Stenographisches Protokoll

112. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 8. Juni 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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112. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                        Mittwoch, 8. Juni 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 8. Juni 2005: 9.04 – 20.47 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinar­gesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Militär­befugnisgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 – WRÄG 2005)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das SE-Gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Bank­wesen­gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Genos­sen­schaftsrevisionsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsrechtsänderungsgesetz und das Gerichtsgebührengesetz entsprechend der Entschließung des Nationalrats vom 29. Jänner 2004 zur Stärkung des Vertrauens in die österreichische Wirtschaft geän­dert werden (Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz 2005 – GesRÄG 2005)

4. Punkt: Bundesgesetz gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz 2005 – KartG 2005)

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert werden (Wettbewerbsgesetznovelle 2005)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebühren­gesetz, das Rechtspflegergesetz, die Notariatsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2005 – EO-Nov. 2005)

7. Punkt: Bericht über den Antrag 602/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz geändert wird

8. Punkt: Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschen­handels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität


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9. Punkt: Bericht über den Antrag 601/A der Abgeordneten Dr. Dieter Böhmdorfer, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, geändert wird

10. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kroatien im Bereich der Kultur und der Bildung

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Einge­tragene Partnerschaft (EP-G) geschaffen sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetz­buch, das Personenstandsgesetz, das Ehegesetz, das Strafgesetzbuch, das Allge­meine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallver­siche­rungsgesetz geändert werden (582/A)

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Einbeziehung von Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz in die Berechnung des Wochengeldes gesichert wird (591/A)

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IAF-Service-GmbH-Gesetz (IAFG) geändert wird (593/A)

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (510/A)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 21

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 2764/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 42

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ........ 169

Redner/Rednerinnen:

Dr. Caspar Einem ....................................................................................................... 170

Staatssekretär Franz Morak ...................................................................................... 172

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 174

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 175

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 176

Karl Öllinger ................................................................................................................ 178

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 43

Aktuelle Stunde (26.)

Thema: „Für eine Kehrtwende in der EU-Politik“ ................................................... 21


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Redner/Rednerinnen:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 24

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 27

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 28

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 30

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 31

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 33

Friedrich Verzetnitsch ................................................................................................. 34

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 36

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 37

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 21

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................  39, 219, 223, 226, 230

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums und Neubesetzung des Kuratoriums des KHM (635/A) (E) ........................ 129

Begründung: Dr. Josef Cap ........................................................................................ 135

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 141

Debatte:

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 144

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 146

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 149

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 151

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 154

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 155

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 157

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 159

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 161

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 162

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 163

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 165

Johann Ledolter ......................................................................................................... 166

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................. 167

Johann Ledolter (tatsächliche Berichtigung).............................................................. 169

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages 635/A (E) ............................. 169

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungs­vor­lage (949 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeres­dis­ziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatz­ge­setz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsge­setz 2002


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und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehrrechtsände­rungs­gesetz 2005 – WRÄG 2005) (955 d.B.) ......................................................................... 43

2. Punkt: Bericht und Antrag des Landesverteidigungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geändert wird (956 d.B.)                  43

Redner/Rednerinnen:

Anton Gaál .................................................................................................................... 43

Walter Murauer ............................................................................................................. 46

Dr. Peter Pilz ..........................................................................................................  51, 89

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 56

Bundesminister Günther Platter ................................................................................ 59

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 61

Dr. Werner Fasslabend ................................................................................................ 64

Mag. Werner Kogler ..............................................................................................  66, 92

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 68

Bettina Stadlbauer ....................................................................................................... 71

Silvia Fuhrmann ........................................................................................................... 72

Theresia Haidlmayr ...................................................................................................... 74

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 75

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ................................................................................  77, 92

Astrid Stadler ................................................................................................................ 78

Marianne Hagenhofer .................................................................................................. 79

Markus Fauland ............................................................................................................ 80

Katharina Pfeffer .......................................................................................................... 82

Karl Freund ................................................................................................................... 83

Heinz Gradwohl ............................................................................................................ 84

Alfred Schöls ................................................................................................................ 85

Manfred Lackner .......................................................................................................... 86

Jochen Pack .................................................................................................................. 87

Rudolf Parnigoni .......................................................................................................... 88

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................... 89

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 90

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen im Bezug auf Vorwürfe gegen einen Ressortangehörigen im Zusammenhang mit angeblicher Unterstützung von Waffengeschäften – An­nahme (E 112) .........................................................................................................  91, 96

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absetzung von Verteidigungsattaché Brigadier Hans Helmut Moser – Ablehnung .........................  93, 96

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 955 und 956 d.B. ........................................... 94

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (927 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das SE-Gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Bankwesen­gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Ge­nos­senschaftsrevisionsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsrechtsänderungs­gesetz und das Gerichtsgebührengesetz entsprechend der Entschließung des Nationalrats vom 29. Jänner 2004 zur Stärkung des Vertrauens in die öster-


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reichische Wirtschaft geändert werden (Gesellschaftsrechtsänderungs­ge­setz 2005 – GesRÄG 2005) (985 d.B.) ...................................................................... 96

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (926 d.B.): Bundesgesetz gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartell­gesetz 2005 – KartG 2005) (990 d.B.)           ............................................................................................................................... 97

5. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (942 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert werden (Wettbewerbsgesetznovelle 2005) (991 d.B.)                        97

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 97

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 99

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 101

Dr. Dieter Böhmdorfer ......................................................................................  103, 121

Peter Marizzi ............................................................................................................... 105

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 106

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 107

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 109

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 110

Mag. Peter Michael Ikrath .......................................................................................... 111

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ............................................................... 112

Dr. Peter Wittmann .................................................................................................... 114

Josef Bucher ............................................................................................................... 115

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................. 116

Mag. Karin Hakl .......................................................................................................... 117

Johann Ledolter ......................................................................................................... 117

Michael Praßl .............................................................................................................. 118

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................... 119

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 985, 990 und 991 d.B. ...................................... 122

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (928 d.B.): Bundesgesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspflegergesetz, die Notariatsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2005 – EO-Nov. 2005) (986 d.B.) ............................................................................................. 123

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 602/A der Abgeord­neten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz geändert wird (989 d.B.)                        123

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 123

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 125

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 126

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 126

Anita Fleckl ................................................................................................................. 127

Franz Glaser ................................................................................................................ 179

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ......................................................  180, 181

Mag. Ruth Becher ...................................................................................................... 181

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 986 und 989 d.B. ......................................... 182


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Gemeinsame Beratung über

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (825 d.B.): Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschen­han­dels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (987 d.B.) ................................................................................................... 183

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 601/A der Abgeord­neten Dr. Dieter Böhmdorfer, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, geändert wird (988 d.B.) ............................................................................................... 183

Redner/Rednerinnen:

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 183

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 184

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 185

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 187

Werner Miedl ............................................................................................................... 188

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 190

Bundesministerin Mag. Karin Miklautsch ............................................................... 191

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 192

Anna Franz .................................................................................................................. 194

Otto Pendl ................................................................................................................... 195

Bettina Stadlbauer (tatsächliche Berichtigung) ......................................................... 196

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 197

Martin Preineder ......................................................................................................... 197

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 198

Genehmigung des Staatsvertrages in 987 d.B. ........................................................... 199

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 987 d.B. ......... 199

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 987 d.B. ......... 199

Annahme des Gesetzentwurfes in 988 d.B. ................................................................ 199

10. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (815 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kroatien im Bereich der Kultur und der Bildung (954 d.B.) ......................................................................................................... 200

Redner/Rednerinnen:

Dr. Andrea Wolfmayr ................................................................................................. 200

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 201

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 202

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ......................................................................................... 202

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 203

Ingrid Turkovic-Wendl ............................................................................................... 204

Dr. Elisabeth Hlavac ................................................................................................... 205

Christoph Kainz .......................................................................................................... 205

Anita Fleckl ................................................................................................................. 206

Carina Felzmann ........................................................................................................ 207

Christian Faul ............................................................................................................. 208

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 208

Heidrun Walther ......................................................................................................... 210

Jochen Pack ................................................................................................................ 210


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Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................. 211

Dipl.-Ing. Günther Hütl ............................................................................................... 212

Johann Rädler ............................................................................................................ 212

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 213

11. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Eingetragene Partnerschaft (EP-G) geschaffen sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Personenstandsgesetz, das Ehegesetz, das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (582/A) .......................................................................................................................... 213

Redner/Rednerinnen:

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 213

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 214

Dr. Dieter Böhmdorfer ............................................................................................... 215

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................. 216

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 218

Zuweisung des Antrages 582/A an den Justizausschuss ........................................... 219

12. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Einbeziehung von Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz in die Berechnung des Wochengeldes gesichert wird (591/A) ............................................. 219

Redner/Rednerinnen:

Sabine Mandak ........................................................................................................... 219

Ridi Steibl .................................................................................................................... 220

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 221

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 222

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 222

Zuweisung des Antrages 591/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 223

13. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IAF-Service-GmbH-Gesetz (IAFG) geändert wird (593/A)                  223

Redner/Rednerinnen:

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 223

Barbara Riener ........................................................................................................... 224

Maximilian Walch ....................................................................................................... 224

Karl Öllinger ................................................................................................................ 225

Hermann Krist ............................................................................................................ 225

Zuweisung des Antrages 593/A an den Ausschuss für Arbeit und Soziales ............... 226

14. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumenten­schutzgesetz geändert wird (510/A)                        226

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 226

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 227

Mag. Herbert Haupt .................................................................................................... 228

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 229


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Zuweisung des Antrages 510/A an den Justizausschuss ........................................... 230

Eingebracht wurden

Petitionen ...................................................................................................................... 40

Petition betreffend „Für die Senkung der UVP-Schwellenwerte und die Erweite­rung der Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren von Intensivtierhaltun­gen“ (Ordnungsnummer 61) (überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl)

Petition betreffend „Kostenlose Schutzimpfungen gegen Hepatitis-B für freiwillige FeuerwehrhelferInnen“ (Ordnungsnummer 62) (überreicht vom Abgeordneten Hermann Krist)

Petition betreffend „Gewalt gegen Frauen – nicht mit ihnen – nicht mit uns!“, (Ordnungsnummer 63) (überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoi­sits, Gabriele Heinisch-Hosek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner und Matthias Ell­mauer)

Petition betreffend „Autobahn-Ortsdurchfahrt von Altlengbach (Bereich A 1 Kno­ten Steinhäusl) (Ordnungsnummer 64) (überreicht vom Abgeordneten Johann Kurzbauer)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 39

968: Agrarrechtsänderungsgesetz 2005

969: Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarktgesetz, das Börsegesetz, das Invest­mentfondsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Finanzmarkt­auf­sichtsbehördengesetz geändert werden

970: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Qualitätssicherung bei Abschlussprüfungen (Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz – A-QSG) erlassen und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird

971: Gewerberechtsnovelle 2005

972: Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Einkommensteuergesetz 1988 sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädi­gungsgesetz 1957 geändert werden

973: Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Einführungs­gesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Zivildienstgesetz 1986, das Bundesfinanzgesetz 2005 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert wer­den (ZDG-Novelle 2005)

975: Schulrechtspaket 2005

981: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien zur Vermei­dung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

983: Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen

984: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Kör­perschaftsteuergesetz 1988 geändert werden (VAG-Novelle 2005)


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112. Sitzung / Seite 9

992: Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatz­steuergesetz 1994, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Finanz­straf­gesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-An­passungsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Öster­reichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekom­beteili­gungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000), das Bundesgesetz über die Verwaltung und Koordination der Finanz- und sonstigen Bundes­schul­den (Bun­desfinanzierungsgesetz) und das Bausparkassengesetz geändert wer­den – Wirt­schafts- und Beschäftigungsgesetz 2005

993: Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird

995: Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz)

996: Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention

997: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Patentgesetz 1970 und das Gebrauchsmustergesetz geändert werden

Berichte ......................................................................................................................... 41

III-149: Wahrnehmungsbericht über das Kunsthistorische Museum mit Museum für Völkerkunde und Österreichischem Theatermuseum (Reihe Bund 2005/5); Rechnungshof

III-151: Wahrnehmungsbericht, Reihe Bund 2005/6; Rechnungshof

III-152: Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2005; BM f. Bil­dung, Wissenschaft und Kultur und BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-154: Bericht betreffend das auf der 91. Tagung der Internationalen Arbeits­konferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 185) über Ausweise für Seeleute (Neufassung), 2003; Bundesregierung

III-155: Bericht über 10 Jahre österreichische Familienpolitik (IJF 1994 + 10); Bundesregierung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums und Neubesetzung des Kuratoriums des KHM (635/A) (E)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Vaterschutzmonat geschaffen wird (Änderung des Väter-Karenzgesetzes und des Kinderbetreuungsgeldgesetzes) (636/A)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Maßnahmenpaket zur Senkung der Stickoxid-Emissionen (NOx) (637/A) (E)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend raschestmögliche Um­setzung der EU-Gebäuderichtlinie zur Verbesserung der Energieeffizienz in Österreich (638/A) (E)

Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen betreffend bessere Verkehrsanbindung Innergebirg an den Zentralraum Salzburg (639/A) (E)


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Anfragen der Abgeordneten


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Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Interessenkonflikte durch geschäftliche Invol­vierung (3056/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Belohnung der Untersuchungskommission im Finanzamtsskandal Innsbruck (3057/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend vermuteten „Postenschacher“ im Finanzamt Innsbruck (3058/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerunregelmäßigkeiten bei der Jenbacher AG (3059/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­ver­teidigung betreffend Brig. Puntigam, Wehrmachtsverbrechen und „Missbrauch“ der Justiz (3060/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung betreffend Blasmusik (3061/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend verhinderte Zollkontrolle des Unternehmens Swarovski und mögliche Ab­hän­gigkeiten des Finanzministers (3062/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Bestrebungen zur Einführung einer PKW-Maut durch das BMVIT (3063/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Vollziehung Preisauszeichnungsgesetz – Marktbeobachtung in Österreich – Kontrollprogramm“ (3064/J)

Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Steinbruch Hollitzer Bad Deutsch-Altenburg II (3065/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend BZÖ-Parteienfinanzierung (3066/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend BZÖ-Parteien­finan­zie­rung (3067/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend BZÖ-Parteienfinanzierung (3068/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtsgebühren – Eintragungsgebühren etc. nach dem GGG II“ (3069/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Internationales Amtssitz- und Konferenzzentrum Wien, AG (3070/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Finanzzentrum Linz Dametz-/Museumstraße, Ausbietungsverfahren (3071/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend ein besonderes Gorbach-„Kabinettstück“: Aus­ufern des Vizekanzler- bzw. Verkehrsminister-Kabinetts ins Heimatbundesland Vorarl­berg (3072/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Verleumdungsverfahren gegen Asylwerberin“ (3073/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Projekte rund um Kriminalitätsprävention in Österreich (3074/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „von Österreich umzusetzende EU-Richtlinien und sonstige EU-Rechtsakte III“ (3075/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend „Taxigewerbe in Österreich“ (3076/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Investitionszuwachsprämie (3077/J)

Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Zweiklassenmedizin auf Kosten von Kindern (3078/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Raumnot an Innsbrucker Gymnasien (3079/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend eine im BMVIT (Kabinett Mainoni) erreichbare, im Geschäftsfeld des von Staatssekretär Mag. Mainoni geleiteten Unternehmens tätige Stiftung (3080/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend erneute Einladung zu BZÖ-Aktivitäten über das BMVIT (3081/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend 600 000 Arbeitsplätze und andere verkehrs­politische FPÖ/BZÖ-Kleinodien (3082/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend ESO-Beitritt Österreichs (3083/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Interessenkollisionen bei der Europäischen Lebensmittel­behörde (EFSA), Europäischen Arzneimittelbehörde (EMEA), dem Europäischen Lebensmittel- und Veterinäramt (FVO) u.a.?“ (3084/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Skandal um Wiener Gerichtsmedizin II“ (3085/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Lebensmittel – Direktvermarktung – Kontrollen bei der bäuerlichen Direktvermarktung sowie Bio-Kontrollen im Jahr 2004“ (3086/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundes­minis­terin für Gesundheit und Frauen betreffend Kosten der Koexistenz von Gentechnik und Gentechnikfreiheit (3087/J)


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112. Sitzung / Seite 12

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Arbeit mit Morphium zumutbar? (3088/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Wer macht solche Gesetze, die nur die Ärmsten treffen?“ („Kronen Zeitung“ vom 25.5.05) (3089/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Arbeiten trotz Darmkrebs (3090/J)

Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Anfragebeantwortung 2715/AB (XXII. GP) zur Anfrage 2749/J (XXII. GP) betreffend Ausbau der BH Spittal (3091/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Geschäftspraktiken von EADS (3092/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Geschäftspraktiken von EADS (3093/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Geschäftspraktiken von EADS (3094/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geschäftspraktiken von EADS (3095/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidi­gung betreffend Business-Shooting (3096/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidi­gung betreffend Scorpion-Moser (3097/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Dalai-Lama-Briefmarken – Nachteile für öster­reichische Staatsbürger durch Untätigkeit der Regierung hinsichtlich erneuter Einfluss­nahmen Chinas über „höchste Stellen“ auf die Unternehmenspolitik der Österreichi­schen Post AG (3098/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Dalai-Lama-Briefmarken – Nachteile für österreichische Staatsbürger durch Untätigkeit der Regierung hinsichtlich erneuter Einflussnahmen Chinas über „höchste Stellen“ auf die Unternehmenspolitik der Österreichischen Post AG (3099/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Dalai-Lama-Briefmarken – Nachteile für österreichische Staatsbürger durch Untätigkeit der Regierung hinsichtlich erneuter Einflussnahmen Chinas über „höchste Stellen“ auf die Unternehmenspolitik der Österreichischen Post AG (3100/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend beklagenswerten Bauzustand des Erich-Fried-Gymnasiums in Wien 9. (3101/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend bisher fehlende Konsequenzen aus neuen


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112. Sitzung / Seite 13

Erkenntnissen zur Verursachung gesundheits- und umweltschädlicher Kfz-Schadstoff-Emissionen (3102/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend bisher fehlende Konse­quenzen aus neuen Erkenntnissen zur Verursachung gesundheits- und umwelt­schädlicher Schadstoff-Emissionen insbesondere aus dem Verkehrssektor (3103/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Rollstuhlplätze im Ronacher (3104/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schaffung der barrierefreien Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln (Bus und Bahn) sowie der Infrastruktur der ÖBB (3105/J)

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einhaltung des Steuerrechts durch das Kunsthistorische Museum (3106/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Taxigewerbe in Österreich“ (3107/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Taxigewerbe in Österreich“ (3108/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Taxiunternehmen in Österreich – Wirtschaftliche Situation“ (3109/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Taxigewerbe und Sicherheit“ (3110/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Sicherheitsbehördliche Ermittlungen nach § 168a Strafgesetzbuch – Pyramidenspiele“ (3111/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168a Strafgesetzbuch“ (3112/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Beharren auf Tempo-160-Träumereien trotz eindeutig entgegenstehender Faktenlage (3113/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend österreichische Steuergelder für Lebendtier­transporte (3114/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend österreichische Steuergelder für Lebendtiertransporte (3115/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend österreichische Steuergelder für Lebendtiertransporte (3116/J)


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112. Sitzung / Seite 14

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Tierversuche in Österreich (3117/J)

Kai Jan Krainer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Umsetzung des Verbotes von kosmetischen Mitteln, die DEHP und DBP enthalten (3118/J)

Gerhard Reheis, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Einführung der Pilotenlizenzen nach JAR-FCL in Österreich (3119/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Sponsoring und Werbemaßnahmen in österreichischen Kindergärten“ (3120/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend das Auslaufen von ESF-Förderungen ab 2007 (3121/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend das Auslaufen von ESF-Förderungen ab 2007 (3122/J)

Ulrike Königsberger-Ludwig, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend das Auslaufen von ESF-Förderungen ab 2007 (3123/J)

*****

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Bezüge von Ing. Kampl (34/JPR)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Evaluierung der Bundesmuseen (3051/J) (Zu 3051/J)

Anfragebeantwortungen

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2728/AB zu 2773/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (2729/AB zu 2774/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2730/AB zu 2770/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (2731/AB zu 2779/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2732/AB zu 2778/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2733/AB zu 2775/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2734/AB zu 2769/J)


Nationalrat, XXII.GP
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112. Sitzung / Seite 15

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (2735/AB zu 2776/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2736/AB zu 2777/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kollegin­nen und Kollegen (2737/AB zu 2781/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (2738/AB zu 2780/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2739/AB zu 2784/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2740/AB zu 2785/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen (2741/AB zu 2786/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2742/AB zu 2819/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Kolleginnen und Kollegen (2743/AB zu 2833/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (2744/AB zu 2854/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2745/AB zu 2782/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2746/AB zu 2783/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2747/AB zu 2789/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (2748/AB zu 2788/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2749/AB zu 2787/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Katharina Pfeffer, Kolleginnen und Kollegen (2750/AB zu 2875/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Ober­haidinger, Kolleginnen und Kollegen (2751/AB zu 2813/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (2752/AB zu 2816/J)


Nationalrat, XXII.GP
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112. Sitzung / Seite 16

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2753/AB zu 2792/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2754/AB zu 2793/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2755/AB zu 3006/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2756/AB zu 2791/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2757/AB zu 2805/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2758/AB zu 2821/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2759/AB zu 2801/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2760/AB zu 2827/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2761/AB zu 2843/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2762/AB zu 2867/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen (2763/AB zu 2889/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Kolle­ginnen und Kollegen (2764/AB zu 2794/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2765/AB zu 2824/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2766/AB zu 2806/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2767/AB zu 2908/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2768/AB zu 2802/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (2769/AB zu 2810/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Pus­wald, Kolleginnen und Kollegen (2770/AB zu 2812/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rainer Wimmer, Kolleginnen und Kollegen (2771/AB zu 2820/J)


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112. Sitzung / Seite 17

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen (2772/AB zu 2834/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2773/AB zu 2835/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2774/AB zu 2836/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2775/AB zu 2842/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2776/AB zu 2795/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen (2777/AB zu 2913/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2778/AB zu 2885/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2779/AB zu 2902/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2780/AB zu 2798/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2781/AB zu 2804/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2782/AB zu 2797/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2783/AB zu 2796/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2784/AB zu 2803/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2785/AB zu 2799/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen (2786/AB zu 2800/J)


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112. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2787/AB zu 2811/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (2788/AB zu 2815/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2789/AB zu 2828/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2790/AB zu 2830/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (2791/AB zu 2837/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2792/AB zu 2847/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2793/AB zu 2849/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2794/AB zu 2866/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (2795/AB zu 2870/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (2796/AB zu 2876/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2797/AB zu 2886/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (2798/AB zu 3005/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (2799/AB zu 2916/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (2800/AB zu 2818/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (2801/AB zu 2809/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2802/AB zu 2841/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen (2803/AB zu 2814/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (2804/AB zu 2808/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Edeltraud Lentsch, Kolleginnen und Kollegen (2805/AB zu 2823/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2806/AB zu 2829/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Keuschnigg, Kolleginnen und Kollegen (2807/AB zu 2832/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (2808/AB zu 2868/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (2809/AB zu 2817/J)


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
112. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2810/AB zu 2822/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2811/AB zu 2862/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2812/AB zu 2898/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Rosemarie Schön­pass, Kolleginnen und Kollegen (2813/AB zu 2831/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2814/AB zu 2848/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2815/AB zu 2826/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2816/AB zu 2844/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2817/AB zu 2840/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen (2818/AB zu 2845/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2819/AB zu 2861/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel, Kolleginnen und Kollegen (2820/AB zu 2907/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (2821/AB zu 2839/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2822/AB zu  2863/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (2823/AB zu 2872/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (2824/AB zu 2878/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen (2825/AB zu 2838/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2826/AB zu 2859/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen (2827/AB zu 2846/J)


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des Bundesministers f


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ür Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (2828/AB zu 2855/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (2829/AB zu 2856/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen (2830/AB zu 2857/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2831/AB zu 2864/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen (2832/AB zu 2871/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (2833/AB zu 2865/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2834/AB zu 2851/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (2835/AB zu 2858/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (2836/AB zu 2910/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2536/AB zu 2551/J) (Zu 2536/AB zu 2551/J)

*****

des Präsidenten des Nationalrates auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (31/ABPR zu 32/JPR)


 


09.04.09Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinz­horn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen. Die Sitzung ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 109. Sitzung vom 11. Mai 2005 sowie der 110. und 111. Sitzung vom 12. Mai 2005 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbe­anstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Ellmauer, Rossmann, Dr. Grünewald, Mag. Stoisits, Mag. Prammer und Mag. Posch.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Für die heutige Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll wird durch die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik und Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vize­kanzler Hubert Gorbach wird durch Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch vertreten.

09.05.20Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Für eine Kehrtwende in der EU-Politik“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Ich erteile ihm das Wort. 10 Minuten gesetzliche Redezeit. – Bitte.

 


9.05.49

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vor wenigen Wochen, wie ich meine, mit großer Überzeugung hier im österreichischen Nationalrat ja gesagt zum europäischen Verfassungsvertrag, weil wir der Meinung waren und der Meinung sind, dass dieser europäische Verfassungsvertrag ein wesentlicher, wichtiger und richtiger Schritt wäre, um die weitere Integration Europas voranzutreiben. Wir sind vor allem deswegen für diesen Verfassungsvertrag gewesen, weil wir wollen, dass die erweiterte Europäische Union funktionsfähig ist. Die Union der 25 soll imstande sein, die großen Herausforderungen, die vor Europa liegen, gemeinsam zu bewältigen.

Was ist aber seit dieser Beschlussfassung passiert? – In zwei der Mitgliedstaaten – in Frankreich und in den Niederlanden – hat es Referenden gegeben, bei denen sich eine


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deutliche Mehrheit der Bevölkerung gegen diesen Verfassungsvertrag ausgesprochen hat; Großbritannien hat – zumindest vorläufig – sein Referendum ausgesetzt. Somit stellt sich die Frage: Wie geht es in Europa weiter, wie kann man mit dieser Situation umgehen?

Ich bin der Meinung, das Schlechteste, das passieren könnte, wäre, dass Europa nun in eine monatelange Agonie fällt, dass man den Eindruck bekommt, Europa sei nicht handlungsfähig. Das Schlechteste wäre, so zu tun, als ob nichts geschehen wäre, und einfach so weiterzumachen, denn die Menschen in Europa erwarten sich in dieser Situation klare Antworten und klare Strategien, wie es mit Europa und vor allem mit der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik weitergehen soll. Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und sagen: Es interessiert uns nicht, wie die Menschen in Europa abgestimmt haben! – Es ist not­wendig, jetzt klare Maßnahmen zu einer Richtungsänderung in Europa zu setzen, denn das erwarten sich die Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Worin soll diese Richtungsänderung bestehen? – Die Hauptkritik, die es an der euro­päischen Politik gibt, besteht doch darin, dass viele Menschen den Eindruck haben, die Europäische Union biete keinen ausreichenden Schutz gegen die negativen Aus­wir­kungen der Globalisierung. Viele Menschen haben Angst, dass in Zukunft nicht mehr die Güter, sondern die Arbeitsplätze exportiert werden. (Abg. Großruck: Haben Sie auch Angst?) Viele Menschen haben außerdem den Eindruck, dass die Politik der Europäischen Union, geprägt durch die Staats- und Regierungschefs und die euro­päischen Institutionen, negative Folgen der Globalisierung in Europa verschärft.

Dafür gibt es zwei Beispiele: zum einen die Diskussion über die Dienstleistungs-Richt­linie, die, so meine ich, berechtigt bei vielen kleinen und mittleren Unternehmungen und deren Beschäftigten die Befürchtung auslöst, dass es dadurch zu einem Verlust von Arbeitsplätzen kommt, und zum anderen auch die von Minister Bartenstein be­triebene Richtlinie zur Verlängerung der Arbeitszeit in Europa, die ebenfalls bei vielen Menschen die Befürchtung auslöst, dass Europa nicht sozialer wird, sondern – ganz im Gegenteil! – dass die Interessen der Arbeitnehmer in Europa unter die Räder kommen. Dazu kommt, dass sich die Wirtschaft seit mehreren Jahren anhaltend mit zu geringem Wachstum und mit zu wenig Initiativen, um Beschäftigung in Europa zu schaffen, konfrontiert sieht.

Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, dass es nur dann eine Zustimmung der Men­schen zum europäischen Projekt geben wird, wenn es gelingt, diese Hauptherausfor­derung für Europa zu lösen. Nur mit einem Weiterwurschteln wird dieses Problem nicht zu lösen sein. Hier sind klare Maßnahmen gefordert – und das erwarten sich auch alle vom Gipfel auf europäischer Ebene nächste Woche. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es stellt sich dabei natürlich auch die Frage: Was kann Österreich dazu beitragen? Österreich trägt große Verantwortung. Wir liegen im Zentrum dieser nun größeren, erweiterten Europäischen Union, viele der neuen Mitgliedstaaten sind unsere Nach­barn, und wir sind natürlich der Auffassung, dass es eine wirtschaftliche und soziale Soli­darität mit diesen Nachbarn geben muss. Daher wird niemand bestreiten, dass die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch die Empfänger europäischer Solidarität sein werden und daher zu den Nettoempfängern gehören.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn es jetzt zehn neue Staaten gibt, die selbstverständlich der Solidarität bedürfen, muss man sich die Frage stellen, ob alle bisherigen Nettoempfänger in der Europäischen Union das auch weiterhin sein müs­sen. Alle Mitgliedstaaten, die Nettoempfänger waren, haben nun fast 20 Jahre lang mit gutem Recht Mittel der Europäischen Union erhalten, damit es zu einem wirtschaft-


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lichen Aufholprozess kommt, und viele Staaten haben das auch genützt. Aber jetzt stehen wir vor einer neuen Situation. Die neuen Mitgliedstaaten müssen einen ähn­lichen wirtschaftlichen Aufholprozess durchmachen, und daher kann es nicht so sein, dass die Last auf nur wenige Schultern in Europa verteilt wird und alle, die bisher Nettozahler waren, das auch in Zukunft bleiben, während all jene, die bisher Netto­empfänger waren, glauben, dieses Recht auch weiterhin konsumieren zu können.

Europa ist dann solidarischer und besser finanzierbar, wenn nicht weniger Staaten diese finanzielle Last zu tragen haben, sondern wenn mehr Staaten diese Last tragen. Daher fordern wir von der österreichischen Bundesregierung, in den Verhandlungen über die Finanzen in der Europäischen Union dafür einzutreten, dass die neuen Mitgliedstaaten allesamt Nettoempfänger sind, dass aber die Last der Finanzierung auf mehr Schultern in Europa verteilt wird und nicht von wenigen getragen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Aber das Geld allein macht es nicht aus. Es stellt sich auch die Frage: Was wird mit den Mitteln auf europäischer Ebene gemacht? Wenn man nun hört, Herr Bundes­kanzler, dass es einen Kompromissvorschlag über eine mögliche Einigung zur Finan­zierung gibt, und man nachschaut, wo die Europäische Union kürzt, dann stellt man fest: Die Kürzungen erfolgen bei den Transeuropäischen Netzen, sprich zum Beispiel Brenner-Basistunnel, die Kürzungen erfolgen in der Wissenschaftszusammenarbeit, die Kürzungen erfolgen bei Mitteln für den ländlichen Raum, und die Kürzungen treffen letztendlich die Umsetzung einer Wachstums- sprich Lissabon-Strategie für Europa.

Ich halte es für falsch, dass, wenn man die berechtigte Auseinandersetzung über die Finanzierung der Europäischen Union führt, alle bisherigen Ausgabenblöcke völlig unverändert bleiben und das, was dringend zusätzlich in Europa notwendig wäre, am Altar eines Kompromisses geopfert wird. Wir brauchen, damit das Richtige und Ver­nünftige in Europa gemacht wird, dringend eine Reform der Ausgaben. Würde der Kompromiss so aussehen, dass das, was dringend notwendig wäre – auch für Österreich –, unter die Räder kommt und an den bisherigen Ausgabenstrukturen der EU, die nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben, nichts geändert wird, so wäre das ein fadenscheiniger Kompromiss, der für Europa nicht gut ist.

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht es nicht nur darum: Wie viel muss Österreich zahlen?, sondern auch darum: Wofür gibt die Europäische Union das Geld aus? Die Kehrtwendung muss darin bestehen, dass in Zukunft mehr ausgegeben wird für Transeuropäische Netze, für vernünftige Wissenschafts- und Forschungs­politik, damit wir den Rückstand gegenüber anderen Teilen der Welt aufholen. Es muss Strukturreformen geben.

Wenn Sie mir nicht glauben, empfehle ich Ihnen die Lektüre einiger, auch inter­nationaler Zeitungen der letzten Woche. Sie glauben nicht, wie viel Geld die EU gar nicht imstande ist auszugeben – obwohl es von den Mitgliedstaaten eingezahlt wird –, weil sie gar nicht über die geeigneten Strukturen verfügt.

Ich bin der Meinung, Europa braucht ein klares Signal. Europa braucht ein klares Sig­nal, dass Wirtschafts- und Sozialpolitik an die Spitze gestellt werden und wir Wachstum und Beschäftigung in Europa bekommen. Europa braucht ein klares Signal, dass diese Verfassung, wenn sie schon von zwei Staaten abgelehnt wird, durch eine bessere Verfassung ersetzt wird, die die Chance hat, die Zustimmung aller Menschen in Europa zu bekommen. Sie werden niemanden finden, der diese Verfassung ohne irgendeine Veränderung in Frankreich oder in den Niederlanden noch einmal zu einer Volks­ab­stimmung vorlegt. Nein, den werden Sie nicht finden. Sie müssen den Menschen dort die Chance und die Möglichkeit geben, zu sagen: Jawohl, die europäische Politik hat


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gelernt, es gibt einen besseren Vorschlag, der auch Zustimmung finden kann! (Beifall bei der SPÖ.)

9.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Für eine einleitende Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht über­schreiten. – Herr Bundeskanzler, Sie sind am Wort.

 


9.16.27

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren zu Hause an den Bildschirmen! Ich war auf Grund des Titels der Aktuellen Stunde, „Für eine Kehrtwende in der EU-Politik“, sehr neugierig darauf, was uns der Oppositionsführer heute hier an Neuem sagen wird. Jetzt, nach seinen Ausführungen, frage ich mich: Worin besteht die Kehrtwendung, wenn Sie das sagen, was wir eigentlich alle seit Jahren sagen, was wir in die Europäische Verfassung hineingelegt haben, nämlich: mehr soziales Gewissen, mehr soziale Bedeutung und Verantwortung in der Europäischen Union und durch die Europäische Union und ihre Institutionen?

Worin besteht jetzt die Kehrtwendung, wenn Sie Wachstumsinitiativen und For­schungs­incentives verlangen, die in der Finanzvorschau ohnehin enthalten sind, so­wohl im Kommissionsvorschlag als auch im Luxemburger Kompromissvorschlag? Wir haben beispielsweise die Forschungsausgaben gegenüber der heutigen Periode deutlich erhöht. Also, Herr Abgeordneter Gusenbauer: Worin besteht die Kehrt­wen­dung in der Europapolitik? – Ich habe es nicht verstanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich teile Ihre Meinung, die Sie am 11. Mai in Ihrer Rede zur Europäischen Verfassung kundgetan haben:

„Die EU-Verfassung“ – diese jetzt – „schafft die Chance und die Voraussetzung dafür, dass es in Zukunft bessere Politik ... gibt. Daher ist diese Verfassung keine Garantie, sondern eine Chance.

Die letzte Frage, die man sich stellen muss, ist wohl die: Wie schaut Europa aus, sollte diese Verfassung nicht beschlossen werden? Stellen wir uns vor, in welche Situation Europa kommen würde: Europa würde in eine seiner schwierigsten Phasen und wahr­scheinlich Krisen eintreten.“ Wir sollten es uns aber nicht leisten, „dass Europa in eine Krise kommt, sondern wir sollten danach trachten, dass Europa tatsächlich hand­lungsfähiger wird.“ – Das ist es, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Jetzt sage ich sehr offen – und ich meine das überhaupt nicht polemisch –: Deswegen brauchen wir keine „Kehrtwendung“ in der Europapolitik, sondern wir brauchen konse­quentes Hinarbeiten darauf, dass diese Eckpunkte der Verfassung gesichert werden, dass sie auch in die Praxis der Europäischen Union einfließen und damit den euro­päischen Bürgern einen Mehrwert für Sicherheit, für Freiheit, für sozialen Wohlstand und für Gerechtigkeit geben. Dafür sollten wir gemeinsam kämpfen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich gebe Ihnen Recht: Das Schlimmste wäre monatelange Agonie! Aber ich frage: Wie ist die Forderung Ihres Klubobmannes zu verstehen: sofortiger Ratifizierungsstopp!, sofortiger Erweiterungsstopp!, alles abbrechen, alles auf die Pausetaste drücken!? – Genau das führt ja zu einer monatelangen Agonie!

Sie haben nicht polemisiert, aber wenn Sie jetzt den Kompromiss, den die Luxem­burger Präsidentschaft sehr sorgfältig ausgearbeitet hat und über den man natürlich von vielen Seiten her immer diskutieren kann, von vornherein in Frage stellen, was ist die Folge? – Monatelange Agonie! Wenn wir etwas weiterbringen und zeigen wollen, in


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einer sehr schwierigen Situation, wenn wir – und ich nehme diese zwei Referenden überhaupt nicht auf die leichte Schulter – daraus etwas lernen können, dann das, dass wir uns mutig und gemeinsam hinstellen und Handlungsfähigkeit demonstrieren sollen.

Wann, wenn nicht jetzt, könnte der Europäische Rat beweisen, dass wir über einzelne Partikularinteressen hinausgehen, dass die Briten in der Lage sind, auf Teile ihres Briten-Rabatts zu verzichten, dass etwa bisherige Nettoempfänger, die sehr viel profitiert haben, darauf verzichten, weiterhin überproportional zu erhalten, dass aber auch wir anderen bereit sind, etwas zu dieser gemeinsamen europäischen Solidarleis­tung beizutragen.

Das, glaube ich, sollte nicht im Parteienstreit erfolgen. Dazu ist mir persönlich Europa viel zu wichtig. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben in Österreich etwas sehr, sehr Kostbares, was überhaupt nicht selbst­ver­ständlich ist: Wir haben seit Beginn unserer Beitrittsverhandlungen vor ungefähr 15 Jahren – Europäischer Wirtschaftsraum und dann Beitritt zur Europäischen Union – einen parteiübergreifenden Konsens in den wichtigsten europäischen Fragen, und der ist kostbar. Andere Länder haben das nicht. Dort streitet man über alles und jenes, und das Ergebnis sieht man dann natürlich auch bei solch knappen Abstimmungen oder auch bei Referenden. Ich sage das auch sehr offen.

Es steht mir und uns nicht zu, über Holland und Frankreich zu reden, aber ich denke doch, dass ein Teil der Erklärung für dieses „Nein“ der Bevölkerungen auch etwas mit der inneren Situation in diesen Ländern zu tun hat.

Wir haben etwas Kostbares, wir haben eigentlich einen breiten europapolitischen Konsens, und den sollten wir bewahren. Wir sollten darüber nachdenken: Wie können wir – richtigerweise – die Wachstumsschwäche, die wir in Europa haben, überwin­den? – Das muss man sich auch anschauen: Welche Länder haben denn die größten Wachstumsschwächen? Interessanterweise diejenigen, die die höchsten Budgetdefi­zite haben und die die geringsten Wirtschafts- und Arbeitsmarktreformen umgesetzt haben. Die skandinavischen Länder etwa haben sehr viele Reformen gemacht, haben sehr viel liberalisiert, haben sehr viel zur Budgetsanierung und -konsolidierung beige­tragen und haben heute die Kraft, in die Wachstumsbereiche zu investieren, genauso, wie wir das ja auch mit unseren Möglichkeiten seit dem Jahr 2000 versuchen.

Auf diesem Weg sollte man weitergehen und nicht eine Kehrtwende in der Europa­politik versuchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Oder nehmen Sie die aus meiner Sicht ja überhaupt nicht mehr verständliche Diskussion in manchen italienischen Zirkeln über die Wiedereinführung der Lire. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das kann ja niemand, der klaren Verstand hat, drei Jahre nach Einführung des Euro ernstlich vertreten. Der absurdeste Vorschlag ist, eine Parallelwährung einzuführen, also gleichzeitig in Lire und in Euro zu handeln, zu rechnen, zu zahlen, was immer. Gott sei Dank ist ja dieser Vorschlag innerhalb der Eurozone nicht einmal diskutiert worden. Aber – ich sage das ganz offen – eine Kehrtwendung könnte bedeuten – ich unterstelle das wirklich niemandem, und an Ihrem Kopfzeichen ist auch erkennbar, dass Sie das natürlich nicht wollen; das kann doch niemand ernstlich glauben –, dass die Rückabwicklung etwa der Währungsunion irgendetwas zur Stärkung der europäischen, der österreichischen Position betreffend Arbeitsplätze, Wirtschaft, Export oder was immer beitragen würde.

Also keine Kehrtwendung, sondern eine behutsame, kluge Weiterentwicklung Europas ist gefragt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ähnliches gilt aus meiner Sicht auch im Bereich der Erweiterung. Die Erweiterung vor einem Jahr um die zehn Länder – und das ist vielen viel zu wenig bewusst –, viele sind


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Nachbarländer von uns, hat immerhin dazu geführt, dass unsere Exporte um 13 Pro­zent gestiegen sind. Und Exporte bedeuten immer: Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Arbeitsplätze, Jobs, die bei uns gesichert sind, damit dann Güter und Dienstleistungen exportiert werden können.

Der Erweiterungstermin vor einem Jahr hat dazu geführt, dass die Sicherheit in Öster­reich höher wurde. Wir haben 25 Prozent weniger Asylwerber. Wir haben ein Viertel weniger illegale Aufgriffe an unseren Grenzen. Das soll auch gesagt werden. Diese Erweiterung war daher kein Grund zur Furcht, sondern tatsächlich ein positiver Punkt. Da brauchen wir keine Kehrtwendung, sondern eine behutsame, kluge Weiterent­wicklung auf diesem Gebiet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Ähnliches gilt auch im Bereich der Kriminalitätsrate. Wir hatten vor der Erweiterung stark steigende Kriminalitätsraten, mehr Delikte, mehr Anzeigen et cetera. Seit 1. Jän­ner, seit mehr Polizei auf der Straße ... (Abg. Krainer: Mehr Polizei?) – Herr Abgeord­neter, auf der Straße mehr, in der Verwaltung weniger, dazu stehe ich jederzeit. Wir brauchen die Polizisten nicht in den Schreibstuben, sondern draußen auf der Straße. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Seit 1. Jänner 2004 hat sich die Kriminalitätsrate in ganz Österreich um 4 Prozent verringert, in der Ostregion, in Wien, Niederösterreich, sogar fast um das Doppelte verringert. Das heißt wiederum: ein sinnvoller Weg.

Man sollte jetzt nicht sagen: Kehrtwendung heißt Stopp für Kroatien oder Bulgarien und Rumänien – etwas, was ja immer im Konsens von uns diskutiert wurde, mit Garantien. Ich bin überzeugt davon, dass die Europäische Kommission den Beitritt von Bulgarien und Rumänien um ein Jahr hinausschieben wird: aus genau diesen Sicherheits­gründen. Aber Linie halten, heißt schon auch, dass wir uns in einer solchen Situation nicht zu Tode fürchten, sondern fragen: Mit welchen Übergangsfristen, Schutzmöglich­keiten, dem Ausschöpfen welcher Schutzmöglichkeiten gehen wir vor?

Also nicht Kehrtwende, sondern kluge, richtige Weiterentwicklung im Konsens, im österreichischen Konsens ist aus meiner Sicht gefragt.

Meine Damen und Herren! Ich fliege nächste Woche gemeinsam mit der Außen­ministerin und dem Finanzminister nach Brüssel. Wir wissen nicht, ob es zu einem Finanzkompromiss kommen kann, aber eines sage ich hier auch sehr deutlich: Wir haben mit dem Vorschlag der Luxemburger zum ersten Mal einen Vorschlag auf dem Tisch, der deutlich stärker in die Richtung der Nettozahler geht. Es wird nämlich 1 Prozent der Zahlungen vorgeschlagen – ursprünglich wollten wir 1 Prozent der Ver­pflichtungen –, das heißt, 1,056 Prozent des Bruttoinlandsprodukts an Verpflichtun­gen. Das ist aus meiner Sicht kein ganz schlechter Vorschlag.

Wir haben aber auch Interessen, wie Sie mit Recht angesprochen haben: Trans­europäische Netze, ländlicher Raum, Grenzregionen – das sind die Themen, die wir dabei auch einbringen wollen (Abg. Krainer: Redezeit!), weil wir nicht naiv einfach nur die Eckpunkte beschließen wollen, sondern ganz bewusst auch unsere inneren Ziele letztlich umsetzen wollen.

Danke für die Möglichkeit, hier im Rahmen der Aktuellen Stunde über das wichtige Thema Europa zu diskutieren. Wir werden das sicher noch öfter tun, auch nach der nächsten Woche, nach dem Europäischen Rat, aber ich bitte sehr, dass wir jetzt keine Kehrtwendung plakatieren (Abg. Krainer: Redezeit!), sondern eine kluge, profes­sionelle Weiterentwicklung unseres gemeinsamen europapolitischen Konsenses. (Bei­fall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.27



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Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde beträgt 5 Minuten.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Sie sind am Wort, Herr Abgeordneter.

 


9.27.54

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 12. Juni des Jahres 1994 haben die Österreicherinnen und Österreicher mit einer überwältigenden und, ich sage das dazu, für viele überraschenden Zwei­drittelmehrheit für die Europäische Union, für die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union gestimmt.

Damals waren die wesentlichsten Argumente – ich erinnere mich sehr gut daran, weil ich ganz intensiv dafür geworben habe, für dieses Ja –, dass wir aus österreichischem Interesse heraus für den Beitritt eintreten, weil dieses Europa das Friedensprojekt ist, um das Generationen gerungen haben, weil dieses Europa das Projekt der Demokratie ist und weil dieses Europa das Projekt der sozialen Marktwirtschaft ist. – Meine Damen und Herren! Das ist heute genauso richtig wie im Jahre 1994.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs! Dafür, dass Sie heute die Aktuelle Stunde mit dem Titel „Kehrtwende in der EU-Politik“ bezeichnet haben, gibt es zwei mögliche Varianten: Entweder es ist dieser Titel passiert – das wäre schlimm –, aber wenn dieser Titel bewusst gewählt ist, dann ist das noch viel schlimmer, und darauf mache ich Sie aufmerksam, weil Ihnen das vielleicht entgangen ist. Manche Gesichter sind betroffen. Denken Sie nach darüber, was Sie mit „Kehrtwende in der Europapolitik“ eigentlich wirklich signalisieren. Es geht jetzt – gerade in einer zugegeben nicht einfachen Situation in der Europäischen Union – um das Halten der Linie und nicht um Kehrtwende, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Was signalisieren Sie denn? (Abg. Gradwohl: Linie halten heißt, nichts verändern!) Was signalisieren Sie von der SPÖ etwa mit dem Begriff „Kehrtwende“ im Zusam­men­hang mit der Erweiterung der Europäischen Union? Wollen Sie die Erweiterung der Europäischen Union zurückdrehen? Wollen Sie das Rad der Zeit zurückdrehen, ob­wohl diese Erweiterung Österreich einen Sicherheitsgewinn gebracht hat, ebenso einen Wachstums- sowie einen Stabilitätsgewinn?!

Signalisieren Sie nicht mit dem Begriff „Kehrtwende“ – beispielsweise im Falle Rumä­niens und Bulgariens –: Bitte bleibt draußen!? Und was signalisieren Sie damit unseren gemeinsamen Freunden etwa in Kroatien, ja am Balkan überhaupt?! – Ich denke, dass gerade jetzt das Signal keine Kehrtwende wichtig ist, dass mit Verantwortung und Gefühl der Prozess der Erweiterung fortgesetzt wird, damit wir auch in Zukunft Wachstums- und Arbeitsplatzgewinner sowie Sicherheits- und Stabilitätsgewinner sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie von der SPÖ signalisieren etwa in der Verfassung eine Kehrtwendung. – Herr Kollege Gusenbauer, es kann doch nicht so sein, dass das, was vor vier Wochen richtig war und von Ihnen begrüßt wurde – das war eine tolle Debatte hier, mit guten Beiträgen, eben diese Debatte über die Europäische Verfassung –, heute falsch ist! Wir müssen doch jetzt ein Signal setzen, meine Damen und Herren, dass wir für diese Europäische Verfassung kämpfen wollen! (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Kehrt­wende hieße doch, vor den Europagegnern in die Knie zu gehen! Und das tun wir nicht! Wir wollen Linie halten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Das sehen übrigens nicht nur wir so, das sehe nicht nur ich so: Das sieht auch Hannes Swoboda so – er ist immerhin der stellvertretende sozialdemokratische Fraktionsführer im EU-Parlament. Maria Berger sieht das übrigens in gleicher Weise. Wollen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, wirklich eine Kehrtwende in der europäischen Sicherheitspolitik, eine Kehrtwende in der europäischen Stabilitäts- und Währungs­politik?!

Herr Kollege Gusenbauer, bleiben Sie doch bei der Realität, wenn Sie über die Frage Finanzen sprechen! Der luxemburgische Kompromissvorschlag sieht allein für den Bereich Forschung eine Mehrausgabe von 9 Milliarden € vor; für wichtige Perspektiven also!

Wir kämpfen für Infrastruktur und für den ländlichen Raum, aber nicht mit dem falschen Signal: Vorwärts Genossen, wir wollen zurück!, sondern mit dem richtigen Signal: Europa soll gestärkt werden und nach vorwärts gehen!

Daher heißt unsere Antwort: soziale Marktwirtschaft in Europa – mit ökologischer und ethischer Verantwortung (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) sowie ein modernes und zukunftsorientiertes Europa! Nicht „Kehrtwende“, sondern „Linie halten“ ist jetzt die richtige Antwort! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

9.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Dr. Einem. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


9.33.34

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, es tut mir Leid, das jetzt feststellen zu müssen: Ich habe den Eindruck, dass Sie die Signale aus Frankreich sowie den Niederlanden nicht wirklich verstanden haben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Steibl: Aber geh!)

Und ich fürchte, Herr Bundeskanzler, dass Sie auch die Signale, die wir hiezu in Österreich hören können, nicht wirklich wahrnehmen.

Was ist das Signal, das von Frankreich ausgegangen ist? (Abg. Mag. Donnerbauer: Haben Sie zugestimmt in diesem Haus?) – Von Frankreich ist das Signal ausge­gangen, dass die Menschen, die dort mit Mehrheit gegen eine Verfassung gestimmt haben, der wir hier zugestimmt haben, und zwar mit guten Gründen ... (Abg. Groß­ruck: Haben Sie nicht gelesen, wie Sie zugestimmt haben?) – Herr Kollege, bitte seien Sie so gut und stellen Sie nicht so unqualifizierte Fragen! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Vorige Woche stimmt er zu ...!)

In Frankreich haben die Menschen zwar ein Nein zur Verfassung gesagt – das war die Frage, die gestellt worden ist –, aber das, was für die Franzosen tatsächlich das Motiv dafür war – das ist ja sozialwissenschaftlich untersucht worden –, war, dass sie in Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik endlich eine andere Politik als jene wollen, die von der französischen Regierung beziehungsweise von der EU gemacht wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Franzosen waren und sind es leid, zu sehen, wie die Arbeitslosigkeit steigt, wie der Druck auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunimmt und niemand etwas dagegen tut! Das waren und sind sie leid, und daher haben sie nein gesagt: nicht wissend, welcher Teil davon aus Europa und welcher Teil davon von Herrn Chirac und der französischen Regierung gekommen ist. Sie haben klar zum Ausdruck gebracht: Das wollen wir nicht mehr! (Zwischenruf des Abg. Rädler. – Abg. Mag. Hakl: Und was ist die Antwort?)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Signal der Niederlande war ja ganz ähnlich, auch dort ist es nicht darum gegangen, dass die Niederländer etwas zur Verfassung im Detail gesagt haben. In den Niederlanden haben die Menschen die gleichen Sorgen wie die Menschen in Frankreich und zusätzlich das Problem, dass sie das Gefühl haben, zuviel für die Europäische Union zahlen zu müssen. (Abg. Mag. Molterer: Und jetzt macht die SPÖ die Politik Frankreichs, der Niederlande!)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben gesagt, es wäre völlig absurd, die Währungsunion rückgängig zu machen. – Ja, Sie haben Recht, natürlich wäre das absurd. Aber wenn Sie heute in Österreich fragen würden, ob die Menschen nicht lieber den Schilling zurück hätten (Abg. Mag. Hakl: Nein, das glaube ich nicht!): Ich sage Ihnen, die Menschen würden darauf mit Mehrheit sagen, ja, sie hätten ihn gerne zurück, weil sie heute glauben und davon träumen, dass es früher keine Inflation gegeben hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), und weil sie heute spüren, vor allem in den Bereichen der kleinen Einkommen, dass es eine Inflation gibt (Abg. Mag. Molterer: Europasprecher Einem, das ist ja schlimm!), gegen die Sie von dieser Bundesregierung nichts tun, ja die Sie sogar noch verschärfen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, worum es geht, ist keine Kehrtwende hinsichtlich der Europäischen Verfassung, sondern eine Kehrtwende in der Politik, und zwar auch in der österreichischen. Sie schauen seit fünf Jahren zu, wie die Arbeits­losigkeit in Österreich steigt, und Ihr Arbeitsminister sagt jedes Mal, dass er hofft, dass es besser wird. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Nur: Für das Hoffen zahlen ihn die Bürger nicht, sondern für Politik, die etwas dagegen tut! (Beifall bei der SPÖ.)

Sehen wir uns noch ein anderes Signal an. Herr Bundeskanzler! Herr Verheugen, immerhin der Vizepräsident der Europäischen Kommission (Abg. Mag. Molterer: Sozialdemokrat!), gibt heute in einer österreichischen Tageszeitung zum Besten, dass man jetzt unbedingt mit der Erweiterung fortfahren müsse. (Abg. Mag. Molterer: Sozialdemokrat!) Können Sie uns erklären, wie auf der Basis des Vertrages von Nizza mit 25 und mehr Mitgliedern gearbeitet werden soll? Können Sie uns das erklären? (Abg. Mag. Molterer: Sozialdemokrat!) Das ist so nicht möglich. Deswegen sind wir für die Verfassung eingetreten, deswegen haben wir 17 Monate im Konvent und danach noch ein Jahr in der Regierungskonferenz gearbeitet. (Beifall bei der SPÖ.)

Der Punkt, um den es geht, ist, dass man Europa konsolidieren muss, damit es über­haupt wieder handlungsfähig wird. Man kann nicht so tun, als wäre nichts gewesen, und einfach fortfahren. (Abg. Rädler: Machen Sie es in Deutschland!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, worum es geht, ist, endlich eine Kehrt­wende in der tatsächlichen Politik zu machen, nicht bei der Verfassung, sondern in der Politik. Das, was die Menschen erwarten, ist, dass ihre Alltagssorgen endlich ernst genommen werden, und das sind die Sorgen und das Interesse um den Arbeitsplatz für sich selbst und für ihre Kinder (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl), das sind die Sorgen um die soziale Sicherheit, das sind die Sorgen um die Umweltpolitik.

Das, was Sie hier machen, ist eine Politik, die den grenzüberschreitend tätigen Unter­nehmen hilft – das bestreite ich überhaupt nicht –, aber das, was die Menschen spüren, ist, dass sie nicht im Zentrum dieser Politik stehen. Und daher haben sie dazu nein gesagt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben ein ordentliches Stück Arbeit vor uns, nämlich den Teil der Verfassung nachzuholen, den uns die Regierungschefs das letzte Mal nicht erlaubt haben, den Teil III gründlich zu überarbeiten, sodass diese Verfassung für Bürgerinteressen sensibel wird. Das ist das, worum es geht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

9.38



Nationalrat, XXII.GP
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112. Sitzung / Seite 30

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


9.38.33

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Es freut mich, heute zu hören, dass Herr Kollege Einem das damalige Volksbegehren der FPÖ, den Euro erst am Ende der Wirtschafts- und Währungsunion einzuführen, zugestimmt hat. (Abg. Dr. Einem: Sie haben nicht zugehört!) Das hat mich heute wirklich überrascht, Herr Kollege. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir brauchen keine Kehrtwende in der österreichischen EU-Politik. Diese Bundes­regierung, meine Damen und Herren, hat österreichische Interessen seit ihrem Beste­hen (Abg. Mag. Wurm: Transitvertrag, das war super!), nicht erst bei den Sanktionen und nicht erst bei den Modalitäten, die den Beitritt der Türkei betreffen, durchgesetzt, sondern auch in anderen wesentlichen Fragen.

Aber ich gebe Ihnen zum Teil Recht, Herr Kollege, wir brauchen eine Änderung der gesamteuropäischen Politik. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir müssen uns klar vor Augen führen, dass diese Verfassung gescheitert ist! Die gesamte Arbeit an dieser Verfassung, die wir jetzt seit mehreren Jahren geleistet haben, war vergeblich! Europa wird sich auf all seinen Entscheidungsebenen zusam­mensetzen müssen und die Vorgangsweise neu beurteilen und neu bestimmen müs­sen.

Diese Verfassung hätte eine wesentliche Verbesserung für die Europäische Union gebracht, sie hätte zumindest in wesentlichen Bereichen Verbesserungen gebracht in Hinblick auf den Status quo, den wir jetzt durch die Verträge von Nizza und andere haben.

Diese umfassenden Verhandlungen, meine Damen und Herren, müssen auch zu einer Änderung der gesamten EU-Politik führen. (Abg. Parnigoni: Da haben Sie Recht!) Und da gebe ich den Kollegen der SPÖ durchaus Recht: Nicht diese Verfassung war schlecht – ich gebe Ihnen Recht: Nicht diese Verfassung war schlecht! –, aber die EU-Politik war schlecht in wesentlichen, in wichtigen Bereichen. (Ah-Rufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Es kann nicht sein, dass wir eine wichtige Verfassung in einen Ratifizierungsprozess einbringen und es auf europäischer Ebene nur die Debatte über eine schrankenlose Erweiterung der Union gibt. (Abg. Marizzi: Genau!) Es kann nicht sein, dass sich die europäischen Institutionen nicht intensivst mit der Vertiefung der Union befassen, das heißt mit der Implementierung der jetzigen wirtschaftlichen und politischen Situation in den jetzigen Mitgliedsländern, sondern sich ständig nur – und das ist der Eindruck des Bürgers, und dieser Eindruck war nicht falsch – abge­hoben und arrogant in einem Politikfeld bewegen, das die Menschen nicht verstehen können.

Das, meine Damen und Herren, wird in den nächsten Monaten auf europäischer Ebene auch der österreichische Auftrag sein: diese europäische Politik zu korrigieren. Wir brauchen jetzt ernsthaft mehr Vertiefung als Erweiterung. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Niemand in der Europäischen Union, kein Bürger in Frankreich und Holland, der jetzt über die Verfassung abstimmen musste, hat nur über die Verfassung abgestimmt. Jeder dieser Bürger, die hier abgestimmt haben, hat auch die EU-Politik der nationalen Regierung im Blickfeld gehabt, aber auch die europäische Politik, die ich jetzt in wesentlichen Kriterien geschildert habe.

Die Europäische Union muss sich auch ihrer Rolle als Beschützerin Europas im Rahmen der Globalisierung bewusst werden. (Abg. Marizzi: Sehr gut!) Hier gebe ich


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112. Sitzung / Seite 31

Ihnen auch Recht, Herr Kollege Gusenbauer: Die Europäische Union muss sich dieser Rolle bewusst werden! Es kann nicht sein, dass es in einem so schwierigen Prozesszeitraum, während der Anerkennung und Ratifizierung dieser Verfassung, ständig zur Auslagerung von Arbeitsplätzen, zur Auslagerung von wirtschaftlichen Res­sourcen, welche die Union braucht, in fernöstliche Länder kommt und die Union tatenlos zusieht. Die Europäische Union muss auch, bei aller Anerkennung der Welt­handelsorganisation und der Regeln dieser Organisation, diese Rolle spielen. Sie muss beginnen, im Rahmen der negativen Auswirkungen der Globalisierung die Interessen Europas kraftvoll zu vertreten.

Das, glaube ich, muss die Rolle der Europäischen Union sein. Und wenn sie in den nächsten Jahren diese Rolle spielen kann, wenn ihr das gelingt, dann hat sie auch die Möglichkeit, die Bevölkerung für nächste wichtige europapolitische Schritte wieder zu gewinnen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Gerade in diesem Zusammenhang hat sich wieder gezeigt, wie heilsam Volksabstimmungen sind. Es tut mir eigentlich Leid, dass wir auch auf österreichischer Ebene diese Volksabstimmung nicht hatten, denn Volksabstimmungen zwingen die Europäische Union, gerade dann, wenn sie einmal negativ ausgehen, zu einem Kurswechsel, zwingen die Europäische Union zu einer Nachdenkpause und vielleicht auf einen besseren Kurs. – Danke sehr. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Frau Abgeordnete Dr. Gla­wischnig-Piesczek. Ihre Redezeit ist 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete. Ich hoffe, ich habe Ihren Namen richtig ausgesprochen – das Haus gratuliert Ihnen! (Allgemeiner Beifall.)

 


9.43.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Danke! – Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Grünen haben die Euro­päische Verfassung vor wenigen Wochen in dem Bewusstsein ratifiziert, dass es wichtig ist, dass dieses Europa – und das sind wir – eine Verfassung bekommt. Wir als europäische Bürgerinnen und Bürger brauchen eine Verfassung. Mir macht es jetzt Sorge, wie diese Abstimmungen in Holland und in Frankreich dazu verwendet werden, sich wieder abzugrenzen von diesem Projekt Europa, wieder in nationale Stimmungen zu verfallen und auch nationalen Populismus zu betreiben. Und dass man hier sagt: die Europäische Union – und wir hier mit unseren österreichischen Interessen, das ist der komplett falsche Ansatz. Es geht um uns als Europa! Wir brauchen eine Verfassung, wir als europäische Bürgerinnen und Bürger! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

Die Politik der Europäischen Union ist nicht etwas Abgehobenes, was irgendwelche Bürokraten in Brüssel entscheiden, sondern das sind Entscheidungen, die der öster­reichische Bundeskanzler, der österreichische Finanzminister, der österreichische Arbeitsminister, der österreichische Umweltminister jeden Monat immer wieder neu treffen. Das sind österreichische Entscheidungen, wir haben hier ein Mitbestim­mungs­recht.

Da bin ich schon etwas irritiert, Herr Bundeskanzler, und ich unterstelle Ihnen auch große Unglaubwürdigkeit, wenn Sie sich nun herstellen und sagen: Na ja, logisch, der Europäischen Verfassung hat die soziale Dimension gefehlt! – Da müssen Sie sich schon zurückerinnern lassen, dass diese Bundesregierung einiges versäumt hat, nämlich genau diese soziale Dimension im Verfassungsvertrag zu verankern. Im Gegenteil. Die Regierungen, und da war auch Österreich mit dabei, haben sogar


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112. Sitzung / Seite 32

mitgemacht, die soziale Dimension des Verfassungsentwurfs auf dem Weg vom Euro­päischen Konvent hin zum endgültigen Entwurf noch zu verwässern. Ich sage nur ein Beispiel: die so genannte Vollbeschäftigung als Ziel der Europäischen Union. Dieses Ziel hat es ursprünglich gegeben, aber das wurde gestrichen. Und daran waren unsere Vertretungen in Brüssel maßgeblich beteiligt.

Ein zweites Beispiel: die Steuerharmonisierung. Steuerharmonisierung ist in der Euro­päischen Union sehr, sehr wichtig, um dieses Dumping zwischen den Staaten, diesen beinharten Wettbewerb, den es in Europa nicht mehr geben sollte, zu lindern und mittelfristig auch abzustellen. Ich sage nur ein Stichwort: Körperschaftsteuer­senkung in der Slowakei, wo Österreich dann sofort nachziehen musste. Diesem ruinösen Standortwettbewerb muss die Europäische Union begegnen! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Der ursprüngliche Entwurf sah ein Mehrstimmigkeitsprinzip vor, damit nicht einzelne Länder weiter ein Veto gegen eine Steuerharmonisierung einlegen können. Auch Österreich war mit dabei, das wieder zu streichen. Und das, Herr Bundeskanzler, müssen Sie sich schon als Vorwurf gefallen lassen: Sie waren auch Vorreiter von neoliberaler Politik in der Europäischen Union mit Ihren Entscheidungen, auch mit nationalen Entscheidungen. Schauen Sie sich nur die letzte Steuerreform an mit den Steuervorteilen für multinationale Konzerne, Gewinnmöglichkeiten, Verlustabschreibe­möglichkeiten im Ausland vom österreichischen Steuerzahler abgelten zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Selbstverständlich, die Europäische Union ist noch unvollständig. Wenn man sich das als ein Haus vorstellt, das noch nicht ganz fertig gebaut ist, teilweise schon renovie­rungsbedürftig ist, und in diesem Haus sitzen 25 Mieterparteien, und jeder hat besonderes Interesse nur für seine eigene Wohnung, dann kann man sich vorstellen, wie schwierig es ist, einen gemeinsamen Sanierungsplan oder Weiterentwicklungs­bauplan für dieses Haus zu erstellen. Und genau das ist das Problem.

Es gibt Defizite, aber man darf sie nicht aus der nationalen Perspektive sehen, sondern muss sie aus der gemeinsamen Perspektive sehen. Wenn man das Nettozahler­sys­tem reformieren will, dann darf man das nicht unter dem Aspekt machen: Wir jedenfalls weniger!, sondern ausschließlich unter dem Aspekt: Die Stärkeren helfen den Schwächeren, nämlich im Sinne einer gemeinsamen positiven Weiterentwicklung. (Beifall bei den Grünen.)

Die Demokratie ist nach wie vor unvollständig. Es gibt nach wie vor sehr wenig Transparenz. Es gibt nach wie vor den Euratom-Vertrag, allerdings wäre er nur mehr ein Anhängsel gewesen und nicht in den Gründungsverträgen per se verankert. Die Europäische Union ist nach wie vor noch keine Sozialunion. Und vom nachhaltigen Wirtschaften sind wir auch noch relativ weit entfernt. Aber ich kenne keinen anderen Teil der Welt – und man kann in alle Himmelsrichtungen blicken, man kann in die USA schauen, man kann nach Westen, man kann nach Osten schauen –, es gibt sonst keine Staaten, keine Staatengemeinschaft, die sich verantwortlich dafür fühlt, eine gerechtere Weltordnung herzustellen, ob das nachhaltiges Wirtschaften ist, Umwelt­schutz, Friedensorientierung, soziale Gerechtigkeit. Das ist die Aufgabe der Euro­päischen Union, und es ist auch unsere Aufgabe, dafür einzutreten. Und dafür braucht es nicht weniger Europa, sondern definitiv mehr Europa, viel mehr Europa! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es gibt positive Beispiele, die wir schon geschafft haben als europäische Politiker und Politikerinnen, nämlich vor allem die Friedensorientierung. 60 Jahre Frieden in Europa ist eine Leistung, aber es ist noch sehr, sehr viel zu tun, und dafür brauchen wir eine Verfassung.


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Ich gestehe ein, dass es in den letzten Tagen auch bei uns im Klub und in der Partei gewisse Ratlosigkeit in den Diskussionen gegeben hat, wie man da jetzt weiter vor­gehen soll. Es ist jedenfalls ein massiver Rückschlag für Europa, sich jetzt noch einmal damit auseinander setzen zu müssen, noch einmal diese 25 Mieterparteien unter einen Hut zu bringen und eine Verfassung zu schaffen. Aber ich fürchte, es wird uns nichts anderes übrig bleiben.

Im Übrigen zum BZÖ noch ein Wort: Jörg Haider gründet gerade seine dritte Partei. Nachdem das BZÖ sehr, sehr diszipliniert und brav den Verfassungsvertrag hier ratifiziert hat, tritt sein Parteichef draußen gegen diese Verfassung auf! – Das ist unglaubwürdig, und das ist genau die Politik, die mittelfristig europäisches Bewusst­sein, europäische Dimensionen für die Bürger und Bürgerinnen kaputt macht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

9.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindeleg­ger. – Bitte.

 


9.49.36

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! (Abg. Dr. Cap: Liebe Europäer!) Die SPÖ hat heute für ihre Aktuelle Stunde einen Titel gewählt, der ein wenig falsch ist. Es geht nämlich nicht um eine Kehrtwendung der EU-Politik, sondern in Wirklichkeit um eine Kehrtwendung der SPÖ-Politik. Und das ist das Bemerkenswerte, das wir heute feststellen müssen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Das haben die Bürger in Frankreich und Holland nicht bewirken wollen: dass die SPÖ in Österreich auf Grund dieser Referenden all das aufgibt, was bisher in europäischer Hinsicht Ziel ihrer Politik war. (Abg. Mag. Wurm: Das Volk hat gesprochen! Das Volk!)

Meine Damen und Herren! Es ist wirklich bemerkenswert, wenn man den Rednern der SPÖ zuhört, was sich da offenbar innerhalb von vier Wochen alles verändert hat. Vor vier Wochen wurde die Europäische Verfassung gepriesen, es wurde das Friedens­projekt Europa hervorgehoben. Man hat die Inhalte der Europäischen Union und die Integration besonders gelobt. – Vier Wochen später ist anscheinend alles anders.

In der Europäischen Verfassung gibt es die Inhalte, meine Damen und Herren, die Sie jetzt einfordern. Sie sagen, das seien die falschen Inhalte. Die Europäische Verfassung hat bei den Zielsetzungen zum Inhalt, Vollbeschäftigung zu erreichen. Meine Damen und Herren, das ist genau das, was Sie wollen: Dass man sich darauf konzentriert, dass es mehr Beschäftigung gibt, dass das ein gemeinsames Ziel ist. Es ist Gegen­stand dieser Europäischen Verfassung. Daher sind die Inhalte richtig und nicht falsch! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter.)

Zum Zweiten erklären Sie uns heute, die Österreicher würden sich wieder den Schilling wünschen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wer hat das gesagt?) Leider sind Sie da völlig falsch unterwegs, Herr Kollege Einem, obwohl ich Sie als Europapolitiker sonst sehr schätze. Gerade gestern hat OGM eine Umfrage veröffentlicht, die feststellt, dass 21 Prozent der Befragten den Schilling wieder haben wollen, aber 73 Prozent der Österreicher für den Euro sind. (Abg. Dr. Matznetter: Haben Sie Schwierigkeiten, den Kollegen Einem zu verstehen?) Meine Damen und Herren! Eine Kehrtwende offenbar in der SPÖ-Politik, dass man sich jetzt schon nicht mehr auf das konzentriert, was die Österreicher wollen. – Wir wollen den Euro, wir behalten den Euro, wir sind auf der Linie der Österreicher! (Beifall bei der ÖVP.)


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Ein Drittes, geschätzte Damen und Herren: Kollege Gusenbauer beharrt in Fernseh­interviews: kein Euro mehr für die Europäische Union! Erinnern wir uns doch ein paar Wochen zurück: Wir haben im Hauptausschuss eine intensive Diskussion darüber gehabt, ob Österreich vertreten soll, dass wir als Nettozahler im Rahmen der Euro­päischen Union bei 1 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt bleiben sollen. Wir haben das vertreten, aber wir wurden kritisiert. Was glauben Sie, von wem? – Von der SPÖ, meine Damen und Herren! Man hat gesagt, das sei die falsche Politik, man könne sich doch nicht auf eine 1-Prozent-Marke festlegen, wir hätten so viele Aufgaben in Europa. – Meine Damen und Herren, eine Kehrtwende in der SPÖ-Politik, die offenbar wirklich gewaltig ist! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: 1 Prozent ist schon eine Erhöhung!)

Ein wenig entsetzt bin ich schon darüber, denn eine Partei, die eine Kehrtwende der Politik, die sie jetzt jahrelang vertreten hat, innerhalb von wenigen Wochen vollzieht, das ist für mich keine Partei, der man wirklich Verantwortung zutrauen kann, das zukünftige Europa zu gestalten.

Die Probleme sind tatsächlich schwierig, denn die Schlussfolgerungen aus diesen beiden Referenden können wir alle nicht so mit einem Fingerschnipp ziehen und sa­gen: Das ist die richtige Lösung! (Abg. Dr. Matznetter: Abgemeldet von der so­zialen ...!) Es muss sehr behutsam und mit klarem Kopf versucht werden zu erörtern, was denn tatsächlich die Ursache ist. Ob das der Inhalt der Verfassung ist, ob das eher nationale Probleme sind, ob man sich ein Europa wünscht, das stärker ist oder das mehr in Richtung der Nationalstaaten geht, das bedarf wirklich einer Analyse, die man erst anstellen kann, wenn das Bild vollständig ist.

Und das Bild ist noch nicht vollständig. Zehn Staaten haben ratifiziert, darunter Österreich, zwei haben Nein gesagt, die nächsten Volksabstimmungen stehen an, und wir werden erst ein Urteil fällen können, wenn das Bild wirklich vollständig ist. Natürlich muss man das in sehr behutsamer Art und Weise angehen, und man muss auch lernen daraus.

Ich möchte schließen damit, was ein wirklich beachtlicher Europapolitiker, nämlich der frühere deutsche Bundespräsident Herzog, vor dem Europäischen Parlament gesagt hat. Er hat die Frage gestellt: Europa im Zweifel? In Wirklichkeit zweifeln immer wieder Bürger daran, und auch wir manchmal, ob es die richtige Politik ist. Er hat aber auch eine Antwort darauf gegeben, die richtig ist, nämlich: Im Zweifel Europa.

Meine Damen und Herren! Das ist eine Antwort, zu der eigentlich wir alle stehen sollten. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

9.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


9.54.36

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesminister! Herr Abgeordneter, den Titel lesen! Es steht dort nicht: Kehrt­wende in der EU-Verfassung, sondern Kehrtwende“ (Abg. Mag. Molterer: ... bei der SPÖ!) in der EU-Politik“. Kehrtwende in der EU-Politik! Und da müssen Sie sich selbst ernst nehmen, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungs­parteien: Entweder stehen Sie zu den Texten der Verfassung, dann bedeutet das tatsächlich eine Kehrtwende in der EU-Politik, oder Sie wollen die alte Politik fort­setzen, den Menschen etwas vorzugaukeln und eine andere Linie zu verfolgen. Darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg.


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Dr. Lopatka: Es kennt sich kein Mensch mehr aus! Totales Chaos! Zickzack! – Abg. Mag. Wurm: Haben Sie ein Problem, Herr Lopatka?)

Es ist im großen Interesse der arbeitenden Menschen, der Bevölkerung in Europa, dass diese Verfassung, die nicht das Gelbe vom Ei, aber ein gewaltiger Schritt vor­wärts ist, umgesetzt werden kann. Das heißt aber auch, dass sie für die Menschen erlebbar sein muss. Und wenn gleichzeitig in diesem Zusammenhang erklärt wird, entgegen der Meinung des Europäischen Parlaments in der Dienstleistungsrichtlinie: Wir machen weiter, wie wir das geplant haben, und nehmen nicht Rücksicht auf das Herkunftslandprinzip!, dann ist das genau das, was zu unserer Forderung führt: Eine Kehrtwende in der europäischen Politik ist notwendig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Oder: Wie halten Sie es denn mit der Arbeitszeitrichtlinie? Da hat das Europäische Parlament vor zwei Wochen in einer Mehrheitsabstimmung eine Änderung verlangt. Dann treffen sich die Arbeits- und Sozialminister und machen wieder eine Kehrtwende im Sinne von: Wir haben das vorgeschlagen, wir bleiben bei diesem Weg! – Darum geht es, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Und wenn die Europäische Union und die Regierungschefs im Jahr 2000 beschlossen haben, 2010 wissensbasierte, wachstumsorientierte Politik, die Beschäftigung schafft, und in diesem Papier 2000 beschlossen worden ist – wir haben das revidiert –, dass es mehr und bessere Beschäftigung geben soll, die Realität aber so ausschaut, dass die Arbeitslosenrate steigt, dann ist die Forderung nach einer Kehrtwende in der EU-Politik gerechtfertigter denn je. Denn: Es geht um Menschen in diesem Europa und nicht nur einseitig um Wachstum und Wirtschaft. Es geht um Menschen und Beschäftigung in diesem Europa! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich glaube, wir können doch in einem übereinstimmen: Die Globalisierung der Wirt­schaft bewegt sich, wohin sie will. Und genau deswegen ist es so wichtig, dass die Europäische Verfassung Wirklichkeit wird. Genau deswegen ist es so wichtig, dass für die Menschen erlebbar wird, dass diejenigen, die eine Europäische Verfassung verlangen, es auch im eigenen Bereich tun. Wir haben 275 000 ... (Abg. Mag. Molte­rer: Warum sagt der Gusenbauer: Ratifizierungsstopp!?) – Herr Abgeordneter, Sie wissen sehr gut, dass die EU selbst gesagt hat: Wenn ein Land dagegen ist, dann ist dieses Projekt gestorben. Daher müssen wir jetzt neu überlegen, wie es tatsächlich weitergeht? Es geht darum, den Bürgerinnen und Bürgern durch reale, erlebbare Politik begreifbar zu machen, dass die Europäische Verfassung für sie etwas Positives ist.

Nehmen Sie die Morgenmeldungen von heute früh aus Deutschland her: AEG schließt das Werk mit 1 300 Beschäftigten und wandert in den Osten ab. Schauen Sie sich Europa auf der Landkarte an! Ich habe das Glück, dass ich gestern eine National-Geographic-Europakarte (der Redner hält diese in die Höhe) bekommen habe. Wohin wollen wir wandern mit dem Wohlstand? Dort hin, wo es hell ist, oder dort hin, wo es dunkel ist? Ich glaube, dass nach wie vor Wachstum und Beschäftigung in ganz Euro­pa – egal, wo wir uns befinden – auch Wohlstand bringen. Man kann den Menschen nicht einfach sagen: Wir müssen runter mit den Löhnen, runter mit den Sozial­bedin­gungen! Das ist nicht das Europa, das in der Verfassung steht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen anderen Begriff davon. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Wir leben doch in der Realität und sind jeden Tag konfrontiert mit Forderungen, dass wir uns ändern müssen. Ja, genau deswegen steht in der Verfassung, dass soziale Grundrechte auch ein wesentlicher Bestandteil sind. Das ist ein gewaltiger Schritt. Er fordert einen Stopp der realen EU-Politik und nicht einen Stopp der Verfassung, meine


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sehr geehrten Damen und Herren! Das ist der Punkt, um den es letztendlich geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht darum, dass die Regierungschefs das ernst nehmen, was sie selbst beschlos­sen haben: die Lissabon-Strategie, Wachstum und Beschäftigung, mehr und bessere Arbeitsplätze. Und da haben wir im eigenen Land genug zu tun. Alle Arbeitslosen in Österreich zusammengefasst würden das Burgenland ohne Beschäftigung bedeuten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Was unternehmen wir in den Ausbildungs­fragen? Was unternehmen wir bei den Investitionen? Was unternehmen wir in der gesamten Wirtschaftspolitik, damit Beschäftigung in unserem Lande wieder zunimmt und nicht abnimmt? – Das ist, so glaube ich, die Herausforderung, für die wir stehen.

Ein Ja zur Verfassung, ein Nein zur Realität der Politik in Europa – das ist unsere Linie! (Beifall bei der SPÖ.)

9.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.00.04

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Wir kennen ja jetzt schon den Mechanismus in Europa: Wann immer eine Volksabstimmung, ein Volksentscheid in einem europäischen Land negativ ausgeht, gibt es zunächst einmal furchtbares Ent­setzen, Überraschung – und dann gibt es Schweigen, dann gibt es ein Überlegen: Was tut man jetzt?, dann gibt es die Selbstkritik: Ja, Europa ist zu wenig bürgernah, ja, hier gibt es vielleicht den einen oder anderen Mangel! – Und dann passiert einmal einige Zeit nichts, und schließlich denkt man, es sei Gras darüber gewachsen, und geht wieder zur Tagesordnung über, und zwar so lange, bis man bei der nächsten Volks­abstimmung wieder einen negativen Entscheid bekommt (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), Herr Kollege Parnigoni.

Diesen Kreislauf müssen wird durchbrechen! Und vielleicht gerade deshalb, weil man diesen Kreislauf bis jetzt nicht durchbrochen hat, hat man auch in Europa – letztlich auch in Österreich, Herr Kollege Parnigoni – so sehr Angst vor dieser Meinung der Bevölkerung, vor dieser europakritischen Haltung und diesem Auseinanderdriften zwi­schen dem europäischen Gedanken, den europäischen Idealen und der Realität im Bewusstsein der Bevölkerung.

Diese Gefahr ist ja auch hier gegeben. Warum hat noch niemand in der Europäischen Union und auch in den meisten Mitgliedsländern darüber nachgedacht, was denn passieren soll, wenn die Europäische Verfassung in einem oder mehreren Ländern nicht ratifiziert wird? Ich habe das in den letzten Wochen und Monaten oft gefragt, und jeder hat mir dazu gesagt: Darüber denken wir jetzt nicht nach, da warten wir erst einmal ab, ob das überhaupt der Fall sein wird!, denn es darf ja nicht sein, dass die Bevölkerung hier nicht den Politikern und Institutionen in der Europäischen Union folgt. – Und jetzt sehen wir, dass man eben keine Vorsorge betrieben hat und auch noch keine Idee dazu hat; aber es soll alles so weitergehen wie bisher. Und wenn es dann Kritik gibt, dann verweist man auf das Friedensprojekt der Union, und angesichts dessen ist alles andere zweitrangig.

Ja, auch wir haben bei der Ratifizierung, bei der Diskussion hier auf dieses Friedens­projekt der Europäischen Union verwiesen: Das ist einzigartig, das ist wichtig, und deshalb ist auch die Europäische Union wichtig, deshalb ist auch diese Europäische Verfassung wichtig. Aber der Verweis auf dieses Friedensprojekt darf nicht die Mängel, die Kritik zudecken. Kritik ist notwendig und wichtig, damit wir diese Strukturen auf ein


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neues Gleis – nicht zurück, sondern nach vorne, aber auf ein neues Gleis – bringen: nicht gegen Europa, sondern für ein Europa, aber ein Europa der Bürger  und nicht der Institutionen und der Bürokraten, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Lentsch.)

Deshalb ist es für mich nicht möglich, zu sagen, wir gehen zur Tagesordnung über, so, als wäre nichts geschehen. Diese Verfassung ist Voraussetzung für das Europa der 25, und deshalb können wir jetzt nicht so tun, als wäre nichts passiert, und etwa mit der Türkei Beitrittsgespräche beginnen. Da stellt sich auch die Frage: Was ist mit den nächsten Erweiterungen? Ich stehe dazu, dass etwa Kroatien ein wichtiges Land für die Europäische Union ist, aber wir können nicht diese Schritte tun, ohne die Voraussetzungen dafür zu schaffen, und das ist eine Europäische Verfassung. – Und genau solche Dinge waren auch in anderen Bereichen Fehler.

Herr Kollege Gusenbauer und Herr Kollege Einem, ich meine, so klar ist ja die Linie in der Europapolitik bei Ihnen noch nicht! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die war noch nie klar, die Linie!) Aber was heißt denn „Kehrtwende“? – Kehrtwende zurück, auch in Öster­reich, zu einer Europapolitik der neunziger Jahre, die Sie zu verantworten gehabt haben und die genau dem entsprochen hat, was wir heute in Europa kritisieren (Abg. Dr. Puswald: Außenminister Schüssel!): dass man nach außen so getan hat, als wäre alles in Ordnung, und nach innen alles zugedeckt hat und genau diese Offensive für die Bürger vermissen hat lassen?

Wir haben das damals kritisiert – Kollege Bösch hat das richtig angesprochen. Warum hat man es nicht geschafft, in der Europäischen Union zuerst eine Wirtschaftsunion zusammenzubringen, die Voraussetzung für eine gemeinsame Währung gewesen wäre? Das hat man nicht zusammengebracht, man hat den zweiten Schritt vor dem ersten gesetzt – und heute diskutiert man darüber, ob der Euro die Stärke, die Konse­quenz und die Stabilität haben wird, die wir alle brauchen, meine Damen und Herren. Aber von der Wirtschaftsunion, von der Steuerunion sind wir nach wie vor weit entfernt.

Warum, meine Damen und Herren, haben Sie damals bei den Beitrittsverhandlungen der Bevölkerung nicht reinen Wein eingeschenkt darüber, welche Konsequenzen das haben wird? Da hat man mit Ederer-Tausendern (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Kräuter und Dr. Niederwieser) herumgeworfen, da hat man versprochen, dass die Neutralität von A bis Z gewahrt werden kann, und gleichzeitig hat man in der Euro­päischen Union und auch hier in der Verfassungsrealität genau das Gegenteil getan. Das sind doch die Dinge, die die Menschen spüren! Vielleicht wissen sie es nicht – klar, denn die Informationen gibt es eben nur in unzureichendem Maße –, aber es ist das Spüren, dass sich die Realität von dem, was gesagt wurde, entfernt.

Wir brauchen mehr Europa, ja, aber ein selbstbewusstes Europa, das wieder zurück zu den Bürgern geht – und nicht zu den Institutionen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


10.05.36

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren, auch auf der Galerie und vor den Bild­schirmen! Wir von den Grünen haben das Nein eines Großteils der Bevölkerung in Frankreich und auch in den Niederlanden zu dieser Europäischen Verfassung be­dauert. Aber: Bei zahlreichen Aspekten, die in diesen Ländern den Ausschlag für die­ses Nein gegeben haben, haben wir für diese Haltung auch Verständnis; wobei das


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Nein in unseren Augen nicht direkt mit der Verfassung verknüpft war, sondern es war Ausdruck von Kritik an einer unsozialen – und auch unökologischen – Politik der Re­gierungen der beiden betroffenen Länder, aber auch zahlreicher anderer Regie­run­gen in Europa (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Rot-Grün in Deutschland!), auch der öster­reichi­schen Bundesregierung. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Kritik an dieser unsozialen Ausrichtung vieler Regierungen und auch der euro­päischen Politik war es vor allem, die den Ausschlag gegeben hat. Und da stimmt es schon, dass auch die österreichische Bundesregierung an dieser Politik mit beteiligt war, denn wie auch schon meine Vorrednerin Eva Glawischnig gesagt hat: Auch die österreichische Bundesregierung war ein Vorreiter dafür, neoliberale Elemente im dritten Teil dieser Verfassung zu verankern.

Im ersten Teil steht nämlich die Vollbeschäftigung drinnen, steht die soziale Markt­wirtschaft drinnen. Und was Sie, mit allen anderen Regierungen, dann bei der Regie­rungskonferenz getan haben, war, das alles abzuschwächen – nicht nur abzu­schwächen, sondern in eine andere Richtung zu lenken, nämlich dann nur noch die freie Marktwirtschaft hineinzuschreiben. Von „sozial“ war dann keine Rede mehr!

Irgendwann einmal hat einer Ihrer vielen Vorgänger – Herr Dr. Riegler war das meiner Erinnerung nach – sogar noch von einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft gesprochen. (Ruf bei der ÖVP: Öko-sozial!) Bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, und in der Regierung, die von Ihnen angeführt wird, ist davon nicht mehr die Rede! Und Sie haben es auch nicht geschafft, innerhalb der Regierungskonferenz darauf zu pochen, dass diese Elemente im dritten Teil der Verfassung verankert werden. Nein, Sie haben das verabsäumt!

Genauso ist es beim Punkt Vollbeschäftigung: Im ersten Teil ist er drinnen. Im dritten Teil steht dann nur mehr: ein hohes Beschäftigungsniveau. – Auch das haben Sie mit zu verantworten. Und wenn Sie und auch Herr Klubobmann Molterer jetzt sagen, wir müssen Linie halten und nur weitermachen und nichts neu machen, dann kann ich dazu nur sagen: Bei dieser Linie, Herr Bundeskanzler, gehen die Grünen nicht mit! Die Grünen gehen bei einer Linie mit, die heißt: Ja zur Verfassung, zu einer Europäischen Verfassung – aber in der Politik braucht es sehr wohl eine andere Ausrichtung. Da braucht es eine Ausrichtung, die mehr zu einer sozialen und zu einer ökologischen Politik hin geht. – Diese gibt es auf Ihrer Seite nämlich nicht.

Genauso verhält es sich mit dem Punkt Steuerharmonisierung: Der Europäische Konvent hat das ja noch vorgehabt. Doch die Regierungskonferenz hat es verhindert! Und wenn Sie jetzt sagen: Ja, weitermachen wie bisher!, dann meine ich, Herr Bun­deskanzler, das kann es nicht sein, denn das Steuerdumping, das innerhalb der EU möglich ist, hätte der Entwurf, so wie er vom Verfassungskonvent ursprünglich vor­gelegt wurde, verunmöglicht.

Das heißt, man kann jetzt nicht so weitermachen wie bisher und angesichts der Ängste und Bedenken, die es in Frankreich, in den Niederlanden und auch in anderen Ländern gibt, einfach nur sagen: Pech gehabt! Die haben halt nicht mitgestimmt. Machen wir so weiter wie bisher! – Es wird notwendig sein, so etwas wie einen neuen Konvent oder eine Fortsetzung des alten einzuberufen und genau diese sozialen Aspekte neu zu behandeln. Das wird notwendig sein, um tatsächlich der Bevölkerung mehr Vertrauen dahin gehend zu geben, dass dieses Europa eines ist, das dem Anspruch, den es hat – Soziales zu verankern, ein soziales Netz zu haben, Gerechtigkeit nicht nur inner­halb Europas, sondern auch gegenüber anderen Teilen der Welt voranzutreiben, und vor allem auch ein Friedenseuropa zu sein –, auch gerecht wird. Nur dann wir das möglich sein! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Zu diesem Punkt des friedlichen Europa: Ich kann schon nachvollziehen, wenn Herr Klubobmann Gusenbauer meint, die Last müsse innerhalb der europäischen Staaten neu verteilt werden. Es stimmt, dass die 10 Neuen mehr Unterstützung brauchen und dass es auch innerhalb der 15 alten Mitgliedstaaten zu einer neuen Verteilung kommen sollte. Aber nicht nur die 10 Neuen brauchen mehr Unterstützung, sondern Solidarität in Europa heißt auch Solidarität gegenüber Kroatien, Bulgarien, Rumänien und den anderen Staaten des Balkans, denn dieses Friedensprojekt ist nur dann abzusichern, wenn auch den Ländern Südosteuropas eine Perspektive gegeben wird. Und das kostet nun einmal etwas! Es kostet aber viel weniger als ein Krieg und ein Wieder­aufbau – vom menschlichen Leid ganz zu schweigen. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Im Sinne dieses Friedensprojektes Europa ist es sehr wohl nötig, auch die Last inner­halb der EU-Staaten neu zu verteilen. Das heißt aber nicht, weniger zu zahlen, son­dern sich durchaus zu überlegen, ob man da nicht auch mehr zahlen muss. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Matznetter.)

10.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.11.20 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3056/J bis 3101/J.

Zurückziehung: 3051/J.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 34/JPR.

2. Anfragebeantwortungen: 2728/AB bis 2836/AB.

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 2536/AB.

Anfragebeantwortung (Präsident des Nationalrates): 31/ABPR.

3. Regierungsvorlagen:

Agrarrechtsänderungsgesetz 2005 (968 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Kapitalmarktgesetz, das Börsegesetz, das Investment­fondsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz und das Finanzmarktaufsichtsbehörden­gesetz geändert werden (969 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Qualitätssicherung bei Abschluss­prüfungen (Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz – A-QSG) erlassen und das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz geändert wird (970 d.B.),

Gewerberechtsnovelle 2005 (971 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeits­kräfteüberlassungsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Einkommen­steu­er­gesetz 1988 sowie das Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz 1957 ge­ändert werden (972 d.B.),


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Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Zivildienstgesetz 1986, das Bundes­finanzgesetz 2005 und das Bundesfinanzgesetz 2006 geändert werden (ZDG-Novelle 2005) (973 d.B.),

Schulrechtspaket 2005 (975 d.B.),

Bundesgesetz über die Veräußerung von unbeweglichem Bundesvermögen (983 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Körperschafts­teuergesetz 1988 geändert werden (VAG-Novelle 2005) (984 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuer­ge­setz 1994, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Bundesfinanzgesetz 2005, das Bundesfinanzgesetz 2006, das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktien­gesellschaft und der Post und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000), das Bundesgesetz über die Verwaltung und Koordination der Finanz- und sonstigen Bundesschulden (Bundesfinanzierungsgesetz) und das Bausparkassen­gesetz geändert werden – Wirtschafts- und Beschäftigungsgesetz 2005 (992 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Tierversuchsgesetz geändert wird (993 d.B.),

Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz) (995 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Patentgesetz 1970 und das Ge­brauchsmustergesetz geändert werden (997 d.B.).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 61 betreffend „Für die Senkung der UVP-Schwellenwerte und die Erweiterung der Bürgerbeteiligung im Genehmigungsverfahren von Intensiv­tier­haltungen“, überreicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 62 betreffend „Kostenlose Schutzimpfungen gegen Hepatitis-B für frei­willige FeuerwehrhelferInnen“, überreicht vom Abgeordneten Hermann Krist,

Petition Nr. 63 betreffend „Gewalt gegen Frauen – nicht mit ihnen – nicht mit uns!“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Gabriele Heinisch-Hosek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner und Matthias Ellmauer,

Petition Nr. 64 betreffend „Autobahn-Ortsdurchfahrt von Altlengbach (Bereich A 1 Knoten Steinhäusl), überreicht vom Abgeordneten Johann Kurzbauer;

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürger­ini­tiativen an andere Ausschüsse:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Petition Nr. 24 betreffend „Verbesserung der Stellung von Behinderten- und Zentral­behinderten-Vertrauenspersonen“, überreicht von der Abgeordneten Theresia Haidl­mayr;


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Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Petition Nr. 63 betreffend „Gewalt gegen Frauen – nicht mit ihnen – nicht mit uns!“, überreicht von den Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Gabriele Heinisch-Hosek, Dipl.-Ing. Elke Achleitner und Matthias Ellmauer;

Landesverteidigungsausschuss:

Petition Nr. 37 betreffend „Struckerkaserne in Tamsweg“, überreicht vom Abgeord­neten Mag. Johann Maier,

Petition Nr. 56 betreffend „Gegen die Schließung der Kopalkaserne in St. Pölten“, über­reicht vom Abgeordneten Anton Heinzl,

Petition Nr. 58 betreffend „Resolution zur Erhaltung der Kaserne Freistadt“, überreicht vom Abgeordneten Walter Schopf (zugewiesen am 31. Mai 2005);

Verfassungsausschuss:

Petition Nr. 33 betreffend „Österreich ist ein Sozialstaat – schreiben wir es in die Verfas­sung“, überreicht vom Abgeordneten Dietmar Keck;

Verkehrsausschuss:

Petition Nr. 36 betreffend „Resolution der Marktgemeinde Guntramsdorf als Anrainer­gemeinde der A 2“, überreicht von der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek,

Petition Nr. 38 betreffend „Lärm macht krank“, überreicht von der Abgeordneten Heide­marie Rest-Hinterseer,

Petition Nr. 39 betreffend „Umweltverträglichkeitsprüfung für den Neubau der Hochleis­tungs­bahnstrecke Tauernbahn in der Kur- und Tourismusregion Gasteiner Tal: Eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit!“, überreicht von den Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Dr. Gabriela Moser, Erika Scharer, Dr. Christian Puswald, Mag. Peter Michael Ikrath, Mag. Hans Langreiter und Dr. Caspar Einem,

Petition Nr. 40 betreffend „Umweltverträglichkeitsprüfung für den Neubau der Hoch­geschwindigkeitsbahnstrecke Gasteinertal: Eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit!“, überreicht von den Abgeordneten Dr. Christian Puswald, Mag. Peter Michael Ikrath,

Bürgerinitiative Nr. 20 betreffend „Die Verhinderung der S 7 südlich der Lafnitz“,

Bürgerinitiative Nr. 24 betreffend „Für ein Schienenlärmschutzgesetz“;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und Rumänien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (981 d.B.);

Ausschuss für Menschenrechte:

Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention (996 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes über das Kunsthistorische Museum mit Museum für Völkerkunde und Österreichischem Theatermuseum (Reihe Bund 2005/5) (III-149 d.B.),


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Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/6 (III-151 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 91. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz angenommene Übereinkommen (Nr. 185) über Ausweise für See­leute (Neufassung), 2003 (III-154 d.B.);

Familienausschuss:

Bericht der Bundesregierung über 10 Jahre österreichische Familienpolitik (IJF 1994 + 10) (III-155 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2005, vorgelegt von der Bun­desministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-152 d.B.).

*****

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der SPÖ hat gemäß § 74a Abs. 2 der Geschäftsordnung vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 635/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend vorzeitige Abberufung des Ge­schäftsführers des Kunsthistorischen Museums und Neubesetzung des Kuratoriums des Kunsthistorischen Museums dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird der Dringliche Antrag um 15 Uhr behandelt werden.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2764/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beant­wortung 2764/AB der Anfrage 2794/J des Abgeordneten Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schlussfolgerungen des Vorsitzes beim Europäischen Rat am 22. und 23. März 2005 durch den Herrn Bundeskanzler abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die Behandlung eines Dringlichen Antrages verlangt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss an diese stattfinden.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 und 2, 3 bis 5, 6 und 7, 8 und 9 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Werden dagegen Einwendungen erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir gehen daher so vor.


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Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Ge­staltung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitlicher Parlamentsklub 96 Minuten, Grüne 104 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Debatte in der Zeit von 10.10 Uhr bis 12.00 Uhr, die vom ORF übertragen wird, getroffen: zunächst je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 10 Minuten, anschließend der Herr Minister mit 10 Minu­ten, ferner eine Wortmeldung pro Fraktion mit 7 Minuten, sodann ein Regierungs­mit­glied mit 5 Minuten und schließlich je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten.

Vor Beginn der letzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit vom Vorsitz führenden Präsidenten gleichmäßig auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass alle Fraktionen gleichmäßig zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach der Fern­sehübertragung beziehungsweise am Ende der Debatte aufgerufen werden.

Über diese Redezeitvereinbarung entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das Zeichen erfolgt einstimmig. Wir gehen daher so vor.

10.14.361. Punkt

Bericht des Landesverteidigungsausschusses über die Regierungsvorlage (949 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinar­gesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 – WRÄG 2005) (955 d.B.)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Landesverteidigungsausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991 geän­dert wird (956 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird durch Herrn Abgeordneten Gaál eröffnet. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.15.17

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir haben heute völlig geänderte sicherheitspolitische Bedingungen in Europa. Um auf die Bedrohungen und Herausforderungen des 21. Jahr­hunderts reagieren zu können, ist eine Reform des österreichischen Bundes­heeres unabdingbar – eine Reform, die wir seit Jahren fordern. Das war auch mit ein


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Grund, dass wir uns in der Bundesheerreformkommission sehr aktiv eingebracht haben. Die Empfehlungen der Reformkommission sind das Ergebnis eines breiten politischen Konsenses. Nun geht es um die Umsetzung dieser Empfehlungen, und das macht eine Änderung des Wehrgesetzes 2001 notwendig.

Im Grundsatz gehen wir diesen neuen Weg mit, trägt er doch auch unsere Handschrift. Aber eines sei deutlich gesagt, um Missverständnisse von Anbeginn an hintanzuhalten, Herr Bundesminister: Die konstruktive Mitarbeit und die Zustimmung der SPÖ zum Ergebnis der Reform bedeuten keinesfalls die Zustimmung zur Eurofighter-Beschaf­fung! Im Gegenteil: Sie wissen es so gut wie ich, Herr Bundesminister, der Kauf bindet in Zukunft sämtliche Budgetmittel und gefährdet die Umsetzung der Reform. Diese Reform ist aber lebensnotwendig für das österreichische Bundesheer – andernfalls kommt es zu einem Begräbnis zweiter Klasse, und das wollen wir ja nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, die klassische Landesverteidigung tritt in den Hintergrund, hat nicht mehr den Stellenwert, den sie in der Vergangenheit hatte. Im Vordergrund steht die internationale Herausforderung. Aber auch hier sei festgehalten: Die Beteiligung des neutralen Österreich an militärischen Einsätzen in Europa kann künftighin nur im Einklang mit der UNO und der OSZE erfolgen!

Wir haben daher das österreichische Bundesheer auf diese neuen, internationalen Auf­gaben vorzubereiten. Das erfordert eine moderne, zukunftsorientierte Organisation, eine Einsatzorganisation mit schlanken Strukturen, insbesondere in den obersten Führungsebenen und Verwaltungsbereichen, und auch eine Aufwertung der Truppe.

Aber, Herr Bundesminister, die Umorganisation und Reorganisation der Zentralstelle fehlt bis dato in Ihren Unterlagen und Konzepten. Es fehlen vor allem die konkreten finanziellen Festlegungen, die konkreten finanziellen Vorsorgen für die Umsetzung der Reform. Wir wissen, dass sie mindestens 2,5 Milliarden € kostet. Sie sprechen im Zusammenhang mit den Kasernenverkäufen sehr vorsichtig davon, dass dabei 1 Milliarde € an Erlösen möglich sein könnten. Daher fehlen für die Finanzierung der Reform nach Ihrer Rechnung immerhin 1 bis 1,5 Milliarden € – das sind in Altwährung immerhin 20 Milliarden Schilling. Wo wollen Sie die hernehmen?

Daher machen wir uns zu Recht Sorgen um die Umsetzung der Reform, machen wir uns zu Recht Sorgen um das österreichische Bundesheer, denn auch notwendige Beschaffungen werden in Hinkunft nicht mehr möglich sein. Seit Jahren verlangen wir und fordert der Rechnungshof Beschaffungs- und Ausgabenpläne mit einer ent­sprechenden Prioritätenreihung. Auch das alles gibt es nicht, Herr Bundesminister!

Wir haben erst bei unserem letzten Besuch in Sarajevo feststellen müssen, dass auch die notwendige Ausrüstung fehlt. Die Soldaten klagen über das Fehlen von Kampf­anzügen, die Sie seit Jahren hier versprechen.

Insgesamt gesagt, Herr Bundesminister: Wir brauchen dringend eine Neuordnung des Beschaffungswesens, und wir sind bereit, auch hier einen Beitrag zu leisten. Nur: Sie müssen auf unsere Konzepte auch einmal eingehen, Herr Bundesminister! (Beifall bei der SPÖ.)

Dennoch, Herr Bundesminister, stehe ich nicht an, zu sagen: Es gibt Gemeinsamkeiten in der Sicherheitspolitik – im Grundsätzlichen! Im Detail schaut es leider immer anders aus. Und das ist auch der heutigen Regierungsvorlage zu entnehmen. Es kommt Ihrer­seits oftmals zu einer gänzlich anderen Gewichtung der Empfehlungen, was zu einer


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Entfremdung des Empfehlungstextes führt. Das werden wir nicht zulassen, dem werden wir nicht zustimmen!

Daher wird es auch von uns ein Nein zu der von Ihnen angestrebten Vorgangsweise bei der Verkürzung der Wehrpflicht geben, obwohl es sich hier um eine jahrzehnte­lange Forderung der SPÖ handelt. Wir sind immer für eine gesetzliche Verankerung der Wehrdienstverkürzung auf sechs Monate eingetreten (Abg. Murauer: Warum habt ihr es nicht umgesetzt?), aber all unsere Anträge wurden immer wieder von Ihnen abgelehnt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) – Unbegründet abgelehnt!

Wir wollen für die jungen Menschen Rechtssicherheit, Herr Bundesminister, sodass sie sich darauf verlassen können, dass sechs Monate auch tatsächlich sechs Monate bleiben. Aber diese Rechtssicherheit ist hier nicht gegeben. Die jungen Österreicher, die nunmehr Wehrdienst leisten, sind der Laune der Politik, des jeweiligen Ministers, der jeweiligen Partei ausgeliefert und müssen damit rechnen, dass sie gegebenenfalls noch bis 2008 länger dienen müssen, nur weil sich die Regierungsparteien nicht einigen konnten. (Abg. Scheibner: Was heißt „länger dienen müssen“?)

Wir haben immer wieder betont: Sicherheitspolitik eignet sich nicht für Parteipolitik! Und für einen Parteienstreit, lieber Kollege Scheibner, ist sie völlig ungeeignet. Daher ist es für mich unverständlich, dass junge Präsenzdienstleistende für die koalitionäre Uneinigkeit büßen müssen. Dazu sagen wir nein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: ... eigenen Bericht lesen!)

Dennoch – insgesamt ein Ja zu dieser Uraltforderung der SPÖ; lieber Herbert Scheibner, sechs Monate sind genug! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ihr wollt es doch ganz abschaffen! Bundesheer light!)

Gleiches, meine Damen und Herren, gilt auch für die Anpassung des Heeresumfanges an die neuen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen. Als wir nämlich 1999 diesen wichtigen Schritt, also die Reduzierung, die Anpassung des Heeresumfanges forder­ten, gab es reflexartiges ÖVP-Kampfgetöse, insbesondere in Niederösterreich. Kollege Fasslabend – Werner, du lachst hier wissend –, als wir damals von 60 000 Mann sprachen, hieß es in den Kasernen, die SPÖ sei für die Halbierung des Bundesheeres, vernichte Tausende von Arbeitsplätzen. Heute, meine Damen und Herren, sechs Jahre später, können wir feststellen, dass sich unsere konstruktiven, vorausschauenden Argumente durchgesetzt haben, was mich besonders freut. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das glauben nicht einmal die eigenen ...!)

Herr Bundesminister! Positiv zu bewerten ist der Ausbildungsdienst für Wehrpflichtige, der bisher nur Frauen zugänglich war, er gilt nunmehr auch für die Wehr­dienst­leistenden. Aber auch hier gibt es einen Wermutstropfen, es haben nämlich Männer im Falle eines Ausstieges aus diesem Ausbildungsdienst eine Rückzahlungsverpflichtung von maximal 3 410 €, also ein riesiges, vorhersehbares Problem, das sie sich damit einhandeln.

Besondere Schwierigkeiten erwarten wir uns diesbezüglich im Bereich der Einjährig-Freiwilligen-Ausbildung, da diese Ausbildung nur mehr auf Basis dieses neuen Aus­bildungsdienstes erfolgen kann. Wenn nun der junge Soldat im Laufe der Einjährig-Freiwilligen-Ausbildung ausscheidet, hat er, außer wegen Krankheit, ebenfalls diese enormen Rückzahlungen zu leisten. Diese negative Begleiterscheinung, meine Damen und Herren, ist für mich unverständlich. (Abg. Scheibner: Er kriegt ja auch etwas!) Ein schlechtes Testergebnis – und der junge engagierte Soldat muss gehen; und als Strafe ist er auch noch mit einer hohen Rückzahlungsforderung konfrontiert.


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Diese Konstruktion ist kompliziert, ist verwaltungsintensiv und erzeugt neue Unge­rechtigkeit, findet daher nicht unsere Zustimmung. Herr Bundesminister! Unser Ange­bot lautet: Diese Rückzahlungsverpflichtung muss fallen, wenn Sie uns im Boot haben wollen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Punkt sei noch angesprochen, meine Damen und Herren, und zwar Änderungen im Militärbefugnisgesetz, welche Sie nunmehr vornehmen müssen, weil Sie der Verfas­sungsgerichtshof dazu verpflichtet. Dies bestätigt nur unsere Bedenken und zeigt, wie wichtig es war, dass wir seinerzeit dieses verfassungswidrige Militärbefugnis­gesetz abgelehnt haben. Und unser Nein bleibt weiterhin aufrecht! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister, zum Schluss sei noch Folgendes gesagt: Überdenken Sie diese teuerste Fehlentscheidung der Zweiten Republik, nämlich den Kauf der Eurofighter! (Abg. Scheibner: Das musste ja noch kommen zum Schluss!) Nützen Sie die Aus­stiegsklausel, denn nur so können Sie verhindern, dass diese Reform nicht zu einem reinen Sparprogramm wird, das auf Kosten der Sicherheit unseres Landes geht! Und das findet nicht unsere Zustimmung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

10.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Murauer. Auch er spricht 10 Minuten zu uns. – Bitte.

 


10.25.30

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben in der heutigen Aktuellen Stunde über Europa gesprochen, und ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass dieses Europa-Projekt, in dem wir ein gleich­berechtigtes, mit gleicher Verantwortung ausgestattetes Mitglied sind, ein europäisches Friedensprojekt ist, ein erfolgreiches Projekt, das es in der Vergangenheit noch nie gegeben hat. Und auf diesem Weg sollten wir nicht umdrehen, sondern weitergehen. Das ist die zentrale Botschaft in Sachen Sicherheit! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren! Das österreichische Bundesheer hat sich, seitdem es die Ergebnisse der Reformkommission gibt, zum Ziel gesetzt, schlanker zu werden, dadurch noch mehr Effizienz zu haben sowie entsprechend beweglich und einsatzstark für Österreich und für internationale Aufgaben zu werden, um diese Aufgaben erfüllen zu können. Das Wehrrechtsänderungsgesetz, das heute vorliegt, ist ein wesentlicher Schritt in der Umsetzung dieser Reformbemühungen.

Die SPÖ hat heute darauf aufmerksam gemacht, dass sie schon seit Jahrzehnten eine Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate gefordert hat. – Jawohl, aber sie hat es nie umgesetzt. (Abg. Mag. Wurm: Sie waren dagegen!) Kreisky hat uns, als er angetreten ist, versprochen: Sechs Monate sind genug! Diese Regierung mit der ÖVP setzt das jetzt um, wir können der Jugend die Botschaft verkünden: Jawohl, ab Jänner nächsten Jahres können alle darauf vertrauen, dass der Grundwehrdienst nur mehr sechs Monate lang geleistet werden muss. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Der Einwand, dass ein Minister, dass der Verteidigungs­minister nicht in der Lage sein könnte beziehungsweise keine Rechtsposition hätte, den Grundwehrdienst mit Weisung zeitlich begrenzt zu verkürzen, stimmt einfach nicht. Das heißt, wir beschließen heute, dass ab 2008 das Gesetz Gültigkeit hat, dass aber jeder Grundwehrdiener im kommenden Jahr die Sicherheit hat, mit sechs Monaten Grundwehrdienst auszukommen, und zu keiner Truppenübung mehr einberufen wird.


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Das ist Sicherheit für die Jugend, das ist Sicherheit für deren Eltern, aber auch für die Wirtschaft, die sich darauf verlassen kann.

Und dieser Grundwehrdienst wird auch weiterhin attraktiver gemacht – auch das sollten wir herausstreichen: Es wird Belohnungen, Geldleistungen, Sachleistungen geben, damit dieser Grundwehrdienst attraktiver wird. Ich möchte daran erinnern, dass in der Ausbildung der Ausbildner, zum Beispiel in der Heeresunteroffiziersakademie, darauf geachtet wird, dass gerade dem pädagogischen Aspekt entsprechend Rech­nung getragen wird. Als es die Probleme mit den Übungen einer Geiselnahme gegeben hat, hat der Herr Bundesminister sofort reagiert und mittels Ausbildungs­regeln einen genauen Unterschied zwischen Kader und Grundwehrdiener gemacht. Jetzt weiß jeder, was der Kaderausbildung und was der Grundwehrdienerausbildung dient.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer Schwerpunkt des Wehrrechtsänderungs­gesetzes ist, dass man in Zukunft zwölf Monate Ausbildungsdienst machen kann. Ziel ist, entsprechend große Personalressourcen zu bekommen und auch den Frauen mehr Möglichkeiten zu bieten. Das monatliche Entgelt dafür wird jetzt – und das sollte man schon positiv herausstreichen – von 256 € netto auf 824 € erhöht, also mehr als verdreifacht. Das ist schon ein Anreiz, um länger beim Bundesheer zu bleiben, sich in Zukunft vielleicht auch als Berufssoldat zu verpflichten oder Milizübungen zu absol­vieren.

Dass die Miliz auch den Frauen geöffnet wird, ist ein wesentlicher Teil dieser Reform, weil wir – bereits jetzt gibt es über 200 Frauen beim Bundesheer – den Frauen damit noch bessere Möglichkeiten für eine Berufskarriere beim Bundesheer eröffnen.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang – Kollege Gaál hat darauf auf­merksam gemacht, dass jemand, der diese zwölf Monate nicht durchdient, das Geld wieder zurückzahlen müsste – bringe ich einen Abänderungsantrag ein. Er liegt Ihnen vor und sieht im Wesentlichen die Aliquotierung der Rückzahlung vor; wenn also ein Grundwehrdiener, der sich zwölf Monate verpflichtet hat, früher aufhört, dann muss er die Anteile aliquot und nicht das Ganze zurückzahlen. Ein zweiter Aspekt dieses Antrages ist, dass die Milizprämie für die Anspruchsberechtigten bereits ab 1. Jänner 2006 gewährt wird.

Meine Damen und Herren! Ein weiterer wichtiger Punkt des Wehrrechts­änderungs­gesetzes ist es, dass wir der Miliz einen entsprechenden Stellenwert geben. Mit der Bundesheerreform hat man sich dazu bekannt, dass der Miliz mehr Bedeutung zukommen soll: Die Milizbataillone werden den Militärkommanden in den einzelnen Bundesländern unterstellt, sodass bei Katastrophen, aber auch im Sicherheitseinsatz jene Soldatinnen und Soldaten einberufen werden, zur Verfügung gestellt werden können, die Land und Leute kennen und dann vor Ort wirklich effizient Hilfe und Unter­stützung leisten können – eine ganz wesentliche Angelegenheit auch für die Militär­kom­manden beziehungsweise eine Unterstreichung der Wichtigkeit der Milizbataillone.

Die Bundesheerreform beinhaltet darüber hinaus, dass, wenn man schon sagt, das Bundesheer muss schlanker werden, natürlich Reduzierungen stattfinden. Von insge­samt zur Verfügung stehenden 110 000 Soldatinnen und Soldaten wird es in Zukunft nur mehr 55 000 geben. „Nur“ ist in diesem Zusammenhang natürlich relativ, weil wir auch mit 55 000 in der Lage sein werden, unsere Aufgaben zu erfüllen. So wird es statt sechs Kommanden der oberen Führung nur mehr zwei geben, statt fünf nur vier Brigaden und statt 57 Bataillonen nur mehr 39.


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Das Wesentliche dabei ist jedoch: Wie hoch ist der Befüllungsgrad? Wie weit sind diese Kontingente befüllt? Wie können sie dadurch die Aufgaben im Inland und im Ausland auch effizient erfüllen?

Und es ist wiederum ein Aspekt der Sicherheit, dass 10 000 Soldatinnen und Soldaten alleine für Österreich – und das immer! – zur Verfügung gestellt werden, wenn das Bundesheer zum Schutz und zur Hilfe der österreichischen Bevölkerung gebraucht wird. Als ein ganz wesentlicher Aspekt für die internationalen Aufgaben werden 1 500 Mann permanent zur Verfügung stehen.

Natürlich wird uns mit der Schließung von Kasernen eine bittere Pille verabreicht. Interessant ist dabei ja, dass sich so mancher Abgeordnete oder auch Herr Lan­deshauptmann-Stellvertreter Haider in Oberösterreich nur populistisch äußern und den Erfolg, den Landeshauptmann Dr. Pühringer erreicht hat, nämlich dass nur eine Kaserne geschlossen wird – leider Gottes in meiner Nähe, jedenfalls aber ist es nur eine Kaserne, die geschlossen werden muss –, schlechtmachen und populistisch sagen, das komme nicht in Frage und man werde alles dagegen unternehmen.

Meine Damen und Herren! Abschließend: Die Bundesheerreform und die heutige Gesetzesvorlage dienen dazu, dass wir Österreich weiter Sicherheit gewähren, dass wir mit dem Bundesheer die Bevölkerung unseres Landes schützen und unterstützen können.

Im Übrigen weise ich zum Abschluss darauf hin, dass die Beschaffung der Eurofighter eine vernünftige, eine kostengünstige Beschaffung ist, die der Sicherheit Österreichs dient. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heit­lichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

10.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Murauer in seinen Grundzügen und Kernaussagen erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslager­gesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz ge­ändert werden – Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 –, in der Fassung des Ausschuss­berichtes 955 der Beilagen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Wegen seines Umfanges wird er an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeres­disziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 – WRÄG 2005) (949 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (955 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:


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112. Sitzung / Seite 49

1. Im Art. 1 Z 12 lautet § 38 Abs. 3:

„(3) Frauen und Wehrpflichtige können während des Ausbildungsdienstes eine vorbereitende Milizausbildung absolvieren.“

2. Im Art. 1 Z 16 lautet § 60 Abs. 2c:

„(2c) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschriften zu § 3, zum 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes und zu den §§ 37 bis 40, zu § 48a sowie zu § 62, § 1 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 2, § 17 Abs. 7, § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 6, der 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes und die §§ 37 bis 40, jeweils samt Überschrift, § 41 Abs. 3, § 48a samt Überschrift, § 54, § 55 Abs. 3 sowie § 61 Abs. 24, 28, 29 und 30, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Juli 2005 in Kraft.“

3. Im Art. 1 Z 19 wird in der Novellierungsanordnung die Zahl „29“ durch die Zahl „30“ und werden im § 61 die Abs. 28 und 29 durch folgende Abs. 28, 29 und 30 ersetzt:

„(28) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 treten im § 38 Abs. 3 an die Stelle der Worte „vorbereitende Milizausbildung“ die Worte „vorbereitende Kaderausbildung“.

(29) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 sind in den Fällen des § 38b Abs. 4 die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 fünfter und sechster Satz über die Dauer des Grundwehrdienstes in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 geltenden Fassung nicht anzuwenden.

(30) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 sind in den Fällen des § 38b Abs. 6 die Bestimmungen des § 21 Abs. 3 und 4 über die Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen und die Einteilung zu einer vorbereitenden Kaderausbildung in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 geltenden Fassung anzuwenden.“

4. Im Art. 3 lautet die Z 2:

„2. § 5 lautet:

‚§ 5. (1) Anspruchsberechtigten, die den Grundwehrdienst leisten, gebührt für jeden Kalendermonat eine Grundvergütung in der Höhe von 4,41 vH des Bezugsansatzes.

(2) Schließen Anspruchsberechtigte eine vorbereitende Milizausbildung erfolgreich ab, so gebührt ihnen eine Erfolgsprämie in der Höhe von 19,74 vH des Bezugsansatzes.‘“

5. Im Art. 3 lautet die Z 4:

„4. Dem § 6 werden folgende Abs. 4 und 5 angefügt:

‚(4) Endet der Ausbildungsdienst eines Wehrpflichtigen vorzeitig, so gilt Folgendes:

1. Bei einer Beendigung vor Ablauf des sechsten Monates einer Wehrdienstleistung hat der Wehrpflichtige dem Bund einen Betrag zu erstatten in der Höhe von 28,58 vH des Bezugsansatzes für jede vollständig angefallene Monatsprämie nach Abs. 1, die in den ersten sechs Monaten einer Wehrdienstleistung dieses Wehrpflichtigen angefallen ist. Für nur teilweise angefallene Monatsprämien gilt dies nur für den jeweils verhältnismäßigen Teil dieser Geldleistung.

2. Bei einer Beendigung zu einem späteren Zeitpunkt hat der Wehrpflichtige dem Bund einen Betrag zu erstatten wie folgt:


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Beendigungszeitpunkt

Höhe des Erstattungsbetrages

bis zum Ablauf des 7. Monates einer Wehrdienstleistung

fiktiver Betrag nach Z 1 mal 0,86

bis zum Ablauf des 8. Monates einer Wehrdienstleistung

fiktiver Betrag nach Z 1 mal 0,71

bis zum Ablauf des 9. Monates einer Wehrdienstleistung

fiktiver Betrag nach Z 1 mal 0,57

bis zum Ablauf des 10. Monates einer Wehrdienstleistung

fiktiver Betrag nach Z 1 mal 0,42

bis zum Ablauf des 11. Monates einer Wehrdienstleistung

fiktiver Betrag nach Z 1 mal 0,29

bis zum Ablauf des 12. Monates einer Wehrdienstleistung

fiktiver Betrag nach Z 1 mal 0,14

3. Der Erstattungsbetrag nach den Z 1 und 2 ist wie ein Übergenuss hereinzubringen.

(5) Abs. 4 gilt nicht bei einer vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsdienstes wegen

1. Dienstunfähigkeit nach § 30 Abs. 3 WG 2001 oder

2. einer erfolgten Geburt nach § 38b Abs. 5 WG 2001 oder

3. einer unmittelbar daran anschließenden Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Bund als Soldat nach § 1 Abs. 3 Z 2 WG 2001.‘“

6. Im Art. 3 lautet die Z 14:

„14. Im § 60 werden nach Abs. 2c folgende 2d, e und f eingefügt:

‚(2d) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschrift zu § 49a, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1, 4 und 5, § 11 Abs. 1, § 23 Abs. 1, § 24 Abs. 4, § 45 Abs. 5, § 49a samt Überschrift sowie § 54 Abs. 6, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Juli 2005 in Kraft.

(2e) § 5 Abs. 2 sowie § 61 Abs. 14 und 15, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Jänner 2006 in Kraft.

(2f) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschriften zu § 4a, § 9a und § 12, § 2 Abs. 2, § 4a samt Überschrift, § 9, § 9a samt Überschrift, § 12 Abs. 4 sowie § 36 Abs. 1, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Jänner 2008 in Kraft.‘“

7. Im Art. 3 wird nach Z 16 folgende Z 17 angefügt:

„17. Dem § 61 werden folgende Abs. 14 und 15 angefügt:

‚(14) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 tritt im § 5 Abs. 2 an die Stelle des Wortes „Milizausbildung“ das Wort „Kaderausbildung“.


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(15) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 gebührt Anspruchsberechtigten, die eine Kaderübung leisten, eine Milizprämie. Die Höhe der für einen Kalendermonat gebührenden Milizprämie beträgt folgenden Hundertsatz des Bezugsansatzes:

Dienstgradgruppe

Rekruten und Chargen                                                                      14,34 vH,

Unteroffiziere                                                                                          18,36 vH,

Offiziere                                                                                                    23,66 vH.‘“

Begründung:

Zu den Z 1 und 3 (§ 38 Abs. 3 und § 61 Abs. 28 bis 30 WG 2001):

Die vorgesehenen Änderungen dienen zur Bereinigung eines Redaktionsversehens.

Zu den Z 2, 4, 6 und 7 (§ 60 Abs. 2c WG 2001 sowie §§ 5, 60 Abs. 2d bis f und § 61 Abs. 14 HGG 2001):

Die vorgesehenen Änderungen dienen der legistischen Anpassung.

Zur Z 5 (§ 6 Abs. 4 und 5 HGG 2001):

Aus Billigkeitsgründen soll die – im Hinblick auf die verfassungsrechtlich verankerte Wehr­pflicht (Art. 9a Abs. 3 B VG) ausschließlich auf Männer beschränkte – Rückerstattungspflicht bei einer vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsdienstes in jenen Fällen, in denen diese Wehrdienstleistung über das Ausmaß zur (verpflich­tenden) Grundwehrdienstleistung hinaus geht, im Verhältnis zur jeweiligen Dauer des Ausbildungsdienstes degressiv gestaltet werden. Mit dieser der Dauer der Dienst­leistung proportionalen Reduzierung dieser Ersatzpflicht können damit – zusätzlich zu den bei der Hereinbringung vorgesehenen Maßnahmen (Ratenzahlung, Stundung, völlig Abstandnahme) – insbesondere auch sachlich nicht gerechtfertigte Härten vermieden werden.

Zur Z 7 (§ 61 Abs. 15 HGG 2001):

Die ab 1. Jänner 2008 vorgesehene Milizprämie für Anspruchsberechtigte, die ab diesem Zeitpunkt eine Milizübung leisten werden, soll aus Billigkeitsgründen bereits ab 1. Jänner 2006 jenen Anspruchsberechtigten gebühren, die nach § 21 WG 2001 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung Kaderübungen leisten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Seine Redezeit beträgt gleichfalls 10 Minuten. – Bitte.

 


10.36.20

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister Platter, zuerst der einzige Punkt, in dem wir uns sicherlich sogar über die Zahl einig sind: Ich darf Ihnen ganz herzlich zum 51. Geburtstag gratulieren. Diese Zahl, nämlich die Zahl 51, stelle ich in der Debatte außer Streit. (Heiterkeit.) Über alle anderen Zahlen, befürchte ich, sind wir anderer Meinung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Immerhin!)

Heute liegen ein Gesetzesantrag vor, den Wehrdienst zu verkürzen, sowie ein Plan, Kasernen zu verkaufen. Die Bundesregierung, die Regierungsmehrheit möchte heute beschließen, den Präsenzdienst in Österreich bis 2008 bei acht Monaten zu belassen


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und ihn dann auf sechs Monate zu verkürzen. Das war der Vorschlag der Frei­heitlichen – beider Freiheitlichen Gruppen –, und die ÖVP hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. Es gibt darüber hinaus eine Verwendungszusage des Ministers (Abg. Mag. Molterer: Eine Zusicherung!), diese Verkürzung mit einer Weisung von 2008 auf 2006 vorzuziehen. (Abg. Mag. Molterer: Genau!)

Jeder Minister, der eine, zwei Wochen, zwei Monate später unterschreibt, dass wieder auf acht Monate verlängert wird, hat das mit einer Unterschrift wieder weggewischt, mit einer Unterschrift wieder aufgehoben! (Abg. Mag. Molterer: Welcher Minister wird das tun? Der Günther Platter nicht!) Und gerade in Zeiten eines Kabinetts Schüssel, da man nicht genau weiß, wie lange ein Minister im Amt bleibt, wie also der Verteidi­gungsminister in zwei Monaten heißt (Rufe bei der ÖVP: Günther Platter!), ist es nicht besonders gut und schafft es nicht besonders viel Vertrauen, wenn eine Minister­unterschrift ein Gesetz ersetzen soll. (Beifall bei den Grünen.)

Da es hier einen Drei-Parteien-Konsens gibt, dass die Wehrpflicht ab 1. Jänner 2006 auf sechs Monate verkürzt werden soll, wollen wir die gesetzliche Sicherheit dieser Verkürzung schaffen und bringen – ich bin mir sicher, die SPÖ wird das unterstützen; und ich bin mir sicher, die ÖVP wird das unterstützen wollen – einen Abän­derungs­antrag, der bereits verteilt worden ist, ein, ebendiese Wehrpflicht gesetzlich ab 1. Jänner 2006 auf sechs Monate zu verkürzen.

Ich ersuche die Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei, ihrem Minis­ter endlich einmal offen zur Seite zu stehen und Rechtssicherheit zu schaffen! Es kann doch nicht so sein, dass, nur weil Sie sich mit den Freiheitlichen auch in dieser Frage nicht einigen können, Weisungen Gesetze ändern müssen, dass verfassungsmäßig unklare Zustände herrschen und dass die Präsenzdiener der Zukunft nicht wissen, ob sie ab 1. Jänner 2006 für sechs oder für acht Monate eingezogen werden! (Abg. Mag. Regler: Sechs!)

Unser Vorschlag darüber hinaus ist ein ganz anderer, und das ist schlicht und einfach der Vorschlag, die Menschen seriös zu informieren: Ab dem Jahre 2009 werden wir nicht mehr diskutieren: sechs Monate oder acht Monate, da wird es keinen Assistenz­einsatz an den österreichischen Ostgrenzen mehr geben, da werden wir keine Schengen-Außengrenze mehr haben, da wird es nichts mehr vom Bundesheer und von Präsenzdienern zu bewachen geben, und da werden wir darüber befinden müssen, ob weiterhin junge Männer ohne jeden Sinn sechs Monate zum militärischen Dienst gezwungen werden oder ob der Präsenzdienst endlich abgeschafft wird. – Und ich hoffe, nachdem wir uns jetzt nicht darauf einigen konnten, dass spätestens 2008, 2009 eine Mehrheit in diesem Hause die überfällige Abschaffung des Präsenzdienstes beschließen wird. – Das ist das Erste. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das Zweite ist die Frage der Kasernen. Ich finde es durchaus anerkennenswert, dass sich der Verteidigungsminister gegen eine Phalanx aus Landeshauptleuten und SPÖ zumindest teilweise durchgesetzt hat und bei einem Teil seiner Pläne geblieben ist. Nur, Herr Verteidigungsminister, auch wenn gestern ordentlich gefeiert worden ist, soll­ten wir trotzdem heute bei den richtigen Zahlen bleiben: Die 1 Milliarde € Erlös aus Kasernenverkäufen, die Sie angekündigt haben, gibt es nicht einmal in internen Papieren des Verteidigungsministeriums. Die höchste Wunschzahl, die es intern gibt, sind 700 Millionen €. Nach dem, was jetzt die Landeshauptleute wieder als Geschenke, als Zugeständnisse bekommen haben, bleiben nach den internen Schätzungen Ihres Hauses 300 bis 400 Millionen € übrig. Sie wissen genauso gut wie ich, Herr Bundesminister, Sie werden den versprochenen Anteil an der Reform über diesen ersten Verkauf, den wir für sinnvoll erachten, aber für zu wenig halten, Sie werden die Finanzierungsziele nicht erreichen können.


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Sie haben der österreichischen Bevölkerung 40 Prozent der Liegenschaften ver­sprochen, Sie haben gestern 20 Prozent – wertmäßig – der Liegenschaften der Öffent­lichkeit präsentiert. Sie haben die Hälfte Ihres Versprechens eingelöst, Sie sind die Hälfte Ihres Versprechens schuldig geblieben.

Und Sie haben etwas gemacht, was vielleicht taktisch verständlich ist, was ich aber politisch nicht verstehe: Sie haben in einzelnen, nicht unwichtigen Fällen einem absurden Kasernenpopulismus nachgegeben. Sie wissen, dass die Kasernen in Ober­österreich, in Niederösterreich, in Salzburg und in der Steiermark, bei denen Sie nachgegeben haben, in drei, vier Jahren geschlossen werden müssen, weil es dann diese Einheiten nicht mehr geben wird. Sie könnten ja heute fairerweise den Menschen dort sagen: Ja, die Waldviertler Kasernen werden in drei Jahren zugesperrt. Ja, Tamsweg muss in drei Jahren zugesperrt werden. Aigen in der Obersteiermark wird wahrscheinlich schon früher zugesperrt werden, weil wir es uns nicht leisten können und weil es die Einheiten nicht mehr gibt. (Abg. Murauer: Haben Sie schon wieder eine Liste, Herr Pilz?)

Da bilden Sie mit der Spitze der SPÖ eine Einheitsfront zur Wahrung leer stehender Kasernen und sagen den Menschen: Es gibt nichts Wichtigeres für die Zukunft benach­teiligter Regionen als leer stehende Kasernen. (Abg. Mag. Molterer: Herr Pilz! Sagen Sie, welche Sie zusperren wollen!) Und dann kämpft die SPÖ darüber hinaus für die gänzliche Erhaltung der mächtigen österreichischen Militärmusik. Dann entnehme ich den Debatten der letzten Tage eine Haltung der SPÖ-neu für die Militärmusik und gegen den Euro und frage mich langsam: Was ist aus der Politik dieser Partei gewor­den? Ist eine Militärmusik-Kapelle wirklich wichtiger als ein klares Bekenntnis zur Europäischen Union in einer schweren Krisensituation? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Für Gusenbauer schon!) Ist es wirklich wichtiger, leer stehende Kasernen zu verteidigen, als zu sagen, dass die europäische Friedenspolitik auch mit dem Gelingen der Bun­desheerreform an einem Scheideweg steht? Ist es nicht wichtig, von der Bundes­heerreform bis zu einem zweiten Anlauf zu mehr europäischer Demokratie alles zu unternehmen, um bei dem Konsens, den wir in diesem Hause bereits hatten, zu bleiben?

Ja, es ist richtig: Die französische Bevölkerung zwingt uns, einige Fragen in Europa vollkommen neu zu bewerten. Frankreich hat die soziale Frage auf die Tagesordnung der Union gesetzt, und Frankreich hat auch einige wichtige friedenspolitische Fragen nicht nur für Brüssel, sondern für alle beteiligten Staaten gestellt. – Weil es diese Fragen zu beantworten gilt, haben wir uns entschlossen, eine gemeinsame Heeres­reform zur Europäisierung der Friedensstrukturen durchzuführen. Vier Parteien haben beschlossen, die klassische Landesverteidigung aufzugeben und sich an einem euro­päischen Friedensprojekt zu beteiligen – und plötzlich landet das bei der Verteidigung leer stehender Kasernen und bei der Verteidigung jeder Tschinelle und jeder Tuba. Da hat sich Österreich Besseres verdient, und da hat sich Europa Besseres verdient!

Ich plädiere dafür: Stellen wir den Konsens der Bundesheerreformkommission, der zumindest ein Drei-, wahrscheinlich Dreieinhalb-Parteien-Konsens war, über die großen Ziele der österreichischen Friedenspolitik wieder her! Orientieren wir uns wie­der an Europa, und hören wir endlich mit diesem kleinkarierten Kasernen- und Tschi­nellenpopulismus auf!

Es reicht, meine Damen und Herren! Mit jedem populistischen Akt dieser Art zwingen Sie die Menschen, die Ihnen zuhören, sich nicht nur von Europa, sondern auch von Ihrer Politik abzuwenden. Und wenn wenigstens das der Preis ist, den Sie nicht zahlen wollen, dann wäre das doch eine Möglichkeit, umzudenken, friedenspolitisch zu den-


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ken, europäisch zu denken und die französische Herausforderung ernst zu nehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

10.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dr. Pilz jetzt andeutungs­weise, aber in den Grundzügen doch erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen wird wegen seines Umfanges vervielfältigt und verteilt und steht mit zur Debatte. Er betrifft den Bericht des Landesverteidigungsausschusses 955 der Beilagen, genau jene Gesetze, wozu es schon einen Abänderungsantrag gegeben hat.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Landesverteidigungsausschusses (955 d.B.) über die Regie­rungsvorlage (949 d.B.) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militär­aus­zeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehr­rechtsänderungsgesetz 2005 WRÄG 2005) in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsausschusses (955 d.B.).

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 Z 12 lautet § 38 Abs. 3:

„(3) Frauen und Wehrpflichtige können während des Ausbildungsdienstes eine vorbereitende Milizausbildung absolvieren.“

2. In Art. 1 Z 16 lautet § 60 Abs. 2c:

„(2c) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschriften zu § 3, zum 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes und zu den §§ 37 bis 40, zu § 48a sowie zu § 62, § 1 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 4, § 11 Abs. 2, § 17 Abs. 7, § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 6, der 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes und die §§ 37 bis 40, jeweils samt Überschrift, § 41 Abs. 3, § 48a samt Überschrift, § 54, § 55 Abs. 3 sowie § 61 Abs. 24, 28, 29 und 30, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Juli 2005 in Kraft.

3. In Art. 1 Z 16 lautet § 60 Abs. 2d:

„(2d) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschriften zu § 20 und § 21, § 19 Abs. 1, die §§ 20 und 21, jeweils samt Überschrift, § 24 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2, § 41 Abs.  8 sowie § 61 Abs. 2, 3 und 25 bis 27, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Jänner 2006 in Kraft.’“

4. In Art. 1 Z 17 lautet § 60 Abs. 8:

„(8) Mit Ablauf des 31. Dezember 2005 tritt § 61 Abs. 1 außer Kraft.’“

5. In Art. 1 Z 19 wird in der Novellierungsanordnung die Zahl „29“ durch die Zahl „30“ und werden in § 61 die Abs. 25 bis 29 durch folgende Abs. 25, 26, 27, 28, 29 und 30 ersetzt:

„(25) Auf Wehrpflichtige, die vor dem 1. Jänner 2006 rechtswirksam zum Grund­wehrdienst oder zu einer Truppenübung oder Kaderübung mit einem Entlassungs­termin nach Ablauf des 31. Dezember 2005 einberufen wurden, sind bis zur Been-


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digung des jeweiligen Präsenzdienstes die §§ 20 und 21 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung anzuwenden.

(26) Wehrpflichtige, die nach § 21 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung zur Leistung von Kaderübungen verpflichtet waren, sind ab 1. Jänner 2006 zur Leistung von Milizübungen im selben zeitlichen Ausmaß verpflichtet. Bei Wehrpflichtigen, die zu diesem Zeitpunkt auch zur Leistung von Truppenübungen verpflichtet waren, erhöht sich die Verpflichtung zur Leistung von Milizübungen um die noch offenen Tage der Verpflichtung zu Truppenübungen.

(27) Wehrpflichtige, die vor dem 1. Jänner 2006 zu einer Truppenübung oder Kaderübung rechtskräftig einberufen wurden und nicht zur Leistung von Milizübungen verpflichtet sind, treten unmittelbar in den Reservestand über.

(28) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 treten im § 38 Abs. 3 an die Stelle der Worte „vorbereitende Milizausbildung“ die Worte „vorbereitende Kaderausbildung“.

(29) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 sind in den Fällen des § 38b Abs. 4 die Bestimmungen des § 20 Abs. 1 fünfter und sechster Satz über die Dauer des Grundwehrdienstes in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung nicht anzuwenden.

(30) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 sind in den Fällen des § 38b Abs. 6 die Bestimmungen des § 21 Abs. 3 und 4 über die Verpflichtung zur Leistung von Kaderübungen und die Einteilung zu einer vorbereitenden Kaderausbildung in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung anzuwenden.“

Begründung:

Die Bundesheerreformkommission hat am 16. Oktober 2003 ihre Arbeiten aufge­nommen und am 14. Juni 2004 ihren Endbericht an den Bundesminister für Lan­desverteidigung übergeben. Als einen wesentlichen Punkt dieses Endberichtes empfiehlt die Bundesheerreformkommission in Punkt 3.2.4 (Grundwehrdienst), unter der Voraussetzung entsprechender Rahmenbedingungen, die Verkürzung des Grund­wehrdienstes auf sechs Monate vorzusehen.

Mit einer bloßen Reduzierung des Grundwehrdienstes ist jedoch nach den Intentionen der Bundesheerreformkommission noch nicht das Auslangen gefunden, da in diesem Fall alle Wehrpflichtigen mit weniger als acht Monaten geleisteten Grundwehrdienst ex lege zu Truppenübungen in der auf acht Monate fehlende Zeit verpflichtet wären. Eine vollinhaltliche Umsetzung dieser Empfehlung unter Zugrundelegung der materiellen Absichten der Bundesheerreformkommission müsste neben dieser Maßnahme darüber hinaus auch die ersatzlose Aufhebung der derzeit verpflichtenden Truppenübungen, die zusammen mit dem Grundwehrdienst eine untrennbare Einheit bilden, umfassen.

Bis dato ist jedoch das flexible System von Grundwehrdienst und Truppenübungen in Kraft. Nach geltendem Recht verbindet § 20 WG Grundwehrdiensts und Truppen­übungen zur Einheit der Regelpräsenzdienstzeit von 8 Monaten. Eine Änderung dieses Konzepts kann nur durch eine Änderung des Gesetzes verfügt werden. Die obligato­rische Kombination von Grundwehrdienst und Truppenübungen ist gesetzlich verfügt und darf nicht durch eine Weisung außer Kraft gesetzt werden, die die Intention und Wirkung hat, die Dauer des Präsenzdienstes für die Zukunft generell auf 6 Monate zu reduzieren.

Eine Weisung, mit der die obligatorischen Truppenübung lediglich „ausgesetzt“ wer­den, könnte nur für eine eng begrenzte Zeit ergehen und dürfte – aus Gründen der


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gebotenen Gleichbehandlung der Präsenzdienstpflichtigen – auch für die Zeit ihrer Geltung nicht definitiv sein.

Es liegt nicht in der Kompetenz des BMLV, von der gesetzlichen Verpflichtung zur Leis­tung von Truppenübungen als Korrelat zum Grundwehrdienst zur Erfüllung der insgesamt mit 8 Monaten festgelegten Präsenzdienstpflicht zu dispensieren. Eine solche Zuständigkeit ist insbesondere auch nicht aus der gesetzlichen Zweckbestim­mung von Truppenübungen („Waffenübungen, die von den Wehrpflichtigen zur Erhal­tung des Ausbildungsstandes und zur Unterweisung in Einsatzaufgaben zu leisten sind“ - § 20 Abs. 2 WG) abzuleiten.

Auch eine Auflistung von alternativen Formen des Präsenzdienstes in § 19 Abs. 1 WG bietet zur Zeit keine gesetzliche Grundlage dafür, dass das Arrangement der Pflichten nach § 20 WG (Kombination von Grundwehrdienst und Truppenübungen mit obliga­torischer Gesamtzeit von 8 Monaten Präsenzdienst mit teilweise variabler Zeitge­staltung im Verhältnis von Grundwehrdienst und Truppenübungen) durch einen gene­rellen und dauerhaften Verzicht auf Einberufung zu Truppenübungen mit der Intention und der Wirkung durchbrochen wird, mittels Weisung eine Verkürzung des Präsenz­dienstes auf 6 Monate herbeizuführen.

Eine solche Weisung ist nicht nur inhaltlich gesetzwidrig, sondern wäre überdies als Missbrauch des Instruments der Weisung zur Umgehung einer rechtlichen Bindung anzusehen, die nur durch gesetzliche Maßnahmen aufgehoben oder geändert werden kann.

Mit vorliegendem Antrag soll daher die gesetzliche Verankerung der Verkürzung des Grundwehrdienstes auf 6 Monate ab Beginn des Jahres 2006 festgeschrieben werden. Dies nicht zuletzt deshalb, um den davon betroffenen jungen Staatsbürgern eine größtmögliche Rechtssicherheit zu bieten. Außerdem sind für ein Inkrafttreten der einschlägigen Bestimmungen mit Beginn des Jahres 2008 keine sachlichen Gründe erkennbar, die eine solche Verzögerung rechtfertigen würden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Auch er spricht 10 Minuten zu uns. – Bitte.

 


10.47.21

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Die Reform des österreichischen Bundes­heeres ist jetzt nach den Beschlüssen der Bundesheerreformkommission in ihrer Umsetzungsphase angelangt, und dieses Wehrrechtsänderungsgesetz, das wir heute debattieren und auch beschließen werden, mit seinen Abänderungsanträgen, ist ein wesentlicher Schritt in der Umsetzung dieser Bundesheerreform.

Meine Damen und Herren, gerade das unterscheidet uns Freiheitliche von den Grünen, von meinem Vorredner, dem Herrn Kollegen Pilz: Wir Freiheitliche haben uns bei diesem Wehrrechtsänderungsgesetz für alles eingesetzt, was dem österreichischen Bundesheer und der Sicherheitspolitik nützen wird. Das Gegenteil ist leider Gottes bei den Grünen der Fall, und Sie haben das wieder einmal unter Beweis gestellt, Herr Kollege Pilz. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir Freiheitliche konnten in diesem Wehrrechtsänderungsgesetz wesentliche Verbes­serungen erwirken. Zusammen mit dem Koalitionspartner ist es gelungen, eine Verbes­serung in der Besoldung von länger Dienenden sicherzustellen, Geld- und Sach­prämien nicht nur für Berufs-, sondern auch für Milizsoldaten möglich zu machen. Es


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wird eine Verbesserung der finanziellen Situation für Milizsoldaten geben. Die Ver­besserung bei einer allfälligen Prämienrückzahlung hat Kollege Murauer hier am Rednerpult schon erläutert, ich kann mir das ersparen.

Einige wesentliche Aspekte der Bundesheerreform sind in diesem Wehrrechtsände­rungsgesetz heute enthalten, und wir Freiheitliche werden ihm deshalb auch zustim­men.

Zur Verkürzung der Wehrdienstzeit: Ich mache überhaupt keinen Hehl daraus, dass es uns lieber gewesen wäre, wir hätten diese Reform mit einem Wehrdienst von acht Monaten umgesetzt. Wir sind der Ansicht, dass alle Herausforderungen, die zumindest bis zum Jahre 2008 auf das österreichische Bundesheer zukommen, mit einer Wehr­dienstzeit von acht Monaten besser hätten bewältigt werden können. Wir mussten uns von Ihnen von der SPÖ und auch vom Koalitionspartner eines Besseren belehren lassen. Wir haben akzeptiert, dass wir in dieser Frage in einer komfortablen Minderheit gelandet sind, und haben versucht, das Beste aus dieser Situation zu machen.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Lösung heute, dass wir ab dem Jahre 2008 diese Wehrdienstzeitverkürzung gesetzlich festlegen und bis dahin dem Minister die Handlungsfreiheit geben, das mit Weisung sicherzustellen, mit dieser Möglichkeit ist keine Rechtsunsicherheit entstanden, Herr Kollege Gaál! Das ist die notwendige Folge aus den Beschlüssen der Bundesheerreformkommission! Mit dieser Variante, meine Damen und Herren, geben wir Freiheitliche Ihnen allen die Möglichkeit, sich an die Beschlüsse der Reformkommission zu halten. Und in der Reformkommission haben wir beschlossen, dass wir frühestens ab dem Jahre 2007, nach Beendigung des Grenz­einsatzes an der Ostgrenze, eine Verkürzung der Wehrdienstzeit ins Auge fassen – und der Grenzeinsatz an der Ostgrenze ist nicht gering zu achten.

Wir erleben ja gerade auch in dieser Zeit die neue Verunsicherung in den euro­päischen Strukturen. Umso wichtiger ist es, dass man nationale Grundkompetenzen auch in der Sicherheitspolitik behält, und das, meine Damen und Herren, ist die richtige Lösung in der Frage Wehrdienstzeitverkürzung. Wir Freiheitliche werden dieser Variante zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Die Bundesheerreform bringt klarere Strukturen in den Hierarchien; meine Vorredner sind darauf eingegangen. Wir werden die Gesamtmobilmachungsstärke auf 55 000 Personen senken, wir werden vier Brigaden haben. Der Herr Bundesminister hat auch klar erklärt, hier vor dem Parlament und vor der Öffentlichkeit, dass auch trotz der Wehrdienstzeitverkürzung gesichert sei, dass 10 000 Soldatinnen und Soldaten per­manent für allfällige Assistenzeinsätze im Inland zur Verfügung stehen. Das, meine Damen und Herren, ist für uns Freiheitliche ein wesentlicher Punkt gewesen.

Das österreichische Bundesheer muss nach dieser Reform seine beiden großen Be­reiche sicherstellen können: seine Aufgabenerfüllung im Inneren und seine Aufgaben­erfüllung auf internationaler Ebene im Ausland. Mit dieser Reform ist diese Aufgaben­erfüllung vor allem im Inland sichergestellt. Vor allem der Heimatschutz, der ein wesentliches Element ist, um überhaupt die Glaubwürdigkeit einer Sicherheitspolitik nach außen zu den Menschen tragen zu können, ist mit diesen neuen Strukturen weiterhin möglich.

Die regionale Befehlsstruktur bleibt erhalten. Wir finden es wichtig, dass in einem Bundesstaat, wie es die Republik Österreich ist, auch die Bundesländer in dieser wichtigen Frage „Sicherheitspolitik“ mit einbezogen werden, dass man sie respektiert in ihren Anliegen. Wir werden weiterhin Militärkommandos haben, haben aber auch in den Militärkommandos die Möglichkeit geschaffen, selbständige strukturierte Milizver­bände zu haben, die auch in der Lage sein werden, viele regionale Aufgaben zu erfüllen. Sie werden aber nicht nur das tun, sondern auch dazu beitragen, den Auf-


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wuchs der präsenten Kräfte, die wir ja auch disloziert über das gesamte Bundesgebiet haben, sicherzustellen, aber auch einen Expertenpool zu bilden, aus dem heraus das österreichische Bundesheer, nicht zuletzt auch, was seine internationalen Aufgaben betrifft, immer wieder wird schöpfen können.

Der finanzielle Anreiz für die Miliz ist mit diesem Wehrrechtsänderungsgesetz sicher­gestellt, ein finanzieller Anreiz, der besonders wichtig ist. Durch die Abschaffung der Truppenübungen und durch die vollkommen neue Strukturierung, auch Modernisierung der Miliz und durch die Steigerung der Effizienz der Milizverbände und der Miliz­soldaten, die künftig zur Verfügung stehen, ist dieser finanzielle Anreiz wichtig, vor allem auch deshalb, weil es darauf hinauslaufen wird, dass wir hinkünftig über weite Strecken nur mit einer Freiwilligenmiliz arbeiten werden können. Da liegt es doch klar auf der Hand, dass man auch in diesen Bereichen die finanziellen Anreize sicherstellen muss, damit sich die ausreichende Anzahl an Soldatinnen und Soldaten für diese Laufbahn zur Verfügung stellt.

Dass wir die Inlandsaufgabe als die erste Priorität der Erfüllung der Aufgaben des Bundesheeres sehen ist sehr wichtig, Herr Bundesminister, und ich begrüße es, dass die Erstellung und Erhaltung der Aufgabenfähigkeit im Inland erste Priorität haben. Denn erst wenn wir die Erfüllung der Inlandsaufgaben sicherstellen, können wir auch vor der Bevölkerung rechtfertigen, dass wir Kräfte zu internationalen Aufgaben in das Ausland schicken. Die Erledigung der Inlandsaufgaben sicherzustellen ist deshalb auch politisch der richtige Weg, und er muss erste Priorität haben. Er ist nicht das Maß der Dinge in Bezug auf die Qualität der Verbände, die eingesetzt werden, auf ihre Organisation und auf ihre Ausrüstung; dieser Maßstab wird weiterhin bei den Einsätzen im Ausland angelegt werden, weil dort höhere Ansprüche gestellt werden. Aber der Inlandseinsatz muss die politische Priorität sein, und das begrüße ich als Freiheitlicher, und dass Sie das auch des Öfteren erklärt haben, Herr Bundesminister, findet meine Unterstützung.

Die Aufgaben im Ausland sind jetzt auch durch die Ereignisse auf europäischer Ebene in einem neuen Licht zu sehen. Es wird sich für das österreichische Bundesheer bei jenen Einsätzen, in denen wir schon tätig sind, nichts Gravierendes von heute auf morgen ändern, dennoch wird es uns nicht erspart bleiben, unsere Mitarbeit auf europäischer Ebene, aber auch in der Partnerschaft für den Frieden im Rahmen der NATO neu zu beurteilen und als österreichische Bundesregierung auch klar zu erken­nen, dass wir hier eine neue Außenpolitik und eine neue Sicherheitspolitik brauchen werden. Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren nicht mehr jene europäische Verfassung als Grundlage für diese Politik verwenden können, sondern es muss uns gelingen, hier eine neue Strategie, eine neue Außen- und Sicherheitspolitik der öster­reichischen Bundesregierung und auch des österreichischen Nationalrates zu formu­lieren.

Meine Damen und Herren, die finanziellen Aufwendungen, die zur Umsetzung dieser Reform notwendig sind, sind sicherzustellen. Das ist für jede Regierung eine Herausforderung, auch für diese. Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass all diese Maßnahmen, wenn wir sie ernst nehmen, auch die notwendigen Budgetmittel erfordern werden. Wir werden Sie deshalb, Herr Bundesminister, auch innerhalb der Bundes­regierung auf dem Weg zu mehr Budget für das österreichische Bundesheer gerne auch weiterhin unterstützen, weil wir Freiheitliche der Ansicht sind, dass die Sicher­heitspolitik eine wesentliche Säule der gesamten Staatspolitik ist.

Deshalb, Herr Bundesminister, glaube ich, dass das österreichische Bundesheer mit dieser Reform eine gute Entwicklung in den nächsten Jahren nehmen wird. Wir Freiheitliche unterstützen Sie in dieser Form, werden uns aber erlauben, das eine oder


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andere Mal doch unsere Anmerkungen zu machen. – Danke sehr. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Bundesminister Platter zu uns. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


10.57.03

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Reformwerk 2010 ist abgeschlossen, und ich erlaube mir nun, Ihnen, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, das frisch gedruckte Reformbuch „Österreichisches Bun­desheer 2010 – Die Realisierung“ (der Redner hält dieses in die Höhe) zu über­reichen, und gleichzeitig erlaube ich mir, Ihnen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ebenfalls dieses Buch zur Verfügung zu stellen. Ich möchte mich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr bedanken, die Tag und Nacht dafür gearbeitet haben. Herzlichen Dank dafür! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Bundesheerreform gibt es erfreu­licherweise einen sehr breiten Konsens. Die Bundesheer-Reformkommission hat eigentlich einstimmig dieses Reformwerk verabschiedet. Der Nationale Sicherheitsrat hat über alle Parteigrenzen hinweg die Eckpunkte dieser Bundesheerreform einstimmig zur Kenntnis genommen. Darüber hinaus gibt es einen einstimmigen Ministerrats­beschluss. Auch in der sehr, sehr kritischen Frage der Garnisonierungen haben wir die Zustimmung aller Landeshauptleute. Somit steht diese Reform auf einem sehr breiten, guten, soliden Boden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch klar sagen, dass die Marsch­bereitschaft für das neue, moderne österreichische Bundesheer hergestellt ist. Der Aufbruch in die Zukunft beginnt jetzt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir haben uns, geschätzte Damen und Herren, einen engagierten Zeitplan vorge­nommen. Vor knapp einem Jahr habe ich die Empfehlungen der Bundesheerreform­kommission bekommen, und ich habe immer in Aussicht gestellt, dass in der zweiten Jahreshälfte 2005 mit der Umsetzung begonnen wird. Das wurde alles exakt einge­halten, denn es ist notwendig, dass Reformen rasch gemacht werden, im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung.

Meine Damen und Herren! Wenn man die Bedrohungsszenarien genau betrachtet, so fällt auf, die Risken und Gefahren sind völlig andere, als das in der Vergangenheit der Fall war. Die Antwort darauf ist, dass natürlich Reformierungen der Armeen durch­geführt werden müssen, nicht nur hier in Österreich, sondern in der gesamten Europäischen Union. Sie müssen deshalb durchgeführt werden, um mehr Sicherheit zu erreichen. Deshalb sind die Inlandsaufgaben und Auslandsaufgaben gleich wichtig.

Ich garantiere hier und heute, dass wir für Inlandsaufgaben mindestens 10 000 Sol­datinnen und Soldaten, unabhängig vom Grenzeinsatz, unabhängig von Auslands­aktivitäten, zur Verfügung stellen werden, damit wir der Bevölkerung Schutz und Hilfe geben, damit wir den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz durchführen können. Meine Damen und Herren, selbstverständlich gibt es auch eine aktive Luftraum­über­wachung. Wir stehen weiterhin für Katastropheneinsätze zur Verfügung, wie das auch in der Vergangenheit der Fall war. Die Bevölkerung legt größten Wert darauf, dass das geleistet wird. – Ich garantiere das! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)


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Was die Auslandsaktivitäten betrifft, kann es Österreich nicht gleich sein, wie die Situation in Bosnien-Herzegowina ist, wie die Situation im Kosovo ist. Mehr Stabilität in diesen Regionen bedeutet mehr Sicherheit für Europa und mehr Sicherheit für Öster­reich. Deshalb werden wir noch mehr Leistungen im Ausland erbringen. 1 500 Sol­daten können permanent in das Ausland entsendet werden, mittelfristig werden wir eine Rahmenbrigade von 3 500 Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung stellen.

Es war notwendig, dass entsprechende Maßnahmen gesetzt werden. Es ist notwendig, dass das österreichische Bundesheer effizienter, professioneller und internationaler wird. Deshalb müssen wir in der Verwaltung abschlanken. Wir werden künftig mehr Soldatinnen und Soldaten in der Truppe und weniger in der Verwaltung haben. Das heißt: Derzeit haben wir zirka 8 000 in der Truppe, künftig werden wir über 12 000 Soldatinnen und Soldaten in der Truppe haben. Das kommt den Regionen zu Gute. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Gerade was das Sicherheitspaket betrifft, das ich mit den Ländern abgeschlossen habe, bedeutet dies, dass kein einziger Soldat in den Bundesländern weniger sein wird. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Scheibner und Dr. Bösch.)

Mir war es auch wichtig, dass wir die territoriale Zuständigkeit genau regeln. Deshalb werden die Militärkommandanten weiterhin zuständig sein, wenn Assistenzeinsätze in den Bundesländern gemacht werden müssen oder wenn Katastropheneinsätze zu organisieren sind. Das hat sich in der Vergangenheit bewährt, das wird in der Zukunft so fortgesetzt.

Meine Damen und Herren! Nun zu den Liegenschaften. Die Bundesheerreform­kom­mission hat mir die Empfehlung gegeben, dass wir bis zu – ich betone das – 40 Pro­zent der Liegenschaften veräußern sollen. Das Ergebnis im Konsens mit allen Landeshauptleuten war, dass wir 37 Prozent der Liegenschaften verkaufen können. Wenn wir noch kleine Teilflächen dazurechnen, werden wir auf 40 Prozent kommen.

Ich sage Ihnen schon, dass es mir sehr wichtig war, den Konsens mit den Bundes­ländern zu erreichen, denn Sicherheitspolitik ist nicht eine Angelegenheit eines ein­zelnen Ministers oder einiger Abgeordneter, Sicherheitspolitik bedeutet, dass wir höchste Akzeptanz hier im Hohen Haus und in den Bundesländern haben müssen. Das ist gelungen. Ich bin der Meinung, dass das eine gute Sache ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wie geht es nun weiter? – Ich habe jetzt schon den Auftrag dazu gegeben, dass mit der Umsetzung begonnen wird. Das „Management Bundesheer 2010“ wird mit der Umsetzung beginnen. Ich möchte wirklich, weil viele Offiziere und Generäle hier anwesend sind, meinen Dank darüber zum Ausdruck bringen, wie professionell gearbeitet wurde. Und genauso professionell wird die Realisierung, die Umsetzung durchgeführt. – Herzlichen Dank dafür. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zur Frage sechs Monate Wehrdienst. Das wird hier breit diskutiert, ich finde das auch in Ordnung. Ich bin froh darüber, dass heute eine Beschlussfassung durchgeführt wird, und ich hoffe, dass die Mehrheit der Abgeordneten es so sieht, dass wir Klarheit schaffen, dass eine gesetzliche Regelung für die Reduktion des Grundwehrdienstes von acht auf sechs Monate ab dem 1. Jänner 2008 erfolgen wird, dass aber durch meine Weisung ab 1. Jänner 2006 nur mehr sechs Monate Grundwehrdienst ohne Truppenübungen geleistet werden müssen – das ist klargestellt –, und zwar für einen temporären Zeitraum: bis 31. Dezember 2007. Also jeder Grundwehrdiener, jeder junge Mensch, der in das Bundesheer einzurücken hat, weiß, dass ab 1. Jänner 2006 nur mehr sechs Monate Grundwehrdienst zu leisten sind. (Beifall bei der ÖVP.)


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Darüber hinaus wird heute ebenfalls eine sehr wichtige Maßnahme beschlossen. Es wird Frauen ermöglicht, eine attraktivere Beschäftigung beim österreichischen Bundes­heer zu bekommen. Der größte Kritikpunkt – und ich glaube, dieser ist von allen Parteien gekommen – war einerseits, dass Frauen beim österreichischen Bundesheer zu wenig verdienen, und andererseits, dass die sportlichen Leistungslimits zu hoch sind.

Wir haben betreffend Leistungslimits vorgesehen, dass man einerseits leichter in das österreichische Bundesheer eintreten kann, andererseits wird jede Frau, die sich bereit erklärt, zum österreichischen Bundesheer zu gehen, das Dreifache von dem verdienen, wie das jetzt der Fall war: derzeit 250 €, künftig 824 € netto. (Beifall bei der ÖVP.) Ich heiße daher die Frauen beim österreichischen Bundesheer herzlich willkommen. Das ist wirklich eine interessante Tätigkeit.

Gleichzeitig werden jene Grundwehrdiener, die sich bereit erklären, den Wehrdienst ein Jahr freiwillig zu leisten, ab dem Zeitpunkt dieser Meldung ebenfalls 824 € bekom­men. Das ist eine sehr bedeutende Angelegenheit, ein unglaublich wichtiger Schritt, was das österreichische Bundesheer betrifft.

Das, was wir brauchen, sind junge Soldaten, die für den Einsatz bereit stehen, für mehr Sicherheit in Österreich und darüber hinaus! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


11.06.35

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte zu Beginn auf die Bemerkungen einiger Vorredner eingehen. Ich möchte mich bei Kollegem Gaál für die eloquente Art der Aufbereitung der Analyse dieser Reform bedanken, wodurch es möglich war, auch die Einzelheiten zu verstehen. Ich möchte betreffend Kollegen Murauer, weil er die Frage der Verantwortung in den Raum gestellt hat, Folgendes anmerken: Die Sozialdemokraten beweisen seit 120 Jah­ren in diesem Haus äußerste Verantwortung. Diese ist mit Schweiß und Tränen, teilweise auch mit Menschenleben bezahlt worden.

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesminister hat gesagt, dass dieses Ergebnis auf einem breiten Konsens beruht. Eines hat er dabei vergessen. Ich darf auf eine APA-Aussendung von heute, 8. Juni, zurückkommen, Heeres-Personalvertreter Fuchs dürfte Ihnen nicht unbekannt sein, da heißt es: 

„Fuchs betonte, dass der Zentralausschuss der neuen Garnisonierung bisher nicht zugestimmt habe.“

Also: Das Personal an sich ist noch nicht so eingebunden, dass es auch unein­geschränkt ja sagen kann. Ich meine, das wäre aber wichtig.

Meine Damen und Herren! Zuallererst gebe ich aber zu, dass die Sozialdemokraten positiv überrascht, ja sogar verblüfft sind, dass die Regierung – hier die ÖVP voran – eine gute Idee der Sozialdemokraten aufgegriffen hat, nämlich den Wehrdienst auf sechs Monate zu verkürzen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Molterer.)

Meine Damen und Herren! Sie brauchen gar nicht zu lachen! Denken Sie ein bisschen nach! Anfang der siebziger Jahre war es bereits Kreisky, der sechs Monate gefordert hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Zugegeben: Damals war die Sicherheitslage anders. Seit 1990 hat sie sich auch in Europa drastisch verändert. Man brauchte 15 Jahre, um


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darauf zu kommen, dass sechs Monate gut sind. (Abg. Großruck: Neun Monate sind genug ...!)

Meine Damen und Herren! Ich begrüße diese sechs Monate. Ich bedauere diese Entscheidung für sechs Monate aber auch, weil wir nicht in der Lage sind, sie heute schon gesetzlich so zu verankern, dass sie mit 1. Jänner kommenden Jahres Gültigkeit hat. Eine Weisung – Kollege Pilz hat es angemerkt – mag auch verfassungsrechtlich noch zu prüfen sein. Ob sie hält, wird sich herausstellen, aber die jungen Leute, die Männer und Frauen, die im Bundesheer ihren Dienst leisten, sollten wirtschaftliche Orien­tierungsmöglichkeiten haben und wissen, auf welchen Zeitraum sie sich ein­lassen.

Ich denke auch an viele Unternehmungen, die junge Leute beschäftigen. Auch diese müssen ja planen. Sie wissen, in Zeiten wie diesen, in denen Arbeitsplätze knapp sind, muss auch ein Unternehmen wirtschaftlich planen können. Und ein gutes Unter­nehmen braucht hervorragende Arbeitskräfte. Die jungen Menschen, die bei uns eine gute Ausbildung genießen, sind dort unabdingbar.

Meine Damen und Herren! Trotzdem sollte man aber feststellen, dass das aus den Mündern verschiedener Politiker anders unter die Menschen gebracht wird. Der Herr Bundeskanzler hat ja auch schon einmal gesagt: Es wird so und so beschlossen werden – und heute beschließen wir etwas anderes. Wir sollten hier nachdenken, warum das so ist. Niemand konnte uns sagen, warum das erst 2008 möglich sein wird. (Abg. Scheibner: Ich sage es Ihnen dann!) – Herr Kollege Scheibner, ich glaube ja wohl nicht, dass Sie hoffen, bis dahin nicht mehr in der Regierung zu sein und nicht dafür verantwortlich sein zu müssen. Das nehme ich nicht an. Ich glaube, dies­bezüglich sollte man tiefer gehen. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. – Abg. Scheib­ner: Da werden Sie sich noch wundern!)

Klar ist natürlich, dass die ÖVP einem entsprechenden Druck von Seiten des BZÖ und der FPÖ ausgesetzt ist, bei dieser Entscheidung nachzugeben. In Wirklichkeit ist der Bundeskanzler inkonsequent und hat sich den kleinen Koalitionspartnern – er hat ja zwei: FPÖ und BZÖ – gebeugt. Er musste letztendlich zugeben, in diesem Punkt nicht stark genug zu sein, um das mit anderen Parteien, die dazu bereit gewesen wären, vorher zu beschließen. (Zwischenruf des Abg. Schöls.)

Meine Damen und Herren, dies ist nicht der erste Ansatz eines innerparteilichen und koalitionsinternen Streites, bei dem Sie keine Einigkeit erzielen können. (Abg. Scheib­ner: Das war kein Streit!) Es geht jetzt darum, das Gesicht zu wahren. Das verstehen wir auch. Aber das Gesicht quasi auf dem Rücken der jungen Menschen zu wahren, wenn man den politischen Mut nicht hat, halte ich für bedenklich und für den falschen Weg! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wir machen jedenfalls nicht auf dem Rücken der Sicherheitspolitik Parteipolitik!)

Herr Kollege Scheibner, ich wundere mich und bewundere das auch: Ihren Selbst­zerstörungstrieb. 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wollen, dass gesetzlich festgehalten wird, dass der Wehrdienst ab 1. Jänner nächsten Jahres nur mehr sechs Monate dauern soll. (Abg. Scheibner: Wir sind Politiker mit Verant­wor­tung!) Ich bewundere Ihren Selbstzerstörungstrieb. Ich halte ihn für unglaublich mutig, aber ich darf Ihnen sagen: Wir gehen einen anderen Weg (Abg. Scheibner: Sie gehen den Weg des Populismus! Der ist gefährlich in der Sicherheitspolitik!), wir wollen mit der Öffentlichkeit Verteidigungspolitik betreiben. Wir stehen dazu!

Folgendes darf ich sagen: Herr Bundesminister, die SPÖ macht der Bundesregierung und der ÖVP ein faires Angebot: Die Abgeordneten der SPÖ stimmen mit Ihnen gemeinsam einem Antrag zu, der den Wehrdienst gesetzlich und somit verpflichtend ab 1. Jänner 2006 auf sechs Monate verkürzt: ohne Unsicherheiten, ohne Finten, ohne


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Ungewissheit. Wir können die Dauer des Wehrdienstes heute und hier, gesetzlich ab­gesichert, mit sechs Monaten festlegen. Sie müssen es nur wollen, die SPÖ ist dazu bereit! (Beifall bei der SPÖ.)

Um das zu ermöglichen, bringe ich einen Abänderungsantrag ein und ersuche den Herrn Präsidenten, diesen entsprechend der Geschäftsordnung vervielfältigen zu lassen.

Wir sollten den jungen Männern die Sicherheit geben, dass ihr Dienst tatsächlich nur sechs Monate dauert. Die SPÖ streckt Ihnen, Herr Bundesminister, die Hand für diese Einigung entgegen. Ergreifen Sie sie im Interesse aller Grundwehrdiener und im Interesse einer stabilen Sicherheitspolitik in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

11.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Prähauser eingebrachte Abänderungsantrag der Abgeordneten Gaál, Prähauser und KollegInnen ist in seinen Kernpunkten erläutert, entsprechend unterstützt und steht mit in Verhand­lung. Er wird darüber hinaus verteilt und dem Stenographischen Protokoll beigefügt werden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Gaál, Prähauser und KollegInnen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitions­lagergesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 – WRÄG 2005) (949 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (955 d.B.)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der im Titel genannte Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

1. In Art. 1 Z 16 lautet § 60 Abs. 2c:

"(2c) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschriften zu § 3, zum 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes und zu den §§ 37 bis 40, zu § 48a sowie zu § 62, § 1 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 3, § 7 Abs. 4, §11 Abs. 2, § 17 Abs. 7, § 23 Abs. 1, § 28 Abs. 6, der 6. Abschnitt des 2. Hauptstückes und die §§ 37 bis 40, jeweils samt Überschrift, § 41 Abs. 3, § 48a samt Überschrift, § 54, § 55 Abs. 3 sowie § 61 Abs. 24, 28, 29 und 30, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Juli 2005 in Kraft.

2. In Art. 1 Z 16 lautet § 60 Abs. 2d:

"(2d) Das Inhaltsverzeichnis betreffend die Überschriften zu § 20 und § 21, § 19 Abs. 1, die §§ 20 und 21, jeweils samt Überschrift, § 24 Abs. 1, § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 2 und 5, § 30 Abs. 1, § 31 Abs. 2, § 41 Abs.  8 sowie § 61 Abs. 2, 3 und 25 bis 27, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/xxxx, treten mit 1. Jänner 2006 in Kraft.'"

3. In Art. 1 Z 17 lautet § 60 Abs. 8:

"(8) Mit Ablauf des 31. Dezember 2005 tritt § 61 Abs. 1 außer Kraft.'"

4. In Art.1 Z19 wird in der Novellierungsanordnung die Zahl "29" durch die Zahl "30" und werden in §61 die Abs. 25 bis 29 durch folgende Abs.25, 26, 27, 28, 29 und 30 ersetzt:


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"(25) Auf Wehrpflichtige, die vor dem 1. Jänner 2006 rechtswirksam zum Grund­wehrdienst oder zu einer Truppenübung oder Kaderübung mit einem Entlassungs­termin nach Ablauf des 31. Dezember 2005 einberufen wurden, sind bis zur Been­digung des jeweiligen Präsenzdienstes die §§ 20 und 21 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung anzuwenden.

(26) Wehrpflichtige, die nach § 21 in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung zur Leistung von Kaderübungen verpflichtet waren, sind ab 1. Jänner 2006 zur Leistung von Milizübungen im selben zeitlichen Ausmaß verpflichtet. Bei Wehrpflichtigen, die zu diesem Zeitpunkt auch zur Leistung von Truppenübungen verpflichtet waren, erhöht sich die Verpflichtung zur Leistung von Milizübungen um die noch offenen Tage der Verpflichtung zu Truppenübungen.

(27) Wehrpflichtige, die vor dem 1. Jänner 2006 zu einer Truppenübung oder Kaderübung rechtskräftig einberufen wurden und nicht zur Leistung von Milizübungen verpflichtet sind, treten unmittelbar in den Reservestand über.

(28) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 treten im §38 Abs.3 an die Stelle der Worte "vorbereitende Milizausbildung" die Worte "vorbereitende Kaderausbildung".

(29) Bis zum Ablauf des 31. Dezember2005 sind in den Fällen des §38b Abs.4 die Bestimmungen des §20 Abs.1 fünfter und sechster Satz über die Dauer des Grundwehrdienstes in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung nicht anzuwenden.

(30) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 sind in den Fällen des §38b Abs.6 die Bestimmungen des §21 Abs.3 und4 über die Verpflichtung zur Leistung von Kader­übungen und die Einteilung zu einer vorbereitenden Kaderausbildung in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 geltenden Fassung anzuwenden."

Begründung:

Die gesetzliche Verkürzung des Grundwehrdienstes soll bereits mit 1. Jänner 2006 in Kraft treten.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte. (Abg. Großruck: Wieder Seriosität!)

 


11.13.03

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wissen Sie, was ein Treppenwitz der parlamentarischen Geschichte ist? – Als Treppenwitz der Geschichte wäre es eine Überzeichnung. – Ein Treppenwitz der parlamentarischen Geschichte ist es, wenn ein SPÖ-Bundeskanzler vor 36 Jahren angekündigt hat (Heiterkeit bei der ÖVP), sechs Monate seien genug, und heute – 36 Jahre danach! – der Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion sagt: Ich sage ein unbedingtes Ja zur Forderung „sechs Monate sind genug“, aber wir werden nicht zustimmen, weil wir mit der Vorgangsweise nicht einverstanden sind. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.) – So etwas, meine Damen und Herren, habe ich bis jetzt noch nicht erlebt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte Herrn Kollegen Gaál zugute, dass er sich bezüglich Landesverteidigungs­angelegenheiten immer redlich bemüht hat. Was ich befremdlich finde, ist, dass die SPÖ offensichtlich keine Linie findet. Damals, vor 36 Jahren, in einer ungeheuer


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riskanten Zeit – das war noch die Zeit des Kalten Krieges –, setzte sie sich unbedingt für eine Reduktion ein, konnte sie aber nicht durchführen, weil man das nicht riskieren konnte! Das war gerade die Zeit nach dem Ungarn-Aufstand, die Zeit, in der der Prager Frühling von sowjetischen Panzern niedergewalzt wurde. Das war die Zeit damals, das muss man dazusagen. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Jetzt, da wir wirklich die Möglichkeit haben, es durchzuführen, schrecken Sie auf einmal davor zurück! Tatsache ist, dass sich die Situation gewaltig verändert hat und dass zumindest jetzt, da auch unsere Nachbarn nicht nur Mitglieder der NATO, son­dern auch Mitglieder der Europäischen Union sind – auch Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien –, eine völlig veränderte Sicherheitssituation gegeben ist, in der man guten Gewissens ein Ja zu einer derartigen Maßnahme sagen kann.

Was sichergestellt werden muss, ist zweifelsohne, dass die Sicherheitsbedürfnisse des Inlandes, aber auch die nötigen Einsätze im Ausland gesichert sein müssen. Daher habe ich die Vorgangsweise von Herrn Minister Platter für hervorragend gehalten. Er hat nicht nur selbst eine kleine Kommission oder ein Projektteam beauftragt, diese Reform durchzuführen, sondern er hat versucht, relativ breit „hinauszugehen“: Er hat Experten aus allen Bereichen, Politiker aus allen Parteien herangezogen, die gemein­sam mit den Militärs die Reform erarbeitet haben. Es ist ein Konsens in durchaus schwierigen Fragen zu Stande gekommen. Es gab etwa die Fragen: Wie viele Sol­daten brauchen wir? Sollen wir nicht auf ein Berufsheer umstellen? Wie soll die Bewaffnung in Zukunft ausschauen? – Das waren alles wichtige Fragen, und manche davon waren gar nicht so einfach zu beantworten!

Ich möchte nur darauf hinweisen, dass etwa die Frage „Wehrpflicht – ja oder nein?“ gerade heute in Deutschland diskutiert wird. Das ist der Leitartikel in einer der angesehensten europäischen Zeitungen, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. (Der Redner hält die genannte Zeitung in die Höhe.) Auch diese Journalisten kommen zu dem Schluss, dass es richtig ist, die Wehrpflicht aufrechtzuerhalten, weil der ganze Bereich der inneren Sicherheit angesichts des wachsenden Terrorismus noch nicht so weit abzuschätzen ist, dass man wirklich guten Gewissens sagen kann, man könne völlig darauf verzichten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Für Auslands­einsätze ist die professionelle Armee zweifellos überlegen und die richtige Antwort.

Wenn wir aber daran denken, dass wir in Österreich wichtige Straßensysteme, Eisen­bahnsysteme und Energiesysteme haben, die durch unser Land laufen, und wir unter Umständen einmal einer Gefährdungssituation ausgesetzt sein können, in der es wichtig ist, dass man rasch eine große Zahl von Soldaten zu Schutzzwecken heran­führen kann, dann ist die allgemeine Wehrpflicht noch immer die richtige Antwort.

Ich glaube daher, dass dieser Schritt, zu sagen, wir bleiben noch beim bestehenden System, aber wir senken die Wehrdienstzeit bewusst auf sechs Monate, da wir uns das heute leisten können, die richtige Antwort ist. Sie ist zumindest eine Antwort, bei der jeder mitgehen kann.

Ich freue mich, dass dieser Konsens zu Stande gekommen ist. Ich verstehe aber die Oppo­sitionslinie nicht, dass Sie dann, wenn es diesen Konsens in der Bundesheer­reformkommission, die noch dazu unter einem sozialdemokratischen Vorsitzenden geführt wurde, im Nationalen Sicherheitsrat und im Ministerrat gibt, im Parlament immer noch nein sagen und irgendeine Begründung an den Haaren herbeiziehen. Niemand im ganzen Land wird Sie für eine staatstragende Partei halten, wenn Sie diesen Weg fortsetzen. (Abg. Gaál: Rechtssicherheit! Uns geht es um die Rechts­sicherheit! Wir sind auf dem richtigen Weg!)

Daher sage ich nur eines, meine Damen und Herren: Lassen Sie ab von dieser Linie! Nehmen Sie sich ein Beispiel an der Art und Weise, wie Herr Bundesminister Platter


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diese Reform durchgeführt hat und durchführen wird! Das hat ja noch kein Ende! Natürlich gibt es auch noch offene Fragen: Wie führt man diese Umstellung im Kasernenbereich durch? – Ich bin vollkommen sicher: Er ist ein Mann, der das Ge­spräch mit den Betroffenen sucht. So wie er vorher mit den Parteien gesprochen hat, so wie er mit den Experten inner- und außerhalb des Bundesheeres gesprochen hat, so wird er selbstverständlich auch mit seiner Personalvertretung reden. Er wird mit den Betroffenen direkt in den Dialog treten und versuchen, mit ihnen eine bestmögliche gemeinsame Lösung herbeizuführen.

Das wünsche ich mir, denn ich bin völlig davon überzeugt: Die Sicherheit für unser Land ist eines der wichtigsten Güter für die Menschen! Wir müssen alles tun, um diese Sicherheit für die Zukunft zu gewährleisten. Da soll man kein Risiko eingehen! Das soll man im Konsens machen! Die Außen- und Sicherheitspolitik sollte möglichst außerhalb des parteipolitischen Streites bleiben!

Daher wünsche ich Ihnen auch für die Zukunft weiterhin so viel großen Erfolg, Herr Bundesminister. Setzen Sie Ihren Weg fort, dann ist ein Optimum und ein Maximum für die Sicherheit in Österreich und in Europa getan! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

11.20


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 


11.20.50

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Mein Vorredner versteht die Haltung der Opposition nicht. Das liegt daran, dass Sie, geschätzter Herr Bundesminister, ganz relevante Fragen nicht beantwortet haben. Die Arbeit der Bundesheerreformkommission wird hier sehr gelobt. – Gut, da gibt es Kompromisse, zu denen man politisch stehen kann. Es geht aber auch um die Frage, wie die Kompromissformel bezüglich der Wehrdienstzeitverkürzung im Konkreten aussieht.

In der Politik ist es immer sinnvoll und möglich, Kompromisse zu schließen, wenn etwas umgesetzt werden soll. Es gibt aber auch faule Kompromisse! Und dieser scheint mir ein solcher zu sein. Wie argumentiert wird, ist die Wehrdienstzeit­verkür­zung ab dem Jahr 2008 sowieso eine sinnvolle Sache, und ab dem Jahr 2006 ist sie auch eine sinnvolle Sache. Der Unterschied ist, dass sie zunächst mit entsprechenden Erlässen und Verordnungen des Ministeriums zu Stande kommen soll. Da frage ich mich schon, was da eigentlich los ist. – Die Formel ist im Prinzip ganz einfach: faule Koalition, fauler Kompromiss! Das ist doch ganz nachvollziehbar und einfach. (Beifall bei den Grünen.)

Daher sollten wir uns bei diesem Punkt gar nicht so lange aufhalten, sondern die größeren Fragen der Bundesheerreform anschauen. Zu den größeren Fragen gehören auch Finanzierungsfragen. Diesbezüglich sind Sie jede Antwort schuldig geblieben, Herr Bundesminister! Es gibt nach wie vor das Problem, dass die Ankaufspolitik des Bundesheeres und Ihres Ressorts jahrelang völlig falsch war. Nicht nur, dass Panzer wieder auf Halde gelegt oder mit riesigen Verlusten verkauft werden müssen – es hat sich schon länger abgezeichnet, dass man so nicht zu investieren braucht, aber bitte!

Die nächste Beschaffung ist die tragischste und die schlimmste in diesem Fall: Das ist der geplante Ankauf der Eurofighter-Kampfflugzeuge. Es wird Sie nicht wundern, wenn wir diesbezüglich ein kleines Rechenexempel nachholen wollen. Die Bundesheer­reform kostet Geld. Das muss allen klar sein. Das ist nachvollziehbar, da jede Umstrukturierung und Neuerung, auch wenn sie später Spareffekte bringt, mehr kosten


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kann und unter Umständen aus diesen Gründen auch soll. Wie Sie in den nächsten Jahren das Verteidigungsbudget im Griff haben wollen, verschweigen Sie aus guten Gründen.

Die Heeresreform, wie sie derzeit aussieht, kostet – Sie bestreiten das zwar, aber die Zahlen stammen aus Ihrem Haus – rund um die 2 Milliarden €, wenn nicht mehr. Da sind aber die Liegenschaftsverkäufe schon abgezogen. Die einzigen Zahlen, die Sie hier heute genannt haben, waren: 37 beziehungsweise 40 Prozent Liegen­schaftsver­käufe. – Ja, aber Sie meinen das offensichtlich so, dass Sie hier die Bestandsobjekte zusammenzählen und jedes einzelne davon dann wieder herausnehmen und sagen: Okay, jetzt haben wir unabhängig von der Größe und von dem Erlösvolumen reduziert. – So geht die Rechnung aber nicht auf!

Wir haben uns das angeschaut: Sie erlösen maximal 300 bis 400 Millionen €. Es würde aber viel mehr Geld gebraucht werden, dass die Zahlen halten. Die erste Panne ist also die Finanzierungslücke der Reform selbst. Zweitens sind die Abfangjäger­finan­zierung, insbesondere die Finanzierung der Eurofighter, weil diese die teuersten Flugzeuge sind – Sie wissen das ganz genau –, und diese Heeresreform mit einem halbwegs gleich bleibenden Verteidigungsbudget nicht gleichzeitig zu haben. Das ist völlig denkunmöglich. (Beifall bei den Grünen.)

Bekennen Sie sich endlich dazu oder legen Sie Ihre Zahlen vor! Nicht einmal im Ausschuss haben Sie das gemacht. Im Plenum mag man ja Verständnis dafür haben, da man in schönen Bildern sprechen soll, wenn das Fernsehen überträgt. Ich leiste mir dennoch den Luxus, Ihnen bei den Zahlen auf den Zahn zu fühlen. Noch einmal sage ich – die Eurofighterkosten explodieren im Übrigen –: 2 Milliarden € Beschaffungs­kosten für die Stückzahl plus Finanzierung, 500 Millionen € an zusätzlichen System­kosten, wie eben erst wieder vom Rechnungshof aufgedeckt wurde, und 100 Mil­lionen € jährlich an Betriebskosten. Auch das wollen Sie leugnen. Da werden Sie aber nicht weit damit kommen, weil wir auch diese Zahlen aus Ihrem Haus in diese Richtung interpretieren dürfen. Das ergibt auch 1 Milliarde € in zehn Jahren.

3,5 Milliarden € Eurofighter-Beschaffungskosten für die nächsten zehn Jahre! 2 bis 2,5 Milliarden € Reformkosten, die in diesem Bereich anfallen. Rechnen Sie das zusammen! Da wollen Sie uns erklären, Sie kommen mit einem halbwegs vernünftigen, gleich bleibenden Verteidigungsbudget aus?! – Nein, wir stehen für diese Geschichte sicher nicht zur Verfügung!

Unserer Meinung nach hat das Verteidigungsbudget nicht zu steigen. Ich will nicht sagen, dass Österreich im Vergleich mit anderen Ländern groß ins Rüstungsgeschäft einsteigt. Das meine ich nicht. Aber wir Grüne stehen dafür, dass das Verteidigungs­budget nicht steigen soll! (Abg. Murauer: Wer ist „wir“?) Dazu sollten Sie sich auch deklarieren. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist im Übrigen auch nicht Aufgabe der Republik Österreich, mit dieser Eurofighter-Beschaffung die zentraleuropäische Rüstungsindustrie aufzupäppeln. Auch das sollte bei dieser Gelegenheit gesagt werden, weil es ganz andere Möglichkeiten gegeben hätte.

Es stellt sich überhaupt die Frage, was die aktuellen Bedrohungen sind, denen man sich tatsächlich stellen muss. (Abg. Scheibner: Eben! Sagen Sie es einmal!) Die sind sicher nicht solche, dass wir ihnen mit einem Kampfflugzeug, das in den achtziger Jahren konzipiert wurde, begegnen müssen. Selbst wenn es um die internationalen Einsätze geht – ja, glauben Sie, es wird irgendjemand darauf warten, dass sich österreichische Piloten mit österreichischen Flugzeugen, die, Gott sei Dank, ohnehin nicht mit diesen Bewaffnungen ausgerüstet sind, an diesen Einsätzen beteiligen? Das ist doch das völlig falsche Konzept, das Sie hier anvisieren, das völlig falsche Konzept!


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(Abg. Scheibner: Luftraumüberwachung!) – Ja, für die Luftraumüberwachung hätten es ganz andere Flugzeuge auch getan. Das wissen Sie ganz genau. (Abg. Fauland: Welche denn?) Es hängt hinten und vorne, finanzieren können Sie es auch nicht! Das stimmt nicht zusammen.

Deshalb sage ich: raus aus diesem Eurofighter-Vertrag! Jeder Tag früher ist besser, weil die Konditionen besser sind. Und am besten rein in den Untersuchungsausschuss, damit endlich geschaut werden kann, wer dieses Finanzdesaster und letztlich auch verteidigungspolitische Desaster zu verantworten hat. – Sei’s drum! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Österreich hat eben andere Aufgaben, auch in der Zukunft und auch in der neuen europäischen „Friedensarchitektur“, wenn ich das hochtrabende Wort übernehmen darf. (Abg. Scheibner: Welche?) – Na das sind sicher welche, die noch lange Zeit mit unserer Rolle als neutralem Staat zu tun haben. (Abg. Scheibner: Sagen Sie es! Welche?) Das sind sicher nicht welche, die ad hoc so viel Geld kosten wie die Beschaffung der Eurofighter. Das ist ganz klar. (Abg. Scheibner: Welche?) – Schauen Sie, Sie wissen es: Es ist die Beteiligung an den niedrigen oder unteren Petersberger Aufgaben. (Abg. Scheibner: Was sind „niedrige Petersberger Aufgaben“? Sie wissen ganz genau, dass ...!) – Natürlich, selbstverständlich! Die sind mit der Anschaffung von Kampfflugzeugen nicht zu bewältigen. Dazu brauchen wir auch die Wehrdienstzeit in dieser Form nicht, wie sie geplant ist. Das stimmt hinten und vorne nicht zusammen.

Abschließend möchte ich sagen, dass die Tragödie in diesem Land (Abg. Fauland: Die haben wir jetzt gerade erlebt!) – das muss ich weiter betonen, auch mit einem Blick auf die SPÖ – folgende ist: Es wird hier an jeder Front Populismus betrieben, der apostro­phierte Kasernenpopulismus und ähnliche Dinge mehr. Das hat keinen Sinn! Es hat keinen Sinn, wenn in diesem Land Landesfürsten alles Mögliche, was grundsätzlich als vernünftig erkannt wird, ständig blockieren können. Mit dieser Haltung muss auch aufgeräumt werden! (Beifall bei den Grünen.)

11.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


11.27.23

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren! Bei Berichten und Diskussionen über Heeres­reformen – das trifft jetzt auch wieder zu – steht in erster Linie Folgendes im Vordergrund: Wie kann man möglichst viel verkürzen, zum Beispiel den Wehrdienst? Wie kann man möglichst viele Kasernen und Standorte schließen? Wie kann man möglichst viel Personal abbauen? Wie kann man möglichst viel Gerät verkaufen? Wie kann man möglichst viel Geld einsparen? – Was völlig abgeht in solchen Diskussionen, ist die Frage: Welche Aufgaben in der Sicherheitspolitik sind es denn, die wir zu erfüllen haben? Und wenn wir die Aufgaben definieren, mit welchem Gerät, mit welchem Personal und mit welchen Gliederungen und an welchen Standorten schaffen wir das? – Diese Diskussion, meine Damen und Herren, würde ich gerne führen, und nicht die Diskussion: möglichst wenig Bundesheer ist am besten! – Nein. Möglichst effiziente Sicherheitspolitik, das brauchen wir in Österreich! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.)

Herr Kollege Kogler, genau das ist, was Sie wieder gesagt haben. Wie haben Sie gesagt? – Untergeordnete Petersberger Aufgaben. – Die gibt es nicht! Sie wissen ganz genau, dass sich Österreich im internationalen Verbund verpflichtet hat, das gesamte Spektrum der sicherheitspolitischen Aufgaben – in Petersberg diskutiert und be-


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schlossen – abdecken zu können: nicht ein bisschen Sanität, nicht ein bisschen Militärmusik, sondern das gesamte Spektrum der militärischen Aufgaben.

Man kann sagen, das wollen wir nicht – gut. Aber wenn sich eine rot-schwarze Regie­rung damals, beim EU-Beitritt, dazu verpflichtet hat, dann muss man auf der anderen Seite auch die Vorgaben und die Aufgaben erfüllen können und dazu die Voraus­setzungen schaffen.

Meine Damen und Herren, auf der einen Seite etwas beschließen, aber dann Soldaten nicht ausreichend ausgerüstet und ausgebildet in solche Einsätze zu führen, das wäre unverantwortlich! Das machen wir nicht, meine Damen und Herren, aber das soll man auch offen und ehrlich hier zum Ausdruck bringen.

Man sollte nicht vergessen, dass es nach wie vor die Gefahr des internationalen Ter­rorismus gibt. Man sollte nicht vergessen, dass es die Gefahr von Massenvernich­tungswaffen – auch durch die organisierte Kriminalität eingesetzt – gibt. Man sollte nicht vergessen, dass es Katastropheneinsätze im großen Ausmaß gibt. Man sollte auch diese internationale Komponente nicht vergessen.

Wir sollten endlich einmal aufhören damit! Es ist keine Frage, dass das sehr populär ist, Herr Kollege Prähauser: sechs Monate sind genug. – Wie kurz wollen wir es noch machen? Vier Wochen, zwei Wochen, gar kein Bundesheer? – Bundesheer light. Sehr, sehr populär, keine Frage. (Abg. Parnigoni: Sie stimmen zu!) Aber ich sage Ihnen: Das ist nicht meine Linie! Seit 15 Jahren arbeite ich hier für die Sicherheitspolitik, und seit 12 Jahren bin ich Milizsoldat im österreichischen Bundesheer. Das ist nicht der Mut zur Selbstzerstörung, sondern das ist der Mut zur Wahrheit, und das ist der Mut zur Verantwortung für die Sicherheit dieses Landes und der Bevölkerung. Und dieser Mut ist nicht verboten, sondern der sollte gefordert sein, auch von Ihnen, meine Damen und Herren hier im Hohen Haus! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber es ist keine Frage, wenn man der Bevölkerung seit Jahrzehnten einredet, dass die Neutralität, die UNO-City, die schöne Landschaft und die Freundlichkeit der Be­völkerung für die Garantie unserer Sicherheit ausreichend sind, dann kann man vielleicht auch mit Debatten über die Verkürzung der Wehrdienstzeit und Abschaffung des Bundesheeres Stimmung machen.

Wir wollen das nicht, meine Damen und Herren! Wir wollen nicht nach einem Desaster, weil wir die Sicherheit nicht gewährleisten können, dann Verantwortliche suchen. Das hilft der Bevölkerung nicht.

Ich kann mich noch gut an eine Diskussion im Jahr 2002 erinnern, als es hieß – und das war sehr populär –, 6 000 Soldaten seien genug, eine Diskussion, geführt von den Grünen und von der SPÖ. Wenige Wochen später waren 12 000 Soldaten im Hoch­wassereinsatz. Das haben alle hochgelobt, jetzt aber wieder vergessen. Was hätten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dann mit Ihren 6 000 Soldaten der Bevölkerung gesagt, wenn Sie die Sicherheit nicht hätten gewährleisten können? Das sollten Sie hier einmal offen und ehrlich sagen!

Genau deshalb, meine Damen und Herren, haben wir gesagt – und ich sage das auch hier in aller Offenheit und Deutlichkeit –, dass die Verkürzung des Wehrdienstes mit dem Jahr 2006 aus unserer Sicht nicht möglich ist, und Sie haben das auch! Und jetzt bringen Sie alle hier anders lautende Anträge ein, obwohl Sie selbst – alle miteinander; ein fast einstimmiger Beschluss – das in der Bundesheerreformkommission so beschlossen haben. Es heißt in dem Bericht, dass die Reduzierung des Wehrdienstes frühestens 2007 möglich ist. Erst nach Wegfall des Assistenzeinsatzes und erst dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen – wo es jetzt dankenswerterweise auch ein Anreizsystem für die Miliz gibt; und es waren gute Verhandlungen –, wenn die Anreiz-


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systeme und die flankierenden Maßnahmen greifen, könne man die Wehrdienstzeit reduzieren. – Ja, das sagen auch wir und deshalb auch unsere Zustimmung zu dieser gesetzlichen Regelung, und zwar mit 1. Jänner 2008.

Wir setzen in Wahrheit das um, was Sie in der Bundesheerreformkommission be­schlossen haben. Wir unterstützen auch die Beurteilung, dass eine vorzeitige Verkür­zung des Wehrdienstes Probleme in der Aufgabenerfüllung des österreichischen Bundesheeres herbeiführen würde – nichts anderes! Und das ist der Mut zur Wahrheit, meine Damen und Herren von der Opposition, den ich auch von Ihnen hier erwarten würde! (Abg. Faul: Sagen Sie das dem Verteidigungsminister!) Es ist die Verant­wortung beziehungsweise die Aufgabe des Verteidigungsministers, dafür zu sorgen, dass das bis 2008 abzudecken ist. Er hat das zu garantieren. Gut, wir hoffen, dass es so sein wird. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aus unserer Sicht – und auch Sie haben es in der Bundesheerreformkommission so gesagt – ist eine Verkürzung des Wehrdienstes erst mit dem Jahr 2008 möglich.

Unserer Meinung nach müssen die Anreizsysteme weitergeführt werden, muss diese Reform auch umgesetzt werden – ein wirklich mutiger Ansatz, auch von den Stand­orten her, keine Frage. Auch das Dienstrecht muss entsprechend adaptiert werden, das fehlt noch, denn wir wollen selbstverständlich in die Richtung eines profes­sionalisierten Heeres gehen, und zwar auf einer freiwilligen Basis. Da müssen noch weitere Schritte gesetzt werden.

Nun zu den finanziellen Mitteln. – Selbstverständlich, die Kasernenschließungen und der Verkauf sind ein wichtiger Punkt. Wenn es nicht reicht, dann werden wir zu­sätzliche Budgetmittel für die Umsetzung dieser Reform beschließen müssen, denn es kann nicht sein, dass wir sagen: So viel Geld haben wir zur Verfügung, und wenn das nicht ausreicht, dann kürzen wir bei der Sicherheit! Die Sicherheit ist eine der wichtigsten Aufgaben jedes Staates, und die kann uns nicht gut genug sein, und dafür müssen wir auch das Notwendige aufwenden, meine Damen und Herren!

Herr Bundesminister, wenn es darum geht, diesbezüglich beim Finanzminister entsprechend aufzutreten, dann werden Sie unsere Unterstützung haben. Ich erinnere daran, weil schon wieder die Eurofighter-Beschaffung hier angesprochen wurde: Man sollte auch einmal zugeben, dass die Luftraumüberwachung eine jener Aufgaben der Sicherheitspolitik ist, die tagtäglich notwendig sind. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräu­ter.) Man kann nicht verlangen, zu verhindern, dass amerikanische Kampfflugzeuge über Österreich fliegen, und gleichzeitig keine Möglichkeiten dafür schaffen wollen, dieses Verbot auch wirklich durchzusetzen. Auch das ist eine Inkonsequenz Ihrer Politik im Sicherheitsbereich, meine Damen und Herren von der Opposition.

Der Finanzminister hat damals, als wir die Stückzahl reduziert haben, zugesichert, dass die Differenz, das ersparte Geld für die Landesverteidigung zur Verfügung gestellt wird, für die Umsetzung dieser Reform. Also es wäre durchaus sinnvoll, den Finanzminister an dieses sein Versprechen zu erinnern. Dann machen wir wirklich Sicherheitspolitik, die garantiert, dass auch in Zukunft dieses Land eines der sichersten in Europa sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Meine Damen und Herren! Die Fernseh­übertragung der laufenden Diskussion läuft bis 12 Uhr. Gemäß einer Vereinbarung in der Präsidiale teile ich jetzt die Redezeit für die letzte Runde mit je 6 Minuten pro Redner ein.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.

 



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11.35.06

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Kollege Scheibner, zum Thema Eurofighter: Luftraumüberwachung ja, dazu bekennen wir uns, aber dazu brauchen wir nicht sündteure Kampfbomber. (Abg. Scheibner: Was sonst?) Das Gerät, das Sie anschaffen wollen, dient dem Luftkampf und nicht der Luftraumüberwachung! (Beifall bei der SPÖ.)

Kollege Fasslabend! Sie können schon Dinge wissentlich missdeuten, Sie sind ja ein wahrer Meister darin. Anscheinend läuft nur mehr das Langzeitgedächtnis so richtig „rund“. Aber ich möchte Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die SPÖ hat im Ausschuss einen Antrag zur Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Monate per 1. Jänner 2006 eingebracht, und zwar auf gesetzlicher Basis – und da haben genau Sie dagegengestimmt! Die ÖVP-Fraktion hat gegen diesen Antrag gestimmt. (Beifall bei der SPÖ.) Die SPÖ-Fraktion hat aber dann im Gegenzug sehr wohl für den ÖVP-Antrag zur gesetzlichen Verkürzung des Wehrdienstes per 1. Jänner 2008 gestimmt. Also wir haben das im Ausschuss nicht abgelehnt. Aber uns geht es nun einmal um Rechtssicherheit. (Abg. Murauer: Das werden wir ja heute sehen!)

Weil Sie so viel von „staatstragenden Parteien“ gesprochen haben: Mein Verständnis von einer staatstragenden Partei ist jenes, dass wir für Rechtssicherheit sorgen. Aber Sie machen das nicht! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Seit mehr als fünf Jahren ist es in Österreich Realität, dass Frauen militärischen Dienst beim Bundesheer leisten. Das war zwar für die SPÖ nie wirklich das vordringlichste Anliegen, ganz im Gegenteil zur ÖVP, die immer wieder die Öffnung der Türen beim Bundesheer für Frauen gefordert hat, aber wir haben dann dafür gesorgt, dass es zumindest gute Regelungen für die Frauen beim Bundesheer gibt. Gerade Ministerin Prammer war damals federführend tätig, dass es im Sinne der Frauen gute Regelungen gibt. Heute, fünf Jahre später, akzeptieren wir die Realität, dass sich Frauen für das Bundesheer entscheiden, und wir wollen noch optimalere Möglichkeiten für die Frauen schaffen.

Wir haben folgende drei Problemfelder analysiert:

Erstens: die hohe Ausfallsquote. – Zwischen 80 und 90 Prozent der Frauen, die die Eignungsprüfung geschafft haben, scheiden innerhalb der ersten drei Jahre aus den verschiedensten Gründen wieder aus. Das haben wir auch schon einige Male diskutiert, allerdings gibt es nach wie vor keinen Lösungsvorschlag dazu beziehungs­weise keine Bereitschaft, sich damit zu beschäftigen.

Zweitens: die Bezahlung. – Frauen müssen keine Wehrpflicht leisten, und das ist gut so, das soll auch so bleiben. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen.)

Frauen wurde immer wieder ihr Engagement im Bundesheer damit verkauft, dass es sich hierbei um eine Berufsperspektive handelt, und daher muss auch die Bezahlung dementsprechend sein.

Drittens: die Aufnahmekriterien. – 65 Prozent der Frauen schaffen auf Grund der um­strittenen Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit nicht die Aufnahmeprüfung.

Wir von der SPÖ-Fraktion haben darauf reagiert: Wir haben auf der einen Seite bereits im September 2003 einen Antrag gestellt, aber ich kann mich nicht erinnern, Herr Minister, dass alle Fraktionen sofort unseren Vorschlägen beigetreten wären, so wie Sie es zuvor gesagt haben. Ich kann mich da sehr wohl an Gegenargumente, gerade von Ihrer Fraktion, von der ÖVP, erinnern. Auf der anderen Seite haben die SPÖ-


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Frauen in der Bundesheer-Beschwerdekommission immer wieder diese Problemfelder thematisiert, und so ist das Bewusstsein gestärkt worden, dass wir da etwas ändern müssen.

Heute bin ich stolz darauf, dass SPÖ-Vorschläge umgesetzt werden. Ich halte das für einen sehr großen Erfolg der SPÖ, insbesondere für die Frauen beim Bundesheer. (Abg. Mag. Molterer: Warum stimmen Sie dann dagegen?)

Der größte Erfolg ist sicherlich Minister Platters Umdenken: Hat er noch in einer Rede im Jahr 2003 nur von „meinen Burschen“ gesprochen, das heißt, die Frauen komplett ausgeklammert, so stellt er sich heute hin und sagt, was er nicht alles für die Frauen beim Bundesheer tut. Ich denke, das ist ein schöner Erfolg, und ich finde das auch sehr, sehr positiv. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben es geschafft – und dafür werden wir auch stimmen –, dass die Aufnah­mekriterien verbessert werden. – Ein Erfolg der SPÖ!

Wir haben es auch geschafft, dass die Frauen ein höheres Einkommen erhalten wer­den.

Wir haben es des Weiteren geschafft, die Rückzahlungsverpflichtung, die es auch für Frauen gegeben hätte, herauszuverhandeln. Das wäre ein glatter Widerspruch zur absoluten Freiwilligkeit und daher verfassungswidrig gewesen. – Wir haben das heraus­verhandelt, das ist unser Erfolg!

Dass die Rückzahlungsverpflichtung für die Männer nach wie vor gilt, ist, wie Kollege Gaál schon gesagt hat, ein Wermutstropfen, und ich möchte das mit einem weiteren Argument, nämlich einem gehaltsrechtlichen Argument untermauern: Ich halte das für gehaltsrechtlich bedenklich, auch wenn jetzt bei der Rückzahlung nur mehr aliquotiert wird, denn es handelt sich hierbei um eine konkrete Bezahlung für einen konkret geleisteten Dienst; und der Wert dieser Arbeit kann nicht einfach durch Ausscheiden plötzlich geringer bewertet werden. Das geht nicht! Das geht nirgends in der Wirtschaft, und das kann auch beim Bundesheer nicht so sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die SPÖ stimmt den vernünftigen Maßnahmen zu, aber es ist noch nicht alles optimal geregelt, es gäbe noch einiges zu tun. Wir sind dafür bereit! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fuhrmann. – Bitte.

 


11.41.00

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Kollegin Stadlbauer, ich muss zu Beginn meiner Rede schon Folgendes festhalten: Wer inhaltlich etwas zu sagen hat und sich konstruktiv an dieser Debatte beteiligt, der hat es nicht notwendig, dass er sich hier herstellt und andere Kollegen des Hohen Hauses beschimpft! Daran sich das nächste Mal zu erinnern, würde ich Sie wirklich ersuchen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Wovon reden Sie?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich vertrete hier vor allem die Zielgruppe jener jungen Menschen der Präsenzdiener, die es vor Ort betrifft; und ich kann Ihnen eines sagen – und das wissen Sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung –: Das Bun­desheer ist eine sehr, sehr wichtige Phase im Leben eines jungen Menschen, eine Phase, in der man sich im Leben orientiert, wo es auch darum geht, zu schauen, welchen Beruf man ergreifen möchte, ob man weitere Ausbildungsschienen in Angriff nehmen möchte, wie die eigene Zukunft aussehen wird.


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Da stellt man sich natürlich auch die Frage: Wie wird die Zeit beim Bundesheer sein? Jeder junge Mensch, der einen Präsenzdienst zu leisten hat, hat nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht, beim Bundesheer eine sinnvolle Zeit zu verbringen. Kein Mensch hat ein Interesse daran, wertvolle Zeit in seinem Leben zu verschwenden – schon gar nicht ein junger, der sich erst auf dem Arbeitsmarkt zurechtfinden muss.

So waren einige Adaptierungen im Bundesheer notwendig, die gerade für junge Menschen einen wirklichen Fortschritt bringen. Ich möchte hier die zentrale Forderung und auch das zentrale Ergebnis der Bundesheer-Reformkommission in den Vorder­grund rücken: die Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate. Die veränderten Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft und auch unseres Systems in Hinblick auf Europa lassen dies möglich werden.

Die Ausbildungen und die Übungen werden in Zukunft sinnvoller und effizienter ge­staltet werden. Der Ausbildungsablauf wird neu definiert, und die bisherigen Truppen- und Kaderübungen werden für alle Wehrpflichtigen in der neuen Form der Milizübung erhalten bleiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist 35 Jahre her, dass Bruno Kreisky gesagt hat: „Sechs Monate sind genug!“ Als Mitglied der Bundesheerreformkommission war ich entsetzt darüber, dass dort die Sozialistische Jugend gegen die Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate gestimmt hat. Wenn die SPÖ heute, 35 Jahre später, diesen wichtigen Reformschritt der Verkürzung des Wehrdienstes auf sechs Monate verhindern will, so bin ich eben­falls entsetzt. (Ruf bei der SPÖ: Wow!)

Ich sage Ihnen: Das zeigt wieder, dass es hier nicht alle Parteien sind, die auch gemäß ihren Worten handeln. Ich kann eines festhalten, und zwar nicht nur festhalten, sondern auch beweisen: Es sind wir, auf die sich junge Menschen in Österreich verlassen können, denn bei uns gilt heute: neue Lage, 180 Tage! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Aber es gibt, von uns angeleitet und von uns vorgeschlagen, auch viele andere Verbes­serungen für junge Menschen. Das fängt bei der stärkeren Berücksichtigung der Eignungen, der Interessen, der Fähigkeiten und der Fertigkeiten an, wenn es darum geht, zu entscheiden, welcher Einrückungsort und welcher Einrückungstermin es sein werden.

Wir haben junge Menschen auch dahin gehend unterstützt, in Zukunft eine stärkere Verknüpfung zwischen den erworbenen Fähigkeiten beim Bundesheer und den Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen. Da wird es eine Anrechnung vice versa geben.

Wir waren es auch, die angeregt haben, die Funktion des Soldatensprechers beim Bundesheer zu schützen und rechtlich besser zu verankern, um auch da eine stärkere Position gegenüber den vorgesetzten Militärs möglich zu machen.

Wir waren es auch, die sich dafür eingesetzt haben, dass jetzt die Frauen die Mög­lichkeit haben, alle Funktionen in der zukünftigen Miliz auszuüben. Das ist ein großer Fortschritt. Keiner wird gezwungen, es herrscht das Prinzip der Freiwilligkeit, aber die Möglichkeit dazu wird gegeben.

Zu guter Letzt waren es auch wir, die durchgesetzt haben, dass man, wenn man sich für ein Jahr verpflichtet – und es kommt ja unter dem Strich immer darauf an, wie man sich die Zeit dort gestalten kann –, eine Erhöhung bekommt, und zwar 824 € statt der 256 €. Das ist ein Prämiensystem, ein stärkerer Anreiz für die Miliz. Das wird in Zukunft gewährleisten, dass unser Bundesheer straffer und effizienter gestaltet wird und dass wir, die Gesellschaft, uns auch weiterhin darauf verlassen können, dass unser


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Bundesheer entsprechende Ressourcen hat, um für die Sicherheit dieses Landes sorgen zu können.

Und das Wichtige dabei ist: Die Präsenzdiener werden ihren Wehrdienst nach sechs Monaten abschließen und sagen können: Es war eine sinnvolle Zeit, in der ich auch viel gelernt habe! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

11.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte.

 


11.46.53

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie, meine Damen und Herren von den Regierungs­parteien, haben uns bereits heute Vormittag weismachen wollen, dass die Soldaten in Zukunft vor allem finanziell gut ausgestattet sein werden. (Abg. Murauer: Das ist wichtig!) – Herr Murauer meint, das sei wichtig. Dann darf ich Sie fragen: Warum gestehen Sie dieses Recht nicht auch Zivildienern zu? (Abg. Mag. Molterer: Das ist eine Heeresdebatte! Da reden wir über die Soldaten!)

Es wird in den nächsten Wochen die Novellierung des Zivildienstgesetzes diskutiert. Ich meine, jene Anerkennung, die Soldaten in Österreich haben – und diese brauchen sie auch –, steht den Zivildienern genauso zu, aber diesen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP – Herr Molterer, ich spreche Sie an! – gönnen Sie sie nicht. (Abg. Parnigoni: Da haben Sie Recht! – Abg. Mag. Molterer: Das steht im Juli auf der Tagesordnung!) – Ganz im Gegenteil: Sie wollen in der Zivildienst­reform­kommission, die ganz klare Vorschläge dazu gemacht hat, welche Verbesserungen es geben soll, davon gar nichts wissen, absolut nichts! Die Zivildienstreformkommission war für Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, eigentlich nur ein optischer Aufputz – mit der Klarheit, dass Sie beim Zivildienst alles so belassen wollen, wie es ist. (Abg. Mag. Molterer schüttelt verneinend den Kopf.) Aber so kann es nicht gehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie, Herr Molterer, müssen mir erklären, warum es für die Soldaten sehr wohl eine finanzielle Besserstellung gibt, jedoch keine für die Zivildiener geben soll.

Herr Molterer, Sie müssen mir auch erklären, warum Soldaten, die nicht in der Kaserne verpflegt werden, pro Tag 13,60 € an Verpflegungsgeld erhalten. Zivildiener bekom­men das nicht!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Ihnen die Tätigkeit des Zivildienstes gleich wichtig ist wie die Tätigkeit der Soldaten, dann muss es auch eine zeitliche Gleich­stellung geben, denn es ist durch nichts, durch absolut nichts zu rechtfertigen, warum der Wehrdienst auf sechs Monate verkürzt wird, der Zivildienst aber nicht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Der wird auf neun Monate verkürzt!)

Der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst, und deshalb muss es auch eine zeitliche Gleichstellung geben. Das heißt: Auch sechs Monate Zivildienst sind genug! Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass Zivildiener, die mindestens so eine schwere Arbeit leisten wie die Grundwehrdiener, länger dienen sollen als Grundwehrdiener. Dafür gibt es keine Rechtfertigung!

Herr Molterer, Sie mit Ihrer Partei, und auch das BZÖ und die FPÖ, haben sich darauf geeinigt – da haben Sie sich richtig einzementiert –, dass Sie im Zivildienstbereich nichts verändern, sondern alles so belassen werden, wie es ist. Ganz im Gegenteil: Sie wollen die Situation für Zivildiener sogar noch verschärfen.


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112. Sitzung / Seite 75

Herr Klubobmann Molterer, ich stelle an Sie folgende Gewissensfrage: Warum wollen Sie in Österreich Zivildiener schlechter behandeln als Wehrdiener? Diese Gewissen­frage haben Sie einmal zu klären! Es gibt doch dafür keinen Grund, außer einen ideologischen. Und wenn Sie einen ideologischen Grund haben, Zivildiener schlechter zu stellen als Wehrdiener, dann sollten Sie diesen auch nennen. Das jedoch gesetzlich durchzuführen, dafür gibt es überhaupt keine Rechtfertigung!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu dieser heutigen Diskussion, speziell auch jetzt zu den letzten Rednern – der Herr Minister hat ebenfalls dazu gesprochen –, wonach ab 1. Jänner 2006 sechs Monate Wehrdienst und nicht mehr fixiert seien. Dann kommt Herr Scheibner hier heraus und sagt: Das kommt überhaupt nicht in Frage für uns, frühestens ab 2008! Und dann hat er ein Hefterl in die Höhe gehalten. (Abg. Scheibner – ein Schriftstück in die Höhe haltend –: Was heißt „Hefterl“? Das ist der Bericht der Bundesheerreformkommission – und kein „Hefterl“!)

Da frage ich mich schon, meine sehr geehrten Damen und Herren, was Sie heute eigentlich beschließen wollen: Wollen Sie sechs Monate beschließen – oder doch acht Monate? (Abg. Scheibner: Da müssen Sie sich aber das Stenographische Protokoll genau anschauen!) Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen es nicht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Gerade kam von Seiten der ÖVP wieder der Zwischenruf: sechs Monate! Herr Scheibner schaut ganz wild und sagt, das kommt überhaupt nicht in Frage. – Also: Was wollen Sie denn? (Abg. Murauer: Frau Haidlmayr, Sie haben wieder einmal nicht zugehört! – Weiterer Zwischenruf bei der ÖVP.) Werden Sie sich einmal einig, ob Sie jetzt sechs oder acht Monate beschließen wollen! Dann wissen endlich auch und vor allem die jungen Männer, die das betrifft, ob sie sechs oder acht Monate zum Bun­desheer müssen. Bis zum Jahre 2008 ist alles offen und ungeklärt. – So eine Haltung ist keine Haltung, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei den Grünen.)

Kurz auch noch zur zeitverzögerten Wahrnehmung und Schmerzempfindung des Herrn Abgeordneten Murauer, der gesagt hat, es tue ihm weh, dass jetzt auch die Kaserne in Steyr geschlossen wird. Am Freitag voriger Woche bin ich in Steyr an dieser Kaserne vorbeigefahren – und muss sagen: Die gibt es ja schon lange nicht mehr! (Ruf: Die Kaserne gibt es, aber Soldaten sind keine dort!) Ich glaube, da brächten Sie nicht einmal mehr den Balken auf, denn da ist alles zugerostet und verwildert. Die Kaserne Steyr gibt es also gar nicht mehr! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wenn Sie dort noch einmal jemanden hineinstellen würden, müssten Sie wahrschein­lich zuerst einmal ein halbes Jahr die „Spinnwabsen“ wegkehren, damit dort überhaupt jemand bei der Tür hineinkäme. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ihre verzögerte Schmerzempfindung und Wahrnehmung, Herr Murauer, ist wirklich bedenklich! (Beifall bei den Grünen.)

11.52

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte. (Abg. Parnigoni – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dipl.-Ing. Scheuch –: Sechs Monate oder acht Monate? Erklär das jetzt, Uwe!)

 


11.52.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Bevor wir darüber diskutieren, ob sechs oder acht Monate – Kollege Parnigoni scheint das Gesetz, das er heute nicht


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mitbeschließen wird, noch nicht gelesen zu haben –, klären wir einmal lieber etwas anderes.

Vor wenigen Minuten ist Frau Kollegin Stadlbauer hier an diesem Rednerpult gestan­den. Es steht mir ja eigentlich nicht zu, als Verteidiger der ÖVP aufzutreten – und normalerweise habe ich genau die gegenteilige Funktion –, aber da Kollegin Fuhrmann nichts dazu gesagt hat, ist es mir ein Anliegen, darüber zu sprechen. Dass Sie, Frau Kollegin Stadlbauer, sich hier herausstellen und zum Kollegen Fasslabend wörtlich sagen, bei ihm scheine nur mehr das Langzeitgedächtnis gut zu funktionieren, weise ich aufs Schärfste zurück! Das ist keine Kultur in einer parlamentarischen Diskussion – egal, ob es dabei um einen Mitbewerber geht oder nicht! Ich fordere Sie daher auf, Frau Kollegin Stadlbauer, sich beim Kollegen Fasslabend zu entschuldigen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Was das Wehrrechtsänderungsgesetz betrifft, das sehr viele Veränderungen bringt, so wurden ja bereits seitens meiner Vorredner sehr viele Details erläutert. Dieses Gesetz bringt eine Fülle von Veränderungen; manche weit reichend genug, manche offen­sichtlich nicht. Viele Verbesserungen sollten, wie ich meine, außer Zweifel stehen; so etwa die Verdoppelung von Erfolgsprämien, die Einführung von zusätzlichen Miliz­prämien, die Erhöhung von Einsatzprämien. Das sind lauter Anreizsysteme, die auch in Zukunft dafür sorgen werden, dass unser Bundesheer funktionstüchtig ist und dass sich weiterhin eine ausreichende Anzahl an jungen Damen und Herren bereit finden wird, darin mitzuwirken und so zur Landesverteidigung Österreichs beizutragen.

Anführen darf ich in diesem Zusammenhang weiters: Zusätzliche Neuanschaffung von modernem Gerät, damit vor allen Dingen auch die Sicherstellung, dass das Personal gut ausgerüstet ist, denn ich meine, es sollte über alle Parteigrenzen hinweg ein Konsens sein, dafür Sorge zu tragen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Bundesheeres optimal ausgerüstet sind.

Was die Wehrdienstverkürzung anlangt – ein geradezu ausgereiztes Thema der letzten Wochen und Monate –, stelle ich mich klar auf die Seite meines Klubobmannes Her­bert Scheibner. Und wir haben ja von Anfang an versucht, das, was die Bundes­heerreformkommission vorgeschlagen hat, zu unterstützen. Wir haben nie in Zweifel gestellt, dass eine Verkürzung der Wehrdienstzeit kommen soll, ja kommen muss; wir haben sogar weitreichendere Vorschläge ausgearbeitet. Hier sind wir federführend mit dabei gewesen, aber – und das ist mir wichtig –: Dabei darf man nicht vergessen, dass es Grundsätze gibt, die es einzuhalten gilt: einerseits den Grenzschutz, den Katastro­phenschutz sowie eine ausreichende Zurverfügungstellung von Personal für die Aufgaben, die unser Bundesheer hat. – Diesbezüglich ist die Vorgangsweise der SPÖ wirklich lächerlich; ich kann es nicht anders sagen! Es handelt sich dabei um Populismus pur! Und das ist eigentlich eine Schande!

Wenn man sich das im Detail anschaut, sieht man ganz klar, warum die SPÖ da immer wieder neue Wege geht: In Wirklichkeit habt ihr wahrscheinlich weder ein ausreichen­des inhaltliches noch personelles Angebot, nächstes Jahr Nationalratswahlen zu schlagen (ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der SPÖ), denn ein Kanzler­kandidat Gusenbauer ist nicht mehrheitsfähig – das ist bekannt –, ein Finanzminister Matznetter ist untragbar für die breite Öffentlichkeit und ihre thematischen Inhalte sind lächerlich. (Abg. Dr. Matznetter: Wollen Sie vielleicht Verteidigungsminister werden? – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ sowie Gegenrufe bei den Freiheitlichen.)

Daher bleibt Ihnen von der SPÖ nichts anderes übrig – auch Ihnen nicht, Herr Kollege Matznetter –, als auf Herrn Kallinger zu verzichten und lieber die „Krone“ als „Spin-Doctor“ zu nehmen, denn: Jede einzelne populistische Schlagzeile, die einen Kurs­wechsel auch nur andeutungsweise erkennen lässt, nehmen Sie auf – um daraus


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Kapital zu schlagen – wie ein trockener Wüstenboden, der das Wasser aufnimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Und die BZÖ hat immer eine Linie! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Cap deutet mit einer ent­sprechenden Handbewegung dem Redner an, das Rednerpult zu verlassen.)

Dazu ein paar Beispiele – und die Damen und Herren vor den Fernsehschirmen sollen das wissen –: EU-Politik, Verteidigungspolitik, Sozialpolitik, Verkehrspolitik, Sicher­heits­­politik, Asylpolitik: In all diesen Bereichen ist Herr Kollege Cap für seinen Zickzack-Kurs, hier im Parlament zumindest, in die Geschichte eingegangen. (Abg. Dr. Matznetter: Wollen Sie Minister werden?) Ihre Politik ist nicht nachvollziehbar, Richtungen sind bei Ihnen überhaupt nicht mehr erkennbar, denn: Bei Ihnen wird vorgerudert, zurückgerudert, nach links und rechts geschwenkt! (Abg. Dr. Gla­wisch­nig-Piesczek: Ja, ja, und Sie haben immer eine Linie! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Schauen Sie von der SPÖ, dass Sie sich inhaltlich und personell neu orientieren! (Abg. Dr. Cap deutet dem Redner, das Rednerpult zu verlassen.) Auch Sie, Herr Kollege Cap! Und wenn Sie schlafen gehen wollen, müssen Sie warten, bis die Fernseh­übertragung aus ist; dann können Sie ja wieder hinaus gehen. Bis zwölf Uhr sind Sie aber sicherlich hier.

Ich halte es für wichtig, dass man das hier einmal im Zuge der Debatte rund um das Wehrrechtsänderungsgesetz sagt: Das Vor- und Zurückrudern der Opposition ist schwer bedenklich! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Schließlich möchte ich noch auf einen weiteren Punkt eingehen, da Kasernen­schließungen ein wichtiges Thema sind. Hiezu hat es ja offensichtlich breiten Konsens gegeben. Für mich als Spittaler ist es wichtig, dass der Standort Türkkaserne/Spittal an der Drau erhalten wird, ich möchte aber hier vom Rednerpult aus noch einmal an den Verteidigungsminister appellieren, im Zuge der Neugestaltung der Kompanien und Bataillone darauf zu achten, die Tragtier-Staffel in Spittal zu erhalten. Spittal an der Drau ist da momentan einer von vier Standorten, wobei das ja auf einen oder zwei Standorte reduziert werden soll.

Ich meine, dass es für ein Hochgebirgsbataillon wie jenes in Spittal an der Drau beson­ders wichtig ist, dass auch dort eine Tragtier-Staffel erhalten bleibt, denn die Kom­bination Hochgebirgsbataillon und Tragtier-Staffel ist wirklich ganz wichtig. Und: Es gibt dafür in Spittal eine gute Infrastruktur, wir haben die Leute und die notwendige Aus­bildung hiefür; wir haben also die notwendige Infrastruktur für diese Staffel. Ich bitte Sie, Herr Minister, das noch einmal zu überprüfen! Die Türkkaserne in Spittal an der Drau und der gesamte Bezirk wird es Ihnen danken! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Parnigoni: Wenn man die in Spittal lässt, muss man aber andere auch lassen!)

11.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

 


11.58.33

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Kolleginnen und Kollegen! Es war schon interessant, welche Sorgen sich Kollege Scheuch darüber macht, wie es anderen bei den kommenden Nationalrats­wahlen gehen wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Meine Sorge ist, dass ihr nicht mehr ins Parlament kommt! – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich möchte nur an eines erinnern, lieber Kollege Scheuch: Wir von der SPÖ haben Wähler, denen wir verant­wortlich sind! – Du hingegen hast keinen Wähler, keinen einzigen! Deinen Wählern bist du davongelaufen! (Beifall bei der SPÖ.)


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Zum Wehrrechtsänderungsgesetz: Etwas eigenartig waren die Ausführungen des Kollegen Fasslabend schon. Fasslabend ist ja nicht irgendjemand, sondern der am längsten dienende Verteidigungsminister der Zweiten Republik. Das heißt, für diese ganze Entwicklung sollte er sich eigentlich auch mitverantwortlich fühlen, sich vor allem aber zumindest daran erinnern können. Nur: So erfolgreich wie Fasslabend betonte, war halt die Politik der ÖVP-Verteidigungsminister nicht. Ich erinnere etwa nur an die HG 1998, an die HG 2000, weiters an Scheibner und die ReOrg 2002.

Kollege Scheibner, du hast hier den Personalabbau beklagt. – Dazu nur: Es war deine Idee, mit der ReOrg 2002 einen nie gesehenen Personalabbau beim Bundesheer durchzuführen. (Abg. Scheibner: Nur bei Verwaltung und Bürokratie!)

Herr Minister Platter, Sie haben erwähnt, dass das Reformwerk nun abgeschlossen sei. – Das, Herr Minister, haben Ihre Vorgänger auch geglaubt. Ich wünsche es Ihnen, dass vielleicht wirklich einmal ein Reformwerk abgeschlossen ist, aber es gibt in dieser Struktur schon hochinteressante Spielereien – so würde ich es fast nennen. Wir haben ein Aufklärungsbataillon, das ist rasch, modern, für die Zukunft ausgerüstet, hingegen ein Artilleriebataillon, das schwerfällig ist, von Fasslabend um viel Geld umgerüstet wurde und heute kaum zu brauchen ist. Ein österreichisches Unikat sozusagen ist es dann, diese beiden Bataillone zu verbinden, um daraus ein Aufklärungs-Artillerie­bataillon zu machen. – Das ist ungefähr so, meine Damen und Herren, als ob würde man einen Leichtathleten mit einem Sumo-Ringer zusammenspannen, um so Erfolge zu erzielen.

Nun zum Ausbildungsdienst, meine Damen und Herren. Der Ausbildungsdienst ist der erste Schritt in Richtung Rekrutierung nach der Wehrpflicht; das ist wohl allen klar. Und nach diesem Ausbildungsdienst gibt es zwei Arten von Rekruten: die Auszubildenden im herkömmlichen Sinn des Präsenzdienstes – und der zukünftige Kader.

Sehen wir uns an, wo es die größten Beschwerden, die größten Bedenken unserer Soldatinnen und Soldaten gibt: Da gibt es immer der Wunsch nach Gerechtigkeit. Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Geschätzte Regierungskoalition! Mit diesem Modell der Entgeltung für den Ausbildungsdienst, mit der Rückforderung, kommen Sie diesem Wunsch nach Gerechtigkeit nicht nach!

Im Ausschuss haben wir von der SPÖ dazu Vorschläge gemacht. Nochmals – und zum Abänderungsantrag –: Machen Sie beim Erreichen von Zwischenzielen diese Ent­lohnung, aber nehmen Sie Abstand von einer geminderten Form der Rückzahlung! Das ist und bleibt der falsche Weg!

Herr Bundesminister, dieser Ruf nach Gerechtigkeit auch aus dem Ausland ist unüber­hörbar, denn Kader-Präsenzeinheiten sind beim tatsächlichen Einsatz schlechter gestellt. Was die Werteinheiten anlangt, erhalten zwar Truppen-Teile eine zufrieden stellende Entlohnung, nicht jedoch Kommanden-Teile. Wenn Kommanden aufgebaut werden sollen, wird Ihnen hiezu eine Änderung einfallen müssen.

Herr Bundesminister Platter, das Gespräch, das Sie gesucht haben, war teilweise erfolgreich, teilweise fruchtbringend. Schließen möchte ich damit: Hätten wir unsere Vorschläge von 1999 gleich umgesetzt, hätten wir uns sechs Jahre trial and error erspart. (Beifall bei der SPÖ.)

12.03

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte.

 


12.03.06

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Vor 35 Jahren hat


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ein SPÖ-Bundeskanzler sechs Monate Wehrdienst angekündigt. – Bundesminister Platter wird dies mit 1. Jänner 2006 umsetzen! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

Bundesministerin Prammer hat Verbesserungen für Frauen im Heer angekündigt. – Bundesminister Platter setzt diese um! (Abg. Gaál: War das nicht der Scheibner?) Das ist der feine Unterschied: Die SPÖ – Meister im Ankündigen, die ÖVP – Meister in der Umsetzung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Neuregelung der Ausbildungszeit beinhaltet eine sehr große Aufwertung für die Frauen im Heer; eine Verdreifachung des Entgeltes vom ersten Tag der Ausbildungszeit an. 824 € pro Monat bedeuten eine hohe Attraktivitäts­steigerung für Frauen, die sich für eine Karriere im Heer interessieren. Natürlich gilt das nicht nur für Frauen, sondern für alle Grundwehrdiener, die sich für eine Aus­bildungszeit verpflichten.

Aber auch Änderungen für Frauen und Männer während der gesamten Ausbildungs­zeit, Anspruch auf Familienunterhalt und Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe – nicht nur wie bisher sechs Monate – stellen eine große Errungenschaft dar. Weiters: Öffnung von Milizfunktionen für Frauen und die Neuregelung der körperlichen Leistungslimits, wo nun endlich geschlechterspezifisch beurteilt werden kann – alles ganz wichtige Maßnahmen und klare Signale an junge Frauen und Männer, Signale, die das öster­reichische Bundesheer attraktiver werden lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Liebe Kollegin Stadlbauer, es war Bundesminister Platter, der von Beginn seiner Amtszeit an alles unternommen hat, um die Attraktivität des Bundesheeres zu steigern und für unsere Jugend die Ausbildungszeit attraktiver und effizienter zu gestalten. Die Wehrdienstverkürzung auf sechs Monate, verbunden mit neuen, attraktiven und modernen Ausbildungsrichtlinien, werden effizient wirken.

Als Frauenpolitikerin bedanke ich mich bei unserem Bundesminister Platter dafür, dass die große Aufwertung von Frauen im Heer so zielstrebig verfolgt und heute mit diesem Beschluss umgesetzt werden kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Bundesheer braucht Frauen wie Männer, braucht junge, motivierte Menschen, braucht eine junge, dynamische Truppe. Das ist unser aller Ziel. Der vorliegende Entwurf setzt klare Signale in diese Richtung. Die Jugend in unserem Lande, die Sicherheit in unserem Land und damit die Men­schen in Österreich werden davon profitieren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Stadler dreht sich zur Regierungsbank um und reicht Bundes­minister Platter die Hand.)

12.06

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

 


12.06.09

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir alle kennen jetzt sozusagen das Konstrukt von Bun­desheer Neu. Wir wissen, wo Kasernen geschlossen werden sollen – und auch tatsächlich geschlossen werden –, und wir wissen auch, dass es eine Reduzierung von 110 000 Mann auf 55 000 Mann geben soll. Was wir jedoch, Herr Minister, nicht wissen – zumindest ich nicht; ich würde Sie daher um eine Antwort bitten; ich habe darüber nirgendwo gelesen –, ist: Was passiert mit den Soldaten und Soldatinnen – in der Mehrzahl werden es Soldaten sein –, die von dieser Reduzierung betroffen sind?


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Mir fehlen die Signale, wo sich diese Menschen beruflich verwirklichen können sollen. Sie haben ja auch eine Pensionsreform beschlossen, mit der das Pensionseintrittsalter angehoben wurde. Was sollen diese Menschen machen? Das interessiert mich, Herr Minister.

Ein Ausbildungsdienst wird eingeführt, mit dem positive Signale in Bezug auf die Kadergewinnung ausgesendet werden sollen. Da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Minister, nur: Negativ beispielgebend wird sich sehr wohl die Rückzahlungsverpflichtung aus­wirken.

Wenn in der Privatwirtschaft ein Lehrverhältnis – um das als Beispiel zu bringen – in Brüche geht, aus welchen Gründen immer, dann hat es das bis jetzt noch nie gegeben, dass der Lehrling für diese Zeit, in der er die Ausbildung geleistet hat, seine Lehrlingsentschädigung zurückzahlen musste. Herr Minister – auch wenn jetzt referiert wird –, in dieser Sache sollten Sie noch einmal nachdenken, denn so etwas kann kein positives Signal sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Minister, Sie haben auch gesagt, wir brauchen junge Soldaten, die für einen Einsatz bereitstehen. Ja, Herr Minister, das brauchen wir, aber es fehlt – wiederum! – ein Ausstiegsplan für diese Berufssoldaten! Herr Minister, wohin mit den Berufs­sol­daten mit 40 oder 45 Jahren? In der Privatwirtschaft gelten heute Leute mit 40 oder 45 Jahren als „alt“ und haben keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr. Also, Herr Minister, was ist in diesem Konzept „rund“, wenn auf der einen Seite technisch alles klar geregelt ist, aber dort, wo es um Menschen geht, sozusagen alles eckt und es an allem hapert?!

Herr Minister, setzen Sie sich bitte dafür ein, dass es einen ordentlichen Ausstiegsplan gibt, dass die jungen Menschen, die wir ja brauchen, auch tatsächlich wissen, wo sie mit 40 oder 45 Jahren, dann, wenn sie aus dem Heer aussteigen müssen, arbeiten sollen, wenn sie nicht in Pension gehen können!

Herr Minister, der Kasernen-Verkaufsplan steht ja jetzt sozusagen; und dazu habe ich im „Kurier“ wieder so ein typisches Beispiel gelesen. Wenn ich mir den „Kurier“ anschaue, sehe ich, dass die Leute – da geht es zum Beispiel um die Kopal-Kaserne – sagen: „Die Nerven liegen blank. Wir wissen nicht, wie es weitergehen soll.“

Herr Minister, ich bitte Sie wirklich, bei Reformen auch darauf zu achten: Es ist das Problem bei vielen Reformen, dass zwar technisch alles ausgerichtet wird, aber auf diejenigen, die drinnen in die Mühlen kommen, eigentlich immer vergessen wird.

Eine letzte Anmerkung kann ich mir nicht ersparen, weil ich das im Zusammenhang mit der Schließung der Kasernenstandorte im „Kurier“ gelesen habe. Landeshauptmann Pröll sagt, dass acht Kasernenstandorte geschlossen werden und trotzdem zusätzlich 300 Jobs nach Niederösterreich kommen. – Dieses Rechenbeispiel, Herr Minister, möchte ich erst einmal kennen lernen! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Fauland. Ich erteile es ihm.

 


12.10.24

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Vertreter des österreichischen Bundes­heeres! An sich wollte ich es mir ersparen, auf die Luftraumüberwachung einzugehen. (Abg. Broukal: Das muss sein!) Aber auf Grund der Redebeiträge – wie der Herr Kollege schon sagt – muss es einfach sein, weil ich doch etwas irritiert war über die Ausführungen von Kollegin Stadlbauer, die von einem Einsatz in der Luftraumüber­wachung gesprochen hat, für den wir keine Flugzeuge brauchen – wie auch immer sie


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sich das vorstellt, ob mit Steinschleudern oder anderem Material. Weiters betrifft es die Ausführungen vom Kollegen Kogler, der sich zwar eine aktive Komponente vorstellen kann, sich aber nicht ganz sicher ist, mit welchem Flugzeugtyp dies geschehen soll.

Um die Leistungsfähigkeit der österreichischen Luftraumüberwachung auch bildlich ein bisschen dazustellen, habe ich etwas vorbereitet, damit es nicht „nur leere Worte am Rednerpult“ heißt. Es ist ein Zitat aus der „New York Times“ – bekanntlich nicht ein Organ des BZÖ oder der FPÖ – vom 31. Mai 2005, den Titel kann man hier lesen, und es geht darum, dass die CIA immer mehr dazu übergeht, Zivilflugzeuge einzusetzen, die sie chartert, um ihre Transporte durchzuführen. Solche Transporte sind auch über Österreich gang und gäbe gewesen, es wurden Überflugsgenehmigungen ziviler Natur für militärische Zwecke missbraucht. Die „New York Times“ nimmt zur Kenntnis, dass Österreich wohl das einzige Land in Europa war, das die CIA schon im Jahre 2003, und zwar am 21. Jänner 2003, hinters Licht geführt hat, einen solchen fingierten Zivilflug abgefangen und das auch bewiesen hat. Damit ich keine leeren Worte spreche, hier das Bild (der Redner hält die Abbildung eines Flugzeuges in die Höhe): Das ist eine  Hercules C-130 der  Tupper Airways, die im Auftrag der CIA mit einer Überflugsgenehmigung einer zivilen Luftlinie über Österreich geflogen ist.

So viel zum Thema: Wir brauchen keine Flugzeuge, die so etwas überwachen. Ver­trauen ist gut, Kontrolle ist wirklich besser! (Abg. Broukal: ... Eurofighter ist auch nicht ganz richtig!) Denn das Vertrauen, das Sie allein haben, ist mir persönlich zu wenig. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Das können aber die Draken auch! Wieso muss das ein Eurofighter sein?) Wissen Sie, Herr Kollege, bedauerlicherweise ist die Laufzeit des Draken erschöpft. (Abg. Broukal: Das können die Gripen! F-15!) Über die Typenwahl wollen wir jetzt nicht diskutieren. Aber ich biete Ihnen gerne ein Privatissimum an, in dem wir beide das einmal erörtern können. – Gut. (Abg. Broukal: ... ein Viertel hätten wir die haben können!)

Was mich aber besonders verwundert hat, war das Verhalten der SPÖ vor allem auf landespolitischer Ebene. Da ist auf einmal die Liebe, die wahre Liebe zum Bundesheer zwar kurz, aber doch aufgeflackert, wenn es um Kasernenstandorte geht, und zwar Kasernenstandorte, die das Bundesland betreffen.

Da wir gerade von Licht reden, was bei der SPÖ ja nicht besonders oft der Fall ist, habe ich trotz allem – bei dem vielen Schatten, den Sie sonst werfen – einen Lichtblick feststellen können, und zwar in Salzburg. Ihr hoch geliebter Bürgermeister Schaden – eine Ihrer Personen mit sehr viel Potential, wenn ich das aus Ihren internen Quellen einmal zitieren darf – hat bei der letzten Angelobung gesagt: Wer A sagt, muss auch B sagen; und das heißt in der Sicherheitspolitik, auch die SPÖ wäre für Abfangjäger. – Ich würde Ihnen daher empfehlen, sich intern einmal zu koordinieren, damit wir nicht ständig mit unterschiedlichen Aussagen konfrontiert sind, sodass wir dann nicht wissen, wo es wirklich langgeht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Broukal: Das ist aber eine sehr aktuelle Rede!)

Zum zweiten Punkt, nämlich dem zentralen Punkt des heutigen Themas, zur Neu­gliederung des Bundesheeres, ein paar Anmerkungen: Die Verkleinerung und die Anpassung an die Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts war notwendig. Sie wurde zum Teil durchgeführt, diese Anpassung wird weitergehen. Es ist jetzt einmal der Be­reich der Truppe reorganisiert worden, er wurde angepasst. Es wurde aber vor allem mit Tabus gebrochen, und zwar mit Tabus, die auch in der Armee für sehr viele nicht einfach zu verstehen waren. Es wurden Waffengattungen zusammengelegt. Am Anfang hat es natürlich Widerstände gegeben, aber im Sinne der Sache und für das hohe Ziel, den Anforderungen eines neu strukturierten und zukunftsorientiert ausge­richteten Bundesheeres nachzukommen, haben sich dann auch die Herren Generäle geeinigt. Dafür meine Anerkennung auch von dieser Seite!


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Anstehen wird jetzt noch die Zentralstelle. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir in dem guten Klima, das wir zumindest bei diesem Thema innerhalb der Koalition haben, sicher zu einem Erfolg kommen werden, der nicht uns, sondern vor allem dem öster­reichischen Bundesheer dient. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

12.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. Ich erteile es ihr.

 


12.15.13

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Pilz – er ist leider nicht im Haus (Abg. Scheibner: Das ist eh klar!) –, ich unterstreiche, dass es beim Bundesheer wichtige Dinge gibt, über die man diskutieren muss und soll. Aber auch die Blasmusik ist ein wichtiger Bestandteil des österreichischen Bundesheeres, und sie ist auch ein Zeichen der Identität mit der österreichischen Bevölkerung. Ich stehe zu meinen diesbezüglichen Aussagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zu meinem Redebeitrag: Seit 1. Juli 2001 ist das Militärbefugnisgesetz vollständig in Kraft. Mit diesem Gesetz wurden die Militärbehörden zu massiven Eingriffen in die Grundrechte des Menschen ermächtigt. Wir von der SPÖ brachten wegen verfas­sungsrechtlicher Bedenken einen Antrag gegen dieses Gesetz ein, da uns verschie­dene Passagen nicht zusagten. Am 23. Jänner 2004 hat der Verfassungsgerichtshof Teile des Gesetzes für gesetzwidrig erklärt und aufgehoben. Drei Eckpunkte dieses Gesetzes wurden nun vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben.

Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang muss aber schon erwähnt werden, dass die Regierung keine Bedenken gesehen hätte und dass wir von der SPÖ es waren, die gehandelt und den Verfassungsgerichtshof angerufen haben. Das Urteil ist bekannt, und auch eine Regierung ist lernfähig, denn sie musste klein beigeben, weil der Verfassungsgerichtshof unsere Bedenken bestätigt hat.

Meine Damen und Herren! Nun komme ich zu einem anderen Thema, das mich als langjährige Sportfunktionärin trifft. Durch den Sparerlass wurde dem Spitzensport länger die finanzielle Unterstützung aufgekündigt. Laut einem Artikel im „Kurier“ vom 6. Juni 2005 soll es zukünftig so sein, dass, wenn Leistungssportler ausscheiden, deren Plätze nicht mehr nachbesetzt werden. Rund 35 Planstellen sollen daher schon im Herbst aufgelassen werden. Top-Athleten wie Roman Hagara – Segeln –, Werner Schlager – Tischtennis –, Ludwig Paischer – Judo –, Roland Schwarz als Zehnkämpfer und den vielen jungen Talenten ist ein tägliches zeitaufwendiges Training nur möglich, weil das Bundesheer eine soziale Sicherstellung gewährt. Das HSZ Österreich ist ein europaweit anerkanntes Modell. Der Erfolg unserer Sportlerinnen und Sportler spricht aber auch für sich.

Leider soll es mit dieser Sicherheit in absehbarer Zeit vorbei sein. Nicht von Kürzungen sprechen, Herr Bundesminister, und nicht unsere Sportlerinnen und Sportler verun­sichern! Meine Frage an Sie wäre daher: Wie weit stimmt dieser Artikel im „Kurier“? – Ich ersuche Sie, Herr Bundesminister: Werden Sie Ihrem Ruf als Sportfreund gerecht und sprechen Sie hier im Sinne des österreichischen Sportes ein Machtwort! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Freund. Ich erteile es ihm.

 



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112. Sitzung / Seite 83

12.18.36

Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Die Novellierung des Wehrgesetzes und die Um­setzung der Heeresreform bringen zahlreiche Verbesserungen für das österreichische Bundesheer und wesentliche Veränderungen für unsere Grundwehrdiener und Soldaten mit sich.

Die Anforderungen an unser Bundesheer haben sich in den letzten 50 Jahren stark verändert. Wir können glücklich sein, dass Österreich seit dem Weltkrieg in Frieden leben kann, und wir hoffen natürlich alle, dass das auch in Zukunft so bleibt. Dennoch gibt es Bedrohungen, wie etwa den internationalen Terrorismus und Krisenherde an verschiedenen Orten der Welt, die ein leistungsstarkes Bundesheer erforderlich machen. Nicht außer Acht lassen möchte ich außerdem die Leistungen unseres Bundesheeres bei Katastrophenfällen und auch beim Grenzeinsatz. Wir brauchen es. Jeder von uns wird zugeben, wie wichtig der Einsatz unseres Bundesheeres beim Hochwasser im Jahr 2002 war.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es geht um die Sicherheit der öster­reichi­schen Bevölkerung. Damit unser Heer auch in Zukunft leistungsstark bleibt, sind verschiedene Maßnahmen notwendig, die wir heute beschließen werden. Der Grund­wehrdienst wird ab Jänner 2006 auf sechs Monate verkürzt. Ich selbst war 1970 beim Bundesheer und habe meinen Wehrdienst in Linz-Ebelsberg abgeleistet; ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Damals hat die SPÖ mit Kreisky gefordert: sechs Monate sind genug!, und es ging ein Freudenschrei durch das Haus, durch die Hallen der Kaserne.

Bis heute wurde dies unter SPÖ-Ministern und -Bundeskanzlern eigentlich nicht umge­setzt, aber heute treten unter Bundeskanzler Schüssel und Verteidigungsminister Platter diese sechs Monate in Kraft! Ich möchte mich dafür ganz herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.) Das beweist wieder einmal, dass Sozialdemokraten Wahlver­sprechen ankündigen und letzten Endes die Volkspartei ihre Versprechen hält. (Ironi­sche Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Gradwohl: Der war gut!)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Um den Personalnachwuchs für Aus­lands­einsätze sowie für Offiziers- und Unteroffiziersfunktionen sicherzustellen, müssen immer wieder Anreize geschaffen werden. Wir haben letzten Endes den Zugang für Frauen zum Bundesheer ermöglicht; auch dort ist es notwendig, dass es verschiedene Verbesserungen gibt. Wir sehen es alle als sehr positiv an, dass sich immer wieder Frauen zum österreichischen Bundesheer melden, und zwar bisher 430.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich möchte noch besonders heraus­streichen, dass mit Stichtag 1. Jänner 2005 55 Frauen den Wehrdienst leisteten. Wie gesagt, die Erfahrung zeigt, dass auch Frauen Karriere beim Bundesheer machen wollen, dass es allerdings bei der Besoldung und auch beim geforderten Leistungs­profil immer wieder Hindernisse gibt. Diese werden mit der vorliegenden Novelle beseitigt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Mit diesem Gesetz wird sichergestellt, dass auch in Zukunft ausreichende personelle Kapazitäten beim österreichischen Bun­desheer zur Verfügung stehen. Ich möchte Herrn Bundesminister Platter ganz beson­ders dafür danken, dass er aus dem österreichischen Bundesheer ein modernes, schlankes und professionelles Heer macht, das allen Österreicherinnen und Öster­reichern eine sichere Zukunft gibt.


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Persönlich möchte ich mich noch ganz offiziell dafür bedanken, dass in meinem Heimat-Wahlkreis der Standort Ried erhalten bleibt und dass dort sogar ein weiterer Ausbau möglich gemacht wird. Das ist sicherlich ein großartiger Erfolg, der hier gege­ben ist. Herzlichen Dank, Herr Bundesminister! (Beifall bei der ÖVP.)

12.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Gradwohl zu Wort. Ich erteile es ihm.

 


12.22.51

Abgeordneter Heinz Gradwohl (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Lieber Kollege Freund, weil du die Wahlversprechen und die sechs Monate angesprochen hast: Ich bin einer aus den Jahrgängen, die sechs Monate gedient haben – aber nicht, weil es einen Verteidigungsminister Platter gegeben hat, sondern weil damals eine Reform durchgeführt wurde, die für die jungen Männer etwas gebracht hat und die auch der Wirtschaft eine Sicherheit geboten hat, lieber Kollege Freund. (Abg. Freund: Die haben aber nachdienen müssen!) Nein, Nachdienen war das nicht, das waren Waffenübungen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Es waren Waffenübungen, aber die gibt es ja heute auch noch. Verleugnet nicht, was ihr selbst, bitte, in die Gesetze hineinschreibt!

Nur, es gibt einen Unterschied, lieber Kollege Freund: Damals hat es eine gewisse Sicherheit gegeben, dass es wirklich noch gesetzmäßig abgewickelt wird. Jetzt macht man eine Verordnung des Herrn Bundesministers, und wenn der nächste Bun­desminister vor 2008 „lustig“ ist, dann gibt es diese Dinge nicht mehr und dann hat sich plötzlich alles geändert. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Habt doch den Mut und macht es gesetzlich! Auch das BZÖ, die „F“ – oder wie auch immer dieser Klub in der Mitte heißt – wird vielleicht mitstimmen, wenn ihr dementsprechend Druck ausübt. (Abg. Murauer: Ihr werdet auch nicht ...!)

Wir stimmen ohnehin in weiten Bereichen mit – daher ist es auch ein Märchen von euch, hier zu behaupten, die SPÖ würde das ablehnen (Abg. Murauer: Werden wir schauen! Wir werden uns das anschauen!) –, schaut euch doch an, in welch weiten Bereichen! Kollege Murauer, haben wir an der Landesverteidigungsausschusssitzung doch teilgenommen, aber nur körperlich? – Dort hat es Abstimmungsergebnisse gege­ben, die das eindeutig beweisen! (Abg. Murauer: ... auch nur körperlich anwesend!) Wenn ihr, geschätzte Kollegen von der ÖVP, diesem Abänderungsantrag näher tretet, dann können wir durchaus ein weitgehend einstimmiges Ergebnis zusammenbringen – wenn ihr den Mut dazu habt, tatsächlich gesetzliche Maßnahmen zu treffen und damit Rechtssicherheit zu erzeugen! (Beifall bei der SPÖ.)

Geschätzte Damen und Herren! Ich finde es wirklich ein wenig verwunderlich und beinahe schon amüsant, dass hier Redner der ÖVP heraußen stehen und sagen, wie toll das ist, dass Herr Bundesminister Platter – wie hat es Frau Kollegin Stadler genannt? – endlich die Attraktivität des Bundesheeres erhöht hat. Jetzt weiß ich nicht, Herr Bundesminister, wenn ich mich richtig erinnern kann, hat es in meiner Zeit hier im Haus einen Verteidigungsminister Lichal gegeben – ich glaube, von der ÖVP –, einen Verteidigungsminister Fasslabend – den am längsten dienenden Verteidigungsminis­ter, wie wir heute schon gehört haben –, und Ihnen ist es vorbehalten gewesen, die Attraktivität des Bundesheeres zu steigern. Ich gratuliere Ihnen dazu, aber gleichzeitig sage ich: Das ist eine schwache Leistung von seinen Vorgängern gewesen, und das ist traurig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Dem Beispiel meiner ÖVP-Kolleginnen und ‑Kollegen folgend, die dem Herrn Bun­desminister danken, möchte auch ich Dank abstatten. Und zwar möchte ich mich bei


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unserem Wehrsprecher bedanken, der in intensiven Verhandlungen hervorragende Arbeit geleistet hat (Abg. Murauer: Toni Gaál, das bist du!) – Toni Gaál, richtig, Kollege Murauer – und der dafür gesorgt hat – auch da liegst du richtig (Abg. Neu­gebauer: Wo ist denn der Kollege Gaál?) –, dass viele Dinge, die heute hier zur Beschlussfassung anstehen, von uns mitgetragen werden können, weil Anton Gaál, unser Wehrsprecher, wirklich hervorragend gearbeitet hat. Dafür gebührt ihm ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)

12.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schöls. Ich erteile es ihm.

 


12.26.38

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Irgendwie ist es, ich hätte fast gesagt, belustigend, wenn man heute innerhalb so kurzer Zeit wieder zweimal hintereinander das Wetterhäuschen SPÖ sieht. Wir haben in der Früh bei der Diskussion um Europa das Wetterhäuschen SPÖ bei Sonnenschein erleben dürfen (Zwischenrufe bei der ÖVP), da stehen immer alle heraußen und wollen dabei sein; und sobald ein paar Wolken kommen, ducken sie ab und „verdrehen“ sich schnell. Eine ähnliche Situation erleben wir auch in der Frage der Heeresreform.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, so billig könnt ihr nicht Kindesweglegung machen (Abg. Gradwohl: Was für ein Kind wird weggelegt?), dass sozialistische Abgeordnete aus Niederösterreich dem Landeshauptmann von Niederösterreich unter­stellen, dass er bei der Schließungsliste oberflächlich verhandelt hat, aber im Burgen­land, wo der Landeshauptmann sozialistisch ist und ebenfalls zugestimmt hat, ist das anscheinend ein gutes Ergebnis, ebenso in Wien, wo auch zehn Standorte geschlos­sen werden. Wo seid ihr da? – Toni Gaál, du bist Parteiobmann von Favoriten. Warum sagst du deinen niederösterreichischen Genossen nicht, dass Genosse Häupl auch die Verantwortung hat, ebenso wie sich Landeshauptmann Pröll zur Verantwortung bekennt?

Liebe Frau Kollegin Hagenhofer, wenn ich einen Beitrag sozusagen zu „Licht ins Dunkel“ leisten kann, zu der Frage, wie es passieren kann, dass, wenn Kasernen zugesperrt werden, die Personalzahl trotzdem zunimmt: Man kann auch die beste­henden Verbände verstärken. Man braucht nicht Mitglied des strategischen Führungs­stabs beim Bundesheer zu sein, sondern es genügt schon ein bisschen Hausverstand dafür, dass man weiß, dass das durchaus möglich ist (Zwischenruf der Abg. Hagen­hofer), sodass man das nicht hinterfragen und die Rechenkenntnisse des Herrn Landeshauptmannes nicht in Frage stellen muss.

Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ihr habt ja noch eine Möglichkeit, denn Kollegin Pfeffer steht noch hier und bekennt sich zur Blasmusik beim Bundesheer; wobei ich der Meinung bin, dass die militärische Landesverteidigung andere Kernauf­gaben als Blasmusik und Sport hat. (Abg. Pfeffer: Stimmt ja auch!) Aber ich werde das noch miterleben, was ihr bei anderen konkreten Dingen getan habt. Es gibt ja hier im Haus auch beschlossene Anträge, mit denen sich sozialistische Mandatare zur Luft­raumverteidigung und zur Luftraumüberwachung bekannt haben, aber dann findet man doch ein Argument, dass man sich wieder davon zurückzieht. Kollege Parnigoni wird sich sicher wieder irgendeine Begründung aufschreiben, warum er irgendwo nicht zustimmt. Ich bin überzeugt davon, man wird dann auch bei der Blasmusik herausfinden, dass das eine oder andere Mundstück fehlt, sodass die SPÖ auch der Reform der Militärmusiken nicht beitreten kann.


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Heute wurde beklagt, dass die soziale Komponente bis jetzt noch nicht berücksichtigt wurde, was nicht ganz stimmt, und das hat auch der Vorsitzende des Zentralaus­schusses, Vizeleutnant Fuchs, festgestellt: Bis jetzt war die Situation rechtlich noch nicht so, dass die Personalvertretung eingebunden hätte werden sollen; jetzt kommt der Augenblick, in dem die Personalvertretung und die Gewerkschaft einzubinden sind. Ich bin überzeugt davon, dass der Herr Bundesminister das bei den Sozialplan­verhandlungen auch machen wird, so wie er auch in der Vergangenheit hier das nötige Fingerspitzengefühl gezeigt hat. Und dann seid ihr wieder gefordert, die erforderlichen Dienstrechtsbestimmungen hier im Haus mitzutragen, wenn es dann darum geht, das auch abzusichern. Ich hoffe und lade euch ein, dass ihr das dann auch macht.

Im Übrigen richte ich meinen Dank nicht nur an den Herrn Bundesminister, sondern auch an alle im Bundesheer Tätigen, die sicherlich schwere Zeiten vor sich haben, denen ich aber zutraue, dass sie die nötige persönliche und demokratiepolitische Reife haben, das auch zu tun, denn wir haben auch in der Vergangenheit gesehen, dass unsere Soldaten im In- und Ausland bei Angelobungen genauso wie in Katastrophen­fällen gut unterwegs waren.

Dafür danke ich ihnen, wünsche ihnen weiterhin viel Soldatenglück und euch ein bisschen mehr politischen Mut, auch bei Regen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeord­neter Lackner zu Wort. – Bitte.

 


12.31.19

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Schöls, wenn du in deiner bekannt strammen Art – seht, er steht schon habtacht, wenn ich zu reden beginne (Abg. Schöls: Höflich ist das!) – von Belustigung sprichst und vom Wetterhäuschen SPÖ, so sei dir ins Stammbuch geschrieben: Ob es zu einer Zustimmung der SPÖ zu einem Gesetz kommt, hängt allein von der Qualität des Gesetzes, seinem Inhalt und dem, was es für die Menschen bringt, ab und nicht von einer Laune. Das sei dir ins Stammbuch geschrieben! (Beifall bei der SPÖ.)

Zumindest bei der SPÖ ist es so; bei den Regierungsparteien hege ich manchmal Zweifel, ob das wirklich so ist.

Ganz kurz: Ich möchte mich auf die Möglichkeit für Wehrpflichtige zur Ableistung des Ausbildungsdienstes konzentrieren. Herr Bundesminister, Sie haben die Möglichkeit geschaffen, dass zukünftig auch Männern analog zu den Damen der Ausbildungs­dienst zugänglich ist. Das ist so weit in Ordnung, dem haben wir nichts entgegen­zusetzen. Was allerdings auch hier wieder für Ihre Politik so kennzeichnend ist, ist, dass bei der Gesetzeswerdung dann gleichzeitig wieder wie mit dieser Passage beispielsweise große Probleme entstehen. Für die Männer wird im Falle eines Aus­stiegs aus dem Ausbildungsdienst eine Rückzahlungsverpflichtung von maximal 3 400 € eingeführt. Das bedeutet gleich zu Beginn wieder eine riesige Belastung für die jungen Menschen. Ich möchte gar nicht vom verfassungsmäßigen Gleichbehandlungs­gebot sprechen, weil das nur Männer betrifft und nicht Frauen. Eine besondere Verwerfung beziehungsweise besondere Probleme wird es auch bei den Einjährig-Freiwilligen geben, Herr Bundesminister. Da diese Ausbildung nur mehr auf Basis dieses neuen Ausbildungsdienstes möglich ist, hat der junge Soldat ebenfalls diese enorme Rückzahlung zu leisten, wenn er aus dieser EF-Ausbildung ausscheidet – außer wegen Krankheit, um das gleich dazuzusagen – und seinen Grundwehrdienst vor Ende des sechsten Monates fortsetzt. Auch Testergebnisse – schriftliche, münd-


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liche Tests – können entscheidend dafür sein, dass einsatzbereite junge Menschen aus dieser Ausbildung ausgeschieden werden. Auch dann trifft sie diese Rückzah­lungsverpflichtung, und das ist aus unserer Sicht nicht sehr sozial. Ich denke, Sie sollten gerade in diesem Bereich doch einen Rückzieher machen und den jungen Menschen künftig diese Rückzahlung ersparen.

Diese Konstruktion ist sehr kompliziert, verwaltungsaufwendig, erzeugt neue Unge­rechtigkeit und – ich habe das bereits erwähnt – Verfassungswidrigkeiten. Aus unserer Sicht muss diese Rückzahlungsverpflichtung entfallen. Der Abänderungsantrag, den Sie heute eingebracht haben, beweist ja, dass dieser Weg, den Sie beschritten haben, falsch ist und unsere Argumente, unsere Position richtig sind, dass diese Rückzah­lungsverpflichtung künftig zu entfallen hat, meine Damen und Herren.

Ich möchte noch kurz auf den § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsantrag zu sprechen kom­men, den Sie im Rahmen der Beratungen im Landesverteidigungsausschuss einge­bracht haben, betreffend Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Arbeitsplatz­sicherungsgesetz geändert wird. Auch das ist typisch für Ihre Politik, für die Gesetz­werdung. Auch hier wurde erst im Ausschuss erkannt, welche Probleme das aufwirft. Auch hier wurden erst im Ausschuss die korrespondierenden Bestimmungen zu die­sem Ausbildungs- oder Arbeitsplatzsicherungsgesetz geschaffen. Wir werden diesem Antrag zustimmen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Jarolim: Das war jetzt erfrischend nach Schöls!)

12.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


12.35.17

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Prä­sident! In der Wehrrechtsänderung ist wirklich sehr viel Positives drinnen. Ich brauche nur damit anzufangen, in der Information, die wir bekommen haben, die Überschriften zusammenzufassen: Dauer des Grundwehrdienstes ausschließlich sechs Monate, Abschaffung der Truppenübung, Neuregelung der zwölfmonatigen Ausbildungs­dienste – gleich für Männer und Frauen –, dazu die passende Anhebung der Bezüge, Öffnung der Milizfunktionen für Frauen, Einführung einer dementsprechenden Aner­kennungsprämie oder Sachprämie im Präsenz- und Ausbildungsdienst, Verdoppelung der Erfolgsprämien für die VbK-Übungen oder, wie es in Zukunft heißen wird, für die vorbereitenden Milizübungen oder Erhöhung der Einsatzprämie um zehn Prozent.

Herr Bundesminister! Aus Sicht der Steiermark muss ich Ihnen sagen, dass wir in der Steiermark natürlich dafür sehr dankbar sind, dass das so genannte Superkommando, das Streitkräfteführungskommando mit Standort Graz dazu beiträgt, dass die gesamte Steiermark eine Aufwertung im militärischen und strategischen Belangen erfährt. Schaut man sich die Medien an, so kann man feststellen: Es ist und war zum Beispiel der Erhalt des Standortes Aigen für uns als steirische Volkspartei immer ein Ziel, dies aus militärischer Sicht, aber vor allem auch der Erhalt der Hubschrauber für den Katastrophenschutz und die Sicherung der regionalen Arbeitsplätze. (Abg. Gradwohl: Wie lange?) Das war für uns immer ein Ziel, und das war auch eine beständige Forderung von Frau Landeshauptmann Klasnic. Das ist erreicht und bestätigt worden. (Abg. Gradwohl: Für wie lange?) Doch was tut die SPÖ? – Da gibt es Kollegen, wie zum Beispiel Frau Kollegin Fleckl, die, als das präsentiert wurde, sofort wieder die Menschen in der gesamten Region verunsichert und Angst verbreitet hat, weil sie nicht respektieren kann, dass andere Leute in der Steiermark wirklich tolle Ergebnisse erzielen können. (Abg. Gradwohl: Für wie lange ist das garantiert?)


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Genauso zum Beispiel, was die sechs Monate betrifft. Kollege Prähauser stellt sich ans Rednerpult und sagt wie in der ersten Klasse Volksschule: Ja bitte, Frau Lehrerin, wir waren es, die das als Erste gesagt haben! – Ja, das ist schön und gut, dass Sie das vielleicht als Erste gesagt haben, nur gemacht haben Sie nichts. Nie! Wir waren diejenige Partei, die das zusammengebracht hat, und wir haben keine 35 Jahre gebraucht, sondern wir haben das einmal diskutiert und beschlossen. Und daran sieht man den Erfolg. (Beifall bei der ÖVP.)

12.38


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Parnigoni. – Bitte.

 


12.38.17

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte ein paar Gedanken einbringen. Abgeordneter Fasslabend hat daran erinnert, dass die SPÖ in den 70er-Jahren für eine Verkürzung der Wehrdienstzeit war, und hat damit sein Langzeitgedächtnis präsentiert, hat aber vergessen, was vor einer Woche im Ausschuss geschehen ist, nämlich dass die SPÖ einen Antrag eingebracht hat, die sechs Monate per Gesetz mit 1. Jänner 2006 verpflichtend einzuführen. Die SPÖ hat aber dann auch dem Antrag der ÖVP zugestimmt, mit 1. Jänner 2008 diese sechs Monate einzuführen. Insofern hat die Kollegin natürlich Recht gehabt, die gemeint hat, dass Kollege Fasslabend eigentlich nur sein Langzeitgedächtnis strapaziert und kurzzeitig etwas Erinnerungslücken aufweist. Ich möchte das hier nur klarstellen.

Wenn wir schon bei den sechs Monaten sind, möchte ich, Herr Bundesminister, schon auch daran erinnern, dass wir im Sinne der Gleichbehandlung auch für sechs Monate beim Zivildienst sind. Zivildienst ist Wehrersatzdienst, und darum sind wir auch für eine sechsmonatige Zivildienstzeit, und wir können daher auch nicht ganz verstehen, wieso der Minister beim Bundesheer mit Weisung sechs Monate einführen kann, wir aber beim Zivildienst für die Festlegung seiner Dauer eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Hier sollte man bei Gelegenheit darüber nachdenken, ob man da nicht auch eine Ände­rung herbeiführen sollte.

Herr Bundesminister! Es ist heute schon mehrfach gesagt worden: Die Sozialdemo­kraten stehen zur Bundesheerreform. Faktum ist allerdings, dass ein gravierender Fehler die gesamte Debatte beherrscht, nämlich Ihre Entscheidung die sündteuren Eurokampfflieger zu kaufen. Damit nehmen Sie die Gefährdung der gesamten Bundes­heerreform in Kauf. Ich sage Ihnen ganz offen: Laut Finanzvorschau bewegen Sie sich an der Grenze der Fahrlässigkeit, denn dort ist ja in Wirklichkeit festgestellt worden, dass die Aufrechterhaltung des Betriebs des Bundesheeres nur eingeschränkt möglich ist.

Meine Damen und Herren! Wir sind dafür, dass sich das Bundesheer den Menschen in Österreich glaubwürdig präsentieren kann. Ich habe allerdings Sorge, dass Ihre Glaub­würdigkeit gefährdet ist, wenn man Ihre Vorgangsweise bei den Kasernenschließungen beurteilt, Herr Bundesminister. Wir haben heute gehört, dass die Landeshauptleute besonders aktiv gewesen sind. – Also Horn und Weitra, Kollege Schöls, sind gerettet, aber nur die Gebäude sind gerettet! Der Standort. Faktum ist, dass in Horn derzeit 280 Mann sind. Nach dem Konzept bleiben davon genau 40 Arbeitsplätze über. Mit Pröll waren aber zwei Kompanien und eine Stabskompanie ausgemacht. Übrig bleibt eine Kompanie – 40 Mann. In Weitra sind derzeit 80 Personen. Mit Pröll ausgemacht war eine gesamte Kompanie – übrig bleiben statt 80 Mann nur 20 Mann. (Abg. Großruck: Wollt ihr nun reduzieren oder nicht?) Offen ist, meine Damen und Herren,


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noch immer die Frage, was mit den KIOP-KP-Einheiten in Horn und in Weitra ge­schieht.

Lieber Kollege Pack, so funktioniert auch die ganze Geschichte in der Steiermark. Ihr werdet ein paar Mauern haben, auf denen „Kaserne“ steht, aber drinnen wird niemand sein. Es wird so ausschauen wie in Steyr, wie bei Murauer. Die Spinnweben werden dort sein, aber gefeiert wird vom Herrn Landeshauptmann oder der Landeshauptfrau: Wir haben die Kaserne gerettet! Arbeitsplätze haben wir halt keine mehr! – Aber das ist Ihnen ja, wie Sie mit Ihrer Politik beweisen, ohnehin egal. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wolltet ihr nicht einmal das Bundesheer abschaffen? – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Da haben Sie uns nicht an Ihrer Seite! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Damit sich Ihr Geschrei in Grenzen hält, kann ich Ihnen ankündigen: Wir werden differenziert abstimmen. Wir werden in zweiter Lesung für die Reform stimmen. Wir werden allerdings gegen die Rückzahlungsverpflichtung sein und gegen das Militärbefugnisgesetz und werden daher das Gesamtpaket in dritter Lesung ablehnen. (Abg. Schöls: Wetterhäuschen!) – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kapeller. – Bitte.

 


12.42.48

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Lieber Kollege Parnigoni, wie sollen wir es denn machen, dass es recht wäre? Bleibt eine Kaserne, ist es nicht recht, bleibt die Kaserne nicht, würde noch mehr geschrieen werden. Es ist also in Wahrheit wurscht. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: So ist es!)

Inhaltlich ist alles gesagt. Ob es immer der Wahrheit und den Tatsachen entsprach, muss man wirklich anzweifeln, und der Zickzackkurs der SPÖ gefährdet wieder einmal die Sicherheit unseres Österreich. Sie polarisieren, Sie polemisieren, Sie sind immer grundsätzlich dafür und am Ende, bei der dritten Lesung sind Sie dann doch wieder dagegen. So war es bei der Pensionsreform, so war es bei der Steuerreform, so war es bei der Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei, und so ist es heute bei der Heeresreform. Wofür Sie sind, wissen Sie selber nicht. Wir und die Regierung wissen um die Verantwortung für die Leute in diesem Land, für die Sicherheit in diesem Land, und daher beginnen wir jetzt eines der großen Reformwerke beim Bundesheer. Dafür bedanke ich mich persönlich bei unserem Herrn Bundesminister. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Für Sie, meine sehr geehrten Kollegen von der SPÖ, gilt einmal mehr – und ich möchte es noch einmal wiederholen, es passt auch gut zum Thema –: Genossen, habt Acht, rechts um, links um, wohin nun? (Beifall bei der ÖVP.)

12.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pilz. – Bitte.

 


12.44.23

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht derzeit in der Politik des Verteidigungsministeriums nicht nur um die Frage einzelner Reformschritte, sondern auch um die Glaubwürdigkeit des Ressort als solches. Es geht um den Fall Moser. Es geht um den Fall eines ehemaligen


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Nationalratsabgeordneten und Brigadiers des österreichischen Bundesheeres. Hans Helmut Moser hat in den letzten Wochen seiner Tätigkeit als Nationalratsabgeordneter, während seiner Funktion als österreichischer Militärattaché in Griechenland im Namen einer einschlägig bekannten griechischen Waffenhandelsfirma namens Scorpion ver­sucht, ukrainische Waffen an Ruanda zu verkaufen. Ruanda hat damals so genannte Rebellengruppen in der Republik Kongo unterstützt.

Ich werde Ihnen jetzt einmal sagen, was Rebellengruppen sind. Es hat damals zu Recht ein Waffenembargo der Vereinten Nationen für den Kongo gegeben. Die Frei­schärler, die so genannten Rebellen benötigten dringend Waffen, nicht um eine Diktatur zu stürzen, sondern um sich ihren Anteil an der Plünderung des Kongo zu sichern. Die Plünderung des Kongo war auch das gemeinsame Interesse der Regie­rungen von Ruanda und Uganda. Und da taucht ein österreichischer Militärattaché auf als Vertreter dieser Waffenhandelsfirma, der ein griechischer Waffenhändler vorsteht, der aus genau diesen Gründen in Italien bereits rechtskräftig verurteilt ist, und versucht zu handeln. Sein Geschäftspartner bezeugt das, das Verteidigungsministerium hat das der Staatsanwaltschaft übergeben. Das Verfahren wegen Neutralitätsgefährdung ist eingeleitet. Der Verfassungsschutz hat das ebenfalls der Staatsanwaltschaft gegeben, aber bis heute ist Moser – zumindest nominell –Militärattaché in Berlin.

Der Antrag, den wir heute einbringen werden, den ich noch versuche, mit den Frak­tionen zu verhandeln, hat einen einzigen Kernsatz, nämlich die sofortige Absetzung von Brigadier Moser als Verteidigungsattaché in Berlin. Brigadier Moser ist nicht trag­bar, nicht geeignet, die militärische Sicherheit Österreichs in der Bundesrepublik Deutschland diplomatisch zu vertreten!

Wir wollen keinem einzigen Verfahren vorgreifen, sondern nur den einzig notwendigen und auch möglichen, jetzt zu setzenden Schritt des Verteidigungsministers durch einen Beschluss dieses Hauses herbeiführen. Ich hoffe dafür auf Ihr Verständnis. Ich gehe davon aus, dass niemand hier einen in üblem Verdacht stehenden österreichischen Waffenhändler auch nur einen Tag länger als Militärattaché der Republik Österreich in Berlin dulden will. Deswegen erwarte ich mir, dass wir zu einem gemeinsamen Antrag kommen, den wir dann auch einstimmig beschließen können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. – Bitte.

 


12.48.38

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Es wäre uns heute etwas abgegangen, wenn eine Debatte zum Bundesheer stattgefunden und Abgeordneter Pilz nicht seinen täglichen Skandal entdeckt und, was mich wirklich ärgerlich stimmt, einen Ressortangehörigen jetzt das zweite Mal innerhalb eines Jahres willkürlich heraus­gegriffen und der Öffentlichkeit ohne jeden Grund vorgeführt hätte. Wir lehnen das zutiefst ab, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bringe daher zu diesem Gegenstand, damit niemand sagen kann, es soll nicht untersucht werden, folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Tancsits, Kummerer, Bösch und Kollegen betreffend Maßnahmen in Bezug auf Vorwürfe gegen einen Ressortangehörigen im Zusammenhang mit angeblicher Unterstützung von Waffengeschäften ein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen den


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, im Gegenstand die getrof­fenen Maßnahmen weiter fortzuführen und allfällige weitere notwendige Maßnahmen zu veranlassen.

*****

Meine Damen und Herren! Ich wollte als letzter Redner meiner Fraktion auf zwei Argumente der Opposition in dieser heutigen Debatte eingehen.

Erster Punkt: die Rückzahlung der Ausbildungsprämie. Das ist bei den männlichen Staatsbürgern notwendig, weil ja nur für jene Zeit zurückgezahlt wird, wo der Aus­bildungsdienst den gesetzlichen Grundwehrdienst ersetzt. Würde im Regelfall nicht aliquot zurückgezahlt werden, dann müsste der Grundwehrdienst nachgeholt werden, und das wäre keine vernünftige Maßnahme für jemanden, der früh abrüsten will oder soll. Daher ist diese Maßnahme in Ordnung, so wie das gesamte Paket meiner Ansicht nach dazu dient, im Rahmen der Reform den marktkonformen Wettbewerb um gute freiwillige Männer und Frauen aufzunehmen. Ich bin überzeugt, das wird auch gelingen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Aspekt: Eurofighter. – Ich habe immer wieder herausgehört, das Bundesheer könne nicht reformiert werden, weil die Eurofighter so viel kosten würden.

Meine Damen und Herren! Man steht auch beim Kauf eines Autos nicht vor der Entscheidung, ob es einen Motor oder eine Bremse haben soll. Man braucht beides! Das heißt, wenn man im 21. Jahrhundert ein Heer bildet, braucht man auch eine Luftkomponente. Es wäre fahrlässig unserer Bevölkerung gegenüber, das Bundesheer etwa im Rahmen der europäischen Friedenssicherung zum Teil am Balkan einzu­setzen, den eigenen Luftraum aber nicht zu sichern.

Zum Gerät, meine Damen und Herren, es passt so schön zur heutigen Debatte um die europäischen Angelegenheiten. Ich bin überzeugt davon, wir werden ein europäisches Wirtschafts- und Sozialmodell nicht mit Jammern und nicht mit vorsintflutlicher Kapitalismuskritik zustande bringen, sondern nur dann, wenn wir eine starke europäische Luftfahrt- und Elektronikindustrie bilden. – Österreich ist hier mit dabei. Wir sind nicht verlängerte Werkbank von irgendjemandem, sondern ich bin stolz darauf, dass wir bei diesem europäischen Hochtechnologieprojekt dabei sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der von Herrn Abgeordnetem Tancsits verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Tancsits, Kummerer und Bösch ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dipl.-Ing. Kummerer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen im Bezug auf Vorwürfe gegen einen Ressort­angehörigen im Zusammenhang mit angeblicher Unterstützung von Waffengeschäften,


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112. Sitzung / Seite 92

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Landesverteidigungs­aus­schusses (955 d.B.) über die Regierungsvorlage (949 d.B.) betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeres­gebührengesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslager­gesetz 2003, das Militärauszeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehrrechtsänderungsgesetz 2005 – WRÄG 2005)

In jüngster Zeit wurden Vorwürfe gegen einen Angehörigen des Bundesministeriums für Landesverteidigung wegen angeblicher Verstrickung in Waffengeschäfte publik.

Aufgrund dieser Vorwürfe wurden durch das zuständige Bundesministerium die erfor­derlichen Erhebungen aufgenommen und Erstmaßnahmen gesetzt.

Der betroffene Angehörige des Ministeriums wurde von seiner Dienststelle im Ausland zu einer Befragung in das Ministerium einberufen. Es wurde eine Einvernahme durch die zuständige Fachabteilung durchgeführt und weitere Maßnahmen veranlasst.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschießen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird ersucht, im Gegenstand die getrof­fenen Maßnahmen weiter fortzuführen und allfällige weitere notwendige Maßnahmen zu veranlassen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet hat ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. – Bitte.

 


12.52.41

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! In gebotener Kürze: Ich glaube, dass dieser Entschließungsantrag Sinn macht. Es ist uns ein Anliegen, derartige Vorwürfe, die gegen ehemalige Kollegen des Hohen Hauses erhoben werden, aufzugreifen und ihnen nachzugehen.

Wir akzeptieren, dass Sie, Herr Bundesminister, Maßnahmen gesetzt haben, wir akzeptieren, dass Sie bereit sind, dieser Anschuldigung auf den Grund zu gehen. Ich stelle in aller Klarheit fest: Für unseren ehemaligen Kollegen gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung, aber wir wollen Ihnen, Herr Minister, mit diesem Ent­schließungs­antrag den Rücken stärken. (Beifall bei der SPÖ, der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.53

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Ich erteile ihm das Wort.

 


12.53.42

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Ich werde in der Folge den Entschließungsantrag der Abgeordneten Pilz, Kolleginnen und Kollegen zur Kennt­nis bringen und einbringen, will mich nur vorher noch kurz mit einem Satz erklären: Das, was hier jetzt zwischen den Gängen angedacht und verhandelt wurde, scheint uns doch zu wenig zu sein, daher folgender Antrag:

 


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112. Sitzung / Seite 93

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absetzung von Verteidigungsattaché Brigadier Hans Helmut Moser

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, alle notwendigen Schrit­te zu setzen, um sicherzustellen, dass Brigadier Hans Helmut Moser seiner Funktion als Verteidigungsattaché enthoben wird.

*****

Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absetzung von Verteidigungsattaché Brigadier Hans Helmut Moser, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Landesverteidigungsausschusses (955 d.B.) über die Regie­rungsvorlage (949 d.B.) betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wehrgesetz 2001, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebühren­gesetz 2001, das Auslandseinsatzgesetz 2001, das Munitionslagergesetz 2003, das Militär­aus­zeichnungsgesetz 2002 und das Militärbefugnisgesetz geändert werden (Wehr­rechtsänderungsgesetz 2005 WRÄG 2005) in der Fassung des Berichtes des Landesverteidigungsausschusses (955 d.B.).

Kürzlich sind in der Öffentlichkeit Kontakte des damaligen Nationalratsabgeordneten und österreichischen Verteidigungsattachés in Athen, Brigadier Hans-Helmut Moser, mit der griechischen Waffenhandelsfirma Scorpion bekannt geworden. Dies ist unter anderem belegt durch Korrespondenz von Brigadier Moser mit dem Verteidigungs­ministerium des afrikanischen Staates Ruanda, in dem er besagtes Unternehmen für die Modernisierung der ruandesischen Armee mit osteuropäischen, vor allem ukrai­nischen und russischen Waffen empfiehlt. Darüber hinaus wird Brigadier Moser in Briefen der Firma Scorpion mit dem Verteidigungsministerium Ruandas als „our friend“ bzw. als „our representative in this area“ bezeichnet. Genannte Korrespondenz von Brigadier Moser bzw. von Scorpion mit dem Verteidigungsministerium Ruandas ist von Oktober 1999 bis März 2000 belegbar. Ein Geschäftspartner von Moser bestätigt offiziell die Tätigkeit Mosers als Waffenhändler in Ruanda.

Am 2.8.1998 begann der militärische Einmarsch Ruandas und Ugandas in die Demo­kratische Republik Kongo und die anschließende Unterstützung der kongolesischen Rebellenarmee RCD-Goma. Schwere Gefechte zwischen Truppen des Kongo und aus der DR Kongo eingedrungenen ruandischen Milizen (ExFAR, Interahamwe) haben zuletzt im Mai/Juni 2001 stattgefunden.

Die „All Party Parliamentary Group on the Great Lakes Region” des britischen Unterhauses hat dokumentiert, wie europäische Waffenhändler das Waffen-Embargo


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der UNO brechen und Warlords im Kongo mit Waffen beliefern. Brigadier Moser ist einer dieser illegalen Waffenhändler.

Brig. Moser ist bereits im BMLV einvernommen worden, das seine Aussage an die Staatsanwaltschaft weiter geleitet hat. Moser hält sich auf Anordnung des General­stabschefs derzeit in Wien auf. Nach wie vor ist er als Verteidigungsattaché Öster­reichs in Berlin im Amt.

Unabhängig vom Ausgang der Verfahren nach dem Heeresdisziplinargesetz, des Beamten-Dienstrechtsgesetzes bzw. bereits eingeleiteter Strafverfahren gegen Briga­dier Moser ist er auf Grund der bereits jetzt vorliegenden Faktenlage aus unserer Sicht als Verteidigungsattaché der Republik Österreich untragbar geworden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Landesverteidigung wird aufgefordert, alle notwendigen Schritte zu setzen, um sicherzustellen, dass Brigadier Hans Helmut Moser seiner Funktion als Verteidigungsattaché enthoben wird.

*****

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Wehrrechts­änderungsgesetz 2005 in 955 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Gaál, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungs­antrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen einen Abände­rungsantrag vorgelegt.

Schließlich liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Gaál vor.

Ich werde über die von den erwähnten Abänderungs- beziehungsweise Zusatz­anträgen und dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile des Gesetzentwurfes – und zwar der Systematik entsprechend – und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung betreffend Artikel 1 Ziffer 11 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.


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Die Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeord­neten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben einen gleichlautenden Abänderungs­antrag betreffend Artikel 1 Ziffer 12 § 38 Absatz 3 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit, und damit ist dieser Antrag angenommen.

Wir gelangen ferner zur getrennten Abstimmung betreffend Artikel 1 Ziffer 12 §§ 37, 38 Absätze 1, 2, 4 und 5 sowie 38b in der Fassung des Ausschussberichtes.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit, und damit ist das angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die gleichlautenden Abänderungsanträge betreffend Artikel 1 Ziffer 16 § 60 Absatz 2c der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen sowie der Abgeordneten Gaál, Kolleginnen und Kollegen und ferner der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen.

Bei Zustimmung, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Die Abgeordneten Gaál, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben einen gleichlautenden Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 16 § 60 Absatz 2d eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies die Minderheit, und damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Jene Damen und Herren, die hiefür sind, ersuche ich um ein Zeichen der Bejahung. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Gaál, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben einen gleichlautenden Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 17 § 60 Absatz 8 eingebracht.

Wer hiefür ist, den ersuche ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Min­derheit, und damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein dies­bezüg­liches Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Die Abgeordneten Gaál, Kolleginnen und Kollegen sowie die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben einen gleichlautenden Abänderungsantrag betreffend Artikel 1 Ziffer 19 eingebracht.

Wer hiefür eintritt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit, und damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.


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Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 3 Ziffer 4 in der Fassung des Abände­rungsantrages der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen daher zur getrennten Abstimmung betreffend Artikel 7 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes unter Berücksichtigung des Abänderungs- beziehungsweise Zusatzantrages der Abgeordneten Murauer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hiefür aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Tancsits, Dipl.-Ing. Kummerer, Dr. Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen im Bezug auf Vorwürfe gegen einen Ressortangehörigen im Zusam­menhang mit angeblicher Unterstützung von Waffengeschäften.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit, und damit ist dieser Antrag ange­nommen. (E 112.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Absetzung von Verteidigungs­attaché Brigadier Hans Helmut Moser.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Minderheit, und damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsplatzsicherungsgesetz 1991 geändert wird, samt Titel und Eingang in 956 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

13.02.22 3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (927 d.B.): Bun­des­gesetz, mit dem das Aktiengesetz, das Gesetz über Gesellschaften mit be­schränkter Haftung, das SE-Gesetz, das Handelsgesetzbuch, das Bank­wesen-


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gesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Ge­nossenschaftsrevisionsgesetz, das Genossenschaftsrevisionsrechtsände­rungs­gesetz und das Gerichtsgebührengesetz entsprechend der Entschließung des Nationalrats vom 29. Jänner 2004 zur Stärkung des Vertrauens in die öster­reichische Wirtschaft geändert werden (Gesellschaftsrechts­änderungs­gesetz 2005 – GesRÄG 2005) (985 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (926 d.B.): Bun­desgesetz gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartell­gesetz 2005 – KartG 2005) (990 d.B.)

5. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (942 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz zur Verbes­serung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert werden (Wettbewerbsgesetznovelle 2005) (991 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 3 bis 5 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte.

 


13.02.54

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt unter anderem das Gesellschafts­rechtsänderungsgesetz, auf das man insbesondere im Lichte der seinerzeitigen Ankün­digungen des Justizministers Böhmdorfer betreffend großartige Änderungen hin zu einem Wirtschaftshygienegesetz nicht wirklich stolz sein kann und darf.

Ich möchte allerdings vorher noch ganz kurz – Sie gestatten, Frau Bundesminister, dass ich darauf eingehe – auf eine Aussendung eingehen, die gerade durch den Äther gegangen ist und von einer doch sehr merkwürdigen Entwicklung berichtet. Das insbesondere auch deshalb, weil heute Nachmittag im Rahmen des Dringlichen An­trages die Frage gestellt werden wird, wie ein Herr Seipel als Museumsdirektor trotz einer Vielfalt von eigentümlichen Verhaltensweisen und auch trotz eines Rechnungs­hofberichtes, der aufhorchen lässt, ohne Einschaltung von Behörden weiter agieren kann. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich habe gerade in einer APA-Meldung gelesen, dass das sattsam bekannte ÖVP-Mitglied, die einstige ÖVP-Ministersekretärin Martina Krones-Taurer eine recht eigen­willige Entwicklung bewerkstelligt hat. Sie alle wissen, es gab einen relativ massiven Skandal, der zu einem Strafverfahren geführt hat.

Die ehemalige ÖVP-Ministersekretärin wurde am 29. September 2004 – so eine APA-Ankündigung über einen Bericht von Herrn Kuch im „News“ von morgen – zu einer Haftstrafe verurteilt, und zwar wegen Veruntreuung von 650 000 €; ich meine, das ist nicht gerade wenig. Sie wurde außerdem in Deutschland zwei Mal wegen Scheck­betrugs verurteilt, ein Mal 5,5 Millionen € und ein anderes Mal 1,2 Millionen €. Die Verurteilung ist rechtskräftig, und eigentlich sollte die Dame seit längerem eine Haft angetreten haben, was allerdings nicht der Fall ist. Jetzt fragt man sich natürlich mit Fug und Recht – wir sagen ja immer, gerade in letzter Zeit seitens der Bundes-


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regierung, wie wichtig es ist, die Haftanstalten zu frequentieren –, weshalb diese Dame nicht dasselbe Schicksal wie alle anderen Verurteilten auf sich nehmen muss.

Stattdessen – und das ist der nächste Skandal; ich möchte das aber nicht hochspielen, ich finde nur, dass eine Antwort darauf notwendig ist – ist sie als Geschäftsführerin einer Wiener Vermögensverwaltungsgesellschaft tätig, meine Damen und Herren! Jemand, der wegen Veruntreuung und Scheckbetrug in Österreich und Deutschland verurteilt worden ist zu einer Geldstrafe und zu einer Haftstrafe, die auch schon längst hätte angetreten werden müssen, weil ein Strafaufschub abgelehnt worden ist, ist jetzt tätig als Geschäftsführerin einer Vermögensverwaltungsfirma! – Frau Justizminister, ich glaube nicht, dass Sie dafür etwas können, aber ich darf Sie dringend ersuchen, jetzt doch nachzuprüfen, was eigentlich sicherstellt, dass diese ehemalige ÖVP-Ministersekretärin trotz dieser dramatischen Delikte eine Vermögensverwaltungs­gesell­schaft führt.

Zum Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, meine Damen und Herren, sei kurz zusam­mengefasst: Sie wissen – das war auch Thema im Justizausschuss –, das ursprüng­liche Thema, ein Anliegen, das dem damaligen Justizminister Böhmdorfer am Herzen lag, war, eine Vielzahl von unterschiedlichen Aspekten unter einem so genannten Wirt­schaftshygienegesetz zusammenzufassen. Einer der Punkte dabei war: Aufsichtsräte sollen zahlenmäßig begrenzt sein, weil es nicht so sein kann, dass eine Vielzahl von Funktionen gewährleistet, dass auch all diese Funktionen sehr sorgsam ausgeübt werden können.

Ich kann und will dazu nichts sagen, weil es sehr unterschiedliche Konstellationen gibt, wo das eine oder das andere auch tatsächlich möglich ist. Tatsache ist jedenfalls, dass wir von diesen seinerzeitigen Überlegungen völlig abgegangen sind und jetzt eigentlich all das, was Böhmdorfer seinerzeit in Bezug auf eine Begrenzung gesagt hat, nicht haben.

Was wir haben – und das ist eine grundsätzliche Frage –, ist im Zusammenhang mit dem Corporate Governance Kodex, der ja auch eine maßgebliche Rolle spielt, eine Erklärung, eine freiwillige Erklärung von Unternehmen, dass sie sich gewissen Rege­lungen unterwerfen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die ursprüngliche Intention die war, dass man für den Kapitalmarkt, aber auch darüber hinaus für die Gesellschaften sehr sinnvolle – das, glaube ich, kann und muss man dem Corporate Governance Code unterstellen, weil er ja sehr sorgsam ausgearbeitet worden ist – Regelungen als verpflichtend für österreichische Gesellschaften erklärt.

Warum das letztlich nicht passieren kann, ist mir unverständlich. In Deutschland wurde zumindest der Versuch unternommen, diesem Dokument dadurch einen öffentlichen Charakter zu verleihen, dass es im Rahmen einer Verordnung veröffentlicht worden ist.

Ich meine, Freiwilligkeit hat natürlich einen Wert, aber wenn wir jetzt dazu übergehen, dass wir sagen, wir stellen die Freiwilligkeit den gesetzlichen Regelungen de facto gegenüber und – und das kommt in vielen anderen Bereichen immer mehr zum Ausdruck – hoffen, dass freiwillig das, was rechtlich notwendig wäre, stattfindet, dann nimmt das meiner Meinung nach eine Entwicklung, die man sehr kritisch betrachten muss. Das fordert den Gesetzgeber sehr wohl, zu erklären, warum etwas, von dem er meint, dass es unverzichtbar ist, dass es vernünftig ist, dass es sinnvoll ist, dass es durchgesetzt werden soll, nicht gesetzlich geregelt wird, sondern mit der Hoffnung, dass es die einen oder anderen freiwillig tun werden, im Raum stehen bleibt.

Ich meine, dass wir uns nicht nur im Rahmen dieses Gesellschaftsrechts­änderungs­gesetzes, sondern auch bei einer Reihe anderer Maßnahmen, bei denen diese Welle der Freiwilligkeit auf uns zurollt, mit dieser Thematik auseinander setzen müssen.


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Dass die von uns geforderte Bilanzkontrollstelle nicht eingerichtet wird, meine Damen und Herren, Frau Bundesminister, verstehe ich schlicht und einfach nicht. Wir können nicht einerseits darüber reden, dass der Kapitalmarkt gefördert werden soll durch Transparenz, durch Sicherheiten, durch Nachvollziehbarkeiten, und andererseits einen Antrag ablehnen, mit dem man sicherstellen will, dass die Bilanzen tatsächlich ord­nungsgemäß und in einem einheitlichen Kontext in ganz Europa, nämlich nach ein­heitlichen Kriterien lesbar, erstellt werden.

Was an einer Bilanzkontrollstelle, die ein derartiges Sicherheitsorgan wäre, schlecht sein soll, ist mir völlig unverständlich. Insofern verstehe ich eigentlich auch nicht, warum Sie sich mit einer derartigen Idee nicht anfreunden konnten.

Zur Frage der externen und der internen Rotation – die Redezeit ist zu kurz; ich hoffe, die Uhr ist auf 6 Minuten eingestellt.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Sie sind schon bei 7,3 Minuten!

 


Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (fortsetzend): Dann möchte ich nur noch auf die Erklärungen des Kollegen Matznetter in der Vergangenheit verweisen und darf mit­teilen, dass wir dieser Gesetzesregelung nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fekter. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 5 Minuten ein. – Bitte.

 


13.11.08

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte zum Gesellschafts­rechtsände­rungsgesetz sprechen und mich nicht hinsichtlich der morgen erscheinenden Ausgabe der Zeitschrift „NEWS“ vorab zu Informationen äußern. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was steht im „News“?) – Das hat Kollege Jarolim erläutert. (Ruf bei der SPÖ: Da wäre aber schon eine Erklärung ...!) – Wenn ich das „NEWS“ gelesen habe, dann werde ich eine Erklärung abgeben.

Jetzt zur Sache, zu dem, was auf der Tagesordnung steht.

Das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz hatte eine relativ lange und, wie ich meine, ziemlich turbulente Vorgeschichte. Es waren die Großpleiten, die internationalen, aber auch jene in Österreich, die einen gewissen Vertrauensschwund in unsere Finanz­märkte mit sich brachten, weshalb wir mehrere Gesetze verschärft haben. Eine zuverlässige Rechnungslegung ist ja die Voraussetzung für einen funktionierenden Kapitalmarkt.

Wir haben die Rechnungslegungsrichtlinie umgesetzt, wir haben die Empfehlung der EU-Kommission im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Abschlussprüfer und die dort festgelegten Grundprinzipien umgesetzt. – Das alles war bereits im Jahr 2002.

Damals haben wir auch die externe Rotation beschlossen sowie eine unbeschränkte Haftung für Prüfer. Im Vorjahr ist dann aber eine heftige Diskussion darüber entstan­den, ob die externe Rotation Sinn macht. Wir haben gemeint, man könne von der externen Rotation der Prüfer absehen, wenn man gleichzeitig gewisse Unverein­barkeiten bei der Abschlussprüfung, bei der Rechnungslegung in den Aufsichtsräten legistisch besser regelt.

Es gab damals einen Entschließungsantrag aller vier Parteien – es haben alle zuge­stimmt –, in dem wir gemeint haben, der Gesetzgeber solle Unvereinbarkeiten – beispielsweise Aufsichtsrats- und Organfunktion gleichzeitig, bei Konkurrenzunter­neh-


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men beispielsweise, Beratungsverträge mit den zu kontrollierenden Unternehmen –, ähnliche Unvereinbarkeiten, besser regeln und man solle da Lösungen anbieten.

In diesem Entschließungsantrag war auch noch von der Beschränkung der Zahl der Aufsichtsratsmandate die Rede, von der Einrichtung eines Prüfungsausschusses, der Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfer, von Maßnahmen gegen den Insider­handel, Verlässlichkeit betreffend marktrelevante Informationen, und hinsichtlich dieser Verlässlichkeit sollte man prüfen, ob dafür eine persönliche Haftung eingeführt werden solle.

Gleichzeitig hat man es bei dieser sehr schwierigen und komplexen Materie für sinnvoll erachtet, einen Beirat – bestehend aus Wissenschaftern und Praktikern – für Rech­nungs­legung und Abschlussprüfung beim Ministerium einzurichten, um künftige legis­tische Maßnahmen vorzubereiten.

Die legistische Umsetzung liegt jetzt auf dem Tisch und zur Beschlussfassung vor. Wir sind folgendermaßen vorgegangen: Wir haben uns bei der Umsetzung ganz nahe am Corporate Governance Code orientiert. Wir haben jene Bestimmungen, die man in das Gesetz aufnehmen konnte, auch tatsächlich ins Gesetz aufgenommen. Und bezüglich der anderen Maßnahmen haben wir uns am Prinzip „Comply or Explain“ orientiert, das heißt, nicht Verbote werden normiert, sondern mehr Transparenz urgiert. Wenn Unvereinbarkeiten vorhanden sind, dann sollen sie transparent gemacht werden, damit sich Aktionäre darüber ein Bild machen können, ob sie Vertrauen haben oder nicht.

Es ist in einem sehr intensiven Verhandlungsprozess mit der Wirtschaft dann erreicht worden, dass wir das so genannte Bankenprivileg abgeschafft haben, dass wir es zustimmungspflichtig gemacht haben, wenn ein Aufsichtsrat hoch dotierte Beratungs­verträge des Unternehmens hat – er kann nämlich nicht zuerst das Unternehmen beraten und daraus Einnahmen lukrieren und dann kontrollieren, das ist nicht vereinbar.

Der Prüfungsausschuss ist in Zukunft verpflichtend. Und weiters haben wir festgelegt, dass in diesem Prüfungsausschuss auch ein Finanzexperte sein soll.

Von einer persönlichen Haftung für Organe bezüglich der fahrlässigen Verschweigung von Informationen oder der fahrlässigen Falschinformation haben wir abgesehen. Es haftet nach wie vor das gesamte Kapital der Gesellschaft. Selbstverständlich ist für deliktisches Handeln und vorsätzliche Betrügereien unbestritten das Strafgesetzbuch anwendbar.

Die Kodexerklärungen in das Gesetz aufzunehmen, Herr Kollege Jarolim, ist nicht gegangen. Einerseits können wir als Gesetzgeber nicht auf soft law verweisen, andererseits umfasst der Corporate Governance Code eine Fülle von Empfehlungen und abgestuften Vorschriften – manche zwingend, manche nur empfohlen. Auch das war im Gesetz nicht 1 : 1 umsetzbar, daher haben wir nur jene zwingenden Bestim­mungen aufgenommen, die in das Gesetz einbaubar waren. Diese Bestimmungen gelten für alle Unternehmungen, die freiwillige Einhaltung des Kodex ist für börse­notierte.

Ich bin überzeugt davon, in einer Weiterentwicklung werden wir uns mit Sicherheit noch einmal darüber unterhalten, ob der Corporate Governance Code irgendwann einmal absolute Verbindlichkeit an der Börse bekommt oder nicht. Das dann beim nächsten Mal. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. 7 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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13.17.40

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Die Vorrednerin hat hier in bemerkenswerter Sachlichkeit ihrerseits eine Abwägung vorgenommen. (Ruf bei der ÖVP: Wie immer!) Diesmal in bemerkenswerter Sach­lichkeit. (Abg. Dr. Brinek: Die ist immer so! – Abg. Dr. Stummvoll: Wie immer!)

Auch wir haben eine Abwägung vorgenommen, und wie immer kann man darüber streiten, ob etwas eine Verbesserung gegenüber dem Status quo darstellt oder nicht. Eines vorweg: Ich meine – ich beziehe mich jetzt insbesondere und zunächst einmal auf das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz –, dass es da und dort nachweislich erkennbare Verbesserungen gibt. Das ist so. Es wird auch umgekehrt nicht viel schlechter dadurch. Man könnte also durchaus zur Frage kommen: Warum nicht zu­stimmen? Diese Frage stellt sich häufig, wenn solche Vorlagen da sind. Aber man kann die Dinge auch anders sehen.

Gemessen am Inhalt der Debatte vor zwei oder mehr Jahren ist das, was jetzt vorliegt, relativ dürftig und bescheiden, auch gemessen an dem, was damalige Regierungs­mitglieder noch verkündet haben, und gemessen an dem, was die Anlassfälle waren, die durch solche Gesetzesinitiativen künftig hintangehalten werden sollen. Wir sind der Meinung, dass das in der Tat zu kurz greift und zu wenig ist beziehungsweise dass manche Dinge erst gar nicht aufgenommen wurden. (Abg. Dr. Baumgartner-Gabitzer: Wieso?)

Beginnen wir etwa bei den Transparenzbestimmungen für ManagerInnen-Gehälter. Da kann man natürlich sagen – gute alte österreichische Tradition im Übrigen –: Geht nie­manden etwas an, und überhaupt! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Baumgart­ner-Gabitzer.)

Ich sage Ihnen, das ist völlig falsch. Zumindest die börsenotierten Unternehmen sollten unserer Meinung nach hier anders behandelt werden, weil das Notieren an einer Börse eine bestimmte öffentliche Handlung ist, diesfalls im Wirtschaftsleben, wo erhöhte – „Schutzmechanismen“ ist ohnehin das falsche Wort, etwas ganz anderes – Trans­parenzbestimmungen gelten sollen, weil die Börse in gewisser Weise ein Markt ist, der – wie viele andere Märkte auch – gewisse Anonymisierungen hat.

Es weiß ja nicht jeder kleine Aktionär genau Bescheid, was wo wie läuft. Er soll aber zumindest die Möglichkeit haben, sich zu informieren. Aber das ist ja nur der normale transparente Zugang, der immer gut ist, wenn es um Marktfragen geht.

Es gibt da aber natürlich auch noch einen anderen Zusammenhang, gefördert durch die Entwicklungen der letzten Jahre: Die Diskrepanz, was die Gehälter in Unternehmen betrifft, ist ja oft wirklich nicht mehr einsehbar und zumindest für manche nur noch schwer aushaltbar, und regt diesfalls auch hinsichtlich börsenotierter Unternehmen zum Nachdenken an beziehungsweise fordert zum Widerspruch heraus.

Im Hinblick auf diese gesellschaftliche Frage ist es gut, wenn Transparenz herrscht. Man kann immer noch der Meinung sein, das Verhältnis des durchschnittlichen Einkommens eines Angestellten zum Einkommen eines Spitzenmanagers solle bei 1 : 10 oder 1 : 20 liegen, dann sei es gerecht. Ich kann und will diese Frage ja nicht einmal beantworten, aber eines ist klar: Auch hiefür ist die Voraussetzung Trans­parenz. Das steht fest.

Auch in Bezug auf die jetzt aufkeimende moderne Kritik an unserem Wirtschafts­system, die Kapitalismuskritikdebatte, ist das ein durchaus sinnvoller Zugang. Man muss sich da noch gar nicht festlegen, ob man für oder gegen bestimmte Relationen oder Vorstellungen ist, allein die Transparenz würde einmal gewährleisten, dass alle


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vom Gleichen reden können, und das ist ja in einer Debatte meistens auch schon hilfreich. (Beifall bei den Grünen.)

Aber all das bleibt ausgeblendet – heute haben Sie es gar nicht großartig verteidigt. Ich vertraue da nicht auf den Markt allein. Natürlich: Großanleger beziehungsweise Quasi­eigentümer machen sich ein Bild über die Zustände im Vorstand, die können sich auch über andere Zustände ein besseres Bild machen, etwa über die Vorgänge im Aufsichtsrat und darüber, wie gut der Aufsichtsrat eigentlich seiner gesellschaftsrecht­lichen Funktion, in erster Linie der steuernden Kontrolle, nachkommt.

Nächster Problempunkt: Aufsichtsratsfunktionen. Es ist eine leichte Verbesserung, dass überhaupt einmal eine Begrenzung angedacht wird. Ich sage Ihnen aber, für ein Land wie Österreich ist die Oberbegrenzung mit zehn Aufsichtsratsfunktionen, die eine Person innehaben darf, respektive acht bei börsenotierten Unternehmen, plus zehn weiteren für sozusagen Verbandelte – Großmütter, Mütter, Enkel, Töchter – in der Gesellschaftsform ein bisschen viel. Rein theoretisch könnten das ja zwanzig sein.

Mein Problem ist weniger, dass dort, wo die Unternehmen verflochten sind, ent­sprechende Besetzungen vorgenommen werden. Ein Vorstandsmitglied einer Mutter­gesellschaft kann durchaus im Aufsichtsrat einer Tochtergesellschaft sein – das ist vielleicht sogar ökonomisch sinnvoll. Dass es hier einen Sondertatbestand, wenn man so will, gibt, ist in Ordnung. Aber die grundsätzliche Frage, es bei zehn oder bloß acht begrenzen zu wollen, ist für uns – Daumen mal Pi – leicht um das Doppelte zu hoch gegriffen.

Sie fördern damit Zustände, wie wir sie gerade in Österreich antreffen. Sie fördern damit auch Zustände wie etwa beim Fall Siegi Wolf – ich halte das nach wie vor für einen Skandal, der noch gar nicht herzlich und offen genug gewürdigt worden ist –, dass jemand, der in einem Aufsichtsrat, in dem Fall der staatlichen ÖIAG, sitzt, munter mit Informationen auftreibt beziehungsweise vorbereitende Handlungen setzt, um die begehrtesten Stücke dieser ÖIAG an andere zu verbraten, und zwar an solche, wo er selbst in einer maßgeblichen Funktion ist, in diesem Fall an die Magna. (Beifall bei den Grünen.)

Man muss sehr weit in Europa herumfahren, um solche Zustände anzutreffen. Und ich verstehe die Haltung, die da zum Vorschein kommt, überhaupt nicht, denn gerade die Länder, die eine Tradition haben, was die Frage von Marktwirtschaft und Börsen betrifft, nämlich die anglikanischen Länder, haben viel strengere Bestimmungen, und zwar einerseits in den tatsächlichen Einschnitten und Beschränkungen, so wie hier etwa, und andererseits auch in den Transparenzregelungen. – Sie aber lassen die Chance aus, deswegen auch unsere Skepsis und unsere Ablehnung.

Ähnliches gilt für eigene Bilanzkontrollstellen. Ich habe mich auch gefragt: Ist das nicht zu viel Bürokratie? Nein, man kann es anschauen, man kann nachlesen, es würde sehr heilsame Wirkungen erzeugen. Nicht zuletzt gibt es das eben wieder in den USA, in Großbritannien und im Übrigen auch in Deutschland.

So kann man alle Beispiele durchgehen, selten kommt man zu einem Punkt, der besonders gut umgesetzt worden ist, viele Punkte werden mangelhaft umgesetzt und mindestens so viele werden erst gar nicht aufgegriffen, und das ist das Problem bei diesem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz. Sie werden uns nicht dafür gewinnen, dass wir dem zustimmen.

Abschließend: Ein ähnliches Problem finden wir beim Wettbewerbsrecht vor. Wenn wir schon eine Kronzeugenregelung einführen wollen, dann muss sie auch so funk­tionieren. Wenn jemand, der allenfalls als Kronzeuge auftaucht, in dem Moment, in dem er sich als solcher meldet, nicht weiß, ob er überhaupt besser gestellt ist als


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jemand, der nur als angeklagt gilt, dann ist das keine wirkliche Kronzeugenregelung, denn das bewirkt ja nicht den entsprechenden Anreiz.

Ich gebe zu, dass Verbesserungen gegenüber jetzt angedacht oder geplant sind, aber auch das geht meines Erachtens mit der Konstruktion ziemlich ins Leere. Gut gemeint ist halt oft noch nicht gut getroffen.

Beim Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz spreche ich Ihnen im Übrigen auch ab, dass es gut gemeint ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.26.26

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ihre letzten Worte, Herr Abgeordneter Kogler, haben mich schon sehr ent­täuscht (Abg. Mag. Kogler: Das glaube ich!), denn da weiß man jetzt nicht: Haben Sie es nicht gut gemeint, oder haben Sie nicht richtig verstanden, was in diesem Gesetz steht? Ich sage das einmal ganz offen. Ich würde gerne mit Ihnen darüber diskutieren (Abg. Mag. Kogler: Das haben wir ja schon im Ausschuss!), weil sich auf Punkt und Beistrich nachvollziehen lässt, was hier die Intention des Gesetzgebers ist.

Diese Gesetze gehen vor allem vom Justizministerium aus. (Abg. Mag. Kogler: Gut gemeint, aber schlecht getroffen!) Dieses hat eine unglaublich hohe Kompetenz in allen wirtschaftlichen Bereichen. Ich sage einmal, in Konkurrenz mit dem Wirt­schaftsministerium macht das Justizministerium fast die entscheidenderen Gesetze, was jedoch nichts über die Bedeutung der Ministerien aussagt.

Wir haben im Justizministerium das Aktienrecht, wir haben das Handelsgesetzbuch, wir haben das GesmbH-Recht, wir haben die Konkursordnung, die Ausgleichsordnung, das E-Commerce-Gesetz, Letzteres insgesamt neu gefasst – ich könnte diese Liste noch lange fortsetzen.

Dort ist also enorme Kompetenz und ein riesiges Verantwortungsbewusstsein vor­handen, und die Leute haben es sich einfach nicht verdient, Herr Abgeordneter Kogler, dass man sagt, sie hätten es nicht einmal gut gemeint. Das sage ich Ihnen ganz offen. Es ist schade, dass Sie das Klima hier so vergiften, und es ist auch nicht sehr angenehm, wenn Kollege Jarolim hier sagt, im Aufsichtsratsbereich sei nichts geschehen. (Abg. Mag. Kogler: Sie wollten ja nicht einmal die Fragen beantworten im Ausschuss!) – Ich werde Ihnen das gleich sagen. (Abg. Dr. Jarolim: Wenig bis jetzt ...!) Nichts geschehen, haben Sie gesagt.

Es gibt eine Entschließung des Nationalrates vom Dezember 2003, in der ausdrücklich festgelegt wurde, dass eine Stärkung des Vertrauens in die österreichische Wirtschaft und in den Standort Österreich für die Wirtschaft geplant ist. Hier hatten wir sicher auch die Corporate Governance im Auge. Schade ist, das gebe ich zu, dass hier eine meines Erachtens unrichtige Philosophie herrscht. Was nicht verbindlich ist, wirkt besser als das, was verbindlich ist. – Da gebe ich Ihnen bei Ihrer Kritik Recht. Das ist aber das Einzige. Es ist nämlich wünschenswert, dass man die Intentionen dieser Corporate Governance zunehmend auch in den österreichischen Rechtsbestand übernimmt.

Aber allein das, was im Bereich der Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung geschehen ist, kann sich sehen lassen. Das ist eine ganz wichtige Sache, bei der das Verantwortungsbewusstsein der Aufsichtsräte wirklich gefordert ist.


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Es gibt außerdem eine Novelle zum Handelsgesetzbuch, die heute umgesetzt wird, es gibt ein in Bälde kommendes Gesetz, nämlich eine Novelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, und es gibt auch den neu geschaffenen Beirat für Rech­nungslegung, der legistische Unterstützung gibt, nämlich im Wege der Begutachtung, und der österreichische Positionen auch in Brüssel vertreten wird.

Und ein bisschen muss ich Ihnen wieder Recht geben. (Abg. Mag. Kogler: In der „Presse“ haben Sie doch selbst gegen die meisten Bestimmungen dieses Entwurfes Stellung bezogen!) – Sie müssen auch die „Presse“ vollständig lesen. Ich komme gleich zu etwas, was ich gerne stärker ausgebaut gesehen hätte. (Abg. Mag. Kogler: Böhmdorfer kontert ...!)

In § 82a des Börsegesetzes hätten wir, die Freiheitlichen, gerne eine persönliche Haftung gehabt für fahrlässige unrichtige Finanzinformationen durch Manager. Das wäre sicher ein Signal gewesen, weil prinzipiell jeder Österreicher für fahrlässiges Handeln haftet. Warum nicht gerade auch die Manager, die mit solchen Informationen besonders sorgfältig umzugehen hätten? Das war nicht durchsetzbar, aber das war verkraftbar, weil dadurch einiges klar und das Problembewusstsein in die Richtung gelenkt wurde. Bekannt wurde, dass ohnehin das Unternehmen für solche unrichtige Informationen haftet. Es ist Sache des Unternehmens, in entsprechenden Dienst­verträgen die Regressverpflichtungen festzulegen. Das ist auch verantwortungsvolles Wirtschaften.Worüber ich auch enttäuscht war, ist der Insider-Handel. Wir hätten gerne eine zehnjährige Strafdrohung für Insider-Handel gehabt, aber es sind nur fünf Jahre geworden. Immerhin aber ist das eine Steigerung von zwei auf fünf Jahre, und das ist zu begrüßen.

Wenn Sie sagen, die Aufsichtsräte seien in ihrer Funktion nicht gestärkt worden, dann muss ich Ihnen antworten: So ist das nicht! Sie haben das so einfach abgetan. Ein Aufsichtsrat darf jetzt nicht mehr Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft eines Unternehmens sein, in dem er Aufsichtsrat ist, und umgekehrt. Man wundert sich, dass es das überhaupt bisher gegeben hat. Es gibt nunmehr auch das Verbot der Über­kreuzverflechtung, bis auf einige sinnvolle Ausnahmen, dass jemand also Vorstand da ist und gleichzeitig Aufsichtsrat dort, und auch umgekehrt. Auch das hat es gegeben, aber das wird abgeschafft.

Beratungsverträge müssen offen gelegt werden, und auch seine Qualifikation muss jeder darlegen. Es ist schon einmal prohibitiv, wenn einer sagen muss, wie gut er ist, und er sich einem Gespräch stellen muss. Da werden sehr viele, die jetzt unge­eigneterweise in ihren Positionen sitzen, sich gar nicht trauen hinzugehen; das hoffe ich wenigstens.

Zu dem, was Herr Kollege Jarolim zu den Aufsichtsräten gesagt hat, muss man auch etwas erwidern – wahrscheinlich hat er jetzt wieder ein anderes Thema, denn sonst würde er zuhören –: Bei den Aufsichtsräten gibt es nach derzeitiger Rechtslage die Höchstzahl zehn ohne Privilegierungen, das heißt, zehn Aufsichtsräte sind möglich, wenn keine Privilegierungen bestehen, und jetzt sind es nur mehr acht. Bei den Privilegierungen hatten wir sogar derzeit 20, jetzt sind es auch nur mehr acht. – Eine dramatische Reduktion um 60 Prozent.

Und das geht so weiter. In manchen Bereichen wurde bis zu 80 Prozent der möglichen Höchstzahl der Aufsichtsratsmandate reduziert. Wer das nicht als Fortschritt aner­kennt, der hat einfach das Gesetz nicht gelesen oder hat von der ganzen Problematik keine Ahnung.

Es ist schade, dass Sie keinen Grundkonsens haben wollen, den sich dieses Land verdient hätte. Österreich ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort, und davon sind in hohem Maße auch die Arbeitsplätze abhängig, die wir anbieten können. Es ist schade,


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dass Sie nicht in diese Richtung mitarbeiten, damit dieser Wirtschaftsstandort wirklich ausgebaut wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei den Legisten des Ministeriums bedanken, die jetzt mehr als ein Jahr – manchmal unter Anfeindungen, wie sie heute angeklungen sind – gearbeitet haben, unbeirrbar gearbeitet haben. Allen voran möchte ich mich – wahrscheinlich sitzt sie wieder bescheiden in der zweiten Reihe – bei Frau Dr. Sonja Bydlinski bedanken; ich sehe sie jetzt nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei der ÖVP.) Dr. Bydlinski ist in Fachkreisen in höchstem Maße anerkannt. Ich wünsche Ihnen, Frau Doktor, dass Sie weiterhin so sachlich bleiben, Ihre Gesprächsbereitschaft für alle in diesem Lande offen halten, auch wenn dann im Plenum Ihnen gegenüber unfairerweise indirekt so unsachliche Äußerungen fallen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Wettbewerbs- und das Kartellrecht wird auch neu formuliert. Herr Dr. Auer, Verfasser dieses Gesetzes, ist, glaube ich, nicht hier; ein stiller Arbeiter und großer Denker, der dieses Gesetz innerhalb kurzer Zeit neu formuliert und an EU-Richtlinien angepasst hat. Auch bei ihm möchte ich mich herzlich bedanken, ebenso bei seinem Team, zu dem vor allem auch Dr. Auinger gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Sinne hoffe ich, dass es uns vielleicht doch gelingt, irgendwann einmal mehr Grundkonsens herzustellen, wenn es darum geht, etwas für die österreichische Wirtschaft zu tun. Es ist vielleicht wichtiger, als Sie glauben. Schade, dass Sie so eine verantwortungsvolle Position in Ihrer Tätigkeit gegenüber dem Rechnungshof haben. Da sollte man eigentlich mehr Wirtschaftskompetenz praktizieren – dann werden wir uns auch besser verstehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Marizzi. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


13.34.01

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich glaube, niemand zweifelt an der Kompetenz des Justizministeriums. Ich glaube, die Beamten dort haben sehr gut gearbeitet. Ich glaube auch, dass das Gesetz ursprünglich aus einem Vier-Parteien-Antrag resultierte. Aber weil Sie vom Grundkonsens gesprochen haben: Ich glaube, Herr Kollege Böhmdorfer, die Grundstimmung ist schlecht – ich komme später noch darauf zurück –, zu schlecht, um einen Grundkonsens zu erreichen.

Frau Dr. Fekter hat das sachlich erläutert. Ich glaube, wenn wir hier von Transparenz und Hygiene sprechen, geht es nicht darum, dass acht oder zehn Aufsichtsräte in Unternehmungen, auch in mehreren Unternehmungen, sitzen. Ich glaube auch, dass niemand irgendjemandem einen Aufsichtsrats- oder einen Vorstandsbezug neidet. Aber wenn diese Unternehmungen schwarze Zahlen schreiben, 10, 20 Prozent Gewinne einfahren und dann die gleichen Vorstände und die gleichen Aufsichtsräte eine 10- oder 20-prozentige Reduktion der Belegschaft vornehmen, dann ist der Grundkonsens, ist die Grundstimmung zerstört. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist richtig! Da haben Sie Recht!) Und das schwebt eigentlich über dem Ganzen, Frau Kollegin Partik-Pablé. Daher sind wir dagegen. (Abg. Dr. Fekter: Das steht aber so auch nicht drinnen!)

Wir sind auch dagegen, weil neun wesentliche Punkte unseres Erachtens nicht eingehalten werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Entschuldigen Sie! Wir brauchen uns als Opposition nicht dafür zu entschuldigen, dass wir gegen ein Gesetz sind! – Wir


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haben die Transparenz nicht erreicht; die Eigentümerstruktur ist nicht verbessert; dass börsennotierte Unternehmungen wichtige Infos im Firmenbuch veröffentlichen müssen, das ist auch nicht geschehen. Und, lieber Kollege, es sind natürlich auch die Bilanz­kontrollstellen in börsennotierten Unternehmen nicht geschaffen worden.

Zur Grundstimmung und zum Grundkonsens. – Nehmen wir die österreichischen Aktiengesellschaften her: Die österreichischen Aktiengesellschaften haben von 2001 bis 2006 hochgerechnet ursprünglich 6,8 Milliarden € an Steuerleistung bezahlt. Im Jahr 2006, Herr Kollege, zahlen sie nur mehr 3,8 Milliarden €, also um 39 Prozent weniger – und die Arbeitnehmer zahlen im gleichen Zeitraum um 4 Prozent mehr Lohnsteuer!

Meine Vorrednerinnen und -redner haben von der Grundstimmung, vom Grundkonsens gesprochen. Frau Kollegin Fekter, Herr Kollege Jarolim und Herr Kollege Böhmdorfer haben das sachlich erläutert. Weil diese Grundstimmung nicht eingehalten wird und weil Sie verantwortlich sind für diese Grundstimmung, stimmen wir dem Gesetz nicht zu. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Schreiben Sie die Grund­stim­mung ins Gesetz? – Abg. Marizzi: Dafür sind Sie verantwortlich!)

13.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer für 4 Minuten ans Rednerpult. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


13.37.18

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Marizzi hat uns heute wieder ganz deutlich gezeigt, wie das grundlegende Verständnis der SPÖ für Wirtschaften ist. Wenn es hier eben um ein Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz geht, um Grundregeln für die Gesellschaften, um denen das Wirtschaften zu ermöglichen, reden Sie nur davon, wie Sie den Unternehmen dirigistisch irgendetwas vorschreiben wollen, wie viele Mitarbeiter sie einzustellen haben oder nicht einzustellen haben.

Diese Konzepte haben Sie über Jahrzehnte verfolgt. Sie sind, glaube ich, der Expo­nent, der sehr viel Erfahrung dazu einbringt. Diese Konzepte sind spektakulär gescheitert. Ich glaube, das brauchen wir nicht noch einmal neu zu versuchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich, nachdem schon sehr viel über das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz gesagt wurde, vor allem auch dem Kartellgesetz, das ja einer der in diesem Zusammenhang behandelten Tagesordnungs­punkte ist, widmen. Es tritt, glaube ich, durch dieses neue Kartellgesetz, das wir heute beschließen werden, ein grundsätzlicher Philosophiewechsel ein.

Während man nach dem alten Kartellgesetz in der Nachkriegszeit vom Verständnis ausgegangen ist, dass Kartelle etwas Notwendiges sind, das man einfach regeln muss, das durch den Staat oder ein Gericht einfach beherrscht werden muss und ent­sprechend kontrolliert wird, gehen wir in diesem neuen Gesetz von einem umfassenden Kartellverbot aus und gleichen damit unsere Rechtslage auch an das internationale Verständnis und vor allem auch an das Europarecht an.

Nach alter Rechtslage war es zum Beispiel so – um das nur kurz darzustellen –, dass Kartelle, aber auch verschiedene andere Absprachen unter Unternehmen nicht grund­sätzlich verboten waren, aber angemeldet werden mussten, in einem umfangreichen Prüfverfahren geprüft wurden und dann vom Gericht genehmigt oder nicht genehmigt worden sind. Solche Genehmigungen waren auch zeitlich befristet, und zwar auf höchstens fünf Jahre, was dazu geführt hat, dass einerseits natürlich ein hoher Verwaltungsaufwand beim Kartellgericht notwendig war, um alle diese Kartelle zu


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erfassen, die Register zu führen, andererseits aber auch die Prüfverfahren bei der Einreichung eines Kartells, die eine sehr umfassende Prüfung von sehr schwierigen rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen notwendig gemacht hat, durchzuführen und letztlich auch zu entscheiden.

Es war aber auch gar nicht so einfach, ein Kartell zu untersagen. Bevor das getan werden konnte, musste man allenfalls prüfen, ob hier Auflagen möglich waren und ob der Antrag auf Genehmigung des Kartells nicht verbesserungsfähig war.

Insgesamt gesehen war das also ein sehr großer Aufwand für die Verwaltung von Kartellen, während wir heute mit diesem vorliegenden und zu beschließenden Kartell­gesetz den Schritt nach vorne tun, indem wir sagen, Kartelle sind eben grundsätzlich etwas Verbotenes, etwas Untersagtes, und es gibt nur ganz vereinzelte, ganz genau spezifizierte Ausnahmen von diesem Verbot, und die Unternehmen haben das auch in Eigenverantwortung zu prüfen. Das heißt, hier gibt es eben kein Antrags- und Geneh­migungsverfahren mehr, sondern ein Verbot mit gewissen Ausnahmen, die von den Unternehmen selbständig zu prüfen und entsprechend zu verantworten sind.

Ich glaube, dass es ein ganz wichtiger Schritt in die Zukunft des gemeinsamen Europa ist, auch dieses System in Österreich entsprechend einzuführen, weil es natürlich sehr schwierig ist, in einer Welt zunehmend auch internationaler Unternehmen völlig ver­schiedene Regime in verschiedenen Ländern oder international und in Österreich zu haben. Ich möchte mich daher auch dem Dank meines Vorredners anschließen, und zwar in beiden Bereichen, sowohl was das Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz als auch was das Kartellgesetz und das Wettbewerbsgesetz betrifft, dem Dank an die Damen und Herren Mitarbeiter des Ministeriums, die hier wirklich eine sehr, sehr gute, fundierte und sachlich richtige Arbeit geleistet haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.41.31

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Ministerin! Meine Damen und Herren! Vor Jahren erfuhr ich in Brüssel, dass Österreich im Bereich des Kartellrechts, des Wettbewerbsrechts hinter den euro­päischen Standards herhinkt. (Abg. Dr. Fekter: Das ist aber schon lang!) Das ist lange her, Frau Kollegin, ja. Es hat Verbesserungen gegeben, wir haben ein neues Wettbewerbsgesetz, aber trotzdem, Frau Kollegin: Unser Problem ist, dass wir noch immer zu wenig tun gegen diese Kartellbildung, dass wir noch immer zu wenig tun, um das Angebot gerade für Konsumentinnen und Konsumenten auf Grund von Schwierig­keiten bei der Kartellbildung zu optimieren.

Ich darf das anhand eines ganz einfachen Beispiels jetzt beim Kartellgesetz kurz belegen. Durch dieses Kartellgesetz wird nämlich insbesondere das Legalausnahme­system eingeführt, und auf Grund dieses Systems ist gerade die Aufdeckung von Kartellen unserer Ansicht nach erschwert, Frau Kollegin. In der Fusionskontrolle wur­den nämlich dann die notwendigen Änderungen nicht vorgenommen, und deswegen werden wir diese Form des Kartellgesetzes nicht unterstützen können. (Abg. Dr. Fekter: Aber ihr habt den Kartellanwalt doch gefordert!)

Ja, aber das hat sich in der von uns ursprünglich gewünschten Form in Ihrem Vorschlag leider nicht in vollem Umfang widergespiegelt. Deshalb eben unsere Kritik an dieser Vorlage und unsere Ablehnung dazu.


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Ganz kurz noch zum Wettbewerbsgesetz, das jetzt auch novelliert wird, und zum Schluss noch zum Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz. – Bei der Wettbewerbs­gesetznovelle geht es ja um eine neue Kronzeugenregelung. Sie alle wissen, Supermärkte in Österreich versuchen durch Billigstangebote Kundinnen und Kunden zu finden. Und jetzt versuchen diese Supermarktketten natürlich, entsprechenden Druck auf die Produzenten auszuüben, dass die Waren möglichst billig geliefert werden, damit es die Lockangebote gibt. Und durch diesen Preisdruck, der besonders auf lokale, regional situierte Produzentinnen und Produzenten ausgeübt wird, ist oft auch eine entsprechende Wettbewerbsreduzierung gegeben. Dieser Produzent kann nämlich in keine andere Kette sozusagen einsteigen, weil hier Absprachen bestehen und weil hier die Lieferbedingungen nicht so optimiert sind.

Jetzt gibt es gerade bei einer sehr bekannten Kette in Österreich einen Präzedenzfall, der mit Lieferbedingungen für ein Lebensmittel aus dem oberen Mühlviertel zu tun hat. Da wäre eine Kronzeugenregelung sehr, sehr wichtig, damit der Kartellanwalt, damit die Wettbewerbsbehörde die Dokumentation dieser Preisabsprachen und dieser Preis­drückaktionen vollständig leisten kann, damit jetzt endlich Abhilfe geschaffen wird und auch der lokalen Wirtschaft – das ist ja gerade in Ihrem Sinn – dann wieder bessere Chancen bei diesen Supermarktketten eröffnet werden und sie die Waren dort nicht nur zu Dumpingpreisen, sondern wirklich zu konkurrenzfähigen Preisen loswerden.

Deswegen auch unsere Ablehnung Ihres Gesetzentwurfes, der in dieser Richtung leider nicht Reformen bringt, sondern die Kronzeugenregelung erschwert. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: ... ist denn diese Kronzeugenregelung eingeführt worden? Das hat es ja vorher gar nicht gegeben!)

Abschließend noch zum Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz. – Es war sehr inter­essant, Frau Kollegin Fekter – ich führe ja gerne den Dialog mit Ihnen –, dass Sie von einer Weiterentwicklung gesprochen haben, dass es notwendig ist, auch dieses Gesetz weiterzuentwickeln. Damit geben Sie ja indirekt zu, dass der momentane Gesetz­entwurf bei weitem nicht zufrieden stellend ist.

Herr Kollege Böhmdorfer! Sie haben darauf hingewiesen – und ich bin Ihnen durchaus dankbar, obwohl Sie nicht recht sachlich waren in Ihrer Kritik –, dass es um den Ausbau des Wirtschaftsstandortes geht, und Sie haben auch gesagt, Sie sind an sich gegen die Freiwilligkeit. Ich bin auch dagegen, denn die Offenlegung muss ver­pflichtend sein. Das schafft dann Vertrauen und auch so etwas wie den nationalen oder den europäischen Konsens in der gesamten Wirtschaftsentwicklung, wenn wirklich von Seiten des Managements offen gelegt wird, was verdient wird.

Und dann noch der andere Punkt, Herr Kollege Böhmdorfer: Sie haben gesagt, es gehe darum, an der Börse auch den Insiderhandel zu beschränken. – Das ist mit diesem Gesetz in zu geringem Ausmaß erfolgt, und da setzt auch unsere Kritik an.

Ich darf nur noch auf einen anderen Aspekt hinweisen, den Kollege Kogler nicht so genau erwähnt hat, den Sie aber kurz angedeutet haben: auf das Verbot der Über­kreuzverflechtung.

Herr Kollege Böhmdorfer, da gibt es wieder Ausnahmen; ich darf sie Ihnen zitieren:

„Laut den Erläuterungen genügt für den Nachweis einer unternehmerischen Beteili­gung, dass eine Gesellschaft, die an einer anderen zu weniger als 20 Prozent beteiligt ist ... und mit dieser keinen Konzern bildet, ihre Beteiligung im Anhang zum Jahres­abschluss ausweist und somit ihre Absicht, die Beteiligung aus strategischen Überlegungen auf Dauer zu behalten, zweifelsfrei dokumentiert. Mit dieser einfachen Vorgehensweise wird jedoch die Ausnahme zur Regel und das sinnvolle Verbot von Überkreuzverflechtungen wirkungslos.“


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Und das ist nur ein Beispiel. Mit Ihren Ausnahmeregelungen verhindern Sie wieder Transparenz, die wir bräuchten, damit wir wirklich als Wirtschaftsstandort in der europäischen Wirtschaft eine gute Position haben (Abg. Dr. Fekter: Die haben wir ja!) und einfach Einblick gewähren. Ich wiederhole jetzt nicht noch die Zahl mit den Auf­sichtsräten et cetera, die Argumente liegen klar auf dem Tisch. Die Auseinander­setzung ist sachlich, und insofern werden wir die Debatte fortführen, auch in Dank an das Justizressort. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Die hat’s nicht verstanden!)

13.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Gewünschte Redezeit: 7 Minuten. (Abg. Dr. Partik-Pablé – auf dem Weg zum Rednerpult –: Das brauche ich nicht, Herr Präsident, das ist zu lang!) – Bitte, Sie sind am Wort.

 


13.47.24

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist heute schon mehrmals davon gesprochen worden, dass dieses Gesetz dazu führen soll, die Sicherheit der Anleger zu verstärken. Wir wissen ja, wie dringend das ist, denn sehr viele Menschen neigen heute schon dazu, ihr Geld, ihre Ersparnisse insbesondere auch zur Pensionsvorsorge in Aktien anzulegen, und jeder Einbruch führt natürlich zu einer enormen Verunsicherung.

Wir haben uns in Österreich wirklich sehr bemüht, die Wiener Börse zu einem sehr guten Standort zu machen, und deshalb sind wir auch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass jene Firmen, die in Österreich börsennotiert sind, den Anlegern auch eine entsprechende Sicherheit geben.

Wir haben gesehen, dass diese großen Pleiten in der Vergangenheit – das ist schon erwähnt worden – dazu geführt haben, dass die Anleger sehr verunsichert sind. Zum Beispiel hat die Enron-Pleite, die sozusagen den Startschuss in der Pleitenserie abgegeben hat, sehr großen Schaden verursacht. Es sind dabei Tausende kleine Anleger zu Schaden gekommen. Die Aktie hat ursprünglich einen Wert von 99 Dollar gehabt und ist dann auf 66 Cent gesunken. Dass so etwas natürlich tief greifende Erinnerungen bei den Anlegern hinterlässt, ist völlig klar.

Ich bin wirklich sehr froh darüber, dass wir mit diesem Gesetz Sicherheit geben, und ich weiß, wie schwierig das ist. Mehr als ein Jahr haben wir über dieses Gesetz verhandelt. Kollege Böhmdorfer hat schon die Arbeit von Frau Dr. Bydlinski erwähnt, die sich wirklich sehr intensiv bemüht hat, dass wir da zu einer Einigung kommen. Wir haben insbesondere auch wegen der Rotation – extern oder interne – sehr, sehr große Auseinandersetzungen mit Betroffenen, mit Steuerberatern gehabt, und ich bin froh, dass wir uns jetzt zu einer Variante durchgerungen haben, die auch im internationalen Bereich jene Kontrollmechanismen beinhaltet, die üblich sind und die auch gewähr­leisten, dass wir hier eine sehr gute und starke Kontrolle haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Da heute bemängelt worden ist, dass zu wenig passiert ist, möchte ich sagen: Na ja, auch wir hätten uns vorstellen können, dass manche Bestimmungen härter sind. Wir wollten beispielsweise auch eine höhere Strafdrohung für den Insiderhandel. Aber immerhin geht es darum, dass dieses Gesetz auch akzeptiert werden muss. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das wird akzeptiert ...!) Es muss von der Wirtschaft auch annehmbar sein, was wir hier beschließen. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Wir können uns nicht zu sehr entfernen von der Wirtschaft! – Also wie gesagt, es ist notwendig, dass wir da irgendwo einen Einklang finden. (Abg. Dr. Fekter: Der Herr Öllinger ...!) – Der Herr Öllinger zum Beispiel.


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Bisher war es möglich, dass ein Vorsitzender zwanzig Vorsitze innegehabt hat – das ist im Grunde genommen ein Wahnsinn! –; wir haben das jetzt reduziert auf vier Vorsitze im Bereich der börsenorientierten Aktiengesellschaften. Also ich finde, das kann man doch gutheißen, was da passiert ist.

Oder: Fünf Vorsitze und fünf sonstige Mandate sind jetzt beschränkt worden auf vier Vorsitze. Also da ist schon etwas passiert, und das muss man auch akzeptieren.

Natürlich wird es eine Weiterentwicklung dieses Gesetzes geben, und ich bin über­zeugt davon, dass sich im Laufe der Praxis zeigen wird, wo die Fehler sind und wo wir noch etwas nachjustieren müssen, und das werden wir dann sicher auch machen. Aber für jetzt, glaube ich, war das ein sehr großer Schritt und ein guter Schritt, und deshalb stimmen wir auch diesem Gesetz zu. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Puswald. 3 Minuten beträgt seine sich selbst vorgegebene Redezeit. – Bitte.

 


13.51.50

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Eigentlich hätte man nach der Mitteilung des Kollegen Jarolim betreffend die rechtskräftig verurteilte ÖVP-Ministersekretärin Krones-Taurer zur Tagesordnung übergehen und es bei der Bitte an die Frau Bundesministerin um Aufklärung belassen können, wäre die Reaktion der Frau Dr. Fekter nicht so ausgefallen, wie sie aus­gefallen ist. Diese Reaktion drängt den Schluss auf, dass sich die ÖVP nun offenbar nach dem unabhängigen ORF auch die unabhängige Justiz für ihre parteipolitische Einflussnahme auserkoren hat (Zwischenrufe bei der ÖVP), und ich sage Ihnen, Frau Dr. Fekter: Sie werden diese Angelegenheit nicht mit einer wegwischenden Bemerkung vom Tisch bringen! Wir werden draufbleiben und werden versuchen zu klären, warum eine ÖVP-Ministersekretärin trotz rechtskräftiger Verurteilung in Freiheit ist und was dahinter steckt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Dann wischen Sie es nicht vom Tisch, Frau Kollegin! (Abg. Dr. Fekter: Ich habe es nicht vom Tisch gewischt, ich habe nur gesagt, ...!)

Zum Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz, Frau Kollegin: Dieses Gesetz hat Herr Bun­desminister außer Dienst Dr. Böhmdorfer angekündigt mit der Absicht, es soll den Wirtschaftsstandort Österreich stärken. (Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

Herr Kollege Ikrath, ich verstehe Ihre Aufregung – sie bestätigt umso mehr, dass wir mit unserem Verdacht Recht haben. Beim ORF ist es offenkundig geworden, bei der Justiz wird es sich noch aufklären, welche Einflussnahmen Ihre Partei vorhat. Schauen Sie, der Kollege Tancsits sagt, ... (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Ikrath.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Ikrath, Sie sind der nächste Redner. Lassen Sie Herrn Puswald reden, und dann antworten Sie!

 


Abgeordneter Dr. Christian Puswald (fortsetzend): Herr Präsident, ich danke herzlich für Ihre freundliche Unterstützung!

Dem Kollegen Ikrath sei noch ins Stammbuch geschrieben: Der Verdacht würde sich nicht aufdrängen, hätte sich nicht Kollege Tancsits zur Justiz geäußert, wie er sich erst jüngst im Zusammenhang mit dem Bundesrat Kampl geäußert hat. Und auch das wäre ein Fall, wo sich die ÖVP überlegen sollte, ob sie sich nicht nur von ihrem Regie­rungspartner trennt, der da eine braune Vergangenheit zu bewältigen hat, sondern auch von einem Abgeordneten-Kollegen Tancsits, der die Justiz in einer Art und Weise in Frage stellt, die rechtsstaatlich höchst bedenklich ist.


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Zurück zum Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz: Minister außer Dienst Böhmdorfer hat gemeint (Zwischenruf des Abg. Grillitsch), dieses Gesetz sollte der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich dienen. Gezeigt hat diese Art der Behandlung durch die Regierungsparteien, dass die Regierung handlungsunfähig ist. Ich darf Ihnen vielleicht entgegenhalten, dass wir einen ganz klaren Vierparteienantrag (Abg. Gril­litsch – auf den Redner weisend –: ... beschämend!) und ein ganz klares Programm hatten, das wir im Konsensklima hätten abhandeln können. Die Regierungsparteien waren entweder nicht imstande oder nicht in der Lage, dieses Programm abzuarbeiten, und sind weitestgehend auf halbem Wege stecken geblieben – was wiederum den Verdacht nahe legt, dass vor allem die ÖVP ihren Lobbys so sehr verpflichtet ist, dass sie hier nicht mit der nötigen Schärfe dafür sorgen kann, dass wir gesetzliche Regelungen bekommen, die wirklich das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Öster­reich rechtfertigen.

Und wenn eine Partei so weit ihren Lobbys verhaftet ist, dass sie da nicht mehr weiterkommt, dann soll sie halt, wie wir das schon öfters beantragt haben, das Handtuch werfen und sagen: Wir sind gescheitert!, und zurücktreten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grillitsch.)

Das, Kollege Grillitsch, hören Sie nicht gerne, es ist aber so: Sie sind gescheitert! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Grillitsch: Setzen!)

13.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Puswald, der Vorwurf einer „braunen Vergangenheit“ ist schon sehr bedenklich, muss ich sagen. (Abg. Grillitsch: Die ganze Rede war bedenklich!) Ich lasse mir das Protokoll übermitteln, und dann reden wir darüber.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ikrath. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


13.55.03

Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will eigentlich zu dem, was Kollege Puswald jetzt gesagt hat, nicht mehr feststellen, als dass für uns gewöhnlich das „NEWS“ oder eine APA-Aussendung über das „NEWS“ keine Grundlage bilden, dieser Information im Hohen Haus Relevanz zuzumessen, sondern dass man sich Dinge gewöhnlich schon genauer anschauen sollte, bevor man hier ans Rednerpult tritt und Leute verurteilt und uns Vorwürfe macht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Ganz richtig!)

Das Zweite ist, dass ich auch – Kollege Marizzi ist jetzt zum Glück im Saal, Kollege Kogler ist schon weg – immer wieder sehr beeindruckt bin über diese Verstaat­lichungsnostalgie, die in den Reihen der SPÖ nach wie vor vorherrscht. (Abg. Marizzi: Fairness! Fairness!) Da werden wir – da haben Sie schon Recht – keinen Grund­konsens finden, weil Sie immer noch dem Prinzip „mehr Staat, weniger privat“ (Abg. Dr. Fekter: Zwangsbewirtschaftung!) nachhängen (Abg. Marizzi: Fairness!) und wir ganz konsequent das Gegenteil vertreten, Herr Kollege Marizzi! Und deswegen werden Sie eben in der Opposition bleiben, und wir werden weiter Verantwortung für Öster­reich übernehmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Marizzi: Da geht es überhaupt nicht um ..., sondern um Fairness!)

Die Umsetzung der Entschließung des Nationalrates war eine enorme Heraus­forderung, weil die Balance zu finden war zwischen einerseits jenen gesetzlichen Rege­lungen, die notwendig sind, um den Wirtschaftsstandort Österreich, den Kapital­markt und das Vertrauen der Anleger zu stärken, und andererseits der Vermeidung von


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jenen überschießenden Regulierungen, die genau das Gegenteil bewirken und die Unternehmen, den Wirtschaftsstandort und die Interessen der Anleger schädigen würden. Die positive Bewältigung dieser Herausforderung ist deswegen von so großer Tragweite gewesen, weil dieses Gesetz eine europäische Pioniertat darstellt und wir mit diesem Gesetz tatsächlich europäisches Neuland betreten.

Daher möchte ich an dieser Stelle herausstreichen, dass es durch sehr intensive Ge­spräche, auch durch sehr kontroversielle Diskussionen und durch vor allem sehr harte Arbeit auf der Seite der Frau Justizministerin mit ihren Legisten – da schließe ich mich an –, insbesondere Frau Dr. Bydlinski, und dem Justizausschuss und Frau Kollegin Fekter auf der anderen Seite gelungen ist, so etwas wie eine Quadratur des Kreises zu schaffen und heute ein Gesetz vorzulegen, das diese besondere Balance wahrt. Und im Sinne der Wirtschaft möchte ich das auch mit einer großen Befriedigung zum Ausdruck bringen. Auch wenn ich persönlich im Hinblick auf die Corporate Gover­nance-Regulierung durchaus noch ein Weniger an gesetzlicher Regulierung und ein Mehr an Vertrauen in die Selbstregulierungsfähigkeit des Marktes lieber gesehen hätte, muss ich in Anbetracht der Ausgangssituation und des Begutachtungsentwurfes doch sagen, dass mit diesem Gesetz nun ein sehr guter Kompromiss vorliegt.

Man kann natürlich behaupten, es gibt immer noch zu wenig Transparenz. Es gibt da zwei Möglichkeiten: Entweder ist man nicht wirklich bona fide, oder man hat überhaupt keine Ahnung von der Praxis, denn jeder Investor kann in jeder Hauptversammlung jede Frage nach den Einkommen der Vorstandsmitglieder stellen, und daher gibt es bereits jetzt ausreichende Möglichkeit, Transparenz zu schaffen.

Mein Verdacht ist daher – das möchte ich abschließend sagen und bitte, das auch noch einmal zu überlegen –, dass es hier ein sehr wesentliches Gesetz gibt, das man jetzt offensichtlich ausschließlich dazu verwenden möchte, Neidkomplexe zu diesem einen Thema zu schüren. (Abg. Dr. Puswald: Das ist aber billige Polemik!) – Das mag der Weg der SPÖ sein, unserer ist es nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

13.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Mag. Mik­lautsch. Sie hat keine Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Ministerin.

 


13.59.24

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich darf Sie daran erinnern, dass dieses Maßnahmenpaket zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich auf einer Entschließung des Nationalrates vom 29. Jänner 2004, die Sie hier im Nationalrat einstimmig beschlossen haben, basiert und dass wir uns im Bereich des Justiz­ministeriums bei der Umsetzung dieses legistischen Vorhabens an dieser Ent­schließung des Nationalrates orientiert haben.

Sie können sich vorstellen, wie kontroversiell – wie die heutige Debatte hier im Plenum für mich auch beweist – die Diskussion im Vorfeld zu dieser Maßnahme und auch im Bereich des legistischen Umsetzungsprozesses war. Ich darf aber darauf hinweisen, dass in diesem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz doch sehr maßgebliche Bestim­mungen enthalten sind, die eindeutig eine Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Zustand darstellen – das hat heute auch Herr Abgeordneter Kogler bereits erwähnt.

Ich nenne hier nur die Begrenzung der Anzahl der Aufsichtsratsmandate, die eine Person wahrnehmen darf: Hier gibt es eine Reduzierung bis zu 80 Prozent im Ver­gleich zum Status quo. Wir haben eine Sicherstellung der Qualität und der Unab­hängigkeit der Arbeit der Aufsichtsräte eingeführt. Wir haben die Rechte des


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Aufsichtsrates und die Rechte der Hauptversammlung gestärkt. Wir haben verhindert, dass ein Selbstprüfungsverfahren durch Abschlussprüfer erfolgt. Wir haben ganz besonders strenge Ausschließungsgründe für Abschlussprüfer vorgesehen. Wir haben auch eine Verbesserung der Haftung der Abschlussprüfer vorgesehen, sodass nun­mehr deren Haftungen auch versicherbar sind.

Es wurde heute auch schon mehrfach darauf Bezug genommen, dass es vor allem der Wunsch der Opposition gewesen sei, den Corporate Governance Code auch zu ver­rechtlichen und quasi in Form einer Verordnung oder Ähnlichem in dieses Gesell­schaftsrechtsänderungspaket aufzunehmen.

Ich darf in diesem Zusammenhang zu bedenken geben, dass der Corporate Governance Code per se betrachtet ein sehr gutes Instrument ist und sicherlich sehr viel im Wege der Selbstverpflichtung der Unternehmen dazu beitragen wird, dass sich die Unternehmensführung in diesen Bereichen verbessern wird. Nur: Dieser Corporate Governance Code enthält teilweise Empfehlungen und verbindliche Maßnahmen, und vor allem der Bereich der Empfehlungen ist nicht von dieser Bestimmtheit, die dafür erforderlich ist, um in ein Gesetz oder in eine Verordnung gegossen zu werden. Das war auch einer der Hauptgründe, weswegen eine Eins-zu-eins-Übernahme des Cor­porate Governance Codes in dieses Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz oder auf Basis dieses Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes in eine Verordnung de facto nicht möglich war. Wir haben aber doch jene Bestimmungen, die der Corporate Governance Code vorgesehen hat, die verrechtlicht werden konnten, in dieses Gesellschafts­rechtsänderungsgesetz aufgenommen.

Ich gebe auch zu bedenken – und hier dürfte es offensichtlich eine Wissenslücke geben –, dass sich seit dem Jahr 2004 die am Prime Market notierten Unternehmen deklarieren, also erklären müssen, ob sie sich zum Corporate Governance Code bekennen. Damit haben wir die börsenotierten Gesellschaften, die am Prime Market an der Wiener Börse notieren, ohnehin schon jetzt verpflichtet, den Corporate Governance Code einzuhalten.

Damit komme ich zur nächsten Bestimmung, die auch gefordert wurde, nämlich zur Offenlegung der Vorstandsgehälter: Hier ist es so, dass bei jenen Unternehmen, die jetzt am Prime Market sind, diese Artikel 30 und 31 des Corporate Governance Codes selbstverständlich gelten und damit bereits derzeit – ohne dass wir dies hier im Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz vorsehen mussten – diese Verpflichtung zur Transparenz der Vorstandsgehälter besteht.

Ich darf auch auf Folgendes hinweisen: Es wurde auch mehrfach diese Bilanz­kontrollstelle gefordert. – Ich gehe davon aus, dass der hohe Nationalrat weiß, dass hier eine Umsetzung einer EU-Richtlinie – nämlich jene der Transparenzrichtlinie – derzeit in Ausarbeitung ist, die eine derartige Bilanzkontrollstelle vorsieht. Zuständiges Ministerium ist in diesem Fall nicht das Justizministerium, sondern das Finanz­ministerium, und ich gehe davon aus, dass in absehbarer Zeit die von Ihnen geforderte und auch von uns sicherlich für notwendig erachtete Bilanzkontrollstelle auch ein­gerichtet werden wird.

Ich möchte die Gelegenheit, dass ich hier zu Ihnen spreche, auch dazu nützen, um – wie vor allem in der Wirtschaft auch immer wieder vorgesehen – einen Vergleich mit der Bundesrepublik Deutschland zu ziehen:

In Deutschland ist es so, dass die Haftung des Prüfers allgemein mit 2 Millionen € festgelegt wurde; in Österreich haben wir für börsenotierte Unternehmen 4 Millionen € Haftung. Also hier sind wir auch sehr viel strenger als unsere Kollegen in Deutschland.


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Ein Teil des Gesellschaftsrechtsänderungsgesetzes ist auch, dass die interne Rotation bei den Abschlussprüfern vorgesehen ist. In Österreich haben wir hiefür eine Frist von fünf Jahren vorgesehen, während dies in Deutschland in einem Abstand von sieben Jahren möglich ist; und in Österreich ist es auch notwendig, dass der Prüfungsleiter jeweils rotiert.

Wichtig ist auch, dass im Gegensatz zu Deutschland bei uns in Zukunft im Prüfungs­ausschuss bei börsenotierten Gesellschaften auch ein Finanzexperte vorhanden sein muss, weiters, dass wir im Handelsgesetzbuch sehr strenge Ausschließungsgründe für Prüfer vorgesehen haben, welche in Deutschland nur für börsenotierte Gesellschaften vorgesehen sind, in Österreich jedoch auch für sehr große Kapitalgesellschaften.

In Summe gesehen ist dieses Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz aus meiner Sicht ein sehr gut gelungener Kompromiss. Die Betonung liegt auf „Kompromiss“, auch das stehe ich nicht an hier zu sagen. Die ersten Entwürfe waren noch um einiges strenger, als es jetzt vorgesehen ist, aber wir sind mit diesem Kompromiss sehr zufrieden.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, die sehr viel Zeit und Energie verwendet haben, um dieses Gesetz auch tatsächlich so weit zu bringen, dass wir heute hier im Nationalrat darüber diskutieren können. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich möchte nur ganz kurz noch auf den Fall Krones-Taurer eingehen. Ich habe meine Mitarbeiter beauftragt, kurz zu schauen, was hier aus unserer Sicht los ist. – Derzeit ist es so, dass wir nur jene Informationen haben, die in dieser APA-Meldung über „NEWS“ enthalten waren, und ich kann Ihnen an dieser Stelle auch nur sagen, dass wir ganz genau prüfen werden, warum der Strafantritt noch nicht erfolgt ist. Die Aufforderung zum Strafantritt ist bereits ergangen, und es wird aus Sicht des Justizministeriums derzeit genau geprüft, warum dieser Strafantritt bis dato noch nicht erfolgt ist.

Ich möchte aber an dieser Stelle auch anmerken, dass ich mir bei der Information von Herrn Abgeordnetem Jarolim auch gewünscht hätte, zu hören, dass es in diesem Fall nicht nur Vorwürfe im Bereich der Justiz gibt, sondern sehr wohl auch Vorwürfe im Bereich des Magistrates der Stadt Wien, wie ich einer Aussendung von Herrn Abge­ordnetem Öllinger entnehme. (Abg. Dr. Fekter: Der Magistrat stellt die Gewerbe­scheine aus!) – Ich möchte damit nur sagen: Der Vollständigkeit halber müssen wir da, bitte, schon am Boden bleiben, und wenn, dann diskutieren wir alles!

Aber wie gesagt wir werden das sicherlich prüfen. Wir haben diesbezüglich ja sowieso eine schriftliche Anfrage, wie ich einer APA-Meldung von Herrn Abgeordnetem Öllinger entnehme, also es steht mir da sowieso die Beantwortung einer schriftlichen Anfrage ins Haus, der ich natürlich sehr gerne nachkommen werde, um den hohen Nationalrat dann in diesem Bereich umfassend informieren zu können.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

14.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Vielen Dank, Frau Bundesministerin.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


14.07.45

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Einige Worte zum Kartellrecht: Grundsätzlich ist es natürlich zu begrüßen, dass wir uns, dem europäischen Standard entsprechend, an die Regelungen der Europäischen Union angleichen. Es ist nur schade, dass wir gerade in


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einem Bereich, wo Österreich ja ein federführendes Verfahren gehabt hat – im Zusam­menhang mit dem so genannten Lombardklub gibt es eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass dem VKI als Vertreter der insbesondere durch die zu hohen Zinsen geschädigten Konsumenten natürlich Einsicht in die Verfahren, die zu einer Verurteilung der österreichischen Banken geführt haben, gewährt wird –, keine entsprechende Regelung gefunden haben.

Es wäre zweckdienlich gewesen, für Schadenersatzansprüche im Massenverfahren eine derartige Regelung zu finden, dass man zur Einsicht in Verfahren, die zu Erkennt­nissen in Fällen, in denen es zu kartellrechtlich verbotenen Vereinbarungen gekommen ist, geführt haben, natürlich auch jene zulässt, die dadurch geschädigt worden sind, denn dann wäre es natürlich wesentlich einfacher gewesen, den Konsumenten einen Schadenersatzanspruch zuzusprechen.

Hier ist es leider so geregelt, dass das von der Zustimmung der Parteien abhängig ist. Das ist der falsche Weg! Alle kartellrechtlichen Neuordnungen Europas gehen in eine andere Richtung: dass man selbstverständlich den Schadenersatzansprüchen der Konsumenten Rechnung trägt und dem Vorsitzenden die Möglichkeit einräumt, auch ohne Zustimmung der Parteien Teile oder den gesamten Inhalt eines Verfahrens, wenn er zur Durchsetzung von berechtigten Ansprüchen oder zur Abwehr von Ansprüchen dient, zu veröffentlichen. – Es ist schade, dass das nicht drinnen ist. Ansonsten ist es eine Regelung, die durchaus Sinn macht.

Es ist schade, dass man beim Corporate Governance Kodex eigentlich nicht so weit gekommen ist, wie man kommen wollte. Wenn man dazu sagt, dass sich die börse­notierten Unternehmen auf diesen verständigt hätten, stimmt das nicht. Nur ein Drittel der börsenotierten Unternehmen ... (Abg. Dr. Fekter: ... gesagt, erklären müssen sie sich! Da hat die Ministerin Recht!) Nur ein Drittel der börsenotierten Unternehmen hält sich freiwillig an diesen Kodex.

Diese Regelung greift natürlich viel zu wenig weit, weil man in Deutschland auch schon ganz andere Wege geht. Dort verpflichten sich börsenotierte Unternehmen jährlich dazu, unter den Regelungen des Kodex Auskunft zu geben. Das wäre vernünftig. Das Ver­trauen in die Wirtschaft ist international insbesondere durch Falschbilanzen, durch falsche Bestätigungsvermerke angeschlagen. Dem hätte man hier gegensteuern können – leider ist es nicht so weit gekommen. Und daher ist es ganz einfach ... (Abg. Dr. Fekter: Österreich ist aber nicht angeschlagen! Schauen Sie sich ..., dann wissen Sie, dass wir international gut dastehen!) Es ist ganz einfach zu wenig für ein modernes Wirtschaftsrecht. Das Vertrauen ist nicht herstellbar, wenn man halbe Sachen macht! (Beifall bei der SPÖ.)

14.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Bucher. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


14.11.14

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was das Gesellschafts­rechtsänderungsgesetz betrifft, kann man zusammenfassend mit Sicherheit sagen, dass es eine Weiterentwicklung ist, dass es der Sicherheit der Anleger dient, dass es für mehr Transparenz sorgt – und dass es im Gesamten für den Kapitalmarkt Öster­reich von großem Vorteil ist.

Wir wissen, dass der Kapitalmarkt in Österreich keinen so großen Stellenwert hat wie in anderen kapitalintensiven Ländern rund um Österreich herum. Aber es ist das Bemühen dieser Bundesregierung gewesen, den Kapitalmarkt in Österreich durch


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gezielte Maßnahmen zu fördern. Das ist auch geschehen, und das ist auch im Interesse der österreichischen Wirtschaft.

Im Interesse der Wirtschaft ist es auch, dass wir eine Kapitalmarktstruktur haben, die Sicherheit, die Transparenz gewährleistet, auch im Interesse der Anleger. Daher werden wir mit gutem Gewissen dieser Weiterentwicklung des Gesellschaftsrechts­änderungsgesetzes zustimmen, auch im Wissen darum, dass wir diesbezüglich eine gewisse Vorreiterrolle in Europa einnehmen und damit auch den Kapitalmarkt­anforde­rungen einer modernen Wirtschaftsnation Österreich gerecht werden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Auch sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


14.13.49

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir von der ÖVP stimmen diesem Gesetz sehr gerne zu. Ich verstehe all diese Vorhaltungen, die seitens der Opposition gekommen sind, eigentlich überhaupt nicht. Im Prinzip versteifen Sie sich auf einen einzigen Vorbehalt (Abg. Dr. Puswald: Stimmt ja nicht!), und zwar den Vorwurf, dass dieses Gesetzespaket eine nur mangelnde Transparenz für Managergehälter bein­haltet. Ich verstehe dies wirklich nicht, umso mehr, als ja auch in den Opposi­tions­parteien angeblich rechtskundige Leute sitzen. (Rufe bei der ÖVP: Angeblich!)

Herr Kollege Puswald und auch Kollege Wittmann, Sie müssten schon wissen, dass es entsprechende Offenlegungspflichten, entsprechende so genannte Transparenzbe­stim­mungen, die unserer Meinung nach eigentlich vollkommen ausreichen, bereits in anderen Gesetzen gibt. Daher entsteht der Eindruck, wenn Sie von der Opposition über dieses Gesetzespaket diskutieren, dass die Opposition hier ganz einfach einen Justamentstandpunkt einnimmt! Ein Argument wird aus der Mottenkiste des – ich weiß nicht – Marxismus oder von sonst irgendwo hervorgezogen, und man versucht, eine vernünftige Entwicklung auf dem Kapitalmarkt, welche gerade das Gesellschafts­rechtsänderungsgesetz auch bringen wird, und eine Weiterentwicklung zu verhindern, indem man die Zustimmung verweigert.

Ich möchte Sie nur auf die entsprechenden Gesetze hinweisen. Es gibt, und das müsste eigentlich auch Herr Kogler wissen, das so genannte Bezügebegrenzungs­gesetz. Demgemäß hat der Rechnungshof als Organ des Parlaments diesem immer wieder einen Bericht über die Einkommensentwicklung zu erstatten. (Abg. Marizzi: Aber um das geht es ja gar nicht!) Davon umfasst sind auch die Einkommen in den vom Rechnungshof geprüften Einrichtungen.

Was Sie, Herr Marizzi, wollen und mit Ihrem ganz eigenwilligen, ganz seltsamen Begriff (Die Abgeordneten Marizzi und Dr. Fekter: Grundstimmung!) der Grundstimmung, die so schlecht sei, vorbrachten, dem ist eigentlich in einem entsprechenden Gesetz durchaus abgeholfen. Daher ist es wahrscheinlich Ihre ganz persönliche schlechte Grundstimmung. Das tut mir sehr Leid, aber der Wirtschaft in Österreich geht es, Gott sei Dank, gut. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Ich möchte mich hier im Übrigen ganz ausdrücklich bei Frau Dr. Bydlinski für die sehr konstruktive Zusammenarbeit und für die hervorragende legistische Arbeit bedanken, ebenso natürlich auch bei ihren Kollegen. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.15



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Auch sie wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte, Frau Magistra.

 


14.15.25

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Kernpunkt dieses Gesetzes und Interesse von uns allen ist es gewesen, das Anlegervertrauen in den Aktienmarkt zu stärken.

Nun konzentriert sich die Kritik auf die Nichtoffenlegung der Managergehälter. Ich möchte vielleicht hier auch noch anfügen, Frau Dr. Moser, Herr Kogler – er ist jetzt nicht da –, dass zu bedenken ist, dass immer mehr Aktiengesellschaften auch in Österreich ihre Managergehälter offen legen. (Abg. Mag. Johann Maier: Freiwillig, wenn überhaupt!) – Freiwillig offen legen, völlig richtig!

Was mich an Ihrer Argumentation besonders stört, ist dieses Bild eines unmündigen Kon­sumenten und eines völlig unmündigen Bürgers, das ja nicht nur bei dieser Gesetzesmaterie, sondern immer wieder zum Tragen kommt. Ich bin froh und der festen Überzeugung, dass wir hier als Gesetzgeber nicht jede Kritikfähigkeit jedes Normunterworfenen sozusagen völlig ausschließen. Natürlich ist es auch ein State­ment einer Aktiengesellschaft, die Managergehälter nicht offen zu legen, und natürlich kann ich das als Anleger und Konsument jeweils bewerten. Das, bitte, können wir unseren Anlegern wirklich zumuten, und ich finde das auch völlig richtig.

Darüber hinaus müssen wir uns einmal anschauen, wofür dieses Gesetz gilt. Es ist ja nicht so – und es ist leider nicht so –, dass wir in Österreich eine riesige Überfülle an börsenotierten österreichischen Aktiengesellschaften hätten, sondern es muss viel­mehr in unserem gemeinsamen Interesse sein, dass sich viele der kleinen und mittelgroßen Familienbetriebe, die ganz hervorragende Zahlen und Daten aufweisen, trauen und es wagen, den Schritt in Richtung Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, ob börsenotiert oder nicht, zu gehen.

Ich glaube, dass wir dafür mit diesem Gesetz genau jenes Maß getroffen haben, das es auch einem mittelständischen Unternehmen möglich und interessant macht, eine Aktiengesellschaft zu gründen – bei gleichzeitigem Schutz der Anleger. Dafür möchte ich den Mitarbeitern im Ministerium, der Frau Bundesminister, aber auch dem ehe­maligen Minister Böhmdorfer, vor allem aber auch unserer Marie Theres Fekter ganz herzlich danken. (Beifall bei der ÖVP.)

14.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ledolter. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


14.18.16

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Mit dieser Vorlage wird ein Gesetz verwirklicht, das wichtig ist für die Wirtschaft und das zu subsumieren ist unter „vertrauensbildende Maßnahmen“.

Dieses Regelwerk ist wichtig für die Unternehmungen. Es ist wichtig für den Kapital­markt. Es dient vor allem der Standortsicherung, meine Damen und Herren, und damit auch den Arbeitsplätzen.

Lassen wir uns diesen Zusammenhang nicht immer wieder durch Unkenrufe anders darstellen, als er wirklich ist, meine Damen und Herren! Es geht um die Behauptung der österreichischen Unternehmungen auf dem Markt, und diese wird verbessert durch Transparenz, durch höhere Durchlässigkeit und vor allem durch Sicherheit für Anleger, für Investoren sowie für alle, die die Wirtschaft darstellen.


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Meine Damen und Herren! Arbeitsplätze wird es nur dann geben, wenn diese Rahmen­bedingungen gewährleistet sind. Und dieses Vertrauen, das dazu notwendig ist, die Stärkung dieses Vertrauens in den Wirtschaftsstandort Österreich ist Gegenstand dieser Regelungen. Wir haben hier zum Teil weiter reichende Regeln als in Deutsch­land, ohne die übertriebenen Eingriffsmöglichkeiten zu gewährleisten, die teilweise von der Opposition angedacht wurden.

Meine Damen und Herren! Es wurde schon mehrfach getan, aber es zeugt von sehr viel Augenmaß, das die Frau Bundesministerin für Justiz mit ihrem Team hier ange­wendet hat, um zu dieser Regel zu kommen, die einerseits gewährleistet, dass das ganze Soft Law, die Corporate Governance weiterhin ihren Stellenwert im Bereich der Wirtschaft hat, auf der anderen Seite aber auch die notwendigen konkreten Maßnahmen Platz greifen.

Wenn ich einerseits immer wieder den Versuch seitens der Opposition höre, die Offen­legung der Gehälter in den Vorstandsetagen durchzusetzen, dann fällt mir nur ein, dass es gerade in den Wirtschaftsunternehmungen eine sehr effiziente Leistungs­kontrolle gibt und dass vielleicht gerade die Kollegen der Opposition gut beraten wären, einmal im Bereich der Magistrate und ähnlichen Einrichtungen nachzufragen, wie es dort mit der notwendigen Transparenz der Gehälter ausschaut.

Wenn Kollege Wittmann von halben Sachen redet, dann meine ich, dass es gut ist, dass diese dirigistischen und planwirtschaftlichen Ansätze, die immer wieder gekom­men sind, draußen geblieben sind, dass diese Wünsche nicht beachtet wurden und mit dem heutigen Beschluss ein modernes Gesetz für Investoren, für die Wirtschaft und damit für die Menschen in Österreich in Kraft tritt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Letzter hiezu zu Wort gemeldet ist Herr Abgeord­neter Praßl. Auch er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


14.22.47

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Mit dem heute auf der Tagesordnung stehenden Wettbewerbspaket erfolgt eine weitgehende Angleichung an die in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Wettbewerbsregeln. Dies gilt für das neue Kartellgesetz, aber auch für die Novelle zum Wettbewerbsgesetz.

Ich halte es jedoch im Sinne der österreichischen Wirtschaft für richtig, das Kartellrecht im Einklang mit den Entwicklungen in der Gemeinschaft zu harmonisieren, und bekenne mich zur vorliegenden Neufassung des österreichischen Kartellgesetzes. Es schafft Rechtssicherheit und Klarheit für die betroffenen Unternehmer.

Als positiv vermerke ich ausdrücklich, dass im neuen Kartellgesetz auch jene Bestim­mungen des Gemeinschaftsrechtes übernommen wurden, die eine Gleichbehandlung der österreichischen Landwirtschaft mit den Betrieben in anderen Staaten gewähr­leisten. Ich meine damit die Übernahme der in der EU-Verordnung getroffenen Rege­lungen für den landwirtschaftlichen Bereich und hier insbesondere für die von der Europäischen Union als wichtiges Instrument angesehenen Erzeugergemeinschaften.

Die Landwirtschaft ist an einer glaubwürdigen Wettbewerbspolitik sowohl als Konsu­ment als auch als Produzent interessiert. Was Marktmacht bedeuten kann, weiß die Landwirtschaft in eher leidvollen Erfahrungen in beiden Funktionen zu berichten. Eine wirksame Kontrolle der Marktmacht und Abstellung allfälliger Missbräuche sind hier unabdingbar. Ich möchte weiters auf Probleme in Zusammenhang mit der noch immer nicht vollständigen Umsetzung des Binnenmarktes für Betriebsmittel hinweisen. Und


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auch im Lebensmittelbereich steht die österreichische Landwirtschaft einer Konzen­tration gegenüber.

Es wäre sinnvoll, die konkrete Feststellung von Marktmacht einer gerichtlichen Ent­scheidung zu überlassen. Hier sollen ausländische Erfahrungen studiert und eingeholt werden und daraus eben Schlussfolgerungen für uns in Österreich gezogen werden. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Gesetzliche Redezeit: 20 Minuten. (Anhaltende Unruhe im Saal.) – Ich bitte, den allgemeinen Geräuschpegel etwas abzusenken! – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


14.24.40

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Kürze von 20 Minuten möchte ich Ihnen einige wichtige Punkte im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Kenntnis bringen und Sie einladen, ein paar Punkte noch zu überdenken.

Das Stichwort der ÖVP-Abgeordneten heißt „dirigistisch“, das zweite Stichwort heißt „Planwirtschaft“. Wissen Sie, wo Vorstandsgehälter nie veröffentlicht worden sind? – In dirigistischen Planwirtschaften!

Mir ist in meiner gesamten Auseinandersetzung mit Unternehmen, Unternehmens­politik und Unternehmenskulturen noch kein einziges Vorstandsgehalt aus einer staatlich gelenkten, planwirtschaftlichen Unternehmung bekannt geworden. (Zwischen­ruf des Abg. Mag. Donnerbauer.) Das hat auch damit zu tun, dass es keine Betrof­fenen gibt, die ihre Ansprüche geltend machen können – wie zum Beispiel Aktionäre und Aktionärinnen auf der einen Seite sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der anderen Seite.

Da geht es nicht nur darum, zu wissen, wer immer mehr verdient und wer im selben Unternehmen immer weniger verdient. Auch das ist nämlich nicht uninteressant, dass Vorstände, die es oft nicht schaffen, die Firma über die nächste Runde zu bringen, sehr wohl jedoch eines schaffen, nämlich sich ihre Gehälter um 50, 60, 70, teilweise über 90 Prozent zu erhöhen und dann zu rufen: Aber wissen soll es keiner!

Jeder weiß, wie viele gekündigt werden, jeder weiß, wie viel an Leistungen im Betrieb gestrichen wird, aber wie viel sich die Vorstände persönlich genehmigen haben lassen von anderen Vorständen, die bei ihnen unter dem Titel eines Aufsichtsrates sitzen, das soll vor der Öffentlichkeit geheim gehalten werden. – Na selbstverständlich, in Zeiten wie diesen, wo es sich die einen auf Kosten der anderen richten, haben die einen ein großes Interesse daran, dass nicht zu viel darüber publik wird. Das ist das Erste.

Das Zweite und Wichtigere ist aber – und das sollten Sie als Wirtschaftspartei auch ernst nehmen –: Es ist gerade von Spitzen von Kapitalgesellschaften sehr wichtig zu wissen, von welchen Interessen sie bestimmt sind! Und da ist weniger die absolute Höhe des Vorstandsgehaltes des Einzelnen wichtig als vielmehr die Nebenbestim­mungen.

Ich nenne Ihnen dafür ein Beispiel (Abg. Neudeck: Von welchem Land reden Sie?): Das Pionierunternehmen, das mit den Stock Options im Vorstand begonnen hat, war die Erste Bank mit dem noch amtierenden Generaldirektor. (Abg. Neudeck: Wieso „noch“?) Dort hat man begonnen, Stock Options eigentlich als das zentrale Anreiz­instrument für die Vorstandsmitglieder zu verankern, und auch eine gute steuerliche Behandlung durchgesetzt. Wenn Sie heute in die Berichte der Finanzmarktaufsicht schauen, in denen ja die Vorstände von Kapitalunternehmen ihre Aktienverkäufe und -


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käufe detailliert angeben müssen – da gibt es ja Transparenz, nur zu wenig Wissen darüber, dass es diese Quelle überhaupt gibt! –, dann finden Sie bei den Erste-Vorstandsmitgliedern immer Optionsausübungen, und zwar zu ganz bestimmten Zeitpunkten.

Wenn nun die Aktionäre und Aktionärinnen und die potentiellen Aktionäre und Aktio­närinnen einmal wissen, dass die Option das eigentlich Treibende für die geschäfts­führende Tätigkeit des Vorstandes ist, dann wissen sie, dass das Unternehmen anders geführt wird als ein klassisches Unternehmen. Das klassische Unternehmen orientiert sich an den klassischen inneren Werten des Unternehmens. Das klassische Unter­nehmen orientiert sich auch an etlichen anderen Parametern, aber nie war es primäres Ziel des klassischen Unternehmens, den Aktienkurs um jeden Preis hochzutreiben. Wenn ich aber als Vorstandsmitglied vor allem in meinen Interessen durch Optionen bestimmt bin, dann interessiert mich weniger die langfristige Entwicklung des Unter­nehmens, sondern primär die Option! Und die Erste-Vorstandsmitglieder haben ihre Vermögenswerte, ihre Bezüge hauptsächlich in Form von Optionen, die sie auch regelmäßig, fast jedes Jahr, als Rechte in die eine oder andere Richtung wahr­nehmen. – Das ist der erste Punkt in diesem Zusammenhang.

Zweitens, siehe Mannesmann. Es war nicht ohne Grund, dass die deutsche Politik, zumindest die deutsche Mehrheitspolitik, gesagt hat: Wir möchten auch wissen, welche Interessen es bei Vorstandsmitgliedern im Fall einer Übernahme gibt. Wie sind die Merger, wie sind die feindlichen Übernahmeregeln in den einzelnen Vorstands­verträgen? Wie profitiert ein Vorstand über seine Absicherungsklausel, falls er im Fall einer feindlichen Übernahme gehen muss? Und kann sein Vorteil daraus mög­licherweise nicht so groß sein, dass er an der feindlichen Übernahme Interesse hat?

Deswegen hat die deutsche Politik gesagt: So, auch das muss veröffentlicht werden. Wir wollen wissen, was jeder Einzelne verdient, wie das Interesse über Optionen ist und was die Merger und sonstigen Übernahmeregelungen sind. Und das gehört in ein modernes Recht hinein, da gehört eine gesetzliche Verpflichtung her, weil wir gesehen haben, dass der Good Governance Kodex schlicht und einfach nichts nützt.

Da kann der Wertpapier-Beauftragte der Republik Österreich machen, was er will, nicht mehr als 7 Prozent der betroffenen Unternehmen haben unvollständige, zum Teil voll­ständige Meldungen abgegeben. Der Rest, 93 Prozent, hat das ignoriert, hat gesagt: Was interessiert uns der Herr Schenz?! Was interessiert uns der Kodex?! Das interessiert uns alles nicht, wir deklarieren nicht!

Eine seriöse und verantwortungsbewusste Justizministerin tritt in dieser Situation auf und sagt, okay, dann werden wir euch zwingen, dann kommt es ins Gesetz. Zum Glück gibt es diese seriöse und verantwortungsbewusste Justizministerin in der Bundes­republik Deutschland. Und dort wird das auch gemacht, dort kommt das ins Gesetz, mit der einen von uns auch kritisierten Hauptversammlungsrücknahmeregelung, aber sonst genau Punkt für Punkt, so wie es sich im Sinne von mehr Transparenz gehört.

Das ist einer der wenigen Punkte, wo ich gezwungen bin zu sagen, da ist eindeutig, trotz aller Einwände, Rot-Grün in Deutschland besser als Schwarz-Blau in Österreich. Das ist einmal so, und das haben Sie auch hier wieder bestätigt.

So, und wie funktioniert das jetzt mit den Stock Options? Welche Interessen hat ein Manager, der sich an Stock Options orientiert? Wie treibt man den Aktienkurs in die Höhe? Indem man spart. Und was ist das beste Signal, mit dem man Aktienkurse kurzfristig in die Höhe treiben kann? Indem man sagt, wir rationalisieren, wir setzen Leute auf die Straße. Sehen Sie sich wieder die jüngsten Meldungen über die Performance einiger Indices in Europa an! Der Großteil, bis auf eine Ausnahme, in den


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letzten Tagen waren Ankündigungen von so genannten Rationalisierungen, das heißt von Kündigungen und Entlassungen.

Wenn Sie das zulassen, dass das Interesse von Managern und Managerinnen in Österreich von Optionen dieser Art bestimmt wird, dann ist das wirtschaftliche Leitmotiv nicht: starke Betriebe mit sicheren und zufriedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern: möglichst viel raus von ihnen, damit ich möglichst viel auf Grund dieser Optionen verdiene. Und das sind falsche Impulse, das sind Impulse für die Privat­interessen der Vorstände und gegen die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer.

Sie werden es zwar im Detail nicht nachrechnen können, aber Sie wissen genauso gut wie wir, dass allein auf Grund der Optionsregelungen und der Optionsverschleierungen in Österreich Menschen gekündigt und wegrationalisiert werden (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ), weil dem Vorstand gar nichts anderes übrig bleibt.

Im Interesse von Transparenz, im Interesse eines solidarischen Wohlfahrtsstaates, auch wissend, wenn es weiter so auf die Spitze getrieben wird, dann wird die französische Antwort auf die Missachtung der sozialen Frage nicht nur eine fran­zösische Antwort bleiben, hätten Sie sich das Ganze besser überlegen sollen. Aber Sie sitzen da im Interesse einer Minderheit von Vorständen und Aktionären und nicht der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung, die nicht Aktienbesitzer und -besitzerinnen, sondern schlicht und einfach Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind. (Abg. Dr. Mitterlehner: Und wen repräsentieren Sie?)

Und als Letztes eine ganz kurze Bemerkung zur Zahl. Wenn nicht bald etwas unter­nommen wird, die in Österreich im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland viel verfestigtere Kaste der Managerinnen und Manager aufzubrechen, wo die Gruppe der Menschen, die in der Früh als Aufsichtsrat und am Nachmittag als Vorstand tätig sind, in ständig wechselnden Funktionen sich ständig gegenseitig das Vertrauen aus­sprechen und sich die Gehälter erhöhen, dann ist diese Kaste eine Garantie für interne Manager-Wirtschaft auf Kosten der Unternehmen, auf Kosten der Volkswirtschaft und auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Deswegen ist es auch ein weiteres Anliegen einer vernünftigen transparenten Wirt­schaftspolitik, diese Kaste aufzubrechen und öffentlich überprüfbar und zugänglich zu machen. Das ist nicht Planwirtschaft, sondern das ist vernünftige ausgleichende Wirt­schaftspolitik und Transparenz. (Beifall bei den Grünen.)

Das wird möglicherweise mit Ihnen nicht gehen, und das ist ein weiterer Grund, warum neben bestimmten Managerinnen und Managern und gesetzlichen Positionen auch diejenigen, die solche Gesetze beschließen, ausgetauscht werden sollten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Darauf hat sich Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer zu einer dreiminütigen Rede gemeldet. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


14.35.43

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte verantwortungsvolle Justizministerin der Republik Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Wir haben das schon längst, was die Deutschen uns ständig nachmachen.

Ich muss darauf antworten, wenn Herr Abgeordneter Pilz unter dem Applaus, auch der sozialdemokratischen Fraktion, sagt, hier sitzt eine Regierungsmannschaft im Inter­esse der Minderheit von Vorständen und Managern. Was haben Sie gesagt, Herr


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Abgeordneter Dr. Pilz? Sie haben gesagt, es müssten die Gehälter offen gelegt werden. Das ist offensichtlich Ihr Anliegen, und damit hätte es sich dann.

Was ist denn Sache in Wirklichkeit? – Die Manager- und Vorstandsgehälter werden festgelegt von den Aufsichtsräten. Deren Rechte haben wir heute gestärkt! Das scheint Ihnen aber entgangen zu sein. Und wer sitzt in den Aufsichtsräten? Da sitzen in jenen Firmen, die Sie ansprechen, doch auch Ihre Parteigänger, von der sozialdemo­kra­tischen Fraktion im Besonderen. Sagen Sie doch nicht, Sie haben nicht Ihre Leute dort! Sagen Sie doch nicht, Sie haben nicht Ihre Betriebsräte dort! Warum fragen denn die Betriebsräte nicht, was die Manager verdienen? Warum kümmern sie sich nicht um die Verträge, deren Offenlegung Sie wollen? – Das ist nur ein Vorwand, weil Sie dieser vernünftigen gesetzlichen Regelung nicht zustimmen wollen! Die Arbeiterkammer kennt alle Bezüge! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Und wenn die Optionen Sie stören, Herr Dr. Pilz, dann stärken Sie bitte die Rechte der Aufsichtsräte! Das tun wir heute. Denn die Aufsichtsräte sind dazu da, die Manager und die Vorstände zu kontrollieren. So geht Kontrolle in Österreich, nicht durch Veröffentlichungen in Zeitungen und Meldungen an die Staatsanwaltschaft! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Ruf bei der SPÖ: Falsch!)

14.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Gesellschafts­rechts­änderungsgesetz 2005 samt Titel und Eingang in 985 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Der Entwurf ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch dieses Zeichen erfolgt mehrheitlich. Der Entwurf ist daher in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Kartellgesetz 2005 in 990 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung des Abgeordneten Dr. Jarolim vor.

Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetz­entwurfes abstimmen lassen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf Verfassungsbestimmungen enthält, stelle ich zu­nächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 1 der Geschäftsordnung die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeord­neten fest.

Wir gelangen zur getrennten Abstimmung über § 39 Abs. 2 in der Fassung des Aus­schussberichtes, und ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.


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Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes, und ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit der dafür erforderlichen Zweidrittelmehrheit, die ich hiermit ausdrücklich feststelle, angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass das mit der verfassungsmäßig notwendigen Zweidrittelmehrheit angenommen ist.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Wett­bewerbsgesetznovelle 2005 samt Titel und Eingang in 991 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Auch hier bitte ich bei Zustimmung um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mehrheitlich erteilt. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

14.40.296. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (928 d. B.): Bundes­gesetz, mit dem die Exekutionsordnung, das Vollzugsgebührengesetz, das Rechtspflegergesetz, die Notariatsordnung, das Rechtsanwaltstarifgesetz und das Strafgesetzbuch geändert werden (Exekutionsordnungs-Novelle 2005 – EO-Nov. 2005) (986 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 602/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Dieter Böhmdorfer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz geändert wird (989 d. B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 6 und 7 der Tages­ordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Herr Kollege, Sie eröffnen die Debatte.

 


14.41.25

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vorweg vielleicht eine grund­sätzliche Bemerkung: Es freut mich, dass die Justizkapitel einmal zu einer angemes­senen Zeit diskutiert werden und nicht erst nach 20 Uhr, Frau Ausschuss-Vorsitzende Fekter. Und ich möchte auch die Gelegenheit wahrnehmen, mich namens meiner Frak­tion bei den Mitarbeitern des Justizressorts für die exzellente Arbeit, für die Vor­bereitung dieser Vorlagen recht herzlich zu bedanken. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)


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Wir können zwar nicht allen Bereichen zustimmen, aber wir schätzen die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen, und wir wissen, wie schwierig es ist, gerade in diesem Bereich Kompromisse zu finden, nachdem ja, wie der Herr Präsident gestern bei einer Ehrung gemeint hat, der Justizausschuss etwas Besonderes ist, wo die Gesetze noch im Ausschuss gestaltet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber nun zum Thema Exekutionsordnungs-Novelle 2005. Wenn wir über die Exekutionsordnungs-Novelle diskutieren, dann müs­sen wir auch über Schulden und Verbindlichkeiten von Menschen diskutieren. Wir müs­sen darüber diskutieren, warum 120 000 Menschen in Österreich hoffnungslos verschuldet sind. Und dafür gibt es verschiedene Gründe: Arbeitslosigkeit, Scheidung, Krankheit – Dinge also, die von uns direkt nur teilweise beeinflussbar sind.

Nur eines möchte ich den Regierungsparteien schon sagen: Die Anzahl der verschul­deten Haushalte steigt proportional mit der Arbeitslosenrate. Wenn wir die Arbeits­losigkeit in Österreich, in Europa nicht bekämpfen, wird auch die Verschuldensrate steigen, werden wir noch mehr Privatkonkurse haben, und die Menschen wissen nicht mehr ein und aus. Daher ist die Frage eines Exekutionsrechtes mit besonderer Sen­sibilität zu diskutieren.

Wenn ich mir diese Vorlage ansehe, dann muss ich sagen, es ist in vielen Bereichen ein gelungener Kompromiss geworden. Einerseits wurden Regelungen zum Schutz der Verpflichteten geschaffen, andererseits – und ich verstehe das von der Justizseite her – wurde versucht, eine Entlastung in der Justizverwaltung zu erzielen sowie die Verfahren zu beschleunigen. Dem kann im Grunde genommen zugestimmt werden.

Nicht zugestimmt werden kann jedoch der Ausweitung im vereinfachten Bewilligungs­verfahren auf 30 000 €. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! 30 Exekutionen bei einem Streitwert von 30 000 € bedeuten, dass damit 85 Prozent aller Exekutionen in Österreich erfasst werden. Ich glaube, hier muss man sehr vorsichtig sein, und hier muss man auch Fragen diskutieren: Wieso kommen die Menschen zu so enorm hohen Schulden? Wieso kommt es zu dieser steigenden Anzahl von Exekutionen?

Nur damit Sie sich darunter etwas vorstellen können: Im Vorjahr gab es 784 404 For­derungsexekutionen. Es gab 966 521 Fahrnisexekutionen. Gegenüber dem Jahre 2001 gab es eine Steigerung um in etwa 20 Prozent.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass es unsere Aufgabe ist, der Frage nachzugehen, wieso es dazu kommt, dass sich Menschen im­mer mehr verschulden, wieso es dazu kommt, dass die Banken in Österreich Kredite immer noch leichtfertig und ohne entsprechende Besicherung vergeben, und wenn sie sich absichern, dann nur in Form der Lohnpfändung.

Ein Aspekt ist aus meiner Sicht besonders wichtig: 22 Prozent der Menschen, die Schuldnerberatungen aufsuchen, sind unter 25 Jahre alt. Frau Bundesministerin, ich weiß, Sie sind dafür nicht allein zuständig, doch ich meine, es sollte uns hier im Hohen Haus gelingen, ein Maßnahmenkonzept gegen die Verschuldung der Haushalte, insbe­sondere gegen die Verschuldung von Minderjährigen, zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Donner­bauer. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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14.46.21

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf vielleicht gleich eingehend auf die Wortmeldung meines Vorredners sagen: Natürlich sind wir uns einig, dass eine hohe Verschuldung keine besonders gute Entwicklung sein kann und dass man über Maßnahmen reden muss und Maßnahmen setzen muss, mit denen man eine Verschuldung, wie hoch sie auch immer ist, hintanhalten kann. Das ist auch in der Vergangenheit passiert, zum Beispiel mit der Einführung des Privatkonkurses. Über weitere Maßnahmen gerade in dem Bereich, wo eine Ver­schuldung vielleicht unverschuldet oder nur zu einem geringen Teil selbst verschuldet entstanden ist, kann man sicherlich in der Zukunft diskutieren, nur hat das mit der Frage, die heute hier ansteht, mit der Exekutionsordnungs-Novelle, nichts zu tun.

Herr Kollege Maier, Sie haben das in Zusammenhang gebracht mit der Anhebung der Wertgrenzen für das vereinfachte Bewilligungsverfahren. Und da möchte ich auch hier so wie im Ausschuss einen Irrtum aufklären, der vorherrscht. Man tut so, als ob das vereinfachte Bewilligungsverfahren in Zukunft ein Nachteil für die Schuldner wäre. Worum es nämlich in Wahrheit geht, ist, die Möglichkeiten der EDV und den hohen Entwicklungsgrad unserer Justiz in diesem Bereich, der international anerkannt wird, auf einen noch größeren Bereich ausdehnen zu können. Das heißt, dass Exekutions­anträge elektronisch eingereicht werden können, aber den Exekutionstitel kann man natürlich nicht elektronisch vorlegen.

Die vereinfachte Bewilligung hat also keinen Nachteil für den Schuldner, weil er im normalen Verfahren, wie es jetzt für Exekutionen über 10 000 €, auch in dem Bereich bis 30 000 €, Platz greift, von der Exekution erst mit der Bewilligung erfährt, während er im vereinfachten Bewilligungsverfahren im Gegensatz dazu im Vorhinein eine Ver­ständigung erhält und daher die Möglichkeit hat, das auch zu beeinspruchen. Das heißt, in Wahrheit ist das vereinfachte Bewilligungsverfahren auch für den Verpflich­teten ein Vorteil, weil er eben vorher erfährt, hier läuft eine Exekution, und wenn er der Meinung ist, dass diese zu Unrecht erfolgt, kann er auch etwas dagegen tun, während er jetzt erst mit der Zustellung der Bewilligung Kenntnis davon erlangt.

Daher kann ich Ihren Bedenken hier nicht folgen. Ich glaube, dass hier ein Miss­verständnis vorherrscht und dass der Schritt, dieses System, das sich ja in anderen Bereichen bewährt hat, auszudehnen, ein richtiger Schritt ist und zu einer Verein­fachung und letztlich auch zu einer Kostenreduktion für die Schuldner führt.

In dieser Vorlage sind aber auch noch viele andere Dinge enthalten, die ich ganz kurz erwähnen möchte. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass man auch auf europäischer Ebene die Exekutionsbewilligungen kompatibel macht und vereinfacht. Das ist auch eine Vorgabe der Europäischen Union. Es ist, glaube ich, in einem grenzüber­schreitenden Wirtschaftsraum auch wichtig, das Vertrauen in andere Justizsysteme zu haben und auch zu dokumentieren.

Dann gibt es noch einige andere kleinere Bereiche, die auch einen Vorteil für die Verpflichteten bringen, wie zum Beispiel: Wenn jemand durch eine falsche Adresse zu Unrecht in Exekution gezogen wird, bekommt er in Zukunft einen pauschalen Kosten­ersatz.

Das heißt, das ist eine große Fülle von einzelnen Maßnahmen, die aber in ihrer Ge­samtheit richtig sind und zu denen ich der Bundesministerin für Justiz und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gratulieren darf. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.50



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 7 Minuten Redezeit. Um 15 Uhr unterbreche ich, Frau Abgeordnete! – Bitte.

 


14.50.22

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ganz klar ist, dass die EU-Vorlage über die Exekutionsordnung durchaus positiv zu sehen ist. Es ist eine Verein­heitlichung und eine Vereinfachung. Elektronische Systeme wirken in diesem Fall im Sinne einer Verbesserung des Rechtszustandes.

Unsere Bedenken sind ähnlich wie jene des Kollegen Maier. Auch wir sehen die Anhebung der Wertgrenze auf 30 000 € als kritikwürdig an. Deshalb liegt auch ein Antrag auf getrennte Abstimmung vor. Sie können sicher sein, wir Grüne werden den Gesetzesvorschlag in dritter Lesung durchaus mittragen. Die Anhebung der Wert­grenze auf 30 000 € werden wir noch hinterfragen und unsere kritische Position durch unser Abstimmungsverhalten dokumentieren.

Herr Kollege Donnerbauer, Ihre Ausführungen sind durchaus überdenkenswert. Ich gebe Ihnen schon Recht, vielleicht besteht da ein kleines Missverständnis. Allerdings glaube ich nicht, dass sich die Juristen der Arbeiterkammer geirrt haben. Insofern halte ich unsere Bedenken nach wie vor aufrecht, dass gerade bei kleineren Schuldnern sehr wohl Augenmaß gewahrt werden muss und diese Regelung nicht günstig ist.

Drei, vier Sätze möchte ich zu dem Antrag, der von Seiten der Kollegin Fekter und von Seiten des Kollegen Böhmdorfer zur Organisation der Bezirksgerichte Graz und zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes vorgelegt wurde, sagen. Diesbezüglich ist unsere Ablehnung ganz eindeutig. Sie kennen die Diskussion um den Standort von Jugendgerichtshöfen. Wir sind der Meinung, dass gerade für die Jugendgerichtshöfe Extra-Agenden, Extra-Personal und auch eine Extra-Organisation zuständig sein sollen. Das war ein langer Diskurs, der besonders auch in Wien zu einer sehr heftigen Auseinandersetzung geführt hat.

Ihr Antrag, dass man auf Grund der baulichen Maßnahmen, die in Graz nur verzögert greifen, eine Regelung trifft, die unserer ursprünglichen Intention zuwiderläuft, ist des­halb nicht zu unterstützen. Ich muss sagen, wir brauchen in der Jugendgerichtsbarkeit generell einen anderen Weg, als Sie einschlagen, und da ist Ihr Antrag nicht förderlich.

Klar ist, dass wir auf der einen Seite zustimmen, auf der anderen Seite ablehnen. In diesem Sinne möchte ich die nächste RednerIn folgen lassen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)

14.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


14.53.01

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Ich möchte gleich auf Ihre Ausführungen zurückkommen, Frau Dr. Moser.

Es ist für die Jugendgerichtsbarkeit eine eigene Organisation in ganz Österreich vorhanden. Es ist, Frau Dr. Moser, auch ein eigenes – wie Sie sagen – Personal vor­handen, vor allem auch Richter. Es sind auch eigene Gerichtsgebäude, nämlich Zellen für die Jugendlichen vorhanden und es gibt auch einen eigenen Jugendstrafvollzug.


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Das Einzige, was abhanden gekommen ist, ist ein Präsident, und nur um den geht es offensichtlich. Die Jugendgerichtsbarkeit wurde in allen Bereichen verbessert, in Wien und auch in Graz. Und es kann wirklich kein Argument sein, das Folgende abzulehnen.

Es soll eine neue Gerichtsorganisation in Graz geben. Das ist Faktum. Das Gebäude ist noch nicht fertig. Deswegen muss das Gesetz etwas später in Kraft treten. Das abzulehnen ist wirklich nicht ganz verständlich. (Abg. Dr. Kräuter: Ja, warum denn? Sie haben nie gesagt, warum! Sie können es nicht begründen!) – Auch wenn es Ihnen vielleicht entgangen ist und Ihr Freund bei diesem Gebäude nicht zum Zug kommt: Ich kann es natürlich begründen. In den letzten Jahrzehnten hat sich sehr viel getan. Die österreichische Justiz ist eine der modernsten, wenn nicht überhaupt die modernste der Welt. Sie hat den höchstgradigen Informationstechnologieeinsatz.

Man muss natürlich eine Gerichtsorganisation, die aus dem Jahre – ich verspreche mich nicht – 1848 stammt, mit neuen Strukturen versehen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) – Wenn Sie durch Jahre hindurch einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass es nur diesem Zweck dient, kann ich Ihnen nicht helfen.

Zur Exekutionsordnung. Die Exekutionsordnung wird auch ständig novelliert. Tatsache ist, dass ein schnelles und effizientes Exekutionsverfahren sowohl dem Schuldner als auch dem Gläubiger dient, wie überhaupt Gerichtsverfahren, die schnell sind, einen unglaublichen Segen und auch eine ökonomische Effizienz aufweisen.

Ich darf in Erinnerung rufen, dass es ein Projekt im Justizministerium gibt, das lautet, man könnte das Vollstreckungswesen, das Exekutionswesen des Finanzministeriums und des Justizministeriums zusammenlegen. Es ist wirklich nicht verständlich, warum man das nicht tut. Das Exekutionswesen des Justizministeriums ist moderner und effizienter. Zum Teil wird seitens der Finanz behauptet, die Finanz sei effizienter und moderner, was nicht stimmt. Die Finanz hat es nur leichter beim Exekutieren, weil sie ihr bekannte Schuldner exekutiert, die sie vorher jahrelang geprüft hat, deren Bilanz und deren Vermögen sie also kennt.

Der gerichtliche Exekutor geht regelmäßig zu ihm fremden Personen, manchmal auch zum ersten Mal. Trotzdem wäre es richtig, das EDV-gesteuerte System der Justiz auch in der Finanz anzuwenden und die Vollstreckungssysteme zusammenzulegen. Das wäre ein unspektakulärer Modernisierungsschritt, der sehr viel „Totlauf“ verhindern könnte. – Vielleicht kann man sich in der Regierung doch dazu entschließen, diesen Gedanken aufzugreifen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fleckl. 5 Minuten Redezeit. Frau Abgeordnete, um Punkt 15 Uhr unterbreche ich Sie, falls es sich nicht ausgeht. – Bitte.

 


14.56.27

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Böhmdorfer, eine Um- und Neustrukturierung um satte 15 Millionen € und viele Fragen zu diesem Bau, die offen geblieben sind und die noch keiner zu beantworten im Stande war.

Auch ich möchte heute in meinem Debattenbeitrag auf die Neuorganisation der Bezirksgerichte Graz und im Speziellen auf das Bezirksgericht Graz-West eingehen. Das ist ein Bau, der viel zu teuer und letztlich nicht die beste Lösung ist. Um billigere Alternativen hat man sich in diesem Fall ganz sicher nicht bemüht, obwohl es sie ohne


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Zweifel gegeben hätte. Dass er nun nicht einmal zeitgerecht fertig wird und von Ihrer Seite, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, mit Terminen jongliert wird, kann sich wohl niemand mehr wirklich erklären. Das ist ein Pallawatsch sondergleichen, dem wir auch diesmal ganz bestimmt nicht zustimmen werden. (Abg. Neudeck: Da werden sie aber traurig sein!)

Die Errichtung des neuen Bezirksgerichtes Graz-West ist geradezu typisch für Ihre Politik, Herr Kollege Neudeck, die landes- wie auch bundesweit im Moment gebräuch­lich ist.

Normalerweise ist es immer ganz anders. Ministerübergreifend wird der Rotstift ange­setzt und öffentliche Infrastruktur wird kurzerhand eingespart, aber nicht bevor die betroffenen Menschen mit Schließungsplänen, Geheimplänen oder geheimen Listen in Existenzängste versetzt wurden und sich Verunsicherung in der Bevölkerung breit­gemacht hat. (Abg. Neudeck: Da ist der Kräuter Spezialist! Das ist eine Kräuter-Spezialität!)

Bei den steirischen Bezirksgerichten sieht das dann so aus: Im Jahr 2000 verkünden Sie, dass zehn Bezirksgerichte in der Steiermark geschlossen werden sollen, und im Jahr 2001 droht man plötzlich, dass man 29 von 38 Bezirksgerichten schließen wird. (Abg. Scheibner: Wir drohen nicht!) Es kommt zur Bürgerprotesten, Unterschriften­aktionen und ähnlichen Aktionen. Am Ende klopft sich der Herr Landesrat Schützen­höfer von der ÖVP ganz zufrieden auf die Schulter und verkündet, dass er nach der offiziellen Liste nur noch zwölf Bezirksgerichte zu schließen hat. (Abg. Dipl.-Ing. Mis­sethon: Wunderbar!) Den Bürgerinnen und Bürgern wird suggeriert, dass der Kompromiss eigentlich in ihrem Interesse war und dass man sich wirklich sehr gut für sie eingesetzt hat.

Bei Graz-West läuft es aber ganz anders ab: Wo andere um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen und auf deren Kosten gespart wird, baut sich ein ehemaliger Justizminister um satte 15 Millionen € an Steuergeldern kurzerhand ein Denkmal in der Steiermark. – Wo ist da der Sinn fürs Sparen, wie Sie in den letzten Jahren gepredigt haben? Warum haben Sie denn nicht billigere Varianten angedacht? Diese hätten zumindest noch jenen Menschen geholfen, die nicht mehr mobil sind, für die es zu einer nahezu unüberwindlichen Barriere geworden ist, einen Amtsweg ohne eigenes Auto zu erledigen.

Mit Graz-West wird ein exklusives und übertriebenes Gebäude errichtet, das einzig und allein dem Prestige dient. Dafür ist wohl kein Cent zu schade. Um das Geld der Steuer­zahler ist Ihnen für sich selbst nichts zu teuer, wie wir wissen: ob das nun Berater­tätigkeiten, Dienstautos, überzogene Kosten für Kampfjets sind oder, wie im Fall Graz-West, ein persönliches Denkmal ist. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Und Frau Landeshauptmann Klasnic schweigt beharrlich. Aber, wie wir wissen: Wer schweigt, stimmt zu. Verstrickt in einen EStAG-Skandal, 380 kV-Leitung, oder in die Unterstützung eines gräflichen Tiergartens auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glockenzeichen) verliert man als ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist 15 Uhr. Ich unterbreche nunmehr die Verhand­lungen zu diesem Tagesordnungspunkt, oder Sie bringen den Schlusssatz. – Bitte.

 


Abgeordnete Anita Fleckl (fortsetzend): Ich danke Ihnen. – Das ist keine Heimat­politik für die Menschen in der Steiermark, und die Steirerinnen und Steirer werden im Herbst ihr Votum abgeben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Den Schlusssatz hätten Sie nicht sagen müssen!)

15.00


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15.00.41 Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesminis­terin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums und Neubesetzung des Kuratoriums des KHM (635/A) (E)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 635/A (E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Der Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums, Dr. Wilfried Seipel, ist seit längerem mit schweren Vorwürfen in Bezug auf die Geschäftsführung des Museums konfrontiert. Im Mittelpunkt der Kritik standen die Geschäftsgebarung bezüglich Gehalt, Dienstwagen, Repräsentations- und Reisekosten sowie der Ankauf der defizitären Fir­ma „Museums Collection“, die die Museums-Shops und das Lipizzanermuseum betrieb, Ungereimtheiten beim Ankauf einer Sphinx-Skulptur (in der Höhe von 3,6 Mio. US$) und beim Ankauf von altägyptischen Grabbeigaben sowie schließlich schwer­wiegende Sicherheitsmängel und Versäumnisse des Managements im Zusammen­hang mit dem Raub der Saliera.

Auf Grund der über die Medien bekannt gewordenen, gravierenden Vorwürfe des Rechnungshof-Rohberichts betreffend die Geschäftsführung des KHM und der ebenfalls durch die Medien bekannt gewordenen Details eines polizeilichen Ermitt­lungs­berichtes, der schwerwiegende Sicherheitsmängel im KHM bestätigte (Profil, Nr. 21/2004), brachten die Abgeordneten Mag. Christine Muttonen und Dr. Günther Kräuter im Oktober 2004 einen Entschließungsantrag (456/A(E), XXII. GP.) ein, in dem die vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums gefordert wurde.

In der Sitzung des Kulturausschusses am 13. Mai 2005 wurde dieser Antrag nach längerer, heftiger Debatte mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt. Man wolle die Ergebnisse des Rechnungshofberichtes abwarten, hieß es damals. Offenkundig schien eine Ablehnung des Antrags auf Grund der damals schon bekannt gewesenen Fakten nicht vertretbar.

Mittlerweile liegt der Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes zum Kunsthis­torischen Museum in seiner Endfassung vor. Er stellt der Geschäftsführung des Kunsthistorischen Museums aber auch der Tätigkeit des Kuratoriums und des BMBWK ein vernichtendes Zeugnis aus. Die Kritik des Rechnungshofes lautet zusam­mengefasst wie folgt:

„Das Kunsthistorische Museum hielt die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchhaltung und Bilanzierung mehrfach nicht ein. Unterlagen wurden nur zögerlich und unvoll­ständig vorgelegt bzw. fehlten. Ein Überblick über die Geschäftsvorfälle und die wirt­schaftliche Lage der überprüften Stelle war innerhalb angemessener Zeit vielfach nicht möglich. Die Wirtschaftsaufsicht über das Kunsthistorische Museum durch das BMBWK sowie das Kuratorium des Kunsthistorischen Museums war verbesserungs­bedürftig.

Allgemeines

Das Kunsthistorische Museum (KHM) wurde mit 1. Jänner 1999 von einer nach­geordneten Dienststelle des damaligen BMUK in eine wissenschaftliche Anstalt


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öffentlichen Rechts des Bundes ausgegliedert. Zum 1. Jänner 2001 wurden das Museum für Völkerkunde und das Österreichische Theatermuseum in das KHM einge­gliedert. Ab dem Jahr 2000 war das KHM ferner alleiniger Gesellschafter der „Mu­seums Collection“ Design– und Vertriebsgesellschaft m.b.H. („Museums Collection“).

Eingliederung

Die Eingliederung der beiden Museen erbrachte trotz des Erreichens von Synergie­effekten und Einsparungen in einzelnen Bereichen insgesamt keine wesentlichen wirtschaftlichen Vorteile für das KHM.

Eine das Museum für Völkerkunde und das Österreichische Theatermuseum bein­haltende Ergänzung zum Überlassungsvertrag war zur Zeit der Überprüfung durch den RH nicht abgeschlossen.

Die Anlagen zum Übergabe/Übernahmevertrag – dieser regelte unter anderem die leihweise Überlassung des Sammlungsgutes an das KHM – wurden nicht vorgelegt.

Ziele

Die Ziele der Ausgliederung des KHM waren im Wesentlichen unbestimmt formuliert, so dass für den RH und das BMBWK eine Aussage über die Erfüllung der Ziele nur bedingt möglich war.

Auch die in den Strategieberichten des KHM dargestellten Ziele waren größtenteils sehr allgemein formuliert, so dass eine konkrete Aussage über die Zielerreichung vielfach nicht möglich war.

Hinsichtlich des Zieles einer ausgeglichenen Gebarung wurden von 1999 bis 2002 geringfügige Überschüsse erzielt; 2003 wurde ein Jahresfehlbetrag von 2,68 Mill. EUR ausgewiesen.

Das Ziel von 1,5 Mill. Besuchern jährlich wurde 1999 bis 2002 nicht erreicht.

Wirtschaftliche Aufsicht

Das BMBWK und eine von ihm mit einer Studie beauftragte Wirtschafts­prüfungs­gesellschaft erhielten vom KHM bezüglich der Erhöhung der Personalaufwendungen keine bzw. nur unzureichende Begründungen.

Der Anteil der Personalkosten an der Basisabgeltung wurde dem Kuratorium in unterschiedlicher Höhe und ohne Berechnungsgrundlagen bekannt gegeben.

Ein Beschluss des Kuratoriums des KHM zum Erwerb des Geschäftsanteiles an der „Museums Collection“ lag nicht vor.

Organisation

Verbesserungen waren insbesondere im kaufmännischen Bereich notwendig.

Bei der Verwaltung waren Leitungsfunktionen über längere Zeit hinweg unbesetzt; in einer zentralen Funktion war eine hohe Fluktuation gegeben. Die Funktion Innen­revision wurde bereits seit mehreren Jahren nicht wahrgenommen.

Der Abteilung Informationstechnologie und Kommunikation waren weder die Zugriffs­berechtigungen noch die Vernetzung der im Rechnungswesen eingesetzten IT–Programme bekannt.


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Im Bereich der Verwaltung war der Grundsatz der Funktionstrennung nicht lückenlos verwirklicht.

Eine Mediation zur Abstimmung der divergierenden Interessen des Geschäftsführers und der Mitarbeiter des KHM wurde nach wenigen Besprechungen ergebnislos abgebrochen.

Die in der Museumsordnung vorgesehenen Konferenzen, Sitzungen und Versamm­lungen wurden nicht oder nicht in vollem Umfang durchgeführt.

Der Betrieb des Lipizzanermuseums war im Gesellschaftsvertrag der „Museums Collection“ nicht angeführt.

Geschäftsführer

Der Geschäftsführer wurde erst rd. drei Monate nach Errichtung des KHM als wissen­schaftliche Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes bestellt.

Die Wiederbestellung des Geschäftsführers erfolgte ohne öffentliche Ausschreibung und ohne Befassung des Kuratoriums.

Die Bezüge des Geschäftsführers erhöhten sich von 1998 bis 2002 auf mehr als das 2,5-fache.

Der Geschäftsführer erhielt ab 1999 12-mal jährlich einen nicht ruhegenussfähigen Zuschlag und ab 2001 diesen 14-mal jährlich in erheblich höherem Ausmaß aus­bezahlt.

Der Geschäftsführer erhielt ferner ab 1999 jährlich einen nicht ruhegenussfähigen, leistungsbezogenen Zuschlag in Höhe von 20 % des jeweiligen Jahresbezuges; für die Zuerkennung dieses Zuschlages waren weder der Unternehmenserfolg noch betriebswirtschaftliche Kennzahlen maßgebend.

Für die dem Geschäftsführer zusätzlich zu seinen Monatsbezügen als Beamter ausge­zahlten Zuschläge wurden bis 2001 weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungs­beiträge entrichtet.

Unvereinbarkeiten

Der Geschäftsführer unterfertigte den Vertrag über den Verkauf seines eigenen PKW an das KHM sowohl als Käufer als auch als Verkäufer.

Der Geschäftsführer des Minderheitsgesellschafters „Teilrechtsfähigkeit des KHM“ beschloss seine eigene Entlastung als Geschäftsführer der „Museums Collection“.

Wirtschaftliche Führung

Für Bereiche, die für alle Museen gleich sind, wie z.B. das Rechnungswesen und die IT, wurden jeweils eigene, teilweise sehr kostenintensive Entwicklungen vorge­nommen.

Durch die Bestellung neuer Direktoren für das Museum für Völkerkunde und das Österreichische Theatermuseum wurde eine weitere Führungsebene geschaffen.

Die Übernahme der PKW für den Geschäftsführer und die Leiterin der Verwaltung in das Betriebsvermögen des KHM konnte nicht stichhaltig begründet werden.


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Der Geschäftsführer legte über seine Dienstreisen keine Reiserechnungen vor.

Repräsentationsaufwendungen wurden vielfach für den Geschäftsführer, für Mitarbeiter des KHM sowie für Beamte und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens getätigt.

Bei den Sonderausstellungen im Palais Harrach sank die Besucheranzahl tendenziell; die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse waren ungünstig.

Von 1999 bis 2002 stiegen die Gesamterträge und Gesamtaufwendungen, davon die Personalaufwendungen teilweise deutlich.

Die Zahlung eines Abfindungsbetrages für die Auflösung eines Managementvertrages war vertraglich nicht vorgesehen.

Die Erlöse der Museumsshops gingen 1999 gegenüber dem Vorjahr stark zurück.

Aus den Unterlagen des KHM gingen die Empfänger und die betriebliche Veranlassung der kostenlos abgegebenen Museumsshopartikel nicht hervor.

Infolge der hohen Personal- und Mietkosten ist auch in naher Zukunft mit keinem positiven Ergebnis des Mitte des Jahres 2000 eingerichteten Infoshops zu rechnen.

Der mit einer Beratungsgesellschaft abgeschlossene Managementvertrag war für das KHM im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit wirtschaftlich nachteilig, weil die Gewinne größtenteils der Beratungsgesellschaft zuflossen.

Grundsätze ordnungsmäßiger Buchhaltung und Bilanzierung

Einer in der Eröffnungsbilanz zum 1. Jänner 1999 ausgewiesenen Forderung gegen­über dem Bund über Sozialkapital lag keine diesbezügliche Verpflichtungserklärung durch den Bund zugrunde.

Mittel des BMBWK, die dem KHM zusätzlich zur Basisabgeltung für Sonderaus­stellun­gen zur Verfügung gestellt wurden, waren im Rechnungswesen des KHM nicht ausgewiesen.

Von einer Versicherung gezahlte Schadenfreiheitsvergütungen sowie weiters Spenden eines Unternehmens für entliehene Gemälde des KHM wurden bis 1998 nicht in die Bundesverrechnung aufgenommen.

Vergütungen für Ausstellungen im Ausland wurden nicht in die Bundesverrechnung aufgenommen.

Vergütungen für eine Ausstellung im Ausland wurden teilweise einem Verein über­wiesen.

In den Bilanzen des KHM wurden das Nutzungsrecht für die im Bundesvermögen stehenden Kunstgegenstände und eine Vorsorge für die Übertragung von erworbenen Kunstgegenständen ausgewiesen.

Die Höhe der in den Bilanzen des KHM und der „Museums Collection“ ausgewiesenen gegenseitigen Forderungen bzw. Verbindlichkeiten war nicht immer nachvollziehbar.

Die großen Schwankungen der Rohaufschläge auf die Artikel der Museumsshops waren vor allem auf die nicht nachvollziehbaren Inventurergebnisse, die pauschalen Abwertungen sowie die kostenlos abgegebenen Museumsshopartikel zurückzuführen.


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Personalaufwendungen wurden vielfach den einzelnen Konten unrichtig zugeordnet; dadurch war ein Einblick in die Struktur der Personalaufwendungen und deren Ent­wicklung nicht möglich.

Fehlende bzw. nicht vorgelegte Unterlagen

Unterlagen über die Genehmigung der Nebentätigkeiten bzw. Nebenbeschäftigungen des Geschäftsführers konnten nicht vorgelegt werden.

Über die Anzahl der Besucher und die Gebarung von Sonderausstellungen lagen keine aussagefähigen Daten vor.

Unterlagen für eine nähere Analyse der personalmäßigen Entwicklung der einzelnen Organisationseinheiten konnten vom KHM nicht vorgelegt werden.

Die Ursachen für die erheblichen Steigerungen der Personalaufwendungen 1999 und 2000 konnten wegen fehlender Unterlagen nicht nachvollzogen werden.

Die Höhe der Personalaufwendungen bei Vermietungen von Räumlichkeiten des KHM konnte nicht bekannt gegeben werden.

Ein vom KHM angeführtes Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft über die Höhe der Abfindung für einen Gesellschafter der „Museums Collection“ konnte nicht vorgelegt werden.

Unterlagen über die von der „Museums Collection“ erworbenen Gegenstände bzw. Wirtschaftsgüter konnten nicht vorgelegt werden.

Belege über Reiseaufwendungen sowie Flugscheine konnten nicht vorgelegt werden.

Die Aufstellung über Dienstreisen des Geschäftsführers war unvollständig.

Urbelege bzw. sonstige Unterlagen über Umbuchungen betreffend den Schwund sowie beschädigte Waren der Museumsshops konnten nicht vorgelegt werden.

Geeignete Unterlagen über die Ausübung des im Managementvertrag mit einer Beratungsgesellschaft vorgesehenen Kontrollrechts, die Verrechnung der Umsatz­provisionen und die Gewinnverteilung konnten nicht vorgelegt werden.

Originalrechnungen über 189.000 EUR eines Unternehmens für Auf- und Abbauten von Ausstellungen fehlten.

Für 1998 konnten großteils Belege über die Verbuchung der Erlöse aus Eintritten im Lipizzanermuseum nicht vorgelegt werden.

Sammlungen

Über 200.000 Kunstobjekte waren noch nicht inventarisiert; der Standort von Kunst­objekten war jahrelang nicht mehr überprüft worden.

Von den Restaurierwerkstätten als nicht verleihbar bezeichnete Gemälde wurden mehrfach in das Ausland verliehen.

Die Vorgaben der Liste der nicht entlehnbaren Objekte der Museen des Bundes wurden mehrfach nicht beachtet.

Kriegsverluste in der Antikensammlung wurden dem BMBWK erst 2002 bekannt gegeben.

Acht als Verlust gemeldete Gemälde waren in verschiedenen Bundesdienststellen und im Depot des KHM vorhanden.

Die Höhe des Kaufpreises von Bühnenbildentwürfen war nicht nachvollziehbar.


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Der Geschäftsführer kaufte vom Sammlungsgut, das dem KHM als Leihgabe des Bundes überlassen worden war, zwei so genannte Uschebtis (Grabbeigaben).

Sphinx-Skulptur

Im Jahr 1998 wurde im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit des KHM eine Sphinx-Skulptur angekauft. Ob dem damaligen BMUK dieser Ankauf bekannt war, konnte nicht nachvollzogen werden.

In den Jahresabschlüssen der Teilrechtsfähigkeit des KHM für 1998 und des ausge­gliederten KHM für 1999 bis 2002 wurde diese Sphinx-Skulptur nicht als Anlage­vermögen und der noch offene Kaufpreis nicht als Verbindlichkeit ausgewiesen.

Durch die Bestimmungen des Bundesmuseen-Gesetzes wurde die Verbindlichkeit, für die der Bund nach den Bestimmungen des Forschungsorganisationsgesetzes ursprüng­lich nicht haftete, auf das KHM übertragen.

Der Kaufpreis von 3,80 Mill. USD wurde im Mai 2001 um 0,35 Mill. USD herabgesetzt.“

(Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes, III-149 d.B., XXII. GP., S. 3 – 10)

Neben einer Fülle von Unzulänglichkeiten in der Organisation, im Bereich des Per­sonalmanagements, in der wirtschaftlichen Führung des Museums sowie im Bereich der Buchhaltung und Bilanzierung dokumentiert der Rechnungshofbericht für das Jahr 2003 ein Defizit von 2,68 Mio. Euro und einen drastischen Rückgang der Besucher­zahlen seit dem Jahr 1998: 1,75 Mio. Besucher im Jahr 1998 gegenüber 1,36 Mio. Besucher im Jahr 2003, das entspricht einem Rückgang um 22,3%. Der Bericht weist ferner auf Unvereinbarkeiten im Zusammenhang mit dem Ankauf des Privatwagens von Dr. Seipel als Dienstwagen und im Zusammenhang mit der „Museums Collection“ hin, deren Ankauf ohne die erforderliche Genehmigung durch das Kuratorium erfolgte, und bestätigt das Vorhandensein schwerwiegender Sicherheitsmängel.

Die vom KHM abgeschlossene Versicherung für das Sammlungsgut bedeutete für das Museum in den Jahren 2001 und 2002 eine jährliche Belastung von 134.000 Euro. Dennoch war das Sammlungsgut, dessen Wert die Deckungssumme von 145,35 Mio. Euro bzw. ab 2003 von 72,67 Euro bei weitem überstieg, nur zu einem geringen Teil versichert. Einzelne Gegenstände des Sammlungsgutes, das trifft auch auf die Saliera zu, wiesen einen höheren Einzelwert auf als die diesbezügliche Einzelversicherungs­summe. Nach Auffassung des Rechnungshofes wäre es zweckmäßiger gewesen, laufend in Sicherungsmaßnahmen für das Sammlungsgut und die Immobilien zu investieren. „Wie der Einbruchsdiebstahl der Skulptur Saliera von Benvenuto Cellini im Mai 2003 zeigte, wären z.B. die Koppelung der Alarmanlage mit einer sofortigen Beleuchtung des Saales und eine Videoaufzeichnung zweckmäßig gewesen“, for­mulierte der Rechnungshof trocken.

Obwohl mit der Bestellung neuer Direktoren für das Museum für Völkerkunde und das Österreichische Theatermuseum (beide Museen wurden in das KHM eingegliedert) eine weitere Führungsebene geschaffen wurde, erhöhten sich die Bezüge des Geschäftsführers des KHM von 1998 bis 2002 auf mehr als das 2,5-fache. Das Jahresgehalt von Dr. Wilfried Seipel, das im Jahr 1998 rund 94 000 Euro betragen hatte, lag im Jahr 2002 bei rund 238 000 Euro. Für die dem Geschäftsführer zusätzlich zu seinen Monatsbezügen als Beamter ausgezahlten Zuschläge wurden bis 2001 weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Über die Neben­tätigkeiten und Nebenbeschäftigungen von Dr. Wilfried Seipel bzw. deren Genehmi­gung konnten keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt werden.


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Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, gemäß § 6 Absatz 1 Ziffer 3 des Bundesmuseen-Gesetzes den Geschäftsführer des Kunst­historischen Museums, Dr. Wilfried Seipel, vorzeitig abzuberufen.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Kuratorium des Kunsthistorischen Mu­seums neu zu bestellen.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile nunmehr dem Erstantragsteller, Herrn Abge­ordnetem Dr. Cap, das Wort. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Cap –: Zehn Minuten! Josef, zehn! – Abg. Scheibner: Sonst essen wir dir die Schnitten weg!)

 


15.01.09

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sie wissen: Das Kunsthistorische Museum ist ein Kleinod, eine der wichtigsten Kultur­einrichtungen in Österreich. Schulklassen besuchen es, Österreicherinnen und Öster­reicher besuchen es, Touristen kommen extra nach Wien. Es ist also eine ganz wichtige Einrichtung. Das zeigt sich auch anhand der Budgetzahlen des Bundes­voranschlages, beispielsweise für das Jahr 2005, in dem diesem Museum die höchste Basisabgeltung zugewiesen wird. Das sind über 20 Millionen €! Das zeigt, welche Bedeutung dieses Museum wirklich hat. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Daher ist es nicht gleichgültig, dass es, wenn ein Rechnungshofbericht über die Ge­schäftsführung dieses Museums erstellt wird – man kann fast schon sagen: dieses Konzerns; da sind noch das Völkerkundemuseum oder das Theatermuseum mit umfasst –, so eine umfassende Mängelanalyse für eine der wichtigsten Kulturein­richtungen, die wir in Österreich haben, gibt.

Diese Auseinandersetzung um die Geschäftsführung wird schon seit längerem geführt. Resümierend kann man sagen, dass die Empfehlung des Rechnungshofes im We­sentlichen ist, den Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums abzulösen. Das steht in Wirklichkeit mehrfach in diesem Bericht drinnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Fasslabend: Nein! – Abg. Mag. Molterer: Nein! PISA! Cap kann nicht lesen! Zumindest Rechnungshofberichte kann der Cap nicht lesen!)

Es gibt eigentlich kaum ein Beispiel, wo man ... – Sie, von Ihrer Fraktion (in Richtung ÖVP), haben dauernd gesagt: ein Supermanager, super erfolgreich. Sie haben ihn verteidigt und gesagt: Man muss das Gesamte sehen. – Also: Die Eintrittserlöse haben sich vom Jahr 1998 bis zum Jahr 2002 von 438 000 € auf 327 000 € verringert. Was


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da so genial ist, möchte ich ganz gerne wissen! Dieses Museum und seine Geschäftsführung sind permanent in den Schlagzeilen und im Gespräch.

Es lohnt sich, einzelne Punkte des Rechnungshofberichtes durchzugehen. Ich kann nur jedem empfehlen, ihn komplett zu lesen: Er ist ein Dokument. So etwas habe ich, seitdem ich hier im Haus bin, über eine Prüfung noch nie gelesen.

Allein der Vorwurf, man wisse eigentlich über die Personalstruktur im Kunsthistorischen Museum nichts Genaueres, sagt viel aus, denn bei der Prüfung war es nicht möglich, herauszufinden, unter welchen rechtlichen Bedingungen wer wo in welcher Abteilung wie beschäftigt wird. Ja, mit den vielen Zuwächsen, die man bei der Prüfung hinterfragt hat und wobei sich permanent herausgestellt hat: In diesem Museum werden freihändig Menschen beschäftigt. Das ist einer der Vorwürfe, die – so denke ich – wirklich schwerwiegend sind.

Oder: Was denkt man sich dabei, wenn im Finanzmanagement seit Jänner 1999 vier Leiter tätig waren? Vier verschiedene Leiter! – Waren sie unfähig? War das eine falsche Auswahl? Haben sie die Flucht ergriffen, weil dort so ein Chaos herrschte, Frau Ministerin? – Das gibt es in einem normalen Betrieb nicht, außer vielleicht beim Herrn Frank Stronach. Aber wir reden vom Kunsthistorischen Museum. Vier Leiter haben sich anscheinend verbraucht oder wurden vor die Tür gesetzt oder sind einfach weg­gegangen.

Bezüglich der Leitung des Bereiches Personal: Nach dem April 2000 wurde diese Leitung nicht mehr nachbesetzt. Die Funktion in der Innenrevision wurde nur bis zum Juli 2000 wahrgenommen. Danach war niemand mehr mit der Erfüllung dieser Funktion betraut. Im Bericht wird permanent eingefordert: Was ist mit der Innen­revi­sion? Wieso gab es keine Innenrevision?

Frau Ministerin! Was ist mit den berühmten „In-sich-Geschäften“ des Herrn Seipel? – Verkauf des Leasingautos: Das Leasingauto wird zu einem Dienstauto. Seipel macht einen Vertrag mit Seipel.

Dies betrifft auch alle Geschäfte mit dem Museumsshop. – Das ist ja ganz etwas Besonderes, der Museumsshop: besonders ineffizient! Statistiken belegen pro Be­sucher maximal 12 €. Aber das ist nicht das Entscheidende. Das Entscheidende ist, dass dieser Museumsshop hochdefizitär ist. Wegen des Defizits hat man das dann symbolisch, buchhalterisch um 1 S an das Museum weitergegeben. Sofort ist das Gesellschafterkapital um 460 000 € – alles finanziert vom Kunsthistorischen Museum – erhöht worden. Der Herr Hofmann, der gemeinsam mit Herrn Seipel mit diesem Museumsshop befasst war, hat 276 000 € an Abfindung bekommen. Und weil er so ein „toller“ Berater ist, hat er noch einmal 50 000 € Beraterhonorar bekommen.

Das alles für einen hochdefizitären Museumsshop. – Und damit sind wir noch lange nicht fertig und daher werden wir auch eine Anfrage an den Finanzminister stellen, wie es in diesem Museumsshop und überhaupt im Kunsthistorischen Museum mit einer Betriebsprüfung ausschaut, denn angeblich hat es schon zwei Betriebsprüfungen gegeben. Ich würde sagen: Versuche von Betriebsprüfungen, die auf Grund von Inter­ventionen abgesagt wurden, weil es de facto auf Grund der Beleglage gar nicht möglich war, Betriebsprüfungen durchzuführen. (Abg. Dr. Gusenbauer – in Richtung ÖVP –: Unerhört!) Ein unfassbares Chaos, das dort herrscht, und ein unfassbares Durcheinander!

Daher werden in dieser Anfrage auch die Fragen zu klären sein, dass angeblich pro Jahr ein Schwund von Warenvorräten in der Größenordnung von 50 000 € zu ver­zeichnen ist, dass ein Betrag von 8 317 € für beschädigte Waren ausgebucht werden musste und dass man Schwankungen bei Rohaufschlägen auf Verkaufsware zwischen


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65,6 Prozent und 148 Prozent gemacht hat. Vielleicht, um das Verschwundene durch die Aufschläge zu kompensieren! Ein unfassbarer Zustand ist das in Wirklichkeit! (Abg. Parnigoni: Misswirtschaft!)

Und was noch dazu kommt: Museumsshopartikel beziehungsweise Eigenverbrauch betrugen rund 190 000 € für vier Geschäftsjahre. – Mich interessiert: Was heißt da Eigenverbrauch? Hat Herr Direktor Seipel den Besuchern, oder wenn Delegationen gekommen sind, persönlich noch Geschenke überreicht? Oder hat er das Geld für Geburtstagsfeiern verwendet? Was war da eigentlich los?

Was besonders wichtig ist, ist die steuerliche Gebarung dieser Vorgänge. Hier muss Klarheit geschaffen werden, denn da geht es um viel Geld. Da geht es aber auch um eine bestimmte Gesinnung, die ich eingangs schon zu beschreiben versucht habe. Es geht um die Art, wie Personal beschäftigt wird, wie sich Herr Direktor Seipel auch selbst beschäftigt. Ich möchte wissen, ob er, wenn er bei Sonderprojekten und Son­derausstellungen besondere Tätigkeiten ausgeübt hat, noch Nebeneinkünfte hatte. Und ob er, wenn ja, diese Nebeneinkünfte auch versteuert hat.

Wie ist es übrigens mit Ihrer Aufsichtspflicht? – Von der Aufsichtspflicht des Kurato­riums will ich schon gar nicht mehr reden. Das ist ja eine Versammlung von Leuten, die anscheinend nichts hören, nichts sehen, und wenn sie Texte veröffentlichen, dann hat sie ihnen der Herr Wohnout vorgeschrieben, wie bei der Geburtstagsfeier des Herrn Staatssekretärs, damit es so aussieht, als hätten sie dort eine Aufsichtspflicht erfüllt. Aus diesem Grund werden wir diesbezüglich die Anfrage einbringen.

Da ich gerade diese Geburtstagsfeier angesprochen habe, möchte ich sagen: Ich will dem Staatssekretär Morak gar nicht unterstellen, dass er gewusst hat, wie diese Geburtstagsfeier dort überhaupt abgeführt wird – organisatorisch oder finanziell. Wir haben ihn ohnehin schon im Kulturausschuss befragt. In Wirklichkeit hat Herr Morak durch den Herrn Wohnout seinen Vertreter im Kuratorium des Kunsthistorischen Museums sitzen und musste daher über alles informiert sein.

Herr Morak ist eigentlich Ihr Vorgesetzter, weil er Sie zu koordinieren hat, Frau Minis­terin! Das möchte ich nur am Rande erwähnen, aber ich weiß nicht, wie Sie sich intern organisieren. Das werden Sie uns nachher vielleicht erzählen.

Aber wenn die Geburtstagsfeier 5 736 € plus Miete gekostet hat (Abg. Lentsch: Dann war es eine kleine!) – und wenn das im Kuppelsaal stattgefunden hat, kostet die Miete rund 6 000 € –, dann war der Geburtstag rund 12 000 € wert! Dazu muss ich sagen: Das ist beachtlich. (Ruf bei der ÖVP: Das war ja keine reine Geburtstagsfeier!) Aber wirklich beachtlich ist, wie das Kuratorium versucht hat, das auch noch zu begründen.

Ich zitiere die Stellungnahme des Kuratoriums: „Das Kuratorium des KHM sieht im stattgefundenen Abendempfang für den Staatssekretär, der mit einer großen Anzahl von Opinionleaders die Museumsräumlichkeiten besucht hat, ein wesentliches Mittel zur Förderung der musealen Ziele des KHM“.

Wenn die Politik gemeint ist, was die musealen Ziele der Kulturpolitik betrifft, dann stimmt es!

Zitat: „Diese Veranstaltungen, an denen im Regelfall die führenden VertreterInnen aus Kunst, Wirtschaft und Politik teilnehmen, stellen ein gesellschaftliches Ereignis dar, welches mit einer großen medialen Berichterstattung“ – na sicher, speziell nach dem Rechnungshofbericht gab es eine große mediale Berichterstattung! – „verbunden ist, die dazu beiträgt, das KHM stärker im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern.“ – Ja, aber nicht so!


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Ich zitiere weiter: „Ein vergleichbarer Werbeaufwand würde ein Vielfaches an Kosten verursachen, als für die Feier aufgewendet wurde. Weiters dienen bei derartigen Ver­anstaltungen geführte Gespräche unter anderem auch der Anbahnung von Spon­sorenleistungen für museale Zwecke.“ (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Waren Sie einge­laden, Herr Kollege Cap?)

Wenn man sich das Kuratorium anhört, dann frage ich mich, warum man nicht jeden Abend eine Geburtstagsfeier veranstaltet, denn anders kann sich das Museum ja vielleicht gar nicht mehr finanzieren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ein solches Kuratorium kann sich nur ein jeder wünschen, der gar keine Aufsicht haben möchte, um dort wie ein Kurfürst mit der Perücke schalten und walten zu können, wie es ihm passt! Das ist die Geisteshaltung, die dahinter steckt! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Herr Wohnout wird den Text ja verfasst haben!

Lustig ist nur, dass am Schluss steht: „Der Empfehlung des Rechnungshofes wird gefolgt, und derartige Veranstaltungen werden zukünftig nur gegen Kostenverrechnung an Dritte durchgeführt.“

Das steht in völligem Widerspruch zu dem vorigen Text, wo man zu begründen ver­sucht, dass dieser Typus der Veranstaltung einer der besten und wichtigsten war, den man sich überhaupt vorstellen kann.

Dann kommt noch etwas, was auch diese Gesinnung beschreibt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) – Nein, Frau Abgeordnete Brinek! Da gibt es noch etwas Interes­santes betreffend die Bewirtungen von Beamten zu zitieren, und zwar auch angesichts der Tatsache, dass Herr Seipel dauernd herumrennt und sagt, wie angespannt die finanzielle Situation des Kunsthistorischen Museums ist. Die Repräsentationsaufgaben sind nämlich um 50 Prozent in der Zeit gestiegen, in der die Einnahmen aus den Eintritten von Besuchern zurückgegangen sind. – Ich zitiere:

„Der Rechnungshof empfahl, ... der Höhe der Repräsentationsaufwendungen Beach­tung zu schenken: dies insbesondere im Zusammenhang mit den Bewirtungen von Beamten, zumal solche Aufwendungen in aller Regel der privaten Lebensführung zuzurechnen sind.“

Die sind einfach so oft wie möglich essen und trinken gegangen, und haben das den Steuerzahler brennen lassen! Und sie haben nicht einmal festgehalten, wofür, mit wem und welchen Zweck das hatte! Das ist doch in Wirklichkeit ein Skandal! (Zwischenruf des Abg. Murauer.) Das verteidigen Sie auch noch? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie sind angetreten mit dem Spruch von der berühmten Wende in Richtung moralische Erneuerung, Sauberkeit, Trockenlegung der Sümpfe und was weiß der Teufel noch alles! Wenn ich mir anschaue, was man hier sehen kann, dann muss ich aber sagen: Gegen das Kunsthistorische Museum ist Sodom und Gomorrha ein Luftkurort! (Heiter­keit und Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Die Luft war ja dort nicht schlecht!)

Der Rechnungshof sagt: „Auf den Belegen über Repräsentationsaufwendungen sollten künftig in jedem Fall die betriebliche Veranlassung und der eingeladene Personenkreis angeführt werden.“

Er hat nicht einmal hineingeschrieben, mit wem und warum er essen gegangen ist! Es ist nur ersichtlich, was er gegessen hat. Das konnte man herauslesen: Schweins­braten, was man eben so isst, das ist angeführt worden. Das war alles. (Abg. Broukal: Wieso hat das der Buchhalter überhaupt angenommen?) Es war übrigens mühsam. Der Rechnungshof hat kritisch festgehalten, dass man faktisch um jeden Beleg und um jede Unterlage betteln musste. (Abg. Dr. Gusenbauer: Unglaublich!)


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Schauen Sie nicht so gleichgültig, Frau Ministerin, das ist Ihr Verantwortungsbereich! Ich sage Ihnen: Das wird für Sie noch zu großen Problemen führen! Weil dieser Geschäftsführer so gut ist, hat man ihn auch ohne öffentliche Ausschreibung und ohne Befassung des Kuratoriums wiederbestellt. Die kurfürstliche Linie geht also weiter ins Ministerium, so quasi auf die Art: Sei er noch länger unser k .u. k. Hofkunstmuseums­direktor! So etwa: Kaiserliche Hoheit, willkommen! – Dass man quasi auf Du und Du mit der Kaiserlichen Hoheit ist, zeigt ja auch die Gesinnung, mit der dort anscheinend gearbeitet wird.

Und weil er so gut ist, hat er auch eine Erhöhung seiner Bezüge von 1998 bis 2002 um mehr als das Zweieinhalbfache bekommen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger.) Da stellt sich übrigens auch die Frage der Lohnsteuerpflicht und der Einkom­men­steuerpflicht des Herrn Seipel. Diese Frage ist auch noch zu beantworten, etwas, das wir übrigens in unserer Anfrage an den Finanzminister auch relevieren wollen.

Da gibt es jedenfalls jede Menge Zulagen, etwa einen nicht ruhegenussfähigen Zuschlag, der am Schluss 14 Mal jährlich ausbezahlt wird, ferner einen Zuschlag von 20 Prozent des jeweiligen Jahresbezuges, für dessen Zuerkennung weder der Unter­nehmenserfolg noch betriebswirtschaftliche Kennzahlen maßgeblich waren, wie der Rechnungshof sagt. – Wurscht, ob er geschlafen hat, wurscht, wie viele Besucher es gab, wurscht, ob die Sonderausstellungen erfolgreich waren, er bekommt auf alle Fälle 20 Prozent mehr. – Seien Sie doch ehrlich: Ihr Blitzen in den Augen sagt, dass Sie einen solchen Vertrag auch gerne hätten, gell? Einfach dort sitzen und warten, bis das Geld herüber wächst! Das ist die Gesinnung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Sie wollen einen solchen Vertrag nicht, denn Sie wollen einen besseren!)

Dazu braucht man ein Kuratorium, dem das egal ist, und eine Ministerin, die das anscheinend deckt: Anders kann ich das jedenfalls nicht bezeichnen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger.) Die Frage, ob er dafür Lohnsteuer und Sozialversicherungs­beiträge gezahlt hat, wird noch zu klären sein.

Weil er so überlastet und so erfolgreich ist, erfinden Sie das Vier-Augen-Prinzip, von welchem übrigens die anderen Museumsdirektoren, denen Sie gerade einen kauf­männischen Direktor zuordnen wollen, sagen, dass es dieses bei ihnen schon gibt. Sie könnten mit der Museumsordnung das Vier-Augen-Prinzip auch festlegen, Frau Minis­terin! Sie wollen allerdings einen kaufmännischen Direktor dort hinsetzen, der übrigens an die 200 000 bis 230 000 € im Jahr kosten wird, aber bei Seipel bleibt es bei dem zweieinhalbfachen Einkommen. Er hat ohnedies schon einen Direktor für das Völker­kundemuseum und für das Theatermuseum. Jetzt fehlt ihm nur noch ein künstlerischer Kustos, der im Museum für das Künstlerische zuständig ist. Dann kann er aber wirklich ohne eine Minute zu arbeiten dort zwischen den beiden großen Museen spazieren gehen und das kassieren, was er letztlich zu kassieren hat. Das ist ein unfassbarer Skandal, das kann ich Ihnen sagen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Sonnberger: Das ist wirklich niedrigstes Niveau!)

Damit Ihre Konzentration geschärft wird, nenne ich Ihnen nun die Liste der fehlenden und nicht vorgelegten Unterlagen: Unterlagen über die Genehmigung der Nebentätig­keiten beziehungsweise Nebenbeschäftigungen des Geschäftsführers konnten nicht vorgelegt werden. Über die Anzahl der Besucher und die Gebarung von Sonderaus­stellungen lagen keine aussagefähigen Daten vor. Unterlagen für eine nähere Analyse der personalmäßigen Entwicklung der einzelnen Organisationseinheiten des KHM konnten nicht vorgelegt werden.

Die Ursachen für die erheblichen Steigerungen der Personalaufwendungen von 1999 und 2000 konnten wegen fehlender Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Die Höhe der Personalaufwendungen bei Vermietungen von Räumlichkeiten des KHM konnten


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nicht bekannt gegeben werden. Ein vom KHM angeführtes Gutachten einer Wirt­schaftsprüfungsgesellschaft über die Höhe der Abfindung für einen Gesellschafter der „Museums Collection“  also des Museumsshops – konnte nicht vorgelegt werden. Unterlagen über die von der „Museums Collection“ erworbenen Gegenstände bezie­hungsweise Wirtschaftsgüter konnten nicht vorgelegt werden.

Weiters: Belege über Reiseaufwendungen sowie Flugscheine konnten nicht vorgelegt werden. – Da hat er uns noch den Schmäh in der „ZiB 2“ erzählt, dass das gar nicht ginge, weil man beim elektronischen Ticketing keine Belege vorlegen kann. Erstens gibt es das erst seit dem Jahr 2002, und zweitens kann man beim elektronischen Ticketing natürlich Belege vorlegen. Diesen Schmäh erzählt er in der „ZiB 2“! Unfassbare Geisteshaltung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Unfassbar!)

Ich setze fort: Die Aufstellung über Dienstreisen des Geschäftsführers war unvoll­ständig. – Er hat auf Steuerkosten gegessen, auf Steuerkosten getrunken, ist auf Steuerkosten herumgefahren und hat auf Steuerkosten Leute eingeladen. Das ist die Geisteshaltung! Das ist Ihre Wende! Das ist es, wofür im Kulturbereich Geld ausge­geben wird!

Belege beziehungsweise sonstige Unterlagen über Umbuchungen betreffend den Schwund sowie die beschädigten Waren des Museumsshops konnten nicht vorgelegt werden. Geeignete Unterlagen über die Ausübung des im Managementvertrag mit einer Beratungsgesellschaft vorgesehenen Kontrollrechts, die Verrechnung der Umsatzprovisionen und die Gewinnverteilung konnten nicht vorgelegt werden. – Das wird das Finanzministerium sehr interessieren.

Originalrechnungen über 189 000 € eines Unternehmens für Auf- und Abbauten von Ausstellungen konnten nicht vorgelegt werden. Für 1998 konnten großteils Belege über die Verbuchung der Erlöse aus Eintritten in das Lipizzanermuseum nicht vorgelegt werden. – Auch für das Lipizzanermuseum konnten die Belege für die Eintritte nicht vorgelegt werden! (Zwischenruf des Abg. Riepl.)

Ich frage mich: Was hat er überhaupt noch an Belegen oder Buchungsunterlagen gehabt? (Abg. Broukal: Die Essensrechnungen!) Jetzt stellt sich die Frage, ob da nicht Bereicherung vorliegt! Man muss sich das wirklich auch strafrechtlich genau anschauen. Die Frage der Steuerhinterziehung stellt sich nämlich in der Tat. (Zwi­schenruf des Abg. Mag. Molterer.) – Mit der Verteidigung des Herrn Seipel wäre ich sehr vorsichtig, Herr Klubobmann Molterer, ganz vorsichtig! In der ersten Reihe demütig still sitzen wäre wirklich besser! (Beifall bei der SPÖ.)

Sammlungen: 200 000 Kunstobjekte waren noch nicht inventarisiert; der Standort von Kunstobjekten war jahrelang nicht mehr überprüft worden. – 200 000 Objekte sind irgendwo in dem Museum herumgestanden!

Von den Restaurierwerkstätten als nicht verleihbar bezeichnete Gemälde wurden mehrfach in das Ausland verliehen. Acht als Verlust gemeldete Gemälde waren in verschiedenen Bundesdienststellen und im Depot des KHM vorhanden. – Sie wurden dann gefunden. Erst hat man gesagt: Die sind schon weg! Die sind verloren gegangen! Dann hat es geheißen: Jessas na, da stehen sie ja doch irgendwo herum! So ist das dort organisiert gewesen!

Der Geschäftsführer kaufte vom Sammlungsgut, das dem KHM als Leihgabe des Bun­des überlassen worden zwar, zwei so genannte Grabbeigaben. – Die Symbolik, dass er zwei Grabbeigaben gekauft hat, will ich nicht kommentieren.

Faktum ist jedenfalls, dass der Rechnungshofbericht über das Kunsthistorische Museum bezüglich der Geschäftsführung zu folgendem Schluss kommt:


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Erstens: Eine gesamtheitliche und wirkungsvolle Wirtschaftsaufsicht im Sinne der Bestimmungen des GmbH-Gesetzes ist vorzunehmen. Zweitens: Von der Geschäfts­führung sind konkrete Ziele sowie jährlich ein Bericht über die Erreichung der Ziele des KHM zu verlangen. Und das Beste – drittens: Für den Geschäftsführer ist eine Vergütung vorzusehen, welche sowohl die Interessen des Geschäftsführers als auch des Bundes als Eigentümer der Gesellschaft berücksichtigt. – Vernichtender kann man das wohl nicht mehr beschreiben! Schließlich viertens: Für die Zuerkennung eines nicht ruhegenussfähigen leistungsbezogenen Zuschlages sind der Unternehmenserfolg beziehungsweise betriebswirtschaftlichen Kennzahlen heranzuziehen. – Es ist ihm also nicht bloß das Geld rüberzuschaufeln!

Das gilt für das Museum insgesamt, damit dieser – ich muss das jetzt leider sagen, und den Ordnungsruf nehme ich ausnahmsweise gerne entgegen! – Saustall dort einiger­maßen finanziert werden kann. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glocken­zeichen.) Zweitens kann ich nur sagen, dass die Konsequenz sein muss: Rücktritt, Rücktritt, Rücktritt des Geschäftsführers Seipel. Frau Ministerin, wenn Sie das nicht machen, dann sind Sie selbst rücktrittsreif! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


15.21.46

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Wer diese Rede jetzt gehört hat, der hat auch gehört, dass der erste Satz des Redners nicht ernst gemeint gewesen sein kann, dass das Kunst­historische Museum ein Kleinod sei. – Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Es ist ein Kleinod und kein Saustall! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wer mit offenen Augen durch Wien geht und schaut, was sich im Museumsbereich alles getan hat, der sieht die enormen Weiterentwicklungen, die in den letzten zehn Jahren erfolgt sind, der sieht, was alles investiert wurde und gut investiert wurde, und der sieht auch, wenn er am Wochenende oder auch unter der Woche bei den Museen vorbeigeht, wie viele Menschen hineinströmen, wie viele Menschen sich für unsere wertvollen Kulturgüter interessieren. (Abg. Dr. Wittmann: Der sieht Missmanage­ment! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wir haben ... (Abg. Dr. Wittmann: Sie verweigern die Realität! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) – Um vorweg einmal einige Fragen abzuklären: Der Rechnungshof überprüft selbstverständlich, ob es eine strafrechtliche Relevanz gibt. (Abg. Mag. Johann Maier: Das kann der Rech­nungshof nicht, das kann nur die Justiz!) Der Rechnungshof hat 14 000 Belege erhalten. Ich sage nur einmal zur Illustration: Er hat 14 000 Belege erhalten. (Abg. Schieder: Das muss genügen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn (das Glockenzeichen gebend): Könnten Sie so freundlich sein und die Frau Bundesministerin zu Wort kommen lassen! – Danke.

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer (fort­setzend): Der Rechnungshof hat 14 000 Belege erhalten, und die Inventarisierung der Hunderttausenden von Kunstgegenständen ist zügig vorgenommen worden. Das, was da aufgezählt worden ist, waren einzelne Münzsammlungen, bei welchen jede einzelne Münze als eigener Gegenstand gezählt wurde. Die Inventarisierung wird zügig weitergeführt.


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Wir haben im Jahre 1998 ein neues Museumsgesetz beschlossen, und zwar gemein­sam mit Ihnen, wonach wir den Museen mehr Selbständigkeit und ein gedeckeltes Budget gegeben haben. Deswegen sage ich, wenn gesagt wird: Im Jahr 2003 hat das Museum das höchste Budget seit jeher erhalten! Es hat genau so wie 1998 20,1 Millionen € erhalten und keinen Cent mehr! (Abg. Dr. Zinggl: Sie haben die Sonder­ausstellungen vergessen!)

Dieses gemeinsame Gesetz wurde dann schrittweise umgesetzt. Meine Damen und Herren! Der Schritt von einer kameralistischen, nachgeordneten Dienststelle zu einem eigenständigen, selbständigen Museum ist ein großer Schritt! Das ist ein Schritt, der mit vielen unbekannten Herausforderungen verbunden ist, da können manchmal Dinge auftauchen, die nicht bekannt waren, und dieser Schritt wurde mit viel Engagement getan. Das Kunsthistorische Museum war unser Pilotprojekt für diese Autonomie. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) Und ich möchte mich dafür bedanken, dass Herr Generaldirektor Seipel den Mut hatte, das als Erster mit dem Kunsthistorischen Museum zu machen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Witt­mann: Das ist ja unfassbar! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wer die jährlichen Kulturberichte liest, der weiß auch, was alles an Leistung vom Kunst­historischen Museum erbracht wurde: Es gab mehr als 100 Sonderausstellungen in fünf Jahren, 6,6 Millionen Besucher waren es insgesamt. Damit ist das Kunsthis­torische Museum nach dem Schloss Schönbrunn und nach dem Tiergarten eines der wichtigsten Besucherziele in Österreich. Der Eigendeckungsgrad wurde in dieser Zeit der Vollrechtsfähigkeit von 37,3 Prozent auf 40,9 Prozent erhöht. Das heißt: 12 Mil­lionen € jährlich werden mit Sponsoren, mit Unterstützungen und auch mit dem Verleih von Kunstgegenständen hereingebracht. Das ist ein ganz enormer Eigendeckungs­grad, der für Österreich eine sehr gute Weiterentwicklung bedeutet.

Fünf, sechs Jahre nach der Ausgliederung ist es notwendig, dass diese Ausgliederung und Überführung in die Vollrechtsfähigkeit evaluiert wird. Wir haben eine Evaluierung in Auftrag gegeben, und es wurde unter der Leitung von Professor Bernhard Graf für das Kunsthistorische Museum Folgendes festgehalten:

Das Prestige des Kunsthistorischen Museums ist exzeptionell hoch und bedarf keiner grundlegenden Änderung. Das Kunsthistorische Museum ist ein national und inter­national gesuchter Partner. In Österreich übertrifft kein anderes Museum den Rang und die Vielseitigkeit des musealen Lebens am Kunsthistorischen Museum. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Nach dieser Zeit der Umstellung, in der man sich auf neues Terrain begeben hat, erfolgte in den Jahren 2002 bis 2003 eine Rechnungshofprüfung, in der die Jahre 1998 bis 2002 geprüft wurden – manches auch von früher – und in der gerade diese schwierige Zeit der Umstellung auf einen neuen Rechnungskreis und auf völlig neue Voraussetzungen überprüft wurden. Der Rechnungshof hat sich alles sehr genau angeschaut, er hat 38 Empfehlungen ausgesprochen. Der Rechnungshof hat 24 Empfehlungen davon an das Kunsthistorische Museum gerichtet, 18 Empfehlungen des Rechnungshofes wurden bereits nach dem Rohbericht umgesetzt, etwa Verbes­serungen wie die Auflassung des Palais Harrach, die Kündigung der Versicherungen für die Sammlungsobjekte. Weiters erfolgten Verbesserungen der Dokumentation der Dienstreisen und der Repräsentationsaufwendungen. Weitere Empfehlungen befinden sich derzeit in Umsetzung. (Zwischenruf des Abg. Schieder.)

Dezidiert möchte ich festhalten: Der Rechnungshof hat in seinem Bericht nicht den Rücktritt des Generaldirektors angeregt. (Abg. Öllinger: Das ist auch nicht seine Aufgabe, das kann er nicht tun!) Ich bitte Sie, das auch zur Kenntnis zu nehmen! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Dr. Cap behauptet, dass der Rechnungshof den Rücktritt des Generaldirektors gefordert habe. Ich stelle fest: Der Rechnungshof hat


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das nicht gefordert. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Im Kuratorium des Kunsthistorischen Museums sitzen anerkannte Persönlichkeiten wie der Verfassungsjurist Universitätsprofessor Dr. Öhlin­ger und Herr Generaldirektor Dkfm. Püspök. Die renommierte Wirtschaftsprüfungs­kanzlei Ernst & Young prüft – das wissen wir inzwischen alle –, und ein unabhängiger Wirtschaftsexperte, Professor Karl Bruckner, bestätigt, dass die Prüfung des Rech­nungshofes kein fahrlässiges Verhalten des Generaldirektors ergeben hat.

Ich habe alles in alle Richtungen prüfen lassen – es gibt kein fahrlässiges Verhalten des Generaldirektors! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es sind alle Feststellungen des Rechnungshofes nach dem Rohbericht sehr umfas­send behandelt worden. Es sind Aufklärungen gegeben worden. Es ist jede der Feststellungen, die der Rechnungshof gemacht hat, breit und ausführlich diskutiert worden. Wir sollten jetzt, so meine ich, die Gelegenheit wahrnehmen, auf Basis der Empfehlungen die Weiterentwicklung der vollrechtsfähigen Museen voranzutreiben.

Mir sind dabei folgende zwei Dinge sehr wichtig:

Zum einen: Der Rechnungshof empfiehlt ein Vier-Augen-Prinzip. Dieses Vier-Augen-Prinzip muss nicht sofort einen zweiten Geschäftsführer bedeuten; ich möchte das schon klarstellen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Vier-Augen-Prinzip zu verwirklichen. Dieses Prinzip ist ein Organisationsgrundsatz in der Verwaltung, der besagt, dass wichtige Entscheidungen nicht von einzelnen Personen zu treffen sind. (Abg. Broukal: Ja, wir wissen das! Sie wissen es nicht!) Da muss eine klare Trennung zwischen Anweisungsberechtigten und Durchführenden sichergestellt werden.

Meine Damen und Herren! Es haben zahlreiche Museen dieses Vier-Augen-Prinzip mit einem Prokuristen bereits eingeführt. (Abg. Broukal: Weil das normal ist!)

Ich halte es für notwendig und für wichtig, auf einer sachlichen Basis gemeinsam die Weiterentwicklung der Museen voranzutreiben und unsere guten Museen und das ganz hervorragende Kunsthistorische Museum nicht durch ungerechtfertigte Vorwürfe, durch Skandalisierungsversuche zu schädigen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir werden also in den einzelnen Häusern dieses ... (Abg. Dr. Wittmann: Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!) – Meine Verantwortung ist es, die Empfehlungen des Rech­nungshofes umzusetzen. Meine Verantwortung ist es, dafür zu sorgen, dass die Museen in eine gute Zukunft gehen – auf Basis ihrer Rechtsfähigkeit, auf Basis ihrer Selbständigkeit, die in ganz Europa als zukunftsweisend angesehen wird.

Meine Damen und Herren! Wir werden uns in nächster Zeit dieses Vier-Augen-Prinzip an allen Häusern genau anschauen. Wir werden uns darlegen lassen, wie dieses Vier-Augen-Prinzip funktioniert. Ich habe bereits vom Technischen Museum einen Bericht erhalten. Auf Grund der Geschäftsordnung des Technischen Museums Wien können geldrelevante Geschäftsfälle wirksam nur mit Unterfertigung durch den Geschäftsführer oder dessen Vertreter und einen Prokuristen begründet und abgewickelt werden. Das heißt: Für jede Bestellung und Zahlung sind mindestens zwei Unterschriften notwendig.

Es wird die innere Revision mit einer Berichterstattungspflicht an das Kuratorium aus­gebaut. Ich halte das auch für eine Weiterentwicklung, die nach diesen fünf Jahren der Erprobung notwendig, wichtig und richtig ist.

Meine Damen und Herren! Die Bezüge des Generaldirektors Seipel zu kritisieren ist eine leichte Sache. Ich meine, dass wir mit der Zusammenführung mit dem Völker­kundemuseum und mit dem Theatermuseum dem Herrn Direktor Seipel eine große Aufgabe übertragen haben. (Abg. Dr. Wittmann: Eine zu große!)


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Wir haben gemeinsam ein Gesetz beschlossen, wonach die Tätigkeit des Direktors auch entsprechend abzugelten ist. Wenn Sie genau lesen, was der Rechnungshof empfiehlt, dann werden Sie sehen, dass auch er eine aufgabengerechte Abgeltung empfiehlt.

Meine Damen und Herren! Wenn man Vergleiche mit anderen Museumsdirektoren in Europa anstellt, dann muss man sagen: Das Gehalt des Generaldirektors Seipel ist in einer Höhe, das der Verantwortung und der Größe des Betriebes entspricht. Ich meine, es ist leicht, einen Neidkomplex zu wecken, es ist leicht, in der Öffentlichkeit mit Zahlen herumzuwerfen. Aber: Es wurde sehr genau und mehrfach vom Herrn Generaldirektor Seipel dargelegt, dass er selbstverständlich einkommensteuerpflichtig ist, die Einkom­mensteuer auch bezahlt hat. Ich bitte Sie wirklich, diese Skandalisierung nicht weiter fortzusetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zum Abschluss möchte ich jenen, die hier die Meinung vertreten, es sei gesetzlich not­wendig, Herrn Generaldirektor Seipel abzuberufen, Folgendes entgegenhalten: Im Bundesmuseen-Gesetz 2002, § 6 Abs. 1 Z 3.1 stehen die Ausführungen über die vor­zeitige Abberufung des Geschäftsführers beziehungsweise der Geschäftsführerin. Ich zitiere wörtlich: 

„Die vorzeitige Abberufung der/des Geschäftsführer(s) bedarf eines Antrags des Kura­toriums, für den eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich ist. Ist das Kuratorium säumig und Gefahr im Verzug, kann der Bundesminister für Bildung, Wis­senschaft und Kultur auch ohne Antrag tätig werden.“

Dazu stelle ich Folgendes fest:

Erstens: Das Kuratorium, dem, wie ich es schon erwähnt habe, anerkannte Persön­lichkeiten wie der Herr Verfassungsjurist Universitätsprofessor Dr. Öhlinger und der Herr Generaldirektor Dkfm. Püspök angehören, hat keinen Antrag auf Abberufung von Generaldirektor Seipel gestellt. (Abg. Mag. Kogler: Eine Hand wäscht die andere! – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Zweitens: Der Rechnungshof hat keine Empfehlung ausgesprochen, Generaldirektor Seipel abzuberufen.

Drittens: Der Rechnungshof hat auch nicht festgestellt, dass Gefahr im Verzug ist.

Deswegen werde ich, viertens, Herrn Generaldirektor Seipel nicht abberufen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Ihre Rede war bereits eine Abschiedsrede!)

15.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Als Erster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


15.37.12

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Ich möchte eingangs die Frage „Kleinod versus Saustall“ klären, weil die Frau Bundesministerin davon ge­sprochen hat. Also das Kunsthistorische Museum ist ein Kleinod, aber es wird wie ein Saustall geführt. So schaut es aus! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Ministerin! Glauben Sie denn im Ernst, dass sich die kritische Öffentlichkeit mit diesen Antworten zufrieden geben wird? Glauben Sie, dass die Machenschaften und die Malversationen von Herrn Seipel jetzt aus der Welt geschafft sind, dass man zur Tagesordnung übergehen kann?


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Also nicht böse sein, Sie können doch nicht die Feststellungen des Rechnungshofes ignorieren, jede Konsequenz verweigern und hier geordnete Verhältnisse vorgaukeln!

Frau Ministerin! Ich sage es Ihnen mit Schulvokabeln: Sie haben dieses Lehrbuch (den Rechnungshofbericht in die Höhe haltend) überhaupt nicht verstanden! Sie haben die Lektion des Rechnungshofes nicht gelesen! Und Sie verdienen ein glattes Nicht genü­gend! Das möchte ich Ihnen sagen, Frau Ministerin. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie werden natürlich nachsitzen müssen, das ist ganz klar. Im Rechnungshof­aus­schuss werden wir selbstverständlich davon reden, dass sich da jemand selbst einen PKW verkauft oder kauft und dass Dienstreisen gemacht werden (Zwischenruf des Abg. Dr. Sonnberger) – und da werden Sie mich auch unterstützen, Herr Kollege –, wo es keine Rechnungen und Belege gibt, dass Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchhaltung und Bilanzierung verletzt werden, dass Unterlagen, Belege, Aufstellungen und Genehmigungen fehlen. (Abg. Öllinger: Schwierigkeiten bei der Umstellung!) Und das alles soll ohne Konsequenzen bleiben?! (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Oder – und da wird Kollege Neudeck, der Chef-Aufdecker von dieser politischen Seite (in Richtung der Freiheitlichen), auch dabei sein –: Was ist mit den Sicherheits­mängeln? Was ist mit dem Finanzdefizit? Was ist mit dem Besucherrückgang? Wie kann es sein, dass eine normale Geschäftsführergage in eine Bundeskanzlerhöhe explodiert und dass außerdem noch Nebentätigkeiten im Dunkeln liegen?

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nun zur Einladung des Herrn Staatssekretärs Morak zum Geburtstag, finanziert mit sauer verdientem Steuergeld der Bevölkerung: 6 000 €, wie man hört, für Speis und Trank, 6 000 € für die Miete. Das kann doch wohl nicht sein! Es ist eine Chuzpe, wenn der Herr Staatssekretär sagt, noch einmal würde er so eine Einladung nicht annehmen. Das ist ja ungeheuerlich! Der soll das zurück­zahlen! Das ist eine offene Rechnung.

Meine Damen und Herren! So kann es nicht sein: Zechen, und dann den Steuerzahler um dieses Geld prellen! Das ist ungeheuerlich!

Herr Morak, auch wenn Sie nicht da sind, ich fordere Sie auf: Zahlen Sie dieses Geld zurück! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Frau Ministerin Gehrer, Ihre heutige Darstellung erinnert fatal an den sagenhaften Fernsehauftritt von Herrn Seipel. Da gibt es eine vernichtende Rechnungshofkritik, und der Herr Seipel sagt: Danke, lieber Rechnungshof, für das Lob! Das eine oder andere Kinkerlitzchen haben wir schon geregelt!

Nein, nein, so ist das nicht! Es geht um die ganz großen „Brummer“ der öffentlichen Finanz- und Gebarungskontrolle, um Misswirtschaft, um Geldverschwendung und um Freunderlwirtschaft. Daher gibt es diesen Antrag der SPÖ, dass hier Konsequenzen zu ziehen sind.

Wenn man sich die Zuständigkeitsbereiche der Frau Ministerin Gehrer anschaut, dann kann man Gemeinsamkeiten feststellen. Nehmen wir einmal das Kunsthistorische Museum und die Gerichtsmedizin her! Na, was sind da die Gemeinsamkeiten? – Sie, Frau Ministerin, sind zuständig, es gibt katastrophale Zustände, es gibt vernichtende Rechnungshofberichte und jeweils jede Menge Leichen im Keller.

Dieser Wahnsinn hat Methode, Frau Ministerin: Die Aufsichtsorgane kümmern sich um nichts, die politische Führung versagt völlig, es gibt interne Machtkämpfe, irgendwer ist Chef und wirtschaftet in die eigene Tasche. – Das ist bei der Gerichtsmedizin so, und das ist auch beim Kunsthistorischen Museum so.


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Jetzt warten wir noch auf den Bericht von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, und, Frau Ministerin, ich sage es Ihnen jetzt schon: Da kommt gar Grausliches auf Sie zu, wenn die Rechnungshofprüfung darüber abgeschlossen ist!

Und wie ist der Umgang mit der Rechnungshofkritik? – Es ist modern, Gutachten vor­zu­legen. Angefangen hat damit ausgerechnet Herr Finanzminister Grasser – ausge­rechnet der, der an einer funktionierenden Finanzkontrolle Interesse haben müsste! –, und fortgesetzt hat das unter anderem Frau Klasnic, als es in der EStAG-Sache unangenehm geworden ist, aber den Vogel abgeschossen haben die Herrschaften, die Sie, Frau Ministerin, soeben so lobten, nämlich die Damen und Herren vom Kura­torium.

Ja, was hört man von dort? – Es gibt eine gutachtliche Stellungnahme, und da heißt es: die nach kritischer Sachverständigenbeurteilung verbleibenden relevanten Feststel­lungen des Rechnungshofes. – Also da wird einfach ausgeschieden, was nicht passt.

Oder: Ein privater Wirtschaftsprüfer hat festgestellt: Im Unterschied zum Rechnungshof wird die vollständige Richtigkeit der Buchhaltung und Bilanzierung bestätigt. – Ja, gute Nacht, meine Damen und Herren! (Heiterkeit bei der SPÖ. – Abg. Mag. Kogler: Wer sagt das?)

Und ein Mitglied des Kuratoriums sagte: Das ist der Gipfel in der Zweiten Republik: dass vom Rechnungshofbericht mehr Schaden als Nutzen ausgeht.

Geschätzte Rednerinnen und Redner von den Regierungsfraktionen, ich fordere Sie wirklich auf, da jetzt stopp zu sagen! So kann es nicht weitergehen! Sie können nicht zulassen, dass das keine Konsequenzen nach sich zieht! Sie fügen ja auch dem Rech­nungshof – das ist ja ein Organ des Nationalrates! – einen unermesslichen Schaden zu! Sie degradieren ja den Rechnungshof zu einem Salzamt, wenn Sie da keine Konsequenzen ziehen!

Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie diesem Antrag der Sozialdemokraten zu! Wenn Sie das nicht tun, meine Damen und Herren, dann stellt sich die kritische Öffentlichkeit natürlich die entscheidende Frage: Warum wird Seipel gehalten? Wie kann das bei diesen Fakten nur sein? (Abg. Steibl  einen Zeitungsartikel in die Höhe haltend –: Kümmern Sie sich um Ihre Sachen!)

Ich habe auch lange nachdenken müssen, Frau Steibl, doch es gibt nur eine einzige Antwort auf diese Frage, und die heißt: Der Herr Seipel ist ja im Personenkomitee des Herrn ÖVP-Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel gewesen! Natürlich ist er dann sakro­sankt und hat eine Lizenz für Misswirtschaft, Geldverschwendung und Freunderlwirt­schaft, und deswegen schützen Sie Herrn Seipel. (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber die Abrechnung, meine Damen und Herren, kommt garantiert: bei den nächsten Wahlen, sowohl in den Ländern als auch auf Bundesebene! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

15.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. – Bitte.

 


15.43.37

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es schade, dass die SPÖ als Oppositionspartei eine Debatte, die durchaus Anspruch hätte, eine qualitätsvolle Debatte in diesem Hohen Haus werden zu können, absolut unfair führt, nämlich mit unwahren Behauptungen, indem der Geschäftsführende Klub­obmann hier an das Rednerpult geht, den Rechnungshofbericht hochhebt und sagt: Der Bericht empfiehlt die Absetzung des Generaldirektors des Kunsthistorischen


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Museums!, obwohl kein Wort wahr ist! – Kein Wort ist wahr! Sie werden diese Emp­fehlung in keiner Zeile finden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das ist höchst unfair! Das ist meiner Ansicht nach eine Argumentation mit illegitimen Mitteln. (Abg. Krainer: Hö, hö!) Das sollten wir in diesem Hohen Haus nicht einreißen lassen!

Die Wahrheit sieht ganz anders aus. Die Wahrheit zeigt, dass gerade das Kunsthis­torische Museum in den letzten eineinhalb Jahrzehnten eine nicht nur bemerkens­werte, sondern auch hervorragende Entwicklung genommen hat und dass nicht zuletzt Generaldirektor Seipel mit seiner Persönlichkeit einen ganz entscheidenden Beitrag dazu geleistet hat. (Abg. Gaál: Das ist ja ungeheuerlich!)

Wenn Wien heute nicht nur auf dem musikalischen Sektor, sondern auch auf dem musealen Sektor Weltgeltung hat, wenn sich hier in den letzten eineinhalb Jahrzehnten eine Entwicklung abgezeichnet hat, die wirklich einen Meilenstein darstellt, dann ist das nicht zuletzt eben ein Verdienst von Generaldirektor Wilfried Seipel. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Sie mögen vielleicht sagen, dass das meine persönliche Meinung ist. Das ist jedoch auch – dem Sinne nach – die Meinung der hochrangigen Expertenkommission, die die gesamte Museumslandschaft in Österreich evaluiert hat. Was hat diese geschrie­ben? – In dem Evaluierungsbericht heißt es:

„Das Prestige des Kunsthistorischen Museums ist exzeptionell hoch und bedarf keiner grundlegenden Änderung. Das Kunsthistorische Museum ist ein national und international gesuchter Partner. In Österreich übertrifft kein anderes Museum den Rang und die Vielseitigkeit des musealen Lebens am Kunsthistorischen Museum.“ – Zitat­ende.

Wahr ist, dass da tatsächlich etwas passiert ist, und wenn man die Entwicklung ein bisschen verfolgt hat, konnte man das auch erkennen. Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass es schon damals, als Busek 1990 Seipel geholt hat, eine Dis­kussion gegeben hat – aus ideologischen Gründen! (Zwischenruf bei der SPÖ.) O ja! Weil Seipel nie der linken Kunstschickeria in Österreich gefallen hat! Dazu hat er nie gehört! Von Anfang an hat es diese Diskussion gegeben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Ruf bei der ÖVP: Das ist die Wahrheit! – Ironische Heiterkeit sowie Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, Sie mögen sich gerne darüber alterieren. Gerade die Aussage vom Kollegen Kräuter dürfte darauf hinweisen, was der wirkliche Grund dafür ist. – Ja, er deklariert sich auch! Er deklariert sich letztendlich auch für den Bundeskanzler. Das gefällt Ihnen nicht, und das ist für Sie schon ein Grund dafür, dass man mit unfairen Mitteln einen Mann und eine Institution schlecht macht. (Abg. Mag. Lapp: Nein! Nein!) Da werden wir nicht zuschauen! (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache ist, dass Generaldirektor Seipel seit Beginn der neunziger Jahre mit neuen Ausstellungskonzepten angetreten ist, mit neuen Führungskonzepten, mit neuen Finanzkonzepten, indem er Shops eingerichtet hat, indem er Sponsoring herbeigeführt hat (Abg. Parnigoni: Sponsoring für Morak! – Abg. Gaál: Schwerster Missbrauch!), dass er der Erste war, der tatsächlich ein Museum dieser Größenordnung mit einem derartigen zusätzlich privat erwirtschafteten Aufwand führen kann, dass er ein Museum führen kann, bei dem die Grundausstattung und der Grundbeitrag des Staates seit 1998 gleich geblieben sind, und er es trotzdem schaffte, dass es keinen Abgang gab oder zumindest in dieser Zeit ein ausgeglichenes Budget. Er hat vor zwei Jahren sogar einen Überschuss erwirtschaftet und ist jetzt gerade nur auf Grund der Tatsache, dass ein Projekt vorgezogen wurde, das bereits für das nächste Jahr angerechnet wird, mit


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2 Millionen € sozusagen im Minus. Aber insgesamt weist er eine absolut positive Bilanz auf. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich kann Ihnen nur sagen: Seipel ist es gelungen, dieses Haus am Ring zu einem der führenden Häuser der Welt zu machen, auch was den Betrieb betrifft. Ich selbst habe vor einigen Jahren Gelegenheit gehabt, anlässlich einer großen internationalen Kon­ferenz dort einen Abend zu gestalten beziehungsweise die Führungen dort mitzu­erleben. Das ist derartig professionell organisiert: Es war eine Freude, zu sehen, wie dort 700 hochkarätige Personen internationalen Ranges durch das Museum geführt wurden, wie es gelungen ist, innerhalb weniger Stunden, ohne dass sich die Gruppen gekreuzt haben, so viele Personen gleichzeitig durch das Haus zu führen (Abg. Broukal: Das ist in diesem Museum sehr einfach!) und obendrein auch noch Ver­anstaltungen abzuhalten, die zusätzliche Gewinne eingebracht haben. Das war schlicht und einfach hervorragend! (Beifall bei der ÖVP. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, ich habe eine Bitte: Hören Sie auf mit der Seipel-Hatz! Sie sind ganz nahe an der Grenze dazu, eine Hatz, eine persönliche Hatz hier zu veranstalten. Das hat er sich nicht verdient, denn er hat einen ganz wesent­lichen Beitrag dazu geleistet, dass sich die museale Landschaft in Wien derart gut entwickelt hat.

Wenn wir heute einen Wettbewerb zwischen den großen Häusern haben, zwischen dem Kunsthistorischen Museum, der Albertina, dem Liechtenstein Museum und anderen Museen, dann ist das nicht zuletzt auf die Tatsache zurückzuführen, dass er hier ein neues Modell geschaffen hat. Er ist der Erste, der wirklich dieses Haus aus einer nachgeordneten Dienststelle in einen privatwirtschaftlichen Betrieb übergeführt hat und dieses Haus gut führt.

Natürlich gibt es Kritik vom Rechnungshof, das ist nicht abzustreiten, aber was ich besonders positiv finde, das ist, dass er sich dieser Kritik nicht nur stellt, sondern dass er bereits auf Grund des Rohberichts einen Großteil der Kritikpunkte aufgegriffen und Empfehlungen positiv realisiert hat.

Ich finde es auch positiv, dass die Frau Ministerin reagiert hat. Ja, es ist wahr, natürlich ist er ein Mann, der auf dem Forschungsgebiet Hervorragendes leistet, er ist wirklich auch führend in ganz Europa im musealen Betrieb, was etwa das Restaurationswesen betrifft, und bei anderen Forschungsprojekten. Er ist einer, der den Museumsbetrieb vorbildlich führt und der die Ausstellungen selbst organisiert. (Abg. Dr. Cap: Erfolglos!) Dass dieser Mann nicht gleichzeitig auch noch der beste Oberbuchhalter ist, dafür bitte ich um ein gewisses Verständnis. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich halte es daher für absolut richtig, dass die Frau Minister beabsichtigt, ihm auch einen kaufmännischen Direktor – wahrscheinlich – oder etwas Ähnliches beizustellen. (Abg. Dr. Cap: Einen Aufpasser! Einen Kontrollor!) Ich glaube, das ist eine weitere Ver­besserung in dieser Landschaft. Das wird dazu führen, dass das Kunsthistorische Museum nicht nur das Kleinod der österreichischen Museumslandschaft ist, sondern dass es auch an dieser Liste, zu der der Louvre, der Prado, die Pinakothek oder das Metropolitan Museum gehören (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter), nahtlos an­schließen kann und nicht nur zum Tourismus und zum Kunstleben in Österreich einen entscheidenden Beitrag leistet, sondern insgesamt zum Ansehen Österreichs. (Zwi­schenruf des Abg. Faul.)

Schädigen Sie mit Ihrer Vorgangsweise nicht das Ansehen Österreichs, und schädigen Sie mit Ihrer Vorgangsweise nicht das Ansehen einer Person (Abg. Broukal: Seipel und Österreich, das ist ein bisserl weit hergeholt!), die sich um die Kunstszene in


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Österreich sehr verdient gemacht hat! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kräuter: Wir schädigen nichts!)

15.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Ich erteile es ihr.

 


15.51.22

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Ich möchte hier wirklich nichts verniedlichen oder verschleiern oder auch verharmlosen (Abg. Öllinger: Aber?), aber gerade im Falle des Kunst­historischen Museums und Generaldirektor Seipels halte ich es (Abg. Öllinger macht eine Geste der Beweihräucherung) – nein, nicht mit dem Weihrauch! –, mit dem Shakes­peare’schen Zitat: „Nehmt alles nur in allem!“ (Abg. Dr. Cap: „Sein oder nicht sein!“) Und da bin ich (Abg. Broukal: Das hat er beherzigt!) – na passen S’ auf! – merkwürdigerweise eins mit dem Chefkritiker Worm (Zwischenruf des Abg. Schieder), der geschrieben hat: „Seipel und die Gesamtheitlichkeit“. Da meint Worm, von dem man ja wirklich nicht sagen kann, dass er Skandale nicht durchleuchtet, Folgendes:

Das Kunsthistorische Museum unter Seipels Leitung hat sensationelle Ausstellungen produziert, die weltweit gelobt wurden, und die zählen mehr als unvollständige Belege. (Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Weiters sagt Worm – nicht ich! –: Es gibt weltweit kein Unternehmen, in dem die Belegsdokumentation im Nachhinein hundertprozentig vollständig ist. Tatsache ist, dass keine Malversationen festgestellt werden konnten und dem Kunsthistorischen Museum der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk erteilt wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) – So weit Chefredakteur Worm, und er ist, wie gesagt, keiner, der an einem Skandal vorbeigeht.

Allerdings, Frau Minister, so großzügig, wie Herr Redakteur Worm mit Seipel umgeht, bin ich eigentlich nicht. Wir können auch als politische Vertreter nicht so unkritisch sein. Denn auch bei größtem Wohlwollen gegenüber Herrn Seipel muss man nach dem Studium des Rechnungshofberichtes schon sagen, dass vieles dargestellt wurde, was wirklich nicht so läuft, wie es laufen soll, und dass Missstände festgestellt wurden, die ganz einfach nicht passieren dürfen.

Frau Minister, Sie haben mehrmals erwähnt, dass das Kunsthistorische Museum der erste Betrieb war, der in die Privatrechtsfähigkeit überstellt worden ist. Das ist in Ord­nung, und sicherlich sind ungeheure Schwierigkeiten damit verbunden gewesen. Aber trotzdem muss man eine ordnungsgemäße Buchhaltung führen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Trotzdem muss man seine Reisen ordnungsgemäß abrechnen. Trotzdem muss man eine Gehaltserhöhung – noch dazu um das Zweieinhalbfache – auch ordnungs­gemäß absegnen lassen. (Abg. Öllinger: Das Auto verkaufen!) Da hilft alles nichts, da hilft auch nicht die Pionierleistung auf dem Gebiet der Privatrechtsfähigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es sind Fehler passiert, die nicht beschönigt werden dürfen. Belege müssen auf alle Fälle vollständig vorhanden sein, das weiß jeder, der einmal etwas mit dem Finanzamt zu tun gehabt hat, mit der Lohnsteuer oder womit auch immer. Da gibt es ganz einfach nichts zu beschönigen, und das muss man auch dem Herrn Generaldirektor Seipel sagen. (Abg. Dr. Kräuter: Das ist aber traurig!) Ja, das ist eine emotionale Sache. Ich bemühe mich ja, das Ganze sehr vernunftmäßig zu behandeln.

Natürlich stehen auf der anderen Seite wieder die große Bedeutung des Kunsthis­torischen Museums und auch die große Leistung des Herrn Generaldirektors Seipel, die hier schon Herr Kollege Fasslabend in ganz rührender Weise hervorgehoben hat.


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112. Sitzung / Seite 150

(Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Man muss schon sagen – darüber gibt es ja nichts zu diskutieren –, das Kunsthistorische Museum ist unter Seipel zu einem Museum von Weltruhm geworden, mit großartigen Ausstellungen! (Abg. Öllinger: Keinen Personenkult!) Das muss auch die Opposition anerkennen. (Abg. Dr. Sonnber­ger: Nein, das wollen sie nicht!)

Eines weiß ich auch wirklich aus eigener Erfahrung, weil Herr Generaldirektor Seipel mich mit einem Sponsor bekannt gemacht hat. Das ist unwahrscheinlich, da sind 10 Millionen – damals noch – österreichische Schilling von einem amerikanischen Sponsor in die Sammlung alter Musikinstrumente geflossen. Das muss man einmal zusam­menbringen, dass man solche Sponsoren auftreibt! (Beifall bei den Frei­heitlichen und der ÖVP.) Ich glaube, drei oder fünf Stradivaris sind da nach Österreich gekommen und bleiben auch hier. Diese Leistung muss man anerkennen, und deshalb habe ich gesagt: „Nehmt alles nur in allem!“ – auf der einen Seite offensichtlich seine mangelnde Genauigkeit bei den Belegen, aber auf der anderen Seite doch seine große künstlerische Offenheit, Begabung und so weiter.

Er hat nämlich das Kunsthistorische Museum von einem Aufbewahrungsort wirklich sehr wertvoller Gemälde zu einem blühenden und interessanten Museumsstandort gemacht. (Abg. Öllinger: Und was ist mit der Saliera? Mit der Aufbewahrung?) Deshalb kommen ja die Leute nach Österreich. Die Leute kommen nicht nach Öster­reich, um sich die Belegsammlung anzuschauen – das muss uns schon klar sein (Heiterkeit bei den Freiheitlichen und der ÖVP) –, sondern sie kommen nach Österreich, um sich die Ausstellungen anzuschauen. (Ruf bei der SPÖ: Immer weni­ger!) Deshalb darf auch diese künstlerische Seite, wie gesagt, einfach nicht vergessen werden.

Ich glaube auch, wegen dieser künstlerischen Qualitäten soll man jetzt eben nicht schreien: „Abberufen! Abberufen! Abberufen!“, wie es Herr Kollege Cap gemacht hat, sondern geben wir ihm noch eine Chance (Zwischenrufe bei der SPÖ), unter verstärkter Kontrolle weiter tätig zu sein.

Da schon von Kontrolle geredet worden ist: Sie sehen, da bin ich auch teils Ihrer Meinung, denn funktioniert hat die Kontrolle nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wundere mich wirklich – Frau Minister, ich glaube, da sind Sie mit mir einer Meinung –, dort sitzen lauter honorige Herren drinnen – es sind lauter Herren, die dort drinsitzen, es ist keine einzige Frau drinnen –, aber sie dürften offensichtlich von Kontrolle oder vom Wirtschaften nicht viel verstehen.

Der Vorsitzende ist Herr Dr. Püsböck. Er ist von der Raiffeisenkasse, und da müsste man eigentlich annehmen, dass er etwas vom Wirtschaften versteht. (Abg. Broukal: Dass er weiß, was ein Beleg ist!) Aber offensichtlich ist die Kontrolle an ihm vorüberge­gangen. (Abg. Dr. Cap: Was weiß er über die Versicherung, die Versicherung der Saliera?) Frau Minister, da muss ich mich fragen: Wieso sitzt ein Vertreter der Raiff­eisenbank in diesem Kuratorium, wenn er seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ferner sitzt ein Mitglied der Hof-, Jagd- und Rüstungskammer drinnen. Ob derjenige viel von Belegen und Abrechnungen und von der Geschäftsführung versteht, frage ich mich auch. (Abg. Dr. Cap: Saliera-Versicherung!) Man müsste daher schon einmal schauen, ob das Kuratorium nicht besser zusammengesetzt werden müsste (Abg. Dr. Cap: Ausgewechselt gehört das!), um eben zu einer wirklich effektiven Kontrolle zu kommen.

Interessanterweise sagt Herr Püsböck von der Raiffeisenbank (Abg. Dr. Cap: Ver­sicherung! Uniqa!) – passen Sie doch auf, Herr Abgeordneter! –: „Wir haben Sorge, dass durch solche Prüfungen mehr Schaden als Nutzen entsteht.“ Das wundert mich


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bei einem Kontrollorgan. Statt dass ein Kontrollorgan sich an die Brust klopft und sagt: Jessas na, was ist uns da passiert? Da haben wir nicht genügend kontrolliert!, regt er sich mehr oder weniger noch darüber auf, dass Fehler aufgedeckt worden sind. Wie gesagt, da besteht dringender Handlungsbedarf, und da muss auch etwas geschehen, Frau Minister, weil Sie sonst wahrscheinlich ununterbrochen von Vorwürfen des Parla­ments geplagt werden, wenn da nicht endlich etwas geschieht.

Frau Minister! Generell gilt – das haben wir ja schon beobachtet, als der „Hase“ von der Albertina ausgeliehen worden ist –, dass manche Direktoren ihr Museum so betrachten, als ob es ihr Eigentum wäre, mit dem sie uneingeschränkt wirtschaften können. Herr Generaldirektor Seipel erhöht sich sein Gehalt um das Zweieinhalbfache, der andere leiht einen „Hasen“ aus, obwohl das streng verboten war. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Falscher Hase!) So kann es nicht gehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auch vom Kunsthistorischen Museum sind Werke ins Ausland verliehen worden, obwohl die Restaurierungswerkstätte der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums gesagt hat: Diese Bilder können nicht als Leihgabe vergeben werden, weil sie entweder zu fragil sind oder weil sie zu wertvoll sind oder weil sie eben wegen ihrer Bedeutung von jeder Entlehnung ausgenommen worden sind. Dafür gibt es sogar eine Richtlinie aus dem Jahre 1971. Leider Gottes hat sich das Kunsthistorische Museum samt seinem Kontrollkuratorium über diese Richtlinie hinweggesetzt. Das darf ganz einfach nicht passieren! (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Handlungsbedarf ist daher gegeben, und zwar dringender Handlungsbedarf. Frau Minister, Sie haben gesagt, 10 Punkte der 18 Kritikpunkte des Rechnungshofes sind schon erfüllt worden. Ich bin überzeugt davon, dass es notwendig ist, alle Punkte zu erfüllen und das Vier-Augen-Prinzip notfalls sogar zu einem Sechs-Augen-Prinzip zu machen und Herrn Generaldirektor Seipel unter eine sehr starke wirtschaftliche Kontrolle zu stellen. Diese Kontrolle müsste sich auch auf andere Museen wie beispielsweise die Albertina, wegen der Leihgaben und so weiter, erstrecken. Dann werden Sie, Frau Minister, ein zufriedenes Parlament finden, das auch stolz zu Ihren Museen steht. (Beifall bei den Freiheitlichen, der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Kräuter: Nehmen wir gleich einen anständigen Direktor! – Ruf bei der SPÖ: Herr Fasslabend, wo bleibt der Applaus der ÖVP?)

16.01


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. Ich erteile es ihm.

 


16.01.03

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Manchmal sehne ich mich nach einer anderen Diskussion (Ruf bei der ÖVP: Wir auch!) und nach einer anderen Kulturpolitik in dem Haus, zum Beispiel danach, dass man das Nebeneinander unterschiedlichster Kulturen von Zugewan­derten in dem Lande diskutiert, oder über Kulturinitiativen, die vielleicht manchmal im Schatten stehen und nicht in der medialen und repräsentativen Öffentlichkeit zutage treten. Aber nein, wir haben immer wieder diesen Dr. Seipel! Da müssen wir leider durch, denn solange es diese Vorstellung von Kultur in diesem Lande gibt, die eigent­lich das kulturelle Erbe dazu ausnutzt, um sich zu bereichern, um in Saus und Braus zu wirtschaften (Abg. Mag. Molterer: Was heißt „bereichern“? Wer bereichert sich?) und die Gesetze zu missachten, so lange werden wir dieses Thema hier pflegen (Abg. Mag. Molterer: Wem werfen Sie das vor?) und immer wieder darüber reden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Denn dieser Fall Seipel hat sich mittlerweile tatsächlich zu einem Symbol für Freunderl­wirtschaft, für Missbrauch von Macht und Möglichkeiten in der Kunst und Kultur


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heraus­kristallisiert. Man kann praktisch schon von einer Art Seipel-Misswirtschaft sprechen, wenn man das meint, in der Kultur von anderen.

In manch einem Pressegespräch habe ich in den letzten Tagen immer wieder die Frage gehört: Was ist denn der wichtigste Kritikpunkt? Wo sind die Kritikfelder, die besonders tragisch sind? Wo sind die schlimmsten Missachtungen des Gesetzes? – Nun, diese Frage ist einfach nicht zu beantworten. Es handelt sich um ein Schlamm­feld, um einen Sumpf, und in einem Sumpf fragt man auch nicht: Wo ist die Stelle, an der man einsinken kann?

Schlagen Sie einfach irgendeine Seite in diesem Rechnungshofbericht auf, und Sie werden zwei oder drei Sachen finden, die die schlimmsten sind. Da fehlen sogar noch Dinge. Da fehlt zum Beispiel das Verschwinden, der Raub der „Saliera“, und zwar deswegen, weil dieses Verschwinden nicht im Jahr 2002, das der Rechnungshof geprüft hat, geschah, sondern erst im Jahr 2003.

Frau Ministerin, und da frage ich mich schon, wieso der Schadenersatz von der Ver­sicherung nicht eingeholt wird. Die „Saliera“ war ja versichert, und diese Versicherung wurde bezahlt, dafür ist schon sehr viel Geld ausgegeben worden. (Abg. Dr. Cap: Unter­versichert!) Aber jetzt wird eigentlich von dieser Versicherung der Schaden nicht zurückgeholt, es wird nicht darauf gedrungen, dass der Schaden ersetzt wird. Wenn man allein die Zinsen, die uns, dem Staat, der Republik dadurch entgehen, hernimmt, dann ist das ein Millionenbetrag. Mit diesem Millionenbetrag, Frau Ministerin, könnten Sie im Kunsthistorischen Museum freien Eintritt machen, so wie bei einem Fonds. Jedes Jahr sind die Zinsen dieser 30 Millionen oder 40 Millionen – je nachdem, wie viel Sie dafür bekommen – dazu geeignet, freien Eintritt im Museum herzustellen.

In den letzten Tagen habe ich noch etwas anderes erfahren, nämlich dass im Mu­seumsshop diese Replik der Saliera – ich habe sie hier mit – nicht mehr verkauft wird (der Redner deponiert die erwähnte Nachbildung auf dem Rednerpult), einfach weil Direktor Seipel der Meinung ist, dass das die Besucher zu sehr daran erinnert, dass da etwas schief gelaufen ist. (Heiterkeit bei den Grünen.) Ich sage dazu, dem Museums­shop entgeht dadurch jährlich eine Summe von 100 000 €. 1 000 Leute kaufen das um 150 €, oder sagen wir, es sind nur 80 Leute, da entgehen dem Museumsshop 100 000 €. Ich frage Sie, Frau Ministerin: Wird da nicht irgendwie eigenartig gewirt­schaftet? (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Frau Ministerin, Ihre Stellungnahme ist in der Zwischenzeit zu einem stereotypen Bündel von Ausreden geworden, die eigentlich schon der Direktor dem Rechnungshof andrehen wollte, allerdings nicht mit großem Erfolg behaftet. Für Sie ist anscheinend weiterhin alles superb, das Museum ist eins a aufgestellt, und nur die Kritik macht alles kaputt. Es gibt allerdings Kritik von allen Medien in Österreich. Wenn man von Herrn Worm absieht – das war die einzige Stellungnahme, die Seipel verteidigt hat –, kann man sagen, die gesamte österreichische Medienlandschaft kritisiert das Verhalten des Dr. Seipel und auch Ihres in diesem Zusammenhang.

Wenn man dann auch noch aus Ihren Reihen erfährt – ich nenne da Ihren Vorgänger, Dr. Busek, der das in der „Presse“ schreibt –, dass die Museumspolitik letzten Endes zu einem Jahrmarkt der Eitelkeiten geführt hat und dass die Ausgliederung völlig fehlgeschlagen ist, dann frage ich mich wirklich, was das soll, dass Sie hier stehen und noch immer eine Museumspolitik verteidigen, an die schon niemand mehr glaubt. Das Einzige, was wir uns vorstellen können, ist (Abg. Dr. Sonnberger: Internationales Vorbild, Herr Kollege!), dass Sie dort auch ein Geburtstagsfest feiern wollen und dass Dr. Seipel Sie demnächst einlädt. Sie, Frau Dr. Partik-Pablé, werden diese Chance nicht mehr bekommen, Sie waren jetzt doch schon zu kritisch. Aber ich glaube, von der


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ÖVP gibt es noch einige Herren und Damen, die in den Genuss kommen wollen. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber weil diese Kritik doch vom Rechnungshof kommt, haben Sie jetzt noch eine letzte Linie der Verteidigung aufgebaut, und das ist das Kuratorium. Dieses Kuratorium ist doch schon ein sehr eigenartiges Instrument, denn anstatt dass es selbst geprüft und kontrolliert hätte, aufgepasst und dann dementsprechende Konsequenzen gezogen hätte, beginnt es jetzt diese Misswirtschaft und diese Politik des Dr. Seipel zu verteidigen. Das heißt, dass dieses Kuratorium ganz offensichtlich genau dafür ein­gerichtet wurde. Es wurde eingerichtet, um den Direktor zu verteidigen, falls etwas schief geht, denn sonst hätte es eigentlich schon längst tätig werden müssen. Sie haben ja selbst das Gesetz zitiert, dass das Kuratorium mit Zweidrittelmehrheit den Direktor ablösen kann, und ich bin der Meinung, dass das längst hätte passieren sollen.

Sie sagen außerdem noch, Frau Ministerin, dass jetzt das meiste repariert worden ist. Ich frage mich: Steht der Wagen des Dr. Seipel noch immer im Hof des Museums – der Rechnungshof schlägt vor, dass da Konsequenzen gezogen werden –, ja oder nein? – Er steht noch drinnen, das heißt, er fährt noch immer damit. Auch die Verwaltungs­direktorin hat einen Wagen, der vom Rechnungshof kritisiert wurde, und der Wagen steht noch immer drinnen.

Der Rechnungshof kritisiert auch das Ministerium im Zusammenhang mit dem Gehalt, und Sie sagen: aufgabengerecht. Aber das stimmt nicht, so steht es nicht drinnen, sondern der Rechnungshof empfiehlt, für den Geschäftsführer eine Vergütung vor­zusehen, bei der nicht nur seine Interessen, sondern vor allem auch die Interessen des Bundes berücksichtigt werden. Das heißt auf gut Deutsch, dass Direktor Seipel zu viel Geld bekommen hat und in Zukunft nicht mehr so viel Geld bekommen sollte. Ich frage Sie, Frau Bundesministerin: Werden Sie diesen Ratschlag des Rechnungshofes über­nehmen, ja oder nein?

Es wird gegen die Kritik immer wieder eingewendet, dass dort keine Bereicherung stattgefunden habe. Natürlich hat Bereicherung stattgefunden! Aber nicht nur das, es fehlen einfach Beträge. Da sind zum Beispiel 38 000 € nicht ausgewiesen, die sind draußen aus dem Portemonnaie, dafür gibt es keine Belege, dafür gibt es keine Begründung. Dann gibt es 276 000 €, die an Abfertigung ausbezahlt werden, ohne dass dafür eine vertragliche Notwendigkeit existiert. (Abg. Dr. Cap: Abfindungen!) Mit einem Wort, das sind laufend Machenschaften, die uns darauf hinweisen, dass dort schlechtest gewirtschaftet wird.

Wenn Sie von einem hervorragenden Museumsdirektor sprechen, dann schauen wir uns das doch wirklich einmal an. Auch diese Qualität können wir nämlich in Frage stellen. Schauen wir uns einmal an, was in diesem Jahr an Ausstellungen passiert ist. Drei Ausstellungen sind es: Rubens, das sind die eigenen Bestände, die da vorgezeigt werden; dann haben wir Canaletto ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gut waren sie, die Ausstellungen! Das muss man schon zugeben!) – Was heißt, ich muss vorsichtig sein? Ich sage Ihnen, was Sache ist. (Abg. Scheibner: „Gut waren sie“, hat sie gesagt!) – Dann haben wir noch den Habsburger-Besitz, auch die eigenen Bestände.

Mit voller Hose, Frau Dr. Partik-Pablé, kann man leicht stinken. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gut waren sie!) 30 Millionen € bekommt das Kunsthistorische Museum: vom Bund 20 Millionen, 10 Millionen an Eigenmitteln. Mit diesen 30 Millionen werden drei Aus­stel­lungen gemacht – und dafür sollen wir noch auf den Knien rutschen und uns bedan­ken? Die ganze Misswirtschaft wird überhaupt nicht mit eingerechnet! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. Abg. Dr. Sonnberger: ... keine Ahnung!)


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Auch diese Überlegung, dass Späne fallen, wo gehobelt wird, ist ein bisschen verdäch­tig. Wenn man davon ausgeht, dass Erfolg nur dann zustande kommen kann, wenn Gesetze gebrochen werden, dann wird mir ganz komisch. Wenn der Ausstellungserfolg sozusagen die erste Prämisse ist, ganz egal, wie er zustande kommt, dann muss ich sagen, es gibt Gott sei Dank noch Gesetze, die uns davor bewahren und schützen. Eines dieser Gesetze, Frau Ministerin, sieht die Ablöse des Direktors vor, wenn Gefahr im Verzug ist. Sie haben das selbst gesagt. Und es ist Gefahr im Verzug, und ich bitte Sie, Frau Ministerin, auch dieses Gesetz einzuhalten. Das ist ganz dringend notwen­dig, und ich hoffe, dass es bald passieren wird. Sonst werden wir weiter darauf drän­gen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.11


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


16.11.52

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, man muss sich zunächst einmal wirklich vor Augen halten, dass all die Kritik, die da vom Rechnungshof kommt, quasi nur die Spitze des Eisberges ist.

Kollege Zinggl hat es schon angesprochen: Im aktuellen Bericht, der ja nur die Zeit bis 2002 behandelt, ist keine Rede vom Diebstahl der Saliera. Es ist auch keine Rede vom Bekanntwerden der schweren Sicherheitsmängel, die schon zuvor kritisiert worden sind, von dem fragwürdigen Aufstellen und obendrein noch verlängerten Stehenlassen eines ungesicherten Baugerüstes, vom Negieren der vielen Fehlalarme und vom Ab­schalten der Videoüberwachung – weil es finster war, hat man eben abgeschaltet. Es ist keine Rede von Seipels privaten Sherlock-Holmes-Fahrten ins schöne Italien, und es ist auch keine Rede von all den weiteren Management-Versäumnissen des KHM-Direktors.

Von all diesen Punkten ist im jetzigen Rechnungshofbericht nichts zu lesen, denn diese Punkte werden erst beim nächsten geprüft werden. Da wird der Herr Direktor Seipel schon längst als Privatmann vermutlich in Italien Urlaub machen und braucht sich diesem Rechnungshofbericht nicht mehr auszusetzen.

Einige Kritikpunkte des jetzigen Rechnungshofberichts möchte ich hervorheben. Es sind ja so viele, dass man wirklich nicht weiß, wo man beginnen soll. So macht zum Beispiel – weil Sie das immer und immer wieder erwähnen – der Bericht sichtbar, dass das KHM keineswegs aus dem Dornröschenschlaf erwacht ist, denn die Besucher­zahlen sind drastisch zurückgegangen. Sie betonen immer wieder, wie großartig alles läuft, aber ganz so ist es nicht: Die Besucherzahlen sind von 1998 auf 2003 um ganze 26 Prozent zurückgegangen, also wirklich um eine Menge.

Meine Damen und Herren! Ich verrate Ihnen sicher nichts Neues, wenn ich sage, auch 2004 sind die Besucherzahlen weiter zurückgegangen.

Ein weiteres Detail aus dem Rechnungshofbericht möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, weil es ein ganz besonderes Licht auf Direktor Seipel als Leiter einer großen Institution wirft. Es scheint, dass Direktor Seipel besser mit seinen Freunden aus der Politik umgehen kann als mit den eigenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, denn der Rech­nungshofbericht beleuchtet auch das Betriebsklima im Kunsthistorischen Museum.

Im Jahre 2002 wurden 8 000 € für eine offensichtlich erfolglose und abgebrochene Mediation ausgegeben. Wir hören ja, dass es gar nicht so lustig ist, im Kunst­his­torischen Museum zu arbeiten, es sei denn, man ist der Direktor, dann natürlich schon. Offensichtlich waren die Interessen des Direktors und der Mitarbeiterinnen und Mit-


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arbeiter so unterschiedlich, dass man professionelle Hilfe von außen holen musste. Das Ganze wurde aber abgebrochen – erfolglos, wie bereits gesagt. Direktor Seipel hat dem Rechnungshof, weil das dort ja auch kritisiert wird, nur mitteilen lassen, dass er zur Verbesserung des Klimas vielleicht einmal mit den Mitarbeitern nach Italien reisen würde.

Es wundert ja nicht, dass es so ist, denn er missachtet ja seine Expertinnen und Experten vor Ort. Die in der Museumsordnung vorgesehenen Konferenzen des wissen­schaftlichen Personals, die Forschungskonferenzen, die Direktorenkonferenzen und Museumskonferenzen haben kaum oder gar nicht stattgefunden. Das heißt, er legt ja offensichtlich keinen Wert darauf, mit seinen Mitarbeitern zu konferieren.

Erstaunen löst auch folgender Teil des Rechnungshofberichts aus und erscheint höchst aufklärungswürdig: Sie wissen ja, dass das KHM eine bedeutende Basisabgel­tung bekommt, die von 2000 auf 2001 auch um sehr viel erhöht wurde. Gleichzeitig und ganz nebenbei – so quasi als „Körberlgeld“ – wurden nicht unbeträchtliche Mittel für Sonderausstellungen von Ihrem Ministerium, Frau Ministerin, zur Verfügung ge­stellt. Und diese Mittel, die übrigens nicht im Budgetvoranschlag zu finden sind, fließen auf ein eigenes Konto. Das ist schon einmal ganz interessant. Weiters ist zu bemerken, dass diese Mittel – auch eine Kritik des Rechnungshofes – nicht ordnungsgemäß abgerechnet wurden. Das ist, finde ich, mehr als ein höchst unprofessionelles Management. Es handelt sich dabei um eine höchst undurchsichtige Form der Geschäftsführung.

Die Kritikpunkte reißen nicht ab. Im Rechnungshof wurde gesagt, dass die Ziele nicht erreicht wurden. Das ist kein Wunder, denn die Ziele sind ja auch nicht definiert! Frau Ministerin! Wir haben immer wieder ganz klar von Ihnen gefordert, dass es ein Museumskonzept gibt und nicht bloß eine Evaluierung, wie sie jetzt stattgefunden hat. Ein kleines PS: Das einzige definierte Ziel, nämlich die Besucherzahlen zu erhöhen, wurde keineswegs erreicht – im Gegenteil.

Ich glaube, Ihre Devise ist: Augen zu und durch. Das kann es aber nicht sein. Ich denke, es gibt so etwas wie eine moralische und auch eine politische Verantwortung. Frau Ministerin, es ist höchste Zeit: Kommen Sie Ihrer Verantwortung nach und berufen Sie Direktor Seipel ab! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

 


16.17.04

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wirklich unfassbar ist für mich die Skandalisierung, mit der Sie vorgehen, Herr Kollege Cap, und mit der dieser Antrag gestellt wird! (Abg. Lackner: ... Ignoranz! Ruf bei der SPÖ: Wird von der Realität noch übertroffen!) Unfassbar ist für mich, dass Sie Kulturpolitik mit „gesundem Hausverstand“ machen wollen, Herr Kolle­ge Faul! Und unfassbar sind für mich die Kriminalisierung, die Unterstellungen und die Polemik von Seiten des Kollegen Kräuter!

Kollege Zinggl macht kreative Vorschläge, wie man zum Beispiel durch den Verkauf der Saliera en miniature mehr Geld einnehmen könnte (Abg. Öllinger: Sie haben nicht aufgepasst!), redet die ganze Zeit von Misswirtschaft und wieder Misswirtschaft und meint, wenn man es lange genug sagt, wird es schon picken bleiben. (Abg. Öllinger: Sie haben überhaupt nicht aufgepasst!)

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag insistiert auf dem, was seit Monaten von Ihnen immer gleich bleibend an Vorwürfen erhoben wird. Er prangert Dinge an,


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aus denen teilweise schon Konsequenzen gezogen wurden beziehungsweise die schon korrigiert wurden, aber Sie wollen das ja nicht hören. Sie hören da überhaupt nicht hin. (Abg. Dr. Kräuter: Der Rechnungshof erhebt ja die Vorwürfe, Frau Kollegin Wolfmayr!)

Die bereits realisierten Konsequenzen sind Auflassung des Standortes Palais Harrach, Darstellung von Maßnahmen zur Senkung der Aufwendungen, Kündigung der Ver­sicherung für die Sammlungsobjekte und so weiter. (Abg. Parnigoni: Der Rech­nungshof erhebt Vorwürfe, nicht wir! Kennen Sie das Instrument nicht?)

Sie hören dem ja gar nicht zu, denn Sie wollen darauf beharren. Sie wollen aus dem vorliegenden Rechnungshofbericht ein eindeutiges und vernichtendes Urteil gegen den Direktor, gegen das Kuratorium und gegen die Ministerin ableiten. (Abg. Dr. Cap: Haben Sie das gelesen?) – Ja, selbstverständlich. (Abg. Dr. Cap: Worüber reden Sie?) Deswegen sagen wir zu diesem Antrag ein klares und lautes Nein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Das ist ein Nein im sehr klaren Bewusstsein dessen, dass Empfehlungen des Rech­nungshofes wichtige und ernst zu nehmende Hinweise sind und dass denen selbst­verständlich nachzugehen ist. Die Ministerin hat es bereits erwähnt, ich wiederhole es: 18 von 24 Empfehlungen an das Kunsthistorische Museum wurden bis jetzt bereits umgesetzt, vier sind momentan in Umsetzung, und bei zwei Punkten gibt es wider­sprüchliche Interpretationen. (Abg. Dr. Cap: Das ist ein Unsinn!) Es gibt abweichende Auslegungen von Seiten des Rechnungshofes und des Kuratoriums. (Abg. Dr. Cap: Es sind mindestens 200 Empfehlungen!) – Ich darf das jetzt auch einmal sagen, oder?

Zum Beispiel gibt es sehr wohl eine ordnungsgemäße Buchhaltung und Bilanzierung. (Abg. Dr. Cap: Wo?) Es gibt Rechtsgutachten. (Abg. Dr. Cap: Wo?) – Die liegen ja vor, um Gottes willen! (Abg. Dr. Cap: Stimmt doch alles nicht!) Sie brauchen ja nicht so zu tun, als ob ich das erfinde! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.) Es gibt regelmäßige Strategie- und Geschäftsberichte und so weiter. (Abg. Dr. Cap: Wo gibt es die?) Es sind also manche Empfehlungen bereits erfüllt, und es wurden Maßnahmen ergriffen. (Abg. Dr. Cap: Stimmt ja auch nicht!) Wir haben einen zweiten Geschäftsführer und so weiter. Das wird der Sache gerecht. So kann man damit umgehen. (Abg. Dr. Cap: Nein! Stimmt ja nicht!)

Wir haben es nämlich mit einem Museumsdirektor zu tun, der sehr viele Verdienste hat (Abg. Dr. Cap: Wo? Welche?), und die schmälern Sie ununterbrochen. Diese großen Verdienste sind zu seinen Gunsten zu verbuchen. (Abg. Dr. Cap: Sagen Sie einen Verdienst!) Er hat in einer Zeit, in der man in die Vollrechtsfähigkeit ausgegliedert hat (Abg. Dr. Cap: Einen Schmarr’n zusammengebracht!), mit unternehmerischem Denken unser Kunsthistorisches Museum (Abg. Dr. Cap: Ein Desaster!) – Sie sagen einmal Desaster und einmal Juwel! –, dieses „Juwel“ so weit gebracht, dass wir jetzt im internationalen Ranking bei den internationalen Museen auf Platz fünf stehen. Wir stehen ganz großartig da, und das ist ihm zu verdanken! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. Abg. Dr. Cap: Saustall! Katastrophal!)

Ich bin von Kindheit an sehr viel in Museen gegangen. (Abg. Dr. Cap: Ich auch!) Ich kenne internationale Museen. (Abg. Dr. Cap: Daher weiß ich es ja!) – Genau, dann müssen Sie ja wissen, wie es vor der Ära Seipel und danach im Kunsthistorischen Museum ausgeschaut hat. (Abg. Dr. Cap: Desaster-Ranking: 1. Platz!) Wenn man das vergleicht, weiß man ganz genau, wovon man spricht. (Abg. Dr. Cap: Eine Tragödie!)

Ich möchte wirklich an Sie als Menschen appellieren, die ich eigentlich als kunstsinnig und kulturfreundlich einschätze, dass Sie dem auch gerecht werden und akzeptieren, da gibt es jetzt einen begabten Museumsdirektor. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Er ist nicht der Oberbuchhalter, das muss er auch nicht sein. (Abg. Dr. Cap: Alles lacht!)


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Er ist ein Gestalter, und er hat etwas zusammengebracht. (Abg. Dr. Kräuter: Auf Steuerzahlerkosten!) Wir können jetzt mittlerweile stolz auf unsere Bundesmuseen sein (Abg. Dr. Wittmann: Unfassbare Realitätsverweigerung!), auf ein wunderbares Kunst­historisches Museum, auf einen Museumsbezirk, der lebendig ist und von Leuten aus aller Welt angenommen wird, der von den Wienern und Wienerinnen, von den Öster­reichern und Österreicherinnen, von den Menschen aus der ganzen Welt begeistert angenommen wird. – Sie wissen das ganz genau. (Abg. Dr. Cap: Wo sind die fehlen­den Belege? Wo sind die fehlenden Kunstschätze? Wo sind die fehlenden Gemälde?)

Ich frage Sie wirklich: Was wiegt denn und was zählt denn mehr? (Abg. Dr. Cap: Da wird bald nichts mehr im Museum sein außer dem Seipel!) Also für mich, die ich einen großen Bezug und als Künstlerin auch einen persönlichen Bezug zu Kunst und Kultur habe, ist eine wunderbare Kulturleistung wichtiger als Buchstaben, Zahlen und so weiter, und die ist mit dem Kunsthistorischen Museum erfolgt. (Abg. Dr. Cap: Wo sind die Besucher?) Der Standard und das Image sind hoch, und die Besucher sind da. (Abg. Hornek: Wie oft war der Cap schon dort?) Wir könnten da jetzt herumrechnen und im Einzelnen darüber reden, aber die Besucher sind da. Besucherschwankungen von Jahr zu Jahr sind ja wohl etwas Selbstverständliches. (Abg. Dr. Cap: Ich würde der Buchhandlung den Wahrnehmungsbericht verkaufen! Das ist ein Bestseller!) Wir haben ein Kunsthistorisches Museum, das sich zeigen kann, und wer diesem Museum zu dem Standard und zu dem Image verholfen hat, dem muss man, glaube ich, als Impulsgeber und als Motor sehr wohl auch gerecht werden und dem muss man Achtung und Respekt zollen. – Das möchte ich einfach einfordern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. Widerspruch bei der SPÖ.)

16.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. – Bitte.

 


16.22.56

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Wenn man sich die bisherige Debatte angehört hat, dann kann man sagen: Das ist ja auf der einen Seite eine Skandalisierung und Hinrichtung seitens der SPÖ, mit Vor­verurteilungen. (Abg. Dr. Cap: Bei FPÖ und BZÖ geht es so ähnlich zu wie im Kunst­historischen Museum!) – Ich habe weder meinen Geburtstag im Kunsthistorischen Museum gefeiert, Kollege Cap, noch war ich dort eingeladen, außer als zahlender Gast. (Ruf bei der SPÖ: Aufpassen! Abg. Dr. Cap: Sie sind Experte! Abg. Dr. Witt­mann: Fehlen Ihnen auch Belege als Kassier der FPÖ?)

Aber ich würde einmal darüber nachdenken, ob Sie vielleicht am Generaldirektor Seipel am meisten stört, dass er nicht zur linken Kulturschickeria gehört. Vielleicht stört Sie das! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn der Schröder den Hasen herborgt, ohne dass das erlaubt ist, dann gibt es keine Diskussion. (Abg. Dr. Muttonen: Da haben Sie aber nicht zugehört!) Das war sehr leise und sehr zahm. (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.– Eine Rücktrittsforderung hat es von Ihnen nicht gegeben. Melden Sie sich dann zu Wort, Sie haben ja noch ein wenig Zeit. (Abg. Dr. Cap: Ich habe es vorgeschlagen! Die Frau Minister geht gemein­sam mit beiden von der Bühne ab!) – Na ja, gut. Das ist wieder ein kreativer Vorschlag von Ihnen, der aber in keiner Weise sachlich begründbar ist.

Es geht auf der einen Seite um die Skandalisierung und um die Hinrichtung, weil er Ihnen nicht links und nicht rot genug ist. (Abg. Dr. Cap: Das ist keine Skandalisierung!)

Auf der anderen Seite habe ich bei der Rede des Kollegen Fasslabend nicht gewusst, ob es um eine Laudatio zu einer Ordensverleihung geht oder ob vielleicht doch da oder


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dort etwas mehr Kritik herauszuhören gewesen wäre. (Abg. Dr. Cap: Eine Selbst-Skandalisierung! Abg. Dr. Muttonen: Der Rechnungshof!) Die Wahrheit liegt wie bei vielem in der Mitte.

Meine Damen und Herren! Kollegin Partik-Pablé hat das so schön gesagt: Es sind sicher nicht die Belegsammlung und die gute Buchhaltung, die sich die Menschen anschauen wollen, sondern es sind die Präsentation und die Kunst, die hier vermittelt werden sollen, meine Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Kum­merer. Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Natürlich lebt ein Museum auch von seinem Direktor. Dass da das eine oder andere etwas barocker ausfällt, meine Damen und Herren, soll man ändern und nicht niedlich reden, aber stellen wir jetzt nicht etwas in den Raum, das vielleicht nicht das große Problem ist. (Abg. Dr. Cap: Wollen Sie über die 5 Prozent oder nicht?)

Meine Damen und Herren! In der Evaluierung der Museen ist das Kunsthistorische Museum positiv dargestellt. (Abg. Dr. Muttonen: Mit Besucherrückgängen! Abg. Dr. Sonnberger: ...reden! Das wird Ihnen nicht gelingen!)

Frau Kollegin, jetzt sagen wir, international ist dieses Museum unumstritten. Das ist ja im Kulturausschuss von Ihnen auch nicht bestritten worden. Sie wollen jetzt nur skandalisieren. Sie können nicht abwarten, dass wir diesen Rechnungshofbericht im Rechnungshofausschuss diskutieren. Nein, wir müssen Seipel jetzt „hinrichten“. (Abg. Dr. Muttonen: Das ist Ihr Wort! Das tun wir nicht! Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) Wenn Sie dort kreativ mitarbeiten und etwas einbringen, dann kommt auch etwas heraus, Herr Kollege. Sie wollen jetzt hinrichten und skandalisieren. Dazu werden Sie uns nicht bekommen. (Abg. Dr. Einem: ... zudecken!) – Wir wollen gar nicht zudecken!

Sie werfen jetzt der Frau Minister vor, dass Gefahr in Verzug sei, und fordern, dass sie wegen Gefahr in Verzug den Seipel jetzt abberuft. Wenn aber ein Großteil der Verfeh­lungen, die vom Rechnungshof aufgezeigt worden sind, bereits erledigt ist und die Forderungen erfüllt sind, meine Damen und Herren, dann kann nicht Gefahr in Verzug sein, denn das ist schon passiert. (Abg. Dr. Muttonen: Sie tun sich schon schwer, gelt, mit so viel Kritik?!)

Gegen eines möchte ich mich aber schon wehren, Frau Minister, und zwar gegen das Vier-Augen-Prinzip. (Abg. Mag. Gaßner: Weil du keine Belege zum Anschauen hast!) Wenn wir jetzt sagen, wir nehmen einen kaufmännischen Manager oder einen Finanz­direktor in dieses Museum dazu, der auch wieder Kosten von wahrscheinlich 150 000 €, 200 000 €, 250 000 € verursacht, dann kann ja nur ein Teil davon von der Gage des Generaldirektors Seipel abgehen, um dieses Vier-Augen-Prinzip zu erfüllen. (Abg. Dr. Wittmann: Vier Augen schauen dann keine Belege an!)

Oder aber man überlegt sich eine ähnliche Lösung wie bei der Bundestheater-Holding, dass über mehrere Museen eine Management- und Finanzabteilung darübergelegt wird, die den Museen Support – also Hilfestellung – bei Managementfragen, bei Marke­tingfragen, aber natürlich auch hinsichtlich der gesamten finanziellen Gebarung gibt.

Es würde das Budget sprengen, für jedes Museum zum einen einen künstlerischen Leiter und zum anderen einen Manager oder Finanzleiter einzusetzen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. Abg. Dr. Cap: Was hackelt der dann überhaupt noch? Die Bilder hängen auch von selbst! Der Seipel ist ein Selbst-Skandalisierer! Das ist das Problem!)

16.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. – Bitte.

 



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112. Sitzung / Seite 159

16.27.43

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Der Rechnungshofbericht liegt vor. Sie haben immer darauf hingewiesen, man sollte den so genannten Rohbericht für etwaige Beurteilungen nicht heranziehen, und es sind geradezu Vergleiche mit Gerichtsverfahren angestellt worden.

Das, was da immer Rohbericht genannt wird – also in Wirklichkeit das erste Prüf­ergebnis –, ist ja in aller Regel nicht irgendetwas. Es war damals schon vieles erkennbar, und wir hatten das auch gesagt. Es wurde mit diesem so genannten Rohbericht ein Untersuchungsausschuss begründet, und zwar aus guten Gründen, nämlich weil dort Vorwürfe festgehalten wurden, die durch eine Gegendarstellung oder eine Gegenäußerung des KHM und des Geschäftsführers Seipel oder auch Ihres Ministeriums gar nicht mehr entkräftbar waren.

Was ist die logische Konsequenz? – Ich habe selten bei einem Vergleich vom ersten Prüfungsergebnis und dem – in diesem Fall – Wahrnehmungsbericht an den National­rat so viele deckungsgleiche Stellen gesehen. Er ist ja auch fast gleich lang. Es wurde fast nichts zurückgenommen, und das war ja auch kein Wunder. Warum? – Weil der Rechnungshof damals schon festgestellt hat – und dabei ist er aber wortwörtlich geblieben –, dass ja – man kann, ein bisschen rural ausgedrückt, fast sagen – scheib­truhenweise das Belegmaterial gefehlt hat. – Scheibtruhenweise!

Trotz mehrmonatiger und immer wieder wiederholter Anforderung und Einforderung durch den Rechnungshof ist nichts vorgelegt worden. Als alles zu spät war, hat der Direktor oder Geschäftsführer Seipel gesagt: Jetzt werde ich es bringen! Dann ist er mit Scheibtruhen voll mit irgendwelchen Belegen zu diesen Fragen gekommen, die nicht einordenbar waren. (Abg. Amon: ... Scheibtruhen! Bei wem genau? Abg. Hornek: Kennen Sie Ihre Scheibtruhen?) – Ja, weil ich mich erkundigt habe. Es sollte Sie ja nicht wundern, dass ich einen besonders brauchbaren Kontakt zum Rechnungs­hof habe.

Alles unbrauchbar im Prinzip, und deshalb ist es so weit gekommen, dass der Wahr­nehmungsbericht, der jetzt hier vorliegt, den so genannten Rohbericht auch noch übertrifft. Das ist wirklich ein seltener Vorgang, und das werden Sie hier mit Ihren „Waschmittelreden“ auch nicht übertünchen können. (Beifall bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Hallo! Hallo!)

„Waschmittelreden“ ist doch ein eindeutig politischer Ausdruck: Wenn man sich einer Brigade von Weißwäschern anschließt, dann wird man sich den Vorwurf der Wasch­mittelrede gefallen lassen müssen. Wer die Brigade der Weißwäscher ist, auch darüber ist öffentlich schon diskutiert worden. (Abg. Großruck: Und der Kogler ist dann der „Weiße Riese“ – oder was?) Hören Sie einmal zu, bevor Sie den falschen Vierzeiler kreieren!

Es geht um das Kuratorium selber. Lassen wir doch Seipel, über ihn ist schon viel gesagt worden. Aber es ist doch beachtlich und betrifft den Zustand der Republik oder, in diesem Fall, leider auch Ihres Ministeriums, dass Kontrollorgane alles tun, nur nicht kontrollieren, denn sonst wäre dieser Zustand dort völlig undenkbar. Beim Kuratorium handelt es sich doch, bitte schön, um keine Blumenhändlerveranstaltung, die bei irgendwelchen Geburtstagspartys noch ein bisschen dazuwachelt wie Cheerleaders für die schöne Society, die dort offensichtlich regelmäßig eingeladen wird. So sollte es nicht sein, das steht auch nicht im Gesetz, wie wir richtigerweise vermutet haben. Die haben natürlich auch, nicht ganz, aber in Teilen vergleichbar, eine Kontrollfunktion wie die Aufsichtsräte in Unternehmungen oder eben ähnliche, gesetzlich vorgesehene Aufsichtsorgane.


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Was haben die gemacht? – Offensichtlich nichts. Die Verwirrung geht ja sogar so weit, dass Frau Abgeordnete Partik-Pablé zum Beispiel glaubt, dass Herr Püspök der Vorsitzende des Kuratoriums sei. (Abg. Partik-Pablé: Letztlich ja!) Er ist es aber nicht. (Abg. Partik-Pablé: Formal ist es wer anderer!) Der ehemalige Sektionschef Wran ist der Vorsitzende!

Das Kuratorium ging folgendermaßen vor: Als die Patsche sozusagen unvermeidlich war, haben die gesagt: Den Kuratoriumsvorsitzenden können wir da nicht an die Öffentlichkeit lassen, denn der kam erstens aus dem Ministerium und überhaupt, und wir nehmen stattdessen den, der am besten reden kann! Das war offensichtlich Herr Püspök, seines Zeichens Direktor der Raiffeisenlandesbank Wien-Niederösterreich. Da möchte man doch wenigstens meinen, dass der von ein paar wirtschaftlichen Vorgän­gen etwas versteht. (Abg. Großruck: Mehr schon wie du!) Er hat uns aber eines Besseren belehrt: Herr Püspök hat zusammen mit allen anderen von diesem Kura­torium, die öffentlich aufgetreten sind, erklärt, beziehungsweise die haben – vorab, zwei Tage bevor der Bericht dem Haus überhaupt übermittelt wurde; da mache ich jetzt nur ein kleines Seitenfenster auf – ständig Aussendungen verschickt – ich weiß nicht, wer von Ihnen das bekommen hat –, in denen der Rechnungshofbericht passagen­weise widerlegt worden ist.

Dem werden wir noch separat nachgehen, welch eigenartiger Zustand das ist, nämlich: dass vorher von denen, die kontrolliert werden, an die Abgeordneten des Hauses schon wieder irgendetwas geschickt wird mit Vorabentschuldigungen, Zitate aus dem Rechnungshofbericht, und das sei dann alles nicht wahr. Der Zustand ist doch absurd, kann man sagen, wenn man sich das genauer anschaut!

So, was machen die Herren – das sind wirklich nur Herren – im Kuratorium? – Sie versuchen, das zu widerlegen. Herr Püspök macht sogar noch eine Pressekonferenz und erklärt den Journalisten: Wissen Sie, das ist so: Das war alles im Zeitalter der Ausgliederungen und der Umorganisationen – es war gerade Eishockey-Weltmeister­schaft, wahrscheinlich war er irgendwie schlecht beeindruckt –, und das ist so, wie wenn man über Nacht eine Eishockeymannschaft zu einer Fußballmannschaft machen würde. Wortwörtlich! Und dann dürfe man sich nicht wundern, so Püspök – also offensichtlich der, der dort am meisten vom Geschäft verstehen soll –, dass dann nicht lauter Ronaldos rauskommen am nächsten Tag.

Wenn das der Vergleich ist und das die treffende Vorstellung der Ausgliederungspraxis der Republik sein soll, wo doch diese Ausgliederungen angeblich so viel Effizienz bringen sollen und was sonst noch alles, und das ein maßgeblicher Vertreter des Aufsichtsorgans sein soll, das durch die Ausgliederung kreiert wurde und diese Vorgänge begleiten sollte, dann sage ich wirklich: Gute Nacht, dann gute Nacht! Da können doch nicht lauter Ronaldos rauskommen. Das ist ein Qualitätsausweis für ein Aufsichtsorgan! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt sage ich Ihnen etwas zum Rechnungshofausschuss. Man kann darüber disku­tieren, ob und wann der Abberufungsantrag gerechtfertigt ist oder nicht. Für mich war er es damals schon mit dem so genannten Rohbericht. Ich habe das damit begründet, dass die Dinge nicht sanierbar waren. Schauen wir uns das dann im Rechnungs­hofausschuss an! Ich bin gespannt! Heute Nacht werden wir die Sitzung haben – ich habe hier die Ladungsliste –, zu der sämtliche Mitglieder des Kuratoriums geladen werden. Natürlich wird Seipel auch zu hören sein, aber das wird gar nicht mehr so sehr der Punkt sein. Der Punkt wird sein: Was hat dieses Kuratorium eigentlich gemacht? Außer im Übrigen – Anleihe bei Grasser – offensichtlich wieder mit öffentlichen Geldern Beraterverträge vergeben, um die Kritik des Rechnungshofes zu widerlegen. Es ist jedes Mal, jeden Tag in Serie noch etwas Unglaublicheres hinzugekommen. In Wahrheit gehört mindestens das halbe Kuratorium mit abberufen, Frau Bundes-


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ministerin, und Sie wissen genau, dass Sie mindestens für das halbe Kuratorium selber zuständig sind! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Letztlich hat hier eine ganze Kette von Versagen eine Rolle gespielt, und leider beginnt diese Kaskade der Verantwortungslosigkeit in Ihrem Haus. Das sind wir aber auch von anderen Zuständigkeiten dort gewöhnt. Leider! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

16.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


16.35.55

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Ministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Der Rechnungshofbericht spricht von einem Sittenbild. Meiner Meinung nach handelt es sich um das Sittenbild einer Feudalherrschaft und der Allmacht eines Direktors über sein Museum, wie es auch hier in den Verharmlosungsversuchen von Seiten der ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten genannt wurde, als ob das seine Kunst­schätze wären, als ob das die Kunstschätze des Herrn Direktor Seipel oder der Frau Ministerin wären.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kunstschätze gibt es seit vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten. Das Kunsthistorische Museum ist ein wichtiges Museum auch schon seit einem Jahrhundert und ist nicht erst durch Herrn Direktor Seipel zu einem Kleinod geworden. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Zinggl.)

Wie schaut diese Feudalherrschaft aus? – Der Direktor bezieht ein Gehalt von 230 000 € und bekommt zu Weihnachten eine Geldaushilfe von 80 €, weil er so ein armseliger Mensch ist und ein weltberühmter Museumsdirektor, braucht er eine Geldaushilfe, die jeder bekommt. Ich denke mir, irgendwann einmal sollte bei einem Direktor mit 230 000 € Schluss sein. Er führt Nebentätigkeiten aus, die nicht genehmigt werden. Bei jedem Beamten müssen Nebentätigkeiten genehmigt werden, bei Herrn Direktor Seipel nicht. Er sitzt im ORF im Publikumsrat, er sitzt im Uni-Rat – der Mensch muss einen 48-Stunden-Tag haben. Reiserechnungen rechnet er mehr oder weniger so ab, wie es ihm passt. Es gibt keine Belege et cetera. Die Repräsentationsausgaben sind gestiegen. (Abg. Hornek: Die Einnahmen aber auch!)

Sehr geehrte Damen und Herren! In Zusammenhang mit diesem Bericht des Rech­nungshofes muss man den Prüfern für ihre Geduld sehr herzlich danken, denn die Antworten, die es von Seiten des Kunsthistorischen Museums gegeben hat, sind in ihrer Schnoddrigkeit unüberbietbar. Auf Seite 14 zum Beispiel ist nachzulesen, was das Kunsthistorische Museum feststellt: In vielen Fällen habe der Rechnungshof weiters die Aufstellung und Auswertung von Daten durch das KHM verlangt, was unüblich sei. – Also der, der geprüft wird, das Museum, schreibt dem Rechnungshof vor, wie er zu arbeiten hat. Das ist die Geisteshaltung in diesem Museum!

Noch ein anderes Zitat: Es ist dem Kunsthistorischen Museum sehr wichtig, die Anfor­derungen des Strategieberichts zu erfüllen. Ein Punkt – das steht auch so im Rech­nungshofbericht drinnen – dabei, formuliert vom Kunsthistorischen Museum: Kontakt­pflege und der flexible Umgang mit Sponsoren. – Das halte ich wirklich für eine sehr interessante Darstellung. Flexibler Umgang mit Sponsoren heißt wohl, man lässt sich einladen, man lädt ein, und das alles auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuer­zahler, die schwer schuften müssen, für diese Kunstschätze und für das, was Herr Direktor Seipel in diesem Museum aufführt. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters betont das Kunsthistorische Museum, dass die Vorreiterrolle des KHM als Flaggschiff der Kultur eine wichtige Rolle in der internationalen Museumslandschaft mit sich bringe. Eine Absenz auf diesem Gebiet sei als rückständiger Provinzialismus zu


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werten. – Was bedeutet das? Jeder, der ein Urteil abgibt, jeder der darauf hinweist, wie es ordnungsgemäß zu funktionieren hat, wird mit der Provinzialismuskeule bedroht. Kollegen von Seiten der ÖVP sind auch schon angetreten und haben behauptet, Seipel werde nur kritisiert, weil er nicht der links-linken Kulturschickeria angehört. Das ist wirklich ein ausgesprochener Unfug, den Sie hier verzapfen, denn es geht um kauf­männische Gebarung, es geht um Dinge, die man ordnungsgemäß abwickeln muss, die jeder Würstelstandbesitzer schafft. Nur Direktor Seipel schafft es nicht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Genau!)

Wer hat Belege? Wo sind die Belege geblieben? Die Arbeit des Rechnungshofes wur­de boykottiert, hintangehalten, links liegen gelassen. Es sind Fragen offen geblieben. Die Verantwortung liegt beim Kuratorium, beim Direktor und bei der Frau Ministerin.

Frau Ministerin, als Sie heute für Herrn Direktor Seipel gesprochen haben, da habe ich schon gemerkt: Es fällt Ihnen schwer und Sie machen es schweren Herzens. Das verstehe ich auch. Jetzt nehmen Sie endlich die Verantwortung wahr und berufen Sie Herrn Direktor Seipel und das Kuratorium ab, denn kaufmännische Schludrigkeit darf nicht ohne Sanktion bleiben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

16.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. – Bitte.

 


16.41.07

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich gehe gerne in Museen, ich gehe gerne ins Kunsthistorische Museum, treffe dort allerdings – also bis jetzt – nicht jene, die sich heute so ungeheure Sorgen um dieses Museum machen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Reheis: Waren Sie auch zu einer Geburtstagsparty eingeladen? – Abg. Dr. Matznetter: Sie lassen sich wahrscheinlich auch einladen!)

Museen war in den zwölf Jahren meines Tourneelebens eine Brücke zu meiner Heimat, eine Vergleichsmöglichkeit unserer Sammlungen mit den Ausstellungs­objek­ten im übrigen Europa und später auch in den Vereinigten Staaten. Die Museen in der ehemaligen Sowjetunion, die Tretjakow-Galerie, das Puschkin-Museum in Moskau, die Eremitage in St. Petersburg, haben mir in den sechziger Jahren sehr geholfen, die Isolation einer Truppe, die aus dem Westen kam, unter dem kommunistischen Regime zu überbrücken. Gemälde von Rembrandt, Raffael und ganz oben, im dritten Stock in der Eremitage von Picasso, die Rosa Periode, die waren einfach schön anzuschauen und haben gut getan, waren ganz international. (Abg. Dr. Matznetter: Und wo ist da der Zusammenhang mit dem Rechnungshofbericht?) Und der Vergleich mit dem Aus­land macht mich bis heute sicher bezüglich des Stellenwerts der österreichischen Museumslandschaft – und der ist hoch.

Dem Kunsthistorischen Museum wird durch eine internationale Evaluierungskom­mis­sion attestiert, dass es eine Vorreiterrolle in der Entwicklung der Museen geleistet hat. Und Prof. Dr. Bernhard Graf, der Leiter der Kommission war – und jetzt sage ich es zum dritten Mal, weil es wahr ist –, hat festegestellt:

Das Prestige des KHM ist exzeptionell hoch und bedarf keiner grundlegenden Ände­rung. Das Kunsthistorische Museum ist ein national und international gesuchter Partner. – Daher gab es auch jene Ausstellungen, auf die ich später noch eingehen werde.

Weiters sagte er: In Österreich übertrifft kein anderes Museum den Rang und die Viel­seitigkeit des musealen Lebens am KHM. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Oberhaidinger: Darum geht es aber nicht! – Abg. Dr. Cap: Wo sind die Belege?)


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Tatsache ist, dass das Kunsthistorische Museum als erstes Museum unter den Bundesmuseen 1999 die Vollrechtsfähigkeit umgesetzt hat, und das erfolgreich: 101 Sonderausstellungen wurden in den fünf Jahren gezeigt, 6,6 Millionen Besucher haben sie gesehen. Der Eigendeckungsgrad im Jahr 2001 lag bei 37,3 Prozent; 2004 ist er auf 40,9 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass jetzt neben der Basisabgeltung – und die ist gleich geblieben in den Jahren – mit rund 20 Millionen € 12 Millionen € jährlich selbst erwirtschaftet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Diese finanziellen Mittel kommen dem Forschungsauftrag zugute. 100 wissen­schaft­liche Arbeiten, die von ausländischen Anstalten gerne abgefragt werden, legen Zeug­nis davon ab. In den letzten Jahren haben es Direktor Seipel und auch die Leiter der anderen Museen in Österreich geschafft, dass ein Museumsbesuch etwas Span­nen­des und Überraschendes, eine Freude geworden ist. Und der Vergleich mit dem Ausland macht uns da wirklich sicher: Der Zustrom der internationalen Gäste steigt jährlich. Das KHM steht nach dem Schloss Schönbrunn mit dem Tierpark an der zweiten Stelle des Interesses. Aber auch die Zahl der Österreicher, die ins Museum gehen, stimmt. 14 Prozent davon sind Stammbesucher, die das Museum 10- bis 12-mal jährlich besuchen. (Abg. Dr. Cap: Wo sind die Belege?)

Von den Sonderausstellungen bleiben mir viele in Erinnerung. Eine Sensation war natürlich „Eros und Mythos“ mit 416 000 Besuchern, aber auch „Gold aus dem Kreml“, „Die Welt der Maya“, Albrecht Dürer, Tintoretto, dann Breughel mit 354 000 Besuchern, „Gold der Pharaonen“ mit 318 000 Besuchern sprechen für sich. Das kommt ja nicht von ungefähr, sonst würden manche Betriebe, die Pleite gegangen sind, nicht so dagestanden sein.

Dieses Bewusstsein über die Pluspunkte dieses weltweit anerkannten Museums, das Wissen über die gute Arbeit, die hier geleistet worden ist, sollte auch uns – auch Sie, von der Opposition – ab und zu freuen. (Abg. Dr. Cap: Keine Belege!)

Selbstverständlich ist Kritik notwendig. Verbesserungen durch Kritik sind immer mög­lich, das wissen wir aus unserem eigenen Leben, aber wenn wir dabei die Erfolgs­bilanz übersehen und damit leugnen, dann ist das nicht der richtige Weg. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Broukal: Keine Buchhaltung kann man nicht verbessern!)

16.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

 


16.45.51

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, das Museum ist nicht deswegen so gut, weil der Manager so gut ist, sondern das Museum ist deshalb so gut, weil es derart gute Ausstellungsstücke hat, dass sie weltbekannt sind. Das ändert nichts daran, dass das Museum einer permanenten Misswirtschaft ausgesetzt ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist ganz einfach eine Tatsache, dass in der Zeit von Seipel die Besucherzahlen um 26 Prozent gesunken sind. In der selben Zeit hat er sich sein Gehalt verzweiein­halbfacht. Einen größeren Misserfolg kann man doch nicht aufweisen, als dass die Besucherzahlen eines der besten Museen derart drastisch, nämlich um 26 Prozent, zurückgehen und man im gleichen Augenblick sein Gehalt auf das Zweieinhalbfache erhöht, auf das Gehaltsniveau des Bundeskanzlers! Aber da ist natürlich eine Parallele gegeben, denn der macht ja auch schlechte Politik. (Beifall bei der SPÖ.)

Das kann man schon erklären. Das Sittenbild, das sich hier zeigt, bleibt auf allen Ebenen gleich. Zum selben Zeitpunkt erhöht man auch noch die Personalkosten, man


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erhöht den Personalstand auf 400 Personen. Kein Mensch weiß, was die machen. Der Rechnungshof kann nicht nachvollziehen, wo die eingesetzt werden. Wir erhöhen von 181 freien Dienstverträgen auf 500 freie Dienstverträge. Das heißt, in einer Zeit, in der die Besucherzahlen zurückgehen, in der die Misswirtschaft einen Höhepunkt erreicht, erhöht man hier die Personalkosten, und man weiß nicht, wo das Personal eingesetzt wird. Das ist in Wirklichkeit der Vorwurf einer skandalösen Misswirtschaft, der hier vom Rechnungshof vorgebracht wird, und man sollte endlich entsprechend reagieren, statt sich noch für eine derartige Leistung zu bedanken.

Aber eines möchte ich schon sagen: Im Grunde genommen hat sich die Investition in den Geburtstag von Morak für Seipel schon gerechnet, denn alle ÖVP-Granden, die dort eingeladen waren, verteidigen ihn jetzt. Das war die Gegenleistung: Ein schönes Fest, dann werden wir schon halten, das ist klar! Eine Hand wäscht also die andere. Waren Sie auch eingeladen, Herr Minister Fasslabend? Das waren noch Zeiten! Da haben wir noch viel Spaß im Museum gehabt.

Dass Abgeordneter Neudeck den Museumsdirektor verteidigt, ist für mich kein Wunder, denn bei seiner Buchhaltung fehlen noch mehr Belege als bei der Seipels. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das heißt also: Als Kassier der FPÖ hat er wahrscheinlich in Seipel ein Vorbild gefunden.

Man schaue sich das an! – Kosten in der Höhe von 12 000 € für eine Reise nach Italien sind nicht belegbar; es ist nicht einmal belegbar, ob diese Reise dienstlicher Natur war. Der war auf Urlaub um 12 000 €! Meine Damen und Herren, der fährt auf Steuer­gelderkosten auf Urlaub! Er hebt die Belege absichtlich nicht auf, denn das kann er ja nicht brauchen, dass er seinen Urlaub deklarieren muss.

Das Zweite sind Repräsentationskosten, die von 48 000 € auf 64 717 € gestiegen sind. Dazu schreibt der Rechnungshofbericht, dass die mit den eigenen Mitarbeitern ver­braucht wurden, und das ist eigentlich eine private Entnahme zur notwendigen Lebenserhaltung.

Meine Damen und Herren! 64 000 € – das entspricht dem Gehalt von zwei normalen Arbeitern in Österreich – gibt Seipel für seine Essen mit den Mitarbeitern aus, die er sich ohnehin selber zahlen müsste. Das ist doch unfassbar, was der da auf Regiments­kosten betreibt! Das ist doch nicht möglich!

Und die „Saliera“, das ist ja überhaupt das Überding. Zuerst wird sie unterversichert auf 38 Millionen Schilling, obwohl sie 50 Millionen Schilling wert ist. Dann wird der Anspruch nicht geltend gemacht, weil klar ist, dass der Vorwurf der nicht korrekten beziehungsweise nicht ausreichenden Objektüberwachung für die Versicherung natürlich einen Ausstiegsgrund bedeuten würde.

Deshalb wird es nicht geltend gemacht, denn es könnte in einem Streitfall aufs Tapet kommen, dass man erstens unterversichert war und zweitens gar keinen Anspruch darauf hat, weil man die Objekte nicht gesichert hat und somit den Anspruch verwirkt hat. Welch unermesslicher Schaden kann daraus der Republik entstehen, Frau Ministerin? Das werden Sie noch auszubaden haben.

Einige Worte noch zu der Museum Collection. Man hat sie jahrelang defizitär geführt, von 480 000 € Verlust im Jahr 1998 auf 650 000 € Verlust im Jahr 2001. Dann macht der Geschäftsführer dieser Gesellschaft einen Vertrag mit dem Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums – beide heißen Seipel, und die Firma gehört Seipel und einem Zweiten –, übernimmt die Firma um einen symbolischen Schilling und erhöht gleichzeitig das Eigenkapital um 450 000 €; das waren die Verluste, die hat man vorher herausgenommen. (Abg. Dr. Matznetter: Unglaublich!) Dann erhält auch noch Hoffmann, der Partner Seipels in dieser Firma, Geld, nämlich 273 000 €. Das heißt,


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diese Herren haben dort auf Steuerkosten 680 000 € abgezockt und haben dem Kura­torium einen Beschluss vorgelegt, wonach die Firma um 1 € verkauft wurde. Das ist skandalös und meiner Meinung nach ganz nahe einem strafrechtlichen Tatbestand. Das gehört endlich einmal aufgedeckt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Dr. Cap: Wo ist der Staatsanwalt? – Abg. Großruck: Ich habe gedacht, der Paul Löwinger ist schon gestorben!)

Dazu kommt noch, dass der Rechnungsabschluss, der dem Gericht vorgelegen hatte, nur drei Punkte aufwies, während der Rechnungsabschluss, der dem Rechnungshof vorgelegt wurde und der zur Entlastung des Geschäftsführers geführt hat, vier Punkte aufgewiesen hat. Das heißt, es ist mit zwei verschiedenen Rechnungsabschlüssen gearbeitet worden. Jetzt frage ich mich: Wer wurde getäuscht: das Gericht oder der Rechnungshof?

Darin sehe ich meiner Meinung nach schon wieder einen Ansatz für einen schweren strafrechtlichen Vorwurf. (Abg. Dr. Cap: Anzeige!) Für diese Misswirtschaft, die dort betrieben wird, bedanken Sie sich, Frau Minister? – Na, danke schön dafür, wie Sie Ihr Ministerium leiten! Wenn Sie den Seipel nicht gehen lassen, dann sollten Sie selbst gehen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger. – Bitte.

 


16.52.33

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Cap, ich würde Ihren Beitrag als kulturpolitisch eher als kleinkariert einstufen; es war phasenweise nicht einmal das Karo zu erkennen.

Abgeordneter Kräuter hat davon gesprochen – und er hat es wirklich als Einziger auf den Punkt gebracht –, dass Herr Seipel sich das Recht herausgenommen hat, auf einer Personenliste zu jemandem ja zu sagen. – Und das ist Ihr Problem. Seither machen Sie Menschenjagd auf Seipel, und das ist nicht korrekt! (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Abgeordneter Cap, Sie dürften nicht oft im Kunsthistorischen Museum gewesen sein, aber ich werde Ihnen dann gerne die Ausstellungsliste übermitteln: Was hier in den letzten 15 Jahren von Direktor Seipel, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistet wurde (Abg. Dr. Matznetter: Was sich Seipel geleistet hat!), das verdient Anerkennung. Nicht umsonst ist das Kunsthistorische Museum eines der bedeu­tendsten Museen der Welt. Meine Damen und Herren von der Opposition, nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

1,3 bis 1,4 Millionen Besucher pro Jahr – das ist die Wahrhei! 2,3 Millionen waren es 1995 in den Bundesmuseen. Um 50 Prozent ist der Besucheranteil gesteigert wor­den. – Das ist das Erfolgsrezept dieser Bundesregierung mit der Ausgliederung der Museen!

Die Vollrechtsfähigkeit wurde praktisch mit 1. Jänner 1999 begonnen. In der Zeit der Umstellung von einem kameralistischen Buchhaltungssystem, das 100 Jahre gegolten hat (Abg. Heinzl: Ohne Belege!), auf ein modernes System kann es natürlich zu Problemen kommen. (Abg. Broukal: Wollen Sie behaupten, dass man in der kame­ralistischen Zeit keine Belege gebraucht hat? Sie wissen gar nicht, was Sie reden! Lächerlich!)

Mehr als 100 Sonderausstellungen, 6,6 Millionen Besucher und der Eigendeckungs­grad von 12 Millionen €, nämlich 40 Prozent, sind klare Zeichen dafür, dass sehr wohl


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auch wirtschaftliche Kriterien in diesem Haus geherrscht haben und herrschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Rechnungshofbericht wurde von den Verantwortlichen äußerst ernst genommen. Von 24 an das Kunsthistorische Museum gerichteten Empfehlungen wurden bereits 18 umgesetzt. Das Kuratorium ist mit höchst anerkannten Fachleuten besetzt. Es ist auch evaluiert worden. Man hat eindeutig und klar gesagt: Das Prestige des Kunst­historischen Museums ist exzeptionell hoch und bedarf keiner grundlegenden Ände­rung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Das KHM ist ein national und inter­national gesuchter Partner. In Österreich übertrifft kein anderes Museum den Rang und die Vielseitigkeit des musealen Lebens am Kunsthistorischen Museum.

Eines noch zum Abschluss: Der Stellenwert des Museums darf nicht nur an Besucher­zahlen gemessen werden. Er zeigt sich in seinem Profil in der nationalen und internationalen Anerkennung, die das Haus genießt, in der Qualität seiner Programme und Angebote und in der Qualität seiner wissenschaftlichen Forschungsarbeit. Das Gesamtwerk Kunsthistorisches Museum kann sich durchaus sehen lassen. – Dank dafür an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Verantwortlichen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Ledolter. – Bitte.

 


16.56.06

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Schauspiel, das die Oppo­sition heute mit diesem Dringlichen Antrag gibt, ist eine blamable Inszenierung und, wie ich meine, der mühsame Versuch, zu skandalisieren und zu kriminalisieren und mit zum Teil auch unwahren Behauptungen mediale Aufmerksamkeit zu erringen, Auf­merksamkeit für etwas, meine Damen und Herren, das von der Debatte her in einen Ausschuss gehört, nämlich in den Rechnungshofausschuss. (Abg. Gradwohl: Und der ist nicht Bestandteil des Hohen Hauses, oder wie?)

Ich staune, dass der Vorsitzende des Rechnungshofausschusses, Kollege Kogler, hierher ans Rednerpult geht und das mehr oder weniger gar nicht für sich reklamiert, sondern sich eigentlich nur daran stößt, dass die Kritisierten sich verteidigen, argumen­tieren, sich zur Wehr setzen. Es stört ihn überhaupt nicht, dass der Rohbericht schon in den Medien gewesen ist, noch bevor er überhaupt der Öffentlichkeit zugegangen ist.

Meine Damen und Herren! Wir werden diese Debatte im Rechnungshofausschuss führen. Wir werden Auskunftspersonen laden, und wir werden dort auch hören, was Sache ist.

So wie das Kuratorium und so wie Generaldirektor Püspök rede ich nicht den Schlam­pereien das Wort, aber Tatsache ist, Kollege Kogler, dass auch die Prüfung der Jahresabschlüsse uneingeschränkte Testate bekommen hat und dass die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Kunsthistorischen entsprechend befundet wurde, nämlich positiv. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Was braucht denn dieses Museum? Braucht es einen genialen Buchhalter oder braucht es in erster Linie einen genialen Museumsmacher? Und Seipel ist das wohl oder übel!

Als Unternehmer sage ich der SPÖ Folgendes: Sie sollten sich gut überlegen, wie Sie mit Einrichtungen der Republik dieser Wertigkeit umgehen, denn immerhin schädigen Sie damit den Ruf eines Tourismusmagneten erster Ordnung, der in der Evaluierung


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ein ausgezeichnetes Standing, eine ausgezeichnete Reputation erhalten hat, der auch international in der Forschung hoch angesehen ist.

Beenden Sie doch diese Seipel-Hatz in menschenverachtender Brutalität! Nicht – wie Kollege Kogler gemeint hat – eine Weißwäscher-, sondern eine Schmutzwäscher-Brigade ist hier am Werk, die vor absolut nichts zurückschreckt, auch nicht vor dem Anpatzen der Kuratoriumsmitglieder. Das KHM ist international anerkannt, meine Damen und Herren, was dem Herrn Seipel fehlt, ist wohl ein rotes Parteibuch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nun kommt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek zu Wort. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.59.20

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Ledolter, nur zur historischen Richtigstellung: Die Frage, wie der Rohbericht des Rechnungshofes an die Öffentlich­keit gelangt ist, hat Direktor Seipel im Budgetausschuss selbst beantwortet. Er hat gesagt, dass er ihn selbst an die Journalisten weitergegeben hat. – Das nur zur Klar­stellung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Rufe bei der SPÖ: Hört! Hört!)

Frau Ministerin! Werte Kollegen von der SPÖ, dem freiheitlichen Klub und der ÖVP! Sie haben sich jetzt offensichtlich dazu entschlossen, trotz Vorliegen dieses doch sehr kritischen Rechnungshofberichtes keine Reflexionsfähigkeit, keine Kritikfähigkeit und auch keine Problemlösungskompetenz an den Tag zu legen, sondern das einfach auf sich beruhen zu lassen. Ich finde, das ist der falsche Weg, denn es geht jetzt nicht nur um das Fehlverhalten eines Museumsdirektors, sondern es geht auch insgesamt um das Vertrauen der Bevölkerung in eine Institution und um das Vertrauen der Bevöl­kerung darin, dass dann, wenn Misswirtschaft eindeutig festgestellt wird, diese auch abgestellt wird.

Mit einer Politik, alles zuzudecken und keinerlei Konsequenzen daraus zu ziehen, machen Sie mittelfristig das Vertrauen der Bevölkerung in die öffentlichen und staatlichen Institutionen der Republik Österreich kaputt. Das ist demokratiepolitisch eine ganz, ganz falsche Entscheidung! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eines würde mich schon interessieren: Was muss ein Museumsdirektor tun, welche Verfehlungen muss er tatsächlich begehen, damit Sie sagen: Das sind wirklich Verfeh­lungen, aus denen man Konsequenzen ziehen muss!? Welche Verfehlungen sind das für Sie?

Ist das keine persönliche Bereicherung, Herr Kollege Molterer – Sie haben den Vorwurf der persönlichen Bereicherung massiv zurückgewiesen –, wenn man sich selbst sein Gehalt um das 2,5-Fache erhöht, um 250 Prozent, wenn man sein eigenes Auto an die Firma vermietet und dann wieder selbst damit fährt, wenn man Spesen nicht ordentlich belegt? Was ist das anderes als persönliche Bereicherung? Und ist es nicht massiv bedenklich, das in einer der wichtigsten Kulturinstitutionen dieser Republik zu haben und das einfach so zur Kenntnis zu nehmen?

Eine Frage dazu: Wie würden Sie das beurteilen, wäre das in einem privaten Unter­nehmen der Fall? Wäre es ein Geschäftsführer eines privaten Unternehmens, der all das macht, was in diesem Rechnungshofbericht steht, wäre das nicht der Grund für eine fristlose Entlassung? Denken Sie einmal darüber nach! Ich denke, eine derartige Relation herzustellen, ist ein Gebot der Stunde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Ist das üblich – weil Sie das so verteidigen? Machen das andere Museumsdirektoren oder -direktorinnen auch? Macht das auch Frau Zuna-Kratky? Macht das auch Herr Köb? Ist es üblich, dass man sich im Museum so gebärdet? – Wenn nein, dann frage ich Sie: Warum ziehen Sie aus diesem Misswirtschaftsbericht keine Konsequenzen?

Ich finde, der wichtigste Punkt in dieser Diskussion ist nicht die Frage: Misswirtschaft, Seipel, hin oder her, sondern: Wie geht man in einer Demokratie mit so etwas um? Das ist ein demokratiepolitischer Vorwurf, der hier gelöst werden muss. Ich finde es beden­kenswert – und ich glaube, das ist auch der springende Punkt –, dass es hier um eine Person geht, die der ÖVP sehr nahe steht, und dass das der ausschließliche Grund zu sein scheint, warum diese Person einfach weiter gehalten wird.

Es ist eine Person, die im Stiftungsrat des ORF sitzt und immer ÖVP-nahe abstimmt. Es ist eine Person, die im Kanzler-Personenkomitee war. – Hat das irgendetwas mit der Entscheidung zu tun, über diese Misswirtschaft einfach hinwegzusehen? Wenn ja, dann ist das demokratiepolitisch wirklich das Bedenklichste, das Sie tun können! Eine Vereinnahmung der staatlichen Institutionen von ÖVP-nahen Personen zu ermöglichen und diese dann nicht abzulösen, wenn sie sich nicht korrekt verhalten, das ist etwas, was man als Partei in einer Republik nicht darf – was Sie aber offensichtlich hier massiv versuchen, wenn Sie nicht Konsequenzen aus diesem Bericht ziehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Würden Sie auch so agieren, wenn dieser Museumsdirektor gesellschaftspolitisch anderswo anzusiedeln wäre? Sie haben schon sehr viel rascher Konsequenzen gezogen, aus unterschiedlichen Beobachtungen, was jetzt mit Museen oder im Kunstbereich, im Opernbereich geschehen ist. Ich erinnere mich an einen Direktor der Volksoper, der sehr rasch abgelöst worden ist. Was wäre passiert, hätte dieser Direktor eine Wahlempfehlung für Van der Bellen oder den Kollegen Gusenbauer ausge­sprochen? Spielt das eine Rolle: ja oder nein? (Abg. Ledolter: Bei uns nicht! Bei Ihnen schon!) Ich bitte Sie, diese Trennlinie zu ziehen! Schützen Sie in diesem Fall einen ÖVP-Günstling oder nicht? Der Verdacht steht im Raum, dass das ausschließlich deswegen gemacht wird, um einen ÖVP-nahen, Politik-nahen Menschen zu schützen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ein für mich demokratiepolitisch auch noch sehr wichtiger Punkt ist diese Kontroll­verweigerung. Auch die Umgangsform des Direktors Seipel mit dem Rechnungshof wird im Bericht ausgeführt und angeführt, und es ist sehr bedenklich, wenn der Rech­nungshof schreibt, er wurde in seiner Kontrolltätigkeit regelrecht behindert, es wurde ihm kein Zugang zu den Belegen gewährt. Wenn sich jemand so verhält, eine der größten Kunstinstitutionen der Republik als seine private Sammlung zu sehen, dann ist das nicht mehr akzeptabel.

Den Rechnungshof nicht mehr zuzulassen – ich kenne die Berichte, es war selten so eine Kontrollverweigerung zu beobachten wie bei dieser Kontrolltätigkeit –, das ist demokratiepolitisch auch extrem bedenklich. Hier geht es nicht um Kunst- und Kulturpolitik, hier geht es um eine gewisse politische Hygiene, dass die Menschen in diesem Land darauf vertrauen können: Staatliche Institutionen werden von Menschen geleitet, die einen gewissen Grundanstand haben.

Holen Sie zehn Menschen von der Straße hier herein, lesen Sie ihnen den Bericht vor und fragen Sie, ob sie das in Ordnung finden, was Herr Seipel alles gemacht hat. Men­schen, die vielleicht 1 400 € netto im Monat verdienen, fragen Sie, ob sie das in Ordnung finden! Es geht hier nicht um die Klärung strafrechtlicher Belange, sondern einfach um die Frage: Finden Sie das in Ordnung: ja oder nein? Ist das ein gewisser politischer Anstand: ja oder nein?


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Direktor Seipel hat ihn nicht, und Sie, Frau Ministerin, haben ihn offensichtlich auch nicht! (He-Rufe bei der ÖVP.) Sie sehen auch nicht diese demokratiepolitische Gefähr­lichkeit, diesen Grat, den Sie hier überschritten haben, diesen Grat, den Sie hier ständig überschreiten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das fängt beim Kunsthistorischen Museum an, geht beim ORF weiter und in viele andere Institutionen dieser Republik: die Vereinnahmung von staatlichen Institutionen durch eine Partei! (Neuerlicher Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.05

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Ledolter zu Wort gemeldet. Sie kennen die Geschäftsordnung, Herr Abgeordneter: Fakten und Fakten. – Bitte.

 


17.05.52

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich berichtige die Behauptung, die Frau Kollegin Glawischnig hier soeben gemacht hat, wonach Generaldirektor Seipel im Budgetausschuss zugegeben habe, selbst Indiskretionen begangen zu haben, nämlich den Rechnungshof-Rohbericht an die Presse weitergegeben zu haben. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, hat er!)

Ich weiß aus persönlichen Gesprächen (Rufe bei den Grünen: Nein! Nein! – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Der ganze Ausschuss hat das gehört!), dass General­direktor Seipel auf das reagiert hat, was sich in der Öffentlichkeit, in den Medien bereits durch vorgelagerte Indiskretionen ereignet hat. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Er hat das persönlich gesagt! Der ganze Ausschuss hat es gehört!)

17.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war keine tatsächliche Berichtigung, Herr Abgeord­neter, das war ein Redebeitrag.

Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Selbständigen Entschließungs­antrag 635/A (E) der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betref­fend vorzeitige Abberufung des Geschäftsführers des Kunsthistorischen Museums und Neubesetzung des Kuratoriums des Kunsthistorischen Museums.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet keine Mehrheit, er ist daher abgelehnt.

*****

Meine Damen und Herren! In ein paar Minuten wird dort oben das Fenster aufgehen. Es wird ein Foto gemacht werden für unsere neue Präsentation in der Rampe. Das zur Erklärung, damit niemand glaubt, es sei ein Attentat oder irgendetwas Derartiges. Das Fenster dort oben wird aufgehen, und es wird fotografiert.

17.07.51Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 2764/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers mit der Ordnungszahl 2764/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Ver­lesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.


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Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundes­regierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minu­ten dauern.

Ich bitte nun Herrn Abgeordneten Dr. Einem als Einbringer des Verlangens, die Debat­te zu eröffnen. – Herr Kollege, Sie sind am Wort.

 


17.08.36

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es geht auch jetzt um eine durchaus ernste Frage, und es ist bezeichnend, dass der Herr Bundeskanzler nicht hier ist, sondern sich durch den Herrn Staatssekretär vertreten lässt. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das ist bezeichnend!)

Lassen Sie mich kurz die Geschichte darstellen: Der Herr Bundeskanzler fährt, wie das seiner Funktion entspricht, nach Brüssel und diskutiert dort im Europäischen Rat mit anderen Staats- und Regierungschefs die wichtigen Fragen Europas, und dann ent­scheiden die Herren und Damen dort irgendetwas. Dann kommt der Herr Bundes­kanzler nach Österreich zurück und ist offenbar für nichts von dem, was er dort beraten und entschieden hat, zuständig. Ich bekomme auf 24 von 28 Fragen, was er denn zu veranlassen gedenkt auf Basis der Beschlüsse, die er selbst in Brüssel getroffen hat, die Antwort, er sei leider nicht zuständig.

Es war aber sonst keiner dort! Es ist der Herr Bundeskanzler, der im Europäischen Rat allein entscheidungsberechtigt ist und dort die Republik Österreich vertritt.

Dann denken wir uns, es wäre vielleicht sinnvoll, wir reden mit dem Herrn Bundes­kanzler darüber, weil es sich doch eigentlich nur um einen Irrtum handeln kann, dass er zwar in Brüssel dafür zuständig ist, 40 Beschlüsse zur Neuorientierung der Lissa­bon-Strategien zu fassen, aber sobald er hier ist, für nichts mehr zuständig ist, sodass er nicht mehr antworten kann – und dann kommt er nicht, dann schickt er den Herrn Staatssekretär. (Abg. Dr. Gusenbauer: Der nicht dort war!) Der erstens nicht dort war und der zweitens natürlich auch für nichts zuständig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn das die Art der Wahrnehmung europäischer Politik in Österreich ist, dann brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass die Menschen enttäuscht sind über das, was dort geschieht, und über das, was nicht geschieht. Denn das Hauptproblem bei der Lissabon-Strategie besteht auch darin, dass die Dinge, die dort beschlossen werden, in den nationalen Staaten umzu­setzen sind und dass das offensichtlich nicht geschieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist jetzt fünf Jahre her, dass die Lissabon-Strategie beschlossen wurde, nämlich im Frühjahr 2000. Das Ziel der Lissabon-Strategie war es, Europa bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt werden zu lassen, zu einem Wirt­schaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und bes­seren Arbeitsplätzen für einen größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen, und gleich­zeitig dem Umweltschutz verpflichtet ist. (Unruhe im Saal.)

Ich weiß, dass es für Sie viel interessanter ist, fotografiert zu werden (Abg. Brosz: Ist schon vorbei!), aber ich denke, es wäre auch interessant, die Frage mit zu bedenken, warum Lissabon nicht vom Fleck kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es wurde dann von den Staats- und Regierungschefs eine hochrangige Kommission eingesetzt, die Wim-Kok-Kommission, die einen Bericht darüber vorgelegt hat, warum Lissabon nicht vom Fleck kommt. Und darin heißt es im Wesentlichen, dass zwar die


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Zeit seit dem Jahr 2000 nicht besonders günstig war für die Realisierung der in Lissabon beschlossenen Ziele, aber dann heißt es wörtlich in diesem Bericht:

„Doch liegt es eindeutig auch an der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten selbst, wenn sich Fortschritte nur langsam einstellen. Denn in vielen Bereichen der Lissabon-Strategie wurde es versäumt, die Reformen mit dem erforderlichen Nach­druck voranzutreiben.“

Ich glaube, ich muss das nicht weiter zitieren. Deutlich ist, dass die Mitgliedstaaten offenbar nicht engagiert genug tätig geworden sind. Und dann treffen sich die Staats- und Regierungschefs nach fünf Jahren auf der Basis dieses Berichtes wieder, be­schließen 40 neue Punkte, davon 28, die operativ umsetzbar sind – und dann fährt der Bundeskanzler nach Hause, wir fragen ihn, was er tun und was er veranlassen wird im Rahmen der von ihm geführten Regierung, und er sagt, dass er leider nicht zuständig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler sagt sogar noch mehr: Auf eine der Fragen bekomme ich sogar zehn Antworten – und er ist für keine zuständig! Er ist für keine von den Antworten, die er mir dort gegeben hat, zuständig, aber er hat die Gelegenheit genützt, dort eine Werbeaussendung zu placieren, nämlich zu sagen, was er bei dem großen Showgipfel am 1. Mai 2005 alles hat beschließen lassen. Unter anderem, dass sich die Sozialpartner bemühen werden, Sozialpartner zu sein. – Toll. Herzlichen Glückwunsch!

Wenn wir wollen, dass tatsächlich in Europa Arbeitsplätze geschaffen werden, wenn wir wollen, dass Europa wirklich ein wissensbasierter Raum wird, in dem auch der soziale Zusammenhalt gefördert wird, wenn wir wollen, dass Europa wirtschaftlich wettbewerbsfähig, aber für die Bewohner, für die Menschen, die in diesem Raum leben, auch wirklich lebenswert ist und bleibt und dort, wo das noch nicht der Fall ist, wird, dann muss auch von den Regierungschefs zu Hause zumindest der Versuch unternommen werden, die zuständigen Regierungskollegen in die Umsetzung dieser Strategie mit einzubinden.

Und dann frage ich Sie – stellvertretend Sie, Herr Staatssekretär Morak; ich hätte gerne den Herrn Bundeskanzler gefragt –: Wer ist eigentlich dafür verantwortlich, das, was dort beschlossen worden ist, hier bekannt zu machen und dafür zu sorgen, dass es geschieht? Beschlüsse oder Schlussfolgerungen des Vorsitzes nach Sitzungen des Europäischen Rates sind für die Regierungsmitglieder in Österreich nicht verbindlich. Der österreichische Bundeskanzler kann auch nicht das, was der deutsche Bundes­kanzler könnte, nämlich hier anschaffen, was zu geschehen hat, denn die Minister sind oberste Organe – und der Bundeskanzler ist natürlich kein Bundesminister für alles; das wissen wir.

Aber wenn der Herr Bundeskanzler nicht einmal dafür zuständig ist, in der von ihm geführten Regierung zu veranlassen, dass alle bereit sind, das, was er im Namen der Republik in Brüssel beschließt, umzusetzen und auch darüber zu berichten, bis wann die Umsetzungsschritte gesetzt werden, und dann auch wieder darüber zu berichten, welche Effekte das gehabt hat, dann wäre es besser und billiger, meine sehr geehrten Damen und Herren, er würde nicht dorthin fahren und eben dort keine Beschlüsse fassen, denn dann ist es wertlos, dass er im Europäischen Rat Beschlüsse fasst. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Lassen Sie mich jetzt schon zum Schluss kommen – es ist nicht unbedingt notwendig, zu diesem Thema lange zu sprechen. Ich möchte nur wissen, was sich die Menschen denken sollen, wenn sie diese Abfolge zur Kenntnis nehmen.


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Ein Punkt ist, dass es den Regierenden offenbar nicht wahnsinnig ernst ist damit, euro­päische Politik auch wirklich umzusetzen. Sie sind zwar bereit, etwas zu be­schließen, vorzugsweise Dinge, die toll klingen, aber sobald sie heimfahren, haben sie es vergessen – oder sie sind nicht zuständig.

Der zweite Punkt ist: Es geht zufällig mit um die wichtigsten Ziele auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Europas, die wir hier umzusetzen haben. Es geht darum, Lebensinteressen der Menschen umzusetzen und sie in Deckung auch mit einer ver­nünftigen wirtschaftlichen Entwicklung zu bringen. Aber der Herr Bundeskanzler ist nicht zuständig, er kann daher keine Antworten geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wundere mich nicht, wenn es unter diesen Bedingungen zunehmende Europaskepsis gibt. Ich wundere mich vor allem nicht, wenn es zunehmende Politikskepsis gibt.

Lassen Sie mich daher zum Schluss kommend sagen – und das ist das, was wir heute in der Früh auch schon gesagt haben –: Das, was wir brauchen, ist eine Umkehr in der Europapolitik. Wir brauchen eine Europapolitik, die dazu führt, dass endlich eine andere, eine verantwortungsvolle Politik gemacht wird, die auch für Ergebnisse sorgt (Abg. Grillitsch: Eine neue Verfassung!), Ergebnisse, die die Menschen in Österreich genauso wie die Menschen in Frankreich, in den Niederlanden oder sonstwo in Europa wollen. Sie wollen nicht, dass derjenige, der dort beschließt, hier nur schöne Reden hält, aber für nichts verantwortlich ist! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

17.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Morak zu Wort gemeldet. Seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Abg. Dr. Cap: Jetzt wird es spannend! Sehr schwierig!)

 


17.17.17

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Franz Morak: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die formalen Kritikpunkte an der Anfragebeantwortung betrifft, darf ich Sie darauf hinweisen, dass das Interpellationsrecht auf die Vollziehung des jeweili­gen Ressortbereichs des Regierungsmitgliedes beschränkt ist. Diesem Umstand wurde in dieser Anfragebeantwortung Rechnung getragen.

Was die inhaltliche Beantwortung der Fragen betrifft: Es sind die Staats- und Regie­rungs­chefs beim Frühjahrsgipfel 2005 übereingekommen, die Anstrengungen auf nationaler und europäischer Ebene verstärkt auf die Erhöhung von Wachstum und Beschäftigung auszurichten (Abg. Brosz: Haben Sie das bei der Geburtstagsfeier vorgelesen?) und damit einen klaren Schwerpunkt festzulegen.

Österreich hat mit dem „Reformdialog für Wachstum und Beschäftigung“ am 1. Mai 2005 den ersten Schritt zur Diskussion der notwendigen nationalen Reform­maßnahmen gesetzt. (Abg. Öllinger: Nicht so getragen!) Die Republik Österreich wird zusätzliche Mittel für Forschung im Ausmaß von 1 Milliarde € im Zeitraum 2005 bis 2010 zur Verfügung stellen. Durch Änderungen in den Bundesfinanzgesetzen 2005 und 2006 sowie des Bundesfinanzierungsgesetzes werden diese zusätzlichen Mittel für Forschung und Entwicklung unter Einbindung der österreichischen Bundesfinanzie­rungsagentur bereitgestellt und außerdem für das Jahr 2005 die Grundlage für eine Intensivierung der Breitbandoffensive vor allem im ländlichen Raum geschaffen. (Abg. Öllinger: Sie halten ja eine Grabrede!)

Im Bereich der Einkommensteuer soll im Hinblick auf die beschlossene Mittelstands­offensive im Bereich von Forschung und Entwicklung die Auftragsforschung steuerlich begünstigt werden. Diese Maßnahme wird erheblich dazu beitragen, die Forschung in den breiten Mittelstand zu bringen. KMUs können somit in Zukunft einen For­schungs-


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freibetrag oder eine Forschungsprämie für Auftragsforschung geltend machen – ge­schätztes Volumen: 300 Millionen €.

Mit diesen beiden Maßnahmen wird den EU-Zielen Lissabon und Barcelona-Agenda Rechnung getragen, wonach Forschung und Entwicklung wichtige Elemente zur Dynamisierung von Wachstum und Beschäftigung sind und demgemäß bis zum Jahr 2010 eine Forschungsquote von 3 Prozent erreicht werden soll.

Die Durchführung der Finanzierung soll durch die österreichische Bundesfinanzie­rungsagentur erfolgen. Die Bedeckung der Finanzierung wird durch Gewinnaus­schüt­tung der ÖIAG sichergestellt.

Im Bereich der Umsatzsteuer soll im Sinne einer effizienteren Betrugsbekämpfung die Umsatzsteueridentifikationsnummer auch des Lieferungs- oder Leistungsempfängers auf der Rechnung anzugeben sein, wenn der Rechnungsbetrag 10 000 € übersteigt. Durch die betragsmäßige Einschränkung wird das Massengeschäft nicht mit unnötigem administrativem Aufwand belastet. (Abg. Brosz: Was würden Sie machen, wenn Ihnen das Blatt hinunterfällt?) Die zusammenfassende Meldung soll in Hinkunft monatlich abzugeben sein statt wie bisher quartalsweise. Durch beide Maßnahmen kann die Finanzverwaltung wesentlich rascher eine Kontrolle durchführen. (Abg. Öllinger: Was wollen Sie uns damit sagen?)

Im Bereich der Abgabenverwaltungsorganisationsgesetze soll bei der Vollziehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes eine Anpassung der Befugnisse der Finanzämter an die Zollämter erfolgen. (Abg. Dr. Cap: Wieso?)

Im Bereich des Finanzstrafgesetzes soll durch die vorgeschlagene Anhebung der Freiheitsstrafen bei strafbestimmten Wertbeträgen von 3 Millionen € von fünf auf sieben Jahre ein weiterer Schritt in Richtung effizientere Betrugsbekämpfung gesetzt werden. So soll einer Schädigung der Allgemeinheit durch besonders schadenintensive Deliktsbegehung durch eine dem allgemeinen Strafrecht entsprechende Sanktionie­rung begegnet werden. (Abg. Dr. Cap: Stimmt das wirklich?) – Ja. (Abg. Dr. Einem: Das ist aber nicht Thema der Frage gewesen!)

Im Bereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes soll eine Verdoppelung der ange­drohten Höchststrafe bewirken, dass die illegale Beschäftigung zunehmend unattrak­tiver wird, was wiederum einen positiven Effekt auf den heimischen Arbeitsmarkt erwarten lässt. Außerdem werden auch die Finanzämter und ihre Organe in die Be­kämpfung der illegalen Beschäftigung eingebunden, was einen breitflächigen Einsatz der Finanzverwaltung erlaubt. Ein ähnlicher Effekt ist beim Arbeitsvertrags­anpas­sungsgesetz zu erwarten.

Der Kampf gegen Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit wird verstärkt. Zu diesem Zweck plant die Bundesregierung eine Verstärkung der Betrugsbekämpfungseinheit mit zirka 200 Bediensteten. Diese Bediensteten sollen im Sinne von Effizienz­steige­rung, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit in der öffentlichen Verwaltung auch durch Umschichtung aus ausgegliederten Unternehmen des Bundes aufgebaut werden.

Im Bereich des Arbeitsmarktservice sollen die bereits auf Grund der verstärkten Bekämpfung der illegalen Beschäftigung durch die Organe der Zollämter und auch im Rahmen der von Aktionstagen der gesamten Finanzverwaltung zunehmend herein­fließenden Strafgelder dazu benützt werden, bis Ende des Jahres 2006 die tech­nischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein elektronischer Zugang der Abgabenbehörden zu den Datenbanken des AMS zu jeder Zeit, also auch in der Nacht


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und am Wochenende, möglich ist. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Ha, ha!)

17.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Grillitsch. 5 Minuten Redezeit, so wie alle anderen künftigen Redner in dieser Debatte. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.22.38

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion heute am Vormittag zur EU, zur Situation in der EU, vor allem auch die Forderung des Herrn Gusenbauer, dass die Europäische Verfassung durch eine bessere ersetzt werden müsse, um die Zustimmung der Menschen in Europa zu finden, war schon interessant. Gleichzeitig hat Herr Präsident Verzetnitsch gesagt, dass im Interesse der arbeitenden Bevölkerung Europas die Ziele dieser Verfassung umgesetzt werden sollten.

Herr geschäftsführender SP-Klubobmann Cap: Die Zerrissenheit in der SPÖ ist gera­dezu perfekt! Schauen Sie, dass Sie wieder eine klare Position für die EU bekommen! (Abg. Dr. Cap: Haben wir! Haben wir!) Ich glaube, das würde den Menschen die Sicherheit geben, die sie sich tatsächlich wünschen, werte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Gradwohl: Wir haben wenigstens eine! Der Bundeskanzler war dort, und es war niemals etwas!)

Herr Kollege Einem, Herr Staatssekretär außer Dienst Dr. Einem – Sie waren ja Staatssekretär (Rufe bei der ÖVP: Bundesminister!) und Bundesminister –: Haben Sie als Staatssekretär nie einen Minister hier auf der Regierungsbank vertreten müssen – oder hat man Ihnen das nicht zugetraut? (Heiterkeit bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Einem. – Abg. Reheis: Das ist schwach!) Nehmen Sie zur Kenntnis, dass ein Staatssekretär auch das Recht hat, hier einen Minister – in diesem Falle den Bundeskanzler – zu vertreten! (Abg. Jakob Auer: Auch die Pflicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vergleiche machen uns sicher: Die Wirtschaftsdaten, die Arbeitsmarktdaten können wir uns anschauen, denn diese sind besser als jene in den meisten anderen Mitgliedstaaten der EU. Österreich – so eine EU-Prognose aus dem Frühjahr –: Wirtschaftswachstum: 2,1 Prozent. (Abg. Broukal: Ist aber schon zurückgenommen! Das wissen Sie schon!) Wie das in Deutschland unter einer rot-grünen Regierung aussieht, das wissen Sie auch. (Abg. Broukal: Das stimmt ja gar nicht mehr!) Wirtschaftswachstum in Deutschland, Herr Broukal: 0,8 Prozent. (Abg. Broukal: Sie lesen ja nicht einmal ...!)

Wie schaut es mit den Arbeitslosenzahlen aus? (Abg. Broukal: Die steigen in Österreich!) Kennen Sie diese Zahlen, Herr Broukal? (Abg. Öllinger: Die steigen in Österreich!) 4,8 Prozent in Österreich; in Deutschland 12,5 Prozent. (Abg. Dr. Einem: Deutschland ist für uns uninteressant! Österreich!) Einen klareren Ausdruck für rote Zahlen als im Falle dieser rot-grünen Regierung gibt es ja gar nicht mehr, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Dr. Einem, auch aus meinem angestammten Bereich heraus, aus dem Bereich Landwirtschaft, kann ich Ihnen Zahlen nennen, wie es in Österreich beziehungsweise in Deutschland ausschaut. (Abg. Silhavy: Das war jetzt aber nicht das Thema!) Rot-grüne Agrarpolitik heißt: 90 Prozent weniger an Investitionen bei den bäuerlichen Betrieben! (Zwischenruf des Abg. Dr. Einem.)

Nicht nur, dass die Bauern weniger investieren: Infolge von Nicht-Investitionen gibt es auch fundamentale Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt (Abg. Öllinger: Wie viele Bauern ...?) Herr Öllinger, durch diese Nicht-Investitionen gibt es 30 000 bis 40 000 Ar-


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beitsplätze pro Jahr weniger in Deutschland (Abg. Gradwohl: Sie sprechen nicht zur Sache! Sprich zur Sache!), während bei uns die Bauern zweieinhalb Mal soviel wie in Deutschland investieren.

Anders gerechnet: Wenn bei uns in Österreich 35 000 Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen, finden 30 000 Arbeit, 5 000 leider nicht. – In Deutschland aber werden allein im Agrarbereich 30 000 bis 40 000 Arbeitsplätze durch diese rot-grüne Regierung ver­nichtet! (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

In Österreich ist die Stimmung besser, als Sie von der SPÖ das darzustellen ver­suchen, weil wir in Österreich eben eine bessere Regierung haben und die Menschen Vertrauen in diese haben – und auch, weil sie wissen, dass durch diese Regierung Sicherheit gewährleistet ist. (Abg. Gradwohl: Aber du bist zufrieden damit, dass ...?)

Herr Gradwohl! Das, was Herr Dr. Einem hier behauptet hat, war etwas polemisch, dass nämlich Herr Bundeskanzler Schüssel nach Brüssel fahre und in Österreich nichts tue. – Faktum ist, dass es unter dieser Bundesregierung zwei Wachstumspakete gegeben hat. Faktum ist, dass wir eine Steuerreform durchgezogen haben. Faktum ist, dass es am 1. Mai 2005 einen Reformdialog gegeben hat. (Abg. Riepl: Und mehr Arbeitslose haben!) All das sind Maßnahmen, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten.

Und dieses geschnürte Paket, dieser Reformdialog werden uns im Jahre 2006 zusätz­liche Wachstumseffekte beim BIP, und zwar von 0,25 bis 0,3 Prozent, bringen. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Das heißt aber auch mittelfristig, Frau Silhavy, 20 000 Jobs mehr! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Abg. Öllinger: Nein! Nein!) Diese unsere Politik wird uns den Lissabon-Zielen näher bringen, sofern wir sie nicht schon erreicht haben!

Beispielsweise haben wir – für den Fall, dass Sie das nicht wissen, Frau Kollegin Silhavy – bei der Frauen-Beschäftigungsquote das Ziel bereits im Jahre 2001 über­schritten! (Abg. Silhavy: Sie wissen ganz genau, dass ...! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Lissabon schreibt uns 60 Prozent vor. – Wir in Österreich liegen diesbezüglich bei 62,8 Prozent. (Präsident Dr. Khol gibt neuerlich das Glocken­zeichen. – Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, zum Schluss kommend und wirklich aus tiefer Sorge heraus – wegen Ihrer Positionierung und da Sie bereits im Jahre 2000 versucht haben (Präsident Dr. Khol gibt wiederum das Glockenzeichen), Österreich zu vernadern –: Die EU ist zu wertvoll, um von Ihnen krankgejammert zu werden! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Dr. Hlavac. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


17.28.29

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­ter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Grillitsch, es ist uns durchaus bewusst, dass Herr Staatssekretär Morak auch dazu berufen ist, den Herrn Bundeskanzler hier zu vertreten (Abg. Grillitsch: Das glaube ich nicht!), aber eigent­lich tut uns der Herr Staatssekretär ein bisschen Leid, wenn er dazu verpflichtet wird, hier einen Text vorzulesen, der eigentlich nichts mit dem Thema zu tun hat.

Wenn in diesem Text steht, dass dem Interpellationsrecht Rechnung getragen wird, so stimmt das nicht ganz! Wie bereits Kollege Einem festgestellt hat: Einige Fragen sind sehr wohl beantwortet worden, andere hingegen nicht, und zwar Fragen, die durchaus im selben Zusammenhang gestanden sind. Das heißt, es drängt sich der Verdacht auf,


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dass man hier einige Dinge, von denen man glaubt, dass sie präsentabel sind – ohnehin nur glaubt; leider sind sie es ja in Wirklichkeit nicht –, hervorstreichen möchte, zu anderen Themen jedoch keine Stellung beziehen möchte.

Herr Kollege Grillitsch, was die Position der SPÖ zur Europäischen Union betrifft, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen! (Abg. Grillitsch: Mache ich mir schon! – Abg. Mag. Regler: Bis jetzt nicht, aber heute schon!) Wir haben erstens eine klare Position, und wir haben eine positive Position zur Europäischen Union.

Wir haben aber eine kritische Position. (Abg. Grillitsch: Zerrissen ist Ihre Position!) Es ist einfach notwendig, die Europäische Union und die Situation, in die sie sich hinein­manövriert hat, auch kritisch zu betrachten, denn nur dann kann es einen Ausweg aus der jetzigen Situation geben (Abg. Mag. Regler: Ja, aber nicht durch eine Kehrt­wendung!), die ja tatsächlich – das werden Sie zugeben – schwierig ist.

Jetzt wieder zur Lissabon-Strategie. Der Rat musste bei der letzten Tagung ein­gestehen, dass das Ziel der Lissabon-Strategie, bis 2010 der wettbewerbsfähigste und dynamischste wissensbasierte Wirtschaftsraum der Welt zu sein, nicht in Erfüllung geht. Das heißt, dass dringend gehandelt werden muss, und deshalb stellen wir auch diese Anfrage. Und deshalb ist es sehr enttäuschend, zu sehen, dass es keine Antwort gibt. Offensichtlich wird in Brüssel etwas beschlossen, dann fahren alle nach Hause – und dann gilt das nicht mehr, dann wird das nicht umgesetzt.

Das ist offensichtlich geschehen, denn der Europäische Rat musste ja selbst be­dauernd feststellen, dass zwar einiges beschlossen worden ist, dass man sich aber nicht ausreichend damit identifiziert hat und es vor allem nicht umgesetzt hat.

Es gibt eine Reihe von Problemen hier in Österreich. So haben wir etwa jetzt die höchste Arbeitslosigkeit der Zweiten Republik. Sie sagen, das Niveau der Frauen­beschäftigung sei relativ hoch. Ja, allerdings hat die OSZE zu Recht festgestellt, dass mit den Maßnahmen der Bundesregierung Frauen vom Arbeitsmarkt verdrängt werden. Ebenso wurde festgestellt, dass die soziale Durchlässigkeit des Bildungssystems nicht gegeben ist.

Es gibt also genügend Punkte, die auch im Zusammenhang mit der Lissabon-Strategie behandelt werden müssen. Da hätten wir uns eine Antwort vom Bundeskanzler erwartet. Wir haben sie in der Anfragebeantwortung nicht bekommen, und wir haben sie auch jetzt vom Herrn Staatssekretär nicht bekommen. Daraus entsteht ein Unbe­hagen in der Europäischen Union und mit der Politik der Europäischen Union. Der Europäische Rat ist anscheinend national nicht verantwortlich, denn der Bundeskanzler erklärt sich für nicht zuständig, und der Rat ist auch dem Europäischen Parlament nicht verantwortlich.

Da darf man sich dann nicht wundern – wenn so viele Probleme bestehen und wenn so viele Erwartungen, was das soziale Europa betrifft, nicht erfüllt werden –, dass ein Unbehagen bei den Bürgerinnen und Bürgern besteht. Und dieses Unbehagen ist ja in den letzten Wochen deutlich zu Tage getreten. (Beifall bei der SPÖ.)

17.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hof­mann. 5 Minuten Redezeit.

 


17.33.05

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu meiner Vorrednerin: Wem das gemeinsame Haus Europa, die Entwicklung dieser Europäischen Union, des Friedens­projektes Europäische Union, ein Anliegen ist, dem soll es auch ein Anliegen sein, dort und da konstruktive Kritik anzubringen, wie wir das auch in der Vergangenheit gemacht


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haben. Ich begrüße es, dass die Sozialdemokratie ebenfalls zu dieser Erkenntnis kommt, vermisse eine solche allerdings in jener Zeit, als wir der Europäischen Union beigetreten sind. Ich glaube, es war nicht gut, alles schönzufärben, nämlich dort, wo auch konstruktive Kritik angebracht gewesen wäre.

Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Frühjahrsgipfel 2005 hat die Kommission eine Mitteilung vorgelegt, wonach es um Zusammenarbeit für Wachstum und Beschäftigung gehen soll, einen Neubeginn für die Strategie von Lissabon. Die Schlussfolgerung des Vorsitzes zur Tagung des Europäischen Rates ist, dass dringender Handlungsbedarf gegeben ist. Dem ist zuzustimmen. Die Ausgangsbasis, die Lissabon-Strategie des Jahres 2000, sieht ja vor, dass die Europäische Union innerhalb des nächsten, des laufenden Jahrzehnts, also bis 2010, zum weltweit wettbewerbsfähigsten und dynami­schesten wissensbasierten Wirtschaftsraum gemacht werden soll. Ein dauerhaftes Wachstum, mehr und bessere Arbeitsplätze sowie ein größerer sozialer Zusammenhalt sollen letztlich die Folge sein.

Das Ziel der EU erfordert gleichsam eine Zwischenbilanz. Tatsache ist, dass das Ziel verfehlt wird, das Wachstum zu gering ist, die Produktion zu gering ist. Wir wissen, wir haben auch eine sehr niedrige, ja sogar sinkende Geburtenrate und – obwohl wün­schenswert, aber mit entsprechenden Auswirkungen auf die Erreichung des Zieles – natürlich auch eine höhere Lebenserwartung.

Es rechtfertigt das alles durchaus eine Anfrage, wie sie Kollege Einem gestellt hat, und ich bin auch der Meinung, dass eine Anfragebesprechung Sinn macht. Warum? Weil ich glaube, dass es angebracht ist, einerseits die Entwicklung hin zu diesem Ziel zu betrachten, zu schauen, wo wir uns auf dem Weg zu diesem Ziel gerade befinden, die Entwicklung zur Europäischen Union zu betrachten, und andererseits die öster­reichische Situation innerhalb dieser Gemeinschaft, innerhalb der Mitgliedstaaten dar­zustellen.

Da bedauere ich es, dass es Kollege Einem darauf reduziert, das polemisch darzu­stellen: Der Kanzler reist nach Brüssel und redet dort mit seinen Regierungskollegen, man beschließt etwas, Kanzler fährt nach Hause. Das war’s dann, und es erfolgt keine Umsetzung.

Ich stelle fest: Erstens ist Österreich nicht für den Gesamterfolg oder das Nicht-Erreichen der Lissabon-Strategie verantwortlich zu machen. Und zweitens: Wenn man Österreich für sich betrachtet, isoliert als Mitgliedstaat betrachtet, dann sieht das durch­aus positiv aus. Ich möchte da den ungefähr ein halbes Jahr alten Wim Kok-Bericht erwähnen. In diesem Bericht wird Österreich drei Mal positiv erwähnt . Das Zwischen­ziel im Bereich der Beschäftigung für 2005 ist mit 67 Prozent erreicht, ebenso das Frauenbeschäftigungs-Ziel. Da können wir sagen, es ist zu gering, aber das Ziel für 2010, nämlich 60 Prozent, ist ebenfalls erreicht. Und ich erwähne auch noch die Vollliberalisierung des Gas- und Strommarktes.

Eine Diskussion macht also, wie ich meine, Sinn. Wir können aber überlegen, wo wir noch besser werden können, auch wenn die EU insgesamt dieses Ziel nicht erreicht.

Ich stelle fest, Österreich ist auf einem guten Weg, ist auf einem richtigen Weg, Österreich ist reformfreudig, und das nicht, weil es der Hofmann sagt, sondern das wird ja letztlich von den ausländischen Medien bestätigt. Diese sprechen vom „Erfolgs­modell Österreich“. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ etwa schreibt: „Vom Trittbrett­fahrer der allgemeinen deutschen Nachkriegswohlfahrt“ „zum autonomen Erfolgs­modell“. – Ähnliches in der „Süddeutschen Zeitung“.


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Geschätzte Damen und Herren! Unterhalten wir uns darüber, wie wir es noch besser machen könnten. – Ich bedanke mich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung hiezu: Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


17.38.29

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ist es nicht eine verkehrte Welt, in der wir leben? Herr Staatssekretär Morak ist bei dem Punkt, wo zweieinhalb Stunden lang auch über ihn und seine Feste gemeinsam mit dem Museumsdirektor gesprochen wird, nicht anwesend und kann sich daher nicht dazu äußern, und dann ist er bei einem Tagesordnungspunkt zwar körperlich anwe­send, aber kann sich nicht äußern, weil er wirklich nichts dazu zu sagen hat.

Und das ist nicht einmal ein Vorwurf an Sie, Herr Staatssekretär, sondern weil das Bundeskanzleramt, sprich: der Bundeskanzler, beschlossen hat, zu Fragen der Beschäftigung in Europa nichts zu sagen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Und was war heute Vormittag?)

Die Argumentation ist ja „steil“. Deshalb, weil der Bundeskanzler sich einer Anfrage­beantwortung verweigert, Herr Kollege Molterer, weil der Bundeskanzler zwar in Europa sagt: Ich bin dabei mit den anderen Regierungschefs, beschließen wir halt etwas!, ist zwar in die Hosen gegangen, das Lissabon-Barcelona-Szenario, aber: Sind wir nicht gut? Danke, werte Abgeordnete von den Regierungsparteien!

Wir haben schon gehört: Ein Parameter, die Frauenbeschäftigungsquote, ist erfüllt. Aber dazu haben wir diese Bundesregierung nicht gebraucht, der war schon zu Beginn erfüllt. – Sei’s drum.

Der Bundeskanzler sagt: Ich bin dabei, beschließen wir etwas, setzen wir etwas in Gang!, kehrt zurück nach Österreich und tut nichts. Dann kommt eine Anfrage, und er denkt sich: Wenn ich schon nichts tue, dann brauche ich auch nichts zu beantworten. Und der Herr Staatssekretär stellt sich her und vertritt das auch noch als Regie­rungsposition und sagt, das Interpellationsrecht der Abgeordneten beziehe sich nur auf Fragen der Vollziehung. Und da der Herr Bundeskanzler nicht daran denkt, in Fragen der Beschäftigung und des Wachstums das zu vollziehen, was er auf europäischer Ebene beschlossen hat, geht es auch nicht um eine Frage der Vollziehung, sondern offensichtlich um eine Frage der Nicht-Vollziehung, und daher ist weder er, der Herr Staatssekretär, noch der Bundeskanzler zuständig. Und der Bundeskanzler denkt sich: Diese Nicht-Zuständigkeit kann ich am besten durch meine Abwesenheit demons­trieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein schlichtes Resultat dessen, was Sie hier im Bereich Beschäftigung tatsächlich zu sagen haben: außer Überschriften vom Beschäftigungsgipfel offensichtlich nichts. Und es stimmt ja auch: Sie haben nichts zu sagen. Sie haben nichts getan. Das ist ein Resultat dessen, was Sie hier in der Anfragebesprechung bieten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich ist eine derartige Anfrage­besprechung nicht zur Kenntnis zu nehmen. Das ist wirklich untragbar, Herr Kollege Molterer, auch wenn es um Ihren Bundeskanzler geht, den von Ihrer Partei. (Abg. Mag. Molterer: Unseren!) Unseren Bundeskanzler, den Bundeskanzler der Republik. Gerade dann ist es nicht akzeptabel, dass von 28 Fragen 23 nicht beantwortet werden, weil der Bundeskanzler Ihnen und uns erklärt: Das geht mich nichts an! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.42



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

17.42.05Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 6 und 7 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Glaser. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.42.31

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Kollegin­nen und Kollegen! Wenn wir jetzt wieder zur Exekutionsordnungs-Novelle zurückkom­men, so möchte ich zunächst daran erinnern, dass wir eigentlich erst vor zwei Jahren die letzte Novelle zu diesem Gesetz beschlossen haben und damals der Meinung waren, dass wir mit dieser Novelle mehr Effizienz bei der Schuldeneintreibung er­reichen werden, was dann ja auch passiert ist.

Die Dynamik der Entwicklung in diesem Bereich zeigt aber, dass man immer neue Antworten finden muss, weil es immer neue Facetten im Bereich der Schulden­eintreibung zu berücksichtigen gilt. So werden zum Beispiel jetzt mit dieser Novelle die Summen, die im vereinfachten Verfahren durchgeführt werden können, von 10 000 auf 30 000 € erhöht, oder es wird die direkte Anwendung des europäischen Voll­streckungstitels ermöglicht, es wird kein eigenes österreichisches Verfahren mehr dazu notwendig sein.

Oder: Es ist die Abgabe des Vermögensverzeichnisses erleichtert, beziehungsweise wird es erstmalig – und auch das ist erwähnenswert – Entschädigungen für nicht beteiligte Dritte geben.

Es gibt noch einige andere Facetten, die mit dieser Exekutionsordnungs-Novelle neu geregelt werden und dazu beitragen sollen, dass die Schuldeneintreibung effizienter wird.

Ich glaube – und es wurde auch von einigen Vorrednern schon darauf hingewiesen –, dass wir dabei aber nicht übersehen sollten, dass es neben mehr oder weniger professioneller Schuldenmacherei Fälle geben wird, wo jemand durch ein Unglück in eine solche Situation kommt, durch Leichtfertigkeit in eine solche Situation kommt, oder wo vor allem auch unerfahrene Jugendliche mit dem Problem Exekution wegen zu hoher Schulden konfrontiert sind. Ich glaube auch, dass es durchaus richtig ist – und auch das wurde von Vorrednern aus den verschiedenen Fraktionen bereits angesprochen –, wenn wir uns überlegen, auch begleitend Maßnahmen zu setzen und uns nicht nur auf die Strenge des Gesetzes zu verlassen.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir bei Kreditvergaben vorsichtig sind, dass es wichtig wäre, bei Handybetreibern und Versandhäusern Bewusstseinsarbeit zu leisten, auch in der Schule und am Arbeitsplatz. Vielleicht wäre auch ein Ansatz, dass man betroffene Jugendliche selbst zu anderen Jugendlichen reden lässt, ähnlich wie es zum Beispiel in Führerscheinverfahren zurzeit der Fall ist.

Ich glaube ganz einfach – und das ist mir ein persönliches Anliegen –, dass das Wort Exekution allein schon etwas Grausiges ist – und die Umsetzung ebenfalls etwas sehr Unangenehmes. Wir müssen zwar einerseits die Strenge des Gesetzes walten lassen, um in der Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass Pflichten einzuhalten sind, ich glaube aber, dass es gerade bei Jugendlichen genauso notwendig ist, dass wir begleitend und präventiv entsprechende Bewusstseinsarbeit und Aufklärungsarbeit leisten. Und das


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sollten wir neben der Umsetzung der Gesetze genauso ernst nehmen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.46


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Frau Bundes­ministerin Mag. Miklautsch. – Bitte, Frau Minister.

 


17.46.15

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohes Hauses! Ich möchte mich zuerst auf die Exekutionsordnungs-Novelle beschränken. Diese verfolgt wesentliche Ziele – mein Vorredner hat es ja schon ausgeführt –, nämlich eine Verbesserung der Effizienz des Exekutionsverfahrens, den Ausbau des IT-Einsatzes im Exekutionsverfahren, die Anpassung der Exekutionsordnung an die Verordnung über den europäischen Ver­streckungstitel, aber auch die Adaptierung der Vergütung der Gerichtsvollzieher nach dem Vollzugsgebührengesetz.

Aus der Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt konnte ich entnehmen, dass ins­besondere die Opposition Bedenken hat im Hinblick auf die Einführung des ver­einfachten Verfahrens, welches nunmehr bis zu einer Streitwertgrenze von 30 000 € geht. Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang berichten, dass unsere Erfahrungen mit diesem vereinfachten Verfahren im Exekutionsverfahren sehr gut sind. 85 Prozent der Klagen werden bereits jetzt auf elektronischem Wege eingebracht – nach der ZPO ist es ja möglich, bis 30 000 € auf elektronischem Wege eine Klage einzubringen, die so genannte Mahnklage –, und 60 Prozent aller Exekutionsverfahren werden bereits derzeit im Wege des vereinfachten Verfahrens durchgeführt.

Ich gebe auch zu bedenken, dass uns bei dieser Exekutionsordnungs-Novelle sehr wohl bewusst war, dass der Verpflichtete auch ein besonderes Schutzbedürfnis hat. Daher wird die Exekutionsbewilligung auch im Vorfeld bereits zugestellt, und es gibt natürlich dann die Möglichkeit, Einspruch zu erheben und alle Rechtsmittel, sollten sie erfolgreich sein, dann auch tatsächlich zur Anwendung zu bringen.

Für uns war es in diesem Zusammenhang wichtig, eine Gleichstellung insoweit herbei­zuführen, als auf elektronischem Weg nunmehr nach der ZPO bis zu einem Streitwert von 30 000 € der IT-Einsatz möglich ist und wir auch im Exekutionsverfahren den gleichen Schwellenwert einführen wollten. Ich glaube, dass dies eine sehr gute Sache ist.

Der zweite Punkt, der heute hier angesprochen worden ist und der auch unter diesem Tagesordnungspunkt besprochen und abgestimmt werden wird, ist die Gerichts­organisation in Graz. Es wurde bereits mehrfach gefragt, warum wir hier die Verlän­gerung um ein Jahr brauchen. Ich bin gerne bereit, das aufzuklären.

Wir haben im April dieses Jahres begonnen, in Graz das Bezirksgericht Graz-West zu bauen. Es ist dort zu Bauverzögerungen gekommen, und wir schaffen es nicht, bis Dezember diesen Bau fertig zu stellen. Es wäre aus unserer Sicht wenig zweckmäßig gewesen, die Gerichtsorganisation in Graz praktisch in einem Haus zu vollziehen. Daher haben dankenswerterweise die Abgeordneten Fekter und Böhmdorfer den Antrag eingebracht, dass man die Frist für die Gerichtsorganisation in Graz um ein Jahr verlängert, damit dann das Gerichtsgebäude in Graz-West tatsächlich voll funktions- und einsatzfähig ist. Ich bitte Sie daher auch zu diesem Vorhaben um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorläufig letzte Rednerin dazu ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. Gewünschte Redezeit: 5 Minuten. – Frau Kollegin, bitte.

 



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17.50.01

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich möchte nur noch einmal kurz auf die Anhebung der Wertgrenzen zurückkommen, denn die Anhebung von 10 000 auf 30 000 € im beschleunigten Verfahren ist aus unserer Sicht doch unverhältnismäßig hoch. In den Erläuterungen wird auch ganz klar ausgeführt, dass die dafür ausschlaggebenden Gründe hauptsächlich solche der Effizienz sind, und es heißt darin:

„Zugunsten der Entlastung der Justiz und Beschleunigung des Verfahrens ist es daher zweckmäßig, den Verzicht auf die lückenlose Überprüfung der Übereinstimmung des Exekutionsantrags mit dem Exekutionstitel auch für Forderungen bis zu der für das Mahnverfahren vorgesehenen Höhe in Kauf zu nehmen und die Wertgrenze auf diesen Betrag anzuheben.“

Genau darum geht es. Ich denke, da sind die Schuldner schlechter gestellt, und daher werden wir auch hier – wir haben es auch im Ausschuss schon getan – eine getrennte Abstimmung verlangen, und dem wird meine Fraktion auch nicht zustimmen.

Was ich aber noch ganz kurz hinterfragen möchte, ist, dass, wie in den Erläuterungen auch steht, diese Exekutionsordnungs-Novelle eine beschäftigungsfördernde Wirkung haben soll. Mir ist das nicht ganz klar, und der OGH hat in seiner Stellungnahme auch angeführt, dass das nicht durchschaubar ist. Vielleicht könnten Sie, Frau Ministerin, noch eine kurze Stellungnahme abgeben, um das zu erläutern.

Ganz zum Schluss möchte ich hier aber auch noch eine grundsätzliche Bemerkung machen: Die Exekutionsordnung unterscheidet an sich nicht zwischen Zahlungs­unwilligkeit und Zahlungsunfähigkeit, sie geht immer von Zahlungsunwilligkeit aus. In vielen Fällen zeigt sich aber, dass eine sehr lange Zahlungsunfähigkeit vorangeht. Da gibt es aber keine Schutzbestimmungen, und die Rechtsfolgen der Exekutionsordnung sind für alle, die zahlungsunfähig sind, zu tragen, und das löst sehr oft eine Schuldenspirale aus, die sehr häufig dann zu Armut führt.

Einige Punkte wären hier überlegenswert. Ich möchte nur ganz kurz anführen, dass zum Beispiel die Anhebung der Pfändungsgrenzen für viele, die in einer solchen Situation sind, eine Erleichterung darstellen würde. Deutschland hat zum Beispiel ein höheres Niveau, als wir es haben. Das würde für viele Familien die Situation erleich­tern.

Ein zweiter Punkt, der vielleicht zu überdenken und zu diskutieren wäre, ist die Lohn­pfändungsberechnung, die ja von den ArbeitgeberInnen durchgeführt wird. Das bedeu­tet eigentlich auch keine ausgewogene Rechtsstellung zwischen Schuldner und Gläubiger, hier bedient man sich quasi eines billigen Inkassobüros. Auch da wäre zu diskutieren, ob man das nicht ändern könnte.

Das sind einige Punkte. Man sieht, es ist hier noch einiges zu tun, es wäre noch einiges zu diskutieren. Ansonsten aber werden wir dieser Novelle zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Miklautsch. – Bitte.

 


17.53.05

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nur ganz kurz zur Verbesserung der Beschäftigung und des österreichischen Wirtschaftsstandortes, weil ich diesbezüglich direkt ange­sprochen wurde. Das ist sehr leicht erklärt, nämlich: Insofern, als Sie als Betrieb oder als Firma lange Exekutionsverfahren haben, bringen Sie Ihre Außenstände lange nicht


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herein. Unsere Intention war, das Exekutionsverfahren möglichst zu beschleunigen, damit die Wirtschaft möglichst rasch zu ihrem Geld kommt, um dieses dann wiederum in die Wirtschaft und damit auch für die Beschäftigung und für die Arbeit investieren zu können. – Das ist der Ansatz, der dahinter steckt.

Das Nächste, wo offensichtlich ein Missverständnis besteht, ist bei den vereinfachten Verfahren. Das bedeutet de facto einerseits, dass der IT-Einsatz möglich ist, und andererseits nur, dass der Exekutionstitel, sprich das Urteil, nicht beigelegt werden muss, wie das sonst bei den Exekutionsverfahren notwendig ist – das ist wirklich schon eine Vereinfachung für uns –, und dass das dann im Endeffekt auch nicht von den Gerichtsbeamten, von den Rechtspflegern geprüft werden muss. – Dies nur noch zur Erläuterung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Keiner der Berichterstatter wünscht ein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Exekutions­ordnungs-Novelle 2005 in 928 der Beilagen.

Dazu hat der Abgeordnete Dr. Jarolim ein Verlangen auf getrennte Abstimmung gestellt. Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir gelangen nunmehr zur getrennten Abstimmung betreffend Artikel I Z 11 in der Fas­sung der Regierungsvorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig gegeben. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Bezirksgerichte in Graz geändert wird, samt Titel und Eingang in 989 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung erfolgt mehrheitlich.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung dem Gesetz seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch in dritter Lesung wird das Gesetz mehrheitlich angenommen.


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17.56.138. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (825 d.B.): Zusatz­protokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Ver­ein­ten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (987 d.B.)

9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 601/A der Abgeordneten Dr. Dieter Böhmdorfer, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem vorüber­gehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, geändert wird (988 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 8 und 9 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf die mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Brinek. Sie wünscht, 4 Minuten zu uns zu sprechen. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


17.57.11

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! In den letzten Wochen und Monaten sind wir mit Schlagzeilen konfron­tiert, die etwa lauten: Menschenhandel floriert: 2004 gibt es erstmals mehr Täter als Opfer! – Oder: 99 Prozent Frauenanteil, besonders Personen aus Osteuropa betrof­fen. – Oder, ein letztes Beispiel: Opfer werden brutalst ausgebeutet!

Das ist ein schlimmes Warnsignal! Auch in Österreich klagt die Exekutive, dass Men­schenhandel immer mehr zu schaffen macht. Laut UNO ist Menschenhandel zusam­men mit Schlepperei weltweit bereits die drittwichtigste Einkommensquelle für organi­sierte Kriminalität. Betroffen sind – zumindest was Österreich betrifft – zu 99 Prozent Frauen, die vorwiegend zum Zweck der sexuellen Ausbeutung aus Osteuropa in den Westen gelockt werden. Zu Hause, in den Heimatländern, sagt man ihnen, was es alles an Beschäftigungsmöglichkeiten gäbe – Kellnerin, Au-pair-Mädchen und ande­res –, und enden müssen die Frauen dann oft, natürlich unfreiwillig, in Kellerlöchern als Prostituierte. Sie werden gezwungen, ihre persönlichen Dokumente abzugeben, sie wer­den gezwungen, Geld abzuliefern, mit dem Vorwand, es müssen Visumschulden oder Transportkosten abgestattet werden. Die Polizei nennt dazu Beträge: 15 000 € bis 20 000 € sind keine Seltenheit.

Experten verweisen im Zusammenhang mit Frauenhandel auch noch auf die horrende Dunkelziffer.

Meine Damen und Herren! Europa hat gehandelt, Österreich auch. Was gilt es nach­zujustieren? – Ich bringe in Erinnerung: Im Europarat ist am 16. Mai eine Konvention vorgelegt worden, in deren Mittelpunkt der Opferschutz steht. Österreich hat ein UN-Übereinkommen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität bereits im Jahr 2000 ratifiziert. Anlässlich der Staatenkonferenz wurde auch das vorliegende Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, ausgearbeitet. Damit liegt Österreich bezüglich Handlungskonsequenz gut, verpflichtet sich aber mit dem Zusatzprotokoll zur internationalen Zusammenarbeit, zur Schaffung von Straftatbeständen und von verbes­serten Vorschriften über den Zeugen- und Opferschutz.


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Meine Damen und Herren! Mit dem in naher Zukunft zu verabschiedenden Asyl­gesetz – als Überbegriff –, mit der Schaffung eines neuen Aufenthaltstitels zum Bei­spiel wird auch zu einer Verbesserung beigetragen, um, wie es heißt, gemeinsame Standards im Kampf gegen den Menschenhandel zu erreichen.

Schließlich hat die Präzisierung im Strafgesetzbuch beziehungsweise im Strafrechts­änderungsgesetz 2004 auch schon zu einer Verbesserung der Möglichkeiten, gegen den Menschenhandel anzukämpfen, geführt.

Ich schließe mit einer auch Besorgnis erregenden Zahl, die uns jüngst über die Medien kommuniziert wurde: Insgesamt werden 4 Millionen bis 5 Millionen Menschen jährlich gehandelt. – Das muss uns zu denken geben, und so wir zu dem Ergebnis kommen, dass weitere Maßnahmen legistischer Art auf Basis dieses Übereinkommens und dieses Zusatzprotokolls gesetzt werden müssen, werden wir das sicher gemeinsam tun. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

18.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek spricht, den Rücken der Stirnseite des Saals zuwen­dend, mit Fraktionskollegen.) Ich darf die Damen im Plenum bitten, den Rednern nicht den Rücken zu zeigen!

 


18.00.53

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorrednerin hat schon ausgeführt, dass es bei der Ratifizierung dieses Protokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels um ein Problem geht, das Dimensionen annimmt, die man sich vor zehn Jahren wahrscheinlich noch nicht vorstellen konnte. So wurden nach Schät­zungen der UNDP 500 000 Frauen aus Osteuropa und aus den GUS-Staaten Opfer von Menschenhandel. 75 Prozent dieser Frauen, die Objekte dieses brutalen Handels geworden sind, sind 25 Jahre und noch jünger. So gibt es in einigen Dörfern in Moldawien, so wird uns berichtet, kaum mehr Frauen, die unter 25 Jahre alt sind, und das ist schon ein Alarmzeichen.

Wenn wir jetzt weitergehen, dann sind diese Zahlen des Grauens auch damit weiter­zuführen, dass sich laut Schätzung des Europarates – es hat einen Bericht dazu gegeben – zirka 100 000 Kinder aus Osteuropa im Westen prostituieren müssen. In diesem Zusammenhang erlauben Sie auch die Frage: Wo gibt es die Nachfrage? Wer ist der Nachfrager, wer sind die Nachfrager?

Die Menschenhändler verwenden mannigfache Methoden, um die Frauen, um die Kinder von ihren Familien wegzulocken: einmal die Möglichkeit der Arbeit, andererseits schrecken sie auch nicht davor zurück, die Kinder, die jungen Mädchen zu entführen.

Besonders beliebt sind Kinder, weil sie – um in der Diktion dieser Verbrecher zu reden – „vielfältig verwendbar“ sind: Sie können illegaler Adoption oder sexuellem Missbrauch zugeführt werden oder als Sklavenarbeiter verwendet oder auch – wie bei uns auch immer wieder zu sehen – als Diebe für die Kleinkriminalität, also für den Taschendiebstahl eingesetzt werden.

Ein weiteres Tatbestandsmerkmal und eine weitere grausige Ausformung dieser Ver­brechenstatbestände ist auch der Organhandel. Man schreckt auf Seiten dieser Banden nicht davor zurück, dass man sich Babys organisiert und dann mit den Organen handelt. Es ist ein florierender Handel, der hier betrieben wird. – Das ist wahrhaft grauenhaft! All das passiert hier unter uns, in unserer Gesellschaft!

Menschenhandel, sehr geehrte Damen und Herren, ist inzwischen zu einem sehr guten Geschäft geworden. Ich nenne Ihnen dazu ein paar Zahlen:


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Laut UN-Schätzungen beträgt der Umsatz aus illegaler Prostitution schon 60 Milliar­den €. Der Profit daraus hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt auf zirka 14 Milliarden €. Es ist also, wie gesagt, ein gutes Geschäft. Hinter diesen nackten Zahlen verbergen sich oft wirklich grauenhafte Schicksale: Es werden Menschen gefoltert, gequält und am Ende oft auch noch getötet.

Daher, sehr geehrte Damen und Herren, ist es höchst an der Zeit, dass in den EU-Ländern, in Westeuropa Maßnahmen gesetzt werden. Eine Maßnahme, Frau Minis­terin, ist, dass wir heute dieses Zusatzprotokoll ratifizieren. Andere Maßnahmen, gesetzliche Maßnahmen müssen aber folgen: Es müssen zum Beispiel die fremden­rechtlichen Gesetze dort, wo sie kontraproduktiv wirken, überprüft werden, denn es kann ja nicht so sein, dass diejenigen, die Opfer des Frauenhandels wurden, dann, wenn sie aussagen, Angst haben müssen, dass sie abgeschoben werden, dass sie keinen Aufenthaltstitel erhalten, und somit die Dunkelziffer noch in die Höhe schnellt und damit die Täter eben nicht gefasst werden. Denn, wie es auch in den ver­schiedenen Fachzeitschriften heißt: Dieses Geschäft ist deshalb ein so gutes, weil das Risiko für die Täter, gefasst zu werden, gering ist.

Es besteht Handlungsbedarf auf gesetzlicher Ebene, wir müssen in diesem Bereich innerösterreichisch nachjustieren.

Zum Schluss: Da auch die Opferschutzeinrichtungen da eine große Rolle spielen müs­sen beziehungsweise spielen sollten, ist es, glaube ich, wichtig und notwendig, dass wir neben den bisher schon bestehenden Einrichtungen – hier in Wien gibt es eine Einrichtung – weitere schaffen. Im Westen des Bundesgebietes ist – obwohl Grenz­land – nichts zu finden. Es ist unbedingt notwendig, dass wir Opferschutzeinrichtungen installieren, damit diesen Frauen, diesen Kindern, diesen Menschen geholfen wird.

Es ist nicht einzusehen, dass wir solche Zustände hier in unserem Land dulden. In diesem Sinne hoffe ich auf schnelle legislative Maßnahmen, um diese Zustände abzustellen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Zinggl.)

18.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.06.41

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Zunächst zum Palermo-Protokoll. Ich muss Ihnen ganz offen sagen, dass ich dieses Bemühen um neue Regelungen zur Bekämpfung dieser Missstände auf internationaler Ebene, insbesondere zur Bekämpfung des Menschenhandels, viele Jahre beobachtet habe, und möchte jetzt einmal etwas anfügen und deutlich sagen: Man kann auch einmal an eine Entbürokratisierung denken!

Es ist unglaublich, welcher Aufwand da getrieben wird, bis internationale Tagungen zustande kommen. Dann kämpft man unter Begleitung von vielen gesellschaftlichen Ereignissen endlich um irgendwelche Formulierungen. Dann fährt der Herr Bundes­präsident, von Ministern begleitet, hin und unterschreibt das feierlich. Dann kommt die Materie Jahre später, so wie hier, in das Parlament, und dann steht da eine Zeile, die lautet: „Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.“

Es ist zu überlegen, ob man dieses Ziel, das hier ja offenkundig alle unterschreiben und verfolgen wollen, nicht auch unbürokratischer und mit weniger Aufwand erreichen kann. Wenn man den Aufwand, vor allem auch den finanziellen Aufwand – abgesehen vom zeitlichen Aufwand –, wirklich komprimiert und das auf internationaler Ebene unter


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Einsatz der modernen Kommunikationsmittel schneller – nämlich nicht in drei bis vier Jahren, sondern in einem Jahr oder einem halben Jahr – abwickeln würde, wäre den Menschen, die damit geschützt werden sollen, mehr gedient. Das heißt also: Ziel ja, Umsetzung ja, aber in Zukunft vielleicht auch ein paar Gedanken dafür verwenden, wie man das effizienter gestalten könnte.

Etwas Ähnliches habe ich zur Verlängerung des Gesetzes über den Strafaufschub zu sagen. Es ist vor Jahren beschlossen worden, diesen Strafaufschub aus folgendem Grund zu ermöglichen: Die Gefängnisse in Österreich waren im Jahr 2000 zu in etwa 85 Prozent ausgelastet. Jetzt sind sie zu 100 bis 105, vielleicht sogar zu noch mehr Prozent ausgelastet. In Deutschland sind es 110 Prozent, in Griechenland 160 Pro­zent. Es ist ein europaweites Phänomen, das sich hier abspielt.

Warum ist das so? – Weil in Österreich vor allem so viele Untersuchungshäftlinge in Haft sind. Wir haben allein in Wien zirka 600 bis 800 Untersuchungshäftlinge Über­hang, die auf die Wiener Haftanstalten verteilt werden. Normalerweise kann man bei einer Reserve von 15 Prozent – also einer Auslastung zu 85 statt zu 100 Prozent – bei den verschiedenen Vollzugsarten, die wir haben – Jugendlichenvollzug, Frauenvollzug, Erstvollzug, Entlassungsvollzug, „Suchtgiftigenvollzug“ –, diese Reserven verwenden, um die Häftlinge in den jeweiligen Freiraum zu verlagern, und dort werden sie dann ihrer Vollzugsart entsprechend mit dem Ziel der Resozialisierung dem Vollzug zuge­führt.

Das geht bei einem Überbelag nicht mehr! – Jetzt ist es dazu gekommen, dass die Untersuchungshäftlinge in anderen Gefängnissen sind und die Richter hinfahren könnten oder sollten – was sie nicht tun, sondern es müssen vielmehr die Häftlinge unter Gefährdung der öffentlichen Sicherheit zum Ort der Einvernahme gebracht werden.

Warum ist das so?– Es werden an einem Wochenende in Wien oft 40, 60, 80 Unter­suchungshäftlinge eingeliefert, in das Landesgericht eingecheckt, kontrolliert – es sind sehr viele Ausländer darunter; mehr als 50 Prozent der Untersuchungshäftlinge sind Ausländer –, sie werden überprüft, wer sie überhaupt sind – und dann kommt es endlich zum Pflichtverhör.

Dieses Pflichtverhör, also das erste Verhör durch den Untersuchungsrichter, hat sofort stattzufinden. Wenn nun die Untersuchungshäftlinge in einem anderen Gebäude als die Richter sind, kann man eine ordentliche Strafjustiz nicht mehr vollziehen. Und des­halb müssen wir in Wien – das sei bei dieser Gelegenheit erwähnt – ein zweites Landesgericht bauen, in dem Untersuchungshäftlinge im selben Gebäude wie jene Richter, die sie beim Pflichtverhör möglichst schnell vernehmen müssen, untergebracht werden können.

Ich verstehe nun nicht – und ich sage das nicht zum ersten Mal in diesem Hohen Haus –, dass gerade die Richter, die wissen, dass das so sein muss, dagegen sind. Das ist eine persönliche Befindlichkeit, weil man nicht will, dass es einen zweiten Landesgerichtspräsidenten in Wien gibt, weil man nicht will, dass eine Justizpolitik betrieben wird, die wirklich den Tatsachen ins Auge schaut, und weil man eben ein ungewöhnliches Beharrungsvermögen hat. Die Richter denken beharrend und kon­servativ in diesen Fragen.

Darum bitte ich die Frau Justizministerin um Unterstützung dafür, dass dieses zweite Gerichtsgebäude in Wien errichtet werden kann. Die Finanzierung ist bereits gesichert.

Dasselbe gilt – mit derselben Wichtigkeit und derselben Rangordnung – für die Beendigung der Gerichtsorganisation in Wien, die längst überfällig ist. Es befindet sich noch Justizpersonal in veralteten Gebäuden, dieses muss endlich in ein neues


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Gebäude übergeführt werden, auch wenn sie es selbst momentan nicht wollen, weil sie das beschriebene Beharrungsvermögen haben.

Man muss eine Justizpolitik machen, die man vor sich selbst verantworten kann und muss und die in die Zukunft schaut. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunsch­redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


18.12.09

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Aus aktuellem Anlass, Herr Kollege Böhmdorfer, darf ich gleich replizieren; ich komme dann später zu den eigentlichen Tagesordnungspunkten.

Es ist unbestritten, dass es derzeit zu wenig Platz für die Untersuchungshäftlinge beziehungsweise insgesamt für die Häftlinge in Wien gibt. Es ist unbestritten, dass wir zusätzliche Räumlichkeiten brauchen. Aber es ist sehr umstritten, ob es zu einer Errichtung eines zweiten Strafgerichts in Wien kommen muss. Das ist sehr umstritten.

Ich darf Ihnen nur noch einmal die Punktation der entsprechenden Standesvertretun­gen zur Kenntnis bringen. Zur Senkung dieser unbestritten hohen Häftlingszahlen in der Josefstadt ist sicherlich neuer Haftraum notwendig, aber es sollen möglichst alle Mittel ausgeschöpft werden, um eine Teilung des Gerichts beziehungsweise die Neu­einrichtung eines Gerichts zu verhindern. Wir brauchen sicherlich eine Konzentration der Untersuchungshäftlinge an den Gerichten, da haben Sie ganz Recht; die Wege müssen kurz sein, die Verfügbarkeiten müssen gegeben sein. Aber wir brauchen nach meiner Einschätzung nicht zwei Gerichtsstandorte. Wir brauchen keine Verdoppelung der Organisationsstruktur, denn dadurch steigt der Sachaufwand, es kommt zum Verlust von Synergieeffekten. – Das nur als Erstes.

Nun zu den eigentlichen Tagesordnungspunkten. Es liegt ein Antrag vor, und zwar von Ihnen und von Frau Kollegin Fekter, mit dem vorübergehende Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden sollen. – Sie wissen genau, dass Ihr Antrag auf ein Budgetbegleitgesetz mit selbigem Titel zurückgeht, das wiederum darauf zurück­geht, dass wir in Österreich steigende Häftlingszahlen verzeichnen, dass wir statt 7 000 Häftlingen im Durchschnitt 8 000 Häftlinge im Durchschnitt haben. Dadurch kommt es jetzt natürlich zu einem Engpass. Und Sie wollen diesen Engpass mit Ihren aufschiebenden Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs beseitigen.

Aber, Herr ehemaliger Minister Böhmdorfer und Frau Ministerin Miklautsch – Sie kann ich ja noch darauf hinweisen –, es hat in diesem Haus eine Enquete-Kommission gegeben, in der sehr darauf gedrungen beziehungsweise klar darauf hingewiesen wurde, dass wir einen immensen Reformbedarf beim Sanktionen-Katalog haben, dass es durchaus andere Möglichkeiten gäbe, die Häftlingszahl zu reduzieren und dass wir in erster Linie hier, also bei einer Reform der Justizpolitik, und vor allem auch bei der Strafvollzugspolitik ansetzen sollten.

Aus diesem Grund hat Kollegin Stoisits im Juni 2003 das damalige Budget­begleit­gesetz abgelehnt. Und deshalb lehnen wir heute Ihren Antrag ab, der ja wiederum eine Verlängerung dieses Budgetbegleitgesetzes im Hinblick darauf, dass praktisch vor­übergehende Maßnahmen beim Strafaufschub noch einmal verlängert werden sollen, bedeutet.

Kollegin Stoisits hat damals schon gesagt, dass Ihre Aufschubmethode keinen Sinn hat, denn die Enquete-Kommission hat ja auch andere Vorschläge gemacht, die viel


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effizienter wären. Heute soll man etwas Sinnloses wieder verlängern? – Dagegen sprechen wir uns ganz, ganz entschieden aus und verweisen darauf, dass wir endlich einen echten Reformweg beschreiten sollten.

Nun zu einem positiven Punkt dieser Komprimierung von Tagesordnungspunkten. Die­ser positive Punkt wurde schon von meinen VorrednerInnen sehr deutlich heraus­gestrichen, nämlich das Zustandekommen eines Zusatzprotokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels.

Ich möchte den Zahlen, den Fakten, dem himmelschreienden Unrecht und Elend nichts mehr hinzufügen, sondern nur hervorheben, dass wir jetzt endlich ein globales Rechtsinstrument haben und dass wir, damit dieses globale Rechtsinstrument, das dringend notwendig ist, diese Millionen von Betroffenen, diese unglaubliche Anzahl etwas einzudämmen und möglichst auch an der Wurzel zu arbeiten, die Ursachen zu bekämpfen, auch in Österreich noch einige Maßnahmen treffen könnten.

Als eine Anregung möchte ich hier die Einrichtung einer zentralen staatlichen Stelle gegen Menschenhandel deponieren. In dieser könnte man wirklich alle Kräfte konzen­trieren, um das Übel bei der Wurzel zu packen und diesen himmelschreienden Missstand, dieses wirklich fürchterlich unmenschliche Verhältnis, das noch immer existiert, insgesamt möglichst rasch und gut zu beseitigen – oder zumindest zu redu­zieren und das Schicksal der Betroffenen durch eine bessere Opferberatung etwas zu mildern. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Miedl. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.16.50

Abgeordneter Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir haben ein UN-Übereinkommen, das so genannte Palermo-Protokoll, das die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität, grundsätzlich die Zusammenarbeit regelt.

Meine Damen und Herren! Dazu gehören Delikte wie der Drogenhandel, der Handel mit Waffen, Kfz-Schiebereien, aber natürlich auch Falschgeld und Menschenhandel. Alles untersucht, alles gesagt, nur eines möchte ich hinzufügen: Frau Kollegin Moser und auch Frau Kollegin Wurm, da operieren Täternetzwerke international, da gibt es Kommunikationsstrategien, die jeden gelernten Polizisten in Österreich Ehrfurcht einflößen. Da gibt es kriminelle Organisationen, bestens ausgerüstet mit der moderns­ten Technik und bestens ausgebildet. Man muss das nur wissen, denn, Frau Kollegin Moser, wenn wir dem Palermo-Protokoll sozusagen beitreten – und ratifiziert ist das ja –, dann muss uns bewusst sein, dass wir mit nationaler Gesetzgebung hier in Österreich auch gegen diese Gruppen handeln müssen. (Abg. Mag. Wurm: Ja, eh! Um das geht es ja!)

Frau Kollegin Moser und Frau Kollegin Wurm, ich würde Sie gerne höflich daran erinnern (Abg. Öllinger: Höflich ist immer gut!), wenn wir über Maßnahmen im Sicherheitspolizeigesetz oder über Dinge zum Beispiel im Asylgesetz reden, dass im gesamten Bereich der Drogenkriminalität hier im Inland auch eine sehr hohe Anzahl an Ausländern tätig ist. (Abg. Mag. Wurm: Vorübergehende Aufenthaltsbewilligung!) Ich will nur der Realität ins Auge sehen und parteipolitische Argumentationen verhindern.

Meine Damen und Herren! Das ist ein Problem! Wir müssen daher die Zusam­menarbeit international ausbauen und verbessern. Und da befinde ich mich im Widerspruch zu Herrn Böhmdorfer, der sagt, diese internationalen Sitzungen dauern sehr lange. – Ja, aber da geht es auch um ein Bewusstsein unter den Parlamentariern


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und unter den Politikern, und zwar nicht nur europaweit, ich weite das aus: Weltweit muss hier zusammengearbeitet werden, um dieser Kriminalität Einhalt gebieten zu können.

Wir brauchen eine verbesserte Information, wir brauchen den Austausch von Daten. Das muss uns alles bewusst sein, denn wenn es dann konkret wird, Herr Kollege Öllinger, wenn man dann konkret über Maßnahmen redet, dann muss die Fraktion der Grünen auch sagen: Ja, wir wollen den Drogenhandel und den Menschenhandel ein­dämmen. (Abg. Brosz: Haben wir jemals etwas anderes gesagt?!) Und diese polizeilichen Strategien und Maßnahmen sind ein Baustein dazu. (Abg. Mag. Wein­zinger: Was soll das?)

Wenn ich höre, wie Frau Kollegin Moser jetzt im Brustton der inneren Überzeugung redet, aber dann, wenn es um polizeiliche Maßnahmen geht, höre, wie sehr man sich distanziert (Abg. Öllinger: Sagen Sie uns, welche! – Rufe bei den Grünen: Welche? Worüber?), dann muss ich sagen, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, das stimmt dann nicht zusammen! (Abg. Mag. Wurm: Von welchen Maß­nahmen?)

Ich denke, das Protokoll, das jetzt verabschiedet und ratifiziert werden soll, ist gut und richtig. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Es sind beinahe eine Million Menschen – Frau Kollegin Wurm, die Aufregung ist künstlich und herbeigeredet (Abg. Mag. Wurm: Nein! Denn ich kenne Sie inzwischen!) –, fast eine Million Menschen in Europa Opfer davon. Und das Spezielle an dieser Gruppe der Delikte und Verbrechen ist, dass hier Täter und Opfer im Regelfall nicht mit der Polizei koope­rieren, weil das Opfer sehr oft massiv unter Druck gesetzt wird. (Abg. Mag. Wurm: Ja, eh! Genau um das geht es!)

Welche Maßnahmen, Frau Kollegin Wurm, schlagen Sie dann vor? Mit welchen Maßnahmen soll der Staat da operieren, damit er dem begegnen kann, und zwar massiv begegnen kann, damit die Rechte der Frauen geschützt bleiben, damit das eben nicht vorkommt? Was sollen wir dagegen tun? Genau um diese Fragen geht es, meine Damen und Herren! (Abg. Mag. Wurm: Das Opfer soll nicht kriminalisiert werden! Darum geht es!)

Wenn Frauen unter Vortäuschung irgendwelcher falscher Fakten hier ins Land gelockt werden, um dann der Prostitution zugeführt zu werden, dann erwarte ich mir genau von Ihnen (in Richtung SPÖ und Grüne), dass Sie entsprechende Maßnahmen dagegen vorschlagen. Es sind sehr viele, Frau Kollegin. (Abg. Mag. Weinzinger: Ich dachte, Sie sind in der Regierung ...!) Bitte? (Abg. Mag. Weinzinger: Ich dachte, Sie sind in der Regierung und schlagen uns Maßnahmen vor!) – Wir schlagen sie ja immer vor (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Wo? Welche? Wo sind sie?), sind aber permanent Ihrer Kritik ausgesetzt, wenn es dann um konkrete Maßnahmen geht.

Wir müssen wissen, Frau Kollegin: Es handelt sich dabei in der Zwischenzeit schon um die drittwichtigste Einkommensquelle der organisierten Kriminalität. (Abg. Mag. Wurm: Ja, richtig! Das wissen wir alle! Handeln Sie endlich!) Da sind wahnsinnig hohe Geldbeträge im Umlauf, viel Geld wird da verdient. Und ich denke, es ist gut, dass wir heute darüber reden, weil wir zum Schluss zur klassischen Frage kommen: Wie viel Freiheit sind wir bereit, leben zu können, für wie viel Sicherheit, die wir dagegen sozusagen auf die Waage legen?

Sicherheit und Freiheit, das sind zwei grundlegende Elemente in unserer Republik, in unserer Demokratie. (Abg. Öllinger: Aber die Frage ist ein bisschen falsch gestellt! „Wie viel Freiheit sind wir bereit, leben zu können“?) Ich denke, es muss uns bewusst sein, dass das eine ohne das andere an Wert verliert, Herr Kollege Öllinger, daher bitte


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ich Sie und fordere ich Sie gerne auf, mitzutun, wenn es um konkrete Maßnahmen geht.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, gratuliere ich der Frau Justizministerin, die da Wesentliches erreicht hat. Ich denke, Sie werden Ihre Zustimmung zur Unter­zeichnung und Ratifizierung des Palermo-Protokolls geben, und freue mich auf die weitere Arbeit in Sachen Sicherheit, gemeinsam mit den Grünen und der Fraktion der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

18.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stadlbauer. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.22.36

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Kollege Miedl, Sie sollen uns nicht die Welt erklären – wir wissen ohnehin, was Tatsache ist (Abg. Dr. Fekter: Nein, das wisst ihr nicht!) –, sondern handeln! Und wenn Sie konkrete Maßnahmen einfordern oder haben wollen: Ich kann Ihnen jetzt eine Reihe von Vorschlägen bringen, nur, denke ich, wird es nichts nützen, denn Sie werden sie nicht umsetzen.

Meine Damen und Herren! Die Beschlussfassung dieses Zusatzprotokolls ist sehr zu begrüßen, aber die Umsetzung wird eher fraglich sein. Und ich bin diesbezüglich nicht so euphorisch wie Kollegin Brinek. Wenn wir uns nämlich die Erläuterungen zu diesem Gesetz ansehen, dann steht dort sinngemäß, dass keine zusätzlichen legistischen Maßnahmen notwendig seien, weil es ohnehin einen Verein gibt, welcher Lefö heißt und die ganze Arbeit übernimmt. – Ich denke, da machen Sie es sich doch etwas einfach, denn es gäbe eine Reihe von Maßnahmen umzusetzen.

Meine Befürchtung ist, dass wir hier zwar ein gutes Zusatzprotokoll als Grundlage beschließen werden, allerdings ohne gesetzliche Konsequenzen – und das zum Nachteil der Betroffenen.

Dass das Zusatzprotokoll durch eigene Gesetze umzusetzen ist, darauf hat Kollegin Brinek auch hingewiesen, und darin sind wir uns ja durchaus einig. Ich bin allerdings wirklich skeptisch, dass das so optimal laufen wird.

Ein Beispiel: In Artikel 6 Absatz 3 steht, dass der „Vertragsstaat erwägt die Durch­führung von Maßnahmen“ zur „Gesundung der Opfer des Menschenhandels“, etwa durch „angemessene Unterkunft“. – Gut. Laut jenem Verein, der mit den Betroffenen arbeitet, gibt es da aber viel zu wenig. Das heißt, eine konkrete Maßnahme wäre, hier viel mehr zu tun.

Oder, eine andere Maßnahme wäre die „Beratung und Information“ über „zustehende Rechte“, und zwar in einer den Opfern „verständlichen Sprache“. – Auch hier stellt sich wieder die Frage: Wie soll denn das Ganze finanziert werden? Und da genau jenen Vereinen, jenen NGOs, die in diese Richtung arbeiten, sukzessive die finanzielle Basis entzogen wird, bin ich auch diesbezüglich skeptisch, dass das umgesetzt werden kann.

Schließlich werden in diesem Artikel auch Beschäftigungsmöglichkeiten angeführt. – Wenn man sich jedoch vor Augen hält, dass 2004 eine einzige Frau, ein einziges Opfer, eine Beschäftigungsbewilligung erhalten hat, dann bin ich auch hier skeptisch. Alle anderen wurden abgelehnt, weil die Quote erfüllt war.

Nächstes Beispiel: In Artikel 7 werden gefordert „gesetzgeberische Maßnahmen“, „die es den Opfern des Menschenhandels gestatten“, „vorübergehend oder auf Dauer“ „zu bleiben“. – Aber auch das ist unzureichend geregelt. Und im neuen Fremdengesetz finden wir diesbezüglich ebenfalls nur unzureichende Regelungen.


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Hier steht nämlich zum Beispiel bei der Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen, dass Opfer von Menschenhandel nur zur Gewährleistung der Strafverfolgung einen Aufenthalt bekommen, das heißt, Aufenthalt nur dann, wenn das Opfer zur Aussage gegen den Täter sofort bereit ist. – Das ist problematisch, weil viele Frauen so traumatisiert sind, dass sie das gar nicht können; sie würden vorher eine gewisse Zeit benötigen, in der sie betreut werden, in der sie begleitet werden, in der sie sich sammeln und darüber nachdenken können, wie sie jetzt weitermachen.

Wenn es eine solche Phase gibt, in der sie ohne Druck hier bleiben können, dann sind sie auch eher dazu bereit, gegen die Täter auszusagen. Das ist im Übrigen ein Modell, das es in Europa bereits gibt, zum Beispiel in Belgien, in Holland, in Italien, dort gibt es eine dreimonatige Nachdenkpause.

Ich hoffe sehr, dass das Fremdenrecht noch in diesem Sinne geändert wird, denn so, wie das jetzt formuliert ist, ist das nicht eindeutig, sondern nur vom Goodwill der jeweiligen Ministerin beziehungsweise des jeweiligen Ministers abhängig.

An genau diesem Beispiel, Kollege Miedl, werden wir sehen, wie ernst die Regierung dieses Zusatzprotokoll wirklich nimmt. Wir werden bald, in einigen Wochen, den Beweis dafür haben, ob Sie wirklich, wie Sie jetzt gerade gesagt haben, den Opfern helfen wollen und das Thema angehen wollen, oder ob das heute nur ein Alibibe­schluss war. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny.)

18.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Mag. Mik­lautsch. – Bitte.

 


18.27.01

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Miklautsch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Aus Sicht des Justizministeriums ist heute ein ganz wichtiger Tag, weil wir heute dieses UNO-Übereinkommen ratifi­zieren. Und ich kann Ihnen versichern, dass uns der Kampf gegen die spezifischen Verbrechen im Bereich des Menschenhandels ein ganz wesentliches Anliegen ist.

Soweit es unser Ressort betrifft, machen wir, das möchte ich besonders betonen, schon einiges. Wir werden die Novelle zur Prozessbegleitung, mit der wir den Opferschutz in der Prozessbegleitung vorziehen wollen, was für jene Frauen, die Opfer des Menschenhandels sind, ganz wesentlich ist, bald dem Nationalrat vorlegen.

Mir ist auch wichtig, dass unsere Richter und Staatsanwälte in diesem Bereich sensibilisiert werden. Wir haben etwa gemeinsam mit LEFÖ, also jenem Verein, den Sie, Frau Abgeordnete Stadlbauer, gerade genannt haben, Fortbildungsveranstaltun­gen durchgeführt, weil ich glaube, dass unabhängig von legistischen Maßnahmen sicherlich auch eine Art Bewusstseinsbildung für diesen Bereich auch bei den Richtern und Staatsanwälten dringend erforderlich ist.

Es gibt auch eine Task Force zum Thema Menschenhandel im Außenministerium, die sich mit der Umsetzung weiterer allenfalls notwendiger Maßnahmen befasst und dieses Thema sehr ernst nimmt.

Wenn ich nun zum zweiten Bereich, der Verlängerung der Möglichkeit zum Strafantritt, kommen darf: Ich möchte mich dem anschließen, was einer meiner Vorredner, nämlich Herr Abgeordneter Böhmdorfer gesagt hat, dass wir gerade im Osten von Wien ein massives Problem mit den Häftlingszahlen haben. Ich habe es auch hier im Nationalrat bereits mehrfach angesprochen, wir haben nach wie vor Häftlingszahlen um die 9 000, jedoch eine Haftraumkapazität von nur zirka 8 200. Es ist aus diesem Grund sicherlich notwendig, dass wir weiteren Haftraum schaffen. Daran wird auch massiv gearbeitet.


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Wir haben aber vor allem in Wien das Problem, dass wir sehr hohe Untersuchungs­häftlingszahlen haben, weswegen es notwendig sein wird, eine zweite Justizanstalt hier in Wien zu errichten. Alles Weitere wird in den nächsten Tagen entschieden werden.

Ganz generell ist es sicherlich wichtig, Alternativen zum Strafvollzug zu überlegen. Sie wissen ja alle, dass mir die elektronische Fußfessel ein besonderes Anliegen ist. Wir sind gerade dabei, diesbezüglich einen Modellversuch im Bereich der bedingten Ent­lassung durchzuführen. Das geht im Erlasswege. – Also es gibt schon Alternativen!

Es wird auch Alternativen bei den Ersatzfreiheitsstrafen geben. Gemeinsam mit der Bewährungshilfe Neustart testen wir im Rahmen von Pilotprojekten gemeinnützige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafen.

Unser Hauptziel im Strafvollzug ist – neben dem Umstand, dass Strafe selbstverständ­lich Strafe bleiben muss –, eine bestmögliche Resozialisierung straffällig gewordener Menschen zu ermöglichen und, je nachdem welcher Typ von Straffälligem der Betroffene ist, bestmöglich zu seiner Resozialisierung beizutragen.

Ganz generell ist diese Maßnahme, so wie sie hier vorgeschlagen wird, eben bedingt durch die derzeitige Haftraumsituation, sicherlich sinnvoll und zweckmäßig. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wein­zinger. Ihre Wunschredezeit ist 7 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 


18.30.43

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Miedl hat sich vorher bemüßigt gefühlt, alle möglichen Maßnahmen nicht zu nennen, die die Opposition ablehnen würde, und alle möglichen Maßnahmen nicht zu nennen, die die Regierung machen würde. Das ist, finde ich, eine spannende Kultur, eine Rede zu halten, sich herzustellen und die Maßnahmen alle nicht zu nennen, aber heftig zu bekämpfen, dass sie dann abgelehnt werden.

Ich werde das Gegenteil versuchen und sehr konkret ein paar Maßnahmen nennen, im Übrigen wieder einmal. Wir haben ja eine ähnliche Debatte über Opferschutz schon bei mehreren Gelegenheiten in den letzten Monaten, in den letzten ein, zwei Jahren hier im Hohen Haus gehabt. Sie werden es nachlesen können, es ist nachgewiesen im Protokoll: Es gab immer wieder sehr konkrete Vorschläge seitens der Oppositions­parteien. Das, was bislang nicht eingebracht wurde, was fehlt, sind die konkreten Maßnahmen, die die Regierung tatsächlich umsetzen würde im Bereich Opferschutz bei Frauenhandel, bei Menschenhandel.

Ich möchte als Erstes mit der Nachfrageseite von Menschenhandel anfangen. Wenn man es zusammenfasst, kann man sagen, es geht im Wesentlichen darum, billige Arbeitskräfte, jugendliche Prostituierte und willige Ehefrauen über den Menschen­han­del ins jeweilige Empfängerland zu holen. Da ist Österreich nicht so viel anders.

Ich darf Ihnen ein Inserat aus einer Zeitung namens „Wiener Fundgrube“ präsentieren, das schon vor einiger Zeit, vor mehreren Monaten, geschaltet war. Ich zitiere: Ver­mitt­lung von Partner suchenden Asiatinnen, Südamerikanerinnen, Rumäninnen, Russin­nen, Jugoslawinnen, Polinnen, Tschechinnen, Slowakinnen, Ungarinnen. Die Mädchen und Damen sind hübsch, treu, häuslich, jeden Alters, sprechen Deutsch. – Mit Erfolgsgarantie! Sind Sie einsam, suchen Sie eine anständige Frau, dann schreiben Sie an ... – Zitatende.


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Das gibt es in Österreich noch in diesem Jahrzehnt. Ich bin überzeugt – ich habe zwar kein Inserat aus diesem Jahr gefunden –, so ganz verschwunden wird das Phänomen nicht sein. Maßnahme eins, die die Bundesregierung jedenfalls setzen könnte, ist eine breitflächig gestreute Aufklärungsarbeit zu den Themen Ehehandel, Frauen- und Mädchenhandel für die Prostitution, aber auch Handel von Menschen für billige Arbeitskräfte, vor allem als Haushaltshilfen, Dienstmädchen und Ähnliches. Auch da gibt es berühmte Fälle, zwar in Großbritannien, Fälle dazu gibt es aber auch in Österreich. Die schon mehrfach genannte Organisation LEFÖ dokumentiert dazu auch Fallbeispiele: etwa der Fall eines Österreichers, der auf den Philippinen stationiert war und dann eine dort angeworbene Haushaltsgehilfin unter Vortäuschung falscher Tatsachen mit nach Österreich genommen hat und hier nach Ablauf des dreimonatigen Touristenvisums in ziemlich abscheulichen Verhältnissen fast schon gefangen gehalten hat.

Österreich ist da also nicht um so viel besser als andere Länder. Das Problem muss ernst genommen werden, und Aufklärungsarbeit ist der erste Schritt.

Der zweite Schritt ist der Mechanismus, mit dem gehandelt wird. Das ist jener Bereich, wo die internationale Kooperation auf polizeilicher Ebene mehr als dringend notwendig ist und wo mit dem vorliegenden Zusatzprotokoll ebenfalls in die Richtung gegangen wird. Da wäre ich schon daran interessiert, dass mir Herr Abgeordneter Miedl das beantwortet – vielleicht kann man ihm das ausrichten, er ist gerade nicht herinnen (Abg. Parnigoni: Der hat fluchtartig das Lokal verlassen!) –, wo die Grünen jemals gegen eine sinnvolle polizeiliche Kooperation zur Aufdeckung und Verfolgung von Menschenhändler-Ringen und einschlägigen Organisationen gewesen wären.

Interessant ist nur, dass er sofort die Assoziationskette herstellt: Asylgesetz ist gleich Drogen. Auf die Begründung wäre ich neugierig. Auf den Punkt Asyl- und Frem­denrecht werde ich noch eingehen.

Jedenfalls ist aber unabdingbar, dass man hier wirklich mit aller Konsequenz die Täter und, falls es sie geben sollte, Täterinnen verfolgt. Dazu ist aber unabdingbar, dass ich jene Menschen, die es bezeugen können, die mir das Werkzeug für die Verfolgung der Täter in die Hand geben, auch tatsächlich unter Schutz stelle. Ich kann doch in einem polizeilichen Verfahren nicht allen Ernstes glauben, dass ich eine Anklage erheben und sinnvoll durchbringen kann, wenn ich alle möglichen Zeugen und Zeuginnen von vorn­herein ausschalte. Das funktioniert nicht.

Wenn man jemanden überführen will, dann braucht man genau die Personen, die das tun können, nämlich die Opfer. Was wir in Österreich aber noch immer tun – da gibt es ganz eindeutig Nachbesserungsbedarf in der Gesetzeslage –, ist, die Opfer unter Druck zu setzen, mit Abschiebung zu bedrohen noch während der laufenden Ver­fahren.

Das menschlich Selbstverständlichste unterbleibt: den Opfern von Menschenhandel zu erklären: Wir sind für dich da, es gibt Unterstützung, es gibt Beratung, sowohl psycho­logische Beratung als auch zum Aufenthaltstitel. Es gibt die Möglichkeit, als Regel und nicht als einsame Ausnahme, in Fällen, wo eine Rückführung nicht möglich oder schwer möglich ist, einen Aufenthaltstitel in Österreich zu bekommen. Das sollte doch das Mindeste sein. Hier versagt Österreich kläglich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine letzte Anmerkung noch zu den Opferschutz-Einrichtungen. Ich erinnere mich noch daran zurück, mit welcher Vehemenz seitens der damals noch schwarz-blauen Bundesregierung der Verein LEFÖ im Ausschuss monatelang evaluiert wurde (Abg. Öllinger: Der Kukacka!), mit welcher Kritik er sich konfrontiert sah. Und jetzt musste ich schon mehrfach erleben, dass die LEFÖ schon fast wie ein Jolly Joker in allen


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Notlagen der Regierung herhalten muss. Wenn man das Innenministerium fragt: Was machen Sie denn für die Frauengleichbehandlung?, kommt die Antwort: Wir haben die LEFÖ! Wenn ich die Justizministerin frage: Was machen Sie denn für den Opfer­schutz?, kommt die Antwort: Wir haben die LEFÖ! Und so weiter. Aber bei dem, was die LEFÖ an öffentlichen Geldern bekommt, kann man sich dann offenbar nicht erinnern, dass es die LEFÖ gibt. Und das ist nur eine Organisation, und das ist viel zu wenig.

Da allerdings auch, Frau Abgeordnete Wurm, eine Kritik an die Adresse der SPÖ gerichtet: Dass es in Wien eine Opferschutz-Einrichtung gibt, ist jetzt korrekt. Bis vor kurzem gab es zwei. Es gab mit der SILA ein hervorragendes Projekt, das auch im Bereich der Migrantinnen und Prostituierten und illegal eingewanderten oder einge­schleppten Frauen gearbeitet hat. Allerdings wird die Finanzierung von SILA durch die Stadt Wien leider nicht fortgeführt. (Abg. Stadlbauer: Das stimmt nicht!) Und außerhalb von Wien gibt es schon auch noch andere. – Stimmt sehr wohl! Das, was Sie machen, ist die Finanzierung einer Stadt-Wien-nahen, völlig anderen Struktur, die bei weitem nicht die Expertise von SILA weiterführt, was ich zutiefst bedauere, denn das wäre ja nicht so etwas Großartiges gewesen, eine bewährte, international ver­netzte Organisation in Wien fortzuführen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Wurm: In ganz Westösterreich gibt es nichts!)

Ich würde mir daher erstens wünschen, dass man in Wien noch einmal darüber nachdenkt, und zweitens, dass Sie, Frau Ministerin, und Ihre Kolleginnen in der Bundesregierung mehrere Opferschutz-Einrichtungen unterstützen, fördern und ihnen ihre Arbeit erleichtern, anstatt immer nur im Notfall zu sagen: Eine haben wir eh! – Vielleicht wollen ja Sie die Finanzierung von SILA als Opferschutz-Einrichtung mit übernehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Trunk.)

18.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.39.52

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Die Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels sind wichtige Maßnahmen, um die Grundrechte des einzelnen Men­schen zu schützen.

Persönlich freue ich mich, dass wir alle gemeinsam nun dieses Zusatzprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen genehmigen, um im Besonderen Frauen und Kinder vor der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität zu schützen. Der Handel mit Menschen ist ein grober Verstoß gegen die Menschenrechte, der auf das Schärfste bekämpft werden muss.

Immer wieder werden wir in den Medien mit Berichten über erschütternde Einzel­schicksale konfrontiert. Jedes Jahr werden Tausende Frauen und Kinder mit falschen Versprechungen oder gegen ihren Willen von einem Land in ein anderes gebracht, zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung oder der illegalen Beschäftigung. Es sind gerade Menschen in Armut, die der Gefahr durch Menschenhändler ausgesetzt sind.

Österreich ist sowohl ein Durchgangs- als auch ein Zielland für den organisierten Handel mit Frauen und Kindern aus Osteuropa. Der Frauen- und Kinderhandel hat in den letzten Jahren ungeheuer große Ausmaße angenommen, da sich, wie wir schon gehört haben, damit gewaltige Profite erzielen lassen.

Die Arbeitsgruppe für Menschenhandel der Organisation für Sicherheit und Zusam­menarbeit in Europa schätzt, dass allein in Wien etwa 4 000 Opfer von Menschen-


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handel zu verzeichnen sind. Deshalb forcierte unsere Bundesregierung schon bisher die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden in anderen Ländern, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, um die Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung von Menschenhandel zu erleichtern.

Die österreichischen Strafverfolgungsbehörden haben Kontakte zu den Behörden in den Heimatländern der Täter aufgebaut, um eine Strafverfolgung zu erleichtern. Außer­dem engagiert sich die österreichische Regierung sehr, die Opfer von Menschenhandel zu schützen. Sie unterstützt Organisationen, die Schutz, juristischen Beistand und Gesundheitsdienste für die Opfer von Menschenhandel anbieten. Die Opfer haben darüber hinaus auch Zugang zu Leistungen, die von der Bundesregierung finanziert werden.

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen mit dem jetzigen Zusatzprotokoll können wir als bahnbrechenden internationalen Vertrag sehen, der die Nationen der Welt im Kampf gegen den Frauen- und Kinderhandel einen Riesenschritt weiterbringen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


18.42.04

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Als wir im Rahmen der Budgetbegleit­gesetze im Jahre 2003 das Stammgesetz, das am 30. Juni dieses Jahres, weil be­fristet, ausgelaufen ist, diskutiert und beschlossen haben, habe ich eindringlich darauf hingewiesen, dass das ein wichtiger Teil für die Lösung der Probleme des Jahres 2003 im Zusammenhang mit dem Strafvollzug ist und als entlastend anzusehen ist, dass aber dringend Maßnahmen im österreichischen Strafvollzug gesetzt werden müssen.

Ihr Amtsvorgänger Böhmdorfer, Frau Ministerin Miklautsch, hat uns heute hier als Abgeordneter ganz ehrlich und eindringlich gesagt – etwas, was wir ohnehin wissen –, dass seit dem Jahre 2000 für alle erkennbar war, wohin die Entwicklung im öster­reichischen Strafvollzug geht. Wir von der SPÖ haben im Ausschuss, haben auch hier im Hause eindringlich darauf hingewiesen.

Auch wenn ich diese Verlängerung um zwei Jahre als notwendig, als Hilfestellung für die Kolleginnen und Kollegen in den österreichischen Justizanstalten erachte, muss ich doch auch sagen, Frau Ministerin, dass das in Wirklichkeit nur einen kleinen Teil, sozusagen einen Stecknadelkopf zu einer Lösung der Probleme darstellt. Gemeinsam müssen wir versuchen, von diesen 105 Prozent im österreichischen Strafvollzug – Abgeordneter Böhmdorfer hat das ja zuvor angeführt – weg- und sozusagen zur Normalität zu kommen.

Erst vor einigen Wochen habe ich hier, meine Damen und Herren, zum Ausdruck gebracht, dass die österreichische Justizwache für uns gemeinsam – unter Einsatz ihres Lebens – den Kopf hinhält. Seit Jahren diskutieren wir über all diese Probleme, aber Sie von den Regierungsfraktionen sind nicht in der Lage, durch gesetzliche Maßnahmen eine Verbesserung herbeizuführen! Ihre Politik ist hier gescheitert, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.) Dafür kann man keinen ande­ren Ausdruck verwenden!

Fünf Jahre lang schon gibt es eine Diskussion darüber – und das, obwohl jeder Fach­mann, jeder Politiker, der sich damit beschäftigt, ganz genau weiß, was zu machen ist.

Frau Ministerin, Sie haben ja von Haus aus erkannt, was zu machen ist, aber: Wir können nicht ewig diskutieren, während unsere Justizanstalten übergehen! Die „Quali-


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tät“ der Insassen ist heute eine ganz andere als früher: von der Mentalität, von den Nationalitäten her und so weiter. Ich lade Sie alle ein, sich das einmal anzusehen. Die Insassen sind in Wirklichkeit viel schwieriger als früher zu behandeln.

In Österreich wurden doch nicht Justizanstalten dazu errichtet, um sie wie Käfige zuzumachen – und keiner kümmert sich mehr um diese Menschen! Das ist ja inhuman, das ist abzulehnen!

Seit fünf Jahren diskutieren wir über diese Probleme, und dann hören wir heute so Dinge wie – wir wünschen uns, dass das schon längst umgesetzt worden wäre –: Wir brauchen legistische Maßnahmen, wir müssen schauen, dass es zu adäquaten Regelungen kommt. Es muss doch nicht immer nur eingesperrt werden, sondern es könnten ja auch andere Strafen vorgesehen werden. Natürlich brauchen wir auch einen Haftplatz, keine Frage, aber das überfällige Problem stellt schon allein der Maßnahmenvollzug dar, Frau Ministerin, wo wir übergehen, und zwar in Bezug auf § 21 (1) als auch § 21 (2) StGB.

Wir müssen uns dieses Themas annehmen, denn: Die Justizanstalten sind keine Psychiatrien, das wissen wir auch alle. Das heißt, es gibt riesengroße Problemfelder in diesem Bereich. Unsere Kollegenschaft weiß eigentlich schon nicht mehr, wie sie mit diesem Problem – im Interesse der öffentlichen Sicherheit – umgehen soll. Sie wissen das ja auch, Frau Vorsitzende Fekter.

Daher mein dringender Appell an die Regierungsfraktionen – ich habe es das letzte Mal schon gesagt –: Helft der Ministerin, sonst kann dieses Problem keiner Lösung zugeführt werden! Und das liegt wohl nicht im Interesse der Betroffenen und auch nicht im Interesse unseres Landes.

Wie gesagt: Dies allein ist zu wenig, aber ein Teil – ich bleibe wieder beim „Steck­nadelkopf“ – geht schon in die richtige Richtung. Daher beschließt unsere Fraktion dieses Gesetz mit, aber noch einmal die dringende Bitte und Einladung, die not­wendigen legistischen Maßnahmen zu setzen und zu versuchen, auch für den Vollzugsbereich, für die Organisation entsprechende Rahmenbedingungen herzustel­len, jedoch bitte nicht erst in ein oder zwei Jahren, denn – darin sind wir uns wohl alle einig – wir brauchen das sofort. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Öllinger.)

18.47

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Stadlbauer zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die Geschäftsordnung. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.47.12

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Kollegin Weinzinger, ich muss Sie leider berichtigen. Sie haben behauptet, die Stadt Wien hätte die Finan­zierung eines Vereines eingestellt. – Das stimmt nicht!

Ich berichtige tatsächlich: Es gab ein EU-Projekt, das hieß SILA, das nie von der Stadt Wien finanziell gefördert worden ist, sondern eben von der EU, ein EU-Projekt war, das mehrjährig gelaufen ist und jetzt aus ist. Es gibt jetzt ein Nachfolgeprojekt, ebenfalls wieder ein EU-Projekt, das nennt sich SOPHIE und hat den Schwerpunkt Umstieg. Wien hat eine Übergangslösung finanziert, aber sowohl das Projekt SILA als auch SOPHIE sind EU-Projekte. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.48

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Prinz. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 



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18.48.03

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Mit der Verlängerung des erweiterten Strafaufschubes bei geringfügigen Freiheitsstrafen wird eine Praxis, eine gut funktionierende Lösung um zwei weitere Jahre verlängert und fortgesetzt. Die Belagssituation in den Gefängnissen hat sich seit In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes 2003 nicht wesentlich geändert. Nach wie vor klagen die Vollzugsanstalten über zu wenig Platz für ihre Häftlinge.

Obgleich mit dieser Fristverlängerung nicht die Kriminalität an sich oder die Klein­kriminalität, um die es da geht, eingedämmt werden kann, ist es doch so, dass mit diesem erweiterten Strafaufschub sowohl für den Überbelag an den Vollzugsanstalten als auch für die Straftäter selbst Positives erreicht wird, denn der Aufschub des Straf­vollzuges ist nur dann möglich, wenn die Freiheitsstrafe nicht mehr als 18 Monate beträgt und dies zweckmäßiger als der Vollzug erscheint – beispielsweise dann, wenn der Verurteilte in einem wichtigen, saisonbedingten Arbeitsverhältnis steht, für Unter­haltspflichten von Kindern oder für pflegende Angehörige aufzukommen hat oder diese Zeit für die Wiedergutmachung des Schadens braucht. Auch bei einem Strafausmaß von weniger als sechs Monaten beziehungsweise bei der Erstverurteilung von weniger als zwölf Monaten ist ein Strafaufschub möglich.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir können mit ruhigem Gewissen dieser Frist­verlängerung zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)

18.49

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Abgeordneter Preineder. Auch er spricht 2 Minuten. – Bitte.

 


18.49.36

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Werter Kollege Pendl, uns ist das Problem in den Justizan­stalten bewusst – und deshalb gab es auch eine Budgetaufstockung von 2004 auf 2005. Ich möchte mich aber heute mit dem Thema Menschenhandel und dem Zusatz­protokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels beschäf­tigen.

Ich glaube, gerade der Menschenhandel ist ein Delikt, das zu den grausamsten und schlimmsten im Bereich der Kriminalität zählt. Manchmal dachten wir schon, er gehört der Vergangenheit an, er gewinnt aber immer mehr an Aktualität.

Menschenhandel trifft weltweit vor allem die Armen und die Schwachen in unserer Gesellschaft. Das ist ein Delikt, das international begangen wird und auch international bekämpft werden muss. Besonders Frauen aus Osteuropa und Südostasien werden verschleppt, verkauft und oft wie Sklaven behandelt. Und auch Kinder aus allen Teilen der Welt werden entführt und unter dem Aspekt, dass sie ein besseres Leben bekommen, verkauft.

Manche Menschen werden aber auch gekidnappt – und das ist ein besonders schlim­mes Delikt – und finden sich in einem fremden Land mit fehlenden Organen wieder. Ich glaube, hier gilt es, einen weltweiten Standard für Straftatbestände, Opferschutz- und Zeugenschutzregelungen herzustellen; das wird eben getan.

Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! In Österreich können wir Gott sei Dank sagen, dass wir von Fällen des Organhandels fast nicht betroffen sind, auch von Fällen des Kleinkinderhandels nicht. Aber im Jahr 2004 wurden in Wien – allein in der Bun­deshauptstadt! – 240 Kinder, vorwiegend aus Rumänien, aufgegriffen, die zum Betteln gezwungen wurden. Im Jahr 2003 waren es laut Auskunft des Innenministeriums 236 Frauen, die in Österreich festgehalten und vorwiegend zur Prostitution gezwungen


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wurden. (Abg. Mag. Weinzinger: Anzeigen!) – Das sind die nachgewiesenen Anzei­gen. Die Dunkelziffer ist sicher höher.

Geschätzte Damen und Herren! Taten straffälliger Täter sollen sicher geahndet wer­den. Aber es gibt nicht nur die Täter und jene, die Hilfe leisten, sondern auch jene, die zu diesen Taten anstiften. Ich denke, auch da sind wir alle moralisch entsprechend gefordert. – Ich danke, dass dieses Gesetz heute einstimmig beschlossen werden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

18.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Mag. Haupt. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.52.22

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst beim Herrn Abgeordneten Pendl dafür bedanken, dass er in seiner Rede über die Zustände im Justizwachebeamtenbereich und in den Haftanstalten erstmalig auch richtig ange­führt hat, dass sich die Frau Bundesministerin nicht nur mit aller Kraft bemüht, diese Verhältnisse zu verbessern, sondern nunmehr auch darangeht, moderne Methoden des Vollzuges in Diskussion zu bringen und nicht mehr ausschließlich nur über die Erweiterung des Haftraumes zu diskutieren. Ich glaube daher, Frau Bundesminister, dass Sie damit auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Aber nunmehr zum Zusatzprotokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels. Es ist meiner Meinung nach erfreulich, dass wir nach siebenjähriger Diskussion, die 1998 begonnen hat, heute hier im Parlament dieses Zusatzprotokoll einstimmig verabschieden werden.

Ich möchte auch hier vom Rednerpult aus nochmals das sagen, was ich schon im Aus­schuss angemerkt habe. Es erscheint mir wichtig, dass die für dieses Werk nunmehr notwendige Änderung der innerstaatlichen Rechtsordnung schleunigst kommt, denn es gibt eine ganze Reihe von Problemen, die mit der Umsetzung dieses ratifizierten UN-Übereinkommens im innerstaatlichen Recht zu lösen sind. Das betrifft die Entschädi­gungen für die Opfer und die entsprechende Rückführung der Opfer. Das betrifft auch die Ausstattung der Betroffenen mit Dokumenten, mit neuen Zukunftsperspektiven und mit einer Hoffnung auf ein Leben in Menschenwürde in einer Solidaritätsgemeinschaft.

Ich glaube auch, dass wir innerstaatlich noch einiges bei den Opferfürsorgegesetzen zu verbessern haben. Es gibt eine breite Palette von NGOs, die in diesem Bereich heute schon dem Staat erfolgreich unter die Arme greifen und die Situation der Opfer deutlich verbessern. Aber ich glaube, dass es auch im Bereiche der psychologischen und anti-traumatischen Betreuung notwendig sein wird, noch mehr Akzente zu setzen.

Ich meine, dass jene Programme, die in der Vergangenheit als Pilotprojekte gelaufen sind und die hervorragende Ergebnisse in der Resozialisierung und in der Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse der Opfer mit sich gebracht haben, nicht einfach sang- und klanglos beendet werden sollten, sondern von Seiten des Frauen- und des Sozialministeriums weitergeführt werden sollten, weil in diesem Bereich einfach für die Opfer noch mehr getan werden kann, als es in der Vergangenheit geschehen ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, auf der einen Seite steht der Frauenhandel immer in Diskussion, auf der anderen Seite steht aber auch der Handel mit Kindern immer in Diskussion. Wir sollten uns auch einmal in unserer Gesetzgebung dazu aufraffen, jene Organisationen, die dem Wunsch von Ehepaaren nach einer Adoption nachkommen – es sind immerhin pro Jahr in Österreich zwischen 4 000 und 5 000 Ehepaare, die einen


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solchen Adoptionswunsch haben –, endlich so zu kanalisieren, dass ausschließlich seriöse und erkennbar am Kindeswohl interessierte Organisationen zum Zug kommen und sich nicht Organisationen, die im Netzwerk der internationalen Kriminalität arbei­ten, die teilweise Kinder entführen, um sie dann für eine Adoption in die Länder der Europäischen Union zu bringen, auf dem Markt befinden.

Vielleicht könnte man sich in diesem Bereich tatsächlich einmal überlegen, für die Eltern so eine Art Gütesiegel von Organisationen zu verleihen, die ausschließlich seriös Kinder vermitteln (demonstrativer Beifall der Abg. Mag. Wurm), um auch von Anfang an interessierten Eltern Kinder von Organisationen, die tatsächlich Ansprech­partner sind, die seriös arbeiten und wo kein Kinderhandel und Menschenhandel statt­findet, zu vermitteln. Ich glaube, es wäre an der Zeit, diese Anregungen aus dem Sozialministerium und dem Frauenministerium auch insgesamt aufzunehmen und zu unterstützen. – Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Wir gelangen zunächst zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 825 der Beilagen die Genehmi­gung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung hiezu geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Jetzt stimmen wir über den Antrag des Justizausschusses ab, wonach der vorliegende Staatsvertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Die Zustimmung wird einstimmig erteilt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes, dass die Kundmachung der arabischen, chinesischen, französischen, russischen und spanischen Sprachfassungen dadurch zu erfolgen hat, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundes­ministe­rium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Auch diese Zustimmung wird ein­stimmig erteilt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem vorübergehenden Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden, geändert wird, samt Titel und Eingang in 988 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehr­heitlich angenommen.


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18.58.5910. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (815 d.B.): Abkom­men zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik Kroatien im Bereich der Kultur und der Bildung (954 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 10. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


18.59.27

Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Das Abkommen mit Kroatien, das wir wohl alle im Sinne eines länderübergreifenden Kulturabkommens verstehen, das zu einem weiteren künstlerischen Austausch, zu einem Schul-, einem Bildungs-, einem Hochschul­aus­tausch sowie zu einem Forschungs- und Wissenschaftsaustausch führen wird, diesen erleichtern und unsere Länder weiter verbinden soll, wird selbstverständlich von uns allen unterstützt.

Dieses Abkommen ist aber meiner Ansicht nach mehr: Es ist ein Zeichen für einen verstärkten Austausch von Menschen verschiedener Kulturen und Traditionen. Es ist ein Zeichen für ein weiteres Zusammenwachsen, das unter der Patronanz kultureller Abkommen wächst und gedeiht. Das tangiert somit eines der Paradigmen der öster­reichischen Kulturpolitik unter Ministerin Gehrer und unter Staatssekretär Morak, wie ich sie verstehe. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben nämlich einerseits eine über die eigenen Landesgrenzen hinausschauende Kulturpolitik, die andererseits Eigenheiten und regionale Besonderheiten berücksich­tigt, sie beobachtet und fördert. Internationalisierung und Regionalisierung – das sind keine Widersprüche, das sind entgegengesetzte Pole auf derselben Linie. Und diese beiden Punkte markieren das Spannungsfeld einer modernen Kulturpolitik. Sie werden sehr gut durch eine allmähliche Verschiebung der Schwerpunkte belegt, wie sie zum Beispiel aus dem Kulturbericht des Jahres 2004 ablesbar sind, den wir kürzlich im Ausschuss behandelt haben und welcher der Öffentlichkeit auch virtuell zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren! Mir persönlich gefallen Schwerpunktsetzungen wie zum Beispiel jener im Bereich der Kinder- und Jugendbuchliteratur besonders gut. Da haben wir eine Schnittstelle zwischen verschiedenen Bereichen: nämlich der Kunst, der literarischen wie auch der bildenden, der Übersetzerkunst, Themen der Zeit, oft philosophisch verpackt in einer klaren Sprache, die speziell – wie ich weiß und erfah­ren habe – für ganze ImmigrantInnenfamilien und nicht nur für die lesenden Kinder eine große Hilfe sein kann.

Der Kinder- und Jugendbuchpreis wird dort verliehen, wo sich seit Jahrzehnten schon die AutorInnen zu Lesereisen sammeln und wo dieser Bereich eine neue Heimat neben Wien gefunden hat, nämlich in der Oststeiermark. Das macht mich als gebürtige Gleisdorferin natürlich stolz. Es gibt den Ernst-Jandl-Preis für Lyrik, der Ende dieser Woche im magischen Neuberg an der Mürz verliehen wird, das sich wohl wie wenige andere Orte in Österreich für Symposien und Workshops zur Behandlung und Präsen­tation von Lyrik eignet.

Meine Damen und Herren! Jedes unserer Bundesländer hat inzwischen Schwerpunkte im kulturellen Bereich, ob das nun elektronische Musik oder Film, Theater, Oper oder Kabarett, Karikatur oder Lyrik ist, oder ob das die hervorragenden Museen – und ich


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meine die Bundesmuseen ebenso wie die Regionalmuseen – betrifft. Die Kunst hat sich schon lange von ihrer Gebundenheit an Hauptstädte befreit. Mit Hilfe moderner Kommunikationstechniken und Werbestrategien kommt die Welt zu den BürgerInnen.

Diese wiederum sind flexibel geworden und reisen gerne. Kulturtourismus ist im Zunehmen, wie wir an unseren Kulturhauptstädten sehen können. Graz war so ein hervorragendes Beispiel. Aber ich bin sicher, auch Linz wird sich in eigener Art und Weise präsentieren, und ich freue mich schon darauf.

Kunst floriert also in allen Bundesländern und in den Städten. Sie entwickelt sich stän­dig neu, sie entwickelt sich weiter. Unsere Kulturpolitik trägt dem Rechnung. Gerade in Zeiten verkürzter Budgets und sparsamer Anlagen, eines wirtschaftlichen Denkens gibt es Steigerungen, keine gewaltigen, aber doch Steigerungen.

Auch wenn Sie von der Opposition durch Zahlenakrobatik oder Recheninterpretationen sehr gerne die Öffentlichkeit und speziell auch die Kulturschaffenden verunsichern: Ich behaupte, dass unsere Kulturpolitik gut strukturiert ist, dass sie transparent und nach­vollziehbar ist, dass es eine nachhaltige Kulturpolitik ist, die sich bemüht, einer ständig in Entwicklung befindlichen Kunstszene und Kulturszene gerecht zu werden. Ich denke, sie tut das sehr gut. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

19.04


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. – Bitte.

 


19.04.22

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Das vorliegende Kulturabkommen ersetzt das bisher zwischen Österreich und Kroatien geltende Kulturabkommen und regelt die Zusammenarbeit von Institutionen beider Länder in den Bereichen Kultur, insbesondere aber der Kunst, Schul-, Bildungs- und Hochschulwesen, Forschung, Wissenschaft sowie Jugend und Sport. Die Kooperation mit Kroatien auf dem Gebiet der Bildung und Kultur erachte ich als besonders wichtig.

Es ist erfreulich, dass der intensive Kulturaustausch zwischen Österreich und Kroatien fortgesetzt und verfestigt werden soll, wie Kunststaatssekretär Morak anlässlich der Unterzeichnung dieses Kulturabkommens im Oktober 2004 festgestellt hat. Denn um Grenzen zu überwinden ist es wichtig, sich besser kennen und verstehen zu lernen. Ängste und Vorurteile sind dann besonders groß, wenn man wenig über den anderen oder die anderen weiß. Daher sind wir sehr dafür, dass dieses Kulturabkommen unterzeichnet wird und dass es zu einem Austausch im Bereich der Kultur kommt.

Ich würde mir, meine Damen und Herren, wünschen, dass wir einen regen Austausch über Kultur und Kunst auch hier im Plenum hätten. Wir haben in den vergangenen Wochen sowohl den Kulturbericht 2003 als auch den Kunstbericht 2004 im Kultur­ausschuss behandelt. Bei beiden Berichten haben Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, es abgelehnt, eine Debatte über Kunst und Kultur im Plenum zu ermöglichen, obwohl es eine Vielzahl von Berichten und Themen gäbe, die in diesen Berichten enthalten sind, über die diskutiert werden sollte. Ich meine nicht das Kunsthistorische Museum oder Herrn Direktor Seipel. Das hatten wir heute schon. Ich meine auch nicht die Causa Wörtherseebühne.

Ich würde vielmehr ganz allgemein über kulturelle Themen sprechen wollen, auch darüber, warum zum Beispiel die Ausgaben für Kunst bereits seit dem Jahr 2000 stagnieren. Für das Jahr 2004 wurden 79 Millionen € veranschlagt, 91 Millionen € waren es noch im Jahr 1999. Der Vergleich dieser nüchternen Zahlen erübrigt jeden Kommentar.


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Man könnte darüber sprechen, warum beispielsweise kein Geld vorhanden ist, wie Staatssekretär Morak selbst sagt, um Akzentuierungen innerhalb seines Rahmens möglich zu machen, oder warum der Kunststaatssekretär mit Mitteln aus der Kunstför­derung Wirtschaftsförderung betreiben möchte, wenn man sich beispielsweise diesen bald neu gegründeten Musikfonds anschaut. Oder warum hat zum Beispiel die Museumsevaluierung so elegant an allen Kernfragen der Museen vorbeigeprüft?

Es gibt also eine ganze Fülle von Fragen, die wir hier im Parlament diskutieren sollten, aber leider drücken sich die Regierung und die Regierungsparteien vor der Diskussion um diese Fragen, zumindest hier im Hohen Haus.

Ja zum Kulturabkommen zwischen Österreich und Kroatien, aber nein zu Ihrer Diskus­sionsverweigerung und zu Ihrem mangelnden Interesse für Kunst und Kultur. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


19.08.18

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Über das Kulturabkommen braucht man ja eigentlich nicht sehr viele Worte zu verlieren, denn ... (Abg. Öllinger: Das ist reif zur Abstimmung!) – Wie bitte? Entschuldigung, ich verstehe Sie nicht! (Abg. Öllinger: Es ist reif zur Abstimmung!) – Es ist reif zur Abstimmung. Ja, das stimmt! Es stimmen alle zu, wir auch! Ich finde es natürlich auch positiv, es fördert die Europäische Integration und so weiter und so fort. Sie wissen sowieso schon, was jeder sagt, der zum Rednerpult kommt. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Ich möchte zu den Ausführungen von Frau Kollegin Muttonen etwas sagen, weil sie bedauert, dass zu wenig über Kultur im Plenum diskutiert wird. Frau Abgeordnete Muttonen! Sie sehen ja: Das Interesse an der Debatte im Plenum ist nicht sehr groß. Wer hört Ihnen zu? – Diejenigen, die ohnehin im Kulturausschuss sitzen und dort mit Ihnen diskutieren. (Abg. Öllinger: Nein!) Dort können Sie alle Themen anschneiden, die Sie immer gerne anschneiden wollen, und das haben Sie auch schon getan.

Es gibt also keine Diskussionsverweigerung der Regierungsparteien, in den Ausschüs­sen ist wirklich ausreichend Gelegenheit – das war in der Vergangenheit so und wird auch in der Zukunft so sein –, über alle Themen der Kultur und Kunst zu diskutieren.

Damit bin ich auch schon am Ende. Wir stimmen diesem Abkommen zu und freuen uns darüber, dass Österreich wieder einmal mit einem Land ein solches Abkommen geschlossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


19.10.01

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Dieses Abkommen ist in der Tat ein angenehmerer, lohnenderer Verhandlungsgegenstand als die unappetitliche Causa Seipel, die wir heute auch schon zu besprechen hatten. Und es ist kein Zufall oder – wenn schon Zufall – zumindest ein glücklicher Zufall, dass gerade in dieser Woche das Festival der kroatischen Musik in Wien in der Albertina, in der Universitätskirche, im Schönberg-Center, im Porgy and Bess und so weiter stattfindet.


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Gestern hatte ich die Möglichkeit, mit Musikern über deren Probleme zu sprechen, und sie haben gesagt, das größte Problem ist ... (Abg. Faul: Das Problem ist Seipel!) Deren größtes Problem sind die Visa, die nicht oder nur sehr schwer zu bekommen sind, und die Reisebeschränkungen. – Ich hoffe, dass mit diesem Abkommen dieser Punkt wesentlich verbessert wird!

Zweitens wird natürlich auch ein Beitrag zur Entwicklung der Kultur in der kroatischen Minderheit geleistet. Wir kennen diesen Austausch, den die kroatische Volksgruppe mit Kroatien im Bereich von Musik, Theater, Sport und vor allem auch im Bereich der Ethno-Szene betreibt, deren Arrangeure agieren auf sehr hohem organisatorischem Niveau, aber das Ganze ist halt sehr, sehr teuer. Das bedeutet, dass die Jugend zwar hoch motiviert und an einem regelmäßigen Austausch interessiert ist, dass es aber an Geld fehlt. – Auch diesbezüglich wird dieses Abkommen hoffentlich doch einiges zur Verbesserung beitragen!

Solche Abkommen fördern das Miteinander bei gleichzeitiger Stärkung der Identität, insbesondere der sprachlichen Identität, und so stelle ich mir optimale Kulturpolitik vor! Dazu gehören natürlich auch die Schulen und die Hochschulen, und wenn man bedenkt, dass es nur zwei AssistentInnen gibt, die in Österreich kroatisch sprechen, dann glaube ich, dass mit der Aufhebung von Aufenthalts- und Beschäftigungs­beschränkungen auch in diesem Bereich ein wichtiger Schritt geleistet wird, und zwar hoffentlich nicht nur auf dem Papier.

Hier findet sich auch der kleine Wermutstropfen bei dieser ganzen Geschichte, denn die Kommission tritt nur alle vier Jahre zusammen, und das Abkommen ist auf fünf Jahre begrenzt. Das ist ein kleiner Schildbürgerstreich, aber vielleicht kann die Kommission öfter zusammentreten und länger als fünf Jahre weilen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Gehrer. – Bitte.

 


19.12.45

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich freue mich, dass dieses Kulturabkommen mit Kroatien große Zustimmung erhält.

Österreich hat die Balkanländer schon sehr lange zu Schwerpunktbereichen erklärt. Wir arbeiten intensiv im Bildungsbereich, im Hochschulbereich und im Kulturbereich. Wir haben den so genannten Graz-Prozess gestartet, in dessen Rahmen wir Bildungs­unterstützung für die Balkanländer geben, und wir haben auch einen Schwerpunkt im Bereich der Sprachen unserer Nachbarn und der neuen Mitgliedstaaten gesetzt.

Was mich ganz besonders freut, ist, dass schon seit Jahren eine rege Zusammenarbeit besteht, dass wir mit diesem Kulturabkommen eine neue Basis legen und dass wir diese gute Zusammenarbeit auch im Jahr der österreichischen Präsidentschaft in der EU fortführen werden. Ich werde die Minister der Balkanländer, auch die Minister der Staaten, die noch nicht bei der EU sind, zu einer Ministerkonferenz einladen, bei welcher wir den neuen europäischen Hochschulraum und auch die neuen Bildungs­programme diskutieren werden, denn es können jetzt alle Länder des Balkans auch an diesen Bildungsprogrammen teilnehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich freue mich und danke für Ihre Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Freiheitlichen.)

19.14



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112. Sitzung / Seite 204

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Turkovic-Wendl. – Bitte.

 


19.14.14

Abgeordnete Ingrid Turkovic-Wendl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Zinggl hat es schon gesagt: Gerade in diesen Tagen, vom 1. Juni bis zum 12. Juni, findet das Festival der kroatischen Musik in Wien statt. Es ist dies ein Musikfest, das Musik aus allen Bereichen, Jazz, Klassik, zeitge­nössische Komposition und Folklore, bietet, und das Festival soll zur Tradition werden. Das hoffen die Kulturverantwortlichen aus Kroatien, die an dem neuen Kulturabkom­men zwischen Kroatien und Österreich gearbeitet haben, das wir heute ratifizieren werden.

Dieses Abkommen sieht unter anderem den Austausch im Kunst-, Schul- und Hoch­schulwesen sowie in der Forschung und der Wissenschaft vor. Es sind Projekte geplant, die eine Förderung der Literatur, der Sprachkenntnisse, der Studierenden und schon Graduierten und der Forscher in beiden Ländern unterstützen werden, um einen europäischen Hochschulraum im Sinne des Bologna-Prozesses zu schaffen.

Die Kontakte auf dem Gebiet Kultur und Sport gehen schon länger zurück. Noch in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien wurde im April 1972 eine Zusam­menarbeit beschlossen. Wenn wir an die Erfolge der Damenhandballmannschaft Hypo-Südstadt zurückdenken, dann wissen wir, wie viel die Kroatinnen zu diesem Erfolg beigetragen haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Mit der Existenz der unabhängigen Republik Kroatien entstand sowohl auf österreichi­scher als auch auf kroatischer Seite der Wunsch nach einem bilateralen Kulturab­kommen, und – auch das wurde schon erwähnt – am 5. Oktober des Vorjahres haben der kroatische Kulturminister Bozo Biskupic und Staatssekretär Franz Morak einen Vertrag zu diesem Vorhaben unterzeichnet.

Nach der, wie ich glaube, heutigen Ratifizierung wird eine gemischte Kulturkommission mit Vertretern des Kanzleramtes, des Außen- und des Bildungsministeriums auf unserer Seite Projekte für die nächsten fünf Jahre ausarbeiten.

Aber ich möchte noch etwas erwähnen: Viele Kontakte und Projekte mit Kroatien haben schon jetzt viel Erfolg gehabt. Ich denke etwa an die Ausstellung von Edo Murtic im Palais Harrach oder die Konzerte des Zagreber Philharmonischen Orchesters im Wiener Konzerthaus, wo zeitgenössische Musik des kroatischen Komponisten Bozidar Kunz zur Aufführung kam. Besonders schön – da war ich dabei – war auch das Konzert des Zagreber Rundfunkorchesters in der Liszthalle in Graz.

Umgekehrt haben viele Österreicher in Kroatien gastiert. Im Konzertsaal Dvorana Lisinski in Zagreb, der, wie die Künstler sagen, eine besonders gute Akustik hat, gab es heuer im April ein Gastspiel des RSO-Orchesters Wien, und im nächsten Jahr werden die Wiener Symphoniker in Zagreb gastieren.

Wenn wir also heute das Kulturabkommen ratifizieren, steht der weiteren kulturellen Zusammenarbeit der beiden Länder nichts im Weg, und wir können uns, wie ich glaube, auf viele schöne Leistungen freuen!

Noch etwas Persönliches dazu: Ich bin mit einem Turkovic verheiratet, der sein Talent als Musiker aus beiden Ländern sozusagen vererbt bekommen hat, und das hat ein gutes Resultat gebracht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.

 



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112. Sitzung / Seite 205

19.17.36

Abgeordnete Dr. Elisabeth Hlavac (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich begrüße natürlich den Abschluss dieses neuen Abkommens mit Kroatien auch sehr. Ich meine, es ist sehr wichtig, dass es hier um direkte Zusammenarbeit geht, also nicht um Zusammenarbeit auf staat­licher Ebene, sondern um Zusammenarbeit zwischen den Menschen, zwischen Schu­len, Sportvereinen, Kulturorganisationen. Ich denke, dass das sehr wichtig und sehr zu begrüßen ist!

Ich begrüße die kulturelle Zusammenarbeit mit Ländern aus Mittel-, Ost- und Südost­europa, Ländern, die unsere Nachbarn sind oder uns sonst nahe stehen und freundschaftlich verbunden sind, grundsätzlich sehr. Ich meine nämlich, dass die Menschen zum Teil auch in Österreich, aber in Westeuropa überhaupt, viel zu wenig über diese mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder wissen. Man weiß hier zu wenig über die Errungenschaften und die großen kulturellen Leistungen dieser Länder, und es gibt manchmal eine Geringschätzung, die heute sicherlich nicht mehr böswillig ist, sondern aus Unwissenheit entsteht. Deshalb ist es so wichtig, dass es eine ver­stärkte Zusammenarbeit gibt.

Auch das Erlernen der Sprachen halte ich für sehr bedeutend. Es ist im Rahmen dieses Abkommens auch vorgesehen, dass Sprachausbildung gefördert werden soll. Wenn ich bemerke, dass selbst vom Präsidium des Nationalrates manchmal Namen wie Turkovic, Hlavac oder Darabos falsch ausgesprochen werden, dann empfinde ich das eigentlich als etwas kränkend. Da wir ja alle eine gemeinsame Vergangenheit und auch eine gemeinsame Zukunft haben, würde ich mir diesbezüglich entsprechende Sensibilität wünschen!

Wie gesagt: Ich halte das, was wir hier beschließen, für sehr positiv, auch im Hinblick darauf, dass wir auch eine kroatische Volksgruppe in Österreich haben. Auch wenn sich die Sprache hier natürlich etwas anders entwickelt hat, ist es doch wichtig, Kontakt zu halten und das kulturelle Leben zu pflegen. Das gilt auch für unsere Migrantinnen und Migranten aus Kroatien, die zweifellos eine große Bereicherung für uns sind. Daher gibt es viele gute Gründe für diese Zusammenarbeit und für diesen Austausch.

Ich hoffe sehr, dass das keine einseitige Sache ist und das Interesse mehr auf kroati­scher Seite liegt. Ich hoffe, dass auch von österreichischer Seite entsprechendes Interesse an der Zusammenarbeit und am Kennenlernen der Menschen besteht, und möchte daher nochmals meine Zustimmung zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kainz. – Bitte.

 


19.21.07

Abgeordneter Christoph Kainz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Ich glaube, Österreich kann stolz sein auf die Kunst- und Kulturpolitik in diesem Land. Ein reichhaltiges, hoch qualifiziertes Angebot in den Gemeinden, Städten und Bundesländern ist zweifellos vorhanden, und zwar auch mit massiver Unterstützung und hohen budgetären Ausgaben der Länder, aber auch des Bundes.

Auch ich glaube, dass sich Kultur nicht für Parteipolitik eignet. Wenn ich an die heutige Dringliche Anfrage ab 15 Uhr zum Thema Kunsthistorisches Museum und Seipel zurückdenke, so meine ich, dass das ein Beispiel dafür ist, dass man Kulturpolitik nicht zur Parteipolitik abwirtschaften soll! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Kulturabkommen sind heute ein unverzichtbarer Bestandteil bilateraler Zusammen­arbeit auf den Gebieten Schul- und Bildungspolitik und Hochschulwesen, Forschung, Kultur und Kunst. Das erste Kulturabkommen wurde im Jahr 1947 zwischen Österreich und Frankreich geschlossen. Seither gibt es Abkommen mit 25 Staaten, darunter 8 EU-Mitgliedstaaten. Die Bedeutung von Kulturabkommen liegt zweifellos darin, dass Österreich auf den Inhalt, aber auch auf den Umfang dieser kulturellen Zusammen­arbeit mit den Partnerstaaten Einfluss nehmen kann und diese auch intensiv mitgestalten kann.

Österreich und Kroatien arbeiten bisher auf Basis der mit der ehemaligen Republik Jugoslawien geschlossenen Kulturabkommen zusammen. Die Republik Kroatien ist ein Beitrittskandidat zur Europäischen Union, und deswegen ist es, glaube ich, zielführend, sinnvoll und auch vorbildlich, wenn wir dieses Kulturabkommen heute hier im Hohen Haus einstimmig beschließen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fleckl. – Bitte.

 


19.23.09

Abgeordnete Anita Fleckl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Kainz! Nicht wir wirtschaften die Kulturpolitik ab, sondern Herr Direktor Seipel wirtschaftet das Kunsthistorische Museum ab, wenn er so weitermacht! (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kainz: Wer sagt das?)

Auch ich begrüße das Kulturabkommen zwischen Österreich und Kroatien, aber so wichtig mir und uns allen dieses Abkommen auch ist, komme ich nicht umhin, die vorgesehene Debatte auch dafür zu nutzen, ein paar Worte über ein anderes Kunstthema zu verlieren, nämlich über den Kunstbericht. Dieser wird leider nicht im Plenum behandelt, zum Leidwesen der Öffentlichkeit. Als einer der wichtigsten Verhandlungsgegenstände im Kulturausschuss wird er jedes Mal am Plenum kunstvoll vorbeigeschummelt. Ist es das schlechte Gewissen, ist es Furcht vor Kritik, oder steht der Herr Staatssekretär überhaupt nicht hinter seinem Kunstbericht?

Aber sehen wir uns den Kunstbericht einmal näher an, insbesondere das Kapitel Kultur­hauptstädte, genauer gesagt die Ausführungen zur Kulturhauptstadt 2003 in Graz. Das Ganze wird im Kunstbericht zwar lobend erwähnt, insbesondere die daraus resultierende Belebung kultureller Aktivitäten und des Städtetourismus, aber über die Probleme und die Kritik, die es dazu gab, wird wieder einmal kunstvoll der Mantel des Schweigens gebreitet.

Sie sprechen von Nachhaltigkeit in allen Bereichen und vom großen Erfolg. Zweifels­ohne war das Kulturprojekt in Graz ein großer Erfolg. Aber Nachhaltigkeit hat halt ihren Preis! Die Leitung der ehemaligen 2003-GesmbH bezifferte den jährlichen Finanz­bedarf nur zur Aufrechterhaltung von Koordinations- und Marketingmaßnahmen mit 5 Millionen €. Wer kommt aber heute für nachhaltige Projekte wie die Mur-Insel oder das Kunsthaus auf, die für das Jahr 2003 geschaffen wurden? – Das muss heute ganz allein die Stadt Graz berappen, und der Herr Staatssekretär beziehungsweise der Bund ziehen sich aus der Verantwortung!

Wenn ich mich jetzt recht erinnere, hat der Herr Staatssekretär im Ausschuss auf meine Frage erklärt: Linz braucht die Unterstützung von Graz, damit nicht noch einmal die gleichen Fehler gemacht werden. – Welche Fehler meint der Herr Staatssekretär hier? Das würde mich wirklich interessieren! Vielleicht den Fehler, darauf zu vertrauen,


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dass versprochene Fördergelder dann auch dort ankommen, wohin sie gelangen sol­len, und zwar auch im versprochenen Ausmaß.

Es ist jedenfalls schade, dass Sie nicht über den Kunstbericht debattieren wollen!

Ich schließe jetzt damit, dass wir das Kulturabkommen zwischen Österreich und Kroatien sehr begrüßen und diesem natürlich zustimmen werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.

 


19.26.09

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Fleckl hat die Nachhaltigkeit im Sinne der Kulturpolitik jetzt angesprochen. – Dazu sage ich: Schauen Sie sich das Instrument der Kulturabkommen an, die es mittlerweile seit ungefähr 60 Jahren gibt, denn daran sieht man, dass wir im Zusammenhang mit nachhaltiger Kulturpolitik nicht so falsch liegen können.

Wenn man sich hinsichtlich des gegenständlichen Abkommens zwischen den Republi­ken Österreich und Kroatien mit Artikel 6 auseinander setzt, dann sieht man, dass dieser auch kreativwirtschaftliche Bereiche wie Multimedia, Film und Fotografie und damit einhergehende Technologien anspricht. – Ich begrüße dieses Abkommen inso­fern sehr, als es vielleicht einen institutionellen Rahmen auch für bereits begonnene Gespräche in der Kreativwirtschaft darstellen könnte.

Wir waren in Kroatien, wir haben sehr intensiv mit den Kreativen diskutiert, und wir haben wahrgenommen, dass ganz großes Interesse seitens der Kroaten daran besteht, zu hören, wie unsere Strukturen der Kreativwirtschaft aufgebaut sind und wie man sich organisieren könnte. So kann man sich zum Beispiel mit den Kammern, der Wirtschaft und dem Staat organisieren, um die Kreativen zu unterstützen und zu fördern. Ich denke, das ist ein sehr spannendes Thema. Diesbezüglich können die Kroaten wirklich viel von uns mitnehmen, und sie sind auch ganz aufgeschlossen, diese Informationen aufzunehmen.

Was die Kreativität als solche betrifft, das muss ich sagen, stehen uns die Kroaten sicherlich in nichts nach!

Es haben sich aus dem kreativwirtschaftlichen Bereich auch schon einige Agenturen zusammengeschlossen. Da geht es um Themen wie Bildungsstandards, Aus- und Weiterbildung und Qualitätsstandards, und auch in diesem Zusammenhang waren viele Ansprechpartner an österreichischen Lösungen und Wegen sehr interessiert. Das heißt, auch im Bildungswesen können wir einen sehr interessanten Austausch durch diesen Staatsvertrag zustande bringen.

Ich hoffe auch sehr, dass die angesprochene Kommission diese Chance für ein Koope­rationsprogramm gut nützt, und ich zweifle nicht, dass sie einen strategischen und sehr nachhaltigen Prozess in Gang setzen wird. Seitens der Kreativwirtschaft bieten wir auf jeden Fall unsere Zusammenarbeit an und würden uns sehr freuen, wenn wir etwas einbringen könnten!

Persönlich begrüße ich alle Anstrengungen, wenn es um die Zusammenarbeit mit Kroatien geht, sei es jetzt von Seiten der Bildungspolitik, der Kulturpolitik oder der Außenpolitik. Und heute sind wir wieder einen Schritt weiter gekommen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.28



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112. Sitzung / Seite 208

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.

 


19.28.58

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Wenn ich mich in die Reihe der Gratulanten für dieses Abkommen einreihe, dann möchte ich die Frau Bundesministerin noch darauf hinweisen, dass wir es nicht bei diesem Abkommen mit Kroatien allein belassen sollten.

Ich habe mir gerade jetzt von Jackie Maier die letzten Zahlen geben lassen, welchen Bedarf und welche Notwendigkeit es in den neu beigetretenen Ländern, aber auch in den Beitrittsländern der anderen Staaten geben würde, solche Verträge abzuschließen, weil es letztlich auch die Grundlage für jede wirtschaftliche Tätigkeit sein muss, die Sprachen unserer Partnerländer und letztlich auch die dortigen Kulturen kennen zu lernen.

Wenn ich an Kroatien denke, dann denke ich wirklich an die erfolgreichen Internet­projekte, die wir mit den Schülern gemeinsam dort begleitet haben.

Frau Bundesminister, wenn wir bei diesen Kunstprogrammen sind, muss ich heute aber auch zu einem sehr missglückten Programm Stellung nehmen – die Steirer sitzen gerade da –, nämlich zum Abkommen mit Herberstein.

Herr Staatssekretär Morak hat uns zuvor vollmundig erklärt, wie wichtig es ist, die Kulturpolitik aus den großen Städten herauszunehmen und in die kleinen Orte – sprich: bei uns in einen Tierpark – zu verlegen. Das neue Museum mit Werken von Bruno Gironcoli steht jetzt dort. Das ist natürlich begründet in der Tatsache, dass Morak als Kulturstaatssekretär ein Anti-Wien-Syndrom hat und am liebsten alles irgendwohin verlegen möchte, ungeachtet der Tatsache, dass sich letztlich, was er nicht versteht, Tourismus ganz stark mit Kulturpolitik verbindet und dass Tourismus und Kulturpolitik für Wien ganz entscheidet sind. – Gut.

Es steht nun einmal dieses Museum im Tierpark Herberstein. Wir haben dort zwar 200 000 Besucher, Frau Bundesministerin, es sind vorweg Kinder und Eltern, die sich im Freizeitbereich mit dem Thema „Tiere und Zoo“ auseinander setzen. Niemand da draußen interessiert, Frau Bundesministerin, Bruno Gironcoli. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Es ist eigentlich fast eine aufgelegte Frechheit, möchte ich sagen, bezie­hungsweise es ist eine Zumutung, Kinder unvorbereitet in dieses Museum hinein­zuführen. Dementsprechend ist auch der Anklang. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Frau Kollegin, schauen wir einmal hinter die Kulissen! Heute, im Zuge der ganzen Herberstein-Affäre wissen wir, warum es passiert ist. Weil die Frau Bundesministerin in engster Konnexion zur Frau Landeshauptmann Klasnic dort Gelder hineingesteckt hat, hineingepumpt hat, die der Frau Herberstein wieder gedient haben, um diesen Betrieb fortzuführen. Das ist die wahre Tatsache! Das ist eine verfehlte Kulturpolitik, die da draußen niemand möchte, die nur dazu dient, dieses Unternehmen Herberstein auch von Ihrer Seite her zu fördern. (Beifall bei der SPÖ.)

19.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

 


19.31.40

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Irgendwie habe ich zuerst an einen Hörfehler gedacht, aber Kollege Faul hat dann davon gesprochen, dass es eine Zumutung sei, die Kunst von Bruno


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Gironcoli zu genießen, sich mit ihr auseinander zu setzen. (Abg. Faul: Für kleine Kinder!)

Erstens kommen die kleinen Kinder nicht alleine. Zweitens gibt es dort ein didaktisches Programm. Wir machen museumspädagogische Initiativen der Reihe nach, um junge Männer und junge Frauen und Kinder ins Museum zum bekommen und zum Kul­turgenuss zu bewegen, aber Sie kommen daher und sagen, die Kunst von Gironcoli sei eine Zumutung. Das erinnert mich an die Bemerkung von vorhin, dass man auch Kulturpolitik und Kulturbewertung mit Hausverstand machen müsste. Was sind denn das für Töne hier in diesem Hohen Haus? Ich bin in hohem Maße irritiert. (Beifall bei der ÖVP.)

Ähnlich erging es mir gestern im Verfassungsausschuss, wo es hieß – und das muss man auf der Zunge zergehen lassen –, dass wir in der Causa Kampl – nennen wir es so – eine Regelung finden müssten, damit die Partei für Ordnung und Sauberkeit sorgen könne. – Also das sind Töne, die ich zumindest in einem anderen Zusam­menhang mit mehr Sorgfalt bewertet haben wollte!

Also: „Kulturpolitik mit Hausverstand“, „Gironcoli ist nicht zumutbar“, „die Partei ist die einzige, die für Ordnung und Sauberkeit zu sorgen hat“ – ich habe im Zusammenhang mit einer Kulturdebatte ein bisschen ein seltsames Gefühl, wenn ich das höre. – Aber lassen wir das jetzt, kehren wir zurück zum Kulturabkommen mit Kroatien!

Das, was schon alles positiv hervorgehoben worden ist, will ich nicht wiederholen, aber ich möchte auf Folgendes hinweisen: Zum Beispiel kann Kroatien auch an einem Pro­gramm teilnehmen, das wir das Ost-ERASMUS-Programm nennen: CEPUS, Central European Exchange Programme for University Studies. Auf einfache, unkomplizierte Weise werden durch Zeit und Zuwendungsverrechnung Studiensemester, Stipendien­semester quasi ausgetauscht und gemeinsam konsumiert. Das ist ein wunderbares Programm, das verwaltungsarm ist im Sinne von wenig Verwaltungsaufwand.

Wichtig ist auch noch, dass auch künftig mit der Ausnahme aus der Beschäftigungs­beschränkung die Flexibilität des Austausches verbessert wird, ermöglicht wird. For­schung und Wissenschaft können nur leben durch die direkte Kommunikation. Bei allem Internet und bei aller virtuellen Kommunikation braucht es auch die persönliche Begegnung.

Ich bedanke mich sehr, Frau Ministerin, dass Sie im EU-Vorsitz-Halbjahr eine Minister­konferenz für alle Balkanländer organisieren werden. Das ist wichtig. Der wunderbare Nutzen als „nutzloser Nutzen“ – ich zitiere jetzt sozusagen meine eigenen Ausführun­gen – der Kultur ist ganz, ganz wichtig. Das ist auch von meinen Vorrednern gesagt worden. Ich glaube, dass das geplante Geld – das Bundeskanzleramt stellt 10 000 € zur Verfügung, und Ihr Ministerium stellt 150 000 € zur Verfügung – zur Finanzierung etwa des Bildungsbeauftragten in Zagreb und für den Expertenaustausch und für Projekte gut angelegt ist. Die Programme und Projekte werden, wie ich weiß, regelmäßig evaluiert und neue Programme im Konsens entwickelt.

Gratulation – allen Unkenrufen zum Trotz, dass wir in der EU-Politik eine Kehrtwende machen müssten und uns von Erweiterungsüberlegungen trennen müssten. Mit diesem Kulturabkommen beschreiten wir den richtigen Weg, auch in EU-Fragen. (Beifall bei der ÖVP.)

19.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Walther. – Bitte.

 



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112. Sitzung / Seite 210

19.35.36

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Über das Kulturabkommen mit Kroatien, das wir heute beschließen werden, freue ich mich auch sehr, vor allem, weil ich selbst Grenzbewohnerin bin und selbst hie und da nach Zagreb oder nach Ljubljana fahre, um die dort angebotene Kultur und das Programm zu genießen und mich auch darüber zu freuen, dass diese Länder sehr gut mit uns zusammenarbeiten, auch was die Bildung, die Wissenschaft, die Kunst und den Sport betrifft. Insofern ist dieses Abkommen auf jeden Fall zu begrüßen.

Apropos Kunst: Es ist heute schon einige Male auf den Kunstbericht 2004 eingegan­gen worden, der heuer sehr früh vorgelegt wurde, und zwar schon im Mai, was zu begrüßen ist. Auf der anderen Seite tut es uns aber Leid, dass dieser Bericht immer im Kulturausschuss enderledigt wird, also nicht hier im Plenum diskutiert wird.

Wir würden uns da wirklich mehr Transparenz wünschen, zum Beispiel, indem man die Zahlen von 2003 und 2004 vergleichen kann, um die Entwicklungen besser verfolgen zu können.

Beim Kunstbericht ist uns aufgefallen, dass über den Österreichischen Film berech­tigterweise sehr viel geschrieben wurde, dass aber über ein Großereignis des Öster­reichischen Films, nämlich über die Diagonale, der Mantel des Schweigens ausge­breitet wurde. Da haben wir den Herrn Staatssekretär Morak gefragt, warum die Vorgänge rund um die eingesetzte Leitung dieses österreichischen Filmgroßereignis­ses, das nach so kurzer Zeit aufgeben musste, überhaupt nicht beleuchtet wurden, warum das in seiner offiziellen Form abgesagt werden musste und warum es weder im Berichtsteil noch im Vorwort vorkommt. Das ist erklärungsbedürftig.

Ebenso im Kunstbericht zu kurz gekommen scheint uns die Behandlung der sozialen Lage der Kunstschaffenden. Seit 2001 werden freiberufliche Künstlerinnen und Künstler als neue Selbständige kranken- und pensionsversichert. Das ebenso 2001 in Kraft getretene Künstlersozialversicherungs-Gesetz sieht Zuschüsse unter bestimmten Bedingungen zu den Pensionsbeiträgen vor. Diese wurden von 872 € auf 1 026 € im Jahre 2005 erhöht, was zu begrüßen ist. Allein: Der Kulturrat Österreich sieht die Arbeits- und Einkommens- und somit auch die Lebenssituation der Künstler und Kunstschaffenden noch immer als prekär an. Die Auseinandersetzung mit den berech­tigten Forderungen des Kulturrats Österreich zur Verbesserung der Lage der Künstler würden wir uns für den nächsten Kunstbericht 2005 auf jeden Fall wünschen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pack. – Bitte.

 


19.39.17

Abgeordneter Jochen Pack (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Das neue Kulturabkommen mit Kroatien ist selbstverständlich zu begrüßen. Die Intensivierung der daraus entstehenden Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Kultur kann man nur begrüßen, und zwar gerade als Steirer sowieso, weil Kroatien für uns eine der so genannten Zukunftsregionen ist.

Aber ich möchte jetzt auch auf den Punkt, den mein Vorvorvorredner erwähnt hat, der Kollege Faul, ein bisschen eingehen.

Für den Kollegen Faul ist anscheinend Kultur eine Zumutung. Eigentlich ist Ihr Rede­beitrag eine Zumutung! (Abg. Faul: Weil man kleine Kinder ...!) Ja! Aber genau das zeigt, wie wenig informiert Sie sind, denn wenn Sie die Studie von „Gartler und Partner


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GmbH“ oder vom Wifo genau gelesen hätten, dann hätten Sie gewusst, wie die Besucherstrukturen laufen, nämlich: zirka 136 000 Besucher sind Erwachsene und 31 000 Besucher sind im Alter von 16 und 17 Jahren. Wo sind da die kleinen Kinder? Das Einzige, was in dieser Studie von kleinen Kindern oder von Schulkindern steht, ist, dass sie potenzielle Besucher sind.

Das Gironcoli-Museum ist halt nicht in Weiz, es ist in einer Region, in der es zufällig viele ÖVP-Bürgermeister gibt, und das ist der einzige Grund, warum Sie gegen den Standort Herberstein sind, warum Sie gegen diese Arbeitsplätze dort sind, warum Sie prinzipiell alles, was in dieser Region passiert, schlecht reden. (Beifall bei der ÖVP.)

Es hat noch kein einziges Wort von Seiten der SPÖ gegeben, dass man für Projekte in dieser Region ist, dass man diese unterstützen will.

Herberstein ist ein Leitbetrieb, ein Leitprojekt. Es ist nicht immer angenehm, das ist klar, das ist so bei jedem führenden Betrieb. Da habt ihr die gleichen Probleme in Weiz. Das gilt auch für Herberstein. Aber es ist für die Region Hartberg, für die Region Feistritztal – und da zählt noch dein Bezirk dazu – ein irrsinnig wichtiger Betrieb, mit bis zu 90, mit bis zu 120 Arbeitsplätzen. Ich glaube, das kann nicht abgestritten werden.

Da kann man nicht sagen, Kultur sei eine Zumutung. Auch kleine Kinder müssen im Endeffekt zur Kultur hingeführt werden (Beifall bei der ÖVP), und deswegen gibt es auch pädagogische Betreuung, deswegen gibt es auch Lehrer, die sich in diesem Bereich auskennen, die mit den Kindern diese Führung machen.

Deine Aussage von heute zur Region rund um Herberstein, zum Tierpark und zum Gironcoli-Museum hat sich eigentlich damit selbst gerichtet. (Beifall bei der ÖVP.)

19.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sonnberger. – Bitte.

 


19.41.48

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Es scheint sich immer mehr zu bestätigen, dass die Sozialisten ihre kulturpolitische Kompetenz im Vorzimmer abgegeben haben. Das be­weist auch das, was ich hier heute von ihrer Seite über regionale Kunstförderung gehört habe.

Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich beim Kunststaatssekretär Morak bedan­ken, der endlich Kunst auch in den Ländern, in den Bezirken fördert, um auch diese Menschen zum Kulturgenuss zu führen, der darauf schaut, dass nicht alles nur zentral eingesetzt, sondern auch in die Regionen gebracht wird. Dafür gebührt dem Staats­sekretär wirklich ein Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP.)

Der gegenständliche Staatsvertrag bedarf der Genehmigung durch den Nationalrat und ist unmittelbar umsetzbar. Besonders hinweisen möchte ich auf die Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Schulwesen. Es ist auch ausdrücklich der Informationsaustausch über neue Entwicklungen im Bildungsbereich vorgesehen, und da gibt es ja für uns Österreicher wirklich viele neue Entwicklungen, wie zum Beispiel die 5-Tage-Woche, die flächendeckende Tagesbetreuung mit Wahlfreiheit der Eltern, die frühe Sprach­förderung, die Intensivierung des Förderunterrichts und die Schaffung von pädago­gi­schen Hochschulen.

Auch eine bedarfsorientierte Lehrerfortbildung und eine Verbesserung der Bildungs­forschung sind Schwerpunkte. Wir stehen natürlich auch in Zukunft für ein differen­ziertes Schulsystem, können diese Entwicklung letztendlich auch mit den Kroaten austauschen.


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Weiters sind die Installierung eines Beauftragten für Bildungskooperation und Aktivitä­ten im Bereich der Lehrerfortbildung und der Verbreitung der eigenen Sprache auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei vorgesehen.

Ich möchte mich sehr herzlich bedanken bei all jenen, die zum Zustandekommen dieser Vereinbarung beigetragen haben, und ersuche um Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

19.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. – Bitte.

 


19.43.53

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei diesem neuen Abkommen möchte ich auf den Artikel 7 eingehen, in welchem sich die Vertragspar­teien verpflichten, die unmittelbare kulturelle Zusammenarbeit der Jugend beider Länder zu unterstützen, wobei die Kooperationsmöglichkeiten im Rahmen der Pro­gramme der EU so weit wie möglich genützt werden sollen.

Für die Erziehungs- und Bildungszusammenarbeit auf der schulischen Ebene sieht das Abkommen verschiedene Maßnahmen vor, wie zum Beispiel den Austausch von Expertinnen und Experten sowie den Austausch von Informations- und Dokumenta­tionsmaterial.

Ich nenne auch ein Beispiel für ein österreichisches Programm. Der Dr.-Peter-Mah­ringer-Fonds lädt Schülerinnen höherer Schulen und Studenten und Studentinnen aus Nicht-EU-Ländern Europas wie Kroatien ein, sich in Österreich über das Schulwesen und über Ausbildungsstandards, über kulturelle Eigenarten und über soziale Standards zu informieren sowie Kontakte aufzubauen.

Die beiden Länder Österreich und Kroatien sind bestrebt, die Kenntnisse über die Kultur des jeweils anderen Landes zu fördern, die kulturelle Zusammenarbeit in allen Bereichen weiterzuentwickeln und damit zur europäischen kulturellen Identität beizu­tragen. Diese zwischenstaatlichen Verträge erleichtern die Bedingungen für die Inter­nationisierung von Kunst und Kultur und leisten gerade für junge Staaten beziehungs­weise EU-Beitrittsländer einen Beitrag zum Aufbau einer demokratischen Gesellschaft.

Nun auch eine Bemerkung an die Adresse der SPÖ: Ich glaube die Aussage, Kultur sei eine Zumutung, richtet sich wirklich von selbst! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Scheibner.)

19.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Rädler. – Bitte.

 


19.45.47

Abgeordneter Johann Rädler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Nach der heutigen Debatte zu Beginn des Plenumstages ist es jetzt sehr erfreulich, dass wir auch Positives über die künftigen Perspektiven in der europäischen Landschaft diskutieren können. Österreich hat in der Zusammenarbeit mit Kroatien eine sehr große Tradition aus der Geschichte heraus, und es sagt auch jede Mei­nungsumfrage, dass die Österreicher sehr positiv diesem Land gegenüberstehen – auch einer möglichen Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union.

Wenn wir heute diese Vereinbarung beschließen, dann folgen wir einer großen Tra­dition, die Österreich da aufzuweisen hat. Mehr als 25 derartige Vereinbarungen bilateraler Art gibt es bereits: 8 mit europäischen Staaten, 6 auf informeller Basis.


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Es wurde in dieser Diskussion bereits sehr viel über die Zielsetzung dieses Ab­kommens gesagt. Der kulturelle Bogen spannt sich von diversen Ausstellungs­ange­boten zu 146 Museen mit mehr als 5 Millionen Kunstexponaten. Das ist eine Basis, auf der wir in dieser Zusammenarbeit aufbauen können.

Sehr wichtig erscheint mir aber auch das Angebot, im Bildungsbereich enger zusam­menzuarbeiten. Derzeit sind es 2 534 Studierende mit kroatischer Sprache, die dieses Angebot angenommen haben. Eine europäische Perspektive einer möglichen Aufnah­me von Kroatien in die EU würde auch eine große Chance für den europäischen, speziell für den österreichischen Wirtschaftsraum bedeuten.

Im kulturellen Bereich hat Kroatien natürlich auf Grund der ethnischen Zusam­mensetzung in ihrer jahrhundertlangen Geschichte unter dem osmanischen Einfluss, aber auch unter dem österreichischen Einfluss aus der Zeit der Monarchie sehr viel dazu beigetragen, dass diese Länder, wenn auch kulturell verschieden, zusammen­gewachsen sind.

Unsere Aufgabe wird es sein – und da gibt es, so hoffe ich, Eistimmigkeit bei dieser Abstimmung –, dass wir diesen erfolgreichen Weg dieser beiden Länder auch in den nächsten Jahren fortschreiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Scheib­ner.)

19.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 815 der Beilagen die Geneh­migung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Einstimmigkeit angenommen.

19.48.42 11. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Ein­getragene Partnerschaft (EP-G) geschaffen sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Personenstandsgesetz, das Ehegesetz, das Strafgesetzbuch, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversiche­rungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (582/A)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Ich erteile ihm das Wort.

 


19.49.06

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Es liegt vor ein SPÖ-Gesetzesantrag betreffend die eingetragene Partnerschaft. Es ist erstmalig, dass es hier einen beschlussreif ausformulierten Gesetzentwurf von einer österreichischen Parlamentspartei zur Gleichstellung homosexueller Partnerschaften gibt. Zweck dieser Gesetzesinitiative ist es, dass man gegen die Diskriminierung von gleichgeschlecht-


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lichen Partnerschaften im zivilrechtlichen und familienrechtlichen Bereich eine Initiative setzen muss.

Es soll der untragbare Zustand beseitigt werden, dass gleichgeschlechtliche Paare in Österreich vor dem Gesetz noch immer als Fremde gelten. Ja die Beziehung gilt in der Regel nicht einmal als nichteheliche Lebensgemeinschaft! Da die gleichgeschlecht­lichen PartnerInnen nicht vom gesetzlichen Angehörigenbegriff erfasst sind, haben sie beispielsweise kein gesetzliches Besuchs- und Auskunftsrecht im Spital, kein gesetz­liches Recht zum Eintritt in einen Mietvertrag zu Lebzeiten, kein gesetzliches Erbrecht. Sie unterliegen gegenüber Angehörigen einer exorbitant höheren Erbschafts- und Schenkungssteuer, ihre Partnerschaft wird bei der Einkommensteuer nicht berück­sichtigt, und es gibt noch viele andere Diskriminierungen mehr.

Vorausschicken möchte ich, dass es am letzten Sonntag in der Schweiz eine Abstim­mung gegeben hat, worin sich eine klare Mehrheit von 58 Prozent für die eingetragene Partnerschaft für Homosexuelle ausgesprochen hat. Im Übrigen gibt es ähnliche Gesetze schon in Dänemark, Norwegen, Schweden, Grönland, Island, den Niederlan­den, Deutschland, Finnland, Großbritannien und eben vor kurzem auch in der Schweiz. Was besonders hervorzuheben ist, ist, dass jetzt auch in Spanien unter der Regierung Zapatero diesbezüglich eine Initiative gestartet wurde und das Unterhaus bereits die Vorlage beschlossen hat. Das ist gerade im tief katholischen Spanien mit der dortigen Tradition, vor allem auch religiösen Tradition, eine Besonderheit, die es hervorzuheben gilt.

Ich möchte noch einen Gedanken gegenüber den Parteien hier im Haus aussprechen, die bislang Bedenken angemeldet haben. Das scheint in erster Linie die ÖVP zu sein, allfällig auch das BZÖ, großteils mit dem Argument, dass es hier um eine Abwertung der Ehe ginge. Ich glaube, dass das sicher nicht der Fall ist, weil das Ende der Dis­kriminierung der Homosexuellen und die Einführung der eingetragenen Partnerschaft in keiner Weise das Institut der Ehe abwerten. Die hohen Scheidungsraten gibt es schon jetzt, die haben damit nichts zu tun. Ich glaube, dass es da keinen Zusam­menhang gibt, und das würde eigentlich als Argument, verbunden auch mit dem einen oder anderen legistischen Argument, das der Justizausschuss ausdiskutieren und klären könnte, glaube ich, auch lösbar sein.

Anders verhält es sich, wenn man das Bild einer Familie des 19. Jahrhunderts als ein ideologisches Bild entwickelt, das man für das 21. Jahrhundert weiter fortsetzen, ja vielleicht sogar beleben möchte, und wenn man sich nicht bereit erklärt für eine eher offenere, modernere Gesellschaft, die sich durch die Vielfalt ihrer Lebensformen und durch Nichtdiskriminierung gesellschaftlicher Minderheiten – aber das sind sehr starke Minderheiten – auszeichnen möchte.

Daher bin ich dafür, dass wir hier wirklich eine sehr offene Diskussion führen, die sich auf einer politischen Ebene und auf einer legistischen Ebene bewegt. Wir sind stolz darauf, dass wir hier diesen fertigen, beschlussfähigen Gesetzesantrag vorliegen haben, und wir hoffen, dass er wirklich ernsthaft behandelt und erörtert wird, sodass die Möglichkeit besteht, ihn, ähnlich wie in anderen europäischen Ländern, auch zu einem Beschluss führen zu können. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Ich erteile es ihr.

 


19.53.39

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Der gegenständliche Antrag lautet,


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112. Sitzung / Seite 215

speziell im Artikel 1: Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft. Da hier festgelegt wird, dass es sich um eine Partnerschaft von gleichgeschlechtlichen Partnern handelt, und dann in den Rechtswirkungen, in den Rechtsfolgen festgelegt ist, dass es sich um sämtliche durch Bundesgesetz festgelegte persönliche Rechts­wir­kungen zwischen den Ehepartnern einer Ehe sowie sämtliche durch Bundesgesetz an das Vorliegen einer Ehe geknüpfte Rechtsfolgen – insbesondere gemäß ABGB, Ehe­gesetz und den dazugehörigen Nebengesetzen – handelt und hier eine Gleichstellung erfolgen soll, wäre es eigentlich fairer gewesen, zu sagen: Wir wollen die Schwulen- und Lesben-Ehe. (Abg. Mag. Lunacek: Sie wollen eher nichts! Das ist das Problem!)

Herr Kollege Cap, meine Fraktion kann sich eine Schwulen- und Lesben-Ehe mit allen Rechtsfolgen, die derzeit der Ehe vorbehalten sind, nicht vorstellen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Lunacek: Was anderes können Sie sich auch nicht vorstellen!)

Gleichzeitig aber bedeutet dieser Entwurf auch eine allgemeine Gleichstellung, mit einer Gleichstellungsklausel, auf Ebene der nichtehelichen, sprich formlosen Lebens­gemeinschaften und Lebenspartnerschaften. Da, Herr Kollege Cap, werte Kolleginnen und Kollegen, kann sich die ÖVP sehr wohl vorstellen, dass man hinsichtlich dis­kriminierender Bestimmungen – wo derzeit im Gesetz (Abg. Heinisch-Hosek: „Vor­stellen“!) ausschließlich verschiedengeschlechtliche, also heterosexuelle Lebens­ge­mein­schaften und Lebenspartnerschaften normiert sind – die Lebensgemeinschaften den Partnerschaften gleichstellt. (Abg. Heinisch-Hosek: Wie sind Ihre Vorschläge?)

Die Vorschläge gibt es schon seit zirka einem Dreivierteljahr, dass man in jenen Bestimmungen in den Gesetzen, in denen derzeit „heterosexuelle Lebenspartner“, „Lebensgemeinschaft“, „eheähnliche Gemeinschaft“, „Lebenspartnerschaften“ steht, die diskriminierenden Bestimmungen auflöst (Abg. Heinisch-Hosek: ... vorstellen!) und dass man eine homosexuelle Lebensgemeinschaft genauso stellt wie eine hetero­sexuelle.

Ich gebe zu, das ist diesbezüglich natürlich nicht so weitgehend. Aber Sie wollten eine sachliche Diskussion. (Abg. Heinisch-Hosek: Aber Sie haben keinen Antrag einge­bracht!) Ehe: nein. Lebenspartnerschaft: bei uns nicht diskriminierend, sowohl für heterosexuelle als auch für homosexuelle Partner gleichgestellt gelöst, das können wir uns vorstellen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Heinisch-Hosek: Wo ist Ihr Antrag?)

19.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Böhmdorfer. Ich erteile es ihm.

 


19.56.59

Abgeordneter Dr. Dieter Böhmdorfer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hau­ses! Ich kann es kurz machen: Ich bin mit dem, was Frau Dr. Fekter gesagt hat, im Prinzip, ja eigentlich insgesamt einverstanden.

Ich kann dem, was Sie, Herr Dr. Cap, gesagt haben, insofern etwas abgewinnen, als ich als Justizpolitiker meine, dass auf jeden Fall für bestimmte Situationen, die gehäuft auftreten und die in der rechtlichen Einordnung Schwierigkeiten machen, ein gewisser Rechtsfriede hergestellt werden muss. Wir erleben das in viel intensiverer Art und Weise bei den verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Es leben sehr viele Menschen „verschiedengeschlechtlich“ miteinander in einer Lebensgemeinschaft, sie haben Kinder, eigene und aus erster Beziehung, aus früheren Ehen und so weiter, und das ergibt viele rechtliche Probleme, viel mehr, als Sie heute im Wesentlichen angedeutet haben.


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112. Sitzung / Seite 216

Es ist für die Juristen, ich sage einmal: für die Gerichte unglaublich schwierig, bei Auflösung dieser Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau, die nicht ver­heiratet sind, vor allem die vermögensrechtliche Lage zu klären. Hier haben wir Ver­säumtes nachzuholen. Wenn wir das Versäumte hier nachholen, ergeben sich mög­licherweise – ich bestreite das nicht – Aspekte für andere Lebensgemeinschaften: zwischen Mann und Mann und Frau und Frau. Aber wir sind in der rechtspolitischen Diskussion und auch in der gesellschaftspolitischen Diskussion insgesamt noch nicht so weit, dies wirklich ordentlich, dogmatisch richtig einordnen und klären zu können.

Ich würde vorschlagen, dass man die Diskussion primär einmal darauf abstellt, wie man diese verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften regelt, und dass man auch überdenkt, ob es notwendig ist, dass Ehegatten, die verheiratet sind, also Mann und Frau, sich wirklich, wenn sie ihre vermögensrechtliche Lage klären oder regeln wollen, dazu entschließen müssen, einen sehr teuren Notariatsakt abzuschließen, denn wir haben im familienrechtlichen Bereich bei den Verheirateten eine Überregu­lierung, wo sie sogar mit einem Notariatsakt nicht mehr zurechtkommen; wir haben aber bei den verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften überhaupt keine Regulierung, obwohl wir sie dort dringend brauchen; und wir haben keine Regulierung für die Gleichgeschlechtlichen, wo wir sie vielleicht in Zukunft einmal brauchen.

Sicher ist, dass man jetzt schon vermögensrechtliche Verträge zwischen Mann und Mann und Frau und Frau abschließen kann, aber – das werden Ihnen alle Rechts­anwender bestätigen – eigentlich kein wirklicher Bedarf diesbezüglich angemeldet wird. In den Anwaltspraxen, in den Notariatspraxen oder auch sonst irgendwo finden Sie eigentlich niemanden, der kommt und sagt: Wir sind Mann und Mann und wollen zusammenleben, oder wir sind Frau und Frau und wollen zusammenleben, bitte schließen Sie einen optimalen Vertrag für unsere vermögensrechtlichen Bedürfnisse und die allfällige Auseinandersetzung für uns ab.

Das heißt, Sie sind, glaube ich, mit diesem Antrag vorgeprescht. Man sollte einmal gesellschaftspolitisch nachholen, was hier nachzuholen ist, nämlich in erster Linie die verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften mit einem ordentlichen Rechts­rahmen vertreten, und dann kann man langsam über die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften reden. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.00


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Ich erteile es ihr.

 


20.00.29

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Böhmdorfer, es ist schon erstaunlich, dass Sie der SPÖ jetzt vorwerfen, sie sei „vorgeprescht“. Normalerweise hören wir von den Regie­rungsfraktionen immer, wir – also die Opposition, beide Parteien – bringen keine Vor­schläge ein, es gibt keine Vorschläge, es gibt nichts Konkretes. Jetzt bringt die SPÖ einen ganz konkreten Gesetzesvorschlag ein, und dann ist sie wieder „vorgeprescht“. Was also wollen Sie jetzt von der Opposition? – Klar ist das nicht.

Ich bin jedenfalls froh darüber, dass die SPÖ diesen Vorschlag eingebracht hat. Von „Vorpreschen“ kann da wohl nicht die Rede sein, nachdem dieses Thema seit Jahren diskutiert worden ist und es von den Regierungsfraktionen hier noch überhaupt nichts gibt. Daher sage ich der SPÖ einmal danke für diesen Vorschlag, den ich sehr positiv finde. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)


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Inhaltlich haben wir Grüne eine etwas andere Vorstellung. Wir werden in nächster Zeit einen Gesetzesvorschlag für unser Modell eines Zivilpakts, eines Zip, einbringen. Um hier kurz den Unterschied zu erklären: Eine eingetragene Partnerschaft, wie die SPÖ sie vorschlägt, ist eine, die für Lesben und Schwule gleiche Rechte vorsieht, die aber in dem Fall die Ehe unangetastet lässt, und die Ehe bleibt den heterosexuellen Paaren vorbehalten. Wir haben immer gefunden, ein eigenes Gesetz, sozusagen ein Sonder­gesetz für Lesben und Schwule wollen wir nicht. Das sage ich auch selbst als Lesbe: Ich möchte kein eigenes Gesetz. Wenn, dann wollen wir etwas, das für alle gilt, für Lesben, für Schwule und für Heteros. Deswegen wird unser Vorschlag – wir haben das auch letztes Jahr schon bekannt gegeben, jetzt arbeiten wir an der genauen Geset­zesvorlage – ein Zivilpakt sein, ein Zip, der für Lesben, Schwule, Heteros und Heteras gilt.

Gleichzeitig aber – und unser Motto ist jetzt: „Zippen und Heiraten für alle“ – geht es auch darum, dass die Ehe für Lesben und Schwule aufgemacht wird. Da ich die Mehr­heitsverhältnisse hier kenne, muss ich sagen, das ist nicht etwas, was übermorgen passieren wird, und morgen schon gar nicht. Aber immerhin werden das die Vor­schläge sein.

Ich weiß jedoch auch, dass wir trotz der kleinen Unterschiede, die es hier zwischen SPÖ und Grünen gibt, grundsätzlich dasselbe wollen, nämlich ein Ende der Diskrimi­nierung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Das ist auch der in dem Fall wirklich große Unterschied von Rot und Grün oder Grün und Rot gegenüber Schwarz-Blau-Orange, oder welchen Farben auch immer. Sie haben nicht vor, diese Diskriminie­rungen in Bälde – irgendwann einmal vielleicht schon, aber zumindest nicht jetzt – aufzuheben, sondern Sie diskriminieren weiter.

Frau Kollegin Fekter, Sie haben heute wiederholt – auch Herr Kollege Böhmdorfer –, dass es „technische Probleme“ gegeben hat. Sie haben das vor kurzem auch der APA gesagt. Dass Sie ein dreiviertel Jahr lang technische Probleme, juristische Probleme haben (Abg. Öllinger: O ja! Bei der ÖVP!), sodass diese Mini-Gleichstellungs­maßnah­men, was die heterosexuellen und homosexuellen Lebensgemeinschaften betrifft, an technischen Problemen scheitern, das erzählen Sie jemand anderem, aber nicht hier diesem Hohen Haus! Denn das ist wirklich nur unglaubwürdig. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Die Glaubwürdigkeit einer Regierungspartei, die seit – wie viele Jahre sind es jetzt? – bald 20 Jahren an der Regierung ist, die sagt, sie schafft es in einem dreiviertel Jahr aus technischen Gründen nicht, ein paar Mini-Gesetzesänderungen vorzubereiten – Frau Kollegin Fekter, bitte, erzählen Sie uns das nicht. Wem immer, aber nicht diesem Hohen Haus! Das ist einfach unglaubwürdig und fadenscheinig, es ist ein Armuts­zeugnis für die ÖVP. Ich kann einfach nur festhalten: Anscheinend ist die ÖVP-Spitze hier noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. (Abg. Großruck: Nicht nur die Spitze!) Wenn Sie sich nicht zur Spitze zählen, ist das okay. Aber ich weiß zum Beispiel vom steirischen Klubobmann Drexler, dass er das ganz anders sieht. Er hat sogar den SPÖ-Vorschlag begrüßt, daher würde ich mir wünschen, dass er in der ÖVP etwas mehr zu sagen hätte.

Nehmen Sie also zur Kenntnis – auch Sie, Kollege Böhmdorfer, weil Sie gesagt haben, dass wir gesellschaftspolitisch noch nicht so weit sind –: In der Schweiz ist vor knapp einer Woche, es war diesen Sonntag, eine Volksabstimmung mit 58 Prozent pro rechtliche Gleichstellung für Lesben und Schwule ausgegangen – in der Schweiz! Ich weiß nicht, ob ich eine Volksabstimmung zu diesem Thema in Österreich unbedingt machen würde, aber stellen Sie sich vor, in der Schweiz ist das positiv ausgegangen! In Österreich waren letztes Jahr die Umfragen bei 63 Prozent pro, also vielleicht – ich


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wage sogar zu behaupten: ziemlich sicher – ist die Bevölkerung weiter, als Sie es sind. Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Nehmen Sie auch zur Kenntnis, dass im katholischen Spanien – wenn wir hier schon die Religion hereinbringen wollen (Abg. Großruck: Eine sozialistische Regierung! Gegen die katholische Kirche!); sehen Sie, das hat auch etwas damit zu tun – die Bevölkerungsmehrheit für die Einführung der Ehe – E-H-E! – für Lesben und Schwule ist, inklusive Adoption, sogar nicht nur von Stiefkindern, sondern von fremden Kindern. Vielleicht erkundigen Sie sich einmal bei den Katholiken – nicht unbedingt bei der Volkspartei, aber bei anderen in Spanien –, wie die das wahrnehmen und warum dort so viele dafür sind.

Irgendetwas ist bei Ihnen noch nicht angekommen an Zustimmung, die es in der Bevölkerung gibt. Aber eines kann ich Ihnen schon sagen: Der Zahn der Zeit nagt auch an Ihren menschenrechtswidrigen Vorstellungen. (Abg. Öllinger: In der ÖVP!) Irgend­wann wird er diesen Widerstand, den es bei Ihnen gibt, auch zu Fall bringen. Ich hoffe, das ist bald der Fall! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. Ich erteile es ihr.

 


20.06.26

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Formen des familiären Zusam­menlebens haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte erheblich gewandelt. Auch wenn es manche auf der rechten Seite dieses Hauses nicht wahrhaben wollen: Die Ehe hat ihre Monopolstellung längst verloren und ist nur mehr eine von vielen ver­schiedenen Formen des Zusammenlebens.

Aber die Rechtsordnung ignoriert diese Tatsache und hinkt nach wie vor der gesell­schaftlichen Entwicklung hinterher, mit der Konsequenz, dass nichteheliche Lebens­gefährtinnen und -gefährten vor dem Gesetz nach wie vor als Fremde gelten. Hier spreche ich von gleichgeschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Lebensge­mein­schaften, wobei es für verschiedengeschlechtliche zumindest eine fragmen­ta­rische Anerkennung gibt, wenn auch sehr oft nur zum Nachteil der Lebens­gefähr­tinnen und Lebensgefährten, etwa bei der Berechnungsgrundlage der Notstandshilfe oder anderen Sozialleistungen. Aber Faktum ist, dass sich verschiedengeschlechtliche Lebensgefährtinnen und -gefährten wie gleichgeschlechtliche in einem rechtlichen Vakuum bewegen, und das hat in der Praxis fatale Auswirkungen für die Betroffenen. Kollege Böhmdorfer hat schon anklingen lassen, dass er auch aus seiner Anwalts­praxis solche Problemfälle kennt, nur ortet er anscheinend keinen Handlungsbedarf.

Es ist schon gesagt worden, dass es kein gesetzliches Erbrecht gibt. Ich möchte das noch verdeutlichen. Auch dann, wenn die Partnerinnen und Partner schon Jahrzehnte zusammenleben, kommt früher noch das Heimfallsrecht des Staates zum Tragen, bevor der andere etwas bekommt, oder es erben irgendwelche entfernte Verwandte. Eigene Beiträge zum Aufbau des Vermögens müssten mit großen Beweisschwie­rigkeiten eingeklagt werden. Es gibt auch kein gesetzliches Vorausvermächtnis, sodass der hinterbliebene Lebensgefährte die gemeinsam bewohnte Wohnung unver­züglich verlassen müsste und auch den gesamten Hausrat zurücklassen müsste.

Ich habe in der Beratungsstelle, in der ich ehrenamtlich tätig bin, wirklich tragische Fälle gesehen, und rechtliche Hilfe für die Betroffenen gibt es kaum, sie werden zu Sozialfällen. Werden LebensgefährtInnen testamentarisch oder über Schenkung be­dacht, kann die Erbschaftssteuer bis zu 60 Prozent ausmachen. Es gibt auch keinen


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Unterhaltsanspruch und keinen daran anknüpfenden Hinterbliebenenanspruch. Bei Zerbrechen der Lebensgemeinschaft werden das gemeinsam erworbene Vermögen oder die gemeinsamen Schulden nach wirtschaftsrechtlichen Kriterien aufgeteilt, nicht nach familienrechtlichen wie beim Eherecht.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Fülle von Ungerechtigkeiten zwischen ehe­lichen und unehelichen Lebensgemeinschaften. Frau Kollegin Fekter, da wäre eine Gleichstellung nichts anderes als gleich viel Nichts für alle, und dies wäre absolut unzureichend. Verschiedengeschlechtliche haben wenigstens die theoretische Mög­lich­keit der Eheschließung; Gleichgeschlechtliche haben dies nicht und sind gezwun­gen, in diesem rechtlichen Vakuum zu leben.

Deshalb ist eine brauchbare Lösung für Gleichgeschlechtliche besonders dringlich, weil die sonst nichts haben. Ich bitte Sie wirklich, dem Rechnung zu tragen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 582/A dem Justizausschuss zu.

20.10.0412. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Einbeziehung von Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz in die Berechnung des Wochengeldes gesichert wird (591/A)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesord­nung und gehen in die Debatte ein.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. – Bitte.

 


20.10.25

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben den vorliegenden Antrag am 12. April eingebracht. Es ist mir bewusst, dass wir über dieses Thema auch morgen diskutieren werden. Ich möchte zu diesem Punkt trotzdem auch heute schon kurz Stellung beziehen.

Es geht darum, dass Mütter, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, kurz erwerbstätig sind und dann wieder ein Kind bekommen, derzeit sehr ungleich behandelt werden. Alle, die zwischen zwei Kindern nicht erwerbstätig sind, bekommen ein Wochengeld, das in der Höhe von Kinderbetreuungsgeld plus 80 Prozent liegt.

Bei all jenen, die in der Zwischenzeit kurzfristig erwerbstätig sind, hat es eine geän­derte Berechnung gegeben, die sehr zu Lasten der betroffenen Frauen gegangen ist. Es gibt Extremfälle, die dankenswerterweise die Arbeiterkammer Oberösterreich aufge­zeigt hat, wo dann das Wochengeld pro Tag bis auf 57 Cent gefallen ist, also eine ganz lächerliche Höhe erreicht hat.

Ich möchte nicht sagen, dass das Absicht war. – Das ist so weit geklärt: Es war ein Versehen bei den Gesetzesänderungen. Trotzdem ist es passiert. Was ich schade finde und was mich ein Stück weit auch ärgert, ist, dass es offensichtlich nicht möglich ist, dass eine Oppositionspartei einen Antrag einbringt und die Regierungsparteien sagen: Ja, das ist ein sinnvoller, guter Antrag, den übernehmen wir!, sondern Sie bringen eben morgen den Antrag von Ihrer Seite aus ein. Das ist schade. Meiner Meinung nach ist es ein Zeichen politischer Kultur.


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In Diskussionen taucht immer wieder die Frage auf, wie denn politische Arbeit abläuft. Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass es wirklich alle heilige Zeiten einmal vorkommt, dass Sie bereit sind, einen Antrag der Opposition aufzunehmen, anzuneh­men und zu unterstützen. Ich finde das sehr schade und wünsche mir sehr, dass diese Unkultur beendet wird und eine demokratischere Form der politischen Arbeit möglich sein wird, wenn Grüne einmal Regierungsverantwortung übernehmen.

Jetzt ist es eben passiert, dass Sie in eine Zwickmühle geraten sind: Es war Ihnen klar, dass Sie inhaltlich nicht ablehnen können, weil derzeit ein eklatanter Missstand auf Kosten der Frauen besteht, Sie aber auf der anderen Seite einfach nicht wollten, dass der Antrag angenommen wird. Wir müssen das zur Kenntnis nehmen.

Ich möchte Ihnen heute schon sagen, dass wir morgen zu dem von Ihnen vorgelegten Gesetz auch noch einen Entschließungsantrag einbringen werden, der dahin geht, dass die Frauen, die von dieser Gesetzesänderung betroffen sind, zu verständigen sind, dass also eine Informationspflicht verankert wird. – Das werden wir morgen bean­tragen. Das ist im vorliegenden Gesetzentwurf nicht als Pflicht enthalten. Wir möchten das aber unbedingt, weil unserer Meinung nach nicht einzusehen ist, warum die Frauen – im wahrsten Sinne des Wortes – die Rechnung dafür bezahlen sollen, dass auf Verwaltungsebene oder auch auf politischer Ebene ein Irrtum passiert ist.

Noch einmal: Wir wollen Ihnen nicht unterstellen, dass das Absicht war, aber doch ist es so gekommen. Daher wird es morgen dazu diesen Antrag von uns geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


20.14.22

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ja, es stimmt, dieser Antrag von den Grünen beziehungsweise von der Kollegin Mandak wurde am 12. April dieses Jahres hier im Haus eingebracht. Er betrifft, wie gesagt, die Einbeziehung von Leistungen nach dem Kinderbetreuungs­geldgesetz in die Berechnung des Wochengeldes. Innerhalb von drei Monaten kann man eine erste Lesung beantragen. Das ist das gute Recht, und es ist auch wün­schenswert, weil es an sich gut ist, dass die Sache aufgezeigt und jetzt auch bereinigt wird.

Ich möchte dazu aber noch sagen: Natürlich wird es in der Gesetzgebung immer wieder Einzelfälle geben, wo man erst in der Praxis die Erfahrung macht, ob das Gesetz dann auch umsetzbar ist oder ob es eine Lücke gibt. Ich möchte wirklich klar feststellen, dass das sicher nicht nur ein Problem im Familienbereich ist, sondern dass Ähnliches letztendlich in jeder Regierung und in jedem Bereich vorkommt.

Anmerken möchte ich, dass diese Regierung mit Haubner und letztendlich mit beiden Bundesministerinnen gut gearbeitet hat. Es ist ja schließlich auch die Aufgabe einer Arbeiterkammer und anderer Institutionen, das aufzuzeigen, denn sie bekommen ja auch gutes Geld für ihre Arbeit und müssen es nicht unbedingt immer in Werbe­maßnahmen für eine Partei stecken, sondern können es auch für gute Dinge ver­wenden, die dann auch umsetzbar sind. (Zwischenruf der Abg. Heinsch-Hosek.)

Das heißt, diese Regierung hat gut gearbeitet. Und alle, die im Sozialausschuss waren, wissen, dass wir in der letzten Sitzung beschlossen haben, dass das morgen hier ins Plenum kommt und dass diese Maßnahme mit 1. Juli 2005 – mit rückwirkender Geltung – in Kraft tritt, im Sinne der Gerechtigkeit für alle Mütter, egal ob Vollhaus­frauen, Berufstätige, Unselbständige oder Selbständige.


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Werte Kolleginnen und Kollegen seitens der Grünen! Ich bitte Sie daher, diesen Antrag zurückzuziehen, zumal die Änderung bereits erfolgt und diese Gesetzeslücke noch während dieser Plenartage geschlossen wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Freiheitlichen.)

20.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


20.16.45

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, richtig und wichtig, dass diese Lücke im Bezug auf Wochengeld und Kindergeld, die auch im Antrag der Grünen, der Kollegin Mandak, angesprochen ist, morgen geschlossen wird. Es ist der Arbeiterkammer zu verdanken, die uns darauf aufmerk­sam gemacht hat. Die Wiener Arbeiterkammer hat die Frauenministerin bereits vor über einem Jahr schriftlich auf diesen Missstand aufmerksam gemacht. Es ist aber leider bezeichnend für die nicht vorhandene Aktivität der Frauenministerin, dass sie sich um dieses Problem überhaupt nicht gekümmert hat.

Erst als im Frühjahr dieses Jahres die Arbeiterkammer Oberösterreich mit drastischen realen Beispielen an die Öffentlichkeit gegangen ist, ist man seitens der Regie­rungsparteien aufgewacht und hat sich dieses Problems angenommen. Es ist sinnvoll, und ich unterstütze die Anregung der Kollegin Mandak, dass wir morgen nicht nur dieses Gesetz beschließen, sondern auch die Betroffenen davon in Kenntnis setzen, dass sie jetzt diesen Anspruch haben.

Darüber hinaus gibt es aber auch anderen dringenden Handlungsbedarf beziehungs­weise Änderungsbedarf beim Kinderbetreuungsgeld. Sie vertrösten uns dahin gehend immer mit der Evaluierung, die dazu stattfindet. Es ist jetzt wieder ein Zwischenbericht zur Evaluierung des Kindergeldes vorgelegt worden, der eine reine Behübschung ist.

Es werden „zufällig“ nur Zufriedenheiten geschildert, und „zufällig“ gibt es angeblich – laut dieser Evaluierung – keine Unzufriedenheiten. Wir wissen aber aus vielen Ge­sprächen und auch aus vielen Umfragen, dass es Handlungsbedarf und auch Ver­besserungsmöglichkeiten gibt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang jetzt nur eine herausgreifen, von der wir alle wissen, und zwar das Problem der Zuverdienstgrenze. Da ist zwar einiges geschehen, um extreme Härtefälle zu vermeiden, was die Rückzahlungen betrifft, aber es fehlt nach wie vor eine saubere gesetzliche Lösung.

Es gibt einen Vorschlag im SPÖ-Modell, der darauf abzielt, dass es entweder eine Zuverdienstgrenze zum Kindergeld geben soll, über deren Höhe man noch reden muss, nach dem Modell, wie es jetzt besteht, oder dass es wahlweise, wenn jemand die Arbeitszeit reduziert – nach unseren Vorstellungen um zwei Fünftel –, keine Zuver­dienst­grenze und mehr Gestaltungsmöglichkeit und Wahlmöglichkeit für die Betrof­fenen gibt.

Es ist also insgesamt gut, dass diese Lücke geschlossen wird. In Wirklichkeit sollten wir aber bereits die nächste Lücke angehen, denn es gibt genügend Verbesserungs­bedarf. Wir sollten die nächsten Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Kinder­geld sofort in Angriff nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. – Bitte.

 



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112. Sitzung / Seite 222

20.19.38

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es sind sich wohl alle Fraktionen darüber einig, dass es hier durch einen Mangel in der Legistik zu Effekten gekommen ist, die nicht gewünscht sein können und natürlich auch nicht gewünscht waren. Es zeugt also von einer guten Rollenverteilung, dass die Arbeiterkammer diese Dinge aufgedeckt hat. Es ist der Regierung aber natürlich nichts vorzuwerfen. Sie hat am 25. Mai im Sozialausschuss diesen legistischen Mangel behoben, und wir werden das morgen im Plenum beschließen.

Zu der Frage, inwieweit das Kinderbetreuungsgeld den Bedürfnissen der Frauen entgegenkommt, haben wir eine konstant widersprüchliche Meinung, und ich deponiere hier auch unsere noch einmal: Wir erfahren aus Umfragen – ich kann Ihnen sagen, auch aus persönlichen Gesprächen – immer wieder, wie sehr Frauen die Möglichkeit genießen, sich wirklich unter doch einigermaßen abgesicherten wirtschaftlichen Bedin­gungen, mit dem Ehemann abgesprochen – auch das ist ja möglich –, eine Zeit der Kindererziehung bei ihren kleinen Kindern zu gönnen.

Ich weise Sie auch darauf hin, Frau Abgeordnete Kuntzl, dass das Kinderbetreuungs­geld im Unterschied zum Karenzgeld das Zuverdienen ermöglicht und sich auch tatsächlich in den Umfragen zeigt, dass davon Gebrauch gemacht wird. Ich verhehle aber nicht, dass die freiheitliche Position von Anfang an war, überhaupt keine Zuver­dienstgrenze zuzulassen, und dieses Ziel von uns auch immer noch angestrebt wird. (Rufe bei der SPÖ: Klatschen!)

20.21

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte.

 


20.21.26

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Kinderbetreuungsgeld findet deswegen so breite Zustim­mung, weil die Menschen es brauchen und weil es den Müttern beziehungsweise den Vätern direkt hilft.

Auch wenn die Oppositionsparteien dagegen gestimmt haben: Dieses Kinderbetreu­ungsgeld zeigt Wirkung – politisch und in der Bevölkerungsstatistik. Die Geburtenrate steigt, und das ist sicherlich kein Zufall.

Wie bei jeder guten Sache können in der Praxis kleinere Lücken auftauchen. Wir haben sehr rasch auf die Lücke zwischen dem Kinderbetreuungsgeld und dem Wochengeld reagiert, und die von den Grünen vorgeschlagene Lösung wird ja morgen, wie wir heute schon gehört haben, im Plenum behandelt.

Mich wundert allerdings, dass sich die Grünen plötzlich so sehr für dieses Kinder­betreuungsgeld interessieren, denn bis jetzt habe ich eigentlich immer nur gehört, dass dieses Kinderbetreuungsgeld die Frauen zurück an den Herd treibt. (Abg. Mandak: Da geht es ums Wochengeld!) – Ich weiß es. (Abg. Öllinger: Falsches Thema! Es geht ums Wochengeld!)

Wir haben sehr schnell auf die Lücke zwischen dem Kinderbetreuungsgeld und dem Wochengeld reagiert, und Sie haben darauf immer gemeint, dass dieses Kinder­betreuungsgeld die Frauen zurück an den Herd treibt beziehungsweise dass dieses Geld die Frauen aus dem Arbeitsprozess drängt. (Abg. Mandak: Es geht ums Wochengeld bei dem Antrag!)

Ich freue mich natürlich über Ihren Antrag, geschätzte Frau Kollegin Mandak. Er kommt aber eben ein bisschen zu spät. (Abg. Mandak: Nein! Er war zuerst da!) Offensichtlich sehen Sie endlich ein, dass das Kinderbetreuungsgeld eine echte Hilfe für die Mütter


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112. Sitzung / Seite 223

beziehungsweise für die Eltern ist. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Mandak: Wovon reden Sie da? Abg. Sburny: Reden Sie immer von irgendetwasAbg. Brosz: Das nächste Mal zur Sache!)

20.23

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 591/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

20.23.23 13. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das IAF-Service-GmbH-Gesetz (IAFG) geändert wird (593/A)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen damit zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte.

 


20.23.41

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Nachdem in den Jahren 2000 und 2001 5,7 Milliarden € aus dem Insolvenzent­gelt­fonds entnommen worden sind und somit eine Lücke von 1,4 Milliarden € im Insol­venzentgeltfonds bestand, haben Sie beschlossen, die Insolvenzentgeltsicherung aus der Bundesverwaltung in die neu gegründete IAF-Service GmbH umzugliedern.

Der Rechnungshof hat Ihnen vorgehalten, dass eine Kalkulation fehlt und dass mit der Ausgliederung nicht automatisch eine Effizienzsteigerung beziehungsweise eine Verbilligung dieser Organisation erfolgen würde.

Wir haben uns genau mit diesen Begründungen auch damals gegen die Ausgliederung ausgesprochen und haben Anträge zur Verbesserung der Situation eingebracht, die aber in diesem Hohen Haus nicht die Zustimmung der Regierungsparteien gefunden haben.

Im Entwurf des IAFG war jedoch vorgesehen, dass zumindest für die Beschäftigten dieses Betriebes die Kollektivvertragsfähigkeit gegeben ist. Diese Möglichkeit hat dann in der letzten Fassung der Regierungsvorlage nicht mehr bestanden.

Versprochen wurde den Beschäftigten dafür ein Kollektivvertrag für alle ausge­glie­derten Betriebe. Es ist allerdings nur bei einem Lippenbekenntnis geblieben, bis heute hat sich da nichts getan. Ich gebe zu, dass es auch mir lieber gewesen wäre, wenn wir eine generelle Regelung für alle ausgegliederten Betriebe gefunden hätten und der Kollektivvertragsschutz für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer insgesamt gegolten hätte.

Mit unserem Antrag wollen wir nun wenigstens die Reparatur für die Insolvenz­entgelt­sicherung und für die IAF-Service GmbH machen, damit es nämlich für die Be­schäftigtengruppen – und es gibt innerhalb dieser GmbH bereits drei davon – zumin­dest Kollektivvertragsregelungen gibt, was Urlaubsbezahlung, Entgelt und dergleichen anbelangt.


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112. Sitzung / Seite 224

Ich hoffe sehr, dass es uns möglich ist, in diesem Haus wenigstens über diesen Punkt zu einer Einigung zu kommen, da Sie das ja ohnedies zumindest im Begutachtungs­entwurf selbst vorgesehen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

20.26

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Riener. – Bitte.

 


20.26.07

Abgeordnete Barbara Riener (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kollegin­nen und Kollegen im Hohen Haus! Der uns vorliegende Antrag, der vorhin von der Kollegin Silhavy erläutert wurde, soll zum Ziel haben, einen Kollektivvertragsabschluss zu ermöglichen.

Welche Ausgangslage besteht nun? – Die IAF-Service GmbH ist, wie bereits erläutert wurde, eine ausgegliederte Gesellschaft des Bundes. Von den meines Wissens 133 Bediensteten sind rund 30 für diese Vorgaben vorgesehen, denn unter diesen Bediensteten befinden sich auch Beamte beziehungsweise Vertragsbedienstete, die unter ein Beamten- beziehungsweise Vertragsbedienstetenrecht fallen.

Natürlich hat aber jede oder jeder Bedienstete das Recht auf gleichwertige Behandlung im Betrieb. Der Betriebsrat setzt sich ja auch für eine Regelung auf Betriebsebene ein, wie wahrscheinlich auch den Kollegen in der Sozialdemokratie bekannt ist. Außerdem wurde auch versucht, den AMS-Kollektivvertrag zur Anwendung zu bringen, was aber vom Bundeseinigungsamt abgelehnt wurde.

Kollegin Silhavy, das, was von Ihnen als Gesetzestext vorgeschlagen wurde, schildert zwar einiges, was ja auch im Arbeitsverfassungsgesetz geregelt ist. Dieser Antrag ist aber nicht geeignet, das erläuterte Ziel für diese rund 30 Bediensteten zu erreichen. Um es ein bisschen vorsichtig auszudrücken und es nicht „dilettantisch“ zu nennen: Da wurde nicht sorgfältig gearbeitet. (Abg. Silhavy: Es war Ihr eigener Entwurf, Frau Kollegin Riener!)

Ich kann Ihnen aber, werte Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, ver­sichern: Die ÖVP unter Wolfgang Schüssel und mit GÖD-Vorsitzendem Fritz Neuge­bauer bekennt sich zur Sozialpartnerschaft, und auch wir in der Steiermark mit Landeshauptmann Waltraud Klasnic und Personallandesrat Hermann Schützenhöfer bekennen uns dazu. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das kann ich als Personalvertreterin sehr wohl sagen, denn ich erlebe das ja bei bei den Verhandlungen.

Ich bin aber davon überzeugt, dass die ÖVP-Fraktion im Ausschuss geeignete Vor­schläge einbringen wird, um eine gute Lösung für die Bediensteten zu erzielen, denn die ÖVP war und ist immer Garant für gute Lösungen. (Beifall bei der ÖVPAbg. Silhavy: Das hat man auch bei der Beschlussfassung gesehen! Frau Kollegin Riener, das war schwach, ehrlich gesagt! Ich bin ein bisschen enttäuscht! Abg. Riener das Rednerpult verlassend : Ich hab’s gut gefunden!)

20.28

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


20.28.38

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Silhavy, ich setze mich als Arbeitnehmer­ver­treter natürlich genau so wie Sie für die Interessen der betroffenen Gruppe ein.


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Es wurde richtig gesagt: 2001 ist der Insolvenzausgleichsfonds in eine neue Organi­sation ausgegliedert worden, um Kosten zu sparen, was wichtig und richtig war, wie meine Vorrednerin schon gesagt hat.

Es geht um über 100 Personen. Darunter sind noch Beamte und Vertragsbedienstete, die unter eine Sonderregelung fallen, und so bleiben insgesamt zirka 30 Personen übrig. Ob man für 30 Personen einen Kollektivvertrag macht, das muss man im Ausschuss noch besprechen.

Außerdem ist der Personalvertreter dort schon aktiv geworden und hat schon eine Betriebsvereinbarung im Einvernehmen mit der Geschäftsführung und dem Betriebsrat über firmeninterne Gehaltsschemata mit einem Prämiensystem ausgehandelt. (Abg. Silhavy: ... Kollektivvertrag!)

Frau Kollegin, Ruhe bewahren! Das werden wir im Ausschuss entsprechend disku­tieren und werden zu einer guten Lösung kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Silhavy: Aber, Herr Kollege Walch, Sie wissen schon, dass ein Kollek­tivvertrag mehr bedeutet!)

20.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


20.30.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus Gründen der Systematik würden wir dem Antrag der Kollegin Silhavy selbst ohne De­batte zustimmen, weil er einfach nur Selbstverständliches beinhaltet, und daran ändert auch Ihr verzweifelter Versuch, irgendwie Interesse oder Teilnahme zu simulieren, nichts. Das, was Sie an dem Antrag kritisiert haben, war Gegenstand eines Antrages, den Sie selbst eingebracht haben. Diese Passage wurde dann herausgestrichen. Sie müssen sich also wirklich fragen, ob die ÖVP, ob die Regierungsparteien immer so gut arbeiten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Krist. – Bitte.

 


20.31.00

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen! Laut einem Bericht in der Presse vom 12. April dieses Jahres haben rund 89 Prozent der Beschäftigten in Österreich klare Regelungen wie Mindestlöhne oder Kollektivverträge, 11 Prozent nicht. Dazu gehört auch ein Teil der Beschäftigten der IAF-Service GmbH. Ich denke, genau deswegen sollten wir doch sehr ernsthaft überlegen, hier doch zu einer Klarstellung zu kommen. Es sind zum Beispiel eklatante Ungleichbehandlungen bei der Entlohnung gegeben. Wenn Kollege Walch hier den Betriebsrat zitiert hat, muss ich sagen, das kann nur vom Hörensagen gewesen sein. (Abg. Walch: Bist du dort gewesen?)

Ich habe vor eineinhalb Stunden mit ihm telefoniert, und er hat mir ganz genau gesagt, was dort los ist. Man freut sich auf die Zustimmung, die von allen Parteien kommen wird, denn so scheint es doch zu sein, wenn auch die Seitenhiebe immer von euch kommen.

Klar ist, dass dort 60 Beamte ihren Dienst versehen, 16 Vertragsbedienstete und 40 Angestellte kraft eines privatrechtlichen Vertrages. Das ist das Problemchen dort. Da die Insolvenzen leider nicht weniger geworden sind, sondern mehr, ist auch die Tendenz bei den Vertragsangestellten steigend. Es werden also nicht 40 bleiben,


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sondern es werden mehr werden. Daher, so denke ich, sollte man schon schauen, dass auch sie rechtsverbindliche Gehaltsschemata bekommen, dass sie einen klaren Rechtsanspruch auf Sonderleistungen, den sie jetzt nicht haben, bekommen. Dort gilt nämlich immer noch der ortsübliche Lohn nach dem ABGB.

Wenn die Gewerkschaft öffentlicher Dienst sehr erfolgreich Lohnausgleichsverhandlun­gen für Beamte und Vertragsbedienstete führt, so haben diese Angestellten nur auf freiwilliger Basis Anteil daran. In all diesen Dingen sind die dort Beschäftigten auf den Goodwill der Geschäftsführer angewiesen, und ich denke, das ist nicht unbedingt eine gute Lösung. Daher wäre eine Kollektivvertragsfähigkeit in diesem Bereich durchaus begrüßenswert. Wenn man sich zurückerinnert: Es ist ja von der damaligen Vize­kanzlerin Riess-Passer angekündigt worden, für alle ausgegliederten Firmen einen Generalkollektivvertrag zu machen. Das ist dann leider nicht zustande gekommen.

Meine Damen und Herren, die Insolvenzen sind, wie gesagt, nicht weniger, sondern mehr geworden. Die Leute leisten dort sehr gute Arbeit, machen mit Bravour im Interesse der betroffenen Dienstnehmer, aber auch der Dienstgeber gute Arbeit, und daher wäre es eine wesentliche Verbesserung, wenn Sie diesem Antrag Rechnung tragen und ihn unterstützen würden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 593/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

20.33.5014. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (510/A)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 14. Punkt der Tagesord­nung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Maier.

 


20.34.07

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir Konsumentenangelegenheiten in diesem Haus und insgesamt in der Öffentlichkeit einen höheren Stellenwert verschaffen.

Worum geht es? – Es geht darum, dass ein Konsumentenschutzrat durch eine Novel­lierung des Konsumentenschutzgesetzes geschaffen wird, der dem Datenschutz­rat nachgebildet ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie wissen, wie der Datenschutzrat arbeitet. Er berät die Bundesregierung, aber auch andere Gebietskörperschaften in daten­schutzrechtlichen Fragen. Ich bin selbst in diesem Gremium stellvertretender Vor­sitzender, und sehr oft gelingt es uns, durch sehr fundierte Stellungnahmen Regie­rungsvorlagen auch entsprechend abzuändern, sodass es auch zu Abänderungs­anträgen kommt. Das ist bereits früher zu Zeiten der großen Koalition so gewesen, und es ist auch heute noch so.


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Wir versuchen nun mit diesem Antrag, genau dasselbe in Konsumenten­angelegen­heiten zu erreichen, weil wir hier Probleme sehen. Wir haben in Österreich ein Kom­petenzproblem. Konsumentenschutz ist eine Querschnittsmaterie, in allen Ministerien in irgendeiner Form verankert, und es kommt zu keiner abgesicherten Koordination. Es gibt Bundesministerien, in denen Konsumentenbelange eine positive Rolle spielen, in denen Konsumentenbereiche einen bestimmten Stellenwert haben, und andere Bun­desministerien, in denen es diesen Stellenwert nicht gibt. Ich denke – und das sage ich auch ganz offen – hiebei insbesondere an das Finanzministerium: Da werden grund­legende Konsumenteninteressen bei Gesetzesvorhaben nicht berücksichtigt.

Wir erwarten uns von der Einrichtung dieses Konsumentenschutzrates, dass dessen Mitglieder als unabhängiges Beratungsorgan einerseits die Bundesregierung, aber auch Mitglieder der Bundesregierung sowie auch andere Gebietskörperschaften in Konsumentenangelegenheiten beraten. Es sollte ein Anliegen dieses Hauses sein, dass wir uns damit beschäftigen. Wir sollten uns nämlich alle vor Augen halten: Jeder Wähler, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch Konsument, und wir sollten die Konsumentenbelange ernst nehmen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


20.37.04

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolle­ginnen und Kollegen! Herr Kollege Maier, wir nehmen die Konsumenten­angelegen­heiten sehr wohl ernst. Mit dem vorliegenden Antrag – Sie haben ihn erläutert – auf Änderung des Konsumentenschutzgesetzes fordern Sie einen Konsumentenrat. – Schön.

Meine Fraktion ist grundsätzlich gegen die Einrichtung eines solchen Rates, weil die Aufgaben des Konsumentenschutzgesetzes im Bundesministerium für soziale Sicher­heit und Generationen sehr gut aufgehoben sind. Es sind insgesamt fünf Abteilungen und 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit befasst, mit Konsumentenschutz betraut, die Hälfte davon mit juristischem Fachwissen ausgestattet. Im Übrigen, Sie haben es ausgeführt, ist der Konsumentenschutz eine Querschnittsmaterie, sodass der Konsu­mentenschutzsektion vor allem die Koordination dieses Bereiches zukommt.

Seit 1970 ist Konsumentenschutz auch eine staatliche Aufgabe. Waren es anfänglich, Sie wissen das, denn Sie befassen sich ja ständig damit, Preisauszeichnungen oder Pro­duktinformationen, so reichen die Tätigkeitsbereiche heute viel weiter. Es werden Vorschläge und Entwürfe von Gesetzen und Verordnungen erarbeitet, um in wesentlichen konsumentenpolitischen Bereichen Initiativen zu setzen. Die Konsu­menten­schutzsektion geht auch im Begutachtungsverfahren darauf ein, es wird auch Stellung bezogen zu Gesetzen und Verordnungen anderer Ministerien.

Sie arbeiten eng mit den anderen Ressorts zusammen und natürlich auch mit den Sozialpartnern. Eine enge Zusammenarbeit besteht nämlich auch mit dem Verein für Konsumenteninformation, der bei Bedarf Prozesse führt, beziehungsweise es werden auch gemeinsame Verbandsklagen vorbereitet. Wollen Sie den Einsatz der Mitar­beiterinnen und Mitarbeiter der Konsumentenschutzsektion oder des Vereins für Kon­sumenteninformation in Frage stellen? Oder, Herr Kollege Maier, wollen Sie in diesem Zusammenhang die Mitarbeit oder die Arbeit der Arbeiterkammer, die täglich im Dienste des Konsumentenschutzes aktiv ist, die genug Klagen einbringt, die die Kon­sumentinnen und Konsumenten vertritt und die Ihnen auch nahe steht, in Frage stellen?


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Nicht vergessen sollten wir zudem, dass Gesetze im Zusammenhang mit dem Kon­sumentenschutz aus der Europäischen Union kommen. Und im Übrigen, Herr Kollege Maier, Sie sind ohnehin der teuerste Abgeordnete, denn Sie stellen die meisten Anfra­gen, und die Fragebeantwortungen geben uns genug Informationen und Rechtfer­tigung, sodass wir schon das Selbstbewusstsein haben können, dass wir das in diesem Hause bearbeiten und unserer Aufgabe auch gerecht werden können. (Abg. Mag. Wurm: Es handelt sich da um Demokratie, und das ist ein politisches Recht!)

Daher ist es aus unserer Sicht nicht notwendig, einen Konsumentenschutzrat einzu­führen und damit eine zusätzliche Ebene einzuziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Kummerer – in Richtung der sich auf ihren Platz in der letzten Bankreihe begebenden und in Türnähe befindlichen Rednerin –: Und da gleich weiter! – Abg. Mag. Molterer: Kummerer, du wirst da niemanden des Saales verwei­sen! – sowie in Richtung des Abgeordneten Dr. Cap –: Das ist eine Präsidiumsan­gele­genheit! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

20.40


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Haupt. – Bitte.

 


20.40.31

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren. Ich möchte mich mit dem vorliegenden Antrag des Abge­ordneten Johann Maier zur Schaffung eines Konsumentenbeirates beschäftigen.

Herr Kollege Maier! Sie als Chef des Konsumentenschutzes der Arbeiterkammer Salz­burg sollten ja wissen, dass in Österreich die Arbeiterkammer in den Begutachtungs­verfahren auch für den Konsumentschutzbereich sehr viele Stellungnahmen abgibt. Jener Punkt also, der hier als Begründung angeführt wird, ist zumindest in vielen Bereichen nicht zutreffend. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass etwa im Bereich Konsumentenschutz/Auto sich der ARBÖ oder der ÖAMTC jemals verschwiegen hätten, wenn aus dem Verkehrsministerium entsprechende Anträge zu diskutieren waren oder aus dem Wirtschaftsministerium und dem Finanzministerium entsprechen­de Tariferhöhungen und Steuererhöhungen im Bereich Treibstoffe gekommen sind.

Das, was allerdings richtig ist, Herr Kollege Maier, ist, dass die europäische Ebene eine gemeinsame Plattform hat und hier in Österreich keine entsprechende Plattform zu finden ist, was bei Verhandlungen auf europäischer Ebene immer wieder erhebliche Probleme verursacht.

Ich meine daher, dass der vorliegende Antrag, mehr Bürokratie und ein weiteres Gremium zu schaffen, in der Sache nicht tauglich ist, weil die Materien auch mit dem Datenschutzrat nicht vergleichbar sind. Das ist der falsche Ansatz. Der richtige Ansatz müsste sein, die zersplitterten Materie des Konsumentenschutzes in Österreich endlich gesetzlich und legistisch zusammenzuführen und zu konzentrieren und dann aus diesem Bereich heraus dem Konsumentenschutz tatsächlich eine stärkere Stellung zu geben.

Mich erinnert dieser Antrag daran, dass man in einer zersplitterten Rechtssituation nicht Rechtsklarheit und Rechtsübersicht schafft, sondern stattdessen einen Be­schwich­tigungshofrat einrichten will. Die Grundüberlegungen sind durchaus system­konform und auch von meiner Fraktion nachvollziehbar. Ich meine aber, dass der vorgeschlagene und skizzierte Weg falsch ist. Der richtigere Weg wäre, für alle Staatsbürger ein einheitliches und klares Konsumentenrecht so vorzulegen, dass es nicht mehr eine zersplitterte Querschnittsmaterie, sondern ein Konsumentenrecht ist,


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das der Staatsbürger auch begreifen, handhaben und durchsetzen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


20.43.11

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein werter Herr Vorredner! Es geht auch um Staatsbürgerinnen, genauso wie – mein werter Herr Kollege Maier – es auch um Wählerinnen geht, die unbedingt den KonsumentInnenschutz in verstärktem Ausmaß brauchen, und deshalb, gerade im Hinblick auf diese weibliche Bevölkerungsgruppe, ist mir das, was meine Kollegin Tamandl ausgeführt hat, völlig unverständlich. – Frau Kollegin! Mir kommt vor, Sie kennen sich in der Materie noch nicht aus. Ihre Argumentation ging völlig an der Sachlage vorbei. Sie wissen noch nicht, dass wir auf Ministeriumsebene wirklich eine reine Splittermaterie im Bereich Konsumentenschutz haben.

Herr Kollege Haupt, Sie haben ja Recht: Wir brauchen gesetzlich ein Kompendium, ein gesetzliches Gesamtkunstwerk, das den Konsumentenschutz auf verschiedenen zivilrechtlichen und sonstigen rechtlichen Ebenen vorantreibt. Das kann die Arbeiter­kammer nicht. Triebfeder für den legistischen Bereich ist sehr wohl einerseits das Justiz­ressort und andererseits dieses Parlament. Wir brauchen als zusätzliche Triebfeder, zur Zusammenführung und sozusagen zur Gesamtschau der konsumen­ten­schutzpolitischen Agenden auch Fachleute, wir brauchen Männer und Frauen, die uns in Beiratsform beratend zur Verfügung stehen.

Wir haben gehört, dass der Datenschutzbeirat aktiv am „legistischen Leben“ teilnimmt und gute Vorschläge einbringt. Warum wehren Sie diese positive Herangehensweise, diese konstruktive Herangehensweise für den Konsumentenschutzbereich ab? Das ist für mich nicht nachvollziehbar, noch dazu, wenn man bedenkt, dass es in den siebziger Jahren auf Sozialpartnerschaftsebene bereits so etwas gegeben hat, nämlich den Kon­sumentenpolitischen Beirat, und den haben Sie, die Regierungsparteien seit dem Jahr 2000, abgeschafft! Er ist nicht mehr einberufen worden, er ist praktisch abge­schafft. Das ist meiner Ansicht nach das deutlichste Zeichen dafür, wie sehr Sie die Konsumentenschutzangelegenheiten nicht nur von den Ressorts her splitten, sondern auch von der inhaltlichen Gewichtung her in Form des Beirates ins Abseits, ins Nichts gestellt haben.

Deshalb unterstütze ich den Antrag des Kollegen Maier, endlich wieder aktiv zu werden und im Sinne des Vorantreibens dieser Angelegenheiten einen Konsumentenschutzrat nach dem Vorbild des Datenschutzrates zu etablieren. Es muss endlich wieder einmal ein konsumentenschutzpolitisch deutliches Signal aus diesem Parlament an die Wählerinnen und Wähler, an die Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, vor allem auch an die KonsumentInnen gehen. Die einzelnen Bereiche, Kollege Haupt, brauche ich Ihnen gar nicht aufzuzählen. Sie waren ja selbst einmal in diesem Bereich tätig. Allerdings befindet sich im Sozialressort, in dem zurzeit diese Abteilungen angesiedelt sind, nur die Kompetenz der Produktsicherheit.

Sie, Herr Kollege Haupt, haben damals nicht mehr Kompetenzen gehabt, und Ihre Nachfolgerin, Frau Ministerin Haubner, hat auch nicht mehr Kompetenzen. Wenn Sie sich anschauen, wie viel im Wirtschaftsressort ist, was im Justizressort liegt, und was auch noch in anderen Bereichen – vielleicht auch teilweise im Umweltschutzbereich, im Gesundheitsressort – an Konsumentenschutzangelegenheiten in mancher Hinsicht sogar brach liegt, dann verstehen Sie die Notwendigkeit und das Plädoyer dafür, dass wir endlich diesen Beirat brauchen.


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112. Sitzung / Seite 230

In diesem Sinne ersuche ich Sie, diesen Gesetzesvorschlag des Kollegen Maier sehr bald in Verhandlung zu nehmen und sehr bald in den entsprechenden Ausschüssen – ich denke, es sind mehrere – auf die Tagesordnung zu setzen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 510/A dem Justizausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 635/A (E) bis 639/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3102/J bis 3123/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 9. Juni 2005, um 9 Uhr ein.

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Diese Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

Die Sitzung ist geschlossen.

20.47.23 Schluss der Sitzung: 20.47 Uhr

 

 

 

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