Verantwortung dem Volk gegenüber wahrnehmen und auch Entscheidungen im Sinne des Volkes treffen.

Die Europäische Verfassung ist aus meiner Sicht – und das wurde von fast allen meiner Vorredner auch so gesehen – ein Erfolgsmodell, ein historischer Erfolg. Sie ist ein Zeichen dafür, dass sich Europa weiterentwickelt. Europa basiert auf Werten wie Toleranz, Nicht-Diskriminierung, Gleichstellung und Solidarität, und wenn wir die Europäische Verfassung ratifizieren, wenn wir dieser Verfassung zustimmen, dann wird Europa in diesen Werten, mit welchen es ein sehr starkes Zeichen gibt, gestärkt, und das kann nur in unserem Interesse sein.

Mit dieser Verfassung geben wir auch ein Signal für Zusammenhalt, für Stärke in Euro­pa ab, und das, denke ich, ist gerade in Zeiten des wachsenden Terrorismus gegen­über allen anderen Regionen der Welt ein sehr wichtiges und sehr starkes Zeichen.

Die Europäische Verfassung sollte aber auch dazu dienen, die Identitätsfindung der EU-Bürgerinnen und -Bürger zu stärken. Auch das sollte eine derartige Verfassung, abgesehen von deren Praktikabilität und deren Notwendigkeit, signalisieren.

Wir haben uns in Österreich vor einigen Jahren mit großer Mehrheit dafür entschieden, der EU beizutreten. Damals war eine Volksabstimmung wichtig und auch richtig. Jetzt geht es um die Weiterentwicklung der EU, um die Praktikabilität, um die Stärke der EU, da haben wir meiner Meinung nach keine andere Alternative, als – und das ist das Allerwichtigste – zu dieser Verfassung zu stehen und sie auch in Zukunft entsprechend zu unterstützen.

Österreich ist ein kleiner Teil eines großen Ganzen. Wir haben uns immer wieder ein­gebracht und bringen uns auch sehr engagiert ein. Die österreichische Bundesregie­rung hat viele Vorschläge, viele Überlegungen durchgesetzt. Wir finden, als kleines Land sind wir in einem großen Ganzen sicherer, sind wir dort richtig aufgehoben, und daher wird die Österreichische Volkspartei diesen Weg der Ratifizierung der EU-Verfassung weitergehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


11.44.00

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Öster­reich hat zur Ratifizierung völkerrechtlicher Verträge – und auch bei der Europäischen Verfassung handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag – im Rahmen der EU ein zweistufiges Verfahren gewählt, und zwar auf Grund dessen, dass völkerrechtliche Verträge, die verfassungsändernde Bestimmungen beinhalten, gesondert gekenn­zeichnet sein müssten. Angesichts der umfangreichen Bestimmungen, inwieweit die EU-Verträge auf das österreichische Recht Einwirkung haben, hat man sich auf dieses zweistufige Verfahren geeinigt. Man fasst zuerst einen Beschluss darüber, dass man diesen Vertrag abschließen darf. Wir befinden uns in der ersten Stufe dieses zweistufi­gen Verfahrens.

Einen Beschluss darüber zu fassen, dass man dann letztendlich einen Vertrag ab­schließen darf, bedeutet eine zweifache Kontrolle des zur Genehmigung anstehenden


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völkerrechtlichen Vertrages durch den österreichischen Verfassungsgesetzgeber, und ich halte diese Vorgangsweise für eine sehr weise und kluge Vorgangsweise.

Diese Vorgangsweise inkludiert aber auch, dass man sich mit diesen Verträgen auf parlamentarischer Ebene sehr gewissenhaft auseinander setzen muss und alle Ein­wendungen entsprechend berücksichtigen sollte. Natürlich kennen wir alle die Petition, die für die Genehmigung dieses Vertrages eine Volksabstimmung verlangt. Ich glaube aber nicht, dass eine Volksabstimmung notwendig ist, weil schon bisher durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes das europäische Recht Vorrang vor dem nationalen Recht hatte und somit jene Artikel, die nach so mancher Lehrmeinung eine Änderung der österreichischen Baugesetze herbeiführen, in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes bereits vorweggenommen sind.

Somit geht dieses Argument ins Leere. Man kann durchaus davon ausgehen, zumal man auch bis jetzt mit dieser Regelung gelebt hat, dass durch die Europäische Verfas­sung keine Veränderung der österreichischen Verfassung stattfinden wird.

Darüber hinaus haben meine Vorredner schon klargelegt, dass die Europäische Ver­fassung durchaus ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, nämlich für mehr Bür­gerrechte, für mehr parlamentarischen Einfluss, ist. Die Bürgerrechte werden dadurch gestärkt, dass es nach dieser Verfassung eine Volksinitiative geben wird, dass die Möglichkeiten des Europäischen Parlaments gestärkt werden, sodass die gewählten Mandatare des Europäischen Parlaments auch Einfluss auf die Politik der Europäi­schen Union nehmen können, und zwar vermehrt. Ich glaube, dass dies ein richtiger Schritt in die richtige Richtung ist.

Zu erwähnen ist auf alle Fälle die Grundrechts-Charta, die nunmehr über einklagbare Grundrechte verfügt. Es ist zu erwähnen, dass die Daseinsvorsorge in dieser Ver­fassung verankert wurde, ebenso der Schutz der Minderheiten. Außerdem wurden die Rechtssysteme und die Kontrolle der Rechtsentscheidungen verstärkt.

Im Wesentlichen kann man davon ausgehen, dass diese Verfassung eine Verbesse­rung der Bürgerrechte bringt, eine Verbesserung der nationalstaatlichen Eingriffsmög­lichkeiten, aber auch eine Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle der Entschei­dungen des Rates.

Ich sehe in diesem Vertrag, der nunmehr als Europäische Verfassung beschlossen werden soll, einen Schritt in die richtige Richtung, wenngleich es auch uns lieber ge­wesen wäre, hätte man über einen derart großen völkerrechtlichen Vertrag eine euro­päische Volksabstimmung zulassen können. Ich glaube, es wäre vernünftig und auch im Sinne der Identifikation der Bürger der Europäischen Union gewesen, eine Volks­abstimmung auf europäischer Ebene stattfinden zu lassen. Eine Volksabstimmung auf nationaler Ebene erachte ich aus den oberwähnten Gründen als nicht notwendig.

Im Verfassungsausschuss ist eine entsprechende Petition zur Behandlung gelandet. Es ist schade, dass diese Petition nicht im Zusammenhang mit dem Beschluss über dieses Ermächtigungsgesetz mitbehandelt wurde, aber wir konnten diese Petition leider nicht verhandeln, weil die Regierungsparteien gegen eine Verhandlung darüber im Verfassungsausschuss waren.

Ich glaube aber trotzdem, dass Österreich einen gewissenhaften, sorgfältigen und sehr, sehr weisen Umgang mit völkerrechtlichen Verträgen der Europäischen Union pflegt, und diese Vorgangsweise ist auch gegenüber den Bürgern zu rechtfertigen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 



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11.49.40

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Ein bisschen ist das schon symptoma­tisch, auch die heutige Beschlussfassung für die Struktur der Europäischen Union: alles sehr, sehr technisch. Selbstverständlich stimmen auch wir diesem Gesetz heute zu, dem Ermächtigungsgesetz, das die Bundesregierung und auch den Nationalrat ermächtigt, die EU-Verfassung zu ratifizieren, aber man merkt doch die tatsächliche Betroffenheit: So mitreißend ist die ganze Angelegenheit nicht! Und das ist schade, denn eigentlich sollten wir uns darüber freuen, dass wir zumindest einen Schritt weiter kommen im Zusammenhang mit der Vertiefung der Europäischen Union, zu einer Verfassung für diese Union, die die Grundlage für die weitere Entwicklung hin zu einer politischen Union, die wir alle haben wollen, bilden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber so wirklich kommt das alles nicht an, auch nicht bei der Bevölkerung. Ich glaube daher, wir hätten da schon einiges zu tun, um den Menschen die Vorteile, aber auch die Nachteile all dieser Projekte näher zu bringen, die Idee, die Vision eines gemein­samen Europas auch als Friedensunion, als Werkzeug dafür, dass auch künftige Generationen auf diesem Kontinent in Frieden, in Freiheit, in Wohlstand leben können. Das sollte, glaube ich, eines der wichtigsten Ziele des Europa-Projektes sein!

Eines der Ziele sollte auch sein, dass wir diesen Friedensgedanken, diesen Sicher­heitsgedanken auch über die Grenzen dieses gemeinsamen Europas tragen! Aber auch da hat sich ja die Europäische Union in sehr vielen Diskussionen in einer Struk­turdebatte verstrickt.

Herr Abgeordneter Einem hat ja auch hier gesagt, in dieser EU-Verfassung wäre einiges drinnen, aber man solle keine Angst haben, denn wir müssten ja nirgends mitmachen, wo wir nicht mitmachen wollten! – Das ist ja kein Fortschritt und das ist ja eigentlich nichts Neues, Herr Kollege Einem, selbst NATO-Mitgliedsländer müssen nicht in militärische Einsätze gehen, wenn sie nicht wollen! Aber wir müssen endlich ohne Wenn und Aber diesen Solidaritätsgedanken innerhalb der Europäischen Union zum Ausdruck bringen, dass dann, wenn ein Land dieser Union bedroht wird – ob das militärisch ist, was wir alle nicht hoffen, ob das im Katastrophenfall oder in anderen Sicherheitsbereichen der Fall ist –, alle die Pflicht haben – die moralische Pflicht! –, dieses Land entsprechend zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Kollege Einem! Da ist es völlig verfehlt, wieder eine Neutralitätsberuhigungsde­batte zu führen, denn die Neutralität, von der die Österreicher glauben, dass dadurch ihre Sicherheit garantiert ist, haben Sie spätestens 1998 mit der Verfassungsnovelle abgeschafft, durch die Österreich in die Lage versetzt wurde, auch ohne UNO-Mandat an europäischen Sicherheitsmaßnahmen teilzunehmen. – Aber das sollte ja nicht der Kern dieser Debatte sein.

Wir haben in dieser Verfassungsdiskussion einiges an Kritik eingebracht, begrüßen aber, dass es diese Verfassung gibt – da ist man Österreich schon voraus, denn in Österreich ist es leider bis jetzt nicht gelungen, auch nicht im Verfassungs-Konvent, einen Konsens über eine neue Verfassung zu finden.

Auf europäischer Ebene gibt es gute Regelungen, wir haben uns Gott sei Dank durch­gesetzt etwa bei der Aufrechterhaltung des Einstimmigkeitsprinzips in essentiellen Fragen, aber es gibt leider Defizite im Bereich der direkten Demokratie. Auch ich be­dauere es, dass dieses wichtige Projekt einer gemeinsamen Europäischen Verfassung nicht durch ein Plebiszit, also durch eine europaweite Volksabstimmung abgesegnet werden kann.


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Wenn ich höre, dass auch die Sozialdemokraten hier dafür sind, muss ich fragen: Wo sind denn die sozialdemokratischen Parteien Europas, wenn es darum geht, für diese Instrumente der direkten Demokratie Stimmung zu machen? Wo ist die große Fraktion der Konservativen in Europa, wenn es darum geht, direkte Demokratie in der Praxis umzusetzen? – Ich glaube den österreichischen Regierungsvertretern, dass sie die Einzigen waren – leider die Einzigen! –, die das entsprechend umgesetzt haben woll­ten.

Ich sage Ihnen: Auch mir gefällt es nicht, dass wir jetzt zehn einzelne Volksabstimmun­gen haben, denn diese Verfassung ist eine gesamteuropäische Frage! Anders ist es bei Erweiterungsfragen wie betreffend die Türkei, da geht es um die Rechte und die Interessen der Einzelstaaten, der Nationalstaaten! Da muss es aus unserer Sicht verpflichtend nationale Volksabstimmungen geben! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie Beifall der Abgeordneten Mag. Molterer und Dr. Stummvoll.)

Ich sage Ihnen Folgendes: Auch wenn es diese europaweite Volksabstimmung leider nicht gibt und zehn Mitgliedsländer nationale Volksabstimmungen durchführen, sollte nicht ausgeschlossen sein, dass in Österreich darüber eine nationale Volksabstim­mung durchgeführt wird. Jetzt hier mit der repräsentativen Demokratie zu kommen, ist zwar ein Argument, keine Frage, aber in essentiellen Fragen der Bevölkerung zu sagen: Darüber werden wir schon für euch die Entscheidung treffen, das ist ohnehin zu kompliziert!, entspricht nicht meinem Demokratieverständnis. – Aber dass gerade die Sozialdemokratie, die sogar über Verwaltungsakte hier eine Volksabstimmung ver­langt, diese jetzt hier in Abrede stellt, ist etwas unverständlich.

Also aus unserer Sicht: Zustimmung zu dieser Verfassung – bei aller Kritik (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) –, aber die Forderung, dass die Instrumente der direkten Demokratie auch auf europäischer Ebene eingeführt werden müssen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Rede­zeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


11.55.21

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Werte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Europäischen Verfassung wird eine langjäh­rige Forderung beziehungsweise ein Wunsch der Grünen erfüllt. Wesentliche ... (Abg. Großruck: Da freuen wir uns aber!) Nicht nur der Grünen, aber auch der Grünen, allen voran des Johannes Voggenhuber, der bei Freund und Gegner als Kenner der Euro­päischen Union und als wirklicher Vorkämpfer für eine Europäische Verfassung gese­hen wird. An dieser Stelle an ihn auch einen herzlichen Dank! (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich ist diese Europäische Verfassung ein großer Fortschritt. Unser Wunsch nach einer Friedensunion, nach einer Sozialunion hat sich teilweise, in ganz massiven Teilen in dieser Verfassung erfüllt.

Es ist ein demokratiepolitischer Fortschritt, dass das Europäische Parlament nun we­sentlich umfangreichere Mitentscheidungsrechte bekommen hat, als es vorher hatte. Bisher hatte das Europäische Parlament nur sehr eingeschränkte Rechte, daher ist es wichtig, dass nun die europäischen Bürger und Bürgerinnen über die Parlamente die Möglichkeit haben, auch wirklich Einfluss zu nehmen. – Das ist einer der großen Fort­schritte.

Ein zweiter großer Fortschritt ist die Charta der Grundrechte – es wird erstmals auf europäischer Ebene die Möglichkeit gegeben, soziale Grundrechte einzuklagen –, auch wenn wir von einer europäischen Sozialordnung noch weit entfernt sind.


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Es gibt eine ganze Menge kritischer Punkte, die auch die Grünen immer wieder thematisiert haben, sie finden sich vor allem im dritten Teil der Verfassung – also nicht im grundsätzlichen Teil, sondern eher dort, wo es um die konkrete Umsetzung geht. Diesem Teil wird auch nachgesagt – aus meiner Sicht richtigerweise nachgesagt –, dass er starke neoliberale Aspekte enthält. (Abg. Scheibner: Das ist ja etwas ganz Furchtbares!) Es geht da um die Liberalisierung der Dienstleistungen. Es ist sicher auch die Bindung an den Stabilitätspakt in gewissen Bereichen problematisch, trotz­dem muss man festhalten, dass die Anerkennung des Rechts auf Dienstleistungen von öffentlichem Interesse, also die so genannte Daseinsvorsorge, erstmals in einer Euro­päischen Verfassung verankert ist. Das heißt, der Zugang zu diesen Dienstleistungen soll für alle gesichert werden.

Es ist das Gebot der Gleichstellung von Frauen und Männern verstärkt worden, was, wie ich glaube, eine sehr wichtige und notwendige Sache ist, auch wenn wir sehen, wie zum Beispiel gerade in Österreich, aber durchaus auch in vielen anderen Ländern, die Schere, was das Einkommen von Männern und Frauen betrifft, auseinander geht.

Es gibt eine Verpflichtung zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und Diskriminie­rung, die in dieser Europäischen Verfassung festgehalten ist.

Das heißt, wir können davon ausgehen, dass von dieser Verfassung positive Impulse auf die nationalen Ebenen ausgestrahlt werden, das heißt, dass durchaus auch wir in Österreich von den grundsätzlichen Verbesserungen der Europäischen Verfassung profitieren werden.

Ein wichtiger Punkt, der nicht in der Verfassung enthalten ist, wo wir aber glauben, dass es sehr wichtig ist, dass er nicht in der Verfassung verankert ist, ist EURATOM. EURATOM ist als eigenes Dokument festgelegt worden, hat eben nicht in die Verfassung Eingang gefunden. Es ist die Erfüllung einer Forderung der Grünen, dass EURATOM in der Europäischen Verfassung nicht festgelegt worden ist. Das ist der Ausdruck dessen, dass der Anachronismus dieses Vertrages auf europäischer Ebene durchaus schon gesehen wird, dass man ihn quasi als Anhängsel definiert hat. Damit wird auch festgelegt, dass er nicht diese Wichtigkeit hat und dass auch die Möglichkeit gegeben wird – zumindest theoretisch! –, aus EURATOM auszutreten, ohne aus der Europäischen Union austreten zu müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Verfassung ist alles in allem ganz sicher nicht der Schlusspunkt eines Prozes­ses! Aus unserer Sicht ist sie der Beginn einer weiteren Diskussion, sie ist ein wichtiger Zwischenschritt, der gemacht wird, der erste Schritt zu einer demokratischeren, sozia­leren, nachhaltigeren Europäischen Union. Aber es fehlt noch vieles! Es fehlen eine europäische Friedensordnung und auch eine europäische Sozialordnung mit sozialen Standards, die festgelegt werden, sowie eine zivile Konfliktprävention. Es fehlt die Festlegung in der Umsetzung der sozialen Marktwirtschaft und der Vollbeschäftigung. Da gibt es für uns also noch einige Dinge zu tun. Wir verstehen diesen Beschluss, der in einigen Monaten für die Europäische Verfassung stattfinden wird, als Auftrag zur Weiterarbeit, zur Verbesserung dieser Verfassung. Es wird noch viel Arbeit und noch viel Engagement brauchen, die Europäische Verfassung in diese Richtung zu verbes­sern. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Broukal.)

12.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 789 der Beilagen.


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Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen An­zahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf zu­stimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. Es ist die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzent­wurf ist wiederum einstimmig angenommen.

12.01.513. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 511/A der Abgeordneten Karl­heinz Kopf, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Bundes­gesetz über den Umweltsenat geändert werden (827 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Krainer. Seine Redezeit beträgt 5 Minu­ten. – Bitte.

 


12.02.26

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Gesetzesänderung ist ein fauler Kompromiss für die Umwelt und verschlechtert eindeutig die Umweltgesetze in Öster­reich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir haben vor zehn Jahren hier das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz beschlos­sen, und seither setzen wir uns in Österreich gemeinsam mit allen Betroffenen an einen Tisch und nehmen die Bedenken, die Anliegen der Bevölkerung ernst, schauen auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Projekten und auf die Auswirkungen auf die Umwelt. Ich meine, das ist ein guter Weg.

Noch vor wenigen Wochen haben wir die Rechte der Bevölkerung erweitert, hier mit großer Mehrheit beschlossen, dass sie noch mehr Rechte bekommen soll. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Das Zitat: Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist eine Erfolgsstory!, stammt nicht von mir, sondern das hat Minister Pröll noch vor wenigen Monaten gesagt. Und jetzt soll dieser erfolgreiche Weg des Miteinander-Redens verlassen werden.

Wieso eigentlich? – Red Bull hat in Spielberg ein für die Region sehr wichtiges Projekt eingereicht, und die Mitglieder der Landesregierung von der ÖVP waren mit der Umweltverträglichkeitsprüfung schwer überfordert, salopp gesagt: Sie haben sehr geschlampt! Das war ein großer Rückschlag für die Region. Die Steirerinnen und Steirer erwarten sich, dass die Landesregierung in der Steiermark genauso tüchtig ist, genauso funktioniert wie in vielen anderen Bundesländern und in der Lage ist, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wie das zum Beispiel in Wien und in Niederösterreich gang und gäbe ist.


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Wien hat erst vor kurzem ein sehr großes Projekt, nämlich die Verlängerung der U-Bahn-Linie U2 positiv abgeschlossen – innerhalb von sechs Monaten. Sie werden zugeben, dass es sich hiebei wohl um ein Großprojekt handelt.

Aber die Reaktion der ÖVP in der Steiermark ist nicht, dafür zu sorgen, dass die Ver­waltung funktioniert, sondern sie möchte, dass wir hier beschließen, dass die Rechte der Umwelt und die Rechte der Menschen beschnitten werden. Wir sind der Meinung, dass die ÖVP, wenn sie nicht willens und nicht in der Lage ist, für eine funktionierende Verwaltung in der Steiermark zu sorgen, jenen Platz machen soll, die das können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Herr Bundesminister Pröll! Auch Ihre Rolle in dieser Frage ist bemerkenswert – leider nicht im Positiven. Sie setzen die Interessen Ihrer Partei, die parteipolitischen Interes­sen anscheinend vor jene der Umwelt und der Menschen in Österreich. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) Und das, obwohl auch der Landeshauptmann Ihres Heimat­bundeslandes, Erwin Pröll, diese Gesetzesnovelle massiv kritisiert hat, obwohl die Umweltanwälte in Österreich, egal aus welchem Bundesland, auch aus der Steiermark, diese Novelle ganz massiv kritisiert haben, ja Ihre eigene Parteizeitung, das „Neue Volksblatt“, heute einen vernichtenden Kommentar zu diesem Gesetzesvorschlag gebracht hat. – Sie setzen sich über alles hinweg.

Sie waren auch nicht in der Lage, die EU-Rechtswidrigkeiten, die Verfassungsrechts­widrigkeiten, die wir im Ausschuss sehr detailliert angesprochen (Abg. Großruck: Eure Details kennen wir!) und auf Grund der EU-Richtlinie sehr detailliert zitiert haben, aus dem Weg zu räumen, auszuräumen.

Sie sorgen für große Verunsicherung in der Bevölkerung. (Abg. Großruck: Geh, hör auf!) In Niederösterreich gibt es Juristen, die bereits prüfen, ob vielleicht die Errichtung der dritten Start- und Landebahn auf dem Flughafen Wien-Schwechat ohne UVP mög­lich wäre – was ich nicht glaube, aber das wird von vielen Menschen bereits befürchtet. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Es gibt zwei Möglichkeiten: Die eine Möglichkeit, die ich in einem modernen Land sehe (Abg. Wittauer: Das sagen Sie nur, weil die Zuschauer hier sind! Das ist eine Lüge! – Ruf: Ordnungsruf!), ist, dass man bei Großprojekten ... – Sie können jetzt im Fern­sehen leider nicht die Zwischenrufe des Kollegen Wittauer verfolgen, aber sie tun ohnehin nicht rasend viel zur Sache. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Rolle, die Sie, Herr Umweltminister, hier spielen, ist, als bekäme ein Arbeitnehmer von seinem Chef eine Lohnkürzung von 100 € angedroht, und vier Wochen später kommt der Chef und sagt: Eh nicht 100 €, sondern nur 50 €! – Und dann erwarten Sie sich, dass der Arbeitnehmer dankbar ist, da er „nur“ 50 € Lohnkürzung hat.

Es bleibt dabei: Diese Novelle bringt, auch mit der Änderung, die Sie heute hier vor­gelegt haben, eine Verschlechterung der Umweltgesetze in Österreich, bringt eine Beschneidung der Rechte der Betroffenen und der Bevölkerung, und dem werden wir sicher nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich sage: In einem modernen Österreich setzt man sich bei Großprojekten mit allen Betroffenen an einen Tisch und nimmt die Anliegen der Menschen ernst. In einem Österreich à la ÖVP tut man das nicht, man redet nicht einmal mehr mit den Menschen und fährt einfach über die Interessen der Menschen und über die Interessen der Um­welt drüber. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und das mit 160!) Wir von der SPÖ entscheiden uns für das moderne Österreich! – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kopf. Herr Abgeordneter, auch für Sie 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg.


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Dr. Gusenbauer: Jetzt hat er es schwer! Das war jetzt so kristallklar, und jetzt kommt Wischiwaschi!)

 


12.07.40

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Österreich ist unbestreitbar, weil durch verschiedene internationale Studien belegt, die Nummer eins in Europa, was Umwelt­qualität und Umweltpolitik anlangt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Öllinger: Das war einmal! – Abg. Dr. Cap: Lange ist es her!)

Dies kommt ja nicht von ungefähr: Die ÖVP stellt in diesem Land seit fast 20 Jahren die Umweltminister. Das heißt, uns vorzuwerfen (Zwischenrufe bei der SPÖ), wir wür­den nicht die Anliegen der Umwelt in diesem Land vertreten, widerspricht jeder ge­schichtlichen Betrachtung und der Realität schlechthin. (Abg. Öllinger: Warum ver­schlechtern Sie dann?)

Zur Sache selbst. Österreich ist nicht nur das Umweltmusterland in Europa, Österreich hat auch eine lange Tradition in der Durchführung von Großveranstaltungen (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Niederwieser), sei es im Bereich des Sports, aber auch der Kul­tur und in verschiedenen anderen Bereichen. Denken Sie beim Sport nur an die Durch­führung von Olympischen Spielen schon vor vielen Jahren in Innsbruck oder jetzt an die Bewerbung von Salzburg! Denken Sie an die Fußball-Europameisterschaft, die wir demnächst ausrichten werden, oder an so tolle Veranstaltungen wie Weltcup-Rennen in Schladming, in Kitzbühel! Das sind nicht nur tolle sportliche Veranstaltungen, meine Damen und Herren, sondern auch Wirtschaftsfaktoren in diesen Regionen, die von dort nicht mehr wegzudenken wären. Was wäre Kitzbühel ohne das Hahnenkammrennen? Was wäre Schladming ohne den Nachtslalom? Was wäre auch die Region Spielberg ohne den A1-Ring? (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Meine Damen und Herren! Wir haben die verdammte Pflicht, diese auch wirtschaftlich so notwendigen Projekte zu ermöglichen – und nicht das zu tun, was die Opposition jetzt hier ständig im Hinblick auf Umweltgesetze versucht. Im Falle der UVP reden wir nur von einem Verfahrensgesetz, wir reden nicht davon, dass wir auch nur eine einzige Umweltnorm nach unten revidieren würden. Ganz im Gegenteil, die bleiben alle un­angetastet! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Aber was wir bei solchen Ereignissen tun wollen, ist, die Verfahren für solche Anlagen so kurz wie möglich zu gestalten, ohne dass wir die Umweltqualität auch nur im Enferntesten beeinträchtigen. Darum geht es und um sonst gar nichts, meine Damen und Herren! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Schauen wir uns die Sache doch im Detail an. Internationale Organisationen wie die FIS, die UEFA, die FIFA und andere vergeben in die Länder der Welt an die dortigen Verbände große Veranstaltungen. Dahinter steckt auch ein großes wirtschaftliches Interesse, und zwar sowohl der Veranstaltungsorganisationen als auch natürlich der jeweils durchführenden Regionen. So gut und toll das UVP-Gesetz im Prinzip ist – es dient der Integration und Abklärung aller Interessen, der Umweltschutzinteressen, der wirtschaftlichen Interessen, der regionalen Interessen –, muss doch gesagt werden, es handelt sich auf Grund dieser Integrationsbemühung auch um ein sehr großes, ein sehr umfangreiches Verfahren, das natürlich oft zehn, zwölf, vierzehn, sechzehn Mo­nate, ja bis zu zwei Jahre dauern kann oder konnte. (Abg. Mandak: Stimmt ja gar nicht!) Wir haben es ja in der letzten Novelle verkürzt. So lange hat es aber oft gedauert. Das ist für gewisse Projekte, die unter Zeitdruck stehen, wo das Gelingen des Projektes oder der Bewerbung für so ein Projekt, das für die Region so wichtig ist, davon abhängt, dass man die Verfahren, die Genehmigungsverfahren schnell abwi­ckeln kann, ein Hindernis oder wäre ein Hindernis. Und wir tun mit dieser Novelle nichts anderes, als dass wir den Umweltschutz unangetastet, nämlich in der Höhe


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lassen, die uns zur Nummer eins in Europa gemacht hat (Ruf bei der SPÖ: Völliger Unsinn!), aber wir verkürzen die Verfahren zur Genehmigung dieser Projekte auf ein Maß, das es Österreich und den österreichischen Gemeinden, Regionen und Ländern weiterhin ermöglichen wird, sich um solche Veranstaltungen und Projekte im Sinne der regionalen Bevölkerung zu bewerben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Glawischnig. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.13.03

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Kopf von der ÖVP hat sich jetzt redlich bemüht, irgendwie zu begründen, warum wir jetzt binnen zwei Wochen eine Novelle des Um­weltverträglichkeitsprüfungsgesetzes durch das Parlament gepeitscht bekommen haben, aber verstehen tut das niemand.

Vor wenigen Monaten war die Welt noch in Ordnung. Da hat der Umweltminister zehn Jahre UVP, zehn Jahre Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich im Palmenhaus in Wien Schönbrunn gefeiert und hat die ganzen Vorteile dieser Umweltverträglichkeits­prüfung gelobt und bescheinigt, wie wunderbar das alles funktioniert.

Noch einmal zu den Fakten: Es wird hier immer so dargestellt, als wäre die Umweltver­träglichkeitsprüfung in Österreich ein Instrument zum Verzögern, zum Verhindern, also etwas Schlechtes. Das Gegenteil ist wahr. Die Umweltprüfung dauert im Durchschnitt zehn Monate und nicht 16, 18 Monate oder zwei Jahre, zehn Monate! Die Umwelt­verträglichkeitsprüfung bringt Vorteile für den Projektwerber, denn es gibt eine einzige Behörde, die den Projektwerber durch das gesamte Verfahren leitet. Die Wirtschaft hat immer gefordert: One-stop-shop – eine ihrer Lieblingsforderungen. Genau das gibt es hier anstatt eines Verfahrens nach Naturschutz, Wasserrecht, Baugenehmigung, Ge­werberecht. Also für den Betreiber ein klarer Vorteil mit einem überschaubaren Zeitrah­men. Es bringt einen Vorteil für die Umwelt, es wird nicht jedes Umweltmedium, etwa Luft, Wasser, extra angeschaut, sondern es gibt eine Gesamtbewertung des gesamten Projektes, und dann versucht man, die Umweltauswirkungen zu minimieren, es besser zu machen, es intelligenter zu lösen.

Dann gibt es auch noch Vorteile für die Bürger, für die Bürgerinnen. Sie erfahren sehr viel früher, was geplant ist, sie sind in das Verfahren eingebunden, ihre Sorgen und Ängste werden ernst genommen. Sie haben die Möglichkeit, nicht nur Einzelinteres­sen, sondern auch Interessen hinsichtlich Naturschutz, Umweltschutz, Lärmschutz auch im Verfahren bis zum Höchstgericht einzuklagen. Das ist der Vorteil für den Bürger und für die Bürgerin. Für Projektbetreiber, für die Umweltsituation und für die Menschen, die rund um so große Projekte leben, ist es also insgesamt ein Vorteil. Das hat der Umweltminister bis vor wenigen Monaten auch so gesehen.

Dann kam Spielberg. Es gibt offensichtlich ein paar Projektbetreiber in Österreich, die sagen: Jeder in Österreich muss die 130-km/h-Grenze einhalten, nur ich möchte gern 200 km/h fahren, für mich soll das nicht gelten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: 160!) Des­wegen machen wir jetzt eine Novelle. Es ist also nicht so, dass wir Projekte an die Umweltsituation und an die Gesetze anpassen, sondern wir passen jetzt – das machen Sie, und das haben Sie zu verantworten – Gesetze an solche Projekte an. Und das ist das Ungerechte. (Beifall bei den Grünen.)

Wird in Niederösterreich, in Wien oder sonst wo eine Müllverbrennungsanlage gebaut, ein Zementwerk errichtet oder irgendeine andere Anlage gebaut, dann muss dort noch


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die Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht werden. Aber für spezielle Leute soll es jetzt Ausnahmen geben.

Wir haben jetzt zwei Monate mit Ihnen darüber gestritten, dass Sie einen glatten EU-Rechtsbruch in Kauf genommen hätten mit einer Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof, unter Umständen mit Pönalzahlungen. Und gestern kommen Sie her und sagen: Okay, wir geben nach, lobt uns! Ich kann Ihnen wirklich nur sagen: Das, was jetzt auf dem Tisch liegt, ist nach wie vor eine so massive Verschlechterung und so unverständlich, gerade aus Sicht eines Umweltministers, dass ich nicht begreifen kann, wie Sie sich hier herstellen und das nur mit einem Beistrich verteidigen können. (Rufe bei der ÖVP: Oh!) Es ist tatsächlich eine massive Aushöhlung, eine massive Ver­schlechterung des Kernstücks des österreichischen Umweltrechtes, dieses Instrumen­tes, das über viele Jahre lang eine wunderbare Zusammenführung von Umwelt-, Bürger- und Projektinteressen, Betreiberinteressen geschafft hat. Das höhlen Sie hier heute aus.

Und das Ärgerlichste ist noch, Sie begründen es mit einem völligen Unsinn. Sie sagen nämlich damit, dass es international für die Standortsicherheit für solche Veranstaltun­gen wie Europameisterschaften, Schirennen und Olympiaden besser ist, wenn man so etwas nicht hat. Ich sage, das Gegenteil ist wahr. Schauen Sie nach Spanien! In Spa­nien wird jetzt die Olympiabewerbung für das Jahr 2012 beworben. Eines der großen Argumente, das Spanien dabei ins Treffen führt, ist: Wir machen eine Olympiade, wo keine einzige zusätzliche Tonne CO2 in die Luft geht, wir machen ökologische Spiele, wie schon im Jahr 2000 in Australien, ökologische grüne Spiele. Und seit 1992 ist das auch beim Internationalen Olympischen Komitee ein zusätzliches Bauprinzip: Kultur, Sport und Umweltschutz gemeinsam zu begreifen.

Ich verstehe nicht, wie Österreich so vernagelt sein kann, da den Weg zurückzugehen. Wir sind ja kein umweltpolitisches Entwicklungsland, wir haben da etwas vorzuweisen. Wir können großartige Europameisterschaften auch ökologisch gestalten, auch im Interesse jener Menschen, die rundherum wohnen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ärgert mich auch, dass Sie wieder anfangen, Umwelt und Wirtschaft gegeneinander auszuspielen, dass Sie Sport und Umwelt gegeneinander ausspielen. Das Gegenteil ist machbar und das Gegenteil ist auch wahr, und wir brauchen genau solche integrative Instrumente wie eine Umweltverträglichkeitsprüfung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend noch: Es ist vermessen, sich heute hier herzustellen nach dem Schluss­punkt und diese Umweltverträglichkeitsprüfung abzuschaffen, nach dem, was all die letzten Monate im Umweltbereich passiert ist, zu sagen: Wir sind Spitzenreiter! (Abg. Mag. Molterer: Stimmt nicht! Wird nicht abgeschafft!) Bei den Treibhausgasemissio­nen – wir werden das Kyoto-Ziel nie mehr erreichen – wir sind 30 Prozent über dem Schnitt, wo wir hinwollen. Sie wollen das erfolgreiche Ökostromgesetz zerschlagen, Sie haben ein Gentechnikgesetz beschlossen, das Freisetzungen in Österreich möglich macht, Sie haben in Brüssel der Kernfusion, also Atomförderung zugestimmt, und Sie lassen es zu, dass nach wie vor Hunderte, Tausende Kinder der Feinstaubbelastung in den Städten ausgesetzt sind. Sie wollen, anstatt etwas dagegen zu unternehmen, einfach die Grenzwerte verdoppeln. Das ist die Umweltpolitik der ÖVP! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Wittauer. Herr Abgeordneter, 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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12.18.32

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Werte Regierungsmit­glieder! Hohes Haus! Frau Abgeordnete Glawischnig, es wird alles abgeschafft, sagen Sie hier heraußen. Es ist schon sehr kühn, was Sie behaupten. Österreich ist und bleibt hinsichtlich Umweltkriterien Umweltland Nummer eins! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie einen Vergleich mit Spanien anstellen, dann muss ich sagen, wer in Spanien war, der weiß, wie dort mit der Umwelt teilweise umgegangen wird. Bitte also diesen Vergleich hintanzustellen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dort möchten wir gar nicht hin­kommen!)

Das, was wir wollen, ist Verfahrensbeschleunigung. Sie kommen hier heraus und sagen – die Österreicher und Österreicherinnen hören das mit an –, die UVP wird ab­geschafft. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich!) Gar nichts! Die Beamten müssen schneller arbeiten, die NGOs müssen bessere Argumente bringen und am Anfang schneller mit den Dingen, mit den Problemen umgehen. Wir wollen, dass Groß­veranstaltungen durchgeführt werden können. Ich möchte daran erinnern, Innsbruck ist bei einer Olympiade eingesprungen. Heute wäre es nicht mehr möglich, das zu machen, was früher gemacht worden ist.

Das Desaster, wie man es in Bormio gesehen hat, möchte ich in Österreich nicht erle­ben. 70 Prozent des gesamten Tourismus sind in Tirol. Österreich präsentiert sich mit diesen Großveranstaltungen nach außen. Und Sie gehen hier heraus und sagen, wir machen Gesetze gegen die Menschen!

Jetzt sage ich Ihnen etwas – ich weiß nicht, wie viele Abgeordnete aus der Steiermark da sind (Abg. Dr. Cap: Alle sind da!) –, die Landesregierung in der Steiermark hat den Anlass dazu gegeben, weil sie schlecht gearbeitet hat. Landeshauptfrau Klasnic hat dort etwas nicht umgesetzt. Wir Abgeordnete fühlen uns verantwortlich, über diesen Anlassfall Spielberg nachzudenken und in der Gesetzgebung etwas zu verändern für die Menschen dort, für die Arbeitsplätze. Es ist noch nicht lange her: Erinnern Sie sich doch an die Situation der Wochenpendler in der Oststeiermark, in Kärnten oder auch im Burgenland! Alles Leute, die ihre Familie am Sonntag Abend oder am Montag in der Früh verlassen haben und erst am Freitag Abend, für das Wochenende also, zurück­gekommen sind! Denken Sie daran, was das für die Familien, was das für die Kinder, was das für die Frauen bedeutet hat!

Sie von der Opposition behaupten, das einzige Kriterium bei diesem Umweltverträg­lichkeitsprüfungsgesetz sei, dass wir jetzt etwas „abschaffen“ würden. – Wir schaffen nicht etwas ab, sondern schaffen etwas neu, nämlich: Arbeitsplätze, Infrastruktur, eben gerade auch bei Großveranstaltungen, Wertschöpfung für die Menschen und so weiter. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Heute ist es doch so – im Gegensatz zu früher –, dass beispielsweise in der Steiermark über 80 Prozent in ihrem Bundesland arbeiten können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Bei der Arbeitsklausur von uns Freiheitlichen wurde selbstverständlich auch über den ländlichen Raum gesprochen: ein unglaublich wichtiges Thema, wie wir in Tirol wissen. Auch in der Steiermark, gerade eben im ländliche Raum, ist es wichtig, Projekte umzu­setzen, und zwar schnell umzusetzen. (Zwischenrufe des Abg. Gradwohl.)

Daher: Was bedeutet das für Spielberg, was bedeutet das für die Menschen dort? Natürlich ist es so, dass die Menschen dort teilweise das Gefühl haben, dass sie von der Politik verlassen wurden. Wir Freiheitlichen werden sie nicht verlassen, denn Ös­terreich soll auch weiterhin beim Thema Umwelt Nummer eins bleiben, ebenso was den Wirtschaftsstandort anlangt. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir wollen die ländlichen Strukturen unterstützen und wir wollen, dass die Menschen dort, wo sie


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geboren wurden, auch bleiben, dass sie dort arbeiten und leben können. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Vorfeld des Ganzen habe ich ja gesehen, wie da von manchen einzuschüchtern versucht wurde und wird, und ich bringe Ihnen dazu ein Beispiel. Gestern waren bei mir NGO-Vertreter; ich sage jetzt nicht einmal den Namen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.) Diese sagten zu mir: Herr Wittauer, ziehen Sie doch diesen Antrag zurück! Und: Bei den drei Großprojekten werden wir nicht vorgehen, die UVP ist dort schnell möglich, aber Sie wissen, dass wir das bei der UVP in die Länge ziehen können! (Rufe: Unerhört! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist der Hintergrund!) Das ist doch ein unseriöser Vorschlag!

Wichtig ist unserer Überzeugung nach, meine Damen und Herren, dass die Menschen eine Zukunft haben, dass die Menschen wissen, wofür wir stehen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.) – Na klar kommen diese NGO-Vertreter auch zu uns! (Neuer­licher Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig.)

Wir von den Koalitionsparteien kümmern uns um die Umwelt. – Sie von der Opposition hingegen verunsichern die Menschen, machen populistische Politik! Das konnte ich gestern gleichfalls feststellen, Frau Abgeordnete Glawischnig, als Sie ... – Jetzt nehme ich dieses Wort lieber nicht in den Mund, denn sonst bekomme ich einen Ordnungsruf; verwenden würde ich es aber schon gern.

Sie von den Grünen, Sie, Frau Abgeordnete Glawischnig, sagen die Unwahrheit, und zwar sagen Sie ganz bewusst die Unwahrheit und nutzen nur aus Populismus das Hohe Haus hier (Abg. Dr. Jarolim: Das ist doch absurd, was Sie sagen!), um zu versu­chen, den Menschen weiszumachen, nur Sie seien für sie da! (Neuerliche Zwischen­rufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir Freiheitlichen werden jedenfalls auch weiterhin unsere positive Politik für die Men­schen, für die Familien, für die Umwelt, für die Regionen, die ja früher ein bisschen vernachlässigt wurden, betreiben beziehungsweise diese natürlich auch umsetzen.

Zusammenfassend: Alle Umweltrechte bleiben gewahrt. Sie von der Opposition wer­den noch all Ihre Vorwürfe zurücknehmen müssen! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas, Frau Abgeordnete Gla­wischnig: Fahren Sie bitte mit uns in die Steiermark und sagen Sie den Menschen dort, die sich auf die Politik verlassen, was Sie den Menschen dort geben wollen! (Prä­sidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Sie, Frau Abgeordnete Glawischnig, werden sich dann verlassen fühlen, und Sie werden sicherlich nicht gewählt werden für das, was Sie heute hier aufgeführt haben! Das verspreche ich Ihnen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.23

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll. Gewünschte Redezeit: 9 Minuten. – Bitte.

 


12.24.15

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Regierungskolle­gen! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute in den Reden hier und auch in der Debatte im Ausschuss gestern viel zum Thema UVP gehört, und ich darf sagen: In zunehmendem Maße habe ich den Eindruck, dass in dieser Diskussion oftmals Äpfel mit Birnen verwechselt wurden. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Als Landwirtschaftsminister möchte ich daher eingangs einige Klarstellungen dazu machen, nämlich dazu, wo wir denn bezüglich UVP stehen, sowie dazu, was heute hier


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zur Diskussion steht, etwas, was ich als wichtigen Punkt sehe, damit die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes nicht verunsichert werden, und sei dies nur aus taktischen Gründen. Hiemit möchte ich also Antworten zu diesem Thema, und zwar richtige Antworten, die wir gesucht und gefunden haben, geben.

Zum ersten Thema: Zehn Jahre Umweltverträglichkeitsprüfung in Österreich; eben seit 1. Juli 1994. Es waren Ministerinnen der Österreichischen Volkspartei, die dieses wich­tige Instrument hinsichtlich der Frage des Verfahrensablaufes sowie der Bürgerbeteili­gung entwickelt und ausgearbeitet haben.

Ziel der UVP ist es – das muss man sich in Erinnerung rufen, um dann auch den vorlie­genden Abänderungsantrag emotionslos und klar diskutieren zu können –, Umwelt­schäden nach dem Vorsorgeprinzip von vornherein zu vermeiden, Umweltauswirkun­gen ganzheitlich und umfassend zu betrachten; das wurde ja schon gesagt.

Weitere Ziele: bessere Vorbereitung der Projekte und der Genehmigungsverfahren; Umweltbelange mit dem gleichen Stellenwert wie andere Belange in die Abwägung der Entscheidung mit einfließen zu lassen und – letzter Punkt – die Genehmigungsver­fahren von Vorhaben, und zwar unter Beteiligung der Öffentlichkeit, transparenter und nachvollziehbarer zu gestalten.

Diese Umweltverträglichkeitsprüfung wurde als konzentriertes Genehmigungsverfahren auch für die schnellere und effizientere Abwicklung bei der UVP-Behörde, bei der Lan­desregierung entsprechend implementiert und hat in der Vergangenheit – und das wird auch in Zukunft so sein – hervorragend funktioniert. Es besteht daher überhaupt kein Grund, meine sehr geehrten Damen und Herren, von den Grundzügen, von der Ziel­richtung der UVP abzugehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen. – Abg. Dr. Glawischnig: Es besteht überhaupt kein Anlass dafür zu ändern, wollten Sie sagen!)

Was einigen von der Opposition jedoch offensichtlich entgangen sein dürfte – das dazu, bevor ich zum konkreten Abänderungsantrag komme –, ist die Tatsache, dass im Dezember 2004 hier im Hohen Haus darüber abgestimmt wurde, dass künftig neben den Nachbarn und Nachbarinnen, neben den Umweltanwälten, neben den Standort­gemeinden, neben den unmittelbar angrenzenden Gemeinden Bürgerinitiativen Partei­stellung haben und zukünftig auch, nämlich ab 1. Juni dieses Jahres, die NGOs Partei­stellung in den UVP-Verfahren bekommen. Ein ganz wichtiger Punkt also! – Ich jeden­falls kann mich noch daran erinnern, dass bei dieser Abstimmung im Dezember 2004 hier nicht alle Fraktionen des Hohen Hauses einer solchen Hereinnahme der NGOs zugestimmt haben. – Ich möchte mich aber jetzt nicht näher dazu äußern, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie diese Entscheidungen damals zustande gekommen sind,

Zur Frage Umweltverträglichkeitsprüfung, und zwar auch im Kontext mit der Europäi­schen Union. Es gibt eine Richtlinie der Europäischen Union, die ganz klar den Anwen­dungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfung auch für Österreich regelt und vorgibt, mit Anhängen, in denen detailliert angeführt ist, für welche Verfahren welche UVP-Verfahren zu machen sind – oder eben nicht. Bei bestimmten Verfahren ist jedenfalls vorgesehen, Einzelprüfungen vorzunehmen. Ich wiederhole: Einzelprüfungen. – Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist wichtig; ich werde später noch einmal darauf zurückkommen. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist superintelligent!)

Warum also Einzelprüfungen bei bestimmten Projekten? – Sie von der Opposition tun doch heute so, als ob in der Frage internationale Großveranstaltungen beziehungs­weise bei bereits bestehenden Rennstrecken mit Einzelfeststellungsverfahren etwas Neues begonnen werden würde! Wenn man sich die Statistik anschaut, dann sieht man, dass es bis jetzt 119 UVP-Genehmigungsverfahren bei uns gab; abgeschlossene


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Feststellungsverfahren jedoch 251! Auch daran kann man klar erkennen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es ist das also kein neues Instrument, sondern eines, das schon lange Gültigkeit hat!

Was die Frage Abänderungsantrag beziehungsweise Novelle betrifft, möchte ich vor allem auf die Ausführungen von Frau Abgeordneter Glawischnig zurückkommen, die hier beim Rednerpult behauptet hat, die Umweltverträglichkeitsprüfung werde „abge­schafft“! – Das ist doch völlig falsch! Ich lege Wert darauf, dass wir uns mit diesem Abänderungsantrag selbstverständlich vollständig innerhalb der Reglements der UVP-Gesetzgebung bewegen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dass ein Ausschussvorsitzender so wenig Ahnung hat!)

Zukünftig – auch das haben Sie zu sagen vergessen, Frau Abgeordnete Glawischnig; daher sei das jetzt der Vollständigkeit halber gesagt – werden alle Infrastrukturprojekte in unserem Lande, also Straßenbau, U-Bahnbau, den Herr Abgeordneter Krainer ange­sprochen hat, ebenso Bahnbau, Industrieansiedelung – rauchende Schlote! –, Pisten auf Gletschern et cetera, völlig unberührt von dieser Novelle und selbstverständlich auch weiterhin UVP-pflichtig sein: mit Bürgerbeteiligung, mit Einspruchsverfahren. Da­her: überhaupt keine Änderung in diesen zentralen Bereichen.

Was richtig und wichtig ist, ist, dass man für internationale Großereignisse auf Basis internationaler Verträge nunmehr mit dem Abänderungsantrag neue Antworten ver­sucht, aber nicht in der Umgehung der UVP, sondern mit einem Feststellungsbescheid festzustellen hat, ob diese wenigen wichtigen Projekte UVP-pflichtig sind oder nicht. Und es steht auch klar geschrieben: Wenn negative Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind, dann besteht selbstverständlich auch bei diesen Projekten weiterhin UVP-Pflicht. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Und wenn die Behörde zur Entscheidung kommt, es liegt keine UVP-Pflicht vor, kann man beim Umweltsenat dagegen berufen, den wir übrigens auch mit dem heutigen Beschluss erfolgreich für die Zukunft weiter verlängern. Auch das ist ein wichtiger Schritt; es gibt Rechtssicherheit für alle Beteiligten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Frau Abgeordnete Glawischnig dann auch noch die Bilanz der Umweltpolitik hinterfragt, dann muss ich auf ein paar Themen zurückkommen, die manchen offen­sichtlich entgangen sein dürften, denn das ist in diesen Tagen besonders aktuell: Emissionshandelsrichtlinie, Deckelung des Verschmutzungsausstoßes der österreichi­schen Industrie mit 1. Jänner 2005 eingeführt, Dieselpartikelfilter als wichtiger Beitrag zur Bewältigung der Feinstaubproblematik mit Mitte dieses Jahres wirksam. (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Glawischnig.)

Gestern hat der Chef von Mercedes – Frau Abgeordnete, ich weiß, Sie wollen das nicht gerne hören – gesagt, er wird für Deutschland und Österreich in die serienmäßige Fertigung von Diesel-PKWs mit Dieselpartikelfiltern gehen, weil wir das Anreizsystem in der NoVA aus umweltpolitischen Gründen implementiert und durchgesetzt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Nächster Punkt: Wir beginnen eine neue Ära in der Treibstoffpolitik in diesem Land mit 1. Oktober: verpflichtende Beimischung von biogenen Treibstoffen zu fossilen Treib­stoffen. Auch das ist ein wichtiger Schritt, den Sie vergessen haben.

Und das Ökostromgesetz ist so erfolgreich, dass wir 7 Prozent Ökostrom schon vor Plan erreichen werden und auch darüber nachdenken, wie wir dieses wichtige Thema weiter verfolgen. (Abg. Dr. Glawischnig: Das ist eine gefährliche Drohung!)

Zurück zur UVP. Wir haben mit diesem Abänderungsantrag, mit der Neugestaltung in diesen kleinen Teilen der UVP zukunftsweisende Antworten gegeben, ohne damit die


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Umweltqualität zu verletzen, ohne die Bürgerbeteiligung auszuschalten, aber mit dem Ergebnis, rasche, effiziente Verfahren für wichtige Vorhaben durchzusetzen.

Und ich kann Ihnen sagen: Sie können beruhigt sein, die Fußball-Europameister­schaft 2008 wird von mir und Kollegem Schweitzer in Richtung nachhaltige Europa­meisterschaft 2008 konzipiert und umgesetzt werden. Wir sind auf dem richtigen Weg in die richtige Richtung unterwegs. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Staats­sekretär Mag. Schweitzer. Herr Staatssekretär, Sie haben 6 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Die Europameisterschaft 2008 ist ja wegen dem Politsumpf in Kärnten gefährdet und nicht wegen der UVP!)

 


12.33.59

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Kogler, ich glaube, was Kollege Wittauer gesagt hat, ist schon bemerkenswert, nämlich dass die so genannten Umweltorganisationen gestern bereit gewesen wären, Dinge einfach passieren zu lassen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unvorstellbar!), wenn man ihnen auf der anderen Seite eine andere Formulierung dieser Novelle vorgelegt hätte. Das zeigt, dass diese Umweltorganisationen den An­spruch, wirklich das Umweltgewissen Österreichs zu sein, längst nicht mehr erheben dürfen, ganz im Gegenteil: Mit dieser vorgeschlagenen Vorgangsweise haben sie jede Glaubwürdigkeit in diesem Lande verspielt! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Zum Zweiten, Frau Kollegin Glawischnig: Minister Pröll hat es kurz angesprochen. Was Sie uns hier als Vorbild aus Australien vorschlagen, das machen wir längst, und zwar mit Ihrer Kollegin Monika Langthaler und mit dem lang in diesem Hause tätigen Chris­tian Nohel, nämlich eine Umsetzung eines Nachhaltigkeitskonzeptes für die Fußball­europameisterschaft 2008. Und ich hoffe, Sie vertrauen Ihrer ehemaligen Kollegin Langthaler, dass sie hier ein gutes Konzept gemacht hat, das wir gemeinsam mit ihr umsetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie war allerdings eine der wenigen in der ehemaligen grünen Fraktion, die über die Bedeutung des Sports insgesamt für Österreich Bescheid gewusst hat, hat das erkannt und arbeitet auch in diese Richtung. Sie haben offensichtlich die Bedeutung des Sports für Österreich insgesamt noch immer nicht kapiert. Aber dafür gibt es genug andere, die verstanden haben, wie wichtig der Bereich großer internationaler Sportveranstal­tungen für Österreich ist.

Österreich ist bis jetzt sehr gut damit gefahren. Die österreichische Wirtschaft ist sehr gut gefahren, und viele österreichische Regionen stehen heute deshalb so gut da, weil in diesen Regionen große Sportereignisse veranstaltet wurden, ob es die Olympischen Spiele in Innsbruck waren, ob es die Radweltmeisterschaften in der Region Villach waren. Ob es die Schiweltmeisterschaften in Schladming waren – Schladming ist mit der gesamten Region nach der Schiweltmeisterschaft aufgeblüht! –, ob es die Schi­weltmeisterschaften in St. Anton waren oder ob es die Nordische Weltmeisterschaft in der Ramsau war: Diese Regionen haben enorm profitiert! Und wir wollen, dass auch in Zukunft große Sportveranstaltungen in Österreich stattfinden, damit die Regionen, da­mit die Länder, damit der Bund ordentlich profitieren können und Arbeitsplätze zusätz­lich geschaffen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie beklagen die – im internationalen Vergleich ohnehin recht niedrige – Arbeitslosig­keit in Österreich. Es stimmt, wir haben zwar ein Höchstmaß an Beschäftigung, aber wir haben zu viele Arbeitslose. (Abg. Mag. Kogler: Sie sind „vergrassert“!) Aber Sie


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und Ihre Verhinderer sorgen dafür, dass nicht mehr Arbeitsplätze in all jenen Bereichen geschaffen werden können! (Widerspruch bei den Grünen.) Das muss man einmal klar und deutlich sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir haben große Vorhaben, und wir werden sie umsetzen. Es wird demnächst die Segelweltmeisterschaft geben, es wird demnächst die Radweltmeisterschaft in Öster­reich geben und schlussendlich die nachhaltig organisierte Europameisterschaft. Und dass all das im entsprechenden Zeitrahmen möglich ist, dafür sorgt dieser meines Erachtens sehr gute Fortschritt, was die Errichtung von Sportstätten betrifft.

Weder der Redner der SPÖ noch Sie, Frau Kollegin Glawischnig, haben konkret sagen können, wo es zu einer Verschlechterung durch diese Novelle kommt. Sie haben konkret gar nichts gesagt, ich habe aufgepasst: kein konkreter Ansatz, wo es eine Verschlechterung geben soll – und es gibt auch keine! (Zwischenrufe bei den Grünen.)

In Wirklichkeit ist es ganz anders: Es wird bei der Behörde eine Einzelfallprüfung geben; im Normalfall ist das die Landesregierung. Diese Behörde wird prüfen, ob mit erheblichen schädlichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist – und zwar wird das nach den Kriterien der europäischen UVP-Richtlinie geprüft! Und es gibt eine Entschei­dungsfrist von sechs Wochen.

Wenn ja, Frau Kollegin Glawischnig, wenn es erhebliche schädliche Umweltauswir­kungen geben sollte, dann wird es eine Umweltverträglichkeitsprüfung geben. Nur die Entscheidungsfrist wird auf vier Monate reduziert, und das ist gut so.

Stellt die Behörde fest, dass nicht mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist, dann ist eben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, dann ist für die Genehmigung des Verfahrens die jeweilige Verwaltungsvorschrift ausschlaggebend.

Kein einziges Materiengesetz wird verändert – das ist wichtig, dass das festgehalten wird –, kein einziges! Ob es um Wasserschutz geht, ob es um Luftschutz geht, ob es um Lärmschutz et cetera geht: Diese Materiengesetze bleiben vollinhaltlich aufrecht!

Wenn jemand einen Einwand gegen diesen Feststellungsbescheid hat, dann können alle, wie immer, ihren Einwand einbringen und eine entsprechende Eingabe machen, wieder mit einer Entscheidungsfrist von sechs Wochen versehen.

Unter dem Strich, Kollegin Glawischnig und Kollege Krainer von der SPÖ – vielleicht kann dann noch irgendjemand das begründen, was Sie versucht haben zu sagen, denn begründet haben Sie es nicht (Zwischenrufe bei der SPÖ) –: Die Materien­gesetze werden nicht geändert, das heißt: keine Aufweichung der Umweltstandards! Es gibt ein verkürztes Genehmigungsverfahren, um internationale Fristen bei Großpro­jekten einhalten zu können, und das ist gut so. Die Kosten des Verfahrens werden reduziert. Unter dem Strich also: viele Verbesserungen und keine Verschlechterungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Interesse des erfolgreichen Sport-Groß­veranstaltungslandes Österreich begrüße ich all diese Veränderungen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin  ist Frau Abgeordnete Fleckl. 5 Minuten Redezeit. Ich werde bei den nächsten vier Rednern bereits knapp vor dem Ende abläuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.39.26

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Herr Staatssekretär! (Staatssekretär Mag. Schweitzer: Was hat sich verschlechtert?) Sie können die Reden für Ihre eigene Fraktion schreiben, wir


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schreiben uns unsere Reden selber! Überlassen Sie das uns! Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Wittauer, Sie haben Heimatpolitik und Arbeitsmarktpolitik in den länd­lichen Regionen angesprochen: Sie sperren Bezirksgerichte zu, Sie sperren Postämter zu, jetzt kommen auch noch Kasernen dran, Sie vertreiben die Menschen aus ihrer ländlichen Region, vertreiben sie aus ihrer Heimat. – Das ist die Heimatpolitik der FPÖ und der ÖVP! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch kurz zu Herrn Kollegen Kopf; ich weiß nicht, wo er jetzt ist. Die Gemeinden brauchen diese Gesetzesänderung zuallerletzt, denn sämtliche Verfahren, wo die Ge­meinden verhandlungstätig waren, wurden positiv abgeschlossen. Also die Gemeinden sind die Letzten, die diese Gesetzesänderung brauchen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die vorliegende Abänderung des UVP-Gesetzes ist unverständlich, undemokratisch und ein klassisches Beispiel von Anlass-Gesetzgebung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Der Anlass: Schlamperei der Frau Landeshauptmann, ein steirischer Wahl­kampf und ein gescheitertes Projekt „Spielberg“.

Mit dieser Gesetzesänderung glauben Sie verhindern zu können, dass in Hinkunft eine ähnliche Schlappe passieren kann, wie sie Frau Klasnic in der Steiermark passiert ist. Und dazu ist Ihnen, wie man sieht, jedes Mittel recht. (Beifall bei der SPÖ.)

Vor einem halben Jahr, Herr Bundesminister, haben Sie noch vollmundig die Erfolgs­bilanz der UVP dargelegt – und jetzt soll plötzlich alles anders sein?! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Es wird noch besser werden mit dieser Reform!) Nun höhlen Sie kurzerhand ein gut funktionierendes Gesetz aus, das von der Bevölkerung begrüßt, ja sogar gefordert wird. Sie schaffen die Beteiligung von engagierten Menschen, von Anrainern, von Betroffenen ab, und Sie schüren den Standortwettbewerb. Das ist wirk­lich eine Verschlechterung, Herr Staatssekretär! Wenn der Konkurrenzkampf und der Standortwettbewerb für gewisse Projekte in den Landesregierungen oder zwischen den Landesregierungen geschürt wird und losbricht, dann weiß ich nicht, wie das für das eine oder andere Bundesland ausgehen wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Was haben Sie gegen Wettbewerb?)

Für die Bevölkerung in Spielberg und deren Gesundheit ändert sich damit aber nichts mehr. Verbesserung für diese ohnehin schon benachteiligte Region schaffen Sie damit nicht. Es wird nur eines klar damit ... (Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – Herr Kollege Wittauer, melden Sie sich zu Wort! Ihre Umweltpolitik sieht man, wenn Sie Ihr großes Geländefahrzeug auf den Rasen des Parlamentsgeländes stellen. (Heiterkeit und Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen.)

Klar ist, dass sich die ÖVP von der Umweltpolitik verabschiedet hat, und das nicht nur in der Steiermark. Herr Umweltlandesrat Seitinger will die Grenzwerte für die Fein­staubbelastung erhöhen, und Herr ÖVP-Klubobmann Drexler will die Umweltanwälte überhaupt gleich abschaffen. Das ist Umweltpolitik!?

Und dass sich die steirische grüne Fraktion – diese Kritik kann ich Ihnen auch nicht er­sparen – in der gestrigen Landtagssitzung fast entschuldigt hat dafür, dass sie diesen Gesetzesänderungsantrag ablehnen muss, das ist aus meiner Sicht Wasser predigen und Wein trinken. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie, Herr Bundesminister, dürfen jetzt das Landtagswahl-Supperl für die Steiermark kochen: Man nehme ein bestens funktionierendes UVP-Gesetz, ein auf Grund von Schlamperei der steirischen ÖVP gescheitertes Projekt „Spielberg“, eine in Wahlkampf­nöten befindliche Frau Landeshauptmann, vermenge das Ganze gut und würze es mit Verfassungswidrigkeit und EU-Rechtswidrigkeit, einem Schuss Demokratieabbau und


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einer Prise Klientelpolitik. (Beifall bei der SPÖ.) Man lässt das Ganze lauwarm auf­kochen und serviert es dann fein garniert mit blauem Schnittlauch als verfehlte Umwelt­politik der ÖVP. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das war „groß­artig“! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Die steirische Bevölkerung hat sich ihre Meinung über die Frau Landeshauptmann gebildet. Nach EStAG-Skandal, Semmering-Basistunnel und Schloss Herberstein hat die Frau Landeshauptmann mit „Spielberg“ ein weiteres Mal bewiesen, dass sie der Steiermark mehr schadet als nützt, und sie wird das Supperl letztendlich am Wahltag selber auslöffeln können. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.44.36

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Meine Damen und Herren Kollegen hier im Hohen Haus! Diese Debatte zeigt heute wieder, dass wir in Wirklichkeit in einer enormen Veränderungsdynamik leben, einer sehr schnelllebigen Zeit. Alles wird größer, alles wird unüberschaubarer – und da wer­den auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Fraktionen immer größer.

Wir wollen Arbeitsplätze schaffen, die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort si­chern, und Sie wollen etwas schützen, was es gar nicht gibt. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Sie suchen noch immer den Wachtelkönig. Suchen Sie ihn weiter! Sie werden ihn nicht finden, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Daher ist es höchst an der Zeit, dass wir auch hier in diesem Hohen Haus die Verant­wortung für die Menschen in diesem Lande wahrnehmen und Gesetze so gestalten, damit es Investitionen im Einklang mit der Natur auch in unserem Lebensraum, in unserem Wirtschaftsraum Österreich geben kann. Deshalb begrüße ich diese Ände­rung, Herr Bundesminister, sehr und danke dafür, dass diese Regierung ständig den Mut hat, zu analysieren und anzupassen. Und das sagt einer, der von der ökosozialen Marktwirtschaft kommt (Abg. Dr. Cap: Nein, kommt er nicht!), die auf drei Säulen aufbaut, Herr Kollege Cap: auf der Säule der Ökonomie, auf der Säule der Ökologie und auf der Säule des Sozialen. (Abg. Dr. Cap: Der Joschi Riegler war der Letzte!)

Die zwei Säulen Ökologie und Soziales haben nur dann eine Chance, wenn die erste Säule entsprechend fundiert abgesichert ist. Das passiert jetzt mit dieser UVP-Novelle, wo wir ganz einfach die Möglichkeit nutzen, auch in Österreich Großprojekte zu realisieren, und zwar mit zeitgerechten Lösungen, die die Politik dafür anbietet. (Abg. Dr. Cap: Der Riegler hätte das anders gesagt!) Da geht es um Standortsicherung, Herr Kollege Cap, da geht es um Arbeitsplätze, und da geht es natürlich auch darum, das im Einklang mit der EU, das heißt EU-konform, abzuwickeln. Wir brauchen diese raschen Verfahren, wir brauchen diese Einzelprüfungen mit dieser viermonatigen Frist, um diese Investitionsmöglichkeiten wahrnehmen zu können.

Daher verstehe ich die Haltung der Opposition nicht, denn das sagt einem doch norma­lerweise der Hausverstand, dass wir diese Lösung brauchen. Da geht es doch um unsere Zukunft. Da geht es um die Zukunft unserer Regionen. Da geht es auch um die Zukunft meiner Heimatregion, des Oberen Murtales, der Region Aichfeld-Murboden, wo Sie über Jahrzehnte Verantwortung getragen und Arbeitsplätze vernichtet haben, etwa mit dem Zusammenbruch der verstaatlichten Industrie. Wir haben durch den Fleiß und die Arbeit der Menschen wieder neue Betriebe in diese Region bekommen, konnten dort mit Investoren wieder Arbeitsplätze schaffen.


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Ich sage euch von der SPÖ: Ihr seid in Wahrheit Wiederholungstäter, ihr seid Wie­derholungstäter in der Ablehnung von Projekten! (Widerspruch bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist unerhört!) In der Ablehnung von Projekten wiederholt sich die Geschichte, Herr Kollege Gusenbauer! Sie haben im Jahre 1995 den A1-Ring-Ausbau schon abgelehnt, der nach einer kurzen Bauzeit 1996 eröffnet wurde, auf dem es bis 2003 Formel 1-Rennen und eine entsprechende Auslastung gegeben hat und durch den es eine entsprechende Wertschöpfung für die Region gegeben hat. (Weitere Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) 500 Millionen Schilling sind damals durch die Formel 1 in der Region geblieben! Es war eine Ganzjahresnutzung mit 250 Millionen Schilling jährlich gegeben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Und jetzt lehnen Sie den Ausbau des A1-Ringes wiederum ab?! (Rufe bei der SPÖ: Nein! Nein!) Die Geschichte wiederholt sich. (Abg. Gradwohl: Nein, bleib wenigstens einmal bei der Wahrheit, Fritz!) Die Geschichte wiederholt sich, und die Menschen werden wahrnehmen, Kollege Gradwohl, wer es ehrlich mit ihnen meint und wer nicht. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glo­ckenzeichen.)

Es ist nämlich schon eigenartig, wenn Herr Voves gemeinsam mit Herrn Androsch in die Region kommt und sagt: Wir haben Ersatzprojekte! (Abg. Sburny: Tun Sie die Leute nicht für blöd verkaufen!) – Wie schaut denn das Ersatzprojekt aus? – Dass der Ehrenbürger von Fohnsdorf, der Herr Androsch, dort 360 Arbeitsplätze abzieht, meine Damen und Herren! Das ist sozialdemokratische Verantwortung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Die Menschen in der Region sind enttäuscht von Ihnen. Wir haben die Antwort: Uns geht es um Arbeitsplätze, Arbeitsplätze und wieder Arbeitsplätze, und zwar im Einklang mit der Natur, damit die Menschen dort Arbeit haben, Einkommen verdienen, Investitionen tätigen können und die Wertschöpfung in der Region bleibt, Herr Kollege Gusenbauer!

Das ist unsere Antwort für verunsicherte Menschen, die von der Sozialdemokratie über Generationen dort missbraucht worden sind. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

12.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grillitsch, Sie wissen, dass das Wort „Wiederholungstäter“ dem Hohen Haus nicht angemessen ist, und ich gehe davon aus, dass Sie dieses Wort zurücknehmen!

Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer zu Wort. Auch für sie gibt es 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.50.00

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geschätz­ter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! (Anhaltende Rufe bei der SPÖ und Gegenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Mir ist schon klar, warum die ÖVP mit diesem Thema so ein Problem hat. Das beginnt ja schon damit, dass Herr Mag. Kopf, den ich jetzt nicht sehe – ja, doch! –, Umweltsprecher und gleichzeitig Generalsekretär des Wirtschaftsbundes ist. Zwei Herzen schlagen, ach, in meiner Brust!, wird er sich da öfters denken.

Wir haben, nachdem wir diesen Abänderungsantrag – den dritten übrigens, der inner­halb kürzester Zeit vorgelegt worden ist, und das ohne Not – bekommen haben, fest­gestellt, dass die Regierungsparteien, praktisch mit dem bloßen Auge wahrnehmbar, willfährig die Wünsche von Projektbetreibern erfüllen und überhaupt kein Problem


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damit haben, dass Nachbarn und Bürgerinitiativen im Einzelfallprüfungsverfahren keine Parteistellung erhalten, obwohl der Herr Minister das immer wieder betont (Beifall bei den Grünen – Abg. Wittauer: Das ist nicht wahr!), dass Schipisten, sofern sie zur Aus­tragung internationaler Wettbewerbe dienen und nicht auf Dauer errichtet werden, auch in Schutzgebieten wie Natura 2000 oder in Alpingebieten errichtet werden können, und dass Freizeit- und Vergnügungsparks, Sportstadien, Golfplätze und mit diesen in Zusammenhang stehende Anlagen ausgenommen sind, also eine Sonderbehandlung erfahren. Wie der Verfassungsgerichtshof das beurteilt, wird sich zeigen.

Minister Pröll nennt seine Politik immer wieder gerne: Umweltpolitik mit Hausverstand. Dieser „Hausverstand“ wird mir schön langsam verdächtig; dieses Wort ist heute schon einmal gefallen. Was ist das für ein Verstand? So viel Verstand, wie ein Haus hat, oder was soll man darunter verstehen? (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Er meint offensichtlich, dass es in dieser Regierung schon ein Verdienst ist, einen Abände­rungsantrag vorzulegen, der EU-konform ist. – Ob er verfassungskonform ist, werden wir noch sehen, haben wir schon festgestellt.

Der Umweltminister nennt die neuerliche Abänderung des UVP-G eine kluge Antwort, aber wir wissen nicht, auf welche Frage. Auf die Frage der ÖVP-Kollegen aus der Steiermark, wie in Hinkunft der Umweltsenat mit seinen lästigen Fragen nach Über­schreitungen bei der Feinstaubbelastung ausgeschaltet werden kann? Oder solcher Antworten, wie sie unlängst der zuständige Landesrat in Graz gegeben hat, dass man eben, damit die Feinstaubbelastung nicht zum Problem wird, einfach den Grenzwert erhöhen muss? (Abg. Mag. Wurm: Was bedeutet das für die Gesundheit?) Oder die Frage aus Kärnten, wie ohne Verbesserungsvorschläge durch Anrainer und Bürger­initiativen ein Stadionbau husch-pfusch durchgezogen werden kann? – Meinen Sie diese Fragen, Herr Minister, wenn Sie sagen, wir haben eine kluge Antwort?

Ich verstehe es nicht ganz. Wir haben die Umweltverträglichkeitsprüfung schon längst – und das ist auch mehrfach im Umweltausschuss erwähnt worden – als Verfah­rensoptimierungsinstrument identifiziert. Sie stellen es als Verhinderungsinstrument dar, und Sie stellen auch Menschen, die in Initiativen und NGOs arbeiten, als Verhin­derer dar. Das finde ich besonders ungeheuerlich! Das sind Menschen, die in ihrer Freizeit zu uns kommen und uns um Hilfe ersuchen, vor denen fürchtet sich Herr Kollege Wittauer so! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lassen Sie uns festhalten: Die ÖVP – von der FPÖ einmal ganz abgesehen – hat weder die Kraft noch das Potential, die Umwelt und die Menschen zu schützen. Wir ha­ben einen Umweltminister, der die zentralen Fragen des Umweltressorts mit dieser Ge­setzesänderung jedenfalls nicht beantworten kann – siehe Kyoto. Und wir haben eine Regierung, die – allerdings erst nach den Einwänden der grünen Fraktion; wir haben mittels eines Gutachtens des Professors für Völkerrecht Calliess, Universität Göttingen, die Europarechtswidrigkeit des Vorhabens nachgewiesen – dann stolz darauf ist, dass sie wieder einen Entwurf vorlegt, der haarscharf daran vorbeischrammt, EU-Rechts-widrig zu sein. Das ist kein Verdienst, das ist eigentlich eher ein Armutszeugnis! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe es heute schon einmal zitiert und möchte dieses Zitat auch dem Hohen Haus nicht unterschlagen. Albert Einstein hat schon gesagt: „Die Probleme, die es in dieser Welt gibt, können nicht mit den gleichen Denkweisen gelöst werden, die sie erzeugt haben.“ (Beifall bei den Grünen.)

12.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. – Herr Abgeordneter, auch für Sie gilt: 5 Minuten Redezeit.

 



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12.54.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Herren Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Fleckl, Ihr wortgewaltiges „Suppenrezept“, das Sie uns da vorhin kundgetan haben, mag vielleicht zur Tageszeit passen – es ist Mittagszeit, die Leute sind wahrscheinlich hungrig sein –, aber ich glaube, zum Thema war es mehr als deplatziert.

Da Herr Kollege Krainer hier an diesem Rednerpult versuchte, mit der Umwelt wieder einmal parteipolitisches Kleingeld zu sammeln: Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt – und ich glaube, da gibt es einen breiten Konsens –, dass hier nicht die Umwelt in Frage gestellt wird, dass in dieser Sache auch nicht die Umweltpolitik in Frage gestellt wird, sondern hier geht es ganz klar darum ... (Abg. Rest-Hinterseer: Kärnten!) – Es geht hier nicht um Kärnten, geschätzte Frau Kollegin, auch wenn Ihnen Kärnten so wichtig zu sein scheint, dass Sie es permanent erwähnen. Aber wenn es Ihnen so gut gefällt, werde ich dafür sorgen, dass Sie zwei VIP-Eintrittskarten für das Fußballspiel bekommen. Da werden Sie sich davon überzeugen können, dass das eine gute Veranstaltung ist.

Ich bin davon überzeugt, dass es hier um ein klares Bekenntnis zum Standort Öster­reich geht, dass es hier um ein ganz klares Bekenntnis dazu geht, Arbeitsplätze zu sichern. Und wenn Herr Kollege Kopf davon spricht, dass wir diese Arbeitsplätze für internationale Großveranstaltungen brauchen, dass wir sie brauchen für Sport, dass wir sie brauchen für Spielberg, so gehe ich hier einen Schritt weiter. Ich gehe einen Schritt weiter und sage: Wir werden uns das für den gesamten wirtschaftlichen Stand­ort überlegen müssen.

Wir werden vielleicht auch in anderen Bereichen versuchen müssen, dafür zu sorgen, dass der Standort nicht gefährdet wird. UVP-Prüfung ist gut. UVP-Prüfung ist wichtig. Bekenntnis zur Umwelt – keine Frage. Aber ich gehe so weit, zu sagen, dass auch die anderen Betriebe, die Klein- und Mittelbetriebe, auch jene Bereiche, die sozusagen keine Chance haben, vielleicht dieses verkürzte UVP-Verfahren zu bekommen, die vielleicht keine Chance haben, hier Erleichterungen zu bekommen, dass diese die Chance bekommen müssen, den Standort Österreich abzusichern. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Ich bin nämlich davon überzeugt, dass Umwelt und Wirtschaft kein Widerspruch sein müssen. Das, was heute hier von mehreren Vorrednern herausgearbeitet wurde, glaube ich, widerspricht sich nicht unbedingt. Ich glaube, dass eine gut funktionierende Wirtschaft sehr wohl in einer funktionierenden, intakten Umwelt stattfinden kann, stattfinden soll und auch stattfinden muss, denn in Wirklichkeit ist eine gut funktionierende Umwelt eines der wichtigsten Standortentschei­dungskriterien für Österreich. Immer mehr Betriebe – auch internationale – wählen den Standort Österreich deshalb, weil eben hier die Rahmenbedingungen gut sind. Und wir von Seiten der Politik sind gefordert, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Betriebe auch hier bleiben.

Deshalb noch einmal ganz klar mein Appell, dafür zu sorgen, dass es ein verkürztes Verfahren gibt, dass es ein vereinfachtes Verfahren gibt, ist ein richtiger Ansatz, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ich erwarte mir auch von unserem Koalitionspart­ner ganz klar, dass wir vielleicht auch das Gesamtverfahren einer Evaluierung unter­ziehen, dass wir ganz genau schauen, wo wir vielleicht nachjustieren können, wo wir vielleicht dafür sorgen können, dass sich auch andere Strukturen ansiedeln können.

Bei allen Rechten und bei allen Mitsprachemöglichkeiten der Mitbürger: Verhinde­rungspolitik in der Form, wie sie Kollege Wittauer angesprochen hat, dass das UVP-


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Verfahren dafür genutzt wird, um Arbeitsplätze zu verhindern – ich glaube, das ist der falsche Ansatz.

Abschließend, Frau Kollegin Glawischnig: Ich bin heute da gesessen und habe Ihnen sehr genau zugehört. Ich glaube – und ich attestiere Ihnen das auch –, dass Ihnen die Umweltpolitik wirklich ein Anliegen ist. Das mag sein, und das ist auch gut so. Wenn aber unser Umweltsprecher hier an diesem Rednerpult steht und den Menschen im Plenum und den Fernsehzuschauern seinen Standpunkt mitteilt, und Sie, Frau Kolle­gin, dasitzen und sagen: Kollege Wittauer, wenn Dummheit wehtun würde, Sie müss­ten den ganze Tag laut schreien!, muss ich sagen, meine geschätzten Kollegen, werte Zuseher an den Fernsehschirmen: Frau Dr. Glawischnig, ich glaube, diese Aussage hat in diesem Haus keinen Platz und richtet sich selbst. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Alter Petzer!)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Moser. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


12.59.37

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Man muss sich hier die Grundsatzfrage stellen: Wer hat denn dieses A1-Projekt in Spielberg vermurkst? – Es war dies Landeshauptfrau Klasnic von der ÖVP in der Steiermark. Sie hat handwerklich massiv versagt, und das hat dazu geführt, dass wir jetzt eine Reparaturwerkstätte sind. Sie benutzen das Parlament hier als Fastbox, als Reparaturwerkstätte für dieses klägliche Versagen von Landeshauptfrau Klasnic in der Steiermark. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie wollen mit einer Demontage der österreichischen Umweltverfassung das Versagen auch in Klagenfurt reparieren. Auch dort geht es um handwerkliches Versagen des Landeshauptmannes , der im Vergabebereich tief in einem politischen Sumpf steckt und hier seine qualitative Unfähigkeit zeigt, ein Land zu führen. Auch das versuchen Sie hier in einer Fastbox, in einer Reparaturwerkstätte hier im Parlament zu legalisie­ren, zu legitimieren, und das im Nachhinein!

Herr Grillitsch, eine kurze Replik auf Ihre Ausführungen über Ihre Heimat: Es waren die Sozialdemokraten, die im Jahr 1972 diese Region aufgemöbelt haben. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Das ist ja unglaublich!) Sie haben damals die ATB angesiedelt, die Bauknecht-Werke, Sie haben damals Siemens hingebracht, Sie haben damals Eumig hingebracht. (Abg. Dipl.-Ing. Missethon: Unfassbar, was Sie da sagen! – Weitere Zwi­schenrufe bei der ÖVP.) – Kann schon sein, dass Sie Ihre eigene Geschichte nicht kennen. – Die Sozialdemokraten haben damals eine Bauinitiative gestartet. Diese Region würde sonst gar nicht mehr in der Form existieren, wie sie jetzt existiert.

Und wissen Sie, was Sie gemacht haben? – Sie haben im Vorjahr hier mitgestimmt, als Finanzminister Grasser die Auflösung und den Verkauf der Entwicklungsgesellschaft Aichfeld-Murboden beantragt hat. Das ist eigentlich der Untergang dieser Region, und Sie haben hier mitgestimmt. Lernen Sie Geschichte!

Und, Herr Zweytick, weil Sie so herschauen (Heiterkeit): Man munkelt, dass diese UVP-Gesetzesänderung auch deshalb gemacht wird, damit gewisse ÖVP-Klientelen ihre Golfplatz-Projekte umsetzen können. (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Fekter: Der Vranitzky spielt aber auch Golf!) Ich frage Sie hier: Stimmt es, dass Sie in Ihren Weinbergen ein größeres Golf-Projekt vorhaben, für das Sie ebenfalls diese Ausnahmegenehmigung brauchen? Sie haben die Möglichkeit, das jetzt klarzustellen. (Abg. Dr. Fekter: Der Vranitzky spielt auch Golf!) Es stinkt hinten


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und vorne nach Klientelpolitik, und das ist eigentlich der Kernpunkt, warum wir es nicht unterstützen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit dieser Politik – es gibt keinen Grund, warum man diese Gesetzesänderung machen sollte – versuchen Sie die Umweltverfassung systematisch auszuhöhlen. Sie betreiben hier Demokratieabbau, und Sie betreiben hier Klientelpolitik, und das ist ein Punkt, den wir keinesfalls unterstützen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir Sozialdemokraten sehen die Umwelt als Kernelement der Nachhaltigkeit. Wir mei­nen das ernst, Herr Umweltminister, wir meinen Nachhaltigkeit ernst. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Und wir leben sie!), und Sie versuchen hier mit einer für uns unver­ständlichen Sorglosigkeit all diese Maßnahmen, die eine österreichische Umweltver­fassung sicherstellen, zu unterlaufen. Dafür stehen wir Sozialdemokraten nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ.)

13.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dipl.-Ing. Missethon. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.03.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Vizekanzler! Ich muss da ein paar Dinge richtig stellen, und ich fange gleich einmal bei der Frau Kollegin Fleckl an. Ich bin nicht der Verteidiger der Grün-Obfrau Lechner-Sonneck in der Steiermark, aber Frau Kollegin Fleckl hat gesagt, dass sich Frau Lechner-Sonneck gestern mächtig aufgeregt hat in der Landtagssitzung. Ich darf festhalten: Gestern war keine Landtagssitzung in der Steiermark! (Heiterkeit bei der ÖVP.) – So viel zum Wahrheitsgehalt.

Und gleich weiter: Frau Glawischnig stellt sich hier heraus und sagt, die UVP werde abgeschafft. – Auch Wurscht! Wie man da mit der Wahrheit umgeht, ist völlig Wurscht, der Sager zählt.

Und dann kommt der Herr Moser hier heraus und sagt, die SPÖ hat die Obersteier­mark aufgemöbelt. Ich sage Ihnen etwas, Herr Kollege Moser: Ich bin jetzt ein paar Jahre hier im Parlament, und immer dann, wenn es um benachteiligte Regionen geht, geht es um Regionen, in denen die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit haben. Das sollte Sie schon nachdenklich stimmen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Gaál.)

Wir reden jetzt über die SPÖ, wir reden jetzt über Spielberg, und ich sage Ihnen Folgendes: Dass Sie heute dagegen sind, ist nur eine konsequente Fortsetzung Ihrer Politik, was den Österreich-Ring betrifft. Sie haben den Österreich-Ring über Jahre boykottiert, Sie haben ihn über Jahre verhindern wollen. (Abg. Mag. Johann Mo­ser... vermurkst!) Das ist Ihnen nicht gelungen! Sie haben jetzt einen Etappensieg errungen (Abg. Gradwohl: Wer hat denn den Abbruchbescheid beantragt?), Sie haben jetzt einen Etappensieg errungen, und der Herr Kollege Voves in der Steiermark setzt die Politik gegen den Österreich-Ring konsequent fort. Er setzt die sozialistische Tradi­tion dort oben konsequent fort, die heißt: verhindern statt bauen, die heißt: blockieren statt Arbeitsplätze schaffen, die heißt: schlecht reden statt initiativ handeln. (Abg. Gradwohl: Wer hat denn den Abbruch beantragt?)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn man mit beiden Beinen auf der Bremse steht, dann braucht man keine Rennstrecke. Das ist mir schon klar. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Gradwohl: Wer hat denn den Abbruchbescheid beantragt?)

Aber ich sage Ihnen, geschätzte Kollegen von der SPÖ: Wir werden den Ring bauen, ob Sie das wollen oder nicht (Abg. Gradwohl: Wer hat ihn denn abreißen lassen, Herr


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Missethon?), und wir werden uns in Spielberg gegen die Voves-SPÖ durchsetzen. (Abg. Gradwohl: Warum geben Sie denn keine Antwort? Geben Sie doch eine Antwort auf diese Frage!)

Geschätzte Damen und Herren, was ist die Zielsetzung dieses Gesetzes? – Dass das Land wieder ein Stück Entscheidungsbefugnis im Umweltverfahren bekommt. (Abg. Gradwohl: Bleiben Sie bei der Wahrheit und geben Sie eine Antwort!) Das ist die einzige Zielsetzung dieses Gesetzes, und zu diesem Gesetz stehe ich, weil ich glaube, dass es notwendig ist, dass diese Dinge so geregelt werden.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Wittauer, Kopf und Kollegen zum Antrag 511/A betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 und das Bundes­gesetz über den Umweltsenat geändert werden in der Fassung des Ausschussberichts (827 d.B.)

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der oben bezeichnete Gesetzestext wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 lautet Z 1:

„1. Im § 3 wird folgender Abs. 4a eingefügt:

,(4a) Bei Vorhaben, für die in Spalte 3 des Anhanges 1 andere als in Abs. 4 genannte besondere Voraussetzungen festgelegt sind, hat die Behörde bei Zutreffen dieser Vor­aussetzungen unter Anwendung des Abs. 7 im Einzelfall festzustellen, ob durch das Vorhaben mit erheblichen schädlichen oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt im Sinn des § 1 Abs. 1 Z 1 zu rechnen ist. Stellt sie solche fest, ist eine Umweltverträg­lichkeitsprüfung nach dem vereinfachten Verfahren durchzuführen.’“

2. In Artikel 1 lautet Z 7:

„7. In Anhang 1 Z 14 (Spalte 3) lautet der vorletzte Absatz:

,Von lit. b bis g ausgenommen ist die Errichtung und Verlängerung von Pisten sowie sonstige Änderungen von Flugplätzen, die im überwiegenden Ausmaß für Zwecke der Militärluftfahrt genützt werden.’“

*****

Geschätzte Damen und Herren! Meine Redezeit ist beendet. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Missethon einge­brachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, entsprechend eingebracht und steht damit auch mit in Verhandlung.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort.

 


13.07.53

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Vizekanzler! – Der Herr Staatssekretär ist bereits Mittagessen gegangen. – Meine Damen und Herren! Werte ZuhörerInnen auf der Galerie! Anschaulicher als mein Vor-


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redner hätte niemand Ihr Schlamassel bei der Umweltverträglichkeitsprüfung zeigen können: fast in der letzten Minute vor der Abstimmung wieder ein Abänderungsantrag, wieder eine Ausnahmegenehmigung! Ich meine, das ist doch ein deutliches Zeichen dafür, dass Sie scheibchenweise das kompakte System der Umweltverträglichkeits­prüfung aushöhlen und teilweise sogar noch zurückgehen auf einen Standard, den man schon längst überwunden geglaubt hat.

Sie sagen immer wieder: Meine Güte, das alles geschieht ja nur dem Sport zuliebe! – Ja, auch mir ist es hier in diesem Parlament notwendig erschienen, für den Sport sehr, sehr viel Wertvolles zu leisten, aber dass man deswegen Verfahren an den beteiligten BürgerInnen total vorbei entwickelt, das ist ein anderes Kapitel. (Beifall bei den Grünen.)

Es geht darum, Sportveranstaltungen wirklich offensiv anzustreben, Österreich auch zur Drehscheibe internationaler Wettbewerbe zu machen, damit wir sowohl für sport­liche als auch für wirtschaftliche Leistung einen Schauplatz bieten, aber bitte alles nur im Rahmen einer demokratisch entwickelten Kultur, was Umweltverträglichkeit anlangt. Es gibt ja kein besseres Beispiel als die Stadion-Situation in Kärnten. Die Europameis­terschaft soll und kann dort stattfinden, aber derjenige, der wirklich alles daransetzt, dieses Projekt in den Sand zu setzen – im wahrsten Sinne des Wortes –, ist der Herr Landeshauptmann, weil er in der Vergabe herumpfuscht und weil da die Verzögerun­gen liegen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Und jetzt soll die Umweltgesetz­gebung herangezogen werden, um diese Fehler auszumerzen und diese sozusagen Schindluderei bei Vergabeverfahren irgendwie auszugleichen – nur weil dort ein loka­les Unternehmen zum Zug kommen soll, statt die Ausschreibung auf legalem Weg zu Ende zu führen! Das machen Sie jemandem anderen klar, aber mir können Sie nicht erklären, dass das umweltpolitisch so maßgeblich ist, dass wir deswegen eine UVP-Änderung vornehmen sollen!

Zu dieser anderen Angelegenheit, nämlich Spielberg: typische Anlassgesetzgebung! Das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz soll geändert werden, weil eine steirische Landesbehörde nicht in der Lage war – beziehungsweise nicht in der Lage sein wollte oder sollte –, ein Projekt ordnungsgemäß abzuwickeln. Das ist schlicht und einfach der Grund dafür! Und wegen dieses Pfusches, wegen dieser gesetzwidrigen Vorgangs­weise einer Landesbehörde soll jetzt ein Bundesgesetz geändert werden. Das ist pure Anlassgesetzgebung! Reine Anlassgesetzgebung!

Ich kann mich noch daran erinnern, als im Justizausschuss über mögliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem WEB-Skandal in Salzburg diskutiert wurde. Da die Kläger, die dabei zu Schaden gekommenen Menschen, endlich einen Anspruch auf die Scha­denersatzregelung bekommen sollten, gab es eine Debatte über Schadenersatzklagen im Ausschuss, bei der Sie von der ÖVP gemeint haben, es sei keine Anlassgesetz­gebung möglich, Sie seien gegen jede Anlassgesetzgebung! Und da bitte ging es um das Vermögen von Hunderten, ja Tausenden von Menschen, die dort Geld eingesetzt haben. Jetzt aber pfuscht eine  einzige Landesregierungsbehörde – und ein Bundes­gesetz muss geändert werden!

Bitte nehmen Sie sich doch ein Beispiel, schauen Sie sich an, wo bei Großverfahren Umweltverträglichkeitsprüfungen ordentlich abgeführt werden! Schauen Sie nach Linz! Schauen Sie zur voestalpine! Schauen Sie zu einem Umweltlandesrat Rudi Anschober! (Beifall bei den Grünen.)

Dieser hat es nämlich geschafft, in einer vorbildlich kurzen Zeit ein gigantisches Indust­rieprojekt – das größte Industrieprojekt der Nachkriegsgeschichte Österreichs – bürge­rInnenkonform, unter Beteiligung von Bürgerinitiativen makellos und gesetzlich astrein durchzuführen. Das, sage ich, ist eine Leistung, und genau dazu haben wir das UVP-


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Gesetz – und das soll auch so bleiben, zu Gunsten des Standortes, zu Gunsten der BürgerInnen und auch zu Gunsten der Wirtschaft in Österreich, denn: Komprimierte Verfahren dienen sowohl der Wirtschaft als auch den AnrainerInnen und auch den Sportinteressierten. Ihre Pfuschereien allerdings verhindern das.

Und wegen Ihres Pfusches ändern wir noch lange kein Bundesgesetz, das sich be­währt hat! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum Abschluss: Herr Präsident Khol spricht gerne von der „Bürgergesellschaft“. Für mich ist das wirklich Spott und Hohn, wenn ein Präsident, ein maßgeblicher Repräsen­tant einer großen Partei, andauernd die „Bürgergesellschaft“ im Munde führt, konkret dann aber Gesetze fördert und vorantreibt, durch die BürgerInnenrechte, Anrainer­rechte, sozusagen der Kern, das Herz einer Bürgergesellschaft, mit Füssen getreten werden! Das ist wirklich widersinnig, widersprüchlich und von unserer Seite her abzu­lehnen!

Deswegen sind wir dafür, dass das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz in der be­stehenden, in der bewährten Form erhalten bleibt, dass das beschleunigte Verfahren durchgezogen wird und dass nicht weiter gepfuscht werden kann, so wie es in der Steiermark geschehen ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.13.26

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon vieles, nahezu alles gesagt worden (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler), allerdings möglicherweise nicht von allen. Nur die Blickwinkel sind, wie ich feststellen konnte und kann, sehr unterschiedliche.

Ich halte ausdrücklich fest: Bürgerrechte werden mit dieser Novelle nicht beschnitten. Die Anliegen der Bevölkerung werden selbstverständlich auch in Zukunft ernst genom­men!

Wenn ich dann den Umweltsprecher der SPÖ vernehme, der sich hier an dieses Red­nerpult stellt und sagt, es würden schon Überlegungen angestellt, ob es im Zuge beziehungsweise als Auswirkung dieser Novelle möglich ist, die dritte Startbahn in Schwechat zu errichten, muss ich sagen: Ich glaube nicht, dass er nicht weiß, dass das völliger Unsinn ist. Er behauptet diesen Unsinn zur Irreführung, zur Verunsicherung der Bevölkerung von dieser Stelle aus ganz bewusst, und das halte ich für verwerflich! (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es werden in dieser Diskussion ständig Begriffe falsch gebraucht, Begrifflichkeiten – wie man ja auch sagt – werden falsch verwendet. Es wird von Großprojekten gespro­chen, die mit dieser Novelle angeblich an der Umweltverträglichkeitsprüfung vorbei­geschleust, vorbeigemogelt – was auch immer – werden sollen. Das ist in zweierlei Hinsicht falsch.

Erstens beinhalten Großprojekte natürlich auch Infrastrukturprojekte, und niemand will, das Infrastrukturprojekte ohne UVP durchgezogen werden können. Selbstverständlich bleibt die Umweltverträglichkeitsprüfung hier voll aufrecht.

Zweitens gibt es kein „Vorbeimogeln“, vielmehr soll dort, wo es um die Errichtung von Sportanlagen im Zusammenhang mit internationalen Großveranstaltungen oder auch


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um die Wiedererrichtung und Adaptierung bestehender Rennstrecken geht, die Mög­lichkeit eines verkürzten Verfahrens, einer Einzelprüfung bestehen und hiebei, das halte ich ausdrücklich fest, Normwerte, Grenzwerte im Umweltbereich keinesfalls zum Nachteil der Umwelt verschoben werden. Diese bleiben unangetastet. Es wird lediglich das Verfahrensgesetz so abgeändert, dass eine Verzögerung bis Verhinderung hintan­gehalten wird.

Österreich hat, wie ich meine, eine langjährige Tradition als Veranstaltungsland für internationale Sportveranstaltungen, und zwar mit großem Erfolg, was, wie ich meine, geschätzte Damen und Herren, auch in Zukunft so bleiben soll. Ich erwähne im Beson­deren auch die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Aspekte, die hier eine wesentliche Rolle spielen.

Auffällig finde ich es, wenn hier immer wieder von Verschlechterungen bis hin zur angeblichen Abschaffung der Umweltverträglichkeitsprüfung gesprochen wird. Das ist nicht richtig! Die Kolleginnen von den Grünen haben es aber verabsäumt, dezidiert anzuführen, wodurch diese Verschlechterungen beziehungsweise angeblichen Ver­schlechterungen zu begründen sind. Sie haben es nur allgemein in den Raum gestellt und behauptet, alles werde schlechter, die Bürgermitsprache sei nicht mehr gegeben, die Umwelt leide darunter und, und, und! (Abg. Mag. Kogler: Der Landeshauptmann ist eine Verschlechterung per se!)

Kollegin Moser hat davon gesprochen, dass mit diesem Abänderungsantrag die UVP scheibchenweise beseitigt – ich glaube, Sie haben gesagt, beseitigt wird (Abg. Dr. Gabriela Moser: Verringert! Verschlechtert!) – verschlechtert wird. Dann dürften Sie aber den Inhalt dieses Abänderungsantrages, obwohl er vorgetragen wurde, mög­licherweise nicht mit- und nachvollzogen haben. Ich glaube nämlich nicht, dass Sie auf diesen Abänderungsantrag verzichten müssten oder möchten, denn gerade darin ist festgehalten, dass die Behörde, die Landesregierung, ein Feststellungsverfahren durchzuführen hat, und zwar darüber, ob nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt bestehen oder nicht. (Abg. Mag. Kogler: ... nicht imstande ... Steiermark gezeigt hat!)

Geschätzte Damen und Herren! Ich glaube, es ist tatsächlich eine sachliche Differen­zierung vorzunehmen, und zwar erstens in Bezug darauf, was internationale Veranstal­tungen anbelangt: Dabei geht es eben darum, dass bei sportlichen Großveranstaltun­gen auf Grund von Vereinbarungen mit internationalen Organisationen wie Olympische Spiele oder Europameisterschaften, die vordringlich dem öffentlichen Interesse dienen, eine zeitgerechte Fertigstellung der dafür erforderlichen Anlagen sichergestellt werden kann. Zweitens ist bei der Wiedererrichtung von Rennstrecken, die bereits einmal be­standen haben, meiner Ansicht nach der neue Tatbestand zu berücksichtigen und dass durch den früheren Bestand die Veränderungen mit geringeren Auswirkungen verbun­den sind als eine gänzliche Neuerrichtung.

Ich denke, das ist zur Kenntnis zu nehmen. Es wird, wie ich meine, auch einen ent­sprechenden Erlass des Bundesumweltministers für die Vollziehung durch die Länder geben. – Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Heinzl zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


13.19.18

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Minister Pröll! Aus Sicht der Sozialdemokratie ist der richtige Weg im Umweltrecht si-


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cherlich ein anderer als jener, den Sie und Ihre ÖVP einschlagen. Wir sind davon über­zeugt – das wurde heute von den Rednern der Sozialdemokratie hier schon mehrmals gesagt –, dass Großprojekte einfach einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen, obwohl man sicherlich darüber sprechen kann, ob nicht der Aufwand der Projektwerber betreffend die Verwaltung durch geeignete Maßnahmen begrenzt werden kann. Ich möchte hier nur ein Beispiel nennen: Es ist nicht einzusehen, dass es in Österreich bei Sachfragen wie Lärmschutztechnik neun verschiedene Standards gibt, in jedem Bundesland einen anderen! Das kann meiner Ansicht nach durch eine österreichweite Vereinheitlichung vermieden werden.

Das UVP-Gesetz hat, wie wir wissen, im Gegensatz zu den meisten anderen Genehmi­gungsverfahren den riesigen Vorteil, dass für ein Großprojekt nur ein einziges konzent­riertes Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Dieses eine Verfahren ist dann eben aber auch sehr genau durchzuführen!

Ein, wie ich glaube, gutes Beispiel für die Demontage der UVP durch Schwarz-Blau ist auch die seit dem Jahr 2000 geltende Neufestsetzung der projektspezifischen Schwel­lenwerte, ab welchen eine UVP durchgeführt werden muss. Ich habe exemplarisch zwei Fälle herausgenommen, die mir besonders wichtig erscheinen.

Fall Nummer 1 ist die Errichtung von Windkraftanlagen. – Windkraft ist eine erneuer­bare Energie, deren Nutzen viele positive Effekte hat. Aus der Klimapolitik ist die Nut­zung der Windkraft nicht mehr wegzudenken. Für Windkraftanlagen gab es zwar vor 2000 keine Schwellenwerte und auch keine UVP-Pflicht, weil diese Technologie Mitte der neunziger Jahre noch in den Kinderschuhen steckte und damals, plakativ ausge­drückt, bestenfalls nur „Spielzeuganlagen“ errichtet wurden. Mittlerweile aber sind Windkraftwerke so groß, dass sie einen starken Einfluss auf ihre Umgebung und die Lebensqualität haben.

Die im Jahr 2000 eingeführten Schwellenwerte sind aber bei Windkraftanlagen viel zu hoch, die betroffenen Bürgerinnen und Bürger werden größtenteils vom Verfahren aus­geschlossen. Deshalb ist es notwendig, dass vor der Errichtung von Windparks deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sehr genau geprüft werden und über den Bau ein Konsens mit den Anrainern gefunden wird!

Fall Nummer 2 betrifft die Errichtung von Tiermastbetrieben. – Herr Minister, für diese existierten, wie Sie wissen, schon vor dem Amtsantritt der blau-schwarzen Koalition Schwellenwerte. Diese Werte wurden aber durch die schwarz-blaue Bundesregierung entweder erhöht oder durch den Wegfall der Summierungsregelung für die Einzel­schwellenwerte nur scheinbar gesenkt. Speziell in den ländlichen Gebieten mit einer jetzt schon hohen Dichte an Tiermastbetrieben wird die zumutbare Belastung der Bevölkerung bei Luftemission und -immission zunehmend überschritten.

Ich möchte Sie, Herr Minister, auch diesbezüglich auffordern, die Schwellenwerte wie­der auf das Niveau von 1999 zu senken.

Abschließend, sehr geehrte Damen und Herren: Es ist eine Tatsache – und da kann noch so viel darüber diskutiert, das kann noch so beschönigt werden –, dass die UVP-Novelle die Genehmigungskriterien und die Bürgerbeteiligung spürbar verschlechtert! Sie setzen damit einen weiteren Punkt des Demokratieabbaus. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Amen!)

13.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bauer zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 



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13.23.51

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! Sehr geschätzte Damen und Herren! Es freut mich, dass sich im Zuge dieser Debatte über das UVP-Gesetz einige ÖVP-Abgeordnete und auch der Bundesminister daran erinnern, dass sie ja eigentlich schon vor 2000 in Regierungsverantwortung waren: Einerseits loben sie das UVP-Gesetz (Beifall bei der SPÖ), andererseits wurde auch gemeint, es sei kein Zufall, dass wir in Umweltfragen an der Spitze stünden, stelle doch die ÖVP seit 20 Jahren die Umweltminister! – 20 Jahre sind es nicht, aber immerhin seit 1987.

Worum es bei dieser Diskussion eigentlich geht, ist, dass etwas saniert wird, was in dieser Form nicht saniert werden soll. Die Vorredner haben ja schon darauf hinge­wiesen: Es ist klar, dass bei einem konkreten Verfahren etwas „vermurkst“ wurde, und dafür nun im letzten Moment eine Gesetzesänderung durchgezogen werden soll, die der UVP und letztlich auch dem zukünftigen Verfahren schadet, weil damit natürlich eine Schleuse geöffnet wird, was wir nicht wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn nun der Herr Bundesminister wiederholt be­hauptet, es ändere sich ohnehin nichts, dann frage ich mich, warum man dann diese Abänderung braucht, und zwar schon zum dritten, vierten oder fünften Mal! Das ist ja ein Widerspruch! (Beifall bei der SPÖ.)

Also: Man will zwar immer wieder etwas abändern, erklärt aber bei jeder Abänderung, dass sich nichts ändert. Einigen wir uns doch einmal darauf, dass sich sehr wohl etwas ändert!

Letztlich kommt ja auch, geschätzte Damen und Herren, massive fachliche Ablehnung aus Bereichen wie zum Beispiel der Naturschutzanwaltschaft von Vorarlberg oder der Umweltanwälte in den anderen Bundesländern. Deren politische Zugehörigkeit möchte ich hier gar nicht überprüfen, aber Tatsache ist, dass sie festgestellt haben, dass die­ser Abänderungsantrag EU-widrig und rechtswidrig ist, wenngleich in der letzten Fas­sung des Antrages Bemühen – Bemühen! – EU-Konformität zu erreichen, zu erkennen ist, bleibt er in Teilen nach wie vor nicht EU-konform.

Weiters bedeutet der vorliegende Entwurf eine drastische Verschlechterung der UVP in ganz Österreich, und er ist außerdem – das wurde schon deutlich gesagt – ein miss­glückter Fall einer Anlassgesetzgebung. Festgestellt hat das nicht die Opposition, fest­gestellt wurde das von den Umweltanwälten und -anwältinnen der einzelnen Bundes­länder! Und das ist ja auch ganz offensichtlich!

Das zweite Großprojekt, das man hiebei im Auge hat, ist das Klagenfurter Stadion. Wissen Sie, seit wann bekannt ist, dass die Europameisterschaft in Österreich statt­findet? – Seit dem Jahr 2001! Und nun, im Jahre 2005, müssen wir etwas sanieren, was seit 2001 in einem normalen Verfahren abgewickelt hätte werden können, wenn nicht andere Umstände verhindert hätten, das Verfahren anständig abzuwickeln.

Abschließend möchte ich noch bemerken: Sollte im Einzelgenehmigungsverfahren festgestellt werden, dass das von der sachlichen Ebene auf die politische Ebene verschoben wird, dann, geschätzte Damen und Herren, bedeutet das natürlich keine Rückgabe von Umweltrechten an die Länder, sondern in Wirklichkeit politische Ent­scheidungsmöglichkeiten, die nicht im Interesse der Umwelt sind. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Schopf zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeord­neter.

 



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13.28.04

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Schon bei der Beschlussfassung der letzten Novelle im letzten Jahr sind einige peinliche Pannen passiert. So wurde unter anderem die aus formalen Gründen notwendige Novellierung des Umweltsenatgeset­zes vergessen. Das bedeutet rechtlich, dass zwar die alten Verfahren vor dem beste­henden Senat verhandelt werden können, aber keine neuen. Es bedeutet weiters, dass auch keine Umnominierung von Mitgliedern des Umweltsenats möglich ist. Auch beim UVP-Gesetz selbst passierte ein Flüchtigkeitsfehler, ein Datum war um ein Jahr zu früh angesetzt. Es bedarf daher heute einer raschen Reparatur dieser Missgeschicke.

Diese Fehler werden uns für die Zukunft eine Lehre sein. Wir dachten, der Herr Umweltminister sei in der Lage, formal korrekte Vorlagen ins Parlament zu bringen. – Herr Minister, wir nehmen zur Kenntnis: Dem ist leider nicht so!

Auch inhaltlich glänzte der Umweltminister samt seiner ÖVP und den Freiheitlichen durch Inkompetenz. (Oh-Rufe bei Abgeordneten der ÖVP.) Die Idee, bestimmte Groß­projekte einer Einzelfallprüfung zu unterziehen, ist unprofessionelle Anlassgesetzge­bung und wird daher von Seiten der Sozialdemokratie striktest abgelehnt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Molterer und Wittauer.)

Kollege Wittauer, mit der vorgelegten UVP-Novelle erfolgt eine skandalöse Verwässe­rung des Umweltstandards und wird eine einseitige Klientelpolitik betrieben! (Zwischen­ruf des Abg. Wittauer.) Das ist ebenfalls völlig inakzeptabel, Kollege Wittauer, die Umweltverträglichkeitsprüfung hat sich in den letzten Jahren bewährt. Sie hat sich bei zirka 60 diesbezüglichen Verfahren positiv bewährt, und wir sehen daher keine Not­wendigkeit einer Änderung. Wir werden daher die Novelle heute ablehnen. – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Steier. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.30.35

Abgeordneter Gerhard Steier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Zwei Wochen anhaltende Proteste zur umstrittenen UVP-Novelle haben gestern Abend zwar dazu geführt, dass die Regierungsparteien ihren Antrag zur Änderung des UVP-Gesetzes zurückgezogen haben, allerdings nur, um ihn durch eine „Light-Version“ zu ersetzen.

Die Regierungsparteien meinen, einen vereinfachten Weg für die Umweltverträglich­keitsprüfung von Großprojekten gefunden zu haben: Vorgesehen ist künftig ein Schnellverfahren für international vereinbarte Projekte, Sportstätten, Teststrecken und Flughafen-Ausbauten. Die Bundesländer sollen von Fall zu Fall entscheiden, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen ist.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Faktum ist aber, dass dieses vorgese­hene Schnellverfahren genau auf jene Großprojekte zielt, die bisher schon für eine maßgeschneiderte Anlassgesetzgebung vorgesehen waren, nämlich Spielberg und das Stadion in Klagenfurt. Und gerade der Stadionbau in Klagenfurt ist ja – wie wir alle gehört haben – in Diskussion beziehungsweise der Anlass für diese Änderung der UVP.

Tatsache ist – und das möchte ich dezidiert in diesem Zusammenhang anführen –, dass alle Großprojekte, auch Stadionbauten, in Deutschland über ein Umweltverträg­lichkeitsprüfungs-Verfahren genehmigt wurden. Nur bei uns ist es, obwohl wir seit 2001


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wissen, dass die EM 2008 hier ausgerichtet wird, nicht möglich, ein normales UVP-Verfahren für ein ganz normales Stadion abzuwickeln. (Abg. Mag. Molterer: Wer sagt denn das?)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wir haben heute wieder einmal gehört, dass die SPÖ schuld daran sein soll, dass gewisse Vorhaben nicht realisiert werden kön­nen. – Wir lehnen diese Anlassgesetzgebung, die in der Ausführung hier gestartet wird, absolut ab! Wir sind für die Umwelt und für die Bürger und Bürgerinnen in diesem Ver­fahren. (Abg. Neudeck: Wie soll das gehen, wenn Sie dagegen sind?) – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

13.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Scharer. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


13.32.46

Abgeordnete Erika Scharer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Ich komme aus der Europa-Sportregion, aus dem Land Salz­burg. Auch meiner Meinung nach ist es natürlich wünschenswert, dass auch Sport­großveranstaltungen abgehalten werden, und ich gebe Ihnen auch Recht, dass es im internationalen Austragungs- und Standort-Wettbewerb für Sportgroßereignisse zu keinen Nachteilen oder Behinderungen in einer Region kommen soll. (Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Meine Damen und Herren! Wir sind aber der Meinung, dass es unerlässlich ist, dass Umweltauswirkungen im Vorfeld abgeschätzt werden und unter Einbeziehung der An­rainer- und Bürgerinteressen vorbeugende Maßnahmen gesetzt werden. Aber hinkünf­tig heißt es einfach so ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer.) – Herr Kollege Wittauer, Ihnen hört ja keiner mehr zu! Hören Sie doch einmal auf! – Künftig soll es so sein, dass über Großprojekte wie zum Beispiel Schipisten-Erweiterungen oder -Neu­errichtungen irgendjemand entscheiden kann, ohne die Bürger- und Anrainerinteressen im Vorfeld zu berücksichtigen. (Abg. Ellmauer: Das ist völlig falsch!)

Herr Minister! Meine Damen und Herren! Das ist eindeutig eine Demontage der Um­weltschutzinteressen, aber vor allem der Bürger- und Anrainerinteressen! Das wollen wir nicht, dem stimmen wir nicht zu! (Beifall bei der SPÖ.)

Es kann doch nicht so sein, dass in einer Gemeinde, wenn es zum Beispiel um die Er­richtung von Einkaufszentren geht, eine UVP vorgeschrieben wird, während bei Schi­pisten-Errichtungen zum Beispiel in Gletscher-Schiregionen für Großveranstaltungen durch politische Entscheidungen der jeweiligen Landesregierungen darauf verzichtet werden darf! Außerdem eröffnen Sie natürlich auch den Wettbewerb zwischen den Ländern. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Auch für die Interessenten beziehungsweise die Austragenden und Investoren der Großveranstaltungen wird durch diese Gesetzesänderung das Vorhaben nicht klarer und nicht leichter planbar, sondern schwieriger und schwerer einschätzbar.

Meine Damen und Herren! Nur weil stümperhafte UVP-Verfahren in jüngster Zeit Pro­jekte verhinderten, besteht kein Grund, an einem bestehenden, einschätzbaren und guten UVP-Gesetz in Form einer Anlassgesetzgebung Änderungen vorzunehmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort gemeldet. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 



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13.35.33

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminis­ter! – Der Herr Staatssekretär ist jetzt oder vorübergehend nicht mehr da. – Es geht um das übliche Problem: Abänderungsanträge werden in Nacht- und Nebelaktionen ein­gebracht, der letzte vor einer Viertelstunde. Herr Missethon! Sie haben, glaube ich, den Antrag eingebracht. Das einzig Seriöse, das Sie in diesem Kontext gesagt haben, war ein Freud’scher Versprecher: Sie haben nämlich gesagt „Umweltverfüglichkeitsprü­fung“. – Schöner hätten Sie es nicht ausdrücken können! Das war aber auch schon das Beste an dem ganzen Beitrag und an diesem Vorhaben hier. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister, ich werde jetzt noch einmal auf das eingehen, was der Herr Minister und der Herr Staatssekretär gesagt haben, weil sie sich ja berufen gefühlt haben, bei einem „Umweltverfüglichkeits“-Initiativantrag hier auch das Wort zu ergrei­fen. Herr Bundesminister! Sie reden von Hausverstand. Wissen Sie, was ich dazu sa­ge? – Das Einzige, was hier mit Haus und Verstand zu tun hat, ist, dass bei der Logik, die Sie hier heute präsentiert haben, der Verstand in Hausarrest gesperrt wurde. Und das ist aus meiner Sicht wirklich tragisch – das ist tragisch! – für einen Umweltminister! Einigen wir uns darauf, dass wir Sie bis auf weiteres „Bundesminister wofür auch immer, am besten für Umweltverfüglichkeit“ nennen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir könnten ja ein entsprechendes Ministeriums-Änderungsgesetz dann anschließend noch verhandeln. Vielleicht findet sich Abgeordneter Missethon auch diesbezüglich für einen Initiativantrag im Haus – Abänderungen eingeschlossen.

Herr Bundesminister! Wenn Sie immer fragen: Wo ist denn die Verschlechterung, die wir erkennen?, dann kann ich Ihnen sagen: Wenn eine Landesregierung wie die stei­rische beziehungsweise eine Landeshauptfrau wie die steirische in diesem Zusam­menhang in Kompetenzlagen kommt, dann ist das mit freiem Auge und per se als Verschlechterung erkennbar! Man hat ja gesehen, wie die gefuhrwerkt haben! Es ist wirklich ein Schadensmaximierungsprogramm der Sonderklasse, wenn wir diese Leute für irgendetwas verantwortlich machen! Die haben es ja schon bewiesen! – Ich weiß gar nicht, warum Sie immer uns fragen, fragen Sie sich doch selbst, was in Ihrer Partei los ist! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine Landesregierung kann entscheiden, ob oder ob nicht: So weit habe ich das ver­standen. Und wenn das geschehen ist, sind die Bürgerinitiativen-Rechte draußen! Sie sind ab diesem Zeitpunkt draußen, und es gibt überhaupt keine Berufungsmöglichkeit!

Jetzt sage ich Ihnen, dass hier das Verfahren auch etwas mit dem Inhalt zu tun haben muss. Es ist nämlich nicht das Schlechteste, wenn Bürgerinitiativen beteiligt sind. Und in der Regel kommt, wenn man es gescheit macht – wir haben es gehört, Stichwort: Oberösterreich –, auch etwas Gescheites heraus, und es ist hier einer der größten industriepolitischen Erfolge – inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung – zu verzeichnen gewesen. Aber vielleicht lernen Sie diesbezüglich auch noch dazu!

Wenn, wie in diesem Fall, die Landeshauptfrau oder ein Landeshauptmann verantwort­lich ist, dann sage ich: Gute Nacht! – Es gibt dann ein Verfahren, das nicht mehr in dieser Art und Weise gebündelt ist. Es hilft nichts, wenn Sie dauernd sagen, dass die Materiengesetze sowieso nebeneinander in Kraft bleiben! Die Umweltverträglichkeits­prüfung erzeugt ja einen Zusatznutzen! Sie erzeugt einen Zusatznutzen, weil eben nicht isoliert betrachtet wird, was in die Luft und was ins Wasser geht. Und Fragen wie Verkehrskonzepte werden ja überhaupt nicht releviert. (Zwischenbemerkung von Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll.)


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96. Sitzung / Seite 84

Wissen Sie, was die steirische Behörde zum Verkehrskonzept Spielberg ausgeführt hat? – Sie hat einfach unterstellt, dass mit jedem Pkw über vier Personen kommen und dass es deshalb im Falle von Großveranstaltungen schon nicht so viele Autos sein werden. – Das war das Verkehrskonzept! Kein Wort über den öffentlichen Verkehr, nichts! Es ist aber die Vorstellung Ihrer Behörde, dass die Formel 1-Fans zu viert, zu fünft, vielleicht sogar zu sechst in einem Auto daherkommen werden. Das ist die Vor­stellung Ihrer Behörde, die Sie hier so loben! Und dann sollen die anderen schuld sein! – Diese Sündenbock-Auftreiberei halte ich wirklich auch demokratiepolitisch, wie man so schön sagt, für gefährlich. Das ist tatsächlich schlechter Stil, meine Damen und Herren von der ÖVP! Wir lassen uns das in dieser Form sicherlich nicht gefallen!

Damit komme ich zum vorübergehend abwesenden Herrn Staatssekretär, der uns frank und frei unterstellt – und ich zitiere wörtlich –: Ihr da habt es nicht kapiert! Ihr habt die Sport-Bedeutung nicht kapiert! – Nein, haben wir nicht kapiert, so sind wir!

So weit ist es also wieder gekommen, dass man sich das so einfach erlauben darf, nur weil gesagt wird, dass eine umweltverträgliche EURO, mit der geworben wird, etwas gewinnen könnte, wenn die Stadion-Projekte einer Umweltverträglichkeitsprüfung un­terzogen werden! – Nein! Nicht dort ist das Problem, hier ist das Problem: Sie haben es nicht kapiert!

Ich sage Ihnen, was die Sportbedeutung betrifft: Wenn Sie uns umhängen wollen, dass diese EURO gefährdet ist, dann mache ich Sie auf ein paar Punkte aufmerksam, die auch nicht unerwähnt bleiben sollen.

In Wahrheit ist es nämlich der unüberbietbare Politsumpf in Kärnten, der dieses Projekt gefährdet, aber sicherlich nicht die Idee einer guten Umweltverträglichkeitsprüfung. Wenn Sie das ausräumen wollen, was ich hier behaupte, dann stimmen Sie heute Abend doch dem Untersuchungsausschuss zu, der beantragt wird! – Es wird völlig zu Recht von Einflussnahme und Bedrohung, von Bestechungsgeldern, Absprache mit Bietern und vertraulicher Unterlagenweitergabe in einem geheimen Vergabeverfahren gesprochen. Das sind die Probleme, die wir mit dem Stadion haben, aber doch nicht das Umweltproblem, das Sie jetzt neu erfinden wollen und damit irgendeinen politi­schen Kulturkampf aufwärmen wollen, den wir eigentlich – das hätte ich geglaubt – gemeinsam schon hinter uns gelassen haben!

Es ist Ihnen vorbehalten geblieben, diese Kiste wieder aufzumachen und auf die andere Seite einzudreschen. Mir ist das überhaupt nicht nachvollziehbar, es ist auch unlogisch. Das kann ja in Wahrheit nur mehr mit der blanken Panik vor der steirischen Landtagswahl erklärt werden. Sonst kann ich keine Erklärung in diesem Zusammen­hang finden!

Herr Bundesminister, Sie erwähnen die NoVA, Sie erwähnen die Feinstaubproblematik et cetera. Wissen Sie, was in der viel gerühmten Steiermark in diesem Zusammenhang los ist? Die Idee des Umweltlandesrates lautet: Feinstaubgrenzwerte verdoppeln, da wir sonst das Problem nicht in den Griff kriegen. (Zwischenbemerkung von Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll.) Der Umweltanwalt soll abgeschafft werden. – Das sind Ihre Bündnispartner, und auf uns hauen Sie hin! Ordnen Sie sich einmal intern, das wird Ihnen gut tun!

Aber, wie gesagt: Wer weiß, wie lange Sie den Titel „Umweltminister“ jetzt noch mit Recht führen dürfen? Diese NoVA-Geschichte ist auch ein Beispiel dafür, wie man in Wahrheit an den Problemen alibimäßig vorbei regiert. Es erfolgt eine minimale Ände­rung bei der Normverbrauchsabgabe, aber diejenigen, die das wirklich brauchen wür­den, nämlich die Lkw, sind frank und frei ausgenommen. Die Anreizwirkung dieser Abgabenänderung ist minimal, und Sie stellen sich hierher und verkünden das als großartigen Erfolg!


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Das passt einfach nicht zusammen! Ich stelle im Nachhinein fest, dass unser Miss­trauensantrag mehr als berechtigt war. Wir haben damals gesagt, dass er berechtigt ist, mittlerweile habe ich den Eindruck, dass er mehr als berechtigt ist. Sie haben damals ja so gejammert. (Abg. Mag. Molterer: Wer hat gejammert?) Herr Klubobmann Molterer! Sie wissen es selbst ganz genau, dass Sie selbst, aber auch Ihre Fraktion zum Jammern neigen, unterstellen tut man es aber dann den anderen. (Zwischenbe­merkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll.)

Ich sage Ihnen abschließend: Es war keine gute Sache, wie Sie das hier angelegt haben. (Abg. Mag. Molterer: Das war keine gute Rede!) Sie werden sich spätestens dann, wenn das auf EU-Ebene geprüft werden wird, wieder einmal dafür verantworten müssen. Die steirischen Wahlen werden vorbei sein, das Problem wird bleiben. In dem Fall werden wir uns aber nicht umhängen lassen, Verursacher zu sein, sondern das Ganze zurück an den Adressaten verweisen. (Beifall bei den Grünen.)

13.43

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 827 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Wittauer, Kopf, Kolleginnen und Kollegen einen Abän­derungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des erwähnten Abänderungsantrages ab­stimmen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 827 der Beilagen unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Wittauer, Kopf, Kolleginnen und Kollegen, und ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehr­heit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Ge­setzentwurf sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetz­entwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

13.44.154. Punkt

Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 512/A (E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Karlheinz Kopf, Klaus Wittauer, Kai Jan Krainer, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die Position Österreichs zum Schutz von Walen und Delfinen bei den Vertragsstaatenkonferenzen des Internationalen Übereinkom­mens zur Regelung des Walfanges (ICRW) und in anderen Gremien (826 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.


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Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. 4 Minuten freiwillige Rede­zeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


13.45.09

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir behandeln heute den erfreulicherweise gemeinsam eingebrachten Antrag 512 betreffend den Schutz von Walen und Delfinen.

Jeder von uns kennt die grausamen Bilder des Walfangs aus den Medien: Wale wer­den mit modernster Technik – sogar mit Satellitenunterstützung! – gejagt. Dabei sind sieben von 13 Großwalarten vom Aussterben bedroht, und von den so genannten Nordkapern gibt es schätzungsweise nur mehr 500 Tiere.

Das 1986 verabschiedete Walfang-Moratorium war ein wichtiger Schritt in Richtung Wal- und Delfinschutz. Nach wie vor werden aber trotzdem jährlich mehr als 1 000 Wale getötet. Seit Inkrafttreten des Moratoriums sind mehr als 21 500 Wale getötet worden, gar nicht zu sprechen vom Beifang in der Fischerei. In den riesigen Netzen verfangen sich pro Jahr zirka 30 000 Wale und Delfine.

Der kommerzielle Walfang ist zwar verboten, aber das Moratorium hat zahlreiche Schlupflöcher. So dürfen Wale etwa für wissenschaftliche Zwecke gejagt und getötet werden, sie dürfen dann aber eigenartigerweise um bis zu 300 € pro Kilo verkauft werden. Offensichtlich ist das ein sehr lukratives Geschäft. Vor allem in Japan tötet man aus Profitstreben Hunderte von Walen unter diesem Deckmantel und verstößt somit groteskerweise nicht gegen das Abkommen. Sogar im Schutzgebiet um die Antarktis darf Japan Walfang betreiben.

Unterstützung bekommt Japan von Island, Russland, China, Südkorea und kleinen Entwicklungsländern und teilweise auch von Dänemark. Norwegen hat das Moratorium erst gar nicht unterschrieben. Einige dieser Länder haben angekündigt, den wissen­schaftlichen Walfang, was immer das auch ist, stark ausweiten zu wollen. Immer mehr Staaten treten für die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfanges ein. Besonders besorgniserregend ist, dass Japan mit Hilfe von Stimmenkauf im Rahmen der Entwick­lungshilfe versucht, die notwendige Dreiviertelmehrheit zu erreichen, wodurch der Weg für den kommerziellen Walfang wieder frei wäre. – Das ist eine Katastrophe angesichts der schrumpfenden Zahl von Walen!

Geheime Abstimmungen bei den Konferenzen der Walfangkommission müssen daher verhindert werden, damit man sieht, wer wie, vor allem aber warum abgestimmt hat.

Ich wünsche mir für die Zukunft, dass mehr Schutzgebiete zusätzlich zu den bisher bestehenden eingerichtet werden. Bisher scheiterte das an der fehlenden Zweidrittel­mehrheit, und das wird sich wohl auch in der nächsten Sitzung nicht ändern.

Österreich hat bisher alle Resolutionen unterstützt, die den wissenschaftlichen Walfang verurteilen, und es ist wichtig, dass sich unser Land auch weiterhin öffentlich vehement gegen den Walfang stellt. Es ist eine Schande, dass wir diese größten auf der Erde lebenden Lebewesen an den Rand des Aussterbens gebracht haben! Einige Arten sind ja schon für immer verloren.

Die nächste Sitzung der Kommission findet diesen Juni statt. Österreich muss mithel­fen, dafür zu sorgen, dass die IWC eine Walschutzkommission bleibt, und zu verhin­dern, dass diese zu einem Verein der Walfänger verkommt.

Meine Damen und Herren! Für viele von uns ist aber besonders das Engagement von jungen Menschen gerade für dieses Thema ein besonderer Ansporn, sich auf diesem Gebiet zu engagieren. Auch in Vorarlberg haben wir mit „Bearfood“ Bernhard Bechter einen jungen Mann, der sich besonders für dieses Thema einsetzt. Er ist mit einem


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Fahrrad mit Anhänger in Walform quer durch Europa gefahren, um die Menschen davon zu überzeugen, dass man hier Gegenmaßnahmen ergreifen soll.

Dieser junge Mann ist dann an Krebs erkrankt, hat sich auch dieser Herausforderung gestellt und Gott sei Dank den Krebs besiegt! Kurz darauf ist er wieder aufs Fahrrad gestiegen, um weiterhin für die Wale zu kämpfen. Ich glaube, das Handeln solcher junger Menschen sollte für uns Ansporn sein, und ich freue mich, dass wir hier gemein­sam diesen Antrag beschließen werden. – Danke für diese Bereitschaft! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Bayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


13.49.29

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meeressäuger leben in jenem größeren Teil der Erde, der mit Wasser bedeckt ist und über den wir weniger wissen als über das gesamte Weltall.

Gewiss ist jedoch ganz sicher, dass zum Aufrechterhalten des ökologischen Gleichge­wichtes Wale und Delfine eine Schlüsselrolle spielen, das heißt somit auch für das Ökosystem des Menschen und für ein langfristiges Überleben für den Menschen auf diesem Planeten unverzichtbar sind.

Selbstverständlich werden wir diesen wichtigen Antrag unterstützen, gar keine Frage, und ich denke mir, eine konkrete Anwendung der Intention dieses Antrags findet sich dann gleich im Tagesordnungspunkt 12 der heutigen Sitzung, worin es um einen Beitritt Österreichs zum Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tiere geht. Der Leitspruch „Wer die Qual hat, ist ein Wal“ darf eben auch dort keiner werden, das ist, denke ich mir, ganz wichtig.

Dieses Übereinkommen, das ich angesprochen habe, stammt aus dem Jahr 1979. Wir können ihm erst jetzt beitreten, weil wir erst jetzt ein bundeseinheitliches Tierschutzge­setz haben. Dieses Übereinkommen regelt unter anderem den Schutz der Meeressäu­ger. Aber auch da besteht das von meinem Vorredner schon angesprochene Problem, dass der Fang von Walen und Delfinen für die Wissenschaftlichkeit oder für die vorge­schützte Wissenschaftlichkeit möglich ist und man somit die Fangverbote umgehen kann. Wir kennen das Problem mit Japan und Island, die kommerziellen Walfang betreiben und so tun, als wäre er ein wissenschaftlicher.

Wenn wir als ÖsterreicherInnen nun diesem Übereinkommen beitreten, dann erwarte ich mir von den Vertreterinnen und Vertretern Österreichs in diesem Gremium, sich auch dort dafür einzusetzen, dass kommerzieller Walfang unter Vorschützung von Wis­senschaftlichkeit verboten wird. Das darf einfach nicht mehr sein! Es kann in Zukunft nur so gehen, dass wir die Meeressäuger schützen, dass wir uns damit für ein intaktes Ökosystem einsetzen und die Umwelt als natürliches Laboratorium der Menschheit aufrechterhalten mit nachhaltigem Bestand, um Friedrich Engels zu zitieren. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

13.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Haupt. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Parni­goni: Die Sicht des Tierarztes!)

 



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13.52.57

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das heutige Thema ist kein kontrover­sielles, sondern Gott sei Dank hier im Hohen Hause ein einvernehmliches. Es ist schon lange ein Anliegen auch von mir, dass Österreich im Rahmen der Walfangkommission tätig wird und auch Werbung dafür betreibt, dass jene drei Länder, die noch feder­führend Walfang betreiben, dort nicht durch die Vermehrung der Befürworter des Walfangs sukzessive die Oberhand bekommen. Wenn man sich die Sitzung ansieht, die vor der Tür steht, so kann man nicht übersehen, dass Japan, Norwegen und Island weiterhin bemüht sind, für die Pro-Walfang-Lobby Stimmen und Unterstützung zu bringen. Daher ist es besonders wichtig, dass jene Länder, die für einen hohen Um­weltstandard und für die Rettung der Wale eintreten, auch als Lobbyisten für den Wal­schutz auftreten.

Es kann nicht übersehen werden, dass die Walbestände in weiten Bereichen nach wie vor gefährdet sind, und es kann nicht übersehen werden, dass die Befürworter des Walschutzes einen herben Rückschlag erlebt haben, weil die südatlantischen Schutz­zonen nicht mehr verwirklicht werden konnten. Die nordpazifischen Schutzzonen konn­ten nur mit Müh und Not gerettet werden. Wer weiß, wie vielfältig die Gefahren für die Wale sind, weiß auch, dass dieses Thema nicht ernst genug genommen werden kann, wenn wir die Ökologie und die Erhaltung der Arten in unseren Weltmeeren wirklich ernst nehmen wollen.

Beifang ist eines der größten Probleme für die kleinen Walsorten. Die Vermeidung von Beifang findet nicht statt. Die Forschungen in diesem Bereich haben eindeutig und klar ergeben, dass entsprechende Netzausstattungen den Beifang von Kleinwalen, Delfi­nen und anderen deutlich senken könnten. Trotzdem geschieht aus ökonomischen Gründen in diesem Bereich nichts.

Wer die Walfangflotten von Nordkorea oder Japan auf den Weltmeeren gesehen hat, kann nur dafür sein, dass wir uns für den Walschutz international stark machen. Ich darf daher für meine Fraktion sagen, dass wir den vorliegenden Entwurf unterstützen werden, und für mich persönlich, dass ich alles tun werde und auch auf internationaler Ebene weiterhin tätig sein werde, um den Walschutz als ernstes Anliegen der Republik Österreich zu vertreten. Denn es ist nicht fünf Minuten vor zwölf, sondern es ist zwölf, und wir müssen aufpassen, dass der Walschutz und die Walschutzkommission nicht in die Hände der Walfänger geraten. Daher ist dieser Antrag aus meiner Sicht bedin­gungslos zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

13.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.55.05

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wenn man sich die Bilder vom Walfang anschaut und sich das auch auf einer Rechenbasis ansieht, auf einer ökonomischen Basis, dann ist es irgendwie unverständlich, warum in den Ländern Island oder Japan nach wie vor Walfang betrieben wird, vor allem weil diese Länder gerade in den letzten Jahren verstärkt auf „Whale Watching“ setzen, also die Nutzung des Reichtums, diese Art in ihren Gewässern zu haben, um den Tourismus anzukurbeln. Die Einnahmen, die aus dieser Wirtschaftsentwicklung kommen, übersteigen mittlerweile um das Zehn­fache das Einkommen, das selbst in der besten Zeit des Walfanges durch Töten erzielt wurde. Man fragt sich also, was tatsächlich der Grund dafür ist.


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Wenn man in diesen Ländern diskutiert, dann kann man das nicht auf der Basis machen, dass es etwas Unethisches ist, wenn man den Walen Sprengkanonen in den Leib wirft – was für uns im Fernsehen fast unerträglich ist –, sondern dann muss man es auf einer ökonomischen Basis machen. So wird in diesen Ländern auch teilweise schon argumentiert. Gerade in Island, das letztes Jahr wieder damit begonnen hat, un­ter dem Deckmantel „wissenschaftlicher Walfang“ über 30 Minky Whales, also Zwerg­wale, abzuschießen, läuft eine sehr intensive Diskussion, warum das noch immer ge­macht wird, obwohl der Income, also der wirtschaftliche Reichtum aus diesem Wal­töten, nicht einmal 3 oder 4 Prozent des „Whale Watchings“ erreicht und dadurch das gesamte Angebot an „Whale Watching“-Touren mittlerweile gefährdet ist.

Ich habe das auch im Ausschuss schon erzählt: Gerade die Wale, die sozusagen kooperativ sind, die neugierig sind, die in Kontakt mit Menschen, mit beobachtenden Schiffen treten wollen, sind diejenigen, die im Rahmen dieses angeblich wissenschaft­lichen Tötungsprogramms als Erste erwischt werden. Was das „Wissenschaftliche“ be­trifft, geht es darum, anhand des Mageninhalts herauszufinden, wie sich die Walbe­stände auf die Fischpopulation auswirken. Aber das ist, wie bereits bewiesen wurde, ein vorgeschobener Grund.

Daher ist es umso besser, dass Österreich für diese Walfangkommission eine sehr gute, ausgewogene und auch harte Position hat. Das ist ganz wichtig. Es hat in den letzten Monaten auch schon so etwas wie Stimmenkaufversuche der Walfangnationen gegenüber Entwicklungsländern begonnen, indem versucht wird, Gelder an ein be­stimmtes Abstimmungsverhalten in der Walfangkommission zu binden, was absolut abzulehnen ist. Daher ist es wichtig, dass ein Land wie Österreich mit einer sehr harten Position, mit einer guten Position dort hinfährt und diese auch vertritt.

Der Antrag ist auch in einem zweiten Punkt bemerkenswert, und ich möchte das auch sagen. In der Regel ist es ja so: Wenn eine Initiative von einer Oppositionspartei kommt, dann gibt es meistens zwei oder drei unterschiedliche Arten, damit umzuge­hen. Das eine ist die Ablehnung, das ist eine faire Vorgangsweise. Das andere ist ein Vertagen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag; wenn einem der Inhalt ohnehin halbwegs sympathisch ist und es peinlich wäre, dies abzulehnen, dann wird in der Regel vertagt. Dann gibt es noch eine dritte Variante, die auch sehr beliebt ist: dass man einen Antrag macht, der ziemlich ähnlich oder fast wortidentisch ist, und ihn als Regierungspartei einbringt.

In diesem Fall war das anders, und ich möchte auch sagen, dass das okay ist. Es fällt niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn man einmal einen Antrag, der tatsächlich von der Opposition kommt, auch als Antrag der Opposition belässt, dem die Regie­rungsfraktionen beitreten, wie es diesmal der Fall gewesen ist. Ich sage dafür auch danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich sage besonders auch danke an die engagierten Beamten im Umweltministerium, die seit Jahren mit großem Einsatz und Engagement diese Position in der Walfang­kommission immer wieder vertreten und auch im Vorfeld schon sehr viel an sehr wichtiger Arbeit leisten. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.58

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Pfeffer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


13.58.43

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorausschicken möchte ich, dass es auch mich freut, dass es zu diesem Vier-Parteien-Antrag zum Schutz von Walen und Delfinen ge-


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kommen ist. Der Antrag berichtet über die exzessive Waljagd, die fast alle Walarten an den Rand des Aussterbens gebracht hat. Sowohl in Japan als auch in Norwegen wird Walfleisch als teure Delikatesse angeboten und verkauft. Dies ist natürlich ein großer Anreiz für die Jagd dieser Tiere.

Wenn man die Bilder von Tötungen an Walen – und noch schlimmer sind die Tötungen von Delfinen – sieht, wie sich die Tiere im Todeskampf aufbäumen, um auszubluten: Hier kann von humaner Tötung überhaupt keine Rede sein! (Beifall bei der SPÖ.) Hier muss man also auch im Sinne des Tierschutzgedankens handeln.

Meine Damen und Herren! Es wurde heute schon erwähnt: Wale sind die größten Säugetiere der Welt, und wir Menschen sind dafür verantwortlich, dass diese Tiere vom Aussterben bedroht sind. Jahrhundertelang war der Walfang ein großes Geschäft, und erst Mitte der siebziger Jahre regte sich Widerstand gegen diese gedankenlose Ausbeutung der Meere. Wichtig müssen uns daher der Schutz der biologischen Vielfalt, die Aufrechterhaltung des ökologischen Prozesses und der lebenserhaltenden Systeme sein.

Meine Damen und Herren! Diese Artenvielfalt bietet ein unschätzbares genetisches Reservoir, welches für den medizinischen, biologischen, landwirtschaftlichen und wis­senschaftlichen Fortschritt unverzichtbar ist. Die Natur ist diesbezüglich bedroht, des­halb ist es unsere Pflicht, zu handeln. Meine Fraktion wird daher diesem Antrag gerne die Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.01

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 826 der Beilagen ange­schlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 89.)

14.01.215. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über die Regierungsvorlage (794 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (7. Führerscheingesetz-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung geändert werden (817 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.01.43

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich zum Thema selbst komme, möchte ich etwas richtig stellen. Es gibt nämlich in heutigen Tageszeitungen Einschaltungen von Herrn Minister Gorbach, worin es heißt: Verkehrsminister Gorbach arbeitete mit den Verkehrsspre-


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chern der Parlamentsparteien, den Verkehrsklubs, Wirtschaftskammer, Arbeiterkam­mer und so weiter nach mehr als zehn Jahren das Vormerksystem aus.

Das muss ich dahin gehend richtig stellen, dass wir nicht mit ihm ein Vormerksystem ausgearbeitet haben, sondern sehr wohl eingeladen waren – einmal waren Sie dabei, Herr Staatssekretär, einmal war der Herr Minister dabei, also in unterschiedlicher Zusammensetzung –, und alle Vorschläge, die wir gemacht haben, sind natürlich nicht in dieses Gesetz eingeflossen. Daher haben wir nicht gemeinsam etwas ausgearbeitet, sondern hier wird nur unterstellt, dass wir das getan hätten. – Das also gleich zu Beginn als Richtigstellung. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die im Ministerrat von den Regierungspar­teien beschlossene Variante eines Punkteführerscheins ist voller Widersprüche, daher können wir auch nicht dafür sein. Dadurch, dass neben den bestehenden acht Füh­rerscheinentzugsdelikten, die nicht Teil des Vormerksystems sind, weitere 13 Delikte als Vormerkdelikte dazukommen, entsteht für den Kraftfahrer, für den PKW-Fahrer oder Motorradfahrer ein völlig unübersichtliches und in vielen Punkten auch ungerech­tes System.

Wenn es nämlich um Entzugsdelikte geht – und dabei handelt es sich um drastische Alkoholisierungen, Zu-schnell-Fahren, rücksichtslose Gefährdung anderer Verkehrsteil­nehmer, Fahren gegen die Fahrtrichtung und so weiter –, werden keine Vormerkungen vorgenommen, ja noch schlimmer: Durch den Entzug werden ins Führerscheinregister eingetragene Vormerkungen wieder gelöscht! Das heißt, wenn einer schon eine Vor­merkung eingetragen hat, danach ein schweres Alkoholdelikt begeht und ihm der Führerschein entzogen wird, wird der Punkt für das vorhergehende Delikt gelöscht – und die Vormerkung ist wieder weg.

Systematisch ist das also überhaupt nicht, wenn man noch dazu weiß, dass allein im Jahr 2003 bei den 18- bis 25-jährigen AutofahrerInnen über 45 Prozent der Unfälle unter Alkoholeinfluss geschehen sind. Das heißt, wir hätten uns bei diesem Konzept viel mehr auf Alkohol und Schnellfahren konzentrieren müssen und nicht sagen dürfen, dass Alkohol und Schnellfahren dem alten Reglement unterliegen sollen, und darüber hinaus konstruieren wir eine Art Vormerksystem, sodass dann die restlichen Delikte oder die, die eben in diesen 13 Punkten drinnen sind, nunmehr entsprechend gemaß­regelt werden sollen.

Weitere ungeklärte Probleme betreffen auch die so genannten Maßnahmen, die bei der zweiten Änderung im Vormerksystem gesetzt werden sollen. Diese werden mas­sive zusätzliche Geldausgaben für die Führerscheinbesitzerinnen und -besitzer zur Folge haben, und gleichzeitig ist nicht geklärt, wie zielgerichtet Maßnahmen entwickelt werden. Dieser Teil zum Beispiel soll nunmehr einer Verordnung vorbehalten werden und wird daher der notwendigen politischen Diskussion entzogen.

Nur ein Beispiel: Wenn jemand einen Kindersitz nicht richtig montiert hat, dafür einen Punkt bekommen hat und einen weiteren Punkt bekommt, gibt es eine Maßnahme. Diese Maßnahme kann ein Erste-Hilfe-Kurs sein, statt dass man dann sagt: Bei dieser Maßnahme soll er auch gezielt lernen, wie man Kindersitze richtig montiert. Das sind Dinge, die wir gebraucht hätten und die hier überhaupt nicht vorkommen.

Dazu kommen zusätzlich hohe Verwaltungskosten bei gleichzeitig weniger Geld, wie wir heute beim Budget gehört haben, Kosten, die diese Bundesregierung für mehr Exekutivkräfte auf der Straße und verbesserte Kontrollen hätte zur Verfügung stellen können. Ich habe auch Unterlagen von Autofahrerklubs, die meinen: Würden die heuti­gen Gesetze entsprechend durch Verkehrspolizisten überwacht werden, dann bräuchte man das gesamte System nicht. Es nützt kein besseres System, wenn es weiterhin nicht überwacht wird.


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Daher haben wir absolut nicht die Absicht, bei diesen Dingen mitzutun, bei einem Sys­tem, das zum Beispiel auch ausländischen Autofahrer und Autofahrerinnen, die durch Österreich rasen, überhaupt nicht tangiert; die können weiter durch Österreich fahren, wie sie wollen. Von diesem System sind, wenn überhaupt, nur österreichische Staats­bürger betroffen, von einem sehr aufwendigen System, einem sehr teuren System, einem komplizierten System. Es hat immer geheißen, der Autofahrer soll möglichst einfache Verkehrregeln haben, damit er weiß, wie er sich zu verhalten hat, um Unfälle zu vermeiden. Je komplizierter wir die Gesetze machen, desto weniger kennt sich der Autofahrer aus, und er kann daher Unfälle nicht vermeiden.

Im Wesentlichen ist es ein schlechter Kompromiss, den hier die ÖVP mit der FPÖ ver­handelt hat. Kollege Miedl – weil er mich so anschaut – hat sogar im Ausschuss schon gesagt: Seien wir doch vernünftig, versuchen wir einen Schritt zu tun. – Okay, einen Schritt können Sie tun, den werden Sie auch heute tun, und verbesserungswürdig ist das immer wieder noch.

Ich bin der Meinung, wir hätten die Möglichkeit gehabt, gleich einen nicht verbesse­rungswürdigen, sondern gemeinsamen, guten Entwurf zu machen. Dann hätten wir auch diesem Entwurf gerne zugestimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Miedl. – Bitte.

 


14.07.16

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Herren Staatssekretäre! Liebe Damen und Herren! Herr Kollege Eder, natürlich ist alles optimierbar, natürlich kann man alles auch von einer anderen Seite sehen. Grundsätz­lich sage ich Ihnen: Ich bin der SPÖ-Fraktion und Ihnen, Herr Kollege Eder, aber auch den Grünen dankbar, weil Ihre Mitarbeit trotzdem relativ konstruktiv war. Ich akzeptiere es als Demokrat, dass Sie unterm Strich dann trotzdem dagegen waren, aber es war eine konstruktive Arbeit, und ich habe erkannt, dass das Thema Verkehrssicherheit durchaus etwas ist, was auch Sie alle interessiert.

Meine Damen und Herren! Wir haben tatsächlich ein ungeheuer großes Problem: Im Jahr sterben rund 900 Menschen auf der Straße. 900 Menschen – das ist ein mittleres Dorf in Österreich, das jährlich ausstirbt! Die Situation ist ja nicht neu, sie hat sich entwickelt. Das heißt, da ist etwas im Gange gewesen. Andere Staaten rund um Öster­reich hingegen hatten eine andere Entwicklung als wir zu verzeichnen.

Wir haben jetzt gesagt, wir wollen die Ursache ergründen. Wir wollen wissen, warum das so ist: Was ist los? Was steckt dahinter? – Wir sind bei dieser Ursachenforschung draufgekommen, dass es im Regelfall die 16- bis 25-jährigen Männer sind, die haupt­sächlich Opfer oder Täter bei einem Verkehrsunfall werden. Als Minister Gorbach vor rund eineinhalb Jahren im Fernsehen angekündigt hat, da etwas machen zu wollen, hat er uns bei dieser Frage relativ schnell als Partner gehabt, weil wir sehr bald ge­wusst haben, was wir nicht wollen.

Wir wollen nämlich nicht ein Führerschein-Vormerksystem nach dem Muster Deutsch­lands – Flensburger System –, wonach alles, sozusagen Kraut und Rüben, in das Sys­tem hineinkommt und der Lenker selbst überhaupt keine Möglichkeit hat, zu differen­zieren. Wir wollten ein System schaffen, das pädagogisch richtig vorgeht. Wir haben uns mit vielen Pädagogen und Verkehrsexperten auseinander gesetzt und sind drauf­gekommen, dass mit der Hauptrisikogruppe eigentlich kaum mehr jemand spricht. Die Elterngeneration ist gegenüber ihren Kindern sprachlos geworden. Es gibt nicht dieses Gespräch zum Aufmerksam-Machen auf Gefahren. Jugendliche werden mit der Gefahr


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dann konfrontiert, wenn es schon zu spät ist, wenn „die Birn’ schon eing’haut“ ist. Wir wollen etwas tun, was vorher wirkt.

Daher haben wir gesagt, wir wollen pädagogisch vorgehen, und haben drei Grundsätze geschaffen:

Erstens haben wir gesagt, wir wollen den Jugendlichen oder den Verkehrsteilnehmer – es sind ja nicht nur Jugendliche, muss man auch dazusagen – ermahnen. Das heißt, begeht der Verkehrsteilnehmer eines dieser 13 Delikte, so geht die Behörde her und gibt ihm den Hinweis – zum Unterschied von früher, da gab es nur die Strafe, jetzt gibt es zur Strafe dazu den Hinweis –: Lieber Verkehrsteilnehmer, wenn du innerhalb von zwei Jahren erneut wegen eines Deliktes von diesen 13 anfällst, dann wirst du mit Konsequenzen zu rechnen haben.

Daher auch der zweite pädagogische Grundsatz: belehren, schulen, Defizite aus­gleichen. Wir setzen auf Verhaltensänderung. Das erste Mal verzichtet der Staat auf Strafgelder und investiert in verhaltensändernde Maßnahmen des Verkehrsteilneh­mers. Das gab es bisher noch nie. Die Deutschen schauen jetzt mit Argusaugen nach Österreich und sind sehr gespannt, wie wir das umsetzen werden.

Und drittens, meine Damen und Herren, kommt die Strafe. Das gehört dazu. Zu einer konsequenten Vorgangsweise gehört auch das Strafen. Wenn jemand innerhalb von zwei Jahren dreimal wegen eines solchen Deliktes anfällt, dann wird ihm der Führer­schein für mindestens drei Monate entzogen.

Meine Damen und Herren! Jetzt kann man sagen, wir wollen ein anderes System, wir können sagen, das eine oder andere ist mangelhaft oder schlecht. Tatsache ist, dass es der ÖVP mit Minister Gorbach erstmals gelungen ist, hier tatsächlich einen Meilen­stein zu setzen, einzugehen auf die subjektive Verhaltensweise des Verkehrsteilneh­mers, dort etwas verändern zu wollen.

In zwei Jahren können wir möglicherweise sagen, es kommt ein 14. Delikt dazu und das zwölfte fällt weg. Darüber werden wir gerne gesprächsbereit sein. Deswegen, Herr Minister, habe ich dich in unseren Verhandlungen auch gebeten, das System zu evaluieren, also nach zwei Jahren oder nach drei Jahren zu schauen, wie denn das gelaufen ist, ob das den Vorstellungen des Gesetzgebers entsprechend gelaufen ist.

Daher, meine Damen und Herren: Wir glauben daran, dass vorbeugendes Erziehen besser ist als nachträgliches Entziehen. Wir schreiben mit diesem heutigen Beschluss Geschichte in Sachen Verkehrsgesetzgebung, und ich bitte Sie alle, da mitzutun. (Bei­fall bei der ÖVP.)

14.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


14.12.05

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Herren Minister, Staatssekretäre! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat einen Schritt erwähnt. Ja, wir sind für diesen Schritt (Abg. Mag. Regler: Sehr gut!), aber dieser Schritt ist uns zu kurz, zu knapp, zu wenig.

Sie wissen ja – und gerade Sie, Herr Kollege, sind sicherlich einer Meinung mit mir in der Tatsache –, dass jede Verletzte, jeder Verletzter, jede Tote, jeder Toter eigentlich eine oder einer zu viel ist.

Sie sind auch Kollege im Justizausschuss. Sie wissen genau: Ladendiebstahl – vor­bestraft. Verkehrsdelikte, bei denen Menschen zu Tode kommen, werden oft nicht


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geahndet. Es gibt in unserer Gesellschaft ungleiche Maßstäbe. (Abg. Mag. Regler: Das stimmt doch nicht! Da gibt es auch Vorbestrafte!) Ich habe gesagt, oft werden sie nicht geahndet, ich habe nicht gesagt, generell. Es gibt in unserer Gesellschaft – und ich glaube, das ist auch Aufgabe unserer politischen Diskussion hier, einmal das Gewissen zu schärfen – völlig ungleiche Maßstäbe. Auf der einen Seite wird Totschlag, wird Mord stark geahndet. Auf der anderen Seite tolerieren wir – durchaus auch durch unsere Gesetzgebung –, dass jährlich in Österreich über 900 Menschen im Verkehrs­bereich sterben, getötet werden. Ich wiederhole: getötet werden. Sicherlich nicht ab­sichtlich, aber fahrlässig. 900 Getötete pro Jahr, bitte, das summiert sich ja im Laufe der Jahre. Das entspricht umgerechnet pro Woche einer Kleinfamilie. Und das wird toleriert! Dagegen wird meines Erachtens nach mit diesem Vormerksystem viel zu wenig angekämpft. Es ist mir ein viel zu schwaches Instrument, um diesem Todes­wahnsinn auf der Straße zu begegnen.

Herr Minister, Sie sagen immer wieder, Sie setzen sich auf EU-Ebene dafür ein, dass EU-weit mehr Verkehrssicherheit Platz greift. Bitte, Österreich ist Schlusslicht in der EU, Schlusslicht, was die Verkehrssicherheit anlangt. Schauen Sie sich die Statistik an! Fragen Sie nach beim Kuratorium für Verkehrssicherheit! Gerade deshalb müssen wir verstärkt beim Vormerksystem vorgehen, brauchen wir einen besseren Punktefüh­rerschein als andere europäische Staaten, müssen wir endlich aufholen, damit die Menschen Sicherheit auf der Straße haben.

Gerade Sie, die ÖVP, die FPÖ, geben vor, die Sicherheitsfraktionen zu sein. Sie kämp­fen um Sicherheitsgipfel. Tun Sie doch etwas bei der Verkehrssicherheit! Da haben wir wirklich die Möglichkeit, rigorose Punktesysteme einzuführen, ein scharfes Vormerk­system zu machen. Und was geschieht in Wirklichkeit? – Sie bringen einen Entwurf, doch jetzt haben wir eine Gesetzesvorlage, in der zwei Elemente aus dem Entwurf wieder herausgenommen worden sind. Das eine ist der unsichtbare Schutzweg, bei dem es darum gegangen ist, Kindern beim Überqueren von Straßen mehr Beachtung zu schenken. Das haben Sie gestrichen, das ist Ihnen Wurscht. Entschuldigen Sie, Kinder sind Ihnen egal, die Sicherheit von Kindern ist Ihnen egal. Das streichen Sie wieder heraus aus dem Vormerksystem. (Abg. Wittauer: Am besten alle Autofahrer abschaffen!) Jetzt tun Sie nicht so! Ich muss es ja so formulieren, sonst begreifen Sie die Tatsache gar nicht.

Und das andere: Wenn jemand versucht, einen Schutzweg zu betreten, muss der Autofahrer auf jeden Fall stehen bleiben, und wir hätten die Möglichkeit gehabt, dass das, wenn er es nicht tut, ebenfalls ins Vormerksystem kommt. Gestrichen! Gerade bei den schwächsten Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern streichen Sie einfach Ver­schärfungen, wenn die Autofahrer gegen diese Sicherheitsmaßnahmen verstoßen.

Ich finde es ja gut, ich finde es wirklich gut, dass Sie das Vormerksystem einführen, dass man die Maßnahmen einführt, dass man Nachschulungskurse etabliert und dass es diese zwei Stufen gibt. Nur: Erweitern Sie den Katalog! Machen Sie wirklich Nägel mit Köpfen! Geben Sie in den Katalog die Fahrerflucht hinein, geben Sie die Alkohol­delikte hinein, geben Sie den Verstoß gegen Geschwindigkeitsübertretungen hinein. Sie wissen ja genau, dass gerade Letzteres die Unfallursache Nummer eins ist. – Nichts, nichts, es bleibt beim Alten!

Es ist im Vormerksystem nicht vorgesehen, dass jemand, der mit, sage ich jetzt einmal, 160 km/h auf der Autobahn fährt, irgendeine Vormerkung kriegt. Nichts. Im Gegenteil, Herr Minister, Sie sind ja für die 160. Ich begreife überhaupt nicht, wie man angesichts von über 900 Toten im Straßenverkehr auch noch Vorschub leistet, dass womöglich noch mehr Tote im Straßenverkehr in der Statistik zu verzeichnen sind. Ich begreife das einfach nicht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Im Vormerksystem ist auch nicht drinnen, wenn Menschen mit 70 und 80 km/h durch die Ortschaften rasen. Schauen Sie sich das einmal an, wenn Ihre Kinder vor die Haustüre gehen und dann einer mit 80 vorbeirast! (Abg. Wittauer: Dann ist er den Führerschein überhaupt los!) Das ist doch Gefährdung, das ist ja gefährlicher als im Dschungel! Eigentlich können sich Menschen im Urwald sicherer fühlen als teilweise auf Österreichs Straßen. Das habe ich mir auch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit bestätigen lassen. So ist es nämlich.

All diese Gefährdungspotentiale gehen Sie nicht couragiert an, sondern Sie machen ein windelweiches Vormerksystem, das Sie jetzt international als großen Schritt anprei­sen wollen.

Ich gebe zu, diese Nachschulung und diese Kurse, dieses Zwei-Stufen-System vorzu­sehen, das finde ich ja ganz gut, aber der Katalog ist mit 13 Delikten nicht eigentlich das wahre Instrument, denn Geschwindigkeit, Alkoholdelikte, Fahrerflucht, der Schutz von Kindern auf dem Schutzweg und so weiter, all das ist nicht enthalten. Das ist Ihnen egal.

Das ist mein großer Vorwurf, und darum bleibe ich dabei: Wir brauchen mehr Ver­kehrssicherheit, wir brauchen viel mehr Ambitionen. Hier, Herr Minister, hätten Sie die Möglichkeit gehabt, aber Sie sind leider in die Knie gegangen – genau wie der Kollege Wittauer, der sich auch bemüht hat – vor irgendwelchen rasenden Sturschädeln in Ihrer eigenen Fraktion, die ich Gott sei Dank nicht kenne. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Vizekanzler Gorbach. – Bitte.

 


14.18

.11

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich nehme gerne Bezug auf einiges, was gerade die Vorred­nerin jetzt zum Besten gegeben hat. Das werden andere Abgeordnete dann vielleicht auch noch tun, aber ich tue dies, weil es sehr beispielhaft dafür ist, wie diese Diskus­sion offensichtlich in den letzten zwölf Jahren geführt wurde und zu keinem Ergebnis geführt hat und wie diese Diskussion etwas anders spätestens seit dem Juni 2003 geführt wird, wie es der Herr Abgeordnete Miedl schon gesagt hat.

Damals haben wir nämlich versucht, eine Verbesserung in Sachen Sicherheit auf Österreichs Straßen herbeizuführen, die auch die notwendige Akzeptanz findet, nicht nur eine Akzeptanz in Form einer Mehrheit im Parlament, damit man das auch um­setzen kann, in ein Gesetz gießen kann, sondern auch eine Akzeptanz beim Verkehrs­teilnehmer, also beim Betroffenen, sodass er nicht das Gefühl hat, das ist entweder eine Schikane, da haben sich einige, die die Autofahrer nicht so mögen, wieder etwas einfallen lassen, oder das ist eine Geldeintreibungsaktion des Finanzministers. Der braucht das nicht! Wir haben ja heute gehört, er hat das Budget auch so gut im Griff.

Spaß beiseite! (Abg. Riepl: Ach, das war nur ein Spaß!) Frau Abgeordnete Moser, wenn Sie als ein Beispiel und als einen Mangel angeführt haben, dass die Überschrei­tung der höchstzulässigen Geschwindigkeit kein Vormerkdelikt sei, dann sage ich Ihnen, Sie müssen das schon sehr genau anschauen, denn das ist – und ich habe mich auch bemüht, mit allen Fraktionen Einzelgespräche zu führen – ein Entzugsdelikt, und selbstverständlich finden Sie unter diesen acht Entzugsdelikten die Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit von mehr als 40 Stundenkilometern innerhalb des Ortsgebietes beziehungsweise von 50 Stundenkilometern außerhalb des Ortsge-


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bietes und eine Geldstrafe bis 726 € und zwei Wochen Entzug. Also es gibt dort schon einen Entzug.

Wir haben das Vormerksystem sehr bewusst – ich hoffe, es haben auch alle verstan­den – nicht als reine Verschärfung des bestehenden Sanktionssystems eingeführt, sondern vielmehr in Richtung Bewusstseinsbildung, um damit eine ganz bestimmte Gruppe, nämlich eine Gruppe der gefährlichen Verkehrsteilnehmer, anzusprechen be­ziehungsweise zu erwischen, und zwar nicht gleich zu erwischen, indem man scharf sanktioniert und bestraft, sondern indem man zuerst vormerkt und aufmerksam macht: Du bist auf dem Holzweg, auf dem falschen Weg – im wahrsten Sinne des Wortes.

Frau Abgeordnete Moser, Sie haben gemeint, der Schritt sei in Ordnung und akzep­tabel, aber er sei zu kurz, zu wenig, zu knapp. Das ist eine Formulierung, die ich oft schon, gerade von Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer Fraktion, auch in der Landes­politik gehört habe: Wir wollen noch mehr, wir wollen noch weiter gehen!, wissend, dass dann gar nichts passiert. Und wenn nicht wissend, hätte man zumindest, wenn man ein paar Jahre in der Politik ist, erkennen müssen: Was ist machbar, was ist umsetzbar – parlamentarisch und auch in der Bevölkerung – was wird akzeptiert? (Abg. Dr. Gabriela Moser: Schauen Sie nach Italien! Schauen Sie nach Frankreich!)

Mich freut natürlich, dass Sie erkannt haben – gratuliere! –, dass meine Fraktion die Sicherheitsfraktion in diesem Hause und in dieser Republik ist. Das ist auch so. Und wenn Sie meinen, dass der Sicherheit hier nicht genügend das Wort geredet wird, dann sage ich Ihnen, dass Verkehrssicherheit ein Schwerpunkt meiner Verkehrspolitik war (Abg. Parnigoni: Schon lange nicht mehr!), ist und auch bleiben wird.

Ich bin auch – wie Sie ebenfalls richtig festgestellt oder mich wiederholt haben – auf europäischer Ebene bei den Treffen der Verkehrsminister immer wieder derjenige, der dieses Thema auf die Tagesordnung bringt, dann auch mitdiskutiert, Unterlagen vorlegt und meint, dass wir uns mindestens einmal im Jahr nur zu diesem Thema treffen soll­ten, was inzwischen auch in Verona passiert. Zweimal hat dieses Tagung der europäi­schen Verkehrsminister zum Thema Verkehrssicherheit bereits stattgefunden.

Noch eine Bemerkung, geschätzte Frau Kollegin Moser. Wenn Sie sagen, Kinder sind mir egal, dann haben Sie mich damit nicht nur beleidigt – denn das bestimme ich, wer mich beleidigen kann und darf –, sondern Sie haben mich getroffen. Wissen Sie, ich bin zu lange, zehn Jahre lang, als Straßenbaureferent in einem Bundesland vor Schu­len, vor Kindergärten, vor Seniorenheimen, vor Heimen, in denen öfter ältere Leute sind – also schwache Verkehrsteilnehmer, wenn Sie so wollen – gestanden und habe mit Initiativen, mit Hausfraueninitiativen, mit Lehrerinitiativen, überlegt, wie wir die Sicherheit, was Straßenverkehr betrifft, durch Sicherheitsmaßnahmen verbessern können, sei es durch besondere Markierung, sei es durch besondere Beschilderung, sei es durch die berühmten so genannten Zebrastreifen, also Schutzwege, sei es durch Publikationen. Wir haben überlegt, wie wir dafür sorgen können, dass rund um diese neuralgischen Punkte weniger passiert. Sie können sich gerne erkundigen, dass ich diesen Ruf im Lande immer noch habe, und so etwas legt man nicht einfach ab. Diese Bemerkung ist also fehl am Platz gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Aber es steht nichts im Punkte­katalog! Warum haben Sie den unsichtbaren Schutzweg nicht im Katalog?)

Uberhaupt, Frau Kollegin Moser, weil Sie die Bemerkung gemacht haben – über dieses Thema werden wir zwei noch öfter diskutieren, aber nicht nur wir zwei –, ich sei für 160 Stundenkilometer: So generalisiert möchte ich das eben auch nicht stehen lassen. Ich bin unter gewissen Umständen dafür, wenn die Sicherheit nicht darunter leidet, und ich bin dafür, dass man das diskutiert, und zwar emotionslos, dass man Fakten und


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Argumente sammelt und diese dann zu gegebener Zeit austauscht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ohne etwas vorwegzunehmen habe ich gemeint, die gegebene Zeit ist dann, wenn ich relativ unkompliziert, unbürokratisch, per Knopfdruck Geschwindigkeiten reduzieren kann, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert. Dann kann man doch auch diskutieren, ob es die Verkehrssicherheit zulässt, dass ich die Geschwindigkeit anhebe und damit eigentlich der Realität anpasse. Aber das ist eine andere Diskussion. (Abg. Dr. Gab­riela Moser: Aber es geht ja nicht darum! Es geht um die Sicherheit!) Ich glaube, Sie haben sich mit Ihren Argumenten zwar gegen 160 km/h ausgesprochen, aber Sie sind damit ziemlich ins Schleudern gekommen. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Man sollte, Frau Abgeordnete Moser, das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Des­halb haben wir auch eine Lösung gesucht, die umsetzbar ist. Da sind wir jetzt dabei, und ich meine, wie schon Herr Kollege Miedl gesagt hat, das ist ein großer Tag in der Verkehrspolitik Österreichs, ein großer Tag für alle, denen Verkehrssicherheit auch wirklich ein ernstes Anliegen ist und die dann auch den Weg des Machbaren und des Möglichen gehen, auch wenn man sich da und dort vielleicht ein bisschen mehr ge­wünscht hätte.

Wenn Sie sagen, bei der Sicherheit seien wir die Letzten in Europa – ich weiß nicht, welche Statistiken Sie haben, Ihr Klub scheint eigene Statistiken oder Quellen zu haben; ich habe das anders in Erinnerung und ich weiß auch, dass es anders ist –, so sage ich Ihnen, dass wir neben der Einführung des Vormerksystems ab 1. Juli dieses Jahres, die wir heute hoffentlich noch beschließen werden – ich lade Sie auch gerne ein, dem doch noch Ihre Stimme zu geben –, auch Kampagnen organisiert und ge­macht haben, was Bewusstseinsbildung betrifft, insbesondere in Richtung gefährdete Gruppen, etwa eindringliche Werbespots gegen Alkohol am Steuer und Verwendung von Sicherheitsgurten. Sie wissen, das ist etwas, wo in Österreich im internationalen Ranking noch Verbesserungsmöglichkeiten deutlich sichtbar sind.

Wir haben Sicherheitsaktionen durchgeführt, die Verkehrssicherheits-Charta entwi­ckelt, wo wir auch private Unternehmer einladen und auszeichnen, wenn sie über den gesetzlichen Rahmen hinaus mittun, sich beteiligen und Aktionen und Aktivitäten entwickeln. Das geht von Bier ohne Alkohol, das da besonders beworben wird, bis zu freiwilligen Fahrsicherheitstrainings und Ähnliches mehr. Dazu gehören auch Auszeich­nungen und Belohnungen in privaten Unternehmen, wenn man eine gewisse Zeit lang unfallfrei fährt und derartige Dinge.

Das geht weiter von Sicherheitsaktionen zu Austauschprogrammen, was Aluleitschie­nen betrifft. Das sind immerhin Investitionen von 240 Millionen €, die wir in den letzten vier Jahren vorgenommen haben.

Die Tunnelsicherheit wird durch den Ausbau der Gegenverkehrstunnels im hochrangi­gen Straßennetz mit zweiten Röhren erhöht. Auch das sind Investitionen von 230 Mil­lionen € in den letzten Jahren, und das wird natürlich fortgesetzt.

Auch die Baustellensicherheit haben wir uns ganz genau angeschaut, weil dort sehr viele Unfälle passieren.

Wir haben Verkehrsbeeinflussungsanlagen auf den Weg geschickt. Das ist unbestritten sehr wichtig, was die Sicherheit betrifft. Am 29. April dieses Jahres wird im Großraum Innsbruck in Tirol der erste Abschnitt dieser Anlage in Betrieb genommen. Die Investi­tion allein dort beträgt 30 Millionen €; insgesamt sind es 260 Millionen €.


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Es kam zur Einführung der Section Control. Zuerst gab es den Versuch im Kaisermüh­len-Tunnel, der sich bewährt hat. Eine zweite Anlage gibt es am Wechsel, eine dritte Anlage wird demnächst zwischen Haid und Sattledt eingeführt.

Der Mehrphasen-Führerschein wurde eingeführt, um ein Manko auszumerzen, damit der Jungführerscheininhaber nach einer gewissen Zeit Erfahrung sammeln und noch einmal die vorhandenen Lücken oder Schwächen ausmerzen kann.

Die Einführung verpflichtender Drogentests und der Alkoholvortestgeräte sowie das Unfalluntersuchungsgesetz, das wir beschlossen haben, passen auch noch gut in diese Serie.

Also sagen Sie doch nicht, wir tun nichts für die Sicherheit im Verkehr! Es wurde noch nie so viel für die Verkehrssicherheit getan, wie dies in den letzten Monaten und Jahren der Fall war, Frau Abgeordnete. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Ich danke jetzt einmal ausdrücklich allen, die an diesem Modell sehr konstruktiv und positiv mitgearbeitet haben, und das war eine Strecke lang auch – ich hoffe, ich schade da niemandem – natürlich auch die Verkehrssprecherin und der Verkehrssprecher der Opposition, also der Grünen und der SPÖ. Ich führe auch immer eine sachliche Dis­kussionen mit ihnen, soweit es um „farblose“ Anliegen geht, und Verkehrssicherheit, Verhinderung von Verletzten, von Toten und damit Vermeiden von Schicksalen, die wir alle kennen, sollte ein parteiübergreifendes Anliegen sein.

Ich habe dann umso mehr bedauert, dass es trotz umfangreichster Diskussion – es hat ja auch deshalb jetzt eineinhalb Jahre gedauert – zu keiner einhelligen Auffassung gekommen ist. Wenn man die Vorlaufzeit anschaut, ist es ohnehin noch schnell, aber es hat auch deshalb so lange gedauert, seit dem Juni 2003, weil wir sehr viele Diskus­sionen geführt haben: in großen Kreisen, in kleinen Kreisen, mit Experten, mit Auto­fahrerklubs, ohne Experten, mit internationalen Experten. Wir haben evaluiert, was ist wo passiert und wie gut angekommen. Sie wissen das ganz genau. Man hat sich also Mühe gemacht.

Ich möchte besonders den Verkehrssprechern der Regierungsfraktionen, Miedl und Wittauer, danken, die hier sehr viel Engagement und geradezu Herz-Schmerz hinein­gelegt haben, gemeinsam auch mit meinem Staatssekretär Mag. Kukacka, um endlich ein System, das lange als Punkte-Führerschein verpönt war und kaum normal disku­tiert werden konnte, jetzt als Vormerksystem Realität werden zu lassen und umsetzen zu können, ein System, das der Verkehrssicherheit in Österreich dient.

Sie wissen: Wir haben es uns zum Ziel gesetzt – um auch messbar zu sein –, die Zahl der Verkehrstoten bis 2010 zu halbieren, also um 50 Prozent zu reduzieren. Wir haben uns auch vorgenommen, die Anzahl der Verkehrsunfälle mit Personenschaden in die­ser Zeit um 20 Prozent zu reduzieren. Das sind also ganz konkrete Zahlen. 876 Ver­kehrstote auf Österreichs Straßen im vorigen Jahr sind zu viel, sind um 876 zu viel. Das ist mir schon klar. Die Entwicklung ist aber eine gute: Das war jedenfalls die nied­rigste Zahl an Verkehrstoten seit dem Jahr 1952. Also: Die Richtung stimmt.

Dieses Vormerksystem wird nach Schätzungen des Verkehrsklubs Österreich und der Autofahrerklubs eine Reduktion der Verkehrstoten auf Österreichs Straßen um 70, 75 bis 80 Verkehrstote bringen. Das wäre ein toller Erfolg. Auch wenn es weniger sind, wird es ein Erfolg sein; ich bin von diesem Vormerksystem sehr überzeugt. Die 13 taxativ aufgezählten Delikte sind jene Delikte, die am häufigsten zu schweren Unfällen mit Folgeunfällen führen. Sie wissen, dass diese Delikte von den Führerscheinbe­hörden im örtlichen Führerscheinregister für den Zeitraum von zwei Jahren vorgemerkt werden. Das neue Vormerksystem bringt eine sehr anschauliche Systematik: Bei der


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erstmaligen Begehung eines dieser 13 Delikte kommt es neben den bereits derzeit zu verhängenden Strafen – das muss immer dazugesagt werden – zu einer Vormerkung.

In weiterer Folge gibt es auch die Maßnahme, dass, wenn eines dieser Delikte zum zweiten Mal begangen wird, besondere Maßnahmen angeordnet werden können. Sie wissen auch, dass wir unter Bedachtnahme auf den Einzelfall vorgehen, dass diese Maßnahme im Zusammenhang mit dem Delikt steht, also auf das begangene Delikt abgestellt ist. Da gibt es Nachschulungen für alkoholauffällige oder sonst verkehrsauf­fällige Lenker, Fahrsicherheitstrainings und Unterweisungen in lebensrettenden Sofort­maßnahmen. Wir haben wirklich dafür gesorgt, dass diese Maßnahmen dahin gehend verstanden werden, dass das nicht nur eine Strafe ist, weil man etwas getan hat, was man nicht tun darf, sondern dass das etwas ist, bei dem man verstehen und lernen soll, dies künftig eben nicht mehr zu tun.

Das Vormerksystem soll nunmehr zusätzlich – das habe ich schon erwähnt – Risiko­lenker, Mehrfachtäter erfassen und auf diese Lenker sanktionierend und vor allem auch bewusstseinsbildend einwirken. Die Bewusstseinsbildung ist mir dabei ein ganz besonderes Anliegen. Vor allem soll es dazu dienen, jene Gruppe von Lenkern in den Griff zu bekommen, die mit Geldstrafen alleine nicht mehr zur Vernunft gebracht und zur Verantwortung gezogen werden können.

Der dritte Punkt ist der Entzug des Führerscheins. Sie wissen, dass es hier eine Ver­knüpfung mit den acht Entzugsdelikten gibt. Ich glaube, wir haben auch auf Grund der vielen und langen Diskussionen einen sehr ausgewogenen und guten Kompromiss mit einer Gesetzesvorlage erreicht, die wir heute zur Beschlussfassung vorlegen können.

Meine Damen und Herren! Ich meine – und das möchte ich auch betonen –, dieses Vormerksystem ist ein dynamisches System und ausbaubar. Sollte der Vollzug neue Ansatzpunkte, neue Erkenntnisse bringen, dann ist nichts in Stein gemeißelt.

Aber lassen Sie doch in den nächsten Jahren auf Österreichs Straßen dieses öster­reichische Vormerksystem wirken! Lassen Sie es uns versuchen! Lassen Sie es die Sicherheit auf Österreichs Straßen, auf dem hochrangigen Straßennetz erhöhen! Ich bin davon überzeugt, es wird ein Erfolg werden.

Ich lade Sie alle ein, zuzustimmen und an diesem Erfolg teilzunehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.34

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


14.34.30

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Es ist mir schon klar, dass die Sozialdemokraten keine Freude damit haben, dass wir dieses Vormerksystem heute beschließen; auch deshalb, weil es ein langer Kampf war. Als nämlich die Sozialdemokraten den Verkehrsminister ge­stellt haben, wollten sie eigentlich das haben, was wir heute umsetzen – vielleicht nicht eins zu eins, aber ihr wolltet es umsetzen. Es ist euch jedoch mit der ÖVP nicht gelungen. Tatsache ist: Uns und unserem Verkehrsminister Hubert Gorbach ist es über einen langen Weg der Verhandlungen gelungen! Ich habe noch nie – und ich hoffe, dass diese Kultur der Verhandlungen weitergeführt wird – erlebt, dass die Opposition so eingebunden war wie in diesem Fall. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Frau Abgeordnete Moser! Ich komme schon noch zu Ihnen. Dann können wir vielleicht auch darüber diskutieren, was Sie heute hier gesagt haben, Stichwort „Dschungel“. Ich habe hier heraußen oder dort auf meinem Platz hin und wieder, wenn ich Ihnen zu­höre, das Gefühl, dass ich im Dschungel bin. Der ist zwar nicht so gefährlich, aber hin


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und wieder habe ich das Gefühl, als wäre es so. Ich werde noch auf das zurückkom­men, was Sie gesagt haben.

Aber wesentlich ist, dass wir einen Schritt gesetzt haben, der die Verkehrssicherheit nicht nur erhöht, sondern auch anerkannt ist, von allen Organisationen anerkannt ist. Das ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Niemand kann sagen, dass der VCÖ ein Freund unserer Partei ist. Er ist sehr kritisch. Damals, als wir das erste Mal dieses System vorgestellt haben, hat er im Fernsehen über uns geurteilt und Aussendungen gemacht. Aber auch der VCÖ sagt jetzt zu uns, das ist der richtige Schritt in die richtige Richtung. In zwei Jahren schauen wir uns das wieder an, vielleicht kann man das eine oder andere verbessern.

Wichtig ist auch, dass die Bevölkerung das annimmt. Ich danke dir, Hubert, und auch der gesamten Regierung: Alle waren am Vormerksystem gegen unverbesserliche Risi­kofahrer beteiligt.

Ich erinnere mich auch ganz gut: Frau Abgeordnete Moser hat gesagt, kein Mensch begreift dieses System, es ist zu kompliziert. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das habe ich nicht gesagt!) – Oder es war jemand von den Sozialdemokraten.

Heute weiß die Bevölkerung – kann das nachlesen –, wie einfach dieses System auf­gebaut ist. Das war unser Engagement dahinter: Einfachheit, jeder muss es begreifen können, jeder muss wissen, was er daran hat.

Wenn man die Vormerkungen hernimmt und wenn gesagt wird, die Raser kommen nicht ins Vormerksystem, es gebe keine Verknüpfung, dann muss ich festhalten: Das stimmt nicht, meine Damen und Herren! Sie werden es merken, wenn Sie einmal zu schnell fahren. Es ist folgendermaßen: Wenn man eine Vormerkung und Führerschein­entzug wegen Raserei hat, dann bekommt man zwei Wochen dazu. Wenn man zwei Vormerkungen hat, bekommt man vier Wochen dazu. Die Behauptungen stimmen also nicht – eine Verknüpfung ist sehr wohl gegeben, auch eine Verschärfung. Wenn man beispielsweise in diesem Fall einen längeren Führerscheinentzug hat, kann niemand sagen, das sei abgeschwächt. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Wenn ich 40 km/h schneller fahre, ...!)

Frau Abgeordnete! Ich weiß, wenn man mit dem Fahrrad fährt, kann man keinen Füh­rerschein verlieren. Aber es gibt auch Menschen, die arbeiten. Es gibt Menschen, die das Auto brauchen, um zu ihrer Arbeitsstelle zu gelangen. Das sind die Pendler in sehr vielen Regionen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Die sollen nicht zu schnell fahren!) Die erwarten sich von uns, dass wir sie vor den Rasern schützen, und sie erwarten sich, dass wir sie vor denen schützen, die uneinsichtig sind.

Unser System beinhaltet etwas – und da wundert es mich auch, dass die Grünen nicht zustimmen –, nämlich Bewusstseinsbildung. Mit dem zweiten Schritt der Maßnahmen ist es so – der Maßnahmenkatalog wird vom Kuratorium für Verkehrssicherheit ausge­arbeitet –, dass wir das Bewusstsein jener Menschen schärfen, die solche Vergehen zwei Mal begangen haben. So ein Mensch ist dann unter Umständen so geläutert, dass er das zum Anlass nimmt, solch ein Delikt eben nicht mehr zu begehen.

Ich weiß nicht, ob das System so neu ist. Wir strafen ja nicht nur die ganze Zeit. Das schaue ich mir an, ob das bei den Sozialdemokraten durchgeht, wenn wir heute sagen: So, zack, und jetzt greifen wir hart durch! Ich weiß ganz genau, dass das so nicht funk­tioniert und dass die Opposition jetzt mit einem Aber dagegen stimmt. Bitte, das nehme ich jetzt so zur Kenntnis. Ich glaube jedoch, dass wir diese Diskussion im freiheitlichen Klub und auch die ÖVP sehr intensiv geführt haben.

Ich meine, dass wir diese Überzeugungsarbeit auch vor Ort bei den Menschen leisten müssen. Deshalb ist dieser Artikel recht gut, in dem das Vormerksystem vorgestellt


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wird. (Der Redner hält eine Zeitung in die Höhe.) Ich weiß auch – das möchte ich auch sagen – um die Bemühungen des Staatssekretärs Kukacka. Er hat sich sehr intensiv in diese Diskussion eingebracht. Wenn jetzt einmal etwas gut ist, man aber hier heraußen wieder alles schlecht machen will, Frau Abgeordnete Moser, frage ich mich, ob es überhaupt einen Sinn hat, die Opposition einzuladen. Diejenigen, die Sie immer nen­nen, wenn es um Kritik geht, stimmen dem neuen System und allem, was damit zusammenhängt, zu, nämlich das Kuratorium für Verkehrssicherheit. Sie wollen jetzt diejenigen sein, die sich als Retter der Menschheit ausgeben und sagen: Dieser Dschungel da draußen!

Ich sage Ihnen Folgendes: Dieser Verkehrsminister hat etwas geschafft, nämlich ein Verkehrsleitsystem, das nicht nur der Verkehrsberuhigung dient, sondern das auch alle Maßnahmen umfasst, die etwa den Umweltbereich betreffen. Dort ist es umsetzbar. Das sind 30 Millionen € in Tirol, und alle anderen Bundesländer kommen auch noch an die Reihe. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das zahlt die ASFINAG!)

Stichwort „Section Control“: Heute redet zwar keiner mehr davon, aber diese Maßnah­me hat sofort gegriffen. Die Unfallträchtigkeit im Kaisermühlentunnel war hoch; heute: kein Unfall mehr!

Das betrifft nicht nur das Vormerksystem, das ist ja nur ein Teil davon. Es gibt noch andere Möglichkeiten hinsichtlich des Führerscheins. Ich denke da an die Spots, die Werbespots, die auch das Bewusstsein schärfen sollen. Es gibt einen ganzen Katalog, nicht nur jene Bereiche, die wirklich tief greifen sollen, um das engagierte Ziel 50 Pro­zent weniger Verkehrstote durchzusetzen. Warten Sie doch bitte ab, Frau Abgeordnete Moser! Wir werden nächstes und übernächstes Jahr Zahlen bekommen, die Sie sehr verwundern werden. Wir werden dem gesetzten Ziel sehr stark näher kommen.

Wir haben schon eines geschafft: 50 Tote weniger. Jeder Tote weniger ist ein erfolg­reich verhinderter Toter. Unterstützen Sie das doch! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Daher bin ich ja für mehr Delikte!) – Frau Abgeordnete, Sie werden den Menschen sagen müssen, dass Sie gegen Verkehrssicherheit sind. Das werden Sie ihnen erklären müssen. Ich habe es relativ einfach. Ich werde erklären, warum wir diese Maßnahmen setzen, nämlich, damit es dem einzelnen Bürger, der Auto fährt, besser geht.

Aber Sie, Herr Abgeordneter Broukal, werden erklären müssen, warum die Sozialde­mokraten einem System, das mehr Verkehrssicherheit bringt, nicht zustimmen. (Abg. Eder: Das erklären wir gerne! – Abg. Broukal: Warum Alkohol und Raserei nicht enthalten sind?) Erklären Sie es den Menschen! Ich sehe ja, wie wichtig es ist.

Es ist ja leider Gottes eine traurige Geschichte. Wir haben vorher gedacht, das sei ein Mega-Thema, das die Menschen beschäftigen wird. Es beschäftigt ja nicht einmal die Abgeordneten, und da nehme ich unsere Fraktion nicht aus. Dies beschäftigt nicht einmal die Abgeordneten im gesamten Haus: Verkehrssicherheit, Verhinderung von Verkehrstoten und von Unfällen.

Wir werden uns auch anschauen, wie die Menschen draußen reagieren. Wir müssen ihnen die Angst nehmen (Zwischenruf der Abg. Mandak) und Maßnahmen setzen, die ihrem Schutz dienlich sind. Wenn wir das schaffen, wenn wir das mehr in die Men­schen „hineinbekommen“, diese Maßnahmen umsetzen und die Bevölkerung sensibili­sieren, dann haben wir einen wesentlichen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Dann können wir den nächsten Schritt machen. Aber überfordern Sie doch die Men­schen nicht mit einem ganzen Paket! (Abg. Mandak: Aber beim Alkohol könnte man klare Grenzen setzen!)

Hier heraußen habe ich den Knüppel quasi schon gesehen. Die Autofahrer sollen auch wissen, wie Frau Abgeordnete Moser hier heraußen gestanden ist und jeden Auto-


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fahrer schon fast persönlich bedroht hat, weil sie vielleicht hin und wieder mit dem Rad über die Straße fahren muss! (Abg. Dr.  Gabriela Moser: Es geht um die Menschen!)

Die Autofahrer sind nicht diejenigen, die sich, wie Sie gesagt haben, im Dschungel be­wegen, sondern sie sind mündige Bürger. Einige wenige sind Raser, die wollen wir aus dem Verkehr ziehen.

Ich gratuliere euch noch einmal, auch dir, Hubert, für diese großartige Arbeit. Wir wer­den dort weitermachen, wo wir heute mit dem Beschluss einen wesentlichen Schritt umgesetzt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mandak: Wir haben halt höhere Ansprüche!)

14.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Parni­goni. – Bitte.

 


14.42.51

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In einem sind wir uns wohl einig: Es ist gar keine Frage, dass es durchaus positiv zu bewerten ist, dass diese Regierung das von Herrn Verkehrsminister Einem damals propagierte Ziel, bis zum Jahr 2010 eine Reduktion auf 50 Prozent der Verkehrstoten zu schaffen, weiter verfolgt.

Herr Kollege Wittauer hat von der Gesprächskultur gesprochen. Auch der Herr Vize­kanzler hat davon gesprochen, er hätte die Opposition mitreden lassen und es als eine sehr positive Stimmung empfunden. Ich kann nur sagen, ich bin von dieser Gesprächs­kultur etwas enttäuscht. Wenn ich heute in den Zeitungen – und wahrscheinlich in allen Tageszeitungen – lese, dass an diesem Produkt, das Sie jetzt als Gesetzesvorlage vorlegen, die Verkehrssprecher der Parlamentsparteien, die Arbeiterkammer und an­dere mitgearbeitet haben, dann ist das der Versuch, zu unterstellen, dass alle im Parla­ment für diese Vorlage sind. Das will man der Bevölkerung sozusagen suggerieren. Herr Vizekanzler, dass man bei einer bezahlten Werbeaktion, die der Staat und alle Bürger bezahlen müssen, eine derartige Unterstellung vornimmt, das halte ich für den Bruch einer Gesprächskultur. Das können Sie mir glauben! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Rest-Hinterseer. – Zwischenruf des Abg. Kainz.)

Es ist auch sehr eigenartig, dass heute der Herr Vizekanzler mit seinen zwei Staats­sekretären da hinten in trauter Einigkeit sitzt. Das ist eher eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, denn in Wirklichkeit hat es eine regierungsinterne Debatte um diese Geset­zesvorlage gegeben. Das wissen wir ja. Es hat keine substantielle Einigung davor gegeben. Die ÖVP ist vorgeprescht, hat ihr eigenes Modell vorgestellt. Kurz danach war der Herr Vizekanzler tief beleidigt, hat sein Gegenmodell präsentiert. Was heraus­gekommen ist, sehen wir: Etwas Unausgegorenes in einer hochsensiblen Frage, wenig Vernünftiges, ein schwacher Kompromiss mit einem falschen Ansatz.

Es ist die grundsätzliche Politik dieser Koalition gewesen, die Autofahrer zu schröpfen, wie der ARBÖ festgestellt hat. Das Jahr 2004 brachte die höchsten Autokosten seit vier Jahren. Die Autokosten sind um 47 Prozent schneller gestiegen als die allgemeine Teuerung. Wir erinnern an die Vignette, an Gebührenerhöhungen und an die Mineralöl­steuererhöhung. Jetzt machen Sie ein System, mit dem es wiederum zu mehr Büro­kratie und einer höheren Kostenbelastung für die Autofahrer kommt. In Wirklichkeit ist es so, dass die Einführung dieses Punkteführerscheins ein falscher Weg ist. Einen Punkteführerschein einzuführen wäre dann sinnvoll, wenn man wirkungsvolle Maßnah­men gegen die Hochrisiko-Lenker treffen würde.

Man braucht nur zu schauen, was die Autofahrerclubs dazu sagen. Der ÖAMTC sagt etwa, es sei ein grober Systembruch: Wer beispielsweise zweimal dem Vordermann zu


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dicht auffahre, müsse bei einem dritten Vormerkdelikt mit einer dreimonatigen Entzie­hung der Lenkerberechtigung rechnen. Jemand, der hintereinander ein gravierendes Schnellfahrdelikt und ein Alkoholdelikt setze, habe hingegen bei seinem dritten Verstoß eine weiße Weste.

Der ARBÖ sagt, er sei gegen dieses System, weil die Entziehung der Lenkerberech­tigung und ein zusätzliches Vormerksystem eine Doppelbestrafung darstellen, die eigentlich nicht rechtskonform sei.

Meine Damen und Herren! Was Sie hier machen, ist nicht korrekt. Und Sie haben auch keine Exekutive, die das alles kontrolliert. Sie, Herr Vizekanzler, haben zugestimmt, dass wir in Österreich 3 000 Polizisten und Gendarmen weniger haben, und können das alles nicht kontrollieren. – Diesen faulen Kompromiss lehnen wir ab! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.47

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gla­ser. – Bitte.

 


14.47.09

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Herren Staatssekretäre! Es gibt schon oft seltsame Bemerkungen von mancher Seite, aber ich ziehe es vor, sie nicht gehört zu haben.

Kollege Parnigoni, Sie haben ein schönes Sammelsurium an Statements abgegeben. Zum einen haben Sie gemeint, es sei erfreulich, wenn sich die Regierung zu dem Ziel bekennt, im Jahr 2010 halb so viele Verkehrstote zu haben, gleichzeitig tragen Sie sicher nicht mit dazu bei, wenn Sie heute hier dieses Gesetz nicht mitbeschließen. Und Sie werden in wenigen Jahren feststellen, dass wir heute ein sehr erfolgreiches Vor­merksystem verabschiedet haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Parnigoni: In einem falschen System!)

Ziel der Einführung dieses Vormerksystems beim Führerschein ist die Hebung der Ver­kehrssicherheit. Das Ziel ist, dass wir weniger Verletzte und weniger Tote zu verzeich­nen haben.

Wir waren auf dem Weg der Hebung der Verkehrssicherheit in den letzten Jahren durchaus erfolgreich; das wurde heute schon einige Male festgestellt. So ist die Zahl der Verkehrstoten doch erheblich gesunken. Ich glaube, dass wir mit diesem neuen Vormerksystem einen weiteren guten Schritt in diese Richtung machen werden. Ich glaube auch, dass es eine absolut gute Alternative zu dem Punkteführerschein ist, wie er in Deutschland praktiziert wird und wie dieses System auch bei uns diskutiert wurde, weil dieses Vormerksystem in unseren Augen einfacher, billiger und effizienter ist. Es ist in sich schlüssig und relativ einfach. Es ist bei weitem kein, wie manche von der Opposition gemeint haben, kompliziertes und nicht nachvollziehbares System.

Dieses Vormerksystem ist unter dem Entzugsystem angesiedelt und soll mit dazu bei­tragen, dass Risikolenker abgeschreckt werden, gefährliche Situationen heraufzube­schwören. Es hat wohl jeder von uns schon einmal die Erfahrung mit einem Drängler auf der Autobahn gemacht. (Abg. Broukal: Ausgenommen Alkoholisierte und Raser!) – Das stimmt doch nicht, Herr Kollege! Sie wissen ganz genau, dass es nicht stimmt, aber Sie behaupten es immer wieder! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Die sind nicht im Vormerksystem!)

Genauso, wie Sie sicherlich auch schon dem Ungeduldigen auf dem Pannenstreifen begegnet sind oder jenem, der das Rotlicht oder Stopptafeln nicht beachtet. – All diese Risikolenker wollen wir mit diesem Vormerksystem abschrecken, sodass sie diese Taten nicht mehr begehen. Nichts ist diesen Herrschaften lieber als der Führerschein,


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nichts schreckt diese Herrschaften mehr ab, als zum Beispiel eine Schulung machen zu müssen.

Sie haben gesagt, dass zum Beispiel Alkoholdelikte nicht darunter wären. Das Gegen­teil ist aber der Fall: Gerade Alkoholsünder, die bis jetzt keinen Führerscheinentzug hatten, werden in dieses System aufgenommen und erhalten eine Vormerkung. Das heißt, Sie reden wider besseres Wissen und versuchen, das anders darzustellen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie sind nicht im Vormerksystem!)

Ich glaube auch, dass es absolut notwendig ist, diese Gruppe mit einzubeziehen. Ge­nauso ist es auch wichtig, dass wir Eltern, die ihre Kinder nicht richtig sichern, ebenfalls in diesem System aufnehmen.

Es wurde auch schon von meinen Kollegen Vorrednern und auch von der Ministerbank aus gesagt, dass es darum geht, die wichtigsten Tatbestände, die in einer Liste über tödliche Unfälle aufgezeichnet werden, zu sammeln und zu versuchen, diese in das Vormerksystem einzugliedern. Ich gebe gerne zu, dass es noch andere Tatbestände geben würde, die wir ebenfalls noch aufnehmen könnten. Es ist auch unsere Bereit­schaft gegeben, dieses System zu evaluieren und eventuell in ein, zwei Jahren zu sagen, dieses oder jenes Delikt nehmen wir noch dazu. Aber Sie werden doch ein­sehen und uns zustimmen, dass es sinnlos wäre, mit der Einführung eines derartigen Systems so lange zu warten, bis wir das beste System, das alle zufrieden stellt, haben. In der Zwischenzeit hätten das wahrscheinlich einige nicht überlebt. Und wenn wir mit dazu beitragen, dass wir einige Tote weniger und einige Verletzte weniger haben – das werden wir mit Sicherheit haben –, dann haben wir heute einen guten Schritt getan. Ich bin der Meinung, wir tun etwas, wir warten nicht einfach ab. Wir sollten jetzt damit beginnen, und ich lade Sie noch einmal sehr herzlich dazu ein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. – Bitte.

 


14.52.08

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzter Herr Vizekanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Herr Vizekanzler, Sie haben gefragt, woher die Grünen ihre Statistiken haben. – Sie sollten vielleicht weniger Fi­schereigründe in Russland anschauen und dafür öfters ins Kuratorium für Verkehrs­sicherheit gehen, weil dort würden Sie dann diese Statistiken vorfinden.

Österreich liegt im Bereich Verkehrssicherheit auf einem der letzten Plätze im EU-Vergleich der 25, also der erweiterten EU. Das ist ein Armutszeugnis! Das heißt kon­kret: hohe Tempolimits, hohe Alkohollimits und niedrige Strafen. Das zusammen, diese Gemengelage, bringt Verkehrsunsicherheit auf unseren Straßen.

Das Vormerksystem soll sich speziell der Frage der HochrisikolenkerInnen widmen. Ausgewählte Delikte sollen im Führerscheinregister vorgemerkt und auffällig gewor­dene Lenker durch entsprechende gezielte Maßnahmen sowie durch Androhung des Führerscheinentzugs bei Kumulierung von Vormerkungen wieder auf den rechten Weg zurückgeführt werden. Unter den 13 erfassten Delikten befinden sich zwar Mitverur­sacher, aber wesentliche Delikte mit nachweislich hohem Risiko, wie Mobiltelefon am Steuer, das im Übrigen noch nie jemand erwähnt hat, fehlen. – Wahrscheinlich fahren so viele Abgeordnete mit Mobiltelefon. Das haben wir ja gemerkt, weil dieses Delikt so­gar zum Rücktritt eines Ministers der FPÖ geführt hat. – Jedenfalls ist es aus Sicht der Grünen inakzeptabel, dass 180 km/h auf Autobahnen, 150 km/h auf Freilandstraßen


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sowie Tempo 90 im Ortsgebiet beziehungsweise Tempo 70 in einer 30-km/h-Zone zu keiner Vormerkung führen.

Eine Bemerkung am Rande: Die Unfallursache von heute auf der A 1 in Oberösterreich mit zwei Toten und elf Verletzten war überhöhtes Tempo und zu wenig Sicherheitsab­stand. (Vizekanzler Gorbach: Und Nebelwarnanlage übersehen!)

Was wir auch kritisieren und was auch schon von Kollegin Moser angeführt worden ist, ist, dass andere Delikte mit führenden Positionen in der Unfallstatistik nicht bezie­hungsweise so in das Vormerksystem aufgenommen wurden, dass sogar Erleichterun­gen gegenüber der bisherigen Rechtslage entstehen, wie zum Beispiel bei bestimmten Alkoholdelikten.

Die relativierende Formulierung einiger Punkte legitimiert so genannte Kavaliersdelikte; Beispiel: die schleichende Entrechtung der schwächeren VerkehrsteilnehmerInnen auf dem Schutzweg. Die Missachtung der Anhaltepflicht ist immer eine Gefährdung und nicht nur bei der Differenzierung nach Gefährdung. Das ist ein unnötiges und falsches Signal.

Wenn Sie sagen, dass Sie die Sicherheitsfraktion sind, dann kann ich das bestätigen. Sie sind mit Sicherheit die Fraktion, die am meisten persönliches PR aus nichtigen Anliegen schlägt. Ich habe nichts dagegen, dass solche Dinge in die Öffentlichkeit gebracht werden, aber ich habe sehr viel dagegen, dass immer das Konterfei des Vizekanzlers dabei zu sehen ist. Es geht nicht darum, dass ich Ihnen das nicht gönne, aber es ist unzulässig. (Beifall bei den Grünen.)

Viele Leute glauben nämlich dann, es sei eine Werbesendung und schauen sich das gar nicht an, obwohl es für sie vielleicht wichtig wäre.

Ich bringe nun folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend einen Vorschlag zur sachgerechten Erweiterung des Punkteführerscheins/Vormerksystems um die bislang fehlenden wich­tigsten Ursachen für Verkehrsunfälle, wie Schnellfahren bis 40/50 km/h über den Limits, Alkoholisierung und Handy am Steuer, auf Österreichs Straßen vorzulegen.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, einen Vorschlag für die regelmäßige Evaluierung der Wirksamkeit des Punkteführerscheins/Vormerksystems vorzulegen, die angesichts des „Schmalspur-Charakters“ des vorliegenden Modells dringend nötig und gesetzlich zu verankern ist.

*****

Für den Fall, dass Sie unserem Entschließungsantrag nahe treten können, könnten wir uns auch vorstellen, in Zukunft Ihrem Vorschlag nahe zu treten. (Beifall bei den Grü­nen.)

14.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.


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Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Moser zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.56.50

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Nachredner, der Vorred­ner meiner Kollegin, Herr Kollege Franz Glaser, hat behauptet, dass das neue Vor­merksystem und Maßnahmensystem Geschwindigkeitsüberschreitungen und Alkohol­vergehen umfasse.

Ich stelle richtig: Das Vormerksystem umfasst gerade diese zwei wesentlichen Delikte nicht. Das Vormerksystem sieht keinerlei Delikte vor, die sich mit Geschwindigkeits­überschreitungen oder mit Alkohol am Steuer beschäftigen. Tatsache ist, dass die alten Entzugsdelikte beibehalten wurden, aber nicht in die neuen Vormerkdelikte auf­genommen worden sind. (Beifall bei den Grünen. – Staatssekretär Mag. Kukacka: Drei Alkoholdelikte stehen da drinnen!)

14.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Hofmann. Sie haben 2 Minuten Redezeit, bevor die Kurzdebatte beginnt. Ich ersuche Sie, diese Redezeit einzuhalten. – Bitte.

 


14.58.02

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kol­legin Rest-Hinterseer hat angesprochen, dass einem Lenker, der mit 70 km/h innerhalb einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h fährt, nichts passieren würde, weil das nicht im Vormerksystem vorgesehen wäre.

Tatsache ist, dass da das Führerscheinentzugsverfahren einsetzt. Es stimmt nicht, dass es keine Ahndung dieses Vergehens, dieses Deliktes gibt.

Ich denke, dass die Zielsetzung dieses Vormerksystems, nämlich mehr Verkehrssi­cherheit und weniger Verkehrstote sehr wesentlich ist, und ich bin auch überzeugt davon, dass es erreicht werden wird. Es geht eben um die Risikolenker, um die Mehr­fach- oder Wiederholungstäter. Wesentlich ist, dass damit kein Punkteführerschein eingeführt werden soll.

Herr Bundesminister Gorbach hat die Systematik bereits erklärt. Ich erlaube mir noch­mals darauf hinzuweisen, dass diese Vormerkungen, die mit den entsprechenden Begleitmaßnahmen vorgenommen werden, neben den bereits bestehenden Strafen erfolgen.

Diese Novelle wird ein Erfolg – gemessen an der Zielsetzung. Es bedurfte langer, in­tensiver, professioneller und, wie ich meine, einer höchst seriösen Vorgangsweise, um zu dieser Novelle zu kommen. Ich spreche dafür dem Herrn Bundesminister meinen Dank aus. Ich bin überzeugt davon, dass dieses System vorzüglich ist und dass auch der gewünschte Effekte, die gewünschte Zielsetzung erreicht werden wird.

Herr Verkehrsminister! Herr Vizekanzler! Ich wünsche mir, dass auch die Diskussion über die 160 km/h ebenso seriös geführt wird und nicht durch Zurufe oder, wie ich meine, nicht sehr qualifizierte Bemerkungen gestört wird. Es geht darum, 160 km/h auf Autobahnen, auf Strecken, auf denen dies möglich ist, zu erlauben. Wenn es die Witte­rung zulässt, wenn es die Streckenverhältnisse zulassen und die Verkehrsdichte zu­lässt, dann sollte man auf ein derartig intelligentes System übergehen. – Ich bedanke mich. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


15.00


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich unterbreche nun die Verhandlungen über Punkt 5 der Tagesordnung.

15.00.30Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2327/AB

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin für Justiz, 2327/AB. Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Öllinger als Antragsteller des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. (Abg. Öllinger: Zur Geschäftsordnung!) – Bitte.

 


15.01.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich möchte die Anwesenheit der Frau Bundesministerin abwarten.

15.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Frau Bundesministerin ist auf dem Weg, höre ich. Stimmt das? Ich unterbreche kurz die Sitzung, um mich zu informieren. (Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.) Herr Abgeordneter, hier ist sie schon. – Bitte.

15.02.12

 


Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19. August 2004 um zirka 11.15 Uhr kommt in der Justizanstalt Stein der Häftling Edwin Ndupu zu Tode.

Wie der Begriff „Schubhäftling“ in meine Anfrage gekommen ist, weiß ich nicht. Klar ist, es handelt sich selbstverständlich um keinen Schubhäftling, der würde dann auch nicht in Stein einsitzen müssen, sondern woanders.

Das ist eines der wenigen Fakten, die wir wissen: Edwin Ndupu ist offensichtlich wegen eines Drogendeliktes verurteilt worden, war in Stein inhaftiert, kam aus Nigeria und war HIV-positiv. Wenn Sie diese wenigen Fakten, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein bisschen kombinieren, dann reichen sie wahrscheinlich, um irgendetwas über die Biografie dieses nicht alten, sondern eher jungen Menschen auszusagen. Oder es ist Spekulation, wie so vieles rund um Edwin Ndupu.

Edwin Ndupu kommt zu Tode. Er hat keine Angehörigen in Österreich, es gibt nieman­den, der sich um seine Interessen kümmert. Edwin Ndupu wird daher auch anonym in einem Armengrab, wie es so schön heißt, auf einem Friedhof in Krems begraben.

Was ist passiert? Wie ist es zu dem Tod gekommen? – Am selben Tag, also am 19. August, zwischen 9 und 10 Uhr, zu dem Zeitpunkt, zu dem die Gefangenen nach dem Umgang wieder in die Zellen zurückgebracht worden sind, hatte Edwin Ndupu – offensichtlich auch nach der Darstellung des Justizministeriums – einen Raufhandel mit einem zweiten Strafgefangenen. Im Zuge dieses Raufhandels mit dem zweiten Straf­gefangenen, bei dem Edwin Ndupu ein Brotmesser in der Hand hatte, sind Justiz­wachebeamte gekommen und haben versucht, den Raufhandel zu beenden. Dabei ist


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es zu einem Gemenge gekommen. Die Justizwachebeamten haben sich schwer getan, sage ich einmal vorsichtig, da zu intervenieren, weil sie gewusst haben, er ist HIV-positiv. Sie haben also aus der Entfernung mit Pfefferspray gearbeitet.

Edwin Ndupu reagiert nicht wie andere Menschen auf Pfefferspray, zeigt nicht die typi­schen Reaktionen, die man beim Einsatz von Pfefferspray hat, wie davonlaufen oder Tränen in den Augen, sondern bleibt dort am Stand. Das ist ein Umstand, auf den ich noch zurückkommen werde.

Dann – ich kürze das Ganze ab, weil es auch nach der Darstellung des Justizministeri­ums und in der Anfragebeantwortung der Frau Bundesministerin nicht ganz klar ist, wie all das passiert ist – wird Edwin Ndupu in seine Zelle gebracht, und während er in der Zelle eingesperrt ist und dort möglicherweise weiter randaliert hat, wird eine Tränen­gaspatrone durch den Essschlitz in die Zelle geworfen.

Anschließend, wobei wir nicht wissen, wie viel Zeit vergangen ist, wird die Zelle von Justizwachebeamten, und zwar nicht wenigen, nämlich von mehr als zehn Personen gestürmt. Edwin Ndupu werden Hand- und Fußfesseln angelegt, und er wird dann in die so genannte Korrektionszelle in der Justizanstalt Stein gebracht.

In der Korrektionszelle erleidet Edwin Ndupu einen ersten Herzstillstand. Er wird reani­miert, erhält Valium, erleidet einen zweiten Herzstillstand und ist tot. Sieben Stunden nach diesem Vorfall kommt der Gerichtsmediziner in die Anstalt, um den toten Gefan­genen zu untersuchen. Er will die Zelle betreten, kann sie aber nicht betreten – das steht auch in seinem Gutachten –, weil die Tränengasrückstände zu hoch sind. Er geht nicht hinein, er besichtigt nicht die Zelle. – Das ist der zweite Umstand, auf den ich noch zurückkommen werde.

Das war es auch schon. Es gibt dann ein Gutachten, in dem festgestellt wird, es ist nie­mand anderer an dem Tode schuld als Edwin Ndupu selbst. Es war ein gewaltsamer Tod, aber Edwin Ndupu hat die Gewalt an sich selbst ausgeübt.

Zweiter Punkt: Tränengas als Todesursache kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, weil bei dem Betreffenden kein Tränengas in der Lunge gefunden wurde.

Das ist merkwürdig, Frau Bundesministerin, und da bin ich auch schon bei der Anfra­gebeantwortung. Sie können sagen, das sei nicht Ihr Problem, das sage der Gutachter. Der Gutachter geht nicht in die Zelle. Er sagt, das Tränengas sei zu stark, und derselbe Gutachter sagt: Tränengas – kein Problem. Das war mit Sicherheit nicht die Todesur­sache.

Jetzt wissen wir aber aus anderen Ländern und aus ähnlichen Fällen, dass in Zellen der Einsatz von Tränengas, vor allem von diesem Tränengas immer wieder zu Todes­fällen geführt hat, weil eines klar ist: Tränengas ist ein chemisches Kampfmittel, ist im Kriegsfall geächtet. Auch Österreich dürfte Tränengas im Kriegsfall nicht einsetzen, aber in Strafanstalten, in geschlossenen Räumen ist Tränengas in dieser Form, in der es verwendet wurde, erlaubt.

Stellen Sie sich das einmal vor! Im Kriegsfall ist der Einsatz von Tränengas nicht er­laubt, nicht auf offenem Feld, aber in der geschlossenen kleinen Zelle darf Tränengas eingesetzt werden. Niemand, auch der Gutachter nicht, aber auch die Justizbehörde nicht, sagt, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Dosen Tränengas über­haupt eingesetzt werden darf. Es darf unter bestimmten Voraussetzungen eingesetzt werden, die Sie auch in Ihrer Anfragebeantwortung beschreiben, aber in welcher Dosis, das steht nirgendwo.


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Dass dieses in Österreich verwendete Tränengas die giftigste Form des Tränengases ist, Frau Bundesministerin, darüber sollten wir auch noch sprechen. – Jetzt kommt aber der eigentliche Punkt.

Der Gutachter stellt auch fest, Edwin Ndupu hat gar nicht auf das Tränengas und auch nicht auf den Pfefferspray richtig reagiert, das Gutachten führt aber nicht weiter aus, warum er nicht reagiert hat.

Wissen Sie, was der Grund ist? – Dieser ist auch in der Literatur zu finden, Frau Bun­desministerin: HIV-positive Menschen zeigen nicht die gleiche Symptomatik wie Men­schen, die nicht HIV-positiv sind. Den können Sie also mit Tränengas einnebeln, und er wird nicht die gleiche Symptomatik zeigen. Er ist aber vergiftet, sowohl durch den Pfefferspray – da hat er ja auch keine Symptomatik gezeigt, sondern ist dort gestanden oder hat meinetwegen um sich geschlagen – und dann auch noch durch das Tränen­gas. – Punkt eins.

Zweiter Punkt: Sie selbst, Frau Bundesministerin, stellen in Ihrer Anfragebeantwortung fest: Es wurden „keinerlei Verletzungen am Kopf, im Gesicht, im Mundbereich ... fest­gestellt“, daher „ist eine Misshandlung durch andere Personen mit Sicherheit auszu­schließen“.

Wissen Sie, was das Gutachten selbst sagt? – Blutunterlaufungen fanden sich auch im Bereich der Kopfschwarte im rechten Scheitel- und linken Hinterhauptbereich. – Das sagt jenes Gutachten, das an gleicher Stelle auch sagt, es konnten keinerlei Verlet­zungen am Kopf, im Gesicht, im Mundbereich festgestellt werden! Das steht im selben Gutachten!

Mir als Laiem fällt das auf: Der Gutachter sagt: am Kopf keine Verletzungen, und schreibt im nächsten Satz: am Kopf sehr wohl Verletzungen. – Also was ist da tatsäch­lich eine Ursache?

Der Gutachter sagt aber auch noch – und da wird es dann wirklich bunt –:

Dass vereinzelte Blutergüsse durch Schläge mit einem Schlagstock im Zuge der Aus­einandersetzung mit den Beamten und dem Niederringen des Inhaftierten entstanden sein könnten, ist naturgemäß nicht auszuschließen. – Zitatende.

Also was? – Einzelne Schläge kann es gegeben haben, aber dann sagt der Gutachter: Eine Misshandlung durch andere Personen kann somit mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

Ich weiß nicht, Frau Bundesministerin, ob Sie die Bilder von diesem toten Edwin Ndupu gesehen haben: Er war über und über mit Hämatomen bedeckt! Und jetzt sagt der Gut­achter: Ja, der gute Mann, der hat diese Hämatome an den Streckseiten von Armen und Beinen.

Wenn ich mich gegen einen Schlag schütze, was tue ich dann? – Dann würde ich es wahrscheinlich so machen. (Der Redner hebt seine Arme an und hält sie schützend vor sich.) Also wo bekomme ich die Hämatome? – Da (der Redner weist auf die Außenseiten seiner Arme – Abg. Scheibner – auf den Redner weisend –: Der kennt sich ganz gut aus!), und vielleicht auch auf dem Kopf. – Also das, was das Gutachten aussagt, erklärt überhaupt nichts! (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzei­chen.)

 


Jetzt will ich eines nicht machen, Frau Bundesministerin: eine Verurteilung von irgend­wem – weder des Justizministeriums noch von Strafgefangenen, noch der beteiligten Justizwachebeamten –, aber was es braucht, ist eine Öffentlichkeit für diesen Fall! Es kann nicht so sein, dass bei ...


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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

 


Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): ... – danke, Herr Präsident – einem Vorfall in einer Justizanstalt, bei dem Justizwachebeamte beteiligt sind, die Justiz, die wei­sungsgebundene Justiz, sich selbst erklärt: Niemand war schuld außer derjenige, der zu Tode gekommen ist. – Das kann es nicht sein!

Und deshalb, Frau Bundesministerin: Öffentlichkeit und ein zweites Gutachten. Das, was hier vorliegt, reicht nicht aus. Das ist ein Skandal! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Miklautsch. – Bitte.

 


15.13.21

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Herr Abgeordneter Öllinger, ich habe mit großem Interesse Ihre Formulierungen verfolgt, und ich kenne natürlich Ihre Positionen auch schon aus Ihren Presseaussendungen, die Sie ja seit dem Todesfall des Herrn Ndupu laufend gemacht haben. Ich kann Ihnen auch sagen, dass ich die Letzte bin, die nicht für eine Öffentlichkeit sorgen will. Das werden Sie mir bestätigen können, nämlich gerade auch im Zusammenhang mit dem Todesfall des Herrn Ndupu – der mich persönlich, muss ich sagen, sehr betroffen gemacht hat, und zwar deshalb, weil die Situation, in der dieser Mensch zu Tode gekommen ist, sicherlich für alle Beteiligten eine sehr, sehr schwierige war.

Sie müssen sich vorstellen, dass dieser Häftling getobt hat und welche Ausnahme­situation das auch für die Justizwachebeamten ist. Wir haben in den Justizanstalten die Anweisung, dass in diesen Fällen – das sind Ausnahmefälle, und ich bin sehr froh dar­über, dass diese Ausnahmefälle, gerade mit tobenden Häftlingen, sehr selten stattfin­den –, was die Durchführung betrifft, also wie die Justizwachebeamten mit diesen Men­schen dann umzugehen haben, immer zuerst die gelindesten Mittel einzusetzen sind.

Es ist richtig, wie Sie sagen, dass zuerst Pfefferspray eingesetzt wurde, es ist richtig, wie Sie sagen, dass man mit einem Schutzschild und mit diesem Stock versucht hat, den Häftling zur Ruhe zu bringen; es ist aber auch richtig – und das haben Sie nicht gesagt –, dass dieser Häftling HIV-positiv war, sich selbst verletzt hatte und schon ge­blutet hat – das ist wichtig, gerade im Zusammenhang mit HIV-positiv. Und was auch wichtig ist, zu sagen, ist, dass er selbst mit einem Brotmesser andere attackiert hat. – Man muss das in der Gesamtsituation sehen! (Abg. Scheibner – in Richtung des Abg. Öllinger –: ...! Die Beantwortung ist völlig korrekt!)

Das ist also wirklich in der Gesamtsituation zu sehen, und Sie müssen sich einmal vor­stellen: Es waren bis zu 15 Justizwachebeamte eingesetzt, um diesen Menschen, der sicherlich eine immense Kraft hatte, zur Ruhe zu bringen.

Ich bin voll und ganz bei Ihnen, dass wir hier Aufklärung fordern müssen und dass dieser Fall aufgeklärt gehört. Aus diesem Grund hat ja sofort – wie Sie auch wissen, Herr Abgeordneter – die Justizanstalt Stein eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in Wien – beziehungsweise bei der Staatsanwaltschaft in Krems, in diesem Fall – ein­geleitet, und es wurde noch am selben Tag vom zuständigen Untersuchungsgericht verfügt, dass noch am selben Tag die Obduktion zu erfolgen hat. – Das ist ein ganz wichtiger Schritt, den aber die unabhängige Justiz gesetzt hat.

Wie Sie auch richtig ausgeführt haben, ist es so, dass der Gutachter zu diesen Ergeb­nissen kommt: Er kommt zu dem Ergebnis – ich kenne das Gutachten natürlich nicht im Detail; wie Sie sich sicher vorstellen können, habe ich mir den Akt nicht im Detail,


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vor allem auch das Gutachten nicht im Detail durchgelesen; mich hat die Zusammen­fassung interessiert, und die Zusammenfassung war, wie Sie auch ausgeführt haben –, dass eben kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Einschreiten der Justiz­wachebeamten und dem Todesfall des Herrn Ndupu, der leider zu Tode gekommen ist, herstellbar war. – Für uns, vor allem auch für die Staatsanwaltschaft war dieses Gut­achten in sich schlüssig und nachvollziehbar.

Das muss ich auch noch sagen, denn ich glaube, auch das ist in diesem Kreise nicht bekannt: dass diese Anzeige nicht die einzige war. Auch die nigerianische Botschaft und die IAEA haben eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft gemacht, haben Zeugen­einvernahmen beantragt, die auch durchgeführt wurden. – Die Staatsanwaltschaft hat gemeinsam mit dem Untersuchungsgericht umfangreiche Ermittlungen durchgeführt, und das Ergebnis dieser Ermittlungen war genau jenes, das Sie genannt haben.

Ich möchte noch zum Einsatz von Tränengas etwas sagen – weil Sie den Einsatz von Tränengas in Justizanstalten angesprochen haben, vor allem auch in diesem spezi­ellen Fall –: Ganz generell – diese Frage habe ich aber schon schriftlich in meiner Anfragebeantwortung beantwortet – wird Tränengas in Justizanstalten noch eingesetzt. Es ist aber in diesem speziellen Fall so gewesen, dass der Häftling Ndupu, als er gemerkt hat, dass Tränengas eingesetzt wird, mit seiner Schulter und mit dem Nacken das Fenster geöffnet hat. (Abg. Öllinger: Muss er ja!)

Ja, es passt ja. Er hat also das Fenster geöffnet und war dann mit dem Kopf aus dem Fenster draußen – laut meinen Aufzeichnungen, wie der Ablauf war. Das heißt, es war dort ein geöffnetes Fenster, und es war in dem Sinn auch kein geschlossener Raum mehr.

Ganz generell ist es für mich ganz wichtig, ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.) – Herr Abgeordneter, bitte darf ich ausreden? (Abg. Dr. Pilz: Muss da jetzt jeder gefesselt ...? Wie stellen Sie sich das vor?) – Nein! Nein, bitte lassen Sie mich ausreden. (Abg. Scheibner – in Richtung des Abg. Dr. Pilz –: Der geht auf die Leute los, und ihr macht da eure Geschichten!)

Es ist so: Ganz generell ist es mir wichtig, dass wir auch für die Sicherheit der Justiz­wachebeamten in den Justizanstalten Sorge tragen. Zur Sicherheit der Justizwache­beamten gehört auch dazu, dass sie ein Instrumentarium – sprich: spezielle Ausrüstun­gen, Waffen, wie immer man das sagen will – sowohl zu ihrer eigenen Verteidigung als auch zum Schutze der Insassen, aber auch der anderen Insassen verwenden dürfen. Ein Teil meines Masterplanes des Strafvollzuges, der ja in Ausarbeitung befindlich ist beziehungsweise in groben Zügen schon fertig ist, ist selbstverständlich auch dieser Bereich der Sicherheit im Strafvollzug und des Einsatzes von Geräten im Strafvollzug. Ich bin gerne bereit, auch den Bereich des Einsatzes von Tränengas einer Evaluierung zu unterziehen – ich sträube mich da überhaupt nicht, ich habe überhaupt kein Problem damit.

Mir geht es darum, dass die Sicherheit auch in den Justizanstalten gewährleistet ist: die Sicherheit der Häftlinge einerseits, aber auch, bitte – und auch das ist meine Aufgabe, und das ist meine primäre Aufgabe –, die Sicherheit der Justizwachebeamten zum Schutze vor derartigen Ausschreitungen, wenn es tatsächlich einmal zum Randa­lieren eines Insassen kommt. – Das sehe ich als meine Aufgabe an, und diese Auf­gabe will ich wahrnehmen, und diese Aufgabe werde ich wahrnehmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemelde­ten Abgeordneten beträgt gemäß Geschäftsordnung 5 Minuten.

 


Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.


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15.19.42

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Es ist ein sehr, sehr bedauerlicher Vorfall, der sich da ereignet hat, und ich bin der Frau Ministerin dankbar, dass sie hier in ihrer Beantwortung eigentlich sehr konkret Auskunft gegeben hat.

Ich bin auch der Auffassung, dass man so etwas hier im Parlament diskutieren muss, dass der Einsatz von Waffen – und Tränengas ist in diesem Fall als Waffe eingesetzt worden – auch hier diskutiert werden muss. Nur, Herr Kollege Öllinger: Ich glaube, dass Sie ein paar unzulässige suggestive Verbindungen hergestellt haben, die aus diesem Fall so nicht ablesbar sind.

Sie haben irgendwie den Eindruck erweckt, als wäre das Tränengas im Haftraum ein­gesetzt worden, der Häftling dann dort drinnen belassen worden wäre, bis er ver­storben war, und zu einem späteren Zeitpunkt sei die Obduktion dort nicht durchgeführt worden, weil sich der Gerichtsmediziner nicht hineingetraut hat. – So war Ihre Darstel­lung von diesem Rednerpult aus. (Abg. Sburny: Haben Sie nicht zugehört?)

Es geht aus der Anfragebeantwortung ganz genau hervor, dass der Insasse nach dem Einsatz des Tränengases in eine andere Zelle gebracht wurde, in die Absonderungs­zelle, dass sich dort kein Tränengas mehr befand und dass der Insasse nach seinem sehr bedauerlichen Tod in die Pathologie des Krankenhauses Krems gebracht und dort obduziert wurde. (Abg. Dr. Grünewald: Das macht man nicht im Gefängnis!) Aus meiner Sicht stellt sich also die Frage: Warum hätte sich der Gerichtsmediziner in die Haftzelle mit dem Tränengas begeben sollen? – Sie haben hier ja massiv kritisiert, dass das nicht der Fall war. (Abg. Öllinger: Sie kennen ja nicht einmal das Gutachten! Da steht das drinnen!)

Das Zweite ist: Sie haben einen unmittelbaren Zusammenhang hergestellt: Todesur­sache Tränengas. Das ist aber eindeutig aus dem Gutachten nicht herauslesbar, sondern ... (Abg. Öllinger: Das Gutachten ist ja das Problem!)

Okay, ich bin kein Mediziner, und darum steht mir ... (Abg. Mag. Molterer: Aber der Öllinger! Der Öllinger!) – Kollege Öllinger ist vielleicht hier gescheiter, aber ich bin kein Mediziner, ich kann das nicht beurteilen. Wenn das Gutachten besagt, dass in der Lungenluft keine nachweisbaren Spuren von Tränengas gefunden wurden, dass es auszuschließen ist, dass Tränengas die Todesursache ist, und dass es kein todesur­sächliches Verhalten der intervenierenden Bediensteten gab, dann muss ich als Abge­ordnete dieses gerichtsmedizinische Gutachten so zur Kenntnis nehmen. (Abg. Öllin­ger: Lesen!) Es liegt mir kein gegenteiliges Gutachten vor. Wenn ein gegenteiliges Gutachten vorläge und es zwei verschiedene Positionen gäbe, kann man darüber dis­kutieren, Herr Kollege Öllinger. Aber nur alles, weil es nicht in Ihre Argumentationskette passt, gleich einmal schlecht zu machen, das halte ich für nicht legitim. (Abg. Mag. Kogler: Hören Sie doch auf! Der hat das ja ganz anders angelegt!)

Ich halte es auch für irgendwie ein bisschen schräg, wenn man solch einen bedauer­lichen Vorfall als Anlass nimmt, hier Skandale zu konstruieren, die sich aus den Unter­suchungen nicht ergeben haben. (Abg. Sburny: ...! Da war die Antwort der Ministerin wirklich korrekt gegenüber der Rede, die Sie da machen!)

Das Zweite: Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe es als bedauerlich empfunden, dass hier nicht von der Sicherheit der Justizwachebeamten gesprochen wurde. Es sind immerhin elf Personen verletzt worden, der randalierende Insasse (Abg. Neudeck: Deshalb darf ja der Pendl auch nicht reden!) war HIV-positiv, hatte ein Messer, mit dem er sich selbst verletzt hatte, also eine Ansteckungsgefahr war gegeben. Da muss ich ganz ehrlich sagen, es gilt selbstverständlich das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der


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Anwendung der Mittel, nur: Die Sicherheit der Beamten hat in so einem ganz konkreten Fall auch Berücksichtigung zu finden! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.24

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Neudeck: Warum darf der Pendl nicht reden von der SPÖ?)

 


15.24.04

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es nett, dass Sie sich mit der Frage, wer spricht, auseinander setzen. (Abg. Dr. Fekter: Herr Kollege Pendl, was sagen Sie da dazu? – Abg. Neudeck – in Richtung SPÖ –: Hat der Pendl Sprechverbot bei euch?)

Frau Kollegin Fekter, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich verstehe nicht, warum Sie mit dem Vorwand, es soll die Diskussion sachlich bleiben und sein, dem Kollegen Öllin­ger hier Unsachlichkeit unterstellen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der „Doktor Öllinger“!) und auch darzustellen versuchen, er hätte hier mehr oder weniger gegen die Justiz­wachebeamten polemisiert. Ich würde Sie wirklich herzlich dazu einladen, das hier in aller Sachlichkeit, so wie die Frau Justizministerin – ich stehe nicht an, sie da zu inter­pretieren – das auch getan hat, zu behandeln.

In Wirklichkeit hat nämlich der ganze Vorfall schon zwei Aspekte: Das eine ist, dass es da einen außerordentlich bedauerlichen Vorfall gibt und einen Sachverständigen, der ganz offensichtlich versucht, die Situation zu schönen. Und das Zweite ist, dass dem Ganzen natürlich ... (Abg. Dr. Fekter: Das ist eine Unterstellung!)

Wenn Sie mich bitte ausreden lassen, Frau Kollegin Fekter! Diese kunstvoll darge­stellte Übertriebenheit ist ja hier wirklich fehl am Platz. Es geht um eine durchaus tragische Entwicklung – die aber jederzeit wieder passieren kann, meine Damen und Herren! Das ist eigentlich das Problem: dass es einen systemischen Hintergrund gibt (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie Beweise dafür, dass das Gutachten ...? Dann legen Sie Beweise vor!), der mehr oder weniger den Personen in den Strafgefangenenhäusern keine Wahl lässt! Die Beamten dort sind ausgebrannt, das wissen Sie ganz genau. – Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, Herr Kollege; Kollegin Fekter müsste es jedenfalls wissen. – Es herrscht eine absolute Unterbesetzung, es gibt keine Sachmittel. Es ist so, es werden die Leute dort eingesperrt – ich darf Sie einladen, gehen Sie einmal hinüber in die Strafvollzugsanstalt Josefstadt (Abg. Dr. Mitterlehner: Zur Sache!): Da wird am Freitag am Nachmittag zugesperrt bis Montag in der Früh, und dann tritt dort Gewalt auf! Es gibt nicht die Aufsicht, die entsprechend notwendig wäre, meine Damen und Herren. Und es gibt natürlich unter den Häftlingen solche und solche, und da gibt es eben welche, die dann geprügelt werden, und Sie hören dann dort die Schreie.

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man so etwas erlebt – und ich glaube, auch Ihnen allen wird es da so ergehen wie mir – und erkennen muss, dass man das nicht ändern kann, dass man die Gewalt, die dort an Einzelnen passiert, nicht abschaffen kann, das macht einen einigermaßen fertig.

Ich glaube daher, es ist notwendig, dass wir hier wirklich all unsere Verantwortung wahrnehmen und Systeme schaffen, Verbesserungen schaffen, die wirklich effizient greifen – für die Insassen, aber auch für das Strafvollzugspersonal. Die sind ausge­brannt! Gehen Sie einmal unangekündigt hin – Sie dürfen jederzeit hinein – und reden Sie mit den Personen, die dort ihren Dienst machen müssen! Das ist unterbesetzt. Das ist nicht lustig, meine Damen und Herren! (Abg. Murauer: ..., dass sie ausgebrannt sind!)


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Ich sage hier angesichts dessen, dass auch die Frau Justizministerin in den letzten drei, vier Wochen – auch in Kenntnis der Umstände, weil sich dem ja niemand, der sich sachlich damit auseinander setzt, entziehen kann – erklärt hat, dass man hier ganz massive Verbesserungen herbeiführen muss: Es muss mehr geschultes Personal ge­ben, sie brauchen eine Obsorge, die Leute müssen behandelt werden, die im Strafvoll­zug sind. – Sie müssen sich damit auseinander setzen, das ist eine Führungsaufgabe, und daher hat die Frau Justizministerin auch gesagt: Wir werden und wir müssen hier Verbesserungen schaffen!

Wenn ich mir anschaue, mit welcher Ignoranz und welcher Arroganz hier drüberge­fahren wird, indem gestern der Ministerratsbeschluss gefasst wurde, dass es das alles nicht gibt: Es gibt nicht die Mittel, die die Frau Justizministerin selbst aus sachlichen Gründen angekündigt hat! – Verstehen Sie doch bitte, dass Sie damit eigentlich nichts lösen, sondern dass es mehr oder weniger, ich würde wirklich sagen, nicht nur zynisch, sondern teilweise – so muss man sagen, wenn man es weiß, und einige von Ihnen wissen es – schon bösartig ist, wie hier vorgegangen wird. Sie machen damit nichts anderes als einen Kochtopf, wo Sie alle hineinstecken – das vollziehende Personal, den Strafvollzug und die Gefangenen –, und lassen diesen so lange kochen und schauen zu, bis er explodiert. Und das halte ich für charakterlos!

Frau Kollegin Fekter, dann herzugehen und zu sagen, jemand, der das sachlich aufzu­greifen – sei es die Opposition oder sei es irgendjemand anderer Außenstehender, und es gibt genug solcher – und hier zu thematisieren versucht, der polemisiere (Abg. Dr. Fekter: Sie unterstellen ein falsches Gutachten! Was haben Sie da für Beweise?) – ich lade Sie ein, das noch einmal zu überdenken, denn ich glaube, jeder kann sich irren, aber das ist der falsche Zugang! Das ist ein Thema, das gelöst werden muss, und zwar nicht mit kleinkarierter Argumentation – ich unterstelle Ihnen das jetzt nicht, aber das sollte nicht Gegenstand einer innenpolitischen Auseinandersetzung sein. Gehen Sie hin, schauen Sie es sich an! Die Dinge müssen ... (Abg. Miedl: Wie lösen Sie so was? Wie lösen Sie so was?)

Herr Kollege, regen Sie sich doch nicht so künstlich auf! Es ist quälend mit Ihnen, wirk­lich wahr! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. – Bitte.

 


15.28.52

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Da ich Sie, Herr Kollege Jarolim, kenne, muss ich, wenn ich die Übertreibungen, die üblicherweise von Ihnen ausgehen, abziehe, sa­gen: Ich bin in der Grundtendenz mit Ihnen durchaus einer Meinung, dass man bei der Justiz und bei der Justizwache insbesondere sehr genau aufpassen und hinschauen muss, ob sie genug Personal zur Verfügung gestellt bekommt. Wenn Sie das gemeint haben, Herr Kollege, dann sind wir uns da nicht uneinig. Dann müssen wir aber sach­lich miteinander reden und nicht in der Form von Schuldzuweisungen und in der Form von Übertreibungen, denn das ist, so glaube ich, ein gemeinsames Anliegen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich meine auch, Herr Abgeordneter Öllinger, dass wir hier durchaus von einem äußerst tragischen Vorfall reden. Die Frage ist jetzt nur, wie Sie ihn aufarbeiten. Sie arbeiten ihn so auf, dass man den Eindruck gewinnt: Dort hat eine Gruppe von überharten Jus­tizwachebeamten sich selbst vergessen und ist ohne ausreichende Bedachtnahme auf die Gesundheit eines Häftlings auf diesen losgegangen.


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So ist es ja nicht gewesen! Ich vermisse hier ein bisschen die Objektivität. (Zwischenruf der Abg. Mandak.) Nein! Es fehlt da die Objektivität. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mandak.) Wenn Sie mich jetzt unterbrechen, werde ich Ihnen gleich die Wahrheit sagen.

Haben Sie in Ihrer Anfrage daran gedacht, unter welchem Risiko diese Justizwache­beamten arbeiten? Stellen Sie sich doch, bitte, einmal vor, Sie müssten einen Häftling, der sich in einer subjektiv verzweifelten Situation befindet, der HIV-positiv ist, der ein Messer in der Hand hat und der außer sich ist, der einen Tobsuchtsanfall hat, zur Räson bringen! Jetzt denken Sie: Na ja, vielleicht wirkt das Tränengas, das ich ver­wenden darf, bei ihm nicht so wie bei anderen, verwenden wir es halt nicht! Da frage ich Sie: Wie soll es denn bei dieser Situation weitergehen?

Wissen Sie, zur objektiven Aufarbeitung gehört eine gewisse Sachlichkeit (Abg. Öllin­ger: Ja!), wobei wir sicherlich einer Meinung sind, wenn ich sage: Wir müssen aufpas­sen, dass die Häftlinge korrekt und ihre Gesundheit schonend behandelt werden! Aber dann muss ich auch die Gesamtsituation akzeptieren. Doch gerade Ihre Fraktion hat da eine komische Position, vor allem, was die Auffassung Ihrer Frau Abgeordneten Stoisits betrifft. Die freut sich, wenn der rumänische Staatspräsident sagt: Nein, wir wollen das Angebot der österreichischen Regierung, ein Gefängnis bei uns zu bauen, nicht! Die freut sich darüber. Was hat denn diese Freude für eine Folge, wenn sie berechtigt ist? Dass wir alle Fälle betreffend Rumänen in Österreich behandeln und weiterhin vollziehen müssen, 270 bis 370 in wechselnder Zahl, dass diese Rumänen keine Alternative haben, sie nicht resozialisiert werden können, sie keine Arbeit bekom­men können und sie bei uns bleiben. Dann, wenn die Haft bis zur letzten Sekunde vollzogen ist, kommen sie an die Grenze und werden in eine Position der Aussichts­losigkeit im Heimatland übergeben. Genau das wollen Sie! Sie lassen erkennen, dass es Ihnen eigentlich um die Polemik geht, um die polemische Aufarbeitung und nicht um die Sache. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Das ist das Bedauerliche! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

 


15.32.14

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Jus­tizministerin! Herr Vizekanzler! Ich glaube, dass Karl Öllinger sehr fair und sehr an­ständig argumentiert hat. Ich möchte es nur ein bisschen konkretisieren: Er hat, Frau Justizministerin, gemeint, es sei nicht Ihr Problem. Ich würde es exakter ausdrücken und sagen, es sei nicht Ihre Schuld.

Es ist unser aller Problem und auch Ihr Problem – ein Problem einer ungenügenden, mangelhaften und riskanten Betreuung in Justizanstalten. Das ist jetzt keine Schuldzu­weisung an das dortige Personal. Es ist ein Zeichen von Personalmangel und auch ein Zeichen einer schlechten medizinischen, psychiatrischen Betreuung von schwierigen Häftlingen. Aber es ist – und das dürfte der Kollegin Fekter entgangen sein – auch ein Problem der gesamten GutachterInnensituation, denn es gibt nicht nur Gutachten, denen man einfach glauben muss, sondern es muss sich ein Richter oder eine Richte­rin auf Gutachten auch verlassen können.

Ich möchte da auf einzelne Punkte hinsteuern, wo ich sagen muss: Selbst dann, wenn ich nicht Mediziner wäre oder nicht Jurist wäre, kann ich mit dem ganz einfachen Haus­verstand eines Bürgers sagen: Solche Gutachten sind riskant, weil sie nicht der Wahr­heitsfindung dienen, sondern einfach Dinge in den Raum stellen, ohne dazu wirklich notwendige hieb- und stichfeste Beweise zu liefern! Ich frage mich: Wie soll sich ein


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Gericht, wenn schon über Gutachten etwas auf eine bestimmte Schiene gelegt wird, dann aufraffen und sagen: Ich glaube das nicht, ich verstehe das nicht!? – Das werden die wenigsten tun.

Das Tränengas stehe in überhaupt keinem ursächlichen Zusammenhang, würde ich mich nicht zu sagen trauen, wenn über die verwendete Substanz bekannt ist, dass HIV-Patienten nicht wie andere Bürgerinnen und Bürger darauf reagieren, und man da­her möglicherweise zwanghaft, um auf den Erfolg zu kommen, höhere Dosen einsetzt, die dann toxisch sind. In wissenschaftlichen Beschreibungen dieser Substanz steht doch geschrieben, dass in Einzelfällen durchaus allergische, anaphylaktische Reaktio­nen der Lunge und der Atmungsorgane möglich sind, das heißt, es zu einem Lungen­ödem kommen kann, was bei Herzproblemen zusätzlich Probleme bereiten kann.

Der Gutachter schreibt, dass das Herz einerseits durch Erregungszustände belastet wurde. – Wenn ich HIV-positiv bin und mir sozusagen meine Zelle, in der ich ja nicht sitzen möchte, vollgenebelt wird und dann noch Pfefferspray eingesetzt wird, dann bin ich auch erregt. Der Gutachter hätte ohne Weiteres solche Sachen beweisen können, indem er einfach nachgeschaut hätte, wie viel Nebennierenhormone oder Katechola­mine im Harn sind.

Wenn er sagt, er könne in einer Zelle, die er selber nicht betreten wollte, weil das Tränengas dort noch so spürbar war – zumindest für ihn –, das Tränengas nicht nach­weisen, dann ist auch notwendig, dass er angibt, dass seine Methode etwas unsicher ist. Sonst würde ich empfehlen, dass man Gehörlose in die Oper schickt und sagt, sie sollen eine Rezension über „Die Zauberflöte“ schreiben, obwohl sie nichts hören. Wenn man durch eine Methode nicht nachweisen kann, dass Tränengas verwendet worden ist, dann ist es die falsche Methode.

Weiterer Punkt: Zu sagen, eine Verletzung durch Fremdverschulden sei auszuschlie­ßen, halte ich für gewagt. Man kann sagen, Fremdverschulden sei nicht wahrscheinlich oder könne man nicht beweisen, aber zu sagen, es sei auszuschließen, ist auf jeden Fall nicht ganz in Ordnung.

Wenn behauptet wird – und ich habe die Fotos gesehen: da sind ja wirklich Gewebs­zerstörungen bis zwei, drei Zentimeter unter die Haut, bis in den Muskel hinein, mit Blutgefäßzerreißungen sichtbar –, er hätte das Fenster ausgehebelt, dann muss ich fragen: Wo sind die Spuren auf dem Fenster? Gab es eine Spurensicherung? Ist das beweisbar oder nicht?

Dazu, dass das etwas Allgemeines ist, zum Schluss noch ein kurzes Beispiel – es be­trifft nicht nur diesen Fall –: Wenn in einem Gutachten betreffend Omofuma steht, der Erstgutachter, ein Bulgare, hätte behauptet, das Leichenbild würde auf schnell eintre­tendes Ersticken hindeuten, aber zum Leichenbild, das kleinflächige Blutungen zeigt, schreibt ein Gutachter: Auch beim Stuhlpressen, bei Geburtsvorgängen, bei starkem Husten oder bei Asthmaanfällen kann es zu diesen Blutungen kommen, punktförmige Blutungen gibt es auch bei plötzlichem Kindestod und Speisebreieinatmung, daher sind punktförmige Blutungen zwar mit Ersticken in Einklang zu bringen, es muss aber nicht so sein, dann schlägt das dem Fass den Boden aus. Dass Omofuma nicht schwanger war, nicht Stuhl gepresst hat und nicht eines plötzlichen Kindestodes verstorben ist, sollte auch einem Laien klar sein. Aber im Gutachten wird das als einer von vielen Be­weisen angeführt. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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15.35.28Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zur kurzen Debatte betref­fend den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Cap, dem Sportausschuss zur Bericht­erstattung über den Antrag 523/A (E) des Abgeordneten Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend umgehende Erstattung eines schriftlichen Berichtes an den Natio­nalrat über die Vorgänge rund um den geplanten Stadionbau in Klagenfurt eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesre­gierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


15.38.44

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir konnten in der Öffentlichkeit eine bemerkenswerte Diskussion über den geplanten Bau des EM-Sta­dions in Klagenfurt und die Art und Weise, in der die Vergabekultur für diesen Bau in der Vergabekommission abzulaufen pflegt, verfolgen. Das wurde ja bekanntermaßen öffentlich ausgetragen.

Die Fußball-Europameisterschaft 2008 ist ja keine Kleinigkeit, das wird eines der größ­ten Sportereignisse der Welt sein. Österreich und die Schweiz haben die Abhaltung dieser EM zugesprochen bekommen. Dabei geht es um große wirtschaftliche Dimen­sionen: um über 6 000 Arbeitsplätze, mit Milliarden von Fernsehzuschauern wird ge­rechnet, es geht um eine nicht unbeträchtliche Wertschöpfung. Daher ist es ein sehr wichtiges Sportereignis.

Ich meine, dass die Fußballbegeisterten in Österreich, aber auch diejenigen, die daran interessiert sind, dass sich im Tourismus, in der Wirtschaft und in der Werbung für Österreich etwas tut, besonders betroffen sind, wenn da in einer Art und Weise eine Auseinandersetzung stattfindet, die eine Fülle von Fragen aufwirft, die unserer Mei­nung nach nicht beantwortet sind. Daher ist es, glaube ich, berechtigt, wenn wir hier einen Entschließungsantrag einbringen, in welchem wir den Bundeskanzler auffordern, über all die in diesem Zusammenhang stehenden Punkte, Ereignisse, Sachverhalts­darstellungen dem Nationalrat einen Bericht vorzulegen, damit auch das Parlament darüber informiert ist.

Ich muss noch dazusagen: Da geht es ja auch um Steuergelder – auch ist gut! –, und zwar in einer Dimension von 33,7 Millionen €. Ich betone: Steuergelder! Daher ist es berechtigt, wann man da ein bisschen nachfragt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was sagt Ihr Dr. Ambrozy dazu?) – Sie können dann Ihre Wissbegierigkeit unter Beweis stellen, indem Sie für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eintreten. Das können Sie dann nachher beweisen, Sie kommen ja ohnehin zu Wort.

Jedenfalls scheint alles in Wien und in Salzburg und in Innsbruck zu funktionieren – in Klagenfurt nicht! Eines Tages taucht plötzlich in der „Kärntner Woche“ ein Dokument auf, wo die Anbote der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Das ist eine ganz seltsame Vor­gangsweise! Ich muss sagen: Wir haben ja schon oft erlebt, dass öffentliche Aufträge vergeben wurden, aber dass man das dann auch noch der Lokalzeitung übermittelt, ist


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beachtlich. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) – Hineingeflogen wird es nicht sein, irgendwer muss es dort abgegeben haben! Sie könnten ja einmal Ihre Schnüffel­nase in Kärnten entwickeln und herausfinden, wer das da unten war! Das wäre doch nicht so schlecht! Uns jedenfalls würde es interessieren, wie diese sechs Anbote in die „Kärntner Woche“ Anfang Februar 2005 hineingekommen sind. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Die Reaktion war ja beachtlich, wenn der ÖFB-Präsident Stickler sagt – ich zitiere – „Dieser Sabotage-Akt wurde von Brandstiftern in einer Größenordnung vorgenommen, wie wir es in der Sportpolitik nicht oft erleben.“

Herr Sportstaatssekretär, es wäre interessant, was Sie dazu zu sagen haben!

Ich zitiere weiter: „Da haben Personen etwas Unfassbares in Bewegung gebracht – hier wurde versucht, etwas plötzlich in die Luft zu sprengen.“ Nachsatz: „Die Uhr tickt!“

Da wird gesprochen mit einer Begrifflichkeit, dass es einem buchstäblich kalt über den Rücken läuft!

Was ist da los? Wer wollte da mit dieser Veröffentlichung etwas verhindern? War es vielleicht die Reihenfolge: Wer ist Bestbieter? Wer ist Zweit-, wer ist Drittbieter? Ist es nicht so, wie es sich vielleicht die Verantwortlichen in der Kärntner Landesregierung, vor allem anscheinend der Landeshauptmann, vorgestellt haben?

Das wäre doch etwas, wo es sich lohnen würde, einmal Fragen aufzuwerfen und sie auch zu beantworten, denn wenn das Ganze in die Luft geht, dann schaut es mit der Europameisterschaft ziemlich trüb aus, habe ich den Eindruck. Zumindest sagt das Herr Gattermann, der Verantwortliche für die österreichischen Spielstätten.

Sehr geehrter Herr Sportstaatssekretär! Ich hoffe, dass Sie dann dazu Stellung neh­men werden. Auf jeden Fall muss da etwas faul sein, sonst würde man diesen Weg letztendlich nicht wählen.

Aber so geht es weiter in dieser Auseinandersetzung: Am 10. Februar bestätigte der Leiter des Büros für Interne Angelegenheiten des Bundesministeriums für Inneres Martin Kreutner die Darstellung der „Oberösterreichischen Nachrichten“, wonach das Innenministerium eine Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachtes der Parteien­finanzierung, des Amtsmissbrauchs und wegen Verstößen gegen das Vergaberecht verfasst hat und ermittelt.

Das muss man sich vorstellen! Diese Vorwürfe sind ja keine Kleinigkeiten. (Abg. Scheibner: Was ist das Ergebnis?) Na, Moment mal! Über die Persilscheinkultur des Justizministeriums können wir dann noch reden. Wollen wir einmal da weitergehen!

Immerhin gibt es Ermittlungen, Anzeige gegen Unbekannt! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bezweifeln Sie die Justiz?)

Herr Kreutner sprach in der „ZiB 1“ noch einmal die Parteifinanzierungsfrage an. – Man sollte sich wirklich einmal genau anschauen, wie das so ist mit diversen Förderungen, Inseraten von Baufirmen, bei Kärntner Fußballvereinen und so weiter. Man sollte sich das einmal anschauen! Ich weiß es ja nicht, Sie werden das besser wissen, Sie kom­men aus Kärnten. Ich stelle ja nur fest, dass diese Verdachtsmomente geäußert wur­den, und meine, dass man sich dem einmal stellen soll.

Herr Pöchhacker von der Porr sagte am 7. Februar gegenüber dem „Standard“: „Offen­sichtlich ist der ermittelte Bestbieter nicht gewünscht.“ Er meint, Gattermann und Eisenköck fühlen sich in der Vergabekommission unter Druck gesetzt.

Das alles wird öffentlich ausgetragen. Ich zitiere da nicht irgendwelche Geheimproto­kolle. Ich versuche, Sie daran zu erinnern, was da vorgefallen ist, damit Sie ein biss-


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chen Entscheidungsgrundlage haben, wenn Sie dann für oder gegen den Entschlie­ßungsantrag respektive für oder gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschus­ses sind.

Dann trat Landeshauptmann Jörg Haider auf den Plan und sagte, es wäre ein Fehler gewesen, dass man das einer Bundesbehörde gegeben hat, man hätte das im Land – unter sich – ausmachen sollen.

Im „Abendjournal“ am 8. Februar sagte Jörg Haider, Herr Gattermann soll zurücktreten. Also: Gattermann weg! Wieso eine Bundesbehörde? Und so weiter.

Dann kommt plötzlich die Kritik an der ÖVP! Jörg Haider: „Durch den Machtrausch der ÖVP ist die Demokratie in ernste Gefahr gekommen. Niemand ist mehr sicher, jeder hat zu befürchten, überwacht zu werden, sofern er nicht das schwarze Parteibuch besitzt.“

Was fällt Ihnen als freiheitlicher Fraktion dazu ein, wenn eine Ihrer großen historischen Führungspersönlichkeiten solche Vorwürfe gegenüber dieser Seite (in Richtung der ÖVP weisend) dieses Hauses eröffnet? – Da schauen Sie gelangweilt und sagen wahrscheinlich: Mein Gott, ich weiß eh schon, dass mein Telefon abgehört wird, das ist nichts Besonderes! Ich lasse mir höchstens von der Ministerin Prokop das Protokoll schicken. – Ich frage Sie: Was fällt Ihnen dazu ein?

Es wäre doch interessant, einmal festzustellen, warum Landeshauptmann Haider einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Aufdeckdung der nach seiner Mei­nung bestehenden Willkür der ermittelnden Beamten des Bundesministeriums für Inne­res fordert.

Der niederösterreichische Landeshauptmann sagt, es sei alles verrückt. Der würde das gleich in ein medizinisches Eck hineindrängen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das jetzt eine Landeshauptmannrunde?)

Am 14. Februar – am Valentinstag – meldete sich Landeshauptmann Haider wieder und sagte, 32 hochrangige Persönlichkeiten in Kärnten, darunter er selbst, Martin Strutz, Hypo-Vorstandschef Wolfgang Kulterer, seien illegal abgehört worden. „Die Strizzis in Wien seien nervös geworden“, sagte Haider laut APA vom 14. Februar 2005.

Ich möchte wissen: Woher weiß er das alles mit der Abhörung? Das zu wissen, wäre auch ganz interessant. Das muss ihm ja irgendjemand gesagt haben. Er wird es nicht bloß knacksen gehört haben im Telefon, sondern da muss etwas gewesen sein. Was ist da los? Wer sind übrigens die „Strizzis“?

Das ist eine interessante Wortwahl. Was heißt „Strizzi“? (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Das wird einmal ein politischer Begriff, der da in die Diskussion einge­führt wurde: „die Strizzis in Wien“.

Das Nächste ist: Der Vorwurf, das BIA sei so etwas wie die Securitate, kommt plötzlich! Da wird Jörg Haider ganz historisch, nimmt eine Anleihe und spricht von „Securitate“ – einem Büro zur Verfolgung politisch unliebsamer Elemente in Österreich. (Zwischen­rufe bei den Freiheitlichen.)

Was ist los? Ich möchte das ausdiskutiert sehen! Was ist mit „Securitate“? Gibt es die jetzt? Gibt es die nicht? Woher weiß er das? Was sagt die FPÖ dazu? Was sagt die ÖVP dazu?

Haider kündigt mehr als 70 Fragen an das Innenministerium an. Dann kommt er zu dem Schluss, zu dem wir auch kommen: Die ÖVP hat in den letzten Jahren zu viel Macht bekommen. – Da gebe ich ihm Recht, das stimmt auf alle Fälle.


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Das andere jedenfalls, bitte schön, schreit nach Aufklärung. Aber dann wird es einge­stellt! Da kommt plötzlich das Justizministerium her und sagt: Das Ganze ist nicht substratreich! – Was heißt denn das eigentlich? Was ist ein Substrat überhaupt nach Meinung des Justizministeriums?

Das alles sind ja hanebüchene Formulierungen, Auseinandersetzungen, Beschuldi­gungen. Da geht es ja so zu, dass man sagen kann: Das ist ein einziges Sodom und Gomorrha, was sich da darstellt! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Diese Liste könnte man fortsetzen. So werden zum Beispiel in der heutigen Ausgabe des „Kurier“ zwei Mitglieder der Vergabekommission zitiert, die sagen, dass ein Strabag-Mitarbeiter die Aussage machte: Ein Wahnsinn, wir zahlen 400 000 € nach Kärnten, und dann bekommen wir das Projekt nicht!

Herr Generalsekretär Scheuch! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja, hier!) Kommen Sie hier heraus und nehmen Sie dazu Stellung!! Denken Sie an die Aufklärertradition der frei­heitlichen Fraktion! Wie oft haben wir uns hier Jörg Haider, Ewald Stadler und wie sie alle heißen anhören können, die gesagt haben: Aufklären, Untersuchungsausschuss! Also bei dem wären die beiden am Rednerpult schon „geplatzt“. Da bin ich ja die Zurückhaltung in Person. Die beiden wären hier geplatzt, wenn sie all das hier zu zitieren gehabt hätten. Ich hatte das zu zitieren, und ich kann Ihnen nur sagen: Es ist wirklich unfassbar, was sich da darstellt!

Wenn wir es ernst nehmen, müssen wir dazu einen Untersuchungsausschuss einrich­ten, müssen wir dem Entschließungsantrag zustimmen und muss es einen Bericht des Bundeskanzlers dazu geben. (Beifall bei der SPÖ.)

15.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Haubner. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


15.49.10

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ja, Herr Kollege Cap, in einem haben wir sicher Übereinstimmung – und das war die Einleitung Ihrer Rede  –: Die Fußball-Europameisterschaft ist das drittgrößte Sportereignis der Welt und eines der wichtigsten Projekte für Österreich in naher Zukunft!

Wir haben uns alle gemeinsam am 12. Dezember 2002 darüber gefreut, dass wir den Zuschlag zu diesem Sportereignis bekommen haben, und wir müssen alles daranset­zen, dass wir dieses Sportereignis in Österreich und in der Schweiz auch durchführen.

Das Hinausspielen von Unterlagen der Vergabekommission beziehungsweise dieser Vergabeergebnisse war sicher nicht in Ordnung; das prüft auch die Staatsanwaltschaft. Ich bin mir sicher, dass bald ein Ergebnis dieser Prüfung vorliegen wird.

Es gibt einen aufrechten Vertrag zur Errichtung des Stadions Klagenfurt zwischen dem Bund, dem Land Kärnten, der Stadt Klagenfurt und dem ÖFB und der UEFA. Bund, Land und Stadt wollen diesen Vertrag erfüllen, und dazu gehört, dass der Zeitplan zügig umgesetzt wird. Am 6. März dieses Jahres wird die Vergabekommission ent­scheiden, wer das Stadion bauen wird.

Das Projekt 2008 – Fußball-Europameisterschaft dürfen wir auf keinen Fall gefährden, das ist nämlich wichtig für Österreich, für den Sport und für die Wirtschaft. Für Öster­reich und für die Menschen in diesem Land ist die Fußball-Europameisterschaft ein echtes Highlight. Wir, die Sportsprecher aller Parteien, stehen natürlich über Partei-


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grenzen hinweg voll hinter diesem Projekt, und wir wissen auch, dass die wirtschaft­lichen und sportpolitischen Impulse für das Land sehr wichtig sind.

Allein im sportlichen Bereich – und das muss man auch einmal betonen – werden im Rahmen der Euro 2008, „Challenge 08“, 1,8 Millionen € für die Jugend investiert. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist nicht Thema!) Das ist einmalig in Österreich, und das ist sehr erfreulich. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Euro 2008 bringt uns wirtschaftspolitische Effekte, Wertschöpfungseffekte in der Höhe von 87 Millionen €, 6 600 Arbeitsplätze, effektive Förderungen auf dem Werbe­markt von 92 Millionen € und einen Effekt für die Tourismusförderung. – Ein wichtiges Projekt! Es gilt, die Chance gemeinsam zu nutzen, wie wir es im Sport gewohnt sind, dann können wir am 7. Juni 2008 alle eine tolle Eröffnung feiern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Trunk. – Bitte. (Abg. Neudeck – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Trunk –: Das ist alles Lug und Trunk!)

 


15.51.48

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Ich würde Sie ersuchen, diesen Zwischenruf zurückzunehmen – im Sinne der politischen Kultur und des Nachdenkens, bevor man spricht!

Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, Sie erlauben mir eine Vorbemerkung, eine Vorbemerkung, der Sie in Ihrem Inneren wahrscheinlich zustim­men müssen:

Es ist für Kärntner Abgeordnete aller Fraktionen sehr schmerzlich und vor allem poli­tisch bedenklich, dass Kärnten, insbesondere Klagenfurt, hier im Hohen Haus – lesen Sie sich einmal die Protokolle der letzten vier Jahre durch! – immer dann zitiert, ge­nannt werden muss (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Von wem denn? – Von euch Vernade­rern! Wie der Schelm denkt, so ist er!), wenn es um Millionen-Steuermittel-Desaster wie die Seebühne geht, wenn es um die Arbeitslosenrekordrate geht, wenn es um Wettbewerbsnichtfähigkeit geht, wenn es um Nichtinternationalität geht. – Das bedau­ere ich als Abgeordnete Kärntens mehr als alles andere, denn das haben sich weder die Menschen in Kärnten noch die Männer und Frauen in Klagenfurt verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Da waren Sie im Bundesrat noch besser!)

Nun zum Herrn abwesenden Bundeskanzler! Abgesehen davon, dass mich seine Abwesenheit nicht immer stört, ist seine heutige Abwesenheit symptomatisch für die Rolle des Bundeskanzlers in dieser Stadion-Affäre. Und Frau Kollegin Scheucher?! Der Sportsprecher der ÖVP, Haubner, hat einen Solidaritätsakt geleistet und für sie gespro­chen. Kollegin Elisabeth Scheucher ist Klagenfurterin, kennt sich in dieser Sache ganz genau aus, und ich nehme an, dass sie ihre Ausführungen anders gestaltet hätte, als nur allgemein darüber zu reden.

Tatsache ist, dass der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt – das weiß Kollegin Scheucher ebenso wie ich – vor drei Jahren monatelang um einen Termin beim Bundeskanzler angesucht und nicht einmal eine Antwort bekommen hat. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Woher wissen Sie das?) – Weil er der Klagenfurter Bürgermeister ist, ich mich für die Interessen Klagenfurts einsetze und ihn dabei sogar unterstütze. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Der Kollege Staatssekretär hat sich dann – und er hat sich redlich bemüht – seiner im wahrsten Sinne des Wortes erbarmt. Es wäre aber Aufgabe des Bundeskanzlers ge-


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wesen, vor drei Jahren hier konzeptiv mitzuarbeiten, anstatt zu schweigen und sich zu verstecken.

Zweiter Punkt: Ich habe im April und im September 2003 mit präzisen Anfragen ver­sucht, dem Schweigen des Bundeskanzlers ein Ende zu bereiten. Ich habe präzise da­nach gefragt, wie es mit der Projektierung, Umsetzung, Bundesmittel und dergleichen ausschaut – und zwar auch den Finanzminister, das können Sie nachlesen. Um es kurz zu sagen: Die Antworten waren inkompetent, nebulos, unverbindlich und unkon­kret; der Herr Staatssekretär weiß das, und er kann in diesem Fall überhaupt nichts dafür.

Nächster Punkt: Worum geht es? – In aller Kürze: ein altes desolates Fußballstadion in Klagenfurt-Waidmannsdorf, die Riesenchance für Klagenfurt, Klagenfurt zum Austra­gungsort für die Fußball-Europameisterschaft 2008 zu machen, gemeinsame Bewer­bung, gemeinsame erfolgreiche Bewerbung, Klagenfurt bekommt den Zuschlag. – Eine Chance für das Image Kärntens, eine Chance für die Stadt Klagenfurt und ein tolles Zukunftsprojekt!

Die Position der SPÖ war immer klar: kostengünstig – nicht billig –, funktional, wett­bewerbsfähig, internationalen Kriterien entsprechend und als Neubau am alten Stand­ort. – Das war die Position der SPÖ Klagenfurt, der SPÖ Kärnten, der Bundes-SPÖ vor sechs Jahren. Sie haben nicht einmal darüber diskutiert, Sie haben dieses Thema nicht einmal auf die Seite geschoben. Wenn wir dieses Projekt noch retten wollen, werden Sie alle diese Positionen unterstützen müssen!

Was haben ÖVP, insbesondere aber FPÖ und Haider – nicht alle FPÖler, der Herr Staatssekretär war in dem Fall nicht dabei – zwei Jahre lang getan? – Allmonatliche Pressekonferenzen; immer ist irgendwie ein Sponsor, ein Projektbetreiber aus der Privatwirtschaft aus der Kiste gezogen worden, und zwei Jahre lang ist der Kärntner Bevölkerung vorgegaukelt worden, das Ding würde keinen Steuer-Euro kosten. – Zwei Jahre lang Lug und Trug (Rufe bei der ÖVP: Hallo!), ein Jahr lang (Abg. Scheibner: Nehmen Sie das zurück!) – und Kollege Scheuch weiß es – haben wir versucht, zu recherchieren. Lug und Trug! Da war ein Schweizer Investor (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Schweitzer ist Investor?) ein Schweizer Staatsbürger, nicht der Kollege Schweit­zer –, und es gab weder eine Postanschrift noch eine Adresse. Das heißt, von dem Investor hat letztendlich nur der Name bestanden.

Um zum Ende zu kommen: ÖVP- und FPÖ-Verantwortung; auch Bürgermeister Scheu­cher, insbesondere aber der Landeshauptmann und der Herr Bundeskanzler – der schweigt und nicht da ist; er weiß, warum – haben zumindest bis jetzt die Verantwor­tung für dieses Desaster zu tragen, und sollte dieses Projekt umgesetzt werden, werden sie auch für jene Millionen Euro, die an Prozesskosten, Verfahrenskosten und Bauverzögerungskosten anfallen werden, die Verantwortung tragen.

Ich denke, es ist genug der ÖVP- und FPÖ-Eigentore (ironische Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch), es ist endlich Zeit für eine Chance unserer Landeshauptstadt, endlich Zeit für eine Chance Kärntens. Schluss mit den Skandalen – zu lachen, Herr Kollege Scheuch, gibt es da überhaupt nichts! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Frau Abgeordnete Mag. Trunk, für Ihre Wort­wahl „Lug und Trug“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Gradwohl: Zur Ge­schäftsordnung, bitte!)

 


Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gradwohl. – Bitte.


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15.58.10

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Sinne einer ausgewogenen Vorsitzführung beantrage ich – wenn Sie einen Ordnungsruf für diesen Ausdruck verhängen –, dem Kollegen Scheuch für seinen Zwischenruf „Ihr Vernaderer“ ebenfalls einen Ordnungsruf zu erteilen. Ich gehe doch davon aus, dass Sie in Ihrer Vorsitzführung mit gleichem Maß befinden. (Beifall bei der SPÖ.)

15.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Abgeordneter Gradwohl, ich habe mir das von meinem Beisitzer noch einmal replizieren lassen. Er hat das nicht gehört. Ich werde mir das Protokoll geben lassen – wenn ja, dann teile ich Ihre Meinung.

Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Mag. Schweit­zer. – Bitte.

 


15.58.29

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig, dass rund um den Neubau des Stadions Klagenfurt bereits eine größere Anzahl von Problemen aufgetreten ist; zurückzuführen aber in erster Linie darauf, dass eine ursprünglich gegebene Zusage von der Stadt, dieses Stadion zu errichten, nur schwer einzuhalten war. Es hat sehr lange gedauert, bis wir eine gemeinsame Vereinbarung zustande gebracht haben, vor allem auch was die Finanzierung und den Standort des Stadions betrifft.

Überzeugt hat wohl das Argument, dass das Stadion Klagenfurt – wie Sie richtig gesagt haben – völlig desolat ist, nicht mehr lange bespielbar sein wird, dass die Stadt Klagenfurt ohnehin irgendwann ein neues Stadion brauchen wird und dass im Zuge der Europameisterschaftsausrichtung die einmalige Chance besteht, dieses Stadion nur zu einem Drittel finanzieren zu müssen, weil zwei Drittel von Bund und Land aufgebracht werden.

Nachdem diese Vereinbarung erreicht wurde, hat die Stadt Klagenfurt beschlossen, das Vergabeverfahren einer Vergabekommission zu überantworten. Diese Vergabe­kommission wurde wie folgt zusammengesetzt: drei Vertreter der Stadt, drei Vertreter des Landes, ein Vertreter aus Innsbruck – weil auch dort ein Stadion zu adaptieren ist –, ein Vertreter aus Salzburg, aus dem gleichen Grund, und dazu noch vier Vertreter des Bundes, an der Spitze der Chef des Österreichischen Institutes für Schul- und Sportstättenbau, Dipl.-Ing. Gattermann, als Vorsitzender der Vergabekommission.

Diese Vergabekommission hat dann zu arbeiten begonnen. (Abg. Mag. Johann Maier: Für die ÖVP und FPÖ! – Unruhe im Saal.) – Ein, wie es scheint, relativ uninteressantes Thema, Herr Präsident! (Rufe bei der SPÖ: Für die ÖVP! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schweitzer (fortsetzend): Diese Kommission hat zu arbeiten begonnen, und es ging darum, Herr Kollege Cap, lieber Sportsfreund, nach dem Bundesvergabegesetz vorzugehen. Und das Bundesvergabe­gesetz sieht vor, dass man Projekte einreicht und diese eingereichten Projekte dann einer Zwischenbeurteilung unterzogen werden. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Da ist das erste Problem aufgetreten, nämlich dass der Vorsitzende der Vergabekom­mission über die Preise Bescheid gewusst hat zu einem Zeitpunkt, zu dem er dies nicht hätte tun dürfen. Dieser Umstand wurde von Landeshauptmann Haider zum Anlass dafür genommen, von Vergabeexperten beurteilen zu lassen, ob die Vergabe weiter


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fortgeführt werden kann, obwohl ein Verstoß gegen das Bundesvergabegesetz vorliegt. Es hat drei Gutachten gegeben; eines in Auftrag gegeben von der Stadt Klagenfurt, Kanzlei Quendler, eines in Auftrag gegeben vom Land, Kanzlei Sundström, eines in Auftrag gegeben vom Bund, Kanzlei Wolf Theiss. Es wurde in allen drei Gutachten festgestellt (Abg. Gaál: Nicht im Sinne der FPÖ!) – ich rede nur über Fakten, Herr Kollege Gaál –, es wurde in allen drei Gutachten festgestellt, dass es einen Verstoß ausmacht, wenn man über die Preise Bescheid weiß, bevor es zur technisch-architek­tonischen Beurteilung der Projekte kommt.

In einem Gutachten waren alle Bieter aufgeführt, mitsamt den Preisen, und das ist das Gutachten, das von der Stadt Klagenfurt über die Kanzlei Quendler in Auftrag gegeben wurde. Teile dieses Gutachtens sind dann in der „Kärntner Woche“ erschienen. Von wem der „Kärntner Woche“ übergeben, das weiß momentan niemand. (Abg. Dr. Jaro­lim: Das soll ja untersucht werden!) Aber auf Grund dieser Gutachten und nach Befragen der Experten Aicher und Holaubek haben sich die Verantwortlichen, und hier in erster Linie der Landeshauptmann von Kärnten und der Bürgermeister der Stadt Klagenfurt, dazu entschlossen, die Vergabe fortzuführen – mit einer Auflage: dass der Vorsitzende der Vergabekommission in Hinkunft kein Stimmrecht auszuüben hat und keines mehr ausüben darf.

Eine Zwischenreihung, muss dazugesagt werden, heißt natürlich überhaupt nichts, was die Vergabe im Endeffekt betrifft (Abg. Dr. Jarolim: Alles Holler!), weil das Vergabe­gesetz ... – Sie haben überhaupt keine Ahnung, Kollege! Ich möchte Ihnen hier einmal klar sagen, was die Vergabeordnung in Österreich vorsieht. Lassen Sie sich das einmal von mir sagen, bevor Sie so ohne Kenntnis zwischenrufen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Bevor Sie das noch einmal machen, machen Sie sich kundig! Vielleicht sind Sie in der Lage, dem Plenum zu sagen, was „LBO“ bedeutet, Herr Kollege, denn es geht einzig und allein um das last best offer. Dieses last best offer wurde in der letzten Woche von allen abgegeben, und darüber wird die Vergabekommission jetzt befinden. Eine Zwi­schenreihung bedeutet nichts anderes als die Möglichkeit für die einzelnen Projekt­werber, in weiteren Bietergesprächen nachzubessern, sowohl im architektonischen Be­reich als auch im technischen Bereich, als auch was den Preis betrifft. Das bedeutet, mit der Veröffentlichung ist in Wirklichkeit nicht so Großartiges passiert, wie man an und für sich in der Öffentlichkeit Glauben machen wollte.

Tatsache ist aber, dass der Vorsitzende der Vergabekommission, der offensichtlich, aus welchen Interessen auch immer, den Kollegen Pilz getroffen hat, Informationen aus dritter und vierter Hand weitergegeben hat, um aus wenig sehr viel zu machen und wirklich die Vergabe zu gefährden. Das kreide ich dem Vorsitzenden der Vergabekom­mission an, und das kreide ich dem Peter Pilz an: dass sie aus einem Nichts ein Theater machen, das die Vergabe tatsächlich gefährdet und unter Umständen dazu führt, dass die Europameisterschaft gefährdet ist. Das wollen wir alle nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Dass sich aber Peter Pilz noch dazu nicht auskennt, hat er in der Öffentlichkeit insofern klar und deutlich gemacht, als er gesagt hat, der Herr Landeshauptmann lege es auf eine freihändige Vergabe an. – Herr Kollege Pilz! Der Landeshauptmann hat nichts zu vergeben! (Abg. Gaál: Herr Staatssekretär, setzen Sie sich nieder!) Der Landeshaupt­mann ist wie auch der Bund Vertreter des Fördergebers. Wie ich Vertreter des För­dergebers Bund bin, ist er Vertreter des Fördergebers Land. Wenn jemand freihändig vergeben darf, dann ist das der Bauherr, und das ist der Bürgermeister der Stadt Klagenfurt.


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Ich hoffe, ich konnte etwas zur Aufklärung beitragen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

16.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Jaro­lim. – Staatssekretär Mag. Schweitzer – in Richtung des Abg. Dr. Jarolim –: Ich habe immer geglaubt, als Anwalt braucht man ein bisserl Niveau! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


16.06.12

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Trunk, es ist schon faszinierend, wenn Sie sich hier herausstellen und sich darüber echauffieren, dass Klagenfurt und Kärnten hier im Hohen Haus so oft in negativem Zusammenhang er­wähnt werden. Vielleicht sollten Sie sich auch einmal die Arbeit antun und anschauen, wer Klagenfurt und Kärnten so oft negativ erwähnt, wer unsere gemeinsame Heimat so oft negativ in den Mund nimmt, wer permanent durch Gejammer und Schlechtmacherei versucht, Kärnten schlechter zu reden, als es ist. (Abg. Mag. Trunk: Das ist absolut unwahr! Das ist Polemik!) Sie werden draufkommen: In 100,0 Prozent der Wortmeldun­gen in diesem Hohen Haus reden die Roten und die Grünen schlecht über Kärnten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Trunk: Unfassbar!)

Wenn Sie schon darüber sprechen, dass Kärnten oft schlecht gemacht wird, Frau Kollegin Trunk, muss ich Ihnen sagen, es gibt lediglich eine Wortmeldung von einem Nicht-SPÖ-Mandatar, der sich über Missstände in Kärnten beklagt hat, und das war meine Wortmeldung vor einigen Wochen, als ich angeregt habe, dass Sie sich viel­leicht besser um die Zustände im Frauenhaus kümmern sollten, wo es Mobbing-Vor­würfe gibt, wo es Ungereimtheiten gibt, wo es Vorwürfe aller Art und Weise gibt, die in den Zeitungen veröffentlicht werden. Ich meine, es wäre vernünftiger, da für Ordnung zu sorgen.

Zur Vergabeordnung im Zusammenhang mit dem Klagenfurter Stadion, Frau Kollegin: Seien Sie sich sicher, dieses Stadion wird gebaut werden! Die Europameisterschaft wird ausgetragen werden, und sie wird in Kärnten stattfinden. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie schreiben in Ihrem Entschließungsantrag – das ist schon interessant, ich zitiere wörtlich; zuerst Begründungen jede Menge und dann –: „Es geht dabei nicht nur um das österreichische Ansehen, sondern auch um eine enorme Wertschöpfung für Öster­reich, die nunmehr gefährdet wurde.“ (Abg. Dr. Cap: Wer sind die Strizzis?) Es ist für mich beruhigend, zu sehen, dass Ihnen das alles, als Sie die jüngsten Änderungen im UVP-Gesetz kritisiert haben, unwichtig war. (Abg. Dr. Cap: Wer sind die Strizzis?) Gerade Sie haben gesagt: Internationale Veranstaltungen sind uns nicht wichtig (Abg. Dr. Fekter: Wer hat das gesagt?), internationale Veranstaltungen brauchen wir nicht! Das und das brauchen wir nicht!

Liebe Frau Kollegin Trunk, lieber Herr Dr. Puswald, Herr Dr. Wittmann, Herr Mag. Mai­er, Frau Muttonen, Herr Mag. Posch, der heute nicht einmal hier ist! Ich muss ehrlich sagen: Man kann nicht am Vormittag Wasser predigen und am Nachmittag Wein trin­ken! Ich meine, wir brauchen sowohl die rechtliche Möglichkeit, solche Veranstaltungen durchzuführen, als auch die Vergaberichtlinien, die hier in keinem Fall gebrochen wurden. (Abg. Dr. Cap: Wer sind die Strizzis?)

Abschließend: In Ihrem Entschließungsantrag ist von Verdacht auf Parteienfinanzie­rung und von rechtswidrigen Eingriffen in das Vergabeverfahren die Rede. „Wie ein


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Insider gegenüber den Medien berichtet, geht es einfach um zu viel Geld.“ (Abg. Dr. Cap: Wer hat abgehört?)

Meine geschätzten Damen und Herren! All diese Vorwürfe, wer hat abgehört – das zu klären, würde wahrscheinlich den Rahmen dieses Verhandlungspunktes sprengen, denn es geht hier um einen Entschließungsantrag, der darüber Klarheit schaffen soll, was in der Vergabe passiert ist. Herr Dr. Cap! Wenn Sie in Ihrer Gleichgültigkeit zur Tagesordnung den Tagesordnungspunkt verwechselt haben und Ihre Rede, die viel­leicht eigentlich zum Thema Untersuchungsausschuss gehört, jetzt schon gebracht haben, weil Sie vielleicht später noch weniger Lust verspüren, sich hier herzustellen und die wirklichen Probleme zu erörtern, tut mir das Leid. (Abg. Cap: Wer sind die Strizzis?) Hier geht es um etwas anderes: nicht um einen Untersuchungsausschuss, sondern um einen Entschließungsantrag, der mit dem Untersuchungsausschuss nichts zu tun hat. Ihre Themaverfehlung dürfen Sie nicht mir zur Last legen. Besser vorbereiten, lesen, denken, sprechen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

16.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner dazu ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

 


16.10.33

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf Grund der Äußerungen der letzten Tage und Wochen gehe ich davon aus, dass die Sozialdemokratische Partei, die Grünen und die Freiheitliche Partei heute gemeinsam einen Untersuchungsausschuss über die so genannte Stadionaffäre in Klagenfurt ein­setzen wollen. (Abg. Dr. Cap: Ja, ja!)

Wir werden darüber erst am Ende der Tagesordnung abstimmen, aber die Erklärungen sind eindeutig und mehrfach durch die Spitzen aller drei Parteien bestätigt worden. (Abg. Neudeck: Aber nach Ihrer Rede werden wir anders denken!)

Worum geht es bei der ganzen Geschichte? (Abg. Dr. Cap: Gegen die Strizzis!) – Am Anfang steht nicht der Sport, sondern ein freiheitliches Problem in Kärnten: Die Kärnt­ner FPÖ ist pleite. Sie muss die öffentlichen Parteizuwendungen bereits für die Zukunft verpfänden. Der Kärntner Landeshauptmann und dortige Chef der Freiheitlichen Partei (Abg. Neudeck: Das stimmt nicht!) nimmt von zwei Firmen Geld: von einer holländi­schen Baufirma 600 000 €, von der STRABAG 300 000 €. (Abg. Scheibner: Ist alles falsch! Sogar die Funktionen sind falsch!)

Beide wollen das Stadion bauen. Zwei Stadien kann nicht einmal Jörg Haider in Zeiten wie diesen in Klagenfurt bauen lassen. Was macht er? – Das bezeugt ein Grazer Architekt in seiner Aussage vor dem Büro für Interne Angelegenheit in der Anzeige: Er bringt die beiden Baufirmen STRABAG und HBM zusammen.

Dann steht eines fest: Damit sich die Zahlungen rechnen, müssen die beiden in ihrer Arbeitsgemeinschaft den Auftrag bekommen. Die Anbote werden in der Kommission zum ersten Mal Mitte November des Vorjahres geöffnet, und zur Überraschung aller ist nicht die STRABAG mit ihrem holländischen Mitbieter vorne, sondern die Firma Porr, und zwar mit einem möglicherweise uneinholbaren Vorsprung.

Ab da versucht Jörg Haider alles, um seine Wunschfirma, die STRABAG, unter Hans Peter Haselsteiner wieder ins Rennen und zum Geschäft zu bringen – zuerst mit lega­len Methoden. Später werden illegale Methoden – von wem auch immer – angewandt, um das Vergabeverfahren zu zerstören und zu ermöglichen, einen anderen Weg zu finden, um der STRABAG dieses Geschäft zukommen zu lassen.


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Die Staatsanwaltschaft untersucht, wer hinter diesen illegalen Versuchen steht. (Abg. Scheibner: Das geht ja nicht! Ruf bei der ÖVP: „Illegale Methoden“!) Vom Interesse her scheint es eindeutig, aber es ist Sache der Strafjustiz, das im Detail zu klären. (Abg. Scheibner: Die haben es schon gemacht!)

Nun stellt sich erstens die Frage, wie es weitergehen soll. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo die gemeinsame Strategie von Jörg Haider und Hans Peter Haselsteiner dahin führt, dass die Austragung der Europameisterschaft in Österreich akut gefährdet ist, weil Landeshauptmann Jörg Haider gegenüber der STRABAG offensichtlich einer privaten geschäftlichen Verpflichtung nicht nachkommen kann.

Die Frage ist jetzt, ob die Europameisterschaft in Österreich gefährdet werden soll, weil die Kärntner FPÖ und Jörg Haider gegenüber einer Baufirma Verpflichtungen einge­gangen sind. (Abg. Scheibner: Was für Verpflichtungen, Herr Kollege?) – Das ist die politische Frage, die hier zu klären ist! (Ruf bei der SPÖ: Die ist ja richtig!)

Hans Peter Haselsteiner signalisiert jetzt, er würde Einspruch erheben, falls er – was durchaus denkbar ist – den Zuschlag nicht erhält. Damit wird die Austragung der Euro­pameisterschaft endgültig auf Grund von Bauterminen gefährdet. Das heißt, es steht eine Drohung im Raum: Ein trotz der Unterstützung durch Haider zu kurz kommender Kärntner Bauunternehmer denkt daran, die Europameisterschaft als Geisel zu nehmen, um doch noch ins Geschäft zu kommen. Meine Damen und Herren! Wenn das nicht untersucht werden soll, was denn dann?

Selbstverständlich soll auch die Abhöraffäre untersucht werden. Ich möchte unbedingt wissen, warum Jörg Haider bei 32 Kärntner Persönlichkeiten – diese große Zahl allein verblüfft! – das Knacksen in der Leitung gehört hat. Wer war es? Wer hat abgehört? (Abg. Dr. Cap: Die Strizzis!) Warum gibt es keinen Hinweis? Wo verbergen sich die Strizzis? In welcher Partei finden wir die Strizzis? Sind die Strizzis vielleicht die, die sagen, dass die Strizzis ... und so weiter! (Abg. Dr. Cap: Lauter Strizzis!)

All das muss ein Untersuchungsausschuss klären. Dermaßen schwerwiegende Vor­würfe gegenüber einer wichtigen Einheit des Innenministeriums – nämlich dem Büro für Interne Angelegenheiten – können nicht einfach so erhoben werden, und dann vergisst man es wieder. Nein, meine Damen und Herren von der FPÖ! Auch, wenn das alles möglicherweise frei erfunden war: Wir wollen das untersuchen! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Deshalb meine Hoffnung, die ich jetzt von diesem Pult aus äußere und über die in eini­gen Stunden bei der Abstimmung über den Untersuchungsausschuss die Nagelprobe gemacht wird: Ich hoffe, dass nicht drei, sondern vier Parteien diesem Antrag zustim­men werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Dr. Cap: Was weiß Strasser?)

16.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen, dem Sportausschuss zur Berichterstattung über den An­trag 523/A (E) der Abgeordneten Mag. Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Er­stattung eines Berichtes an den Nationalrat über die Vorgänge rund um den geplanten Stadionbau in Klagenfurt eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Wer für diesen Fristsetzungsantrag eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.


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16.16.58Kurze Debatte über einen Fristsetzungsantrag

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommen wir zur kurzen Debatte über den Antrag von Frau Abgeordneter Mag. Lunacek, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird, eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Nach Schluss dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Frist­setzungsantrag stattfinden.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass in dieser Debatte kein Redner länger als 5 Minu­ten sprechen darf, wobei die Erstrednerin zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst die Antragstellerin, Frau Mag. Lunacek. Bitte, Frau Kolle­gin. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten.

 


16.18.00

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Her­ren! Ich beginne mit einem Zitat, das wohl die meisten von Ihnen vor kurzem hier in diesem Haus – nicht in diesem Saal, aber in diesem Haus – gehört haben:

„Die heutige Generation, die heutige Zeit versteht nicht leicht, warum vieles nicht von Anfang an klar und deutlich, klarer und deutlicher ausgesprochen wurde: die Taten der NS-Vertreibung, Enteignung, Ermordung jüdischer Bürger, aber auch von Kranken, Homosexuellen, von Roma und Sinti, von Menschen anderer politischer und religiöser Überzeugung, deren Wirken so viel zur Formung unseres Österreichtums beigetragen hat.“

Von wem ist dieses Zitat? – Sie erinnern sich: Es stammt aus der Rede des Bundes­kanzlers am 14. Jänner anlässlich der Auftaktveranstaltung zu den Erinnerungsfeiern aus Anlass des Endes des Zweiten Weltkrieges, der Unterzeichnung des Staatsvertra­ges et cetera im Reichsratssaal.

Wie viele andere war auch ich erstaunt darüber, dass der Bundeskanzler auch die Anerkennung der homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus angesprochen und ausgesprochen hat, denn es gibt in der heutigen Generation – und da zähle ich mich dazu – sehr wohl viele, die nicht verstehen, warum die Gruppe der homosexuellen Opfer, die den rosa Winkel tragen mussten, und auch die Gruppe der so genannten Asozialen, die den schwarzen Winkel tragen mussten, bis heute im Opferfürsorge­gesetz keine Anerkennung gefunden haben.

Sie wissen das. – Wir hatten diese Debatten schon öfters im Nationalrat, aber auch im Sozialausschuss. Das Verständnis dafür fehlt, meine Damen und Herren! Deswegen heute wieder einmal ein Fristsetzungsantrag zu unserem Antrag, in dem das Opfer­fürsorgegesetz so geändert wird, dass endlich – 60 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes! – auch die Homosexuellen und die so genannten asozialen Opfer Anerken­nung in diesem Gesetz finden.

Ich möchte Ihnen noch einmal die Geschichte dieser öffentlichen Nichtanerkennung näher bringen: Schon in der letzten Legislaturperiode gab es zu diesem Thema einen Antrag von uns. Damals war das Argument der Regierungsfraktionen noch, es gehe da um die Rechtskontinuität. Homosexualität war schließlich auch vor der NS-Zeit und nachher verboten und wurde als Verbrechen geahndet. Warum soll man daher die-


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jenigen, die während der NS-Zeit auf Grund ihrer sexuellen Orientierung im Gefängnis saßen, entschädigen oder anerkennen?

Diese Argumentation hat wohl nicht gesehen und eingesehen, dass es wohl etwas an­deres war, während der NS-Zeit inhaftiert zu sein, als davor oder danach. Da war man nämlich davon bedroht, ermordet zu werden, ins KZ geliefert zu werden beziehungs­weise – was vielen auch geschah – im KZ umzukommen.

Viele haben auch argumentiert, man müsste dann ja vielleicht auch ganz reguläre Verbrecher als Opfer anerkennen. Meine Damen und Herren! Homosexualität ist in Österreich seit mittlerweile mehr als 30 Jahren kein Verbrechen mehr. 1971 hat das Hohe Haus das abgeschafft – spät genug, aber doch!

Das war also die Argumentation in der letzten Legislaturperiode. Ein Opfer, das auf Grund seiner Homosexualität in der NS-Zeit im Gefängnis gesessen ist, hat gesagt, er hätte sich damals gar nicht um die Wiedergutmachung bemüht – ich zitiere –: da man mir zu verstehen gab, dass es sich hier um ein kriminelles Delikt handle, das auch nach österreichischem Recht strafbar gewesen wäre. – Zitatende.

Er hat es also gar nicht versucht, weil er ohnehin schon gewusst hat, Homosexualität war nicht gern gesehen – weder vorher noch nachher –, deswegen wurde sie auch als Delikt angesehen.

Dazu kam, dass diesen Menschen ihre Haftzeit oder auch die Zeit im KZ – wenn sie sie überlebt haben – nicht als Ersatzzeit für die Pension angerechnet wurde. In der Nachkriegszeit gab es etliche Schreiben der Pensionsversicherungsanstalten und auch des Sozialministeriums, dass diese Zeiten nicht anerkannt werden. Ich erinnere daran, dass SS-Angehörigen, denen keine Kriegsverbrechen nachgewiesen werden konnten, die Zeit sehr wohl für die Pension angerechnet wurde.

Es gab einzelne Personen, die mit dem rosa Winkel im KZ waren, überlebt haben und die in den fünfziger und sechziger Jahren das Ansuchen gestellt haben, nach dem Opferfürsorgegesetz anerkannt zu werden. Bei einem wurde dabei der rosa mit dem roten Winkel verwechselt. Als man nachher draufkam, dass er den rosa Winkel getra­gen hatte, wurde ihm die Anerkennung wieder aberkannt.

Das Argument, das manche in dieser Legislaturperiode – im Sozialausschuss vor einem Jahr – vorgebracht haben, die, die noch lebten, würden ja ohnehin anerkannt, wenn sie es probierten, mag für jetzt stimmen, aber in den fünfziger und sechziger Jahren hat das nicht gegolten. – Noch in den neunziger Jahren nicht: Auch da hat einer einen Antrag gestellt. In der ersten Instanz wurde mit der Begründung abgelehnt, es gebe hinsichtlich seiner sexuellen Orientierung keine rechtliche Grundlage im Opferfür­sorgegesetz. Er ging in die zweite Instanz. – Das Urteil hat er leider nicht mehr erlebt.

Eine andere Gruppe, auf die mein Kollege Öllinger noch näher eingehen wird, sind die so genannten Asozialen. Da wurde von den Nazis so etwas wie vorbeugende Ver­brechensbekämpfung betrieben: Menschen, die sozial unangepasst waren, wurden als Asoziale eingestuft, aber auch jene, deren sexuelles Verhalten nicht genehm war. Dazu gehörten auch schwule Männer und lesbische Frauen. Auch die sind im Opfer­fürsorgegesetz immer noch nicht anerkannt.

In dieser Legislaturperiode haben wir auch einen Antrag gestellt – schon im März 2003. – Das ist der, der Ihnen jetzt wieder vorliegt. Es gab eine erste Lesung, es gab dann vor mehr als einem Jahr, im Februar 2004, auch eine Debatte im Sozialaus­schuss. – Das Thema wurde aber vertagt. (Abg. Silhavy: Wie halt alles!) – Wie halt so vieles, was hier passiert.


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Interessant war es aber schon, denn in den Regierungsverhandlungen, die die Grünen 2003 mit der ÖVP geführt haben, wäre diese Anerkennung im Opferfürsorgegesetz seitens der ÖVP auf einmal möglich gewesen. Letztes Jahr plötzlich nicht mehr. Ich bin neugierig, von Ihnen nun zu hören, ob Sie das jetzt vorhaben, nachdem der Bundes­kanzler die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus vor eineinhalb Monaten in seiner Rede im Reichsratssaal auch anerkannt hat.

Ich hoffe, Sie sind endlich bereit dazu, dieser letzten Gruppe, die noch nicht anerkannt ist, die Anerkennung nicht weiter zu verweigern. Viele von denen, die diese Zeit erlebt haben, leben ohnehin nicht mehr. Es geht auch darum, einen politisch-symbolischen Akt zu setzen und zu sagen, ja, auch ihr wart Opfer, und wir anerkennen das.

Im Sozialausschuss letztes Jahr wurde dann auch argumentiert, man wolle nicht alle Gruppen nennen, wo kämen wir denn da hin – ich übertreibe jetzt ein bisschen –, wenn wir alle nennen würden. Die, die jetzt noch leben, können den Antrag ohnehin stellen.

Meine Damen und Herren! So kann man mit Opfern des Nationalsozialismus nicht um­gehen! Wie schon gesagt: Es geht hier um eine politische, symbolische Feststellung: Ja, ihr wart Opfer, und wir anerkennen das.

Es stimmt schon auch, dass die Opferverbände diese Gruppe viele Jahre lang nicht anerkennen wollten. Das hat sich mittlerweile geändert. Ich denke, auch die stehen jetzt dazu, dass es diese Opfer gegeben hat und dass sie anerkannt werden sollen.

Ich erinnere auch daran, dass 2003 die Historikerkommission – von der Regierung ein­gesetzt – in ihrem Schlussbericht erklärt und auch kritisiert hat, dass nach Aufhebung des Verbots der Homosexualität im Jahr 1971 keine rückwirkende Einbeziehung der Gruppe im OFG erfolgte und dass auf Grund formalrechtlicher Erwägungen sogar die Anhaltung im Konzentrationslager, die keinesfalls als rechtsstaatliche Maßnahme betrachtet werden kann, im Sinne einer Bestrafung nach österreichischem Recht inter­pretiert wurde.

Meine Damen und Herren! Es ist höchste Zeit, dass endlich – 60 Jahre nach dem Ende dieses grauenhaften Regimes – auch die letzten Opfergruppen, für die die offizielle Anerkennung dieser Republik noch nicht überall gegeben ist – im Nationalfondsgesetz sind sie enthalten, aber nicht im Opferfürsorgegesetz –, dies endlich gewährt bekom­men.

Ich erinnere an die Rede des Bundeskanzlers, die ich am Anfang zitiert habe, in der er auch zugegeben hat, dass es in Österreich eine schleppende Auseinandersetzung mit der Vergangenheit gegeben hat, und ich denke, es ist wirklich höchste Zeit für diesen Schritt.

Wir bringen daher diesen Fristsetzungsantrag mit einer Frist bis 30. März ein, denn wie Sie wissen, ist der 8. Mai der 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrations­lagers Mauthausen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Wenn wir bis dahin diesen Antrag beschließen und damit diese Anerkennung auch tatsächlich haben wollen, dann muss diese Frist eingehalten werden, denn sonst geht er nicht mehr durch das Plenum des Nationalrates und durch den Bundesrat. – Das wäre für diese Republik eine Schande, meine Damen und Herren! Ich hoffe, es gibt Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Seine Redezeit beträgt, wie die Redezeit aller anderen, 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



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16.28.48

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Fraktion wird diesem Fristsetzungsantrag die Zustimmung nicht geben, und ich möchte Ihnen das auch wie folgt begründen (Abg. Mag. Dara­bos: Na geh!):

Ich möchte als ersten Punkt – das ist sicherlich nicht der wichtigste, aber Sie sollen es auch wissen – das Formale in der Diskussion nennen. Ich halte es nicht für sinnvoll, mit dem 30. März eine Frist zu beenden, wenn es auch von Seiten der grünen Fraktion nicht möglich war, trotz des Angebots der Regierungsfraktionen vor dem 19. April über­haupt einen Termin für den Sozialausschuss zustande zu bringen. – So weit zur forma­len Seriosität der Diskussion. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Das Zweite, meine Damen und Herren: Ich kann vieles von dem, was Frau Kollegin Lunacek jetzt dargelegt hat, in der Bedeutung und auch in der Betroffenheit, die dabei erzeugt wird, unterstreichen und anerkennen.

Ich bitte Sie aber umgekehrt, auch anzuerkennen, dass unser Weg, Opfern, soweit es überhaupt möglich ist, Entschädigungen zu leisten, Sozialversicherungszeiten anzuer­kennen, materiell etwas abzugelten, was ohnehin nicht abgeltbar ist, nicht der mora­lisch schlechtere ist gegenüber einer kollektiven Anerkennung und einer Veränderung von Gesetzen, die der Gesetzgeber im Jahr 1947 in bester Absicht und sehr rasch nach Beendigung des nationalsozialistischen Regimes getroffen hat.

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass Sie wissen sollen – insofern ist es wahr­scheinlich gut, dass wir diese Debatte nicht nur im Ausschuss, sondern auch im Ple­num führen –, dass wir bei allen Diskussionen um den gegenständlichen Antrag bezie­hungsweise auch den von Ihnen zitierten Vorläufer aus der vorherigen Legislaturperi­ode die Zusage des Sozialministers haben und hatten, jeden einzelnen individuellen Fall, sollte hier jemandem die Anerkennung versagt werden, zu lösen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.) Daher werden wir den Antrag nicht ablehnen, sondern wir warten weiter, und Sie sind weiterhin aufgefordert, uns Fälle zu nominieren, wo auf Basis der österreichischen Gesetze – ich rufe auch das Nationalfondsgesetz in Erinnerung – und auf Basis der Verwaltung des Bundes heute Opfern Anerkennung versagt wird.

Meine Damen und Herren! Nach unserer Meinung geht bei der Frage individuelle Anerkennung und Wiedergutmachung, soweit überhaupt möglich und mit allen vorher gebrachten Einschränkungen, gegenüber einer kollektiven Anerkennung Ersteres ein­deutig vor.

Frau Kollegin! Sie haben selbst gesagt, dass es um einen symbolischen und politi­schen Akt geht (Abg. Mag. Lunacek: Ja, und der ist in der Politik auch wichtig, das wissen Sie!) – der geschieht, und das ist geschehen. Das ist durch das Nationalfonds­gesetz und durch viele Anerkennungen (Zwischenruf des Abg. Öllinger) – Sie selbst, Frau Kollegin, haben in Ihrer Rede zwei Mal den Herrn Bundeskanzler zitiert – auch geschehen.

Ich persönlich halte es, solange Sie mich nicht bei der Abwicklung eines Opferfalls vom Gegenteil überzeugen, für absolut nicht notwendig, den heroischen Gesetzgeber, der in diesem Parlament im November 1945 gewählt wurde, nachträglich mit dem Wissen von heute zu korrigieren (Abg. Mag. Lunacek: Das tun wir doch sonst auch des Öfte­ren! Auch jüngere Gesetze!) dort, wo dies gar nicht notwendig ist. Ich denke, dass auch das im Gedankenjahr 2005, in dem wir auch jener gedenken müssen, die diese Republik auf demokratischer und rechtsstaatlicher Grundlage wieder errichtet haben, gesagt werden muss. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)


16.33


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96. Sitzung / Seite 132

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


16.33.32

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Kollege Tancsits, ich glaube, dass es bei der vorliegenden Materie nicht um Gnadenakte eines Ministeriums gehen kann, sondern nur um klare gesetz­liche Regelungen. Und dazu liegt uns heute der Antrag der grünen Fraktion vor, laut welchem das Opferfürsorgegesetz auch mit gesetzlichen Änderungen verändert wer­den sollte.

Meine Damen und Herren! Meine Fraktion kann diesem Antrag der Grünen die Zustim­mung geben. Auch wir haben dieses Thema in der Vergangenheit schon eigens mit einem Antrag aufgenommen. Er war, glaube ich, gleich lautend mit dem, was Herr Kollege Öllinger eingebracht hat.

Kollegin Lunacek ist auf die Begründungen schon eingegangen. In den Konzentrations­lagern des Dritten Reiches waren Tausende homosexuelle Männer inhaftiert. Sehr fundierte Schätzungen haben ergeben, dass zehntausend von ihnen von den National­sozialisten umgebracht wurden. Es ist auch juristisch richtig, dass, obwohl diese Opfer­gruppe zusammen mit den als asozial verfolgten Personen im Nationalfondsgesetz berücksichtigt wird, die Anerkennung im Opferfürsorgegesetz selbst nach wie vor nicht gegeben ist.

Es gibt einen zweiten Punkt, auf den ich in dieser Debatte hinweisen möchte: Auch wir haben schon im seinerzeitigen Antrag der SPÖ das Thema nationalsozialistischer Zwangssterilisation aufgenommen. Meine Damen und Herren! Zwischen 1940 und 1945, in der NS-Zeit also, wurden mehrere tausend Menschen zwangssterilisiert, auch in Österreich. Auch uns erscheint es daher sinnvoll, die Zwangssterilisation im Opfer­fürsorgegesetz ausdrücklich anzuführen.

Ich weiß, dass es in diesem Zusammenhang schon jetzt den Begriff Behinderung gibt, aber es geht auch hier, glaube ich, um gesetzliche Klarstellungen.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss kommen und sagen: Es sind ja – das ist uns allen bewusst – nur noch sehr wenige Menschen, die in den Geltungs­bereich der von uns vorgeschlagenen Gesetzesänderungen fallen. Es ist auch oft so, dass sich Opfer erst dann melden, wenn die gesetzlichen Bestimmungen in Bezug auf ihre Ansprüche sehr klar sind. Das ist ein Phänomen der Praxis gerade in dem Be­reich, über den wir heute reden.

Ich meine, dass die Regierung und alle Parteien am heutigen Tag tätig werden sollten. Es wäre dies eine späte Wiedergutmachung für große Opfer, die da vollbracht wurden. Als Opfer der politischen Verfolgung im Sinne des Opferfürsorgegesetzes sollten in Zukunft wirklich alle Personen angesehen werden, die aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, der Religion, der Nationalität, der sexuellen Orientierung, auf Grund einer Behinderung oder als damals, wie das so besonders scheußlich ge­heißen hat, asozial verfolgt wurden, in dieser Zeit, von der wir reden, so brutal verfolgt wurden. Nur um diese Menschen – meine Damen und Herren, rufen wir uns das noch einmal in Erinnerung – geht es.

Ich sehe am heutigen Tag eigentlich keinen wirklichen Anlass – wir haben sonst oft kontroversielle Themen, Kollege Tancsits –, dass sich nicht alle vier Parteien heute einen Ruck geben sollten. Es wäre dies eine späte Anerkennung für Opfer, die voll­bracht wurden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


16.37


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96. Sitzung / Seite 133

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 5 Minuten Redezeit. – Herr Abgeordneter, bitte.

 


16.38.00

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Den rein formalen Grund hat Kollege Tanscits schon genannt, ich möchte in der jetzigen Debatte in die Tiefe gehen.

Herr Kollege Dr. Leutner, Sie sollten nicht vergessen, dass bereits seit dem Jahre 1947 in Fällen der Zwangssterilisierung und der Euthanasie auf Grund der Abstammung in Österreich rehabilitiert und voll entschädigt wurde.

Sie sollten auch nicht vergessen, dass 1995, also gerade in der Zeit einer Regierung, in der das Sozialressort von einem Kollegen von Ihrer Fraktion geführt wurde, auch die Frage der Behinderten positiv gelöst wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin hier schon ein bisschen ein Fossil und war auch bei der Debatte 1995, als wir das Opferfürsorgegesetz erweitert haben, mit dabei. Ich habe dann den Nationalfonds für die Opfer und die Zwangsarbeiter für die erste schwarz-blaue Bundesregierung gemeinsam mit der Präsidentin der Nationalbank Schaumayer verhandelt und bin daher mit dieser Materie schon mehr als eineinhalb Jahrzehnte lang beschäftigt.

Ich war eigentlich immer stolz darauf, dass wir mit dem Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus alle Schichten, egal, welche Beweggründe es waren, gleich, wie es das erste demokratisch gewählte Parlament in Österreich im Jahre 1945, im No­vember, für alle Urteile gemacht hat – sofort, klar, deutlich und ohne Unterschied –, rehabilitiert haben. Das halte ich für besonders wichtig. Daher frage ich mich, wem es nützt, wenn wir einen Erfolg, den die Demokratie in Österreich schon vor zehn Jahren errungen hat, neuerlich selbst evaluieren und selbst in Frage stellen und so internatio­nal wieder ins Gerede kommen.

Österreich hat im Jahre 1945 sämtliche Rechtsakte der NS-Zeit aufgehoben und für null und nichtig erklärt und damit die Situation der Opfer, die damals, in der Zeit, als Opfer und Täter in dieser Republik noch parallel anwesend waren, verurteilt wurden, in einer Zeit mit menschlich schwierigen Klüften zwischen den einzelnen Gruppierungen und Gruppen in der damaligen Gesellschaft, befriedigender gelöst als etwa die Bun­desrepublik Deutschland und viele andere in der Zeit eines totalitären Regimes betrof­fene Länder.

Wir haben 1995 mit dem Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus eine ein­deutige Regelung getroffen und alle Gruppen rehabilitiert. Warum sollen wir jetzt eine bestimmte Gruppe neuerlich rehabilitieren?

Ich war 1995 dabei, als die erste Ausstellung über die aus religiösen Gründen Ver­folgten durch Österreich gefahren ist – ich durfte diese Ausstellung damals als Dritter Präsident des Nationalrates eröffnen –, nämlich etwa über die Angehörigen der heute anerkannten Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, die auch zu Hunderten umgebracht wurden.

Ich durfte damals gemeinsam mit dem Kollegen Ofner den entscheidenden Schritt für die Gründung der Volksgruppe der Sinti und Roma und der Ungarn setzen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich viereinhalb Jahre lang als Sozialminis­ter in dieser Frage bemüht. Ich habe heute den betroffenen Beamten meines Ministeri­ums, der auch Kollegin Stoisits bei Fragen der Vergangenheit immer unbürokratisch, umfassend und, wie ich glaube, auch mit sehr viel Verständnis zur Verfügung gestan­den ist, gefragt, was denn unsere Nachfragen dahin gehend, ob es überhaupt noch


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Betroffene aus diesen Gruppen gibt, erbracht haben, da wir mehrere Aufrufe in Betrof­fenen-Zeitungen, in Zeitungen der Opferverbände und in allen anderen uns zur Verfü­gung stehenden Mitteln gemacht haben. Es ist bis heute noch kein Fall aufgetreten.

Ich bin Ihnen, Frau Kollegin Lunacek, dankbar dafür, dass Sie es in Ihrer Rede richtig dargestellt haben, nämlich dass die Ablehnungsfälle in den frühen neunziger Jahren passiert sind. In meiner Amtszeit ist kein einziger Fall abgelehnt worden, im Gegenteil, es sind auch dort endlich Rehabilitierungen erfolgt, wo in den neunziger Jahren noch eine andere Sicht gegeben war.

Daher sehe ich den Bedarf für die Fristsetzung nicht. Ich sehe allerdings den Bedarf, dass wir dieser Zeit und den damaligen Opfern auch insofern in diesem Jahr endlich nachkommen, als wir für jene etwas machen, die bis heute noch nicht in Diskussion gestanden sind, außer in einer Diskussion im Bundesrat, nämlich den Tausenden Trümmerfrauen, die noch immer keine Pension haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Herr Kollege, Sie sind für 5 Minuten am Wort.

 


16.43.02

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Haupt, ich möchte Ihnen gar nicht das Engagement für bestimmte Opfergruppen abstreiten; das ist nicht der Punkt. Aber wenn Sie sagen: Wir haben einen Aufruf gemacht, und da hat sich niemand gemeldet!, dann erlauben Sie mir, Herr Kollege Haupt, dass ich nachfrage, wo Sie den Aufruf gemacht haben. Wo? In der Zeitschrift „Mahnruf“?

Glauben Sie wirklich, dass die Öffentlichkeit damit erfährt, dass Sie, dass die Bundes­regierung eine andere Haltung einnehmen will zu homosexuellen, zu asozialen Opfern des Nationalsozialismus, zu Deserteuren? Glauben Sie wirklich, dass, wenn ich in einer Publikation – so gut gemeint das auch ist –, die 5 000 oder 10 000 auch schon jetzt anerkannte Opfer erreicht, aber sicher nicht mehr, wenn ich also in solch einer Publikation diesen Aufruf mache, die Öffentlichkeit damit schon weiß, worum es geht?

Glauben Sie wirklich, dass Zwangssterilisierte – ich habe schon einmal hier in diesem Saal versucht, das unter diesem Punkt abzuhandeln –, die Jahrzehnte hindurch nicht nur Leid, sondern auch einen im übertragenen und wörtlichen Sinn tiefen Einschnitt in ihrer Psyche und ihrer Physis hinnehmen mussten, dann hergehen und sagen: Na endlich anerkennt mich diese Republik!? Wissen Sie, was es für diese Gruppen heißt, Opfer oder vom Nationalsozialismus verfolgt gewesen zu sein?

Ich bringe Ihnen ein Beispiel. Als ich 1997 hier – dafür danke ich den Kollegen aus allen Fraktionen, die mich damals unterstützt haben; alle Fraktionen haben das unter­stützt! – die Anfragen zum Psychiater Heinrich Gross eingebracht habe, hat es in der Folge eine Fernsehberichterstattung gegeben, eine ZiB. Und kurz nach dieser ZiB hat mich ein Herr Gross angerufen. Ich habe mir gedacht: Na servus, jetzt ruft der Psychia­ter an! – Es war nicht der Psychiater, sondern es war das Opfer! Es gibt nämlich auch einen Herrn Gross, der Opfer war, der inzwischen auch ein Buch geschrieben hat, der als Asozialer hier in Wien am Spiegelgrund angehalten wurde. Asozial war er damals deswegen, weil er ein Jugendlicher war und aus einer Fürsorgeanstalt abgehauen ist, und das nicht nur einmal, sondern zwei Mal, drei Mal. Deshalb hat man ihn in den Spiegelgrund gesteckt.

Aber das – er hat mir das am Telefon erzählt –, was mich am meisten erschüttert hat, war seine Bemerkung, zu der er sich mir gegenüber verpflichtet gefühlt hat – ich bin


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mir wirklich vorgekommen, ich sage es Ihnen nicht, wie ich mir vorgekommen bin –: Aus mir ist auch etwas geworden und aus meinem Buben auch!

Einer, der von den Nazis als Asozialer am Spiegelgrund mit Injektionen durch Herrn Dr. Gross und so weiter behandelt wurde, glaubt, sich 60 Jahre, nachdem das alles vorbei ist, mir gegenüber noch rechtfertigen und sagen zu müssen: Aus mir und aus meinen Kindern ist auch etwas geworden.

Wissen Sie, wofür das spricht? – Dafür, dass wir in dieser Republik nichts, aber auch gar nichts getan haben, um das mit den „Asozialen“ – zwischen Anführungszeichen – aufzuarbeiten. Es ist so. Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Begriffe auch in der Republik herumgeistern und lange herumgegeistert sind. Und wenn sich sogar einer, der es dann geschafft hat, ein Buch über seine schrecklichen Erlebnisse zu schreiben, noch immer beschwert gefühlt hat und glaubt, sich rechtfertigen zu müssen – aus ihm ist etwas geworden, obwohl er ein Asozialer war, jedenfalls für einen Asozialen gehal­ten wurde –, dann, sage ich Ihnen, ist nach wie vor nichts in Ordnung.

Und wenn Sie, Herr Kollege Haupt, sagen, im Nationalfondsgesetz sind sie drinnen, dann beantworten Sie mir bitte die Frage: Warum sind dann nicht alle Opfer des Natio­nalsozialismus im Opferfürsorgegesetz drinnen? Warum dort, aber nicht da? Das ist Diskriminierung, anhaltende Diskriminierung, die es gibt!

Ich kann nicht sagen, im Opferfürsorgegesetz gibt es dann auf einmal nur einge­schränkt Opfer – aber sicher nicht! –: Die Asozialen waren keine Opfer, die Homosexu­ellen waren keine Opfer, die Deserteure waren auch keine Opfer. – Das ist Diskrimi­nierung! Machen Sie sich da nichts vor.

Wenn Sie das weiter betreiben wollen, dann ist das zwar nicht Ihr gutes Recht, aber dann ist es Ihre Verantwortung. Aber gut und eine Aufarbeitung der nationalsozialis­tischen Schulden ist das mit Sicherheit nicht. Ich könnte Ihnen aus diesem Buch (der Redner hält ein Buch in die Höhe) – das gibt es in der Parlamentsbibliothek – zitieren, wer und was von den Nazis für asozial gehalten wurde (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) – erschreckend, schlimm! –, und Sie könnten sich dann die Frage stellen, ob man sich gedanklich nicht auch dabei erwischt, dass man den einen oder die andere tatsächlich auch irgendwie für nicht normal hält. Genau da fängt das Problem an, und darum braucht es eine seriöse Aufarbeitung und eine Nichtdiskrimi­nierung aller Opfer – und das ist gefordert. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Ul­rike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Antrag 86/A der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Opferfürsorgegesetz geändert wird, eine Frist bis 30. März 2005 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Fristsetzungsantrag eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Fristsetzungsantrag wird daher nicht angenommen, sondern abgelehnt.

16.49.33Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über den Punkt 5 der Tagesordnung wieder auf.


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Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Binder. Ihre Wunschredezeit beträgt noch 2 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.

 


16.50.00

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich komme zurück zur Änderung des Führerscheingesetzes und zur Straßenverkehrsord­nung.

Diese sieht ein so genanntes Vormerksystem zur Erfassung so genannter Risikolenker und Mehrfachtäter vor. Dieses Vormerksystem hat Ähnlichkeit mit jenem Punkteführer­schein, der schon sehr lange diskutiert wurde. Sinn sollte sein, dass durch dieses System Lenker sanktioniert werden und eine Bewusstseinsbildung herbeigeführt wird.

Tatsache ist aber, meine Damen und Herren, dass jene Variante dieses Vormerk­systems, die heute von den Regierungsparteien beschlossen wird, sehr viele Wider­sprüche hat und unserer Meinung nach teilweise ungerecht und vor allen Dingen auch unübersichtlich ist, denn nach dem vorliegenden Konzept hängt es von der zufälligen Reihenfolge der Verfehlungen ab, ob beziehungsweise welche Sanktionen sich erge­ben. Wir können deshalb keine Systematik erkennen.

Delikte, schwere Delikte – wie Kollege Miedl schon gemeint hat, die vor allem Männer begehen, nämlich Schnellfahren, Fahren unter Alkoholeinfluss über 0,8 Promille (Abg. Lentsch: 0,5! 0,8 haben wir schon längst ...!) oder rücksichtsloses Fahren –, sind nicht Teil dieses Vormerksystems, obwohl gerade diese Delikte die meisten Unfälle verursa­chen: Ein Drittel aller Unfälle mit Todesfolge werden gerade durch diese Tatbestände verursacht.

Es stellt sich daher die Frage, meine Damen und Herren, ob das Ziel, Unfälle zu ver­meiden beziehungsweise zu reduzieren, durch dieses System erreicht werden kann. Ich denke, vielfältigere Initiativen sind gefragt: Verkehrssicherheitsmaßnahmen brau­chen absolut klare und für alle VerkehrsteilnehmerInnen verständliche und durch­schaubare Regeln. Dieses Vormerksystem bietet dies nicht. Zur Verbesserung der Ver­kehrssicherheit tragen auch Bewusstseinsbildung und Schulungen bei, auch Verkehrs­sicherheitskampagnen und ausreichende Kontrollen durch die Exekutive. Es stellt sich insgesamt die Frage, wer wann wie und wo dieses Vormerksystem organisatorisch umsetzt und kontrolliert.

In diesem Sinne meine ich, dass zum Thema Verkehrssicherheit noch viel getan wer­den muss. Wir werden aber dieser Vorlage nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.52

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Kainz. Wunsch­redezeit: 4 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


16.52.46

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der heutige Tagesordnungspunkt zielt auf ein Thema ab, hat einen Schwerpunkt, näm­lich einen weiteren Beitrag zu leisten, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Es waren sich im Vorfeld und auch in der Diskussion im Ausschuss alle einig – und ich möchte die sachliche Diskussion im Verkehrsausschuss in dieser Frage wie auch in vielen anderen Fragen hier vom Rednerpult aus unterstreichen.

Die Ausgangslage ist nämlich zweifellos jedem klar: Laut Statistik verunglücken jährlich 2 557 Personen in Österreich, davon alleine 852 Personen im Zuge von Kraftfahrzeug-Unfällen. Da ist die Politik aufgefordert, zu handeln – und das tun wir! Deshalb bin ich


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froh, dass dieser Tagesordnungspunkt, nämlich mit diesem Vormerksystem die Ver­kehrssicherheit weiter zu erhöhen, dazu einen Beitrag leistet.

Und die Politik diskutiert, so wie in vielen anderen Bereichen, auch in diesem Bereich schon sehr lange über dieses Thema. Bereits Bundesminister Klima hat darüber disku­tiert, ein Vormerksystem beziehungsweise einen Punkteführerschein, wie immer man das jetzt betitelt, einzuführen, aber wie in vielen anderen Bereichen ist es diese Bun­desregierung, die auch hier diese Diskussion beendet und eine sinnvolle Maßnahme einführt.

Wir gehen damit einen Weg, den sehr viele europäische Länder auch gehen werden. Deutschland und Frankreich haben bereits ein Punkteführerschein-System eingeführt, aber auch Länder wie Griechenland, Slowenien und Luxemburg planen die Einführung eines solchen Systems. Besonders Risikolenker, die vor allem Verkehrsunfälle verur­sachen, sollen nicht nur aus dem Verkehr gezogen und gestraft werden – denn das wäre eine Möglichkeit der Maßnahmen –, wir gehen einen Schritt weiter: Wir wollen vor allem durch Schulung einen Erziehungs- und Umdenkprozess einleiten, und das halte ich gerade mit diesem System für besonders wichtig und gut. Allein im Jahr 2004 gab es 876 Unfalltote – das waren zum Glück schon um 100 weniger als in den Vor­jahren.

Der Punkteführerschein beziehungsweise das Vormerksystem ist nur eine Maßnahme im großen Verkehrssicherheitspaket: Bewusstseinsbildende Maßnahmen, auch die Präsenz der Exekutive entlang der Straße sowie Fahrsicherheitstrainings sind Maß­nahmen, die dazu parallel laufen müssen.

Ich bin Bürgermeister einer Gemeinde in Niederösterreich, in Pfaffstätten, und ich habe erst vor 14 Tagen meinen Gemeindebürgern ein Fahrsicherheitstraining angeboten, das auch wirklich angenommen wurde, die Leute waren dankbar für dieses Angebot. In meinem Wahlkreis habe ich zwei hervorragende Einrichtungen, nämlich einerseits das ÖAMTC-Fahrtechnikzentrum in Teesdorf, andererseits auch das Driving Camp in Pachfurth. Es sitzen heute Jugendliche hier auf der Galerie, die an diesem Fahrsicher­heitstraining teilgenommen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.) – Herzlich willkommen!

Deswegen ist meiner Überzeugung nach dieses System, das wir vorhaben, nämlich Risikolenker aus dem Verkehr zu ziehen und einerseits durch die Geldstrafe eine Maß­nahme zu setzen, aber zusätzlich noch – und das ist das Entscheidende – durch Schu­lung ein Umdenken zu bewirken, einen Erziehungsprozess einzuleiten, der richtige Weg, da sind wir auf einem ganz richtigen Weg im Sinne der Verkehrssicherheit.

Es wundert mich aber, dass auf diesem Weg SPÖ und Grüne zwar im Vorfeld meinten, das sei der richtige Weg – auch im Entschließungsantrag der Abgeordneten Moser steht ja im Einleitungsabsatz, dass damit endlich auch in Österreich ein erster Schritt erfolgt –, ihn aber dann nicht mitgehen. (Abg. Mandak: Den Grünen ist es zu wenig!) Also wenn alle der Meinung sind, dass der Weg der richtige ist, der Schritt der richtige ist, dann würde ich mir aber auch ganz klar eine Umsetzung erwarten. Und zu dieser Umsetzung, also zum Beschluss, lade ich Sie auch ein.

Auch liegt mir Folgendes am Herzen – weil da im Vorfeld immer sehr viel diskutiert wurde und mir vorkommt, dass manche das System noch nicht wirklich durchschaut haben –: Herr Abgeordneter Glaser hat sehr wohl behauptet – und zu Recht behaup­tet! –, dass in diesem Vormerksystem auch Alkohol-Delikte enthalten sind. (Abg. Eder: Von 0,5 bis 0,8! Ab 0,8 Promille nicht mehr!) Die sind ebenfalls im Vormerksystem enthalten! Was er nicht gesagt hat, ist, dass die Geschwindigkeit erwähnt ist. Das hat er nicht gesagt! (Abg. Mandak: Und was ist mit über 0,8 Promille?) – Ja, aber Alkohol ist im Vormerksystem enthalten! Und zu behaupten, es sei nicht drinnen, entspricht


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nicht den Tatsachen! Wir sollten im Sinne der Verkehrssicherheit die Dinge hier auch so nennen, wie sie geplant sind und worüber wir auch lange diskutiert haben – und nicht sagen: Alkohol ist nicht in diesem System enthalten. (Abg. Eder: Alkohol fehlt!)

Deswegen lade ich Sie noch einmal alle herzlichst ein, letztendlich im Sinne der Verkehrssicherheit Schritt für Schritt einen Beitrag zu leisten und heute zuzustimmen, weil wir allesamt eines wollen – darüber sind wir uns, glaube ich, alle im Hohen Haus einig –: einen Schritt in Richtung mehr Verkehrssicherheit setzen, damit das Leid auf den Straßen ein geringeres wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Marizzi. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


16.58.06

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sicherlich haben Sie mit uns über diese Frage der Verkehrspolitik diskutiert, und wir haben gesagt: Jawohl, das ist ein richtiger Schritt. – Sie aber sind uns bei diesem Schritt nicht entgegengekommen, ich werde noch darauf zurückkommen.

Natürlich haben Sie inseriert, Herr Bundesminister, wir sind parteipolitisch nicht aus­einander, in der Sachpolitik haben wir andere Argumente bei diesem Thema! Aber was uns irritiert hat, ist, dass wir jetzt sozusagen dabei waren. – Mein Gott, Sie haben jetzt wieder die Zeitungen mit Inseraten „vollgeklopft“ – das ist eben so, das nehmen wir zur Kenntnis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Verkehrsausschuss – Sie, Herr Bundes­minister, waren bei der letzten Sitzung erkrankt – wurden 64 Anträge der Opposition „schubladiert“. Wir haben uns dann den Spaß gemacht und gesagt: Beim 100. „schub­ladierten“ Antrag wird es wahrscheinlich dann einen „Verkehrsheurigen“ mit Shuttle-Bus geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Warum? – Ihr System ist aus unserer Sicht zu kompliziert. Herr Kollege Glaser, ich kann nur sagen: Es ist kompliziert. – Unseres ist einfacher: Wir konzentrieren uns auf die drei Hauptthemen Alkohol, Rasen und Angurten.

Es ist vorige Woche ein sehr guter Artikel im „Kurier“ – nicht SPÖ-verdächtig – er­schienen, darin steht: „Wir merken vor“, „... die sehr österreichische Variante des Punk­teführerscheins“.

Sie, Herr Bundesminister, haben heute von der Sicherheitspolitik gesprochen. Ich brau­che dafür nicht Experten zu zitieren, denn zur Verkehrssicherheit gehört auch die Verkehrsüberwachung. Und wenn wir in Ihrer Regierungszeit von Schwarz-Blau an die 3 000 Polizisten und Gendarmen weniger haben, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass wir die Verkehrssicherheit damit erhöhen können, das ist ein wesentlicher Punkt. Und wenn gleichzeitig auch 119 Gendarmerieposten zugesperrt werden, dann ist das auch nicht gerade die schöne Art.

Ich will jetzt nicht auf die Mitteilungen von ARBÖ und ÖAMTC eingehen, das haben meine Kolleginnen und Kollegen schon gemacht.

Kollege Miedl hat im Ausschuss gesagt – da habe ich sehr genau aufgepasst –: Natür­lich werden wir irgendwann einmal dieses Gesetz evaluieren! – Und da bin ich wieder beim ersten Punkt: Wenn Sie uns einen Schritt entgegengekommen wären und ein paar unserer Ideen – die keinesfalls parteipolitischer Natur waren – übernommen hät­ten, dann hätten Sie damit bereits die Antwort auf eine solche Evaluierung gegeben.


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Das Gesetz wird sicherlich einmal in Richtung unserer Vorschläge evaluiert werden! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Hakl. Wunschrede­zeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.00.56

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Diese Debatte heute wird eigentlich davon beherrscht, dass einige Abgeordnete, insbesondere welche der Opposition, nicht verstanden haben, warum zum Beispiel beim Schnellfahren eine Vormerkung nicht gleichzeitig mit einem Entzug des Führer­scheins verbunden ist. (Zwischenrufe und ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zwei Dinge, auf die dieses Gesetz Rücksicht nimmt und die ich für besonders wichtig halte. Erstens: Ein System von Strafnormen wird von den Bürgerinnen und Bürgern immer dann besonders akzeptiert, wenn Strafen für etwas erfolgen, was eindeutig und einleuchtend strafwürdig erscheint. Deshalb finde ich an diesem sehr österreichischen System – im Vergleich zum Punkteführerschein in Deutschland – richtig, dass in die­sem nicht irgendwelche abstrakten Verkehrsübertretungen ohne Gefährdung von je­mandem geahndet werden, sondern dass eben dann mit der Vormerkung und einer so­zusagen stärkeren Strafe als nur mit einer Geldstrafe vorgegangen wird, wenn wirklich jemand unmittelbar gefährdet wurde.

In der Praxis: Es genügt also nicht, ein Rotlicht nicht zu beachten, sondern es muss auch so sein, dass irgendjemand anderer bremsen und ausweichen muss. Ich glaube, das wird dazu führen, dass wir in Österreich ein sehr akzeptiertes System haben – und das ist doch eigentlich eines der wichtigsten Dinge, die man gemeinhin von Strafnor­men erwarten kann.

Es darf jedenfalls nicht so sein, dass irgendjemand mitten in der Nacht und bei einer einsamen Ampelkreuzung eine auf rot geschaltete Ampel übersieht – und sich dann vom Staat zu Unrecht bestraft fühlt. Das also, meine Damen und Herren, ist bei diesem Normenkatalog gewährleistet; deswegen wird er auch allgemein akzeptiert werden.

Zum anderen haben wir in Österreich das Prinzip des Nicht-doppelt-Bestrafens. Die schärfste Maßnahme ist doch, wie ich meine, wenn man jemandem wegen eines Ver­kehrsdeliktes den Führerschein entzieht. Derjenige, dem der Führerschein entzogen wird und der überdies eine hohe Geldstrafe bezahlen muss, soll nicht durch eine Vor­merkung zusätzlich, doppelt also, bestraft werden. – So etwas gibt es ja auch nicht im Strafrecht: Wenn beispielsweise jemand einen Mord begeht, so gilt das zwar bei einem weiteren strafrechtlichen Delikt als erschwerend, der Täter wird jedoch nicht zweimal für das gleiche Delikt bestraft. Und so halten wir es auch bei Verkehrsdelikten. Das ist, wie gesagt, wichtig in Bezug auf die Akzeptanz von aufgestellten Normen.

In Summe ist das meiner Überzeugung nach ein sehr gelungener Entwurf, und ich danke Herrn Bundesminister Gorbach sowie Herrn Staatssekretär Kukacka für das En­gagement, dieses Langzeitprojekt zu Ende zu führen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

17.04

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.04.07

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Meine Damen und Herren! 2004 hat es in Österreich wieder fast 900 Ver-


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kehrstote gegeben. Das ist eine erschreckend hohe Zahl! Damit ist Österreich, was den Straßenverkehr betrifft, eines der unsichersten Länder der Europäischen Union. Höchste Zeit also, dagegen etwas zu unternehmen! Aber leider ist das Ergebnis, das Sie uns heute vorlegen, äußerst mangelhaft, kompliziert und unausgegoren. Es ist ein ungerechtes System, das für die Straßenbenützer so nicht nachvollziehbar ist.

Wir wissen, dass es eine Gruppe von Hochrisikolenkern gibt, die sich an keine Vor­schriften hält, auch keine Schuldeinsicht hat. Daher wäre es sinnvoll und notwendig, sich auf diese Gruppe zu konzentrieren, um die einzelnen Fahrerinnen und Fahrer, die dieser Gruppe angehören, zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu setzen.

Dabei geht es um extrem schnelles Fahren, um das Fahren unter Alkohol- oder Dro­geneinfluss. Bei der vorliegenden Regelung ist es so, dass jemand, der zum Beispiel mit 80 km/h durch einen Ort fährt, keinen Strafpunkt bekommt. (Abg. Mag. Hakl: Aber der Führerschein ist weg! – Abg. Eder – in Richtung der Abg. Mag. Hakl –: Aber keinen Strafpunkt!) Jeder von uns weiß doch, dass das eine extrem gefährliche Situation darstellt (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach– und dass vor allem Kinder, um die es sicherlich auch Ihnen geht, Herr Vizekanzler, besonders gefährdet sind. (Abg. Mag. Hakl: Aber er hat ja schon seine Strafe!)

Wir von der SPÖ wollen, dass nicht so vieleDelikte erfasst werden, sondern dass man sich dabei auf die wirklich gefährlichsten Fälle konzentriert. Das heißt: Konzentration auf Raser, auf Menschen, die unter Alkohol- und Drogeneinfluss Auto fahren sowie auf jene, die besonders rücksichtslos unterwegs sind. So könnte zumindest ein Drittel der Unfälle mit Todesfolgen erfasst werden.

Sie von den Koalitionsparteien betonen immer, dass bestimmte Fälle ohnehin den Ent­zug des Führerscheins zur Folge haben, übersehen dabei aber, dass durch einen Füh­rerscheinentzug aus diesen Gründen andere Vormerkungen getilgt werden, dass es also praktisch auf die Reihenfolge ankommt, in welcher die Delikte begangen werden. Das heißt in der Praxis: Ob ein Fehlverhalten konkrete Folgen hat, ist abhängig von deren Reihenfolge, und das ist doch absurd, dass kann nicht den erzieherischen Wert haben, den Sie von ÖVP und FPÖ angeblich anstreben.

Wir von der SPÖ wollen eine einfache, klare, überschaubare Regelung, eine Regelung, die die Autofahrerinnen und Autofahrer auch tatsächlich nachvollziehen können. Vor allem: Wir verlangen mehr und bessere Kontrollen des Straßenverkehrs, denn sonst, wenn sich unverbesserliche und unbelehrbare Autofahrer ziemlich sicher sein können, nicht erwischt zu werden, ist das Ganze umsonst. Dann besteht die Gefahr, dass Österreich weiterhin eines der unsichersten Länder im Straßenverkehr bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Reg­ler. Seine Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.07.32

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Zunächst möchte ich ganz kurz eine Rich­tigstellung zu den Ausführungen von Frau Abgeordneter Rest-Hinterseer anbringen: Dieses neue Gesetz bringt nicht die geringste Erleichterung, was die Bestrafung irgendeines Verkehrssünders betrifft! Das war ja die Schwierigkeit, nämlich ein System zu finden, bei dem alle bisherigen Bestrafungen auf alle Fälle aufrecht bleiben.

Nun möchte ich auf einen Punkt besonders eingehen, der in dieser Führerschein­gesetz-Novelle ebenfalls mit beschlossen wird, und zwar eine Novelle zum Moped­führerschein. Es war viele Jahre lang unbestritten, dass man erst mit 16 Jahren Moped


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fahren soll. Vor einigen Jahren wurde dann der Mopedführerschein eingeführt, wobei zu dessen Erlangung theoretische Kenntnisse nachgewiesen werden müssen.

Natürlich gab es aber auch Probleme damit, weil es im ländlichen Raum, und zwar dort, wo die Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht so gut sind, oft schwer war, den Lehrplatz oder die Berufsschule zu erreichen. – Nun steht aber ganz eindeu­tig fest: Jeder Jahrgang, der mehr am motorisierten Individualverkehr anstatt am öffent­lichen Verkehr teilnimmt, also  zum Beispiel mit dem Moped fährt, bringt eine erhöhte Gefahr, zieht mehr Verkehrsopfer nach sich.

Ich selbst habe das vor eineinhalb Jahren erlebt: Als mein Schwiegervater mit einem Oberschenkelhalsbruch im Meidlinger Unfallkrankenhaus gelegen ist, lagen in seinem Zimmer zwei 17-jährige Lehrlinge; beide wurden beim Mopedfahren schwerst verletzt. Der eine Mopedfahrer ist in einer 30-km/h-Zone gefahren, ein von links kommender Autofahrer ist ihm, obwohl der Mopedfahrer Vorrang hatte, hineingefahren. Schwerste Verletzungen waren die Folge; Fuß, Schulter gebrochen, et cetera. – Dem zweiten Mopedlenker ist es noch viel ärger ergangen: querschnittgelähmt ab dem ersten Hals­wirbel.

Daran sieht man, wie schwierig es für Mopedlenker ist; auch wenn sie oft gar nichts dafür können. Anderseits aber: Wie soll der Einzelne seine Lehrstelle beziehungsweise den Arbeitsplatz oder die Berufsschule erreichen?

Derzeit ist diese Erlaubnis für junge Mopedlenker an eine Verordnung des Landes­hauptmannes gebunden – so ist es zum Beispiel in Wien sicherlich nicht notwendig, zum Lehrplatz mit dem Moped zu fahren –, ebenso bedarf es einer Bestätigung von Arbeitgeber oder Berufsschule. Das hat aber auch wieder zu Ungleichheiten geführt, zu Ungerechtigkeiten, denn derjenige, der das Moped fährt, kann es auch für andere Fahrten als zur Berufsschule oder zum Lehrplatz verwenden; der andere eben nicht. Aus diesem Grund versuchen wir heute eine andere Lösung, nämlich dass man mit 15 Jahren unter Beibehaltung der Zustimmung des Erziehungsberechtigten bereits den Mopedführerschein bekommen kann, wenn man allerdings zusätzlich zur theoretischen Ausbildung auch eine praktische Ausbildung im Ausmaß von sechs Stunden nach­weist. Wir haben damit die Ungleichbehandlung beseitigt. Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass damit ein ganzer Jahrgang junger Menschen mehr mit dem Moped am Verkehr teilnimmt. Ich kann nur eines hoffen: dass die Ausbildung, die wir hier ver­langen, also theoretische plus praktische Ausbildung, so gut ist, dass die Opferbilanz dadurch nicht negativ beeinflusst wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

17.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bayr. (Abg. Dr. Gabriela Moser steht an der Regierungsbank und spricht mit Staatssekretär Mag. Kukacka.) – Frau Abgeordnete Moser! Es ist nicht üblich, der Rednerin den Rücken zuzuwenden und mit jemandem auf der Regierungsbank zu sprechen. (Abg. Dr. Gabriela Moser entschuldigt sich.)

Frau Abgeordnete Bayr, ich erteile Ihnen das Wort.

 


17.11.13

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Ich denke mir, auf unsere konkreten Kritikpunkte an der FSG-Novelle sind meine VorrednerInnen schon eingegangen. Wenn ich jetzt der Debatte lausche, nehme ich aber an, dass das Gesetz so beschlossen werden wird, wie es vorliegt, dass Sie unseren guten Argumenten nicht nahe treten werden. Aber wenn Sie das Gesetz so beschließen, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, dann habe


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ich einen wirklich ganz, ganz dringenden Appell an die Regierungsparteien, auch bei meinem Vorredner anknüpfend, was das Thema betrifft. Es geht um die einspurigen Kraftfahrzeuge und eine meiner Meinung nach sehr wichtige und dringende Änderung, was die Sicherheit der Lenkerinnen und Lenker von einspurigen Kraftfahrzeugen be­trifft.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Petra Bayr und KollegInnen zum TO 5: Bericht des Verkehrsaus­schusses über die Regierungsvorlage (794 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Führer­scheingesetz (7. Führerscheingesetz-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung geän­dert werden (817 d.B.).

Antrag

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Das Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz (7. Führerscheingesetz-Novelle) und die Straßenverkehrsordnung geändert werden, in der Fassung des Ausschuss­berichtes (817 d.B.) wird wie folgt geändert:

Im § 7 Abs. 3 Z 3 wird nach dem Wort „Nichteinhaltung“ die Wortfolge „des seitlichen Sicherheitsabstandes zu einspurigen Fahrzeugen und“ eingefügt.

Begründung

Angesicht der hohen Gefährdung von LenkerInnen einspuriger Fahrzeuge durch Nicht­einhaltung des seitlichen Sicherheitsabstandes soll dieses Delikt explizit angeführt werden, da es besonders gefährliche Verhältnisse herbeiführt.

*****

Das heißt, es gibt jetzt im Gesetz schon das Delikt des zu kurzen zeitlichen Abstands zum Kraftfahrzeug davor. Das ist jetzt schon ein Delikt, das bestraft werden soll. Ich denke mir, dass es mindestens genauso wichtig ist, einen seitlichen Sicherheitsab­stand gerade zu einspurigen Fahrzeugen einzuhalten. Es kommt unheimlich oft durch Schneiden und durch Drängeln zu ganz, ganz schweren Unfällen von Lenkern und Lenkerinnen einspuriger Fahrzeuge. Darunter subsumiere ich jetzt Motorradfahre­rInnen, MopedfahrerInnen, RadfahrerInnen, also alle. Es ist, glaube ich, sehr, sehr wichtig, da etwas zu tun, um diese nicht so extrem zu gefährden.

Herr Vizekanzler, ich habe Ihnen am 23. Februar einen Brief geschrieben, weil ja auf Grund der Gesetzesnovelle auch die Führerscheindurchführungsverordnung geändert werden muss. Da gibt es auch Perfektionsfahrten – diese sind schon angesprochen worden –, und bei den Perfektionsfahrten gibt es auch im § 13a die Regelung, dass das Überholen geübt werden soll. Ich denke mir, dass es wichtig ist, dass das Über­holen von ein- und mehrspurigen Fahrzeugen geübt wird, denn da gibt es einen Unterschied. Es ist wichtig, auf die Sensibilität von Einspurigen hinzuweisen und das zu üben.

Was die Frist der Nachschulungen betrifft, ebenfalls einen kurzen Satz zur Fristset­zung, wann diese Nachschulungen sein sollen. Wenn es sich um Lenker und Lenke-


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rinnen einspuriger Kraftfahrzeuge handelt, ist auch darauf zu schauen, dass dies in einer Zeit erfolgt, in der das Unfallrisiko nicht noch größer wird, weil zum Beispiel Schneematsch oder Ähnliches auf der Straße ist. Also ich glaube, dass man da bei der Fristsetzung unbedingt darauf achten muss, wann das dann wirklich ist.

Ich denke mir, alle diese drei Punkte haben überhaupt nichts mit Parteipolitik zu tun. Sie dienen wirklich der Verkehrssicherheit und der Sensibilisierung für besondere Ge­fahren im Straßenverkehr, und zwar dahin gehend, wie auch ich als Verkehrsteilneh­merin vielleicht andere gefährde. Es geht um Menschenleben.

Ich bitte Sie wirklich ganz eindringlich, diesem Abänderungsantrag zuzustimmen. Es kommen ja nach mir noch vier Rednerinnen und Redner von der großen Regierungs­partei zu Wort. Ich würde Sie bitten, darauf noch einzugehen und mir gegebenenfalls zu erklären, warum Sie nicht zustimmen, falls Sie nicht zustimmen, was ich aber nicht hoffe, denn ich denke mir, dass es uns allen um dasselbe geht, nämlich um weniger Tote auf der Straße. Ich bitte wirklich um Ihre Zustimmung. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Bayr eingebrachte Abände­rungsantrag ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Abgeordneter Haubner. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


17.15.00

Abgeordneter Peter Haubner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrter Staatssekretär! Jeder Unfall ist ein Unfall zu viel. Dar­über herrscht sicher Einigkeit, auch in diesem Haus. Wenn wir heute diese Novelle des Führerscheingesetzes beschließen, dann möchte ich sagen: Es ist dies ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und ein Schritt zu mehr Sicherheit auf Österreichs Stra­ßen.

Mit dem Vormerksystem werden gezielt die Risikolenker eingegrenzt, es wird aber auch bei all jenen, die es vielleicht nicht so genau mit den Regeln des Straßenverkehrs nehmen, das Bewusstsein geschärft, dass ein derartiges Verhalten nicht geduldet werden kann. Klar ist, dass wir mit dem neuen Vormerksystem einen neuen zusätz­lichen Maßnahmenkatalog für Sicherheit schaffen. Je höher das Bewusstsein bei den Verkehrsteilnehmern für die Gefahren und je stärker die Sensibilisierung für gefährliche Situationen ist, umso geringer ist die Unfallgefahr, und das wollen wir doch alle, näm­lich weniger Unfälle auf unseren Straßen.

Alleine die Zahlen meines Heimatbundeslandes Salzburg zeigen, dass es da einen Be­darf gibt beziehungsweise notwendig ist, dass da eine Verbesserung eintritt. 80 Men­schen sind im letzten Jahr tödlich verunglückt und 4 000 wurden zum Teil schwer verletzt. Auch wir in Salzburg haben uns stark dem Thema „Sicherheit im Verkehr“ ver­schrieben und haben eine Aktion unter dem Motto: „Gib acht!“ aufs Salzburgs Straßen ins Leben gerufen. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen und zahl­reichen Institutionen wurde diese Aktion gegründet. Dabei sollen viele Maßnahmen ergriffen werden, welche die Straßen noch sicherer machen – eine Initiative, die also genauso zu mehr Sicherheit beiträgt wie das neue Vormerksystem.

Als Familienvater freut es mich besonders, dass im Deliktkatalog für eine Vormerkung auch die Kindersicherung erfasst ist. Damit kommt klar zum Ausdruck, dass wir auch für die Sicherheit unserer Kinder wichtige Impulse setzen. Bußgeld alleine ist zu wenig, eine Zusatzmaßnahme, wie im Vormerksystem vorgesehen, scheint mir völlig richtig zu sein.


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Mit dem Vormerkführerschein wird ein System geschaffen, das gezielt gegen noto­rische Verkehrssünder vorgeht und somit für Sicherheit auf Österreichs Straßen sorgt. Um im Autofahrerjargon zu bleiben: Die Opposition blockiert und bremst und die Regie­rung lenkt und denkt. Das neue Vormerksystem ist der klare Beweis dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Parnigoni.)

17.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prähauser. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.17.35

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Gute Gesetze bringen es mit sich, dass sie in redaktionellen Beiträgen in Zeitungen abgehandelt und von der Bevölkerung positiv diskutiert werden, schlech­tere Gesetze muss man mit PR in die Zeitungen bringen, um sich für den nächsten Tag eine entsprechende Nachberichterstattung zu sichern.

Es war heute fast unmöglich, eine Tageszeitung zu finden, die diese PR-Einschaltun­gen nicht hatte. Es ist allerdings anzumerken, dass die PR-Abteilung gut gearbeitet hat: Die Einschaltungen wurden jeder Zeitung angepasst, damit möglichst viele Leser nicht bemerken, dass es sich hiebei um Werbung handelt. Das Einzige, was sich da wie ein roter Faden durchzieht, ist ein besonders freundlicher Herr Vizekanzler. Der ist mir in diesem Fall allerdings eine Spur zu freundlich. Ich gehe ja nicht davon aus, dass 875 Tote im Vorjahr zu so viel Freude Anlass geben. Auch 75 Tote weniger heuer können nicht Anlass zu so großer Freude sein. Ich meine, hier einfach einen Missgriff der PR-Arbeiter feststellen zu dürfen.

Es wäre ehrlicher gewesen ein Bild von einem Lenker in einem Cabrio, in einem PS-starken Auto, mit wehendem blauem Schal mit der Aufschrift: „Ich liebe 160“. Darüber, Herr Vizekanzler, bitte ich Sie aber inständig nachzudenken. Es gibt keine Straße in Österreich, wo 160 auf Dauer gewährleistet wäre, auch nicht dreispurige Autobahnen, denn wenn man nämlich zweispurige hinter sich lässt, warten Lkw-Fahrer, Liefer­wägen-Fahrer, Pkw-Fahrer auf die Chance, endlich überholen zu können, und sie dürfen dann auf der dritten Spur ungefähr 14 Kilometer hinter Lastwägen einherfahren. Da ist es fahrlässig. (Abg. Dr. Mitterlehner: Sie sind noch nie schneller gefahren?! Das ist scheinheilig!) Sichern Sie den Autofahrern die 130 auf den Autobahnen! Das ist schnell und fleißig genug.

Meine Damen und Herren! Ich darf hier auch noch anmerken: Es hat heute auch eine Tageszeitung gegeben, in welcher das Inserat nicht drinnen war, es ist das „Neue Volksblatt“. Es ist eine Frage, ob man damit die Presseförderung relativieren, ausglei­chen will oder möglicherweise nichts für die Entlastung der Parteifinanzen der ÖVP übrig hat. Ich darf Ihnen sagen, Herr Vizekanzler: Das Lachen ist auch deswegen nicht angebracht, weil Herr Landeshauptmann Sausgruber über „Format“, nein, über „Stan­dard“ Ihnen die Handschlagqualität abspricht. Sie wird aber Ihren Vorgängern von den Sozialdemokraten attestiert. Das ist ein Grund mehr, noch ernster dreinzublicken und darüber nachzudenken, ob man in Zukunft Lenker, die Geschwindigkeitsüberschreitun­gen massivst betreiben oder über 0,8 Promille alkoholisiert sind, nicht doch auch noch vormerken sollte.

Ich würde des Weiteren bitten: Seien Sie ehrlich, bilden Sie auch den Herrn Staatssek­retär Kukacka mit ab im Zuge der nächsten PR, denn er war ein vehementer Gegner bei der Diskussion um die 0,5 Promille! Er war nicht für 0,0 Promille, sondern er wollte, dass 0,8 Promille als Grenze beibehalten werden. Heute wissen wir, warum. (Beifall bei der SPÖ.)


17.20


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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Mag. Ku­kacka. – Bitte, Herr Staatssekretär.

 


17.20.28

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn man sich die heutigen Diskussionsbeiträge der Opposition anhört, dann ist man einigermaßen ver­wundert, weil man zum einen den Eindruck hat, dass sie dieses Gesetz gar nicht richtig gelesen hat, weil es einfach zum Teil völlig falsch dargestellt und interpretiert wird. Herr Kollege Eder, Sie waren gleich der Erste, der damit begonnen hat. Sie haben zum Bei­spiel gesagt, dass dann, wenn jetzt jemand eine Vormerkung hat, diese Vormerkung gelöscht wird, wenn er nachher ein Entzugsdelikt begeht.

Herr Kollege! Genau das Gegenteil ist der Fall! Weil er vorher schon ein Vormerkdelikt hatte, wird sogar seine Strafe beim Entzugsdelikt verlängert, nämlich um 14 Tage wird das verlängert. Das heißt, es wirkt strafverschärfend, wenn er vorher eine Vormerkung gehabt hat. (Abg. Eder: Der Punkt wird gelöscht oder nicht?)

Ich muss wirklich sagen: Sie haben das offensichtlich nicht richtig verstanden, und ich würde Sie wirklich ersuchen, das Gesetz, wenn Sie darüber diskutieren, zumindest intensiv zu studieren.

Meine Damen und Herren! Überhaupt ist das, was Sie hier sagen, ein bisschen un­glaubwürdig. Wir hatten ja gerade in diesen Tagen auch die 160-km/h-Debatte, und die Opposition, die Grünen und auch die Sozialdemokraten konnten sich nicht genug über diesen Vorschlag empören. Wir werden noch darüber diskutieren. Sie haben sich dabei vor allem auf die Argumente gestützt, die das Kuratorium für Verkehrssicherheit und der VCÖ dagegen gebracht haben.

Heute aber wollen Sie von den positiven Stellungnahmen des Kuratoriums und des VCÖ zu diesem Vormerksystem nichts mehr hören, meine Damen und Herren, denn der VCÖ – immerhin jener Autofahrerclub, der den Grünen ziemlich nahe steht und der sich immer zu Recht rigoros gegen Raser und Verkehrssünder ausspricht – sagt zu diesem unserem Regierungsmodell, dass er es begrüßt, und er vergleicht die Einfüh­rung des Vormerksystems mit der Gurtenpflicht und mit der 0,5-Promille-Grenze, also mit Meilensteinen in der Verkehrssicherheitspolitik, meine Damen und Herren!

Jetzt auf einmal gilt das Urteil des VCÖ zu diesem Thema und zu unserem Vorschlag nichts mehr. Genauso ist es beim Urteil des Kuratoriums für Verkehrssicherheit. Das Kuratorium für Verkehrssicherheit, das Sie gerade in diesen Tagen immer im Mund geführt haben und das immer auch Vorbild für Ihre Verkehrsminister war, schreibt: Dieser Katalog mit 13 Delikten ist das richtige Signal gegen Hochrisikolenker und damit für mehr Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen. Er umfasst alle relevanten Delikte und ist funktionell angelegt.

Meine Damen und Herren! Alle Ihre Argumente werden dadurch widerlegt, und wir und die Position, die wir hier vertreten, und dieses Konzept werden unterstützt.

Meine Damen und Herren! Das, was Sie hier in diesem Zusammenhang gesagt haben, war, glaube ich, nicht fair. Das war von Parteipolitik getragen. Das war einseitig und war vor allem selektive Wahrnehmung. Ich glaube, das sollte man objektiv und gerech­terweise dazusagen. (Abg. Schieder: Er belehrt nur die Abgeordneten!)

Meine Damen und Herren! Die SPÖ hat einen eigenen Vorschlag vorgelegt. Das ist ja sehr begrüßenswert, ich bin sehr dafür, aber leider war das ein sehr unausgegorener Vorschlag mit lauter Halbherzigkeiten. Warum sage ich das, meine Damen und Her­ren? – Weil Ihr Vorschlag drei Delikte umfasst, genau drei Delikte. (Abg. Eder: 90 Pro­zent der Unfälle!) Genau diese drei Delikte haben bisher schon zu Führerscheinentzü-


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gen geführt. Das heißt, Sie schwächen das System noch weiter ab, denn Sie wollen, dass es zuerst einmal für Delikte, für die es bisher schon einen Entzug gibt, nur eine Vormerkung gibt, beim zweiten Mal erst eine Maßnahme und erst beim dritten Mal einen Entzug. (Abg. Eder: Nein, er versteht überhaupt nichts!) Das funktioniert nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! – Das ist doch wirklich durchschaubar. Die Experten, die sich mit Ihrem Vorschlag befasst haben, haben wirklich nur den Kopf geschüttelt über das, was Sie uns hier vorgelegt haben, meine Damen und Herren.

Hier sollte man wirklich fair und gerecht sein. Ich glaube, dass das, was wir hier vorle­gen, wirklich den Stellungnahmen von kritischen Experten standhält und dass es wirk­lich auch ein verkehrspolitischer Meilenstein ist, der hier gesetzt wird.

Ich möchte ein Argument noch hinzufügen, das im Zusammenhang mit Verkehrs­strafen auch immer gebracht wird: Der große Vorteil dieses Systems liegt darin, dass dieser Vorschlag sozial ausgewogen ist und dass er sowohl Wohlhabende als auch Nichtbegüterte in gleicher Weise trifft. Sie kennen, so wie auch ich, viele Raser, die ohne große Probleme hohe Verkehrsstrafen quasi aus ihrer Portokasse bezahlt haben und sich so immer gleichsam freigekauft haben von den Verkehrsdelikten beziehungs­weise von den Strafen, die sie dafür bekommen haben.

Das geht in Zukunft nicht mehr, weil es bei diesen 13 von uns vorgelegten Delikten nicht mehr genügen wird, einfach sozusagen die Verwaltungsstrafe zu zahlen, sondern jeder muss sich dann, gleichgültig, ob arm oder reich, ob begütert oder nicht begütert, diesen Maßnahmen unterziehen, muss Nachschulungen machen, muss entspre­chende Fahrsicherheitskurse besuchen, muss Erste-Hilfe-Kurse.

Das ist der große Unterschied. Deshalb sagen wir: Unser Modell ist verhaltenspädago­gisch sinnvoll und verhaltensändernd und hat deshalb auch große Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit!

Ich glaube, wenn Sie hier fair vorgegangen wären, dann hätten wir uns ohne weiteres finden und gemeinsam einen guten Vorschlag und ein gutes System entwickeln kön­nen. Das ist nicht gelungen. Die Regierung hat aber sozusagen das Problem selbst in die Hand genommen und hat eben nun ein Konzept vorgestellt, das jeder fachlichen Kritik standhält. In diesem Sinne ist der heutige Tag ein weiterer Meilenstein zu mehr Verkehrssicherheit in Österreich. (Beifall bei der ÖVP.)

17.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Eder zu Wort gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung: 2  Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.28.31

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Herr Präsi­dent! Herr Staatssekretär Kukacka hat behauptet, dass das SPÖ-Modell vorsieht, dass man bei Delikten, wo es jetzt bereits einen Führerscheinentzug gibt, nur noch einen Punkt bekommen soll, aber keinen Führerscheinentzug. – Das ist falsch!

Richtig ist vielmehr: Das SPÖ-Modell sieht vor, dass es bei jenen Delikten, bei wel­chen es heute schon einen Führerscheinentzug gibt, nämlich bei Alkohol und Rasen, auch einen Punkt dazu gibt. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schieder: Also, Herr Staatssekretär, genau lesen! Das, was Sie zu den Abgeordneten sagen, sollten Sie auch tun! – Abg. Dr. Cap: Wasser predigen und Sinalco trinken!)


17.29


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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Doppler zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.29.26

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Mit der Ände­rung des Führerscheingesetzes wird vom Hohen Haus und von der Regierung ein rich­tiger und ein wichtiger Schritt in puncto Verkehrssicherheit gesetzt.

Ich bin auf Grund dessen, was ich gehört habe, nur etwas verwundert über die Einstel­lung der Oppositionsparteien. Es wird da gesprochen von einer besseren Überwa­chung, von einem schlechten Kompromiss, von einem windelweichen Schritt, davon, dass der Schritt zu wenig ist. Der Entschließungsantrag gipfelt sogar in dem Ausdruck „Schmalspurversion“.

Ich möchte dazu nur sagen: Besser, wir haben eine Schmalspurversion (Ruf bei den Freiheitlichen: Haben wir ja nicht!), als wir hinterlassen überhaupt keine Fährte – so, wie es die Opposition haben möchte. Daher, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Oppositionsparteien: Stimmen Sie dieser Gesetzesänderung doch zu!, denn man sollte einem Etappenziel zustimmen und kann dann später mit Erfahrung vielleicht noch Verbesserungen beschließen. Ein Vormerksystem mit 13 risikobehafteten Delik­ten dient der Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen und ist eine vorbeugende Maßnahme zur Senkung der Zahl von Unfällen, Verletzten und Toten im Straßenver­kehr.

Wie schon des Öfteren erwähnt: Wird eines der 13 Delikte begangen, erfolgt eine Vor­merkung. Bei der zweiten Vormerkung werden die besonderen Maßnahmen gesetzt, und ich glaube, dass diese fünf Maßnahmen eine sehr richtige und wichtige Vorgabe dieses Gesetzes sind. Ich glaube, es ist notwendig, dass man erkennt, dass diese Maßnahmen präventiv wirken. Risikolenker werden eruiert, und eine Bewusstseins­bildung und pädagogische Maßnahmen sollen zum veränderten Verhalten im Straßen­verkehr führen. Dies dient der Sicherheit der übrigen Verkehrsteilnehmer, aber auch dem Eigenschutz.

Ebenfalls sehr begrüßenswert ist die Neuregelung im Zusammenhang mit dem Mo­pedführerschein, die sicherlich zu einer Verbesserung der Situation führen wird. Ich glaube, es ist gut, dass wir von der Verordnung des Landeshauptmannes, von der Bestätigung der Schule und der Arbeitgeber wegkommen, und es ist sicherlich besser, wenn die Ausbildung im Beisein eines Instruktors und die ausreichende Fahrzeugbe­herrschung zum Mopedführerschein berechtigen, wenn die Einwilligung des Erzie­hungsberechtigten vorliegt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Im Sinne von mehr Sicherheit im Straßen­verkehr, von weniger Verletzten und Toten, von weniger Leid und Verzweiflung in den Familien ersuche ich um Ihre Zustimmung zu dieser Gesetzesänderung. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

17.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Neuerlich zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Kukacka. – Bitte.

 


17.32.35

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Ich muss mich leider noch einmal zu Wort melden, weil mich auch Kollege Schieder aufgefordert hat, in Bezug auf das SPÖ-Programm präzise zu sein. Ich möchte das gerne tun und kann das, was ich hier ausgeführt habe, konkret wiederholen, und zwar mit entsprechendem Beweis.


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Ich habe hier (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) das von der SPÖ vor­gelegte Programm „Sichere Straße für alle“ von Kurt Eder und Dr. Josef Cap, das auch im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Da steht drinnen:

Das von der SPÖ vorgesehene Vormerksystem umfasst drei Delikte:

Erstes Delikt: „Lenken eines KFZ mit besonderer Rücksichtslosigkeit und unter beson­derer Gefährdung.“ – Das führt jetzt schon zum Führerscheinentzug, damit das klar­gestellt ist.

Zweites Delikt: „Überschreiten der höchst zugelassenen Geschwindigkeit um mehr als 40 km/h innerhalb des Ortsgebietes oder 50 km/h außerhalb des Ortsgebietes.“ – Das führt jetzt schon zum Führerscheinentzug.

Drittes Delikt: „Lenken oder Inbetriebnahme von KFZ mit mehr als“ 5,0 „Promille bezie­hungsweise Drogen.“ (Abg. Eder: Mit 5,0 nicht!) – „Mehr als 0,5 Promille“! (Abg. Mariz­zi: Sie haben gesagt: 5,0!) – Das Lenken eines Fahrzeuges mit mehr als 0,5 Promille beziehungsweise unter Drogeneinfluss führt bisher schon zum Führerscheinentzug.

Dann heißt es weiter: „Eine einmalige Vormerkung“ dieser Delikte „hat nur eine Mit­teilung an den Führerscheininhaber zur Folge.“ – Also keinen Entzug! (Abg. Eder: Natürlich!) „Eine zweitmalige Vormerkung führt zur Vorschreibung einer zielgerichteten Maßnahme (...) durch die Behörde.“ – Also noch keinen Entzug! (Abg. Eder: Natürlich!) „Eine drittmalige Eintragung“ dieser Delikte „führt zu einem Führerscheinentzug von mindestens drei Monaten.“

Das heißt: Wenn man dieses Delikt jetzt begeht, führt das sofort zum Führerscheinent­zug. Wenn man aber dieses Delikt künftig nach dem Modell der SPÖ begeht, führt das erst beim drittmaligen Begehen zu einem Entzug.

Ja, meine Damen und Herren, das ist genau das, was ich gesagt habe: eine Ent­schärfung des bisherigen Systems. Sie gehen hier vor nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!, und schlagen ein Modell vor, auf das alle Verkehrs­experten, die sich mit diesem Konzept beschäftigt haben, nur mit einem Kopfschütteln reagiert haben.

Also ich glaube, es ist jetzt klargestellt, was wir wollen und was die SPÖ-Opposition in diesem Zusammenhang wollte. (Beifall bei der ÖVP.)

17.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


17.35.37

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir haben in unserer Geschäftsordnung die Bestimmung, dass auf eine tatsächliche Be­richtigung nicht mit einer tatsächlichen Berichtigung geantwortet werden kann, sondern auf eine tatsächliche Berichtigung ist eigentlich nur eine persönliche Erwiderung zulässig, also unter bestimmten Bedingungen.

Es widerspricht daher parlamentarischen Manieren, wenn dann jemand von der Regie­rungsbank aus unter Ausnützung des Rechtes, dass sich wer von der Regierungsbank zu Wort melden kann, eine tatsächliche Berichtigung berichtigt, was unter Abgeord­neten nicht möglich wäre – noch dazu inhaltlich falsch berichtigt.

Ich ersuche, dem Herrn Staatssekretär parlamentarische Manieren beizubringen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)


17.36


Nationalrat, XXII.GP
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96. Sitzung / Seite 149

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Scheibner zur Geschäftsbehandlung zu Wort. – Bitte.

 


17.36.30

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Ich schätze ja den Abgeordneten Schieder und dass er die Sitzungen immer ein bisschen auflockert, aber, Herr Kollege Schieder, Sie wissen ganz genau, dass selbstverständ­lich auch ein Abgeordneter die Möglichkeit hat, auch wenn er gar keine tatsächliche Berichtigung machen möchte oder wenn er auf eine tatsächliche Berichtigung etwas erwidern möchte, sich ganz normal zu Wort zu melden und einen Debattenbeitrag hier abzugeben. (Abg. Schieder: Inhaltlich!) Genau das hat der Staatssekretär gemacht (Abg. Schieder: Eben nicht! Nein!), der jederzeit die Möglichkeit hat, sich zu Wort zu melden.

Was die parlamentarischen Manieren betrifft, diese Frage, glaube ich, müssen wir im­mer an uns selbst richten, ob wir da alles richtig machen, aber der Herr Staatssekretär hat in diesem Fall richtig gehandelt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll zur Geschäftsbehandlung zu Wort. – Bitte.

 


17.37.17

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Herr Kollege Schieder! Mich hat an Ihrer Wortmeldung weniger die juris­tische Begründung gestört als vielmehr Ihr letzter Satz. Man braucht einem langjähri­gen Parlamentarier keine parlamentarischen Manieren beizubringen! Kollege Kukacka war sehr lang in diesem Haus, und diese Aufforderung, ihm Manieren beizubringen, die richtet sich selbst, Herr Kollege Schieder! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadler. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.37.54

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Verehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren im Hohen Haus! Auch ich möchte ein paar Bemerkungen zum neuen Führerschein-Vormerksystem machen.

Dieses Vormerksystem ist ein klarer Zusatz zum bereits bestehenden Entzugssystem und sorgt dafür, dass 13 weitere Delikte nicht nur durch Verwaltungsstrafen geahndet werden, sondern zusätzlich noch vermerkt werden, und dies auf zwei Jahre. Diese 13 Delikte sind nachweislich solche, die zu den häufigsten Unfallursachen mit Todes­folge zählen.

Dieses Vormerksystem wird nach dem Motto „Vorbeugendes Erziehen statt nachträg­liches Entziehen“ durchgeführt. Warum dieses Motto? Weil jeder Todesfall im Straßen­verkehr einer zu viel ist, weil jedes Todesopfer Partner, Kinder, Freunde, sehr oft Leid und Elend hinterlässt, und dies kann uns als den politisch Verantwortlichen nicht egal sein. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, dass durch sinnvolle Maßnahmen auch eine Erziehung von Verkehrsteilnehmern stattfindet. Mit diesem vorliegenden Vormerk­system versucht man durch Vormerkung auf zwei Jahre, eine solche Erziehung durch­zuführen. Per Bescheid lässt man den Betroffenen eine genaue Aufklärung zukommen, was passiert, wenn ein Wiederholungsfall eintritt.

Beim Autofahren – und das wissen wir alle – tritt ein gewisser Gewöhnungseffekt ein, bei vielen schleicht sich auch ein gewisser Leichtsinn ein. Man meint, zehnmal ist es


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96. Sitzung / Seite 150

gut gegangen, an das elfte Mal wird nicht gedacht, und dieses elfte Mal kann fatale Folgen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb muss es unser Ziel sein, unverbes­serlichen Verkehrssündern ins Bewusstsein zu rufen, dass sie nicht nur für sich selber Verantwortung tragen, sondern vor allem auch für andere Verantwortung tragen. Ver­antwortung für Menschenleben ist die größte Verantwortung, die wir haben, und ich bin überzeugt, dass dieses Vormerksystem diese Bewusstseinsbildung schafft und damit einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr leistet. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Derzeit letzte Wortmeldung hiezu kommt von Herrn Abgeordnetem Wöginger. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.40.36

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Frau Außenministerin! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Bayr, zu Ihrem Abänderungsantrag möchte ich eine kurze Anmerkung machen. Das, was Sie darin wünschen – wie Sie auch gesagt haben, Herr Staatssekretär –, ist ja durch die Stra­ßenverkehrsordnung, durch die generelle Verkehrssicherheitsnorm bereits abgedeckt, weil es natürlich besonders wichtige Punkte sind. Diese 13 Kriterien kann man ja auch einmal evaluieren und gegebenenfalls den Katalog erweitern.

Diese Regierungsvorlage enthält aber neben dem Führerschein-Vormerksystem auch eine Bestimmung, wodurch für alle 15-Jährigen der Zugang zum Mopedausweis we­sentlich erleichtert wird und erstmals praktische Stunden für Mopedlenker ab 15 vor­geschrieben werden. Die Diskussion um das Mofafahren ab 15 ist schon eine sehr lange, und es handelt sich dabei um eine ursprüngliche Forderung der Jungen ÖVP. Besonders für den ländlichen Raum ist es wichtig, dass 15-Jährige mit dem Mofa oder mit dem Moped fahren dürfen. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in den ländlichen Gebieten nicht so ausgebaut wie in den Städten. (Abg. Mag. Gaßner: Werden immer weniger!) Daher ist die Ermöglichung des Mopedfahrens ab 15 eine ganz große Unter­stützung für Lehrlinge und Schüler, damit überhaupt der Arbeitsplatz oder der Schulort erreicht werden kann.

Diese Regelung erhöht aber auch die Mobilität und vor allem die Verkehrssicherheit für die jungen Menschen, und das ist der Jungen ÖVP und mir ein großes Anliegen.

Die heute zur Beschlussfassung anstehende Regierungsvorlage bringt eine wesent­liche Verbesserung mit sich, weil die bisher notwendige Bestätigung von Schule oder Arbeitgeber über die Unzumutbarkeit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel wegfällt. Diese Bestätigung, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat für viele Jugendliche oft eine Hürde dargestellt. Deshalb ist es gut und richtig, dass dies künftig nicht mehr notwendig ist.

Darüber hinaus besteht auch jetzt für die Jugendlichen ab 15 die Möglichkeit, den Mo­pedausweis zu machen und somit mobil zu werden, und das freut mich als politischen Jugendvertreter besonders.

Anstelle der Bestätigung wird jetzt eine praktische Ausbildung von sechs Stunden durch Fahrschulen oder Autofahrerklubs vorgeschrieben. Bisher waren nur acht Theo­riestunden gesetzlich vorgeschrieben, und die fehlende Praxis hat zu immer mehr Un­fällen geführt. Von 2002 auf 2003 ist die Unfallzahl bei den 15-jährigen Mopedlenkern von 219 auf 627 angestiegen. Diese Zahlen sind alarmierend, und die Einführung der Praxisausbildung soll dieser Negativentwicklung entgegenwirken und mehr Verkehrs-


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sicherheit für unsere Jugend bringen. Die Ausweise werden künftig nicht mehr von den Behörden, sondern von den Fahrschulen und von den Autofahrerklubs ausgestellt.

Abschließend, meine sehr geehrten Damen und Herren, möchte ich noch betonen, dass die Ausbildung für das Mofafahren ab 15 Jahren auch weiterhin an Schulen wie an Polytechnischen Lehrgängen oder an Berufsschulen möglich ist. Auch der Praxis­unterricht kann von einer Fahrschule oder einem Autofahrerklub auf einem geeigneten Gelände in Schulnähe durchgeführt werden. Dies kann auch in Gruppenkursen erfol­gen, wodurch die Kosten niedrig gehalten werden.

Also ein leichterer Zugang und mehr Verkehrssicherheit – eine positive Regelung für unsere Jugend. Daher bitte ich um Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Neuerlich zu Wort gemeldet hat sich Herrr Abgeordneter Eder. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.44.14

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Ich hätte mich jetzt nicht mehr zu Wort gemeldet, aber Herr Staatssekretär Kukacka hat zitiert, jedoch nur die Hälfte, wie das anscheinend so üblich ist beim Zitieren durch den Herrn Staatssekretär Kukacka.

Ich darf das jetzt klarstellen; ich habe hier das Gleiche in der Hand, was Sie vor sich liegen haben. Auf Seite 8 – Sie können mitlesen – steht Folgendes zum Vormerksys­tem nach dem SPÖ-Modell:

„Die SPÖ tritt daher für ein einfaches, von den Menschen verstandenes und mitgetra­genes System ein, das damit der Unfallprävention effizient dient:

Um Hochrisikolenker“ – und von denen reden wir – „wirksam zu bekämpfen, sollen die unfallträchtigsten Delikte neben den gleichbleibenden Strafen“ – „gleichbleibenden Strafen“ ist auch Entzug – „in Hinkunft zusätzlich auch eine Vormerkung im Führer­scheinregister zur Folge haben.“ Dies betrifft die Delikte Alkohol am Steuer, Geschwin­digkeitsüberschreitungen um mehr als 40 km/h beziehungsweise mehr als 50 km/h und Lenken eines KFZ mit besonderer Rücksichtslosigkeit und unter besonderer Gefähr­dung.

Dann folgen weitere Kommentare dazu, und die hat der Herr Staatssekretär verlesen.

Also wenn man das Gesamte sieht, dann kommt klar heraus: Wir wollen gleichblei­bende Strafen haben plus einen Punkt dazu, um Hochrisikolenker herauszufiltern, denn wenn man das nicht tut, dann wird man sie nie finden. (Beifall bei der SPÖ.)

17.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 817 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über den von dem erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.


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Die Abgeordneten Bayr, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 6 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit und ist daher abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fas­sung des Ausschussberichtes.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussbe­richtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit, und damit ist der Gesetzentwurf angenommen. Der Gesetzentwurf ist also auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Ab­geordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend sachgerechte Erweiterung und regelmäßige Evaluierung des von den Regierungsfraktionen vorgese­henen „Schmalspur-Punkteführerscheins“.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag betreffend „Schmalspur-Punkteführerschein“ eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit, und somit ist dieser Entschließungsantrag abgelehnt.

17.47.576. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 494/A (E) der Abge­ordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den Friedensnobelpreis 2005 (804 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über den Antrag 508/A (E) der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nominie­rung des israelisch-palästinensischen „Parents’ Circle“ für den Friedensnobel­preis 2005 (805 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 6 und 7 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Schieder. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Herr Kollege.

 


17.48.48

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Hohe Mitglieder der Bundes­regierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin den antragstellenden Abge-


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ordneten sehr dankbar. Wir als Sozialdemokraten haben diesem Antrag im Ausschuss zugestimmt, wir stimmen ihm auch im Plenum zu, und wir wären sehr froh, wenn der Vorschlag, „SOS-Kinderdorf“ für den Friedensnobelpreis 2005 zu nominieren, auch hier die Zustimmung aller Fraktionen finden könnte. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten von ÖVP und Freiheitlichen.)

SOS-Kinderdorf ist ein konfessionell und politisch unabhängiges Sozialwerk. Im Zent­rum der Arbeit stehen die Kinder, und Kinder in ihrer Lebensumgebung, in allen Teilen der Welt so zu erziehen und ihnen zu helfen, dass sie ein entsprechendes Leben führen können, ist in einer Zeit, in der oft Gegenden auch Unruheherde sind, ein sehr wesentlicher Beitrag. Die Erziehung dieser Kinder ist auch ein Beitrag zur Erziehung zum Frieden, ein Beitrag zum Frieden selbst. Wir hoffen daher sehr, dass es da zu einer eistimmigen Beschlussfassung kommt.

Nachdem es aber bei den Anträgen hier noch nicht um die Entscheidung über den Nobelpreis selbst geht – und wir hoffen, dass SOS-Kinderdorf ihn erhält –, sondern nur um die Zulassung einer Organisation, darum, nominiert zu sein, haben wir auch kein Problem damit, dem Antrag, den die Grünen eingebracht haben, nämlich den israelisch-palästinensischen Parents Circle für den Friedensnobelpreis zu nominieren, zuzustimmen. Eine Ablehnung dieses Antrages ist nicht notwendig. Man kann auch da zustimmen, denn es soll mehr Organisationen geben, die nominiert werden.

Wir sehen da kein Problem, und auch wenn klar ist, dass im Nahen Osten jetzt andere Akteure am Werk sind, dass der Frieden von den handelnden Personen abhängt, ist diese Organisation Parents Circle eine gewesen, die sehr viel zur Verständigung bei­getragen hat.

Wir stimmen daher dem ersten Bericht zu und werden den ablehnenden Bericht ableh­nen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.51.29

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Wir haben SOS-Kinderdorf für den Frie­densnobelpreis nominiert, und ich danke meinem Vorredner dafür, dass diese Nomi­nierung unterstützt wird; es gab auch unter SPÖ-Regierungen schon diesen Vorschlag.

SOS-Kinderdorf eignet sich für diesen Friedensnobelpreis aus mehreren Gründen ganz besonders. Zum einen ist es richtig, was der jetzige Geschäftsführer von SOS-Kinder­dorf gesagt hat, nämlich: Nominiert werden mit dem SOS-Kinderdorf die Kinder in Ar­mut und Krieg. Ich glaube, es ist wichtig, von Österreich aus ein Zeichen zu setzen, ein Zeichen auch der Dankbarkeit für vieles, was in unserem Land für die hier lebenden Menschen geschafft wurde und wofür das SOS-Kinderdorf, glaube ich, ein sehr gutes Beispiel ist.

1947 angesichts des Elends vieler Waisenkinder in Österreich, in Imst in Tirol, gegrün­det, hat sich diese Idee Hermann Gmeiners über die gesamte Welt verbreitet. Heute gibt es bereits 1 660 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen, davon 666 Kinderdörfer, wobei sich die Idee ebenso weiterentwickelt wie verbreitet hat.

Die globale Idee von SOS-Kinderdorf ist auch etwas, was meiner Auffassung nach das SOS-Kinderdorf von hervorragenden, von den Grünen vorgeschlagenen Initiativen un­terscheidet. Wenn ich SOS-Kinderdorf sage, weiß in über 300 Ländern der Welt jedes Kind, jeder Mensch, was gemeint ist, kennt jeder diese Idee, und in einer globalisierten


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Welt macht es Sinn, derartigen globalen Projekten auch eine besondere Unterstützung und Anerkennung zukommen zu lassen.

SOS-Kinderdorf hat begonnen mit der Idee, in den Mittelpunkt die Kinder zu stellen, gleichzeitig aber auch die Familie und eine dörfliche und familiäre Gemeinschaft. Beim SOS-Kinderdorf wurden Waisenkindern nicht nur ein Dach über dem Kopf und Nahrung geboten, sondern vor allem auch das Eingebundensein in eine Familie, später auch in ein eigenes Dorf, und in den letzten Jahren erfolgte verstärkt auch die Einbin­dung dieser SOS-Kinderdörfer in die dörflichen und sonstigen Strukturen jener Länder, in denen sich diese Dörfer befinden.

SOS-Kinderdorf betreibt nicht nur Kinderdörfer für Kinder ohne eigene Familie, sondern darüber hinaus mittlerweile Schulen, Gesundheitseinrichtungen und soziale Einrichtun­gen, die auch anderen Menschen, insbesondere in Entwicklungsländern, zur Verfü­gung stehen, wenn zu wenig Gesundheitsversorgung, zu wenig Ausbildung, zu wenig Berufsausbildung und zu wenig Arbeitsplätze für junge Menschen zur Verfügung ste­hen.

Die Besonderheit an SOS-Kinderdorf ist die: Es ist unparteilich, überparteiisch, völlig unabhängig von der jeweiligen Konfession der Menschen. Es belässt die Kinder in ihrem eigenen Kulturkreis und sorgt dafür, dass Kinder in ihrer eigenen Kultur, mit ihrer eigenen Religion, in einer eigenen Familie aufwachsen können.

Wir sind daher der festen Überzeugung, dass nach den zahlreichen Nominierungen der Vergangenheit an der Zeit wäre, dass SOS-Kinderdorf den Friedensnobelpreis erhält, und ersuchen daher darum, diesen Vorschlag einstimmig anzunehmen. Wir werden den Antrag der Grünen nicht deswegen ablehnen, weil es eine schlechte Orga­nisation ist, die da vorgeschlagen wird, sondern deshalb, weil für ein weltumspan­nendes SOS-Kinderdorf-Netz der Friedensnobelpreis aus einer globalen Sicht für die Kinder in Armut und Krieg gerechtfertigt erscheint und ein zukunftsweisendes Zeichen wäre. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek zu Wort. Auch ihre Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


17.56.24

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ja, es werden jedes Jahr sehr viele Initiativen für den Friedensnobelpreis nominiert; das Nobelpreiskomitee entscheidet dann selbst. Meist sind das Organisationen oder Personen, die sehr aktiv an Friedensprozessen teilnehmen oder auch aktiv gestaltend in Friedensprozessen tätig sind – ich erinnere an Beispiele wie die Organisationen gegen Antipersonenminen oder auch in Konflikt­regionen wie Irland oder wie der Nahe Osten – oder aber im Zusammenhang mit der Prävention von Konflikten.

Ich stehe nicht an, festzuhalten, dass die SOS-Kinderdörfer sowohl in Österreich, aber auch in vielen anderen Ländern – ob es jetzt tatsächlich 300 Länder sind, Karin Hakl, wage ich zu bezweifeln, aber jedenfalls in vielen Ländern dieser Erde – tätig sind, mit sehr viel Idealismus, mit sehr viel Engagement, und tatsächlich für viele Tausende, ja Zehntausende Kinder Essenzielles leisten und geleistet haben – und gerade auch für Kinder in Konfliktregionen.

Es hat in der Vergangenheit oft geheißen, die SOS-Kinderdörfer richteten ihre Arbeit in manchen Regionen zu wenig entwicklungspolitisch aus. Sie sind dabei, auch das zu verbessern, also diese Kritik ist der Organisation selbst bekannt. Es hat aber für uns einfach nicht diesen Stellenwert, da die Kernaufgabe dieser Organisation unserer


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Ansicht nach nicht friedenspolitisch definiert ist, und deswegen und auch aus einigen formalen Gründen, die ich hier festhalten will, haben wir uns entschieden, eine andere Organisation vorzuschlagen.

Ich möchte nun auf die formalen Gründe eingehen. Es war leider nicht so, dass es mit den vorschlagenden Fraktionen rechtzeitig Gespräche gab, um wirklich zu einem Vier-Parteien-Antrag zu kommen. Aber das Bedeutendste für mich war, dass Vertreter von SOS-Kinderdorf selbst gesagt haben, es wäre ihnen eigentlich lieber, wenn so eine Initiative nicht in Österreich begänne, sondern andere, wie zum Beispiel die Skandina­vier, diesen Vorschlag machten. Das hat für mich schon ein ziemlich großes Gewicht, weil ich denke, dass gerade in dem Land, in dem die betreffende Organisation die Ehre hat, den Friedensnobelpreis zu bekommen, das immer ein bisschen mit Eigenlob zu tun hätte.

Es haben mir Leute von SOS-Kinderdorf gesagt, dass sie diesbezüglich ein bisschen Bedenken gehabt haben. Das war, wie gesagt, ein weiterer Grund, warum wir gesagt haben, wir schlagen eine andere Organisation vor. Der Parents Circle ist eine Organi­sation, die seit vielen Jahren in Israel und in Palästina arbeitet. Das sind Eltern und Angehörige von Menschen, die bei Attentaten, die im Nahost-Konflikt umgekommen sind. Diese haben als Ziel einen Versöhnungsprozess zwischen Israelis und Palästi­nenser und sind jetzt ganz aktiv dran. Gerade in einer Zeit, in der es eine neue Frie­denshoffnung für den Nahen Osten gibt, halte ich es durchaus für sinnvoll, auch von österreichischer Seite einen Vorschlag zu machen.

Was mir an dieser Parents Circle Organization auch so gut gefällt, ist, dass sie sowohl auf der persönlichen als auch auf der politischen Ebene tätig ist, also mit den poli­tischen Kräften spricht, verhandelt, aber genauso einfach Versöhnungsbereitschaft kundtut und Menschen auf beiden Seiten zu verstehen gibt, dass Menschen trauern und Angst haben, dass das Teil dieses Konfliktes ist und es deshalb notwendig ist, eine politische Lösung zu finden, dass es nötig ist, die Terrorakte und die Kriegsaktivi­täten zu beenden und tatsächlich zu einer politischen Lösung zu kommen.

Wir haben im Ausschus ÖVP und FPÖ den Vorschlag gemacht, dass wir, wenn sie bereit wären, unserem Antrag zuzustimmen, dann auch, um hier gemeinsame Anträge für beide Organisationen zu haben, der Nominierung von SOS-Kinderdorf zustimmen würden. Da gab es leider keine Zustimmung Ihrerseits. Insofern werden wir auch jetzt beide Ausschussberichte ablehnen, weil wir hier nur eine Zustimmung von allen für beide Projekte für sinnvoll gehalten hätten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Dr. Bösch zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


18.01.23

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Es gibt viele soziale Einrichtungen, die die Nominierung für den Friedensnobelpreis verdienen würden. Dazu mag auch die Einrichtung gehören, die von den Grünen vorgeschlagen wird. Wir sind aber der Ansicht, dass sich eine Regierung auf die Nominierung einer Organisation konzent­rieren sollte, um die Chance, auch international zu reüssieren, zu erhöhen. Wir werden deshalb den Antrag auf Nominierung für den Friedensnobelpreis für die SOS-Kinder­dörfer unterstützen, den Antrag der Grünen hingegen nicht. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt den Vorsitz.)

Wir finden es richtig, dass man die SOS-Kinderdörfer hier nominiert, hat doch das vom Vorarlberger Hermann Gmeiner gegründete SOS-Kinderdorf in den vergangenen


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Jahrzehnten eine erhebliche Leistung an den Tag gelegt. Die Frau Kollegin von der ÖVP hat es schon erwähnt: In 132 Ländern der Welt gibt es mittlerweile 1 668 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen – das entnehme ich der Begründung für den Entschließungs­antrag –, darunter 777 SOS-Kinderdörfer und Jugendwohneinrichtungen, in denen 56 300 Kinder und Jugendliche leben, und 671 Kindergärten, Schulen und Berufs­bildungszentren sowie 311 Sozialzentren und medizinische Einrichtungen.

Diese Einrichtung SOS-Kinderdorf ist eine private weltweite, konfessionell und politisch unabhängige Einrichtung und für Not leidende Kinder und Jugendliche gedacht. – Meine Damen und Herren! Ich denke, dass dieser Antrag es verdient, dass wir alle ihn unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminis­terin Dr. Plassnik. – Frau Bundesministerin, bitte.

 


18.03.23

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben im Ausschuss mehrere Projekte diskutiert, die aus Sicht der Bundesregierung durchaus auszeichnungswürdig sind. Speziell das SOS-Kinderdorf nimmt für uns eine besondere Position ein. Das SOS-Kinderdorf war eine international hoch angesehene NGO zu einem Zeitpunkt, wo es den Begriff „NGO“ eigentlich noch gar nicht gab.

Die Sprecher vor mir haben, glaube ich, hinreichend die Idee und auch die praktische weltweite Umsetzung der SOS-Kinderdorforganisation gewürdigt. Worauf ich noch hin­weisen möchte: Das SOS-Kinderdorf ist auch im Nahen Osten seit Jahrzehnten tätig. Es gibt heute zwei SOS-Kinderdörfer und eine Jugendbetreuungseinrichtung in Israel, es gibt in den Palästinensergebieten zwei SOS-Kinderdörfer, eine Jugendeinrichtung, zwei Kindergärten, zwei Gmeiner-Schulen und eine Krankenstation im Gazastreifen.

Die Frist zur Abgabe von Nominierungen endete am 1. Februar 2005. Daher wurde nach dem Beschluss des Außenpolitischen Ausschusses die Nominierung am 27. Jän­ner abgeschickt. Ich hoffe, dass die jahrzehntelangen Bemühungen vom Nobelpreisko­mitee heuer auch entsprechend gewürdigt werden; es wäre eine gute Unterstützung für die wichtige Arbeit dieser Organisation. In diesem Lichte wäre eine geschlossene Un­terstützung durch alle Parteien im österreichischen Parlament ein wichtiges Signal. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Mag. Wurm. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abge­ordnete.

 


18.05.21

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gehört wirklich zu den schönen Seiten in der Politik, wenn man so eine großartige Arbeit, so ein groß­artiges Werk, wie das SOS-Kinderdorf es präsentiert, öffentlich würdigen kann. Aber ich will auch das Projekt nicht schmälern, das die Grünen eingereicht haben, „Parents’ Circle“, das auch einen wichtigen Beitrag zur Friedensarbeit auf der Welt leistet.

Und um auch darauf einzugehen, was die Frau Abgeordnete Lunacek gesagt hat: Viel­leicht wäre es für Sie möglich, Frau Außenministerin, dass Sie mit anderen Ländern, mit anderen Außenministern, -ministerinnen Gespräche aufnehmen, dass nicht nur Ös­terreich mit diesem Vorschlag an das Komitee herantritt, sondern auch andere Länder. Das, glaube ich, würde die Erfolgschancen des Projekts noch um einiges erhöhen.


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Als Tirolerin, sehr geehrte Damen und Herren, bin ich besonders stolz, dass dieses Projekt heute hier nominiert und unterstützt werden soll. Sie wissen, Hermann Gmeiner kam zwar aus Vorarlberg, hat aber in Imst – und der Bürgermeister von Imst wird dazu heute noch etwas zu sagen haben – das erste Kinderdorf gegründet. Dazu braucht es immer ein offenes Ohr. In der Stadtgemeinde Imst hat Hermann Gmeiner ein solches gefunden, und so konnte dieses friedensumspannende Werk die Welt erobern. Daher auch von dieser Stelle aus im Nachhinein ein Dank auch an die Imster von damals, von 1949. (Beifall bei der SPÖ.)

Das SOS-Kinderdorf ist nahezu weltweit tätig, und dies nicht nur im Rahmen von Kin­derdörfern, sondern auch in anderen Einrichtungen, Kindergärten, pädagogisch wert­vollen Zentren, medizinischen Zentren; das wurde schon erläutert. Interessant ist mei­ner Auffassung nach, dass diese einfache Idee, die Hermann Gmeiner hatte, nämlich elternlosen und verlassenen Kindern familiäre Betreuung zu ermöglichen, einen Sie­geszug um die Welt antreten konnte.

Lassen Sie mich auch noch einmal den Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf, Dr. Wil­fried Vyslozil, zitieren, der sagt: SOS-Kinderdorf ist kein Exportgut einer westlichen Missionierung. Die Idee von SOS-Kinderdorf hat sich von Österreich ausgehend in alle Kulturkreise bewegt, aber als säkuläre Organisation. Das heißt, die heimische Kultur wird anerkannt und respektiert, die Kinder sollen in ihrer eigenen Kultur und Religion aufwachsen und ihre Wurzeln kennen und leben. – Das, glaube ich, ist ein guter Grundsatz.

Zum Abschluss möchte ich noch etwas sagen, weil es mich schon sehr verwundert hat und weil es auch bei uns in Tirol diskutiert wurde; Präsident Khol wird es auch mitver­folgt haben: Die Tiroler Parteien – beziehungsweise sind dann eigentlich nur noch die ÖVP und die SPÖ übrig geblieben – haben sich dazu verstanden, dass sie 5 Prozent der Parteienförderung dem SOS-Kinderdorf in den Flutopfergebieten zur Verfügung stellen. Die beste Friedensaktion braucht auch Mittel. Dass die FPÖ, die ja Antrag­steller ist auf diesem Antrag, hier nicht mitmachen konnte, das verwundert mich schon. Das ist eine merkwürdige Vorgangsweise. Vielleicht, Herr Klubobmann Scheibner, kön­nen Sie auf Ihre Tiroler Freunde noch einwirken – oder auch der Abgeordnete und Kollege Klaus Wittauer, der ja Tiroler ist. Vielleicht finden Sie da in Ihren Reihen doch noch ein offenes Ohr. Die Opfer in diesen Gebieten würden es Ihnen danken. – In diesem Sinne bedanke ich mich. (Beifall bei der SPÖ.)

18.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Großruck. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Ab­geordneter.

 


18.09.25

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Geschätzte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Wenn man in der Homepage von SOS-Kinderdorf nachsieht, kann man lesen, als was sich diese Orga­nisation selbst versteht: SOS-Kinderdorf ist ein privates, weltweites, konfessionell und politisch unabhängiges Sozialwerk für Kinder und Jugendliche, das im Jahr 1949 von Hermann Gmeiner gegründet wurde. In 131 Ländern wird Not leidenden Kindern und Jugendlichen geholfen und ein Aufwachsen in einer familienähnlichen Gemeinschaft ermöglicht. Es umfasst 132 Länder, 1 700 Einrichtungen; neun Kinderdörfer davon befinden sich in Österreich.

Meine Damen und Herren! Ich war wirklich überrascht, als ich im Außenpolitischen Ausschuss gehört habe, dass die Grünen unter der Federführung von Frau Lunacek


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nicht zustimmen werden. Für mich war das unverständlich, und es ist mir heute noch unverständlich!

Hermann Gmeiner hat eine Pionierleistung erbracht. So etwas hat es weltweit nicht ge­geben. Es war dies eine Pionierleistung, und inzwischen besteht eine weltweite Vernet­zung. Wenn dann aber jemand als Österreicher nicht dazu steht und diese humanitäre Leistung, die sensationell ist, nicht voll unterstützt, Frau Lunacek, dann verstehe ich die Welt nicht mehr!

Sie haben zuerst hier etwas ganz Richtiges gesagt, man muss aber zwischen den Zei­len hören: Sie haben zunächst gesagt, dass Sie aus formellen Gründen nicht zustim­men. Dann haben Sie aber gesagt, dass Sie nicht unbedingt glauben, dass das in den Friedensnobelpreisgedanken hineinpasst. – Da hört man heraus: Ihnen passt es nicht in den Kram, dass wir heute für die Kinderdörfer abstimmen wollen.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas und lasse jetzt einen Wichtigeren sprechen, nämlich Kofi Annan, den Generalsekretär der UNO, der anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der SOS-Kinderdörfer im Jahr 1999 bei einem Treffen mit Präsident Helmut Kutin in New York die Bedeutung der SOS-Kinderdorf-Arbeit für benachteiligte Kinder in der ganzen Welt hervorhob und betonte, wie wichtig nachbarschaftliche Hilfsprojekte wie die SOS‑Hermann‑Gemeiner‑Schulen und SOS-Medizinischen‑Zentren seien. Auch die erfolgreiche und rasche Durchführung von SOS-Nothilfe-Programmen an Krisenherden und in Katastrophengebieten sei ein wesentlicher humanitärer Beitrag, so Kofi Annan.

Eine der größten Auszeichnungen für geleistete Arbeit war die mehrmalige Nomi­nierung der Organisation SOS-Kinderdorf und ihres Gründers Hermann Gmeiner für den Friedensnobelpreis. Wir wollen ihn heute wieder nominieren beziehungsweise die Regierung ersuchen, dahinter zu stehen, dass diese humanitäre Einrichtung auch eine entsprechende Würdigung bekommt, dass aber, abgesehen davon, mit dem Geld, das im Zusammenhang mit dem Friedensnobelpreis ausbezahlt wird, auch weitere humani­täre Projekte durchgeführt werden können.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass 2 000 Familien, die Opfer der Tsunami-Kata­strophe wurden, durch den Einsatz und durch die künftigen Arbeiten der SOS-Kinder­dörfer abgesichert werden und wieder eine Zukunft bekommen sollen.

Frau Lunacek! In Anbetracht dessen – das muss ich ganz ehrlich sagen – verstehe ich Ihre Haltung nicht! Für mich als Österreicher und für Österreich insgesamt ist es ein Skandal, wenn Sie heute dagegen stimmen! Ich sage das so deutlich, wie es ist.

Abschließend darf ich Ihnen meine Meinung noch in einem Vierzeiler sagen:

Im Lichte der Humanscheinwerfer strahlen weltweit Gmeiners Kinderdörfer.

Stark macht sich unsere Regierung für eine Nobelpreisnominierung.

Jedoch für uns ist’s unfassbar: Frau Lunacek dagegen war!

Die Moral von der Geschicht’: Für Österreich sind die Grünen nicht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Reheis. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.13.35

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Als am 2. Dezember 1949 die First-Feier des ersten Familienhauses in der Stadt Imst ge­feiert wurde, hat wohl niemand daran gedacht, dass aus der Idee Hermann Gmeiners, der in der Stadt Imst Aufnahme und natürlich auch Gehör von den damaligen Gemein-


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devätern unter Bürgermeister Josef Koch gefunden und die Möglichkeit erhalten hat, ein Haus zu errichten, ein sehr großes erfolgreiches Friedensprojekt werden sollte. Dieses Projekt wird heute mit Fug und Recht von uns – und ich hoffe, dass wirklich alle dem zustimmen! – für den Friedensnobelpreis 2005 vorgeschlagen.

Gegen Ende des Jahres 1950 haben im ersten SOS-Kinderdorf der Welt in Imst, in meiner Heimatgemeinde, bereits 50 Kinder, Kriegswaisen, Aufnahme gefunden. Als Jahrgang 1955 bin ich mit einigen dieser Kinder in die Schule gegangen, ich kenne die Entwicklung dieses SOS-Kinderdorfes in Imst hautnah, und ich kenne die Kinder, die dort in Familien Aufnahme gefunden haben und gemäß den vier Prinzipien von Her­mann Gmeiner: Mutter, Geschwister, Haus und Dorf, Aufnahme gefunden haben. Dieses Dorf wurde und ist in der Stadt Imst integriert.

Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Antrag betreffend die SOS-Kinderdörfer gemäß der Idee Hermann Gmeiners als überparteiliche und über allen Konfessionen stehende Einrichtung ein gemeinsamer Antrag aller vier Parteien hier im Hause geworden wäre. Leider ist dem nicht so, aber es steht allen frei, zuzustimmen!

Als Bürgermeister der Stadt Imst unterstütze ich gerne diesen Antrag und freue mich, dass das österreichische Parlament den SOS-Kinderdörfern hier und heute die Mög­lichkeit gibt, für den Friedensnobelpreis 2005 nominiert zu werden.

Die Idee Hermann Gmeiners, nicht nur ausgehend von Hermann Gmeiner selbst, aus dem Jahr 1949 findet im jetzigen Präsidenten Helmut Kutin einen würdigen Nachfolger, der seit Hermann Gmeiners Tod 1986 dessen Nachfolge angetreten hat und diese Ein­richtung hervorragend weiterführt.

Ich möchte hier auch noch bemerken, dass Helmut Kutin ein Kind des ersten SOS-Kin­derdorfes in Imst ist. Er ist dort aufgewachsen und weiß daher natürlich genau, wovon er spricht, wenn er sich für SOS-Kinderdorf einsetzt. Ich denke, Helmut Kutin hat das bestens gemacht und die SOS-Kinderdorf-Idee entsprechend weiterentwickelt. Neh­men wir diese Idee eines Friedensprojektes für Kinder und Familien als gute Idee auf und unterstützen wir diesen Antrag! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.17.22

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Diese wunderbare und großartige Idee Hermann Gmeiners, die SOS-Kinderdörfer zu schaffen und damit eine Idee auf die Reise um die Welt zu schicken, ist hier in gehöriger Form gewürdigt worden.

Ich meine aber, dass diesem großartigen Gedanken vielleicht in der Wahrnehmung durch die Menschen ein wenig Verengung auch dadurch zuteil wird, dass man das Ganze auf eine Einrichtung für Kinder reduziert. Man vergisst gelegentlich, dass es sich hiebei auch um ein Modell handelt, das mittlerweile zu einer globalen Idee ge­worden ist: Es handelt sich nämlich um eine Einrichtung, die nicht bloß Kindern einen familiären Rahmen und Schutz gibt, sondern die eigentlich gesamthafte Hilfestellung für Mütter, für Familien, für alle in Not Geratenen, die sich rund um Kinder betätigen, bietet.

Meine Damen und Herren! Diese Idee ist auch im Zusammenwirken zwischen SOS-Kinderdorf und den Vereinten Nationen weiterentwickelt und perfektioniert worden. Ich meine daher, dass es auch eine Angelegenheit der österreichischen Bevölkerung sein soll, wieder einmal einen Österreicher beziehungsweise eine österreichische Idee zum


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Nobelpreis nicht nur vorzuschlagen, sondern auch zu tragen, und deshalb auch der Hinweis, dass die Grünen bei einer Vier‑Parteien‑Einigung doch mittun mögen, weil es mittlerweile bereits rund hundert Jahre her ist, dass ein Österreicher zum Friedensno­belpreis vorgeschlagen wurde. Bertha von Suttner hat ihn vor hundert Jahren bekom­men und einige Jahre darauf ein weiterer Österreicher, und ich meine, dass wir gerade mit dieser Idee der Kinderdörfer durchaus Chancen auf Erfolg haben.

Meine Damen und Herren! Die Gmeiner-Idee SOS-Kinderdorf ist eine großartige! Es ist dies eine österreichische Idee. Das Argument, anderen Ländern den Vortritt zu lassen, halte ich für durchaus nobel. Die skandinavischen Länder wurden zitiert, aber auch andere, die vorschlagen könnten. Ich halte es aber für mehr als legitim und auch für eine Verpflichtung, dass wir diesen Schritt tun, und ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Österreicherinnen und Österreicher es nicht verstehen werden, wenn es dies­bezüglich keine Einigkeit im Parlament gibt. Ich meine, dass viele Menschen mit Ent­setzen darauf reagieren werden, dass die Grünen dieser Idee Hermann Gmeiners nicht die notwendige Wertschätzung und Respektierung entgegenbringen.

Ich fordere Sie daher auf: Treten Sie von Ihrem Standpunkt zurück und unterstützen Sie eine Vier-Parteien-Einigung, die durchaus angebracht ist und durchaus Erfolg ver­sprechend zu sein scheint! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

18.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.21.10

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich muss nun doch noch einmal zu Ihren Bemerkungen, die mitt­lerweile zu Vorwürfen geworden sind, Stellung nehmen, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen werden. Herr Ledolter hat das, wie ich jetzt gehört habe, mit Entsetzen zur Kenntnis genommen.

Es ging mir und geht mir und den Grünen überhaupt nicht darum, keine Wertschätzung gegenüber den SOS-Kinderdörfern aufzubringen. Ich habe aber in der Entwicklungs­politik gelernt, dass es Sinn macht, darauf zu hören, was die Organisationen wollen. Und wenn diese mir sagen, ihnen wäre es lieber, wenn das nicht geschähe, dann höre ich darauf. Ich habe mit Herrn Vyslozil und einigen anderen gesprochen. Wenn Sie das nicht getan haben, dann tut mir das Leid! Ich kann das aber so nicht vertreten. Das heißt nicht, dass es keine Wertschätzung gegenüber den SOS-Kinderdörfern gibt, keineswegs! Aber ich habe gelernt, auf das zu hören, was Organisationen sagen. (Bei­fall bei den Grünen.)

18.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Damit gelangen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 804 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 90.)


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Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, seinen Bericht 805 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

8.23.018. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (688 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über die Beschäftigung in Grenzzonen (801 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (689 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse (802 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (628 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Malta über die Vertretung der Republik Malta durch österreichische Vertretungsbehör­den hinsichtlich der Erteilung von Visa zur Durchreise und zum kurzfristigen Aufenthalt (800 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (705 d.B.): Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt Anhang (803 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (609 d.B.): Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierar­ten samt Anhängen (799 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir treten in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.23.51

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren! Ich möchte drei kurze Bemerkungen zu den beiden Abkommen mit der Tschechischen Republik machen.


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Punkt eins: Ich glaube, dass mit diesen beiden Abkommen, mit welchen wir betreffend Grenzgänger eine Spezialregelung schaffen und auch Praktikanten zur sprachlichen Ausbildung zulassen, genau die Lebensinteressen in der Grenzregion erfasst werden. Wir kennen die Situation in Niederösterreich, dass viele Unternehmen besonders mit der Tschechischen Republik einen Standort beiderseits der Grenze haben, und auf diese Weise soll ein Austausch von Arbeitskräften innerhalb eines Unternehmens erleichtert werden.

Zum Zweiten glaube ich, dass die sprachlichen Barrieren durchaus gewaltig sind und dass wir diesbezüglich auch etwas tun müssen. Es gibt sehr erfolgreiche und unterstüt­zenswerte Initiativen, dass man im Schulbereich, wie zum Beispiel in der Tourismus­schule Retz, sogar ganze Klassen austauscht und im Tschechischen hier eine Förde­rung der Kinder bei der Sprachentwicklung vornimmt und im Deutschen auf der Seite der Tschechischen Republik. Ich kann das nur sehr befürworten und glaube, dass wir mit diesen beiden Abkommen für die jetzige Situation eine sehr gute Regelung treffen, die auf den Grenzraum beschränkt ist.

Ich möchte aber auch sagen, dass uns die Problemstellung, die uns vorliegt, insgesamt natürlich nicht kalt lassen darf. Es geht ja nicht darum, generell den Zug von Arbeits­kräften über die Grenze zuzulassen, sondern wir haben mit nötiger Sorgfalt auch zu beachten, dass es nicht zu einem Arbeitskräfteaustausch mit einem Lohndumping kommt. Das wollen wir nicht. Vielmehr haben wir uns besonders im Hinblick auf den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union dafür eingesetzt, dass es entsprechende Übergangsfristen gibt, und diese sollen auch bestehen bleiben. Diese Initiativen beschränken sich ganz speziell auf den Grenzraum, und das soll so bleiben.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eine dritte Bemerkung machen. – Ich glaube, wir sollten das Verhältnis Österreichs zur Tschechischen Republik insgesamt in verschiedener Hinsicht in ein sehr gut nachbarschaftliches verwandeln. Wir haben dazu jetzt eine Reihe von Initiativen in Form von Besuchsaustausch gesetzt, und wir werden in diesem Monat in den nächsten Tagen auf parlamentarischer Ebene zu einem Austausch zwischen den Freundschaftsgruppen der Parlamente in beiden Län­dern kommen. Wir werden uns am 14. März in Weitra treffen, und ich lade alle Kolle­ginnen und Kollegen, die unseren Freundschaftsgruppen hier in Österreich angehören, herzlich ein, dass wir diesen Austausch mit den tschechischen Parlamentariern pfle­gen! Das wird eine gute Sache, und wir werden – so haben wir das schon vereinbart – das nächste Treffen in der Tschechischen Republik ebenfalls im grenznahen Raum durchführen. Ich halte das für gut. Da können die Probleme vor Ort besprochen wer­den, und auf diese Weise wird sich ein sehr gutes Verhältnis unter guten Nachbarn entwickeln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Einem. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordne­ter.

 


18.27.03

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der sozialdemokratischen Fraktion werden der Ratifizie­rung dieses Abkommens zustimmen, weil wir nicht nur der Überzeugung sind, dass ein solches Abkommen insoweit wichtig ist, als es nicht nur die eigenen Behörden und die eigenen politischen Instanzen neuerlich dazu veranlasst, arbeitsmarktpolitisch verant­wortlich zu handeln, sondern weil es auch die Partnerbehörden im Nachbarland, in diesem Fall in der Tschechischen Republik, veranlasst, in Kooperation mit unseren Einrichtungen verantwortlich daran mitzuwirken, dass nicht mehr als die nach Arbeits-


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marktlage mögliche Zahl an Grenzgängern im Grenzraum tätig werden. – Wir halten das für einen wichtigen Schritt vorwärts, wir begrüßen ihn und werden ihn daher akzep­tieren.

Lassen Sie mich aber bei gleicher Gelegenheit auch deutlich machen, dass wir über den Verlauf der Dinge bis zum heutigen Tag alles andere als zufrieden sind. Wir halten dieses Beispiel – und das möchte ich deutlich machen – für ein Beispiel, an dem sich in dreifacher Hinsicht zeigen lässt, wie man schlecht Politik macht. Das ist kein Vorwurf an Sie, Frau Bundesministerin, Sie waren zu diesem Zeitpunkt nicht Außenministerin. Aber dass man ein Abkommen dieser Art aushandelt, zu einem Ergebnis kommt und es dann mehr als zwei Jahre liegen lässt, bevor es endlich so weit ist, dass die Regie­rungsparteien bereit und in der Lage sind, es dem Parlament zuzuleiten, das ist eine Schande und ein Beispiel schlechter Politik! Offenbar sind Sie nicht in der Lage, inner­halb der Regierung in solchen Fragen auf eine Linie zu kommen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Zweiter Punkt: Wir haben in Vorbereitung der Erweiterung der Europäischen Union und auch der Ratifizierung des Erweiterungsvertrages versucht, gemeinsam hier im Hohen Haus zu einer Positionierung zu kommen, die unter anderem auch darauf gezielt hat, sicherzustellen, dass der zusätzlich denkbare oder zu erwartende Arbeitskräftezustrom bewältigt wird und dass Maßnahmen in dieser Hinsicht gesetzt werden. Nach langen Verhandlungen haben wir in drei Fraktionen im November 2001 letztlich gemeinsam einen Entschließungsantrag beschlossen, der Maßnahmen auf dem Sektor der Arbeits­marktpolitik vorgesehen hat, die genau das Ziel verfolgt haben, das auch mit diesem Abkommen jetzt realisiert werden soll.

Ein Zeichen schlechter Politik ist es allerdings, dass Sie uns und auch einander in dieser Hinsicht alles schuldig geblieben sind. Es waren genau solche Maßnahmen ver­langt. Das tschechische Abkommen haben Sie zwei Jahre lang verschleppt, und das slowakische liegt auch noch nicht zur Beschlussfassung vor. Sie haben nicht Hand­schlagqualität gezeigt, und das ist schlechte Politik!

Der dritte Punkt ist, dass wir insgesamt beklagen und kritisieren müssen, dass Sie zwar mit uns gemeinsam beschlossen haben, dass spezifische arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gesetzt werden, um das Ansteigen der Arbeitslosigkeit im Kontext der Erweiterung der Europäischen Union hintanzuhalten. Getan haben Sie aber nichts!

Was Sie tun, ist, dass Sie monatlich bei Verkündigung der Arbeitslosenzahlen sagen: Leider, es ist noch nicht besser geworden; wir hoffen, dass es, wenn die Konjunktur anspringt, besser wird. – Bitte schön, Sie sind nicht zum Hoffen, sondern zum Handeln gewählt worden! Auch das ist ein Beispiel schlechter Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

18.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Scheibner. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.30.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Frau Bundes­minister! Wir stehen zu diesen Abkommen, die heute hier zur Beschlussfassung auflie­gen. Allerdings, Herr Kollege Einem, sehen wir das nicht so wie Sie, dass es schlechte Politik ist, wenn man sich gerade bei solchen sensiblen Abkommen, in denen es um den Arbeitsmarkt geht, noch dazu, wenn es um Beziehungen mit einem Land wie etwa der Tschechischen Republik geht, dem gegenüber auch noch andere Fragen offen gewesen sind und zum Teil noch offen sind, Zeit lässt. Wir sind nicht der Meinung, dass man hier gute Politik, nämlich gute Politik für Österreich und für die Interessen


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Österreichs, dadurch zum Ausdruck bringt, dass man Abkommen ganz, ganz schnell ... (Abg. Dr. Einem: Dass man nichts tut!)

Wir tun ja nicht nichts, Herr Kollege Einem, wie Sie jetzt sehen, sondern wir haben das mit Bedacht und mit Konsequenz gemacht. Denn auch die Tschechische Republik war mit Abkommen säumig; ich erinnere daran, das hat den Bereich des Innenministeriums betroffen: Über lange, lange Zeit wollte die Tschechische Republik ein gegenseitiges Abkommen bezüglich der Rücknahme von illegalen Einwanderern in Österreich, die vom Staatsgebiet der Tschechischen Republik gekommen sind, nicht abschließen, obwohl nach dem Dublin-Abkommen und anderen Bestimmungen die Tschechische Republik zum Abschluss eines derartigen Abkommens verpflichtet gewesen wäre.

Das ist Gott sei Dank geglückt, und es ist dann nichts im Wege gestanden, auch diese Grenzgänger-Abkommen abzuschließen, die sicherlich sinnvoll sind, wenn es darum geht, auch gegenseitige Ausbildung zu fördern, und wenn es darum geht, sehr, sehr behutsam – das war uns wichtig –, unter Bedachtnahme auf den Arbeitsmarkt in Öster­reich, gerade in sensiblen Grenzregionen auch einen Austausch an Arbeitskräften zu ermöglichen.

Herr Kollege Einem, ich würde mir auch erwarten – Frau Außenministerin, das ist selbstverständlich auch Ihre Aufgabe, und ich weiß, dass Sie sich dieser Verantwor­tung stellen –, dass wir unsere selbstverständlich freundschaftlichen Beziehungen, wie zu allen unseren Nachbarländern, auch gegenüber der Tschechischen Republik überall zum Ausdruck bringen, aber auch konsequent die offenen Fragen ansprechen.

Ich erinnere daran, dass in Hinblick auf die Kernkraftwerke, vor allem Temelín, noch einiges offen ist, und ich erinnere daran, dass in der Frage der Beneš-Dekrete und der Amnestiegesetze noch einiges offen ist, was uns vor der Ratifizierung des Vertrages über die EU-Erweiterung versprochen wurde: was da nicht alles passieren wird gleich in den nächsten Wochen nach der Mitgliedschaft! Es ist sich halt gerade nicht mehr ausgegangen, hat es geheißen. – Jetzt ist fast ein Jahr vergangen, und nichts ist in diesem Bereich passiert! Ganz im Gegenteil, man hat auch noch über Ehrungen für Herrn Beneš diskutiert (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Unvorstellbar!) und macht keine An­stalten, dass man diese Unrechtsgesetze aufhebt. Meine Damen und Herren, hier gibt es offene Fragen, und wir sollten das nicht vergessen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Freundschaftliche Beziehungen ja, aber in aller Freundschaft und gleicher Konsequenz auch auf diese offenen Fragen hinweisen! Da sollte man nicht den Kopf schütteln, meine Damen und Herren. Ich glaube, dass wir das auch den Österreicherinnen und Österreichern, die von dieser Frage sehr betroffen sind, schuldig sind. Es sollte für ein demokratisches Land, für ein Mitgliedsland der Europäischen Union wie die Tsche­chische Republik doch kein Problem sein, im 21. Jahrhundert derartige Rechtsbe­stände aufzuheben, die die Grundlage für die Ermordung und Vertreibung von Hun­derttausenden unschuldigen Menschen gewesen sind, meine Damen und Herren!

Frau Außenministerin, ich gehe davon aus, dass Sie alle Ihre Kontakte nützen, um auch auf dieses offene Problem hinzuweisen. Wir hoffen, dass es jetzt doch einmal gelingen wird, nach diesen positiven Abkommen und mit den guten, freundschaftlichen Beziehungen, die wir haben, auch diese wenigen, aber wichtigen offenen Fragen einer Lösung zuzuführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



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18.35.51

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! In diesem Fall finden alle Vorlagen des Ausschusses unsere Zustimmung. Ich möchte auf zwei Bereiche näher eingehen.

Das eine ist das Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tier­arten. Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, habe ich mir gedacht: Interessant, welche sind denn das bei uns? Denn im Allgemeinen denkt man da an – sie kommen auch in dem Abkommen vor – die Wale, die Delfine, die Robben und Ähnliches, und da habe ich gedacht, die sind ja bei uns nicht ganz so häufig. Aber siehe da, es gibt sehr wohl auch Tiere, für die das in Österreich zutrifft, und das erklärt, warum diese so genannte Bonner Konvention zwar schon 1979 verabschiedet wurde und seit 1983 in Kraft ist, aber von Österreich bisher noch immer nicht ratifiziert wurde, sondern eben erst jetzt. Wussten Sie, dass Österreich neben Estland das einzige EU-Mitglied ist, das dies bis heute nicht ratifiziert hat? – Heute wird es ja geschehen.

Der Hintergrund ist der, dass es sehr wohl auch bei uns Tiere gibt, auf die das zutrifft – Zugvögel, Fledermäuse, Schmetterlinge und auch andere –, und dass hier die Differen­zen zwischen Ländern und Bund wieder einmal ein Problem waren, weil viele Länder das nicht wollten. Das kommt einem doch bekannt vor; ich nenne nur das Beispiel Tierschutzgesetz. – Das zur Geschichte dieser Dinge.

Aber gut, ich bin froh darüber, dass das jetzt endlich ratifiziert wird und wir dadurch auch Tiere in anderen Erdteilen schützen, wie den afrikanischen Elefanten, Kraniche, Falken – Falken gibt es ja auch bei uns – oder Walhaie. Eines ist bei uns zum Glück schon länger geschützt: die Großtrappe. Da gibt es nämlich auch Regionalabkommen, und ein solches hat Österreich doch schon unterzeichnet.

Es gibt aber noch andere Abkommen, die auch Tiere, die es bei uns gibt, schützen sollen; die Frau Ministerin hat im Ausschuss gesagt, dass daran gearbeitet wird. Eines möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, das hat nämlich den sehr netten Namen „Euro-Bats“, also Euro-Fledermäuse. Ich denke, das wäre doch etwas – und sei es nur um des Namens willen –, von dem ich hoffe, dass wir das bald auch hier ratifizieren können. Erinnerungen an Batman et cetera sind da vielleicht nicht ganz ungewünscht. (Abg. Scheibner: Das ist zu kämpferisch, Frau Kollegin!) Nein, Batman ist nicht so kämpferisch (Abg. Scheibner: Selbstverständlich!), das ist doch ein Guter. Jedenfalls würde ich mich freuen, was die „Euro-Bats“ betrifft, wenn wir das auch bald hier ratifizieren können. Ein Wasservogel-Abkommen gibt es auch noch. – Das also zum Thema der wandernden wild lebenden Tierarten.

Jetzt zu dem, was auch schon meine Vorredner angesprochen haben, nämlich den beiden Abkommen zwischen Österreich und Tschechien, dem so genannten Grenz­gänger- und dem Praktikanten-Abkommen. Da muss ich mich schon dem Kollegen Einem anschließen, der hier gemeint hat: Das war in den letzten Jahren schlechte Politik, denn, wie schon erwähnt wurde, diese beiden Abkommen haben Minister Bartenstein und sein tschechischer Amtskollege bereits im Sommer 2001, also vor dreieinhalb Jahren, unterzeichnet. Die waren sogar schon einmal im Ministerrat, eines davon stand in der letzten Legislaturperiode sogar schon auf der Tagesordnung des Außenpolitischen Ausschusses, aber es passierte nichts weiter! In der jetzigen Legisla­turperiode waren sie auch schon einmal – das war Ende März vor zwei Jahren – auf der Tagesordnung des Ministerrates, wurden aber wieder heruntergenommen. Das kann ich mir auch nur so erklären, dass von einer Regierungsfraktion die Zustimmung nicht da war.

Jetzt endlich kommt es dazu. Aber anscheinend hat es da noch einiger Verhandlungen bedurft. Kollege Scheibner hat es ja erwähnt: Sie haben erwähnt, dass auch Tsche-


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chien bei manchen Dingen nicht mitmacht. (Abg. Scheibner: Ja!) Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass das Dublin-Abkommen für Tschechien erst gilt, seit Tsche­chien EU-Mitglied ist, und nicht schon vorher. (Abg. Scheibner: Ja, natürlich!) Aber das Abkommen zwischen Tschechien und Österreich – Grenzgänger-, Praktikanten-Abkommen –: August 2001! Das ist schon viel länger her, als dass Tschechien der EU beigetreten ist.

Ich hoffe, dass das jetzt wohl einer der letzten Schritte ist, um auch die formellen Beziehungen zwischen Tschechien und Österreich wieder zu verbessern. Die Initiative, dass sich die Freundschaftsgruppen treffen, die Kollege Spindelegger angesprochen hat, begrüße ich durchaus. Das hätten wir, glaube ich, schon früher gebraucht, um wieder den Boden aufzubereiten. Aber was bisher nicht war, heißt ja nicht, dass das in Zukunft nicht sein kann.

Mich würde – falls sich die Frau Ministerin noch zu Wort meldet – auch interessieren, wie Sie in der Frage der siebenjährigen Übergangsfristen vorzugehen planen, die ja auch von der österreichischen Bundesregierung – von uns nicht – für die neu beige­tretenen Staaten befürwortet wurden. Es ist hier eine zweijährige Frist vorgesehen. Haben Sie dann vor, wenn eine Evaluierung zeigt, dass es gerade im Bereich der Zuwanderung, der Migration, aber auch im Pendlerwesen nicht die Probleme gibt, die manche erwartet haben, dafür einzutreten, dass diese siebenjährigen Übergangsfristen verkürzt werden?

Ich hoffe sehr, dass das der Fall sein wird, denn wir sehen auch schon bisher, dass die Probleme nicht wirklich gravierend sind, die gerade auch im Grenzgebiet mit Tsche­chien auftreten – vielleicht im Bereich der Pendler, das gebe ich schon zu, dass es da manchmal Schwierigkeiten gibt. Aber quasi das Prinzip „Die Personen dürfen nicht nach Österreich kommen, und wenn, dann nur als Touristen; wir dürfen das sehr wohl!“ halte ich auf Dauer innerhalb dieser erweiterten Europäischen Union nicht für gang­bar. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Donabauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.41.49

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Frau Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Gute Regierungsarbeit kann auch mit einer noch so wohl vorbereiteten Rede des Herrn Kollegen Einem nicht schlecht gemacht werden. Ich denke, dass die Erweiterung Europas gelungen ist, dass wir als Österreicher und als österreichische Republik dazu einen ganz beachtlichen Beitrag geleistet haben, und ich glaube auch, dass die Entwicklungen hervorragend verlaufen.

Ich erinnere mich noch sehr genau an Gespräche mit Bewerberländern, die heute Mit­gliedsländer sind, als gerade Arbeitnehmerorganisationen – ich habe das absolut ver­standen – ihre große Sorge dahin gehend hatten, dass sie sagten: Dieser Beitritt, diese Erweiterung muss mit aller Vorsicht gemacht werden, denn eine Überfrachtung des Arbeitsmarktes wäre für uns ein großes Problem. Ich bin dabeigesessen, Herr Kollege, ich weiß, wie die Dinge gelaufen sind. Deshalb ist von dieser Regierung die Über­gangsregelung 2-3-2 gemacht worden, und ich halte sie auch für richtig. Ich halte sie für richtig und für anwendbar. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn wir heute hier ein Grenzgänger-Übereinkommen beschließen, dann denke ich, dass die Vorbereitungen gut gelaufen sind. Aber man muss das ganze Thema richtig ansprechen. Es geht hier nicht um ein generelles Aufmachen, es geht hier um ein Abkommen innerhalb der Grenzregionen. Das Positive ist, dass es einen Austausch


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von Arbeitskräften gibt, jeweils auf ein Jahr befristet, was nachgebessert werden kann, aber vor allem die sprachliche Austauschmöglichkeit für die Praktikanten, die Begeg­nung mit den anderen.

Da wünsche ich mir, dass Sie hier nicht nur Kritik einbringen, sondern dass Sie daran mitarbeiten, dass dieses Engagement nicht nur mit Tschechien besteht – ich spreche vom Praktikantenaustausch und von der sprachlichen Kooperation –, sondern vor allem auch mit den nächsten Ländern, Ungarn, Slowakei, vor allem Polen, der Fall ist. Denn wir haben das Problem, dass wir zwar schon ein gemeinsames Europa sind, dass wir aber in der sprachlichen Kommunikation diese Gemeinsamkeit noch nicht zu leben begonnen haben. Das ist in Wirklichkeit eine große Belastung für viele, wenn sie zusammenkommen und miteinander dieses neue Europa gestalten wollen.

Darum denke ich, dass diese Regierungsvorlage absolut gut ausgearbeitet ist. Sie findet unsere Zustimmung und trägt dazu bei, dass eine friedliche Entwicklung inner­halb unserer Länder und innerhalb dieses neuen Europas zügig vorangehen kann und, letzten Endes im Interesse von uns allen, auch gelingt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dkfm. Dr. Bauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.43.40

Abgeordneter Dkfm. Dr. Hannes Bauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminis­ter! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Zuerst einmal: Es ist selbstverständ­lich, dass wir diesem Abkommen zustimmen. Ich glaube, es ist ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, wenngleich dieses Abkommen etwas spät kommt und das mit der Slowakei überhaupt noch aussteht; mit der Slowakei sollte daher zügiger verhandelt werden. Dennoch glaube ich, dass dieser Schritt wichtig ist, weil er einen Beitrag zur Stabilisierung des regionalen Arbeitsmarktes leisten kann.

Es ist natürlich so, dass mir diese Vorbereitung auf einen freien Arbeitsmarkt das Aller­wichtigste ist. Denn ich halte diese Übergangsfristen, die wir ausgehandelt haben, diese Regelung 2-3-2 auch für richtig, weil wir an der Grenze sehr wohl Probleme haben, den Arbeitsmarkt, der ja ein sehr angespannter ist, in Ordnung zu halten.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich glaube allerdings, dass diese Vorbe­reitung – der Beitritt und die Erweiterung sind noch nicht ganz ein Jahr her, aber im­merhin sieht man, wie sich das entwickelt – in Österreich in Wirklichkeit sehr zögerlich vor sich geht. Denn die Aufrechterhaltung beziehungsweise Liberalisierung der Schutz­bestimmungen wird ja zum Teil nach zwei Jahren von uns beurteilt, und wir werden bestimmen, wie es weitergehen soll.

Was haben wir da vereinbart? – Wir haben vereinbart, dass wir Maßnahmen in Öster­reich setzen. Als einer, der diese Region als Vorsitzender der EUREGIO recht gut kennt, frage ich: Was für eine Vorbereitung wurde getroffen? Wo sind die Qualifizie­rungsmaßnahmen, die zum Beispiel dem Grenzland versprochen wurden? Wo sind die beschäftigungspolitischen Maßnahmen im Grenzland, die auch versprochen wurden?

Wenn man bereits den liberalisierten Arbeitsmarkt nach Ablauf der Schutzbestim­mungen im Auge hat, dann meine ich, dass dies nicht ein Abwarten erfordert, bis diese Frist abläuft, sondern es erfordert ein aktives Handeln. Davon merke ich eigentlich viel zu wenig.

Ich möchte auch Folgendes feststellen: Dieser Austausch von Arbeitskräften, gemein­same Ausbildung, Aufbau einer gemeinsamen Datengrundlage und Informationsbasis,


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alles das sind Schlagwörter, die zwar immer wieder verwendet werden, wobei ich aber kaum eine wirkliche Verbesserung und einen Fortschritt sehe.

Ich glaube auch, dass jeder in der Grenzregion Lebende weiß, wie wichtig es ist, diesen Grenzraum als gemeinsamen Lebensraum zu begreifen. Aber ein gemeinsamer Lebensraum ist auch ein gemeinsamer Arbeits- und Wirtschaftsraum. In diesem Sinne glaube ich, dass wir noch sehr viel zu tun haben. Wenn nicht jetzt Maßnahmen gesetzt werden – in einer Situation, in der wir noch gewisse Schutzmechanismen haben –, fürchte ich, dass, wenn diese in einigen Jahren wegfallen, dieser Arbeitsmarkt noch mehr unter Druck kommt.

In dem Sinne halte ich es für sehr, sehr wichtig, diese Übergangszeit wirklich als Vor­bereitungszeit zu nützen und letztlich die Gefahr zu entschärfen, dass in einer späteren Phase ein Zusammenprall sehr angespannter Arbeitsmärkte erfolgt. Denn man muss sagen, sie sind nicht nur in der Grenzregion bei uns angespannt, sondern auch auf der anderen Seite der Grenzregion, bei unseren Nachbarn. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Walch. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.48.57

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Kollegen Einem und zur Kollegin Lunacek muss ich ein bisschen mit Verwunderung sagen, wenn sie es kritisieren, dass schon vor zwei Jahren eigentlich diese Beschlussfassung hätte er­folgen sollen: Wir Freiheitliche und die ÖVP, wir schützen eben die österreichischen Arbeitnehmer! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir achten zuerst einmal darauf, dass die Österreicher beschäftigt sind, und wenn wir dann noch Leute brauchen, erst dann setzen wir solche Maßnahmen.

Es hat mich schon ein bisschen verwundert, als ich bei einer Veranstaltung in Freistadt war und dies von der Wirtschaft und der Arbeiterkammer kritisiert wurde! Gott sei Dank haben wir im Bezirk Freistadt, in der Grenzregion, so viel Arbeit, dass wir sogar einen Facharbeitermangel haben. Daher ist es nicht verboten, wenn 60 Prozent der Frei­städter Arbeitnehmer in den Zentralraum nach Linz pendeln. Wir sind Gott sei Dank in der glücklichen Lage, dass wir im Bezirk Freistadt wenig Arbeitslose haben. Und wenn es in Linz eine Menge Arbeitslose gibt, dann ist es nicht verboten, dass auch die Linzer Arbeitslosen einmal nach Freistadt pendeln. Und wenn dann am Arbeitsmarkt keine Facharbeiter mehr vorhanden sind, dann sind auch wir Freiheitliche bereit, dem Grenz­gängerabkommen zuzustimmen, und das ist jetzt der Fall. Das ist aber kein Frei­fahrtschein dafür, dass einfach Leute aus Tschechien hereingeholt werden können und die österreichischen Arbeitnehmer dann in der Grenzregion Lohndumping und vieles andere hinnehmen müssen.

Ich ersuche die Verantwortlichen, die in diesem Gremium tätig sind, auf Folgendes zu achten. Es ist dies, wie ich gesagt habe, kein Freifahrtschein, was die Anzahl und die Berufsgruppen betrifft. Dort, wo Facharbeitermangel besteht, zum Beispiel beim Beruf des Fleischhauers im Bezirk Freistadt, wo gleich 20 oder mehr Fleischer eingestellt werden könnten, dort soll man genau schauen, wie viele wir wirklich brauchen, damit man nicht zu viele Genehmigungen hergibt.

Ich appelliere noch einmal an die Wirtschaft: Wir haben genug Jugendliche in Öster­reich. Geben Sie diesen auch eine Chance, speziell bei Facharbeitermangel in diesen


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Berufen ihre Ausbildung machen zu können, denn ich glaube, dazu sind wir ihnen verpflichtet!

Also an und für sich finde ich das gut, bei Facharbeitermangel kann man das machen, aber mit der siebenjährigen Übergangsfrist oder mit der Freizügigkeit darf das nichts zu tun haben. Diese Bestimmungen müssen eingehalten werden. Deshalb haben ja wir besonders darauf Bedacht genommen, diese siebenjährige Übergangsfrist bei der EU-Osterweiterung einzubauen, um den österreichischen Arbeitnehmern ihren Arbeitsplatz zu sichern. Daher ersuche ich um Zustimmung zu diesem Abkommen. – Danke.

18.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Murauer. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


18.51.00

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In aller Kürze. Lassen Sie mich auch zum Abkommen mit der Tschechi­schen Republik ein paar Gedanken äußern. Ich glaube und ich bin überzeugt davon, es ist ein sehr europäischer Schritt, es ist ein sehr nachbarschaftlicher Schritt, den wir hier machen, und es ist die Politik, es ist die Außenpolitik unseres Landes, dass wir insbesondere mit unseren Nachbarn bilaterale Verträge machen und unsere Wirt­schaftsentwicklung, unsere gesamte gemeinsame Entwicklung in diesem Europa, insbesondere mit den Nachbarn, entsprechend zu einem Ziel führen.

Ich darf am Beispiel Oberösterreich erwähnen – der Kollege aus Niederösterreich hat hier seine Sicht der Dinge vorgebracht, ich möchte das oberösterreichische Beispiel bringen –, dass das sehr wohl gelungen ist. Erinnern wir uns zurück an 1989: Damals war diese Grenze wirklich tot – das galt auch für andere, egal ob das die slowenische, die ungarische oder die tschechische Grenze war –, und dann ist diese Grenze geöff­net worden, und wir haben Möglichkeiten gehabt, uns zu treffen, Betriebe anzusiedeln und Arbeitnehmer auszutauschen. Diese Entwicklung hat natürlich einen Höhepunkt erfahren, als im Mai vergangenen Jahres alle diese Staaten zu unseren neuen Nach­barn wurden, da wir nun alle gemeinsam in der Europäischen Union sind.

Tatsache ist, dass Oberösterreich diese gemeinsamen Wirtschaftsräume sieht, dass es eine gemeinsame Entwicklung mit diesen Nachbarn im bayrischen Raum und eben über der Grenze in Tschechien, im südböhmischen Raum sieht. Wir können stolze Er­folge aufzeigen. Ich erwähne das auch deshalb, weil unser Landeshauptmann Dr. Jo­sef Pühringer jetzt zehn Jahre im Amt ist (Beifall bei der ÖVP) und wir gestern sehen und erfahren konnten, dass dieses Oberösterreich unter ÖVP-Führung wirklich bestens dasteht. Eine Umfrage hat bewiesen, dass drei Viertel der Oberösterreicher für die Zukunft optimistisch sind, dass wir die geringste Arbeitslosigkeit haben, dass dieses Wirtschaftskonzept aufgegangen ist, dass der Standort Oberösterreich gemeinsam mit und in den Grenzregionen und über die Grenze hinweg funktioniert.

Das ist der Weg in die Zukunft. Dieses Abkommen, dass wir junge Leute zeitlich be­grenzt einladen, zu uns zu kommen, mit uns diese Entwicklung zu erfahren, dass wir andererseits unsere Betriebe und unsere Arbeitskräfte den Nachbarn zur Verfügung stellen – ich glaube, diesen europäischen Schritt sollten wir nicht verhindern. Dieses gemeinsame Europa findet sich auch in den bilateralen Verträgen, insbesondere mit unseren Nachbarn. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 



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18.54.00

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Uns liegt heute dieses Abkommen zwischen Ös­terreich und der Tschechischen Republik über die Beschäftigung in Grenzregionen vor. Was ist der Kern dieses Abkommens? – Das Abkommen soll unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation am Arbeitsmarkt einer sehr beschränkten Anzahl von Grenz­gängern die Möglichkeit bieten, in aufgezählten Grenzregionen eine Beschäftigung aufzunehmen.

Die SPÖ – das haben meine Vorredner schon betont – hat im Außenpolitischen Aus­schuss diesem Abkommen zugestimmt, aber gleichzeitig eines besonders betont, mei­ne Damen und Herren, und das will ich heute hier im Plenum noch einmal wiederholen.

Erstens: Das Abkommen setzt seitens der Bundesregierung zusätzliche Maßnahmen gegen illegale organisierte Schwarzunternehmen voraus.

Zweitens und vor allem, meine Damen und Herren, bedarf es Maßnahmen der Bun­desregierung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gerade in diesen Grenzregionen zu Tschechien, wo sich die Arbeitsmarktsituation, wie ich erfahren habe, auch in den letz­ten Monaten nicht verbessert, sondern verschlimmert hat. Das ist eine ähnliche Situa­tion wie in Niederösterreich.

Wir dürfen drittens bei der Umsetzung des Abkommens – und die wird sehr entschei­dend sein in den nächsten Monaten – nicht am Ende des Tages an einem Punkt an­kommen, wo wir sagen müssen, das Abkommen ist eine einzige Umgehung der Über­gangsfristen bei der europäischen Erweiterung, und es gilt nur für den Austausch von vor allem billigen Arbeitskräften.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch Folgendes sagen: Wenn man heute jemand fragt: Wie stehen Ihre Chancen eigentlich in dem neuen Europa?, und man kriegt vielleicht zur Antwort: Für mich persönlich gut!, dann kann man nur sagen: Seien Sie froh!, denn selbstverständlich ist das beileibe nicht, meine Damen und Herren, weil auch hier die Regierung bislang wenig unternommen hat, um die Beschäftigten in die­sem Land im Zuge der Erweiterung auf einem neuen, größeren Markt entsprechend abzusichern.

Da ist, glaube ich, nicht geschützt worden, Kollege Walch, da ist schon viel zu viel Zeit vertan worden, Frau Ministerin. Österreich und vor allem der Arbeitsmarkt müssen auf die Herausforderungen in Zusammenhang mit der Erweiterung vorbereitet werden. Da­für brauchen unsere Beschäftigten ein, fast möchte ich sagen, Österreich-Paket mit gezielten Maßnahmen zur Absicherung ihrer Chancen in der Zukunft. Dazu gehören, wie ich meine, ein ehrgeiziges Bildungspaket, mit dem die ArbeitnehmerInnen vor allem auch in Grenzregionen etwas anfangen können, ein forcierter Schienenausbau in die Erweiterungsländer und schließlich, so glaube ich, auch mehr Anstrengungen der Bundesregierung bei der EU, damit Österreichs Interessen bei der Erweiterung nicht zu kurz kommen. Nur so werden die ArbeitnehmerInnen in diesem Land ihre Chancen nützen können.

Wir stimmen den heutigen Vorlagen zu, aber, meine Damen und Herren, durchaus in einer kritischen Weise. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

18.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ing. Schultes. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


18.57.37

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr ge­ehrte Frau Außenminister! Es ist jetzt gerade elf Jahre her, dass die „Helden von Brüs-


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sel“ nach den Beitrittsverhandlungen zurückgekommen sind, und keiner von uns hätte sich vorstellen können, dass diese Entwicklung, die wir jetzt erlebt haben, so rasch so passieren wird.

Wir haben mit viel Augenmaß den Arbeitsmarkt geöffnet. Wir haben die Erweiterung erlebt, und wir sehen heute, dass wir auch in den angrenzenden Regionen zur Slowa­kei, zu Tschechien weitere Öffnungen des Arbeitsmarktes vornehmen wollen. Das ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass die Wirtschaftsentwicklung auf der einen Seite Schutz und Behutsamkeit braucht, auf der anderen Seite aber durchaus die Herausfor­derung, die Öffnung, den Wettbewerb und letztendlich auch das Zusammenwachsen. Und dieses Zusammenwachsen wird vielleicht rascher gehen müssen, als wir uns das heute noch vorstellen können.

Wir haben deshalb jetzt dieses Abkommen mit Tschechien, wir haben ein gut funktio­nierendes Abkommen mit Ungarn, und wir werden sicher auch über ein Abkommen mit der Slowakei reden müssen, obwohl das aus der unmittelbaren Situation in der Grenz­region nicht dringend notwendig ist, aber es ist notwendig, um eben den Übergang zur völligen Öffnung in fünf oder sieben Jahren rechtzeitig zu erproben.

Wir haben uns von einem abgeschirmten Arbeitsmarkt zu einem offenen Wirtschafts­raum bewegt, und wir müssen die Schmerzen, die dabei der Wirtschaft entstehen, so wohldosiert zulassen, dass gleichzeitig die Freude über den Erfolg größer ist und die Menschen ermutigt sind, sich auf diese offene wirtschaftsfreundliche Zukunft auch vorzubereiten und zu freuen.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch den Büros des Arbeitsmarktservice danke sa­gen, das gerade in den Grenzregionen, in den an Tschechien und die Slowakei an­grenzenden Bezirken besondere Herausforderungen zu bewältigen hat und das auch mit sehr viel Engagement tut. In Zusammenarbeit mit sehr tüchtigen Unternehmen und Wirtschaftsbetrieben und einer entsprechenden Förderung durch Bund und Land gelingt auch vieles.

Dem Kollegen Bauer möchte ich nur in Erinnerung rufen, dass die Therme Laa viel­leicht interessant und besuchenswert wäre, dass auch Retz vieles zu bieten hat und dass auch Poysdorf in den letzten Jahren eine gute Entwicklung genommen hat, so wie es die ganze Grenzregion bald tun wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Viel zu spät!)

19.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Felzmann. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.00.11

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute am Vormittag mit dem Beschluss des Ermächtigungsgesetzes die große Vision des zukünftigen Europas in unseren Blickwinkel gerückt. Die europäische Verfassung ist zweifellos von historischer Bedeu­tung für die europäische Integration, und wir hoffen und wir gehen auch davon aus, dass diese 2007 in Kraft treten wird.

Die beiden vorliegenden Abkommen zwischen der Tschechischen Republik und Öster­reich über die Grenzgänger einerseits und über den Austausch der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf der anderen Seite richten unseren Blick aber auch auf die euro­päische Integration im Kleinen. Das oft als fern erlebte Europa konkretisiert sich hier vor Ort in der Grenzregion. Hier fallen die Schranken, da werden Grenzen überwun­den, Menschen treffen aufeinander. Dieses Grenzgängerabkommen unterstützt auf


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jeden Fall die Regionen, nützt den Arbeitnehmern und selbstverständlich auch, wie wir heute schon mehrfach gehört haben, der Wirtschaft.

Österreich hat – das kann man sicher nicht oft genug betonen – durch die Erweiterung sehr, sehr profitiert. Man braucht sich da nur die Kaufkraftzuflussstudien der Stadt Wien anzuschauen. Jetzt kann in diesen Regionen neues Leben entstehen auf Grund des wirtschaftlichen, sozialen und auch kulturellen Austausches, der stattfindet, und auch auf Grund der diversen Bildungsprojekte, die bereits initiiert wurden.

Wir haben in der Vergangenheit bezüglich dieser Abkommen auch schon sehr gute Erfahrungen gemacht, so etwa mit Ungarn. An diesem Abkommen orientiert sich ja auch diese aktuelle Vereinbarung. Ich denke, mit dem heutigen Beschluss vertiefen wir diese guten Beziehungen zu unseren Nachbarn und leisten auch einen Beitrag zur Europäisierung unserer beiden Arbeitsmärkte. (Beifall bei der ÖVP.)

19.02

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Mag. Dr. Brader. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abge­ordneter.

 


19.02.32

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Minister! Sehr ge­ehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wenn es heute darum geht, ein Abkommen zwi­schen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse abzuschließen, dann möchte ich schon auch daran erinnern, dass Österreich bereits vor seinem Eintritt in die Europäische Union entsprechende Abkommen mit den Nachbarländern hatte und dass dies auch der Beweis dafür ist, dass in Österreich immer eine sehr nachbarschaftsorientierte Außenpolitik gemacht wurde. Und was mich noch mehr freut, ist, dass diese immer auch weitgehend einstim­mig erfolgt ist.

Es ist einfach gut und wichtig, in die bilateralen Beziehungen zu den östlichen Nach­barländern zu investieren und Wege der engen Zusammenarbeit zu suchen. Das ist auch in diesem Fall geschehen. Es haben schon 1997 Gespräche stattgefunden, aber die sind dann, weil die tschechischen Nachbarn zu große Wünsche hatten, ins Stocken geraten. Ich denke, dass wir jetzt mit diesem Abkommen, in dem jährlich festzuset­zende Kontingente ausgetauscht und befristet beschäftigt werden können, einen sehr, sehr wichtigen Schritt machen. Die Beschäftigungsdauer richtet sich nach der beruf­lichen Tätigkeit, ist jedoch mit einem Jahr befristet und kann ausnahmsweise bis zu 18 Monaten verlängert werden. Auch das ist ein wichtiger Schritt, und ich denke, dass die Kommission, die hier gebildet wurde, auch die nötigen Maßnahmen trifft.

Ganz zum Schluss möchte ich mich meinem Vorredner Bauer anschließen, der gesagt hat, dass dies nur eine Übergangslösung sein kann, um dann die richtigen Schritte vor­zubereiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.04

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Es wünscht keiner der Berichterstatter ein Schlusswort, wie ich sehe.

Damit kommen wir zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschus­ses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Regie-


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rung der Tschechischen Republik über die Beschäftigung in Grenzzonen in 688 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der Regierung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern – Arbeitnehmerinnen – zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse in 689 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Abkommen mit der Republik Malta über die Vertretung der Republik Malta durch österreichische Vertre­tungsbehörden hinsichtlich der Erteilung von Visa zur Durchreise und zum kurzfristigen Aufenthalt, dessen Artikel 1 verfassungsändernd ist, in 628 der Beilagen die Genehmi­gung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnte verfassungsändernde Bestimmung stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforder­liche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich damit auch die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehr­heit fest.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen samt Anhang, dessen Artikel 1, 2, 3, 10 und 11 verfassungs­ändernd sind, in 705 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Mit Rücksicht auf die erwähnten verfassungsändernden Bestimmungen stelle ich wie­derum zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Ab­stimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Jetzt gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz zu beschließen, dass die dänische, die englische, die französische, die griechische, die italienische, die niederländische, die portugiesische und die spanische Sprachfassung, hinsichtlich der französischen Sprachfassung mit Ausnahme des Anhanges, dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Ein­sichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dem die Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Aus­schusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen zur


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Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten samt Anhängen in 609 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

19.08.4213. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 515/A der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Datenschutzgesetz 2000 – DSG 2000 geändert wird (821 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 13. Punkt der Tagesord­nung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.09.14

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar vecer! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Heute beschäftigen wir uns hier im Nationalrat mit der ersten gesetzlichen Auswirkung der Tsunami-Katastrophe. Wenn man hört, die Politik reagiert auf die Tsunami-Katastrophe, und wenn man weiß, was im Krisenmanagement in Ös­terreich nur recht und schlecht oder gar nicht oder nur teilweise funktioniert hat, dann würde jeder annehmen: Aha, jetzt wird endlich eine gebündelte Kompetenz geschaf­fen, es wird vorsorglich ein Krisenzentrum eingerichtet, es wird in Zukunft nicht mehr vorkommen, dass überforderte Präsenzdiener am Telefon sitzen, wenn Angehörige verzweifelt versuchen, über das Schicksal ihrer Liebsten Informationen zu bekommen. Das hätte man angenommen, dass das auf der Tagesordnung steht. (Abg. Murauer: Die Präsenzdiener haben das ausgezeichnet gemacht!) Sie haben es gut gemacht, Herr Murauer, aber sie waren auf diese Situation weder vorbereitet, geschweige denn dafür geschult (Abg. Murauer: Selbstverständlich haben sie eine Einschulung bekom­men!), noch haben sie natürlich die Kompetenz, darauf zu reagieren, wenn so eine Katastrophe passiert. Das ist das Problem! Es ist nicht den Präsenzdienern der Vor­wurf zu machen, dass sie dort gesessen sind und zum Teil hilflos waren, sondern es ist jenen der Vorwurf zu machen, die sie dort völlig ohne Vorbereitung hingesetzt und sie dann sozusagen zum Teil den verzweifelten Angehörigen ausgeliefert haben. Das ist es, was mir hier Kummer macht. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist ein bisschen zu wenig, wenn man hört, dass jemand das Wort „Präsenzdiener“ in den Mund nimmt, reflexartig etwas in Richtung der Kollegin am Rednerpult zu rufen. (Abg. Murauer: Ich wollte nur sagen, ...!) Das war für jene, die damit zu tun hatten, eine absolute Ausnahme- und Krisensituation. Weder die eine Seite, nämlich die Ange­hörigen, war logischerweise auf so etwas vorbereitet, aber leider auch die andere Seite am Ende der Leitung nicht. Das war das Problem.

Genau dafür sollte Vorsorge getroffen werden. Nicht, dass wir uns hier wünschen, dass das bald notwendig sein sollte, aber es kommt! Und wie Naturkatastrophen und andere Katastrophen so kommen, sie fragen uns vorher nicht, ob sie eintreten, sondern sie passieren. Die Vorsorge ist daher eine Frage, mit der sich der Gesetzgeber und die Politik zu beschäftigen haben.


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Aber die Reaktion, mit der wir uns heute beschäftigen, nämlich die Änderung des Datenschutzgesetzes, ist eine – jetzt versuche ich, es ganz milde auszudrücken –, bei der es fraglich ist, ob diese Änderung überhaupt notwendig ist.

Ich erinnere mich an die damalige Kritik, die vor zwei Monaten geübt wurde. Es ist immer um dasselbe gegangen, beziehungsweise waren es identische Dinge, die von den Angehörigen angesprochen wurden: dass Reisebüros und Reiseveranstalter den fragenden Angehörigen keine Passagierlisten, keine Hotellisten und Ähnliches zur Ver­fügung gestellt haben. Sie hätten gekonnt, nur: Die Allgemeinen Reisebedingungen verbieten es ihnen.

Was wäre der Schluss daraus? – Diese zu ändern, um für einen Eventualfall, der ein­treten kann – nicht in der Dimension der Tsunami-Katastrophe, sondern auch viel ge­ringer –, gerüstet zu sein. – Nein! Der österreichische Gesetzgeber ist wieder einmal – was heißt „wieder einmal“?; das nehme ich zurück –, der österreichische Gesetzgeber glaubt, hier vorzugsschülermäßig zu agieren – jetzt sage ich es mit dem Eindruck, den ich davon habe –, sozusagen Tsunami-populistisch, und ändert das gleich sorgfältig – im Sinne: vom Umgang her, aber nicht in der Vorgehensweise; denn es gab keine lange Begutachtung dieses Gesetzes, sondern es ist geschrieben worden, es ist ein bisschen ausgeschickt worden und – zack! – es ist im Verfassungsausschuss be­schlossen worden. Das ist schlicht und einfach nicht notwendig.

Ich befürchte schlicht und einfach, dass, wenn es wieder zu einem solchen Fall kom­men sollte, was niemand von uns hofft, dass eine Katastrophe einer ähnlichen Dimen­sion eintritt, genau die Schwachstellen, mit denen wir Ende Dezember/Anfang Jänner konfrontiert waren, nicht beseitigt sein werden, weil es immer noch keine gebündelte Krisenkompetenz gibt. Ich weiß zumindest nichts davon, vielleicht wird uns der Herr Staatssekretär heute etwas berichten. Das wäre ja eine Überraschung, aber im Aus­schuss haben wir davon in diese Richtung noch nichts erfahren.

Schnell das Datenschutzgesetz abzuändern ist meiner Ansicht nach ein bisschen wenig. Auch wenn ich nicht glaube, dass durch diese Gesetzesänderung allzu viel Unheil passieren wird, sind die Art und Weise, die Vorgangsweise und vor allem der immer gleiche Punkt der Frage des Umgangs mit sensiblen, personenbezogenen Daten und die Fahrlässigkeit, mit der die Politik vorgeht, ein Grund, diese Novelle zum Datenschutzgesetz abzulehnen. Nicht nur ich lehne sie ab, sondern auch die Kollegin­nen und Kollegen der grünen Fraktion. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Fek­ter zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.15.10

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Terezija! Selbstverständlich hast du Recht, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Reisebranche international akkor­diert ... (Abg. Mag. Johann Maier: Nein, das stimmt nicht!) – Okay, das wird uns dann der Jacky Maier sagen. – Aber nach österreichischen Gepflogenheiten, wie das in den Katalogen veröffentlicht ist, sind die Reisebüros mit diesen Daten nicht herausgerückt.

Hätten sie diese Geschäftsbedingungen nicht, wären sie aber, wenn sie die Daten her­ausrücken, immer noch unter Umständen nach dem Datenschutzgesetz, sage ich ein­mal, gesetzwidrig unterwegs gewesen. Daher wird man wahrscheinlich beides ändern müssen: zuerst das Datenschutzgesetz und dann die Allgemeinen Geschäftsbedingun­gen für den Katastrophenfall.


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Heute behandeln wir das Datenschutzgesetz. Es ist so, dass bisher die Durchbrechung des Grundsatzes des Datenschutzes ja nur dann möglich war, wenn lebenswichtige Interessen betroffen waren. Das weiten wir jetzt ein wenig aus. Das heißt: In Zukunft erfolgt ein Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz entweder mit Zustimmung des Betroffenen oder im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder im überwiegenden Interesse eines Dritten. Das können im Katastrophenfall vielleicht Hilfsorganisationen sein.

Wir haben genau definiert: die nahen Angehörigen, die Hilfsorganisationen und die Situation, wann Daten an das Ausland weitergegeben werden dürfen. Ich glaube, dass das notwendig war.

Terezija, du weißt es genauso wie die meisten hier im Saal: Es hat bei den Angehöri­gen wirklich Unmut darüber geherrscht, dass sie nicht informiert wurden, dass die Lis­ten nicht veröffentlicht wurden (Abg. Mag. Johann Maier: Weiterhin nicht veröffentlicht werden!) – auch weiterhin nicht veröffentlicht werden. Ich halte das aus Pietätsgründen auch wirklich für notwendig. Sofern die Vermissten nicht wirklich als Tote identifiziert sind, soll es nicht Totenlisten geben. Ich halte diese Vorgangsweise für gerechtfertigt und ich glaube, dass hier ein ausgewogener Kompromiss geschlossen worden ist, der im Übrigen mit dem Datenschutzrat akkordiert war.

Ich denke, dass wir zwar kurz begutachtet haben, die betroffenen Institutionen jedoch ihre Stellungnahmen abgegeben haben. Sie sind auch in die Novelle eingebunden worden. Daher haben wir ja einen umfassenden Abänderungsantrag im Ausschuss beschlossen.

Es geht hier um eine Rechtsgutabwägung, einerseits um die Bewältigung des Katastro­phenfalles mit der Hilfestellung, andererseits um den Datenschutz. Diese Rechtsgutab­wägung, so glaube ich, ist gut gelungen. Und wenn es Missbrauch geben sollte, haben wir dafür Sanktionen vorgesehen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abge­ordneter. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Maier –: Kann man das richtig stellen bitte, Jacky?)

 


19.18.21

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, man muss eine Legendenbildung korrigieren. Persönlich bin ich der Meinung – das war auch die Mei­nung im österreichischen Datenschutzrat –, dass im Grunde genommen eine Änderung des Datenschutzgesetzes nicht notwendig gewesen wäre. Aber – und ich betone das – um für die Zukunft Interpretationsprobleme dahin gehend auszuschließen, ob sensible, personenbezogene Daten weitergegeben werden dürfen oder nicht, stimmen wir dieser Änderung des Datenschutzgesetzes zu.

Kollegin Fekter, ich darf auch dich in mehreren Punkten berichtigen. Wir diskutierten über einen Initiativantrag, es gab kein Begutachtungsverfahren. (Abg. Dr. Fekter: Aber eingebunden ...!) – Es war niemand eingebunden, Kollegin Fekter! Wir, die sozial­demokratische Fraktion, haben die Einberufung des Datenschutzrates verlangt und in einer langen Diskussion unsere Einwände klargelegt. In der Folge ist es auf Grund der Stellungnahme des Datenschutzrates zu diesem Abänderungsantrag gekommen.

Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen – ich glaube, das ist bisher noch nicht ge­schehen – und mich bei den Mitarbeitern des Datenschutzbüros im Bundeskanzleramt, insbesondere bei Frau Dr. Souhrada, die heute hier ist, für die exzellente Arbeit


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namens meiner Fraktion – und ich hoffe, auch namens aller Abgeordneten in diesem Hause – recht herzlich bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Grünen.)

Die Novelle des Datenschutzgesetzes ist die eine Geschichte. Die andere Geschich­te – und ich sage das auch sehr deutlich – sind Allgemeine Geschäftsbedingungen, in denen geregelt ist, dass auch im Katastrophenfall personenbezogene Daten oder sensible Daten, das heißt, Daten über verunfallte Personen, Daten über Personen, die im Ausland in einem Krankenhaus behandelt werden, nicht weitergegeben werden dürfen.

Ich habe eine Analyse aller Reisekataloge für die Sommersaison 2005 durchgeführt. (Der Redner hält einen Reisekatalog in die Höhe.) Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In all diesen Katalogen von österreichischen Reisebüros ist auch im Krisenfall eine Datenweitergabe ausgeschlossen.

Ich appelliere daher an die Wirtschaft, auch an den Kollegen Mitterlehner, in der Wirt­schaftskammer in den zuständigen Gremien darauf Einfluss zu nehmen, dass diese Bedingungen korrigiert werden und zumindest für diese Saison ein Begleittext beige­legt wird, damit die österreichischen Urlauberinnen und Urlauber auch tatsächlich über die rechtlichen Rahmenbedingungen informiert werden.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wir stimmen dieser Regelung zu, um Interpretationsprobleme zu vermeiden. Wir stimmen deswegen zu, weil wir nicht mehr erleben wollen, dass Menschen auf einem Flughafen mit einem Transparent ste­hen, auf dem zu lesen ist: Datenschutz statt Menschenleben. – Das ist in Schwechat so passiert. Die Datenweitergabe wäre bereits jetzt nach den gesetzlichen Bestimmun­gen möglich gewesen.

Wir erwarten uns nun eine Klarstellung. Der Datenschutz, Hohes Haus, soll nie mehr als Ausrede für staatliches Versagen in einem Ministerium dienen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Murauer: Das ist überhaupt nicht fair!)

19.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.22.23

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Ich glaube, im Prinzip ist hier ohnedies Konsens gegeben. Dieser Konsens lässt sich so zusammenfassen, dass wir alle sagen: Schon jetzt wäre allenfalls die Rechts­grundlage ausreichend gewesen, um die sensiblen Daten zu verwenden, um den Vermissten und auch den Opfern dieser Flutkatastrophe zu helfen, aber sie war eben nicht ganz klar.

Wir haben bestimmte Prinzipien im Datenschutz, das ist vor allem die Wahrung der wichtigen Interessen der Betroffenen bei der Verwendung der Daten, insbesondere auch die Garantie der Geheimhaltung – das macht manchmal bei der legistischen Aus­gestaltung Schwierigkeiten – und auch der Umstand, dass immer der gelindest mög­liche Eingriff anzuwenden ist.

Wenn Sie, Herr Abgeordneter Mag. Maier, so engagiert von Katastrophen gesprochen haben, so muss ich Ihnen eigentlich Recht geben. Wir hatten im Fall Kaprun folgende Situation: Nach dieser schrecklichen Brandkatastrophe waren viele Verwandte, Be­kannte und Freunde in großer Sorge, ob von ihnen, ihrerseits Bekannte oder Ver­wandte in diesen beiden Schrägseilbahnen waren. Das konnte man nur ergründen, indem man die Handybetreiber ersuchte festzustellen, ob die namentlich Genannten an


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diesem Ort sein können oder ob sie ganz woanders sind. Ein Handybetreiber hat sich, trotz Ersuchens der Oberstaatsanwaltschaft Linz, mit der wir kooperiert haben, dazu nicht bereit erklärt, die anderen schon. Das zeigt, dass die Rechtslage diesbezüglich sehr wohl unklar ist, dass sie geregelt gehört.

Frau Abgeordnete Stoisits, die die Position der Grünen formuliert hat, verstehe ich nicht ganz. Auf der einen Seite rufen Sie nach einer gebündelten Krisenkompetenz, auf der anderen Seite verweigern Sie die Zustimmung zur Klarstellung dieser schwierigen Rechtslage. Das ist nicht ganz logisch, was Sie hier machen, denn es handelt sich um Daten, die zwar sensibel sind, aber letztlich gibt es noch sensiblere. Das, was ich dem Reisebüro bekannt gebe, dem Hotel bekannt gebe und so weiter, ist zwar sicherlich Intimsphäre – keine Frage –, aber wenn es um alles geht, nämlich darum, Leben zu retten, dann muss schon das höhere Interesse des Lebensrettens auch etwas mehr wert sein.

In diesem Sinne begrüßen wir die Klarstellung der Rechtsgrundlage. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.25


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Abgeordneter Ing. Winkler zu Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.25.15

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Naturgemäß herrscht in Katastrophensituationen immer wieder auch entsprechendes Chaos. Dies zeigt sich vor allem bei einer allfälligen Vermissten­suche beziehungsweise Identifizierung von Schwerverletzten oder gar Toten. Öster­reich hat daher, nicht zuletzt aus der Tsunami-Katastrophe, rasch seine Konsequenzen gezogen.

Die vorliegende Änderung des Datenschutzgesetzes 2000 soll künftig dazu dienen, im Katastrophenfall besser mit wichtigen und vor allem sensiblen Daten von Betroffenen und Angehörigen umgehen zu können.

In der Gesetzesnovelle sind daher einige Änderungen vorgesehen. Ich darf sie hier, obwohl den meisten ja vollinhaltlich bekannt, trotzdem noch einmal taxativ aufzählen. Es soll in der Ergänzung des § 48 durch § 48a zu folgender punktueller Ergänzung kommen:

die Weitergabe von sensiblen beziehungsweise nichtsensiblen Daten zur Hilfeleistung, Auffindung, Identifizierung beziehungsweise zur Information von Angehörigen; die Übernahme und Verwendung der Daten von Hilfsorganisationen; die Verwendung von Daten in einem Informationsverbundsystem beziehungsweise Vernetzung des Wis­sensstandes und die bessere Koordination von Daten; der verstärkte Datenaustausch zwischen Österreich und den von der Katastrophe betroffenen Staaten, falls im Aus­land. Und die Datenweitergabe darf nur in Staaten erfolgen, die ein entsprechendes Datenschutzniveau haben.

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf mir erlauben, meine Rede auch dazu zu nutzen, allen an dieser Tsunami-Flutkatastrophe beteiligten Hilfsorganisatio­nen, Verbänden und Helfern, dem Roten Kreuz, der Caritas, allen kirchlichen Organi­sationen, „Ärzte ohne Grenzen“, dem österreichischen Bundesheer sowie allen Ärzten, Sanitätern und freiwilligen Helfern für ihre großartige und selbstlose Hilfe zu danken, wie auch schon von meinem Vorvorredner für die Bewältigung der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Datenschutz gedankt wurde.

Trotz schwieriger rechtlicher Bedingungen konnten durch ihr großes Engagement viele Leben gerettet werden. Ebenso wurde bereits enorm viel für den Wiederaufbau der


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zerstörten Region getan. Die Hilfsorganisationen haben Übermenschliches geleistet. Dafür gebührt ihnen auch entsprechend ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Um der Verpflichtung, die im Hinblick auf den sensiblen Gebrauch von Daten bezie­hungsweise auch die Weitergabe dieser Daten besteht, gerecht zu werden, dürfen in Zukunft Auskünfte grundsätzlich nur an nahe Angehörige wie Eltern, Kinder, Ehepart­ner und Lebensgefährten weitergegeben werden.

Dies geschieht künftig nur dann, wenn der Angehörige Daten von sich und seine Angehörigeneigenschaft zur betroffenen Person sowie Daten über die tatsächlich oder vermutlich von der Katastrophe betroffene Person mitteilt. Durch diese präzise Be­kanntgabe der eigenen Daten wie auch der Daten der vermissten Person soll jeglicher Missbrauch in diesem Zusammenhang verhindert werden. Das heißt, Informationen sollen damit wirklich nur an betroffene Angehörige weitergegeben werden.

Man hofft, dass diese klaren Identitätsangaben auch dazu führen werden, dass menschliche Dramen, wie im Extremfall die vorschnelle Todeserklärung von Personen, die in Wirklichkeit noch leben, nicht beziehungsweise nicht mehr stattfinden.

Um Datenmissbrauch zu verhindern, sieht die Gesetzesänderung auch die Löschung der Daten vor, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Außerdem sind alle Datenver­wendungen zu protokollieren.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen, dass der Verfas­sungsausschuss mit Stimmenmehrheit eine Feststellung getroffen hat, wonach er davon ausgeht, dass die Reisebüro-Unternehmen, ihre Allgemeinen Geschäftsbedin­gungen betreffend, die Datenweitergabe im Sinne dieser Gesetzesnovellierung ändern.

Im Sinne einer entsprechend positiven Gestaltung und Änderung dieses Gesetzes für die bei einer Katastrophe betroffenen Menschen ersuche ich um die Zustimmung zu dieser Gesetzesnovelle. (Beifall bei der ÖVP.)

19.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Kräuter. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.30.00

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! 9. Jänner 2005: „Tsunami: Khol für Tsunami-Gesetz“. Der Nationalratspräsident war in der „Pressestunde“ zu Gast. „Nationalratspräsident Andreas Khol (V) will als Folge der Flutkatastrophe im Indischen Ozean ein eigenes ,Tsunami-Gesetz’. In die­sem sollten die Rechtsfolgen für die österreichischen Betroffenen ad hoc geregelt werden, erklärte er am Sonntag in der ORF-,Pressestunde’. Dabei geht es sowohl um Dinge wie Transferkosten und Lohnfortzahlung als auch um Todes- und Verschollen­heitserklärungen. Das seien für die Hinterbliebenen ,schwere Dinge’, meinte Khol. Da­her werde man sehr schnell von Worten zu Taten schreiten.“

Meine Damen und Herren! Das mit den Taten war wohl nicht so ernst gemeint, und man sieht da wieder einmal den Unterschied zwischen Ansage von ÖVP-Politikern und Realität. Welche Welten klaffen da auseinander!

Rechtssystematisch ist das überhaupt kein Ruhmesblatt. Letztendlich bleibt eine Aus­schussfeststellung übrig – das ist das Mäuslein, um das der Berg gekreißt hat.

Meine Damen und Herren! Grundsätzlich war die Qualität des Krisenmanagements über weite Strecken sehr bescheiden. In der Steiermark war es ein bisschen besser, dort waren Leute, die kompetent und einfühlsam mit den Dingen umgegangen sind. Und dann ist natürlich Frau Klasnic gleich durch die Gegend gesprungen und hat


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gesagt: Ich, ich bin zuständig für die Katastrophen! – Und wie das Leben so spielt – da waren schon wieder ein paar Tage vergangen und der ärgste Schock vorbei –, ver­bindet die steirische Bevölkerung, wenn Frau Klasnic sagt, sie sei für die Katastrophen zuständig, damit längst ganz andere Dinge, und Sie alle wissen das: Semmering-Basistunnel, EStAG, Spielberg und vieles andere mehr. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Praßl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.32.00

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Die innerösterreichischen Erfahrungen bei der Flut­katastrophe haben die Notwendigkeit der Anpassung des Datenschutzgesetzes hin­sichtlich der Weitergabe personenbezogener, insbesondere auch sensibler Daten von Personen deutlich gemacht.

Nach § 1 Abs. 2 des geltenden Datenschutzgesetzes ist eine Datenverwendung jeden­falls nur dann zulässig, wenn der eine oder die andere Betroffene dieser auch zu­stimmt. Diese Vorgangsweise ist jedoch im Katastrophenfall nicht immer möglich. Oft kann bei einem Katastrophenfall ein Sachverhalt nicht mit Klarheit festgestellt werden, sodass es zu Interpretationsschwierigkeiten kommt. Um da rasch Hilfe leisten zu kön­nen, muss aber gewährleistet sein, dass die Behörden und die Hilfsorganisationen ihre Aufgaben ohne Behinderung erfüllen können.

Konkret soll daher normiert werden, dass schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung sowohl nicht-sensibler als auch sensibler Daten auch dann nicht ver­letzt werden dürfen.

Hinsichtlich der Verwendung sensibler Daten sieht der neue § 48a, der eine gesetz­liche Ermächtigung der Behörden darstellt, eine strenge Zweckbeschränkung vor. Die Verwendung dieser Daten soll nur zulässig sein, soweit Zweck und Inhalt der Daten­verwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten der Behörden gedeckt sind. Dazu gehört auch das Ermitteln von Daten. Die Behörden dürfen auch, wenn es notwendig ist, einander Daten in Form eines Informationsverbundsystems übermitteln, was bei­spielsweise bei der Führung von Listen von Vermissten, Verletzten oder Verstorbenen denkbar ist.

Geschätzte Damen und Herren! Angesichts der Vielzahl von Katastrophenopfern sollen diese Daten auch zugangsgeschützt für Hilfsorganisationen bereitgehalten werden. Dieser Datenfluss muss auch zwischen in- und ausländischen Behörden sowie Hilfs­organisationen gewährleistet sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Auskünfte sollen grundsätzlich nur an nahe Angehö­rige weitergegeben werden dürfen. Darunter fallen jedenfalls Eltern, Kinder sowie Ehe­partner und Ehepartnerinnen, Lebensgefährte oder Lebensgefährtin. Sonstige nahe Verwandte müssen eine gewisse Intensität der Bindung nachweisen. Um Missbrauch zu verhindern, muss die Identität der anfragenden Personen überprüft werden. Die Daten sind jedenfalls dann zu löschen, wenn der Zweck erfüllt wurde.

Hiemit möchte ich auch allen Hilfsorganisationen, die bei der Tsunami-Katastrophe ihren Dienst geleistet haben, einen herzlichen Dank aussprechen. (Beifall bei der ÖVP.)


19.35


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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


19.35.44

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Tsunami-Katastrophe war sicher­lich die größte Katastrophe, mit der wir je konfrontiert worden sind, obwohl sie sich am anderen Ende dieser Welt abgespielt hat. Sie hat uns in ganz drastischer Weise die Grenzen der Leistungsfähigkeit und auch Krisenfestigkeit unserer Systeme vor Augen geführt, der Hilfssysteme, der Systeme der sozialen Dienste, der Systeme der diploma­tischen Dienste und auch des Rechtssystems.

Der Datenschutz ist zwar nur ein sehr kleiner Aspekt davon, aber gerade in dieser hoch sensiblen Materie haben Sie es anscheinend besonders eilig gehabt, das be­stehende Recht nachzujustieren. Alle anderen Systemmängel sind bisher ohne jede Konsequenz geblieben, obwohl Nationalratspräsident Khol, Kanzler Schüssel und weitere Persönlichkeiten der ÖVP im Lichte der medialen Aufmerksamkeit ein umfas­sendes Tsunami-Gesetz in Aussicht gestellt haben.

Diesem Anspruch wird die vorliegende Novelle auf gar keinen Fall gerecht. Das ist einfach zu wenig, was Sie da bieten. Wir haben uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, in der Kritik am Krisenmanagement der Außenministerin ganz bewusst zurück­gehalten, weil wir aus dieser großen Katastrophe kein politisches Kapital schlagen wollen. Aber wir erwarten uns schon ein wenig mehr an Konsequenzen. Und wenn Sie diese nicht setzen, dann werden wir sie in der nächsten Legislaturperiode setzen, darauf können Sie sich verlassen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Akuter Handlungsbedarf zum Thema Datenschutz besteht aber bei der geplanten EU-Richtlinie betreffend Patentierung computerimplementierter Erfindungen, die, falls sie tatsächlich beschlossen wird, massive Auswirkungen auf die kleinen Softwareanbieter hätte. Diese Richtlinie würde auch in Europa amerikanische Verhältnisse schaffen, indem sich große Anbieter EU-weit Software patentieren lassen und kleine Gewerbe­treibende praktisch keinen Spielraum mehr hätten und dann natürlich vom Markt verschwinden würden. Und das kann nicht in unserem Sinn sein.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die EU-Richtlinie zur Patentierung computerimplementierter Erfindun­gen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird ersucht, sollte die Richtlinie zur Patentierung computerimplementierter Erfindungen im Rat zur Abstim­mung kommen, diese abzulehnen und eine erneute Diskussion über die Richtlinie zur Patentierung computerimplementierter Erfindungen mit dem Ziel zu fordern, auch weiterhin keine Patentierung von Software zuzulassen.

*****


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Ich denke, ich renne da bei Ihnen ohnehin offene Türen ein, weil sich sämtliche öster­reichische EU-Abgeordnete gegen diesen Richtlinienentwurf ausgesprochen haben. Ich glaube, eine derartige Positionierung sind wir den kleinen Gewerbetreibenden in Österreich schuldig. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

19.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Frau Abgeordneter Mag. Grossmann soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, wurde ord­nungsgemäß eingebracht und steht damit mit in Beratung.

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Murauer. Freiwillige Redezeitbe­schränkung: 3 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.39.26

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die heutige Vorlage ist ein Teil der angekündigten Tsunami-Konsequenz, ist ein Teil eines Tsunami-Gesetzes. Wir beschließen heute die neue Regelung des Daten­schutzes, damit wir bei solch einer Katastrophe mehr Möglichkeiten und mehr Rechts­sicherheit haben.

Bei der Erstrednerin, bei Frau Abgeordneter Stoisits, habe ich wirklich den Eindruck gehabt, dass Sie Österreich und der Regierung den Vorwurf macht, wir seien auf eine solche Katastrophe nicht vorbereitet gewesen. Es war dies die größte Katastrophe, die diese Welt getroffen hat. Es geschah an einem Feiertag, noch dazu zehn Stunden Flugzeit weg von uns. Wir haben nicht alle Register ziehen können.

Ich muss gestehen, nicht alles ist gelungen, aber sehr viel. Die Regierung ist zusam­mengetreten, die Diplomatie hat alles in Bewegung gesetzt und hat sich bemüht, den ursprünglichen Meldungen gerecht zu werden, die bei weitem nicht so gelautet haben, wie es sich dann herausgestellt hat. Hunderte, Tausende, Hunderttausende Menschen mussten ihr Leben lassen, es hat Vermisste und Verletzte gegeben, die nur mehr in Spitälern zu finden waren, und Ähnliches mehr.

Ich möchte mich sehr herzlich bedanken, dass gerade diese Katastrophe, diese An­gelegenheit so beispielgebend bewältigt wurde. Und weil heute von den Reisebüros gesprochen wurde, muss ich sagen, dass ich nicht weiß, ob jeder möchte, dass seine Daten betreffend die Frage, wohin er reist, bekannt gegeben werden. Ich weiß auch nicht, ob jedes Reisebüro von jedem Reisenden alle Daten zur Verfügung hat und weiß, wo er sich aufhält und wo er hinfährt. Viele buchen nur einen Flug und reisen dann weiter, buchen den nächsten Flug und Ähnliches mehr. So einfach lässt sich das also nicht bewerkstelligen, das möchte ich nur der Ordnung halber dazusagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch das Bundesheer und die Grundwehrdiener wurden angesprochen. Die Grund­wehrdiener standen zur Verfügung und haben das Beste geleistet. Sie stehen für sofor­tiges Handeln, für sofortigen Einsatz in der Summe zur Verfügung und leisten ihren Beitrag. (Abg. Scheibner: Noch geht das!) Einige Zeit nachher wurde dann entspre­chendes Personal, Psychologen et cetera, eingesetzt. (Abg. Scheibner: Mit sechs Monaten wird das schwieriger!)

Wir haben doch, meine Damen und Herren, die zeitlichen Abläufe gehört. (Abg. Scheibner: Noch!) – Noch sind wir in der Lage, und ich denke, dass die Grundwehr­diener dies auch mit einer sechsmonatigen Ausbildung schaffen werden. Die Verteidi­gungsminister vergangener Zeiten werden das sicher respektieren und bestätigen können. (Abg. Scheibner: Das wird erst die Praxis zeigen!)


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Was ich Ihnen noch sagen möchte, ist, dass ich der Bevölkerung unseres Landes dan­ken möchte, die bereit war, wieder einmal in beispielhafter Konsequenz zu spenden, Gelder zur Verfügung zu stellen für alle, die von dieser Katastrophe betroffen waren. Natürlich könnte ich jetzt sagen, ich freue mich darüber, dass die Österreichische Volkspartei Oberösterreichs zwei Mal 3 000 € zur Verfügung stellen konnte – zwei Mal 3 000 € zusätzlich zur Verfügung stellen konnte. Jetzt fragen Sie, warum. – Weil die SPÖ Oberösterreichs auf Grund ihrer Schmutzkübelkampagne beim Landtagswahl­kampf verurteilt wurde, konnten wir zwei Mal 3 000 € überweisen. Dieses Geld ist sicher gut angelegt, aber es wäre nicht notwendig gewesen. (Beifall bei der ÖVP.) Daher meine ich, dass man sich diesbezüglich ein wenig im Zaum halten sollte.

Das heutige Gesetz ist ein erster Schritt in Richtung Tsunami-Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Damit gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 821 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein ent­sprechendes Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend die EU-Richtlinie zur Patentierung computerimplementierter Erfindungen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und daher abgelehnt.

19.45.1914. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Siebenundzwanzigsten Bericht (III-79 d.B.) der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 2003) (822 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zum 14. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. Freiwillige Rede­zeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


19.45.50

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr gehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich möchte mit einem herzlichen Dank an die Volksanwälte – Herr Dr. Kostelka und Frau Bauer sind anwesend – und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beginnen. Sie alle haben ausgezeichnete Arbeit geleistet. Der für das Jahr 2003 erstellte Bericht


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der Volksanwaltschaft ist wiederum übersichtlich, sehr gut gegliedert, lesbar und infor­mativ. (Allgemeiner Beifall.)

Die Zahl der Anbringen erfuhr wiederum eine Steigerung um 6 Prozent auf 15 787, wobei 6 561 einem Prüfungsverfahren unterzogen wurden. In etwa zwei Drittel davon betrafen die Bundesverwaltung, ein Drittel die Landes- und Gemeindeverwaltung. Die Zuschauerquote von weit über 400 000 Menschen zeigt, dass die ORF-Sendung „Volksanwalt – Gleiches Recht für alle“ sehr gut von der Bevölkerung angenommen wird. Positiv hervorzuheben ist auch die Abhaltung von Sprechtagen, vor allem auch in den Bundesländern. Insgesamt waren es im Jahr 2003 270 Sprechtage. Ein Online-Beschwerdeformular via Internet und eine telefonische Auskunftserteilung für Rat- und Hilfesuchende runden die Möglichkeiten, Anbringen einzubringen, ab.

Auch dieser 27. Bericht enthält eine Reihe von legistischen Anregungen, die sich aus der Tätigkeit der Volksanwaltschaft ergeben. Ein eigenes Kapitel widmet die Volksan­waltschaft wiederum Grundrechtsfragen, und primär stehen hier die langen Verfah­rensdauern im Vordergrund, und zwar nicht nur im Bereich der Justiz und der Bundes­verwaltung, sondern auch im Bereich der Gemeinde- und Landesverwaltung.

Mit Interesse habe ich die Vorschläge zur Weiterentwicklung der Volksanwaltschaft studiert, die auch dem Konvent übermittelt wurden. Es ist dies zwar eine Ferrari-Lösung, aber es finden sich sicher einige gut umsetzbare Ideen darunter.

Ich danke nochmals allen Beteiligten für die von uns allen, glaube ich, sehr geschätzte Arbeit. (Allgemeiner Beifall.)

19.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Marizzi zu Wort. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


19.48.04

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geschätzten Volks­anwälte! Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch beginnen mit dem Dank meiner Fraktion an die Volksanwälte und ihre Mitarbeiter für die geleistete Arbeit. Ich glaube, dass die Abgeordneten dieses Hauses die Arbeit der Volksanwälte auch insofern schätzen, als sie auch durch die Arbeit der Volksanwälte in ihrem Bezirk unterstützt werden, sei es bei Sprechtagen, sei es bei Vorsprachen, sei es im Auskunftsdienst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich steckt hinter diesen Berichten, die wir das letzte Mal im Verfassungsausschuss sehr ausführlich diskutiert haben, viel Arbeit. Man kann mit Stolz vermerken, dass die Arbeit der Volksanwälte jedes Jahr hier im Parlament eine besondere Auszeichnung erfährt. Es steckt, wie gesagt, nicht nur viel Arbeit und Lösungskompetenz der Volksanwälte dahinter, sondern dahinter stehen auch viele Einzelschicksale.

Mein Kollege hat die Zahlen schon erwähnt. Es gab 15 787 Anbringen, und 6 561 davon wurden einem Prüfungsverfahren unterzogen. – Darauf kann man stolz sein.

Es wurde der Volksanwaltschaft mehr Personal zur Verfügung gestellt, wir haben aber noch nicht das internationale Niveau, das sich die Volksanwälte wünschen. Wir sind aber auf gutem Wege.

Die Steigerungen sind jedes Jahr gigantisch. Es ist auch eine Verkürzung der Verfah­rensdauer zu verzeichnen. Wenn man sich am vergangenen Samstag die letzte Sen­dung im Fernsehen angesehen hat, dann kann man nur sagen: kleine Ursachen – große Wirkung. Es war sensationell, wie das Beispiel mit der Salzburger Werbefläche


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gelöst worden ist. Ich glaube auch, dass die TV-Sendung „Volksanwaltschaft“ dazu beiträgt, die Arbeit unserer Volksanwälte besonders hervorzustreichen.

Es ist eine gute Leistungsbilanz. Wir danken Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

19.50

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Haupt. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Herr Abgeord­neter, ich habe jetzt beide Augen zugemacht. (Abg. Mag. Haupt – zum Rednerpult eilend –: Ich bin gerade am Handy angerufen worden, dass ich jetzt reden muss!)

 


19.50.20

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Frau Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Der heute vorliegende Bericht der Volksanwaltschaft ist wie jeder ihrer Berichte einer, der uns allen hier im Parlament, aber auch sehr vielen in der österreichischen Verwaltung Anlass zum Nachdenken geben sollte. Im Gegen­satz zu meinem Vorredner Peter Marizzi möchte ich sagen: Es wäre aus meiner Sicht hilfreich, nicht nur die Samstagssendung der Volksanwälte zu haben, sondern vielleicht auch einmal eine Direktübertragung der Debatte über den Bericht der Volksanwalt­schaft zu einer nicht nachtschlafenden Zeit (Abg. Dr. Niederwieser: Bitte, Herr Haupt! Um 20 Uhr nicht! – Abg. Mandak: Wann gehen Sie denn schlafen, Herr Kollege?), weil ich einfach glaube, dass sehr viele Einzelfälle und Bürgeranliegen, die in diesem Be­richt enthalten sind, es verdient hätten, auch vor einer breiteren Öffentlichkeit diskutiert zu werden, als es in meiner jetzt immerhin auch schon bald 20-jährigen parlamenta­rischen Erfahrung im Regelfall geschieht.

Ich glaube, dass die Fernsehsendung für die Volksanwaltschaft und im Hinblick auf die dort vorgebrachten Anliegen, auch wenn man die Frequenz der Fälle sieht, durchaus positiv und befruchtend war, weil sehr viele Bürger, die an der Rechtsstaatlichkeit unseres Staates und an der ordnungsgemäßen Abwicklung und Abführung ihrer Anlie­gen Zweifel hatten, hier eine Anregung erhielten und vor Augen geführt bekamen, dass es in diesem Staate doch Instanzen gibt, an die es sich zu wenden lohnt.

Ich möchte mich auch ausdrücklich bei Kollegem Kostelka für die gute Zusammen­arbeit mit der Volksanschaft in der Zeit, in der ich in der Verwaltung an der Spitze eines Ministeriums stand, bedanken. Ich glaube, zumindest aus meiner Sicht sagen zu können, dass wir im Bereich der Menschen mit Behinderungen, aber auch im Fall von Opferfürsorgefällen, die oft jahrzehntelang liegen geblieben waren, sehr gute Ergeb­nisse erzielen konnten und hier den Bürgern einiges für ihr zukünftiges Leben erleich­tern konnten, was die Verwaltungen in der Vergangenheit hier anders, um nicht zu sagen kleinlicher gesehen haben, als es der Buchstabe des Gesetzes eigentlich bei Auslegung unter Berücksichtigung der Interessen der Bürger tatsächlich vorgesehen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte mich aber einem besonderen Kapitel zuwenden, wo ich selbst Betroffener bin und das auch Gegenstand dieses Berichtes ist, nämlich dem Kapitel über den Fonds für die Hepatitis-C-Erkrankten. Herr Volksanwalt! Ich glaube, dass hier die Anregung der Volksanwaltschaft, den bestehenden Fonds für die Geschädigten, die als Blutspender oder als Plasmaspender heute in den Genuss dieses Fonds kommen, auf die gesamte Gruppe auszuweiten, eindeutig am Ziel vorbeigeht. Wenn nämlich bei 128 000 bekannten Erkrankten, die es heute in Österreich gibt, mit den vorhandenen Mitteln des Fonds, der zu einem Teil von der Wirtschaft gespeist wird, die gesamte Gruppe bedacht werden soll, dann kann man sich ausrechnen, dass die Mittel ein­deutig unzureichend wären, und das würde den Interessen der zunehmenden Gruppe jener, die als Blut- oder Plasmaspender selbst zu Schaden gekommen sind, zuwider-


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laufen. Ich glaube, wir werden hier im Rahmen der Sozialgesetzgebung insgesamt einen Weg finden müssen, um chronisch Kranken entsprechend besser entgegenzu­kommen.

Ich bin mit Ihrem Anliegen, den Personenkreis auszudehnen, durchaus einverstanden, aber ich bin nicht damit einverstanden, dabei nur auf den Fonds mit seinen jetzigen Mitteln beschränkt zu sein, sondern ich glaube, dass es da einen neuen Weg geben müsste, der darin bestehen müsste, über besondere Regelungen der Krankenversiche­rung für chronisch Kranke vorzugehen.

In diesem Zusammenhang habe ich auch eine besondere Bitte an unsere Wiener Abgeordneten hier im Hohen Haus: Setzen Sie sich doch bitte endlich auch dafür ein, dass in der Wiener Straßenverkehrsordnung für die öffentlichen Verkehrsmittel endlich jener Paragraph gestrichen wird, laut welchem Patienten, die dem Epidemiolo­giegesetz unterliegen, öffentliche Verkehrsmittel nicht benützen dürfen! Wenn es nämlich lege artis geht, dann dürfte man in Wien als Hepatitis-C-Kranker nicht mit der U-Bahn, nicht mit der Straßenbahn und nicht mit dem Bus fahren. Ich glaube, das ist eine Regelung, die einfach überholt ist, und es sollte auch der Gemeinde Wien nicht schwer fallen, diesen Punkt aus ihren Beförderungsbestimmungen für die Wiener Öffis herauszubringen. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abgeordneten Mag. Wurm und Haidlmayr.)

19.54

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste ist Frau Abgeordnete Mag. Stoistis zu Wort gemeldet. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeord­nete.

19.55.00

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Ich habe nicht bei allen Vorrednern genau aufgepasst, aber ich nehme an, alle haben sich bei der Volksanwaltschaft bedankt – bei Ihnen als Repräsentanten der Volks­anwaltschaft und das heißt, auch bei all ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – für die Arbeit, die zwischen dem einen und dem nächsten Bericht geleistet wurde. Und wie wir jetzt auch schon mehrfach gehört haben, wird die Arbeit nicht weniger, sondern sie wird mehr – obwohl die Volksanwaltschaft eigentlich von Jahr zu Jahr weniger Zustän­digkeit hat.

Aber – und da möchte ich mich vorweg gleich ganz besonders bedanken – selbst wenn die Politik die Volksanwaltschaft nicht so behandelt, wie sie es gerne hätte, was ihre Kompetenzen, ihre Möglichkeiten betrifft, hat die Volksanwaltschaft in den letzten Jahren auch ihren eigenen Arbeitsbereich ausgedehnt, und ich möchte in diesem Zusammenhang ganz besonders auf den Grundrechtsteil des Berichtes, der sozu­sagen das jüngste Berichtskind ist, hinweisen. Für uns ist das eine ganz wesentliche Unterstützung der Arbeit, vor allem im Hinblick darauf, dass es ja für jene Kolleginnen und Kollegen, die in Menschenrechts-Problembereichen engagiert und tätig sind, wenn es um das Grundrechts- und Menschenrechtsbewusstsein in der österreichischen Ver­waltung – aber nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in der Justiz, was aber sozusagen nicht Ihr Aufgabengebiet ist – geht, oft notwendig ist, darauf hinzuweisen, dass dieses bedauerlicherweise manchmal äußerst mangelhaft ist.

Darum sind diese Berichte, die die Volksanwaltschaft legt, sozusagen mit dem Blick des Objektiven, aber nicht Unparteiischen – denn Sie ergreifen ja Partei, nämlich für jene, die sich an Sie wenden und hier auch auf Mängel hinweisen –, meiner Ansicht nach eine ganz wertvolle Hilfe auch bei der Anstrengung, Grundrechtsbewusstsein nicht nur in die Verwaltung und in die Justiz, sondern auch quasi in die Legistik und in


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die Politik zu bringen. Der Grundrechtsteil des Berichtes ist, würde ich sagen, das Vor­bildhafteste, was wir hier im Nationalrat zu behandeln haben, denn so etwas wie einen Menschenrechtsbericht oder Grundrechtsbericht von anderen Ressorts gibt es ja nicht. In manchen Ressorts wird selbstverständlich auf Problemstellungen Bezug genom­men, aber es hat keine Systematik. Darum bin ich für diesen Teil des Berichts ganz besonders dankbar und habe auch als Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses schon überlegt, wie dieser Ausschuss mit der Volksanwaltschaft und mit deren Tätig­keit sozusagen enger verknüpft werden könnte. Ich werde für das nächste Jahr den Vorschlag machen, ob wir diesen Teil des Berichtes unter Umständen auch gesondert diskutieren könnten, da die Kollegen, die im Menschenrechtsausschuss beziehungs­weise auch von ihrer Interessenlage dieser Thematik vielleicht mehr Augenmerk schenken, sich vielleicht auch hier damit gerne beschäftigen möchten.

Ich möchte heute einen Punkt herausgreifen, den Sie im Bericht aufbereitet haben, und das ist die Frage der Kostenersatzpflicht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bei der Bewilligung von Verfahrenshilfe. Ich weiß schon, dass ich mich damit beim Verwal­tungsgerichtshof nicht beliebt mache, denn ich höre schon: völlig überlastet!, und: kommt sozusagen eh nicht zurecht mit der Arbeit!, aber bitte, was ungerecht ist, bleibt ungerecht, auch wenn der Verwaltungsgerichtshof noch so viel Arbeit hat. Und dieses Kostenrisiko, das die Beschwerdeführer zu tragen haben – jetzt immer im Gegensatz zum Verfassungsgerichtshof –, ist einfach eine Barriere und ist aus – wie soll ich das nennen? – gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten nicht akzeptabel. Und – dies jetzt für Sie zur Information – wir in der grünen Fraktion haben uns auch überlegt, hier einen legistischen Vorstoß zu machen, um das Parlament auf diesen Mangel hinzuweisen, denn offensichtlich ist es zu wenig, dass die Volksanwaltschaft das tut, denn eine Lehre wurde – wie bei so vielen anderen legistischen Anregungen – nicht gezogen.

Nun meine letzte Feststellung – sie betrifft die legistischen Anregungen. Ich habe jetzt die Unterlagen vom damaligen Ausschuss nicht mit – aber die Frau Volksanwältin war ja anwesend –, da habe ich sozusagen legistische Anregungen zitiert. Diese sind wie ein Wanderpokal. Manchmal habe ich das Gefühl, seit es die Volksanwaltschaft gibt, werden dort Anregungen gemacht, und sie werden beharrlich ignoriert. Ich finde es bewundernswert, dass Sie weiter dabei bleiben, wenn es Beschwerdefälle gibt, und es zeigt auch irgendwie, dass das Verhältnis zwischen dem Nationalrat und der Volksan­waltschaft – die ja ein Organ des Parlaments, des Nationalrates ist – dadurch zwar nicht „belastet“ ist, aber dass wir einfach zu wenig aus dem Erfahrungsschatz, den Sie uns mit auf den Weg geben, machen. Das beklage ich, seit ich im Parlament bin, jährlich, und es ändert sich zu wenig.

Jetzt denke ich mir, man muss bei sich selbst beginnen, sich am – zwar nicht existen­ten – Krawattl packen und versuchen, sozusagen das Selbstbewusstsein der Parla­mentarier und auch der Fraktionen durch eine neue Initiative zu heben, denn sosehr ich mich freue, dass die Sendung am Samstag am frühen Abend ein wahrer Quotenhit ist – und das kann man wirklich so sagen, nämlich ein Quotenhit nicht nur für die Volksanwaltschaft, sondern auch für den ORF; es gibt also mehrere Nutznießer davon (Abg. Großruck: „Kommunizierende Gefäße“ nennt man so etwas!) –, so wenig nimmt quasi der Nationalrat die Anregungen und die Arbeit der Volksanwaltschaft meiner An­sicht nach – das ist meine Einschätzung – auch wahr. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin stolz auf die Volksanwaltschaft, auf die drei Volksanwälte, auf ihre Arbeit und auch auf die der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und möchte damit schließen, dass ich jenen Ideen, die im Rahmen des Österreich-Konvents – inzwischen müsste man schon fast sagen: Gott habe ihn selig! – da in die Diskussion geworfen wurden, wie Struk­turen zu ändern und nur einen Volksanwalt zu installieren, nichts abgewinnen kann.


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Ich möchte weiters sagen – richten Sie das bitte auch Herrn Volksanwalt Stadler, jetzt sozusagen mit dem sachlichen Blick auf seine Tätigkeit, aus –, dass ich zufrieden da­mit bin (Abg. Öllinger: Ich nicht!) und hoffe, dass ein paar von den legistischen Anre­gungen aufgenommen werden und viele Probleme, die an Sie herangetragen werden, in der souveränen Art wie bisher gelöst werden. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

20.02

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Grander. Ich erteile es ihr.

 


20.0226

Abgeordnete Maria Grander (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Mit dem jährlichen Bericht der Volksanwaltschaft im Parlament erbringt die Volks­anwaltschaft nicht nur einen beeindruckenden Leistungsnachweis, sondern stellt dem Nationalrat und dem Bundesrat wichtige Informationen zur Verfügung. Der Kontakt mit dem Nationalrat beschränkt sich ja nicht nur auf die jährliche Berichterstattung, son­dern die Volksanwaltschaft arbeitet auch mit dem Ausschuss für Petitionen und Bürger­initiativen des Nationalrates zusammen.

Die Volksanwaltschaft bietet seit nunmehr fast 28 Jahren eine gefragte Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger. Sie unterstützt nicht nur die Betroffenen, sondern übernimmt eine bedeutende Vermittlerrolle zwischen Behörde und Bürgerinnen und Bürgern. Für die Volksanwälte und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft ste­hen immer die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt. Wenn man diese Berichte liest, dann vermittelt sich das einfach dem Leser. Durch sie wird den Bürgerinnen und Bür­gern der Zugang zum oft sehr komplexen Recht erleichtert. Der Aufgabenbereich der Volksanwaltschaft reicht von schlichter Beratungstätigkeit bis hin zu konkreten Prüfun­gen der an sie herangetragenen Beschwerden.

Wie die früheren Berichte enthält auch der 27. Bericht der Volksanwaltschaft eine Reihe von legistischen Anregungen, die sich aus der Tätigkeit ergeben. In einigen Bereichen konnte die Volksanwaltschaft mit ihren Anregungen – wie auch schon in der Vergangenheit – bereits Erfolge verzeichnen. Ich nenne nur die Beispiele Tierschutz­gesetz, Kinderbetreuungsgeld bei Mehrlingsgeburten und bundeseinheitliches Heim­vertragsgesetz et cetera.

Durch den direkten Kontakt können sehr rasch Gesetzesfehlentwicklungen erkannt und in der Folge behoben werden. In der wöchentlichen ORF-Sendung der Volksanwalt­schaft, die bereits mehrere Male angesprochen wurde, wird über besonders berich­tenswerte Fälle aus ihrer Prüftätigkeit berichtet. Diese Sendung gibt es Gott sei Dank seit 2002 wieder, und wir haben schon gehört: Die Zuseherquote für den ORF ist sehr hoch; die Bürgerinnen und Bürger sind sehr interessiert an dieser Sendung.

Auch meinerseits herzlichen Dank für die unermüdliche Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.05

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


20.05.10

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volskanwalt! Als Obfrau des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen ist es mir ein besonderes Anliegen und nahezu eine Ehre, mich bei Ihnen, bei der Volksanwaltschaft, für die Vorlage dieses hervorragenden


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Berichtes zu bedanken. Herzlichen Dank! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Besonders erwähnenswert ist die hervorragende formale Gliederung und die damit verbundene leichte Lesbarkeit des Berichtes. Auch für Laien ist dieser Bericht gut ver­ständlich und auch oft so spannend, dass ich ihn den Bürgern und Bürgerinnen auch gerne als Abendlektüre ans Herz legen würde. Teilweise ist dieser Bericht spannend, man kann auch ab und zu schmunzeln, wenn der Amtsschimmel gar so wiehert, und ab und zu bleibt einem das Lachen im Halse stecken.

Nun bin ich auch bei einem Punkt, für den ich mich noch einmal bedanken möchte und der mir ein besonders großes Anliegen ist, und das ist der Teil Grundrechte, der auch von Ihnen behandelt wird. Dieser Grundrechtsteil ist wichtig. Ich habe mir das genau angeschaut, und da ist mir ein wirklich unglaublicher, nahezu haarsträubender Fall untergekommen. Ich möchte Ihnen diesen kurz schildern.

Brandstiftung in einem Ort: Ein Gendarmeriebeamter verdächtigt offensichtlich einen freiwilligen Feuerwehrmann. Der freiwillige Feuerwehrmann wird sozusagen perlust­riert, und zwar insofern, als an seinem Fahrzeug, also an seinem Auto ein Peilsender angebracht wird. Der Feuerwehrmann bemerkt, dass an seinem Auto etwas ist, wie es vorher nicht war, geht mit diesem Peilsender – er hat ja nicht gewusst, dass es ein Peilsender ist, er hat gedacht, das ist ein Sprengsatz – zur Gendarmerie und will das überprüfen lassen. Die Gendarmerie gibt die Auskunft: Tut uns Leid, hat mit uns nichts zu tun!, und verweist ihn auf den Rechtsweg, und zwar auf den zivilrechtlichen.

Gut. Der Brandstifter ist inzwischen überführt worden, wurde verhaftet. Die Volksan­waltschaft ist auch schon amtswegig eingeschritten. Die Behörde, und zwar dann das Bundesministerium für Inneres, hat aber trotz mehrmaligen Auskunftsverlangens der Volksanwaltschaft mehr als knapp reagiert, und man musste den Eindruck haben, dass dieses Vorgehen, dass keine Auskunft erteilt wird, mehr oder weniger vom Ministerium akzeptiert wird.

Wenn man sich diesen absurden Fall, diesen wirklich den Grundrechten, nämlich dem Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, widersprechenden Fall genau anschaut, sieht man, dass in diesem Bericht gesprochen wird – und das erfolgt sicher nicht leichtfertig – von „amtlichen Lügen“. Das sollte nicht passieren, und dass das aufgezeigt wird, ist, glaube ich, in einem Rechtsstaat wichtig. Und dass das abgestellt wird, ist noch wichtiger, sehr geehrte Damen und Herren!

Als Nächstes ist mir aufgefallen, dass besonders viele Fälle das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie betroffen haben, und zwar im Bereich der Führer­scheine, der Lenkerberechtigungen. Wir hatten heute das Führerscheingesetz auf der Tagesordnung, und in diesem Bericht ist eben zu finden, dass sehr vielen Führer­scheinbesitzern Lenkerberechtigungen aberkannt werden und dass da auch einiges im Argen liegt. Es ist von Volksanwalt Kostelka bei uns im Ausschuss schon darüber be­richtet worden. Auch da gibt es Handlungsbedarf, und ich hoffe, dass die Anregungen von Bundesminister Gorbach so schnell wie möglich aufgenommen werden (Abg. Scheibner: Sicher! Sicher!), damit da etwas geschieht, denn das Auto ist ein sehr wichtiger fahrbarer Untersatz für sehr viele Menschen. Es hängt davon zum Beispiel ab, ob sie rechtzeitig zur Arbeit kommen – wir haben nicht überall die öffentlichen Verkehrsmittel so, wie wir uns das wünschen würden –, und es bedeutet für sehr viele auch ein Stück Freiheit. Der Entzug der Lenkerberechtigung ist daher im heutigen Leben etwas sehr Einschränkendes.

Zum Abschluss, sehr geehrte Herren und Damen Volksanwälte, nochmals herzlichen Dank für Ihr Kapitel – dieses umfasst ja auch über 20 Seiten – „Weiterentwicklung der


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Volksanwaltschaft“. Ich kann Ihnen für mich und für meine Fraktion sagen: In den meisten Punkten werden wir Sie unterstützen.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg! Unsere Unterstützung haben Sie! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


20.10.02

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Mein Kollege Haupt hat ja bereits namens meiner Fraktion den ausdrücklichen Dank und die Anerkennung für Ihre Arbeit ausgesprochen. Ich glaube, dass gerade die jedes Jahr auftretenden Rekordzahlen an Beschwerdefällen zeigen, dass man Vertrauen in die Institution Volksanwaltschaft hat. Ich glaube nicht, dass die Verwaltung immer schlechter wird, sondern das Vertrauen in die Volksanwaltschaft ist immer mehr im Steigen begriffen. Das heißt, dass der Bürger das Gefühl hat, dass, wenn er sich an die Volksanwaltschaft mit einer Beschwerde wendet, das etwas Sinn­volles ist und auch etwas in der Sache unternommen wird.

Wir im Nationalrat hätten aus meiner Sicht die Verpflichtung, die Berichte der Volks­anwaltschaft rascher als bisher zu diskutieren und auch dafür zu sorgen, dass die betroffenen Ministerien und Verwaltungseinrichtungen auf die Empfehlungen der Volksanwaltschaft rascher und auch konsequenter reagieren, als das in der Vergan­genheit der Fall gewesen ist.

Ein Wort auch noch zur Zukunft der Volksanwaltschaft: Aus meiner Sicht ist es schön, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses bei der Volksanwaltschaft bedanken und ihr Unterstützung anbieten. Ich glaube, es wäre aber auch notwendig, beim Ergebnis des Konvents, das ja in Kürze hier im Hohen Haus sozusagen eintreffen wird, genauso vorzugehen, und ich gehe ja auch davon aus, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses dafür aussprechen, dass die Volksanwaltschaft in ihrem jetzigen Bestand beibehalten wird, und zwar mit den drei Volksanwälten, denn ich meine, eine Reduzierung auf einen Volksanwalt/eine Volksanwältin, wie das von manchen vorgeschlagen wurde, wäre nicht im Interesse der Bürger. (Allgemeiner Beifall.)

Die Beschwerdeführer/Beschwerdeführerinnen möchten mit dem Volksanwalt/der Volksanwältin in Kontakt treten – und nicht mit, selbstverständlich auch verdienstvollen, Beamten oder Büroleitern. Man möchte den direkten Kontakt haben. Bei der großen Zahl an Beschwerdefällen bei den Sprechtagen ist es notwendig, dass man die Volks­anwälte in ihrer Zahl belässt. Aus meiner Sicht ist das unumgänglich!

Wir sollten schauen, welchen Bedarf es auf Seiten der Volksanwälte gibt, um ihre Arbeit noch effizienter gestalten zu können. Darüber sollten wir uns im entsprechenden Ausschuss betreffend die Ergebnisse des Konvents unterhalten, aber nicht darüber, ob man – aus vordergründigen Sparsamkeitsargumenten, wie ich meine – eine Reduzie­rung bei der Volksanwaltschaft vornehmen sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wenn Herr Abgeordneter Scheuch jetzt zu telefonieren aufhörte, könnte Herr Abgeordneter Öllinger zum Rednerpult gehen. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Öllinger auf dem Weg zum Rednerpult –: Guter Vor­schlag, Herr Präsident, aber ich möchte es nicht davon abhängig machen! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch hört zu telefonieren auf. – Zwischenrufe bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

 



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20.13.03

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Fast einverstanden, aber ich möchte es nicht von den Telefonaten des Kollegen Scheuch abhängig machen. (Beifall bei den Grünen.)

Zur Volksanwaltschaft, meine sehr geehrten Damen und Herren – und damit auch gleich ein Wort der „Kritik“ an meine Vorrednerin und Parteikollegin Terezija Stoisits: Sie hat ja allen gedankt. Das würde ich auch machen, ja, im Prinzip schon, trotzdem möchte ich bei dieser Gelegenheit, obwohl das kein Punkt aus diesem Bericht ist, hervorheben – und es tut mir wirklich Leid, dass Herr Volksanwalt Stadler heute nicht da ist –, dass mir etwas in unangenehmer Erinnerung ist, eine Erinnerung, die gerade deshalb so stark ist, da Kollege Stadler im Bericht der Volksanwaltschaft für das Jahr 2001 betreffend seinen Besuch der Strafanstalt Stein – und wir haben heute über den Punkt diskutiert, was das Gurtenbett betrifft – einen Bericht abgeliefert hat (Abg. Scheibner: Da war mir die Rede der Frau Stoisits lieber!) – bitte, Herr Kollege Scheibner, ich mache es eh nicht polemisch! –, der in keiner Weise den Realitäten im Zusammenhang mit dem Gurtenbett in Stein entsprochen hat.

Heute, dank der Frau Justizministerin Miklautsch, Ihrer Parteikollegin – ich bringe das auch über die Lippen (Abg. Scheibner: Na hoffentlich! Das kann ja nicht so schwer sein!) –, liegt uns ein Bericht einer Expertenkommission vor, der das, was Kollege Stadler damals festgehalten hat, zu 100 Prozent widerlegt. Das war ein Reinwa­schungsbericht, und ich bin sehr froh, dass damals – ich habe das als Unikat in Erinnerung – im Bericht der Volksanwaltschaft Volksanwalt Dr. Kostelka von seinem Recht auf abweichende Stellungnahme Gebrauch gemacht hat. Sonst wäre das etwas gewesen – mit dieser damaligen Stellungnahme des Kollegen Stadler –, was der Volksanwaltschaft als Institution nicht gut getan hätte. Aber im Übrigen nehme ich an, dass Kollege Stadler – genauso wie die beiden anderen Volksanwälte – seine Arbeit bemüht und engagiert macht.

Ich bin nach wie vor voll des Lobes und der Dankbarkeit für die Berichte der Volks­anwaltschaft und greife jetzt nur kurz vier Punkte heraus.

Punkt eins: Hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, so heißt es im Bericht, beziehungsweise deren Mitglieder besteht Regelungsbedarf. – Ja! Danke, werte Volksanwälte, das glauben wir auch.

Dass Regierungsmitglieder zwei, drei, vier Tage vor der Wahl noch schnell entdecken, dass sie unbedingt ihre Öffentlichkeitsarbeit in einem Rechenschaftsbericht den Wäh­lerinnen und Wählern mitteilen wollen, ist inakzeptabel! – Dass die Volksanwaltschaft in einer sehr guten Stellungnahme aus einem Anlassfall – das betrifft die Frau Außen­ministerin – dazu Stellung genommen hat, weil es eine Beschwerde gegeben hat, finde ich gut.

Punkt zwei: Pensionsversicherung – ich greife das heraus, was die Volksanwaltschaft in einer sehr detaillierten und auch mühseligen Recherche herausgearbeitet hat –: Wenn die Verfahrensfristen für Invaliditätspensionen, bis sie erledigt werden, acht, neun, zehn, elf, zwölf Monate bis zur positiven Erledigung dauern, so ist das inakzep­tabel!

Wenn die Volksanwaltschaft noch einen Schritt dazu setzt und sagt: Ja, Moment, kurz nachgedacht: Wie ist uns denn die Zusammenlegung der Pensionsversicherungsan­stalten dargestellt worden? – Mehr Effizienz, kürzere Verfahrensabläufe! Wenn das jetzt als Zwischenergebnis das genaue Gegenteil ist, dann kann ja irgendetwas nicht stimmen.


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Wenn es nach wie vor – das Jahr 2003, auf das sich dieses Jahr bezieht, ist vorbei! – überlange Verfahren bei der Pensionsversicherungsanstalt gibt, so kann doch etwas nicht stimmen! Es ist Ihre Aufgabe als Regierungsparteien – nicht nur, weil es die Volksanwaltschaft festgestellt hat, sondern weil da Zehntausende Leute davon abhän­gig sind! –, daran etwas zu ändern.

Dritter Punkt: Arbeitslosenversicherung. – Ich finde es super, dass die Volksanwalt­schaft feststellt – wieder in einer sehr detaillierten Recherche –: Auf der einen Seite bekommen die Leute nicht die Kurse, die sie haben wollen und die sie bräuchten – da sagt die Volksanwaltschaft sehr differenziert: Ja, das wird nicht immer gehen, die Ressourcen sind begrenzt! –, aber wenn dann jemand am Freitag, Samstag, Sonntag einen Kurs macht, etwa über Sozialmanagement an der Universität, sagt das AMS: Halt, du machst den Kurs selbst, wir haben dich nicht beauftragt, wir haben zwar keinen Kurs, der für dich passt, aber selbst darfst du auf keinen Fall einen machen! Das ist nämlich ein Grund, um das Arbeitslosengeld zu streichen. – Mit dieser Feststel­lung legt die Volksanwaltschaft den Finger auf einen ganz wunden Punkt, denn das ist wirklich inakzeptabel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist inakzeptabel, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dann, wenn die Leute selbst initiativ werden und sich um Qualifizierung bemühen, weil es das AMS aus monetären Gründen teilweise tatsächlich nicht schafft, teilweise aber auch deshalb nicht macht, weil es lieber die Leute in irgendein sinnloses Job-Coaching steckt, das den meisten Leuten nichts bringt – aber sei’s drum! –, also wenn die Leute sich selbst anstrengen und für ihre Qualifizierung etwas tun, die Antwort die ist, dass man ihnen das Arbeitslosengeld streicht, obwohl das geltendes Recht ist, dann muss ich sagen: Danke, werte Volksanwälte, es ist gut, dass es die Volksanwaltschaft gibt, die auch darauf aufmerksam macht, weil das ein wirklich unhaltbarer Zustand ist! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Langreiter. – Bitte.

 


20.19.14

Abgeordneter Mag. Hans Langreiter (ÖVP): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Arbeit der Volksanwalt­schaft kann nicht hoch genug gewürdigt werden. Die Volksanwaltschaft ist ja auch ein ruhender Pol oder sogar ein „Blitzableiter“ zwischen der Politik und denjenigen, die für den Vollzug zuständig sind.

Lassen Sie mich den Umkehrschluss machen und auch bemerken, dass neben den vielen Fällen, die die Volksanwaltschaft in justiz- und verwaltungsbehördlichen Verfah­ren zu behandeln hat, auch viele Fälle, nämlich 3 336 geprüfte Fälle, keinen Anlass zur Beanstandung gegeben haben. Ich möchte den Umkehrschluss auch dahin gehend machen, dass auch die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst durchaus hervorragende Arbeit leisten.

Es steck bei jedem Fall berechtigte Sorge dahinter – das geht ganz in die Tiefe, in das Zwischenmenschliche, das ist keine Frage –, aber ich glaube, dass trotzdem auch von den Mitarbeitern hervorragende Arbeit geleistet wurde.

Meine Damen und Herren! 1979, soweit ich weiß, war Salzburg das erste Land, das von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, der Volksanwaltschaft auch die Kontrolle in der Landes- und Gemeindeverwaltung zu überlassen. Ich bin sehr stolz darauf. Unter anderem hat ein schwarzer Landeshauptmann bei uns auch auf die Verfahrensverzö­gerungen, auf die lange Verfahrensdauer reagiert. In Salzburg wurde ein Investitions-


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Beschleunigungsgesetz beschlossen, das sehr stark auf die Projektabwicklung, vor allem auf die Verfahrenskonzentration Rücksicht nimmt, und damit können die Verfah­ren schneller abgewickelt werden.

Ich würde mir wünschen, dass sich die Volksanwaltschaft hin und wieder – das ist aber leider nicht möglich – auch zu politischen Themen äußert, etwa dann, wenn man nach einem Jahr roter Regierung in Salzburg bemerkt, dass ein gezieltes Umfärben in den Behördenstrukturen vor sich geht, dass es ein langes Zögern und Zaudern im Zusam­menhang mit der Olympia-Bewerbung gegeben hat, dass eine verfehlte Verkehrspolitik gemacht wird, dass Kürzungen bei der Jugendarbeit und in Skigymnasien erfolgen, dass sich ein mangelnder Einsatz auch bei der Erhaltung unserer Kasernenstandorte zeigt und dass kein Gesundheitsplan auf dem Tisch liegt. All diese Dinge sind nach einem Jahr roter Führerschaft festzustellen! Es ist kein Leadership vorhanden, meine Damen und Herren. Nur nett zu sein, ist zu wenig. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich sage aber auch ganz offen: Umso interessanter ist dieser Volksanwaltschaftsbericht. Mein Kompliment für diese großartige Arbeit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.)

20.22

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


20.22.08

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Volksanwältin! Herr Volksanwalt! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich habe einer heuti­gen Zeitungsmeldung entnommen, dass Kollege Scheuch die Feier der SPÖ zum Gedenken an 1970, als die Sozialdemokraten die relative Mehrheit erreicht haben, mit Lächerlichkeit begutachtet und auch kommentiert hat.

Ich bedanke mich aber beim Herrn Klubvorsitzenden Scheibner, der die Volksanwalt­schaft generell gelobt hat, ohne fraktionellen Unterschied. Das zeigt, dass Kollege Scheuch in Bezug auf Geschichtsbewältigung der jüngeren Vergangenheit noch etwas nachholen muss. Es war Kreisky, der die Volksanwaltschaft mit installieren half. Das Parlament hat das natürlich dann gemeinsam beschlossen, keine Frage. Aber eine absolute Mehrheit war notwendig, um diese Gesetzwerdung in Gang zu bringen und Volksanwälte zu installieren. (Abg. Neudeck: Der hat eine freiheitliche Idee aufgegrif­fen! Damals hat die Sozialdemokratie noch mitgemacht!)

Auch ich gehöre zu jenen, meine Damen und Herren, die tiefen Respekt vor der Arbeit der Volksanwälte haben. 15 000 Fälle muss man erst einmal bearbeiten! Daher ist es wichtig, zu wissen, welche Kompetenzerweiterung aus der Sicht der Volksanwälte zur Effektivierung ihrer täglichen Arbeit notwendig wäre und welche Instrumentarien andere, vergleichbare Institutionen in Europa haben, über die wir noch nicht verfügen und deren Schaffung wir einmal überlegen sollten.

Meine Damen und Herren! 15 000 Fälle in unterschiedlichster Form muss man erst einmal bearbeiten, und wenn man sich diesen Bericht durchliest, dann findet man darin Beispiele, wo man sich fragt: Dazu braucht man einen Volksanwalt?

Ein Beispiel: Eine Behörde, eine Bezirkshauptmannschaft sieht zu, wie ein Unterneh­men mit 15 Angestellten, ein autorisiertes Unternehmen bei Abschleppungen und Kranarbeiten, von der Freiwilligen Feuerwehr sozusagen an die Wand gedrückt wurde. Es hat diese Behörde keinen Anlass gesehen, da einzuschreiten. Die Volksanwalt­schaft hat es dann gerichtet.

Also man hat dem Bezirksfeuerwehrkommandanten mehr geglaubt als dem Unterneh­mer, der dafür gesorgt hat, dass es möglich war, 15 Gehälter pünktlich auszuzahlen.


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Daher glaube ich, dass die Institution Volksanwaltschaft mehr denn je notwendig ist. Ich halte auch nichts von Reduzierungen auf einen Volksanwalt und einen Stellvertre­ter. Dem Vorschlag: Den Vorsitzenden bestimmt das Parlament, das Plenum hier im Nationalrat, den Stellvertreter der Bundesrat!, kann ich beileibe nichts abgewinnen. Ich denke sogar darüber nach, wie man es in Zukunft handhaben sollte, wenn man drei Volksanwälte hat, aber zwei starke und zwei schwächere Parteien. Dann sollte man meiner Meinung nach diese paritätisch behandeln, denn ein Volksanwalt mehr ist für dieses Land besser als einer weniger.

Was mir besonders schwierig bei diesen Vorschlägen erscheint, ist Folgendes: Wenn eine Regierung einen Vorsitzenden mit Hilfe ihrer Mehrheit im Parlament beschließt, dann sind meines Erachtens fast 50 Prozent der Bevölkerung, die sich an einen Ver­trauensmann ihrer Wahl wenden möchten, ausgeschlossen. Diese würden dann Pro­bleme beim Herantragen von Beschwerden haben.

Ich danke der Volksanwaltschaft. Und abschließend bitte ich den Kollegen Scheuch, nachzudenken, bevor er sich über Feierlichkeiten lustig macht, zu bedenken, was jene Leute, die er kritisiert, in der Vergangenheit geleistet haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Er hat etwas anderes gemeint!)

20.25

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


20.25.52

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht der Volksanwaltschaft zeigt jedes Jahr deutlich auf, welche Missstände es eigentlich in Österreich gibt, und diese Missstände sind nicht jedes Jahr neu, sondern es sind das Missstände, die es seit Jahrzehnten gibt und wo bis heute nicht die Bereitschaft besteht, dass man endlich gesetzliche Grundlagen schafft, damit eben diese Missstände nicht mehr vorkommen können.

Das stete Ansteigen der Zahl der Fälle, die bei der Volksanwaltschaft landen, zeigte gerade in den letzten Jahren, dass es zu ganz, ganz großen Reduktionen gekommen ist, wenn es um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger in Österreich geht.

Ich möchte dafür einige ganz konkrete Beispiele bringen.

Wenn man sich die Berichte der Volksanwaltschaft von 1995 bis 2000 anschaut, dann sieht man, dass das Spektrum Zivildienst so gut wie nie in Berichten der Volksanwalt­schaft vorgekommen ist, weil es nämlich halbwegs funktioniert hat. Aber seit dem Jahre 2000 steigt die Zahl jener jungen Männer, die sich bei der Volksanwaltschaft melden und um Unterstützung ersuchen, weil sich die Situation für Zivildienst Leis­tende in den vergangenen vier Jahren so massiv verschärft hat, dass sie in der Regel kaum mehr die Chance haben, mit ihrem Einkommen auch nur irgendwie auszukom­men. Das zeigt sich auch in diesem Bericht ganz deutlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Ich glaube, dass Sie doch endlich begreifen müssten, dass wir in Österreich eine Zivildienstregelung brauchen, die dafür sorgt, dass alle Zivildiener – unabhängig davon, bei welcher Ein­richtung sie tätig sind und aus welchem Bundesland sie kommen – gleich behandelt werden wie Wehrdiener: eben auch im Hinblick auf die Verpflegung.

Grundwehrdiener, die heute nicht in der Kaserne verpflegt werden können, erhalten nach dem Heeresgebührengesetz ein entsprechendes Verpflegungsgeld; das sind der­zeit 13,60 € pro Tag. Zivildienst Leistende hingegen werden in der Regel mit 4 bis 6 € pro Tag abgespeist (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht, Frau Kollegin!), und das ist


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eine eklatante Ungleichstellung, die endlich beseitigt gehört! (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht!)

Ich erwarte mir, nachdem es jetzt die Reform des Zivildienstgesetzes geben wird, dass es endlich dazu kommt, dass Zivildienst Leistende zumindest 13,60 € pro Tag an Ver­pflegungsgeld bar auf die Hand bekommen, damit damit die Finanzierung des Essens sichergestellt ist.

Wers nicht glaubt, welche Problematiken es im Zivildienstbereich gibt, der braucht sich nur die Bescheide des Verfassungsgerichtshofes anzuschauen und der braucht nur den Bericht der Volksanwaltschaft zu lesen, dort wird er das finden können. Ich bin froh darüber, dass die Volksanwaltschaft diesen Bereich aufgegriffen hat, genauso wie den Bereich von Menschen mit Behinderungen, wo es noch immer – leider! – sehr, sehr große Missstände gibt und wo Betroffene monatelang, ja jahrelang um ihre Rechte kämpfen müssen.

Ich nehme dafür jetzt auch ein Beispiel her, damit Sie sehen, wie schlimm da die Situa­tion ist. Wenn heute ein Pflegegeldbezieher/eine Pflegegeldbezieherin in einer Sonder­anstalt leben – in einem Altenheim, in einem Behindertenheim oder wo auch immer – und ins Krankenhaus muss, dann wird für diese Zeit das Pflegegeld mit Recht an die Institution nicht ausbezahlt. – Das ist korrekt, weil ja die Institution in diesem Fall keine Betreuung übernimmt.

Aber – und jetzt kommt´s! – in dieser Zeit wird dem Insassen/der Insassin dieser Einrichtung auch das Taschengeld gestrichen! Das heißt, wenn heute jemand zwei Monate – oder sei es auch nur vier Wochen – durchgängig im Krankenhaus verbringen muss, dann hat er in dieser Zeit, wenn er nicht auch gleichzeitig Anspruch auf eine Eigenpension hat, null Cent zur Verpflegung! Der kann sich weder Seife kaufen, noch eine Zahnbürste, noch sonst irgendetwas!

Das gehört endlich geregelt, damit Menschen, die in Sonderanstalten leben müssen, zumindest so viel Geld erhalten, dass sie ein menschenwürdiges Dasein führen kön­nen. Und das bezieht sich nicht nur auf Bett, Nachtkastel und vielleicht einmal am Tage ein warmes Essen. – Da geht es um Grundrechte, und diese müssen auch Menschen zugestanden werden, die Insassinnen und Insassen von Sonderanstalten sind! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Volksanwalt Dr. Kos­telka. – Bitte.

 


20.31.38

Volksanwalt Dr. Peter Kostelka: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Die Volksanwaltschaft hat von allen Fraktionen die­ses Hauses Dank erhalten. Das ermöglicht Kürze – und, ich würde meinen, verpflichtet sogar dazu.

Herr Abgeordneter Haupt! Auch ich darf Ihnen für Ihre Tätigkeit als Bundesminister für Soziales und Generationen und die stets konstruktive Zusammenarbeit mit der Volks­anwaltschaft sehr herzlich danken. Wenn ich alleine daran denke, dass es möglich war, auf Grund einer Anregungder Volksanwaltschaft einen Pensionsanspruch für jene zu verwirklichen, die bereits mit erheblichen Erkrankungen in das Berufsleben einge­treten sind und später keine berufliche Tätigkeit mehr ausüben können, so war das ein Meilenstein, auf den wir uns schon einige Jahre zubewegt hatten.

Ich darf aber auch mit aller Deutlichkeit hinzufügen: Es ist die Aufgabe der Volks­anwaltschaft, nicht zufrieden zu sein. In diesem Zusammenhang darf ich beispiels­weise an die notwendige Reform des Verbrechensopfergesetzes erinnern, über die wir


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Gespräche führen. Aber auch eine Vereinheitlichung der Sozialhilfegesetze, die außer­ordentlich heterogen sind, sollten in Angriff genommen werden, da die derzeitige Situation nicht wirklich befriedigend ist.

Herr Ex-Bundesminister! Wir haben vorgeschlagen, dass die Entschädigungsleistun­gen im Zusammenhang mit Hepatitis C ausgeweitet werden. Wenn Sie die Dinge so anschneiden, dann darf ich aus meiner Sicht hinzufügen, dass überhaupt sowohl der gesamte Bereich von Hepatitis und anderen derartigen Erkrankungen als auch das gesamte Impfschadengesetz neu überlegt gehören. Wir sind gerne bereit, in diesem Zusammenhang in Gespräche einzutreten. Ich darf mit aller Deutlichkeit feststellen, dass Österreich da Anpassungsbedarf hat und den Anschluss an die internationale Entwicklung zu versäumen droht.

Frau Abgeordnete Stoisits! Danke vielmals für die freundlichen Bemerkungen zum Grundrechtsteil unseres Berichtes. Auch in der Rede von Frau Abgeordneter Wurm fiel eine Bemerkung dazu. Sie haben sich eine gesonderte Diskussion dazu gewünscht. Das ist ein berechtigter Wunsch, und die Volksanwaltschaft wird ihrerseits in keiner Weise Einwände dagegen erheben. Ganz im Gegenteil: Es war eine Entscheidung die­ses Hauses, dass die Volksanwaltschaft pro Jahr nur einen Tätigkeitsbericht vorlegen darf. Daher müssen wir unsere Ergebnisse und Vorschläge zusammenfassen.

Wenn es zu einem Einvernehmen käme, dass die Volksanwaltschaft dem Nationalrat auch Sonderberichte vorlegen könnte, wäre es durchaus sinnvoll, beispielsweise einen gesonderten Menschenrechtsbericht zu erstellen und diesen im Menschenrechtsaus­schuss zu erörtern.

Eine der Schwächen unserer derzeitigen Diskussion ist ja überhaupt, dass wir die gesamte Palette der Prüfungstätigkeit der Volksanwaltschaft in einem einzigen Bericht abhandeln müssen.

Ich gebe der Frau Abgeordneten Stoisits auch hinsichtlich der Problematik der Kos­tenerstattung im Falle eines negativen Ausganges eines Verwaltungsgerichtshof-Verfahrens im Falle des Verlustes eines Prozesses Recht: Meine Damen und Herren, man muss sich Folgendes vorstellen: Da hat jemand einen letztinstanzlichen Bescheid erwirkt und will – weil ohne Einkommen – den Verwaltungsgerichtshof anrufen. Es fin­det eine Prüfung über die Sinnhaftigkeit der Beigebung eines Verfahrenshilfeanwaltes in dieses Verfahren statt. Die Sinnhaftigkeit der Prozessführung wird ausdrücklich von Richtern bejaht, und dann wird das Verfahren   was hie und da leider auch passiert – verloren, und jemand, der wirklich zu den Ärmsten der Armen zählt, muss in diesem Fall der obsiegenden Behörde die Prozesskosten ersetzen.

Das ist unbillig, gilt nicht hinsichtlich der mittels Verfahrenshilfe angestrengten Verfah­ren beim Verfassungsgerichtshof, sehr wohl aber vor dem Verwaltungsgerichtshof. Wir sollten in diesem Zusammenhang im Gespräch bleiben.

Offensichtlich ist auch das, was Frau Abgeordnete Wurm angesprochen hat, nämlich die bundesweit nicht einheitliche Beurteilung durch Amtssachverständige, insbeson­dere von Medizinern im Führerscheinbereich, ein Problem.

Wir prangern das deswegen so deutlich an, weil die Vorgangsweise außerordentlich heterogen ist. In manchen Bezirken dieser Republik ist der Amtsarzt das, was ihm das Gesetz vorgibt, nämlich ein medizinischer Amtssachverständiger. In manchen anderen Bezirken ist es aber so, dass der amtssachverständige Arzt agiert, als wäre er selbst die Behörde und könne ein Gesetz so vollziehen, wie es dieses Haus nicht beschlos­sen hat, indem nämlich Befristungen ausgesprochen werden, die durch das Führer­scheingesetz und die dazu erlassenen Verordnungen keine Deckung finden.


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Herr Abgeordneter Scheibner! Es ist richtig, dass die Bekanntschaft der Volksanwalt­schaft relativ hoch ist – mit rund 75 Prozent international sogar außerordentlich hoch. Das ist eine der positiven Auswirkungen der TV-Sendung. Ich darf in diesem Kreis auch ganz offen sagen: Die zweite wichtige Auswirkung positiver Natur ist, dass die Verwaltung auch unsere Kritik ernster nimmt. Die Waffengleichheit zwischen Volksan­waltschaft und Verwaltung ist in diesem Zusammenhang gegeben.

Herr Abgeordneter Öllinger! Lassen Sie es mich in aller Ruhe und aller Zurückhaltung, aber in aller Deutlichkeit sagen: Die Volksanwaltschaft hat keinen Stein-Sonderbericht vorgelegt.

Das, was Sie aber im Zusammenhang mit den Verfahrensverzögerungen bei der Pensionsversicherungsanstalt feststellen, ist richtig. Wir müssen bedauernd berichten, dass sich die Erledigungsdauer in der Zwischenzeit – im Jahr 2004 und auch zu Beginn des Jahres 2005 – nur leicht verbessert hat, dass wir aber noch lange nicht jene durchschnittliche Verfahrensdauer erreicht haben, die vor der Zusammenlegung der beiden Pensionsversicherungsanstalten gegeben war. Sie ist erfolgt, um Synergie­effekte zu nutzen, um Verfahrensdauern zu verkürzen. – Das ist leider bislang aber nicht möglich gewesen.

Frau Abgeordnete Haidlmayr! Sie haben Recht, dass bei Unterbringung in Krankenan­stalten das Taschengeld beim Pflegegeld – und nur beim Pflegegeld – deshalb gestri­chen wird, weil im Falle einer Einweisung in eine Krankenanstalt das gesamte Pflege­geld ruht und Verpflegung sowie pflegerische Dienste vom Spital erbracht werden.

Es ist aber nicht so, dass das bei der Pension der Fall ist: Da bleibt selbstverständlich das Taschengeld erhalten. Sollte es in dem von Ihnen erwähnten Fall nicht so gewe­sen sein, so bitte ich Sie mit allem Nachdruck, der- oder demjenigen mitzuteilen, dass die Volksanwaltschaft zur Einleitung eines Prüfungsverfahrens zur Verfügung steht. – Danke vielmals. (Allgemeiner Beifall.)

20.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Bevor ich zur Abstimmung komme, erteile ich Herrn Abgeordnetem Scheuch für seinen Zuruf an Frau Abgeordnete Mag. Trunk, in der er sie als einen „Vernaderer“ bezeichnet hat, einen Ordnungsruf. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Neudeck: Er hat es aber mehrmals gesagt! Vielleicht könnte man zwei daraus machen!)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, den vorliegenden Bericht III-79 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diese Kenntnisnahme eintreten, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig angenommen.

20.39.5515. Punkt

Bericht des Rechnungshofausschusses über den Wahrnehmungsbericht (III-77 d.B.) des Rechnungshofes über Teilgebiete der Gebarung des Bundes (818 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

 


Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte, Sie sind am Wort.


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20.40.19

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Rund 90 Mil­lionen € hat diese blau-schwarze Regierung in den vergangenen Jahren für Werbung und Beratung verschleudert, und es drohen weitere 60 Millionen € in den Jahren 2005 und 2006. (Abg. Neudeck: Das braucht der Häupl in einem Monat! Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Motto, Kollege Neudeck, scheint zu sein: Trotz Millionen für Politikberatung ist die Politik schlecht, aber das macht Ihnen gar nichts: Da erhöhen Sie einfach die Werbe­ausgaben, denn zahlen tut es ohnehin der Steuerzahler. – Das ist Ihr Motto, meine Damen und Herren von FPÖ und ÖVP! Und Sie werden scheitern! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das glaubt dir doch niemand! Abg. Neudeck: In Wien hat er damit die Absolute! Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Der Rechnungshof empfahl bereits im Jahre 2003 – Ihnen von der FPÖ wird gleich das Lachen vergehen – Richtlinien, was die Werbung betrifft.

Ich nenne von den sieben Punkten nur zwei: Der eine ist doch selbstverständlich: dass nämlich Werbung sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig sein soll, wenn es um die Finanzierung von Öffentlichkeitsarbeit – und in Wirklichkeit von Information – geht, und dass der Eindruck vermieden werden muss, dass eine Einflussnahme zugunsten einer Partei stattfindet.

Meine Damen und Herren! Was die Beraterverträge betrifft, war ja schon Ex-Präsident Fiedler sehr deutlich, der gesagt hat, die Hälfte könne man sich sparen. – Das war ja noch eine noble Berechnung. Auch Rechnungshofpräsident Josef Moser sagt: Was ist mit den Beamten in den Ministerien? Warum wird nicht die Finanzprokuratur einge­setzt? Was ist mit dem Verfassungsdienst? Und warum – um Gottes Willen! – stellt man bei Beraterverträgen nicht einmal eine Kostennutzenrechnung an?

Die Forderungen des Rechnungshofes sind also glasklar: Es braucht Richtlinien, und es braucht Grundsätze. Was sagen die Parteien dazu, meine Damen und Herren? – Die FPÖ zum Beispiel sagte am 21. Juni 2003, auch die Freiheitlichen treten nun dafür ein, eine klare Regelung für Politikerwerbung anzudenken, wie sie Rechnungshofprä­sident Franz Fiedler vorgeschlagen hat. – Also, das Andenken, meine Damen und Her­ren von der FPÖ, dauert bei Ihnen ja schon jahrelang. So kann es ja wohl nicht sein!

Herr Staatssekretär Morak – er wird das ja heute hoffentlich bestätigen, wenn er Manns genug ist, zu seinem Wort zu stehen – hat dagegen am 19. Jänner 2005 ge­sagt, natürlich brauche es Richtlinien, was Werbung und Beraterverträge betrifft.

Das heißt, die FPÖ ist dafür, die ÖVP ist dafür, und die Grünen bringen gemeinsam mit der SPÖ einen entsprechenden Entschließungsantrag ein. Ich kann mir ja gar nichts anderes vorstellen, als dass sich, wenn doch alle Parteien dafür sind, hier die Mehrheit, ja die Einstimmigkeit finden wird.

Es geht bei diesem Entschließungsantrag ganz klar um Regelungen und Grundsätze, was Werbung und Beraterverträge betrifft, wie es auch Rechnungshofpräsident Dr. Jo­sef Moser empfohlen, ja gewissermaßen gefordert hat. Er hat den Nationalrat gerade­zu gebeten, da endlich etwas zu tun.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kräuter, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von ressortinternen Richtlinien hinsichtlich der Voraussetzungen für die Ver­gabe von Dienstleistungsaufträgen für externe Beratung und Öffentlichkeitsarbeit


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Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für externe Beratung und Öffentlichkeits­arbeit im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes umgehend zu erarbeiten.“

*****

Meine Damen und Herren! Noch einmal: Bei diesem Antrag geht es darum, einer Forderung zu entsprechen, die sich Spitzenrepräsentanten von FPÖ, ÖVP, von den Grünen und von der SPÖ vorstellen. Sie können dann bei der Abstimmung den Beweis antreten, ob Sie überhaupt Interesse an Sparsamkeit haben, ob Sie Ihre eigenen Aussagen überhaupt noch ernst nehmen, die Sie in der Öffentlichkeit und in Aus­schüssen tätigen, und – ich glaube, das ist das Allerwichtigste! – ob Sie noch in irgendeiner Form Respekt und Achtung vor dem Rechnungshof haben.

Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich beim Rechnungshof für die Arbeit, die er leistet, und ich versuche, ihn auch – ebenso wie die Grünen – mit Entschließungs­anträgen zu unterstützen.

Ich fürchte, dass Sie von der ÖVP und der FPÖ sich nur bedanken werden und sagen, Konsequenzen – „putz Licht“ (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Furcht ist ein schlechter Weg­begleiter!), das ist dann erledigt, Hauptsache wir sagen danke für die Arbeit. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

20.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Kräuter verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kräuter, Mag. Kogler, Kollegin­nen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kräuter, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von ressortinternen Richtlinien hinsichtlich der Voraussetzungen für die Ver­gabe von Dienstleistungsaufträgen für externe Beratung und Öffentlichkeitsarbeit

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Rechnungshof-Ausschusses über den Wahrnehmungsbericht (III-77 der Beilagen) des Rechnungshofes über Teil­gebiete der Gebarung des Bundes (818 der Beilagen)

Der Rechnungshof kritisiert im Rahmen der Prüfung von Auftragsvergaben über Bera­tungsleistungen in den Bundesministerien nachfolgende Problemstellungen:

Die in den Ressorts bzw. im Bundesbereich insgesamt vorhandenen Ressourcen wurden nicht genutzt und externe Experten auch dort zugezogen, wo nicht zu erwarten war, dass dies die Qualität und Erfolgswahrscheinlichkeit eines Projektes wesentlich erhöhen wird. Vor Auftragserteilung wurde die Notwendigkeit einer Fremdleistung teil­weise nicht geprüft und diesbezügliche Kosten-Nutzen-Überlegungen sowie die Gründe für die Auswahl eines Beraters nicht nachvollziehbar dokumentiert. Der Rech­nungshof empfahl, eine enge Zusammenarbeit von Fachabteilungen und externen Beratern anzustreben, um einen Know-How-Transfer sicherzustellen. Ebenso sollte die in den Ressorts zur Vergabefragen vorhandene Fachkompetenz konzentriert genutzt werden sowie den Qualitätskriterien bei der Bestbieterermittlung im Rahmen von


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Aufträgen über geistig schöpferische Leistungen ein wichtiger Stellenwert eingeräumt werden.

Hinsichtlich der Vergabe von Informations- und Werbemaßnahmen der Bundesregie­rung erstellte der Rechnungshof Kriterien für die Konzeption dieser Öffentlichkeits­arbeit:

1. Grundsätzliche Betonung des Informationscharakters,

2. Darstellung der unmittelbar gegenwärtigen oder aktuell zukünftigen Tätigkeit der Bundesregierung bzw. der jeweiligen Ressorts,

3. die werbende Form hat eindeutig hinter den Sachinhalten zurückzutreten

4  Vermeidung des Eindrucks einer werbenden Einflussnahme zugunsten einer Partei,

5. Durchführung von Umfragen ausschließlich zur Erforschung des Informationsgrades der Bevölkerung über die Arbeit der Bundesregierung bzw. des einzelnen Ressort­ministers.

Auch der Rechnungshof-Präsident regte in der Sitzung am 16. 2. 2005 die Umsetzung dieser vom Rechnungshof erarbeiteten Voraussetzungen für die Vergabe von entspre­chenden Dienstleistungsaufträgen durch die Bundesregierung an.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, Regelungen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für externe Beratung und Öffentlichkeits­arbeit im Sinne der Empfehlungen des Rechnungshofes umgehend zu erarbeiten.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.

 


20.45.33

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Abgeordnete Kräuter setzt analog zu seinen Beiträgen in den Ausschüssen wieder damit fort, die Werbekampagnen der Bundes­regierung in ein schlechtes Licht zu rücken; er behandelt jedoch nicht die Inhalte der Rechnungshofberichte. Ich glaube, dass wir an dieser Stelle über die Rechnungshof­berichte diskutieren und nicht andauernd das gleiche Thema behandeln sollten.

Es geht um die Beratungsleistungen im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie und dabei um die Einführung des LKW-Mautsystems in Österreich. Dabei wurden Beratungsleistungen in Anspruch genommen. Es gab Druck bei der System­einführung. Im Nachhinein könnte man sagen, diese Beratungsleistungen haben sich ausgezahlt, das Mautsystem funktioniert.

Nichtsdestotrotz machen wir es uns nicht so einfach. Es wurde damals mit Bundes­ministerin außer Dienst Forstinger eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz eines Rechts­anwaltes und externer Berater und Vertreter der Bundesministerien installiert. Der Rechnungshof hat klar aufgezeigt, dass aus seiner Sicht zuständige Beamte der Sek­tion eingebunden hätten werden sollen. Es gab Fehler bei der Vergabe und Dokumen-


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tation von Aufträgen, und der Rechnungshof empfahl auch, dass man ressortinterne Vorsitzführungen hätte installieren sollen.

Es gab also gewisse Mängel, welche klar aufgezeigt wurden, und der Rechnungshof stellte eingangs auch fest, dass man die haushaltsrechtlichen Vorschriften einhalten und Aufträge nicht mündlich erteilen sollte. Der Rechnungshof bemängelte dies also und hat nochmals darauf hingewiesen, interne Ressourcen einzusetzen.

Es hat in der Vergangenheit Beratungsleistungen gegeben – auch unter anderen Re­gierungskonstellationen –, und es wird auch in Zukunft bei gewissen Erfordernissen Beratungsleistungen geben, wenn es darum geht, Spezialwissen und Spezialkompe­tenz einzubringen. Es braucht dazu aber auch eine klare Definition und Beschreibung der Aufgaben. Es braucht vertragliche Grundlagen, und natürlich muss das dem Bun­desvergabegesetz entsprechen.

Der Rechnungshofbericht im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technolo­gie beinhaltet aber auch einige positive Aspekte. So wurde der Kostenrahmen, welcher mit 350 000 € vorgegeben wurde, klar eingehalten. Es wurden lediglich 206 330 € verbraucht – also 59 Prozent vom veranschlagten Budget.

Staatssekretär Mainoni hat auch gesagt, dass durch eine interne Umstrukturierung und durch eine zusätzliche interne Prüfungsstelle gesetzliche Vergaberichtlinien intern im Ministerium geregelt wurden.

Insgesamt kann man also sagen, dass Fehler und Mängel aufgezeigt wurden, dass im Ministerium intern reagiert wurde und dass man zukünftig mit der Vergabe von Beratungsverträgen natürlich sehr gezielt und sogar sehr vorsichtig umgehen sollte. Es wird wohl dort sinnvoll sein, wo es Spezialwissen und Fachkompetenz braucht. Es wird dort sinnvoll sein, wo es Arbeitspitzen gibt und größere Projekte anstehen, und ich glaube, es wird auch dort sinnvoll sein, wo Objektivität, Transparenz und eine gewisse Unabhängigkeit erforderlich sind. (Abg. Dr. Pilz: ... Auskunftsperson!)

Daran wird gearbeitet. Wir akzeptieren diesen Bericht, Kollege Pilz, und sehen keine Verschleierung oder Ähnliches, sondern der Rechnungshof legt die Dinge objektiv auf den Tisch, und die Ministerien sind gefordert, diese Dinge umzusetzen. – Danke. (Bei­fall bei der ÖVP.)

20.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


20.49.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Staatssekretäre! Man fragt sich immer, wieso die Objektivität da strapaziert wird, aber beim Klubtürl der ÖVP nicht reinfindet. (Beifall bei den Grünen.)

Das wäre auch hilfreich, sonst würden Sie ja dem von Abgeordnetem Dr. Kräuter vorgetragenen Entschließungsantrag nicht diese Zurückweisung erteilen.

Aber eigentlich wollte ich mit etwas anderem beginnen. Ich zitiere aus der Budgetrede vom 2. März 2005 von einem angeblichen Finanzminister:

„Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Es ist Diebstahl an der Allgemeinheit.“ (Abg. Öllinger: Hat er nicht gesagt!)

Den Aufmerksamen ist jetzt aufgefallen, dass das ein Zitat aus dem schriftlichen Redebeitrag ist, der Ihnen allen vorliegt, der ausgeteilt wurde, das aber in den münd­lichen Ausführungen ausgelassen wurde.


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Jetzt fragt man sich: War das ein guter Berater oder war das ein schlechter Berater, der das hineingeschrieben hat? Diese Frage darf man sich wirklich stellen. Aber eines steht fest: Der Finanzminister ist in einer Art und Weise beratungsresistent, dass es überhaupt nicht einzusehen ist, dass er eine Million nach der anderen für Beratungs­verträge zum Fenster hinausschmeißt, wenn er nicht einmal diesen klaren, simplen, aber möglicherweise einzig richtigen Satz dieser Budgetrede aussprechen kann!

Wozu braucht dieser Finanzminister so einen Berater, wozu brauchen wir so einen Finanzminister? – Schade ums Geld! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Und deshalb sollten Sie in sich gehen und diese Praktiken abstellen.

Ich komme zum Ernst der Sache – obwohl das schon ernst genug war – und darf den Rechnungshofbericht, was den Bereich Finanzministerium in Fragen Beraterverträge betrifft, verkürzt wiedergeben. Es werden alle Ministerien nicht besonders gelobt in die­sem Bericht, aber es ist ausgerechnet dem Finanzministerium vorbehalten geblieben – Wir sparen bei uns selbst!, hieß es –, überall der Summe nach die höchsten Bera­tungsleistungen zuzukaufen. Beratungsstundenhonorare sowohl für die Projektleiter als auch für die Mitarbeiter: immer möglichst überdurchschnittlich.

Herr Staatssekretär Finz, Sie haben wieder die noble Aufgabe übernommen, das alles hier zu verteidigen. Ich weiß nicht, ob Sie sich zu Wort melden, möglicherweise setzt sich die Tradition vom Juli des Vorjahres fort. Wir erinnern uns: Alle sind steuerpflich­tig – nur der Finanzminister nicht. Lassen S’ das lieber bleiben, Sie werden sich damit keine Freunde machen!

Also: Hochprozentig überteuert ist das Finanzministerium, laut vorliegendem Bericht. Das ist aber gar kein Wunder. Warum eigentlich? Schauen wir uns einmal die Verga­bepraxis für Beraterverträge an und nehmen wir wieder das Finanzministerium her.

Preisfrage: Mit wie viel Prozent wurde das Preiskriterium im Finanzministerium regel­mäßig gewichtet? Unter den Kriterien zur Auswahl: 50 Prozent, 70 Prozent, 30 Pro­zent? (Abg. Großruck: 200 Prozent!) Alles falsch, hören S’ auf mit den Schmähs, alles falsch! – 10 Prozent! Da darf man sich nicht wundern, warum dann der Teuerste geradezu eingeladen ist, möglichst hochpreisig anzubieten.

Ob die Qualitätskriterien, die da Eingang finden, auch tatsächlich zutreffen, schauen wir uns dann an. Haben wir zum Beispiel solche Qualitätskriterien, dass diejenigen, die den Beraterauftrag bekommen, sofort zum nächsten Universitätsprofessor laufen und einen Superauftrag vergeben? – Eine wunderbare Praxis! Warum wird das nicht trans­parenter und unter einem durchgeführt, und warum wird nicht zuerst einmal – und darum geht es jetzt – festgestellt: Was ist denn die Fachkompetenz im Haus? Ist immer noch zu wenig parteipolitisch umgefärbt, oder was? – Und das in einem Finanz­ministerium, das ständig vom Sparen redet und die Bürger mit ihren dumm-duseligen Propagandaschlachten behelligt! Zu dem Punkt kommen wir noch kurz.

Das ist das Problem: Sparen, sparen, sparen, und dann wird mit Abstand und am ungeniertesten das meiste Geld – es tut mir Leid, Herr Staatssekretär – beim Fenster Ihres Hauses hinausgepulvert. Ich halte das für unverantwortlich! (Beifall bei den Grü­nen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Das stimmt nicht!)

Was heißt, das ist nicht wahr? Dass ausgerechnet die Wirtschaftskammer zum Pflicht­verteidiger für derartige Obszönitäten wird, ist mir auch nicht begreiflich, aber machen Sie das mit sich selbst aus.

Ich rate Ihnen nur, hören Sie dem Präsidenten des Rechnungshofes zu, er wird im Anschluss – ich lade ihn ein, dazu Stellung zu nehmen, so wie im Ausschuss; eine hervorragende Ausschusssitzung im Übrigen; wenn Sie nur einmal wollen – die Ver­gleichszahlen der Ministerien zueinander darbringen. Man wird sehen: Weltmeister-


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Spitze – wie wir es hier immer vorgeturnt bekommen –, Weltmeister-Spitze also beim Geldhinausschmeißen für meistens sinnlose Beraterverträge zur Bedienung von Freundesgruppen! – Und das decken Sie?! Gratuliere! (Abg. Dr. Mitterlehner: Das kann doch nicht wahr sein!)

Und das, obwohl das Finanzministerium eigentlich eine kompetente, so genannte nachgelagerte Dienststelle im Hause hätte: die Finanzprokuratur. Wozu haben wir die überhaupt? Es gibt sowohl im Haus die Möglichkeit, Ausschreibungen durchzuführen, als auch dort beziehungsweise die Fachberatung selbst einzubringen. – Alles nicht sinnvoll, alles nicht möglich, das ist die Linie in Ihrem Haus, Hauptsache, das Geld wird hinausgeschmissen.

Da darf es einen nicht wundern, dass dann – und jetzt komme ich zum zweiten Punkt dieses Entschließungsantrages – immer wieder in Hochglanzbroschüren, in Fernseh­werbungen zu Kampagnen wie „Entlastung für alle“ gegriffen werden muss, die auf die Bevölkerung losgelassen werden. (Abg. Bucher: Information! Keine Kampagne!)

Wissen Sie, was? Wir haben jetzt schon 1 bis 2 Millionen € identifiziert, die diese sinnlose und für die Bevölkerung ausschließlich ärgerliche Kampagne erreicht hat. Bis heute ist noch nicht durchgedrungen, mit welchen Urlaubsorten verhandelt wurde, wo die Fernsehzuschauer dann hinfahren können, wenn sie im abendlichen TV-Programm täglich vorgehüpft bekommen, dass sie jetzt nach den Segnungen der Steuerreform irgendwohin, vielleicht nach Italien, auf Urlaub fahren kann.

Wissen Sie, was das Obszöne an der Geschichte ist? (Abg. Dr. Mitterlehner: Und warum fahren dann so viele?) – Schreien Sie nicht dazwischen, Sie haben mit sozialer Kompetenz nichts am Hut, das wissen wir! – Ich sage Ihnen nur: 2,2 Millionen Men­schen in Österreich bekommen keinen einzigen Euro von dieser Steuerreform! Und Sie gehen her und reden von „Entlastung für alle“! Das ist nicht nur blöde Propaganda, sondern Missbrauch von Steuermitteln zur Belügung der Steuerzahler! Das ist nicht zu dulden, und das gehört genau hierher! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Damit bin ich am Schluss, nicht, weil Sie (in Richtung ÖVP) zu deuten anfangen, son­dern, weil sonst noch mehr an Ihnen zerschellen wird. Das wollen wir nicht. Gehen Sie in sich, und nehmen wir die Debatte morgen wieder auf! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


20.57.27

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Herren Präsidenten, Herren Staatssekretäre! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte mich zunächst beim Rechnungshof für den sehr professionellen und detailgetreuen Bericht über die Jahre 2000 und 2001 bedanken. Ich möchte Ihnen von der Opposition noch vor Augen führen, dass das zwei Jahre waren, die für die österreichische Finanz- und Wirtschaftssituation sehr entscheidend waren.

Wenn Sie sich das Regierungsprogramm vor Augen führen, dann werden Sie sehen, dass es erforderlich war, eine ganze Reihe von Veränderungen und In-Gang-Set­zungsmaßnahmen auf die Reise zu schicken, die vor allem die Finanzpolitik in Österreich veränderten. Sie hat sich nachweislich – wie wir heute sehen – auch in den Jahren danach positiv verändert. Wir sind heute in der glücklichen Situation, dass Österreich im Vergleich zu den anderen europäischen Mitgliedsländern zu den drei besten Wirtschafts- und Arbeitsstandorten zählt. Das ist ein Ausfluss aus diesen Bera-


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tungsleistungen, zu denen man eigentlich in der Nachbetrachtung ein positives Verhält­nis haben sollte.

Natürlich hat der Rechnungshof einige Mängel kritisiert, zu denen wir auch Stellung genommen haben. Auch wir sagen, dass die Höhe der einen oder anderen Beratungs­leistung vielleicht nicht gerechtfertigt war, ich sage aber zu den Anschuldigungen des Herrn Kollegen von der grünen Fraktion, dass, wenn man das Geld beim Fenster hin­auswirft, es oft – wie in diesem konkreten Fall – bei der Türe wieder hereinkommt (Abg. Öllinger: Echt?): durch sehr sinnvolle und maßvolle Veräußerungen von Bundesver­mögen. (Abg. Öllinger: Das probieren Sie einmal!)

Daher sind wir der Überzeugung, dass die Einsicht des Finanzministers und seines Kabinetts, was die Mängel anlangt, für uns beruhigend ist, dass künftighin solche Fehler nicht mehr begangen werden und dass bei allen Beratungsprozessen, die in Zukunft erfolgen, auch eine begleitende Betreuung vorhanden sein wird.

Daher werden wir diesen Bericht zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Was bleibt euch anderes übrig!)

20.59

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

 


21.00.00

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Bericht des Rechnungs­hofes zeigt einmal mehr auf, wie großzügig die Regierung mit Steuergeldern umgeht. 2 Milliarden Schilling werden es mit dem Jahr 2006 sein, die für Beratungen und Wer­bung ausgegeben werden, und zwar nicht mit dem Ergebnis, wie die Regierung meint, dass Einsparungen erzielt werden – das ist in der Gesamtbetrachtung nicht darstell­bar –, sondern eventuell mit dem Ergebnis, dass Mitarbeiter freigesetzt werden. Das ist fürwahr keine intelligente Politik.

Teil dieses Berichtes ist die Reorganisation der Bundesbeschaffung, der ich mich in gebotener Kürze widmen möchte. Fünf Seiten Papier, 19 Paragraphen, Kostenpunkt 3,6 Millionen € – eine Meisterleistung für Verschwendung, aber es wird auch großer Schaden damit angerichtet, weil die Beschaffungen heute zum Großteil wesentlich teurer sind als noch zur Zeit vor der Bundesbeschaffung, der zentralistischen Beschaf­fung, weil die regionale Wirtschaft an den Abgrund gedrängt wird, weil regionale Beschäftigung verhindert und damit der ländliche Raum zerstört wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Finanzstaatssekretär Finz hat uns im Ausschuss darüber aufgeklärt, was Auftrag der Berater war. Im Konkreten war festzulegen, wie die Ressorts beteiligt werden können, welches Potential möglich ist und welche Warengruppen möglich sind; Waren­gruppen, die, wie von vielen Experten bestätigt wird, dem Kartellrecht widersprechen, Warengruppen, welche die großen Unternehmen begünstigen und die kleinen hinaus­drängen, die die Preise verschleiern und keinen fairen Wettbewerb zulassen. Und es ist schon bezeichnend, wie Steuergeld, das die kleinen Unternehmen und deren Beschäftigte zu leisten haben, genau gegen diese verwendet wird.

Ich möchte auf zwei Bemerkungen der Beschaffungsgesellschaft eingehen, die zum einen meint, ihr Kerngeschäft sei es, bei den Preisen zu sparen. Unsere Recherche, die wir nun seit langer Zeit durchführen, hat ergeben, dass der allergrößte Teil der Beschaffungsprodukte heute empfindlich teurer beschafft wird als früher.

Wenn die Geschäftsführung der Gesellschaft zum anderen meint, Volkswirtschaft sei nicht unsere Sache, dann mag es so sein, dass das für die Geschäftsführer kein


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Thema ist. Tatsache ist jedoch, dass die Beschaffungsgesellschaft bestenfalls an der Oberfläche privat ist, dahinter aber zu 100 Prozent der Staat steht. Ich denke, dass der Staat andere Aufgaben hat, als nur den besten Preis zu erreichen. Er hat jedenfalls auch die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die kleinen Unternehmen am Leben erhalten werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wäre interessant, von den Regierungsvertretern, vor allem vom Herrn Finanz­minister, zu hören, wie sie die Sache sehen, denn diese Doppelbödigkeit, auf der einen Seite bei jeder Gelegenheit den ländlichen Raum zu beschwören und andererseits alles dazu zu tun, um diesen zu zerstören, wird allmählich unerträglich.

Ich bin froh darüber, dass die Geschäftsführung der Beschaffungsgesellschaft Fehler zugesteht und – wie mir erst kürzlich bestätigt wurde – dass sie auch Interesse daran hat, den kleinen Unternehmen zu helfen. Daher freue ich mich auf den vereinbarten Gipfel mit den betroffenen geschädigten Unternehmen und würde mir wünschen, dass die Gespräche ehrlich geführt werden. Ich wünsche mir auch, dass das gemeinsame Ziel – zumindest scheint es gegenwärtig ein gemeinsames zu sein – erreicht wird, dass die kleinen Unternehmen künftig erfolgreich an einem fairen Wettbewerb teilnehmen können.

Es liegen Anträge von der SPÖ im Finanzausschuss vor, die in Kürze zur Behandlung kommen werden. Ich lade Sie dazu ein, diese gemeinsam, ohne Parteibrille zu beraten und, wenn Sie wollen, daraus gemeinsame Anträge zu machen. Es können auch An­träge von den Regierungsfraktionen sein – wenn das Ergebnis passt, werden wir mit dabei sein.

Ich darf Sie noch einmal dazu einladen, Anträge mit uns ernsthaft zu diskutieren, und darf mich vorweg schon einmal recht herzlich dafür bedanken. (Beifall bei der SPÖ.)

21.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


21.06.00

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Bericht des Rechnungshofes ist geprägt durch die Über­prüfung der Auftragsvergabe von sechs Ministerien, wobei das Finanzministerium auf Grund des Volumens im Vordergrund gestanden ist, aber auch andere Ministerien. Die Kernpunkte der Kritik bewegen sich in einem Bereich, von dem ich meine, dass er durchaus zutrifft für einen ruhigen, statischen Betrieb.

Ich sage gleich, was ich damit meine. Die Nichteinholung beziehungsweise die nicht rechtzeitige Einholung von Vergleichsangeboten ist einer dieser Punkte, die man­gelnde oder nicht ausreichende Dokumentation der Gründe für die externe Auftrags­vergabe ein anderer; ebenso der Ablauf, weil zum Teil bereits Fachleute in die Häuser geholt wurden, die mit Materien befasst wurden, ehe noch schriftliche und verbindliche Aufträge erteilt wurden, zum Teil auch die unzulängliche Leistungsdefinition, das, was erwartet wird, die Zielvorgabe, das Profil und prinzipiell natürlich die Inanspruchnahme externen Know-hows und des Zukaufs von Leistungen. – Punkte, die dann gelten mö­gen, wenn es darum geht, eine ohnehin eingespielte Struktur geringfügig zu adaptieren oder anzupassen.

Meine Damen und Herren! Das, was in den vergangenen Jahren im Rahmen der Überarbeitung unserer Verwaltung, der Behördenabläufe, der Organisationsstrukturen, vor allem des Neu-Denkens bei Serviceleistungen an die Bürger durch die Ministerien Aufgabe gewesen ist, hat ganz einfach Spontaneität erfordert. Dem folgend ist es – zu-


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gegebenermaßen – zu differenzierten Maßnahmen seitens der Ministerien gekommen, wie eben zu diesen inkriminierten und vom Rechnungshof aufgezeigten Sachverhalten. (Abg. Mag. Lapp: Kommen Sie zum Thema!) – Frau Kollegin, ich bin dort! Vielleicht nicht so einfach für Sie, es nachzuverfolgen, aber ich helfe Ihnen gerne dabei. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Der Punkt ist zweifelsohne, im Zuge des wirklich großen Nachholbedarfs den Reform­stau aufzuarbeiten. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich nehme nur ein Beispiel heraus, nämlich das Sozialministerium, wo Jahrzehnte hindurch sozialdemokratische Minister am Ruder waren und es beispielsweise vieles zu reformieren und zu über­arbeiten gegeben hat. (Abg. Reheis: Was denn?)

Dort war es beispielsweise notwendig, externes Denken zuzukaufen, ein Know-how, meine Damen und Herren, das die Abläufe neu strukturiert, das Neu-Denken möglich macht. In der Überlegung der Kosten-Nutzen-Relationen ist es durchaus sinnvoll, externes Know-how hereinzuholen, Know-how, das im Ministerium nicht vorhanden ist, weil man ganz einfach die durchaus tüchtige Beamtenschaft Jahrzehnte hindurch nicht dazu motiviert hat, innovativ, kreativ und fortschrittlich an eine Problemlösung heranzu­gehen. (Abg. Öllinger: Glauben Sie das, was Sie da sagen? Unglaublich!)

Ich meine daher, meine Damen und Herren, dass es notwendig ist, in den Ministerien diese Arbeit fortzusetzen (Abg. Öllinger: Sie sind ja Wiederholungstäter!), dass man im internationalen Vergleich durchaus sieht, dass der Wirtschaftsstandort gewonnen hat, dass Österreich gewonnen hat, dass die Wirtschaft von dieser Aufarbeitung des Reformstaues profitiert und damit die Menschen in unserem Lande: im Interesse der Arbeitsplätze, der Prosperität und des Fortschritts. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Was für ein Fortschritt?)

21.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abge­ordneten von SPÖ und Freiheitlichen. – Abg. Öllinger auf dem Weg zum Redner­pult –: Darüber könnte man eine längere Auseinandersetzung führen!)

 


21.10.25

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungs­hofes, danke für den Bericht. – Wenn Kollege Kogler seine Erfahrungen mit dem Finanzministerium auszubreiten beginnt – dazu gäbe es tatsächlich noch einiges zu sagen –, dann könnte einem fast das Herz übergehen, und zwar angesichts der Igno­ranz, die es nicht nur auf Seiten des Ministeriums gibt, sondern auch auf Seiten von Abgeordneten, so beispielsweise des Kollegen Ledolter, Abgeordneten, die sich da herstellen und sagen: Danke für den Bericht, Herr Präsident des Rechnungshofes; dieser Bericht ist gut, aber im Übrigen glauben wir, dass das alles, wie es unsere Leute in den Ministerien gemacht haben, eigentlich eh super war! Also gehen Sie – das wäre die Schlussfolgerung! – wieder heim, Herr Präsident! – Das hat Kollege Ledolter zwar nicht explizit gesagt, aber das kam so heraus. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Da wird es langsam wirklich kritisch, Herr Kollege Ledolter! Und wenn Sie als „Beleg“ dafür, warum das so positiv ist, was da gemacht worden ist, auch noch das Sozial­ministerium anführen, dann kann ich nur auf Lateinisch sagen: Si tacuisses philoso­phus mansisses! – Lieber den Mund halten. (Abg. Neudeck: Das ist aber eine freie Übersetzung gewesen!)

Das hat mit dem Bericht des Rechnungshofes, den Sie auch bedankt haben, Herr Kol­lege Ledolter, überhaupt nichts zu tun, wenn Sie dann noch sagen, es sei super, dass das ausgelagert worden ist! – Ich kann Ihnen jetzt erzählen, was da passiert ist; das


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steht, auf wenige Seiten zusammengefasst, auch im Bericht. Wissen Sie, woran mich das erinnert hat, nachdem ich das gelesen habe, nur diese eine Passage? – Dass es da einen Auftrag gegeben hat, den noch die Frau Bundesministerin Sickl an irgendein Unternehmen vergeben hat. Auftrag: Systematisierung von Förderung; pauschalierte Auftragssumme 11 300 €!

Dazu der Rechnungshof – ich zitiere –: „Der Auftragnehmer legte mit mehrmonatiger Verspätung und nach mehreren Urgenzen einen“ – jetzt passen Sie auf, Herr Abge­ordneter Ledolter! – „nur sieben Seiten umfassenden schriftlichen Bericht vor, der eine vertraglich vereinbarte Systematisierung ... nicht enthielt.“ – Zitatende. Das heißt: Auf­trag nicht erfüllt, sieben Seiten vorgelegt!

Entschuldigen Sie: Und da stellen Sie sich da her und sagen: Es ist gut, dass das so passiert!? Ja glauben Sie das wirklich?! Wissen Sie, dass wir wegen ähnlicher Projekte einen Untersuchungsausschuss, und zwar im selben Zeitraum, in dem diese Art von Auftragsvergabe erfolgt ist, hier im Parlament durchgeführt haben, den damals Kollege Kukacka mit seiner Suche nach Prostituierten sozusagen sinnlos in Grund und Boden gefahren hat?! Dieser Untersuchungsausschuss konnte nicht einmal einen Abschluss­bericht liefern, weil Kollege Kukacka als ÖVP-Abgeordneter interessiert daran war, die besondere Situation Prostituierter genauer auszuforschen, weil es auch da Auftrags­vergaben durch das Sozialministerium gegeben hat! (Heiterkeit bei den Grünen.) Das hat Kollegen Kukacka damals maßlos interessiert! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Anstatt die wesentlichen Sachen, die zu diesem Zeitpunkt, aber auch – da gebe ich Ihnen Recht – bereits Jahre vorher falsch gelaufen sind, zu untersuchen, zu syste­matisieren, Erkenntnisse daraus zu ziehen, wurden irgendwelche sinnlosen Sachen gemacht! Und währenddessen geschahen solche Auftragsvergaben! (Abg. Neudeck: Das war ein Teil bei der „Euroteam“-Sache!)

Ein zweiter Punkt, auch zu Auftragsvergaben. – Im Jahre 2001 wurde, und zwar von höchster Ebene, beschlossen: Die Umfärbung des Hauptverbandes ist angesagt! Auf­träge dazu wurden seitens des Sozialministeriums vergeben. Der Rechnungshof stellte dazu fest, dass die zuständige Sektion II nicht einmal informiert worden ist! Das ist aber die Legistik im Ministerium, die das auch hätte machen können! (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Kollege Mitterlehner, Sie wissen das ohnehin: Die Beamtenschaft dort könnte das zehn Mal besser machen! Sie beauftragt man damit jedoch nicht, weil Sie der Beamten­schaft misstrauen. Man traut ihr nicht zu, dass sie etwas weiterbringen könnte, also werden Aufträge an Externe vergeben. Da werken dann einige Beratungsunternehmen wunderbar an solchen Verträgen! Und was kommt heraus? – Eine „Reform“ des Hauptverbandes, die der Verfassungsgerichtshof „schmeißt“! Na super!

200 000 € bis 300 000 € wurden so in den Sand gesetzt – und das für eine so genannte Reform des Hauptverbandes, die die Legistik-Sektion des Ministeriums zehn Mal hätte besser machen können; und wahrscheinlich auch mit dem gewünschten Effekt für den Auftraggeber, nämlich einer Umfärbung des Hauptverbandes! Das hätte wenigstens rechtlich gepasst. So aber gab man diesen Auftrag außer Haus – und es hat nicht einmal rechtlich gepasst! Eine Katastrophe, was da passiert! Da wird das Geld wirklich hinausgeschmissen!

Zum Abschluss komme ich zum „großartigsten“ Ministerium auf diesem Gebiet über­haupt – wie gesagt, das Herz ist übervoll –: Privatisierung des Bundesverlages; Bera­tervertrag, Vertragssumme: 4 Prozent des Veräußerungserlöses! Alle sagen: Viel zu viel! Aber nein, Herr Bundesminister Grasser, sein Staatssekretär und alle, die sich da von ÖVP und FPÖ herstellen, sagen: Das passt schon so; es kann das gar nicht genug sein!


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Der freiheitliche Kollege Bucher meinte – Woodoo-Ökonomie pur!; das ist ganz offen­sichtlich wirklich der Grundsatz, nach dem diese Bundesregierung arbeitet, vor allem der Finanzminister –: Wenn man das Geld beim Fenster hinausschmeißt, dann ist das gut, denn es kommt bei der Tür wieder herein! Das ist die „Ökonomie“ dieser Bundes­regierung! Das muss man sich einmal vorstellen! Das ist das, was heute von Vertretern dieser Koalitionsregierung gesagt wird: Hau’n ma des Geld beim Fenster ausse, weil es kummt eh bei der Tür wieder eina! – Ihr Grundsatz ist das! Das haben Sie gesagt! Und es ist tatsächlich so. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Darauf werden wir hier noch zurückkommen.

Ein Beispiel habe ich hier gebracht, Kollege Mitterlehner: die Privatisierung des Bun­desverlages. Es wäre sehr interessant, Herr Präsident Moser, sich nicht nur anzu­schauen, was zum Zeitpunkt der Veräußerung beziehungsweise Privatisierung passiert ist, sondern was in einer Längsschnittanalyse jetzt mit dem Bundesverlag los ist! Ich weiß schon, dass Sie da gar nicht mehr zuständig sind; da können Sie nicht einmal mehr hineinschauen.

Wir alle wissen doch ganz genau: Der Erwerber des Bundesverlages ... – Herr Staats­sekretär Finz schaut ganz interessiert zu; er hat ja auch damals einen Beratervertrag im Zusammenhang mit dem Bundesverlag vergeben, nämlich parallel zum Finanz­ministerium. Der Bundesverlag hat mittlerweile – in Teilbereichen – drei Mal den Besit­zer gewechselt! Der lukrative Teil ist beim deutschen Erwerber geblieben, alle anderen Teile wurden mittlerweile bereits zwei, drei Mal weiterverkauft! – Dazu kann man wirklich nur sagen: „Super-Privatisierung“, danke schön!

Zweites Beispiel: Telekom-Privatisierung. Da wird es heiß, und Sie wissen, was ich meine. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Wie das gelaufen ist? – Na wunderbar! Bei der Telekom-Privatisierung, auch mit Beraterverträgen auf den Weg gebracht – es wurde ja ordentlich investiert in den Börsegang –, hat man in den letzten Tagen vor dem Börsegang gesehen, dass das nicht so richtig hinhaut; diese Aktie wird zu wenig gezeichnet. Also hat man in allerletzter Minute – und entgegen den im Börseprospekt ausgewiesenen Bedingungen – mit Superrabatten Großanleger dazu animiert, doch noch schnell zuzugreifen.

So war es, Herr Staatssekretär! Aber: Es geht nicht nur um Ihr Geld, sondern um das Geld aller Steuerzahler. Man hat Großanleger animiert, noch schnell zuzugreifen, Son­derrabatte wurden vereinbart, von denen die New Yorker Börse natürlich nichts weiß, denn wenn diese davon erfahren hätte, dann hätte es in Wien „Granada gespielt“.

Großanlegern wurden große Superrabatte gegeben, und die haben angenommen, haben die Aktien der neuen Telekom gezeichnet, des eigenen Unternehmens, die man als „Volksaktie“ auf den Markt bringen wollte. Und was haben diese Großanleger gemacht, gleich am ersten Tag, nachdem der Ausgabekurs, glaube ich, 9 € war und sie selbst ja nur 7 € dafür zahlen mussten? Was machen die da? – Sie wissen es, Herr Kollege Mitterlehner: Sie verkaufen natürlich! Am ersten Tag verkaufen die Großan­leger diese wunderbare „Volksaktie“, die sie zu günstigsten Bedingungen erworben haben – und sie verdienen noch einmal daran!

So wird von Seiten der österreichischen Bundesregierung beziehungsweise des Finanzministeriums mit Steuergeldern umgegangen! (Staatssekretär Dr. Finz: ÖIAG!) ÖIAG, ja, ich weiß, aber das Finanzministerium hatte damals auch etwas zu reden da­bei! Das ist die bittere Realität, wo man sich fragen muss: Vielleicht haben Sie wirklich Recht mit Ihrer Woodoo-Ökonomie: Beim Fenster hinaushauen, bei irgendeiner Tür kommt es schon wieder herein! – Ja, aber bei der falschen Tür, würde ich meinen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.19



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


21.20.00

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Herr Rechnungshofpräsident! Der vorliegende Bericht des Rechnungs­hofes über Auftragsvergaben an externe Berater stellt dem Finanzministerium durch­wegs ein positives Zeugnis aus. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Die Überprüfung konzentrierte sich im Wesentlichen auf die Reorganisation des Beschaffungswesens, der Finanzverwaltung sowie der Budgetrestrukturierungen, bei denen externe Berater seitens des Ressorts hinzugezogen wurden. Es gibt einfach durchaus unterschiedliche Zugänge, und man kann herumeiern, so wie der Herr Öllin­ger, oder man sieht es nüchtern und so, wie der Rechnungshof auch entsprechend prüft.

Infolge der durch die Bündelung der Beschaffungsstrukturen erzielten Synergieeffekte konnten in Zahlen gefasst alleine im Jahr 2002 rund 29 Millionen € eingespart werden und in den Jahren 2003 und 2004 38 Millionen €. Die eingesparten Mittel stehen damit für andere Zwecke zur Verfügung, und der Rechnungshof hat die weitgehend ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens auch entsprechend bestätigt. (Abg. Mag. Kogler: Das ist der Text vom Grasser!)

Zur Auftragserteilung für die Reform der Finanzverwaltung ist zu sagen, dass auch diese den vergaberechtlichen Bestimmungen entsprochen hat. Die Notwendigkeit einer externen Beratung ergab sich auf Grund von fehlendem ressortinternem Know-how. Vielleicht war die Auftragserteilung etwas zu wenig dokumentiert, das Ergebnis der Reform lässt sich aber durchaus sehen: schlankere und schlagkräftigere dezentrale Strukturen mit einer kostengünstigen flexibleren und effizienten Organisation, die die Aufgaben der Steuerverwaltung optimal erfüllt und den sich ändernden Anforderungen auch in Zukunft entsprechend gewachsen ist.

Beim dritten Teil der Budgetstrukturierung wurden keine Steuergelder verschleudert, sondern ganz im Gegenteil: Durch den Einsatz externer Berater konnten enorme Ein­sparungs- und Verwertungspotentiale erzielt werden. Kosten von rund 4,3 Millionen € stehen Einsparungspotentiale von 220 Millionen € gegenüber.

Zusammenfassend darf durchaus festgehalten werden: Die Auswahlverfahren haben – und das hat auch der Rechnungshof festgestellt – den vergaberechtlichen Bestimmun­gen entsprochen und waren ausreichend transparent. Was die Kosten betrifft, hat das Ministerium bereits zugesagt, den Anregungen des Rechnungshofes bei zukünftigen Vergaben bestmöglich nachzukommen. Ich glaube, das ist auch ein wichtiger Effekt, dass das Finanzministerium Anregungen des Rechnungshofes nachkommt und diese in seine Arbeit einbindet. (Beifall bei der ÖVP.)

21.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Reheis. – Bitte.

 


21.22.32

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Teure Mitglieder der Bundesregierung! Also: Hier herauszugehen und aus den Berichten etwas Positives herauszufiltern, das ist wirklich ein Kunstwerk. Herr Kollege Prinz! Ich nehme jetzt ein Beispiel von den so genannten Einsparungen, die Sie hier genannt haben, heraus, und zwar die Veräußerung des Österreichischen Bundesverlages. Das kann eigentlich nur als Verschleuderungsbeispiel bezeichnet werden. Für die Veräußerung des Österreichischen Bundesverlages wurde wieder eine


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Beratungsfirma beauftragt, und zwar die KPMG zur Unterstützung des Bundes bei dieser Veräußerung, Honorar sage und schreibe 788 000 € – kein Klacks, ein schöner Betrag. Von Finanzminister Grasser wurde ein Einsparungspotential von 24 Millionen € genannt. Das wäre ja eine ganz tolle Summe, wenn es wirklich so gewesen wäre, aber Tatsache war, dass es sich beim Einsparungspotential von 24 Millionen € eigentlich um den Kaufpreis gehandelt hat. Fazit also: Einsparung null, Kostenbelastung 788 000 €. Also dass das eine Einsparung sein soll, das wage ich schon zu bezweifeln.

Wir diskutieren über den Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, nehmen wir ihn also wahr. Kollege Kräuter hat es schon gesagt: 91 Millionen € wurden seit Regie­rungsantritt dieser schwarz-blauen Regierung für Werbung und externe Beratung ausgegeben, für Werbung für die Regierungsparteien auf Kosten der Steuerzahler, eigentlich eine versteckte Parteienfinanzierung; das muss man ja auch sagen. Das ist Werbung auf Kosten der Steuerzahler; heute haben wir bei den ganzseitigen Inseraten wieder davon gesprochen. Das ist Werbung auf Kosten der Steuerzahler! Von den Beratungsleistungen ist außer Kosten in Millionenhöhe nichts geblieben, es sind keine Erfolge dadurch erzielt worden, außer vielleicht bei den Freunden des Herrn Finanz­ministers. Das werden Sie vor den Steuerzahlern zu rechtfertigen haben.

Kollege Kaipel hat schon von der Bundesbeschaffungsgesellschaft gesprochen. Wen treffen Sie da, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien? – Die Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe.

Angesichts der vorgeschrittenen Zeit darf ich nur noch etwas hinzufügen und zitiere Frau Sonja Zwazl, Wirtschaftskammerpräsidentin in Niederösterreich, die hier offen von Gesetzesverstoß spricht. Ich zitiere sie hier aus dem „Bezirksblatt“, das mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren österreichweit erschienen ist. Zwazl: „Ich halte es für einen Gesetzesverstoß, wenn Lebensmittellieferungen in Postengrößen von vier Millio­nen Euro ausgeschrieben werden. Da kann kein regionaler Klein- oder Mittelbetrieb mithalten.“

Meine Damen und Herren! „Gesetzesverstoß“ – vorgeworfen von Frau Sonja Zwazl, sicher nicht Sozialdemokratin – sagt alles. Sie brauchen aus den Berichten, die hier zur Debatte stehen, nichts Positives mehr hervorholen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Missethon. – Bitte.

 


21.26.21

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Kol­leginnen und Kollegen! Ich möchte auf einen Teil des Rechnungshofberichtes einge­hen, was das Bundeskanzleramt betrifft, und auf die Homepage „help.gv.at“, weil das ein bisschen in Kritik gestanden ist im Zusammenhang mit weiteren Auftragsvergaben. Wir können aber heute sagen, dass „help.gv.at“wahrscheinlich eine der erfolgreichsten Seiten ist, was Bürgernähe, was Bürgerservice betrifft. Da hat sich gezeigt, dass externe Beratung und engagiertes internes Management, wenn es gut funktioniert, eigentlich sehr erfolgreich sein können. Ich glaube, das ist auch ein Zukunftsweg, wenn das gut in Balance ist. „Help.gv.at“ wurde auch mit einem europäischen Preis ausge­zeichnet und ist, wie gesagt, wahrscheinlich eines der erfolgreichsten E-Government-Projekte europaweit. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage das deshalb dazu, weil ich bei vielen Debatten, auch in den Ausschüssen, den Eindruck hatte, dass externe Berater gegen interne Ressourcen immer ein biss-


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chen ausgespielt wurden. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass beides gut in Balance ist, denn das bietet Möglichkeiten für Weiterentwicklungen.

Es gibt aber natürlich auch Beispiele dafür, gerade im Internetbereich und im Bereich der Homepages, wie man es nicht macht. Ein paar Kolleginnen und Kollegen sind offensichtlich im Internet, und ich würde einmal bitten, dass sie vielleicht die Seite „www.rechnungshofsprecher.at“ anklicken. Das ist eine Seite, die vor vier oder fünf Jahren in einer großen Inszenierung in der Steiermark präsentiert wurde. Diese Seite gehört Günther Kräuter – siehst du, da halten wir Steirer zusammen –, und der letzte Eintrag auf dieser Seite stammt vom Juli 2004. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Man sieht natürlich, dass es so nicht gehen kann. Das ist genau ein Beispiel dafür, wie Homepages nicht geführt werden sollten. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Ich darf dir, lieber Günther, vielleicht empfehlen, einen externen Berater anzuheuern, und ich würde dir sehr empfehlen, jene von „help.gv.at“ zu verwenden. Vielleicht baut das dann auch die Reserviertheit gegenüber externen Beratern ein bisschen ab. (Beifall bei der ÖVP.)

21.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


21.29.23

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident des Rech­nungshofes! Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Kogler: Drüben steht noch ein Staatssekretär!) Es ist jedes Mal, wenn man einen Rechnungshofbericht liest, wieder ein Erlebnis, wo einem wirklich die Empörung hoch­steigt, die Genugtuung, dass die Qualität des Rechnungshofberichtes ausgezeichnet ist, aber gleichzeitig die Empörung darüber, was alles in dieser Republik möglich ist und nicht geahndet wird.

Ich habe mir vor dieser Stellungnahme hier heraußen das Kapitel noch einmal ange­schaut: Wirkungsbereich Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.

Herr Präsident! Wir haben im Ausschuss bereits über diesen Beratungsvertrag, wo es darum gegangen ist, fahrleistungsabhängige LKW-Mautsysteme im Ministerium zu be­gleiten, diskutiert. Ich habe es mir noch einmal durchgelesen, und mir ist wirklich, muss ich sagen, noch einmal die Galle hochgekommen. Da ist doch wirklich eine Ministerin mit ihren Bekannten in der Lage, eine Summe von über 350 000 € einfach einem bekannten Rechtsanwalt zuzuschanzen. Ich getraue mich das jetzt so zu formulieren, weil ich dem ja noch persönlich nachgegangen bin. Es ist nicht nur bei den 350 000 € geblieben, die ein Entgelt sind für eine Leistung, die heißt: Leiten einer ministeriellen Beamtenarbeitsgruppe. Wenn man das einem Rechtsanwaltskollegen in Linz oder in Wien erzählt, dann sagt jeder: Maria!, das wäre das ideale Einkommen gewesen. Da hätte ich mich dann drei Wochen verabschieden und den größten Luxusurlaub machen können. – Und das für etwas, was normalerweise ein Beamter schlicht auch machen kann: Leitung einer Arbeitsgruppe zur Begleitung eines Systems, das eingeführt wer­den soll.

Aber nein, die Frau Ministerin hat auf Anraten ihres Freundes, kann ich auch schon sagen, Miko immer wieder einen Freund beauftragt, da jetzt groß die Leitung zu über­nehmen, und dafür kassiert er Länge mal Breite, und es wird nicht geahndet! Die ein­zige Ahndung ist, dass es schwarz auf weiß im Rechnungshofbericht nachzulesen ist.

Und was auch nicht geahndet wird: Es gibt nicht einmal eine schriftliche Unterlage dafür, wieso dieser Rechtsanwalt zusätzlich 9 287 € bekommen hat. Es reichen nicht die 350 000, die man ihm zuschanzt, nein, es muss noch eine Draufgabe sein. Das


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alles sind Steuergelder, und das alles sind Gelder, die uns abgehen, wenn es um Schulfinanzierung geht, wenn es um Pensionssicherung geht, wenn es darum geht, dass man eine Infrastruktur erneuert, wenn es darum geht, dass man eine Bundes­heerreform auf eine ordentliche Basis stellt. Und Sie lassen das zu, es gibt bis jetzt keine Konsequenzen, denn Frau Ministerin Forstinger – und damit möchte ich schlie­ßen – ist von Ihnen nicht einmal als Zeugin zugelassen worden. Die muss sich nicht einmal rechtfertigen! Nicht nur dass sie das Geld beim Fenster hinausgeschmissen hat, sie konnte das ohne Rechtfertigung. Und das empört mich.

Glücklicherweise muss ich den Bericht nicht noch ein drittes Mal lesen, denn sonst müsste ich mich noch ein drittes Mal zu Wort melden. Danke, Herr Rechnungshofprä­sident, für diesen guten Bericht. Bitte, Herr Staatssekretär, ziehen Sie Konsequenzen! Es geht doch nicht, dass jemand auch Ihr Steuergeld in derartiger Form verwendet hat. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mandak: Unser Steuergeld!)

21.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


21.32.57

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Abgeordneter Missethon hat behaup­tet, dass sich in der allgemein beliebten Homepage „www.rechnungshofsprecher.at“ seit Oktober letzten Jahres keine Eintragung finden würde. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das entspricht nicht den Tatsachen!

Richtig ist, dass sich wöchentlich – je nach Temperament verärgerte bis zornige – Menschen auf dieser Homepage melden und sich über die Geldverschwendungspolitik dieser Regierung beklagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.32

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


21.33.32

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde schon gesagt, dass die größte Aufmerksamkeit in diesem Bericht den externen Beraterverträgen zugewendet wird. Da wurde vor allem das Finanzministerium heraus­gegriffen, das mehr ausgegeben hat als alle anderen geprüften Ministerien gemein­sam. Eine durchgängige Kritik ist aber auch, dass die vorhandenen qualifizierten Beamten nicht genutzt wurden, sondern dass externe Berater immer wieder um sehr viel Geld hinzugekauft wurden. Das spielt in dieser Frage keine Rolle. Das Geld der Steuerzahler ist gut genug, dass man es beim Fenster hinaushaut. (Abg. Dr. Mitter­lehner: Welches Fenster war es?) – Sie haben ja gehört, dass es bei der falschen Tür wieder hereinkommt. Dieses Fenster ist gemeint. Kollege Öllinger hat das ganz genau erklärt.

Aber ich habe überhaupt den Eindruck, dass die Aufmerksamkeit sehr schlecht ist, denn wenn man dem Kollegen Prinz zugehört hat, muss man eigentlich annehmen, dass wir unsere Sitzungen noch viel tiefer führen müssten, denn da ist überhaupt nichts verstanden worden, was bei den Sitzungen beraten wurde. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ganz besonders interessant scheint mir zu sein, dass Finanzminister Grasser dem Projektleiter von McKinsey für die Beratung zur Reorganisation der Finanzverwaltung ein Honorar von 2 900 € pro Tag bezahlt hat. Jetzt habe ich auf der Seite der Wirt­schaftskammer, auf der Homepage nachgeschaut, wie hoch das Beraterhonorar eines Unternehmensberaters ist. Da liegt der Tagsatz zwischen 1 103 € und 1 428 €. Das


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bedeutet eigentlich, dass der Projektleiter für McKinsey einen doppelt so hohen Betrag, einen doppelt so hohen Tagsatz in Rechnung gestellt hat.

Das sagt schon sehr viel über die Regierung aus, wenn die Ministerien bei der Auf­tragsvergabe an externe Berater derart leichtfertig und, wenn man jetzt den Kollegen Ledolter zitiert, spontan mit dem Geld der Steuerzahler umgehen. Es spricht Bände, wenn in Ministerien – das ehemalige Infrastrukturministerium wurde auch von Kollegin Moser erwähnt – Aufträge ohne vorherige Ausschreibungen mündlich vergeben wer­den, und es spricht Bände, wenn der Rechnungshof dazu schreibt, dass die Motive für die Beauftragung eines externen Beraters dazu nicht einsichtig sind. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


21.36.31

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rech­nungshofes! Die Herren Staatssekretär, die heute eher mit langen Gesichtern auf der Regierungsbank herumsitzen! Ich denke, das ist kein Wunder bei diesem Rechnungs­hofbericht. Bei den Kollegen von der ÖVP denke ich mir, diese Redenschreiber würde ich gerne einmal haben, denn das sind ja richtige Dichter, die Sie da beschäftigt haben. Das wäre sicherlich interessant für eine poetische Laufbahn. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Rechnungshof hat in diesem Bericht Mängel festgestellt bei der Vergabe an externe ... (Abg. Dr. Mitterlehner: Seien Sie nicht neidig!) – Neidig bin ich nicht wegen der Qualität, sondern wegen der Entfernung von der Wahrheit. Da kommt kein Neid auf. – Der Rechnungshof hat Mängel festgestellt bei der Vergabe an externe Berater. Es war die Dokumentation mangelhaft. Die Beauftragungen sind von den Ministerbüros vorweggenommen worden. Die Planungen waren mangelhaft. Es fehlten klare Vor­gaben, und einige Auftraggeber hatten Vorkenntnisse durch vorherige Aufträge. In der Wirtschaft würde man sagen, das ist ein Vorteil, der zu einem persönlichen Vorteil bei diesen externen Beratern geführt hat.

Jetzt habe ich mir einen Bereich angeschaut, und zwar die Reorganisation der Finanz­verwaltung. Da wurden an die 800 000 € an zwei Beraterfirmen vergeben. Die haben die gleichen Leistungen erbracht. Herausgeschaut hat dabei gar nichts, denn Minister Grasser ging von einem Einsparungspotential von 250 Millionen € aus. Das wurde aber nie umgesetzt. Ganz im Gegenteil, es ist so, dass die Einsparung null betragen hat, aber die Kosten für diese externen Berater 800 000 €. Und das ist das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Da Sie dann hier meinten, dass Sie gerne das Geld beim Fenster rausschmeißen und dass es dann bei der Tür von Beraterfirmen, von Werbefirmen, von persönlichen Be­kannten oder so hineinkommt, denke ich mir, das zeigt ein sehr frevelhaftes Sittenbild von Seiten Ihrer Regierung: Mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler so schluderhaft umzugehen, das ist meiner Meinung nach nicht notwendig! (Beifall bei der SPÖ.)

In der heutigen Ausgabe der „Wiener Zeitung“ wird ein sehr prominenter Anwalt, näm­lich Fries, zitiert, der ein weiteres Licht auf diese Vorgänge in der Regierung wirft, weil er nämlich sagt, bei der Verschleuderung des Familiensilbers sei es so: „Was der Bund verkauft, verkauft er äußerst unvernünftig“. Jener Anwalt Fries hat von der Bundes­immobiliengesellschaft zahlreiche Wohnungen zu einem Schnäppchenpreis bekom­men. Und wer bezahlt das? – Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Und das ist abzulehnen! (Beifall bei der SPÖ.)


21.39


Nationalrat, XXII.GP
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96. Sitzung / Seite 214

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


21.39.40

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Mein Kollege Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Opposition versucht heute den Eindruck zu erwecken, dass wir Beraterverträge erfunden oder Beratungsaufträge erstmals ein­geführt hätten. Ich führe ein paar Beispiele unseres Amtsvorgängers Edlinger an. (Rufe bei der SPÖ.)

Für den Verkauf des Bundesanteiles des Flughafens: 2 Millionen € Beraterkosten. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Für den Verkauf der berühmten CA-BA, an dem wir heute noch leiden: 7,5 Millionen € Beratungskosten. Und weil von Verschleuderung von wertvollem Bundeseigentum gesprochen wurde: Da wurde wirklich wertvollstes Bundesgut ver­schleudert. Für die jährliche Erstellung eines Rahmenvertrages für die Bundesfinanzie­rungsagentur: 300 000 €. (Wow-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: Hat die der Moser gekriegt?) Für die DDSG-Privatisierung: 144 000 €. Timmelsjoch-Privatisierung: auch wieder 443 000 €. (Abg. Mag. Trunk: Verwechseln Sie Euro mit Schilling?)

Der einzige Unterschied zu den Beratungskosten von heute: Damals hat man von Ver­waltungsreform gesprochen, geschehen ist aber nichts. Wir haben diesmal wirklich nachhaltige Verwaltungsreformen weitergebracht. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben seit dem Jahr 2000 um 14 000 Bedienstete im öffentlichen Dienst weniger und sind trotzdem mit den Leistungen besser geworden. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Lapp! Weil Sie die Reorganisation der Finanzverwaltung kritisiert haben: Ich würde Sie einladen, sehen Sie sich das einmal an! Vorher hat es 80 Finanz­ämter gegeben, jetzt gibt es 41 Wirtschaftsraum-Finanzämter. Die Erledigungen gehen heute wesentlich rascher. Früher haben Sie wochenlang auf einen Bescheid gewartet, heute kriegen Sie innerhalb von 48 Stunden einen Bescheid.

Gekostet hat die Beratung 344 000 €, und das Einsparungspotential ist nicht nichts, wie Sie gesagt haben, sondern entspricht 471 Millionen €, 72 Millionen beim Personal­aufwand und 22 Millionen beim Sachaufwand. Es gibt Mehrergebnisse bei der Betrugs­bekämpfung im Ausmaß von 200 Millionen und Mehrergebnisse bei der Betriebsprü­fung im Ausmaß von 177 Millionen.

Bei der Budgetrestrukturierung – das habe ich letztes Mal schon im Ausschuss ge­sagt – kann man uns nicht die Gesamtkosten von 4,2 Millionen anlasten, weil wir für alle Bundesdienststellen die Gesamtkosten übernommen haben. Das waren 2 150 Be­ratertage, wovon wir selbst 90 Beratertage in Anspruch genommen haben. Auf Grund dieser Beratung sind gerade die Ministerien, die Köpfe, die Zentralstellen abgeschlankt worden, sind ungefähr 10 Sektionen aufgelöst worden, sind etliche Abteilungen, Grup­pen aufgelöst worden. Es ist das New Public Management eingeführt worden. Die Abläufe sind beschleunigt worden. Also auch hier ist der Erfolg im Vergleich zu den Kosten bei weitem größer, es handelte sich also um eine wirksame Beratung.

Da heute immer von der Bundesbeschaffungsagentur die Rede ist – Abgeordneter Kaipel hat das wieder vorgebracht –: Die Bundesbeschaffungsagentur kauft heute um ungefähr 40 Millionen pro Jahr billiger ein als vorher. Also wie können Sie das Gegen­teil behaupten? Und selbstverständlich haben wir auf die Kleinunternehmungen Rück­sicht genommen (Abg. Gradwohl: Wo denn? In Hawaii?), und ich weise Ihnen das anhand eines konkreten Auftrags nach.


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96. Sitzung / Seite 215

Wir haben im Herbst des Vorjahres einen Jahresbedarf an Fleisch- und Wurstwaren ausgeschrieben: Auftragsvolumen 5 Millionen. Um wirklich Kleinstunternehmungen zum Zug kommen zu lassen, haben wir diesen Auftrag regional in 91 Subaufträge auf­geteilt. Es liegen alle Unterlagen auf, Sie können sie einsehen. Insgesamt sind 30 Lie­feranten zum Zug gekommen. Knapp 80 Prozent des Volumens wurden an Lieferanten vergeben, die weniger als 10 Millionen Jahresumsatz machten, also an echte Klein­unternehmer. (Abg. Dr. Puswald: Das ist eine Erfolgsstory, die Sie uns da erzählen! Leider nur eine Story!) Das heißt, knapp 80 Prozent des Volumens gingen an Best­bieter mit jährlichen Umsätzen von 400 000 € bis 10 Millionen. Kein Unternehmen, das mehr als 40 Millionen Jahresumsatz hat, hat einen Zuschlag erhalten.

Also wir nehmen den Gesetzesauftrag, der dort enthalten ist, sehr ernst, und das beweist ... (Abg. Ing. Kaipel: Stimmt nicht!) Was heißt „stimmt nicht“? Dann müssen wir da eine Zeugeneinvernahme machen. Das sind die Auskünfte, die ich vom Ge­schäftsführer der BundesbeschaffungsGesmbH bekommen habe und die sich auch nachweisen lassen. Der Auftrag lässt sich belegen.

Aber wir haben mit dem Beraterauftrag auch die Finanzmarktaufsicht neu geebnet. Wie war der Zustand vorher? – Es ist nichts mehr nachbesetzt worden, die Bankenaufsicht war zahnlos. Man hat praktisch alle Aufträge nur immer an die Nationalbank weiter­gegeben, und es hat natürlich Probleme mit der Bankenprüfung gegeben. Wir haben die Finanzmarktaufsicht völlig neu gestaltet, eine Allfinanzaufsicht errichtet. Alle Arten der Finanzaufsicht – Versicherungsaufsicht, Bankenaufsicht, Wertpapieraufsicht – sind heute in einer Hand und werden auch entsprechend wahrgenommen. Das ist gerade die richtige Vorbereitung auch im Hinblick auf Basel II.

Die Vergabe von Beratungsaufträgen war gerechtfertigt, die große Welle ist vorbei, denn wir haben die Verwaltungsreform auf die Beine gebracht, und, wie gesagt, in allen Unternehmungen ist es üblich, wenn außergewöhnliche Projekte heranreifen, dass man sich Beratern bedient, wenn die eigenen Fachkräfte nicht vorhanden sind. Wir haben nicht die Möglichkeit, dass wir schlagartig ins Ausland fahren und uns bei ausländischen Finanzbehörden erkundigen, wie der Ablauf, wie die Organisation ist. Daher braucht man derartige Firmen, die das auch durchführen können, und internatio­nale Firmen haben eben ihren Preis. Die Erfolge haben es gerechtfertigt, wir haben eine Verwaltungsreform wirksam durchgeführt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte.

 


21.47.30

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Herren Staatssekretäre! Herr Staatssekretär Dr. Finz, Sie haben jetzt wieder von den Verwaltungsreformen und den großartigen Erfolgen gesprochen, die Sie dabei erzielt haben. Was haben Sie gemacht? Sie haben Personal abgebaut und gerade im Finanzamtsbereich die Leute in Frühpension ge­schickt. Sagen Sie uns einmal, was das kostet, und dann können Sie über die Erfolge reden! (Beifall bei der SPÖ.)

Sagen Sie uns einmal, Herr Staatssekretär, warum Sie bei der Budgetrestrukturierung, die 4 Millionen in der Beratung gekostet hat, nicht die Finanzprokuratur eingesetzt ha­ben! Die hat sich angeboten, und Sie haben sie abgelehnt. Sind Ihre eigenen Beamten unfähig, solche Projekte durchzuführen? Oder wie hat es heute so schön geheißen: Die leiden noch immer darunter, dass sie so lange unter roten Finanzministern arbeiten mussten!? Das ist eine „gute“ Erklärung gewesen.


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96. Sitzung / Seite 216

Spannend, Herr Staatssekretär, waren Ihre Ausführungen bezüglich der kleinen und mittleren Unternehmer, die durch diese Bundesbeschaffungsgesellschaft mit bedient werden. Sie haben uns hier irgendwelche Zahlen genannt von Anbietern von Fleisch- und Wurstwaren und dass die Kleinen da mit anbieten durften. Dieselbe Frage, näm­lich wie viele Klein- und Mittelbetriebe hier mitmachen dürfen, hat Ihnen Kollege Reheis schon im Ausschuss gestellt, und Sie gebeten, schriftlich antworten zu dürfen.

Die schriftliche Antwort haben wir heute bekommen, und siehe da, wir bekommen von Ihnen keine detaillierten Auskünfte darüber, welche kleinen Unternehmen aus welchen Branchen in welchen Regionen hier dabei sein dürfen, sondern wir bekommen lediglich Zahlen: 280 Betriebe entfallen auf KMUs, 73 Prozent im Jahr 2004, 63 Prozent waren es im Jahr 2003 und so weiter. Und da bitte ich Sie jetzt, sehr genau aufzupassen, denn im Abschlusssatz dieser Antwort heißt es:

„Eine weitere Aufschlüsselung in einzelne Beschaffungsgruppen beziehungsweise nach geografischen Merkmalen wäre derzeit laut Mitteilung der BBG mit einem unver­hältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden, zumal es (noch) keine elektro­nische Erfassung der Beschaffungsvorgänge gibt.“

Herr Staatssekretär, wird dort noch gemeißelt? Werden da Bücher geführt? – Hat die BBG keine elektronische Möglichkeit, die Geschäfte aufzuzeichnen und uns eine ordentliche Antwort zu geben?! Diese Bundesbeschaffungsgesellschaft wurde 2001 gegründet – und 2005 hat sie keine elektronische Unterstützung, sodass sie uns sagen kann, wie Klein- und Mittelbetriebe bedient werden?! – Diese werden nämlich nicht bedient; sie gehen unter!

Im Ausschuss haben Sie, Herr Staatssekretär Finz, sehr treffend gesagt – zu Klein- und Mittelunternehmen befragt –: Wir führen die Pferde zur Tränke, saufen müssen sie selber! – Sie meinen damit wohl die kleinen Unternehmer. Wissen Sie, was? – Mit Ihrer Politik ersaufen diese! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

21.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Präsi­dent des Rechnungshofes Dr. Moser. – Bitte.

 


21.51.20

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf hin­weisen, dass gerade dieser Bericht den Rechnungshof nach eindringlichen Untersu­chungen zu Empfehlungen veranlasst hat, die ich in der Folge kurz darstellen möchte, wobei ich gleichfalls darauf hinweisen möchte, dass wir insgesamt 36 Vergaben mit einem Auftragsvolumen von 12,3 Millionen € untersucht haben.

Tatsächlich wurde seitens des Rechnungshofes festgestellt – Herr Abgeordneter Prinz hat darauf hingewiesen –, dass es sehr wohl auch Vergaben gibt, die ordnungsgemäß abgewickelt wurden, dass aber bei einem überwiegenden Teil der Vergaben, die in diesem Bericht beinhaltet sind, darauf hingewiesen wird, dass in sehr vielen Fällen Vergaben ohne ausreichende Begründungen durchgeführt wurden, Vergaben ohne Kosten-Nutzen-Analyse, dass die Vergabevorschriften teilweise nicht beachtet sowie Ausnahme-Tatbestände bekannt gegeben wurden, die als solche jeglicher Plausibilität entbehrt haben.

Weiters hat lediglich mangelnde Kommunikation zwischen den externen Beratern und gleichzeitig auch zwischen den einzelnen Fachabteilungen stattgefunden, eine Kom­munikation, die selbstverständlich erforderlich wäre, um ausreichend etwas implemen­tieren zu können. In einem Fall wurden die haushaltsrechtlichen Vorschriften nicht beachtet. Weiters ist anzuführen: mangelnde Dokumentation der Entscheidungen, der


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96. Sitzung / Seite 217

Leistungen, aber auch der Abrechnungen (Zwischenrufe bei der SPÖ), mangelnde Pla­nung von Projekten – und darüber hinaus war in gewissen Fällen der Leistungsinhalt nicht ausreichend determiniert. – Das sind Fakten, die vorliegen, und diese sind aus­führlich dargestellt worden.

Bedanken möchte ich mich bei Ihnen, meine Damen und Herren, dass Sie im Rahmen Ihrer Ausführungen hier darauf Bezug genommen und aus den Empfehlungen des Rechnungshofes – das ist auch aus den Wortmeldungen im Rechnungshofausschuss hervorgegangen – Ernsthaftigkeit beziehungsweise auch ein gewisses Umsetzungs­bedürfnis abgeleitet haben.

Es ist auch allen bekannt – Herr Staatssekretär Finz hat schon darauf hingewiesen –, dass das nicht ein Faktum ist, das nur im Jahre 2000 oder im Jahre 2001 vorgelegen wäre – das war der Zeitraum, für den wir die Untersuchung durchgeführt haben –, son­dern dass auch vor diesem Zeitraum diesbezügliche Vergaben durchgeführt wurden, Vergaben, die sehr wohl auch Mängel in dieser Form aufgewiesen haben.

Es geht darum – das ist der Grund, warum der Rechnungshof Empfehlungen abge­geben hat –, darauf hinzuweisen, unter welchen Bedingungen, unter welchen Kriterien in Zukunft eine Beiziehung von externen Beratern erfolgen sollte beziehungsweise ob das überhaupt notwendig ist.

Betonen möchte ich, dass der Rechnungshof die Beiziehung von externen Beratern nicht generell ablehnt, da dies in gewissen Fällen durchaus Sinn macht, notwendig ist und tatsächlich zu positiven Effekten führt, eben dann, wenn – da kommt wieder die Einschränkung – bestimmte Kriterien vorliegen beziehungsweise erfüllt werden.

Diese Kriterien sind eben die, dass man zuerst einmal darauf achten sollte, dass die Ressourcen im eigenen Haus genutzt werden, dass das zu den Kernaufgaben zählt – und diese daher mit dem eigenen Personal abgedeckt werden. Das dient auch der Motivation der Mitarbeiter. Und erst dann, wenn man das im eigenen Ressort nicht hat, sollte man überlegen: Gibt es im Rahmen der Bundesverwaltung Einrichtungen, die für Beratungstätigkeiten zur Verfügung stehen? – Hervorheben möchte ich in diesem Zu­sammenhang beispielsweise die Finanzprokuratur oder den Verfassungsdienst.

Anzustellen ist auch die Überlegung: Brauchen wir externe Berater oder haben wir eigene Einrichtungen dafür? Haben wir einen Bedarf? Wie schaut das Kosten-Nutzen-Verhältnis aus? Der Rechnungshof hat ja errechnet, dass im Schnitt ein Berater pro Tag 1 220 € kostet, ein Projektleiter 1 760 €. – Das heißt, dass sicherlich ein erkleck­licher Betrag für externe Berater ausgegeben werden muss, und da sollte man schon bedenken, dass auf der anderen Seite sehr wohl günstigeres eigenes Personal – und das mit gleicher Qualität – im Hause verfügbar ist.

Es geht also darum, externe Experten in erster Linie dort beizuziehen, wo es um aus­gesprochenes Expertenwissen geht, wo ein Spezialwissen, wo besondere Techniken erforderlich sind und wo eine Betrachtung von außen auch dazu führt, dass die Qualität erhöht beziehungsweise das allfällige Risikopotenzial vermindert wird.

Weiters geht es darum, dass bei der Auswahl der Berater auf die Einhaltung ver­gaberechtlicher Vorschriften beziehungsweise auf interne Dienstanweisungen Bedacht genommen wird, sowie darum – das ist ein wichtiger Aspekt; das zeigt sich auch in anderen Bereichen, nicht nur in jenen, die wir konkret in diesem Bericht aufgenommen haben –, klare Vorstellungen darüber zu haben, was man will, bevor man einen exter­nen Berater beauftragt.

Man darf einen Fehler nur einmal machen; einmal kann man ihn machen, das ist ver­zeihbar, aber keinesfalls ein zweites Mal! Gerade aus der Sichtweise des Rechnungs­hofes und im Hinblick auf die Betrachtung, die auch Herr Staatssekretär Finz hier


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96. Sitzung / Seite 218

angestellt hat, wäre es zweckmäßig, Richtlinien darüber zu erstellen beziehungsweise diesen Empfehlungen eine gewisse Verbindlichkeit zu geben, was sicherlich dazu füh­ren würde, dass in Zukunft im Sinne einer sparsamen und wirtschaftlichen Gebarung beziehungsweise Auftragsvergabe agiert wird.

Was den Rechnungshof betrifft, werde ich sicherlich alles in die Richtung unterneh­men, dass keine der geprüften Stellen, dass kein Ressort behaupten kann, man kenne diese Empfehlungen nicht, wisse nicht, was in diesen stehe und nach welchen Empfehlungen man tatsächlich agieren solle. Ich werde jedes Ressort, jeden Ressort­leiter beziehungsweise jede in Betracht kommende Stelle anschreiben, werde die Empfehlungen des Rechnungshofes mitteilen, damit wirklich jeder/jede weiß, dass dann, wenn der Rechnungshof wieder zu ihm/ihr kommt, eine Prüfung genau gemäß diesen Empfehlungen, genau gemäß diesen Grundsätzen durchgeführt und das auch wieder in einen Rechnungshofbericht aufgenommen werden wird.

Das ist auch ein Punkt, der den Rechnungshof trifft: dass dieser nicht nur Prüfungen ex post durchführt und die Ergebnisse dieser Prüfungen hier im Plenum beziehungs­weise im Ausschuss diskutiert werden, sondern dass der Rechnungshof darüber hinaus seiner Beratungsfunktion, die ihm gemäß Verfassung zukommt, nachkommt.

Diese Beratungsfunktion wird auch in Zukunft eine der wichtigen Aufgaben des Rech­nungshofes sein, denn wenn der Rechnungshof Leistungen erbringt, soll er diese auf eine gewisse allgemeine Ebene heben, um den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, sich danach zu orientieren und so eine sparsame und wirtschaftliche Gebarung be­ziehungsweise Vollziehung der zustehenden Agenden tatsächlich bewerkstelligen zu können. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

21.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. Ich erteile es ihm.

 


21.58.51

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungs­hofes! Sehr geehrte Staatssekretäre! Herr Staatssekretär Finz, wenn man heute in der Früh Ihrem Finanzminister zugehört hat – und wenn man Ihrem Bundeskanzler manch­mal zuhört –, was alles unternommen werden sollte, um die Menschen Österreichs in Beschäftigung zu halten, und wie das Budget ausgerichtet sei, um Vollbeschäftigung zu garantieren, und wenn man Ihnen, Herr Staatssekretär, jetzt zugehört hat, wie stolz Sie die Bilanz Ihrer Politik dargestellt haben, einer Politik, die dazu führt, Menschen aus ihren Arbeitsverhältnissen zu drängen und in die Arbeitslosigkeit zu führen, so zeigt dies schon das deutliche Bild Ihrer Partei, wie Sie auf der einen Seite reden und auf der anderen Seite denken und handeln. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Staatssekretär Finz, wenn Sie uns heute die Wurstzipfel vor Augen zu führen ver­sucht haben, die Ihnen in der Art verderblicher Güter nicht transportfähig erschienen, und dies als Beispiel dafür zu nehmen versuchen, dass Sie kleine und mittlere Unter­nehmen sozusagen mit bedienen, so ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass Sie uns hier nicht die Wahrheit gesagt haben. Schauen Sie sich doch einmal die großen Positionen an, Positionen, die für kleine und mittlere Unternehmen in Österreich unerschwinglich sind!

Ein Drittes, Herr Staatssekretär, da Sie uns heute die Beraterkosten in unserer Regie­rungszeit vorgehalten haben: Da ersuche ich Sie schon, auch auf die Verhältnismäßig­keit zwischen Beraterkosten, Nutzen aus dieser Beratungstätigkeit sowie auf den


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96. Sitzung / Seite 219

Umfang dieser Beratungstätigkeit hinzuweisen. Wenn man nämlich diese drei Faktoren zusammennimmt, kommt man zu jenem Schluss, den schon Herr Rechnungshofprä­sident Moser angeführt hat: dass Ihre Beraterkosten weit überzogen sind und man sich wie der Herr Rechnungshofpräsident die Frage stellt, warum diese Beratungstätig­keiten nicht einfach von den Beamten in den Ministerien selbst gemacht werden. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Um auf die Ausführungen von Kollegin Moser zurückzukommen und den Fall des Kabi­nettschefs Miko nochmals herauszustreichen: Da stellt sich schon die Frage, welche Qualifikationen diese leitenden Beamten in den Ministerien hatten. (Abg. Neudeck: Das ist kein Beamter gewesen!) Mussten sie Qualifikationen haben, die sie befähigt haben für eine bestimmte Stelle und Aufgabe – oder mussten sie lediglich ein Nahe­verhältnis zu bestimmten Parteien beziehungsweise bestimmten Personen haben? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.)

Da drängt sich schon der Verdacht auf, dass Kollege Bucher wirklich Recht hat: Man braucht das Geld nur beim Fenster hinauszuschmeißen, damit es dann bei der rich­tigen Parteien-Tür wieder hereinkommt. – Das ist offensichtlich der Befund! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das hat ja der Öllinger gesagt!)

22.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schönpass. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.00.14

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Hohes Haus! Jedes Mal, wenn wir einen Rechnungshofbericht zu diskutieren haben, zeigt sich, dass dieser Regierung nichts zu teuer ist, wenn es um Beratung und Werbung geht. Warum seit dem Jahr 2000 x-Mil­lionen € an Beraterfirmen verschleudert wurden, lässt sich aus einigen Passagen des Rechnungshofberichtes nachvollziehen. (Abg. Neudeck: Kennen Sie den Landes­hauptmann Häupl?)

Ein Grund besteht darin, dass die Regierung als Ganzes und die Ressortchefs im Ein­zelnen ihren Beamten offenbar nicht trauen. Sie verzichten dabei auf das Know-how und die Expertisen, die sich in den Ministerien befinden, man bräuchte es nur abzu­berufen. (Abg. Neudeck: Lesen Sie die Rechtschreibfehler auch mit, Frau Kollegin?) – Ich glaube schon, Herr Neudeck, dass Ihnen das nicht passt. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber offensichtlich meint die Regierung ohne Wissen aus dem eigenen Haus auskom­men zu müssen. Fürchtet sie sich vor begründeter Skepsis der Beamten gegen kosten­intensive Regierungsvorhaben?

Eine Institution scheint der Regierung und dem Finanzminister besonders verdächtig und inkompetent zu sein: die Finanzprokuratur. Dabei ist diese gemäß dem Gesetz als Anwalt und Berater der Republik berufen, den Ministerien zur Seite zu stehen. Ich erin­nere an die Diskussion im Rechnungshofausschuss vom 16. Februar, wo Herr Staats­sekretär Finz meinte, die Finanzprokuratur habe nicht über ausreichendes Spezialwis­sen im internationalen Vergabewesen verfügt.

Meine Damen und Herren! Damit wird in den Raum gestellt, dass die Juristinnen und Juristen der Finanzprokuratur das österreichische Bundesvergabegesetz nicht kennen.

Eine andere, aber nicht minder skurrile Begründung für die Nichtbefassung der Finanz­prokuratur lieferte der ehemalige Sozialminister Haupt, und zwar in der Sitzung vom 19. Jänner: Er habe bei der Umstrukturierung des Hauptverbandes auf die Finanzpro­kuratur deswegen nicht zurückgegriffen, weil zwischen seinem und dem Finanzressort unterschiedliche Auffassungen herrschten. – Mit der bekannten Konsequenz: Sünd-


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96. Sitzung / Seite 220

teure Berater arbeiten die Hauptverbandsreform aus, die anschließend vom Verfas­sungsgerichtshof aufgehoben wird. Das ist stümperhaft und unprofessionell!

Sehr geehrte Damen und Herren! Diese Regierung verschwendet Steuermittel für ex­terne Berater und Werbung, während bei den ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen Kürzungen und Verteuerungen an der Tagesordnung sind. Die SPÖ nimmt den vorlie­genden Rechnungshofbericht, der den leichtfertigen Umgang mit Steuermitteln nach­weist, nicht zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

22.03

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Krist. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


22.03.30

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Meine Herren Staatssekretäre! Geschätzter Herr Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ja­wohl, meine Damen und Herren, ich oute mich jetzt auch: Ich bin ein Wiederholungs­täter, ein Wiederholungstäter beim Anprangern von unglaublicher Verschwendung, von verantwortungslosem Umgang mit den Steuergeldern, wie er bei Ihnen, meine Damen und Herren Minister und Staatssekretäre dieser blau-schwarzen Bundesregierung, regelmäßig üblich ist.

Und es ist belegt durch den Rechnungshof – deutlicher kann es nicht sein: Über 90 Mil­lionen € für ungeniertes und unsinniges Geld-Ausgeben für Berater, für Berater von Beratern, für Gutachter, für sonstige Spezialisten mit untersuchungswürdigen Nahe­verhältnissen, mit bestens dotierten Aufträgen. Nein, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, Sie schmeißen das Geld sicher nicht mit beiden Händen bei den Fenstern hinaus, Sie verwenden ungeniert sogar eine Akkordschaufel dafür, ganz besonders in der Himmelpfortgasse.

3,6 Millionen € Beratungskosten für ein einziges Gesetz, für ein Gesetz mit 20 Para­graphen! Ich habe es im Rechnungshofausschuss schon gesagt: Jede Friedhofsord­nung hat mehr Paragraphen. Und auch wenn Sie, Herr Staatssekretär Finz, es nicht akzeptieren können, nicht hören wollen und schon gar nicht glauben wollen, ich sage es Ihnen noch einmal, und vielleicht bekommen Sie dann endlich mehr Gefühl für die Kommunen in den Bundesländern: Oberösterreich hat 445 Gemeinden. 384 davon haben ein Budget von 3,6 Millionen € oder darunter. Erklären Sie einmal den Bürger­meisterInnen in diesen Gemeinden, wie locker man für eine einzige dubiose Beratung 3,6 Millionen verpulvern kann! Sie machen mit Ihrer Finanzpolitik die Gemeinden zu Bittstellern, Sie verhindern, dass der Haushalt ausgeglichen werden kann, und so kommt es zu Abgangsgemeinden. Sagen Sie es doch offen, wenn Sie die Gemeinden zu Bittstellern machen wollen oder vielleicht sogar vorhaben, den Zehent wieder einzu­führen!

Sie lassen sich die Beratung eines einzigen Paragraphen 180 000 € kosten. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Das ist nicht nur maßlos überzogen, es ist auch unverantwortlich, schreit nach Konsequenzen und ist in jedem Fall abzu­lehnen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wenn mich nicht alles täuscht, hat Herr Finanzminister Grasser heute bei seiner Schummel-Budgetrede (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP – Abg. Neudeck: Unglaublich!) indirekt eine nachhaltige persönliche Konsequenz angekündigt. – Es freut mich, Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben, Kollege Neudeck. – Er sagte, mit ihm werde es keine Steuer- und Abgabenerhöhungen und kein neues Sparpaket geben. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.) Ich hege die leise Hoffnung, dass, nachdem seine heutige


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96. Sitzung / Seite 221

Nebelrede und das präsentierte Zahlenwerk genau das Gegenteil davon ankündigen, sein Rücktritt unmittelbar bevorsteht, denn dann hat er das alles nicht mehr zu verant­worten. – Und das, meine Damen und Herren, würde mich, die SPÖ und auch Zig­tausende Österreicherinnen und Österreicher, quer durch alle Parteien, unermesslich freuen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.06

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Neudeck. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


22.06.45

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Meine Herren Präsidenten! Meine Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Natürlich, man kann die Berichte und die Kritik des Rechnungshofes negieren, man kann sie schönreden oder man kann sie ernst nehmen. Ich gehe davon aus, dass unsere Minister die Kritik ernst nehmen, und wo gehobelt wird, fallen eben da und dort auch Späne. (Zwischenruf des Abg. Dr. Puswald.) Kollege Pusswald, nicht, sonst sage ich etwas zu deiner Krawatte! Bitte keinen Zwischenruf, sonst schaue ich ins „NEWS“ und sage etwas zu deiner Krawatte.

Man kann die Kritik also ernst nehmen, und das werden unsere Minister tun, denn dort, wo gehobelt wird, fallen Späne, und ich gebe zu, es ist da und dort bei den Berater­verträgen das eine oder andere Mal übers Ziel geschossen worden. Das wird niemand, der den Rechnungshof und den Präsidenten des Rechnungshofes ernst nimmt, negie­ren wollen.

Meine Damen und Herren, nur: Gerade Sie von der Sozialdemokratie und von den Grünen, die Sie diesem Rechnungshofpräsidenten mit dem größten Misstrauen be­gegnet sind, applaudieren jetzt! Sie haben sich vom Saulus zum Paulus gewandelt, schneller als beim Fiedler. Das freut mich für den Präsidenten Moser! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Natürlich müsste man auch auf Grund meiner Aussage vielleicht überlegen, den Entschließungsantrag der Sozialdemokraten und der Grünen heute zu unterstützen, denn es sind Fehler passiert; ich gebe es zu. Nur: Mein Ver­trauen in unsere Minister ist größer als das Vertrauen in die Sozialdemokraten. – Die Grünen haben noch nicht regiert, daher kann ich sie auch nicht so kritisieren.

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei! Sie haben für die CA-Privatisierung – Staatssekretär Finz hat es gesagt – über 100 Millionen S für Bera­tungsverträge ausgegeben. (Abg. Scheibner: Na servus!) Sie haben nicht nur Staats­vermögen verschleudert, sondern Sie haben auch in weiterer Folge durch Landes­hauptmann Häupl in Wien weitere Milliarden in den Sand gesetzt, weil Sie damals, als man gesagt hat: Gehen Sie aus diesen Aktien!, ... (Zwischenrufe des Abg. Mag. Gaß­ner– Kollege Gaßner, sei nicht nervös! Setz dich herunter, wenn du es dort oben nicht hörst, dann versteht du es vielleicht besser!

Sie haben dort also Milliarden in den Sand gesetzt – und dazu haben Sie Berater gebraucht mit Kosten in der Höhe von 100 Millionen?!

Sie wollten Wohnbaugesellschaften – nicht einmal um 1 €, weil damals gab es noch den Schilling – um 1 S veräußern. Staatsvermögen verschleudern – nein danke! Sie haben für die DDSG-Privatisierung 615 000 € Beratungsverträge gebraucht. Amadeus, Vranitzky – kennen Sie alles nicht mehr.

Meine Damen und Herren! Mein Vertrauen in unsere Minister ist größer. Ihren Antrag können Sie sich ... – Ich sage es nicht. – Danke. (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

 


22.09


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
96. Sitzung / Seite 222

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter mit 1 Minute Redezeit zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


22.10.00

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist noch etwas zu sagen. (Oje-Rufe bei der ÖVP. – Abg. Neudeck: „Das Buffet ist eröffnet!“– Sonst können Sie nichts mehr sagen!) Der ehemalige Präsi­dent Fiedler hat bei Ihren ÖIAG-Machenschaften von einem Fußtritt für den Rechts­staat gesprochen. Und der ehemalige Präsident Dr. Franz Fiedler hat bei dem Kontra-Gutachten des Finanzministers davon gesprochen, dass man den Rechnungshof gleich abschaffen könnte. Aber heute, meine Damen und Herren, lehnen Sie einen Entschließungsantrag ab, und der Präsident des Rechnungshofes, Moser, sieht sich gezwungen, einen solchen Antrag schriftlich an die einzelnen Stellen zu richten.

Meine Damen und Herren! Wie Sie mit dem Organ des Nationalrates, mit dem Rech­nungshof, umspringen, ist eine Schande! (Beifall bei der SPÖ.)

22.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses, den vorliegenden Bericht III-77 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Kräuter, Mag. Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung von ressortinternen Richtlinien hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen für externe Beratung und Öffentlichkeitsarbeit.

Wer diesem Entschließungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustim­mung. – Der Antrag erhält nicht die notwendige Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

22.11.53

16. Punkt

Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission zum Thema „Architektur­politik und Baukultur in Österreich“ (824 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 16. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Ans Rednerpult gelangt Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. Freiwillige Redezeitbeschrän­kung: 4 Minuten. – Bitte.

 


22.12.25

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der heute dem Parlament vorliegende Bericht der Enquete-Kommission zum Thema „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“ gibt umfas­send Zeugnis darüber, dass wir alle es wichtig finden, verbesserte Rahmenbedingun­gen für zeitgenössische Baukultur und eine übergreifende Architekturpolitik zur Siche­rung der Lebensqualität in Österreich zu schaffen. Man wird nicht allen Wünschen und Bedürfnissen der Interessenvertretungen der Länder, Gemeinden, der verschiedensten Stellen gerecht werden können, wichtig ist aber der engagierte Ansatz und die erwei­terte Möglichkeit einer umfassenden Information der Öffentlichkeit, die wir jetzt haben.


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Den InitiatorInnen der Plattform ist für ihr Engagement zu danken. Ihr Ziel wurde er­reicht. Ressortübergreifend legen wir heute ein politisches Bekenntnis zur Schaffung einer lebenswerten Umwelt auch für zukünftige Generationen ab.

Ich möchte Josef Rieglers genialen Begriff „ökosozial“ auch hier angewandt sehen. Eine ökosoziale Architektur ist es, die ich mir wünsche. Dieses Wort scheint mir alle wesentlichen Bestrebungen sehr gut zu umfassen, und in diesem Sinn hat auch Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic ein umfangreiches Jahresprogramm, ich nenne nur ein paar Punkte: Architektur-Laboratorium, internationale Ausstellung, Ortsbild-In­formation, Bauherren-Begleiter, Gestaltungsbeirat, Digitaler Architektur-Vermittler, Geramb-Rosen-Verleihung, Jahrbuch der Architektur mit dem Landesarchitekturpreis.

Auch das ist alles im Zusammenhang mit dem starken Focus zu sehen, den wir alle miteinander dem Thema gegeben haben, mit der Enquete-Kommission im Vorjahr, mit dem nun vorliegenden Bericht. Ich bin froh, meine Damen und Herren, dass wir alle miteinander über die Fraktionen hinweg diesen mutigen Schritt getan haben – zur Enquete-Kommission, zum Bericht, der den ersten Schritt eines Prozesses abschließt und einen Dialog zwischen Politik und Betroffenen – das sind wir alle, die wir in unserer Umwelt wohnen und leben – bereits eröffnet hat.

Ich bin überzeugt davon, dass dieses gemeinsame Bekenntnis eine neue und wichtige Richtung innerhalb der Kreativwirtschaft Österreichs einschlagen wird und freue mich auf weitere Schritte! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

22.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

22.14.00

 


Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir heute hier im Hohen Haus über Architektur und Baukultur debattieren können. Die Auseinandersetzung mit archi­tekturpolitischen Fragen hat nach intensiven Vorarbeiten vor knapp einem Jahr mit der parlamentarischen Enquete-Kommission begonnen, an der zahlreiche nationale und internationale ExpertInnen teilgenommen haben.

Unterschiedlich waren die einzelnen Bewertungen des Ist-Zustandes, unterschiedlich waren die Lösungsansätze. Einheitlich, meine Damen und Herren, war aber die Mei­nung, dass diese Enquete-Kommission nur einen ersten Schritt darstellen kann, dem noch zahlreiche weitere in Richtung einer engagierten Architekturpolitik folgen sollen.

Diese Erwartungshaltung findet sich ansatzweise auch im vorliegenden Vier-Parteien-Entschließungsantrag wieder, der unter anderem einen breit angelegten Baukultur­dialog und die Erstellung eines Baukulturreports bis Mitte 2006 vorsieht.

Meine Damen und Herren! Ich habe noch einige Statements der Regierungsparteien gut im Ohr. Da war die Rede davon, wie wichtig der Gesetzgeber Architekturpolitik nehme, aber auch, dass der Stellenwert von Architektur und Baukultur steige, oder dass Architektur identitätsstiftend sei. Aber ich erinnere mich auch an die Befunde von ExpertInnen in der Enquete-Kommission, die festgestellt haben, dass es eben keine Daten und Fakten gibt, weil sich die Politik dafür nicht interessiert habe, dass es in Österreich an Rahmenbedingungen, Strategiekonzepten und Strukturen fehle, und auch, dass die Architekten und Architektinnen nur einen marginalen Planungseinfluss auf das Baugeschehen in Österreich haben.

Diese Befunde sollten den Verantwortlichen in den Regierungsparteien ja nicht neu sein. Ich erinnere an die Versprechen von ÖVP und FPÖ im Regierungsübereinkom-


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men 2002, welches – ich zitiere – die „Erarbeitung eines Gesamtprogramms zur Wahr­nehmung der baukulturellen Verantwortung des Bundes“ vorsieht. – Das war 2002, jetzt haben wir 2005!

Meine Damen und Herren! In vielen Ländern ist das Verständnis für Architektur nicht nur im politischen, sondern auch im kollektiven Bewusstsein der Menschen tief verwur­zelt. Die Architektur-Enquete-Kommission hat meinen Eindruck, nämlich dass wir da in Österreich noch einen langen Weg vor uns haben, verstärkt. Die Forderungen der SPÖ an eine engagierte Architekturpolitik gehen daher über die Entschließung weit hinaus. Wir wollen den Bund nicht aus seiner Vorbildwirkung bei den eigenen Bauprojekten entlassen. Wir fordern eine ressortübergreifende Architekturpolitik. Qualitätsorientierte Langzeitstrategien sollen entwickelt und ein Architekturleitbild für den öffentlichen Auftraggeber erstellt werden. Das Parlament soll die Möglichkeit haben, den Baukultur-Report hier im Plenum öffentlich zu debattieren. Es soll generell eine verstärkte Öffent­lichkeitsarbeit für zeitgenössische Architektur geben, ebenso eine Förderung der Wett­bewerbskultur.

Und einen letzten Gedanken noch aus der Architektur-Enquete-Kommission zur Veran­kerung der Bedeutung von Architektur in der Bevölkerung. Ganz wesentlich zu einer solchen Verankerung beitragen könnte es, würde man die Auseinandersetzung mit Architektur im Rahmen von kultureller Bildung bereits in der Schule ansetzen, denn, meine Damen und Herren: Das Verständnis für Architektur und Baukultur ist nicht nur eine Frage der Betroffenheit, sondern auch der Bildung! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Auch er hat eine Wunschredezeit von 4 Minuten. – Bitte.

 


22.19.14

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Leider hatte ich nicht die Möglichkeit, an dieser parlamentarischen Enquete-Kommission teilzunehmen, was ich im Nach­hinein sehr bedauere. Ich weiß allerdings, dass das Ergebnis etwas sehr, sehr Positi­ves war, wobei ich meiner Vorrednerin Recht gebe, dass das nur ein erster Schritt sein kann.

Dieser Vier-Parteien-Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen zur Förderung der Baukultur, einer engagierten Architekturpolitik beinhaltet einige für mich wesentliche Punkte, nämlich eine Wertschätzung des qualitätvollen Planens, das allerdings, das sage ich auch dazu, nicht nur die Architektur und das Bauwesen und die Baukultur als solches betrifft, sondern dieser Anspruch ist generell im gesamten Planungsbereich zu erheben. Es geht auch darum, das kulturelle Erbe zu pflegen und Ressourcen im Bau­bestand sorgfältig zu nutzen.

Ein Punkt, der auch von meiner Vorrednerin angesprochen wurde, ist die Gestaltung von Wettbewerben: Es geht darum, bessere Rahmenbedingungen insbesondere für jüngere Architekten zu schaffen, verstärkt Anreize zu entwickeln, die für eine breitere Teilnahme junger Architekten und Architektinnen förderlich sind. Ich persönlich glaube, dass das letztlich nur mit einer Veränderung des Wettbewerbsystems einhergehen kann, und sehe nur die Möglichkeit, dass letztlich die öffentliche Hand, sprich der Bund, mehr Geld „in die Hand nimmt“, um das umzusetzen.

An dieser Enquete-Kommission war mein damaliger Kollege, der jetzige Staatssekretär Mainoni zugegen, der dabei die Entwicklung in den siebziger und achtziger Jahren angesprochen hat, als in vielen Städten Gestaltungsbeiräte eingeführt wurden. Diese


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Gestaltungsbeiräte waren und sind sicherlich positiv zu bewerten. Allerdings – und das weiß ich aus eigener Erfahrung, weil das auch in meiner Heimatstadt nachvollziehbar beziehungsweise zu beobachten war – gab es zum Teil falsche Entwicklungen. Das heißt, man hat diese Beiräte mitunter zu sehr zu international besetzt, sodass (Abg. Neudeck: Max, du weißt schon, dass es halb elf ist?) sich eine Entwicklung ergeben hat, dass aus Momentaufnahmen Beurteilungen erfolgt sind – und ich glaube, es war nicht immer alles im Sinne einer positiven Entwicklung.

Ich möchte zum Schluss ebenfalls noch ganz kurz den Denkmalschutz und die Denk­malpflege streifen, die, wie ich meine, auch etwas sehr, sehr Wichtiges ist. Unsere Denkmäler sind Bestandteil unseres nationalen Seins, das ist keine Frage! Es ist ein kulturelles Erbe, und es ist ein unverwechselbarer Teil unserer österreichischen Identi­tät.

Wie schon gesagt, sehe ich diese Enquete-Kommission als etwas sehr Positives – den Initiatoren ist zu danken – und vor allen Dingen als ersten Schritt, wissend, dass es eine Vernetzung, etwas Übergreifendes geben muss, um hier etwas Positives umset­zen zu können. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.23.37

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt ein Jahr vergangen. Vor einem Jahr war diese Enquete-Kommission zur Baukultur. Ein Jahr braucht das Parlament, um den Stimmen, die damals laut wurden, dass es so etwas wie einen Dialog und einen Report geben muss, Rechnung zu tragen und überhaupt diesen Beschluss zu fassen. Das ist schon sehr lang. Das sagt eigentlich sehr viel aus über das, was sich das Parlament zum Thema Architektur bemüht zu verwirklichen.

Aber immerhin: Jetzt haben wir diesen Dialog, es wird diesen Dialog zwischen Bund, Städten und Gemeinden bald geben. Ich halte den für sehr notwendig, weil es gibt immer noch die reflexartigen Reaktionen, wenn es um radikalere Veränderungen im Bauwesen geht. (Abg. Großruck: Das ist ein Blödsinn!) So mancher Bürgermeister verlegt sich da lieber auf den bequemen Weg und vertritt lieber das, woran es keine Kritik gibt. Das führt meiner Meinung nach letzten Endes zu diesen Fertigteilhaus-Klischees und dieser Hegemonie von Langeweile und Durchschnitt, wie wir sie in Österreich – und leider nicht nur in Österreich, sondern überall – beobachten.

Es fehlen also, glaube ich, die rechtlichen Rahmenbedingungen und es fehlt auch eine Aufklärung, was das Bewusstsein in der Öffentlichkeit betrifft. Aber das kommt ja jetzt mit diesem Report hoffentlich bald.

Ich mache auch gar kein Geheimnis daraus, dass wir eigentlich bei diesem Entschlie­ßungsantrag, was die Formulierungen betrifft, einige Phrasen nicht so gern gehabt hätten, aber im Sinne des Konsens halt mitintegriert haben, zum Beispiel „Architektur als Teil der Kreativwirtschaft“. – Immer diese Kreativwirtschaft, Herr Staatssekretär! Phrasen werden nicht besser, auch wenn man sie noch so lange drischt. Wir überlegen uns schon immer wieder, ob da nicht mehr als die Bedienung von Bauwirtschaft enthal­ten ist. Die Frage lautet eigentlich immer, ob Kultur Teil der Wirtschaft ist oder die Wirtschaft ein Teil der Kultur. Wir werden vielleicht irgendwann einmal noch die Mög­lichkeit für ein Privatissimum haben, um das zu klären.


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Aber auch das andere – der Vorredner hat es ja angesprochen –, nämlich das „Pflegen des kulturellen Erbes“ gehört eher zu den Lippenbekenntnissen. Sie von der Regierung können tagtäglich, ja in jedem Augenblick, beweisen, dass sie dieses Erbe pflegen wollen. Ich will da jetzt gar nicht auf die Hasen-Debatte eingehen – wir werden schon noch Gelegenheit haben, das zu besprechen –, aber Sie haben ja fast täglich irgend­einen Skandal betreffend das kulturelle Erbe und dessen Pflege. Dafür gibt es Ge­setze, diese brauchen Sie nur einzuhalten. Sie brauchen da ja nicht dauernd irgend­welche Vokabeln zu bemühen und Forderungen aufzustellen, sondern Sie brauchen sich nur an die Gesetze zu halten – dann ist das kulturelle Erbe gepflegt und bewahrt.

Und bitte, passen Sie auf, dass das, was nun in diesem Entschließungsantrag steht, wirklich eingehalten wird, nämlich dass bis Mitte nächsten Jahres dieser Baukultur-Re­port tatsächlich auf dem Tisch liegt. Dann hat Österreich nämlich die EU-Präsident­schaft inne, und während dieser EU-Präsidentschaft gibt es auch eine internationale Architektur-Enquete-Kommission, einen Gipfel. Österreich wäre meiner Ansicht nach sehr gut beraten, da etwas vorzulegen, um diesbezüglich in Europa Vorreiter zu sein.

Die Grünen werden sicher nicht anstehen, jede Unterstützung zuzusichern. (Abg. Felz­mann: Super!) Das ist eine Sache, die weit über die Parteien und deren Interesse hinausgeht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

22.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Felzmann. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.27.36

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssek­retär! Werte Damen und Herren! Ich war jetzt fasziniert: Kollegin Muttonen beginnt soeben, den ersten Schritt in der Diskussion zu machen; Kollege Zinggl fängt einen Dialog an und spricht vom Phrasen-Dreschen der Regierung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Darf ich Sie darüber informieren, dass wir bereits 2003 den „Ersten Österreichischen Kreativwirtschaftsbericht“ präsentiert haben. (Die Rednerin hält diesen Bericht in die Höhe. – Abg. Dr. Fekter: Den haben sie verschla­fen!) Sowohl Wirtschaftsministerium, Unterrichtsministerium, Kunst-Staatssekretariat als auch die Wirtschaftskammer Österreich haben dieses Werk in Auftrag gegeben, um einmal Daten, Fakten und Zahlen darüber zu erheben, wie viel die Kreativbereiche zur heimischen Wertschöpfung beitragen. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Zahlen waren mehr als beeindruckend: In der Architektur gibt es über 3 000 Unternehmen – und das, bitte, bereits im Jahr 2000 – mit über 11 500 Beschäftigten. Wenn Sie die aktuelle Ausgabe des „profil“ zur Hand nehmen – sicher kein ÖVP-Blatt (Ruf bei der SPÖ: Naja ...!) –, dann werden Sie erfahren, dass alleine in Wien 2 733 Architekturbüros vorhanden sind – so viel zum nicht vorhandenen Datenmaterial! Sie müssen nur einfach recherchieren, Sie müssen sich einfach in der Szene bewegen und schauen, was wirklich los ist.

Die ARGE Kreativwirtschaft, die in der Wirtschaftskammer Österreich gegründet wurde, hat sich zum Ziel gesetzt, Österreich als Kreativstandort zu unterstützen und zu etablieren, und zwar national und international. Das ist jetzt keine Erfindung von uns, die Kreativen waren in Österreich immer schon da, in der Architektur, in der Malerei, in der Musik! Und sie sind auch heute da. Die entsprechenden Zahlen können Sie hier in diesem Bericht nachlesen.

Daher: Wir haben uns selbstverständlich schon länger mit diesem Thema beschäftigt. Im Frühling vergangenen Jahres zum Beispiel haben wir bei uns im Klub eine Enquete-Kommission zu den Themen Architektur, Multimedia, Design abgehalten, damit wir


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Abgeordnete uns internationale Beispiele präsentieren lassen und sehr intensiv mit dieser Materie auseinander setzen können. Selbstverständlich haben wir in Folge auch die Enquete-Kommission hier im Plenum sehr unterstützt, weil für uns der Dialog nicht erst beginnt, wir sind vielmehr bereits mittendrin. Und wenn Sie sich die internationalen Ausstellungen anschauen, die Staatssekretär Morak organisiert, dann ist das nur ein weiterer Beweis für eine sehr, sehr engagierte Politik auf diesem weiten Feld.

Daher sagen wir selbstverständlich ja zu diesem Entschließungsantrag, der diesen Baukultur-Dialog fördert, unterstützt, begleitet, der konkrete Maßnahmen zur Förde­rung der Baukultur für Bund, Länder und Gemeinden vorschlägt, wo es um rechtliche Rahmenbedingungen geht, fiskalische Rahmenbedingungen et cetera. Dazu sagen wir hundertprozentig ja!

Wir sagen allerdings nein zu einem Vorgehen, wie ich es gerade auf Seiten der SPÖ wahrgenommen habe, bei dem es darum geht, sofort diversen Aktivitäten in einen spanischen Stiefel der Bürokratie hineinzupressen. (Abg. Mag. Muttonen: Was ist ein „spanischer Stiefel der Bürokratie“?) Das ist nicht unser Weg. Die Politik kann nicht die Kreativen – und dazu zählt die Architektur – vereinnahmen! Das würde der Szene nicht gerecht werden. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Puswald und Mag. Muttonen.)

Wir sind bereit, diesen Dialog hier, auch mit Ihnen, zu führen – für unser Land und für die gesamte Branche. (Beifall bei der ÖVP.)

22.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Staatssekretär Morak. – Bitte.

 


22.31.24

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht anstehen, Ihnen einmal grundsätzlich für die von Ihnen ausgegangene Initiative, hier einmal für die Architektur auf die Schanze zu treten, zu danken.

Frau Muttonen! Sie verbessern die Situation nicht unbedingt, wenn Sie sagen: Die Schwarzen waren es!, oder: Die waren es! oder: Jene waren es! – Ich lese Ihnen nicht vor, was Ihnen Roland Rainer, ehemals Stadtplaner von Wien, über die Wiener Archi­tektur erzählt, es hat nämlich gar keinen Sinn, wenn wir uns nur gegenseitig etwas zuschieben. Seien wir froh darüber, dass wir im Grunde eine Initiative lancieren, die für das Land gut ist, die für uns gut ist, die für die Architekten gut ist, die für die Kreativen gut ist, die für die Künstler gut ist, und dass wir hier darin Einigkeit erzielt haben. Wir werden danach trachten, das Beste daraus zu machen.

Sie wissen, wie schwierig es ist, die Städte und die Länder unter einen Hut zu bringen. Wenn Sie sich anschauen, wie die BIG arbeitet, dann kann ich Ihnen sagen: Gut, die arbeitet gut! Aber das ist noch nicht alles, denn die Privaten bauen auch noch – und so weiter, und so weiter.

Wir haben schöne Beispiele – wir haben schlechte Beispiele – von Architektur in Ös­terreich. Sei es in Vorarlberg, in der Steiermark, aber auch in Wien, im Burgenland und in Niederösterreich gibt es schöne Initiativen in der Architektur. Ich glaube, wir sollten das als Beispiel nehmen und fragen: Was ist das Gemeinsame an all dem?

Meine Damen und Herren! Sie wissen, ich bin nicht grundsätzlich für die Architektur und fürs Bauen zuständig, aber ich bin für die Darstellung von Architektur zuständig. Und das, was wir dabei machen, ist beispielsweise, dass wir das Architekturbudget um 40 Prozent erhöht haben – ich glaube, das kann sich sehen lassen! –, dass wir konse­quent und sehr initiativ mit den Architekturhäusern zusammenarbeiten, mit den Län-


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dern, dass wir Round-Table-Treffen machen, dass wir in Gesprächen mit den Architek­ten und Architektinnen sind. Ich glaube, dass hier etwas weitergeht.

Wir haben zusammen mit der Österreichischen Kulturdokumentation zum ersten Mal eine vergleichende Studie im Bereich der Architektur erstellen lassen. Diese Publika­tion ist Ihnen zugegangen, ich nehme an, Sie werden Sie alle studiert haben. Ich wie­derhole: All das hat es vorher nicht gegeben! Ich glaube, das ist ein schöner Aufbruch.

Ich beglückwünsche den Nationalrat zu dieser Initiative – und ich sage ganz deutlich: Ich werde mich draufsetzen, so gut ich kann. Gemeinsam mit dem Wirtschaftsminister werden wir einen Baukultur-Report herausgeben. Die Kosten für diesen Report werden zwischen dem BKA und dem BMWA geteilt.

Wenn wir alle in die Hände spucken und sagen: Schauen wir, dass wir da etwas Gutes zusammenbringen!, dann können wir alle davon profitieren, die Architektinnen und Architekten, aber auch das ganze Land.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Initiative. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.34.15

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Staatssekretär, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie sich als erster Redner der Regierungsfraktionen, als erstes Regierungsmitglied auch bei jenen bedankt haben, die diese Architektur-Enquete-Kommission eigentlich initiiert haben, nämlich bei den Architektinnen und Architekten.

Wir haben ja, auch von der Vorrednerin, viele Worte gehört, was den Kreativwirt­schaftsbericht betrifft. Dazu muss man sagen: Es gibt zwar einen Bericht, aber leider seither keine Daten und keine weiteren Schritte. (Zwischenbemerkung von Staatssek­retär Morak.) Das heißt: In der Architektur wird man, wenn es um Kreativität und Um­setzung geht, mit einem Bericht leider nicht sehr viel anfangen können. Daher sind das halt, wie schon so oft in dieser Regierung, nur leere Worte, mit denen all jene, denen das wirklich ein Herzensanliegen ist, nicht viel anfangen können. (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Ich schließe mich also dem an: Ein herzliches Dankeschön an die Architektinnen und Architekten, die initiiert haben, dass wir hier eine Architektur-Enquete-Kommission ab­gehalten haben, die wirklich sehr interessant war, bei der wir eine Auseinandersetzung mit diesem Thema geführt haben, die, glaube ich, sehr tief gehend war und bei der man gespürt hat, dass es darum geht, die weiteren Schritte festzulegen, und auch, dass gerade die kreativen Menschen von Ihren Berichten, Frau Abgeordnete, genug haben, weil sie Taten sehen wollen, und zwar zu Recht! (Zwischenruf der Abg. Felz­mann.) Ich glaube, wir haben auch die Aufgabe, das so umzusetzen.

Daher bin ich sehr froh, wenn wir diesen Baukultur-Report auch tatsächlich sozusagen hier im Parlament haben, und die Regierung auch bereit ist, das zu machen, weil ich auf einen ganz konkreten Punkt eingehen möchte: Sie wissen, ich bin Vorsitzende des Bautenausschusses, in diesem geht es natürlich auch viel um Architekturfragen (Abg. Neudeck: Wenn Sie das jetzt nicht gesagt hätten, hätte ich es nicht gewusst, weil Sie tagen so selten!) – Ja, das mag an Ihnen liegen, Herr Abgeordneter. Es geht jedenfalls darum, dass es auch so etwas wie öffentliche Möglichkeiten gibt, Mittel des Staates wie die Wohnbauförderung im Architekturbereich eingreifen können.


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Und ich bin daher der Auffassung, dass wir dafür sorgen müssen, dass es auch bei der Wohnbauförderung nicht nur um funktionale Bereiche der Förderung geht, sondern dass es so etwas wie Lebensqualität gibt, dass es so etwas wie Ökologie gibt. (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Fekter.) Dafür möchte ich Sie gerne gewinnen, weil ich glaube, dass viele Menschen das genauso empfinden, wie auch ich das empfinde. Es geht um Lebensqualität und Ökologie – und ich weiß gar nicht, warum Sie damit offensichtlich nichts am Hut haben und Sie das deshalb so aufregt. (Abg. Neudeck: Haben Sie schon mit Faymann geredet?)

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat Architektur meiner Ansicht nach so viel mit Leben zu tun hat (Abg. Neudeck: Distanzieren Sie sich jetzt vom Kollegen Faymann? – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), dass wir tagtäglich Architektur erleben – hier im Haus; ja alle Menschen erleben Architektur. Aber im Unterschied zu Ihnen ist uns das, was die Menschen empfinden, wichtig. Darum ist das für uns ein wichtiges Thema und bezieht sich nicht nur auf den Bericht, sondern auf die tatsäch­lichen Taten – und das unterscheidet uns! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Wenn es nicht so spät wäre, würde ich jetzt eine tatsächliche Berichtigung machen!)

22.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Großruck. (Abg. Dr. Einem – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Und bitte keine Gedicht mehr, ja?!) 4 Minuten Redezeit – inklusive der Zeit für die Vierzeiler. (Abg. Neudeck: ... heißt Vierzeiler!?)

 


22.37.32

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Auf die Ausführungen der Frau Kollegin Bures werde ich zum Schluss meiner Rede eingehen, jetzt aber zum Bericht der Enquete-Kommission „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“.

Meine Damen und Herren! Wir wissen, nicht alle Enqueten, nicht alle Workshops sind erfolgreich. Aber diese Architektur-Enquete-Kommission, die vor einem Jahr in diesem Saal stattgefunden hat, war, glaube ich, sehr erfolgreich.

Wir sehen heute den Beginn – ich hoffe einer neuen Diskussion, einer neuen Entwick­lung, nämlich einer Bewusstseinsbildung, einer Sensibilisierung betreffend die Notwen­digkeit und Wichtigkeit der Architektur: der Architektur als Wirtschaftsfaktor, als Kultur- und Kunstschöpfung, als Exportgut im wörtlichen und im übertragenen Sinn.

Ich zitiere einen sehr bekannten österreichischen Architekten, nämlich Hans Hollein, der zu seinem 70. Geburtstag voriges Jahr seiner Meinung Ausdruck verliehen hat, dass die Architektur das seit Jahrzehnten einzige weltweite Kulturexportgut Österreichs sei. – Damit hat er, glaube ich, nicht Unrecht, wenn er die Innovation, wenn er die neuen Architekten, wenn er die architektonischen Leistungen sieht. Wir wissen, wir sind ein Land der Musiker und der Dichter, aber wir schöpfen aus dem, was vor 100 Jahren, vor 200 Jahren, jedenfalls vor einigen Jahrzehnten passiert ist.

Architektur aber passiert hier und heute, und ich glaube, es ist Aufgabe auch der Öf­fentlichkeit, entsprechend zu fördern, entsprechende Meinungsbildung zu ermöglichen, mitzuhelfen, dass sich diese Kunst- und Kulturgattung, aber auch Wirtschaftsform kräftig entwickeln kann.

Damit bin ich bei der Förderung der Architektur über die Bauordnungen, über die Raumordnungen, über diverse Wohnbauförderungen, über Wettbewerbe. Ich schlage vor, dass gerade junge Architekten die Chance bekommen sollen, Fuß zu fassen, indem sie vielleicht zu Architektenwettbewerben eingeladen werden. Vielleicht kann man das so weit ins Bewusstsein bringen – ich wäre da aber gegen eine legistische


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Festlegung –, dass es ohne Ladung auch junger Architekten keinen Wettbewerb geben soll. Es gibt eine Reihe hervorragender junger Architekten – etwa wenn man nach Vor­arlberg schaut –, die mit ihren Leistungen weltweit Aufsehen erregen.

Ich selbst habe Interesse daran. Da breche ich jetzt eine Lanze für die Gemeinden, meine Damen und Herren, weil immer wieder gesagt wird, die Bürgermeister hätten kein Verständnis dafür. Das ist schlichtweg falsch! Jeder Bürgermeister hat Interesse daran, dass sich in seiner Gemeinde auch Architektur ereignet und möglich ist und dass Architekten gefördert werden.

Es ist dies halt vielfach auch eine Frage der nötigen Mittel, wobei ich sagen möchte, dass Beauftragung von Architekten nicht immer teurer sein muss. Dies kann auch viel billiger sein, wenn Projekte funktionell, aber auch architektonisch ordentlich entstehen. Es handelt sich also um eine Fülle von Maßnahmen, die, glaube ich, notwendig sind und zu welchen heute der Startschuss fällt.

Ich möchte ganz besonders Herrn Staatssekretär Morak danken, der ein Verfechter der Architektur ist, der sein Herzblut für Architektur gibt, und so hat er sich auch schon verhalten, als er hier als Abgeordneter in der letzten Reihe gesessen ist. (Beifall bei der ÖVP.) Damals haben wir uns oft über moderne Architektur unterhalten. Jetzt hat er die Möglichkeit, hier kräftig mitzuhelfen.

Zu Ihnen, Frau Bures: Sie haben, wie nicht anders zu erwarten war, wieder Ihre Kas­sandra-Rufe losgelassen, die Sie immer wieder bringen. Sie wissen: Kassandra war die trojanische Seherin, die immer geschrieen hat und der man nicht geglaubt hat, weil sie die Wahrheit gesagt hat. (Abg. Mag. Wurm: Genau! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Jetzt tue ich Kassandra allerdings Unrecht, wenn ich Sie mit ihr vergleiche. Deshalb widme ich Ihnen zum Schluss einen Vierzeiler:

Was Kassandra in Ilias,

ist Bures in der Löwelstraß’,

mit dem großen Unterschied,

dass nichts passiert, was Bures sieht.

(Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Heiterkeit des Staats­sekretärs Morak.)

22.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.42.07

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Großruck, dieser Vierzeiler war wirklich äußerst entbehrlich, finde ich zumindest. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich finde ich es sehr schade, dass wir über die Architekturpolitik und die Baukultur in Österreich zu so später Stunde disku­tieren, denn hinter diesen sehr sperrigen Begriffen steht eigentlich etwas, was uns alle, jeden einzelnen Menschen, tagtäglich betrifft. Es ist nämlich nicht egal, in welcher Umgebung man wohnt. Es ist nicht egal, in welcher Umgebung man arbeitet oder auch seine Freizeit verbringt. Es ist auch nicht egal, wie sich Städte und Dörfer entwickeln, und es ist auch nicht egal, wie die Verkehrsströme im ländlichen Raum fließen. All diese täglichen Bedürfnisse haben meiner Ansicht nach mit Architekturpolitik und mit


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Baukultur zu tun. Sie stehen für die Lebensqualität, die auch schon Kollegin Bures angesprochen hat.

Die Architektur-Enquete-Kommission hat aber sehr gut das Dilemma der Architektin­nen und der Architekturpolitik in Österreich aufgezeigt, daran kann auch der von Ihnen, Frau Kollegin Felzmann, erwähnte Kreativwirtschaftsbericht nichts ändern. Diese Archi­tektur-Enquete-Kommission hat nämlich genau aufgezeigt, dass die Architektinnen und Architekten von der Politik erwarten, gefördert zu werden. Wir möchten die Architektin­nen und Architekten nicht vereinnahmen, aber wir möchten sie unterstützen, und wir möchten die Architektur in Österreich fördern. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Es verhält sich noch immer so, dass das kreative Potential von einer Vielzahl inter­national anerkannter Architektinnen und Architekten, die ihr Know-how gerne zur Ver­fügung stellen möchten, in Österreich nicht genützt wird. Noch immer werden 87 Pro­zent des Gesamtumsatzes der Bauwirtschaft ohne entsprechende ArchitektInnen- oder Ingenieursplanungen erzielt.

Dietmar Steiner vom Architekturzentrum in Wien hat das in seinem Beitrag sehr schön ausgedrückt. Er hat gesagt: „Aber die Welt der Architektur, die Kritiker, die Publizisten, die Historiker – all jene weltweit, die sich professionell mit der Entwicklung der Archi­tektur beschäftigen, kennen Österreich und kennen die Personen und Leistungen einer Vielzahl von österreichischen Architekten.“ 

Ich habe aber bei der Architektur-Enquete-Kommission den Eindruck gewonnen, dass wir es offenbar nach dem Motto: Der Prophet gilt im eigenen Land sehr wenig!, nicht so sehen. Ich glaube, wir alle sollten die soeben zitierte Bestandsaufnahme eines Ken­ners der Szene und der Situation sehr ernst nehmen und das Potential für unseren Städtebau nutzen, um so auch mehr Lebensqualität in unsere Städte und Dörfer zu bringen.

Ich glaube auch – das ist heute schon angesprochen worden –, dass es einen enor­men Nachholbedarf bei der Bewusstseinsbildung betreffend die Wertigkeit der Bau­kultur bei der Städteplanung speziell auch bei den Menschen in unserem Land, gibt, dass nämlich diese Materie eine sehr wichtige Materie ist, die in sehr viele Lebensbe­reiche –, wie ich schon angesprochen habe – hineinreicht.

Es gehört daher auch dazu, dass der Bund Mittel für Institutionen, ArchitektInnen und Veranstaltungen zur Verfügung stellt, die sich um eine innovative Architekturpolitik und somit um eine höhere Lebensqualität bemühen. Leider wurden aber in der Kunstsek­tion die Mittel für Architektur gekürzt.

Ich glaube ebenfalls, dass dieser Entschließungsantrag, den wir heute als einen Vier-Parteien-Antrag beschließen werden, nur ein erster Schritt auf einem sehr langen Weg sein kann. Ich glaube, wir müssen jetzt weitere Schritte gehen, damit wir nicht wieder stehen bleiben, auch im Sinne der Lebensqualität aller Österreicherinnen und Österrei­cher. (Beifall bei der SPÖ.)

22.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. 3 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


22.45.59

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Lieber Kollege Großruck, dein Vierzeiler war nicht über­flüssig, sondern er war sogar ziemlich gut, respektive ausgezeichnet. Ich muss dich da in Schutz nehmen!


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Frau Kollegin Bures, Taten sind wichtig, aber allein Taten sind zu wenig, es bedarf auch wohl überlegter Ideen, Konzepte und Strategien. Architektur ist Teil der Kreativwirtschaft und ein wichtiger Wirtschafts- und Standortfaktor. (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)

Wir müssen aufpassen, dass beim Bauen die Lebenszyklen, wie dies Universitäts­professor Dr. Achleitner bei der Enquete-Kommission hier im Hohen Haus formulierte, nicht radikal gekürzt werden. Oder, anders gesagt: Wer billig baut, baut teuer und eigentlich nicht für die Zukunft.

Zeitgenössische Qualitätsarchitektur sichert das kulturelle Erbe von morgen. Die öster­reichische Architektur hat international einen hohen Stellenwert. Die architektonische Produktivität ist bereit und kann noch mehr Exportschlager werden. Wir können auf eine ausgezeichnete Architektenausbildung verweisen.

Ein weiteres Ziel ist die Hebung des Verständnisses für Architekturpolitik. Den Bürger­meistern als Baubehörden, dem Gemeinderat und den Ländern als Aufsichtsbehörden und Raumordnungs- und Bauordnungsgesetzgebern kommt hohe Verantwortung zu.

Zwei konkrete, positive Beispiele: Vom Land Oberösterreich wurde mit der Architekten­kammer ein Beratungsscheck eingeführt, mit dem man Architektenleistungen im fünf­fachen Wert abrufen kann. Und in Linz gibt es das positive Beispiel des Gestaltungs­beirates seit dem Jahr 1988, mit dem die Qualität in der Architektur doch wesentlich gesteigert wurde. Neben der Forcierung der modernen Architektur ist auch die Erhal­tung des Bau-Erbes, also der Denkmalschutz, ein wichtiger Schwerpunkt.

Abschließend darf ich noch ein paar weitere Punkte schlagwortartig anführen, die engagiert bei der Enquete-Kommission – bei deren Teilnehmern ich mich für deren Beiträge herzlich bedanken möchte – diskutiert wurden und in Zukunft weiterentwickelt werden sollen: Förderung junger Architekten, Architektur-Wettbewerbe, mehr quantita­tive Architekturleistungen, barrierefreies Bauen, soziales Bauen – dabei geht es um die Möglichkeit der Eigentumsbildung als Mittel der sozialen Durchmischung im sozialen Wohnbau, also um die soziale Wohnumfeldgestaltung – und ökonomisches Bauen, wobei vor allem optimale Haus- und Wohnungsgrundrisse preismindernd wirken sollen.

Die Enquete-Kommission und die heutige Entschließung sind Beispiele und positive Beiträge für die Weiterentwicklung einer modernen Architekturpolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

22.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mikesch. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.48.49

Abgeordnete Herta Mikesch (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekre­tär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über Architektur wird im Normalfall nur in der Öffentlichkeit gesprochen, wenn darüber gestritten wird, wenn Projekte aufregen, wenn Bürger protestieren. – Das ist seit Jahrhunderten so.

Ich denke da an Franz Josef und das Loos-Haus oder an das Haas-Haus in Wien. Klar ist aber: In zwei-, dreihundert Jahren werden wir in erster Linie nicht nur daran gemes­sen, wie gut wir bestehendes Kulturgut erhalten haben, sondern wie wir in dieser Zeit das neue Wissen und die aktuelle Technik in der Architektur umgesetzt haben. Modernes kann und sollte mit Altem harmonieren.

Architektur ist das wichtigste Mittel, Zeitgeist und Lebensart für alle Menschen sichtbar zum Ausdruck zu bringen. Architektur ist mehr als nur künstlerische Gestaltung. Der Auftrag an die Architektur des 21. Jahrhunderts ist die Nachhaltigkeit. Begriffe wie


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Niedrig- und Nullenergie sind nicht mehr nur Themen für Ökofreaks. Architektur und Planung kann auch eine Maßnahme zur Sicherung der regionalen mittelständischen Wirtschaft sein und kann auch ein sichtbares Signal und Lebenszeichen des ländlichen Raums sein.

Da ist aber auch die öffentliche Hand als größter Auftraggeber gefragt. Die Einbindung der örtlichen KMUs auch bei Großprojekten muss gerade in einem modernen Vergabe­recht möglich sein. Ja, es muss gefördert werden! Von einer solchen Architektur profitieren alle: die Landwirtschaft als Produzent natürlicher Baumaterialien, die örtliche Wirtschaft und die Handwerksbetriebe als ausführende Firmen, der Bauherr, weil er nicht tagelang auf Serviceleistungen warten muss, und die Umwelt, weil lange Trans­portwege nicht notwendig sind.

Meine Damen und Herren! Viele Projekte im sozialen Wohnbau beweisen, dass moderne Architektur nicht teuer sein muss, ja sogar Geld sparen kann. In Tirol gibt es Projekte von Niedrigenergiehäusern in Leichtbauweise, die sich innerhalb der Wohn­bauförderung bewegen. Da bedarf es einer massiven Bewusstseinsbildung, hier ist die Politik gefragt. Positive Beispiele gehören vor den Vorhang. Architektur sollte Bestand­teil einer modernen Wohnbauförderung werden.

Architektur ist eine der Visitenkarten in der Geschichte. Daran werden uns die künfti­gen Generationen messen. (Beifall bei der ÖVP.)

22.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Auch ihre Redezeit beträgt wunschgemäß 2 Minuten. – Bitte.

 


22.51.31

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Um beim Dichter Großruck anzuschließen: Frau Bures müsste nicht eine Sehe­rin werden, aber wenigstens eine Hörerin. Hätte sie dem Staatssekretär zugehört, dann hätte sie die richtigen Zahlen gehört: Seit 2000 eine Steigerung der Kulturförde­rung/Architekturförderung um zirka 40 Prozent! (Abg. Großruck: So ist es!) Das möchte ich einmal fürs Protokoll festgehalten haben. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin auch bei der Vorrednerin Königsberger-Ludwig: Es ist bei der unmittelbaren Lebensumgebung anzusetzen. Daher spreche ich als Wiener Abgeordnete hier gleich Wirtschaftslandesrat Rieder, Wohnungsstadtrat Faymann, Planungsstadtrat Schicker an: Was geschieht mit den Erdgeschoßzonen in den Innenstadtkernen? Welche archi­tektonischen Vorschläge gibt es dazu? (Zwischenruf der Abg. Bures.) Wie viele Verkaufsflächenvergrößerungen, ohne nachzudenken, was das für den Innenstadtkern bedeutet, sind angestellt worden? Wie viele dieser Flächen sind erweitert worden?

Wien war nicht nur das Bundesland mit dem letzten Gesetz für Kunst im öffentlichen Raum – Niederösterreich war wunderbarer Vorreiter –, Wien ist nicht nur das Schluss­licht in der Aufarbeitung dieser Problematik. Ich weiß das aus Innsbruck, dort haben sich die Architekten längst mit der Politik versammelt, mit der Stadtpolitik, um dies zu untersuchen: Was tun wir gegen das böse Wort oder das Phänomen Innenstadt-Ver­slumung, Innenstadt-Ghettoisierung?

Da besteht absoluter Handlungsbedarf, Steiner hat schon Recht. Wien ist nicht zum Besten ausgerichtet, dort gibt es architektonischen, interdisziplinären, wirtschaftlichen, wohnbautechnischen Handlungsbedarf (Zwischenruf des Abg. Mag. Darabos), weil offenbar die Wiener SPÖ sich auf ihren Lorbeeren auszuruhen gedenkt und einen Fehler nach dem anderen macht. Die Architektur-Enquete-Kommission hat auch hiefür


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96. Sitzung / Seite 234

Ansätze gezeigt, wir sollten längst an die Verwirklichung gehen. – Danke schön. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

22.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag der parlamentarischen En­quete-Kommission, den vorliegenden Bericht samt Anlagen in 824 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 824 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt, die Entschließung ist angenommen. (E 91.)

22.54.2017. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (497/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 17. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein, die von Herrn Abgeordnetem Mag. Johann Maier mit einer freiwillig auf 4 Minuten beschränkten Redezeit eröffnet wird. (Abg. Neudeck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Mag. Maier –: 10 Minuten? Das ist Konsumentenschutz, wenn du nur 3 Minuten redest!)

 


22.54.41

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zurzeit befindet sich ein Entwurf eines Zessionsrechts-Änderungsgesetzes in Begutachtung. Dem Justizministerium geht es bei diesem Ge­setzentwurf darum, die absolute Wirkung von Zessionsverboten aufzuheben. Gleich­zeitig wird allerdings klar betont, dass in Gesprächen im Bundesministerium für Justiz die Sozialpartner vorläufig die Auffassung vertreten, dass Lohn- und Gehaltsfor­derungen, die Arbeitnehmern gegen ihre Arbeitgeber erheben, auf Grund der Beson­derheiten des Arbeitsverhältnisses vom Anwendungsbereich der neuen Regelung ausgenommen sein sollten. Ich bekenne mich dazu.

Damit soll – und ich zitiere weiters – nicht zuletzt verhindert werden, dass Arbeitneh­mer von unseriösen Vertragspartnern zur leichtfertigen Abtretung ihrer Entgeltansprü­che verleitet werden könnten und dass die Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen, wenn sie vom Übernehmer in Anspruch genommen werden. Diesen Bedenken trägt der Entwurf Rechnung.

Der vorliegende Antrag beschäftigt sich mit dem Konsumentenschutzgesetz, das im § 12 ein Verbot der Abtretung von Lohn- und Gehaltsforderungen zur Sicherung und Befriedigung noch nicht fälliger Unternehmerforderungen vorsieht. Allerdings ist die sicherungsweise Verpfändung von Lohn- und Gehaltsforderungen von diesem Verbot nicht erfasst. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.


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Das Problem selbst, Hohes Haus, wird in der Wissenschaft sehr kritisch gesehen, und es wird dies von vielen Experten bereits abgelehnt.

Ich sehe die Diskussion um die Frage des Abtretungsverbotes und des Verpfändungs­verbotes auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Anzahl der Verschuldungen. Ich sehe es in dem Zusammenhang, dass Arbeitnehmer ihren Job verlieren, wenn der­artige Verpfändungen in Anspruch genommen werden.

Jetzt sage ich Ihnen, was im Bankenbereich bereits passiert. Die Banken sind her­gegangen und haben bedingte Gehaltsverpfändung vormerken lassen. Das heißt, man umgeht damit das Verbot in § 12 Konsumentenschutzgesetz. Das liegt auch am Obersten Gerichtshof, der eine bedingte Abtretung einer noch nicht fälligen Gehaltsfor­derung, also eine Abtretung bedingt mit Wirkung ab Fälligkeit, nicht vom Verbot in § 12 Konsumentenschutzgesetz erfasst sieht.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe hier als Konsumen­tenschützer, aber auch als jemand, der in der Beratung mit derartigen Problemen immer wieder konfrontiert ist, rechtspolitisch ein ganz großes Problem. Wir wissen, dass es zu einer Änderung des Konsumentenschutzgesetzes kommen soll, eine ent­sprechende Arbeitsgruppe im Ministerium gibt es. Ich würde die Regierungsparteien ersuchen, positiv auf diesen Antrag zu reagieren. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Haupt 4 Minu­ten zu uns. – Bitte.

 


22.58.25

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Maier hat hier ein Thema angesprochen, das sicher in der Wissenschaft kontroversiell gesehen wird, in der Praxis aber auch nicht so einfach ist, wie diese Darstellung war. Dem ist nämlich auch entgegenzuhalten, dass bei einem Wegfall des Weges, den die heutige Judikatur zum § 12 Konsumentenschutzgesetz eröffnet hat, zu befürchten ist, dass Kreditgestionen für Arbeitnehmer deutlich steigen und teurer werden können. (Abg. Mag. Johann Maier: Darum gehört es verschärft!) In diesem Spannungsfeld sind, glaube ich, die Überlegungen auch für die rechtliche Änderung durchzusetzen.

Ich sehe schon ein, dass auch von der Arbeitgeberseite im Begutachtungsverfahren erhebliche Bedenken eingebracht worden sind, weil der bürokratische Aufwand für die Verwaltung solcher Zessionen auf beiden Seiten durchaus nicht geliebt wird. Auf der anderen Seite bestehen hier aber auch sehr viele rechtliche Hemmnisse.

Man sollte noch hinzufügen, dass seinerzeit bei der Gesetzgebung im Parlament der Weg, den der OGH eröffnet hat, nicht vorgesehen war, weil die außergerichtlichen Zes­sionen nicht berücksichtigt worden sind und auch in der parlamentarischen Debatte und in den restlichen Rechtswegen nicht erläutert worden sind. Daher ist das Problem meiner Meinung nach in der Substanz und in der Tiefe so zu diskutieren, dass auf der einen Seite die günstigen Kreditgestionen für Arbeitnehmer bestehen bleiben und auf der anderen Seite endlich die Überschuldung der österreichischen Bevölkerung effi­zient angegangen wird. Das ist zwar eine kleine Facette, aber die Überschuldung von breiten Bevölkerungsschichten als solche ist ein Riesenproblem in dieser Republik. Dieses sollte wirklich ernsthaft und nicht nur in diesem Detail angegangen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

23.00



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96. Sitzung / Seite 236

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. 4 Minuten Wunschredezeit. (Abg. Dr. Gabriela Moser – auf dem Weg zum Rednerpult –: 1 Minute!) Sie vermindern auf eine 1 Minute. – Bitte, Frau Kollegin.

 


23.00.44

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Außergerichtliche Zessionen, Herr Kollege Haupt, sind vielleicht ein Produkt Ihrer Phantasie. Das gibt es real nicht.

Deshalb konkret zur Sache des Antrags: Das ist, dass insgesamt die Frage der ganzen Abtretungsbefindlichkeiten derzeit auf die Lohn- und Gehaltsaspekte reduziert ist. Wir wollen, dass auch die Verpfändungen mit in das Konsumentenschutzgesetz und in diese Materie hereingenommen werden. Deshalb unterstützen wir den Antrag und fordern auch, dass dieser alsbaldig verhandelt wird, denn die Schuldenproblematik ist gewaltig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

23.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 497/A dem Justizausschuss zu.

23.01.3618. Punkt

Wahl einer Ordnerin/eines Ordners

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 18. Punkt der Tagesordnung.

Auf Grund des Ausscheidens von Sigisbert Dolinschek aus dem Nationalrat ist die Wahl eines Ordners vorzunehmen. Der Vorschlag des freiheitlichen Parlamentsklubs für den zu wählenden Ordner lautet auf Detlev Neudeck.

Da nur ein Wahlvorschlag vorliegt, werde ich im Sinne des § 66 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung hierüber nicht mit Stimmzetteln, sondern durch Erheben von den Sitzen ab­stimmen lassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen zur Wahl.

Ich ersuche jene Damen und Herren Abgeordnete, die für den Wahlvorschlag des frei­heitlichen Parlamentsklubs eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Wahl erfolgt einstimmig.

Somit ist Detlev Neudeck zum Ordner gewählt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Der Gewählte betritt den Sitzungssaal. (Abg. Neudeck begibt sich zu seinem Sitzplatz.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

23.02.48Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den An­trag der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses betreffend Aufklärung über die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren zum Bau des Europameisterschafts-Stadions Klagenfurt erhobenen Vorwürfe.

Der Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.


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96. Sitzung / Seite 237

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen gemäss § 33 GOG auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Aufklärung über die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren zum Bau des EM-Stadions Klagenfurt erhobenen Vorwürfe.

Gegenstand der Untersuchung

1. Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit des Bundeskanzler­amtes sowie von anderen im Auftrag des Bundes tätigen oder tätig gewesenen Per­sonen im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren des Projektes Stadion Klagenfurt wie: Einflussnahme auf oder Bedrohung von Mitgliedern der Bewertungskommission, Bezahlung oder Annahme von Bestechungsgeldern, Absprachen mit Bietern, Veröf­fentlichung vertraulicher Unterlagen im Vergabeverfahren oder sonstige Handlungen und Unterlassungen, die sich gegen eine rechtskonforme und objektive Vergabe richten.

2. Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit des Bundesminis­teriums für Inneres, von MitarbeiterInnen des Bundesministeriums für Inneres und von anderen im Auftrag des Bundes tätigen oder tätig gewesenen Personen, über rechts­widrige Abhörungen von Telefonen und anderen Kommunikationseinrichtungen, rechtswidrige Bespitzelungen und Abhörungen von Gesprächen sowie rechtswidrige Durchsuchungen oder Beschaffung von Unterlagen, Akten und anderen Schriftstücken insbesondere auch gegenüber PolitikerInnen oder im Zusammenhang von Großpro­jekten der öffentlichen Hand seit 1. Jänner 2002.

3. Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit des Bundesminis­teriums für Justiz darüber, die von den Sicherheitsbehörden der Staatsanwaltschaft Wien übermittelten Ergebnisse der im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren getätigten Ermittlungen einer bestimmten Erledigung zuzuführen.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bun­deskanzleramtes, des Bundesministeriums für Inneres, des Bundesministeriums für Justiz und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungs­gegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten über­prüfen.

Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses

Der Untersuchungsausschuss soll aus 5 Abgeordneten der ÖVP, 4 der SPÖ und je einem oder einer Abgeordneten der FPÖ und den Grünen zusammengesetzt werden.

Begründung

Seit einigen Wochen werden in der Öffentlichkeit die Vorgänge rund um den Neubau des EM-Stadions in Klagenfurt diskutiert. Dabei soll es zu rechtswidrigen Einflussnah­men auf das Vergabeverfahren, aufklärungsbedürftigen Ermittlungsmethoden seitens der Sicherheitsbehörden sowie einen nicht minder aufklärungsbedürftigen Umgang der


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96. Sitzung / Seite 238

Strafverfolgungsbehörden mit Ergebnissen der Ermittlungen der Sicherheitsbehörden gekommen sein.

Gerade dieses Projekt ist für das Ansehen der Republik und deren sportliche wie finan­zielle Interessen von größter Bedeutung, da sein Scheitern auch ein Scheitern der Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft 2008 durch Österreich und die Schweiz bedeuten könnte.

In formeller Hinsicht verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte über diesen Antrag.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57 Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Stellung­nahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich erteile dem Begründer, Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz, das Wort.

 


23.03.44

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns überzeugen lassen: Seit 14 Tagen verlangen Freiheitliche inner- und außer­halb des Nationalrates einen Untersuchungsausschuss zur Stadionaffäre, die bei Ihnen „Abhöraffäre“ heißt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Stimmt überhaupt nicht!) Wir haben das lange diskutiert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wo haben wir zur Stadionaffäre einen Untersuchungsausschuss gefordert?) Herr Abgeordneter Scheuch, Sie haben verlangt, dass zur Abhöraffäre ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Als letztes Mittel!) Wir machen heute mit Ihnen die politische Nagel­probe (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zu früh!) oder, wenn wir uns anschauen, was von Ihnen in dieser Debatte übrig geblieben ist (Abg. Mandak: Der fällt ja immer um!), die politische Nagerlprobe. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für den Untersuchungsausschuss ist es zu früh!)

Reden wir kurz einmal über den Anlassfall, die so genannte Abhöraffäre. (Abg. Neu­deck: Hätten Sie vorher über den Antrag mit uns gesprochen! Dafür ist es jetzt zu früh!) Herr Abgeordneter Scheuch! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ja!) Wer ist abgehört worden? – Nennen Sie uns bitte, weil wir nach wie vor darauf warten und das unter­suchen müssen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sind Sie ein Doktor, oder was?), zumindest die Hälfte der 32 Kärntner Persönlichkeiten, die abgehört worden sind!

Wir kennen den Namen Jörg Haider; okay, möglicherweise gibt es in Kärnten einen Polizisten (Abg. Neudeck: Der zählt für 30?), der persönlich bereit ist, sich alle Telefo­nate von Jörg Haider anzuhören. (Heiterkeit bei den Grünen und der SPÖ.) Wir kennen den Namen Peter Ambrozy; eine unbestrittene Persönlichkeit der Kärntner Politik. Ein dritter Name wurde bis jetzt nicht genannt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: O ja, der von euch! Wie heißt denn der?) Wo sind die restlichen 30 prominenten Persönlichkeiten (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Rolf Holub!), die der „Securitate“ in Wien zum Opfer gefallen sind? Wo sind die unschuldigen Kärntner Persönlichkeiten, in deren Telefonleitungen sich Wiener Strizzis verkrallt haben? (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Wo sind die beiden Kärntner Gendarmen, die rund um die Uhr belauscht und überwacht worden sind?

Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Jörg Haider konnte keine Antwort geben, Herr Scheuch konnte keine Antwort geben. Nur der parlamentarische


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Untersuchungsausschuss (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die Justiz!) kann die Antwort finden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bezweifeln Sie die Justiz?) Nur dieser Ausschuss kann die Antwort finden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Noch nicht!)

Zweitens – und das wird Sie freuen, weil es auch einiges an Klärung in die Affäre bringt –: Im Innenministerium, und nicht im Büro für interne Angelegenheiten, werden gerade Anzeigen gegen Spitzenfunktionäre der Freiheitlichen Partei geprüft. Es wird geprüft, ob die Staatsanwaltschaft Wien nicht ermächtigt werden soll, gegen Jörg Hai­der, gegen Herrn Strutz und andere, eben mit Ermächtigung des Innenministeriums, Strafverfahren einzuleiten und den Staatsanwalt zu ersuchen, insbesondere Jörg Hai­der strafrechtlich zu verfolgen.

Ja wenn das nicht geprüft werden muss! Der nächste Versuch des Innenministeriums, jetzt schon mit Anzeigen gegen die Spitze der Kärntner Freiheitlichen Partei vorzuge­hen! Wenn der Missbrauch so offensichtlich wird, wenn der größere Regierungspartner nicht mehr die geringste Rücksicht auf den immer kleineren nimmt (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Mein Gott, ist das eine Rücksicht!), ja, dann muss geprüft werden, schon aus Eigeninteresse und aus Überlebensinteresse! (Abg. Neudeck: Das geht aber aus dem Antrag nicht hervor, den Sie vorgelegt haben!) Auch deswegen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, werden Sie mit Sicherheit zustimmen.

Drittens: Sie werden auch nichts dagegen haben, dass wir die Vorgänge rund ums Sta­dion prüfen. Sie haben Ihre Vorwürfe erhoben, andere haben ihre Vorwürfe erhoben. Ihre Vorwürfe decken sich nicht mit den Vorwürfen etwa des Vorsitzenden der Verga­bekommission oder des Sektionschefs im Bundeskanzleramt, des direkten Untergebe­nen Ihres Staatssekretärs, des Grazer Architekten und vieler anderer mehr. Das sind Vorwürfe, die besagen: Alles deutet darauf hin, dass Jörg Haider Geld bekommen hat und zwei Baufirmen verpflichtet ist. Das alles deutet darauf hin, dass Jörg Haider und seine Vertreter in der Kommission jede legale Gelegenheit genützt haben, um in das Vergabeverfahren einzugreifen. Das deutet darauf hin, dass nach dem Scheitern aller legalen Strategien zu illegalen Mitteln gegriffen worden ist.

Auch wenn sich der Abgeordnete Scheuch jetzt in den Reihen wie ein Kärntner Frei­heitlicher benimmt, ändert das überhaupt nichts an den Fakten. (Abg. Scheibner: Hört eh keiner mehr zu!) Wenn sich jetzt eine gewisse Bierzeltstimmung in der Freiheit­lichen Partei angesichts der Debatte um die Stadionaffäre breit macht, dann ist wahr­scheinlich diese Art politischer Bierseligkeit das Letzte, was einer Partei, die sowohl finanziell als auch politisch kurz vor der Pleite steht, überhaupt noch übrig bleibt.

Trotzdem kommen die Fakten nicht vom Tisch, und es wird weiter dokumentiert werden. Wir werden schon demnächst sehen, nach dem Hinweis von Jörg Haider auf die „Wiener Strizzis“, die laut ihm gedrängt haben sollen, dass fifty-fifty zwischen STRABAG und Porr aufgeteilt wird – und das war der Vorwurf von Jörg Haider im De­zember des Vorjahres –, was da passiert ist, dass der Vorschlag der „Wiener Strizzis“ inzwischen der Vorschlag des Kärntner Landeshauptmannes ist. Das sind nicht mehr „Wiener Strizzis“, sondern die führenden Kärntner Politiker, die sagen, dass zwischen Porr und STRABAG aufgeteilt werden soll; oder – und das ist die zweite Möglichkeit – aus dem Kärntner Landeshauptmann ist binnen weniger Monate ein „Wiener Strizzi“ geworden. (Abg. Scheibner: Nein, das geht nicht! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein Hernalser ...!)

Ja, wenn aus dem Kärntner Landeshauptmann ein „Wiener Strizzi“ geworden ist, dann müssen wir auch das untersuchen. Es gibt so vieles zu untersuchen. Es ist so vieles an Fragen offen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schauen Sie sich lieber die „Schwarzwald­klinik“ an! Da gibt es so viele Folgen!) All das sind Lebens- und Kernfragen für die Frei­heitliche Partei, denn erst wenn Sie wissen, wie man in der Bauwirtschaft zu Geld


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96. Sitzung / Seite 240

kommt, auch außerhalb von Kärnten, können Sie darüber nachdenken, ob es für die freiheitlichen Parteifinanzen, solange Sie noch Resteinfluss in der Regierung haben, überhaupt irgendwelche Genesungsperspektiven gibt.

Das Letzte und der letzte sachliche Punkt: das Bundesministerium für Justiz. Das Büro für interne Angelegenheiten hat eine umfassende Anzeige bei der Justiz abgeliefert. Diese Anzeige besteht aus vier detaillierten und gut dokumentierten Einvernahmen und einer ganzen Reihe von Dokumenten, von Aktenvermerken und von weiteren Hinwei­sen. (Abg. Scheibner: Wenn das alles ist!) Die Hinweise und die Beweise beziehen sich auf den Verdacht der gesetzwidrigen Weitergabe von Unterlagen aus dem Verga­beverfahren, damit den Verdacht des Bruches des Amtsgeheimnisses, beziehen sich auf den Verdacht des Amtsmissbrauches und beziehen sich auf den Verdacht der Parteienfinanzierung. (Abg. Scheibner: Der Kollege Van der Bellen hätte das besser begründet! – Abg. Neudeck: Aber nicht um Mitternacht!) Und der Verdacht der Par­teienfinanzierung, für die es heute in Österreich noch immer keinen Paragraphen im Strafgesetzbuch gibt, dieser Verdacht der Parteienfinanzierung kann derzeit, wenn es sich nicht um das Delikt der Bestechung handelt, ausschließlich parlamentarisch unter­sucht werden. (Abg. Scheibner: Das Opfer ist nur der Fußball!) Es gibt derzeit, wenn es sich „nur“ – unter Anführungszeichen – um Parteienfinanzierung handelt, überhaupt keine Möglichkeit, dass Gerichte tätig werden. Das kann nur hier vom Nationalrat untersucht werden.

Meine Damen und Herren! Es geht im Bundesministerium für Justiz auch darum, zu untersuchen, ob Staatsanwälte entgegen ihrem rechtsstaatlichen Auftrag im Sinne eines Ministers und einer Ministerin versucht haben, ein Verfahren niederzuschlagen. Es geht darum, ob Einfluss genommen worden ist, es geht darum, ob ein rechtsstaat­liches Verfahren verhindert worden ist.

Und ich sage es Ihnen gleich, es geht noch um einen weiteren Punkt: Es geht auch um die Frage, ob Bundeskanzler Dr. Schüssel, der Anfang Jänner über die Details der Vorwürfe im Kabinett informiert worden ist, daraufhin irgendwelche Schritte gesetzt hat. Und es geht auch darum, wer die internen Informationen zum Nutzen oder zum Scha­den der freiheitlichen Funktionäre an die Öffentlichkeit weitergegeben hat. Verdächtig ist hier nicht nur Herr Widrich, der Abgesandte von Jörg Haider in der Kommission, verdächtig sind hier auch Mitglieder der Staatsanwaltschaft Wien. (Abg. Scheibner: Der Kogler! Der Kogler war das!) Auch das muss untersucht werden, und auch das nicht nur von Strafgerichten, sondern von einem parlamentarischen Untersuchungs­ausschuss.

Meine Damen und Herren! Sie haben angekündigt, dass Sie den Ausschuss wollen. Die sozialdemokratische Fraktion und wir haben gesagt, dass wir diesem Wunsch ger­ne nahe treten. Sie waren aus Regierungsüberlastung und Verantwortungsüberlastung nicht in der Lage, diesen Antrag rechtzeitig fertig zu stellen. Wir haben Ihnen die Arbeit abgenommen. Der Antrag, den Sie wollen, liegt heute zur Abstimmung vor. Die Frage ist, ob neben den drei Parteien, die sich eindeutig deklariert haben, eine vierte Partei ebenfalls zustimmt. (Abg. Neudeck: Man kann dem nicht mehr zustimmen!) Die Frage, die sich uns stellt, ist, ob es eine große Mehrheit oder einen einstimmigen Beschluss dieses wichtigen Antrages gibt. Ich ersuche Sie um Einstimmigkeit. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neudeck: Schauen Sie, dass Ihre Kollegen munter werden, wenn Sie jetzt hinaufgehen!)

23.14

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abge­ordneten beträgt 5 Minuten.


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96. Sitzung / Seite 241

Ans Rednerpult gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Er möchte allerdings nur 4 Minuten reden. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


23.14.33

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt wieder einmal einen Antrag des Abgeordneten Pilz auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Regt das jemanden auf? (Nein-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abg. Bures. – Abg. Murauer: Geh, Bures!) Nein, denn es ist der 16. Antrag auf einen Untersuchungsausschuss, der vom Kollegen Pilz eingebracht wird. (Abg. Neudeck: Nicht genug für ihn!) Er hat sich in dieser Legislaturperiode ohnehin sehr lange Zeit gelassen. Er hat mehr als die Hälfte der Legislaturperiode gebraucht, um einen Untersuchungsausschuss hier zu verlan­gen. In den vorangegangenen Legislaturperioden war er noch etwas jünger, agiler, da war er zu diesem Zeitpunkt schon bei einem halben Dutzend Antragstellungen für Untersuchungsausschüsse. (Abg. Mandak: Sie wären ja froh, wenn Sie noch so agil wären wie er!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Form der Politik hat bei Peter Pilz Tradition. Im Schutz der parlamentarischen Immunität werden einfach Behauptungen in den Raum gestellt. Es wird von „politischer Korruption“ gesprochen; so in der APA OTS144 nachzulesen. Oder wenn Sie den Antrag zur Hand nehmen: Im Zusammen­hang mit dem Bundeskanzleramt geht es hier um „Bezahlung oder Annahme von Bestechungsgeldern“. Beim Bundesministerium für Inneres wird von „rechtswidrigen Abhörungen“ gesprochen, „rechtswidrigen Bespitzelungen“. (Abg. Mag. Wurm: Das hat der Haider gesagt! – Abg. Öllinger: Der Haider sagt das!)

Da kann die zuständige Ministerin zehnmal, hundertmal richtig stellen, dass es keine rechtswidrigen Abhörungen gegeben hat, Peter Pilz hat es sehr leicht: Im Schutz der parlamentarischen Immunität kann man hier Vorverurteilungen treffen. Aber da, sage ich Ihnen, da lassen wir Sie gerne allein bei dieser Politik der Vorverurteilungen. (Abg. Reheis: Wer hat denn die Anschuldigungen getätigt?) Da lassen wir die SPÖ mit Peter Pilz gerne allein. (Abg. Reheis: Wer hat denn die Anschuldigungen getätigt?)

Uns geht es sowohl um die rechtliche als auch um die politische Verantwortlichkeit, und hier sind wir für strenge Maßstäbe. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Den Vorwurf können Sie nicht mehr machen! Da haben Sie ein Problem! Das merkt man!) Allerdings fordern wir ebenso von den Abgeordneten, die nach Untersuchungsausschüssen schreien, die von Bespitzelungen sprechen, dass sie sich auch ihrer Verantwortung bewusst sind, denn Sie haben mit keinem Wort erwähnt, worum es auch geht: ob Österreich sich letztendlich international blamiert (Abg. Öllin­ger: Unglaublich!) oder doch bei dieser Fußball-Europameisterschaft dem entsprechen kann, was sich Europa von uns erwartet. (Abg. Öllinger: Oder ob Sie sich blamieren!) Auch daran sollten Sie denken, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler: Wer blamiert sich denn?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gab hier im Parlament einen Dreiparteien­antrag, in dem wir die Regierung ersucht haben, die Bewerbung des Österreichischen Fußball-Bundes und des Schweizerischen Fußballverbandes für die Fußball-Europa­meisterschaft 2008 geeignet zu unterstützen und bei passenden nationalen und inter­nationalen Möglichkeiten diese Bewerbung mitzutragen. (Abg. Broukal: Aber wer hat das beantragt?) Meine Damen und Herren, eine riesige Chance für unser Land, und Sie haben hier nichts Besseres vor, als das Ganze zu kriminalisieren. (Abg. Mag. Kog­ler: Hätten wir den Antrag nicht mittragen sollen, weil wir wissen hätten müssen, wie Sie fuhrwerken?)


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Wenn Sie etwas haben, meine Damen und Herren – und damit bringe ich es auf den Punkt –, dann bringen Sie das vor, dann sind diese rechtlichen Fragen zu lösen, dann ist es eine Sache des Gerichtes. Erster Schritt: Wenn Sie etwas haben, dann bringen Sie es zu Gericht. Wir vertrauen der Justiz, meine Damen und Herren, und auch Sie sollten der Justiz den notwendigen Respekt entgegenbringen. (Abg. Broukal: Wir vertrauen auf Jörg Haider!) Haben Sie nichts in der Hand, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann lassen Sie solche Aktionen bleiben. (Abg. Öllinger: Na, bitte! Spre­chen Sie sich darüber in der Koalition aus!)

Wir haben hier im Haus eine gute Tradition: Nach der rechtlichen Beurteilung soll es natürlich auch die politische Beurteilung geben, meine Damen und Herren, aber keine Vorverurteilungen. Es geht auch nicht an, dass Sie, bevor noch das Gericht zu Entscheidungen kommt, hier schon die politische Verantwortung einfordern. Kollege Pilz, da lassen wir Sie gerne mit der SPÖ alleine. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

23.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheit­lichen.)

 


23.19.48

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke für den Applaus. Er ist berechtigt. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner macht den Redner auf ein Bild in einer Zeitschrift aufmerksam, auf dem Jörg Haider mit einer roten Krawatte zu sehen ist.) Ich hatte bis zur Rede des Kollegen Lopatka vor, auf andere Dinge einzugehen, aber Kollege Lopatka hat die Ehre und das Ansehen der Republik Österreich ange­sprochen, und ich sage Ihnen, Kollege, Sie haben das zu Recht angesprochen, denn Sie gemeinsam mit der FPÖ sind dabei, diese Ehre in den Schmutz zu ziehen, und ich sage Ihnen auch, warum. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es handelt sich hierbei um einen Skandal, der aufzuklären ist, um einen Skandal in einer Größenordnung, die wir vermutlich noch gar nicht abschätzen können, und um einen Skandal, den Jörg Haider offenbar in seinem Ausmaß kennt und nun mit der Flucht nach vorne den Ausweg sucht, indem er den Untersuchungsausschuss verlangt. (Abg. Neudeck: Wenn er das nicht macht, ist es auch nicht recht!) Aber seine eigenen Parteifreunde lassen ihn wieder einmal im Stich, fallen im Stehen um. Das ist etwas, was mich nicht überrascht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner – auf den Redner weisend, der eine margentafarbene Krawatte trägt –: Bei der Krawatte!)

Was mich aber überrascht, Herr Kollege Lopatka, ist, dass die ÖVP inzwischen in ihrem Demokratieverständnis so weit gesunken ist (Abg. Neudeck: Aber es ist immer noch höher als das der SPÖ!), dass Sie jetzt in einer Tradition der ministeriellen Wei­sung – und anders ist es nicht erklärlich, dass alle politischen Verfahren in der letzten Zeit durch die Staatsanwaltschaft niedergeschlagen wurden (Nein-Rufe bei der ÖVP) – fortfahren wollen und jetzt auch noch den Bock zum Gärtner machen, indem Sie näm­lich verlangen, dass die Justiz tätig werden soll, obwohl Sie wissen, dass die Staats­anwaltschaft diejenige Instanz ist, die diese Verfahren einleiten soll und gar nicht kann, weil sie offenbar von der Justizministerin in der letzten Zeit daran gehindert wurde. (Abg. Scheibner: Bei der Krawatte sollten Sie nicht so argumentieren!)

Das war beim Fall Koloini so, das war beim Fall Grasser so (Abg. Neudeck: Es gibt keinen Fall Grasser!), und es ist beim Stadion nunmehr so. Wobei das beim Stadion ein unglaublicher Skandal ist, Kollege Neudeck. Es ist ein Skandal, wenn Ermittlungen


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eingestellt werden, ohne dass sie überhaupt beginnen, wenn Beweise gewürdigt werden, ohne sie anzusehen. (Abg. Neudeck: Ich habe geglaubt, du bist ein Jurist!) Das ist ein Skandal, der sein Ausmaß erst sucht. (Beifall bei der SPÖ.)

Warum die FPÖ umfällt, warum die ÖVP diesen Skandal deckt, wird immer klarer. Es handelt sich um einen Skandal der ÖVP, weil Scheucher als Bürgermeister der ÖVP in Klagenfurt völlig versagt hat. Er hat als Bauherr alles verhaut, auf gut Deutsch, was man nur verhauen kann, er hat diese Europameisterschaft in Gefahr gebracht, und er hat damit, Kollege Lopatka, dem Ansehen nicht nur des Landes Kärnten, sondern der Republik in höchstem Maße geschadet. Und was Sie jetzt versuchen mit Ihrer Fraktion, ist, all das zu vertuschen, aber nicht nur zu vertuschen, sondern Sie gehen auch her, peitschen eine Gesetzesänderung durch und begründen einen schwarzen Tag für die Umwelt in Österreich, wie die „Kronen Zeitung“ morgen richtig titelt, indem Sie nun versuchen, diesen Pfusch des Scheucher auch noch durch ein untaugliches Gesetz im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung zu sanieren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Und der Voves begrüßt das! Der ist schon gescheiter geworden!)

Es ist aber auch ein Skandal der FPÖ. Die FPÖ, die bekanntlich pleite ist, taucht immer wieder dort mit eigenartigen Geschichten auf, wo es um Geld geht. Hier beim Stadion­bau soll angeblich die FPÖ illegale Parteienfinanzierung kassiert haben. (Abg. Scheib­ner: Moment! Seien Sie vorsichtig! Denk an deine Krawatte und schau dir diese Krawatte an! – Abg. Scheibner zeigt wieder auf das vorher erwähnte Bild.)

Und jetzt sage ich Ihnen, hier geht es nicht um eine Vermutung, sondern hier geht es um ein ganz dichtes Indiz. Die FPÖ ist pleite. Die FPÖ hat ihre Parteienfinanzierung bis 2014 verpfändet (lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Ruf: Meinen Sie die SPÖ?), die FPÖ hat ihre Parteienfinanzierung bis 2014 verpfändet, hat also theoretisch kein Geld mehr, über das sie verfügen kann, und ist daher gezwun­gen, dringend anderweitig Geld zu besorgen. Und wenn in diesem Zusammenhang der Verdacht auftaucht, dass dieses Geld beschafft wurde, indem man Haselsteiner, mög­licherweise auch die Porr AG, möglicherweise auch Holländer ins Boot geholt hat (Abg. Scheibner: Wo ist Pöchacker? Der ist doch von euch, oder?) und sich damit zum Beispiel auf dem Umweg über die Kärnten-Stiftung hat finanzieren lassen – übrigens Geld aus der Kärnten-Stiftung, das Landeshauptmann Haider dazu verwendet hat, um die Seebühne dadurch zu sanieren zu versuchen, dass er Zanella ausbezahlt hat (Abg. Scheibner: Das ist eine Behauptung!) –, dann fragt man sich, ob hier nicht nur ein Verdacht vorliegt, sondern sich sogar ein anderer Schluss gar nicht mehr ziehen lässt. (Abg. Neudeck: Man glaubt gar nicht, wie lange fünf Minuten sind!)

Es ist offenkundig, dass hier die Parteienfinanzierung in irgendeiner Form Platz gegrif­fen hat, sei es über die Kärnten-Stiftung auf Umwegen oder sei es direkt durch das Eingreifen des Landeshauptmannes Haiders, der, wie wir heute gehört haben, gar nicht befugt wäre, weil er nicht der Bauherr ist. (Abg. Scheibner: Jetzt ist er aus­nahmsweise nicht befugt?)

Es ist aber auch ein Skandal dieser Bundesregierung, die hier vertuscht, die genau mit diesem Unerträglichkeitsprüfungsgesetz versucht hat, diesen Skandal jetzt auch noch zu sanieren und dadurch Scheucher noch in irgendeiner Form in Position zu bringen (Abg. Neudeck: Was ist eine Unerträglichkeitsprüfung?), die gleichzeitig mit diesem Pfusch im Bereich der Umweltverträglichkeitsprüfung auch versucht, Klasnic zu retten, was nicht mehr gelingen wird, und die gleichzeitig auch versucht, noch den Regie­rungspartner FPÖ irgendwie bei Laune zu halten, damit er ihr nicht unter der Hand wegbricht. (Abg. Neudeck: Ihre Rede ist eine Unerträglichkeitsprüfung!)


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So viel Skandal auf einer Seite verlangt nach Aufklärung. Wir unterstützen daher den Antrag der Grünen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Das ist jetzt wirklich eine Unerträglichkeitsprüfung gewesen!)

23.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


23.23.48

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Puswald, wen du mit der Unerträglichkeitsprüfung gemeint hast, weiß ich nicht, ich weiß auch nicht, ob es ein tatsächlicher freudscher Versprecher war oder nur die vorgeschrittene Stunde daran schuld war, nur: Auf eines bin ich schon gespannt, und das werden wir natürlich auch genau verfolgen, so wie auch die SPÖ alle Schritte genau verfolgt, die wir machen. Ich bin gespannt, wie Herr Dr. Ambrozy sich verhalten wird, wie man mit dem UVP-Ver­fahren auf Regierungsebene umzugehen versuchen wird, um vielleicht ein Stadion zu verwirklichen oder nicht. (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.)

Ich bin sehr gespannt, Frau Mag. Trunk, wie sich der Ihnen leider anscheinend so ver­hasste Landesparteiobmann – weil er Sie um einen schönen Platz in der Landesregie­rung gebracht hat – dann hier abdankenswerterweise verhalten wird. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP), ob er in Kärnten ein Stadion ermöglichen wird oder ob er auf die linken Recken hier im Parlament hören wird; wobei ja Herr Mag. Posch ausfällt, der ist heute nicht da, aber Herr Mag. Puswald und Frau Mag. Trunk werden sich ja hier sehr stark ins Zeug werfen.

Es ist auch interessant zu sehen, Herr Mag. Puswald, wenn Sie hier ... (Ruf bei der SPÖ: Doktor!) – Ob Doktor oder Magister, das ist, glaube ich, nicht wirklich das ent­scheidende Detail. (Abg. Neudeck: Das sind alles Akademiker! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Mag. Wurm: Fabelhaft! Fabelhaft ist das!) Ihre Stimme wird durch die Lautstärke nicht besser. – Auch bei der Frage der Seebühne und bei der Frage des Herrn Zanella, Herr Dr. Puswald, hat sich, wenn ich es richtig im Ohr habe, die Kärntner SPÖ ganz anders verhalten. Die hat all diesen Dingen zugestimmt. (Abg. Mag. Trunk: Nein! Sie sagen die Unwahrheit!) Da gibt es ein Gremium, das über die Seebühne beschließt, und, ich weiß nicht, irgendwie höre ich diesen schlimmen Ge­genwind, den Sie hier verbreiten, in Kärnten nicht so sehr. (Abg. Fauland: Überhaupt nicht!)

Ich möchte damit nur eines feststellen: Es ist anscheinend viel leichter, hier auf der Oppositionsbank vielleicht schmollend zu sitzen und zu schimpfen, als Regierungsver­antwortung zu übernehmen. Das mag manchmal problematisch sein, das mag auch – das habe auch ich erfahren – nicht immer leicht sein. Regierungsverantwortung heißt auch, Kompromisse einzugehen, das ist ein nicht unwichtiges Detail. Sie müssen beide wieder zurückgehen, weil leider keine Möglichkeit besteht, das zu rechtfertigen, was hier gesagt wird. Leider ist es eben so. Sie hätten nicht Ihr ganzes Pulver verschießen sollen.

In Wirklichkeit zeigt die Diskussion nichts anderes, als dass ein Untersuchungsaus­schuss, den Herr Dr. Pilz hier fordert ... (Abg. Dr. Kräuter: Der Haider hat ihn gefor­dert! – Abg. Gradwohl: Der Haider war das! – Abg. Mag. Wurm: Ja, der hat ihn jeden­falls gefordert!) Anscheinend haben Sie den Antrag nicht gelesen, Herr Mag. Dr. Kräu­ter oder wie auch immer. Haben Sie einen Antrag auf Untersuchungsausschuss hier vor sich liegen, den Herr Dr. Haider fordert? Das würde gegen den Parlamentarismus verstoßen. Zeigen Sie mir das! (Abg. Dr. Kräuter: Im „Kurier“ steht es!) Im „Kurier“


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haben Sie Ihre Anträge? Na ja, gut, wenn Sie Ihre Anträge im „Kurier“ nachlesen, Herr Dr. Kräuter, dann ist das natürlich Ihr Problem.

Wir behandeln hier nur solche Anträge, die geschäftsordnungskonform eingebracht werden, die man unterstützen kann oder nicht. Ihre „Kurier“-Anträge können Sie in Ihren Gremien unterstützen, wir werden hier nur über solche Anträge abstimmen, die auch der Form nach einem Antrag entsprechen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da dieser Antrag nicht in Absprache mit Herrn Dr. Haider und auch nicht in Absprache mit der FPÖ erfolgt ist und wir uns als demokratische Partei ja zumindest erwarten wür­den, dass es hier vielleicht vorweg ein Gespräch über den Inhalt dieses Antrages, über die Auswirkungen dieses Antrages geben würde, lade ich Sie, Herr Dr. Pilz, zu diesen Gesprächen ein. Dazu müssen Sie halt einmal zu uns kommen. Wir laden Sie gerne ein. Unterhalten wir uns über die Möglichkeiten! Wir werden das in aller Ruhe prüfen. Bis dorthin ist es mit Ihrem Antrag so wie in vielen Lebenslagen: Wer zu früh kommt, der bleibt über! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer: Bumm!)

23.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


23.28.09

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Redebeiträge der Abgeordneten der Regierungsfraktionen werfen, wie meistens bei diesen Debatten, aber jetzt im Besonderen, mehr Fragen auf, als sie Antworten zu geben glauben.

Herr Kollege Scheuch, es dürfte doch ernstere Hintergründe geben, denn wenn man sich auf diese Art und Weise zunächst bierzeltartig in der Bank belustigt (Abg. Scheib­ner: Na geh!) – na doch! – und dann heraußen einen derart in sich zusammenklap­penden Auftritt abliefert, obwohl es um geharnischte Vorwürfe geht, dann, muss ich sagen, wird da mehr dahinter sein, als Sie zugeben oder als Sie versucht haben, hier zuzugeben. Das war ja wirklich ein Eigentor der Sonderklasse.

Was mich noch stutzig gemacht hat – um auf ein Grundproblem zu kommen –, ist der Auftritt des Herrn Lopatka. Fast hätte man es sich denken können, als er sich zu Wort gemeldet hat. Ich muss Ihnen wirklich attestieren – tut mir Leid –, Sie sind der Groß­meister der Scheinheiligkeit. Es tut mir Leid. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sich hierher zu stellen und zu verlangen, alle Dokumente zuerst auf den Tisch zu legen, um zu wissen, ob es einen Untersuchungsausschuss braucht oder nicht, wo es doch darum geht, dass diese Beweisbeschaffung unter anderem dort stattfinden kann – da hört sich doch alles auf! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Auf diese Art und Weise brauchen wir den Untersuchungsausschuss nicht einmal mehr als Minder­heitsrecht, da streichen wir ihn doch aus der Geschäftsordnung heraus! (Abg. Neu­deck: Der Untersuchungsausschuss ist ein parlamentarisches Recht!) Das würde im Übrigen Ihrem ganzen monarchistisch-parlamentarischen Verständnis besser entspre­chen. So kann es einfach nicht weitergehen! Ich finde das unerhört. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Großmeister der Scheinheiligkeit – ganz sicher! Noch nie – noch nie! – hat das so zugetroffen wie hier.

Da Sie Abgeordneten Pilz dessen zeihen, dass er hier immer wieder Anträge ein­bringt – sie waren meistens sehr berechtigt, eigentlich immer –, dann sage ich Ihnen eines (Abg. Neudeck: Erst machen wir einen Untersuchungsausschuss und dann schauen wir, ob wir ihn brauchen!): Erinnern Sie sich zurück an „Lucona“, an „Noricum“! Alles hat so begonnen: „Die Suppe war zu dünn.“ – Und jetzt fordern Sie Beweise? Es gibt welche, die Ihnen sogar zugänglich sein müssten. Ich brauche nur


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den „Kurier“ zu zitieren. Ich sage nicht, dass das ein Beweis ist, ich sage jetzt einmal nur, was Sie selbst lesen könnten. Hier wird nämlich – weil Sie das erwähnt haben – ein Einvernahme-Protokoll aus dem Innenministerium zitiert. (Abg. Neudeck: Sogar die Zeitung ist aus unserem Klub!) – Nein, das ist die von heute, die ist nicht von eurem Klub, die haben wir selbst von unten heraufgeholt, das ist nicht die morgige.

In diesem Zusammenhang ist das oben erwähnte Gespräch zu sehen. Es ist in Erinne­rung – Anführungszeichen; das sagt jetzt ein Mitarbeiter der STRABAG; ein Mitarbeiter der STRABAG sagt das zu dem Einvernommenen –: „Ein Wahnsinn! Wir zahlen 400 000 € nach Kärnten und dann bekommen wir das Projekt nicht.“

Ja, meine Damen und Herren, wenn Ihnen da nichts dämmert, dann ist Ihnen entweder nicht zu helfen, oder Sie wollen es nicht verstehen. Ich nehme ja an, es ist Zweiteres. Wenn man sich selbst auf einem derart dünnen Eis befindet, dann auf die Antragsteller mit dem Finger hinzuzeigen, also das halte ich wirklich nicht mehr für witzig. Da passt auch die Bierzelt-Atmosphäre dann letztlich doch nicht mehr dazu. Ich sage Ihnen, das ist wirklich der Niedergang der politischen Kultur (Beifall bei den Grünen), wenn es überhaupt nicht mehr möglich ist, ein paar Sachen auszutauschen.

Im Übrigen, Herr Großmeister, es ist Ihnen vielleicht entgangen, dass das Innenminis­terium der Anzeiger bei der Staatsanwaltschaft war und nicht Kollege Pilz, das Innen­ministerium und das Büro für innere Angelegenheiten, das jetzt angeblich für die so genannte Abhöraffäre zuständig ist.

Also was haben wir alles zu untersuchen? – In Ihrer Diktion: Abhöraffäre, und zwar das, was das Innenministerium wirklich herausgearbeitet hat. Und sagen Sie jetzt nicht, das hat kein Substrat! (Abg. Großruck: Substral heißt das!) Es ist aber – drittens –, weil wir offensichtlich eine Staatsanwaltschaft haben, die sagt, das ist kein Substrat, auch das – und so weit ist es gekommen – keine Entschuldigung, sondern in Wahrheit eine Aufforderung an diesen Untersuchungsausschuss, der dringender denn je not­wendig wäre, auch das Verhalten der Staatsanwaltschaft endlich einmal zu unter­suchen. Denn so kann es ja nicht sein ... (Abg. Neudeck: Machen wir gleich einen Generalparlamentsuntersuchungsausschuss!) Natürlich! Das Parlament ist dazu da, dass es das darf. Es ist der oberste Souverän. Der darf sich auch die Anklagebehörde anschauen, insbesondere dann, wenn es zu keinen Anklagen mehr kommt, und insbesondere dann, wenn es immer Regierungsmitglieder sind, die von diesen nicht erhobenen Anklagen betroffen sind. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Die stehen doch schon längst unter einem Zeugenschutzprogramm dieser Staatsanwaltschaft. (Abg. Neudeck: Wollen Sie nicht auch noch einen Gesundenuntersuchungsausschuss haben?)

Das alles wäre ein Thema für diesen Untersuchungsausschuss. Verlangt hat ihn letzt­lich Landeshauptmann Haider. Ausnahmsweise hat er Recht. Sie sollten vor lauter Umfallen und Liegenbleiben ein Jahresabonnement am Wörther See nehmen und dort liegen bleiben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Also Kogler, das darf nicht wahr sein!)

23.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Kogler! Der Vorwurf „Großmeister der Heuchelei“ ist am Rande eines Ordnungsrufes. Es wurden für „scheinheilig“ und „Heuchelei“ bereits Ordnungsrufe erteilt. Ich erteile heute keinen. (Abg. Neudeck: Das hat zur Rede gepasst, Herr Präsident!) – Bitte keine Kommentare!

Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolle­ginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.


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96. Sitzung / Seite 247

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Der Antrag findet nicht die Mehrheit. Er ist daher abgelehnt.

23.34.39Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 528/A bis 544/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2701/J bis 2717/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 3. März 2005, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Aktuellen Stunde eingeleitet werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

23.34.58Schluss der Sitzung: 23.35 Uhr

 

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Parlamentsdirektion

1017 Wien