Stenographisches Protokoll

106. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Dienstag, 12. April 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

106. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                      Dienstag, 12. April 2005

Dauer der Sitzung

Dienstag, 12. April 2005: 12.00 – 12.02 Uhr

                                                                                               15.00 – 17.45 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 7

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung ............................................................................................ 8

Redeordnung nach Festlegung in der Präsidialkonferenz ........................................... 13

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 7

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 7

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­kanzler betreffend: BZÖ-Regierungsbeteiligung verstärkt die Handlungsunfähig­keit und Instabilität der Regierung und zementiert den politischen Stillstand (2873/J) ........................................................................................... 8

Begründung: Dr. Josef Cap .......................................................................................... 13

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 19

Debatte:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 25

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 28

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 31

Dr. Eva Glawischnig .................................................................................................... 34

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 37

Friedrich Verzetnitsch ................................................................................................. 39

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 41


Nationalrat, XXII.GP
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106. Sitzung / Seite 2

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 43

Karl Öllinger .................................................................................................................. 45

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) ................................................ 46

Barbara Rosenkranz (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 47

Doris Bures ................................................................................................................... 47

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 48

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 50

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 51

Herbert Scheibner (tatsächliche Berichtigung) ............................................................ 52

Mag. Norbert Darabos ................................................................................................. 52

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 54

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 55

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 57

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ..................................................... 58

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ..................................................................................................... 7

862: Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut

863: Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitglied­staaten der Europäischen Union über die Vorrechte und Immunitäten der Euro­päischen Verteidigungsagentur und ihrer Bediensteten

Bericht ............................................................................................................................. 8

III-144: Bericht betreffend Jahresvorschau 2005 auf der Grundlage des Legisla­tiv- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2005 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2005; BM f. Justiz

Anträge der Abgeordneten

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Einbeziehung von Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz in die Berech­nung des Wochengeldes gesichert wird (591/A)

Dr. Alfred Gusenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die XXII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates vorzeitig beendet wird (592/A)

Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IAF-Service-GmbH-Gesetz (IAFG) geändert wird (593/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend: BZÖ-Regierungsbeteiligung verstärkt die Handlungsunfähigkeit und Instabilität der Regie­rung und zementiert den politischen Stillstand (2873/J)

Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Inszenierung der Bundesregierung (2874/J)

Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend kursierende Gerüchte über Abschaffung der Militärmusikkapellen (2875/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Arbeitsstiftungen für Frauen“ (2876/J)


Nationalrat, XXII.GP
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106. Sitzung / Seite 3

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bil­dung, Wissenschaft und Kultur betreffend den nach wie vor nicht vorhandenen Kultur­bericht 2003 sowie den nach wie vor nicht vorhandenen Rechnungshofbericht zum KHM (2877/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend gleichgeschlechtliche PartnerInnenschaften im diplomatischen Dienst (2878/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Zwischenfall in Marchegg, bei dem ein Projektil aus einem Sturm­gewehr das Fenster eines Personenzuges durchschlug (2879/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Sozialversicherung auch für Zweit- und Drittfrauen?“ (2880/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Säuglingsnahrung – Rückstände – Kontrollen – Risikobe­wertung in Österreich im Jahr 2004“ (2881/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Beschwerden nach dem Privatfernsehgesetz“ (2882/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „E-Commerce-Gesetz (ECG) – Vollziehungsdefizite – konsumentenpolitische Maßnahmen“ (2883/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „E-Commerce-Gesetz (ECG) – Vollziehungsdefizite“ (2884/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Tauern Autobahn – LKW-Verkehr: Kontrollstelle Kuchl (Hoher Göll)“ (2885/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Veterinärjahresbericht 2004 – Schlachttier- und Fleisch­untersuchungen“ (2886/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Tierärzte – Amtstierärzte – Fleischuntersuchungstierärzte: Aufgaben hinsichtlich Lebensmittelsicherheit und Tierschutz II“ (2887/J)

Beate Schasching, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend das Projekt Betriebssport (2888/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zwischenfall in Marchegg, bei dem ein Projektil aus einem Sturmgewehr das Fenster eines Personenzuges durchschlug (2889/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Morgengabe des Kabinettchefs (2890/J)


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106. Sitzung / Seite 4

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anfragebeantwortung 2571/AB, XXII. GP, betreffend Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG) (2891/J)


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106. Sitzung / Seite 5

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anfragebeantwortung 2596/AB, XXII. GP, betreffend Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG) (2892/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend öffentliche zentralistische Beschaffungs-Systeme im EU-Vergleich (2893/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen be­treffend Ausweitung der Geschäftsfelder der Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG) (2894/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „erfolgsabhängige“ Entlohnung der Mitarbeiter der Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG) (2895/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Anfragebeantwortung 2597/AB, XXII. GP, betreffend Auswirkungen der Vergabepraxis der Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG) auf die öster­reichische Wirtschaft und den Arbeitsmarkt (2896/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Be­schaffung von Waren und Dienstleistungen (2897/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2898/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Bundesbeschaffung von Waren und Dienstleistun­gen (2899/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2900/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2901/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2902/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2903/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2904/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2905/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2906/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2907/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Beschaffung von Waren und Dienstleistungen (2908/J)

Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend beim Bundesvergabeamt (BVA) beeinspruchte Entscheidungen der Bundes­beschaffungs-Gesellschaft m.b.H. (BBG) (2909/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend geplante Frei­setzungsversuche für Gentech-Marillen (2910/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Gesundheit und Frauen betreffend geplante Freisetzungsversuche für Gentech-Marille (2911/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministe­rin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Forschungsförderung für Gentech-Marille (2912/J)

Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswär­tige Angelegenheiten betreffend Aufnahmemodus von VerwaltungspraktikantInnen und befristeten MitarbeiterInnen im Rahmen der EU-Präsidentschaft 2006 (2913/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2613/AB zu 2640/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2614/AB zu 2649/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Ab­geordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2615/AB zu 2647/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Pe­ter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2616/AB zu 2693/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2617/AB zu 2641/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2618/AB zu 2646/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2619/AB zu 2652/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Sabi­ne Mandak, Kolleginnen und Kollegen (2620/AB zu 2638/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2621/AB zu 2648/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolf­gang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2622/AB zu 2651/J)


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106. Sitzung / Seite 6

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordne­ten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (2623/AB zu 2653/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2624/AB zu 2690/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (29/ABPR zu 31/JPR)

 


12.00.03


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106. Sitzung / Seite 7

Beginn der Sitzung: 12 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die 106. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Sitzung findet auf Grund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 7 des Geschäftsordnungsgesetzes statt.

Die Amtlichen Protokolle der 103. Sitzung vom 6. April 2005 sowie der 104. und 105. Sitzung vom 7. April 2005 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbe­anstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Reheis und Dr. Grünewald.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik wird durch den Bundesminister für Landesverteidigung, Günther Platter, vertreten.

12.01.03Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Anfragebeantwortungen: 2613/AB bis 2624/AB.

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuss:

Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Verteidi­gungsagentur und ihrer Bediensteten (863 d.B.);

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Übereinkommen über das Europäische Forstinstitut (862 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):


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106. Sitzung / Seite 8

Justizausschuss:

Bericht der Bundesministerin für Justiz betreffend Jahresvorschau 2005 auf der Grund­lage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für 2005 sowie des operativen Jahresprogramms des Rates für 2005 (III-144 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters gebe ich bekannt, dass eine Anfragebeant­wortung des Präsidenten, 29/ABPR, eingelangt ist.

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 2873/J der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „BZÖ-Regierungsbeteiligung verstärkt die Handlungsunfähigkeit und Instabilität der Regierung und zementiert den politischen Stillstand“ dringlich zu behandeln.

Die Durchführung der Dringlichen Anfrage wird gemäß dem Geschäftsordnungsgesetz in drei Stunden, also um 15 Uhr erfolgen.

Bis dahin unterbreche ich die Sitzung.

*****

(Die Sitzung wird um 12.02 Uhr unterbrochen und um 15 Uhr wieder aufgenom­men.)

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

15.00.49Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanz­ler betreffend: BZÖ-Regierungsbeteiligung verstärkt die Handlungsunfähigkeit und Instabilität der Regierung und zementiert den politischen Stillstand (2873/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 2873/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Am Montag, dem 4. April 2005, gab die FPÖ-Spitze ihren Austritt aus der FPÖ und die Gründung des BZÖ bekannt. Gleichzeitig wurde angekündigt, auch mit dem BZÖ die Regierungskoalition mit der ÖVP fortsetzen zu wollen, was von Bundeskanzler Schüssel bedenkenlos akzeptiert wurde. Es handelt sich dabei um Vorgänge, die einmalig in der Geschichte der 2. Republik sind und die sowohl massive politische, wie auch rechtliche Konsequenzen haben.


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106. Sitzung / Seite 9

Politisch befindet sich Schüssel nun in der Abhängigkeit einer Vereinigung, die sich niemals einer Wahl gestellt hat und deren neuer Chef Jörg Haider den Bundeskanzler noch vor wenigen Wochen als „falschen Kuckuck“ bezeichnete, der nicht mehr in seinen Porsche einsteigen dürfe – es sei denn er baue vorher einen Schleudersitz ein. Was Schüssel nicht hindert, das BZÖ und Haider als verlässliche Partner für eine konstruktive Regierungsarbeit anzupreisen, anstatt sich nach seinem abermaligen Scheitern dem Urteil der Bevölkerung zu stellen.

Selbst bei den Garantieerklärungen für die Umsetzung des Regierungsabkommens und die reibungslose Umsetzung der EU-Präsidentschaft, die Bundeskanzler Schüssel und die ÖVP von den FPÖ/BZÖ-Abgeordneten ultimativ und verpflichtend verlangten, scheint es sich zu „spießen“. Bundeskanzler Schüssel erklärte in der ZIB 1 am 7. April: „Wir wollen haben dass die Regierungsübereinkunft außer Streit steht, dass das auch wirklich durch Unterschrift bekräftigt wird. Das ist erfolgt.“ Demgegenüber musste Her­bert Scheibner gestern eingestehen, dass er über keine derartige Unterschriftenliste verfügt. Offenbar sind nicht alle FPÖ/BZÖ-Abgeordneten bereit eine derartige unver­bindliche Erklärung zu unterschreiben.

Die ÖVP-BZÖ Regierung ist aber nicht nur aus politischen Gründen alles andere als stabil. Die durch die Gründung des BZÖ erfolgte Spaltung der FPÖ führt zu einer Reihe weiterer, vor allem rechtlicher Probleme, die massive negative Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit dieser Regierung haben und haben werden.

So gibt es eine Reihe von gesetzlichen Bestimmungen für die Einrichtung von Beiräten und Kommissionen, die die Bundesregierung beraten. Diese haben wichtige und oft hoch sensible Aufgaben wahrzunehmen, wie beispielsweise der Nationale Sicherheits­rat, der Datenschutzrat oder die Volksgruppenbeiräte. Die Zusammensetzung dieser Einrichtungen ist unterschiedlich geregelt, stellt aber zumeist auf ein Entsendungsrecht von Parteien, üblicherweise nach ihrem Stärkeverhältnis, ab. Nachdem nun bereits viele bisherigen FPÖ-Mandatare aus der FPÖ aus- und in das BZÖ eingetreten sind, stellt sich die Frage, wie viele Parteien nun im Nationalrat vertreten sind bzw. wie ihr Stärkeverhältnis zueinander nun zu bewerten ist.

Völlig unklar ist auch die Frage der Parteienfinanzierung für BZÖ und FPÖ. Sowohl das Parteiengesetz, als auch das Publizistikgesetz zur Förderung der politischen Bildung stellen bei der Förderung von Parteien bzw. politischer Akademien auf die Vertretung der politischen Parteien im Nationalrat ab. So heißt es in § 2 Abs. 2 lit. a Parteienge­setz, dass den Grundbetrag in Höhe von 218.019 Euro jährlich „jede im Nationalrat ver­tretene politische Partei, die über mindestens fünf Abgeordnete (Klubstärke) verfügt,“ erhält. Der Zusatzbetrag ist „auf die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien im Verhältnis der für sie bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen“ zu verteilen.

In ähnlicher Weise lautet § 1 Abs. 1 Z 3 Parteiengesetz, dass der Rechtsträger einer politischen Akademie „von einer mit mindestens fünf Abgeordneten (Klubstärke) im Nationalrat vertretenen politischen Partei“ als der von ihr bestimmte Förderungswerber bezeichnet werden muss.

Im Falle der Gründung des Liberalen Forums hat das Bundeskanzleramt seinerzeit die Rechtsauffassung vertreten, dass diese politische Partei, die nicht für den Nationalrat kandidiert hat, sondern sich aus Abgeordneten einer anderen Partei gebildet hat, keinen Anspruch auf Parteien- und Parteiakademiefinanzierung hat. Begründet wurde dies damit, dass aus den gesetzlichen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang ein­deutig hervorgehe, dass nur solche politische Parteien Anspruch auf Finanzierung hätten, die auf Grund einer Kandidatur zum Nationalrat nach der Nationalratswahl im Nationalrat mit zumindest fünf Abgeordneten vertreten sind.


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Legt man diese Rechtsauffassung zugrunde, hat weder das BZÖ noch die FPÖ (alt) Anspruch auf Parteienfinanzierung: Beim BZÖ stellt sich die Rechtslage völlig gleich wie beim Liberalen Forum dar. Es ist auf Grund einer Abspaltung aus einer anderen Partei hervorgegangen und hat nicht bei der Nationalratswahl kandidiert. Aber auch die FPÖ alt erfüllt nicht mehr die Voraussetzung, dass sie mit zumindest fünf Abgeord­neten im Parlament vertreten ist, sodass sie aus diesem Grund keinen Anspruch auf Parteienfinanzierung mehr hat. Es geht hier also um die Vergabe bzw. nach Ansicht der SPÖ Nicht-Vergabe einer beträchtlichen Summe an Steuergeld, über die das Bundeskanzleramt, also letztlich Wolfgang Schüssel, zu entscheiden hat.

Offen in diesem Zusammenhang ist auch, was mit den Schulden der „alten“ FPÖ geschieht. Die BZÖ-Proponenten scheinen der Ansicht zu sein, sich durch schlichtes Austreten und Weglaufen aus der FPÖ jeder Verantwortung und Haftung entziehen zu können. Eine Vorgangsweise, die umso unverständlicher und unverantwortlicher ist, als die nunmehrige BZÖ-Führung personenident mit jener FPÖ-Führung ist, die diese Schulden verursacht hat. Abseits aller moralischen Einwände, die gegen eine derartige Vorgangsweise zu erheben sind, stellt sich aber auch die Rechtsfrage, welche nun­mehrigen BZÖ-Mitglieder in der Bundesregierung in welcher Höhe für welche Verbind­lichkeiten der FPÖ haften bzw. ob das jener korrekte Umgang mit Finanzen und Ver­pflichtungen ist, den zumindest die Österreicherinnen und Österreicher, wenn schon nicht der Bundeskanzler, von Regierungsmitgliedern zu Recht erwarten.

Verschärft wird diese Situation dadurch, dass die FPÖ schon in der Vergangenheit sich durch einen vorsichtig gesagt eher nachlässigen Umgang mit Finanzen „auszeichnete“. Gerüchten zufolge ist die Parteienfinanzierung der FPÖ-Kärnten auf mehrere Jahre hinaus verpfändet. Der Umgang mit Parteifinanzen der FPÖ-NÖ wurde sogar gerichts­anhängig. Es stellt sich die Frage, ob der für die Vollziehung des Parteienfinanzie­rungsgesetzes und anderer relevanter Gesetze zuständige Bundeskanzler Schüssel, bevor er die BZÖ in der Regierung akzeptierte, prüfen ließ, ob durch den Austritt der nunmehrigen BZÖ-Regierungsmitglieder nicht eine vorsätzliche Verkürzung von Gläu­bigerinteressen eingetreten ist. Weiters stellt sich die Frage, ob Wolfgang Schüssel überhaupt in der Lage und Willens ist, diese sensiblen Gesetze – es geht um den Um­gang mit Steuergeld in der Höhe von Millionen Euro – objektiv und gesetzeskonform zu vollziehen.

Zu einem weiteren Unsicherheitsfaktor für diese Regierung wird in Zukunft auch der Bundesrat werden. Zum einen politisch, weil ÖVP und BZÖ im Bundesrat über keine Mehrheit mehr verfügen, nachdem drei der bisherigen fünf FPÖ-Bundesräte nach eigenen Angaben bei der FPÖ verbleiben werden. Zum anderen aber auch rechtlich. Für die Bildung einer Bundesratsfraktion braucht es mindestens fünf Bundesräte, die auf Grund von Vorschlägen derselben Partei durch die Landtage gewählt wurden. Inhaltlich besteht der Sinn einer Fraktion darin, geschlossen politisch aufzutreten, was bei den BZÖ- und FPÖ-Bundesräten nicht zu erwarten ist. Sollte – korrekterweise – die FPÖ-Bundesratsfraktion daher aufgelöst werden, sind in Folge weder FPÖ noch BZÖ in den Bundesratsausschüssen vertreten, wodurch SPÖ und Grüne dort eine Mehrheit hätten. Sollte die bestehende Fraktion trotzdem aufrechterhalten werden, würde die Willensbildung im Bundesrat verzerrt und würden alle Beschlüsse den Bundesrates in Zukunft verfassungswidrig zustande kommen. Die SPÖ würde Gesetze, die unter Auf­rechterhaltung der FPÖ-Fraktion im Bundesrat beschlossen werden, jedenfalls als verfassungswidrig anfechten.

All das zeigt, dass der fliegende Wechsel zum BZÖ und die Fortsetzung der Regierung durch Wolfgang Schüssel nichts anderes ist als ein – wenn auch für ihn nicht untypi­sches – „Vabanque-Spiel“ mit mehr als ungewissem Ausgang. In rechtlicher, politischer und demokratiepolitischer Hinsicht. Die Regierungsarbeit wird weiterhin von Stillstand


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gekennzeichnet sein. Noch mehr als bereits in der Vergangenheit werden die Regie­rungsparteien nicht nur mit inneren Befindlichkeiten, sondern auch mit den verschie­densten Unsicherheiten und Unwägbarkeiten beschäftigt sein und keine Zeit und Energie für das haben, wofür ihre Repräsentanten vom Steuerzahler bezahlt werden: nämlich zu arbeiten. Verantwortlich dafür ist Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der nicht zum ersten mal persönlichen Machterhalt über das Wohl Österreichs stellt.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundeskanzler als Vorsitzen­den der Bundesregierung und als den für die Vollziehung der Bundesverfassung, des Art. II des Parteiengesetzes und des Publizistikförderungsgesetzes zuständigen Bun­desminister folgende

Anfrage:

1. Wieviele politische Parteien sind derzeit im Nationalrat vertreten, wie heißen sie und über wieviele Mandate verfügen sie jeweils?

2. Welches sind im Hinblick auf den Wortlaut des Art. 55 Abs. 3 B-VG die „im Haupt­ausschuss des Nationalrates vertretenen Parteien“ und welches ist im Hinblick auf den Wortlaut des Art. 148 g B-VG die erst-, zweit-, dritt- und viertstärkste im Nationalrat ver­tretene Partei? Gibt es eine fünftstärkste im Nationalrat vertretene Partei und welche ist dies?

3. Zahlreiche Rechtsvorschriften sehen Vertreter von im Nationalrat vertretenen politi­schen Parteien in Beiräten, Kommissionen und ähnlichen Einrichtungen vor; derartige Einrichtungen sind beispielsweise:

Nationaler Sicherheitsrat

Beirat für die Förderung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit

Volksgruppenbeiräte

Datenschutzrat

ORF-Stiftungsrat

Kuratorium des Versöhnungsfonds

Rat für Fragen der österreichischen Integrations- und Außenpolitik

Kuratorium für Fonds zur Unterstützung österreichischer Staatsbürger im Ausland

Beirat für Bewährungshilfe

Beirat zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsinformationssystem

Kommission gemäß § 7 Landwirtschaftsgesetz

Bundesbehindertenbeirat

Kommission zur langfristigen Pensionssicherung

Österreichischer Rat für Freiwilligenarbeit

Bundesheer-Beschwerdekommission

ERP-Kreditkommission

Österreichischer Verkehrssicherheitsrat

Zivilluftfahrtsbeirat

Kommission in Angelegenheiten der Siedlungswasserwirtschaft


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Kommission in Angelegenheiten der betrieblichen Umweltförderung und Umweltförde­rung im Ausland

Kommission in Angelegenheiten der Altlastensanierung

Umweltrat

Kommission JI/CDM Programm Kyoto Ziel

Die Rechtsvorschriften stellen hiebei entweder auf die Vertretung einer „politischen Partei im Hauptausschuss des Nationalrates“ oder auf „im Hauptausschuss vertretene Parteien“ oder auch auf „im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Klubs“ ab. Welches sind jeweils die entsendungsberechtigten Rechtsträger im Sinne dieser drei unterschiedlichen Formulierungen und wer ist jeweils das entsendungsberechtigte Organ, das die Entsendung mitzuteilen hat? Teilen Sie die seinerzeit im Zusammen­hang mit dem Liberalen Forum vertretene und in der Praxis auch vollzogene Rechts­ansicht, dass in diesem Sinne entsendungsberechtigt nur Parteien sind, die auf Grund einer Nationalratswahl im Nationalrat und Hauptausschuss aktuell vertreten sind? Wenn nein, wie begründen Sie die gegenteilige Rechtsansicht? Welche Parteien sind beispielsweise aufgrund dessen in welchem Stärkeverhältnis in Zukunft im Nationalen Sicherheitsrat, Datenschutzrat, ORF-Stiftungsrat, Rat für Fragen der österreichischen Integrations- und Außenpolitik und Bundesheer-Beschwerdekommission vertreten? In welchen dieser Einrichtungen verlieren die Regierungsparteien ihre Mehrheit, wenn die gleiche Rechtsauffassung wie seinerzeit beim Liberalen Forum vertreten wird?

4. Trifft es zu, dass im Falle der Gründung des Liberalen Forums das Bundeskanzler­amt die Rechtsauffassung vertreten hat, dass diese politische Partei, die nicht für den Nationalrat kandidiert, sondern sich aus Abgeordneten einer anderen Partei gebildet hatte, keinen Anspruch auf Parteien- und Parteiakademiefinanzierung gehabt habe und dies damit begründet wurde, dass aus den Bestimmungen in ihrem Zusammenhang eindeutig hervorgehe, dass nur solche politische Parteien Anspruch auf Finanzierung hätten, die auf Grund einer Kandidatur zum Nationalrat nach der Nationalratswahl im Nationalrat mit zumindest fünf Abgeordneten vertreten sind?

5. Steht demnach dem BZÖ eine Finanzierung nach dem Parteiengesetz oder dem Publizistikförderungsgesetz zu? Wenn ja, warum vertreten Sie nunmehr eine andere Rechtsauffassung als sie seinerzeit das Bundeskanzleramt beim Liberalen Forum vertreten hat und wie hoch ist die Finanzierung?

6. Steht der FPÖ (alt) eine Finanzierung nach dem Parteiengesetz oder dem Publizis­tikförderungsgesetz zu? Wenn ja, wie begründen Sie dies angesichts dessen, dass die FPÖ nicht mehr das gesetzliche Erfordernis erfüllt, über „mindestens fünf Abgeordnete (Klubstärke)“ im Nationalrat zu verfügen? Wie hoch ist die Finanzierung?

7. Angesichts dessen, dass sich einzelne Ihrer Regierungsmitglieder einer Partei ent­ledigt haben, die über einen hohen Schuldenstand verfügt, um dadurch einer Haftung zu entgehen bzw. die Gläubiger in ihren Ansprüchen zu verkürzen: Werden Sie um­gehend die Entlassung eines solchen Regierungsmitglieds veranlassen, wenn gegen es im Zusammenhang damit strafrechtliche Anklage erhoben wird?

8. Mit Sicherheit ist damit zu rechnen, dass gegen einzelne Ihrer Regierungsmitglieder im Zusammenhang mit der Abspaltung des BZÖ zivilrechtliche Haftungsklagen in Milli­onen-Euro-Höhe eingebracht werden. Können Sie garantieren, dass diese Regierungs­mitglieder davon völlig unbeeinflusst ihre Arbeit im Interesse der Republik fortsetzen werden?

9. Sie haben von den FPÖ/BZÖ-Abgeordneten eine schriftliche Garantie für die Umset­zung des Regierungsabkommens und die Umsetzung der EU-Präsidentschaft verlangt.


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Haben Sie diese erhalten? Wenn ja, von welchen FPÖ/BZÖ-Abgeordneten wurde diese unterschrieben? Wenn nein, warum benötigen Sie diese plötzlich nicht mehr?

10. Meinen Sie nicht, dass es im Interesse Österreichs und der dringend anstehenden Aufgaben – Stichworte Rekordarbeitslosigkeit, PISA-Debakel, Gesundheitsmisere – am besten wäre, durch Neuwahlen klare Verhältnisse zu schaffen?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor ich dem Anfragesteller das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass durch die Präsidialkonferenz für die Zeit von 15 Uhr bis 17 Uhr, die vom ORF live übertragen wird, folgende Redeordnung festgelegt wurde:

Anfragesteller für die Begründung der Dringlichen Anfrage: 20 Minuten, das befragte Regierungsmitglied: ebenfalls 20 Minuten; anschließend je eine Wortmeldung pro Frak­tion mit 10 Minuten, sodann Wortmeldung eines weiteren Regierungsmitgliedes mit 10 Minuten; schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 6 Minuten.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entspre­chendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir gehen daher so vor.

*****

Darf ich fragen, wo der Herr Bundeskanzler ist? Herr Klubobmann Molterer, wann wird der Herr Bundeskanzler eintreffen? (Abg. Mag. Molterer: Ist schon im Haus und auf dem Weg!) – Ist schon im Hause!

Ich erteile daher Herrn Abgeordnetem Dr. Cap zur Begründung der Anfrage das Wort. Redezeit: 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Neudeck: Die ist ja unbegrün­det! Wieso kann man das begründen?)

 


15.02.19

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Österreich wird von dieser Regierung nicht regiert! Der Grund dafür sind die Streitereien in dieser Regie­rung. Wir haben daher diese Sondersitzung einberufen, denn wir sind der Meinung: Österreich muss endlich wieder regiert werden! Das hat sich dieses Land nämlich verdient. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie von den Regierungsfraktionen zitieren ja immer so gerne internationale Medien. Die „Süddeutsche Zeitung“ schreibt: „Österreichs Demokratie hat in den Jahren der blau-schwarzen Koalition gelitten.“ (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... nur zitieren! – Abg. Neudeck: ... früher ... nur die „AZ“ gelesen!)

Es ist in der Tat so, denn nicht nur, dass hier die Materien, wenn sie heikel sind, meistens in die Ausschüsse verfrachtet werden, denen dann ein Abgeordneter einer Regierungsfraktion vorsitzt, nicht nur, dass man noch immer nicht die Forderung der Sozialdemokraten nach Einsetzung von Untersuchungsausschüssen in wichtigen Be­reichen wie Eurofighter oder die Vorkommnisse rund um das Stadion in Klagenfurt und den nicht stattfindenden Bau dort erfüllt hat (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... findet statt!) – nein, jetzt kommt noch etwas dazu: Eine Gruppe, die bei den letzten Nationalrats­wahlen gar nicht kandidiert hat, konstituiert sich hier als eigene Gruppe – und die Regierung findet nichts dabei! Das ist der Normalzustand, und das ist unter anderem


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Gegenstand der heutigen Dringlichen an den Bundeskanzler, denn es sind natürlich viele Fragen damit verbunden.

Aber vorab möchte ich doch noch auf einiges hinweisen: Ich glaube, dass es trotz all dieser Streitereien, trotz dieser Lähmung in der Regierung, trotz dieses Stillstandes notwendig ist, dass in diesem Land endlich wieder gearbeitet wird! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir haben nämlich eine Rekordarbeitslosigkeit, für die diese Bundesregie­rung verantwortlich ist. Die wiederum streitet aber nur und arbeitet nicht. Das kann so nicht weiter gehen! Wir fordern, dass endlich Schritte gesetzt werden! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Das Einzige, das Ihnen eingefallen ist, war, im Budget die Mittel für den Ausbau der Infrastruktur um über 200 Millionen € zu reduzieren. Beim Semmering-Basistunnel geht nichts weiter. (Abg. Scheibner: ... derselbe Zettel wie am Sonntag!) Das Red-Bull-Projekt in Spielberg ist gescheitert – 700 Millionen in den Sand gesetzt. Dafür müssen stellvertretend Steuergelder eingesetzt werden, das soll man nicht vergessen!

Europameisterschafts-Stadionbau in Klagenfurt: Es geht nichts weiter! Die Europa­meisterschaft ist letztendlich gefährdet. Sie haben, nach monatelangen Streitereien mit Vorwürfen der Parteienfinanzierung und allem, was damit zusammenhängt, krampfhaft einen Gemeinderatsbeschluss herbeigeführt. (Zwischenbemerkung von Staatssekre­tär Mag. Schweitzer.)

Steuerreform? – Daneben gegangen! Ich sage Ihnen etwas: Die Effekte sind nicht jene, die wir gehabt hätten, wenn unsere Steuerreform verwirklicht worden wäre (Rufe bei der ÖVP: Nein!): Entlastungen für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen, Entlastungen für die kleinen und mittleren Unternehmungen. Es hätte Beschäftigungs­initiativen gegeben, Wachstum, einen Ausbau der Infrastruktur. Wir fordern daher, endlich Schritte zu setzen, damit sich die Beschäftigungslage bessert und das Wachs­tum angereizt wird! Das wäre notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

Zur Bildungspolitik: Stillstand in der Bildungspolitik! Pisa-Debakel! – Es hat einen Re­formdialog gegeben, bei dem zwei, drei Dinge – ich kann mich nicht mehr daran erin­nern, so marginal war das seitens der Frau Ministerin –, verkündet wurden, und das war alles! Es gibt wirklich keine Schritte, damit diese Defizite aufgearbeitet werden. Ich sage Ihnen klar und deutlich: Wir werden im Vergleich mit den anderen Ländern weiter an Boden verlieren. Daher gilt es zu fordern, dass in der Bildungspolitik endlich Schritte gesetzt werden, damit wir bei der nächsten Pisa-Studie wieder weiter vorne liegen. Sie machen jedenfalls nichts!

Nein zu Ihrem Stillstand! Nein zu Ihrer Reformverweigerung! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Gesundheitsbereich. – Außer 15 neuen Belastungen ist Ihnen seit dem Jahr 2000 nicht viel eingefallen (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Da haben Sie mit­gestimmt!); also außer dass Sie geschaut haben, dass im Hauptverband nur mehr ÖVPler sitzen, ist Ihnen nicht viel mehr eingefallen. (Abg. Mag. Molterer: Der Bittner? Der Bittner ist ÖVP?) Im Zweifelsfall fällt Ihnen das aber immer ein, das wissen wir ja mittlerweile.

Sie stehen im Gesundheitsbereich vor einem Reformdesaster sondergleichen – und die Bevölkerung weiß nicht mehr, ob die gesundheitliche Vorsorge auch in Zukunft noch für alle gleich gesichert ist, ob es nicht doch in Richtung einer Medizin für soziale Oberschichten, die sich alles leisten können, und einer Medizin für die anderen, die nicht mehr die gesamte gesundheitliche Versorgung erfahren können, geht. Dafür tragen Sie die Verantwortung! – Aber auch hier Stillstand! Keine Reformen im Gesund­heitsbereich!


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Daher fordern wir: endlich aktive Reformen im gesundheitspolitischen Bereich! Wir werden uns dafür einsetzen, dass das auch wirklich passieren wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Freund: Was zum Beispiel?)

Nächster Punkt: Keine Kindergartenplätze! – Wie oft schon haben wir 100 000 neue Kindergartenplätze eingefordert. Ihnen fällt dazu nichts ein. Es ist Ihnen das gar kein Bedürfnis.

Oder: Sicherheitsdebatte. – Sie haben die Exekutive kaputtgespart. Dafür haben Sie ja auch bei den Personalvertretungswahlen der Exekutive die entsprechende Rechnung bekommen. Das Ganze geht aber auf Kosten der Sicherheit in ganz Österreich.

Oder: Heeresbudget. – Alles, was dafür faktisch zur Verfügung gestanden ist, und weit darüber hinaus, wird für die Anschaffung der Eurofighter verwendet.

Man könnte diese Liste der Versäumnisse dieser Regierung also endlos fortsetzen. Sie aber haben angesichts dessen wirklich die Nerven, die ganze Zeit von „Weiterarbeiten“ zu reden! Sehen wir einmal davon ab, dass Sie bis jetzt nicht gearbeitet haben – und zwar schon seit Monaten nicht –, weil nur fraktioniert und intrigiert wurde; es gibt ja jetzt einen neuen Höhepunkt, es werden bereits die Schlösser ausgewechselt, es herrscht Streit zwischen BZÖ und FPÖ um Lokale. (Abg. Neudeck: Wir haben keine Schlösser, wir haben nur Büros!) Ich weiß nicht, was da die Rolle der ÖVP ist, die muss aber auf jeden Fall dabei sein, denn sie ist ja daran interessiert, dass es irgend­wie weitergeht – in der Form, wie sie es sich gerade vorstellt.

Abgesehen also von all dem, ist zum Thema „Weiterarbeiten“ auch Folgendes anzu­merken: Ich habe mir angesehen, wie viele Anträge der Sozialdemokraten in den parla­mentarischen Ausschüssen noch nicht behandelt sind. Es sind 106 Anträge, 106 Initia­tiven (Rufe bei der SPÖ: Unerhört! – Abg. Neudeck: Das ist gut für Österreich!), die dort von Ihnen weder mit „Muh“ noch mit „Mäh“ behandelt werden. Und dann sagen Sie: Weiterarbeiten!? Dann laden Sie uns ein, mitzuarbeiten, obwohl Sie doch gar nicht arbeiten wollen? Dort liegen nämlich 106 Initiativen von uns – von den Grünen übri­gens 70, insgesamt also 176 Anträge der Opposition! (Abg. Neudeck: ... Sie bremsen!)

Und Sie halten uns Vorträge über „Weiterarbeiten“?! – Sie sind unglaubwürdig, was diese Forderung betrifft! Glauben Sie mir das! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der Grünen. – Abg. Neudeck: Cap, der Bremser!)

Natürlich kommt jetzt von Ihnen die Argumentation mit der Stabilität: Es sei ein Wunsch der Österreicherinnen und Österreicher, dass sie eine stabile Regierung haben, dass das kalkulierbar ist, dass man weiß, was auf einen zukommt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber das Einzige, das wirklich kalkulierbar ist, sind die Belastungen. Man weiß, wenn Sie an der Regierung sind, wird es weitere Belastungen geben. – Gut.

Ich sage Ihnen noch Folgendes, gerade im Hinblick auf die Diskussionen, die es dazu gegeben hat beziehungsweise gibt: Nach Knittelfeld und da diese schwarz-blaue Regierung schon einmal gescheitert und es zu vorzeitigen Neuwahlen gekommen ist, mussten Sie doch wissen, Herr Bundeskanzler, dass die FPÖ kein stabiler Partner ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: ... überhaupt kein Partner!) Seien Sie mir nicht böse: Das ist doch das Ergebnis der Beobachtungen aller!

Und was ist seit damals geschehen? – Diese Entwicklung in der FPÖ ist nicht nur weitergegangen, sondern hat sich immens zugespitzt! Diese Partei spaltet sich, es ist ein Riesen-Durcheinander! So weiß man zum Beispiel nicht einmal in Ihrer Fraktion hier im Nationalrat, wer jetzt zu den Orangen beziehungsweise wer noch immer zu den Blauen gehört! (Abg. Wittauer erhebt sich von seinem Sitz, öffnet sein Sakko und zeigt auf sein orange-farbenes Hemd.) Die entscheidenden Fragen sind: Wer bleibt in der FPÖ, wer ist jetzt orange, wie ist das bei Ihnen aufgeteilt? (Abg. Scheibner – auf den


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hellblauen Anzug des Redners deutend –: Sind Sie ein Blauer, weil Sie blau angezogen sind?) In welchen Teilen finden Ihre Fraktionssitzungen statt? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sind Sie ein Himmelblauer?)

Das wäre zwar im Prinzip alles nicht so wichtig, allerdings hat sich doch einiges bei der Frage dieser „Garantieerklärung“ zugespitzt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sind Sie ein Himmelblauer, weil Sie uns das Blaue vom Himmel erzählen?) Die ÖVP wollte eine schriftliche Garantieerklärung, in der Sie vom Klub der Freiheitlichen sagen: Wir stehen hinter der Regierung, hinter dem Regierungsprogramm und so weiter! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Blassblauer! Ja, blassblau!) Eine solche Garantieerklärung ist jedoch offensichtlich nicht zustande gekommen!

Es gibt keine schriftliche Garantieerklärung, das heißt also, der Zustand der Instabilität geht weiter! Man wird auch weiterhin nicht wissen, wie hier die Abstimmungen ausge­hen werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja genau Ihr Problem wahrscheinlich!)

Das Einzige, was Sie beide zusammenhält – das Einzige! –, darüber hat Michael Völ­ker in der Ausgabe des „Standard“ vom 11. April sehr deutlich geschrieben, und zwar unter dem Titel „Die gekaufte Regierung“. Das Einzige, so Völker, das diese Regierung zusammenhält, ist Ihre Angst, bei Neuwahlen das Mandat zu verlieren, die Angst des Bundeskanzlers und der Regierungsmitglieder, bei Neuwahlen ihre Sessel in der Regierung zu verlieren.

Diese Angst-Koalition ... (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) – Was machen Sie denn, wenn Sie nicht mehr herinnen sitzen? Haben Sie schon einen Plan, Herr Scheuch? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich habe ... beruflichen Erfolg ...!) Haben Sie schon einen Plan? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Bleckmann: Was täten Sie denn?)

Wir könnten hier ja ein paar ansprechen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Im Gegensatz zu Ihnen bin ich kein Berufspolitiker!) – 7 600 € ist das Mandat wert, auf dem Sie sitzen – und das wollen wir doch nicht vergessen! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Haben Sie schon einmal etwas gearbeitet?!) Da gibt es schon Dinge, die zusammenschweißen, und das soll man in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Auch Herr Walch verdient hier 7 600 € im Monat, Herr Walch, der hier immer betont, den „kleinen Mann“ zu vertreten! Das darf man nicht vergessen! (Zwi­schenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das sind die Dinge, die Sie hier zusammenschweißen! Die wechselseitige Jobgarantie scheint bei Ihnen die Basis für die weitere Zusammenarbeit zu sein – und sonst nichts! Sonst nichts! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nachlesen kann man ja beispielsweise in diesem „Vertrag“ zwischen Strache und Haider, veröffentlicht im „FORMAT“, dass es ab jetzt aus ist bei Ihnen vom Klub der Freiheitlichen mit der Kritik am Eurofighter-Kauf, denn: Die ÖVP will das nicht!

Weiters steht in diesem Vertrag, die FPÖ solle in Zukunft jedem heftigen inhaltlichen Konflikt mit der ÖVP aus dem Weg gehen! – Die ÖVP mag keine Konflikte, daher: Sie sollen stillschweigend zustimmen, aus, basta! So ungefähr ist jetzt Ihre Linie. (Abg. Murauer: ... ja unglaublich!) – Der Grund, warum keine Konflikte mehr ausgetragen werden sollen – das ist nicht unglaublich –, ist der, dass es bis zum Jahre 2006 keine Neuwahlen geben soll, denn dann gibt es die hier herinnen (in Richtung Freiheitliche) nicht mehr – und die da oben (in Richtung Regierungsbank) auch nicht mehr! Das ist die Wahrheit, vor der wir stehen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

Zum nächsten Punkt in diesem Vertrag: Ihr BZÖ-Vorsitzender Jörg Haider – man sollte ja Neuwahlen in Kärnten machen, damit sich die politische Landschaft dort endlich auch anders ordnet. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Sagen Sie das dem Ambrozy!)


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Aus diesem Vertrag zwischen Strache und Haider geht weiters hervor, dass die Wirt­schaftsaktivitäten des Frank Stronach bei Ihnen auch kein Thema mehr sind. Stronach könnte ja Sponsor sein! (Abg. Neudeck: In Kärnten ist der Koalitionspartner die SPÖ!) – Herr Neudeck, ich verstehe ja, nur: Dann müssen Sie sich da einbringen, sind Sie doch der Finanzreferent der FPÖ – und vielleicht auch der der BZÖ? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das Bündnis, nicht der Bündnis!) Dann könnten Sie das gleich zusam­menführen! Eine hoch interessante Tätigkeit! (Abg. Neudeck: Soll ich für Sie auch noch übernehmen?)

Dass Sie daran interessiert sind, Sponsoren zu haben, das glaube ich schon! Nennt man das „politische Abhängigkeit“, nennt man das „Lobbyismus“, wenn man zu jenen, die Geld gegeben haben, hinzugehen und die Frage zu stellen hat: Was darf ich ser­vieren am parlamentarischen Tablett? Welche Beschlüsse können wir fassen?

Ist das bei Ihnen schon so weit?! – Das steht jedenfalls in dem erwähnten Vertrag drin­nen! (Zwischenruf des Abg. Amon.)

Weiters steht in diesem Strache/Haider-Vertrag, die FPÖ-Finanzschuld nicht weiter zu überprüfen. – Das ist interessant: nicht mehr weiter überprüfen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das war Jörg Haider offensichtlich ein echtes Anliegen, als er sich kürzlich mit Herrn Strache zusammengetan hat. (Zwischenbemerkung des sich von der Regie­rungsbank entfernenden Bundeskanzlers Dr. Schüssel.)

Ich zähle das deswegen auf, Herr Bundeskanzler, da es dabei um Ihre Bündnispartner geht, mit denen Sie ja noch eineinhalb Jahre lang in Österreich regieren wollen! Das ist auch sozusagen die Basis der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs, sozusagen die Visitenkarte Österreichs, Ihre und diese! Es wird also interessant werden, wie die weitere Gestaltung dieser Zusammenarbeit nächstes Jahr ausschauen wird. (Abg. Neudeck: Der Vergleich macht uns sicher, Herr Kollege Cap!)

Herr Detlev Neudeck, ich komme ja sowieso schon zu Ihnen! (Abg. Neudeck: Das wird gut sein! Lange hat es gedauert!) – Langsam stelle ich mir die Frage, warum noch immer nicht alle aus der FPÖ ausgetreten und zum BZÖ übergetreten sind. Kann das damit zusammenhängen, dass dann, wenn mindestens fünf FPÖ-Abgeordnete, die sei­nerzeit gewählt wurden, weiter hier herinnen sitzen bleiben, der Herr Bundeskanzler, der ja auch für die Frage Parteienförderung zuständig ist, sagen kann: Na ja, in diesem Falle werden wir der FPÖ weiterhin Parteienförderung geben! (Abg. Neudeck: Geh bitte!)

Das ist nämlich auch im Interesse des Bundeskanzlers, denn wenn man Ihnen von den Freiheitlichen keine weitere Parteienförderung gibt, dann werden auch Ihre Schulden nicht abgebaut. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und wenn die Schulden nicht abgebaut werden, dann kann die persönliche Haftung für Frau Ministerin Haubner und für Herrn Vizekanzler Gorbach schlagend werden. (Abg. Lentsch: Stimmt nicht!) Und dabei geht es immerhin um zwei Regierungsmitglieder! Verdammt unangenehm könnte das wer­den, wenn es plötzlich ein Verfahren gegen diese beiden Regierungsmitglieder gäbe; verdammt unangenehm! (Abg. Neudeck: ... gemacht, 83?)

Sollten Sie ab 1. Juli Parteienförderung bekommen, so wäre das nicht rechtens, auch wenn noch fünf FPÖ-Abgeordnete herinnen sind, denn in Wahrheit sollten Sie sich mit mindestens fünf Abgeordneten als Klub konstituieren! (Abg. Neudeck: Zerbrechen Sie sich nicht unseren Kopf!) Alles andere ist rechtswidrig, Herr Bundeskanzler! (Abg. Neudeck: Stimmt so wie Ihre Zahlen auch nicht!) Ich sage Ihnen, Herr Bundeskanzler: Wenn Sie das tun, dann ist das Amtsmissbrauch! Und dagegen werden wir von der SPÖ massiv auftreten! Keine Förderung für die FPÖ! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Neudeck: Sie wollen ja nur, dass wir auch zwei Klubobleute ...!) – Heben Sie sich doch Ihre Stimme für den FPÖ-Parteitag auf, wenn


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Sie den Kassenbericht legen! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Tun Sie doch da nicht ständig mit Zwischenrufen herum! (Abg. Scheibner: Das werden Sie ja noch aushalten!)

Dass das eine Wackelpudding-Koalition ist, ist doch völlig unbestritten! (Abg. Neu­deck: ... erlaubt?) Dass Sie alle um Ihre Funktionen zittern, ist unbestritten! Dass das eine Angst-Koalition ist, ist unbestritten! Und ich sage Ihnen Folgendes: Mir ist die Angst um Ihr Mandat und die Angst um Ihre Regierungsbeteiligung Wurscht, gleich­gültig! Nicht gleichgültig ist mir jedoch die Angst der Menschen aus dem Mittelstand vor einem sozialen Abstieg als Folge Ihrer Regierungspolitik! Das ist mir nicht gleichgültig! (Beifall bei der SPÖ.)

Nicht gleichgültig ist mir weiters die Angst der Pensionisten, wenn Sie von dieser Bun­desregierung wieder eine „Pensionsreform“ machen, was bei Ihnen doch in Wirklichkeit heißt: weitere Kürzung der Pensionen! – Diese Angst der Menschen ist mir nicht gleichgültig, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Nicht gleichgültig ist mir weiters, Herr Bundeskanzler, die Angst all derer, die Gefahr laufen, ihren Arbeitsplatz zu verlieren! Diese Angst ist mir nicht gleichgültig! (Neuer­licher Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Neudeck: Eine Warnung vor Rot-Grün!)

Es bedeutet doch keine Entschuldigung für Sie, Herr Bundeskanzler, wenn der Karika­turist der „Kronen Zeitung“ Recht hat und Sie in der letzten Sonntag-Ausgabe als einen gefesselten Kanzler darstellte: gefesselt von BZÖ und gefesselt von FPÖ! (Abge­ordnete der ÖVP halten eine Kopie des „Kronen Zeitung“-Cartoons aus der Ausgabe der „Krone bunt“ vom 10. April 2005 in die Höhe.) Das ist jedenfalls die Karikatur, die auf Ihren Handlungsspielraum zutrifft, Herr Bundeskanzler! Das trifft voll zu! (Zwischen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben keinen Handlungsspielraum, Herr Bundeskanzler, sondern sind in der gan­zen Sache nur mehr ein Getriebener! Sie wollen persönlich nur mehr gerade noch das Ufer der EU-Ratspräsidentschaft erreichen; das ist für Sie das wichtigste Ziel. (Abg. Mag. Molterer – ebenfalls den Cartoon in die Höhe haltend –: Meinen Sie diese Kari­katur?)

Herr Klubobmann Molterer, der ja immer zu Scherzen aufgelegt ist, hat am Samstag „Im Journal zu Gast“ auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, dass es eine weitere eine Zusammenarbeit mit BZÖ und FPÖ geben kann, ganz ernst gemeint – und das in seiner üblichen Tonlage, die eigentlich eher am Sonntag angebracht wäre (Heiterkeit bei der SPÖ), aber er hat das schon am Samstag gebracht –, er schließe das nicht aus, er könne sich das vorstellen. (Abg. Mag. Molterer: Was haben Sie gegen meine Tonlage?)

Meine Damen und Herren! Bundeskanzler Schüssel mutet Österreich noch einmal zu, dass es eine Verlängerung dieser Regierungsform gibt! (Demonstrativer Beifall sowie Bravorufe bei Abgeordneten von ÖVP und Freiheitlichen.) – Das ist aber eigentlich ein schwacher Applaus; ich habe schon stärkeren Applaus hier erlebt, als es um die Frage der Regierungskoalition gegangen ist. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ge­genrufe bei der SPÖ.) – Ja, ja, Herr Walch, Nervosität ist angebracht! (Abg. Neudeck: Haben Sie zu viel Redezeit?)

Aber angeblich gibt es ja eine Absprache (Abg. Neudeck: Haben Sie zu viel Rede­zeit?) mit der „konstruktiven Persönlichkeit Jörg Haider“ – über dessen Persönlichkeits­konstruktion kann man in Alfred Worms Buch übrigens sehr intensiv nachlesen: das ist die Sammlung aller Beschimpfungen, unter anderem gegenüber Bundeskanzler


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Dr. Schüssel. Der hält das aus, denn er will ja im ersten Halbjahr 2006 EU-Ratspräsi­dent werden; dafür lässt er sich auch beschimpfen, das macht ihm nichts. (Abg. Eder: Das ist ihm alles Wurscht!) Jedenfalls hat sich das in den „Wörthersee-Gesprächen“ in diesem Buch niedergeschlagen. (Abg. Großruck: Ganz Europa lobt ihn! – Die Schimp­fer von den Roten hält er aus!)

Herr Großruck, bauen Sie doch diese Beschimpfungen einmal ein in einen Ihrer tollen Verse, die Sie da immer haben! Bringen Sie immer einen Vers mit einer Beschimpfung von Haider gegen den Bundeskanzler, und machen Sie daraus einen Vierzeiler! Da könnten Sie irrsinnig viel aufarbeiten, das wäre ganz toll! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Schauen Sie, ich habe diese Finanzierungen auch deshalb angesprochen, weil es da um politische Abhängigkeiten geht. Da geht es um die Frage, wann der Wahltermin ist – das ist auch eine politische Abhängigkeit. Da geht es um die Frage der Banken: Welche Banken sind so nett und lassen all das zu? Da geht es um die Frage der Parteiförderung, die der Herr Bundeskanzler mitzuentscheiden hat. – Lauter Dinge, die wichtig sind! (Abg. Scheibner: Die Redezeit ist gleich ...!)

Wenn Herr Detlev Neudeck sagt, es seien nur 3 oder 4 Millionen € Schulden, dann sage ich ihm: Bitte zählen Sie die Schulden der Länder dazu! Die FPÖ Kärnten hat bis zum Jahr 2014 die Parteiförderung verpfändet! Was hier von den beiden Regierungs­parteien geplant wird, ist die Sanierung der Schulden zwecks Absicherung der Macht dieser Parteien auf Kosten der Steuerzahler – und das können wir nicht zulassen, bitte schön! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Es geht also um die Reputation Österreichs. Es geht auch darum, dass wir heute diesen Neuwahlantrag einbringen. 57 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind, wie sich im Zuge einer OGM-Umfrage herausgestellt hat – Sie werden das heute noch erfahren –, bereits für Neuwahlen (Abg. Großruck: In Deutschland!), weil sie die­sen Zirkus satt haben! Sie wollen endlich eine Regierung, die arbeitet (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen) – und nicht seitenlange Berichte über ge­genseitige Böswilligkeiten, über Misstrauen, über Gruppen, die sich irgendwo heimlich treffen, über Verschwörungen.

Was sich da alles abspielt, das übertrifft ja mindestens vier Shakespeare-Stücke auf einmal – und selbst der hätte sich geweigert, das in die Literatur zu bringen. Das ist das, was sich momentan von Ihrer Arbeit dominant darstellt. (Abg. Großruck: Der Cap ... Sommernachtstraum!)

Was ich einfach nicht verstehen kann, ist, wieso Sie da in den mittleren und auch in den letzten Reihen dem immer noch (Abg. Scheibner: Den Schmäh kennen wir schon! – Die Redezeit ist aus!) mit Ihren Zwischenrufen beipflichten. Ich kann das beim besten Willen nicht verstehen! (Abg. Scheibner: Den Schmäh kennen wir auch schon!) Werden Sie in Ihren Wahlkreisen nicht von den Menschen angesprochen, die sagen: Wann ist endlich Schluss mit diesem Theater? – Und Recht haben sie! (Anhaltender Beifall und Bravorufe bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen.)

15.23


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bun­deskanzler zu Wort gemeldet. Seine Redezeit beträgt vereinbarungsgemäß 20 Minu­ten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


15.23.31

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Vorausschi­cken möchte ich, dass in der gegenständlichen Angelegenheit eine in Teilen wortiden­tische Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates gerichtet wurde. Dieser hat seine


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schriftliche Beantwortung bereits vorgelegt. Ich teile die darin getätigten Aussagen und verweise diesbezüglich auch auf sie.

Unabhängig davon möchte ich die an mich gerichteten Fragen wie folgt beantworten.

Zunächst zur Frage 1:

Es gibt juristisch unterschiedliche Parteienbegriffe. Das ist zwar für einen Laien nicht leicht zu verstehen (Abg. Eder: Alles schon „sehr kompliziert“!), aber es ist in der juris­tischen Praxis evident. Jeder Abgeordnete weiß das natürlich, weil er ja die entspre­chenden Gesetze beschlossen hat, Herr Abgeordneter Eder.

Zunächst einmal gibt es die politische Partei. Deren Rechtsgrundlage ist das Partei­engesetz. Das sind juristische Personen, die durch Hinterlegung ihrer Satzungen beim Innenministerium den Status als politische Partei erlangen. Davon gibt es in Österreich eine ganze Reihe: Es sind derzeit insgesamt 778 politische Parteien in Österreich an­gemeldet.

In diesem Zusammenhang bin ich von der Innenministerin informiert worden, dass am 4. April die Hinterlegung von Statuten des Bündnisses Zukunft Österreich – die am 6. April im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ veröffentlicht wurden – stattgefunden hat. Damit ist das BZÖ eine politische Partei im Sinne des Parteiengesetzes. – Also erstens die politische Partei.

Zweitens: die wahlwerbende Partei oder Wahlpartei. Die jeweilige Rechtsgrundlage ist die Wahlordnung der Länder beziehungsweise des Nationalrates. Diese wahlwer­bende Partei hat eine grundsätzlich eigenständige rechtliche Existenz und auch eine beschränkte Rechtsgrundlage.

Bei der letzten Wahl haben neun wahlwerbende Parteien zum Nationalrat kandidiert: SPÖ, FPÖ, ÖVP, Grüne, KPÖ, LIF, Die Demokraten, Christliche Wählergemeinschaft und Sozialistische LinksPartei. Vier davon haben es auch in den Nationalrat geschafft.

Nach den politischen Parteien, den Wahlparteien nun – drittens – zu den parlamenta­rischen Klubs, also den Parlamentsparteien: Bei diesen handelt es sich um die Ver­einigung der Abgeordneten einer oder mehrerer wahlwerbender Parteien, die sich auf Grund der Geschäftsordnung des betreffenden parlamentarischen Körpers konstituiert. Für uns ist § 7 des Geschäftsordnungsgesetzes maßgeblich. Parlamentarische Klubs sind juristische Personen des Privatrechts, die eine von den dahinter stehenden politi­schen Parteien oder Wahlparteien unabhängige Rechtspersönlichkeit aufweisen.

Von den vorhin genannten wahlwerbenden Parteien haben vier den Einzug in den Nationalrat geschafft. 79 Mandate entfielen auf die ÖVP, 69 auf die SPÖ, 18 auf die Freiheitlichen, 17 auf die Grünen. Und diese wahlwerbenden Parteien haben sich auch jeweils zu Klubs zusammengeschlossen. Daran hat sich seit dem Wahltag und seit der Konstituierung nichts geändert. Diese vier Klubs sind: der Parlamentsklub der Österrei­chischen Volkspartei als die stimmenstärkste Fraktion, die Sozialdemokratische Parla­mentsfraktion, der freiheitliche Parlamentsklub und der Grüne Klub im Parlament.

Ich sage hier ausdrücklich dazu – und es ist, ehrlich gesagt, wichtig, dass wir dieses Selbstverständnis auch nach außen hin zum Ausdruck bringen –: Ich bin ein glühender Anhänger des freien Mandats, wie es in der Bundesverfassung garantiert ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Es ist zwar üblich, dass es eine Rechtsidentität zwischen der politischen Partei, der Wahlpartei und der Parlamentspartei gibt, aber dies ist nicht notwendigerweise der Fall. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ein umfallendes Mandat!) Das ist ein sehr, sehr wichti­ger Punkt, denn sonst kämen wir sehr schnell zu einem gebundenen Mandat (Abg.


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Dr. Jarolim: Das ist ein umfallendes Mandat!), wo einer draußen anschaffen würde, was die frei gewählten Mandatare hier im Saal zu tun hätten, und ich glaube, das ist nicht der Weg, den wir in Österreich gehen sollten! Daher werde ich die Freiheit der Abgeordneten immer verteidigen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zur Frage 2:

Der Hauptausschuss setzt sich derzeit aus 14 Mitgliedern des Parlamentsklubs der ÖVP, 12 der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion und je drei Parlamentariern des freiheitlichen und des Grünen Klubs zusammen. Legt man nun – und das ist eine sehr wichtige Interpretation, weil sie auch durch die Judikatur fix gemacht wurde – die parlamentarische Praxis bei der Bestellung der Volksanwälte zugrunde, dass die drei mandatsstärksten parlamentarischen Klubs als Parteien im Sinne des Artikels 148g Bundes-Verfassungsgesetz aufzufassen sind, dann sind dies in diesem Fall der Parla­mentsklub der ÖVP, der Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten und der freiheit­liche Parlamentsklub. Eine fünftstärkste Partei, nach der Sie in Ihrer Anfrage gefragt haben, gibt es in diesem Sinne nicht. Im Übrigen verweise ich auf die Antworten des Präsidenten des Nationalrates. (Abg. Dr. Jarolim: Danke schön!)

Zur Frage 3:

Die in Frage 3 genannten Gremien lassen sich, was die Entsendungsrechte (Abg. Dr. Jarolim: Danke, ...!) – ich verstehe Sie nicht, Herr Abgeordneter, Sie müssen ent­weder lauter rufen oder mich ausreden lassen und sich nachher melden (Beifall bei der ÖVP) – betrifft, im Wesentlichen in drei unterschiedliche Kategorien einteilen:

erstens jene, in die die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien entsenden – das sind der Beirat für die Förderung staatsbürgerlicher Bildungsarbeit: 2 ÖVP, 2 SPÖ, 2 FPÖ, 2 Grüne; die ERP-Kreditkommission: 5 V, 5 S, je 1 Freiheitliche und Grüne; Kommission gemäß § 7 Landwirtschaftsgesetz: je ein Vertreter der Klubs; Kommission im Sinne des Siedlungswasserwirtschaftsfonds: 4 ÖVP, 4 SPÖ, je 1 F und Grüne; Kommission zur langfristigen Pensionssicherung: alle vier Parteien je ein Vertreter; Kuratorium des Versöhnungsfonds: je ein Vertreter; Stiftungsrat des ORF: 2 ÖVP, 2 SPÖ, je 1 F und Grüne; Zivilluftfahrtbeirat: 5 ÖVP, 5 SPÖ, 1 Freiheitlicher, 1 Grüner.

Zweiter Cluster: die im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen politischen Par­teien. Dazu gehören: der Beirat für Bewährungshilfe: 2 ÖVP, 2 SPÖ, 1 Freiheitlicher, 1 Grüner. (Zwischenruf des Abg. Dr. Wittmann.) – Herr Abgeordneter, Sie haben da­nach gefragt! Rufen Sie nicht dazwischen, hören Sie einfach zu! Es sind Ihre Fragen, Herr Abgeordneter!

Weiters: die Bundesheer-Beschwerdekommission: 4 ÖVP, 3 SPÖ, 1 FPÖ, 1 Grüner; der Datenschutzrat: 4 V, 3 S, 1 F, 1 G; Nationaler Sicherheitsrat: 5 V, 4 S, 1 F, 1 G; Umweltrat: 4 V, 3 S, 1 F, 1 G; Volksgruppenbeiräte: jeweils ein Vertreter der Klubs; Rat für Fragen der österreichischen Integrations- und Außenpolitik: 5 V, 4 S, 1 F, 1 Grüner.

Nächster Cluster – die im Hauptausschuss des Nationalrates vertretenen parlamenta­rischen Klubs, also die Parlamentparteien –: Beirat zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsinformationssystem: je ein Vertreter der vier Klubs; Bundesbehindertenbeirat: dasselbe; Kommission in Angelegenheiten der Altlastensanierung: detto; Kommission in Angelegenheiten der Umweltförderung im Inland und Umweltförderung im Ausland: je ein Parlamentsvertreter; Kommission JI/CDM-Programm Kyoto-Ziel: je ein Klubver­treter; Österreichischer Rat für Freiwilligenarbeit: je ein Klubvertreter.

Sonstige – vierter Bereich –: Keine Parteienvertreter sind entgegen dem, was gefragt wurde, in das Kuratorium des Fonds zur Unterstützung österreichischer Staatsbürger im Ausland zu entsenden.


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106. Sitzung / Seite 22

Für den in der Anfrage überdies erwähnten Österreichischen Verkehrssicherheitsrat gibt es, jedenfalls soweit ich das gesehen habe, keine gesetzliche Grundlage.

Wer die Vertreter nominiert, obliegt im Innenverhältnis der Entscheidung, die sozusa­gen zwischen den politischen Parteien, den Wahlparteien und den Parlamentsparteien auszumachen ist. In der Regel, und das ist die geltende Praxis – Herr Abgeordneter Wittmann, Sie wissen das, weil Sie das ja auch vielfach mitvertreten haben –, obliegt es der jeweiligen Partei beziehungsweise dem Klub, wobei eben in der Praxis die Klubs die Nominierungsrechte wahrnehmen.

In der Sache teile ich die Rechtsansicht, dass entsendungsberechtigt nur jene Parteien sind, die auf Grund einer Nationalratswahl im Nationalrat oder im Hauptausschuss aktuell vertreten sind, sofern den politischen Parteien solche Entsendungsrechte auf Grund der unterschiedlichen leges speciales, der unterschiedlichen Rechtsvorschriften zukommen.

Ich weise allerdings darauf hin, dass es sich bei der Bildung des Liberalen Forums – und das ist der wichtige Punkt! – im Jahre 1993 um eine völlige andere Situation ge­handelt hat. Das LIF hat sich auch als eine neue politische Partei konstituiert – so weit ist es identisch –, aber der Unterschied ist: Das LIF hat auch einen neuen Parlaments­klub gebildet, was heute und hier in Österreich, im gegenwärtigen Nationalrat nicht der Fall ist. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja das Beschämende! Das ist ja das Problem!) Aus heutiger Sicht stellen sich also die Stärkeverhältnisse in diesen Gremien so dar, wie ich sie Ihnen geschildert habe. (Zwischenruf des Abg. Eder.)

Zur Frage 4:

Die von Ihnen skizzierte Rechtsauffassung wurde richtigerweise, wie Sie es in der Anfrage geschrieben haben, vom Bundeskanzleramt vertreten. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja beschämend!) Diesbezüglich ist auch keine Änderung in der Rechtsauffassung im BKA eingetreten. (Abg. Eder: Das Volk wird an der Nase ...!)

Zur Frage 5:

Entsprechend der im Jahre 1993 vertretenen Rechtsansicht im BKA entsteht ein An­spruch nach dem Parteiengesetz sowie Publizistikförderungsgesetz nur für jene politi­schen Parteien, die bei der letzten Nationalratswahl erfolgreich kandidiert haben. Für das Bündnis gibt es daher weder eine Parteien- noch eine Akademieförderung.

Zur Frage 6:

Wenn nun beziehungsweise solange die FPÖ über mindestens fünf Abgeordnete ver­fügt, ergeben sich für 2005 folgende ungekürzte Förderbeiträge – ich runde jeweils –: Parteiengesetz: 1,6 Millionen €, Publizistikförderungsgesetz: 1,4 Millionen € für die Freiheitliche Akademie. Voraussetzung ist allerdings immer, dass es mindestens fünf Abgeordnete gibt – sonst fällt es bei der Akademie weg; bei der Parteienförderung, solange es jeweils einen Parteienvertreter gibt, der Abgeordneter zum Nationalrat ist, kommt es zu einer Reduktion der Förderung, weil dann der Grundbetrag nicht mehr zustünde.

Zu den Fragen 7 und 8:

Die von Ihnen aufgestellten Behauptungen, Herr Abgeordneter und Klubobmann Cap, sind durch nichts belegt, sie sind auch nicht Gegenstand der Vollziehung – sie sind im Einzelfall allenfalls von unabhängigen Gerichten im Straf- oder vielmehr Zivilverfahren zu klären –, und sie besitzen auch keinerlei Aktualität. Für die Bundesregierung, die ja international, wie Sie es richtig beschrieben haben – die Zeitungstitel haben Sie richtig erwähnt –, ausgezeichnete Arbeit leistet, besteht hier keinerlei Änderungsbedarf. (Bei­fall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Zur Frage 9:

Dass diese Regierung eine Mehrheit im Nationalrat hat, haben Sie ja als Opposition vorige Woche selbst erfahren, und Sie werden es vermutlich auch heute wieder fest­stellen. Und auch für die inhaltliche Arbeit gibt es eine klare Mehrheit – das war eine ganz wichtige Bedingung von mir –; der Beschluss des Budgets für 2006 hat dies ein­deutig und eindrucksvoll bewiesen, auch wenn Sie, Herr Abgeordneter Wittmann, das nicht freut, was ich verstehen kann.

Das BZÖ hat darüber hinaus seinen Gründungskonvent nicht einmal noch abgehalten, daher sind auch keinerlei Termine für allfällige Vereinbarungen zu nennen gewesen. (Abg. Dr. Wittmann: Glauben Sie, dass die Bevölkerung das ...?)

Zur Frage 10:

Bei der letzten Wahl hat die ÖVP mit 42 Prozent den Auftrag erhalten, ein Regierungs­programm, ein Reformprogramm für Österreich umzusetzen. (Ruf bei der SPÖ: Das ist schon zwei Jahre her!) Das haben wir in sehr intensiven Verhandlungen mit allen Parlamentsparteien versucht, und wir haben mit unserem Koalitionspartner ein sehr umfassendes, sehr präzises Reformprogramm vereinbart. Österreich, meine Damen und Herren, hat davon profitiert! Das kann man mit Fug und Recht sagen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was jetzt Ihre ständige Forderung nach Neuwahlen betrifft, so kommt diese ja wirklich nicht das erste Mal, und sie kommt auch in diesem Zusammenhang bei Gott nicht das erste Mal. (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Gaßner und Dr. Wittmann.) Seit wir im November 2002 gewählt haben, wiederholen Sie ununterbrochen die Forderung nach Neuwahlen, sozusagen nach dem Motto: Wenn es einmal nicht geklappt hat, viel­leicht klappt es dann beim zweiten Mal; und wenn es beim zweiten Mal nicht geklappt hat, dann vielleicht beim dritten oder vierten Mal! – Sie können sicher sein, dass die überwältigende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher das anders sieht.

Aber was vielleicht noch wichtiger und interessanter ist: Ihr eigener ... (Neuerlicher Zwi­schenruf des Abg. Dr. Wittmann.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Wittmann, bitte halten Sie an sich!

Am Wort ist der Bundeskanzler! (Abg. Bures: ... schreit auch immer rein! ... schreit auch immer dazwischen!)

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (fortsetzend): Ihr eigener Kärntner Landes­parteivorsitzender Ambrozy, der sich in einer Koalition mit Jörg Haider und dem Bünd­nis befindet, sieht überhaupt keine Notwendigkeit, Neuwahlen in Kärnten abzuhalten! Jetzt frage ich Sie: Wenn es in Kärnten keine Notwendigkeit gibt, deswegen, weil sich die FPÖ in ein Bündnis umwandelt, Neuwahlen abzuhalten, können Sie mir ein ratio­nales, stichhaltiges Argument – auch für die Öffentlichkeit – nennen, warum es dann ausgerechnet auf Bundesebene Neuwahlen geben muss (Rufe bei der ÖVP: Nein! Nein!), obwohl es eine stabile Regierung und eine klare Mehrheit im Parlament gibt? – Kein Mensch versteht Ihre Argumentation, Herr Abgeordneter Cap und Herr Dr. Gu­senbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich meine, ich schätze ja Peter Ambrozy (Abg. Mag. Trunk: Das erste Mal! Das erste Mal!), er ist ein wirklich solider und verantwortungsvoller Politiker in Kärnten, und er sagt: Es besteht keinerlei Anlass für Neuwahlen. Solange die Koalition funktioniere, werde die Regierungsarbeit weitergeführt. (Abg. Mag. Molterer: Genau!) – Nichts anderes, meine Damen und Herren, sage ich, sagen wir, und Sie können sich ruhig daran ein Beispiel nehmen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Da ich noch ein bisschen Zeit habe, darf ich auch noch etwas zur Regierungsarbeit sagen, Herr Abgeordneter Cap – und wir tragen ja diese Sträuße im Dialog und in einer sehr friedlichen und positiven Form immer wieder aus (Heiterkeit des Abg. Groß­ruck) –: Es ist Ihr Job, darauf hinzuweisen, was Ihnen fehlt, und es ist unser Job, zu sagen, und unsere Aufgabe, zu erklären, was in Österreich auch Gutes geschieht.

Sie sagen: Jawohl, wir haben zu viele Arbeitslose. – Stimmt. Deswegen rufen wir ja auch am 1. Mai zu einem gemeinsamen Reformdialog für Arbeit und Beschäftigung. (Abg. Riepl: Warum erst am 1. Mai?) Vizepräsident Verheugen, ein Sozialdemokrat von der EU-Kommission, hat als Hauptredner zugesagt. Ich versuche, auch einige andere prominente Redner zu gewinnen. Das wird ganz wichtig sein, denn (Zwischen­rufe bei der SPÖ): Wir haben zwar die drittbeste Arbeitsmarktsituation in ganz Europa, aber wir wollen noch besser sein, und ich lade Sie ein, hier einfach konstruktiv mitzu­arbeiten! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt. Sie müssen sich irgendwann einmal entscheiden: Gibt es in Österreich in der Regierungspolitik zu viel Tempo – Sie beklagen ja immer wieder die „speed“, Sie kommen nicht mit, alles geht Ihnen zu schnell (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP sowie ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ) –, oder gibt es, wie Sie gleich­zeitig sagen – das ist jetzt die neue Sprachregelung – „Stillstand“? – Also entscheiden Sie sich: Ist es „speed“, ist es zu viel Tempo (Ruf bei der SPÖ: Die falsche Richtung!), oder ist einfach „Stillstand“?

Ich glaube, die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte: Wir machen gute Arbeit, gute Re­formarbeit für Österreich. Und gerade in den letzten Wochen ist ja viel weitergegangen: Wir haben Ihnen die neue europäische Verfassung vorgelegt. Schauen Sie, wo überall in Europa gestritten wird, destruktiv um diese neue Verfassung gestritten wird! – Wir haben die Chance, dass wir möglichst einstimmig dieses große Reformwerk für Europa und für Österreich beschließen können. Reden wir das nicht schlecht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben heute im Ministerrat – weil Sie sich ja Sorgen gemacht haben, Herr Abge­ordneter – die Unterschriftsermächtigung für Vizekanzler Gorbach und Außenministerin Plassnik für die Beitrittsverträge mit Rumänien und Bulgarien beschlossen. Das ist ganz wichtig, sage ich, denn Österreich ist der Investor Nummer eins in Bulgarien und Rumänien! Wir haben 3 Milliarden € in Rumänien und fast 2 Milliarden € in Bulgarien investiert – und das ist ganz wichtig, weil in dieser Kooperation ja auch österrei­chische Arbeitsplätze gesichert werden!

Sie sehen also: Wir arbeiten! (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, selbstverständlich! Wenn man hier einen Standort hat, ein Hauptquartier und Forschungseinrichtungen, und dies in Kombination mit Kroatien, mit Bulgarien, mit Ungarn, mit Rumänien machen kann, sichert das natürlich auch bei uns die Arbeitsplätze. Das ist wichtig!

Das heißt, die Regierung arbeitet. Ich hoffe, der Nationalrat geht mit, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: Letzte Woche hat der Verkehrsminister – und ich darf das sagen, weil das eine großartige Leistung von ihm ist – erstklassiges Lobbying gemacht, damit wir eine moderne Wegekostenrichtlinie bekommen. Würden wir jetzt nach Neuwahlen rufen, steht die Partie einmal drei Monate lang. Wollen Sie das? – Ich will das nicht!

Es ist nicht einmal sicher, ob wir uns durchsetzen. Aber durchsetzen können wir uns nur, wenn wir geschlossen in der Regierung, geschlossen mit dem Parlament und vor allem mit der veröffentlichten und öffentlichen Meinung Österreichs vorgehen. Und das wollen wir tun, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Oder: In den nächsten Wochen und Monaten steht die große Reform des österrei­chischen Bundesheeres an. Es geht um eine Friedensarmee, die nicht mehr wie in der Zeit des Kalten Krieges auf dem Landweg bedroht wird – eine völlig neue Situation, historisch einmalig, großartig für uns. Aber wir müssen natürlich deswegen das Bun­desheer umbauen: mehr professionelle Elemente, Verkürzung der Wehrdienstzeit, Ver­kürzung der Zivildienstzeit. Jetzt Neuwahlen zu machen, wäre ein schwerer Fehler, weil damit diese notwendigen Reformen liegen bleiben würden. Wir arbeiten – Sie kön­nen dabei durchaus kritisieren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie haben die Eurofighter erwähnt. Ich darf schon auch hier sagen: Die Eurofighter sind ein gutes Beispiel, wie man durch erstklassiges Lobbying und Gegengeschäfte Arbeitsplätze in Österreich sichern kann. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

1 Milliarde € für den neu entstehenden Luftfahrtcluster in Österreich, eine 750-Millio­nen-Investition bei MAN in Steyr durch einen Folgeauftrag, 300 Arbeitsplätze! – Ist Ihnen das wirklich gleichgültig? Mir nicht! Ich kämpfe mit meinem Regierungsteam um jeden Arbeitsplatz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zu Spielfeld. Herr Abgeordneter Cap, wir wissen, Sie waren immer gegen diese Renn­strecke. Das brauchen wir jetzt nicht auszutragen. (Abg. Mag. Kogler: Alles ein Schmäh! – Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Der Unterschied ist schon interessant: Während einer, der Ihnen nicht ganz fremd ist, weil er im Wahlkampfteam des Dr. Gu­senbauer aufgetreten ist, gerade 380 Arbeitsplätze von Spielberg weg nach Leoben transferiert, hat Frau Landeshauptmann Klasnic jetzt 300 Arbeitsplätze dorthin ge­bracht! Und das ist der Unterschied! Darauf können wir stolz sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Wo sind sie denn? Wo? Wo?)

Genauso ist es mit der ÖIAG. Schauen Sie her, das ist die Leistungsbilanz der ÖIAG. (Der Redner hält ein Zeitungsinserat in die Höhe.) Wir haben 6,5 Milliarden Schulden übernommen! – Ab heute ist die ÖIAG schuldenfrei. Der österreichische Steuerzahler ist nicht mehr belastet. Das ist die Realität! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kogler: Das ist keine Anfragebeantwortung! Das ist un­glaublich! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Abgeordneter Molterer hat mit Recht eine Karikatur der „Kronen Zeitung“ hergezeigt, und die trifft es wirklich. In der „Kronen Zeitung“ sind Sie, Herr Dr. Gusenbauer, als „Dr. Freudlos“ beschrieben, der dem österreichischen Bundesadler einreden will: Du bist schwach! Du fühlst dich müde! Du hast nichts zu reden! – Das entspricht doch nicht der Realität! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher: Ändern Sie Ihre Strategie! Wir arbeiten. Sie sollen konstruktive Kritik üben, selbstverständlich, das gehört dazu. Keine Neuwahlen, sondern gute Arbeit für Öster­reich! (Anhaltender lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bauer. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeord­neter. (Unruhe im Saal.)

Ich bitte, dem Herrn Abgeordneten zuzuhören!

 


15.44.45

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Politik geht es auch um


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Maßstäbe. Ehrlich gesagt, wenn der Herr Bundeskanzler offensichtlich kein Problem hat mit über 300 000 Arbeit Suchenden in unserem Land (Zwischenruf bei der ÖVP), es ihm aber als großes Problem erscheint, wenn von einem steirischen Ort in einen anderen steirischen Ort 380 Arbeitsplätze verlegt werden, dann muss ich Ihnen sagen, Herr Bundeskanzler, Ihnen ist das Maß wirklich verloren gegangen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem auch zu Hause vor den Fern­sehschirmen! Sie haben soeben ein exzellentes Beispiel umfassender Realitätsver­weigerung erlebt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Jetzt! Jetzt!) Der Herr Bundeskanzler hat uns nicht mitgeteilt: Wer ist denn jetzt eigentlich FPÖ und wer ist BZÖ? Was bedeutet eigentlich diese Neugründung? Welche Bedeutung hat es, dass der Herr Vizekanzler zuerst aus der Bundes-FPÖ austritt, dann aus seiner Landes-FPÖ austritt und sagt, er sei nun beim BZÖ?

Dem Bundeskanzler ist offensichtlich völlig entgangen, dass es sich um einen Auf­lösungsprozess seines Regierungspartners handelt. Und wenn Sie sagen, was schnell und was langsam geht, kann ich Ihnen sagen: Die Geschwindigkeit wird immer größer, was den Auflösungsprozess Ihres Koalitionspartners betrifft. Da haben Sie „speed kills“ beibehalten. Das muss man Ihnen lassen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jede Familie, die ein Haus gemeinsam errichtet und wo dann eine Scheidung der Vermögensverhältnisse stattfindet, ist ver­pflichtet, bekannt zu geben, wer in Zukunft die Kredite für das Haus bezahlen wird. (Ruf bei der ÖVP: So weit sind wir noch nicht!) Bei der FPÖ, bei einer Regierungspartei soll diese Verpflichtung nicht bestehen? Man hat täglich den Eindruck, dass sich beide, BZÖ und FPÖ, davor drücken wollen, die Rückzahlung der angehäuften Altschulden zu tätigen. Das heißt, das, was jeder anständige Österreicher ganz selbstverständlich zu erledigen hat, soll für eine Regierungspartei in diesem Land nicht gelten?

Das ist eine Vorgangsweise, die wirklich unerträglich ist, denn für politische Parteien muss noch allemal dasselbe gelten wie für die anständigen Leute in unserem Land! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich weiß nicht, Herr Bundeskanzler, ob Sie das verfolgen, aber jeden Tag gibt es neue Meldungen über Austritte aus der FPÖ, neue Meldungen über wechselseitig ange­drohte Klagen zivilrechtlicher Natur, über Vermögensfragen. Jeden Tag gibt es neue Unklarheiten in Bezug auf eine Partei, die Mitglied der österreichischen Bundesregie­rung ist. Und Sie stellen sich her und sagen: Alles kein Problem, alles völlig stabil!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie lange wird das so gehen? Ist es wirklich besser, wenn es dieses Weiterwurschteln gibt und unter Umständen im Herbst diese Regierung platzt, knapp vor der EU-Präsidentschaft? Oder ist es besser, wenn diese Regierung erst während der EU-Präsidentschaft platzt? Glauben Sie nicht, dass Sie Österreich sehenden Auges in eine Blamage hinein führen?

Das ist nicht verantwortungsvoll. Österreich braucht klare Verhältnisse und eine hand­lungsfähige Regierung, und beides ist jetzt nicht gegeben! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Es ist ohnehin schon schlimm genug, dass aus der Krise der FPÖ eine Krise der Re­gierung geworden ist. Aber was wir doch alle gemeinsam verhindern sollten, ist, dass aus dieser Krise der Regierung auch eine Krise Österreichs und Europas wird. Das ist unsere Verantwortung als frei gewählte Abgeordnete in diesem Haus, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)


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Daher sollten klare Verhältnisse geschaffen werden. Herr Bundeskanzler, Sie sagen dauernd, niemand in diesem Land will Neuwahlen. – OGM stellt heute fest, dass die Österreicher, die sonst keine Freude mit Neuwahlen haben, auf Grund dessen, was hier in den letzten Wochen aufgeführt wurde, in der Zwischenzeit zu 57 Prozent der Meinung sind, es soll Neuwahlen geben. Nur mehr 32 Prozent sagen, diese Regierung soll weitermachen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Überhören Sie den Ruf der Bevölkerung nach klaren Verhältnissen nicht – es könnte sonst für Sie zu spät sein. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Betrachten wir die Alternativen: Wenn jetzt über Neuwahlen klare Verhältnisse ge­schaffen werden und knapp nach Neuwahlen eine stabile Regierung gebildet werden kann, dann können möglichst bald die Probleme unseres Landes angegangen werden, und Österreich hätte eine Regierung, die auch die EU-Präsidentschaft ordentlich durchführen kann.

Das wäre der bessere Weg für Österreich gegenüber dem anderen, auf dem jetzt über Monate eine Zitterpartie stattfinden wird: Wie viele wechseln von FPÖ zu BZÖ? Wer spaltet sich ab? Welche Klagen werden vom einen gegen den anderen vorgebracht?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Weg der Zitterpartie, wo Sie, Herr Bundeskanzler, von den Launen Jörg Haiders abhängig sind, auf die ich jetzt nicht eingehen will, schafft in Österreich keine Stabilität!

Ich sage Ihnen: Klare Verhältnisse in Österreich jetzt würden dem Land helfen, und es würde uns überhaupt nicht mehr interessieren, ob über Jahre sich die Fraktionen der FPÖ wechselseitig mit Klagen eindecken, vor Gericht stehen oder sonst etwas. Das wäre dann die Privatangelegenheit dieser Personen, die Angelegenheit von FPÖ und BZÖ, aber Österreich wäre davon nicht mehr betroffen. Und das wäre doch bedeutend besser, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der Grünen.)

Mir scheint aber, dass Ihnen das alles egal ist. Vergangene Woche haben Sie uns noch erklärt, es wird eine Garantieerklärung aller Abgeordneten geben, alle werden unterschreiben, dass sie das Regierungsprogramm umsetzen und dass gemeinsam vorgegangen wird. – In der Zwischenzeit gibt es diese Garantieerklärung nicht mehr. Herr Scheibner sagt, er sei doch kein Unterschriftensammler – und plötzlich ist das kein Problem mehr, die Garantieerklärung kommt im Vokabular des Herrn Bundes­kanzlers nicht mehr vor.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht einmal die mindesten Sicherheiten können Sie mehr erfüllen. In Wirklichkeit ist das bereits eine Phantomkoalition gewor­den, die nicht imstande ist, die Probleme unseres Landes zu lösen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Flexibilität des Herrn Molterer ist überhaupt eine der besten. Er ist noch vor weni­gen Wochen aufgestanden und hat gesagt: Wenn Herr Strache FPÖ-Obmann wird, dann ist das ganz schlecht für die Koalition. Das kann man sich bei der ÖVP nicht vorstellen. – So, jetzt zerbröselt die FPÖ in BZÖ und FPÖ, und was sagt Herr Molterer dazu? – Er könne sich sogar eine Koalition von ÖVP, FPÖ und BZÖ vorstellen – eine erstaunliche Flexibilität! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder in diesem Land soll wissen: Wenn es so weitergeht, dann plant die ÖVP auch nach der nächsten Wahl eine derartige Zu­sammenarbeit, die auf Sand gebaut ist. Daher ist es besser, sich jetzt für Neuwahlen zu entscheiden und für eine neue, stabile Regierung zu sorgen, und nicht für eine Fort­setzung des Abenteuers. Die Lösung der Probleme unseres Landes, neben all dem,


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was in Österreich nach wie vor gut läuft, duldet keinen Aufschub! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Da Sie sich jetzt dauernd selbst belobigen für den Reformgipfel am 1. Mai, vergessen Sie nicht: Sie haben über Monate das Problem der Arbeitslosigkeit geleugnet, haben wochenlang nicht auf unsere Vorschläge für Wachstum und Beschäftigung reagiert. Es war kein Problem für Sie, das Angehen dieser Probleme auf Monate hinauszuschieben und am 1. Mai diesen Reformgipfel zu machen. Ich hoffe, dass bei dieser Veranstal­tung etwas herauskommt und nicht nur Referate gehalten werden, zu denen dann keine Diskussion möglich ist.

Nur, eines ist klar, Herr Bundeskanzler: Auch Sie haben heute wieder klar gezeigt, dass Sie sich mit dem Auflösungsprozess der FPÖ mehr als mit den Problemen unse­res Landes beschäftigen. Ich sage Ihnen, es sollten Ihnen Ihre Amtsprivilegien und die Amtsprivilegien Ihrer Regierungskollegen nicht über das Interesse Österreichs gehen. Machen Sie den Weg frei für klare Verhältnisse, machen Sie den Weg frei für Neuwah­len, denn Neuwahlen sind ein Instrument für mehr Stabilität in Zukunft und für eine Beendigung des aktuellen Chaos! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ sowie Beifall bei den Grünen. – Bravorufe bei der SPÖ.)

15.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Auch seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


15.55.33

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Gusenbauer, wir wer­den es den Menschen in Fohnsdorf schon sagen, dass es Ihnen egal ist, dass 380 Ar­beitsplätze abgezogen werden. (Abg. Silhavy: Das hat er ja nicht gesagt! Das ist ja eine Ungeheuerlichkeit! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege Gusenbauer! Den Menschen in Fohnsdorf ist das nicht egal! – So weit zu Ihrer Realitätsverweigerung, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die Tradition bei Dringlichen Anfragen wird, wie ich schon vorige Woche gesagt habe, fortgesetzt: Der Schuss ist wieder nach hinten losgegangen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ sowie Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Kollege Cap stellt sich hier heraus, und einer seiner ersten Sätze hier ist: Österreich soll regiert werden. – Dazu kann ich nur sagen, ja, Österreich wird regiert, und zwar gut regiert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Gleich­zeitig verlangen Sie, Herr Kollege Cap, aber Neuwahlen. Jetzt frage ich Sie: Wie passt das zusammen? Auf der einen Seite fordern Sie, Österreich soll regiert werden, und im selben Satz, in der zweiten Satzhälfte, verlangen Sie Neuwahlen.

Herr Kollege Cap! Sie wissen ja, was Neuwahlen bedeuten würden. Neuwahlen wür­den Stillstand für das Land für zumindest drei Monate bedeuten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Genau das wollen wir nicht! Wir wollen und werden weiterarbeiten für Öster­reich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Man kann durchaus die Frage stellen, die Sie hier auch aufgeworfen haben: Wer ist denn für Neuwahlen? – Die Bevölkerung ist es ganz offensichtlich nicht. Es gibt eine brandaktuelle Umfrage von FESSEL-GfK, die Gallup bestätigt, wonach sich eine klare Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher gegen Neuwahlen ausspricht. (Zwi­schenrufe bei der SPÖ.) Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ist also nicht nur gegen Neuwahlen, sondern damit auch gegen den Wunsch von SPÖ und Grünen. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Aber man kann durchaus legitimerweise die Frage stellen: Warum sind Kollege Van der Bellen und Kollege Gusenbauer für Neuwahlen? Die Frage ist schon etwas legi­timer, würde ich meinen. Und wenn Gusenbauer und Van der Bellen damit erreichen wollen, dass es in Österreich eine rot-grüne Regierung gibt, dann ist das durchaus ihr möglicher Wunsch (Abg. Dr. Van der Bellen: Diese Leier wieder! Diese Leier glauben Sie selber nicht!), aber ich sage Ihnen, das ist mit Sicherheit nicht der Wunsch der Österreicherinnen und Österreicher. Die lehnen diese rot-grüne Strategie nämlich ab. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber, Herr Kollege Van der Bellen, wissen Sie, was Ihnen zu denken geben sollte? (Abg. Dr. Van der Bellen: Mir gibt vieles zu denken!) Sie befinden sich ja nicht nur mit dem Kollegen Gusenbauer im Konzert jener, die Neuwahlen verlangen. Gibt es Ihnen denn nicht zu denken, dass Gusenbauer, Van der Bellen und Mölzer Neuwahlen ver­langen? (Allgemeine Heiterkeit.) Das ist ja eine ganz überraschende Kombination, die sich da politisch ergibt. Herr Van der Bellen, fühlen Sie sich da wohl? Ich nehme doch an, dass Sie sich da nicht wohl fühlen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Nichts fällt Ihnen ein! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich nehme da tatsächlich lieber Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Ambrozy als Zeugen, der heute ausgesendet hat, dass er Neuwahlen nicht für richtig und nicht für notwendig hält.

Übrigens, Herr Kollege Gusenbauer, ich möchte Sie nur daran erinnern, es war am 5. April, also genau vor einer Woche, als Sie gesagt haben: Solange die parlamenta­rische Mehrheit der Regierung gesichert ist, kann sie ihre Arbeit fortsetzen. – Die parla­mentarische Mehrheit ist gesichert. Warum haben Sie innerhalb weniger Tag schon wieder Ihre Meinung geändert? Damit Sie Ihrer Linie, nämlich zickzack, treu bleiben? (Beifall des Abg. Dr. Fasslabend.)

Im Gegensatz dazu sagt der SPÖ-Parteivorsitzende in Kärnten: Dies, nämlich Neu­wahlen, wolle man nicht, solang die Umsetzung des vereinbarten Regierungsprogram­mes gewährleistet ist.

Herr Kollege Gusenbauer, ich gebe Ambrozy Recht. Ist nicht dieses zweierlei Maß, das Sie anwenden, darin begründet, dass Ambrozy und Haider in Kärnten eine Koalition haben? Ich weiß, dass Ihnen das sehr unangenehm ist. Ambrozy selbst spricht in Kärnten von der Koalition zwischen den Freiheitlichen und der SPÖ. – Ich kann Ihnen nur sagen: Das Messen mit zweierlei Maß ist nicht mein Maßstab. Mein Maßstab sind klare Verhältnisse für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Aber es ist schon richtig – die Bürgerinnen und Bürger verspüren das ja –: Die poli­tische Landschaft in Österreich ist tatsächlich etwas in Bewegung geraten. Gerade gestern war eine weitere, sehr interessante Entwicklung in Wien festzustellen, dass nämlich der grüne Landtagsabgeordnete Kenesei aus dem Landtagsklub der Grünen aus- und in den Landtagsklub der Österreichischen Volkspartei übergetreten ist, meine Damen und Herren. Das ist hochinteressant. (Beifall sowie Oh-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Van der Bellen, gibt Ihnen das nicht zu denken, wenn Kenesei, der Land­tagsabgeordnete Kenesei – ein wirklich guter Mann –, sagt, dass der Grund, warum er übergetreten ist, der Linksruck der Wiener Grünen sei? Und: Das sei ein Verrat an seinen Idealen.

Wissen Sie, was mich sehr, sehr nachdenklich stimmt? – Sie sollte das im Übrigen auch nachdenklich stimmen. – Er sagt: „Nur in Nordkorea und bei den Grünen ist es üblich, über jemand abzustimmen, ohne ihn zur Verteidigung zu Wort kommen zu las-


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sen.“ – Nicht mein Zitat, sondern: Kenesei-Zitat. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aha! Das ist Realität der Grünen!)

Meine Damen und Herren! Umso klarer und wichtiger ist es daher angesichts dieser politischen Bewegungen, dass die Österreichische Volkspartei gemeinsam mit den Kol­legen des freiheitlichen Parlamentsklubs ihren klaren Kurs, nämlich konstruktive Arbeit für Österreich, fortsetzen wird und fortsetzen will, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dieser Weg für Österreich hat sich gelohnt. Wir haben mit der Schuldenpolitik Schluss gemacht, Herr Kollege Cap. (Abg. Dr. Matznetter: Sie haben mit Schulden ...!) Ich habe Ihnen schon am Sonntag gesagt: Kürzlich hat mir ein Bürger erzählt, wofür „SPÖ“ eigentlich steht, nämlich „Schuldenpartei Österreichs“.

Damit ist Schluss, meine Damen und Herren! Wir zahlen heute – die Österreicherinnen und Österreicher – immer noch für die Altschulden, die Sie uns hinterlassen haben! Mit dieser Politik hören wir auf! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben eine erfolgreiche Budgetpolitik, eine erfolgreiche Sozialpolitik, eine absolut erfolgreiche Standort- und Steuerpolitik, zu der Sie übrigens immer nein gesagt haben. Das überrascht mich ja. Immer wenn es konkret wird, wenn es um den konkreten Bei­trag für den Standort Österreich geht, dann ist die SPÖ nicht vorhanden; physisch nicht vorhanden, wie bei der letzten Budgetabstimmung. Die Österreicherinnen und Öster­reicher sollen wissen, dass bei der Schlussabstimmung über das Budget 2006 sowohl Kollege Gusenbauer als auch Kollege Cap dieser Abstimmung ferngeblieben sind. (Aha-Rufe bei den Freiheitlichen.)

Sie haben ja auch die Steuerentlastung abgelehnt, die Steuerentlastung, von der jetzt übrigens Professor Rürup, Chef des Weisenrates, in Deutschland sagt: Das ist eine vorbildliche Politik, wie sie Österreich gestaltet. Rürup sagt sogar: Man muss mit Neid auf Österreich schauen. – Die Politik, die hier geleistet wird, ist ganz ausgezeichnet für unser Land! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich weiß schon, dass Sie das nicht so gerne hören, aber es ist die Wahrheit: Die Politik Österreichs hat durch diese Bundesregierung Schüssel/Gorbach international einen guten Ruf. Warum? – Weil diese Politik Österreich nach vorne gebracht hat! Und das wird auch in den nächsten Monaten so sein: mit einer erfolgreichen Europapolitik, mit einer neuen Verfassung – wobei ich hoffe, dass Sie nicht kneifen werden – und mit einem umfassenden Sicherheitspaket, etwa Zivildienstreform, Heeresreform, Polizei­reform, neues Asylrecht – das sind nämlich die Antworten, die die Menschen für Öster­reich erwarten –, weiters mit einer Bildungs- und Qualifikationsoffensive, damit die Chancen für die Jungen noch besser werden (Abg. Öllinger: „Noch besser“!), und selbstverständlich mit einer Offensive für Arbeit und Wachstum in diesem Land.

Daher lade ich Sie ein: Beenden Sie endlich Ihre Politik der Alternativlosigkeit! Wenn Sie Alternativen haben, dann kommen Sie zum Reformdialog und legen Sie diese auf den Tisch!

Der politische Ruf nach Neuwahlen ist legitim, aber er ist schlicht und einfach zu wenig. (Abg. Öllinger: Sie betreiben ...! Das ist eine Wahlrede! – Abg. Dr. Van der Bellen: Sie haben gerade den Wahlkampf eröffnet!) In der Politik zählen die Alternativen, die auf den Tisch gelegt werden. Das, was die Österreicherinnen und Österreicher ableh­nen, sind Stillstand, Neuwahlen und Rot-Grün.

Was die Bevölkerung will, ist: gute Arbeit für Österreich! Und die werden wir leisten. Messen Sie uns an den Taten! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheit­lichen.)

16.05



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Auch seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


16.06.12

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Kollege Cap hat uns vor dieser Sondersitzung gesagt – und ich kann das ungefähr nachsagen, denn wir beide sind ja Wiener –: Na, heit miaßts eich woarm o’ziag’n! (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Ich weiß nicht, was er gemeint hat (Abg. Großruck: Vielleicht war das eine gefährliche Drohung!): Diese Dringliche kann nicht der Grund für diesen guten Rat gewesen sein. Der Wetterbericht sagt auch etwas anderes. Herr Kollege Cap, so lau wie die heutige Vorstellung – und wenn ich mir euch so anschaue, merke ich, ihr wisst das auch – habe ich noch selten eine laue Dringliche der SPÖ gesehen! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Ich glaube, ihr nehmt das ja auch selber nicht ernst. Die Wahrheit ist nämlich ganz anders, als sie hier dargestellt worden ist. (Abg. Dr. Kräuter: Sagen Sie einmal die Wahrheit!) – Ja, natürlich, selbstverständlich werde ich dir die Wahrheit erzählen. (Abg. Dr. Puswald: Einmal die Wahrheit!) Ihr wisst das vielleicht nicht, aber eure betroffenen Gesichter sehen wir ja bei jeder Dringlichen Anfrage eurer Klubführung, weil ihr selber nicht glauben könnt, was da fabriziert wird. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puswald: Scheibner, go home!)

Wie war es denn vor einer Woche, als die Gründung des Bündnis Zukunft Österreich bekannt gegeben worden ist? – Ich glaube, dass Kollege Gusenbauer, als er von einem seiner Berater diese Nachricht bekommen hat, eine ordentliche Schrecksekunde hatte. (Abg. Dr. Kräuter: Ihr habt eine Schreckwoche!) Er hat wahrscheinlich überlegt: Na, da wird wieder die Diskussion über Neuwahlen losgehen, aber: mit welchem Spit­zenkandidaten der SPÖ, mit welchem Programm? Um Gottes willen! (Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sofort zum Computer und eine Aussendung gemacht! Gusenbauer: Solange die Re­gierung im Parlament eine Mehrheit hat, kann sie arbeiten und es muss nicht gewählt werden. – Das auch zur Beruhigung der SPÖ-Strategen. (Abg. Dr. Matznetter: Neu­wahlen! Neuwahlen!)

Dann kam die Zeit der Beobachtung, und dann war klar, dass es keine Neuwahlen gibt, weil sich selbstverständlich die Regierung und auch die Mehrheit in diesem Parlament der Verantwortung stellt (Abg. Dr. Matznetter: Neuwahlen!), auch in Zukunft positive Arbeit für Österreich und für die Menschen in Österreich zu leisten. Und dazu stehen wir, der freiheitliche Parlamentsklub, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Erleichterung bei den Beratern und natürlich auch bei Gusenbauer und Cap, denn jetzt kann man endlich von oppositioneller Seite Neuwahlen verlangen. Das gehört ja für eine Oppositionspartei dazu. Man hat allerdings vergessen, alle Landeschefs darüber zu informieren. Und es wurde schon zitiert, SP-Landesparteivorsitzender Ambrozy hat gesagt: In Kärnten ist das überhaupt keine Diskussion. Dort gab es ja schon eine Umgründung. Die Regierung dort arbeitet gut, die Koalition funktioniert, es gibt keinen Grund für Neuwahlen. Und wer das behauptet – man erinnere sich: Kollege Cap hat heute hier auch gesagt, man muss in Kärnten neu wählen –, unterliegt einer Ablen­kungsstrategie der ÖVP.

Also, dass es schon so weit ist, dass Kollege Cap bei seinen Redebeiträgen hier der ÖVP irgendwo auf ihre Tricks hineinfällt, das hätte ich nicht einmal von ihm erwartet,


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meine Damen und Herren. Aber man lernt immer noch dazu. (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Langsam, langsam dämmert den Spindoktoren-Beratern in der SPÖ-Spitze doch die Gefahr. Ziel ist, dass dann, wenn die Freiheitliche Partei – wie es leider der Fall gewe­sen ist – so weiter streitet, dass man in der Öffentlichkeit die positive Regierungsarbeit nicht präsentieren kann, vielleicht die Hoffnung aufgeht, dass es in Zukunft in diesem Haus nur noch die Möglichkeit einer rot-grünen Regierung gibt. (Abg. Dr. Matznetter: Jetzt ist Friede?) Ziel ist, all die Reformen, die wir gemacht haben – die positiven Reformen! –, wieder nach links umzukehren. Das ist ja das Ziel!

Und jetzt dämmert es: Moment, wenn das jetzt anders ist, wenn hier jetzt zwei Gruppierungen im freiheitlichen Lager klar Position beziehen, dann schaut das vielleicht anders aus. Vielleicht, vielleicht gibt es dann auch eine Chance, dass sich die Mehrheitsverhältnisse wieder anders gestalten. Eine Gefahr für dieses Projekt eines linken Österreichs!

Was tut man? – Na, kein Problem: Man geht in die sozialistische Bibliothek, schaut in das Handbuch „Der reale Sozialismus in der Praxis“, Kapitel: Wie bekämpfe ich poli­tische Gegner? – Und diese Kapitel kennen wir ja aus den neunziger Jahren: Diskrimi­nieren, Kriminalisieren, Ausgrenzen. – Das geht aber momentan alles nicht, denn Sie sind ja in Opposition und können als solche eine Regierungspartei nicht ausgrenzen.

Nein! Aber man kommt dann zum Unterkapitel: Finanzen. Vielleicht kann man diesem unliebsamen politischen Gegner ein bisschen den Geldhahn zudrehen? Das haben wir ja heute gesehen. Kollege Cap kam gestern im Fernsehen mit einer Phantasiezahl: 7 Millionen €, glaube ich, hast du gesagt, sei der Schuldenstand der FPÖ. (Abg. Dr. Matznetter: Das stand in der „Kronen Zeitung“!) Und er fragte: Welche Banken stellen das nicht gleich fällig? Welche Banken sind denn das?

Jetzt habe ich mich gefragt: Wie kommt er auf 7 Millionen €? Das entbehrt ja jeder Realität. Die Freiheitliche Partei ist auf einem guten Weg, diesen Schuldenstand zu sa­nieren. Wir werden da selbstverständlich eine geordnete Übergabe vornehmen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Das ist Ihr Freund Mölzer, der das sagt! – Abg. Mag. Kogler: Fragen Sie den Mölzer!)

Aber man braucht ja nur in die APA hineinzuschauen. Er hat das verwechselt. Das ist nämlich der Schuldenstand der SPÖ. Der SPÖ! (Heiterkeit und Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.) Es gab einen Bericht beim letzten Parteitag, auf dem man gelobt hat, dass der Schuldenstand von 25 Millionen € auf 7 Millionen € reduziert werden konnte, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rada.)

Das ist ganz interessant. Nur, Herr Kollege Gusenbauer, wenn Sie uns schon fragen, wie wir denn das sanieren wollen, frage ich mich: Wie konnten Sie, obwohl Sie allein auf Grund der schwindenden Mitgliederzahl 400 000 € weniger pro Jahr einnehmen – auch in Ihrem Finanzbericht nachzulesen –, diesen Schuldenstand abbauen? Ist da vielleicht auch die Frage zu stellen, wie denn das gelungen ist, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Matznetter: Schuldenmacher!)

Sie hätten ein neueres Kapitel aus diesem Buch aufschlagen sollen. Ich kann Ihnen sagen: In Österreich sind Gott sei Dank die Zeiten vorbei, in denen es politisch beein­flusste Banken gibt, in denen eine Parteizentrale aufs Knopferl drückt und sagt: Denen dreht ihr den Geldhahn zu! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Pus­wald: Raiffeisen!) Neueres Kapitel aufschlagen in eurem Buch!

Dann geht es ja noch weiter. Man sagt: Die Parteienförderungen muss man einstellen. Und dann wird man genau fragen. Das war ja die Intention der Dringlichen Anfrage.


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Nur eine halbe Frage hat sich um Inhalte gedreht, alles andere bezog sich auf die Par­teienförderung. Das ist die einzige Sorge der SPÖ.

Und warum ist das so? – Na, ganz klar (Abg. Dr. Matznetter: Es ist nicht alles klar!), man braucht hier nur das Gesetz anzusehen. Im Parteiengesetz ist nämlich verankert, dass dann, wenn einer politischen Partei die Grundförderung gestrichen wird, dieser Betrag nicht dem Steuerzahler zugemittelt wird, sondern unter den anderen Parteien aufgeteilt wird. (Rufe bei den Freiheitlichen: Ah so!) Das ist des Rätsels Lösung: der Kampf des Kollegen Cap gegen diese Parteienförderung für die Freiheitliche Partei, weil er ganz einfach mit diesen Geldmitteln seinen Schuldenabbau weiterführen möchte. Das ist die Wahrheit, das ist der Hintergrund für diese Dringliche Anfrage, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Die Freiheitliche Partei hat Anspruch auf die Parteienför­derung, sie hat Anspruch auf die Bildungsgelder. Das Bündnis Zukunft Österreich hat keinen Anspruch auf Parteienförderung und keinen Anspruch auf Parteiakademie­gelder, sondern es muss eben auf andere Weise Politik in der Öffentlichkeit präsentiert werden. Auch das könnten Sie sich ein bisschen zu Herzen nehmen: Weniger mit Geld herumschmeißen und Plakate affichieren, sondern mehr konstruktive, positive Darstel­lung Ihrer eigenen Ideen in der Öffentlichkeit! Aber auch das wird Ihnen wahrscheinlich schwer fallen.

Und so ist es eben auch heute wieder ganz klar – und Sie wissen es –: Diese Dring­liche Anfrage ist genauso ein Rohrkrepierer wie Ihre Politik insgesamt, Ihre Perfor­mance, nämlich: überall dagegen sein, beim Budget nicht einmal bei der Abstimmung anwesend sein, die Steuersenkung ablehnen, das Konjunkturpaket ablehnen, das Österreich vor einer Rezession bewahrt hat. Im Verfassungskonvent zuerst dafür sein, dann dagegen. Bei der Gesundheitsreform zuerst dafür sein, dann dagegen. Bei der Pensionsreform zuerst dafür sein, dann dagegen. Das ist kein Zickzackkurs, das ist ein Zick-Cap-Kurs! (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Und den werden wir uns halt noch einige Zeit zu Gemüte führen müssen.

Aber, Herr Kollege Cap, ich sage Ihnen: Die Österreicher wollen das nicht, was Sie hier an Programm präsentieren, sondern sie wissen ganz genau, dass dieses Land unter dieser Bundesregierung und mit dieser Parlamentsmehrheit in guter Hand ist. Und die­ser Verantwortung werden wir frei gewählte Abgeordnete in diesem Hohen Haus uns nicht entziehen. Das ist Ihnen natürlich auch fremd. Sie sagen: Die Partei, die Partei­mitgliedschaft, das ist das Wichtigste. – Nein! Für uns ist es wichtig, Ideen zu haben und diese Ideen auch umzusetzen.

Das erste Ziel ist, für Österreich und seine Bevölkerung zu arbeiten – und nicht für irgendeine Partei. Da werden Sie sich noch einiges hier ansehen können, meine Damen und Herren! Wir werden im Bildungsbereich weitere Initiativen setzen. Wir wer­den bei Forschung und Entwicklung weitere Initiativen setzen. Wir werden ein Beschäf­tigungsprogramm ausarbeiten. Und wir werden auch dafür sorgen, dass die Sicherheit in Österreich weiter verbessert wird.

Das ist unsere Verantwortung als gewählte Abgeordnete, und dieser Verantwortung werden wir uns stellen. Aber der Schiedsrichter sind nicht Sie. Die Entscheidung treffen nicht Sie, auch nicht Ihre Parteiauguren und auch nicht Ihr Handbuch über den realen Sozialismus, sondern diese Entscheidung trifft einzig und allein der Wähler im Herbst 2006! (Anhaltender Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Glawisch­nig. Auch Sie haben 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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16.16.51

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Der Herr Bundes­kanzler und auch Sie, Herr Klubobmann Scheibner, haben versucht, eine Dringliche Anfrage einer Oppositionspartei in diesem Haus ins Lächerliche zu ziehen und lächerlich zu machen. (Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen: Nein!) Und Sie haben damit ein Gefühl, das in der Bevölkerung sehr stark vorhanden ist, nämlich massive Besorgnis über die Vorgänge in Ihrer Partei – oder was auch immer das ist –, einfach vom Tisch gewischt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie stellen sich da her und sagen: Es ist nichts passiert, es ist absolut nichts passiert. Wir haben eine stabile Regierung, Österreich ist in guter Hand. Es gibt eine klare Mehr­heit in diesem Haus. – Das negiert völlig das, was die gesamte Bevölkerung in Öster­reich verspürt, nämlich fassungsloses Staunen vor einem nie da gewesenen Chaos, das, von einer Partei ausgehend, die gesamte Bundesregierung und damit die ge­samte österreichische Bevölkerung berührt und in Mitleidenschaft zieht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Bevölkerung versteht das nicht. Die Bevölkerung ist fassungslos und versteht das nicht! Sie versteht nicht, was hier passiert, denn es ist auch nicht mehr zu verstehen: widersprüchliche Aussagen, widersprüchliche Austritte, Eintritte, Übertritte. Am besten wäre, das BZÖ und die FPÖ treten gleich gemeinsam der ÖVP bei! Dann hat man wenigstens Klarheit und weiß, worum es geht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Jawohl!)

Aber die Bevölkerung versteht auch nicht, wie das überhaupt geht. Wie kann es sein, erstmals in der österreichischen Geschichte, dass eine Parteispitze samt ihren Manda­ten und samt ihren Regierungsämtern einfach ihre Partei verlässt, den Karren im Dreck stehen lässt und auch die gesamten Schulden dieser Partei überlässt? – Das sind sehr wohl sehr präzise, heikle Fragen, bei denen die österreichische Bevölkerung ein Recht darauf hat zu wissen: Was geht hier vor? – Hier geht es um Steuergelder! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

3 Millionen € Schulden hat der Finanzreferent der/des FPÖ/BZÖ, was auch immer, jetzt zugegeben. (Abg. Neudeck: FPÖ!) Ihr ehemaliger Parteikollege Mölzer spricht von über 7 Millionen €. Herr Bundeskanzler, Sie vollziehen das Parteiengesetz, Sie verwalten diese Parteigelder, und Sie haben sich heute bei der Beantwortung dieser Dringlichen Anfrage über diese Frage lustig gemacht. (Abg. Mag. Molterer: Korrekt beantwortet!) Sie haben keine ernsthafte Antwort darauf gegeben, wie in dieser heiklen Situation vorzugehen ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Noch einmal: Die Bevölkerung kann das nicht verstehen! Sie haben sich heute über­haupt nicht bemüht, das irgendwie verständlich zu machen. Sie haben das völlig igno­riert. (Abg. Mag. Molterer: Korrekt beantwortet!) Ich frage mich, wie Sie sich jeden Tag in den Spiegel schauen und sich vornehmen können: Was erzähle ich heute wieder, da ich doch weiß, dass ich es selber nicht glauben kann? – Jeder in Österreich weiß, dass Sie das, was Sie heute hier gesagt haben, selber nicht mehr glauben können – auch Sie nicht, Herr Klubobmann Molterer – und Scheibner. Bitte um Entschuldigung. (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Wer jetzt?) – Ich habe Sie verkehrt angeschaut, aber es ist schon zum Verwechseln ähnlich.

Ein paar kleine Detailfragen noch über dieses brisante Protokoll, das über die Verhand­lungen zwischen FPÖ und BZÖ oder Alt-FPÖ und Neu-FPÖ zustande gekommen und irgendwie an die Öffentlichkeit gelangt ist.

Warum sollen eigentlich die FPÖ-Finanzschulden nicht mehr weiter überprüft werden? Warum wehren Sie – FPÖ und auch ÖVP – sich immer wieder gegen ein von uns


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schon lange erhobenes Gebot der Transparenz von Parteispenden? Wir möchten gerne wissen: Welche Industrielle haben Sie denn die letzten Jahre gesponsert? Und: Werden Sie das auch in Zukunft tun? Wir möchten gerne wissen, in welche Abhängig­keit Sie sich begeben haben. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wir möchten auch wissen, warum man die Wirtschaftsaktivitäten von Frank Stronach nicht weiter kritisieren soll, warum auch der Eurofighter-Kauf nicht weiter thematisiert werden soll. (Abg. Scheibner: Das sagt ja niemand!) Was weiß Herr Strache über diesen Kauf und über diesen Deal, das die Öffentlichkeit vielleicht auch gerne wissen möchte? Warum steht das hier in diesem Protokoll in Zusammenhang mit Parteifinan­zierung? Das sind alles Fragen, bezüglich derer sich, glaube ich, die österreichische Bevölkerung Aufklärung verdient. Es geht um Steuergelder! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Donnerbauer.)

Herr Klubobmann Molterer, nachdem der Bundeskanzler in der Nacht von Montag auf Dienstag letzte Woche klargestellt hat: Alles bestens, wir machen weiter wie bisher! und sich damit wieder in die absolute Geiselhaft eines Alt-Alt-Parteiobmannes, nämlich Jörg Haiders begeben hat, haben Sie diese Woche auch noch klargestellt, dass das nicht nur für diese Legislaturperiode gilt, sondern: Wir machen weiter, auch über die nächste Wahl hinaus! Wir sind sogar bereit, mit BZÖ, mit FPÖ – mit allen, mit Mölzer, mit Strache, mit Haubner, also mit allen, die dort in irgendeiner Form vertreten sind, weiter unsere Macht zu erhalten!

Sie von der ÖVP sind zu allem bereit, mit jedem sind Sie bereit. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich frage mich: Ist da noch irgendwo ein Rest politi­schen Anstandes vorhanden?

Sie haben uns heute vorgeworfen, wir würden dieselbe Forderung wie Mölzer ver­treten, nämlich den Ruf nach Neuwahlen. – Ich möchte Sie an Folgendes erinnern: Seinerzeit, als Volksanwalt Stadler keinen Unterschied fand zwischen dem „National­sozialismus“ und der nachfolgenden „Besatzungszeit“ in Österreich, war es der ÖVP beziehungsweise dem Herrn Bundeskanzler nicht möglich, ein klares Wort zu dieser ungeheuerlichen Entgleisung zu finden! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Stichwort Neuwahlen. – Es ist schon bemerkenswert: Bundeskanzler Schüssel hat schon zweimal in der Geschichte Neuwahlen verursacht, Neuwahlen de facto auch ge­fordert. Im Jahr 1995 hat er die Regierung platzen lassen und im Jahr 2002 hat er die Regierung platzen lassen. Warum jetzt nicht? Was ist jetzt das Problem? – Ich sage Ihnen, was das Problem ist: Sie haben Angst vor Neuwahlen, Sie fürchten sich vor dem Votum der Bevölkerung. (Lebhafter Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Iro­nische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wären die Umfragen besser, würden Sie Neuwahlen sofort riskieren. Sofort! Drei Monate Stillstand würde es bedeuten, Neuwahlen auszurufen, mit Ihnen als Regierung weiterleben zu müssen, bedeutet 18 Monate Stillstand – mindestens! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Sie haben offensichtlich den Wunsch, Ihre Legislaturperiode überhaupt auf die Lebens­zeit von Bundeskanzler Schüssel zu verlängern. Im Österreich-Konvent ist von der ÖVP auch tatsächlich die Forderung erhoben worden, die Legislaturperiode zu verlän­gern. (Abg. Scheibner: Aber nur auf fünf Jahre!) Ich finde das vor diesem Hintergrund, vor dem Sie jetzt im Moment regieren, extrem problematisch. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte mich noch ein bisschen mit den neuen Fakten, die die österreichische Be­völkerung diese Woche präsentiert bekommen hat, auseinander setzen. Der neue Alt-Parteiobmann der BZÖ hat versucht, inhaltlich darzustellen, wozu es dieses BZÖ gibt


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und worin es sich von der FPÖ unterscheidet. Ich habe mich sehr bemüht, genau zuzu­hören, was Landeshauptmann Jörg Haider gesagt hat. Das Einzige, was diesbezüglich herauszuhören war, war: Der Unterschied zwischen BZÖ und FPÖ ist, dass das BZÖ fest in die Zukunft blickt. – Ich finde, das ist an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Was soll denn das bedeuten? Was soll das alles bedeuten? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Weiters: „Sozial freisinnig“ sei ein Wort, das in der Parteienlandschaft in der Schweiz vorkommt. – Dort wird es von den extrem Wirtschaftsliberalen verwendet, und ein extrem wirtschaftsliberaler Kurs ist das Gegenteil von sozial! Ich frage mich: Was soll dieser ganze Unsinn? Jörg Haider sagt an einem Tag das, am nächsten Tag etwas anderes, widerspricht sich zu 100 Prozent, lässt überhaupt keinen inhaltlichen Kern er­kennen. Das hat überhaupt keine Bedeutung mehr in Österreich. Das ist ausschließlich der Versuch, zu übertünchen, dass er in seiner eigenen Partei und auch in der Bevöl­kerung gescheitert ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Plötzlich hört man Töne von Globalisierungskritik. Ich habe von diesem neuen BZÖ-Parteiobmann Globalisierungskritik vernommen, und das steht in fundamentalem Widerspruch zu dem, was Sie hier als Regierungspartei immer wieder beschlossen haben, Beispiel Steuerreform. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ihre Steuerreform begünstigt multinationale Konzerne dermaßen, dass sie Verluste, die sie im Ausland machen, in Österreich abschreiben können. Die österreichischen Steu­erzahlerinnen und Steuerzahler kommen für Verluste von Konzernen im Ausland auf. (Abg. Grillitsch: Das haben Sie nicht verstanden! Da geht es um die Sicherung von Arbeitsplätzen!) Das ist Globalisierungskritik? – Das ist das Gegenteil davon! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die BZÖ sollte nicht BZÖ heißen. Die BZÖ sollte „I-C-H“ (die Rednerin buchstabiert das Wort „ich“) heißen, „Ich“, denn Jörg Haider kennt nur drei Buchstaben, die für ihn politisch wichtig sind. „I-C-H“ (die Rednerin buchstabiert erneut das Wort „ich“) ich, ausschließlich Egoismus, ausschließlich persönliche Eitelkeit. (Abg. Neudeck: „C“ oder „Z“?) – „ICH“. (Abg. Neudeck: Sie haben dreimal „Z“ gesagt!) Ich weiß, dass Sie leichte Schwierigkeiten haben mit Buchstaben, mit Parteikürzel, auch mit Farben, aber ich meine, das ist sehr einfach: Das ist nicht im Interesse Österreichs, das ist kein Weiterarbeiten für Österreich, sondern Ihr Interesse ist, ausschließlich für sich selbst, ausschließlich für den eigenen Vorteil weiterzuarbeiten! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein Beispiel: Arbeitslosigkeit, angesichts der 360 000 arbeitslosen Menschen in Öster­reich von allen hier im Hause, denke ich, als ernstes Problem anerkannt. – Im Bud­get 2006, auf das Sie so stolz sind, das Sie letzte Woche beschlossen haben als Beleg für Ihre gute weitere Zusammenarbeit, findet sich keine einzige zusätzliche Maßnahme für den Arbeitsmarkt. Keine einzige zusätzliche Maßnahme! Stattdessen machen Sie am 1. Mai das, was Sie immer machen, wenn Sie Probleme zu lösen haben: Sie organisieren einen großen Reformdialog, wo man ausschließlich nur schön redet und danach nichts passiert! Siehe Bildungsdebakel nach Vorliegen der PISA-Studie: keine einzige Maßnahme im Arbeitsmarktbereich, keine einzige Maßnahme im Bildungs­bereich. – Das ist Stillstand, anders kann man das nicht bezeichnen! Das ist nicht Weiterarbeiten, das ist Stillstand! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Eine letzte Bemerkung, weil das Verfassungsverständnis der ÖVP heute wieder einmal deutlich geworden ist. Auf einmal wird das „freie Mandat“ entdeckt, das freie Mandat in der Interpretation: Solange es der ÖVP nutzt, so lange ist das freie Mandat der BZÖ/FPÖ auf einmal willkommen.


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Ich frage mich: Wie haben Sie das in der Vergangenheit gehandhabt? Ich kann mich an einige Abstimmungen hier in diesem Haus erinnern, bei denen sehr viele Abge­ordnete Ihrer Fraktion massive Probleme hatten mit dem unseligen Klubzwang bei Gewissensentscheidungen (Abg. Dr. Brinek: Das war die SPÖ!), Beispiel Abstimmung betreffend § 209 StGB. Sie sollten einmal mit sich selbst ins Reine kommen und einmal darüber nachdenken, was der Missbrauch von Begriffen wie „freies Mandat“ in der Situation, in der sie Ihnen gerade passen, nämlich wenn es um Ihren eigenen Macht­erhalt geht, bedeutet. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Vizekanzler Gor­bach. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.27.35

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Regierungskollegen! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Glawischnig hat sich gerade darüber beschwert, auch Redner vor ihr, verschiedene Redner hätten sich lustig gemacht über Schulden. Das ist wirklich kein lustiges Thema, da gebe ich Ihnen Recht, und ich würde das auch nie tun. Aber mir ist aufgefallen, Frau Glawischnig, dass Sie sich lustig gemacht haben über Redner, die sich mit der Zukunft beschäftigen, über Jörg Haider, der in die Zukunft geblickt hat. (Abg. Dr. Glawischnig: Mit der eigenen Zukunft be­schäftigt hat!) Das halte ich für genauso bedenklich, wie sich über Schulden lustig zu machen. Über beides sollte man sich nicht lustig machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Herr Gusenbauer, Sie sagen, der Herr Bundeskanzler merke nicht, dass sich die Re­gierung beziehungsweise ein Regierungspartner in einem Auflösungsprozess befindet. (Rufe bei der SPÖ: Das stimmt ja!) Da haben Sie ein Wort verwendet, das im Kern schon richtig ist, da gebe ich Ihnen sogar Recht, denn viel Lösungskompetenz hat diese Regierung und wird diese auch in den nächsten eineinhalb Jahren haben, das sage ich Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die letzten fünf Jahre waren geprägt von Lösungen, auf die Österreich jahrzehntelang warten musste. Sie waren geprägt von mutigen Reformen und spürbaren Verbesse­rungen für die Lebenssituation der Bevölkerung. Denken Sie doch nur einmal – um ein Beispiel zu nennen, das Sie ja sehr gerne hören und wo Sie sich auch oft lustig dar­über machen – an die größte Steuerreform der Zweiten Republik mit einer Entlastungs­wirkung von 3 Milliarden € (Rufe bei der SPÖ: Für die Reichen!), von der insbesondere Familien, insbesondere Klein- und Kleinstbezieher profitieren, von der aber auch die Unternehmer und somit auch die Mitarbeiter profitieren, weil auch Arbeitsplätze ge­schaffen werden können. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Es ist interessant, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass Sie sich schon wieder über die Steuerreform lustig machen und sich diesbezüglich abwertend äußern. Ich darf an dieser Stelle etwas zum Besten geben, damit Sie einmal sehen, wie doppel­züngig Sie selbst eigentlich unterwegs sind. Da heißt es nämlich: Die gute Nachricht zuerst: 80 000 Pensionisten zusätzlich zahlen heuer keine Steuer mehr. Sehr viele zahlen weniger Steuer. Beide Gruppen konnten es kaum glauben, als auf ihrem Pen­sionsbescheid ein Plus gegenüber dem Vorjahr in der Höhe von 25 bis 30 € aufschien. (Abg. Eder: Die Energieabgabe macht mehr aus!) Zu verdanken ist dies dem Pensio­nistenverband Österreich, sagen Matznetter und Charly Blecha. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Also das ist wirklich belustigend, meine Damen und Herren.


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Aber offensichtlich haben Sie wenigstens den Kern dieser Steuerreform erkannt: näm­lich Kaufkraft stärken, damit auch der Wirtschaft dienen, damit auch arbeitsplatzsi­chernd in Österreich unterwegs sein. Dazu gratuliere ich, dass Sie zumindest die gute Tat dieser Bundesregierung erkannt haben und sie auch weitertragen – auch wenn Sie sich mit falschen Federn schmücken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Die Investitionen bezüglich Forschung, Ent­wicklung und Innovation – wir haben das letzte Woche wieder gehört bei der Debatte – sind so groß und so effizient wie in keiner Zeit zuvor. (Abg. Mag. Kogler: Das ist der Bericht vom Vorjahr!) Die Pensionsharmonisierung hat endlich mit einer seit Jahren bestehenden Zweiklassengesellschaft unter den Pensionisten Schluss gemacht. – Auch eine Tat dieser Regierung.

Ich könnte noch die gelungene ÖBB-Reform anführen, die endlich aus einem politisch verkrusteten Unternehmen ein wettbewerbsfähiges Unternehmen macht. Ich könnte die Gesundheitsreform als Leistung dieser Regierung anführen, eine Gesundheits­reform, bei der man nicht den einfachen Weg über Beitragserhöhungen gegangen ist, wie Sie das immer getan haben, sondern bei der man durch Effizienzsteigerungen und Einsparungen das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung in Österreich halten hat können. (Abg. Silhavy: Keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren! Wenn am letzten Montag Klubobmann Scheibner, das frei­heitliche Regierungsteam, der Kärntner Landeshauptmann und auch meine Wenigkeit das Bündnis Zukunft Österreich aus der Taufe gehoben haben (Abg. Öllinger: „Aus der Taufe“?! „Taufe“?!), dann haben wir das in dem Bewusstsein getan, dass es wich­tig ist, diese erfolgreiche Regierungsarbeit auch für die nächsten 18 Monate sicher­zustellen – für Österreich, für die Bevölkerung von Österreich. Ich sage Ihnen: Die Fortsetzung der Regierungsarbeit ist nicht gefährdet, sie ist gewährleistet durch diese Maßnahme. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Natürlich haben wir in Verantwortung gegenüber der FPÖ, den Mitgliedern, den Funk­tionären und insbesondere unserer Heimat Österreich lange versucht, die Gesinnungs­gemeinschaft zusammenzuführen, zusammenzuhalten. Doch wir mussten erkennen, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit auch im Sinne der noch wartenden Aufgaben in einem Klima des Misstrauens, der öffentlichen Kritik, der internen unqualifizierten Kritik einfach nicht mehr funktionieren kann und dass es besser ist, man trennt sich, als dass man sich andauernd mit einem aufreibenden und unlösbaren Richtungsstreit aus­einander setzt. Nach reiflicher Überlegung, meine Damen und Herren, haben wir uns entschieden, diesen neuen Weg im Bündnis Zukunft Österreich und mit diesem Bünd­nis zu gehen. (Abg. Eder: Ein Uraltweg! Das ist kein neuer Weg!)

Es ist ein Weg, der sicherlich nicht leicht ist, der am Anfang steinig und schwierig sein wird, aber es ist der einzig richtige Weg (Abg. Parnigoni: Um den Schüssel an der Macht zu halten!), der garantiert, dass diese erfolgreiche Regierungspolitik, die Öster­reich so gut tut, auch für die nächsten 18 Jahre die Weichen für die Zukunft (ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen) – ja, warum nicht 18 Jahre? – stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Eder: Wunschgedanke!) Ja, natürlich, war­um nicht? Es würde Österreich gut tun. Sie waren auch sehr lange an der Regierung, das hat Österreich weniger gut getan. Man hat es am Schuldenberg gesehen, den wir übernehmen mussten, Herr Kollege von der SPÖ. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die Vorgabe, die wir uns selbst gegeben haben, ist, mit diesem Bündnis auch bisher unerschlossenes politisches Terrain zu bearbeiten und zu sichern, weg von ideologi­schen Konventionen, schwerfälligen Parteistrukturen, korsettartigen Apparaten, abseits


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von biederer, kurzsichtiger Interessenpolitik, von gruppendynamischer Destruktion, von notorischem Nörglertum und der Kapitulation vor globalen Herausforderungen.

Nein, wir wollen in einem Bündnis – das kann auch ein loses Bündnis sein, das kann ein Zweckbündnis in der Sache sein – einzig und allein für Österreich, für die Bevölke­rung, für die Festigung des Wirtschaftsstandortes Österreich, für eine gute Zukunft und nicht für eine Partei tätig sein, meine Damen und Herren. Das ist der Unterschied, und das ist etwas, was mir persönlich immer schon vorgeschwebt hat: die Parteiapparate in den Hintergrund zu drängen und den Bürger wieder in den Vordergrund zu bringen. Das wird dieses Bündnis tun. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen eine Politik, die auf Werten basiert (Abg. Parni­goni: Jessas, Ihre Werte! Welche?), nicht auf Ideologien, sondern auf zeitlosen, sinn­stiftenden Werten wie Freiheit, Heimat, Familie, auf Werten wie Leistung (Ruf bei der SPÖ: Sesselkleber!), Herr Kollege, Bildung, soziale Gerechtigkeit, Fürsorge. Wir wollen eine Politik machen, durch die sich die Bevölkerung nicht bevormundet, sondern ver­treten, gut vertreten fühlt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Dann treten Sie ab! Wenn Sie wollen, dass die Bevölkerung gut vertreten ist, dann treten Sie ab!)

Glauben Sie mir, in dieser Regierung – wie der Name auch immer sein wird – und in Fortsetzung der Arbeit auf der Basis dieses Regierungsprogramms und jener Arbeit, die wir bisher geleistet haben, wird das auch weiterhin ein sehr erfolgreicher Weg sein. Glauben Sie das! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Das glauben Sie ja nicht einmal selber!)

Meine Damen und Herren! Noch etwas, was mir sehr wichtig ist: Wir haben einen Pakt geschlossen, wir haben eine Vereinbarung geschlossen, nicht nur mit dem Koalitions­partner, sondern auch mit den Österreicherinnen und Österreichern, nämlich dass diese bürgerliche Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode 2006 sehr viel Arbeit erledigen und aufarbeiten wird, die liegen geblieben ist. (Abg. Mag. Kogler: Was heißt, Sie haben einen Pakt geschlossen? Zechprellerei ist das!) Da sage ich Ihnen – pacta sunt servanda –, das tun wir, wir Freiheitlichen, wir Freisinnigen in der FPÖ und wir vom Bündnis Zukunft Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Seine Redezeit: 6 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.37.00

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Molterer, ich verstehe eigentlich nicht, warum Sie Ihre Zeit als Landwirt­schaftsminister so leugnen oder auch leugnen, dass der Bundeskanzler Wirtschaftsmi­nister war, denn Sie waren in genau der Zeit mit in der Regierung, als Defizite gemacht worden sind für die Zukunft Österreichs. Leugnen Sie das daher auch nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da waren Sie mit dabei!

Wenn Sie den Abgeordneten Gusenbauer und Cap vorwerfen, dass sie nicht anwe­send waren, dann werfen Sie bitte auch dem Präsidenten des Parlaments die Abwe­senheit vor, denn er war zum gleichen Zweck abwesend. (Abg. Mag. Molterer: Herr Kollege, nein, also bitte!) Wie es vereinbart war, sind alle dorthin gegangen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Werfen Sie nicht den eigenen Leuten etwas vor, sondern halten Sie sich an die Vereinbarungen! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abge­ordneten der Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

Herr Bundeskanzler, da Sie die Steiermark angesprochen und die Landeshauptfrau erwähnt haben, die dort angeblich 300 neue Arbeitsplätze geschaffen hat, zitiere ich


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hier wörtlich die Aussendung der Firma: Bis zu 300 neue Stellen könnte es ab dem Zeitpunkt 2008 bis 2010 geben. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Das auch nur zur Klarstel­lung, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Wir haben eine Situation, die wesentlich ernster ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. 2001: 211 000 Arbeitslose in diesem Land, 2002: 249 000 Arbeitslose in die­sem Land, 2003: 253 000 Arbeitslose in diesem Land, 2004: 267 000 Arbeitslose in diesem Land, und 2005 – jeweils die Märzzahlen –: 272 000 Arbeitslose in diesem Land. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Dann schauen wir uns an, wie sich das verteilt: Auf einen offenen Platz sind elf Arbeitssuchende gemeldet. (Abg. Eder: Schande, Stummvoll!) Im Gesundheitsbereich: auf eine offene Stelle zehn Suchende; im Handelsbereich: auf eine offene Stelle zehn Suchende; bei den Schlossern: auf eine offene Stelle vier Suchende.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit 2001 steigt die Arbeitslosigkeit in Ös­terreich. (Abg. Grillitsch: Haben Sie die Beschäftigtenzahlen auch hier?) Moment, Moment! Ja, wir freuen uns darüber, dass wir eine hohe Zahl an Beschäftigten haben, ja, wir freuen uns darüber, dass wir im internationalen Maßstab richtig liegen – das habe ich in der Vorwoche hier auch gesagt –, aber klar und deutlich sei auch Ihnen ins Stammbuch geschrieben: Das hilft den 272 000 Arbeitslosen überhaupt nichts. Die brauchen Arbeit, die brauchen Beschäftigung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

272 000 – da rechne ich jene in den Schulungen gar nicht dazu (Zwischenruf des Abg. Freund) –, das sind Menschenschicksale. Ich werde das später auch noch deutlicher sagen. Frauen, die wieder einsteigen wollen, haben enorme Probleme, diesen Wieder­einstieg zu schaffen, weil es nicht genügend Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Ältere Arbeitnehmer werden vertröstet oder in die Pension geschickt – durch Ihre Poli­tik, meine sehr geehrten Damen und Herren! –, und Jugendliche finden keinen Arbeits­platz. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

Herr Abgeordneter Stummvoll, das brauchen Sie mir überhaupt nicht vorzuwerfen! Ich habe Ihnen schon im Dezember gesagt, setzen wir uns zusammen, aber Sie haben anscheinend keine Zeit und brauchen Teilnehmer für ÖVP-Veranstaltungen am 1. Mai, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben Jugendliche, die Arbeitsplatzsorgen haben. Wir haben in der Altersgruppe der 19- bis 25-Jährigen steigende Arbeitsplatzsorgen. Die Antwort darauf ist nicht die Beschreibung dieser Zahlen. Wenn es uns nicht gelingt, die Binnennachfrage in unse­rem Land, das heißt die Kaufkraft zu stärken, ist meiner Meinung nach alles umsonst. (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Steuerreform! – Abg. Neudeck: Steuerreform! – Wei­tere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler, wenn Sie die Steuerreform ansprechen: Was hilft sie jenen Per­sonen, die überhaupt keine Steuern mehr zahlen? Ich bringe Ihnen nur einen Vergleich dazu: Die Kurzzeitarbeitslosen haben – Statistik Austria – ein mittleres Einkommen pro Jahr von netto 14 040 €. Und damit sollen sie weit springen? (Abg. Mag. Wurm: Pro Jahr!) Pro Jahr, bitte, nicht zu vergessen! (Abg. Mag. Wurm – in Richtung Regierungs­bank –: Nicht pro Monat, wie Sie es gewohnt sind!)

Und wenn Bundesminister Bartenstein uns, die Sozialpartner, morgen auffordern will, im Handel den Kollektivvertragslohn auf 1 000 € anzuheben, sei ihm ins Stammbuch geschrieben: Der Kollektivvertrag mit 1 000 € existiert seit 2004! – Also bitte nicht etwas einfordern, was 2004 sowohl für die Arbeiter als auch für die Angestellten bereits politisch umgesetzt wurde. (Abg. Silhavy: Das zeigt die Inkompetenz der Bundesregie­rung!)


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Ich warne davor, dass wir hier im Parlament Lohnpolitik betreiben. Die Einkommens­situation darf nicht von politischen Willkürakten abhängig sein, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Mag. Molterer: Stimmt!) Das ist zumindest unsere Politik. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Erlauben Sie mir, das anzusprechen: Ja, es sind demographische Gründe, ja, es ist die Pensionsreform, die den Druck auf dem Arbeitsmarkt erhöht, aber die Antwort kann nicht so sein, wie das der Finanzminister in seiner Budgetrede gesagt hat: „Bei der Erwerbsquote der älteren Arbeitnehmer haben wir ein Problem, und das muss sich ändern.“ – So weit, so gut. Dem kann man ja noch folgen. Aber dann Grassers Schlussfolgerung: „Mit dem Anheben des Pensionsantrittsalters im Rahmen der Pensi­onssicherungsreform ist uns ein erster Schritt gelungen.“

Na bravo, wenn das Ihre Politik ist, meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Brinek), dass man das Pensionsantrittsalter anhebt, den Men­schen die Arbeit unmöglich macht und sie dann noch beschuldigt dafür – das ist nicht unsere Politik! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir brauchen klare Verhältnisse, wir brauchen klare Ziele – nicht Schlagzeilen, keine Beruhigung mit internationalen Vergleichen –, wir können sie schaffen.

Da Sie, Herr Abgeordneter Scheibner, die Schiedsrichterfunktion angesprochen haben: Herr Abgeordneter Scheibner, Sie wissen wahrscheinlich besser als ich, dass Schieds­richterentscheidungen auf dem Spielfeld während des Spiels und nicht erst am Ende gefällt werden. (Abg. Scheibner: Aber nicht in der Demokratie, Herr Kollege!) Geben Sie daher der Bevölkerung in diesem Lande die Möglichkeit! (Lebhafter Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Präsident Verzetnitsch, Sie haben angesprochen, dass ich persönlich an der Schlussabstimmung beim Budget nicht teilgenommen ha­be. – Sie wissen, dass es dazu eine Vereinbarung in der Präsidialkonferenz gegeben hat (Zwischenrufe bei der SPÖ) und ich den Herrn Bundespräsidenten zum Begräbnis des Papstes begleitet habe.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.43.48

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Was ist an dieser heutigen Debatte auffallend? – Auffallend für mich ist, dass einer der Parteiführer aus der Opposition bis jetzt nicht das Wort ergriffen hat. Wieso tritt Van der Bellen nicht ans Rednerpult? (Abg. Dr. Glawischnig: ... das ist unsere Entscheidung! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.) – Offensicht­lich ist ihm diese Sache kein richtiges Anliegen. (Abg. Dr. Stummvoll: Der ist ja gar nicht da!) Offensichtlich und sehr interessant war für mich auch, dass Frau Abgeord­nete Glawischnig nicht eingegangen ist auf die Tatsache, dass Günter Kenesei, eines der Gründungsmitglieder der Grünen in Wien, einer, der schon in Hainburg mit dabei war, mit einer Begründung übergetreten ist, die wahrlich nicht für demokratische Zu­stände bei den Grünen in Wien spricht. Darauf hätte ich gerne eine Antwort von Ihnen gehört, Frau Kollegin Glawischnig. (Abg. Dr. Glawischnig: Reden Sie einmal über den Massenübertritt, -austritt bei den Freiheitlichen!)

Auffallend für mich war auch, dass zwei Leute ihre bisherige Linie der Dramatisierung fortgesetzt haben – diese Aussage bezieht sich auf Gusenbauer und Cap. Ihr Dramati­sieren ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Politik insgesamt sein soll.


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Ich möchte noch ein anderes Beispiel bringen: Ich habe mir die „Kronen Zeitung“ vom letzten Sonntag herausgeholt. In dieser inserieren Sie von der SPÖ um Millionen­beträge! Obwohl Sie selbst zugegebenermaßen noch 7 Millionen € Schulden haben, werden dafür schon wieder Millionenbeträge ausgegeben. (Der Redner hält ein Zei­tungsinserat in die Höhe. – Abg. Bures: Kamera! Bitte in die Kamera halten! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und das für solch eine Diktion – ich möchte das ganz kurz vorlesen.

Da steht zum Beispiel: „die dramatischen Entwicklungen der letzten Tage“. Weiters: „in einer in der Geschichte unseres Landes einzigartigen Situation“. (Demonstrativer Bei­fall und Bravorufe bei der SPÖ.) Dann heißt es: „So darf man das Erbe unseres Lan­des nicht gefährden.“

Gusenbauer geht hier heraus und spricht sogar davon (Abg. Riepl: Weiterlesen, bitte!), dass die Krise der FPÖ noch zu einer Krise für ganz Europa werden soll. – Meine Damen und Herren von der SPÖ, glauben Sie nicht, dass Sie da maßlos übertreiben, dass Sie sich eigentlich ganz woanders aufhalten?

Ich sage Ihnen die Reaktion der Leute dazu – nehmen Sie nur das, was heute bereits gezeigt worden ist. Wie sieht das der politische Karikaturist? (Der Redner hält die Kari­katur einer Tageszeitung in die Höhe.) Er sieht es so, dass „Dr. Freudlos“ ein Diplom bekommt. Und unter der Karikatur steht: „Krankjammern ...“ – Genau das ist das, was Sie tun: Krankjammern in jeder Beziehung. Aber nicht nur Gusenbauer, sondern auch Cap. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abgeordnete der SPÖ halten verschiedene Karikaturen in die Höhe.)

Meine Damen und Herren! Es steht in dieser Zeitung, durchaus auch im Leitartikel, der Hinweis darauf, dass der Bundespräsident keinen Anlass für Neuwahlen sieht, dass er keinen Anlass sieht, selbst Maßnahmen zu ergreifen. Das ist das, worum es in Wirklichkeit geht. Es ist gleichzeitig auch ausgeführt, dass es ein Missverständnis der Demokratie ist, wenn man davon ausgeht, dass eine Regierung, die nach wie vor eine demokratische Mehrheit im Parlament hat, dazu gezwungen werden soll, zurückzu­treten. (Abg. Eder: Aber nicht gewählt!) – Wenn sie eine Mehrheit hat, warum soll sie dann zurücktreten? – Völlig falsch. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Gusenbauer! Ihr Antrag auf Neuwahlen ist die Flucht nach vorne, weil Sie genau wissen, dass Sie, wenn es noch ein Jahr dauert, nicht mehr der Spitzenkandidat sind. (Abg. Parnigoni: Geh, bitte!) Sie müssen die Neuwahlen in den nächsten Monaten haben, denn das ist die einzige Garantie dafür, dass Sie persönlich noch antreten können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich habe es auch ganz interessant gefunden, dass in derselben Ausgabe dieser Zei­tung auch ein Interview mit dem ehemaligen Generalsekretär der FPÖ, Peter Westen­thaler, ist. (Abg. Mag. Wurm: Den Neisser müssen Sie einmal fragen!) Da steht zum Beispiel – Westenthaler hat ja durchaus einiges mitgemacht, wir alle wissen das – als vorletzte Frage an Westenthaler:  „Hält die Regierung?“ – Darauf sagt er: „Da müssten wir jetzt die Glaskugel herausholen. Angesichts dieses Bundeskanzlers würde ich sagen: Ja. Schüssel ist ein Steher, den kann nichts erschüttern.“ (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Frage: „Klingt da Bewunderung durch?“ – Die Antwort Westenthalers: „Eher Respekt. Denn er ist trotz allen Schwierigkeiten ein großer Bundeskanzler. Einer, der das Schiff ruhig lenkt, egal, ob Blaue oder Orange an Bord sind.“ (Abg. Eder: Auf Westenthaler müssen Sie sich schon berufen!)

Darauf kommt es an! Ja, das ist unser Bundeskanzler! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Er führt diesen Staat mit starker Hand. Er ist einer,


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der dafür sorgt und gesorgt hat, dass wir an Wirtschaftskompetenz gewonnen haben, dass die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs gestiegen ist, dass wir international, was die Arbeitslosigkeit betrifft, ausgezeichnet dastehen, dass es mehr Arbeitsplätze gibt als früher. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich stimme mit Verzetnitsch überein: Die Arbeitslosigkeit ist das größte Problem. Aber wenn es jemandem gelingt, dieses Problem zu lösen, dann sind das sicher Schüssel und sein Team. – Mit Sicherheit nicht Gusenbauer oder Cap! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abgeordnete der Grünen schütteln Schlüsselbunde.)

Es geht an allererster Stelle um Arbeitsplätze. Es geht um die Wirtschaftsstärke unse­res Landes. Es geht um Pensionen, und es ist gelungen, das Pensionssystem nachhal­tig zu sichern. Es geht gleichzeitig auch um Sicherheit. Dieser Regierung hat es zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder geschafft, dass die Kriminalität zurückgeht, nicht durch Zufall, sondern weil Gendarmerie und Polizei zusammengelegt wurden (Abg. Dr. Gusenbauer: Das wird erst am 1. Juli gemacht!), weil es da umfangreiche Refor­men gibt, weil dort entsprechend neu ausgestattet wird. Das ist das Paket, dem Sie nichts entgegenzusetzen haben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das kommt erst am 1. Juli, das gibt es noch nicht!)

Herr Kollege Gusenbauer, Herr Kollege Cap: Sie werden noch mehrere solche Vor­stöße unternehmen. Ich wünsche Ihnen viel Glück dazu. Während Sie krankjammern, versuchen wir, das Budget zu sanieren, Arbeitsplätze zu schaffen, den Wirtschafts­standort Österreich zu stärken und zu verbessern, die Pensionen zu sichern und die Kriminalität zu bekämpfen. Eines kann ich hier mit Sicherheit sagen: Die Leute können Sie nicht an der Nase herumführen, die wissen ganz genau, was tatsächlich geschieht. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Sie sind die Krankjammerer, wir sind diejenigen, die für Österreich arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.50


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheuch. Da wir nur mehr 10 Minuten Redezeit bis 17 Uhr haben und damit beide Redner noch gleich­mäßig zu Wort kommen, beschränke ich Ihre Redezeit auf 5 Minuten. Ich bitte Sie, sich daran zu halten. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


16.50.30

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Hohen Haus, aber auch zu Hause vor den Fernsehern und hier auf den Rängen! (Abg. Heinzl hält eine Zeitungskarikatur in die Höhe.)

Es ist bezeichnend, dass Kollege Heinzl als Parlamentarier, als Nationalratsabge­ordneter heute nichts Besseres zu tun hat, als Karikaturen herumzuzeigen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Das zeigt den Stellenwert, den Sie dem Haus geben, und das zeigt eigentlich die Bedeutung, mit der Sie hier sozusagen Ihre Funktion ausüben. Das muss man hinterfragen. So ehrlich muss man sein. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Also ich sehe hier (in Richtung ÖVP und Freiheitliche) keine Karikaturen. Herr Kollege Heinzl – vielleicht kann die Kamera das einmal einspielen – ist der Karikaturenhalter der SPÖ, wie viele andere auch. Es zeigt einfach den Stellenwert, den Sie hier diesem Haus geben. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn Herr Dr. Cap sich hier herausstellt und mich fragt, ob ich denn Angst hätte um meinen Job, ob ich denn Angst hätte um meinen Arbeitsplatz, ob ich denn sonst nichts zu tun hätte – wortwörtlich gefragt –, dann sage ich Ihnen eines, Herr Dr. Cap: Ich bewirtschafte seit meinem 18. Lebensjahr meinen Hof, bin seit fast zehn Jahren in der Privatwirtschaft tätig.


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Ich habe mir Ihren Werdegang, Ihren Arbeitseinsatz und dergleichen angeschaut. Da ist ziemlich viel innerhalb der SPÖ. Sie haben allein in den letzten 22 Jahren als Parla­mentarier 35 Millionen Schilling verdient hier herinnen. – Also ich glaube, Sie brauchen mir nicht zu erzählen, wo ich mein Geld verdiene. (Abg. Eder: Lauter Förderungen!) Ich glaube, es ist in der heutigen Zeit besonders wichtig, nicht nur hauptberuflich poli­tisch tätig zu sein, sondern auch draußen zu sein, vor Ort zu sein, die Sorgen der Bevölkerung mitzubekommen, draußen bei den Menschen in der Arbeitswelt zu sein, teilzunehmen daran, womit man politisch gewinnen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Die Aufregung scheint mir Recht zu geben. (Abg. Heinzl: Gehen Sie heuen! Gehen Sie heim Heu machen!)

Und wenn Sie davon sprechen, dass wir hier Stillstand haben, dann möchte ich wirklich einmal wissen: Wo ist dieser Stillstand? Wo ist dieser Stillstand? – Diese Regierung arbeitet. Das steht außer Zweifel. Hier wird sehr viel gute Arbeit geleistet. Nicht alles ist perfekt, es steht keiner an, zuzugeben, dass er auch Fehler macht. Ich glaube, auch das sollte zum politischen Alltag gehören, dass man sich hier herausstellt und sagt: Nicht alles ist perfekt, aber es wird sehr gut gearbeitet.

Wenn ich mir wiederum die Arbeit der SPÖ anschaue, so gibt es da wirklich zwei „tolle“ Dinge. Eines wurde bereits genannt: über 350 Millionen Schilling Schulden. (Zwischen­ruf des Abg. Heinzl.) Und jetzt habe ich mir angeschaut, in welcher Institution es noch mehr Schulden gibt als bei der SPÖ, wo es ein noch schlechteres Budget und noch weniger Geld gibt als bei der SPÖ. (Abg. Mag. Johann Maier: Grasser!) Ich habe es gefunden: Das Einzige, was in den letzten 30 Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung die 380 Millionen Schilling Schulden, die Sie selbst gemacht haben, noch übertrifft, sind die 2 000 Milliarden Schilling Schulden, die Sie in 30 Jahren Regierungsbeteiligung gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Da Sie sich immer so Sorgen machen, weil sich alle hier herausstellen – Frau Dr. Gla­wischnig, Herr Dr. Gusenbauer – und sich Sorgen machen um den Freiheitlichen Klub und um das Bündnis Zukunft für Österreich: Sie brauchen sich da keine Sorgen zu machen! Sie brauchen nicht die Anwältin des Heinz-Christian Strache zu sein, Frau Kollegin Glawischnig, Sie brauchen hier nicht irgendwelche fadenscheinigen Aussagen zu unterstützen und zu hinterfragen, Sie brauchen nicht – ähnlich wie in der Sendung „Offen gesagt“ – ständig zu versuchen, einen Keil in die Freiheitlichen zu treiben! (Iro­nische Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden in diesem Klub klar nach vorne gerichtet arbeiten, wir werden die Entschei­dungen der Regierung weitertragen, wir werden ganz klar an der Zukunft Österreichs weiterarbeiten. Wir werden nicht, so wie Sie es machen, dieses Hohe Haus missbrau­chen, um parteipolitische Nabelschau zu machen (Abg. Riepl: Wer soll denn das glau­ben?), sondern wir werden uns nach vorne entwickeln, wir werden Lösungen erarbei­ten, wir werden den Österreicherinnen und den Österreichern zeigen, wo sie künftig ihre politische Heimat haben sollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Mag. Kogler schüttelt einen Schlüsselbund.)

Herr Kollege Kogler, zeigen Sie den Schlüssel doch noch einmal! Es ist so schön, wenn Sie mit dem Schlüssel läuten. Zeigen Sie es noch einmal! Das ist Ihre politische Aufgabe im Hohen Haus: mit dem Schlüssel zu läuten. Ich glaube, das zeigt den Stellenwert, den Sie diesem Haus geben.

Ich mag einer der jüngeren Abgeordneten hier herinnen sein, aber eines habe ich gelernt in den letzten Jahren: Es gehört mehr dazu, Politik zu machen, als irgend­welche komischen Zeichnungen in die Luft zu halten, es gehört mehr dazu, Politik zu machen, als mit Schlüsseln zu läuten. Politik muss nach vorne gerichtet sein, Politik


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braucht Lösungsansätze, Politik braucht klare Entscheidungen in Richtung Zukunft. (Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Politik braucht eine handlungsfähige, positiv ausgerichtete Regierung. Für parteipoli­tische Nabelschau, wie es die Sozialdemokratie macht, fürs Nichtstun, wie es die Grü­nen machen, sind wir nicht zu haben. Wir werden den Stellenwert dieses Hauses nicht auf dieses Niveau senken. (Rufe bei der SPÖ: Neuwahlen!) Wir werden nach vorne gerichtet, in die Zukunft gerichtet arbeiten und werden Sie noch alle überraschen bei den nächsten Wahlen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Mi­nuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Riepl: Jetzt wird es wieder seriös!)

 


16.55.52

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Bundeskanzler! (Abg. Scheibner: Ja, Herr Fern­sehsprecher!) Haben Sie nicht vor wenigen Monaten für dieses Jahr die Zeit der Ernte ausgerufen? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie sollten wieder mit dem Schlüssel läuten, das ist das Einzige, was Sie können! Schlüsselläuten nicht vergessen!) Schaut so die Ernte aus? – Dieses Geholpere und Gestolpere von einem Maulwurfsloch zum nächs­ten, das Ihnen Herr Haider gräbt?! Das soll die Zeit der Ernte sein?! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn ein paar vertrocknete blaue Kornblumen erklären (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kol­lege, Schlüssel läuten! Schlüssel-Fraktion!), sie wollen ab sofort, im nächsten Moment verschrumpelte Orangen sein, dann muss sich die Innenpolitik damit über Wochen beschäftigen (Ruf bei der ÖVP: Muss sie nicht! – Abg. Dr. Stummvoll: Sie machen es ja!), obwohl sie noch nicht einmal wissen, ob sie Kornblumen bleiben, aber trotzdem Orangen sein wollen?! Das soll die Zeit der Ernte sein, Herr Bundeskanzler, die Sie ausgerufen haben?! Diese Ernte der verschrumpelten Orangen überlassen wir gerne Ihnen, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Man stelle sich das vor: Manche politischen Beobachter und Beobachterinnen haben Bundeskanzler Schüssel zugetraut, es werde ihm gelingen, die FPÖ zu zähmen. Das hat man hineininterpretiert, und manchmal hat es so ausgesehen, als ob es gelingen könnte. (Abg. Riepl: Gescheitert ist er! – Abg. Dr. Jarolim: Der Versuch ist verschrum­pelt!) Nichts ist damit. Herrn Haider ist es gelungen, Herrn Schüssel, den Bundes­kanzler dieser Republik, zu zähmen. Der Bundeskanzler dieser Republik stellt sich hin, lobt Herrn Haider als einen konstruktiven Partner und sagt noch dazu – das Tüpfelchen auf dem i –, der macht absolut korrekte Politik. Absolut korrekte Politik!

Soll ich Ihnen vorlesen, meine sehr geehrten Damen und Herren, was dieser Herr Haider noch vor einem Monat zu Ihnen gesagt hat? Soll ich Ihnen das noch vorlesen? (Abg. Scheibner: Das haben Sie eh schon vorige Woche gesagt!) „Schüssel hat sich in diesen fünf Jahren Österreich untertan gemacht. Gegen diesen schwarzen Putsch in den Führungsetagen war die damalige SPÖ von geradezu vornehmer Zurückhaltung.“

Weiters: „Schüssel ein ‚falscher Kuckuck‘“.

Und: „Jetzt sind wir wieder dort, wo wir 2002 waren. Da wollte mich die ÖVP auch schon für geisteskrank erklären.“

All das ist vergangen, vergessen, gilt nicht mehr? (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Vielmehr gibt der Bundeskanzler dieser Republik diesem Herrn Haider noch das Güte­siegel (Abg. Mag. Posch: „Konstruktiv“!) der ÖVP und sagt: Absolut korrekt, was Herr Haider da macht, absolut korrekt! Das ist ein Politiker, wie man ihn sich vorstellt und wie ihn offensichtlich Herr Schüssel gerne als Partner haben will.


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Nicht mit uns, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wissen Sie, Herr Bundeskanzler, wenn Sie sagen, Sie waren immer ein glühender An­hänger des freien Mandats (Bundeskanzler Dr. Schüssel: Ja!), dann denkt man sich: Ja, vielleicht, mag sein. Aber Gott sei Dank fällt mir noch ein, dass Sie es waren, der gerade vor wenigen Tagen noch gesagt hat: Ich will eine Garantieerklärung von allen FPÖlerinnen und FPÖlern. (Beifall und Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Als dann wir gesagt haben, nein, eine Beugeerklärung sollte ein freier Abgeordneter, eine freie Abgeordnete dieses Hauses eigentlich nicht abgeben, und als dann einige FPÖ-Abgeordnete gesagt haben, wir geben das auch nicht ab, dann war alles ver­gessen. Jetzt gilt auf einmal wieder das freie Mandat für den Abgeordneten und für die Abgeordnete. – So schnell ändern sich die Zeiten und auch die Ansichten des Bundes­kanzlers.

Das ist das eigentliche Problem. Es geht nicht mehr nur um die FPÖ und das BZÖ und dessen Irrungen und Wirrungen, dessen Holperkurs, sondern mit der FPÖ und dem BZÖ holpert der ganze Regierungskarren von einem Maulwurfsloch zum nächsten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und der Bundeskanzler dieser Republik trägt dafür die Verantwortung und sagt noch dazu, das ist absolut super, eine korrekte Politik. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, damit Sie jetzt über die Runde kommen, werden Sie auch in Zukunft nicht nur verbale Zugeständnisse an den Herrn Haider und an die BZÖ/FPÖ-Partie machen müssen und machen wollen, sondern noch weitere Zugeständnisse, in­haltliche, politische Zugeständnisse, so wie Sie es schon einige Male gemacht haben. Und deshalb: Machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! Wir brauchen sie – nicht weil wir sie so gerne haben, sondern weil unser Land das braucht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.01

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Ab­geordneter Matznetter zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Mol­terer: Danke, Broukal!)

 


17.01.32

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Scheuch hat behauptet, die Sozialdemokratische Partei Österreichs hätte 380 Millionen Schilling Schulden, eine schlechte Bilanz, und hat dies überdies mit der Entwicklung der öffentlichen Finanzen in Zusammenhang gebracht. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Ich berichtige tatsächlich: Die Schulden der SPÖ wurden seit dem Jahr 1999/2000, nämlich zum Jahreswechsel, von 351 Millionen Schilling, also 25 Millionen €, auf nun­mehr 6 Millionen €, also deutlich unter 100 Millionen Schilling, reduziert. Die Entwick­lung der öffentlichen Finanzen unter der Führung Bundeskanzlers Schüssel lief gegen­teilig: mehr Schulden als unter Bruno Kreisky in 13 Jahren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Rosenkranz zu Wort gemeldet. Frau Abgeordnete, auch für Sie dieselbe Regelung: 2 Minuten. – Bitte.

 



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106. Sitzung / Seite 47

17.02.42

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Rede gesagt, dass sich die FPÖ in BZÖ umbenannt hätte.

Ich berichtige tatsächlich: Die vormals freiheitlichen Regierungsmitglieder haben eine neue Partei, BZÖ, gegründet, der sich Einzelne, vor allem Mandatare, angeschlossen haben.

Acht freiheitliche Landesgruppen haben das dezidiert nicht getan. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Bures. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.03.29

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident Khol, wenn Sie die Reise nach Rom antreten, um sich vom Heiligen Vater, vom Papst, zu verabschieden, dann, denke ich mir, ist es nur würdig und recht, dass Dr. Gusenbauer am Requiem im Wiener Stephansdom teilnimmt! Das wollte ich eingangs hier noch festhalten. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Neudeck.)

Ich verstehe die aufgeheizte Stimmung in den Regierungsparteien, offensichtlich ist Angriff die beste Verteidigung. (Abg. Neudeck: Das ist charakterlos!) Mehr Schein als Sein oder viel versprechen und nichts halten ist offensichtlich Methode in der Regie­rung geworden. Vor allem, Herr Bundeskanzler, ist das jene Methode, die auch Ihren Weg in den letzten Jahren gepflastert hat. Offensichtlich gibt es keine Direktübertra­gung mehr, und der Herr Bundeskanzler ergreift die Flucht. Das Thema, wie sich die Regierungskrise in Österreich zu Lasten und auf Kosten der Österreicherinnen und Österreicher darstellt, scheint ihm nicht sehr wichtig zu sein.

Sie haben viel versprochen. Sie haben versprochen, keinen Cent aus dem Budget für diese unnötigen Eurofighter. Sie haben versprochen, 1 000 € Steuerentlastung für je­den Österreicher und jede Österreicherin. Ich frage Sie auf der Tribüne: Wer hat denn jetzt 1 000 € im Jahr mehr im Geldbörsel? – Mitnichten! Sie haben viel versprochen und nichts gehalten. – Das ist die Politik, die Sie machen! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn sich viele mit der Psychologie und der Persönlichkeit von Dr. Haider auseinan­der gesetzt haben, ganze Bücher gibt es darüber, denke ich mir, wäre es auch einmal wert, sich auch mit der Persönlichkeit des Herrn Dr. Wolfgang Schüssel zu befassen. (Abg. Scheibner: Dieses Buch könnten Sie schreiben!) Wolfgang Schüssel ist nämlich einer, der nie an der Lösung von Problemen teilgenommen hat, sondern er ist immer der Verursacher von Problemen. Das ist nicht nur in der Regierung so, sondern auch das pflastert seinen Weg. Wolfgang Schüssel ist der Verursacher von Problemen – vielleicht teilen Sie diese Meinung auch mit mir, Herr Scheibner, Sie hätten guten Grund dazu –, und das nicht nur seit heute, sondern bereits seit 1995, wo wir nach einem Jahr durch Wolfgang Schüssel in überraschende Neuwahlen gegangen sind. 2000 ließ er sich auf ein politisches Abenteuer ein, vor dem ihn alle gewarnt haben und das nach zwei Jahren wieder zu Neuwahlen geführt hat, worauf er ein zweites Mal die­ses politische Abenteuer eingegangen ist. Wolfgang Schüssel ist eine Persönlichkeit, die für Konflikt, Spannung und Spaltung steht. Das kennzeichnet seinen Weg. Insofern ist Wolfgang Schüssel eine konstruktive Persönlichkeit wie Jörg Haider. (Beifall bei der SPÖ.)


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106. Sitzung / Seite 48

Eigentlich wäre nach all den Tagen und dem Tohuwabohu in dieser Regierung, die nur mit sich selbst beschäftigt ist, heute der Tag gewesen, an dem man das Scheitern ein­gesteht, an dem man sagt, es war ein Versuch, aber er ist gescheitert. Herr Bundes­kanzler! Sie wurden zwar gewarnt, aber Sie haben das alles weggeschoben. Das wäre dieser Tag gewesen.

All Ihre Vorwürfe, Ihre Aggressionen gegen die österreichische Sozialdemokratie (Abg. Scheibner: Wir haben keine Aggression!), Ihre Polemik in der Schuldenfrage gehen ins Leere. Dieser Bundeskanzler hat überhaupt keine moralische Eignung, diese Vor­würfe zu machen. Er ist der Großmeister der Schulden in diesem Land. Er war das vorher schon, er war das als Außenminister, er war das als Wirtschaftsminister, und er ist Schuldenmeister als Bundeskanzler. Das ist die Realität. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir hatten sozialdemokratische Finanzminister wie Hannes Androsch mit hoher wirt­schaftspolitischer Kompetenz, wie Ferdinand Lacina, der von einer angesehenen inter­nationalen Finanzzeitung zum Finanzminister des Jahres gewählt wurde, über den die­se Zeitung bereits im Jahr 1993 geschrieben hat, dass er jener Mann aus der Wiener Himmelpfortgasse ist, der das Ziel der Budgetsanierung verfolgt hat und einen wesent­lichen Beitrag dazu geleistet hat, dass Österreich einen stabilen Haushalt hat. So sieht sozialdemokratische Finanzpolitik aus! (Abg. Scheibner: Edlinger!) Rudolf Edlinger hat das fortgesetzt und davon gesprochen, dass die ÖVP und Wolfgang Schüssel an das Budget immer Wünsche stellen. (Abg. Scheibner: Staribacher nicht vergessen!) Er hat gewarnt, und er hat 1999 einen Hilferuf gemacht an die ÖVP, an den Herrn Molterer, die Budgetkonsolidierung nicht zu stören, nicht unmäßige Ausgabenwünsche an das Budget zu haben. Wolfgang Schüssel ist der Schuldenmeister, Wolfgang Schüssel ist der Verursacher des Chaos!

Daher sage ich Ihnen: Machen Sie den Weg frei für eine bessere Politik! Österreich hat sich nämlich eine bessere Politik als dieses Chaos verdient. (Beifall bei der SPÖ.)

17.08


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.08.40

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler! Damen und Herren der Regierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin wirklich überrascht und fast sprachlos über die Angegriffenheit und die persönliche Verletztheit, die Frau Abgeordnete Bures hier hat offen zutage treten lassen. Offensichtlich, Frau Kollegin, bereitet Ihnen unser Bundeskanzler so viele Pro­bleme, dass Sie sich hier überhaupt nicht fassen können vor lauter aus der Luft gegrif­fenen Überlegungen, Vorwürfen und Dingen, die Sie da vorbringen, wofür Sie ja nicht einen einzigen Beweis geliefert haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich verstehe schon, dass er Ihnen wehtut. Ich kann das sehr gut nachvollziehen, denn Sie können so eine Persönlichkeit in Ihren eigenen Reihen nicht aufbieten. (Beifall bei der ÖVP.) Das glaube ich, Frau Kollegin. (Abg. Parnigoni: 14 Jahre haben wir ihn genossen!)

Was Sie heute hier vorlegen, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, ist eine Art künstliche Aufgeregtheit! Es verschlägt einem geradezu die Sprache vor so viel Danebenliegen. Ich habe überhaupt noch nie erlebt, wie man mit einer Diskussion so danebenliegen kann wie Sie heute. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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106. Sitzung / Seite 49

Sie, Herr Kollege Cap, haben heute – und das können Sie nachlesen, das ist schriftlich niedergelegt – den Vorwurf der Lähmung, den Vorwurf des Nichthandelns dieser Bun­desregierung gemacht.

Nichts ist einfacher zu widerlegen als so ein wirklich kindischer und absurder Vorwurf. Diese Bundesregierung hat in der Vergangenheit eine Fülle von Reformen, von Maßnahmen vorgelegt. Ich erinnere Sie an die Steuerreform, der Sie nicht zugestimmt haben, wo ein wesentlicher Teil – 1,1 Milliarden der gesamten 3 Milliarden – als Entlas­tung des Steuerzahlers, des berühmten kleinen Mannes, der Familien gedacht war. Das ist etwas, wo Sie nicht mitgemacht haben. Das müssen Sie gegenüber dem Wäh­ler verantworten, nicht wir. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Bundesregierung hat eine Gesundheitsreform vorgelegt, der Sie zum Teil sogar zugestimmt haben; wesentlichen Teilen haben Sie allerdings Ihre Zustimmung verwei­gert.

Herr Cap, Sie haben eigenartigerweise gesagt, es gebe keine Gesundheitsreform. – Herr Kollege, schlafen Sie hier gelegentlich? Was tun Sie hier eigentlich? (Beifall bei der ÖVP.) – Das ist eine rhetorische Frage.

Diese Regierung hat eine Pensionssicherungsreform und eine Pensionsharmonisie­rung vorgelegt. Von wegen Dinge, die nicht getan werden, von wegen Untätigkeit, von wegen Lähmung der Regierung – ich meine, nichts ist einfacher, als das zu wider­legen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

Sie mögen inhaltlich in vielerlei Hinsicht anderer Meinung sein, das ist legitim! Das ist in Wirklichkeit auch Aufgabe der Opposition, und aus diesen verschiedenen Meinun­gen ergibt sich ja, so sollte es sein, ein wirklich interessanter inhaltlicher Diskurs. Leider vermisse ich diesen allerdings schmerzlich, denn es wäre sehr angenehm, sehr interessant, sehr spannend, mit Ihnen wirklich auch über Inhalte zu diskutieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie verweigern uns leider diese Diskussion! Wir würden diese sehr gerne führen. (Abg. Gradwohl: Ihr referiert – und dann ist Schluss!)

Wenn Sie gelegentlich ausländische Zeitungen lesen, wenn Sie die Rankings ansehen oder wenn Sie sich anschauen, wie sich dieses Land Gott sei Dank entwickelt hat, dann werden Sie zugeben müssen, dass der Weg dieser Bundesregierung ein außer­ordentlich erfolgreicher Weg ist. Das verdanken wir unserer Bundesregierung; aber natürlich auch dem Fleiß und den vielen, vielen Anstrengungen unserer Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich glaube, Herr Abgeordneter Verzetnitsch war es, der auf die Schuldenpolitik von Bundeskanzler Schüssel respektive dieser Regierung hingewiesen hat. Schüssel und Molterer waren Wirtschafts- beziehungsweise Landwirtschaftsminister, während diese Schulden angehäuft wurden. – Dazu muss ich sagen, das sind die Schulden, die be­reits in die achtziger Jahre zurückreichen und sich in einer alten sozialistischen Politik begründen. (Abg. Gradwohl: Oh!)

Wenn sich Herr Matznetter tatsächlich hier herausstellt und sagt, das stimmt ja alles überhaupt nicht, dann habe ich den Eindruck, dass die Geldwertentwicklung am Finanzsprecher der SPÖ völlig spurlos vorbeigegangen ist. Eine derartige Begründung kann man eigentlich von einem Finanzsprecher nicht wirklich erwarten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wenn Sie hier diese Dringliche Anfrage dazu benützen, uns auf der einen Seite Stillstand vorzuwerfen, wobei wir guten Grund haben, genau dies nicht anzunehmen, aber auf der anderen Seite sagen, es sei möglicherweise rechtlich nicht so einwandfrei,


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was sich da in den letzten Tagen abgespielt habe, dann möchte ich die Worte des Bundespräsidenten zitieren beziehungsweise Ihnen vor Augen halten.

Bundespräsident Heinz Fischer sieht „keinen Grund, von seiner rechtlichen Möglich­keit, den Nationalrat aufzulösen, Gebrauch zu machen“. Er sieht eine Stabilität, er sieht eine Mehrheit im Parlament gewährleistet. – Das haben wir im Übrigen in der letzten Woche durch die Beschlussfassung des Budgets auch gezeigt.

Ich darf auch den Parteivorsitzenden der SPÖ zitieren. Auch Gusenbauer, der SPÖ-Chef, sieht die rechtliche Lage ähnlich wie der Bundespräsident: „Solange die parla­mentarische Mehrheit der Regierung gesichert ist, kann sie ihre Arbeit fortsetzen.“ – Und das wird sie auch tun! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

17.14


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Bösch. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.14.47

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass Herr Kollege Gusenbauer „startklar“ ist, das wissen die Österreicherinnen und Österreicher schon seit langem (Abg. Scheibner: Er ist schon weggestartet!), und dass seine einzige Sorge ist, dass er im heißen Asphalt der Start­bahn stecken bleibt, weiß man auch. Deshalb ist für mich auch verständlich, warum Sie heute hier diese Sondersitzung veranstalten, warum Sie sich heute hier mit diesem Thema auseinander setzen.

Meine Damen und Herren, Sie geben aber vor allem mit den Inhalten, die Sie bringen, mir als einem des freiheitlichen Klubs, der die Absicht hat, der FPÖ treu zu bleiben, die Möglichkeit, zu sagen, warum ich das tue, warum ich der Ansicht bin, dass diese Bun­desregierung auf dem richtigen Weg ist, warum ich für das Budget 2006 gestimmt habe und warum ich überhaupt kein Problem habe, das Regierungsübereinkommen zwi­schen uns Freiheitlichen und der ÖVP weiterhin zu unterstützen. (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Erst durch den Beitritt von uns Freiheitlichen im Jahre 2000 war eine andere Politik möglich. Kollege Cap hat ja in seinen Ausführungen gesagt, die SPÖ wolle, dass end­lich regiert werde. Im Jahre 2000 war das der Fall. Im Jahre 2000 hat die österrei­chische Bundesregierung endlich, nach Jahrzehnten des Stillstands, wieder zu regie­ren begonnen. Und sie regiert bis heute und wird dies auch noch weiter tun, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sie haben schon Recht, dass Sie heute hier Fragen an die Bundesregierung stellen. Es hat in den letzten Tagen – ich möchte das nicht wegdiskutieren – Änderungen gegeben, die auch mich nicht erfreut haben. Es hat Dinge gegeben, die Sie jetzt in Fragen an den Herrn Bundeskanzler herangetragen haben und die er Ihnen auch be­antwortet hat. Es ist für mich betrüblich, dass meine Partei nicht mehr in der Bundes­regierung ist. Ich mache überhaupt kein Hehl daraus. Es ist aber auch klar, dass ich mich deshalb nicht in einer Opposition fühle – damit Sie wissen, in welcher Richtung auch die Regierungsarbeit in der nächsten Zeit von Seiten des freiheitlichen National­ratsklubs unterstützt wird. Die FPÖ und auch die BZÖ werden in diesem Klub eine Zusammenarbeit pflegen, die dazu dienen wird, die wichtigen Inhalte der Regierungs­politik auch zu einem guten Ende zu bringen, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das sind nach der Pensionssicherung, nach der Steuerreform, nach dem Familiengeld und allen wichtigen Neuerungen, die diese Regierung umgesetzt hat, auch noch viele


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wichtige Punkte im Rahmen des Asylwesens, im Rahmen des Gesundheitswesens, aber auch im Rahmen der Sicherheitspolitik. (Abg. Öllinger: Warum ist der Gorbach ausgetreten?)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie können sicher sein, dass diese Regierung eine stabile parlamentarische Mehrheit hinter sich hat, und Sie können auch sicher sein, dass wir FPÖ-Abgeordnete dieses Klubs nach wie vor auf dem Boden des Regierungsübereinkommens stehen (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP), was nicht heißt, dass wir das eine oder andere wichtige Thema nicht auch kritisch konstruk­tiv begleiten werden. (Abg. Öllinger: War das ein Schmäh?) – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.18.28

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr ge­ehrte Mitglieder der Regierung auf der Regierungsbank! Das heutige Bild ist bezeich­nend gewesen: Zwei Repräsentanten der ÖVP nehmen Platz und, wie ich glaube, insgesamt fünf Mitglieder – momentan sitzen noch zwei, aber während der meisten Zeit waren es fünf Mitglieder –, ja, wovon? – Irgendeiner Mischkulanz. Und da steige ich auf das ein, was Sie, Herr Kollege Bösch, mir gerade vorgegeben haben. Sie haben gesagt, Sie geben eine Garantie für eine parlamentarische Mehrheit. Das ist aber in keiner Weise garantiert! Haben Sie nicht gehört? – Acht Landesorganisationen sind nicht der Meinung. Sie bilden einen Phantomklub, einen Klub von Personen, die sich anscheinend als Regierungsunterstützungsverein neu konstituiert haben. Das ist keine solide parlamentarische Mehrheit, und das ist schon gar keine Mehrheit in der Bevölkerung und schon gar keine demokratische Mehrheit in Österreich als solche. Das ist für mich auch der Punkt.

Herr Bundeskanzler, ganz kurz auch ein paar Worte zu Ihren Ausführungen: Meines Erachtens wäre es wirklich ehrlich gewesen, wenn Sie in der Ihnen eigenen Art einfach festgehalten hätten, dass es Ihnen schlicht und einfach um den Machterhalt geht und dass Sie deshalb alles in Kauf nehmen.

Herr Bundeskanzler, Ihnen geht es schlicht und einfach um den Machterhalt – und viel­leicht auch um einen persönlichen Triumph bei der EU-Präsidentschaft! Dafür opfern Sie alles: Ihren Ruf, Ihren Nimbus und letztlich auch die Arbeit für Österreich! Denn: Das, was Sie hier leisten, ist eigentlich keine Arbeit mehr für Österreich, sondern eine rein taktische Regierungsmachtapparatarbeit. Doch was die Wählerinnen und Wähler davon halten, das werden sie Ihnen möglichst bald zeigen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Was Sie alles wissen!)

Ich verstehe es nicht ganz, meine KollegInnen von der mittleren rechten Hälfte, muss ich jetzt sagen, denn man tut sich ja schwer, der Klub hat ja keinen Namen – „Klub der Namenlosen“ ist vielleicht die beste Bezeichnung –, was jetzt Ihre Perspektive ist.

Sie haben keine Perspektive! Keine Landesorganisation außer der Kärntner steht hin­ter Ihnen. Sie sitzen da und warten halt ab, warten darauf, was Ihnen alles noch abver­langt wird. Unterschriften hätten Sie schon leisten sollen, Sie haben sie nicht geleistet. Na immerhin, ein kleines Zeichen! Aber eigentlich hat das alles schon ein Ablaufdatum, und das Ablaufdatum kommt immer näher und näher, je mehr die Menschen mitbe­kommen, was sich da abspielt.

Das ist meiner Ansicht nach auch das Wesentliche: mitzubekommen, dass die Leute gar nicht mehr begreifen, wie es überhaupt möglich ist, dass ein „Klub der Namen-


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106. Sitzung / Seite 52

losen“ hier dasitzt, ohne Landespartei, ohne Landesorganisation, mit einer rein folklo­ristischen oder mit einer rein modistischen Kreierung eines orangen Vereins. (Abg. Scheibner: Das können Sie nicht verstehen: ohne Partei!)

Das müssen Sie einmal den Leuten draußen erklären! Darum ersuche ich Sie, Herr Kollege Scheuch: in die Organisationen zu gehen und den Leuten draußen das zu erklären! (Beifall bei den Grünen.)

Das erklären Sie, Herr Bundeskanzler, bitte auch einmal den Österreicherinnen und Österreichern, wie das klappen soll! Meines Erachtens hat sich das Einzige, was sich irgendwann einmal abgezeichnet hätte, nämlich dass Sie den Herrn Landeshauptmann Haider zähmen können – das Einzige, was an Positivem in dieser ganzen Zeit zu ver­merken gewesen wäre –, jetzt total ins Gegenteil verkehrt.

Jetzt sind Sie, Herr Bundeskanzler, in der Geiselhaft des Herrn Landeshauptmannes von Kärnten. Das ist die Realität! Das ist ein Zustand, den die Österreicherinnen und Österreicher sehr bald schon ablehnen werden.

Auf den Pakt mit den ÖsterreicherInnen, den Sie, Herr Vizekanzler, angesprochen haben, werden die Wählerinnen und Wähler gerne verzichten. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Klubobmann Scheibner zu Wort gemeldet. Herr Klubobmann, Sie kennen die GO-Bestimmungen: 2 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Scheibner –: Berichtigen Sie zuerst die Kollegin Rosen­kranz!)

 


17.22.49

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Moser hat die Behauptung aufgestellt, dass mein Klub keinen Namen hätte. – Das ist unrichtig!

Richtig ist: Dieser Klub hat sich im Dezember 2002 als Freiheitlicher Parlamentsklub konstituiert. Das ist jetzt so – und das wird auch in Zukunft so sein! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.23


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Darabos. Wunschredezeit: 4 Minuten. Restredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.23.19

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, Sie können während so einer Dring­lichen zeichnen?! Dazu fällt mir nur eines ein: Hochmut kommt vor dem Fall! (Beifall bei der SPÖ. – Rufe bei der ÖVP: Mein Gott! Nein! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie können gähnen, soviel Sie wollen – Hochmut kommt vor dem Fall! Sie können hinausgehen und sich der Diskussion entziehen, dazu fällt mir aber nur eines ein: Hochmut kommt vor dem Fall! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn Sie hier im Parlament sagen: Kein Mensch versteht Ihre Argumentation! – näm­lich die der Opposition –, dann sage ich Ihnen: Kein Mensch versteht Ihre Argumenta­tion, wenn man sich anschaut, was die Meinungsumfragen ergeben! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)


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Herr Bundeskanzler, Sie haben das Parlament zum wiederholten Mal falsch informiert, wie zum Beispiel, als Sie hier behaupteten, der Eurofighterkauf könne über Gegen­geschäfte finanziert werden. Sie haben weiters behauptet, und zwar vor der Wahl, eine „Wirtschaftsplattform“ aufzustellen. Doch eine solche gibt es bis zum heutigen Tag nicht.

Das Gleiche ist beim Problem Arbeitslosigkeit der Fall. Auch diesbezüglich kann ich nur eines sagen: Hochmut kommt vor dem Fall!

Wenn Herr Kollege Scheuch davon spricht, dass er Lösungsansätze hat, dann kann ich ihm nur Folgendes sagen: Ja, das glaube ich ihm sogar! Es gibt Auflösungsansätze in der FPÖ/BZÖ-Partie. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Klubobmann Molterer hat sich jetzt ebenfalls der Diskussion entzogen. Ich hätte ihm heute schon gerne gesagt, dass wir seine Argumentation nicht zur Kenntnis nehmen. Er hat in der letzten Parlamentssitzung von politischem Anstand gesprochen. Jetzt werde ich meine Interpretation von politischem Anstand, was seine Vorgangs­weise betrifft, zur Kenntnis bringen.

Herr Bundeskanzler! Wissen Sie, wo Sie am 24. April 1989 waren und wo Herr Kollege Molterer am 29. November 1994 war? – Ich kann es Ihnen sagen: Sie wurden als Minister einer rot-schwarzen Regierung angelobt! Und Sie beide haben in der Zeit Ihrer Regierungstätigkeit 23 Milliarden € ausgegeben. Ich betone: 23 Milliarden €! Das sind über 316 Milliarden Schilling. Und Sie wollen einer Partei allein die Schulden zuschrei­ben?!

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie ein bisschen politischen Anstand haben, dann nehmen Sie – und auch Ihr Kollege Molterer – die Verantwortung für die Politik der Jahre zwi­schen 1989 und 1999 genauso wahr, wie Sie die Politik der Jahre zwischen 2000 und 2004 verantworten müssen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundes­kanzler Dr. Schüssel.)

Es kann natürlich auch sein – Ihre Zwischenrufe da hinten zeigen es mir –, dass Sie mit vorgehaltener Pistole vom SPÖ-Finanzminister gezwungen worden sind, dieses Geld auszugeben. Das wäre auch eine Möglichkeit!

Politischer Anstand, die Zweite: Es gab noch nie in der Geschichte der Zweiten Repub­lik eine derartige Stimmung für Neuwahlen wie zum jetzigen Zeitpunkt. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Mag. Regler: Aber wo!) Das gab es noch nie!

Schauen Sie sich heute am Abend den „Report“ an! Hochgerechnet: 64 Prozent für Neuwahlen, 36 Prozent dagegen. 64 zu 36! Leichter, PISA-studienmäßig gerechnet: Von drei Österreichern sind bereits zwei für Neuwahlen. (Abg. Dr. Lopatka: In der Löwelstraße!) Das, bitte, in einem Land, wo die Neuwahlstimmung traditionell ziemlich niedrig ist! Und Sie wollen das hier in dieser Diskussion mit Zeichnen, mit Zwischen­rufen und mit Lächeln wegwischen?!

Die Österreicherinnen und Österreicher glauben Ihnen längst nicht mehr, sie machen den Weg frei für Neuwahlen, sie sind bereit, die Karten in Österreich neu zu mischen. Nur: Sie, mit Ihrer Sesselkleber-Koalition, sind es nicht!

Ich sage Ihnen ganz offen: Es ist auch ganz logisch, warum das so ist! Egal, wo man hinkommt, ob man in Bregenz mit den Leuten diskutiert – übrigens: Sie haben, nehme ich an, das Ergebnis der letzten Gemeinderatswahlen in Bregenz noch im Kopf (Abg. Dr. Fasslabend: In ganz Vorarlberg!) – oder ob man in Neusiedl am Neusiedler See mit den Leuten diskutiert, überall kommt die gleiche Frage, und zwar von Ihren Partei­gängern, nämlich die Frage: Wie kann es sein, dass eine Partei in der Regierung Verantwortung trägt, die den demokratisch legitimierten Auftrag nicht hat?


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Kollege Molterer hat es angesprochen, vor einigen Wochen hat er in Not, den Regie­rungspartner FPÖ zu verlieren, gesagt: Ein Herr Strache hat ja keine demokratische Legitimation, er hat sich ja noch nicht den Wählern gestellt, mit ihm kann man in einer Regierung nicht zusammenarbeiten!

Jetzt frage ich mich: Wie wollen Sie dieses Argument umdrehen? Wie wollen Sie die demokratische Legitimation des BZÖ sozusagen schönreden? (Abg. Mag. Regler: Die wurden alle gewählt!)

Die Menschen draußen fragen mich das, nicht die Parlamentarier hier und nicht die Leute, die im Elfenbeinturm, im Bundeskanzleramt sitzen! Es stellt sich die Frage: Wo ist die demokratische Legitimation? Wo ist der Wählerauftrag? (Abg. Mag. Regler: Alle wurden gewählt!)

Es gibt keine Stabilität in dieser Regierung. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es gibt nur mehr Stillstand. Machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! Das wäre das Ge­scheiteste für Österreich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

17.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Lopatka. Restredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.28.17

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Meine Damen und Herren! Solange die SPÖ über 15 Prozent jubelt, freuen wir uns gerne über 45 Prozent! (Beifall bei der ÖVP.) Das ist nämlich das Vorarlberger Wahlergebnis, meine Damen und Herren: 15 Prozent für die SPÖ und 45 Prozent für die ÖVP! (Rufe bei der SPÖ: Bregenz!)

Sie haben mit Ihrer heutigen Vorstellung selbst den Karikaturisten vom letzten Sonntag übertroffen. Der hat nämlich nur von „Dr. Freudlos“ gesprochen. Sie haben sich heute hier nicht nur als freudlos, sondern auch als ahnungslos präsentiert, Herr Parteivorsit­zender! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Denn: Sie geben vor, dass es einen Stillstand in der Politik gäbe. – Das genaue Ge­genteil ist der Fall! (Abg. Marizzi: Semmering-Basistunnel!) Hätten Sie gestern beim Pressegespräch der Klubobleute Molterer und Scheibner zugehört, dann wüssten Sie, welch dichtes Arbeitsprogramm wir bis zum Sommer vorhaben (Abg. Öllinger: Stol­pern ist kein Stillstand, da haben Sie Recht!), und dann würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass Woche für Woche weitreichende und wichtige Beschlüsse der Bundes­regierung gefasst werden. Das ist kein Stillstand!

Wissen Sie, wer hier Stillstand wollte? – Nur die SPÖ und Sie! Sie wollten Stillstand bei der Pensionsreform, und Sie wollten Stillstand bei der ÖBB-Reform! Nicht wir! Sie sind die Partei des Stillstandes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Es ist schon höchst eigenartig, wenn sich plötzlich die SPÖ, die Schulden-Partei Österreichs, Sorgen um die Parteienfinanzierung in Österreich macht. Ich würde nicht hier herausgehen, hätte ich nur mehr 6 Millionen € Schulden, beinahe 100 Millionen Schilling. Sie sehen es als Leistung an, weil Sie schon bei 350 Millionen Schilling und mehr waren, wie Sie selbst hier gesagt haben. (Abg. Mag. Kogler: Legen Sie die Par­teikonten offen!) Na, großartige Leistung! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) So wirtschaften: ist das eine Leistung, so zu wirtschaften?

Sie (in Richtung des Abg. Dr. Gusenbauer) können ruhig so deuten, Herr Vorsitzender! Sie wollten am Parteitag dafür belobigt werden. – Das Ergebnis haben Sie gesehen: Es war das schlechteste aller, die sich am SP-Parteitag einer Wahl gestellt haben! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)


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Da haben Sie kein moralisches Recht, hier mit dem Zeigefinger auf andere Parteien zu zeigen, wenn Sie selbst so wirtschaften! (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ihr Rückzahlungsbetrag pro Jahr ist höher als der Schuldenstand der Freiheitlichen. Sie selbst haben das in der „Wiener Zeitung“ – jetzt ist der Parteivorsitzende hinausge­gangen, denn das tut weh! – Jahr für Jahr bekannt geben müssen. SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer mit Matznetter und Bures gaben 6 Millionen € und mehr nur an Rückzah­lungen für die Schulden bekannt. (Abg. Mag. Wurm: Legen Sie Ihre Parteikonten offen!) Das ist Ihre Situation, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Der nächste Punkt, meine Damen und Herren, den Sie der FPÖ vorwerfen, ist der, dass ihr die Mitglieder verloren gehen. 70 859 Mitglieder sind, seit Gusenbauer Vorsit­zender ist, der SPÖ davongelaufen! (Ah-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) 70 859, so steht es in Ihrem Parteitagsbericht. Das ist Ihr Ergebnis, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Daher mein Rat an Sie: Zahlen Sie Ihre Schulden, bevor Sie bei Neuwahlen neue machen wollen. Meine Damen und Herren, zahlen Sie Ihre Schulden, bevor Sie neue Schulden machen wollen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das ist für uns sehr positiv an dieser heutigen Sitzung: dass sie Klarheit gebracht hat, meine Damen und Herren – Klarheit gebracht, wo die Schulden zu Hause sind; Klarheit gebracht, wo in Wirklichkeit der Stillstand gewollt wird; und Klarheit gebracht, wo mit Freude und gerne gearbeitet wird, nämlich auf dieser Seite (in Richtung ÖVP) hier im Hohen Hause!

Daher sage ich Ihnen: Wir sagen nicht: Österreich, du bist schwach, du fühlst dich krank, du bist müde!, wie es von „Prof. DDr. Alfred Freudlos“ in der Karikatur der „Kro­nen Zeitung“ vom Sonntag suggeriert wird. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir sagen: Österreich, du bist stark, Österreich, die bist kerngesund! (Abg. Bures: Österreich schon, aber Ihre ...! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir, meine Damen und Herren, sind einsatzfreudig! (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.) Wir arbeiten gerne bis zum Wahltag im Herbst 2006. (Lebhafter Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Mag. Kogler. Restredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


17.32.48

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren auf der Regierungsbank! Herr Lopatka, das kennen wir schon: Wenn sich Regierungsparteien anschicken, die Republik mit der eigenen Regierungspartei gleichzusetzen, ist das ein alter Schmäh. Das ist im Wesentlichen ein Angstverhalten, das ist ein Pfeifen im Walde, wenn sonst nichts mehr geht. Aber darin sind Sie ja Experte. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Trotzdem sollte man sich vielleicht wirklich nicht nur so aufregen – in der Tat, Sie sollten sich auch weniger aufregen –, die Republik ist stark genug, sie hält das aus. (Ruf bei der ÖVP: Den Kogler aushalten!) Aber haben wir das notwendig? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wer braucht dieses Theater? Wer braucht das? – Ihre Umdeutung des Nibelungenliedes in eine Komödie, die in Richtung „Pradler Ritterspiele“ tendiert, ist ein einmaliger Vorgang. Das haben Sie irgendwie hingekriegt, alle anderen wären daran gescheitert. Aber braucht das die politische Bühne? – Nein, das alles brauchen wir nicht!

Es geht in der Tat auch sicherlich nicht nur um Herrn Haider, sondern es geht einfach darum, wie dieses Land regiert wird. Herr Bundeskanzler Schüssel hat sich immer sehr


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bemüht, ein bestimmtes Image zu zeichnen. Es war möglicherweise nicht immer so, dass die realen Handlungen des Kanzlers dazu geführt haben, dass dieses Bild aufge­baut wurde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jetzt aber muss ich sagen, ich stelle fest, dass von dem Ganzen nicht sehr viel übrig bleibt.

Denn: Es ist wirklich nicht so – das sieht man schon von weitem, da braucht man nicht einmal im Lande zu sein –, dass Sie hier noch irgendwie das Gesetz des Handelns an Ihrer Seite hätten. Nein, da ergibt ein Tag den anderen! Man muss sich zwar immer fürchten, ob es noch schlechter wird, aber, wie gesagt, wir halten es aus. Nur: Sie haben das doch nicht mehr im Griff! Sie holpern und torkeln in den nächsten Tag, und handlungstreibend – wenn man das überhaupt noch so nennen darf – ist dieses Abspaltungstheater, das wir jetzt jeden Tag präsentiert bekommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es gibt sogar jeden Tag eine neue Facette. In Wien haben wir jetzt das BZÖ und die „Ding“ als eigenen Klub. (Abg. Zweytick: Kenesei! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Schauen wir uns an, wie das hier weitergeht! (Zwischenrufe bei den Freiheit­lichen.)

Sie sollten nicht so aufgeregt dazwischenrufen, weil das tatsächlich noch einen Hinter­grund hat. In Wirklichkeit haben Sie selbst schon den Wahlkampf eröffnet. Sie stellen sich hin und sagen: Neuwahlen, das ist etwas ganz Schlechtes, da kann nicht mehr gearbeitet werden, die anderen, die, die das verlangen, sind die Bösen!, obwohl Sie hier – und das könnte man durchaus noch physikalisch beschreiben – den eigentlichen Stillstand zu verantworten haben, der nicht überbietbar ist.

Die einzige Bewegung, die noch erkennbar ist, ist die Rotation, aber die am Stand, und da ist es schade um die Energie. Hören Sie auf, ersparen Sie sich das, und machen Sie den Weg frei! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Aber erklären Sie uns nicht, dass die Rotationsenergie, die durch diesen Implosionsvorgang hervorgerufen worden ist, irgendetwas mit Fortschritt zu tun hat! Das alles ist nur noch so, dass man, physika­lisch betrachtet, allenfalls sagen könnte: Die einzige Bewegungsenergie, die da noch drinnen ist, ist der freie Fall, aber dann ist Schluss! (Zwischenrufe bei den Freiheit­lichen.)

Jetzt kann man auf das bittere Ende warten, oder man kann hergehen und sagen: Bitte schön, es ist in der Situation das Gescheiteste, dass neu gewählt wird. – In Wirklichkeit werden die Karten jetzt irgendwo hinter den Kulissen dunkel und unnachvollziehbar vermischt. Machen wir den Weg frei, machen wir einen transparenten, demokratischen Weg: Neuwahlen – ganz einfach! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das Letzte, was zu sagen mir hier ein Anliegen ist, ist genau dieser Vorgang. Sie, Herr Bundeskanzler Schüssel, bezeichnen Neuwahlen plötzlich als etwas geradezu Schlechtes – Sie, der Sie das selbst zwei Mal veranstaltet haben! Einmal angeblich wegen irgendwelcher Finanz-Malversationen im Jahre 1995 – ein Bruchteil dessen, was Grasser beim Budget 2004 danebengehauen hat, war damals angeblich der An­lass –, und 2002 haben Sie Knittelfeld gebraucht; das war in der Tat ein Anlass.

Aber wir dürfen Sie schon daran erinnern: Was hier jetzt vorgeht, übertrifft Knittelfeld bei weitem! Das, was damals war, war ja noch ein Transparenz-Parteitag mit klaren Verhältnissen – durchaus Respekt im Nachhinein! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Broukal. – Abg. Großruck: Haben Sie ein eigenes Programm auch?) Aber jetzt klammern Sie sich nur noch aneinander und sind in diesem freien Fall, verkaufen das als Arbeit und wundern sich, dass man Sie nicht mehr ernst nimmt. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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Tun Sie sich etwas Gutes: Geben Sie den Weg frei – im Übrigen ein ganz normaler demokratischer Vorgang! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abge­ordnete Dr. Partik-Pablé. (Abg. Öllinger: Rosenkranz! – Anhaltende Rufe bei der SPÖ: Rosenkranz!) Nein, Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 5 Minuten. Restredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


17.37.54

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Her­ren! Herr Abgeordneter Öllinger, wie lange sind Sie schon im Parlament? – Sie sollten eigentlich den Unterschied zwischen Frau Rosenkranz und mir schon kennen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Aber sie war zu Wort gemeldet!) Frau Abgeordnete Rosenkranz musste zu einer dringenden Sitzung, einer Landesleitungssitzung, und ist deshalb nicht hier. (Oh-Rufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute bietet es sich aber wirklich an, sich mit den Vorrednern zu beschäftigen. Neben vielen Unwahrheiten, Unterstellungen und Verunglimpfungen ist heute eine Äußerung von Herrn Abgeordnetem Cap gefallen, die jene des Herrn Abgeordneten Kogler noch weit übertroffen hat. Herr Abgeordneter Cap hat nämlich gesagt: Aus der Krise der FPÖ ist eine Krise der Regierung geworden (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt!), und aus der Krise der Regierung wird eine Krise Europas. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Freiheitliche Partei und das BZÖ sind wirklich äußerst wichtig für Österreich. Aber, Herr Abgeordneter Cap, im Gegensatz zu Ihnen überschätzen wir uns nicht so, dass wir glauben, dass an unseren internen Par­teireibereien Europa zerbricht. Das sollten Sie schon wissen! (Beifall bei den Freiheit­lichen und der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Cap, Sie haben dann weiter gesagt, es müsse Neuwahlen geben; das hat schon jeder Redner angeschnitten. Ich frage mich überhaupt, wozu Sie heute eine Sondersitzung beantragt haben, denn alles, was Sie heute gesagt haben, haben Sie schon vorige Woche jeden Tag wiederholt, etwas Neues ist Ihnen gar nicht einge­fallen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie eine hängende Schallplatte! – Abg. Neudeck: Eine tibetanische Gebetsmühle!)

Herr Abgeordneter Cap hat gesagt, die großen Probleme könnten angegangen wer­den, würde es Neuwahlen geben. Herr Abgeordneter Cap, mit wem wollen Sie denn große Probleme lösen? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Sie haben schon einmal die Chance gehabt, große Probleme zu lösen, Sie haben aber die großen Probleme erst gemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Neudeck: Die SPÖ hat sie selbst verursacht!)

Schauen wir doch: Mit wem wollen Sie es machen? Wollen Sie mit den Grünen die großen Probleme lösen? Genügt es Ihnen nicht, wenn Sie in die Bundesrepublik Deutschland schauen, um zu sehen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zum Erschrecken!), dass diese Konstellation nicht geeignet ist, große Probleme zu lösen? Wollen Sie den Österreichern das antun: eine grün-rote Koalition? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Wir wollen das wirklich nicht haben, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Scheibner: Die schrecken vor nichts zurück!)

„Die großen Probleme lösen“: Das Pensionsproblem haben Sie niemals gelöst, nicht einmal in Angriff genommen. Das Finanzproblem, das Budgetproblem haben Sie nicht einmal in Angriff genommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und, wie gesagt, Sie wollen dann Neuwahlen haben und wollen wiederum den Österreichern das antun?


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Herr Abgeordneter Darabos, Sie sagen, all die Leute wollen Neuwahlen. – Ja, mir ist schon klar, dass Ihnen die Leute das sagen, weil sie SPÖ-Anhänger sind. Sie verkeh­ren ja nur in diesen Kreisen, und dass Ihre Anhänger das wollen, kann ich mir schon vorstellen. Aber der Großteil der Bevölkerung möchte keine Neuwahlen, sondern möchte haben, dass dieser Kurs fortgesetzt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von den Grünen! Als sich hier das Liberale Forum abgespaltet hat – man kann es zwar nicht ganz, aber doch annä­hernd vergleichen –, da haben Sie es nicht angezweifelt, dass das eine korrekte Politik ist. (Abg. Silhavy: Aber die haben einen eigenen Klub gehabt!) Ganz im Gegenteil: Das haben Sie noch gelobt; das freie Mandat haben Sie gelobt. Ein Grün-Abgeord­neter, Herr Abgeordnete Renoldner, hat gesagt: Es gibt „eine größere Vielfalt“ im Parlament, „einem Parlament, das die Tradition hat, dass es dreißig Jahre lang ... nur drei“ Parteien „gegeben hat. Das ist ein Zustand der Starrheit, der in den westlichen Demokratien überhaupt nur in Österreich“ vorhanden ist, und heute, durch diesen Pro­zess, werden wir, wie in anderen westlichen Demokratien, ein demokratisches Selbst­verständnis erleben.

Das waren Ihre Worte! Da war keine Rede davon, dass das nicht eine korrekte Politik gewesen wäre. (Abg. Dr. Matznetter: Aber sie haben schon einen Klub gegründet?) Aber Sie drehen sich nach dem Wind. (Abg. Silhavy: Haben sie einen eigenen Klub gegründet oder nicht?) Je nachdem, wie es Ihnen angenehm ist, argumentieren Sie, und so eine Politik wollen Sie den Österreichern antun! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Frau Abgeordnete Silhavy, beschäftigen Sie sich lieber mit den Aussagen, die heute Ihre Partei- und Fraktionskollegen gemacht haben! (Abg. Silhavy: Sie vergleichen mit dem Liberalen Forum! Die haben einen eigenen Klub gegründet!) Herr Abgeordneter Gusenbauer hat gefordert: Machen Sie den Weg frei für klare Verhältnisse!

Wir brauchen den Weg für klare Verhältnisse nicht freizumachen, wir haben klare Ver­hältnisse in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ironische Heiter­keit bei der SPÖ.) Wir haben eine funktionsfähige Regierung. Wir haben eine klare parlamentarische Mehrheit für diesen Reformkurs. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matz­netter.) Wer diese Klarheit stört, das sind Sie mit Ihrer Vernebelungstaktik, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Vergessen Sie die parlamentarische Mehrheit? Haben Sie ein so kurzes Gedächtnis? –Im Parlament hat vorige Woche diese parlamentarische Mehrheit das Budget be­schlossen, das wieder einen Erfolgskurs für Österreich vorsieht. Vergessen Sie, dass wir eine Reihe von Gesetzen beschlossen haben, die wichtig für Österreich sind?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wichtige Materien sind in Vorbereitung: Asyl­gesetz, Fremdengesetz, Zivildienstgesetz, Aufenthaltsgesetz. So wird es in dieser Re­formkoalition weitergehen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.43


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Herr Abgeordneter, Sie kennen die Bestimmungen: 2 Minuten Rede­zeit; zunächst den zu berichtigenden, dann den berichtigten Sachverhalt. – Bitte.

 


17.43.56

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Werte Kollegenschaft! Frau Dr. Partik-Pablé hat soeben die Behaup-


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tung aufgestellt, der Großteil der österreichischen Bevölkerung wünsche keine Neu­wahlen. – Diese Behauptung ist falsch! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Laut einer neuen Meinungsumfrage des OGM wünschen 57 Prozent der Bevölkerung Neuwahlen. Das ist eine große Mehrheit! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Neudeck: Das ist eine Vermutung, keine tatsächliche Berichtigung!)

17.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.44.32Einlauf

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 591/A bis 593/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 2873/J bis 2913/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 11. Mai 2005, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Weg einberufen werden.

Diese Sitzung ist geschlossen.

17.45.00Schluss der Sitzung: 17.45 Uhr

 

 

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