Stenographisches Protokoll

133. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 21. Dezember 2005

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Stenographisches Protokoll

133. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode        Mittwoch, 21. Dezember 2005

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. Dezember 2005: 9.04 – 16.43 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichische EU-Präsidentschaft im 1. Halbjahr 2006 und Ergebnisse des Europäischen Rates vom 15./16.12.2005“

2. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005)

3. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden

4. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bun­desgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Manage­ment GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 32

Mitteilungen des Präsidenten Dr. Andreas Khol betreffend Bestimmungen der Geschäftsordnung bei nicht rechtzeitiger Berichtslegung durch den Ausschuss an den Nationalrat .............  129, 140


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133. Sitzung / Seite 2

Aktuelle Stunde (32.)

Thema: „Tempo 160, Blaulicht und explodierende Kabinettskosten – die peinliche Bilanz des BZÖ-Vizekanzlers und Verkehrsministers“ ...................................................................... 14

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 14

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 17

Dipl.-Ing. Hannes Missethon ....................................................................................... 19

Gabriele Binder-Maier ................................................................................................. 21

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 22

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 24

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 25

Mag. Christine Lapp ..................................................................................................... 27

Klaus Wittauer .............................................................................................................. 28

Karl Öllinger .................................................................................................................. 29

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 31

Verhandlungen

1. Punkt: Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge­schäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichische EU-Präsi­dentschaft im 1. Halbjahr 2006 und Ergebnisse des Europäischen Rates vom 15./16.12.2005“ ....................................................................................................... 33

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel ..................................................................... 33

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                   33

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 39

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 42

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 45

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 48

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 51

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 53

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 55

Mag. Ulrike Lunacek .................................................................................................... 57

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 62

Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik ...................................................................... 64

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 67

Dr. Michael Spindelegger ............................................................................................ 68

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ............................................................................. 70

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 72

Friedrich Verzetnitsch ................................................................................................. 74

Fritz Grillitsch ............................................................................................................... 78

Michaela Sburny ........................................................................................................... 81

Josef Bucher ................................................................................................................. 82

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichische Initiative für die europaweite Einführung einer Devisentransaktionssteuer für das EU-Budget und die Entwicklungs­zusam­menarbeit – Ablehnung ..............................................  60, 85


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133. Sitzung / Seite 3

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verzicht auf Gentechnik-Saatgut bei den Agrarumweltprogrammen und Unterstützung des Selbstbestimmungsrechts der gentechnikfreien Regionen – Ablehnung ...............  71, 85

Entschließungsantrag der Abgeordneten Friedrich Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Liberalisierung bei Dienstleistungen nicht auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, der Klein- und Mittelbetriebe und der KonsumentInnen – Ablehnung ..........................................................................  76, 85

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der Einführung einer Steuer auf Devisentransaktionen – Annahme (E 166)              80, 85

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Josef Cap, Herbert Scheibner, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Islamische Republik Iran, empörende antiisraelische und antisemitische Äußerungen von Präsident Mahmoud Ahmadinejad – Annahme (E 167)       83, 85

2. Punkt: Bericht des Verkehrsausschusses über den Einspruch des Bundes­ates (1258 d.B.) vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005) (1264 d.B.)      ............................................................................................................................... 85

Redner/Rednerinnen:

Kurt Eder ....................................................................................................................... 86

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 88

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 89

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ............................................................................................. 96

Vizekanzler Hubert Gorbach ....................................................................................... 97

Petra Bayr ................................................................................................................... 101

Franz Eßl ..................................................................................................................... 103

Karl Öllinger ................................................................................................................ 104

Klaus Wittauer ............................................................................................................ 106

Anton Heinzl ............................................................................................................... 107

Erwin Hornek .............................................................................................................. 109

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 110

Staatssekretär Mag. Helmut Kukacka ..................................................................... 111

Dipl.-Ing. Elke Achleitner (tatsächliche Berichtigung) ............................................... 113

Martin Preineder ......................................................................................................... 113

Peter Marizzi ............................................................................................................... 114

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................... 115

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 116

Stefan Prähauser ........................................................................................................ 118

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 119

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegen­ber dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ab­leh­nung .......................................................................................................................  91, 120

Beharrungsbeschluss .................................................................................................. 120

3. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz,


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mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthalts­gesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (1259 d.B.) .................................................................................................................... 120

Redner/Rednerinnen:

Günter Kößl ................................................................................................................ 120

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 122

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 123

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 124

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 126

Rudolf Parnigoni ........................................................................................................ 127

Markus Fauland .......................................................................................................... 128

Mag. Brigid Weinzinger ............................................................................................. 129

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 130

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 131

Alfred Schöls .............................................................................................................. 132

Mag. Norbert Darabos ............................................................................................... 133

Dr. Robert Rada (tatsächliche Berichtigung) ............................................................. 135

Antrag der Abgeordneten Günter Kößl, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen, den ursprünglichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremden­polizei­gesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländer­beschäftigungsgesetz geändert werden (1259 d.B.),


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133. Sitzung / Seite 5

gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG zu wiederholen – Annahme (Beharrungsbeschluss) .......................................................................................  121, 135

4. Punkt: Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Be­schluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1257 d.B.) ............................................................................................. 135

Redner/Rednerinnen:

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 136

Karl Öllinger (tatsächliche Berichtigung) ................................................................... 137

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 137

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 140

Sabine Mandak ........................................................................................................... 142

Georg Keuschnigg ..................................................................................................... 143

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 143

Barbara Rosenkranz .................................................................................................. 144

Dietmar Keck .............................................................................................................. 145

Anna Höllerer .............................................................................................................. 146

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 147

Sabine Mandak (tatsächliche Berichtigung)................................................................ 148

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 148

Mag. Andrea Kuntzl (tatsächliche Berichtigung) ....................................................... 149

Ridi Steibl .................................................................................................................... 150

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 150

Karl Öllinger ................................................................................................................ 151

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle durch die Volksanwaltschaft – Ablehnung ............................................  139, 152

Antrag der Abgeordneten Marialuise Mittermüller, Edeltraud Lentsch, Kolle­ginnen und Kollegen, den ursprünglichen Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlas­sen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1257 d.B.), gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG zu wiederholen – Annahme (Beharrungsbeschluss)
..............................................................................................................................  141, 152

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 31

Petition betreffend „Keine Motorboot-Rennen mehr am Attersee“ (Ordnungs­nummer 77) (überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 31

1265: Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union

1268: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

Berichte ......................................................................................................................... 32

III-187: Bericht, Reihe Bund 2005/13; Rechnungshof

III-191: Bericht über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1986 im Geschäftsjahr 2004; Bundeskanzler

Anträge der Abgeordneten

Mag. Norbert Darabos, Kolleginnen und Kollegen betreffend einheitliches Ver­pflegungsgeld für Zivildiener (755/A) (E)

Dr. Gertrude Brinek, Mag. Dr. Magda Bleckmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz, das MTD-Gesetz und das Hebammengesetz geändert werden (756/A)

Klaus Wittauer, Dipl.-Ing. Hannes Missethon, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Führerscheingesetz geändert wird (9. FSG-Novelle) (757/A)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufnahme von MigrantIn­nen in den Polizeidienst (758/A) (E)

Fritz Grillitsch, Klaus Wittauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Erhaltung des GVO(gentechnisch veränderten Organismen)-freien Anbaus in der österreichi­schen Landwirtschaft (759/A) (E)

Walter Murauer, Dr. Reinhard Eugen Bösch, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Militärbefugnisgesetz geändert wird (760/A)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festlegung von wirksamen Klimaschutzzielen in Österreich und auf EU-Ebene (761/A) (E)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Import- und Handels­verbot von Hunde- und Katzenfellen (762/A) (E)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen (763/A) (E)


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133. Sitzung / Seite 6

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Zivildienstgesetzes (ZDG-Novelle 2005) (764/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend den illegalen Handel mit Sichtvermerken (3705/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Präzisierung der österreichischen Vorbehalte gegen die Öffnung der EU-Rüstungsmärkte (3706/J)

Peter Schieder, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend CIA-Flüge über Europa (3707/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Familie & Beruf Mana­ge­ment GmbH“ (3708/J)

Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Familie & Beruf Mana­gement GmbH“ (3709/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend US-Generalstabschef verteidigt Einsatz von weißem Phosphor im Irak (3710/J)

Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend neue Festlegungen für die Österreichische Sicherheits- und Verteidigungs­politik (3711/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Vollzug des Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 durch den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (3712/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Warnhinweise für Asthmamedikamente“ (3713/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Tierische Nebenprodukte – Einfuhr und Kontrollen – Verarbeitung und Verwendung von Schlachtabfällen“ (3714/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung betreffend „Geheimpapier“ zu Kasernenstandorten in Niederösterreich (3715/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Visa-Affäre Belgrad, Budapest und Kiew – Aktivitäten des Innenministeriums zur Eindämmerung des illegalen Visahandels (3716/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend rechtsextremistische, neonazistische und den Holocaust verleugnende Literatur in Bibliotheken von Justizanstalten (3717/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Schnellfahren, Amtseid und Vorbildwirkung (3718/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Mietvertrag für Finanzzentrum Linz (3719/J)


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133. Sitzung / Seite 7

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Provisionszahlungen an Plech & Plech (3720/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Wahrheitsgehalt der Minister Gorbach-Aussagen zum Thema „Blaulicht“ für seinen Dienstwagen in der ZIB 2 vom 12. Dezember 2005 (3721/J)

Dr. Caspar Einem, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend gravierende Rechtsbrüche in seinem persön­lichen Umfeld (3722/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend die plötzliche und scheinbar willkürliche Dienstzuteilung des Linzer Polizeidirek­tors in das Bundesministerium für Inneres, Bereich Fremdenrecht (3723/J)

Mag. Dietmar Hoscher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend reduzierten Mehrwertsteuersatz im Tourismus (3724/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Pressesprecher und Todesstrafe (3725/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schienenlärmschutz und Umsetzungsmängel (3726/J)

Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Internationale Maßnahmen zur Zusammenarbeit, Vorbeugung, Schutz und Wiedereingliederung der Opfer im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu kommerziellen Zwecken (Kindersextourismus) (3727/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Abschluss fragwürdiger Memoranden mit unzuständigen Mitunterzeichnern (3728/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausschluss betroffener Bürgerinnen und Bürger von der Mitwirkung an der „Strategischen Prüfung“ neuer Transitstraßenprojekte (3729/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend City-S-Bahn (3730/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Flugticketsteuer oder Tobinsteuer zur Finanzierung der Entwicklungs­zusam­menarbeit (3731/J)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für aus­wärtige Angelegenheiten betreffend Flugticketsteuer oder Tobinsteuer zur Finanzie­rung der Entwicklungszusammenarbeit (3732/J)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend anmeldepflichtige Beihilfen (3733/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicher­heit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Förderungsbericht 2004 (3734/J)


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133. Sitzung / Seite 8

Franz Glaser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ausbau der Eisenbahnverbindungen im Süd­burgenland (3735/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Provenienz- und Grundlagenforschung bei NS-Raubkunst (3736/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Provenienz- und Grundlagenforschung bei NS-Raubkunst (3737/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend pöbelnder Politiker (3738/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend widersprüchliche Aussagen zum Ausbau der Schnellbahnlinie S 80 (3739/J)

Erwin Spindelberger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend seit Jahren überfälligen Ausbau des Bahnhofs Bruck an der Mur (3740/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Sicherheit und Tempo-160-Versuch in Kärnten (3741/J)

Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Genehmigung des Vereins V.E.Ö durch die BPD Wien (3742/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Treffen der EU-Gleichstellungsminister/innen in Birmingham“ (3743/J)

Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „verpflichtende Obsorge beider Eltern nach der Scheidung“ (3744/J)

Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die Entsendung von „LeihpolizistInnen“ in die Wintersportregionen (3745/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Duldung nationalsozialistischer Wiederbetätigung durch die Bundespolizei­direktion Salzburg (3746/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Duldung nationalsozialistischer Wiederbetätigung durch die Staatsanwalt­schaft Salzburg (3747/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Sicherheit in der Zivilluftfahrt – Sicherheit auf Zivilflughäfen (EU-VO Nr. 2320/2002) III“ (3748/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ski- und Snowboarddiebstähle in Österreich – Daten Winter­saison 2004/2005 II“ (3749/J)

Rudolf Parnigoni, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Studien hinsichtlich Überwachungsmaßnahmen Privater und Mitarbeiter­zufriedenheit innerhalb der österreichischen Exekutive (3750/J)


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133. Sitzung / Seite 9

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend unerhörte „Vorladung“ eines frei gewählten Bürgermeisters mittels Exekutive (3751/J)

Hermann Krist, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Petition 62/PET (XXII. GP) und Stellungnahme 25/SPET (XXII. GP) (3752/J)


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133. Sitzung / Seite 10

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Studie Leiharbeit und neue Selbstständige (3753/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend die Praxis der Zahlung von Treueprämien durch Sozialversiche­rungsträger (3754/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Entkernung der ehemaligen Telegrafen-Centrale (3755/J)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Entkernung Gerichtsgebäude Riemer­gasse (3756/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend die völkerrechtliche Bedeutung und die innerstaatliche Umsetzung von Entscheidungen des UNO-Ausschusses für Menschenrechte in Österreich (3757/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Auslandsdienstreisen (3758/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betref­fend Auslandsdienstreisen (3759/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Auslandsdienstreisen (3760/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Auslandsdienstreisen (3761/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Auslandsdienstreisen (3762/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Auslandsdienstreisen (3763/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidi­gung betreffend Auslandsdienstreisen (3764/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Auslandsdienstreisen (3765/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Auslandsdienstreisen (3766/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissen­schaft und Kultur betreffend Auslandsdienstreisen (3767/J)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Auslands­dienstreisen (3768/J)

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Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Reaktion der USA auf CIA-Überflüge (38/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen (3456/AB zu 3545/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3457/AB zu 3556/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen (3458/AB zu 3504/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (3459/AB zu 3505/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (3460/AB zu 3531/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3461/AB zu 3566/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (3462/AB zu 3507/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (3463/AB zu 3532/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3464/AB zu 3534/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3465/AB zu 3510/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (3466/AB zu 3503/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3467/AB zu 3512/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3468/AB zu 3550/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3469/AB zu 3500/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3470/AB zu 3509/J)


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133. Sitzung / Seite 11

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3471/AB zu 3502/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3472/AB zu 3508/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen (3473/AB zu 3530/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3474/AB zu 3564/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3475/AB zu 3516/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3476/AB zu 3517/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Eder, Kolleginnen und Kollegen (3477/AB zu 3519/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Astrid Stadler, Kolleginnen und Kollegen (3478/AB zu 3520/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen (3479/AB zu 3554/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3480/AB zu 3562/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Anita Fleckl, Kolleginnen und Kollegen (3481/AB zu 3574/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3482/AB zu 3586/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (3483/AB zu 3593/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Kolleginnen und Kollegen (3484/AB zu 3642/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Johann Kurzbauer, Kolleginnen und Kollegen (3485/AB zu 3643/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (3486/AB zu 3522/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3487/AB zu 3535/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3488/AB zu 3560/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3489/AB zu 3602/J)


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133. Sitzung / Seite 12

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3490/AB zu 3536/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3491/AB zu 3563/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kolle­gen (3492/AB zu 3528/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Moser, Kolleginnen und Kollegen (3493/AB zu 3541/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeord­neten Dr. Elisabeth Hlavac, Kolleginnen und Kollegen (3494/AB zu 3521/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (3495/AB zu 3572/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Werner Kummerer, Kolleginnen und Kollegen (3496/AB zu 3524/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (3497/AB zu 3525/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (3498/AB zu 3537/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen (3499/AB zu 3558/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (3500/AB zu 3544/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (3501/AB zu 3561/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3502/AB zu 3538/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (3503/AB zu 3547/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (3504/AB zu 3543/J)


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der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3505/AB zu 3540/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (3506/AB zu 3568/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (3507/AB zu 3552/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3508/AB zu 3539/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (3509/AB zu 3523/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Gisela Wurm, Kolleginnen und Kollegen (3510/AB zu 3555/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (3511/AB zu 3559/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen (3512/AB zu 3553/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3513/AB zu 3549/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen (3514/AB zu 3542/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (3515/AB zu 3548/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3516/AB zu 3557/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (3517/AB zu 3533/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen (3518/AB zu 3529/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen (3519/AB zu 3580/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (3520/AB zu 3551/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (2. Zu 3414/AB zu 3468/J)

*****

des Obmannes des Rechnungshofausschusses auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler, Kolleginnen und Kollegen (35/ABPR zu 37/JPR)


 



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09.04.10Beginn der Sitzung: 9.04 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich begrüße die Damen und Herren im Hohen Haus. Die 133. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Die Amtlichen Protokolle der 129. Sitzung vom 6. und 7. Dezember 2005 sowie der 130., 131. und 132. Sitzung vom 7. Dezember 2005 sind in der Parlamentsdirektion auf­gelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Jakob Auer, Haubner, Bures, Wimmer, Rossmann, Dr. Glawischnig-Piesczek.

09.04.43 Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Tempo 160, Blaulicht und explodierende Kabinettskosten – die peinliche Bilanz des BZÖ-Vizekanzlers und Verkehrsministers“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Ich erteile ihm das Wort und mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten beträgt. – Bitte.

 


9.05.16

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt ein wichtiges Ressort in der Bundesregierung, dieses Ressort heißt Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (demonstrativer Beifall des Abg. Scheibner) – theoretisch. So heißt dieses wichtige Bundesminis­terium. – Tatsächlich sind wir der Meinung, dass der zuständige Minister – das ist Vize­kanzler Gorbach – ein Minister der Peinlichkeiten und der Zumutungen für die öster­reichischen Steuerzahler und für die österreichischen Bürger im Allgemeinen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)

Es reicht uns jetzt wirklich mit Herrn Vizekanzler Gorbach, und wir werden am Nachmittag einen Misstrauensantrag gegen Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach einbringen. (Beifall bei den Grünen.)

In zehn Minuten das Sündenregister von Minister Gorbach aufzuzählen ist sehr schwierig – das ist eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit –, deswegen werde ich mich auf einige wenige Punkte beschränken.

Tempo 160 steht sicher ganz oben auf der Liste der Zumutungen von Verkehrsminister Gorbach. Verkehrsminister Gorbach erweist sich hier als ein echter Geisterfahrer, der mit Vollgas auf der Autobahn in die verkehrte Richtung fährt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) – Na sicher! Mit 160 auf einer vierspurigen Autobahn – ich bitte Sie, Herr Stummvoll! Sie sind offenbar dafür: Die ÖVP wird Minister Gorbach auch heute wieder die Mauer machen! Sie haben das mitzuverantworten, was hier passiert (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) im Bereich der Verkehrssicherheit, im


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Bereich der Schadstoffemissionen, im Bereich der Lärmentwicklung, das, was den Anrainern auf diesen Strecken zugemutet wird. – Sie finden das lustig? (Der Redner schenkt sich ein Glas Wasser ein. – Abg. Neudeck: In Ihrem Glas ist mehr Sinn als in Ihrer Rede!) Sie finden das lustig, meine Kollegen vom BZÖ – die Fernsehzuschauer werden es gebührend einzuschätzen wissen, wie Sie das sehen.

Es ist ja bekannt, dass die Bremswege bei 160 km/h deutlich länger sind als bei 100 oder bei 130 km/h. – Sie haben zu verantworten, dass die Wahrscheinlichkeit von schweren Unfällen auf solchen Teststrecken steigt. Sie haben zu verantworten, dass die Schadstoffemissionen auf solchen Teststrecken zweifellos ansteigen werden. Sie haben zu verantworten, dass die Privathaushalte, Industrie und Gewerbe ihre Emissionen von CO2, insbesondere von treibhausrelevanten Gasen, später dann zugunsten des Verkehrs werden einschränken müssen.

Deswegen wiederhole ich hier noch einmal: Es ist nicht nur Minister Gorbach betroffen – die ÖVP verschläft hier die Interessen von Industrie, Gewerbe und Privat­haushalten, weil das, was der Verkehr mehr an Schadstoffen emittieren wird, zweifellos andere werden ausbaden müssen, und das sind die Industrie, das Gewerbe und die Privathaushalte. (Beifall bei den Grünen.) Das ist die „zukunftsweisende“ Politik der ÖVP, die Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach hier die Mauer macht!

Eine schlichte Peinlichkeit ist die Affäre mit dem Blaulicht: Ein Minister kommt auf die Idee, dass es doch nett wäre, auf seinem Dienstwagen ein Blaulicht wie die Polizei, die Feuerwehr oder die Rettung zu haben. Das sind natürlich Peanuts, das ist nichts in den Augen des Herrn Klubobmann Scheibner. – Er nickt mir zu und sagt: Na was ist denn schon dabei? Probieren wird man es ja wohl noch dürfen!

Es wäre schon schön gewesen, wenn sich der zuständige Minister bei seinen zweifel­los kenntnisreichen Beamten erkundigt hätte, um zu erfahren, dass das nach dem Kraftfahrgesetz gar nicht möglich ist. Dort ist ganz klar geregelt, wer in Österreich mit Blaulicht fahren darf und wer nicht. Verkehrsminister Gorbach gehört mit Sicherheit nicht dazu. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Mol­terer: Sie haben Sorgen!)

Wenn der Verkehrsminister das unbedingt braucht, dann soll er sich eine Polizei­eskorte organisieren. Wenn ein ausländischer Staatsbesuch da ist, ist das sowieso der Normalfall. (Abg. Dr. Stummvoll: Ihre Sorgen möchte ich haben!) Politisch gesehen sind das wahrscheinlich Peanuts, aber für das Geltungsgehabe, für das Selbst­ver­ständnis eines Ministers ist das ausgesprochen typisch. Dafür allein verdient er das Misstrauen dieses Parlaments. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine Zumutung und Peinlichkeit ist schließlich, wenn der zuständige Verkehrsminister nach der Beschlussfassung über die Wegekostenrichtlinie in Brüssel sagt – ich zitiere wörtlich –: Und dafür müsste ich mit allen Orden der Republik ausgezeichnet werden. – Mit allen Orden der Republik?! Ja leidet dieser Minister unter einem vollständigen Realitätsverlust?

Wissen Sie, was in Brüssel beschlossen worden ist? Wenn der Verkehrsminister gesagt hätte: Leute, wir sind haarscharf an einer Riesenniederlage vorbeigeschrammt, wir haben gerade noch das Schlimmste verhindert. Ich als Verkehrsminister weiß, wir stehen am Anfang eines langen Weges, es wird dauern, und unser Kampf ist nicht zu Ende, ganz im Gegenteil, er beginnt erst!, dann hätten auch wir Grünen gesagt: Na ja, immerhin ist er sich der Problematik bewusst. – Aber nein, in Brüssel wird eine Wegekostenrichtlinie beschlossen, welche die LKW in keiner Weise am Durchrasen durch Österreich hindert. Die Durchschnittsmaut auf der gesamten Brennerstrecke, inklusive der italienischen Abschnitte, wird sogar sinken. Es wird zu einer weiteren


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Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf den Transitrouten kommen. Aber für Gorbach ist es ein Riesenerfolg, für den er mit allen Orden ausgezeichnet werden müsste.

Wo lebt dieser Minister, meine Damen und Herren? (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: In Vorarlberg!) In Österreich wohl kaum, an den Transitrouten Österreichs sicherlich nicht.

Seit Monaten, wenn nicht Jahren, hat er uns eine Kontrolloffensive beim LKW-Verkehr versprochen. Und wo ist sie, diese Kontrolloffensive? Reden Sie einmal mit den Fern­fahrern draußen! Das ist ja keine Kunst, in ganz Europa wird schärfer kontrolliert als in Österreich. In ganz Europa werden höhere Strafen bei Überschreitung der Zeitlimits, der Nichteinhaltung der Arbeitszeiten und so weiter verhängt als in Österreich, mit dem Erfolg, dass sich außerhalb von Österreich die Fernfahrer genau an die Vorschriften halten und halten müssen, weil es die Eigner, die Frächter auch so vorschreiben. Nur in Österreich geht das nicht.

Das ist ein Minister der Peinlichkeiten und Zumutungen, ein Minister allenfalls im Dienste der Frächterlobby. Wenn er einen Orden verdient, dann einen Faschingsorden, verliehen von der österreichischen Frächterlobby, aber sonst nichts! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Dieser Minister ist nicht nur für das Versagen in der Verkehrspolitik zuständig, dieses Ministerium ist auch zuständig für Innovation und Technologie. (Abg. Mag. Molterer: Ein peinlicher Auftritt! Ihrer nicht würdig! So stelle ich mir einen Professor nicht vor!) – Peinlich, Herr Kollege Molterer, ist das Verhalten der ÖVP, die dieses Vorgehen in der Verkehrspolitik duldet, die Minister Gorbach über die Jahre die Mauer macht – und, Herr Kollege Molterer, nicht nur dort! Dieses Minis­terium ist zuständig für Innovation und Technologie, unter anderem für Seibersdorf. Das ist eine wichtige Forschungsinstitution gewesen, muss man heute sagen. Minister Gorbach hat es geschafft, auch diese Forschungsinstitution, derzeit zumindest, zu ruinieren.

Der österreichische Forschungsrat sagte erst gestern: „Seibersdorf bedarf einer Re­form an Haupt und Gliedern ...“ Schon seit längerer Zeit ist Seibersdorf beziehungs­weise sind die Austrian Research Centers „keine Erfolgsstory“. Ich zitiere wörtlich den Vorsitzenden des Forschungsrates Consemüller: „Seibersdorf bedarf einer Reform an Haupt und Gliedern ...“ – Und wer ist zuständig für dieses Debakel in der Forschungs-, Innovations- und Technologiepolitik? Niemand anderer als unser Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach! Das findet die ÖVP in Ordnung, und deswegen wird sie ihm heute wieder die Mauer machen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Kollegen von der ÖVP, das ist zukunftsorientierte Politik, was Sie hier decken? 160 auf der Autobahn ist Ihr Ziel in der Verkehrspolitik, das ist Ihr Ziel in der Klima­schutzpolitik, das ist das, was Sie der Industrie und den Privathaushalten zumuten, dann zu kompensieren, indem sie dann weniger verbrauchen dürfen, nur weil der Gorbach zu faul ist, den Verkehr einzuschränken? (He-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist Ihre Politik?

Ich muss schon sagen, zukunftsorientierte Prioritäten in der Verkehrspolitik, in der Forschungspolitik, in der Innovationspolitik, die schauen anders aus, meine Kollegen von BZÖ und ÖVP! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Seriöse Professoren auch!)

9.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler Gorbach. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht über­schreiten. – Bitte.

 



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9.14.38

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Geschätzte Regierungskollegen! Meine Damen und Herren Abgeordneten im Hohen Haus! Ich darf mich zuerst bei Ihnen bedanken, Herr Klub­obmann Professor Van der Bellen, dass Sie diese so wichtigen Themen aufgegriffen haben und mir damit Gelegenheit geben, zwar nur zehn Minuten, aber doch, einige Dinge ins rechte Licht zu rücken (Rufe bei der SPÖ: Das Blaulicht!), denn in den letzten Tagen und Wochen ist zu einigen Themen, die ich schon ernst nehme, wiewohl sie nicht meine Lieblingsthemen sind, wie das in Zeitungen oft behauptet und von Ihnen kolportiert wird, wie etwa Tempo 160 unter gewissen Bedingungen zuzulassen, viel Unrichtiges gesagt worden. Ich werde versuchen, Halbwahrheiten, Unwahrheiten und Verfälschungen, nebulose Aussagen, unrichtige Aussagen heute zu korrigieren. Die zehn Minuten werden dafür nicht ausreichen, so wie sie Ihnen für das Darstellen des gesamten Sündenregisters nicht ausgereicht haben.

Meine Damen und Herren, Herr Professor Van der Bellen hat eingangs gleich wieder die 160 km/h in Verbindung gebracht mit dem Ansteigen der Zahl der Unfälle, der schwe­ren Unfälle, wie Sie gemeint haben, und auch der Schadstoffausstöße. Ich darf dazu sagen: Tun Sie nicht so, als würde ich in ganz Österreich die Autobahnen und die Schnellstraßen für 160 km/h freigeben! Gehen Sie nicht so oberflächlich an diese Diskussion heran, und desinformieren Sie die Bevölkerung nicht durch solch eine Vorgangsweise! (Einige Abgeordnete der Grünen halten entsprechende Verkehrs­zeichen mit der Aufschrift „160“ sowie Tafeln mit der Aufschrift „Es reicht, Herr Minister!“ in die Höhe. – Abg. Öllinger hält zudem ein eingeschaltetes Blaulicht in die Höhe.)

Tatsache ist, Herr Professor Van der Bellen, dass ich unter gewissen Umständen nach einer gewissen Testphase sage, wir flexibilisieren die Geschwindigkeit, und dieses Flexibilisieren der Geschwindigkeit hat mit einem Verkehrstelematikplan zu tun. Das dürfte Ihnen, der Sie auch von Forschung sprechen, nicht fremd sein.

Und jetzt sage ich Ihnen etwas: Wenn unter gewissen Umständen 160 möglich ist, dort, wo die Strecke gerade verläuft, gut ausgebaut ist, wenig Verkehrsdichte ist, wenn schönes Wetter ist, Trockenheit herrscht, wenn wir also mittels Verkehrsbeein­flus­sungsanlage auch nach oben öffnen, nicht nur nach unten, dann wird die Akzep­tanz für solche Geschwindigkeitsbeschränkungen insgesamt steigen und damit die Bewusst­seinsbildung besser werden und damit – hören Sie zu, Herr Professor! – die Verkehrssicherheit in Österreich wieder einen Schritt weiter nach vorne machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Maßnahmen wie der Mehrphasenführerschein, die Führerscheinreform generell, das Einführen von „L 17“, darüber hinaus Maßnahmen wie bessere Kontrollen durch die Section Control zum Beispiel, Licht am Tag, Vormerksystem – all das sind Mosaik­steine für ein Bild der sicheren Straßen in Österreich. Und wir sehen es ja – ich bin ein Freund der Zahlen, wie Sie wissen, nicht nur der Worte und der Verun­glimpfungen –: 1 079 Verkehrstote waren es noch im Jahr 1999, in den Folgejahren 976, 858, 956, 931 und 878 im letzten Jahr, also laufend sinkende Zahlen. Und heuer, mit 18. Dezem­ber, im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres, stehen wir bei 745; das sind insgesamt wieder 106 Verkehrstote weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres. Die Bilanz gibt mir Recht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Was Schadstoffe betrifft, Herr Professor Van der Bellen: Bitte, verschließen Sie doch nicht die Augen vor der Realität! Wenn Sie wissen, dass genau auf dieser Strecke, die ich jetzt teste, heute schon 70 Prozent schneller fahren als die zulässige Höchst­geschwindigkeit, österreichweit 40 Prozent schneller fahren, dann müssen Sie auch wissen, dass die Schadstoffe auch dann aus dem Auspuff und woher auch immer,


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Abrieb vom Reifen et cetera, kommen, wenn Sie illegalerweise schneller als 130 km/h fahren. Also seien Sie in dieser Diskussion ein bisschen ehrlicher, Herr Professor, ich traue Ihnen das nämlich zu, dass Sie es auch können, wenn Sie wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Genau deshalb prüfen wir ja, machen wir einen Test, vorher Messungen, nachher Messungen, dann Diskussion. Sie sind zu dieser Diskussion eingeladen. Ich werde nichts übers Knie brechen. Verkehrssicherheit bleibt das höchste Gebot und Schwer­punkt meiner Verkehrspolitik.

Und damit bin ich beim Blaulicht. Also wenn Ihnen das so wichtig ist, mir ist es nicht so wichtig. (Abg. Öllinger: Ihnen! Ihnen!) Deshalb werde ich nur kurz darüber sprechen. Es gibt kein schriftliches Ansuchen. Irgendwann am Beginn meiner Amtstätigkeit (Abg. Öllinger: Nein! Nein! Nein!) hat ein Mitarbeiter mündlich angefragt, irrtümlicherweise im Innenministerium, nach einer Diskussion im Kabinett, ob es nicht sinnvoll wäre, unter gewissen Umständen, in gewissen Situationen, Stichwort Konvoi, bei viel Verkehr auch einem Dienstfahrzeug ein Blaulicht zukommen zu lassen.

Er hat dort mündlich angefragt, hat geglaubt, er tut damit etwas Gutes. Natürlich hätte er beim Verkehrsministerium intern fragen können, aber die Antwort aus dem Innen­ministerium war: Nein, da müsste man ein Gesetz im Parlament ändern. – Damit war das ad acta gelegt, und dort bleibt es für mich auch, Herr Professor Van der Bellen. Für Sie ist es vielleicht wichtig – für mich nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Wegekostenrichtlinie. Übrigens – Orden. (Zwischenrufe des Abg. Eder.) Das war ein Zitat, womit ich darauf hinweisen will, dass in der Regierung ein nicht unwesent­licher Vertreter dieser Regierung gemeint hat: Allein die Tatsache, dass du, lieber Verkehrsminister, abgewendet hast, dass im Rahmen des Vertragsverletzungs­ver­fahrens 150 Millionen € sofort und 46 bis 50 Millionen € pro Jahr zu bezahlen bezie­hungsweise weniger Einnahmen zu erwarten sind, allein dieser Betrag würde dich verdient genug machen für alle Orden, die diese Republik hat – spaßhalber. – So habe ich das erwähnt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich brauche keine Orden. Ich hätte nur eine Bitte: Faschingsorden dürfen Sie mir hier nicht so heruntermachen und vernachlässigen. Das ist nicht unwichtig! Die bekommt man nämlich, wenn man Humor hat, und ich bin stolz darauf, dass ich viele Faschingsorden habe, weil ich auch Humor habe. Den brauche ich nämlich ab und zu in der Politik. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Herr Professor Van der Bellen, Forschung und Entwicklung nehme ich sehr ernst! Wir hatten noch nie eine so gute Forschungsquote – 2,35 Prozent des BIP, 2,37 Prozent, wenn ich die Forschungsmilliarde dazuzähle – wie jetzt. Wir sind in Europa auf der Überholspur; ich komme heute noch darauf zurück. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Wir sind auf dem fünften Platz – vor drei Jahren hat man noch gelacht, als ich das als Ziel genannt habe!

Seibersdorf gehört reformiert. – Ich stimmen Ihnen zu und appelliere: Helfen Sie mit, bringen Sie Ihre guten Ideen ein und nicht nur Ihre Kritik! Wir ändern das sehr gerne. Ich bin dabei! Eines nach dem anderen – step by step. Seibersdorf bringen wir auch noch auf Vordermann, so wie die ÖBB, so wie die Post und so wie andere Dinge. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.)

Abschließend würde ich gerne auch noch etwas über die Reisen sagen, weil ich ja da irrtümlich und fälschlicherweise, aber bewusst wider besseres Wissen immer so als viel Herumreisender dargestellt werde. (Ironische Oh-Rufe bei den Grünen.)


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Herr Öllinger, Sie können Zahlen sehr gut interpretieren, ich weiß das. Sie fragen ja an, und wenn Sie anfragen und von Ministern Antworten bekommen, dann nehmen Sie die auch ernst, dann verwenden Sie das! Wenn Sie das verwenden, dann werden Sie sehen, dass ich im Mittelfeld unter allen Regierungskollegen liege. (Abg. Öllinger: Knittelfeld, nicht im Mittelfeld!)

Es ist doch okay, wenn ein Vizekanzler und Verkehrsminister, was die Kosten betrifft, diesbezüglich im Mittelfeld liegt. Ich sage Ihnen: Die Wirtschaft und die Industrie hätten gerne, dass ich viel mehr reise, weil ich Türöffnerfunktionen habe. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Wer das Wechselspiel zwischen Wirtschaft und Politik noch nicht kapiert hat, der soll da auch nicht herumkritisieren, weil das wirklich fehl am Platz ist.

Herr Abgeordneter Dr. Cap, da Sie gerade in meinem Blickfeld sind: Sie haben gesagt: Skandal! Der Verkehrsminister und Vizekanzler war auf Malta und Zypern – Skandal! Was tut er dort? Dort gibt es keine Autobahn und keine Bahn. (Abg. Dr. Cap: Ein Blaulicht!) Ich hätte ja zum Beispiel auch über den Seeverkehr reden können oder über die Präsidentschaft im ersten Halbjahr. Nikosia, Valletta, haben Sie gesagt, was tut er dort? Wissen Sie, was ich dort getan habe? – Gar nichts (lebhafte Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), weil ich nicht dort war! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Es war die Unwahrheit! Es war eine Unwahrheit von Ihnen, denn ich war weder auf Malta noch auf Zypern. So agieren Sie von der Opposition, und das ist nicht seriös, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Pech gehabt, Herr Cap! Pech gehabt! Ich werde Ihnen künftig meine Reisepläne zukommen lassen, damit Sie diese studieren und dann nur davon reden, wo ich auch wirklich gewesen bin. Und von dort, wo ich gewesen bin, kann ich Ihnen gute Nach­weise bringen, was ich dort getan habe. (Abg. Dr. Cap: Gar nichts!)

Abschließend, Herr Professor Van der Bellen: In der Zwischenkriegszeit war Walther Rathenau deutscher Außenminister. Er hat einmal einen guten Spruch getan, den ich Ihnen mitgeben möchte, weil Sie zuletzt irgendwo gesagt haben: Ich bin empört!, als Sie über mich berichtet haben. – Nein, ich stelle richtig, „entrüstet“ haben Sie gesagt. Rathenau hat gesagt: „Entrüstung ist Bekenntnis der Hilflosigkeit.“ – Ich glaube, er hat Recht gehabt. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

9.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde darf 5 Minuten nicht übersteigen.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Dipl.-Ing. Missethon. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.25.11

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Als ich die grüne Fraktion so gesehen habe mit den Taferln (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Taferlklassler!) und besonders Herrn Kollegen Öllinger mit dem Blaulicht, habe ich mir gedacht: Ich bin mir nicht mehr sicher, Herr Kollege Van der Bellen, ob Sie Universitätsprofessor sind oder Klassen­sprecher einer Taferlklasse. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich glaube, die Gratwanderung zwischen seriöser Politik und der Gefahr, zu einer politischen Lachnummer zu mutieren, ist bei Ihnen schon überschritten. Sie sind schon in dieser Ecke, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Dr. Wittmann: Ein Witzbold! – Abg. Öllinger: Sie können schon bei der Faschingsgilde auftreten!)


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Ich stelle mir schon die Frage, ob es in dieser Republik nicht wichtigere Themen gibt als das Blaulicht. Reden wir beispielsweise über den europäischen Gipfel! Reden wir über diesen sensationellen Verhandlungserfolg von Wolfgang Schüssel auch für die österreichische Verkehrspolitik! Reden wir, geschätzte Damen und Herren, über den Verhandlungserfolg auch für den ländlichen Raum, für die Landwirtschaft! Das ist ein wichtiger Punkt.

Wenn die SPÖ hier wieder Klassenkampf betreiben will, dann sage ich auch Folgendes sehr deutlich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ: Es geht halt nicht, dass man am Sonntag bei den Hoffesten bei den Landwirten auftaucht und sagt, wie gut der Schinken schmeckt und der gute österreichische Wein, und am Montag kommt man dann ins Parlament und will genau diesen Landwirten 40 bis 50 Prozent der Förderung wegnehmen. Das ist unseriös, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Gabriela Moser: ... Blaulicht!)

Frau Kollegin Moser, diese unsägliche und Ihnen offensichtlich so wichtige Blaulicht-Debatte lenkt in Wirklichkeit von der internen Problematik bei den Grünen in Sachen Verkehrspolitik ab. Herr Van der Bellen hat in der „Pressestunde“ gesagt: PKW-Maut muss her! (Abg. Mag. Molterer: Ach so?!) Das ist grüne Verkehrspolitik. Vier Tage später im Verkehrsausschuss sagte Frau Kollegin Moser: PKW-Maut ja, aber nicht auf Autobahnen. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zickzackkurs! – Abg. Großruck: Auf der Schiene!)

Geschätzte Damen und Herren, das heißt, um das jetzt quasi zu übersetzen: Das Auto des Generaldirektors mit Chauffeur, der auf der Autobahn fährt, wollen wir nicht bemauten, aber jenes der Mutter, die ihr Kind in den Kindergarten führt, wollen wir bemauten. Danke schön – soziale Gerechtigkeit à la Grün! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Sburny: So ein Unsinn!)

Geschätzte Damen und Herren! 160-km/h-Debatte – das ist ja nur ein Aspekt der Verkehrsdebatte. (Abg. Dr. Matznetter: ... Wiener Kindergarten!) Schauen wir uns auch den anderen Aspekt an, die 50-km/h-Debatte in Wien, nämlich offensichtlich das Grün-Modell. Herr Kollege Van der Bellen! Fragen Sie die Wienerinnen und Wiener, was sie von 50 km/h in Wien halten, und Sie werden die Antwort bekommen: nichts. Nichts halten sie davon!

Zur 160-km/h-Debatte: Ich persönlich bin der Meinung, wir sollten uns ein Urteil dann bilden, wenn der Testversuch erfolgt ist. Und ich sage Ihnen sehr offen: Ich bin da gegen Vorurteile. (Abg. Öllinger: Ja, ja, „Hand aufs Herz“, oder?) Wir sollten uns da­nach ein Urteil bilden. Das ist aus meiner Sicht der entscheidende Punkt.

Das Infrastrukturministerium ist natürlich auch ein wichtiges Ministerium für den länd­lichen Raum – und ich komme zur Post, weil wir das heute auch noch als Thema haben, geschätzte Damen und Herren. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie reden ja nur über den ländlichen Raum!) Da hinten oben sitzt ein Kollege, der Bürgermeister in einer kleinen ländlichen Gemeinde, in einer Pendlergemeinde ist. Ich sage Ihnen ganz offen, es geht nicht darum, ob wir dort ein Postamt haben, wo 40 Prozent auspendeln, sondern es geht darum, dass die Pendler zu ihrer Post kommen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist der entscheidende Punkt. Das Postamt hat von 8 bis 12 Uhr offen, nur ist in dieser Zeit niemand von den Pendlern da.

Herr Kollege Doppler – erkundigen Sie sich! – hat einen Postpartner gefunden, der auch am Samstag von 8 bis12 Uhr offen hat. Da können die Leute ihre Post holen. Eine pendlerorientierte Initiative, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz bitte, Herr Abgeordneter!

 



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Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon (fortsetzend): In diesem Sinne, glaube ich, können wir abschließend sagen, dass das Infrastrukturministerium wirklich richtige und wichtige Schritte in Richtung einer zukunftsorientierten Entwicklung und Verkehrs­entwicklung dieses Landes gesetzt hat. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Binder-Maier. Auch Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


9.31.07

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Herr Verkehrsminister, Herr Vizekanzler! Erste Bemerkung: Die Solidarität der ÖVP-Regierungsmitglieder hält sich offensichtlich in Grenzen. Zweite Bemerkung: Herr Kollege Missethon, bei der Verteilung der Mittel geht es nicht um Klassenkampf, es geht um Gerechtigkeit, um Verteilungsgerechtigkeit für die Menschen auf dem Land und für die bäuerliche Bevölkerung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Reden wir über die wichtigen Dinge! Sie haben Recht, Herr Kollege Missethon: Es war der Herr Vizekanzler, der sich auf die Nebenschauplätze begeben hat, denn die Liste der verkehrspolitischen und infrastrukturpolitischen Maßnahmen, Herr Vizekanzler, ist absolut lang und zeichnet sich dadurch aus, dass sie entweder sehr persönlich motiviert oder gegen die Menschen gerichtet ist. Von Sachpolitik ist vielfach weit und breit nichts zu sehen und nichts zu spüren, und ich sage Ihnen auch, Herr Vizekanzler, warum.

Erstens: Die Zerschlagung der ÖBB in 21 Gesellschaften haben Sie zu verantworten. (Ein Handy in den Reihen der SPÖ-Abgeordneten läutet. – Abg. Scheibner: Ihr Tele­fon läutet!) – Meines ist ausgeschaltet! Ich habe es im Griff, Herr Kollege Scheibner.

Zweitens: Diese Zerschlagung, meine Damen und Herren, ist zum Nachteil aller Bahn­kundinnen und Bahnkunden und zum Nachteil aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ÖBB. (Beifall bei der SPÖ.) Sie haben es geschafft, aus sieben Vorständen und elf Prokuristen 17 Vorstände und 21 Prokuristen zu machen und die Anzahl der Aufsichts­räte von 22 auf 57 aufzustocken. (Abg. Mag. Johann Moser: Unglaublich!) Gleichzeitig, Herr Verkehrsminister, ist es aber Ihr Ziel, Tausende Eisenbahner abzubauen, und das ohne Rücksicht auf persönliche Schicksale. Ich sage Ihnen, Herr Verkehrsminister, das hat mit einer modernen und zukunftsorientierten Bahnpolitik absolut nichts zu tun! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Im Gegenteil: Sie wollen ein gültiges, bestehendes Dienstrecht der EisenbahnerInnen verändern! Sie hungern die ÖBB finanziell aus und versorgen die MitarbeiterInnen Ihres Büros mit lukrativen Posten. Sie forcieren eine Bahnliberalisierung, obwohl es genügend Beispiele dafür gibt, dass es gerade beim Personenverkehr nur auf stark frequentierten Strecken einen fairen Wettbewerb gibt. Und es gibt noch viele andere Beispiele, die zum Nachteil des öffentlichen Verkehrs sind.

Zweiter Punkt, Herr Verkehrsminister: Bodenseeschifffahrt. Sie verkaufen ein funk­tionierendes Unternehmen weit unter seinem Wert, nicht nachvollziehbar und ein klarer Fall von Unvereinbarkeit.

Dritter Punkt, Herr Verkehrsminister: ASFINAG. Sie lassen diese Gesellschaft auf einem Schuldenberg von rund 13 Milliarden € sitzen. Was tun Sie dagegen?

Letzter Punkt in der langen Liste Ihrer Versäumnisse, Herr Verkehrsminister: Ihr Ansin­nen, ein Blaulicht auf Ihrem Dienstwagen zu montieren, mutet wahrlich etwas grotesk an und hat mit Augenmaß im Hinblick auf die eigene Tätigkeit absolut nichts zu tun. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)


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160 km/h auf der Autobahn. Worum geht es, Herr Verkehrsminister? Geht es darum, in aller Munde zu sein, vor allen Dingen in allen Zeitungen? Ist es das, was Sie wollen? Oder ist diese Forderung durchdacht und auch durchführbar? Bleiben wir seriös! Tat­sache ist, dass dieses Teilstück dieser Autobahn zwei- und nicht dreispurig ist und flexible Geschwindigkeitsanzeigen fehlen, und es sind auch geeignete Kontroll­maßnahmen nicht vorhanden. Wo bleibt deshalb das Ziel, das von Ihnen immer eingefordert wird: mehr Verkehrssicherheit, verstärkter Umweltschutz, geringerer Treib­stoffverbrauch, weniger Lärm?

Herr Verkehrsminister, ich denke, Ihre Bilanz ist absolut spärlich, sie ist kümmerlich! Außer Spesen nichts gewesen! Höher, schneller, weiter!, dürfte Ihr Motto sein – und betroffen sind die Menschen, die Verkehrssicherheit und die VerkehrsteilnehmerInnen (Abg. Scheibner: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?), Herr Kollege Scheibner. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt hat sie’s ihm „eineg’sagt“, dem Klubobmann! Jetzt zittert er!)

Herr Vizekanzler, es reicht! Unser Vertrauen haben Sie im wahrsten Sinn des Wortes absolut verspielt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. Auch er spricht 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Scheibner –: Herbert, erfang dich wieder!)

 


9.36.32

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Keine Angst, liebe Kollegen, es war nicht so erschütternd, was wir bis jetzt gehört haben! Man fragt sich ja wirklich, wie man eine so wichtige Möglichkeit, in der Aktuellen Stunde die eigene Programmatik, die Programmatik einer Fraktion darstellen zu können, so vergeuden kann, wie das in dieser Aktuellen Stunde der Grünen der Fall ist. (Abg. Mag. Johann Moser: Das müssen Sie uns überlassen!) Ach so, Ihnen muss ich überlassen, was die Grünen in der Aktuellen Stunde machen?! Rot/Grün ist anscheinend schon besser vorbereitet, als man glaubt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wenn Ihnen nichts anderes einfällt, als solche Aktuellen Stunden gemeinsam einzu­bringen, sage ich: Sie werden sich noch etwas anderes einfallen lassen müssen! So wird das nichts werden!

Wenn man sich die letzten Zeitungskommentare ansieht, dann weiß man ja, warum die Grünen dieses Thema der Aktuellen Stunde eingebracht haben. Wenn in den Zeitun­gen etwa über eine „Pressestunde“ des Kollegen Van der Bellen steht, grantig, defensiv und wortkarg war der Auftritt, so ist das symptomatisch für die realen Verhältnisse der Grünen: Sie stehen ein wenig im Eck, inhaltlich, strategisch und personell. (Abg. Öllinger: Und wo stehen Sie?)

Und so geht das in den Kommentaren weiter: Grabenkämpfe erschüttern die Grünen. Jetzt brennt der Hut: Spätestens in einem Jahr sind Nationalratswahlen. Den Grünen drohen die Felle davonzuschwimmen. Und dann heißt es hier: Ganz langsam dämmert es den Grünen, dass sie Themen brauchen. – Aber das, was wir heute hier präsentiert bekommen, ist, glaube ich, keine Morgendämmerung, sondern eine Abenddämmerung vor dem absoluten Dunkel. (Abg. Öllinger: Wo ist denn der Herr Staatssekretär Kukacka? Hat er Urlaub?)

Dann überlegen sich die grünen Strategen: Was machen wir jetzt, wie kann man über diese Medienrampe kommen? – Dringliche Anfragen sind schon ein bisschen „abge­lutscht“, wie man auf gut Wienerisch sagt; Sondersitzung geht auch nicht, also: Was kann man machen, damit die Medien berichten? – Misstrauensantrag, wunderbar!


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30 Misstrauensanträge wurden seit dem Jahr 2000 eingebracht, damit man über die Medienrampe kommt, und interessanterweise wird dieser 30. Misstrauensantrag unter anderem damit begründet, dass der Vizekanzler zu viel reist. Das ist interessant, denn der erste Misstrauensantrag wurde damit begründet, dass die Regierung international isoliert ist, im Jahr 2000. Und jetzt regt man sich auf, dass wir die Kontakte inten­sivieren – zum Wohle Österreichs, meine Damen und Herren von den Grünen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Ein bisschen mehr Seriosität in der Argumen­tation wäre angebracht!

Die Bilanz des Vizekanzlers, meine Damen und Herren, beschränkt sich nicht auf die Dinge, die Sie da vorbringen. Dem Herrn Vizekanzler wird vorgeworfen, dass ein Mitarbeiter angefragt hat, wie das mit einem Blaulicht ist. (Abg. Öllinger: Nein, nein, nein! Nicht ein Mitarbeiter!) Sie haben schon das Blaulicht, das haben wir ja gesehen! (Heiterkeit.) Geben Sie es nur heraus auf Ihrem Stiel, der wahrscheinlich auf Ihrem Tretauto befestigt ist, wo Sie probieren, wie es ist, als Regierungsmitglied in einem Dienst­auto zu sitzen. Dann geben Sie halt dieses nette Blaulicht drauf, okay – aber machen Sie Ihre Spielereien nicht hier im Plenarsaal, meine Damen und Herren! Hier wollen wir seriöse Politik machen, und wir werden Ihnen noch vorzeigen, wie das geht. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Der Herr Vizekanzler hat das ja auch mit seinen Verkehrssicherheitsprogrammen vor­gezeigt, meine Damen und Herren. Das hätten Sie hier ansprechen können: Maßnahmen zur Senkung der Zahl der Verkehrstoten – erfolgreich umgesetzt, meine Damen und Herren.

Zu Tempo 160 sage ich Ihnen: Natürlich ist es ein Beitrag zur Verkehrssicherheit, wenn man den Autofahrern signalisiert: vernünftige Tempolimits, aber radikal überprüft und auch entsprechend abgestraft, wenn sie nicht eingehalten werden.

Es wird Situationen geben, für die 130 km/h auf der Autobahn zu schnell sind, und es wird andere Situationen geben – streng überwacht, unter besten Voraussetzungen –, in denen man auch schneller als 130 km/h fahren kann. Es ist eine sinnvolle Maß­nahme, dass dort, wo es vertretbar ist, genehmigt wird, dass auch schneller gefahren wird, und dort, wo es nicht vertretbar ist, niedrigere Tempolimits eingeführt werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Der Vizekanzler hat aber in wichtigen Bereichen auch Erfolge erzielt, die Ihnen nicht einmal als Forderungen eingefallen sind. Die For­schungsquote – das ist die Zukunft Österreichs, das ist die Zukunft der Arbeitsplätze, das ist die Zukunft des Standortes, Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zu intensivieren und diese auf ein Rekordniveau zu steigern.

Der Herr Vizekanzler hat es mit seinen Konjunkturpaketen geschafft, dass wir nicht so wie Deutschland in eine Depression verfallen sind, sondern wir haben signalisiert, dass hier in Österreich gesunde Unternehmungen eine Zukunft haben können, meine Damen und Herren! Das ist verantwortungsvolle Politik, und nicht Ihre Kinkerlitzchen, wie Sie da mit Ihrem Spielzeug „herumwacheln“. Das können Sie in Ihren Strate­giesitzungen machen, aber nicht hier, wo wir verantwortungsvolle Regierungspolitik zu machen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Und etwa bei den Rekordinvestitionen in die Schiene und in den Straßenausbau. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Eine schöne Beschäftigung!) Das ist verantwortungsvolle Politik für Österreich! Dieser Vizekanzler wird nicht nur diesen Misstrauensantrag überstehen, er wird auch noch in Zukunft gute zukunftsorientierte Politik für Österreich machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

9.41



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Gabriela Moser –: Frau Kollegin, gehst du mit Blau­licht raus?)

 


9.42.01

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Bezeichnenderweise sitzt ja niemand aus der ÖVP-Ministerriege, auch nicht der Herr Bundeskanzler hier. Sie sind unter sich – das zeigt, wie verlassen und peinlich Ihre Bilanz eigentlich ist. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ha! Ha!)

Ja, Herr Minister, uns reicht es wirklich (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihnen!), denn Ihre Bilanz ist mehr als peinlich. Das hat allein Ihre Darlegung vorhin gezeigt. Auch das, was Herr Klubobmann Scheibner gesagt hat, hat das sehr gut gezeigt. Er kann ja inhaltlich nichts vorweisen! (Abg. Scheibner: Ich gebe Ihnen alle Maßnahmen!)

Uns geht es um eine inhaltliche Programmatik, um Menschenschutz – deswegen sind wir dafür, dass die Verkehrssicherheit erhöht und nicht durch Tempo 160 ausgehöhlt wird – und um Umweltschutz. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Wir wollen das Klima und die Menschen schützen und deshalb die Geschwindigkeit reduzieren und Rücksichtnahme fördern, Abgase einsparen, Lärm reduzieren, den Menschen das Leben verbessern – und nicht das Leben der Menschen gefährden. (Beifall bei den Grünen.)

Sie aber versuchen, mit einem Thema, mit dem Sie irgendwie in die Medien kommen, das Überleben Ihrer Partei zu sichern. (Abg. Steibl: Na, da redet gerade jemand!) Da riskieren Sie Tests und Versuche, die Menschenleben gefährden. Das wollen wir nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Ihre Bilanz, Herr Minister, ist wirklich mehr als peinlich! Schauen Sie es sich im Detail an! Bei den ÖBB: Züge sind schaffnerlos, weniger Service, weniger Speisewägen. Es gibt bei den Zügen teilweise weniger Mittel für die Nebenbahnen, eine Zusperr-Orgie droht.

Ihre zweite Bilanz, Herr Minister, betrifft die Postämter: Gerade jetzt vor Weihnachten stehen die Menschen Schlange vor den Schaltern, weil Postämter geschlossen wur­den. Das Service wurde zurückgenommen, die Kundenbedienung wurde reduziert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Realitätsverweigerung!) Das ist Ihre Bilanz, Herr Minister!

Schauen Sie weiter zur Telekommunikation: Wie viele Bürgerinitiativen gibt es, wie viele Menschen fühlen sich davon betroffen, dass Handymasten ohne Rücksicht auf die AnrainerInnen aufgestellt werden? Der Gesundheitsschutz und der Rechtsschutz für AnrainerInnen sind Ihnen egal. – Das ist Ihre Bilanz, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Reheis.)

Die Transitbelastungen steigen: Es gibt 20 Prozent mehr LKW-Fahrten über den Brenner, seit die Ökopunkteregelung ersatzlos gestrichen wurde. Das ist Ihre Bilanz. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Brenner-Basistunnel!) Sie haben keine Nachfolgeregelung, Sie haben die Transitsteigerung zu verantworten, Sie haben uns eine Wege­kosten­richtlinie eingebrockt, die verstärkt zur Belastung der Bevölkerung beiträgt und die insgesamt keine Verlagerung auf die Schiene bringt. Das ist Ihre peinliche Bilanz, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Was ist mit dem Brenner-Basistunnel?)

Herr Minister! Ihr Programm für die Präsidentschaft: Sie laden nach Vorarlberg zu einem Schleuderkurs ein. Alle Verkehrsminister dürfen mit Autos schleudern üben.


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Herr Minister, ist das nicht lächerlich? Ist das im internationalen Vergleich nicht peinlich? (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Statt eine alternative Form von Verkehrs­politik zu fördern, statt die Schiene zu stärken, statt den Nahverkehr zu fördern, statt insgesamt die Verlagerung von energiefressenden LKWs hin zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik mit den Verkehrsministern zu diskutieren, statt Verkehrssicherheits­maßnahmen in den Vordergrund zu stellen, schleudern Sie und stellen 160-km/h-Testfelder auf. Das ist peinlich für unser Land! (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) Deshalb werden wir Ihnen anschließend das Misstrauen erklären.

Für uns ist hingegen wesentlich, dass Gerechtigkeit (Abg. Wattaul: Das interessiert ja gar keinen mehr! Das ist ja nicht die Wahrheit! Sie wissen ja nicht, was Sie reden!) im Verkehrsbereich Platz greift, dass die Menschen, die wenig fahren, belohnt werden, und die Menschen, die fahren müssen, die PendlerInnen, endlich mit einem richtigen Absetzbetrag entschädigt werden. Wir wollen eine offensive Verkehrspolitik haben, die nicht belastet (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wattaul), sondern Anrainer und Wenigfahrer entlastet und die Vielfahrer, die beruflich dazu gezwungen sind, steuerlich seriös behandelt. Das ist unsere Programmatik, das ist unsere Zukunft.

Ihre Vorstellung ist feindlich, und die Feindlichkeit mündet darin, dass Sie durch den Verkauf der Bodenseeschifffahrt – ein lukratives Unternehmen – an Ihren zukünftigen Arbeitnehmer sich selbst ein Ausgedinge geschafft haben. Das ist der Gipfel der Peinlichkeit, Herr Minister! (Beifall bei den Grünen.)

Ihre Possen in der Verkehrspolitik brauche ich nicht noch einmal anzuführen. Das Blaulicht wurde diskutiert. Ihnen geht es auch um Posten, Posten für sich und Posten für Ihre Gesinnungsgenossen; 27 solcher Fälle könnte ich Ihnen aufzählen, ich habe mir die Liste mitgenommen, leider lässt es die Zeit nicht zu. Diesen Postenschacher im eigenen Interesse bei der (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen) Boden­see­schifffahrt und für die Klientel lehnen wir ab. Wir misstrauen Ihnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

9.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.47.31

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gerade eine SMS von einer Freundin bekommen. (Rufe bei der SPÖ: Ah!) Es kommt nicht oft vor, dass sie Zeit hat, unsere Live-Debatte zu sehen. Da steht: Liebe Karin, hältst du dieses Kasperltheater wirklich aus? Du tust mir Leid. Liebe Grüße. (Zwischenruf der Abg. Mandak.) – Ich kann Ihnen sagen, es ist genau dieser erste Eindruck, der uns allen hier nicht gut tut. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich kann den Menschen zu Hause versichern: Gott sei Dank ist das nicht die Art der ÖVP, Verkehrspolitik zu machen. – Heute habe ich mir schon gedacht: Vielleicht sitzen die Grünen bald mit lustigen, blinkenden Hütchen im Plenum, das ist der nächste vorstellbare Schritt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und mit Schutzkappen!)

Die grüne Verkehrspolitik existiert nicht mehr. Mir tut das sehr Leid, denn ich hielte sie für wichtig. Deswegen macht die ÖVP mit Bundeskanzler Schüssel grüne Politik. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Öllinger: In der Dunkelkammer?) – Was Sie in den letzten Wochen und Monaten an verkehrspolitischem Chaos veranstaltet und ausgelöst haben, geht eigentlich auf keine Kuhhaut mehr.

Van der Bellen sagte – das wurde heute schon einmal erwähnt – in der „Presse­stunde“: Ich bin für eine kilometerabhängige PKW-Maut. – Vier Tage später sagte Frau


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133. Sitzung / Seite 26

Kollegin Moser im Verkehrsausschuss: Ich bin gegen eine kilometerabhängige PKW-Maut. – Wir waren verwirrt und fragten nach, darauf sagte sie: Nein, eigentlich sind wir schon dafür, aber nur auf den Bundesstraßen. – Wir haben uns nicht mehr ausge­kannt. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Nein! Das stimmt ja nicht!) Sie kennen sich nicht aus, also beschäftigen Sie sich mit Details wie einer Anfrage eines Kabinettsmitarbeiters in einem Ministerium, und dies wird zu einer Staatsaffäre. Meine liebe grüne Partei, wenn Sie keine größeren Sorgen haben, wir haben sie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was tatsächlich wesentlich ist, ist, dass man sich mit der Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen beschäftigt. (Abg. Öllinger: Ihre Besorgtheit schmerzt uns!) Ich denke, dass es uns mit der Bundesregierung unter Bundeskanzler Schüssel und Vizekanzler Gorbach gelungen ist, die Zahl der Verkehrstoten seit dem Jahr 1999 mehr als zu halbieren. Das ist nicht alles auf die Politik zurückzuführen, es gibt auch Fort­schritte in der Medizin, daher werden mehr Menschen als früher gerettet.

Es ist aber sehr vieles darauf zurückzuführen, dass im Führerscheinrecht, auch im Ausbau und in der Sicherheit der Straßen sehr viel geschehen ist. Sie vergessen immer, dass Straßenausbau nicht nur Neubauten von Schnellfahrstrecken bedeutet, sondern auch sehr viele verkehrssicherheitspolitische Projekte umgesetzt werden. Diesen Weg werden wir weitergehen.

Parallel dazu investieren wir jährlich 1,4 Milliarden € in die Schieneninfrastruktur. Das ist jährlich mehr als das Doppelte als in jeder vorherigen Regierung. (Abg. Mandak: Da wird so wenig investiert, dass der Vizekanzler ...!) Das ist wichtig!

Wie ist die grüne Haltung dazu? – Eine gänzliche Verabschiedung von Umwelt­projekten. Sie sind gegen den Brenner-Basistunnel. Da sind Ihnen die Menschen egal. Als Allererstes kommt das Geld, und das brauchen wir schon vorher, als ob wir uns das Geld für den Basistunnel irgendwann in den Hosensack stecken und sparen könnten, würden wir ihn nicht bauen! – Da sind Ihnen die Menschen ganz egal.

In Tirol versteht auch das glücklicherweise kein Mensch. Stattdessen sind wir alle sehr dankbar dafür, dass unser Bundeskanzler und unser Vizekanzler etwas so Wichtiges zustande gebracht haben wie den Mautkompromiss und die neue Wegekosten­richtlinie, was eine unverdächtige Zeugin, nämlich die EU-Delegationsleiterin Maria Berger von der SPÖ, als kleine Sensation bezeichnet hat.

Herr Vizekanzler! Ich darf mich ganz herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie es nach zehnjährigem Ringen geschafft haben, die Brennermaut in der bestehenden Höhe zu erhalten, darüber hinaus bei der Wegekostenrichtlinie Ziele zu verankern, dass die Verkehrstarife in Europa harmonisiert werden, dass gerechte Gebühren für die Nutzung von Straßeninfrastruktur nach dem Verursacherprinzip in ganz Europa kom­men werden. All das sind österreichische Initiativen, das ist österreichische Politik auf europäischer Ebene, zum Teil mit Vertretern der Opposition umgesetzt. Das ist wichtig für die Menschen in unserem Land. Dafür arbeiten wir. Wir machen eine berechenbare Verkehrspolitik für die Menschen in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Abschließend, Herr Abgeordneter Cap: Reisen bildet auch. (Abg. Wattaul: Der Cap ist ja nicht da! Der ist, glaube ich, eh auf Reise!) Als Tirolerin an der Grenze zu Deutschland weiß ich: Dort gibt es viele Strecken, wo es überhaupt kein Tempolimit gibt. Dafür ist Voraussetzung, dass optimale Straßenverhältnisse und optimal ausge­baute Straßen vorhanden sind. In Deutschland passieren auf solchen Strecken nicht mehr Unfälle! Ich bin dafür, dass man sich Tempo 160 seriös anschaut, und so werden wir das auch behandeln. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.52



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133. Sitzung / Seite 27

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Lapp stellt eine orange Warnleuchte auf das Rednerpult. – Rufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP: Oh!)

 


9.53.11

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Herr Vizekanzler! Herr Vizekanzler Gorbach, es gibt ein Licht für Sie. Im § 99 Kraftfahrzeuggesetz ist definiert: Das gelb-rote Licht dient zur Beförderung gefährlicher Güter. – Das möchte ich Ihnen für Ihr Dienstauto überreichen. (Die Rednerin überreicht Vizekanzler Gorbach die orange Warnleuchte. – Vizekanzler Gorbach: Danke! – Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ihre Politik ist gefährlich. Tempo 160 auf Autobahnen, die nicht dafür ausgerüstet sind, wo sehr viele Verkehrsunfälle durch überhöhte Geschwindigkeit passieren. Die Per­sonalkosten überziehen Sie ständig, und Ihre Reisekosten sind exorbitant.

Ich habe in parlamentarischen Anfragen nach den Dienstreisen gefragt. Auf Grund Ihrer Antwort kann man nur zu dem Schluss kommen: Sie lassen sich Ihre Freizeit­be­schäftigung auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanzieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Zum Beispiel: Ein Tag in Brüssel ist für einen Sektionschef Ihres Hauses ungefähr 600 € wert. Für den Herrn Vizekanzler macht das bis zu 9 000 € aus. Herr Staats­sekretär Kukacka und drei Mitarbeiter brauchen für drei Tage Brüssel 3 165 €. Herr Vizekanzler, neun Tage Kanada machen bei Ihnen 30 357,36 € aus. Sie sind ein Reisender auf Kosten der Österreicherinnen und Österreicher ohne nennenswerten Output, ohne Ergebnisse! Wo sind die Firmen, wo sind die Unternehmungen, die Sie nach Österreich gebracht haben? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Bleckmann: Das ist ja wohl die Höhe!)

Kollegin Hakl hat soeben gemeint hat, dass Reisen bildet – ich kann Ihnen nur sagen: Tun Sie das aus Ihrer Privattasche und hören Sie auf, Ihre Staatsfunktion für per­sön­liche Reisetätigkeit zu verwenden! (Abg. Scheibner: Lesen Sie etwas anderes vor!)

Ein nächster Bereich ist Ihre politische Funktion bei den Österreichischen Bundes­bahnen. Dort wird ständig Personal abgebaut, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird gesagt, dass sie nichts wert sind, dass sie nichts geleistet haben und dass sie deswegen auf die Straße gesetzt werden. (Zwischenruf der Abg. Dr. Bleckmann.) Es gibt aber wesentlich mehr Generaldirektoren, und diese Generaldirektoren verdienen die dreifachen Gehälter wie vor fünf oder zehn Jahren. Das ist eine gefährliche Politik! Das ist menschenverachtend.

Im Rechnungshofbericht wurde ausgeführt, dass die Personalkosten steigen, obwohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgebaut werden. Trotz weniger Personals steigen die Personalkosten. (Abg. Scheibner: Ja, warum denn?) So, wie Ihr Ansinnen ist, wenn Sie BewerberInnen einstellen wollen – da gibt es ein Casting –, merkt man, dass Sie auch bei den ÖBB überhaupt keine wirtschaftliche, politische Verantwortung zu tragen haben.

Nur bei Angelegenheiten in eigener Sache sind Ihre Bemühungen erfolgreich, und da kümmern Sie sich um die Effizienz. Ihren Job nach der Vizekanzlerschaft haben Sie sich schon gesichert. Um einen Schnäppchenpreis konnte Ihr zukünftiger Arbeitgeber ein Unternehmen kaufen. Auch das ist ein Beispiel dafür, dass Sie eine gefährliche Politik machen.

Jetzt komme ich noch auf Ihr Ansinnen bezüglich Blaulicht zu sprechen – weil das nur so eine kurze Idee war. Wie man allein auf diese Idee kommen kann, Herr Vizekanzler, fragen sich sehr viele Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ.)


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Von Menschen in Rettungsorganisationen wurde ich darauf angesprochen, in Ret­tungs­organisationen, die Tausende Einsätze am Tag durchführen, bei denen Hunderte Menschen ehrenamtlich beschäftigt sind, die für die Gemeinschaft arbeiten, die Solidarität üben und die unbezahlt auf Leben und Tod mit dem Blaulicht unterwegs sind – und diesen wollten Sie bei der Ausübung ihrer Pflichten in die Quere kommen!

Herr Vizekanzler Gorbach! Nehmen Sie das gelb-rote Licht zur Beförderung gefähr­licher Güter – und treten Sie ab, aber möglichst schnell! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

9.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wittauer. 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


9.57.59

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Das, was wir heute hier erleben, ist schon eine Zumutung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Cap: Ja!) Professor Van der Bellen – jetzt hat er ja den Saal verlassen – hat das Wort „Zumutung“ gesagt, Frau Abgeordnete Moser das Wort „peinlich“. Herr Professor Van der Bellen, das ist vielleicht für Sie eine Zumutung, aber für uns ist es eine Zumutung, Sie hier zu erleben und die Bevölkerung mit Dingen zu konfrontieren, die einfach unwahr sind.

Wenn Sie, die Abgeordneten in der Bank dort, in der mittleren Partie, uns die Gelegen­heit geben, über einen Verkehrsminister, der so erfolgreich ist, über die Erfolgsbilanz des Verkehrsministers zu reden, dann sind wir dankbar dafür. (Zwischenruf der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

Ich werde Ihnen die Liste aufzählen. In Ihren Augen, Frau Abgeordnete Moser, ist inhaltlich nichts vorzuweisen? – Vom Jahr 2003 bis zum Jahr 2004 wurde die Zahl der Toten von 931 auf 878 reduziert. Es sind noch immer zu viele. – Vom Jahr 2004 bis zum heutigen Zeitpunkt wurde die Zahl um 105, eben auf unter 800 Tote in diesem Jahr reduziert. Das ist eine Erfolgsbilanz. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Bezüglich Tempo 160: Ich weiß, mit Tempo 160 können Sie wenig anfangen – mit dem Fahrrad fahre ich es auch nicht (Heiterkeit bei den Freiheitlichen), aber es gibt viele Autofahrer, die wissen, dass es Strecken bei uns gibt – und wir investieren viel in die Infrastruktur –, auf denen 160 km/h für die Autos nicht zu viel sind.

Sehen wir uns Deutschland an – Deutschland ist ein gutes Beispiel. Dort gibt es nicht Tempo 160, sondern auf vielen Strecken kann man 210 km/h oder 220 km/h fahren! In Deutschland gibt es auf 1 Million Menschen 80 Verkehrstote – bei uns hingegen 115. Und dabei haben wir jetzt nur Tempo 130! – Also, ich verstehe die Welt nicht mehr. Dort kann man teilweise – bei dreispurigen Autobahnen, bei guten Autobahnen – über 200 km/h fahren, bei uns aber wird Tempo 160 so diskutiert, als seien dann bereits die Verkehrssicherheit und alle möglichen anderen Dinge nicht mehr gewährleistet. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Und wie schaut’s aus mit dem Bremsweg?)

Ich sage Ihnen auch Folgendes: Es hat noch nie einen Verkehrsminister gegeben und es hat auch noch nie eine andere Regierungspartei als das BZÖ gegeben, die so viel für die Verkehrssicherheit gemacht haben, in so vielen Bereichen! Ich nenne Ihnen einige (Abg. Dr. Gabriela Moser: So viele Kabinettsmitglieder!): Verkehrs­beruhigungs­anlage, Vormerksystem, Mehrphasenführerschein, Licht am Tag, Warnweste. Und alles, was Sie haben, ist ein Misstrauensantrag für eine positive Bilanz des Verkehrs­ministers und dieser Regierung! – Gratuliere! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Um nun auf die Aussagen der Abgeordneten Binder-Maier zu sprechen zu kommen: Was hat sie gesagt: „Gerecht verteilen“? – Wo? Bei der Bundesbahn? Im geschützten Bereich, wo man eigentlich nichts anderes will, als dass die Leute dort auf Schulungen gehen, dass sie eingesetzt werden unter den gleichen Voraussetzungen, die sie haben? Und dann eine Erfolgsbilanz: Erstmalig hat die Bundesbahn 10 Millionen Überschuss, Gewinn. Ist das eine Bilanz? – Ich gratuliere! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ja, weil Sie die ...gründe verkauft haben! – Vor Steuer! – Das kann jeder von uns ...!)

Vorher hat man immer gesagt: Diese Bundesbahn ist nicht zu sanieren. – Im ersten Jahr haben wir es schon geschafft, dass es 10 Millionen Überschuss gibt! Gratuliere, Herr Verkehrsminister, zu dieser guten Arbeit! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn ich mir diese Faschingstruppe anschaue, muss ich mir vor Augen halten, welchen Imageschaden Sie unserem Land zufügen. Allein in der Steiermark sieht man, was Rot-Grün veranstaltet! Wenn ich mir vorstelle, dass es so angesehene Menschen dort gab – früher seid ihr alle dorthin gepilgert, damit ihr dem Schwarzenegger viel­leicht einmal die Hand habt geben können! (Abg. Öllinger: Na, na, na!) Und nun ist es so, dass Van der Bellen selbst gesagt hat, dass er stolz auf seine grüne Chaostruppe ist – und das ist eine Chaostruppe dort! –, stolz darauf, dass so einem Land wie der Steiermark beziehungsweise Österreich im Ausland solch ein Schaden zugefügt wird. (Abg. Mag. Wurm: Was sagen Sie zur Todesstrafe?) Ich bin neugierig, ob die Ameri­kaner noch gerne nach Österreich fahren, angesichts dessen, was Sie da abführen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen betreffend Verkehrssicherheit: Ich hoffe, Sie stim­men dann zu, wenn wir einen Entschließungsantrag einbringen mit 180 km/h Decke­lung – damit hier nicht der Anschein entsteht, den Sie hier immer ein bisschen wecken wollen, bei uns könne man dann noch um 50 km/h mehr fahren, das entspreche der Toleranzgrenze. Wir werden eine Deckelung mit 180 km/h einführen, damit 160 km/h bei uns kommen, und es ergeht die Forderung, in allen Bundesländern Teststrecken zur Verfügung zu stellen, um zu gewährleisten, dass dann mit Experten die Resultate diskutiert werden können. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Jetzt ist es 180 ...!) Das ist doch eine Selbstverständlichkeit! Wollen Sie, dass wir flächendeckend Tempo 160 ein­führen, ohne dass wir irgendetwas getestet haben? – Nein, wir wollen das nicht, denn die Verkehrssicherheit steht bei uns immer noch im Vordergrund.

Ich sage Ihnen etwas: Die Leute draußen – auch die Zuschauer vor den Fernseh­geräten und hier auf der Galerie – wissen, was es bedeutet, Rot-Grün zu wählen (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen), was es für dieses Land bedeuten würde, würden Rot-Grün in der Regierung sitzen: ...

Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordneter Klaus Wittauer (fortsetzend): ... Eine Zumutung! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.03


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. (Abg. Wattaul – in Richtung des sich zum Red­nerpult begebenden Abg. Öllinger –: Diese Rede wird das auch nicht mehr retten! Wir wissen, dass Sie keine Ahnung haben!)

 


10.03.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind uns offensichtlich uneins darüber, was peinlich ist: Sie finden es peinlich, wenn wir


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hier ein Blaulicht präsentieren, bei dem Vizekanzler Gorbach schon feuchte Augen bekommt. – Ich finde es peinlich, wenn Herr Vizekanzler Gorbach zunächst in der Öffentlichkeit sagt, nie habe er ein Blaulicht beantragt, das sei glatt die Unwahrheit. – Das hat er gesagt. Und dann muss der Herr Vizekanzler zugeben: Na ja, es hat schon einen Antrag gegeben – aber nicht von ihm, sondern nur vom Kabinettschef! (Abg. Dr. Bleckmann: Haben Sie nicht zugehört, Herr Kollege?)

Herr Vizekanzler! Es ist mehr als peinlich (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ), den Kabinettschef vorzuschieben für die eigenen Interessen. Herr Vizekanzler! Sie haben sich einen Auftritt als Märchenprinz bei der nächsten Faschingsgilde verdient (Abg. Wattaul: Du bist ja ein Schauspieler!), aber kommen Sie uns nicht mit diesen Geschichten daher!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Bundesrepublik Deutschland gibt es meiner Ansicht nach berechtigterweise eine Debatte über den möglichen Vorteil, den der scheidende Bundeskanzler Schröder durch einen Job beziehungsweise Berater­vertrag, den dieser mit einem Unternehmen abgeschlossen hat, erzielt haben könnte, wo darüber debattiert wird, ob er während seiner Amtszeit in diese Perspektive gekommen ist, dass er sich einen Vorteil verschafft hat.

Was aber ist mit dem Herrn Vizekanzler, der schon während seiner Amtsperiode eine Beschäftigungszusage erhalten hat, sie auch nicht bestritten hat, und gleichzeitig dem Beschäftiger, dem Unternehmer, die Bodenseeschifffahrt verkauft hat? Halten Sie das, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, von der ÖVP, für zulässig, für tragbar – und regen sich dabei über Bundeskanzler Schröder in der Bundesrepublik auf?! (Beifall bei den Grünen.)

Messen Sie nicht mit zweierlei Maßstäben, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Dritter Punkt: Unser Parteivorsitzender war sehr vornehm in der Beschreibung dessen, was bei ARC in Seibersdorf los ist. Das muss man sich einmal vorstellen! – Herr Wirt­schaftskammerpräsident (in Richtung des auf der Galerie sitzenden ÖWK-Präsidenten Dr. Leitl), ich glaube, Sie wissen mehr Bescheid, dürfen aber hier nicht reden. Das muss man sich vorstellen: Da draußen werken Burschenschafter, rechte Burschen­schafter, eingesetzt von diesem Verkehrsministerium (Abg. Dr. Bleckmann: Sind das keine Menschen und keine Leute, die was arbeiten dürfen, oder was? – Das ist ja ein Witz! Das ist ja Menschenhatz!), bringen das ARC Seibersdorf in Misskredit – nicht nur bei der Wirtschaft, sondern international –, fahren den Laden herunter, sodass der zweite Geschäftsführer, der nichts mit Burschenschaftern am Hut hat, nahe dran ist, seinen Job aufzugeben.

Da es jetzt ein Missverhältnis zwischen den Blauen, die dort draußen sitzen, und dem orangen Minister gibt, versucht der jetzt orange Minister, in Seibersdorf einen dritten Geschäftsführer einzusetzen, der ihm die Geschäfte besorgt und darauf schaut, dass der blaue Geschäftsführer nicht allzu üppig ins Kraut schießt.

Das ist Realität, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaft distanziert sich, hat meiner Ansicht nach größte Besorgnis betreffend Seibersdorf – und was macht der Herr Verkehrsminister? – Er lässt eine Studie nach der anderen über Beset­zungsvorschläge zu Seibersdorf machen und versucht, da seine Leute unterzubrin­gen. – Das ist die Realität, mit der Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien, sich auseinander setzen sollten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe gestern gesagt, dass Sie ein Minister für Prunk und Protz sind, Herr Bundesminister. Wissen Sie, wie viele Sitze hier auf dieser Regierungsbank zu vergeben sind? – 18 Sitze. (Ruf: 19!) – 19. Danke. (Abg. Scheibner: Die habt ihr alle schon gezählt, gell? Das glaub’ ich! Seid ihr probegesessen auch schon?) – Aber Sie


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könnten hier Ihre Kabinettsmitarbeiter nicht einmal unterbringen! 27 Mitarbeiter gibt es in Ihrem Ressort – in den Kabinetten des Vizekanzlers, des Ministers, des Staats­sekretärs Kukacka, der nicht hier ist, und des Staatssekretärs Mainoni. – 27!

Wissen Sie, wie viele Mitarbeiter Verkehrsminister Einem 1997 – und selbst da hat ihn Herr Haider schon kritisiert – hatte? – Neun Mitarbeiter (Abg. Neudeck: So hat es auch ausgeschaut!) gab es 1997! (Beifall bei den Grünen.) – Und im Jahre 2000 – da hatten schon die Blauen die Verantwortung für das Verkehrsressort – gab es acht Kabinetts­mitarbeiter. Inzwischen sind Sie bei 27! (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Herr Vizekanzler und Bundesminister, verabschieden Sie sich aus diesem Ressort mit Tempo 160! Das wäre uns nur recht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist daher geschlossen.

10.08.56Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3705/J bis 3721/J;

2. Anfragebeantwortungen: 3456/AB bis 3520/AB;

Nachtrag zur Anfragebeantwortung: 2. Zu 3414/AB;

Anfragebeantwortung (Obmann des Rechnungshofausschusses): 35/ABPR;

3. Regierungsvorlage:

Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrages über den Beitritt der Republik Bulgarien und Rumäniens zur Europäischen Union (1265 d.B.).

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 77 betreffend „Keine Motorboot-Rennen mehr am Attersee“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber;

Zuweisungen auf Ersuchen des Ausschusses für Petitionen und Bürger­initia­tiven an andere Ausschüsse:

Verkehrsausschuss:

Petition Nr. 71 betreffend „Initiative zur Verhinderung weiterer Handymasten im Feyregger Wohngebiet“, überreicht vom Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirkl­huber;


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2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Finanzausschuss:

Antrag 754/A der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrie­holding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungs­verwaltungs­gesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000) geändert wird;

Gesundheitsausschuss:

Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (1268 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2005/13 (III-187 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Antrag 753/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung eines unabhängigen und weisungsfreien Datenschutzbeauftragten – Novellierung des Datenschutzgesetzes;

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Justizausschuss:

Bericht des Bundeskanzlers über das Ausmaß und die Verwendung des Aufkommens nach Art. II Abs. 6 der UrhG-Nov. 1986 im Geschäftsjahr 2004 (III-191 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Ge­staltung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 5 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 88 Minuten, freiheitlicher Parlamentsklub 60 Minuten sowie Grüne 65 Minuten.

Weiters wurde folgende Redezeitvereinbarung für die Zeit nach der Aktuellen Stunde bis 13 Uhr, die vom ORF übertragen wird, getroffen:

Zunächst eine Wortmeldung des Bundeskanzlers mit 25 Minuten, anschließend je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 11 Minuten, ferner eine Wortmeldung des Vizekanzlers mit 10 Minuten, sodann je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 7 Minuten, weiters eine Wortmeldung der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten mit 10 Minuten, nun je eine Wortmeldung pro Fraktion mit 5 Minuten und schließlich je eine Wort­meldung pro Fraktion mit 5 Minuten.

Vor Beginn der vorletzten Runde wird die allenfalls verbleibende Redezeit von der den Vorsitz führenden Präsidentin gleichmäßig auf die Fraktionen in der Weise verteilt, dass noch alle Fraktionen zu Wort kommen.

Weiters besteht Einvernehmen darüber, dass tatsächliche Berichtigungen erst nach 13 Uhr aufgerufen werden.


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Darüber entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein dies­bezügliches Zeichen. – Das Hohe Haus ist einstimmig einverstanden. Wir werden daher so vorgehen.

10.10.481. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Thema: „Österreichische EU-Präsidentschaft im 1. Halbjahr 2006 und Ergebnisse des Europäischen Rates vom 15./16.12.2005“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Im Anschluss an die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend einem noch einzubringenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfinden.

Ich erteile nunmehr dem Herrn Bundeskanzler das Wort. – Sie sind am Wort, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei der ÖVP.)

 


10.11.32

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das Jahr 2005 war für die Europäische Union – oder ist für die Europäische Union – ein relativ schwieriges Jahr: Wir hatten zwei Referenden, in Frankreich und in Holland, die ein Nein zur Europäischen Verfassung gebracht haben, zum Verfassungsvertrag, den übrigens dieses Hohe Haus fast einstimmig ratifiziert hat. Wir hatten im Sommer, im Juni, unter Luxemburger Vorsitz das Scheitern der Ergebnisse zur Finanzvorschau bis 2013. Wir hatten schreckliche Anschläge Anfang Juli in London, in der U-Bahn, mit vielen Opfern. Wir hatten eine Zerreißprobe Anfang Oktober, als es um die Erweiterung und die Bedingungen für die Verhandlungen mit der Türkei gegangen ist. Und viele Zeitungen haben getitelt: Europa steckt in der tiefsten Krise seines Bestehens. – Das waren sehr schwierige Aussichten für die österreichische Präsidentschaft. Zwischen einerseits „nichts geht mehr“, „Verwalter der Krise“ und andererseits der Hoffnung, dass Österreich Europa retten kann (Abg. Dr. Jarolim: Sie sollten nicht übertreiben!), zwischen diesen beiden Extremen schwankte die Beurteilung der internationalen Medien.

Deswegen hatte diese Einigung in den Morgenstunden des 17. Dezember eine große Bedeutung für Europa, aber natürlich auch für die österreichische Präsidentschaft. Zum ersten Mal haben 25 Mitgliedsländer – zum ersten Mal 25 – ein Budget für 27 Länder gemeinsam erstellt. Und damit gibt es Planungssicherheit für einen Horizont von, von jetzt weg gerechnet, acht Jahren. Es ist die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in einer sehr schwierigen Zeit unterstrichen worden. Die Wiedervereinigung Europas kann fortgesetzt und auch finanziert werden, und Solidarität und eine faire Beteiligung an den Kosten dieser Erweiterung sind fixiert.

Überlegen Sie, was es bedeutete, als die Außenministerin Österreichs am 3. Oktober anlässlich der Verhandlungen betreffend die Türkei das erste Mal die zwei kurzen Worte „fair share“ – Beteiligung an den Erweiterungskosten – hineingebracht hat! Damals wurde die Kritik laut: Ja was heißt denn das Ganze? Das ist ja eigentlich selbstverständlich – stimmt! –, aber das wird ja erst viel, viel später kommen, und wer weiß, ob es dann überhaupt eingehalten wird. Dieser kleine Satz ist jetzt bei den Finanzvorschauverhandlungen hinsichtlich der Erweiterungskosten Wirklichkeit gewor­den, denn der Briten-Rabatt wird um 10,5 Milliarden € oder 7 Milliarden Britische Pfund verringert, was bedeutet, dass am Ende der Periode die Briten um 2 Milliarden Pfund


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jährlich mehr zahlen werden. Und am Ende zahlen die Briten 100 Prozent der Erweite­rungskosten, abgerechnet die Landwirtschaft.

Das ist tatsächlich ein Durchbruch, und es ist ein bleibender Durchbruch, der hier erzielt werden konnte! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wie gesagt: zurückzuführen auf einen kleinen, unscheinbaren Satz, den Österreich in die Beitritts­verhandlungen zur Türkei am 3. Oktober hineingebracht hat.

Mit diesem Budget und mit den Plänen, die jetzt vorgelegt werden, wird Europa auch moderner und wettbewerbsfähiger. Natürlich hätten manche – die Kommission und auch manche Fraktionen im Europäischen Parlament – hier noch mehr Druck gesehen. Aber vergessen wir nicht: In der kommenden Finanzperiode werden die Forschungs­ausgaben um 75 Prozent steigen, und dazu kommen noch – ein weiterer österreichi­scher Vorschlag – 10 Milliarden € über die Europäische Investitionsbank. Und die Aus­gaben für die Entwicklung des ländlichen Raums, das eigentliche moderne Mittel­standsprogramm der Europäischen Union, steigen sogar um 76 Prozent. Europa wird also moderner und wettbewerbsfähiger durch diese Beschlüsse! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Nicht zuletzt sage ich auch sehr deutlich und auch mit ein bisschen Stolz: Das europäische Lebensmodell ist mit diesen Eckpunkten gewahrt! – Eines nämlich sage ich schon auch dazu, wenn manche die Agrarförderungen so leichtfertig kritisieren: Es gibt einiges zu reformieren – Obergrenzen einführen et cetera; das ist klar, das verbindet uns ja auch alle –, aber an sich sichern diese Ausgaben für die öster­reichi­schen und europäischen Konsumenten erstklassige, sichere und geprüfte Nahrungs­mittel und Getränke, sichern damit auch die Bewirtschaftung der europäischen Landwirtschaft und ländlichen Räume. Und das ist für mich Teil und wesentlicher Teil auch des europäischen Lebensmodells, auf das wir einfach nicht verzichten wollen. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun, was sind im Einzelnen die Ergebnisse dieser Verhandlungen, die sehr schwierig gewesen sind und zeitweise wirklich am Rande des Abbruchs gestanden sind und in den Morgenstunden des Samstags der vorigen Woche beendet werden konnten?

Die Ausgabenobergrenze ist angehoben worden auf 862 Milliarden €. Das ist irgendwo in der Mitte zwischen dem, was Luxemburg vorgeschlagen hat, und dem, was die Briten am Anfang vorgelegt haben. Und es ist ein sparsames europäisches Budget. Das sage ich schon auch dazu, denn es kann nicht nur von den nationalen Budgets Sparsamkeit verlangt werden, das muss auch vom europäischen Budget verlangt werden; jeder Euro muss sinnvoll eingesetzt werden und muss auch überprüfbar sein.

Sparsamkeit heißt, dass wir in den Zahlungen genau dem entsprechen, was wir uns vorgenommen haben: Die Zahlungen werden pro Jahr unter 1 Prozent – bei ungefähr 0,99 Prozent – liegen. Und damit liegen wir um etwa 140 Milliarden € unter dem, was ursprünglich die Kommission vorgelegt hat.

Ich glaube, dass man mit diesem sparsamen europäischen Budget durchaus einiges erreichen kann.

Wichtig ist aber auch – zweiter Punkt –: Die neuen Mitgliedstaaten werden ausreichend finanziert. Da sage ich schon auch: Wer A sagt, muss auch B sagen! Wir waren alle, fast alle für den Beitritt der zehn neuen Mitgliedstaaten – oder? –, und daher müssen wir auch bereit sein, unseren Beitrag für diese Erweiterungskosten mit zu bezahlen.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut hat in den letzten Tagen eine kleine Bewertung vorgelegt: Pro Jahr werden die neuen Mitgliedstaaten etwa 35 Milliarden € aus diesem europäischen Budget bekommen, über Strukturhilfen, Landwirtschaft und ländlicher Raum. Das ist ein gewaltiges europäisches Aufbauprogramm, das damit finanziert


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werden kann, nämlich eine Summe von – mit den Kofinanzierungen – etwa 250 Mil­liarden € für die nächsten sieben Jahre. Das ist das doppelte Volumen des seiner­zeitigen Marshall-Plans nach dem Krieg für ganz Europa. – Ich glaube, ein ganz wichtiger Schritt nach vorne, wo wir ja auch hoffen, von diesem Aufschwung in Mittel- und Osteuropa profitieren zu können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir Österreicher liefern derzeit Güter im Wert von 12 Milliarden € in die zehn neuen Mitgliedstaaten und haben damit einen Marktanteil, der weit größer ist als unser Bevölkerungsanteil: Wir haben einen Marktanteil von etwa 5 Prozent.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut und auch das IHS schätzen, dass Österreich sich an diesem zusätzlichen Europaprogramm für Mittel- und Osteuropa mit etwa einem Volumen von einem halben Prozent an zusätzlichem Wirtschaftswachstum pro Jahr beteiligen kann, was bedeutet, dass wir etwas mehr als 1 Milliarde € aus diesem Programm herausbekommen. Das ist fünfmal so viel wie die Steigerung unseres Nettobetrages, es ist sogar mehr, als der gesamte Nettobetrag pro Jahr eigentlich ausmacht. – Daher eine sinnvolle Investition, auch in unsere eigene Zukunft und in unsere eigene Nachbarschaft! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Hohes Haus! Natürlich ist auch Folgendes wichtig – und diesbezüglich fragen uns ja die Bürger immer wieder interessiert –: Was steht in diesem Budget drinnen? Wo finden wir uns wieder? Wovon können wir profitieren? Da war mir sehr wichtig – das war auch der härteste Teil der Verhandlungen –, dass wir, wenn wir schon als eines der reicheren Länder der Europäischen Union einzahlen, auch unsere Aufgaben ausreichend bewältigen können, dass wir für die Forschung, für den ländlichen Raum und für die Grenzregionen etwas zustande bringen.

Ich glaube, dass es – jedenfalls meiner Bewertung nach – ein großer Erfolg ist, dass in diesem Budget die Rückflüsse mit 11 Milliarden € in der Finanzperiode 2007 bis 2013 gleich hoch bleiben wie in der Finanzperiode 2000 bis 2006. 11 Milliarden damals – 11 Milliarden jetzt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, das war alles andere als selbstverständlich! Wenn man sich die ersten Vorschläge der Luxemburger und vor allem der Briten angesehen hat, dann drohte hier eine massive Kürzung. Die Ausgaben für den ländlichen Raum etwa hätten halbiert werden sollen. Insgesamt wären die Rückflüsse deutlich geringer gewesen als das, was wir letztlich erreicht haben. Für den ländlichen Raum sind die Mittel mit 3,1 Milliarden € für die ganze Finanzperiode praktisch ungekürzt.

Wie ich schon gesagt habe: Dieses Programm für den ländlichen Raum ist nicht ein Programm für die Bauern allein, sondern das ist das eigentliche Europäische Mittel­standsprogramm. Es ist etwa der gesamte Aufbau der steirischen beziehungsweise der burgenländischen Weinwirtschaft aus diesem Programm gefördert worden, auch die Sanierung der Trassen in der Wachau. Es sind Nahversorgungskonzepte in ganz Österreich finanziert worden. Der Mittelstand, das Gewerbe werden finanziert.

Ich selbst habe die Firma Zotter – ich habe das auch in der „Pressestunde“ gesagt – besucht, die jetzt ihre 80 oder 90 verschiedenen Schokoladesorten weltweit exportiert, die irgendwo „in the middle of nowhere“ in der Nähe der Riegersburg höchst erfolgreich produziert. Das ist ein Projekt, das aus diesem Programm gefördert wird.

Auch die gesamte Umweltförderung in der Landwirtschaft, das Berghüttenprogramm und eine ganze Reihe von touristischen Projekten werden aus diesem Europäischen


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Mittelstandsprogramm finanziert. Das beläuft sich ungekürzt auf 3,1 Milliarden €. – Ein großer Erfolg für Österreich! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) 

Das zweite Thema, das wir uns vorgenommen haben, waren die Grenzregionen. Es ist klar, dass wir nicht mehr in dem Ausmaß bei den Strukturhilfen bedient werden und in der Regionalförderung unser Geld abholen können, wie es früher der Fall war, nämlich weil das Burgenland jetzt – Gott sei Dank! – über den Durchschnitt, über 75 Prozent des Einkommens durch die Hilfen gekommen ist und damit natürlich aus dem Ziel-1-Gebiet herausfällt, was eigentlich ein großer Erfolg für das Programm ist, aber an sich folglich die Rückflüsse vermindert.

Wir wollten das durch eine verbesserte Grenzlandförderung kompensieren. Das ist gelungen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Wir haben insgesamt 240 Mil­lionen € für die gesamte Periode zur Verfügung: 150 Millionen € in einem eigenen Grenzlandförderungstopf und 40 Millionen € an zusätzlichen Fördermitteln jenseits und diesseits der Grenze des ehemaligen Eisernen Vorhangs und zusätzlich durch eine verbesserte Phasing-out-Regelung für das Burgenland noch einmal 50 Millionen € – also in Summe 240 Millionen. Nur zum Vergleich: Bayern, das immerhin deutlich größer ist als Österreich, hat die Hälfte der Mittel für dieses Programm bekommen, das wir uns erkämpft haben, mühsam erkämpft haben.

Meine Damen und Herren, die Forschung ist ein echtes Hoffnungsgebiet für uns. Wenn ich sage, hier ist die Steigerung mit 75 Prozent beachtlich, dann müssen wir auch darauf hinweisen: In diesem Bereich haben wir unsere Möglichkeiten bisher noch nicht ausgeschöpft. Wir sind derzeit im EU-Ranking auf dem fünften Platz, was die Forschungsausgaben betrifft. Wir haben auch unsere eigenen Mittel in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Und wir hoffen natürlich, dass wir von dieser 75 Prozent-Steigerung mehr für Österreich herausholen können. Das ist aber nicht garantiert, das muss dann durch die Qualität der einzelnen Projekte absolut sichergestellt werden.

Wir werden uns auch überlegen, wie wir in der Regierung durch eine optimale Koor­dination, vielleicht sogar durch einen eigenen Koordinator, möglichst viel Geld aus Brüssel für österreichische Forscher zur Verfügung stellen. Möglich sind hier etwa 800 Millionen € in der ganzen Finanzperiode; wenn wir sehr gut sind, könnten wir diesen Betrag sogar auf 900 Millionen € oder 1 000 Millionen € anheben.

Gleiches gilt für die Transeuropäischen Netze. Von den 30 europäischen Spitzen­projekten für den Verkehr, für die Infrastruktur – und das ist ein großer Erfolg des Infrastrukturministers, den die Opposition gerade ein bisschen kritisieren wollte, aber das ist sein großer Erfolg – sind fünf österreichische Projekte dabei. Da werden wir uns natürlich auch kräftig Geld abholen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ganz entscheidend für die Gesamtbewertung war am Ende auch eine Korrektur. Genauso wie Schweden, Holland und Deutschland konnten wir uns durch eine Ver­ringerung des Mehrwertsteuersatzes beim Geld, das wir Richtung Europa abliefern, noch einmal 600 Millionen € Entlastung herausverhandeln.

Nun, meine Damen und Herren, natürlich kann man der Meinung sein, das sei alles nichts, das sei alles zu wenig – und Kritik ist auch das Salz in der Demokratie. Ich stelle mich auch selbstverständlich gerne dieser Kritik, aber wir sollten ehrlich und fair miteinander umgehen. Fast alle in diesem Haus waren für die Erweiterung – das sage ich noch einmal ganz objektiv dazu –: Die Erweiterung ist immer ein echtes inneres Anliegen der Republik Österreich gewesen, ganz gleich, welche Regierung gerade das Sagen hatte. Zu diesem Ja zur Erweiterung stehe ich, und das muss auch finanziert werden. (Beifall bei der ÖVP.)


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Zweiter Punkt. Weniger einzahlen und mehr herausholen geht nicht, meine Damen und Herren, die das Ergebnis kritisieren wollen! Das funktioniert nicht. Wenn 25 Länder sagen: Wir zahlen auf der einen Seite weniger ein und holen uns auf der anderen Seite mehr heraus, dann muss es irgendwo in der Mitte ein Sparschwein geben, das erst geschlachtet und vorher vor allem gefüttert werden muss. Und das funktioniert nicht! Daher bitte ich wirklich darum, hier realistisch zu sein und zu sagen, wenn man mehr herausholen will, wer es dann einzahlen soll, wenn wir es nicht sein sollen.

Dritter Punkt. Manche kritisieren, für die Zukunft sei noch immer zu wenig drinnen. – Da sage ich offen dazu: Das ist ein Punkt, den man sehr ernst nehmen muss, aber mit 1 Prozent plus/minus europäisches Budget am europäischen Wohlstand werden wir Forschung und Arbeitsmarktpolitik letztlich nicht finanzieren können. Das bleibt dem Zusammenwirken einer koordinierten europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik und Arbeitsmarktpolitik vorbehalten. Und das wird auch das große Thema während der österreichischen Präsidentschaft beim Frühjahrsgipfel sein; dafür verbürge ich mich. Ich werde hier die europäischen Sozialpartner einbinden, und ich werde die Mitglieds­länder auffordern, diesen Dialog zu führen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Richtigerweise haben, so glaube ich, aus allen politischen Fraktionen dieses Hauses viele gesagt: Eigentlich ist dieser Weg, wie wir Budgets in den letzten 50 Jahren erstellt haben, ausgereizt. Wir hatten damals, vor Jahrzehnten, einen Eigenmittelanteil von etwa über 50 Prozent, heute sind die Eigenmittel der Union auf unter 10 Prozent geschrumpft. Das heißt, jeder einzelne Beitrag, jedes einzelne Programm, das für Europa wichtig ist – und da gibt es vieles zu sagen –, muss aus den nationalen Programmen herausgeschnitten, herausoperiert werden. Das funktioniert natürlich nicht!

Beim nächsten Mal wird mit dieser Art des Budgetierens eine Finanzvorschau unmög­lich sein, das habe ich öffentlich gesagt. Ich wiederhole das auch hier, und ich habe das auch genau so im Kreise der europäischen Regierungschefs gesagt. Ich kämpfe daher dafür und ermutige die Kommission auch, Vorschläge für verbesserte Eigen­mittelausstattungen zu machen, wie immer man das nennt und was immer der Ansatzpunkt für eine solche erhöhte Eigenmittelquelle sein soll.

Es ist schon interessant: In den letzten Tagen ist da Bewegung hineingekommen. Im Rahmen der Europäischen Volkspartei – was eigentlich ein kleines Wunder ist – hat Edmund Stoiber, der bayerische Ministerpräsident, gesagt: Ja, er war immer dagegen, aber er sieht ein, dass das jetzt notwendig ist. – Nicolas Sarkozy, Vorsitzender der UMP, hat gesagt, er ist für eine solche Eigenmittelquelle.

Die Briten, Tony Blair – damit auch die Linke zu ihrem Recht kommt – war immer dagegen. Tony Blair hat jetzt erstmals am Rande der Präsentation im Europäischen Parlament zugegeben, dass er durchaus beginnt, sich mit dieser Idee anzufreunden. – Genauso eine Reihe anderer Regierungschefs.

Kommissionspräsident Barroso hat öffentlich gesagt, er wird diesen Teil in die Review 2008/2009 mit aufnehmen, damit wir hier eine verbesserte Ausgangsbasis für die Zukunft haben. Wir haben das auch vorgestern bei den Gesprächen mit dem Euro­päischen Parlament und mit allen Fraktionen öffentlich angesprochen. Das ist ein Thema, das in der nächsten Periode gelöst werden muss. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren, was die innere Organisation der Meinungsbildung betrifft, haben wir den bewährten Weg der Information einer kleinen Gruppe von Parlamen­tariern aus allen Fraktionen beschritten, des so genannten Feuerwehrkomitees. Soweit ich informiert wurde, sind die Gespräche und auch die Inhalte durchaus positiv


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angekommen. Öffentlich las es sich dann ein wenig anders, das werden dann aber sicherlich die parlamentarischen Fraktionen zu bewerten haben.

Ich erinnere nur daran, dass dem Luxemburger Vorschlag alle zugestimmt haben. Darauf will ich verweisen, das ist auch öffentlich so gesagt worden. Der Luxemburger Vorschlag war für uns Österreicher schlechter; ich wiederhole das gerne. Wir hätten nach dem Luxemburger Vorschlag eine Dreiviertelmilliarde Euro mehr einzahlen müssen als jetzt bei diesem Ergebnis. Netto hätten wir sogar 1 Milliarde € mehr einzahlen müssen. Ich sehe daher überhaupt keinen Grund dafür, warum wir uns mit diesem, wie ich glaube, guten und angemessenen Ergebnis jetzt vor irgendetwas genieren müssen.

Im Gegenteil: Die Verhandlungen waren gut, waren erfolgreich, waren gut für Europa! Und ich stehe absolut dazu, was ich vorhin ehrlicherweise gesagt habe: Jede Finanz­vorschau für die nächsten sieben Jahre wird natürlich etwas teurer sein für Österreich, weil wir Gott sei Dank zu den reicheren Ländern gehören und weil wir auch inhaltliche Anliegen haben, denen wir auch Rechnung getragen haben.

Zu den übrigen Themen für die österreichische Präsidentschaft gehört natürlich auch die Umsetzung dieses Finanzkompromisses mit dem EU-Parlament und der Kom­mission. Ganz wichtig ist weiters der Frühjahrsgipfel, der dem Thema Wachstum und Beschäftigung gewidmet ist, wo wir versuchen wollen, die 25 Reformprogramme zu bewerten und daraus ein konsistentes Paket eines Arbeitsprogramms und Aktionspro­gramms für die nächste Zeit, nämlich für die Menschen, für die Arbeitslosen und für die Bewahrung der Arbeitsplätze, zu schnüren.

Das zweite große Thema ist: Für die modernen Zukunftsausgaben, etwa Forschung und Entwicklung, wird natürlich das neue Rahmenprogramm für Forschung und Ent­wicklung da sein. Das 7. EU-Rahmenprogramm steht in der ersten Hälfte 2006 zur Diskussion. Da wollen wir auch einige Akzente neu hineinbringen. Unter anderem wollen wir etwa im Bereich der Gesundheitsforschung seltene Krankheiten, die vor allem kleine Länder weit überfordern, weil sie nicht die notwendige Anzahl von Patien­ten zusammenbringen, die dann im Feldversuch neue Medikamente testen können, erforschen. Damit wäre hier ein ganz wichtiger Impuls gegeben, der vielleicht auf der einen Seite nur eine kleine Gruppe trifft, aber auf der anderen Seite, was ganz wichtig ist, die soziale Qualität in Europa verbessern könnte.

Drittens ist die gemeinsame Sicherheitspolitik ein sehr wesentliches Thema. Da ist in den letzten Jahren ein Quantensprung passiert. Die Themen der Dritten Säule – verbesserte Kooperation von Polizei und anderen Sicherheitsbehörden, Kampf gegen den Terror, Justizzusammenarbeit – waren ja früher fast Tabuthemen. Heute ist das ein echtes Hoffnungsgebiet, wo es darum geht, wie wir verbessert zusammenwirken können, um einen Mehrwert für Europa zu erreichen. Dazu gehört natürlich, die Zusammenarbeit in der Krisenbewältigung, im Krisenmanagement, bei Natur­katastro­phen oder bei Flüchtlingswellen zu verbessern, dazu gehört die Stärkung der Friedens­macht Europa durch verschiedene und effiziente Missionen, dazu gehört aber auch die Zusammenarbeit im konsularischen Bereich. Das ist ein Thema, das für uns während der EU-Präsidentschaft große Bedeutung haben wird.

Meine Damen und Herren! Außenpolitisch haben wir vor allem den Schwerpunkt Balkan. Darüber wird vor allem die Frau Außenministerin reden. Was mich aber schon auch freut, ist, dass sich unsere Strategie, die wir ja seit vielen Jahren entwickelt haben, uns nämlich für Mittel- und Osteuropa und besonders für den Balkan und für Südosteuropa verantwortlich zu fühlen, dort auch eine Führungsrolle zu übernehmen, auch wirtschaftlich bereits lohnt.


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Wir haben gestern das historische erste gemeinsame Regierungstreffen zwischen der ungarischen und der österreichischen Regierung begangen. Es war hoch interessant, die Tiefe und die Breite der Themen zu sehen, wie wir auf allen Ebenen zusam­menarbeiten können.

Dass gestern die Erste Bank den wohl größten Deal, den größten Kauf in der Geschichte der österreichischen Wirtschaftshistorie gemacht hat und eine rumänische Bank um 3,7 Milliarden € gekauft hat, das unterstreicht die Bedeutung dieser südost­europäischen Entwicklungsachse, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Allein in diesem Jahr hat etwa Raiffeisen International eine große ukrainische Bank gekauft, hat die Österreichische Telekom 100 Prozent an der bulgarischen Mobiltel erworben oder hat die OMV eine riesige Akquisition mit Petrom absolviert. Meine Damen und Herren, das ist nicht selbstverständlich! Hier greift auch politisches Enga­gement für die Erweiterung, für die europäische Perspektive dieser Länder mit unseren strategischen und wirtschaftlichen Interessen durchaus ineinander. Ich glaube daher, dass diese außenpolitische Dimension auch alle anderen Ressorts sehr betreffen wird und daher auch für die Zukunft, auch über das Präsidentschaftshalbjahr hinaus, eine große Bedeutung haben wird.

Die Verfassungsdiskussion wird ein weiterer Schwerpunkt sein, zunächst auf die Idee gestützt: Europa hört zu. Zunächst einmal müssen wir uns anhören, wo der Schuh drückt, zunächst einmal müssen wir sammeln, welche Akzente hier gewünscht werden. Dazu gehört eine Subsidiaritätskonferenz nach Ostern, dazu gehört eine große Dis­kussionsrunde in Salzburg über den „Klang Europas“, über die verschiedenen Iden­titäten. Wir werden uns dieser Frage natürlich akzentuiert stellen.

Liebe Freunde, ich meine, dass wir mit diesem Ergebnis und mit diesem Programm durchaus punkten können. Die Präsidentschaft ist nicht die Zeit, in der man Europa total umkrempeln kann, aber wir werden uns bemühen. Ich lade Sie gerne ein, dass Sie mitarbeiten, wo auch immer Sie sind, ob Opposition oder Regierungsparteien, Sozialpartner, jene oben auf der Galerie zuhörend, oder Europaparlamentarier. Helfen Sie mit, dass wir der Rolle, die auch die österreichische Bevölkerung von uns erwartet, ein ehrlicher Makler, ein ehrlicher Mittler zu sein, auch tatsächlich gerecht werden können! An unserer Bereitschaft wird es nicht mangeln. (Lang anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Seine Redezeit beträgt 11 Minuten. – Bitte.

 


10.37.41

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es mag unterschiedliche Wahr­nehmungen über diesen Gipfel geben, eine hat der Herr Bundeskanzler gerade aus­geführt. Andere Wahrnehmungen und Bewertungen kann man in einer Reihe auch hochrangiger europäischer Zeitungen nachlesen. So schreibt etwa die „Financial Times Deutschland“: „Es ist wieder ein trauriger Tag für Europa oder besser gesagt für die Union europäischer Nationalinteressen.“

Die „Stuttgarter Zeitung“ schreibt: Die Sinnkrise der EU bleibt, die Kluft zwischen den schönen Reden der Politiker und ihren Taten ist so tief wie eh und je. Die harte Realität des Finanzrahmens straft ihr Wortgeklingel von der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas Lügen. – Zitatende. (Abg. Neudeck: Was schreibt die „Iswestija“?)


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Oder: Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Dieser Finanzrahmen ist in der Tat ...“ (Abg. Wattaul: Machen wir eine Lesestunde? Ist das eine Leseübung? – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Sie merken, meine sehr verehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen, die Wahrheit ist für die Regierungsparteien unerträg­lich, sie sind nicht einmal im Stande zuzuhören! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wattaul: Österreich verdient sich etwas Besseres!)

Also die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Dieser Finanzrahmen ist in der Tat Aus­druck der Denkpause, in der sich Europa gerade befindet. Wobei dabei vom Denken nicht viel zu spüren ist.“

Man kann die Zitate und Bewertungen internationaler Zeitungen fortsetzen. (Abg. Dr. Brinek: Es gibt auch ganz andere!) Diese sollten uns zumindest bei all dem Weihrauch, der hier verströmt wird, zum Nachdenken veranlassen, zum Nachdenken darüber, was denn die Substanz dieses Finanzabkommens ist. Und wenn wir in die Substanz eingehen, dann stellen wir fest, dass sich an den bisherigen Ausgaben­strukturen in der Tat wenig geändert hat.

Das heißt zum Beispiel, dass es in der Frage der Landwirtschaftspolitik, die 40 Pro­zent – ich betone: 40 Prozent – aller Ausgaben der Europäischen Union ausmacht, weiterhin so sein wird – Herr Grillitsch, das ist für Sie wichtig (Abg. Hornek: Das ist für Österreich wichtig! Aber das verstehen Sie nicht!) –, dass 6 Prozent der größten europäischen Landwirtschaftsbetriebe 52 Prozent aller Subventionen bekommen wer­den, und das von 40 Prozent des gesamten Haushaltes, während 53 Prozent der kleinsten europäischen Landwirtschaften, also unsere Bergbauern und andere Land­wirte, nur 4 Prozent bekommen werden. (Rufe bei der SPÖ: Hört, hört!) Das ist die Realität von Gerechtigkeit oder, besser gesagt, von Ungerechtigkeit in dieser Euro­päischen Union! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: ... Klassenkampf! – Anhaltende Zwischen­rufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren, Sie sollten dem Abgeordneten Scheuch zuhören! Er ist der Meinung, dass das Hinweisen darauf, dass die Kleinbauern weiterhin nichts oder wenig bekommen und die Großbetriebe alles bekommen, Klassenkampf ist. Dies sei nur deshalb bemerkt, damit Sie mitbekommen, wie die Kategorien von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit nach der Lesart der Regierungsparteien ausschauen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, niemand hier im Hohen Haus wird be­zweifeln, dass die EU-Erweiterung nicht aus der Portokasse zu bezahlen ist und dass sie selbstverständlich zusätzlicher Finanzmittel bedarf. Das wissen alle, und dazu stehen auch alle. Aber die Bereitschaft zu dieser Solidarität besteht nur dann, wenn erstens nicht mit gezinkten Karten gespielt wird und wenn es zweitens eine faire und gerechte Verteilung gibt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Wenn nach den Abschlüssen, die getätigt wurden, im Bereich der Förderung der europäischen Großlandwirtschaft keine Abstriche gemacht werden, dann frage ich Sie: Halten Sie es für gerecht, dass eine österreichische Textilarbeiterin oder ein öster­reichischer Bauarbeiter oder ein österreichischer Angestellter oder ein österreichischer Bauer, alle, die in diesem Land leben, fast drei Mal so viel netto zur Europäischen Union beiträgt, während auf der anderen Seite der Prinz von Monaco, der Earl of Marlborough, die britische Königin – um nur einige dieser Großgrundbesitzer zu nen­nen – keinen einzigen Euro mehr zur Finanzierung der EU-Erweiterung beitragen werden, denn sie werden genauso viel bekommen wie bisher? (Abg. Hornek macht die so genannte Scheibenwischerbewegung. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)


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Meine Damen und Herren, das ist weder fair noch gerecht, und daher finden die Menschen diesen Abschluss auch nicht richtig! (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Solidarität muss auf Gerechtigkeit beruhen. Wenn diejenigen, die das meiste aus der Europäischen Union bekommen, den geringsten Beitrag zur Finanzierung leisten, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Menschen, und zwar nicht nur in Österreich, sondern in vielen Teilen Europas, sagen: Das ist nicht fair! Das ist nicht gerecht!

Ich meine, die Aufgabe eines Landes wie Österreich in diesem Zusammenhang wäre, für mehr Fairness und Gerechtigkeit zu sorgen. Wenn Österreich eines jener Länder ist, wo die Menschen am skeptischsten der Europäischen Union gegenüberstehen, dann wird man sich doch nicht herstellen und sagen können: Es bleibt alles, wie es ist! Das Einzige, was sich vermehrt, ist der Weihrauch. Und jetzt erwarten wir, dass die Menschen Europa zujubeln. (Abg. Dr. Brinek: Da haben Sie nicht zugehört!)

Dieses Konzept wird nicht funktionieren, meine Damen und Herren! Europa braucht einen Kurswechsel, wenn es aus dieser Sinnkrise herauskommen will. Genau diesen Kurswechsel fordern wir Sozialdemokraten auch, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Worin muss denn dieser Kurswechsel bestehen? (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Es muss die soziale Schieflage in Europa endlich korrigiert werden! Da nützt Ihr ganzes Geschrei nichts! Wenn die soziale Schieflage in Europa nicht korrigiert wird, dann wird es von der Bevölkerung keine Zustimmung geben.

Es muss endlich wirksame Maßnahmen gegen die Politik des Steuerdumpings geben! Es geht nicht an, dass die Gewinnsteuersätze laufend nach unten revidiert werden und damit die Finanzierung des Sozial- und Wohlfahrtsstaates ausgehöhlt wird!

Es muss faire Arbeitsbedingungen für das Arbeitsleben in Europa geben. Die Men­schen wollen die so genannten Reformen, die ihr Arbeitsleben jeden Tag erschweren, nicht, denn sie wollen zur Arbeit gehen, sind bereit, viel zu leisten, und wollen dafür einen ordentlichen Lohn haben. Aber dauernd die Arbeitsbedingungen zu erschweren, das ist nicht der europäische Weg, den sich unsere Bevölkerung vorstellt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Da Sie, Herr Bundeskanzler, von der großen Chance der EU-Präsidentschaft Öster­reichs gesprochen haben: Dabei geht es natürlich auch darum, im nächsten halben Jahr klarzustellen, dass der freie Hochschulzugang in Österreich wieder abgesichert werden muss und wir dafür europäische Vereinbarungen brauchen. Denn: Bei aller Solidarität, die österreichischen Universitäten sind in erster Linie für die österreichi­schen Studenten da und nicht für die deutschen Studenten. Wir erwarten uns, dass im nächsten halben Jahr eine Lösung in dieser Frage kommt, denn das ist für die Ausbildung und für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in unserem Land ent­scheidend. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)

Wir sollten nicht vergessen, Herr Bundeskanzler, dass die so genannte Denkpause ja eine Pause zum Denken und nicht eine Pause vom Denken sein sollte. Das euro­päische Verfassungsprojekt bedarf neuer Ideen. Wie soll das europäische Verfas­sungs­projekt im nächsten halben Jahr mobil gemacht werden? Soll es nach den Vor­schlägen Ihres Parteifreundes Chirac gehen, der meint, ein Kerneuropa wäre die Zukunft? Oder treten wir den Vorschlägen der neuen deutschen Bundeskanzlerin nahe, die gemeint hat, es brauche in dieser europäischen Verfassung dringend ein Sozialkapitel, damit man wieder eine neue Dynamik bekommen kann? – Ich habe jetzt bewusst Vorschläge aus dem konservativen Lager gebracht.


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Ich meine: Das ist unter der österreichischen EU-Präsidentschaft zu diskutieren: Geht Europa den Weg in Richtung einer sozialen Union – das wäre ein Kurswechsel –, oder geht Europa jenen Weg weiter, den es die letzten Jahre gegangen ist und der dazu geführt hat, dass sich die Menschen von Europa entfremdet haben und dass sich auch die Europäische Union von den Menschen entfremdet hat?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wartet in der Tat im nächsten halben Jahr eine große Anzahl von Herausforderungen auf uns. Aber diese Herausforderungen wird man nicht bewältigen können, wenn man zum einen nicht die Wahrheit darüber sagt, wie das Geld aufgebracht und verteilt wird, und wenn man zum anderen sagt, es soll das meiste so bleiben, wie es ist. Nein, so wird es nicht gehen!

Österreich wird dann eine erfolgreiche EU-Präsidentschaft haben, wenn es einen Beitrag zum dringend notwendigen Kurswechsel leistet, wenn wir dafür sorgen, dass das europäische Verfassungsprojekt ein Projekt eines sozialen Europa wird, wenn endlich Maßnahmen zur Reduktion der Arbeitslosigkeit auf dem Plan stehen, wenn es zur Beendigung des Steuerdumpings kommt und wenn endlich die Entscheidungen in Europa transparent sind – ich betone: transparent –, so dass es nach einem Gipfel nicht heißen kann, wie die angesehensten europäischen Zeitungen schreiben: Die Sinnkrise besteht weiter. – Doch einer der Teilnehmer, nämlich der Herr Bundes­kanzler Schüssel, glaubt, das wäre ein großer Erfolg gewesen. Nein, Europa braucht neben der Freiheit dringender als jemals zuvor Gerechtigkeit und Fairness. (Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.)

Ohne Änderung der bisherigen Politik, und zwar vor allem der Landwirtschaftspolitik, die für die Großbetriebe auf dem Rücken der Kleinen und der Steuerzahler betrieben wird, wird es kein neues Europa geben. Das wäre aber dringend notwendig, vor allem dann, wenn man auch die Zustimmung der Bevölkerung haben möchte! (Lang anhaltender lebhafter Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

10.49


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Auch seine Redezeit beträgt 11 Minu­ten. – Bitte.

 


10.49.14

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es hätte eigentlich gar nicht besser dargestellt werden können (Abg. Mag. Jo­hann Moser: Das glaube ich auch!), was der Unterschied zwischen Verantwortung tragen – Bundeskanzler Dr. Schüssel – und billigem Populismus – Dr. Alfred Gusen­bauer – ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischen­ruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Es ist bedauerlich, Herr Dr. Gusenbauer, dass in einer der wichtigsten Phasen für unser Heimatland, nämlich wenige Tage vor der Übernahme der Präsidentschaft der Europäischen Union durch Österreich, eine ehemalige staatstragende Partei, nämlich die Sozialdemokratie, in den puren Populismus flüchtet und nicht mehr den Mut hat, Verantwortung zu tragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheit­lichen.)

Meine Damen und Herren! Es ist eine große Auszeichnung für unser Land, für Österreich, die Präsidentschaft der Europäischen Union in einer der schwierigsten Phasen Europas zu führen. Es befindet sich die Europäische Union in keiner einfachen Situation, und umso wichtiger ist es, meine Damen und Herren, dass diese öster­reichische Bundesregierung – unter Führung von Wolfgang Schüssel, mit Hubert


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Gorbach und mit der Außenministerin Ursula Plassnik – den Mut zur Verantwortung hat.

Wir gehen gut vorbereitet in diese Präsidentschaft, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Matznetter.) Wenn Sie das hier bezweifeln, Herr Kollege Gusenbauer, möchte ich Ihnen nur drei unverdächtige Zeugen, wie ich meine, nennen.

Der ehemalige Bundeskanzler Vranitzky sagte in einem Interview, dass diese Präsi­dentschaft gut vorbereitet ist.

Die SPÖ-Fraktionsführerin im Europäischen Parlament Maria Berger sagte, dass diese Präsidentschaft gut vorbereitet ist. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn Sie das noch immer nicht ernst genug nehmen, nämlich Ihre eigenen Partei­freunde, dann möchte ich Ihnen auch Bundespräsident Fischer zitieren, der ebenfalls gesagt hat, dass diese Präsidentschaft gut vorbereitet ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir gehen selbstverständlich diese Präsidentschaft, auch was die heiklen Fragen betrifft, ganz offensiv an. Eine der wichtigsten, ja eigentlich die wichtigste Frage ist die der Initiative für Wachstum und Beschäftigung. Mehr Beschäftigung bedeutet mehr soziale Sicherheit, und daher ist es notwendig, für den Mittelstand, für die Klein- und Mittelbetriebe auch in der Europäischen Union neue Perspektiven zu erarbeiten. Wir erwarten dazu Beiträge von Seiten der Sozialpartner.

Wir werden den Bereich der Sicherheitskooperation und des Sicherheitsgewinns für die Bürger in den Mittelpunkt unserer Arbeit stellen.

Ich denke, dass es auch wichtig ist, die Subsidiarität, das heißt die Arbeitsteilung in Europa, neu zu definieren. Nicht alles muss Brüssel regeln, nein, nur jene wichtigen Fragen, die Brüssel regeln kann. Aber genauso müssen auch die Rechte der Regionen, der Länder gestärkt werden, weil diese Subsidiarität dem Bürger dient und weniger Bürokratie bedeutet. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

Ich bedauere ausdrücklich, meine Damen und Herren, den Unterschied zu anderen Ländern – und ich weiß, wovon ich rede, Herr Dr. Gusenbauer, weil ich selbst im Jahre 1998 als verantwortlicher Minister eine Präsidentschaft begleitet habe –: In anderen Ländern wird Präsidentschaft als nationale Aufgabe verstanden. In anderen Ländern orientiert sich die Opposition an Europa – und betreibt nicht billige Parteitaktik und billige Polemik, wie Sie das machen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Matz­netter.)

Sie, Herr Kollege Gusenbauer, stellen sich abseits. Ich möchte Ihnen nur zwei Bei­spiele dafür nennen. Wir haben Ihnen, wir haben der Opposition angeboten, an dieser Präsidentschaft mitzuwirken. (Abg. Dr. Matznetter: Nein!) Sie haben das in der Präsidiale des Nationalrates abgelehnt. Oder: Ihr Abgeordneter Einem sagte, was das nächste Halbjahr betrifft – ich zitiere –: „Wir“ – die SPÖ – „haben keine europa­politische Aufgabe zu erfüllen.“

Eine größere Bankrotterklärung habe ich überhaupt noch nie gehört! Sie melden sich damit von der Politik ab, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich las mit gewisser Sorge heutige Zeitungsberichte über die Position des Gewerk­schaftsbundes, Herr Präsident Verzetnitsch. Ich nehme nicht an, dass das die offizielle Position des Gewerkschaftsbundes ist, aber wenn es tatsächlich so sein sollte, dass


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die Gewerkschaft, und zwar die FSG, die Präsidentschaft dazu missbraucht, hier tat­sächlich Stimmung zu machen, dann haben Sie, denke ich, Ihre Aufgabe als Arbeitnehmervertreter in Europa nicht richtig verstanden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte nun auf die Finanzeinigung für Europa zu sprechen kommen, und ich stehe nicht an – im Gegensatz zu Ihnen –, im Namen der Österreichischen Volkspartei dem Herrn Bundeskanzler und der Frau Außenministerin zu diesem Erfolg für Europa und für Österreich aufrichtig zu gratulieren. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Es liegt doch auf der Hand, dass dieses Ergebnis die solide Zukunftsgrundlage für die Europäische Union und damit auch für Österreich darstellt. Ich finde es sehr ehrlich, dass Bundeskanzler Schüssel zeitgerecht und richtigerweise gesagt hat, eine größere Europäische Union der 25 beziehungsweise der 27 werde selbstverständlich höhere Kosten verursachen.

Ich persönlich halte es für ein faires Ergebnis. Aber wenn Sie, Herr Kollege Gusen­bauer, vielleicht das, was ich sage, Ihrer Wahrnehmung nach nicht als objektiv sehen, dann möchte ich Ihnen jemanden, von dem ich doch nicht annehme, dass Sie ihm widersprechen werden, zitieren.

Wissen Sie, was der Bundespräsident der Republik Österreich gesagt hat? – Dr. Heinz Fischer, Ihnen ja nicht ganz unbekannt, hat gesagt, er hält dieses Ergebnis für ange­messen, weil es logisch ist, dass eines der reichsten Länder der Europäischen Union auch einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung leistet. Und er schließt an – ich habe das als einen Appell an seine Parteifreunde, an die SPÖ, verstanden –: „Und ich hoffe, das wird auch anerkannt werden.“ – Das sagte Dr. Heinz Fischer, Bundes­präsident der Republik Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wissen Sie, Herr Kollege Gusenbauer, manchmal habe ich den Eindruck, dass Ihnen aus reiner Parteitaktik das Wort „Solidarität“ tatsächlich schon abhanden gekommen ist. (Abg. Dr. Gusenbauer: Nein!) Denn: Die Erweiterung der Europäischen Union, nämlich solidarisch ein wohlhabenderes Europa zu schaffen, ist für Österreich tat­sächlich ein ganz massiver Vorteil.

Meine Damen und Herren! Felderer vom Institut für Höhere Studien sagte heute im „Morgenjournal“, er hält es für einen der wichtigsten Beiträge, zusätzliches Wachstum und zusätzliche Beschäftigung zu haben.

Meine Damen und Herren, damit Sie wissen, in welcher Dimension wir uns da bewegen: Österreich hat einen Nettobeitrag von etwa 860 Millionen € im Durchschnitt der Jahre zu leisten. (Abg. Dr. Gusenbauer: Mindestens!) Damit Sie das auch in der Relation sehen: Pro Jahr zahlen wir beispielsweise für Wohnbauförderung 2,5 bis 2,6 Milliarden €, oder pro Jahr zahlen wir für die Österreichischen Bundesbahnen 4,4 Milliarden €.

Herr Dr. Gusenbauer, jetzt frage ich Sie: Diese 860 Millionen € sind umgelegt 9 € pro Monat und Österreicher oder Österreicherin oder, noch einfacher, 30 Cent pro Tag. Sind Ihnen wirklich 30 Cent pro Tag zu viel für Frieden, für Sicherheit und für Wohl­stand, tatsächlich zu wenig offensichtlich für dieses europäische Einigungsprojekt? (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.) Herr Dr. Gusenbauer, Sie haben sich weit entfernt von einer ehemals staatstragenden Sozialdemokratischen Partei. Sie sind kleinkrämerisch und flüchten in Europopulismus – auch in der Frage der Landwirt­schaft, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Ich habe es schon gesagt: Ich weiß, wovon ich rede. – Sie kennen vielleicht gute Rotweine um 4 500 € die Flasche, wie wir im Fernsehen gehört haben. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Ich weiß, was die Landwirtschaft in Österreich braucht. Wissen Sie, wer bei der ersten Säule, die von Ihnen kritisiert wird, vorgeschlagen hat, nichts zu ändern? – Es war Ihr sozialdemokratischer Kollege Tony Blair. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) Genau dieser Sozialdemokrat hat gleichzeitig vorgeschlagen, die Mittel für die ländliche Entwicklung um 40 Prozent zu kürzen.

Übrigens: Sie haben vorgeschlagen, sie um 50 Prozent zu kürzen.

Wissen Sie, was da gemeint ist? – Da ist beispielsweise gemeint das Projekt „Drogen­prävention im Salzburger Seengebiet“. – Sie wollen es um 50 Prozent kürzen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Da ist weiters gemeint das Projekt „Sommertourismus, Arbeit und Wertschöpfung im Pongau“. – Sie wollen es um 50 Prozent kürzen! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Da ist gemeint eine mobile Internetstube für Frauen in Oberpullendorf. – Sie wollen es um 50 Prozent kürzen. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Dr. Gusenbauer – in Richtung des Redners –: Setzen Sie sich nieder! Das ist ja unglaublich!)

Sie wollen dem Mittelstand, der Nahversorgung Chancen nehmen! Sie wollen das Um­weltprogramm kürzen und die Bergbauernförderung halbieren! – Das ist die Wahrheit! Und dieser Wahrheit müssen Sie sich stellen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Dr. Gusenbauer, ich habe gesagt, mir ist dieses europäische Thema zu wichtig, um Populismus zu betreiben. – Sie tun das jedoch! Sie kritisieren beispielsweise die Frage Arbeitsmarkt. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Gusenbauer: Setzen Sie sich nieder, Ihre Redezeit ist zu Ende!)

Ich lese Ihnen noch etwas vor: Der sozialdemokratische Freie Wirtschaftsverband Burgenland beantragt, die Einschränkung für ungarische Arbeitnehmer aufzuheben (Abg. Silhavy: Ihre Redezeit ist abgelaufen!), um mehr Zuwanderung zu ermöglichen. Das ist Ihre Doppelzüngigkeit, meine Damen und Herren! (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

11.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Seine Redezeit beträgt ebenso wie die seiner Vorredner 11 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


11.01.17

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Ich fürchte, ich werde jetzt etwas unspektakulär zwischen dem „Feuer frei!“ der Sozialdemokraten und dem gedämpften Weihrauch der Volkspartei durchzuschiffen versuchen. (Abg. Scheibner: So gedämpft war das heute nicht!)

Europa bewegt schon meine Leidenschaft, das europäische Budget im Moment, und ich finde, es ist ein tragbarer Kompromiss for the time being. (Abg. Neudeck: Schau!) Bis auf weiteres kann man und muss man damit gut leben. Verglichen mit den durchaus nachvollziehbaren Reformvorschlägen des Kollegen Gusenbauer ist das natürlich schlicht und ergreifend eine Fortschreibung des Status quo bis 2013, und damit kann man nicht zufrieden sein. Verglichen aber mit den absolut inakzeptablen Erstvorschlägen von Tony Blair ist das ein Riesenfortschritt. (Präsidentin Mag. Pram­mer übernimmt den Vorsitz.)


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Was die Summen insgesamt betrifft, muss ich sagen, hält sich meine Erregung nicht nur in Grenzen, sondern ich finde das albern, wie hier in Österreich und anderswo in Europa über weniger als 1 Prozent des BIP gerungen, gestritten wird, geradeso, als ob das in irgendeiner Weise die europäischen Finanzen durcheinander bringen würde. Nur zur Erinnerung, meine Damen und Herren – hier im Saal wissen das natürlich alle, aber sonst vielleicht nicht alle –: Wir reden hier von einem Bruttobeitrag an die Euro­päische Union von Seiten Österreichs von rund 1 Prozent der Wirtschaftskraft, des Bruttoinlandsprodukts! Österreich gibt innerhalb seiner Grenzen – Bund, Länder und Gemeinden – jedes Jahr das Fünfundvierzigfache davon aus. Das Fünfundvierzig­fache! Und da sollen wir uns echauffieren über dieses 1 Prozent? Schon von der Größenordnung her ist das absurd.

Ebenso absurd angesichts dieses bescheidenen Budgetrahmens ist, wie von Europa oder von Brüssel die Lösung aller möglichen Probleme verlangt wird. Immer noch gehen über 40 Prozent des europäischen Budgets in die Landwirtschaft, davon zu viel in die industrielle Landwirtschaft, und der Rest in mehr oder weniger sinnvolle Projekte im Bereich der Kohäsion, im Bereich der Grenzlandförderung, im Bereich des länd­lichen Raumes, aber das ist weniger als ein halbes Prozent des BIP der Union. In Österreich allein wollen wir zum Beispiel 3 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklung ausgeben. Das ist Konsens hier im Haus, das ist ein Vielfaches von dem, allein auf diesem Gebiet, was aus Brüssel zu erwarten ist.

In diesem Punkt jedenfalls stimme ich mit Kanzler Schüssel überein: Die Summen, über die wir hier reden, werden die Welt nicht bewegen, sondern im Gegenteil: Sie sind wahrscheinlich zu niedrig. Ich sympathisiere eher mit den ursprünglichen Vorschlägen des Europäischen Parlaments oder der Europäischen Kommission, die beide über dem jetzigen Finanzvorschlag gelegen sind. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist auch vollkommen richtig: Wer die Erweiterung der EU-15 auf die EU-25 unter­stützt, und das war hier im Hause praktisch einstimmig der Fall, der muss sich auch darüber im Klaren sein, dass das etwas kosten wird. Selbstverständlich wird das etwas kosten. Dieses Aufbauprogramm für die EU-10, für die neuen Mitgliedsländer, bezie­hungsweise bald auch für Bulgarien und Rumänien und später dann für Kroatien und Mazedonien ist notwendig, richtig und wichtig. Gerade Österreich wird von diesem Aufbauprogramm in erster Linie wirtschaftlich profitieren, und das wird wenigstens bis zu einem bestimmten Ausmaß die höheren Nettobeiträge Österreichs nach Brüssel kompensieren.

Das ist alles richtig, und schon allein deswegen, finde ich, sollten wir uns davor hüten, in Klagen darüber auszubrechen, dass Österreich in Zukunft mehr zahlen wird. Sind wir denn auf der anderen Seite bedrückt darüber, dass Österreich das dritt- oder viert- oder fünftreichste Land der Union ist? Das hören wir in der Regel doch gerne. Wir sind nicht reich, aber im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten sind wir das dritt- oder fünftreichste Land. Selbstverständlich wird Österreich schon daher seinen Beitrag zu leisten haben.

Ich hätte mir gewünscht, Herr Bundeskanzler, dass Sie diese Aspekte schon früher in die Diskussion eingebracht hätten, eben als Aufklärungsarbeit auch in Österreich, denn vom Marketing her, muss ich sagen, bin ich manchmal etwas bedrückt über die Vor­gangs­weise. Wir reden hier über 850, 950, 1 000 Milliarden €. Das liest die Bür­gerin/der Bürger jeden Tag in der Zeitung, und ich weiß nicht, wie viele Leute in Österreich wissen, dass das kumulierte Zahlen sind, über sieben Jahre aufaddierte Zahlen. Wenn wir das Bundesbudget hier im Haus über sieben Jahre aufaddieren würden, dann würden uns auch allen die Grausbirnen aufsteigen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das ist vollkommen irreführend, wie hier auf europäischer Ebene über Budgets debattiert wird.


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Folgende zwei Dinge muss ich aber schon anmerken. Österreich wird mehr zahlen, weil wir zu den reichsten Ländern gehören, weil wir es für wirtschaftlich richtig und wichtig halten, dass die Aufbauarbeit in den EU-10, in den neuen Beitrittsländern, fortgeführt wird. Österreich wird davon profitieren. Zu stark sollten wir, finde ich, dieses letzte Argument aber auch nicht verwenden. Was wäre, wenn Österreich nicht so stark profitieren würde vom Aufbau? Wären wir dann dagegen? Wäre das eine europäische Position? – Wir würden auch dann dazu beitragen, so wie das Portugal, Irland und andere Länder tun, die von der Erweiterung der EU-15 nicht in dieser Weise positiv betroffen sind.

Was die Lage der Europäischen Union betrifft, sagen Sie, Herr Bundeskanzler, mit Recht, dass das jetzige Budget so ziemlich genau in der Mitte liegt zwischen dem luxemburgischen Vorschlag vom Juni dieses Jahres und den ursprünglichen britischen Vorschlägen vom November dieses Jahres. Und dieses Ergebnis hätten wir im Juni nicht haben können? (Abg. Dr. Khol: Wir schon!) Ich sage ja nicht, dass Österreich das verhindert hat. Ich hätte auch das Juni-Ergebnis, das luxemburgische Ergebnis akzeptiert, selbstverständlich. Aber dass wir auf europäischer Ebene so weit sind, dass wir ein halbes Jahr, ein zusätzliches halbes Jahr brauchen, um ein Ergebnis zu erzielen, das wir im Juni hätten haben können, wenn Tony Blair damals nicht so stur gewesen wäre – nebenbei gesagt, er hat kein einziges seiner Reformprojekte, die er damals vorgeschlagen hat, durchgebracht –, das wirft schon ein gewisses Bild auf die Situation in Europa.

Das Unbehagen im Europäischen Rat über diese Art der Budgetfindung muss sehr groß gewesen sein, Herr Bundeskanzler! Nebenbei gesagt: Sie haben Recht, wenn Sie sagen, bei der EU-25 hat das zum letzten Mal so funktioniert, das nächste Mal wird das nicht mehr so funktionieren. Das Unbehagen muss sehr groß gewesen sein, sonst hätte der Rat nicht die Kommission beauftragt, bis 2008, Jahreswende 2009, eine Revision der Einnahmen- und Ausgabenströme in der Union vorzulegen.

Ich hoffe, dass die Kommission diese Aufgabe sehr ernst nimmt, inklusive der Fragen der so genannten Eigenmittel, sodass die Union nicht mehr ausschließlich praktisch von Transfers der einzelnen Mitgliedstaaten gespeist wird.

Nur als Gedankenexperiment: Man muss sich einmal vorstellen, wie der Bund in Öster­reich ausschauen würde, wenn wir keine eigenen Steuern hätten, keine Bundes­steuern, sondern ausschließlich von Transfers der neun Bundesländer in Österreich leben würden. (Abg. Sburny: Wir hätten uns schon aufgelöst! – Gegenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Kollege Stummvoll von der ÖVP scheint das für eine ausgesprochene Horrorvorstellung zu halten. (Beifall bei den Grünen.) Aber das ist das System, dessen wir uns auf europäischer Ebene bedienen – mit den gleichen Schwierigkeiten, die wir in Österreich hätten.

Die Sache ist aber nicht ausgestanden! Das Europäische Parlament muss dem Budget noch zustimmen, und das ist nicht so selbstverständlich. Das Europäische Parlament hat ursprünglich andere Vorstellungen gehabt. Ich hoffe, dass die österreichische Präsidentschaft diese Aufgabe sehr ernst nehmen und das Europäische Parlament nicht einfach vor die Alternative „Friss, Vogel, oder stirb!“ stellen wird, sondern Ange­bote machen wird auf anderen Gebieten, die für das Europäische Parlament interessant sind. Ich denke hier auch an die Frage der Europäischen Verfassung, die Frage der Entscheidungsfähigkeit der Union, die Frage der demokratischen Legitimie­rung der Instanzen, das heißt an die Gewaltenteilung und die Rolle des Parlaments in der Union – und last but not least an die bürgerlichen Freiheitsrechte beziehungsweise an die Sozial-Charta.


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Ich habe von österreichischer Seite in Hinblick auf die österreichische Präsidentschaft bis jetzt relativ wenig gehört, was wir dazu konkret vorzuschlagen gedenken, wie zumindest ein Pfad der Vorgangsweise bis zum Juni ausschauen soll und kann. Das ist auch deswegen wichtig, weil wir ja demnächst die EU-27, also zwei neue Mitglieder haben werden und während der finanziellen Periode vermutlich noch zwei neue Mit­glieder hinzukommen werden, sodass diese Frage der so genannten Verfassung eine zusätzliche Bedeutung erlangt.

Last not least, meine Damen und Herren: Die österreichische Präsidentschaft ist auf außenpolitischer Ebene – ich habe das das letzte Mal auch schon gesagt – besonders gefordert. Ungeachtet unserer jahrzehntelangen freundschaftlichen Beziehungen zu den USA ist das transatlantische Verhältnis zwischen EU und Vereinigten Staaten der­zeit gestört. Europa kann und darf es sich nicht bieten lassen, dass ausländische Geheimdienste, auch solche der USA, auf europäischem Boden Bürger, andere Men­schen kidnappen, entführen und in Lager welcher Art auch immer verbringen. Das ist aus europäischer Sicht inakzeptabel und untragbar. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich denke, die österreichische Präsidentschaft ist gefordert, auch dazu klare Worte zu finden und den USA diese schwierige Sache klarzumachen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

11.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Scheibner. Seine Redezeit beträgt ebenfalls 11 Minuten. – Bitte, Herr Klubobmann.

 


11.12.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Danke, Frau Präsidentin! – Die Anwe­senheit praktisch der gesamten Bundesregierung zeigt, dass die jetzt kommende Präsidentschaft Österreichs eine sehr, sehr große Herausforderung nicht nur für die Bundesregierung, sondern für uns alle sein sollte. Es ist aber auch Verantwortung damit verbunden, Herr Kollege Gusenbauer und werte Kollegen von der Opposition, und wir haben eigentlich gehofft – und wir haben ja schon eine ganze Reihe von EU-Debatten geführt –, dass auch Sie sich zu dieser Verantwortung bekennen. Die letzten Meinungsäußerungen, auch heute hier getätigt, zeigen eher das Gegenteil.

Wie man den heutigen Zeitungsmeldungen entnehmen darf, meine Damen und Her­ren – Kollege Verzetnitsch schreibt gerade, möglicherweise an einer Stellungnahme zu den Berichten, die wir heute gelesen haben –, könnte Ihr einziger Beitrag die Organi­sation von Großdemonstrationen mit dem Geld der Arbeitnehmer, nämlich mit Gewerk­schaftsgeldern, sein, und da frage ich mich wirklich, ob Sie für die österreichische Präsidentschaft nicht mehr einzubringen hätten als Großdemonstrationen, die sicher­lich einen Störfaktor nicht nur für die Präsidentschaft, sondern auch für die österreichi­schen Bevölkerung darstellen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Bringen Sie lieber Ihre Ideen ein, bringen Sie Initiativen ein, bringen Sie Ihre angeb­lichen internationalen Kontakte ein, das wäre sicherlich besser! Aber mit der sozialdemokratischen internationalen Solidarität dürfte es nicht mehr sehr weit her sein, wenn ich mir die Beurteilungen und die kritischen Ausführungen der Sozial­demokraten zu dem vom britischen Sozialdemokraten Blair ausverhandelten bezie­hungs­weise herbeigeführten Kompromiss beim Finanzierungsgipfel ansehe.

Aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, aus österreichischer Sicht ist dieser Kom­promiss durchaus akzeptabel. Ich glaube, dass die Verhandlungsposition Österreichs eine gute gewesen ist. Von den Rahmenbedingungen her kann man mit diesem Kom-


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promiss nicht nur leben, sondern muss man auch sagen, er ist durchaus gut. Vor allem die letzten Rabatte etwa bei der Mehrwertsteuer und auch die Rückflüsse sind beacht­lich, und vor allem gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die 0,34 Prozent der Netto­position ungefähr jener Wert, den wir auch in den letzten zehn Jahren beizutragen gehabt haben. Wenn man sich ansieht, was Länder, etwa die Schweiz, die nicht der Europäischen Union angehören, mehr an Sicherheitsausgaben aufzuwenden haben, dann ist das nicht einmal jener Prozentsatz, den wir als Nettobeitrag einzubringen haben.

Aber, meine Damen und Herren: Unabhängig von der österreichischen Position hat dieser Gipfel sehr, sehr viele Fragen offen gelassen und war kein Weg aus der Krise der Europäischen Union. Ich glaube, und das muss man endlich einmal festhalten, die Europäische Union steckt in einer tiefen Krise. All jene, denen diese Vision eines geeinten, eines gemeinsamen, eines friedlichen Europas, das zukunftsorientiert ist, am Herzen liegt, müssen auch eingestehen, dass sich diese Europäische Union in einer tiefen Krise befindet; nicht nur wegen der EU-Verfassung, nicht nur wegen dieser Finanzierungsdiskussionen, sondern – Präsident Khol schüttelt zwar den Kopf, aber ich glaube, wir müssen das zugeben – genau dieses Gesundbeten der Europäischen Union, dieses Wegschauen von den Problemen hat in diese Krise geführt. Man hat von einer Nachdenkpause etwa bei der europäischen Verfassung gesprochen, findet aber seit einem Dreivierteljahr keinen Weg, wie man aus dieser schwierigen Situation herauskommt.

Bundeskanzler Schüssel hat es ja gesagt: Das wird das letzte Mal gewesen sein, dass man so über ein EU-Budget diskutieren wird. – Aber wie wird man denn in Zukunft über ein EU-Budget diskutieren?

Es stimmt schon, dass wir auch die letzte Erweiterungsrunde hier in diesem Hohen Haus – ich sage einmal – zähneknirschend akzeptiert haben, zähneknirschend des­halb, weil wir damals auch angemerkt haben, dass die Europäische Union in Wahrheit nicht vorbereitet ist auf diese große Erweiterung um ein Paket von zehn Nationen. Und genau das stellt sich jetzt als richtig heraus, leider als richtig heraus: dass man Erweiterungsprozesse, eben weil es so schön klingt, initiiert hat, ohne die Voraus­setzungen dafür zu schaffen! Das, meine Damen und Herren, war verantwortungslos und ist mit verantwortlich auch für die Krise, in der sich diese Europäische Union jetzt befindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn man das in früheren Jahren angemerkt hat, dann ist man ein bissel abschätzig beäugt worden, ist gesagt worden: Solche Anti-Europäer, mit so etwas beschäftigen wir uns nicht! Es gibt ja keine Probleme. (Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Aber gerade wenn man Europäer ist, und ich bekenne mich zu diesem gemeinsamen Europa, muss man diese Probleme aufzeigen und natürlich auch gemeinsam nach Lösungen suchen. Nicht Parteipolitik und Demonstrationen sind die Lösung, sondern wir müssen, auch während der österreichischen Präsidentschaft in dieser Euro­päischen Union, mutig versuchen, neue Ansätze einzubringen, zum Beispiel auch was die Bürgernähe dieser Europäischen Union betrifft. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich erwarte mir, dass man dieses Projekt, diese Idee der europaweiten Volksabstimmungen für wichtige Initiativen und Projekte weiter betreibt. Es kann nicht sein, dass in manchen Ländern Volksabstimmungen durchgeführt wer­den, in anderen nicht und man dann sagt: Um Gottes willen, jetzt haben die Bürger wieder anders entschieden als die Bürokraten und Politiker. – Nein! Diese Europäische Union, wenn sie eine Union der Bürger sein möchte, muss sich auch dem demo­kratischen Willen stellen, und deshalb muss es diese europaweiten Volksabstim­mun-


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gen über wichtige Fragen dieser Union in Zukunft geben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir werden uns auch eine andere Sprache angewöhnen müssen. Diese Fachsimpelei ist ja auch so ein Ausdruck, wo man sich gut vorkommt, wenn man mit diesen tech­nischen Ausdrücken herumjongliert, und sich dann wundert, dass die Bevölkerung das alles nicht nachvollziehen kann, wenn man von „Petersberg-Aufgaben“ spricht, wenn man von „Nizza“, von „Nizza Plus“ und „Maastricht“ spricht, aber nicht die Städte meint, sondern Verträge und Inhalte, die dahinter stehen, wenn man von „GASP“ und „ESVP“ spricht, wenn man von „Subsidiarität“, von „Lissabon-Strategie“ und von „Screening-Prozessen“ spricht und liest – das war selbst für mich ein Wort, worüber ich lange nachdenken musste; ich habe in einer Vorbereitung darüber gelesen –, dass es beim Rat „BESO-GEKO“ am 8./9. Dezember 2005 zu einer Pattstellung zwischen Ländern, die das Opting-Out schon anwenden, und jenen, die das Opting-Out noch nicht an­wenden, kam.

Wir, meine Damen und Herren, verstehen das vielleicht gerade noch, aber wer von den Bürgern dieser Europäischen Union, für die wir da zu sein haben, versteht dieses Deutsch – es sollte Deutsch sein, glaube ich – und diese Fachausdrücke? Mehr Bürgernähe bedeutet auch eine verständliche Sprache für die Bürger in Europa. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Wir haben über die Erweiterung gesprochen, ja, aber es wird auch die Frage zu stellen sein: Wo sind die Grenzen dieses Europas? Gerade die Erweiterung um Rumänien und Bulgarien bringt für Österreich mehr Vorteile als Nachteile, weil wir der größte Investor in diesen Ländern sind, aber trotzdem wird auch diese Erweiterung die Probleme nicht verkleinern, sondern vergrößern, nämlich wenn es um die Abläufe, die Entscheidungsfindungsprozesse in der Europäischen Union geht. Dann wird Kroatien dazukommen – aus sicherheitspolitischen Gründen haben wir auch Interesse daran.

Wo wird die Grenze sein, meine Damen und Herren? Ist ganz Europa in der Lage, Mitglied der Europäischen Union zu werden? Wäre das richtig und sinnvoll? Oder sollte man sich nicht vielmehr überlegen, die Idee, die auch von Österreich ausgegangen ist, einer „Partnerschaft für Europa“ umzusetzen, um Länder, die nicht Mitglied der Euro­päischen Union werden können oder werden wollen – zumindest nicht in absehbarer Zeit –, doch auch Schritt für Schritt an uns, an dieses Europa heranzuführen, ohne all diese Probleme bewältigen zu müssen, die nicht zu bewältigen sind? Das wären doch auch interessante Alternativen zu den jetzigen technokratischen Ideen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn man sich schon dieser Erweiterung sozusagen nähert und sagt, wie dies im Zusammenhang mit der letzten Erweiterungsrunde der Fall war: Wir haben Interesse daran, denn dann sind diese Länder bei uns und können wir die offenen Probleme lösen!, dann aber sieht, dass die Verhandlungen etwa betreffend Kraftwerk Temelín mit der Tschechischen Republik jetzt schwieriger sind als vorher, als Tschechien noch nicht Mitglied der Europäischen Union war, und Temelín noch ausgebaut wird, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Bevölkerung fragt, wozu diese Erweite­rungsrunde gut war.

Ein wichtiger Aspekt ist selbstverständlich die Außen- und Sicherheitspolitik. Wir sehen an der jüngsten Entwicklung im Iran, dass Sicherheit nicht selbstverständlich ist, dass es keine Einbahnstraße in Richtung mehr Sicherheit gibt, sondern dass es selbst­verständlich überall auf der Welt Krisenszenarien und auch politische Veränderungen geben kann und geben wird, die unmittelbare Auswirkungen auch auf unsere Sicher­heitsinteressen haben.


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Dieser gemeinsame Sicherheitsgedanke ist ja eine der wichtigen Funktionen der Europäischen Union. Er muss dann aber auch gelebt werden: mit einer gemeinsamen außenpolitischen Strategie zum Beispiel. Ich gebe Klubobmann Van der Bellen schon Recht: vor allem auch dann, wenn Länder der demokratischen Welt, wie in diesem Fall die USA, die Menschenrechtsstandards, die wir in der Europäischen Union von allen verlangen, nicht beachten. Dann müssen wir mit einer klaren und deutlichen Sprache auch darauf hinweisen und das einfordern.

Wir müssen auch die Weiterentwicklung einer gemeinsamen Sicherheitspolitik in Europa forcieren. Das ist auch im Interesse Österreichs, denn wir profitieren von diesem Schutzschild der Europäischen Union, sodass unsere Sicherheit auch in Zukunft gewährleistet ist und wir dafür nicht allein einzustehen haben. Das ist ein absoluter Vorteil der Europäischen Integration. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Aber wir warten nach wie vor auf Strategien etwa bei der Globalisierung, wenn es um Beschäftigung und um den Wirtschaftsstandort Europa geht. Was tut die Europäische Union gegen Dumpingpreise aus der Dritten Welt, aus Asien, wo Produkte hergestellt werden mit Kinderarbeit, unter Umweltstandards, die jeder Beschreibung spotten? Hier verlangen wir eine klare Strategie Europas.

Ein Punkt im Rahmen der österreichischen Präsidentschaft kann eben auch sein, hier einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) und der Bevölkerung zu zeigen, dass sich auch ein kleines Land wie Österreich nicht fürchten muss vor Europa und auch nicht vor dieser Aufgabe, sondern mutig neue Wege für dieses geeinte Europa aufzeigen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Vize­kanzler Gorbach. Seine Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Herr Vizekanzler.

 


11.24.19

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Regierungskollegen! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Am vergangenen Wochenende hat der Euro­päische Rat eine für die Europäische Union sehr wichtige Entscheidung getroffen, was die Finanzpolitik der nächsten sieben Jahre und auch die Möglichkeiten betrifft. Darüber kann man heute hier im Zuge der Europadebatte nicht einfach hinweggehen, sondern muss darauf eingehen, wie das auch alle Vorredner getan haben. Auch ich möchte deshalb ein paar Bemerkungen zu diesen Verhandlungen machen.

Erstens: Es gibt Leute, die sagen, dass es wichtig war, dass überhaupt ein Ergebnis erzielt wurde. – Ganz so sehe ich das natürlich nicht. Es gibt aber auch viele Euro­pa­parlamentarier, die sagen: Uns wäre es schon recht, wenn kein Ergebnis zustande kommt! – Man muss darüber nachdenken, warum die das sagen, und kommt beim Nachrechnen darauf, dass das Budget größer, umfangreicher wird. Und es ist ein wahrscheinlich nicht ganz falscher Schluss, dass dann auch mehr in diesen Topf, in das Budget hineinzuzahlen sein wird, von wem auch immer. Da sollte man also vorsichtig sein.

Ich bin froh darüber, dass es zu dieser Einigung gekommen ist, auch deshalb, weil damit, glaube ich – und das ist fast noch wichtiger –, Handlungsfähigkeit bewiesen wurde. Die Bevölkerung braucht diese Handlungsfähigkeit als sichtbares Zeichen, als Basis, um wieder Vertrauen in die Europäische Union, in den Rat und in die anderen Gremien zu gewinnen. Das muss für uns in Zukunft im Rahmen unserer Präsident-


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schaft ein Motto und sehr wichtig sein: bei Handlungen, die wir setzen können, mitunter einen Schritt entgegengehen, konsensbereit sein, kompromissbereit sein – es darf sich natürlich nicht um einen faulen Kompromiss handeln –, um in den einzelnen Fach­bereichen Dossiers abzuschließen und zu zeigen, dass diese EU entscheidungsbereit und handlungsfähig ist und dass es vorwärts geht. Und das war in dieser finanziellen Frage wichtig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die Beurteilung ist ja unterschiedlich ausgefallen. Das Ergebnis kann man natürlich aus verschiedenen Sichtweisen beurteilen, aber für den Bereich Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Entwicklung kann man das nicht unterschiedlich beurteilen, denn das Ergebnis dieses wichtigen Zukunftsbereiches ist eindeutig positiv.

Der Europäische Rat hat auch festgelegt, dass die Ausgaben der Union im Bereich Forschung und Entwicklung bis 2013 um 75 Prozent, Basiswert 2006, steigen sollen. Das ist ein sehr wichtiger Bereich, und wir sollten uns darüber freuen, wenn eine öster­reichische Idee und Position umgesetzt wird. Wir sollten uns darüber freuen, dass über die EIB zusätzlich 10 Milliarden € in dieser Periode im F&E-Bereich investiert werden sollen und weitere 20 Milliarden € durch Private, durch die Industrie zur Verfügung gestellt werden sollen, sodass also 30 Milliarden zusätzlich in diesem wichtigen Bereich eingesetzt werden können. Es ist schwer verkennbar, dass es sich dabei um das österreichische Modell handelt, das wir in verschiedenen Bereichen, etwa beim Breitband, schon im Kleineren abgehandelt haben.

Meine Damen und Herren! 30 Milliarden € mehr an Kapital in F & E fließen zu lassen, das bedeutet einen wesentlichen zusätzlichen Impuls für die europäische und damit natürlich auch für die österreichische Wirtschaft. Das ist gute Zukunftspolitik!

Wir wissen, dass die Investitionen in Forschung und Entwicklung eine wichtige Basis für Wirtschaftswachstum sind. Die Auswirkungen von Forschungsausgaben eines Be­trie­bes werden folgendermaßen eingeschätzt: 10 Prozent Erhöhung des Forschungs­budgets bringen 1 Prozent Erhöhung des Beschäftigungsstandes. 1 Million € zusätzlich in Forschung investiert, führt in diesem Unternehmen kurzfristig zu 13, langfristig sogar zu 48 hoch qualifizierten Arbeitsplätzen.

Man muss diese Zusammenhänge sehen, um wirklich Freude daran zu haben, dass gerade dieser Bereich in diesen Verhandlungen sehr gut weggekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wenn Österreich jetzt mit einer Forschungsquote von 2,38 Prozent, geschätzt für 2005, unter den Top Five ist – gleichauf mit Belgien, hinter Schweden, Finnland, Dänemark und Deutschland, also wirklich ganz vorne mit dabei ist –, dann zeigt das, dass unsere Forschungsgesellschaften, die noch vor wenigen Stunden so kritisiert wurden, international offensichtlich ganz gut aufgestellt sind. Die Bündelung der Forschungsgesellschaften und das neue Aufstellen zeigen sich natürlich auch im Rückfluss.

Ich habe mir angeschaut, wie sich das auswirkt, und das ist wirklich sehr erfreulich. Die Rückflüsse an rückholbaren Mitteln aus dem Forschungsrahmenprogramm der Euro­päischen Union betrugen im 4. Rahmenprogramm noch 70 Prozent, das war von 1994 bis 1998. Im 5. Rahmenprogramm, 1998 bis 2002, waren es dann schon 104 Prozent, und gegenwärtig, im 6. Rahmenprogramm, liegen wir bei 112 Prozent; das ist wieder wesentlich mehr.

Meine Damen und Herren! Das ist nicht unwichtig, denn wenn man das auf den gesamten Zeitraum hochrechnet, erkennt man: Zwischen 2000 und 2006 hatten wir F&E-Rückflüsse von 490 Millionen €; 2007 bis 2013 werden das – von Österreich vor-


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sichtigst geschätzt, nur mit 2,1 Prozent geschätzt – 800 Millionen € sein, optimistisch geschätzt, mit 3 Prozent, 1,140 Milliarden €. Das ist gute Forschungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ähnlich ist das natürlich bei den Transeuropäischen Netzen. Der Herr Bundeskanzler hat schon darauf hingewiesen, dass es uns gelungen ist, einige große Projekte an sehr prominenter Stelle zu platzieren. Ich denke, die 72 Milliarden €, die zwischen 2007 und 2013 zur Verfügung stehen, werden auch Österreich sehr zugute kommen, auch weil wir ein TEN-Projekt, nämlich den Brenner-Basistunnel, sozusagen in Poleposition haben. Allein für diesen werden in dieser Finanzperiode etwa 600 Millionen € aus der Europäischen Union in Kofinanzierungsform nach Österreich zurückfließen. „Positives“ Geld, das zurückkommt, was man auch erwähnen sollte. Gleichzeitig geht man damit aber auch ein wichtiges Verkehrsproblem an. Man redet nicht nur davon, wie Jahre oder Jahrzehnte zuvor, sondern beginnt zu bauen – mit Hilfe der Europäischen Union. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Gabriela Moser: Ja, 600 Millionen!)

Meine Damen und Herren! TEN-Zuschüsse: Dazu muss man wissen, dass Österreich im Jahr 2004 solche Zuschüsse in Höhe von knapp 30 Millionen € zugesprochen bekommen hat. Das ist ein Betrag, der vorher noch nie unter diesem Titel zurück­geflossen ist. Heuer werden es übrigens 28,5 Millionen € sein, 24,5 Millionen sind bereits zugesprochen.

Das heißt, man soll bei aller berechtigten, aber hoffentlich konstruktiven Kritik auch das Positive darstellen. Und in den für mich so wichtigen Bereichen Infrastruktur – für die Wirtschaft, die Beschäftigung, die Arbeitsplätze wichtig – sowie Forschung und Ent­wicklung als zukunftsorientiertem Bereich ist diese Einigung aus österreichischer Sicht sehr, sehr positiv erfolgt.

Es wird aber auch künftig einiges an Überzeugungsarbeit auf EU-Ebene von uns gefordert sein. Und hier sage ich: Die österreichische Bundesregierung wird sicher keine Anstrengung unversucht lassen, bei den im ersten Halbjahr 2006 anstehenden Verhandlungen der Legislativvorschläge die Interessen Österreichs weiterhin mit ganzer Kraft zu verfolgen und auch durchzusetzen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

11.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Redezeit der nächsten vier Rednerinnen und Redner beträgt jeweils 7 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


11.33.21

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Der Bericht des Bundeskanzlers war ja eigentlich mehr der Bericht eines Buchhalters als der eines Bundeskanzlers, denn es war nicht ersichtlich, wo bei dieser Tagung, in der es um die Finanzen und die Finanzvorschau gegangen ist, die politischen Markierungen waren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Das, was wir von dieser Tagung gehört haben, war: Chirac schlägt eine Institutionen­reform vor; Blair will die Finanzstruktur reformieren, erneuern und ändern; Merkel vermittelt. – Wo war der künftige Ratspräsident? Diese Frage stellt sich wirklich.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie bei dieser Tagung, bei der es um diese wichtige Finanz­vorschau gegangen ist, keine Rolle gespielt haben, welche Rolle wollen Sie dann eigentlich ab Jänner spielen, wenn Sie formal eine Art Ratspräsident sind? Das ist etwas, das uns mit Sorge erfüllt: dass Sie nicht imstande waren, sich in diesen Diskussions- und Verhandlungsprozess mit einzubringen. (Beifall bei der SPÖ.)


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Dahinter steckt natürlich auch die Geisteshaltung, die der Herr Bundeskanzler dazu hat, wenn er frei nach Nestroy sagt: Die EU befindet sich nicht in einer Krise, sondern in einem Kriserl! – Das ist bei 30 Millionen Arbeitslosen beachtlich.

Wer heute dem Herrn Bundeskanzler zugehört hat, dem wird aufgefallen sein: Kein Wort von diesen 30 Millionen Arbeitslosen, kein Wort von Beschäftigungs- und Wachs­tumspolitik. (Abg. Mag. Molterer: Nicht aufgepasst!) Das kommt in der Kunst­wirklich­keit, in der schön gefärbten Wirklichkeit des Bundeskanzlers und der heute verdon­nerten Regierungsmitglieder, die alle hier auf der Regierungsbank sitzen müssen, um ihn zu stärken und zu ermutigen, einfach nicht vor. Aber so kann man eine Rats­präsidentschaft nicht beginnen.

Und wenn Sie sagen, dass Sie ein Ratspräsident sind, der zuhören wird, um die Prob­leme zu erfahren, dann fragen wir alle uns, die Österreicherinnen und Österreicher: Was haben Sie eigentlich bisher getan? Hat niemand mit Ihnen gesprochen? Haben Sie mit niemandem in der Bevölkerung gesprochen, und zwar dahin gehend, dass Sie die Sorgen und Probleme der Bevölkerung zur Kenntnis nehmen und auch in Ihrer Politik umsetzen? – Anscheinend war das nicht so. Eine abgehobene Politik, eine Politik, die mit den Interessen der Menschen nichts mehr zu tun hat. Herr Bundes­kanzler, so kann man eine Ratspräsidentschaft nicht beginnen! Das muss ich Ihnen einmal sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Man muss genau hinhören. Sie sprechen vom europäischen Lebensmodell. Sie sprechen nicht mehr vom Sozialmodell Europa, Sie sprechen nicht mehr von der Sozialunion, nein, Sie sagen auch in öffentlichen Interviews, man müsse überhaupt abspecken, Sozialleistungen zurücknehmen. Als wäre nicht schon genug zurück­genommen worden, als würden die Menschen unter dem Schröpfkurs dieser Regie­rung in Österreich und unter der Verantwortungslosigkeit, die der neoliberale Kurs auf europäischer Ebene manchmal mit sich bringt, nicht ohnehin schon stöhnen. Das muss ich Ihnen hier auch einmal eindeutig sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie greifen den Menschen in die Taschen und sagen, dass das verantwortungsvolle Politik ist. Aber wenn wir fragen: Wo ist endlich die Politik für Beschäftigung, Wachstum und höhere Löhne und gegen Lohndumping und gegen Sozialdumping?, werfen Sie uns vor, das sei billiger Populismus. Herr Klubobmann Molterer! Bei Ihnen läuft die Welt verkehrt. (Abg. Dr. Stummvoll: Nein, nein, die läuft schon richtig!) Sie weilen politisch nicht mehr unter uns. Sie sollten wieder Realitätsbezug bekommen. Sie sollten wieder aus dem Plenarsaal hinaus zu den Menschen gehen und mit ihnen reden, um zu erfahren, was die eigentlichen Probleme sind.

Sie haben gesagt, Sie verstehen etwas von Landwirtschaft. – Mag ja sein, Sie waren zumindest Landwirtschaftsminister. Aber die Verteilungsfrage in der Landwirtschaft ist Ihnen unangenehm. Und das verstehe ich auch. Wenn man sagt: Wir müssen mehr in das Budget der Europäischen Union zahlen!, dann ist es berechtigt, zu fragen: Wofür, warum mehr, und wohin geht das Geld? (Abg. Grillitsch: Sie werden das nie ver­stehen!)

Da Herr Grillitsch gerade mit dem Kopf so wackelt und gar nicht mehr damit aufhören kann, möchte ich Ihnen eines sagen: Wissen Sie, wer die Profiteure dieses Sub­ventionssystems sind? (Abg. Grillitsch: Die Österreicher! Sagen Sie ...!) – Ein gewis­ser Sir Richard Sutton: 1,6 Millionen €; die Queen von England: 800 000 €, das ist die, die ohnehin schon am Hungertuch nagt, aber jetzt noch einmal 800 000 € für ihre landwirtschaftlichen Betriebe bekommt.

Herr Grillitsch, machen Sie sich weiter für Prinz Charles stark: 330 000 €. Oder: Fürst Albert von Monaco: 287 000 €; Prinz Joachim von Dänemark: 500 000 €. Und da


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sagen Sie, es gibt keine Notwendigkeit, über die Subventionsstruktur des Agrarbudgets nachzudenken?

Das Gleiche, bitte, auch in Österreich: Fürst Liechtenstein’sche Gutsverwaltung: 1,7 Millionen €; Gut Waldbott in Halbturn im Burgenland: 1,1 Millionen €. Und so geht das weiter. Es ist daher legitim, wenn man sich hier heraus stellt, über dieses Thema diskutiert und sagt: Es geht auch in Europa um Gerechtigkeit, um soziale Gerechtig­keit, um Chancengleichheit.

Es geht darum, dass das auch Mittelpunkt einer Politik sein soll. Und das können Sie nicht deformieren, indem Sie sich wieder herstellen und sagen: Nein, nein, das ist Populismus, eigentlich schon fast Strache! (Abg. Mag. Molterer: Genau!) Das ist die Argumentationsweise von Klubobmann Molterer, womit er sich der Wirklichkeit entzieht und sagt: Nein, das, was ist, lassen wir in der Europäischen Union. Wir erklären bloß, warum es ungerecht ist, und mehr machen wir nicht. – So kann man das nicht an­gehen!

Herr Bundeskanzler, Sie haben ständig von der Erweiterung gesprochen. Da gibt es halt zwei Konzeptionen: die eine, die sagt, Erweiterung ja, aber immer mit einer Vertiefung, immer mit einer sozialen Verantwortung, immer so, dass die EU damit Schritt hält. Diesen Weg hat man verlassen. Es wird einfach erweitert – aus, egal, ob es die EU verkraftet oder nicht verkraftet. Manche wünschen sich das direkt, weil sie sagen, das ist ein neoliberales Konzept, wir erweitern so rasch wie möglich, da gibt es größtmöglichen Lohndruck, da gibt es größtmöglichen Sozialdruck, da gibt es we­nigstens Wettbewerb der Standorte. Das sagen Einzelne in der Wirtschaft, die nicht wenig mächtig und ohne Einfluss sind, und die wollen das.

Es ist legitim, wenn man das hier auch hinterfragt und sagt: Welches Modell, welchen Weg geht die Europäische Union? Was machen die nationalen Regierungen? Was ist Ihr Vorschlag dabei, Herr Bundeskanzler? Was ist Ihr Entwurf von Europa? Wie viel Soziales wollen Sie eigentlich? – Wie ich höre, ganz wenig. Also was ist es? Viel mehr Landwirtschaft. – Wir sind nur mehr ein einziges Agrarland in Europa.

Was ist Ihr Konzept? – Es ist nicht herauszufinden! Sie sagen es nicht, Sie wollen es verbergen, Sie wollen keine Diskussion darüber. Sie wollen abwiegeln, Sie wollen einfach sagen: Bestenfalls ein Kriserl, an sich läuft das ohnehin alles gut. Über die 30 Millionen Arbeitslosen reden wir nicht (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), und über die ungerechten Verteilungssysteme reden wir erst recht nicht. – So nicht, Herr Bundeskanzler! So nicht! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

11.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


11.40.49

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Ja, es ist richtig, das Jahr 2005 war für die Europäische Union kein sehr gutes Jahr, aber es hat mit dieser Grundsatzeinigung über den Finanz­pakt einen guten Abschluss gefunden. Er ist erstens ein Signal für die Handlungs­fähigkeit der Europäischen Union, und er ist zweitens die Basis für die Finanzierung der Europäischen Union und ihrer Vorhaben bis zum Jahr 2013.

Wir haben heute schon mehrere Beurteilungen dieses Paktes gehört. Ich gebe ehrlich zu, ich stimme überwiegend mit dem überein, was unser Bundespräsident Heinz Fischer gestern im „Report“ gesagt hat. Er hat dreierlei Dinge gesagt:

Erstens: Österreichs Beitrag ist angemessen. – Ich sage: Ja, das stimmt.


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Unser Herr Bundespräsident hat zweitens gesagt, dass es, wenn man bei den Ver­handlungen nicht dabei war, unfair ist, von außen so zu tun, als hätte man es besser machen können. (Rufe bei der ÖVP: Ja, ja!) – Er hat bei dieser Äußerung wahr­scheinlich an Kollegen Gusenbauer gedacht, meine Damen und Herren.

Und unser Herr Bundespräsident hat drittens gesagt: Die Interessen Österreichs wurden sehr gut vertreten. – Meine Damen und Herren! Ich kann all diesen drei Punkten zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Dr. Gusenbauer, auch wenn Sie mir jetzt nicht zuhören (Abg. Lentsch: Er tut nur so!), ich sage es trotzdem: Es ist nicht mein Problem, aber ich glaube, Sie sollten sehr, sehr Acht geben, Sie sollten sehr, sehr vorsichtig sein, dass Sie nicht wieder auf der falschen Seite stehen, so wie bei den Sanktionen im Frühjahr 2000. (Rufe bei der ÖVP: Ja!)

Wir alle erinnern uns noch an die Fotos aus Paris, auf denen zu sehen war, dass mit Champagner auf die Sanktionen gegen Österreich angestoßen wurde. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wir können uns noch erinnern, Herr Kollege Gusenbauer!

Mein Appell wäre, Herr Dr. Gusenbauer, wenigstens für ein halbes Jahr, wenigstens für die Präsidentschaft Österreichs, wo wir in der Auslage stehen, wenigstens da eine Mitverantwortung zu übernehmen und wenigstens da zu zeigen, dass Sie zu Öster­reich, zu unserer Heimat Österreich stehen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was unsere Präsidentschaft betrifft, meine Damen und Herren, so haben wir eine unglaubliche Erwartungshaltung. Es hat vor wenigen Tagen das Hamburger „manager magazin“ aufgemacht mit einem großen Foto unseres Bundeskanzlers, und darunter stand: „Kann dieser Mann Europa retten?“ – Eine unglaubliche Erwartungshaltung, aber auch eine erstaunlich Entwicklung: Der Buhmann des Jahres 2000 – Sanktionen gegen Österreich – wird plötzlich der Held und Retter Europas!

Aber bleiben wir auf dem Boden der Realität! Ich stimme mit unserer Außenministerin überein, die unlängst gesagt hat: Wir sind keine Zauberkünstler. Wir werden in einem halben Jahr Präsidentschaft Europa nicht grundsätzlich verändern. Aber wir werden wichtige Impulse setzen, meine Damen und Herren. Und wir werden diese Impulse gerade dort setzen, wo es die Menschen am meisten berührt: im Bereich Wachstum, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit.

Wir wissen genau, dass es 19 Millionen Arbeitslose in Europa gibt. Herr Kollege Cap, 19, nicht 30!; ein Unterschied von elf Millionen, bitte, ist gewaltig und zeigt die Ober­flächlichkeit, mit der Sie hier agieren! Wir werden Schwerpunkte setzen im Bereich Wachstum, Beschäftigung, Arbeitsplätze und soziale Sicherheit.

Ich gebe zu, die Europäische Union hat da ein Problem, denn es gibt keine gemein­same Wirtschaftspolitik, es gibt keine gemeinsame Arbeitsmarktpolitik, es gibt keine gemeinsame Steuerpolitik. Da sind die einzelnen Mitgliedstaaten gefordert! Und unsere Präsidentschaft wird sehr stark thematisieren, dass die Hausaufgaben durch die einzelnen Mitgliedstaaten entsprechend zu erfüllen sind. Herr Kollege Van der Bellen, ich glaube, da stimmen wir überein, das sind Hausaufgaben der einzelnen Mitglieder.

Wir können hier eine Reihe von Dingen einbringen, die eigentlich Vorbildwirkung für Europa haben, meine Damen und Herren. Die Europäische Union wird nicht darum herumkommen, jene drei Grundpfeiler der Wirtschaftspolitik auch einzuhalten, die die Basis unseres Erfolgs in den letzten Jahren waren, nämlich Stabilität im Staats­haushalt, Entlastung der Bürger und der Betriebe und Investitionen in die Zukunft – das sind Wachstumsinvestitionen.


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Wir haben da als Präsidentschaft der Europäischen Union etwas zu bieten. Ich nenne nur drei Punkte: Klein- und Mittelbetriebe, duale Berufsausbildung und Sozialpartner­schaft.

Meine Damen und Herren, wir wissen inzwischen – und wir von der Österreichischen Volkspartei waren immer davon überzeugt –, dass es die Klein- und Mittelbetriebe sind, die Wachstum, Beschäftigung, soziale Sicherheit und Einkommenschancen auf Dauer garantieren. Wir werden hier einen Paukenschlag für Europa mit der Initiative Klein- und Mittelbetriebe zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Europa im Vergleich zu den USA oder zu Asien setzen.

Zur Berufsausbildung. Viele Länder beneiden uns um dieses System der dualen Berufsausbildung, und allein der so genannte Blum-Bonus hat wieder Tausende neue Lehrstellen geschaffen. Aber was las ich vor einigen Wochen in einer Presse­aus­sendung? – Der sozialdemokratische Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich sagt: Die duale Berufsausbildung ist überholt, die Berufsausbildung gehört wieder verstaatlicht. – Ja, meine Damen und Herren, wo leben wir denn?! Herr Kollege Gusenbauer! Haben Sie Ihre Funktionäre nicht im Griff, oder sind auch Sie für die Verstaatlichung der Berufsausbildung? – Darauf wollen wir eine klare Antwort, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Sozialpartnerschaft als unser Spezifikum, als Teil unserer Erfolgsstory? – Auch das wird der Herr Bundeskanzler als Ratspräsident auf die europäische Ebene ver­lagern. Wir wollen den sozialen Dialog auch auf europäischer Ebene, weil wir damit gute Erfahrungen gemacht haben.

Herr Bundeskanzler, ich bedanke mich auch als Waldviertler Abgeordneter für zwei ganz wichtige Verhandlungserfolge: ländlicher Raum und Grenzregionen. – Ich habe wochenlang gesagt, ich kann alle Zukunftsstrategien für das Waldviertel vergessen, wenn da kein Durchbruch gelingt. Herr Bundeskanzler, Frau Außenministerin! Herz­lichen Dank eines kleinen Waldviertler Mandatars für diese Verhandlungserfolge! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Und zum Abschluss: Meine besten Wünsche für eine hervorragende Präsidentschaft Österreichs! Ich bin überzeugt davon, dass Europa in diesem halben Jahr bei dir, Herr Bundeskanzler, und deiner Regierungsmannschaft in guten Händen sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

 


11.47.54

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren im Publikum, sowohl hier im Hohen Haus auf der Galerie als auch vor den Fernsehschirmen! Herr Bundeskanzler und meine Damen und Herren vor allem von der ÖVP! Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass für Sie, so wie Sie das heute dargestellt haben, Sinn und Zweck der EU allein in einer Wirtschaftsgemeinschaft liegen. (Abg. Mag. Molterer: Eine politische Gemeinschaft!) Ich hatte so den Eindruck, Sie wollen jenen EU-Skeptikern und -Skeptikerinnen in der österreichischen Bevölkerung, die es sehr stark gibt, einfach die Präsidentschaft als Wachstumsprojekt, Beschäftigungs­projekt präsentieren und vielleicht mit ein bisschen Mozartjahr garnieren, in der Hoffnung, dass Sie dadurch die Skepsis wieder wegbekommen. (Abg. Mag. Molterer: Das wäre zu wenig!)


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Ich glaube, meine Damen und Herren, das wird zu wenig sein! Die EU ist nicht alleine ein Wirtschaftsprojekt, die EU ist – immer noch und auch weiterhin – ein Friedens­projekt und eines, wo die Menschenrechte in das Zentrum gestellt werden – und das sind nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch die sozialen, ökologischen und kulturellen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler ist zum Beispiel auf einen wichtigen Teil eines EU-außen­politischen Projektes eingegangen, nämlich die Stützung und Förderung Südost­europas; da stimmen wir ja überein. Sie haben aber Südosteuropa lediglich als Wirt­schaftsmotor für Österreich dargestellt, aber nicht die Notwendigkeit einer friedlichen, stabilen südosteuropäischen Region für ganz Europa und natürlich auch für die Menschen in den Ländern. (Abg. Dr. Brinek: Da haben Sie nicht zugehört! Ich habe zugehört!)

Nein, Frau Kollegin Brinek, der Herr Bundeskanzler hat vorrangig betont, wie wichtig diese Region für die österreichische Wirtschaft ist und was man dort machen kann. – Ja, das ist ein wichtiger Aspekt, aber das Wort „Menschenrechte“ ist dem Herrn Bun­deskanzler kein einziges Mal über die Lippen gekommen! Das ist daher zu wenig! (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Bundeskanzler hat auch nicht darüber gesprochen, welche Initiativen die österreichische Bundesregierung für Südosteuropa setzt. Sie behaupten zwar immer, diesbezüglich viel zu tun, jedoch: Außenministerin Plassnik war äußerst zögerlich, als vor dem Gipfel nicht klar war, ob es Einigung darüber geben wird, dass Mazedonien ein EU-Beitrittskandidat wird. Warum, Frau Ministerin, haben Sie denn nicht gesagt: Ja, wir in Österreich treten als künftige EU-Präsidentschaft dafür ein, dass Mazedonien den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhält – und wir wollen diesen Beitrittsprozess für die gesamte Region!? Äußerst zögerlich waren Sie da, Frau Bundesministerin! So stelle ich mir eine „klare und schwungvolle Initiative“ und die österreichische EU-Präsidentschaft nicht vor.

Ganz konkrete Initiativen erwarten sich die Grünen von Ihnen, so zum Beispiel, dass die Fördermittel für Südosteuropa vereinheitlicht werden, dass also nicht nur die EU-Kandidatenländer Kroatien und Mazedonien sehr viel bekommen und die anderen Länder sozusagen dazwischen liegen, denn eine solche Kluft, die sich da aufzutun droht, ist in Bezug auf Stabilität in dieser Region sehr gefährlich! Wo gibt es da die Initiative, dass Sie sagen: Wir wollen das verändern, wir wollen das vereinheitlichen?! – Davon habe ich noch nichts gehört! Wo sind also diese Initiativen? Solche Initiativen brauchen wir jedoch für eine „schwungvolle Präsidentschaft“, wie Sie das immer ankündigen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Grünen.)

Weiters: Die jungen Leute in der Region Südosteuropas, eben in den Nicht-Kann­didatenstaaten, haben derzeit keine Chance, andere europäische Staaten zu bereisen, diese kennen zu lernen, weil sie hiefür Visa brauchen. Das sage ich jetzt nicht nur wegen der Visa-Affäre, die aufgeklärt gehört – ebenso natürlich auch die politische Verantwortung im Außenministerium –, sondern es geht darum, dass die jungen Leute nicht in die Falle von Nationalisten tappen, sondern tatsächlich mitbekommen, was Europa an kultureller Vielfalt heißt.

Deshalb fordern wir von den Grünen ganz konkrete Initiativen, Visa-Kontingente für junge Leute, für Studierende – und das können Sie doch während der EU-Präsi­dentschaft Österreichs ganz einfach bewerkstelligen, indem beispielsweise Österreich und die anderen 24 EU-Länder sagen: Je 100 jungen Menschen geben wir im Sommer diese Möglichkeit! Das sollte doch funktionieren!


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Ebenso geben müsste es eine Initiative zur Visa-Freiheit für diese Region. Das wäre übrigens auch wirksam gegen die Schleppermafia. Diese schafft es ohnehin, dass Menschen auch ohne Visum zu uns kommen.

Solche Initiativen erwarte ich mir also von der EU-Präsidentschaft Österreichs, eben auch unter dem Titel „Menschenrechte“.

Zum EU-Budget. – Der Herr Bundeskanzler hat heute gesagt, dass Österreich wäh­rend seiner EU-Präsidentschaft für verbesserte Eigenmittelquellen kämpfen werde. Welche denn? – Ich war sehr erfreut, als Sie, Herr Bundeskanzler, in der letzten „Pressestunde“ eine Steuer auf Finanzdienstleitungen, auf Spekulationen erwogen haben. BZÖ-Chef Haider hat das gleichfalls gesagt; auch Wifo-Chef Aiginger war dafür. Welche Initiativen setzen Sie also?

Ich finde, die österreichische Bundesregierung sollte eine Initiative zur europaweiten Einführung einer Devisen-Transaktionssteuer für das EU-Budget und für die Entwick­lungszusammenarbeit setzen. Unter Menschenrechte fällt auch, nicht arm sein zu müssen, und zwar soll das weltweit und nicht nur in Österreich so sein.

In diesem Zusammenhang bringe ich jetzt einen Entschließungsantrag ein, in dem es genau um eine solche österreichische Initiative geht, nämlich für die europaweite Einführung einer Devisen-Transaktionssteuer, mit der hoch spekulative Finanztrans­aktionen besteuert werden sollen, eben für den Fall jener Transaktionen, bei denen es ganz kurzfristig, innerhalb von sieben Tagen, ja manchmal auch innerhalb von Sekun­den, zu einem Wechsel enorm hoher Summen kommt und so oft ganze Volkswirt­schaften in Gefahr gebracht werden.

Bei einer solchen Devisen-Transaktionssteuer hätten wir einiges Geld, und zwar sowohl für die EU als auch für das, was an internationaler Solidarität notwendig ist. Solche konkreten Initiativen sollten Sie setzen, Herr Bundeskanzler – und nicht nur ganz allgemein zu sagen, dass irgendwie und irgendwer etwas tun sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Für die EU-Präsidentschaft Österreichs erwarten wir Grünen von Ihnen konkrete Vor­schläge – und nicht nur ein Zuhören. Ja, zuhören ist wichtig, aber doch zu wenig! Konkrete Initiativen also!

Meine Damen und Herren, ich hoffe daher, dass Sie diesem unserem Antrag zustim­men werden.

Noch einmal auf das Thema „Menschenrechte“ zurückkommend – „Klarheit“, „Schwung“ haben Sie, Herr Bundeskanzler gesagt, soll es in der EU-Präsidentschaft Österreichs geben –: Ich erwarte mir, dass das Thema „Menschenrechte“ auch in Reden des Bundeskanzlers stärkeres Gewicht bekommt – und nicht einfach verschwie­gen wird! Menschenrechte als Kern europäischer Werte und europäischer Außen­politik: gegen­über den USA, gegenüber Russland und auch gegenüber anderen Staaten. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Mag. Luna­cek vorgebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung. Gemäß § 54 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung wurde dieser Antrag – ich verweise auf dessen Umfang – zur Verteilung gebracht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Lunacek, Freundinnen und Freunde betreffend österreichische Initiative für die europaweite Einführung einer Devisentransaktionssteuer für das EU-Budget und die Entwicklungszusammenarbeit,

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers zur öster­reichischen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006

Am 18. Dezember 2005 meinte Bundeskanzler Schüssel in der ORF-„Pressestunde“, er wolle punkto EU-Finanzierung künftig keine zusätzliche Europa-Steuer sondern eine ansetzen bei „Themen, die heute (...)  international überhaupt nicht besteuert werden“, etwa bei „Finanzdienstleistungen“.

Schüssel beantwortete in der „Pressestunde“ jedoch nicht die daraufhin gestellte Frage, ob damit die sog. Tobin-Steuer eines der Projekte der österreichischen Präsi­dentschaft werden könnte.

James Tobin, ein US-amerikanischer Wirtschaftnobelpreisträger, hatte bereits in den 70er Jahren die Idee, die Finanzmärkte durch die Einführung einer Steuer, der so genannten Tobin-Steuer, zu stabilisieren und damit Finanzkrisen vorzubeugen. Neben dieser stabilisierenden Funktion hätte die Tobin-Steuer auch den Effekt, den bisher gegenüber dem Faktor Arbeit wesentlich geringer belasteten Faktor Kapital stärker als bisher zu besteuern.

Täglich werden mehr als 1.200 Milliarden Euro auf den internationalen Finanzmärkten umgesetzt. Davon sind laut Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) mehr als 80 % Anlagen mit einer Laufzeit von 7 Tagen oder weniger. Dieses kurzfristige (oftmals spekulative) Kapital zeichnet sich durch hohe Volatilität und Mobilität aus und stellt eine wesentliche Bedrohung für die Anlegerländer dar. Durch ihr großes Handelsvolumen sind diese Märkte zu einem bedeutenden Machtfaktor geworden, die einen zuneh­menden Einfluss auf Politik und Gesellschaft gewinnen. Anlageerwartungen werden nicht mehr durch ökonomische Basisdaten sondern von kurzfristigen Rendite­erwartun­gen privater Finanzmarktakteure bestimmt. Dies hat nicht zuletzt zu Währungs- und Finanzkrisen wie in Mexiko (1994 – 95), Asien (1997), Russland (1998) und vor kurzem auch Argentinien (2001) geführt.

Die Tobin-Steuer sollte auf alle Devisentransaktionen eingehoben werden, egal wel­chem Zweck sie dienen. Dabei stand man vor dem Problem einen Steuersatz zu finden, der sowohl hoch genug war, um Spekulationen abzuwehren, und niedrig genug, um Investitionen, die dem Warenhandel oder der Wechselkurssicherung dienen, nicht zu beeinträchtigen. Eine Weiterentwicklung der Tobin-Steuer, die dieses Problem lösen kann, schlägt der deutsche Wirtschaftsprofessor Paul Bernd Spahn vor – die „Spahn-Steuer“.

Spahn schlägt ein Zwei-Ebenen-System vor, das sowohl Einnahmen schaffen als auch einen Abschreckungseffekt erzielen kann. Ein Teil dieser Steuer ist eine „klassische“ Tobin-Steuer, allerdings mit einem sehr niedrigen Steuersatz – etwa 0,01–0,04 %. Dieser Steuersatz darf vor allem den nicht-spekulativen Handel nicht behindern und hat hauptsächlich fiskalische Funktionen. Der andere Teil der Steuer besteht aus einer Zusatzabgabe, die speziell der Abwehr von Spekulationen dient. Dieser Teil wird immer dann aktiviert wenn es zu Spekulationen kommt.

Dafür muss man für die amtlichen Wechselkurse einer Währung einen entsprechenden Korridor für so genannte normale Transaktionen definieren. Bei Spekulationen kommt es zu einer abrupten Änderung des Wechselkurses. Hat man den Korridor richtig gewählt, überschreitet der Wechselkurs bei einer spekulativen Attacke denselben und


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wird mit der Zusatzabgabe belegt. Den Referenzkurs, um welchen sich der Korridor bildet, erhält man durch das errechnen des gleitenden Durchschnitts der täglichen amtlichen Mittelkurse im Verhältnis zu einer Referenz- oder Ankerwährung (z.B. Dollar oder Euro).

Der Devisenhandel konzentriert sich nur auf wenige Finanzplätze, was vorwiegend auf technologische Gründe zurückzuführen ist. Damit kann die „Spahn-Steuer“ den Zweck einer Stabilisierung der Finanzmärkte und vermehrter Fiskaleinnahmen erfüllen, auch wenn die Steuer nur in den EU-Staaten eingeführt wird.. Das Steueraufkommen ermi­ttelt sich dann für die Zeitzone als Ganze und sollte innerhalb der Europäischen Union für die Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit sowie im Rahmen der EU für soziale und ökologische Maßnahmen verwendet werden.

Ein entsprechendes Gesetz sollte die politische Bereitschaft Österreichs zur Einfüh­rung einer derartigen Steuer signalisieren. Es soll zu jenem Zeitpunkt in Kraft treten, an dem ähnliche Gesetze auch in den anderen Staaten der Europäischen Union einge­führt wurden. Diese einschränkenden Bedingungen sind auch in den bereits beschlossenen Devisentransaktionssteuergesetzen von Frankreich (2001) und Belgien (2004) beinhaltet.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert,

1. auf europäischer Ebene eine Initiative zur europaweiten Einführung einer (am Modell von Spahn orientierten) Devisentransaktionssteuer zu ergreifen,

2. dem Nationalrat ein an das Modell von Spahn orientiertes Gesetz zur Einführung einer Devisentransaktionssteuer mit folgendem Inhalt vorzulegen:

Besteuert werden alle in Österreich stattfindenden Devisentransaktionen. Dies betrifft auch alle finanztechnischen Operationen, die wie Devisentransaktionen wirken.

Steuerpflichtige sind nach dem Marktprinzip zu definieren, wonach alle an Finanz­plätzen in Europa akkreditierten Devisenhändler und Banken sowie Nichtbanken (wie die zentral operierenden automatischen Maklersysteme und Abwicklungssysteme) der Steuerpflicht unterliegen. Das Gleiche muss für den Devisenhandel von (international agierenden) Produktionsbetrieben gelten.

Die Steuereinnahmen sollen, abzüglich eines Verwaltungsentgeltes, in vollem Umfang in einen von der Europäischen Union verwalteten Fonds eingezahlt werden, der der Finanzierung sozialer und ökologischer Maßnahmen im Rahmen der EU sowie der Entwicklungszusammenarbeit dient.

Ein normaler, innerhalb der EU vereinheitlichter Steuersatz zwischen 0,01 und 0,04 % der Wechseloperationen soll eingehoben werden.

Für jede Devisentransaktion, welche die unter Pkt. 7. definierte Schwankungsbreite des Wechselkurses überschreitet, soll ein ebenfalls innerhalb der EU vereinheitlichter Steuersatz von maximal 80 % eingehoben werden.

Die endgültige Höhe der unter 4. und 5. angeführten Steuersätze soll vom Ecofin beschlos­sen werden.

Europaweit soll ein Leitkurs auf der Grundlage eines progressiven Mittelwertes fest­gelegt werden. Der Mittelwert soll auf Grundlage der Kursentwicklung der vorherigen


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20 Tage errechnet werden. Ein Schwankungskorridor um diesen Leitkurs soll definiert werden. Die Festlegung des Leitkurses und des Schwankungskorridors soll beim Finanzminister, nach Abstimmung im Ecofin, erfolgen.

Das Gesetz soll in Kraft treten, wenn alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine Steuer auf Devisentransaktionen in ihrer Gesetzgebung vorgesehen haben oder eine europäische Regelung verabschiedet wurde.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abge­ordneter Dr. Bösch. – Bitte.

 


11.55.49

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrem Redebeitrag die Finan­zierungseinigung auf europäischer Ebene angesprochen und da einige Vorteile heraus­gestrichen, die es Ihrer Auffassung nach für Österreich geben wird. – Wir müs­sen da allerdings zusammenfassend sagen, dass der Beitrag, den Österreich in diesen Jahren wird zahlen müssen, ein erheblich höherer sein wird, als das bisher der Fall war.

Ebenso festhalten müssen wir in diesem Zusammenhang, dass der Rückfluss, den Österreich daraus lukrieren wird können, nicht höher sein wird als bisher. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Ja, gleich hoch.

Herr Bundeskanzler, ob das ein Vorteil für Österreich sein wird, wie Sie sagen, wird sich erst herausstellen, da es ja mit dieser Finanzeinigung zu keiner grundsätzlichen Änderung in der europäischen Politik kommt. Das ist lediglich ein Weiterschreiben, eine Fortsetzung unbefriedigender Zustände in vielen Bereichen, in Bereichen, die wir kennen und worüber wir hier bereits ausführlich debattiert haben.

Herr Bundeskanzler, niemand wird etwas gegen Europa und die EU haben, wenn dort eine vernünftige Politik gemacht wird: eine Politik mit Hausverstand! – Das ist jedoch nicht der Fall! Wenn Sie sich die Meinung der Menschen in Österreich, in Europa anhören, dann können Sie klar erkennen, dass keinerlei Verständnis für diese Politik gegeben ist.

Deshalb ist es meiner Auffassung nach der Hauptauftrag, die Hauptherausforderung für die EU-Präsidentschaft Österreichs in der kommenden ersten Jahreshälfte 2006, eine grundlegende Änderung der europäischen Politik in wichtigen Fragen herbei­zuführen.

Meine Damen und Herren, die Europäische Union muss die Interessen der ganz normalen Bürger, und zwar sowohl der Arbeitnehmer als auch der Wirtschafts­treiben­den, in das Zentrum ihrer Politik rücken – und nicht die Interessen von Minderheiten, auch wenn diese noch so berechtigt sein mögen!

Wichtig ist, die Interessen der Mehrheit der Menschen zu berücksichtigen, jener Men­schen also, die in diesem Europa um ihre Existenz bangen und ringen: eben in Bezug auf die Auslagerung von Arbeitsplätzen sowie auf die Massenzuwanderung, wo diese wichtigen Bedürfnisse und Wünsche der Menschen klar zutage getreten sind, Herr Bundeskanzler!

Deshalb ist es wichtig, dass auf europäischer Ebene eine Politik gemacht wird – und eine solche selbstverständlich von österreichischer Seite unterstützt wird –, mit der die


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Kauf- und Wirtschaftskraft der breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union gestärkt wird.

Wir müssen in der EU ein wirtschaftsfreundliches, aber auch ein kinder- und familien­freundliches Klima schaffen. Diese Herauforderungen sind jedoch auf europäischer Ebene bisher nicht gelungen.

Eine solche grundsätzliche Änderung in der europäischen Politik ist, Herr Bundes­kanzler, die Herausforderung für die Leitung der österreichischen EU-Präsidentschaft im kommenden ersten Halbjahr 2006!

Um Sie dabei zu unterstützen, Herr Bundeskanzler, werden wir Freiheitlichen ein Volksbegehren initiieren, eines mit wichtigen, die europäische Politik betreffenden Themen. – Wenn ich die Ausführungen einiger Vorredner ernst nehmen darf, glaube ich schon sagen zu können, dass dieses unser Volksbegehren breite Unterstützung sowohl hier im Hohen Hause als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern finden wird.

In diesem Volksbegehren werden wir vor allem auf die Frage EU-Verfassung eingehen. Die EU-Verfassung, Herr Bundeskanzler, über die jetzt hier debattiert wurde, ist gescheitert. Daher: Zurück an den Start!

Dieses Kommando „Zurück an den Start!“ stellt jedoch auch eine Chance dar, Herr Bundeskanzler: eine Chance nicht nur für die EU-Präsidentschaft in der ersten Hälfte 2006, sondern eine Chance für die gesamte Union, dass nämlich begangene Fehler nicht wiederholt werden.

Wir müssen unserer Auffassung nach den Menschen vor Augen führen, dass die Euro­päische Union kein zentralistischer Moloch werden soll. Wir müssen auch klar sagen, dass unserer Auffassung nach auch bei einer Neugestaltung der Europäischen Union die Mitgliedsländer nach wie vor die bestimmende Ebene bleiben müssen.

Klar sagen müssen wir aber auch, dass die Europäische Union alle Hebel gegen unkon­trollierte Massenzuwanderung aus der gesamten Welt nach Europa in Bewegung zu setzen hat.

Wir müssen auch sicherstellen, dass die Europäische Union gegen alle negativen Auswirkungen der Globalisierung alle Mittel, die sie zur Verfügung hat, auch einsetzt. Die EU, meine Damen und Herren, muss in der realen Politik ein Europa der Völker und der Bürger werden und darf sich nicht diesen idealisierenden Umschreibungen unterwerfen, in denen man immer sagt, dass die Europäische Union das große Friedens- und Freundschaftsprojekt sei. Das mag schon stimmen, das wird auch unterstützt, das ist auch unbestritten, aber die Europäische Union muss in der realen Politik für die Menschen einen klaren Vorteil bringen und auch ihre Interessen dort vertreten.

Der zweite wesentliche Punkt ist die Erweiterung. Ein Erweiterungsschritt kann nach unserer Auffassung nur dann wieder gesetzt werden, wenn davor eine Konsolidierung des bisherigen Zustandes der Europäischen Union stattfinden kann. Aber diese Kon­solidierung hat bei all diesen Erweiterungsschritten nicht stattgefunden. Deshalb ist es verantwortungslos, immer und immer wieder neue Mitglieder in diese Europäische Union hineinzubringen, bevor sich die Europäische Union im Klaren ist, wie sie über­haupt ihren bisherigen Status weiterführen kann.

In dieser Angelegenheit, Herr Bundeskanzler, geht es während unserer Präsident­schaft vor allem auch um die Türkei und um die Frage des Beginns der Verhandlungen über einen Beitritt mit der Türkei. Sie müssen bei allen Ergebnissen der bisherigen europäischen Gipfel auch in diesem halben Jahr sicherstellen, dass, wenn es berechtigt ist, endlich die berühmte Stopptaste gedrückt wird, nämlich wenn in der


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Türkei zum Beispiel Demonstrationen niedergeknüppelt werden, wenn dort Schrift­steller vor Gericht kommen, nur weil sie öffentlich ihre Meinung sagen. Wenn das passiert, dann wäre das nach meiner Auffassung ein Grund, dass man sagt: Dieses Land ist kein europäisches Land, und es wird auch nicht Mitglied der Europäischen Union werden können.

Deshalb, Herr Bundeskanzler, sollten Sie alles daransetzen, in diesem halben Jahr sicherzustellen, dass es zu keinen Verhandlungen über den Beitritt der Türkei kommt. Sie sollten auch klar und deutlich bei der Verfassungs- und bei der Erweiterungsfrage sagen, dass bei allen diesen Schritten selbstverständlich eine nationale, eine öster­reichische Volksabstimmung am Schluss stehen muss und nicht irgendeine nebulose europaweite Volksabstimmung. Die Österreicher sollen entscheiden können über ihre neue Verfassung und auch über etwaige neue Erweiterungsschritte der Europäischen Union. (Beifall der Abg. Rosenkranz.)

12.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Bundes­ministerin Dr. Plassnik. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Frau Ministerin.

 


12.02.47

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik: Frau Prä­si­dentin! Hohes Haus! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Manche, die noch nie bei einem Europäischen Rat oder überhaupt bei einem Ministerrat auf europäischer Ebene dabei waren, die so genannten Niedabeis, haben heute darüber Auskunft erteilt, wo der Bundeskanzler in den Finanzverhandlungen war und was ich zu Mazedonien gesagt habe.

Ich möchte hier doch einiges klarstellen: Der Bundeskanzler und ich verhandeln seit Monaten über die Finanzvorschau. Der Bundeskanzler hat sich in außerordentlicher Weise immer im Kern des Verhandlungsteams eingebracht. Ich erwähne die Themen Forschung und Entwicklung: 10 Milliarden plus. Ich erwähne das Thema ländlicher Raum, die Entwicklung des ländlichen Raums in Europa. Ich erwähne das Thema Eigenmittel. Wenn Sie uns nicht glauben, fragen Sie unsere Verhandlungspartner, fragen Sie Tony Blair, fragen Sie Angela Merkel, fragen Sie die osteuropäischen Kollegen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Es ist mit diesem Budget gelungen, für 27 Mitgliedsstaaten, Rumänien und Bulgarien inbe­griffen, ein Budget der Solidarität und der Sparsamkeit zu erreichen. Diese beiden Komponenten miteinander in Einklang zu bringen war eine sehr anspruchsvolle Erfahrung, ein sehr anspruchsvolles Vorhaben. Wir werden jetzt in der nächsten Etappe bemüht sein, die interinstitutionelle Vereinbarung mit dem Europäischen Parla­ment herzustellen. Das ist eine wichtige Aufgabe. Das Europäische Parlament ist kritisch und hat eine Reihe von Fragen. Wir werden uns bemühen, auf diese einzu­gehen und auch die Mitglieder des Europäischen Parlaments als Mitentscheider in dieser Sache von der Qualität dieses zukunftsgerichteten Budgets zu überzeugen, das eine Reihe von Leitschienen in die Zukunft der Europäischen Union, in unsere Zukunft enthält. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir werden weiters 40 Umsetzungsverordnungen ausarbeiten, alle Rechtsakte, die dazu führen, dass alle unsere Partner auch wirklich rechtzeitig die Budgetmittel in Anspruch nehmen können.

Lassen Sie mich jetzt etwas zur Ausgangslage sagen. Ich bin hier in meiner Ein­schätzung sehr nüchtern. Die Ausgangslage für den österreichischen Vorsitz ist sehr anspruchsvoll, und gerade deswegen möchte ich auf einige Ermutigungszeichen, nicht nur auf das Budget, hinweisen, die sich Ende dieses Jahres für uns alle ergeben, wie


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etwa die Einigung in der heiklen Frage der Chemikalienverordnung, REACH, wo es gelingt, die Interessen des Gesundheitsschutzes, des Umweltschutzes, des Konsu­men­tenschutzes und einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft unter einen Hut zu bringen (Abg. Öllinger: Das ist leider nicht so!), auch die neue Wegekostenrichtlinie, die ein Meilenstein in der Entwicklung einer europäischen Verkehrspolitik ist. Sie stellt sicher nicht alle unsere Wünsche zufrieden, aber das werden wir lernen müssen: 100 Prozent gibt es für keinen einzigen Partner in dieser Gemeinschaft der 25. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zur Präsidentschaft. Ich möchte vom Ausblick her argumentieren, von den Zielen, die wir uns setzen, auch angesichts der Debatte, die ich jetzt gehört habe.

Was wollen wir bis Ende Juni 2006 erreichen? Ich habe es schon ein paar Mal gesagt und werde es weiterhin sagen, weil ich daran glaube, weil ich überzeugt davon bin, dass es richtig ist: Wir wollen mehr Vertrauen der Bürger in das wieder vereinigte Europa erreichen. Wir wollen mehr Klarheit über den zukünftigen Kurs der Euro­päischen Union in einer Reihe von wichtigen Punkten. Wir wollen auch mehr Schwung für die Wirtschaft, mehr Schwung für Beschäftigung, mehr Schwung für das gemein­same europäische Projekt.

Das sind große Worte, das sind anspruchsvolle Vorhaben, ich weiß es. Wir werden sie nicht allein verwirklichen können. Es gibt kein Patentrezept, es gibt nur harte Arbeit, Präzisionsarbeit mit Umsicht und mit Einsatz, und zwar für die 25 gemeinsam. Alle Vorstellungen, dass man hier in Kleingruppen oder in irgendwelchen Subgruppen bessere Fortschritte erzielen kann, halte ich für potentiell gefährlich. Unsere Aufgabe wird es sein, mit den 25 gemeinsam einen Weg in die Zukunft zu finden. Und diesbezüglich haben wir keine Illusionen, es wird nicht einfach sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

2005 war eine Art Dürrejahr, eine Art Fastenjahr. Wir hoffen und werden dazu beitragen, so gut wir können, dass jetzt ein Stimmungsaufschwung stattfindet und dass wir auch Antworten finden auf viele der Fragen, mit denen wir konfrontiert sind.

Aber ich möchte bei allen Mängellisten, mit denen wir uns laufend beschäftigen, auch einmal auf den Leistungskatalog der Europäischen Union hinweisen, auf die Tatsache, dass wir in diesem Europa 500 Millionen Menschen in 25 Ländern sind, die in Frieden leben dürfen, dass wir miteinander nach freiem Willen und nach unserem eigenen Werteverständnis die Zukunft gestalten dürfen, dass wir unsere Nachbarn an diesem Friedensprojekt teilhaben lassen dürfen. Dazu gehört für mich auch die österreichische Strategie gegenüber Südosteuropa, die Einbeziehung unserer Nachbarn auf dem Balkan.

Frau Abgeordnete Lunacek, wenn Sie mir nicht glauben, dass ich mich für Mazedonien, für die Regelung, die wir jetzt getroffen haben und die jetzt den Konsens der 25 gefunden hat, eingesetzt habe, dann kann ich Ihnen wiederum nur raten: Fragen Sie unsere Verhandlungspartner! Fragen Sie auch die mazedonischen Freunde! Wir haben während des Europäischen Rates miteinander telefoniert. Ich bin froh, dass es so gekommen ist, es war nicht selbstverständlich.

Wir haben jetzt eine vernünftige und angemessene, eine maßvolle Lösung erreicht: Der Kandidatenstatus wurde Mazedonien zugestanden. Damit ist nicht irgendein Datum für die Aufnahme von Verhandlungen verbunden. Eine gute Lösung, eine Lösung mit Augenmaß, ein Signal der Ermutigung, denn wir wollen eine Ermutigungs­politik und nicht eine Verzagtheitspolitik. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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Für uns – und das ist die Rolle der Präsidentschaft, wie ich sie angesichts der vielen Erwartungen, die von allen Seiten an uns herangetragen werden, sehe – wird das Teamarbeit sein. Wir sind Teamspieler. So verstehen wir uns. Wir werden uns bemühen, im Team zu Fortschritten zu kommen. Wir sind keine Wunderheiler. Es ist lächerlich, zu glauben, dass ein Einzelner alle Antworten auf alle offenen und großen Fragen hat, aber wir werden unsere Impulse dazu setzen, wir werden unsere Akzente dazu einbringen, damit wir uns alle gemeinsam auf die Antworten zubewegen. Wir werden gemeinsame Choreographien entwickeln müssen, auch und insbesondere beim Thema Verfassungsvertrag und Zukunft des Verfassungsvertrages. Wir werden uns aber keineswegs hinter dem Vorsitzsessel verstecken und die heimischen Inter­essen vergessen, denn wir wissen, Erfolge für Europa sind auch Erfolge für Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Zu den Schwerpunkten des österreichisch-finnischen Vorsitzes, denn das ist ein ge­mein­sames Projekt, und wir sind stolz, dass wir hier mit Finnland sehr eng, sehr ver­trauensvoll, in einem sehr guten Ton und einem sehr guten Klima zusammen­arbeiten. 58 Seiten umfasst das aktuelle Arbeitsprogramm, das operationelle Arbeits­programm, ein Bukett von Vorhaben und Schwerpunkten: von der besseren Recht­setzung, ganz wichtig, Antibürokratisierungsinitiative über den Verbraucherschutz, Gesundheit von Frauen bis zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, der Menschen­rechtsagentur selbst­verständlich. Die Menschenrechte sind Teil unseres Werteve­ständnisses, unseres Wertesystems, unserer Alltagsarbeit, dessen, was wir täglich tun, Frau Abgeordnete Lunacek, auf allen „Baustellen“, auf denen wir unterwegs sind, innerhalb und außer­halb der Europäischen Union, kein Zweifel. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Stichwort Verfassungsdebatte: Ich habe vor einigen Tagen gesagt, wir würden uns wünschen und wir werden dafür arbeiten, dass wir hier zu einer neuen Dynamik kommen, dass wir zu mehr Dynamik kommen. Alle, die sich mit diesem Thema beschäftigen, wissen, wie schwierig das ist. Ich bin froh darüber, dass jetzt, wo dieser „Blei-Vorhang“ der mangelnden Finanzvorschau weggezogen ist und wir uns wirklich auf die großen Fragen konzentrieren können, Initiativen von allen Seiten hör- und spürbar sind. Die werden wir brauchen, um gemeinsam eine Choreographie hier ent­wickeln zu können, um auch wieder gemeinsam aus dieser Etappe der Konsolidierung in die Etappe der Klärung und der Konkretisierung zu gehen, auch was das Thema Verfassung betrifft.

All diese Arbeiten haben handfeste Auswirkungen auf das europäische Lebensmodell. Wir haben es heute beim Finanzthema gehört, für die Außenpolitik gilt das Gleiche. Südosteuropa ist ein zentrales Anliegen für uns. Auch der Schutz der Bürger, das möchte ich sagen, wird ein Schwerpunkt in der Außenpolitik sein, das Zusam­men­führen der Elemente innere Sicherheit und Außenpolitik, denn es ist wichtig, gerade im Hinblick auf unsere Partner im Bereich Südosteuropa, aber auch sonst in der Welt diese Dinge, etwa Rückübernahmeabkommen, in unsere außenpolitische Arbeit mit einzubeziehen. Auch hier wird viel zu leisten sein. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

12.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Auf Grund der guten Rededisziplin wird die nächste Runde mit jeweils 6 Minuten veranschlagt. Wenn auch diese Rednerinnen und Redner sehr diszipliniert sind, könnte sich auch die letzte Runde noch mit 6 Minuten ausgehen.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 



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12.13.48

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mitglieder der Bundesregierung! Frau Bundesministerin! Herr Bun­deskanzler! Ich respektiere durchaus – das gilt vermutlich für uns alle – Ihr Enga­gement in europäischen Angelegenheiten. Das ist nicht der Punkt. Ich akzeptiere durchaus, dass Sie sich mit großem Engagement einsetzen. Ich habe nur den Eindruck – und das ist das Negative daran –, dass Sie noch nicht wirklich verstanden haben, worin das Problem besteht. (Ironische Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich sage Ihnen das ganz deutlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Die deutsche Bundeskanzlerin, die jetzt frisch ins Amt gekommen ist und deren Prä­sidentschaft in mehr als einem Jahr beginnt, hat jetzt gegen Ende der britischen Präsidentschaft in einer ersten Wortmeldung zur Frage des Verfassungsprozesses auf europäischer Ebene etwas gesagt, was Sie längst hätten sagen können. Es ist Ihnen aber offenbar nicht eingefallen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn Sie, Frau Bundesministerin, wün­schen, dass die Bürgerinnen und Bürger Europas Vertrauen zum europäischen Projekt, zum wieder vereinigten Europa, wie Sie sagen, haben, dann dürfen Sie eben nicht dauernd nur vom Lebensmodell sprechen, das Sie jetzt zu erfinden im Begriffe sind, sondern sollten Sie klarmachen, dass es um ein Sozialmodell in Europa geht, das endlich wieder groß geschrieben werden muss. Das ist das, was Sie nicht verstehen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich finde es ja wunderbar, dass Sie, Herr Bundeskanzler, ankündigen, Sie wollen gerne den Prozess des Hörens haben. Sie hören nur schon seit mehr als einem Jahr nichts, denn sonst könnten Sie es schon wissen: Das, was die Menschen in Europa vermis­sen, ist, dass sie das Gefühl haben, es ginge fair zu, und das ist heute an einem Beispiel, der Landwirtschaft, schon ziemlich deutlich gesagt worden. Wenn es so ist, dass die oberste Prozentschicht der Großgrundbesitzer die Hälfte der europäischen Förderung bekommt, während die Masse der kleinen Bauern, auch der öster­reichischen, mit 4 Prozent des Agrarbudgets abgespeist wird, dann muss ich Sie fragen: Das nennen Sie fair? – Nein, das ist nicht fair! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Oder nehmen Sie ein anderes Beispiel, ganz kleine Dinge, um die es ginge: Es müsste deutlich spürbar sein, dass es Ihnen darum geht, in Europa Mindeststandards für die arbeitenden Menschen zu schaffen, sodass sie sich darauf verlassen können, dass sie nicht auf der Strecke bleiben, wenn wieder Reformen stattfinden. Das ist das, was wir verlangen: Mindeststandards.

Betrachten Sie es an einem Beispiel, das in Österreich ständig gebracht wird, am LKW-Transitverkehr: Wenn die Lenker von LKWs endlich faire Mindeststandards hätten, was Lenk- und Ruhezeiten betrifft, die durchgesetzt werden, dann würde es auf den österreichischen Straßen anders ausschauen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist offenbar nicht Ihr Ziel. Sie erzählen uns vom gemeinsamen Arbeitsprogramm mit den Finnen, das 58 Seiten umfasst – wunderbar, interessiert nur überhaupt niemanden. Das, was interessant ist, ist die Frage, ob Sie sich dafür einsetzen werden, dass es endlich Beschäftigung gibt, und um welche Projekte es gehen wird.

Herr Bundeskanzler, Sie haben bis heute verweigert, Auskünfte darüber zu geben, was es denn ist, was der österreichischen Präsidentschaft wirklich am Herzen liegt.

Ich respektiere, Frau Bundesministerin für Äußeres, wenn Sie sagen, die Entwicklung des Westbalkans ist ein zentrales Anliegen. Ja, das ist uns auch eines, einverstanden.


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Aber ich mag hier nicht nur über Außenpolitik reden. Das, worum es mir geht, ist, das europäische Projekt so zu entwickeln, dass die Menschen dazu wieder ja sagen.

Ja, Herr Bundeskanzler, ich bin ganz auf Ihrer Seite, wenn Sie sagen, Sie sind der Meinung, man sollte auch auf europäischer Ebene die Sozialpartner stärker einbe­ziehen. Ja, dazu sage ich uneingeschränkt ja, weil ich glaube, dass das ein Schritt wäre, der tatsächlich zu mehr sozialer Ausgewogenheit führt, und das sage ich auch als einer der europäischen Arbeitgeberpräsidenten.

Aber das, was wir bei Ihnen nicht erkennen können, ist, dass Sie irgendeine Absicht haben, Maßnahmen zu ergreifen, die Europa für die Masse der Menschen in Öster­reich und in Europa erkennbar fairer, erkennbar sozialer machen. Und das ist das Ziel, für das wir eintreten. (Beifall bei der SPÖ.)

12.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Spindelegger. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.18.40

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Sehr geschätzte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine Damen und Herren! Was wir heute wieder einmal von den Sozialdemokraten hören, spiegelt in der Europapolitik leider ein Niveau wider, das im Keller angelangt ist, wo sich die SPÖ-Redner weiter in die Tiefe vorarbeiten, anstatt in lichte Höhen zu kommen. Und das ist, meine Damen und Herren, nicht akzeptabel. Ich darf das wirklich einmal in aller Deutlichkeit festhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn der Herr Bundeskanzler in seiner Rede über die Präsidentschaft als oberstes Ziel anführt, dass wir uns besonders um Beschäftigung bemühen wollen, dass wir das Wirtschaftswachstum vorantreiben, damit es Arbeits­plätze gibt, dann wollen Sie das einfach wegwischen und negieren, anstatt dem zuzustimmen und sich dort einzubringen, wo wir die Sachen auch diskutieren, nämlich hier im Hohen Haus, aber leider unter einer sehr geringen Beteiligung der Sozial­demokraten. (Abgeordnete der SPÖ weisen auf die Reihen der ÖVP.)

Für uns ist das die oberste Priorität – und das bleibt auch so, geschätzte Damen und Herren! Wir werden auch eine Initiative in diese Richtung setzen, aber immer unter einem anderen Vorzeichen: dass nämlich Sozialpolitik und Arbeitsmarktpolitik im Lande bleiben. Lassen wir die Kirche im Dorf und die Arbeitsmarktkompetenz im Mitgliedsland, in Österreich! Das ist wichtiger, als über soziale Themen in Europa zu reden.

Geschätzte Damen und Herren, ich möchte das heute auch sehr kritisch in einer öffentlichen Debatte als zweiten Punkt anführen. Wir haben uns vor dem Gipfel intensiv mit dem Bundeskanzler und der Außenministerin im EU-Hauptausschuss unterhalten, welche Schwerpunkte wir auch in Richtung eines Kompromisses bei der finanziellen Vorschau setzen wollen.

Die Frau Außenministerin hat heute einen Begriff geprägt, den Begriff des „Niedabei“. Ein „Niedabei“ ist der große Vorsitzende dieser SPÖ, der uns hier jedes Mal mit großen Reden zu Europa beglückt, aber, meine Damen und Herren, im EU-Hauptausschuss nicht anwesend war. Aber nicht nur nicht am letzten Hauptausschuss, sondern an keinem der EU-Hauptausschüsse, die seit dem Jahr 2000 stattgefunden haben, hat das Mitglied Alfred Gusenbauer es der Mühe wert gefunden teilzunehmen. (Rufe bei der ÖVP: Unglaublich! Ein Skandal!)


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Nein, meine Damen und Herren, das ist nicht die richtige Art und Weise, dann große Töne im Hohen Haus zu spucken, wenn man sich nicht dort einbringt, wo es hingehört. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Dritten, meine Damen und Herren: Natürlich fragt sich jeder Bürger in Österreich, ob dieser Kompromiss, der bei der finanziellen Vorschau erzielt wurde, einer ist, der für uns tauglich ist, der auch verspricht, was wir angekündigt haben.

Ich glaube, alles in allem betrachtet ist das sehr wohl so, denn die wesentlichen Forderungen aus Österreich waren vor diesem europäischen Gipfel, dass wir bei den Zahlungen rund um ein Prozent landen sollen. Warum? – Weil wir auch nicht ver­antworten wollen, dass von den österreichischen Steuergeldern zu viel nach Brüssel geht, sondern wir wollen damit sehr sorgsam umgehen und auch versuchen, die Initiativen in Österreich, gerade was Wachstum und Beschäftigung anlangt, zu finan­zieren.

Wo sind wir gelandet? – Bei 0,99 Prozent der Zahlungsermächtigungen. Herr Bun­deskanzler, gratuliere! Das war eine Punktlandung, genau so wie wir es haben wollten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die zweite große österreichische Forderung war, dass wir bei der ländlichen Ent­wicklung, also nicht nur bei der Landwirtschaft, sondern bei all dem, was im ländlichen Raum damit zusammenhängt, diese Förderungen der Europäischen Union aufrecht­erhalten. – Das ist geglückt, meine Damen und Herren! Wir werden in der nächsten Finanzperiode bis 2013 diese Projekte weiterfinanziert bekommen. Das ist ein großer Erfolg, meine Damen und Herren der Bundesregierung, und wir bedanken uns dafür. Das war eine gute Leistung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Dritten: Wir wollten die Grenzregionen weiter gefördert haben, weil wir wissen, dass gerade an den Grenzen zu unseren jetzigen Mitgliedsländern der Europäischen Union, aber auch Nachbarn Österreichs die Förderungen nicht einfach aufhören dürfen. Es wird weiterhin Förderungen geben – ein großer Erfolg und eine sehr gute Politik für die nächsten Jahre.

Meine Damen und Herren! Auch der berühmte Briten-Rabatt, den niemand mehr einsieht, wurde nicht nur zum Thema, sondern reduziert, und er wird 2013 enden.

Ich glaube daher, alles in allem ist es ein wirklich tauglicher Kompromiss für Österreich und eine gute Grundlage für die nächsten Jahre.

Ich möchte mir zum Abschluss auch etwas wünschen für die Präsidentschaft, nämlich etwas wünschen, was die Herzen der Österreicher anlangt. Ich bin nämlich davon überzeugt, dass viele Österreicherinnen und Österreicher sagen: Wenn schon, denn schon. Wenn wir schon die Präsidentschaft in Europa innehaben, die Führungsaufgabe übernehmen, dann sollen wir das auch wirklich ordentlich und in einer geradezu per­fekten Art und Weise tun!

Ich glaube, dass die beiden besonderen Köpfe, die da für Österreich die Verantwortung tragen, unser Bundeskanzler und unsere Außenministerin, auch die geeigneten Per­sönlichkeiten sind.

Ich würde mir wünschen, dass die Damen und Herren gerade von der SPÖ-Seite diese Zeit nicht dazu nützen, einen billigen Populismus an den Tag zu legen, wie das leider in letzter Zeit sehr häufig der Fall war, sondern sich dort auch einzubringen. Wenn Österreich im Fokus Europas steht, dann sollten wir alle auch dazu beitragen, dass Österreich im nächsten halben Jahr eine sehr gute Leistung gelingt. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.24



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Pirklhuber. Herr Abgeordneter, auch für Sie 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


12.24.25

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Kollege Spindelegger, die aktuelle Europa-Barometer-Umfrage zeigt in ganz Europa eine deutliche Zunahme der Skepsis der Bürgerinnen und Bürger, was die europäische Politik betrifft. (Abg. Dr. Brinek: Und was schließen Sie daraus?) Mit den Sorgen und Ängsten der Men­schen in Österreich und in Europa müssen wir uns beschäftigen. Das ist kein Populismus, sondern das ist eine politische Herausforderung, vor der wir jetzt stehen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Der Populismus hat sich ja jetzt nicht auf die Grünen, sondern auf die SPÖ bezogen!)

Kollege Molterer, es ist sehr interessant und wesentlich, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger fast zu zwei Drittel hinter dem Verfassungsvertrag stehen. Sie stehen hinter der Notwendigkeit einer europäischen Verfassung, und das ist ganz wesentlich und bemerkenswert, denn die Menschen in Europa, denke ich, erkennen, dass ein Ordnungsrahmen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung dringend notwendig ist.

Der Nationalstaat, Herr Kollege Bösch, ist keine Lösung mehr für drängende Probleme, für steigende Arbeitslosigkeit auf der einen Seite, aber auch für ökologische Schwierig­keiten und Katastrophen, wie zum Beispiel den Klimawandel, der massive Auswirkun­gen auf unsere Lebensqualität nicht nur in Österreich, in den Alpen, sondern weltweit haben wird.

Da sind Lösungen auf europäischer Ebene notwendig, und daher, meine Damen und Herren, ist es so wichtig, was Österreich im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft einbringen wird, nämlich, Frau Außenministerin, nicht nur blumige Bekenntnisse. Wir wollen auch wirkliche, ernsthafte Projekte, Projekte, die Signale in Europa sind, die Antworten geben auf die drängenden Nöte und Sorgen der Menschen.

Und einen Punkt, einen Antrag haben wir heute schon eingebracht, eine konkrete Initiative in Richtung europäische Finanzierung.

Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel hat in den letzten Monaten immer wieder das eine oder andere sozusagen aus der Kiste gezogen. Er hat von Schiffsbenzin-Besteuerung gesprochen. Er hat davon gesprochen, eventuell die Devisen auf europäischer Ebene besteuern zu wollen, und von ähnlichen Dingen. Herr Bundeskanzler! Es geht darum, solche Vorschläge nicht nur im luftleeren Raum zu machen, sondern konkret Nägel mit Köpfen. Es geht darum, diese Fragen auch wirklich ernsthaft zu beantworten, weil – das nur als Stichwort – im Rahmen der Globalisierung die Menschen erwarten, dass die internationalen Konzerne auch einen Beitrag zu sozialer Sicherheit, zum Gemein­wohl leisten. (Beifall bei den Grünen.)

Auch wenn der Herr Umweltminister nicht da ist, möchte ich jetzt auf die aus unserer Sicht wenig ambitionierte Perspektive eingehen, was die umweltrelevanten Themen in der Ratspräsidentschaft betrifft. Hier gäbe es so viele Anknüpfungspunkte, und wir erwarten uns, dass Sie gerade im Bereich erneuerbarer Energien, gerade im Bereich des Klimaschutzes neue Impulse setzen.

Die Europäische Union darf nicht unter dem Deckmantel des Klimaschutzes eine Renaissance der Kernenergie zulassen. Da sind Sie gefordert, da ist die ganze Bundesregierung gefordert! Da braucht es ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus der Kernenergie, mit konkreten Einstiegsszenarien für die Aufstockung des Potentials der erneuerbaren Energien. (Beifall bei den Grünen.)


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Raus aus dem Öl heißt rein in Solarenergie, in Windenergie, in Biomasse-Energie, um nur einige Beispiele zu nennen. Und da wäre es notwendig, ganz konkret an zwei Punkten, die ich Ihnen nennen werde, anzusetzen, nämlich einerseits im Bereich des 7. Forschungsrahmenprogrammes der Europäischen Union die finanzielle Ausstattung der Euratom-Vertrages in Frage zu stellen – denn hier besteht die Möglichkeit, Finanz­mittel aus dem Euratom-Vertrag umzuschichten – und sich zweitens im Bereich der Nachhaltigkeitsstrategie der Europäischen Union massiv für saubere Energie und für das Vorsorgeprinzip einzusetzen. Es gibt also Möglichkeiten. Ergreifen Sie diese, und zwar besser heute als morgen!

Ich möchte abschließend konkret die Frage der BürgerInnennähe ansprechen. Sehen wir uns an, wo wir demokratische Defizite haben.

Gerade im Bereich der Lebensmittelsicherheit etwa versteht keine Bürgerin/kein Bürger in Europa, warum die EU-Kommission immer wieder gentechnisch veränderte Kon­strukte zulässt, obwohl 80 Prozent der Bevölkerung dagegen sind.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

betreffend Verzicht auf Gentechnik-Saatgut bei den Agrarumweltprogrammen und Unterstützung des Selbstbestimmungsrechts der gentechnikfreien Regionen

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

1. auf EU-Ebene Initiativen zu setzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen geschaf­fen werden, damit das Selbstbestimmungsrecht der gentechnikfreien Regionen im Rahmen der Koexistenzregelungen gesichert wird sowie

2. bei der Konzeption des neuen österreichischen Programms für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) 2007 bis 2013 den Verzicht auf gentechnisch verändertes Saatgut als notwendige Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Programm festzuschreiben.

*****

Meine Damen und Herren! Das ist ein Antrag, der die Nagelprobe für den nicht anwesenden Umwelt- und Landwirtschaftsminister Pröll ist, nämlich die Nagelprobe, ob hinter seinen Lippenbekenntnissen auch ernsthafter politischer Wille steht. Und diesen politischen Willen wollen wir mit diesem Antrag einfordern! (Beifall bei den Grünen.)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag des Herrn Abgeord­neten Pirklhuber ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber und KollegInnen

betreffend Verzicht auf Gentechnik-Saatgut bei den Agrarumweltprogrammen und Unterstützung des Selbstbestimmungrechts der gentechnikfreien Regionen


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133. Sitzung / Seite 72

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers zum Thema „Österreichische EU-Präsidentschaft im 1. Halbjahr 2006 und Ergebnisse des Euro­päischen Rates vom 15./16.12.2005“

Gegen den Willen der großen Mehrheit der Bevölkerung werden derzeit in der Euro­päischen Union die Weichen für die Einführung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft gestellt, obwohl die Freisetzung gentechnisch veränderter Organis­men (GVO) mit unkalkulierbaren Risiken für Natur, Umwelt und Gesundheit verbunden ist.

Im Rahmen des neuen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raumes (Pro­grammplanungszeitraum 2007 – 2013), das drei Schwerpunkte enthält, soll ein Schwerpunkt „Landwirtschaft und Umwelt“ gesetzt werden. Die in diesem Schwerpunkt verfügbaren Maßnahmen sollen zur Erreichung von Umweltzielen genutzt werden und einen Beitrag leisten zur Umsetzung des Netzes Natura 2000 in der Land- und Forst­wirtschaft, zur Verpflichtung von Göteborg, den Rückgang der biologischen Vielfalt bis 2010 umzukehren, zu den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie, zu den Zielen des Kyoto-Protokolls und zur Begrenzung des Klimawandels. Bewirtschaftungssysteme mit hohem Naturschutzwert spielen eine wichtige Rolle bei der Erhaltung der Artenvielfalt und der Lebensräume sowie beim Landschaftsschutz und bei der Bodenqualität. In den meisten Mitgliedstaaten werden diese Bewirtschaftungssysteme auf 10 bis 30 % der Agrarflächen angewandt . Für Österreich hat das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) eine besondere Bedeutung, denn es umfasst 89% der landwirtschaftlich genutzten Fläche und 78% der landwirtschaftlichen Betriebe nehmen an diesem Programm teil.

Der Einsatz transgener Pflanzen, der die Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt gefährdet und zu einer Intensivierung mit Monokulturen und engen Fruchtfolgen führt, steht den genannten Zielen diametral gegenüber. Daher darf der Einsatz von gentechnisch verändertem Saatgut mit Fördergeldern aus den Agrarumweltprogrammen keinesfalls belohnt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht,

1. auf EU-Ebene Initiativen zu setzen, dass die rechtlichen Voraussetzungen geschaf­fen werden, damit das Selbstbestimmungsrecht der gentechnikfreien Regionen im Rahmen der Koexistenzregelungen gesichert wird sowie

2. bei der Konzeption des neuen österreichischen Programms für umweltgerechte Land­wirtschaft (ÖPUL) 2007 bis 2013 den Verzicht auf gentechnisch verändertes Saatgut als notwendige Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Programm fest­zuschreiben.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster am Wort ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. 6 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


12.30.55

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Meine


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geschätzten Damen und Herren! Auch ich möchte mich in meiner Betrachtung schwer­punktmäßig mit dem Budget beschäftigen, weil es eben das aktuellste Thema ist, wenngleich natürlich der kommende Ratsvorsitz für Österreich im Gesamten eine sehr große Herausforderung darstellt.

Viele meiner Vorredner haben diesen Abschluss als sehr positiv dargestellt, aber ich möchte das Ergebnis trotzdem eher kritisch betrachten. Eines möchte ich aber nicht: Ich möchte nicht in dieses populistische Horn der SPÖ hineinblasen, weil ich davon überzeugt bin, dass es sich hier um eine Kritik handelt, die reine Parteipolemik ist. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die SPÖ versucht seit Jahren, auch in diesem Zusammenhang politisches Kleingeld zu sammeln, was seinesgleichen sucht. Es wurde heute bereits erwähnt: Im Jahr 2000 hat man sich „champagnisierend“ darüber gefreut, dass es Sanktionen gegen Österreich gegeben hat! Ich denke auch an die verschiedensten medialen Auseinandersetzungen seither, wo immer das Krankjammern des eigenen Landes im Vordergrund gestanden ist.

Einer der letzten Höhepunkte der Kritik der Opposition, meine geschätzten Damen und Herren, ist, dass man Arnold Schwarzenegger, einen Österreicher, der sehr viel für dieses Land getan hat, kritisiert, dass Rot, Grün und Kommunisten in der Steiermark eine Hetzkampagne gegen Arnold Schwarzenegger betreiben.

Meine Damen und Herren, von den Sanktionen angefangen bis hin zur Kampagne gegen Schwarzenegger stellt sich eines klar heraus: Wo Rot und Grün das Sagen haben, gibt es einfach keine konstruktive Politik! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich erwarte mir auch von den Nachrednern von Rot und Grün, dass irgendjemand, sei es Kollege Kogler, der jetzt ja Landeschef der Grünen in der Steiermark geworden ist, oder Herr Kollege Cap, sich hier heraußen von dieser Hetzkampagne distanziert, denn ich halte es für den falschen Ansatz, dass man hier einfach versucht, über Bürger drüberzufahren. Das ist falsch. (Abg. Mag. Wurm: Sind Sie für die Todesstrafe? – Abg. Mag. Lunacek: Sie sind für die Todesstrafe?)

Zur Todesstrafe gibt es eine klare Stellungnahme: Alle, Frau Kollegin Lunacek, alle hier in diesem Hohen Haus sprechen sich ganz klar gegen die Todesstrafe aus. Nur, ich glaube, es steht den Österreicherinnen und Österreichern nicht zu, sich über die Gesetze von Kalifornien hinwegzusetzen. Wenn dort ein Gericht die Todesstrafe ausgesprochen hat, dann muss man das akzeptieren und dann kann man nicht von hier eine Hetzkampagne gegen den dortigen Gouverneur betreiben.

Nun aber zurück zum Budget. – Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Rede gesagt, Kritik ist gut, Kritik ist das Salz in der Demokratie. Herr Bundeskanzler, ich werde versuchen, dieses Menü ein bisschen zu salzen, weil ich glaube, dass es auch Kritik geben muss. Mag sein, dass das Ergebnis ein herzeigbares ist, aber es ist deswegen herzeigbar, weil man es daran misst, was vorher Verhandlungsbasis war. Ich denke, man darf nicht den Beginn der Verhandlungen zum Ergebnis machen, sondern man muss sich anschauen, was hier für Österreich erreicht wurde. Man muss sich an­schauen: Was wäre denn mehr drinnen gewesen? Es muss immer die Heraus­forderung des Politikers sein zu schauen: Was wäre noch herauszuholen gewesen? Wo hätte man noch besser sein können? Und dann ist Kritik durchaus berechtigt.

Es stimmt – Kollege Spindelegger hat es gesagt –, der Briten-Rabatt wurde um 2 Milliarden reduziert. Aber es stimmt auch, dass es immer noch einen Briten-Rabatt von 6 Milliarden € gibt. 6 Milliarden € jedes Jahr haben die Briten Rabatt! Das heißt, da


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hätte man vielleicht noch mehr herausholen können. Da hätte man die Briten vielleicht noch mehr in die Ziehung nehmen können.

Es stimmt, was die Kollegen vom Bauernbund gesagt haben, dass die Förderungen für die Landwirtschaft abgesichert worden sind. Größtenteils hat man das erreicht, und das ist gut so. Es stimmt aber auch, dass die Förderpolitik allein nicht ausreichen wird, um künftig Agrarpolitik zu machen. Wir müssen auch hier neue Ansätze finden. Förderpolitik allein kann nicht Landwirtschaftspolitik sein! Wir müssen hier Visionen erkennen, wir müssen hier besser werden, und wir müssen neue Ansätze in der Bauernpolitik finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es stimmt, wie der Herr Bundeskanzler angekündigt hat, dass wir 2008 dieses Projekt evaluieren werden. Nur frage ich mich: Warum erst 2008? Warum nehmen wir nicht jetzt schon den Prüfstein her? Warum legen wir nicht schon jetzt alles auf den Tisch? Warum versuchen wir nicht jetzt schon, die Verwaltung noch schlanker zu machen und hier Einsparungsmaßnahmen zu setzen? Warum schauen wir nicht: Wie hoch ist der Wirkungsgrad von Förderungen? Warum schaffen wir es nicht, zu erkennen, wie viel Geld wir im Reibungsverlust von Wien nach Brüssel verlieren? Wo können wir hier ansetzen? Wie können wir hier neue Akzente setzen, um auch in diesem Bereich besser zu werden?

Oder das Thema EU-Verfassung. Da sind wir uns alle einig: Das ist momentan gescheitert. Hier heißt es: Zurück an den Start! Hier heißt es: Stärken wir den Föderalismus! Hier heißt es: Stärken wir die Regionen! Aber es wird nicht das Volksbegehren des Kollegen Bösch von der FPÖ hier erfolgreich sein, denn du machst ein Volksbegehren gegen dein eigenes Verhandlungsergebnis. Das heißt, wir werden hier schauen müssen besser zu werden. Es wird nicht reichen, einfach zu sagen: Jetzt ist das schlecht, was ich vorher verhandelt habe. Eigenverantwortung wird gefordert sein.

Im Großen und Ganzen ist das Budget aus meiner Sicht nicht gut. Man hätte hier noch mehr herausholen können, man hätte die Chance des Vorsitzes wahren können und in der Eigenverantwortung der österreichischen Vorsitzführung hier noch etwas für Österreich, für die Europäische Union und damit für unsere Zukunft herausholen können.

Wir werden diesen Spielball aufnehmen. Der Herr Bundeskanzler hat alle zur Mitarbeit eingeladen. Herr Bundeskanzler, das BZÖ, unsere Fraktion wird mitarbeiten. Wir werden mitspielen. Wir werden Verantwortung übernehmen und werden auch weiterhin dieses Salz in der europäischen Suppe sein, denn Salz, meine geschätzten Damen und Herren, ist in der Suppe in der Quantität vielleicht nicht sehr wichtig, aber bezüglich der Qualität des Ergebnisses ist es eines der entscheidendsten Merkmale. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich werde auch für die letzte Runde die Redezeit mit 6 Minuten einstellen lassen und werde bei jedem Redner/jeder Rednerin einige Sekunden früher läuten.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Verzetnitsch. Ein wenig kürzer als 6 Minuten. – Bitte.

 


12.37.04

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Klubobmann Molterer, nur zur Klarstellung: Die Gewerk­schaftsbewegung wird sich von keiner Partei, von keiner Regierung, wer immer das ist, daran hindern lassen, für ein soziales Europa einzutreten! Und das werden wir auch in


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Zukunft so halten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Sozialpartnerschaft heißt verhandeln, nicht auf der Straße ...!)

Ich halte es für ein seltsames Demokratieverständnis, wenn man das Eintreten für ein soziales Europa, für ein Europa des Wohlstandes als Miesmacherei bezeichnet. Das haben Sie gesagt! Ich bin der Auffassung, dass es nach wie vor darum gehen wird, dass wir die Stimme für ein soziales Europa erheben und nicht nur für ein Europa der Wirtschaft. (Abg. Mag. Molterer: Aber gemeinsam!) Ich glaube, das ganz Entscheiden­de ist, dass man hier gemeinsam vorgeht. Es hindert Sie niemand daran, am 20. Jän­ner mit dabei zu sein, Herr Klubobmann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Demonstrieren heißt das! – Abg. Dr. Stummvoll: Verhandeln, aber nicht auf die Straße gehen!) – Das haben Sie bei der Pensionsreform auch schon gesagt. Die Antwort hat die Bevölkerung gegeben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Euro-Barometer, vor kurzem wieder veröffentlicht, die Debatte um die Verfassung, nicht nur hier, sondern in ganz Europa, das Steuerdumping, das immer wieder Gegenstand öffentlicher Debatten ist, auf der einen Seite Gewinnexplosionen für manche, auf der anderen Seite das Verlassen der gemeinsamen Linie, Arbeit zu schaffen, indem man einfach sagt: Wir werfen der Politik die Arbeitslosen vor die Tür, die sollen sich um die Arbeitslosen kümmern, wir Unternehmer haben andere Ziele!, das kann nicht das zukünftige Projekt Europa sein.

Da man in Europa davon spricht, dass man zuhören möchte: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, die Bürgerinnen und Bürger dieses Europas und damit auch die Österreicherinnen und Österreicher haben im Jahr 2000 zugehört, als die Lissabon-Ziele formuliert worden sind: Wachstum, Wohlstand, wis­sens­basierte Gesellschaft, Beschäftigung soll geschaffen werden. Da fällt mir nur der Spruch ein: Die Worte hörte ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!, wenn ich an die Realität denke.

Ist es Wohlstand, Herr Abgeordneter Stummvoll, wenn zurzeit 32 Millionen in Europa Arbeit suchen? Sie sagen, die Statistik stimmt nicht. 24. Oktober in Anwesenheit des Bundeskanzlers, des Wirtschaftsministers und der Sozialpartner, Kommissar Špidla von der Europäischen Kommission: Wir haben 19 Millionen Arbeitslose und 13 Mil­lionen zusätzlich, die Arbeit suchen. 32 Millionen Menschen suchen, aber nicht, weil sie sich verändern wollen, sondern weil sie keine Hackn haben, ganz trocken gesagt, Herr Abgeordneter. Das ist das ganz Entscheidende! (Beifall bei der SPÖ.)

Kann man es als Wohlstand bezeichnen, wenn in der „ZiB 3“ von vergangenem Montag eine Umfrage der Industriellenvereinigung zitiert wird, die feststellt – wörtliches Zitat –: „Um den Standort Österreich zu sichern, seien Lohnkürzungen unvermeidbar – auch gegen den Willen der Gewerkschaften, ...“?

1 700 € Bruttodurchschnittseinkommen in Österreich. Lohnkürzungen sind unver­meid­bar. Ist das die Botschaft für ein Europa? Ist es eine nachvollziehbare Politik, wenn der Frühjahrsgipfel der Europäischen Union angesichts der Debatten um die Verfassung feststellt, dass die Kommission aufgefordert wird, einen neuen Vorschlag zur Dienst­leis­tungsrichtlinie zu machen, und bis jetzt nichts passiert ist? Ist das europäische Politik, die wir eigentlich einfordern?

Ich denke daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es auch nicht europäische Politik ist, wenn man die Neuordnung der Dienstleistung dazu benützen möchte, sich darüber hinwegzuschwindeln, europäische Standards zu schaffen, und den Weg des Herkunftslandprinzips geht, weil das andere viel zu kompliziert ist.


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Daher möchten wir einen Entschließungsantrag einbringen, der den zuständigen Bundesminister auffordert, sich im Rat dafür einzusetzen, dass die Europäische Kom­mission einen neuen Richtlinienentwurf vorlegt, der die Dienstleistung im Binnen­markt regelt und den derzeitigen Entwurf zurückzieht.

Auch der Bundeskanzler hat am 24. Oktober erklärt: Das, was jetzt vorliegt, ist viel zu kompliziert, das müsste geändert werden. Wir wollen, dass eine Vollendung des Binnenmarktes durch Harmonisierung europäischer Standards erfolgt. Wir wollen, dass vor allem auch der Konsumentenschutz, das Gewerberecht und auch die kleinen KMUs gesichert und nicht mit einer Dienstleistungsrichtlinie in einen unsicheren Wett­bewerb getrieben werden. (Abg. Großruck: Wenn man die KMUs sichern will ...!)

Es gibt den Wirtschaftskrieg in Europa, nicht nur mit anderen Kontinenten, sondern auch unter den einzelnen Staaten, und da, so denke ich, kann es nicht Ansatz einer Europäischen Union sein, zu sagen: Das ist das Europa der Zukunft. Ich denke, das Europa der Zukunft muss Wohlstand, Wachstum, Einkommen und Sicherheit bieten, nicht nur in der Frage der Kriminalität, nicht nur in der Frage der militärischen Sicherheit, sondern vor allem Sicherheit im sozialen Europa.

Daher, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden wir es uns auch nicht nehmen lassen, das öffentlich aufzuzeigen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Verzetnitsch eingebrachte Entschließungsantrag wurde auf Grund seines Umfanges gemäß § 53 zur Verteilung gebracht, ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Verzetnitsch, Dr. Einem, Kolleginnen und Kollegen betreffend Liberalisierung bei Dienstleistungen nicht auf  Kosten der ArbeitnehmerInnen, der Klein- und Mittelbetriebe und der KonsumentInnen

eingebracht im Zuge der Debatte zur Erklärung des Bundeskanzlers zur öster­reichischen EU-Präsidentschaft im 1. Halbjahr 2006

Am 25. Februar 2004 legte die Europäische Kommission mit dem Dokument 2004/0001 (COD) einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt vor. Diese Richtlinie bedarf zu ihrer Beschlussfassung der qualifizierten Mehrheit im Rat und einer Mehrheit im Europäischen Parlament.

Gegenstand der Richtlinie ist der Versuch, die Erbringung von Dienstleistungen inner­halb der Europäischen Union grenzüberschreitend zu liberalisieren, allenfalls beste­hende Hindernisse, die der Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen im Wege stehen, zu beseitigen und dadurch den Binnenmarkt ein Stück weiter zu realisieren. Der Vorschlag versucht dieses Ziel durch Verankerung des Herkunftsland­prinzips zu erreichen. Ziel ist offenkundig, sowohl die Rechtskosten der Leistungs­erbringer zu reduzieren (sie müssen künftig nur noch die im Sitzland geltenden Regeln beachten), als auch auf der Empfängerseite die so genannten Input-Kosten der innerhalb der EU tätigen Unternehmen auf diese Weise zu reduzieren und dadurch Europas Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. Deshalb beruft sich die Kom­mission auch in der zusammenfassenden Erläuterung zu dem gegenständlichen Vor­haben auf die Zielsetzungen, die der Europäische Rat im Jahr 2000 in der so genannten „Lissabon-Strategie“ festgelegt hat.


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Dieser Berufung wird der vorliegende Vorschlag der Kommission allerdings nicht gerecht. Denn die Europäische Union hat sich mit der im März 2000 beschlossenen „Lissabon-Strategie“ das Ziel gesetzt, innerhalb von zehn Jahren zum wettbewerbs­fähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Die „Lissabon-Strategie“, die zu einem dauerhaften Wirtschaftswachstum, zu mehr Beschäftigung („Vollbeschäftigung“) und besseren Arbeitsplätzen und zu mehr sozialem Zusammenhalt führen sollte, enthält drei zentrale Zielsetzungen: die Vor­bereitung des Übergangs zu einer wissensbasierten Wirtschaft, mehr Wachstum durch geeigneten makroökonomischen Policy-mix und die Modernisierung des europäischen Gesellschaftsmodells. Mit dem Gipfel von Göteborg 2001 wurde das Projekt durch eine umweltpolitische Dimension ergänzt. Die Lissabon-Strategie ist auf eine effiziente Verschränkung der Wirtschafts-, Umwelt-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik gerichtet, die den gemeinsamen Werten der Solidarität und der nachhaltigen Entwicklung ver­pflichtet sein soll. Der Vorschlag der Kommission nimmt weder auf das Ziel Vollbe­schäftigung, bessere Arbeitsplätze, mehr sozialen Zusammenhalt zu erreichen, noch auf den Gesichtspunkt des Umweltschutzes entsprechend der „Lissabon-Strategie“ Rücksicht. Der Vorschlag zielt vielmehr darauf ab, die von ihm erfassten Dienstleistun­gen zu liberalisieren und die dadurch bewirkten Folgewirkungen ihrerseits ihre Wirkung unabhängig davon entfalten zu lassen, ob die Wirkung in der Vernichtung von Unternehmen – vor allem im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) – oder von Arbeitsplätzen – vor allem in den Ländern mit hohem Niveau an sozialem oder Konsumentenschutz und hohem Lohnniveau – oder darin besteht, dass durch die schrankenlose Einführung des Herkunftsland-Prinzips eine weit reichende Rechts­unsicherheit auf Seiten der Leistungsempfänger bzw. der Empfängerländer entsteht. Der Vorschlag ist daher in dieser Form nicht in Deckung mit den ausdrücklichen Zielen der „Lissabon-Strategie“.

Unter dem Druck der öffentlichen Kritik an dem von der Kommission vorgelegten Richt­linienentwurf sahen sich die Staats- und Regierungschefs schließlich bei ihrem Gipfeltreffen im März 2005 gezwungen zuzugeben, dass – so die diplomatische Formulierung, die dafür gefunden wurde – „die vorliegende Fassung des Richtlinien­vorschlags den Anforderungen nicht in vollem Umfang gerecht wird“. Eine Überar­beitung der Richtlinie wurde in Aussicht gestellt, konkrete Änderungen, die garantieren würden, dass durch die „Dienstleistungsrichtlinie“ weder ein Abbau sozialer Rechte, Lohndumping noch ein Unterlaufen der Bestimmungen des Konsumentenschutzes ermöglicht wird, wurden aber bisher nicht beschlossen.

Mit dem vorliegenden Antrag soll sichergestellt werden, dass die Zielsetzung der Vollendung des Binnenmarktes zum Wohle der in der EU lebenden und arbeitenden Menschen verfolgt und realisiert wird. Dabei reicht die einseitige Konzentration auf Absenkung der Kosten für erbringende und empfangende Unternehmen nicht aus. Es bedarf einer umfassenden Sicht und Abschätzung der Wirkungen. Dies gilt auch in Hinblick auf die andernfalls zu befürchtenden Wirkungen für Akzeptanz europäischer Politik bei den zu erwartenden Verlierern der vorgeschlagenen Maßnahmen (Arbeit­nehmer, KMU u.a.). In dieser Hinsicht ist aber im Lichte der feststellbaren Zunahme von EU-Skepsis und Enttäuschung besondere Sensibilität erforderlich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Entschließung

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der zuständige Bundesminister wird aufgefordert, sich im Rat dafür einzusetzen, dass der vorliegende Entwurf der Kommission  für eine Richtlinie des Europäischen Parla­ments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt zurückgezogen und das Konzept grundlegend überarbeitet wird.

Der zuständige Bundesminister wird insbesondere im Hinblick auf die österreichische EU-Ratspräsidentschaft weiters aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass die weitere Vorgangsweise bei der Vollendung des Binnenmarktes im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen folgenden Gesichtspunkten Rechnung trägt:

Vollendung des Binnenmarktes schrittweise durch Harmonisierung der Rechtsvor­schriften nach Sektoren, wie dies auch bisher mit einigem Erfolg geschehen ist;

Sicherstellung von rasch wirksamen Kontroll- und Sanktionsmechanismen, die gewährleisten, dass der Schutz der rechtlich geschützten Interessen der Bürgerinnen und Bürger (Arbeitnehmerschutz; Konsumentenschutz; Umweltschutz; Gesund­heits­schutz; Schutz vor Kriminalität usw.) auch weiterhin gewährleistet bleibt,

Abschätzung der positiven und negativen Wirkungen und deren Verteilung bei ent­sprechenden Liberalisierungsmaßnahmen, insbesondere für die Arbeitsplätze und für KMU,

Ausschluss jeglicher Wirkung der Liberalisierungsrichtlinien auf die arbeits- und sozialrechtlichen Normen,

vollständige Aufrechterhaltung der Bestimmungen der Entsenderichtlinie für die im Zusammenhang mit der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen entsen­deten Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer,

Sicherstellung, dass die außerhalb des Herkunftslandes tätigen Dienstleister ihrer Steuerpflicht entweder im Erbringerland oder im Herkunftsland nachweislich nach­kommen,

klare Trennung der Dienstleistungsliberalisierung von den Regeln über die Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge, die in einer eigenständigen gesetzlichen Rege­lung im Sinne des Entwurfs zum Europäischen Verfassungsvertrag unter Berück­sichtigung des Primats der Mitgliedstaaten bei ihrer Regelung und Erbringung geregelt werden soll und erst dann und unter Berücksichtigung dieser Bedingungen

Liberalisierung der grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen in den harmonisierten Sektoren.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gril­litsch. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

12.42.48

 


Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist heute wahrlich die Offenbarung, die wir hier erleben, die Offenbarung darüber, welchen Zugang wir zu den Menschen haben, vor allem welchen Zugang Sie, Herr Dr. Gusen­bauer, zu den Menschen im ländlichen Raum und zu den bäuerlichen Familien haben. – Anscheinend einen sehr schlechten (Abg. Großruck: Gar keinen!), denn


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sonst würden Sie hier nicht ständig mit Kürzungsvorschlägen agieren, von denen die Menschen im ländlichen Raum und die bäuerlichen Familien massiv betroffen wären.

Herr Dr. Gusenbauer, ich bitte Sie um Folgendes: Hören Sie auf mit diesem billigen Populismus, den Sie hier betreiben, denn außer Angst schüren Sie nichts damit! Sie schüren ständig und seit Jahrzehnten, aber diese Ihre Saat ist noch nie aufgegangen! Die Bauern zu teilen und zu spalten in Große und Kleine, in Bergbauern, in Talbauern, in Großbauern, in Kleinbauern, in Körndlbauern, in Hörndlbauern, das hat Ihr Vorvor­vorgänger, Bruno Kreisky, schon probiert, und es ist auch nicht gelungen. Und es wird Ihnen heute auch nicht gelingen, die Bauern auseinander zu dividieren.

Die Agrarpolitik – leider fehlen Sie oft bei Sitzungen, sonst hätten Sie es vielleicht schon verstanden – ist eine sehr komplizierte Materie. Da geht es um die erste Säule, um die so genannten Marktordnungszahlungen: Bundeskanzler Schüssel und Abge­ordneter Molterer haben bereits eine Betriebsgrößendegression vorgeschlagen, näm­lich die Förderungen, die Ausgleichszahlungen ab einer gewissen Betriebsgröße zu kürzen. Das wurde von Ihren Kollegen Blair und Schröder seinerzeit in Berlin abgelehnt.

Bei der zweiten Säule hat gerade der Österreicher Franz Fischler versucht, den österreichischen Weg in Europa einzubringen, nämlich weg von der Marktordnung hin zu Programmen, die gesellschaftspolitisch akzeptiert sind, wie Umweltprogramm, Bergbauernförderung, Programme für den Ausbau zur Biomasse, Wasserversorgung, Programme für das Wegenetz im ländlichen Raum, Infrastrukturmaßnahmen. All diese Projekte werden in der ländlichen Entwicklung auch entsprechend unterstützt. Dies­bezüglich unterscheiden wir uns bereits wesentlich von Europa. Wir setzen in Österreich bereits 40 Prozent der Mittel für diese zweite Säule, ländliche Entwicklung, für diese Projekte Lebenssicherungsprogramm, Ausbau der Biomasse ein, und wir setzen nur mehr 60 Prozent der Mittel für Marktordnung ein.

In Brüssel haben wir durchaus auch noch Reformbedarf (Zwischenruf des Abg. Gradwohl), aber helfen Sie mit, vernadern Sie Österreich nicht nur in der EU, sondern sorgen Sie bei Ihren Parteikollegen dafür, dass sie mithelfen, dass auch die Agrar­politik in die richtige Richtung entsprechend geändert wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Dr. Gusenbauer, ich freue mich, wenn Sie gut essen, wenn Sie gut Spargel essen, wenn Sie hervorragenden steirischen oder anderen österreichischen Wein trinken, aber wir kommen uns eigentlich schon verschaukelt vor (Abg. Dr. Puswald: Die Bauern kommen sich von Ihnen und Ihrer Politik verschaukelt vor!), wenn Sie dann ständig mit Ihren Förderungskürzungsvorschlägen durch die Lande ziehen, quer durch Österreich mit Ihrer Startklar-Tour.

In Wahrheit sind von Ihren Kürzungsvorschlägen von 50 Prozent 75 000 Bergbauern betroffen (Abg. Dr. Puswald: Die Bauern leiden unter Ihrer Politik!), die unter schwierigsten Bedingungen in Österreich Landwirtschaft betreiben, die Landschaft offen halten als eine wesentliche Grundlage für den Tourismus, wo Arbeitsplätze im ländlichen Raum gesichert werden. Das gefährden Sie damit: 75 000 Bergbauern. Sie gefährden damit 134 000 Bauern, die freiwillig an einem Umweltprogramm teilnehmen (Zwischenruf des Abg. Gradwohl), wo Österreich Europameister ist, und Sie gefähr­den 20 000 Biobauern und 530 000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Herr Dr. Gusen­bauer, im Sinne dieser Bauern, im Sinne der Menschen im ländlichen Raum bitte ich Sie, beenden Sie Ihren Verunsicherungskurs!

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Schluss darf ich folgenden Antrag einbringen.


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Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die EU-Kommission im Rahmen des Jahres 2008/2009 beginnenden Review-Prozesses auch autonome Eigenmittelquellen, wie zum Beispiel eine Steuer auf Devisentransaktionen, prüfen soll.

*****

Ich bitte Sie um entsprechende Unterstützung! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen.)

12.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der von Herrn Abgeordnetem Grillitsch einge­brachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

Der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prü­fung der Einführung einer Steuer auf Devisentransaktionen,

eingebracht im Zuge der Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers zur öster­reichischen EU-Präsidentschaft im ersten Halbjahr 2006

Zentraler Bestandteil der Einigung der Staats- und Regierungschefs beim Euro­päischen Rates von Brüssel vom 15. bis 16.12.2005 betreffend Finanzielle Vorschau 2007 bis 2013 ist die Review-Klausel, die eine umfassende Neubeurteilung des EU-Finanzrahmens vorsieht.

In diesem Zusammenhang soll auch die langfristige und nachhaltige Finanzierung der EU-Eigenmittel unter Berücksichtigung einer Entlastung der nationalen Haushalte gewährleistet bleiben.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die EU-Kommission im Rahmen des Jahres 2008/2009 beginnenden Review-Prozesses auch autonome Eigenmittelquellen, wie z.B. eine Steuer auf Devisentrans­aktionen, prüfen soll.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Etwas kürzer als 6 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Puswald: Wie lange können sich die Bauern einen Herrn Grillitsch noch leisten?)

 



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12.47.56

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Mitglieder der Regierung! Sehr geehrter Herr Puswald! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was mich in dieser Debatte doch sehr erstaunt, ist, dass seitens der ÖVP offensichtlich alles, was an Kritik im Hinblick auf die EU hier genannt wird, abgelehnt, als Miesmacherei völlig weggeschoben und als negativ betrachtet wird. Das halte ich für inakzeptabel, denn es gibt genug Punkte, die auch im Rahmen der EU und im Rahmen dieser Debatte zu kritisieren sind, sei es im Sozialbereich oder im Umweltbereich. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Natürlich ist es nicht nur akzeptabel, Herr Kollege Spindelegger, sondern definitiv notwendig, auf die Punkte hinzuweisen, die zu kritisieren sind, und auch von der öster­reichischen Regierung zu verlangen, Punkte wie Arbeitsplatzfragen, Arbeitsmarkt­fragen, Umweltfragen ebenso wie die Verfassungsfrage ins Zentrum der österreichi­schen Ratspräsidentschaft zu stellen. Wir werden das tun und tun das auch.

Faktum ist, dass in Österreich sehr viele Leute verunsichert sind, weil es ihnen nämlich schlechter geht als noch vor einigen Jahren. Nicht allen, aber vielen. Nur, das hat relativ wenig mit der EU zu tun. Mehrere Kollegen und Kolleginnen von mir haben schon ausgeführt, dass Österreich in erster Linie vom EU-Beitritt profitiert. Aber das, was in Österreich passiert, ist eine Umverteilung in die falsche Richtung. Warum es den Leuten teilweise schlechter geht als noch vor ein paar Jahren, ist nicht Sache der EU, wie uns manche Populisten manchmal glauben lassen wollen, sondern es ist eine Sache der falschen Umverteilung innerhalb Österreichs. Vor dieser Debatte kann sich auch die Regierung nicht drücken, und vor dem können Sie nicht davonlaufen. (Beifall bei den Grünen.)

Was ich bei der ÖVP besonders interessant finde, ist eine gewisse Wider­sprüch­lichkeit. Da Sie von der ÖVP heute in dieser Debatte hier, und zwar mehrmals, Kolle­ginnen und Kollegen von der SPÖ in erster Linie, aber auch Abgeordneten der Opposition im Allgemeinen, „Kleinkariertheit“, „EU-Populismus“ und so weiter vorge­wor­fen haben, und zwar im Zusammenhang mit – durchaus berechtigter – Kritik an der EU, frage ich Sie von der ÖVP schon: Wie werden Sie das mit Ihrem Wunsch-Regierungspartner machen?

Kollege Molterer hat uns ja gestern – dankenswerterweise sehr offenherzig – über den „Standard“ ausgerichtet, dass er sich sehr gut vorstellen könne, mit der Strache-FPÖ in eine Regierung zu gehen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Die passen eh zusammen!)

Wie sehen Sie das im Zusammenhang mit EU-Fragen? Nicht, dass es für Sie von der ÖVP mit dem BZÖ einfach wäre, denn da gibt es ja den Kärntner Landeshauptmann Haider, der der EU-Finanzierung nicht zustimmt. – Das heißt, was da während der EU-Präsidentschaft Österreichs an Widerstand, an allen möglichen Schwierigkeiten von dieser Seite auf Sie zukommen wird, das werden wir ja noch alles sehen. Strache aber, das ist schon ein Spezialfall!

Strache hat Bundeskanzler Schüssel nicht nur als „europapolitischen Hans-guck-in-die-Luft“, als „abgehoben“ und ich weiß nicht, was sonst noch alles, bezeichnet, sondern er wird auch ein Volksbegehren einleiten, das de facto ein EU-Austritts-Volksbegehren ist. Strache will, dass Österreich aus der EU hinausgeht. – Und das ist Ihr zukünftiger Regierungspartner, Herr Bundeskanzler? Das finde ich doch sehr interessant ange­sichts dessen, was Sie heute im Zusammenhang mit EU-Fragen geäußert haben! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Dann haben Sie es nicht gelesen!) – Ich habe das sehr genau gelesen!

Ich finde es wirklich problematisch, auch im Zusammenhang mit dem Ergebnis der heute publizierten Umfrage, was die EU-Skepsis der Österreicherinnen und Öster-


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reicher anlangt, dass nämlich die Österreicherinnen und Österreicher die EU-skep­tischsten Bürgerinnen und Bürger sind.

Wie werden Sie das denn machen, meine Damen und Herren von der ÖVP, wenn Sie sich „vorstellen können“, mit einem Regierungspartner Strache zusammenzuarbeiten, also mit jemandem, der zu den größten rechtsgerichteten Populisten Europas zählt, wenn Sie zugleich, wie Frau Bundesministerin Plassnik zuvor gesagt hat, in gewisser Weise bejammern, dass die EU-Skepsis in Österreich so groß ist?!

Das ist doch eine Widersprüchlichkeit, die Sie nur schwer werden auflösen können! Das ist eine Widersprüchlichkeit, um nicht zu sagen Doppelzüngigkeit!

Mit dieser Art von Politik werden Sie jedenfalls das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Europäische Union ganz sicher nicht stärken! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.53


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Bucher. – Bitte.

 


12.53.17

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte zum Thema EU-Budget hat ja gezeigt, wie differenziert die Vorstellungen, vor allem auch die Programme der einzelnen Parteien sind, was die Ausrichtung der Europäischen Union in nächster Zukunft betrifft.

Was mir unverständlich ist, ist die Haltung der SPÖ, die sich ja im Grunde genommen in zwei Kritikpunkte zusammenfassen lässt: einerseits die hohen Nettozahlungen von 860 Millionen €, andererseits die hohen Agrarförderungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von der SPÖ, wenn Sie schon Ihre Kritikpunkte auf diese zwei Dinge sozusagen zusammenschrumpfen lassen, dann sagen Sie aber auch dazu – Herr Kollege Gusenbauer hat ja heute in seiner Rede hier festgehalten, dass er einen Kurswechsel in der Europäischen Union möchte –, dass das EU-Budget der letzten sieben Jahre maßgeblich auch von Bundeskanzler Klima mitgetragen wurde, dass der damalige Bundeskanzler Klima die wesentlichen Eckpunkte der EU-Finanz­leistungen Österreichs mitverhandelt hat. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.)

Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, können sich also jetzt nicht davon­stehlen – so, als hätten Sie niemals etwas davon gewusst, sich niemals eingebracht in die gesamte EU-Budgetbegleitung, sondern geben Sie doch zu, dass viele euro­päische SP-Regierungschefs maßgeblich an dieser Art von EU-Budget mitge­arbeitet haben, und zwar sowohl an der Begleitung als auch an der Vollziehung des EU-Budgets! Kritisieren Sie daher, meine Damen und Herren von der SPÖ, jetzt nicht im Nachhinein die Auswirkungen auf Österreich!

Offensichtlich dürften Sie von der SPÖ immer eines verwechseln, nämlich Euro­päisierung und Globalisierung. Und das ist schon ein Punkt, der uns geradezu verzagen lässt, weil Sie von der SPÖ offensichtlich die internationale Dimension der Wirtschaft nicht richtig verstehen, indem Sie internationale Problembereiche nach Österreich hereintragen – und das, obwohl Sie wissen sollten, dass das mit Österreich überhaupt nichts zu tun hat! Begreifen Sie doch endlich einmal, dass selbstverständlich auch die österreichische Wirtschaft in einem internationalen Wettbewerb steht, und begreifen Sie doch endlich einmal, dass wir Europa stärken müssen, dass wir das nur gemeinsam können und dass Österreich daher einen wichtigen Beitrag leisten muss!


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Das, meine Damen und Herren, wird Arbeit, Beschäftigung, Wachstum und soziale Sicherheit in Europa bringen! Österreich muss aber dazu auch, wie gesagt, einen wesentlichen Beitrag leisten. Wenn wir mit 0,34 Prozent unserer gesamten Wirtschafts­leistung für ein gemeinsames Europa einzahlen – noch dazu im Wissen, dass wir bereits die Hälfte unseres Gesamtumsatzes aus dem Export schöpfen –, dann kann man die Dimension, die da dahintersteckt, erkennen. 0,34 Prozent zahlen wir ein, und wir machen zur Hälfte unseres Gesamtumsatzes Geschäfte mit EU-Mitgliedsländern! Das sollten Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, auch in Ihrer Darstellung berücksichtigen! (Beifall bei den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Für Österreich stellt die EU einen großen Markt dar: Viele Chancen, neue Handels­partner, die sich für unsere Wirtschaft ergeben. Ein zusätzliches Wachstum von 0,5 Prozent ist für die nächste Periode prognostiziert; vor allem für den Tourismus in Österreich stellt das eine ganz wichtige Dimension dar. Meine Damen und Herren, ich komme aus dieser Branche und weiß, dass vor allem die zentral- und osteuropäischen Reformländer wichtige Handelspartner für uns sind und eine große Zahl an Nächti­gungen von Bürgerinnen und Bürger aus diesen Ländern bei uns verzeichnet werden kann; es geht um über 300 000 Nächtigungen pro Jahr. Das sichert also Arbeitsplätze und Wohlstand in Österreich.

Konform gehe ich mit vielen Kritikern zu verschiedenen Punkten, die nicht mit Brüs­seler Entscheidungen einverstanden sind. Brüssel hat gezielt Aufgaben zu erledigen, aber wir dürfen sozusagen nicht alles nach Brüssel delegieren, sondern müssen unsere Kernaufgaben hier in Österreich selbst erledigen. Wir dürfen nicht alles, was unangenehm oder unbequem ist, nach Brüssel auslagern und dann warten, bis Entscheidungen von Brüssel aus getroffen werden, denn wie wir wissen, werden dort viele Entscheidungen getroffen, die nicht immer richtig für uns sind.

Daher: Hier in Österreich haben wir die wichtige Aufgabe, den Menschen reinen Wein einzuschenken und ihnen zu sagen, wie wichtig das gemeinsame Haus Europa ist und welchen Wohlstand wir daraus erzielen können. Jedoch dürfen die Menschen keines­falls falsch informiert und Dinge verwechselt werden, die mit dem europäischen Gedanken rein gar nichts zu tun haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Am Ende meiner Ausführungen darf ich noch einen Entschließungsantrag einbrin­gen, und zwar einen Vier-Parteien-Antrag betreffend die Islamische Republik Iran, und zwar in Bezug auf die empörenden anti-israelischen und anti-semitischen Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Dieser Antrag wurde bereits im Saale verteilt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Bucher eingebrachte Entschließungsantrag wurde gemäß § 53 GOG zur Verteilung gebracht; er steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Dr. Josef Cap, Herbert Scheibner, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Islamische Re­publik Iran, empörende antiisraelische und antisemitische Äußerungen von Präsident Mahmoud Ahmadinejad.

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 21. Dezember 2005 im Zuge der Debatte zum Tagesordnungspunkt Erklärung des Bundeskanzlers


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Die Wahl von Mahmoud Ahmadinejad zum Präsidenten der Islamischen Republik Iran hat eine Richtungsänderung herbeigeführt, die mit der mangelnden Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der IAEO begann und in den vergangenen Wochen in mehreren öffentlichen Äußerungen gipfelte. So hat der Präsident unter anderem

das Existenzrecht des Staates Israel in Frage gestellt und verlangt, Israel solle „von der Landkarte ausradiert werden“;

die historische Tatsache des planmäßigen und millionenfachen Mordes an Menschen jüdischer Herkunft durch das nationalsozialistische Regime während des II. Welt­krieges in Zweifel gezogen und wörtlich als „Märchen“ hingestellt;

vorgeschlagen, auch auf dem Gebiet der Republik Österreich „einen Staat für Juden zu errichten“, und dadurch die territoriale Integrität Österreichs in Zweifel gezogen.

Weiters muss angesichts der Weigerung der iranischen Regierung, die Beschlüsse des Gouverneursrates der IAEO umzusetzen, angesichts der Wiederinbetriebnahme der Uranumwandlungsanlage in Isfahan und angesichts der Ankündigung einseitiger Maß­nahmen überprüft werden, ob die Verhandlungen mit dem Iran über sein Atom­programm einer völligen Neubewertung unterzogen werden müssen.

Die Besorgnis über die mangelnde Achtung der Menschenrechte und der politischen Grundfreiheiten in Iran ist schließlich Anlass zur Aufforderung an die iranische Regierung, den Willen zur Beachtung dieser Grundsätze durch konkrete Maßnahmen zu beweisen, indem aus Gewissensgründen Inhaftierte freigelassen werden.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Mit tiefer Sorge hat der Nationalrat von den fortgesetzten ungeheuerlichen verbalen Entgleisungen des Präsidenten der Islamischen Republik Iran, weiters von der problematischen Menschenrechtsentwicklung und der Haltung der iranischen Regie­rung betreffend das Atomprogramm Kenntnis genommen, verurteilt die Äußerungen des iranische Präsidenten auf das schärfste und ersucht daher die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten

in diesen Fragen weiterhin eine klare Haltung einzunehmen und auf Ebene der Europäischen Union zu unterstützen, nötigenfalls weitere Maßnahmen zu prüfen;

den Botschafter der Islamischen Republik Iran unverzüglich davon zu unterrichten, dass der Nationalrat der Republik Österreich die Aussagen, die den Holocaust leugnen und das Existenzrecht Israels in Frage stellen, als völlig unakzeptabel zurückweist;

die Aufforderung des Europäischen Rates aktiv zu unterstützen, der Iran möge sich dem internationalen Konsens über die Notwendigkeit einer Zweistaatenlösung für den palästinensisch-israelischen Konflikt anschließen, die Bemühungen um Frieden zwischen Israel und seinen Nachbarn unterstützen und keine Gruppen zu unterstützen, die terroristische Handlungen befürworten oder sich daran beteiligen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.


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Wir gelangen nunmehr zu den Abstimmungen, und zwar gelangen wir zunächst zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Lunacek, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend österreichische Initiative für die europaweite Einfüh­rung einer Devisentransaktionssteuer für das EU-Budget und die Entwicklungszusam­menarbeit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verzicht auf Gentechnik-Saatgut bei den Agrarumweltprogrammen und Unterstützung des Selbst­bestimmungsrechts der gentechnikfreien Regionen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Verzetnitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Liberalisierung bei Dienst­leistungen nicht auf Kosten der ArbeitnehmerInnen, der Klein- und Mittelbetriebe und der KonsumentInnen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung der Einführung einer Steuer auf Devisentransaktionen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist somit angenom­men. (E 166.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Mag. Molterer, Dr. Cap, Scheibner, Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kol­le­gen betreffend Islamische Republik Iran, empörende antiisraelische und antisemi­tische Äußerungen von Präsident Mahmoud Ahmadinejad.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieser Antrag ist einstimmig angenommen. (E 167.)

13.01.012. Punkt

Bericht des Verkehrsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1258 d.B.) vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005) (1264 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Zum Rednerpult begibt sich Abg. Mag. Regler.)

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir behandeln heute den ...

 



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Einen Moment, bitte! Ich habe eine falsche Liste. – Eine Sekunde! Die Technik ist gleich wieder konform. (Abg. Eder: Das stimmt schon! Weil es ja ein Beharrungsbeschluss ist! Da ist es verkehrt!)

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eder. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort.

 


13.02.33

Abgeordneter Kurt Eder (SPÖ): Danke schön! Die Frau Präsidentin hat immer Recht bei den Wortmeldungen, selbstverständlich.

Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben heute hier einen Tagesordnungspunkt zu verhandeln, der nicht so alltäglich ist, denn bei diesem Punkt, mit dem wir zunächst einmal heute beginnen, handelt es sich um einen der seltenen Fälle, in denen der Bundesrat einen Einspruch erhebt gegen eine Gesetzesmaterie, die hier im Nationalrat schon beschlossen wurde. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn über­nimmt den Vorsitz.)

Im Speziellen geht es hier um das Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz geändert werden soll. Bei diesem Gesetz ist es auch so, dass gerade der Bundesrat, der ja die Länder vertritt und dessen Mitglieder auch von den Landtagen entsandt werden, natürlich ein gewichtiges Wort mitsprechen will – und zwar deshalb, weil man die gleiche Begründung, mit der wir diese Novelle zum Postgesetz auch in der Fraktion beziehungsweise im Ausschuss und auch hier im Plenum abgelehnt haben, im Wesentlichen im Einspruch des Bundesrates wieder findet.

Es ist ganz klar, dass diese Novelle zum Postgesetz – es handelt sich da um ein sehr banales, einfaches Gesetz – von ihrem Inhalt her lediglich dazu dient, den Börsengang der Post für das Frühjahr 2006 vorzubereiten. EU-rechtlich besteht ja überhaupt kein Handlungsbedarf für diese Gesetzesnovelle. Ganz im Gegenteil: Die EU-weiten Rahmenbedingungen für diese Materie werden erst 2007 entsprechend geregelt, und erst dann wäre es natürlich sinnvoll, mit einer Postliberalisierung überhaupt zu beginnen – wobei immer wieder die Diskussion über einerseits Liberalisierung und andererseits Privatisierung entstanden ist.

Was man hier aber vorhat, ist eigentlich nicht, eine Liberalisierung der Post nächstes Jahr im Frühjahr durchzuführen, sondern hier ist eher die Absicht dahinter, die Post oder einen beachtlichen Teil der Post an die Börse zu bringen – wobei allen, die hier agieren, bekannt ist, dass rund 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher es ablehnen, einen Verkauf in der Form, wie er derzeit von einigen Regierungs­mitglie­dern – vom Herrn Bundeskanzler, vom Herrn Vizekanzler – geplant ist, zu tätigen.

Es gibt auch unterschiedliche Haltungen dazu. Man kann da etwa in der Zeitung lesen: Vollbremsung bei den Privatisierungen. Und dann gibt es wieder andere Meldungen, wo es heißt: Gorbach drängt Schüssel zur raschen Post-Privatisierung. – Man muss sich nur im Klaren darüber sein, meine sehr geehrten Damen und Herren, was es heißt, die Post zu privatisieren, vor allem in der Art und Weise, wie man das derzeit will.

Ich darf auch klar und deutlich sagen, dass die Sozialdemokraten gar nicht grund­sätzlich gegen eine private Beteiligung an der Post sind, sondern wir kritisieren in erster Linie, dass es zu rasch ist, dass der Zeitpunkt falsch ist, dass die EU-Richtlinien noch nicht klar sind und dass vor allem der gesamte Universaldienst auch in diese Regelung einbezogen gehört. Allein wenn man davon ausgeht, dass der Zustellbereich der österreichischen Post derzeit rund 3,5 Millionen Haushalte umfasst und davon 1,4 Millionen Haushalte letztendlich in den Universaldienst hineinfallen – also Zustel-


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lungen, mit denen man nicht das große Geld verdienen kann –, muss einem schon klar werden, was es heißt, die Privatisierung in dieser Form durchzuziehen, ohne die entsprechenden Lösungen dazu zu haben.

Weiters muss auch klar sein, dass eine privatisierte Post und eine AG dann ganz andere Zielrichtungen hat: Eine privatisierte Post hat nach dem Aktienrecht vorzu­gehen, und nach dem Aktienrecht vorzugehen heißt, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat ein optimales Ergebnis herausarbeiten müssen. Das ist eben dann einfach der Auftrag. Und das führt letztendlich auch dazu, dass weitere Rationalisierungen – ist gleich auch weitere Schließungen von nicht so rationellen Postämtern – durchgeführt werden müssen, obwohl sich Staatssekretär Mainoni bemüht hat, das abzuschwächen, obwohl man auch versucht hat, in das Gesetz hineinzuschreiben, dass unter be­stimmten Voraussetzungen der Bundesminister die Möglichkeit hat, hier einzu­schreiten. – Aber im Wesentlichen ändert das nichts: Wenn die Post an die Börse geht, dann muss der Vorstand betriebswirtschaftlich vorgehen, und das ist ganz gleich.

Es wird aber auch heute noch ein Misstrauensantrag der Grünen gegen Herrn Bun­desminister Gorbach eingebracht werden, und ich darf für meine Fraktion hier noch einmal klarstellen, dass wir diesem Misstrauensantrag auch Folge leisten werden, aber aus anderen Motiven als die grüne Fraktion.

Ich darf als Vorsitzender des Verkehrsausschusses hier noch einmal Folgendes festhalten: Ein Bundesminister, der rund eineinhalb Jahre nicht mehr im Verkehrs­ausschuss gewesen ist, um über viele Regelungen, die wir neu getroffen haben, zu diskutieren, ist einfach für mich kein Minister, dem man das Vertrauen geben kann. (Abg. Marizzi – auf den neben dem Präsidium mit einem Mitarbeiter sprechenden Vizekanzler Gorbach weisend –: Er hört nicht einmal jetzt zu! Er redet da hinten!)

Ein Minister, der in Zeitungsmeldungen schon wieder als AUA-Generaldirektor genannt wird, ein Minister, der im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bodenseeschifffahrt als möglicher neuer Mitarbeiter oder Beteiligter dieser Gesellschaft gehandelt wird, ist ebenfalls sehr problematisch.

Ich habe zum Beispiel eine Anfrage betreffend Postbus-Verkauf an den Herrn Bun­desminister gerichtet. – Diese Anfrage ist in einer derart schnoddrigen Form und nur mit Verweisen auf irgendwelche Paragraphen beantwortet worden, dass man daraus überhaupt keinerlei Schlüsse ziehen kann. – Wenn ein Minister meint, dass Abgeord­nete Vertrauen zu ihm haben sollen, dann muss er auch eine Anfrage entsprechend beantworten. Hier gibt es überhaupt keine vernünftige Gesprächsbasis.

Die kompromisslose Zerschlagung der Bahn ist heute schon diskutiert worden. Tempo 160 und Blaulicht will ich in diesem Zusammenhang gar nicht erwähnen.

Ich darf nur noch einmal generell festhalten: Es ist von jedem der vier Verkehrs­minister, die ich seit dem Jahr 2000 mittlerweile erlebt habe, irgendetwas übrig geblieben, was man sich von diesen Ministern gemerkt hat. Bei Schmid, habe ich mir gemerkt, waren die Batterien leer. Bei Frau Forstinger ist mir nur der Stöckelschuh-Erlass im Gedächtnis geblieben. Bei Herrn Reichhold war es sein schöner Traktor mit dem Laptop drauf, mit dem er so gerne gefahren ist. Und bei Minister Gorbach wird letztendlich das Blaulicht übrig bleiben – viel mehr wird es nicht sein.

Vielleicht wäre aber das orange Blinklicht, das er heute überreicht bekommen hat, ohnedies vernünftiger gewesen, denn da glauben die Menschen wenigstens, das ist eine Baustelle und dort gibt es Arbeitsplätze. – Aber nicht einmal das wird übrig bleiben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Gabriela Moser.)

13.09



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Regler. – Bitte.

 


13.09.42

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir behandeln heute den Einspruch zur Postgesetznovelle, und wir werden heute entsprechend der Empfehlung des Verkehrsausschusses einen Beharrungsbeschluss fassen.

Was ist eigentlich der Grund, warum die Sozialdemokraten und auch die Grünen so sehr gegen diese Postgesetznovelle sind? – Sie sind dagegen, weil sie Angst haben vor dem Erfolg der Post AG! (Ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich erinnere mich noch an jahrelange Diskussionen mit sozialdemokratischen Gewerk­schaftern, die immer gegen eine Trennung von Telekommunikationsbereich und gelber Post waren, weil sie gesagt haben, die gelbe Post wird sich nie alleine rechnen. – Nun, bitte: Sie rechnet sich alleine! Und die Telekommunikation geht phantastisch. Und warum haben Sie Angst davor, dass österreichische Bürgerinnen und Bürger als Aktionäre direkt Eigentum an der Österreichischen Post AG haben? – Ich kann nur sagen: Telekom und Post AG – eine Erfolgsgeschichte!

Damit komme ich auch auf den Misstrauensantrag zu sprechen, denn es gibt weitere Erfolgsgeschichten: als Zweites den Ausbau des hochrangigen Straßennetzes. Mit der erfolgreichen Einführung des Road-Pricing hat die ASFINAG ausreichende Finanz­mittel zur Verfügung. Es werden die Autobahnen saniert, mehr Fahrstreifen angelegt, zweite Tunnelröhren errichtet, der Autobahnring um Wien, die Nordautobahn – alles ist auf Schiene. Und die Verländerung der Bundesstraßen ist auch eine gute Geschichte gewesen. – Man kann sagen: Zweite Erfolgsgeschichte!

Drittens kommen wir zum Ausbau der Schieneninfrastruktur. Die Investitionen wurden gegenüber den SPÖ-Verkehrsministern und SPÖ-Finanzministern verdoppelt. Über 2,4 Milliarden € fließen pro Jahr jetzt in die Schieneninfrastruktur. Viergleisiger Ausbau der Westbahn, ein besseres Projekt für den Semmering Basistunnel, die Tunnelkette im Inntal ist voll im Bau, und die Errichtung des Brenner Basistunnels wurde mit EU-Finanzierung auf die Schiene gestellt. Dazu noch die Bahnhofsoffensive aktiv weitergeführt. – Wieder eine Erfolgsgeschichte!

Punkt 4: die Neuordnung der ÖBB. Auch was diesbezüglich hier gesagt wurde, dass die ÖBB jetzt kaputt seien, stimmt nicht. Es ist keine Zerschlagung erfolgt, sondern es gibt jetzt ganz klare Verantwortlichkeiten, es gibt transparente Ergebnisse, und wir haben hier eine Teilentschuldung beschlossen. – Wieder eine Erfolgsstory!

Fünfter Punkt: die Wegekostenrichtlinie. Im Jahre 1998 hat sich der damalige Ver­kehrsminister Dr. Caspar Einem unter österreichischer Präsidentschaft sehr darum bemüht, in die Wegekostenrichtlinie den Passus aufnehmen zu können, dass wir auf dem Brenner einen Zuschlag von 25 Prozent für Umweltmaßnahmen einheben kön­nen. Caspar Einem ist gescheitert, wir mussten ohne diesen Zuschlag die Wege­kostenrichtlinie beschließen, den gemeinsamen Standpunkt feststellen. – Nun, bitte, ist es geglückt: Wir können diesen Zuschlag auf die Mauten im Gebirge einheben. – Eine Erfolgsgeschichte!

Punkt 6 ist heute schon mehrmals angesprochen worden: die Verkehrssicherheit. Wir werden in diesem Jahr Gott sei Dank erstmals überhaupt weniger als 800 Verkehrstote zu beklagen haben. Das geht auf die vielen Verkehrssicherheitsmaßnahmen zurück, die unter Hubert Gorbach gesetzt worden sind.

Hohes Haus, ich darf hier sagen, ich vertraue darauf, dass Hubert Gorbach auch dort, wo er eine höhere Geschwindigkeit als 130 Stundenkilometer als zulässig auf Auto-


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bahnen verordnen wird, den Gesetzesauftrag ganz genau nehmen und ihm nachkommen wird, dass nämlich durch Verkehrssicherheitsmaßnahmen sichergestellt werden muss, dass die Verkehrssicherheit voll gewährleistet ist. Ich vertraue darauf. – Jedenfalls: Verkehrssicherheit – wieder eine Erfolgsstory!

Punkt 7: die Forschung. Österreich eilt der von der EU angepeilten Forschungsquote von 3 Prozent des BIP schon voraus. Wir werden sie früher erreichen, als die EU vorgesehen hat. Ganz wichtig für den österreichischen Wirtschaftsstandort! – Auch eine Erfolgsstory!

Es ist also für niemanden einsichtig, dass es zu diesem Misstrauensantrag kommt. Ich empfehle daher dem Hohen Haus, zwei Beschlüsse zu fassen: erstens den Behar­rungs­beschluss bei der Novelle zum Postgesetz – und zweitens, den Misstrauens­antrag gegen Verkehrsminister Hubert Gorbach selbstverständlich abzulehnen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Ich erteile es ihr.

 


13.14.45

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minis­ter! Werte Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich werden wir Herrn Minister Gorbach, dem Herrn Vizekanzler, das Misstrauen aussprechen. Und damit es klipp und klar im Raum ist, werde ich diesen Antrag gleich eingangs formu­lieren:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Dr. Alexander Van der Bellen, Freundinnen und Freunde betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Herrn Vizekanzler

Der Nationalrat wolle beschließen:

Dem Herrn Vizekanzler und Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird im Sinne des Artikels 74 B-VG das Vertrauen versagt.

*****

Wir haben verschiedenste Gründe dafür, und ich möchte diese jetzt, gerade in Replik auf Ihre Ausführungen, gerne wiederholen.

Punkt 1: Verkehrssicherheit. – Der Herr Minister hat ein Regierungs-Verkehrssicher­heits­programm in seinem Ressort entwickeln lassen. Und jetzt haben wir zwar weniger Tote, aber Unfälle gibt es nach wie vor (ironische Heiterkeit des Vizekanzlers Gorbach sowie des Staatssekretärs Mag. Mainoni) – in verstärktem Maße sogar! – Sie brauchen gar nicht zu lachen, Herr Vizekanzler! Das ist völlig deplatziert in diesem Zusammenhang. Sie wissen nämlich ganz genau, dass dank eines sehr, sehr guten Rettungssystems in Österreich und dank einer ausgezeichneten Intensivmedizin in Österreich glücklicherweise viele Menschenleben gerettet werden können, die bei schlechterer Versorgung auf der Straße ihr Ende gefunden hätten. Das, bitte, muss man auch einmal in den Raum stellen, damit auch diese Leistung honoriert wird – und nicht nur eine Zählerei, die Sie auf Ihre Fahnen heften, bei der es um die Unfall­häufigkeit geht. (Abg. Wittauer den Saal betretend –: Wir sind ja beim Postgesetz!) Und da, sage ich, müssen wir viel mehr tun! Da ist die eigentliche Verkehrs­sicher-


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heitspolitik anzusiedeln, und da müssen wir Geschwindigkeit herausnehmen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu Ihrer Bilanz betreffend Geschwindigkeit herausnehmen, Mentalitätsänderung: Wir haben den Punkteführerschein in abgewandelter Form – nicht ein ambitioniertes Modell wie in Italien, nicht ein gutes Modell wie in der Bundesrepublik, nein, sondern einen Maßnahmenkatalog, wo die Ursache Nummer eins von Verkehrsunfällen, näm­lich Geschwindigkeitsüberschreitungen, bitte, kein Delikt ist! Das kann Ihnen niemand nachmachen in Europa, so eine blamable Punkteführerscheinregelung, wo eine Hauptunfallsursache nicht einmal Thema ist! – Herr Minister, das verdient unsererseits das Misstrauen an sich. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wittauer: Jetzt haben wir vorher gehört, dass wir eine starke Reduzierung der Unfälle und der Toten haben, und Sie machen alles schlecht da!)

Punkt 2: Herr Kollege Regler, Sie haben auf das Bauvolumen hingewiesen. Das Bauvolumen Straße, bitte, überfordert das heimische Fuhrwerksgewerbe. Wir haben zu wenig nationale Möglichkeiten, hier wirklich den Aushub abzutransportieren – fragen Sie einen Zivilingenieur, fragen Sie im Gewerbe! –, eine völlige Überziehung! Und fragen Sie vor allem, wie das finanziert wird! Wir waren ja gemeinsam im Rechnungs­hofunterausschuss. Es ist eine offene Rechnung für die Zukunft. Die ASFINAG hat jetzt Schulden von 8,9 Milliarden, in Zukunft von 13 bis 14 Milliarden €. – Wer soll das bezahlen?, habe ich wiederholt gefragt. Der Herr Minister setzt etwas in die Welt, was Generationen mit Steuergeldern womöglich abzahlen müssen.

Punkt 2: Bau Schiene. Der Herr Minister fahrt häufig nach Klagenfurt. Und was passiert? – Ein Schienenprojekt in Kärnten, eine Verbindung Klagenfurt –Villach, damit die Seegrundstücke frei werden, die dann womöglich an die BZÖ-Freunde in Kärnten verkauft werden! – Bitte, das verdient Misstrauen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich will keinen Zug in Kärnten in Tunnels haben, nur damit die Reichen sich die Seegrundstücke untereinander aufteilen können. Und die ÖBB zahlt, der Steuerzahler zahlt! Die ÖBB kriegt zwar den Tunnel vorfinanziert, nur: Sie darf ihn dann sündteuer den privaten Vorfinanciers abkaufen. – Herr Minister, das ist misstrauenswürdig! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, kurz zur LKW-Maut. Ich bin ja froh, dass es diese gibt, nur: Sie sollte meines Erachtens höher sein. Wir brauchen das Schweizer Niveau. Wege­kostenrichtlinie: Bitte, wir haben 20 Prozent mehr Transit. Wir haben eine Nulllösung! Italien hat sich minus 13 Prozent Rabatt herausverhandelt! – Und da sagen Sie „Erfolgsbilanz“?!

Ich möchte noch einmal auf die Frage Tempo 160 hinweisen: Die Verfassungsrichter werden sich freuen, denn die Haftungsfrage wird brisant werden, wenn etwas passiert, wenn das Ganze auch über das Verfassungsgericht gelaufen ist. Und es widerspricht ja der Straßenverkehrsordnung, denn darin sind die Sicherheit und die Umwelt eine Rahmenbedingung, und vor dem Hintergrund dessen kann ich dann Verkehrs­tempolimits erlassen oder auch nicht. Nur: Das Erlassen von Tempo 160 ist meines Erachtens gemeingefährlich.

Nun zum nächsten Punkt: Herr Minister, Sie haben uns ja wiederholt gezeigt, worauf Sie sozusagen Ihren Schwerpunkt, Ihr Schwergewicht legen. Das waren immer Aspekte, die zu tun hatten mit Repräsentation, mit Pseudoaktionen, mit Freunderl­wirtschaft. Ich habe einmal schon gesagt, Ihr Kabinett explodiert. Die Posten, die Sie jenseits Ihres Kabinetts an Ihre Kolleginnen und Kollegen aus Ihrer Partei vergeben haben, sind, bitte, Legende: die Schieneninfrastrukturgesellschaft, die ÖBB-Vorstände, die ASFINAG-Vorstände – reihenweise eingefärbt! –, das Patentamt und so weiter, und so fort; ich könnte Ihnen ja die 27 Punkte im Detail vorlesen. Es ist einfach skandalös,


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und deshalb verdienen Sie auch unser Misstrauen – nicht zuletzt deshalb, weil Sie für Ihren eigenen sozusagen Posten in Vorarlberg in diesem Touristikunternehmen auch noch während Ihrer Amtszeit – das ist nämlich der Punkt: während Ihrer Amtszeit! – vorsorgen.

Ich könnte Ihnen ja noch mehrere Aspekte aufzählen. Hier noch ein Aspekt: Sie sind dafür, dass man die LKW-Maut ökologisiert. Das heißt, gerade die Transit-LKWs, die die Bevölkerung belasten, sind moderne LKWs, und diese sollen nach Ihrem Konzept eine niedrigere Maut zahlen. Ich meine, mehr Misstrauen kann man da gar nicht äußern, als hier wirklich am Platz ist. (Abg. Wittauer: Das ist ein Konzept ...! Sie vermischen europäische mit ...! Da kann der Vizekanzler nichts dafür!) Herr Minister! Die Leute vor Ort leiden, sie leiden unter dem Lärm und unter der Belastung.

Sie reduzieren dann noch die Maut jener LKWs, die durch unser Land durchfahren. Ich meine, die heimischen Frächter, die nicht moderne LKW haben, müssen dann mehr zahlen, obwohl sie kürzer fahren. Ich frage Sie: Was soll denn das? Das ist doch wirklich misstrauenswürdig! (Abg. Wittauer: Nach Ihrer Meinung muss der Minister Kommissionspräsident auch noch sein!)

Jetzt noch einmal zu Ihren Prioritäten während der EU-Präsidentschaft. Sie haben die Möglichkeit – Sie hätten die Möglichkeit, ja Sie haben sie auch –, die Alpen-Konvention beim Verkehrsprotokoll endlich komplett unterfertigen zu lassen. Da fehlen Unter­schriften! Ist das auf Ihrer Agenda? – Nein! Sie schützen weder den Alpenraum noch die Bevölkerung in den Alpen. Herr Minister! Also wirklich: Wenn da nicht Misstrauen am Platz ist, dann weiß ich nicht! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Wittauer: Das wissen Sie, dass Frau Minister Plassnik ... und wir im Außenpolitischen Ausschuss darüber geredet haben!)

Vielleicht noch ein kleines Detail zum Schluss. Sie haben es – und da möchte ich schon dem Kollegen Eder Recht geben, es decken sich ja viele unserer Ansichten – nicht der Mühe wert gefunden, an der realen verkehrspolitischen Detaildiskussion in der parlamentarischen Arbeit auch wirklich teilzunehmen und daran mitzuwirken. Das haben Sie nicht getan! Sie sind weggefahren. Sie sind im Ausland gewesen. Sie haben den Verkehrsausschuss nicht rechts, nicht links liegen gelassen – Sie haben ihn ignoriert.

Das ist, glaube ich, das ärgste Armutszeugnis, das je ein Verkehrsminister abgeliefert hat, nämlich das eigene Parlament in größtem Ausmaß zu ignorieren und links oder rechts liegen zu lassen. Deshalb ist unser Misstrauensantrag in vielfacher Hinsicht fundiert und gerechtfertigt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Eder. – Abg. Wittauer: Da lacht eh jeder darüber!)

13.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Herrn Vizekanzler, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verkehrsausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1258 d.B.) vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss


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des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005) (1264 d.B.)

Begründung

Vizekanzler Verkehrsminister Gorbach fällt seit Amtsantritt durch eine Mischung aus Untätigkeit und aufwendigster Amtsführung auf, die selbst VorgängerInnen wie Michael Krüger (Stichwort: „Dienst-Jaguar“), und Monika Forstinger (Stichwort: „Stöckelschuh-Erlass“) verblassen lässt.

Österreich kann sich jedoch gerade im zentralen Bereich Verkehr, Innovation und Technologie nicht länger einen Minister leisten, der zwei eigene Kabinette und zwei Staatssekretäre (mit zwei weiteren Kabinetten) beschäftigt und politisch trotzdem nichts zuwege bringt. Die „Sündenliste“ Gorbachs ist lang: flächendeckendes inhalt­liches Versagen etwa bei der Transitfrage oder im Bereich der Forschung, die fort­gesetzte Missachtung des Parlaments, die Verschwendung öffentlicher Gelder durch fürstliche Reise- und Repräsentationsausgaben und zuletzt der blanke verkehrs­politische Unsinn „Tempo 160“ sowie sein Wunsch, ein Blaulicht für seinen Dienstwagen zu erhalten.

Die folgende Auswahl von Gorbach-Fehlleistungen belegt, warum dieser Minister ablösereif ist:

1. Tempo 160 – Gift für Verkehrssicherheit, Klimaschutz und lärmgeplagte An­rainerInnen

Österreich ist in Europa ein Nachzügler bei der Verkehrssicherheit. Die Regierung hat sich selbst das Ziel gesetzt, die Zahl der Verkehrstoten bis 2010 zu halbieren und die Zahl der Unfälle und Verletzten massiv zu senken. Jahr um Jahr werden diese Verkehrssicherheitsziele meilenweit verfehlt. Zu hohe Geschwindigkeit ist die häufigste Ursache tödlicher Verkehrunfälle, dennoch ist Schnellfahren nicht einmal ein Vormerk­delikt!

Zugleich ist der Verkehrssektor ausschlaggebend für das Nichterreichen der Kyoto-Klimaschutzziele. Verkehrspolitik zugunsten der Frächterlobby führt dazu, dass beim Verkehr die Schadstoffbilanz Jahr um Jahr aus dem Ruder läuft, während Industrie, Gewerbe und Haushalte um teures Geld ihre Hausaufgaben beim Klimaschutz machen.

In dieser Situation hat BM Gorbach keine andere Sorgen, als sich für Tempo 160 und damit für mehr Unfälle, Tote und Verletzte, für mehr Lärm und mehr Schadstoffe stark zu machen und auch noch eine Menge Steuergelder für entsprechende PR zu vergeuden. Und Bundeskanzler Schüssel macht ihm bei diesem verantwortungslosen Ansinnen die Mauer, nur um seine „Regierung“ noch irgendwie über die EU-Präsidentschaft hinüberzuretten.

2. Blaulicht

Die absurde Idee, ein Blaulicht für den Minister-Dienstwagen beanspruchen zu wollen, ist symptomatisch für BM Gorbachs Politikverständnis: Völlig maßloses, übersteigertes Geltungsgehabe, Unkenntnis der Rechtslage im eigenen Zuständigkeitsbereich (in § 20 Abs. 5 Kraftfahrgesetz ist ganz klar geregelt, von wem und unter welchen Bedingungen Blaulicht verwendet werden darf), und schließlich das Abstreiten und Diffamieren von AufdeckerInnen, wenn die peinlichen Tatsachen doch ans Licht kom­men. Insgesamt eine Blamage sondergleichen.


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3. Transitdebakel

Als BM Gorbach und BK Schüssel 2003 bei den Ökopunkten auf dem EU-Parkett eine vernichtende Niederlage einsteckten (Folge: über 20% mehr Lkw am Brenner ab 2004 ) wurde von der Regierung stets auf die Wegekostenrichtlinie als Ersatz verwiesen. Am 15.12. dieses Jahres wurde nun diese „Wegekostenrichtlinie“ finalisiert. Das Ergebnis ist eine regelrechte Mautsenkungsrichtlinie: Zwischen Kufstein und dem Brenner wird samt Zuschlägen gerade die bisherige Mauthöhe gehalten werden können, auf der Brennerachse insgesamt wird wegen Vielfahrerrabatte in Italien der Preis pro Durchfahrt sogar deutlich sinken! Das ist meilenweit von den Ver­sprechungen von BM Gorbach und BK Schüssel entfernt und wird zu mehr Verkehr führen. BM Gorbachs Einschätzung dieses unzureichenden Ergebnisses spricht jedoch für völligen Realitätsverlust: „Jeder Politiker, der einen solchen Erfolg erzielt, müsste mit allen Orden ausgezeichnet werden“ (Zitat Vorarlberger Nachrichten 16.12.2005). Ein derartig schlechtes Ergebnis, eine derartige Nichteinlösung jahrelanger Ver­sprechen als „ordenswürdig“ zu präsentieren, ist ein Zumutung gegenüber der betrof­fenen Bevölkerung in Tirol und entlang der anderen Transit-Achsen im Lande, für die diese Regierung überhaupt keine Entlastung herausgeholt hat!

BM Gorbach ist aber auch im eigenen Wirkungsbereich ein „Frächterfreund“: Er plant eine so genannte „Ökologisierung der Maut“ – in Wirklichkeit eine Mautsenkung für typische im Transitverkehr eingesetzte Lkw, von denen man längst weiß, dass sie nur auf dem Papier sauber sind, aber nicht beim realen Emissionsverhalten. Auch von der groß angekündigten Kontrolloffensive beim Lkw-Verkehr ist nicht viel übrig geblieben, nach wie vor fehlen zahlreiche Kontrollstellen. Drei Viertel der Lkw halten z.B. erwiesenermaßen regelmäßig das Tempolimit nicht ein, ohne dass deswegen irgendwelche zusätzlichen Maßnahmen erfolgt wären – die „innerstaatlichen Maßnah­men zum Schutz der Bevölkerung“ sind BM Gorbach und seine RegierungskollegInnen nahezu vollkommen schuldig geblieben.

Auf Betreiben von BM Gorbach ist zudem die seit 2001 ausständige Unterzeichnung und Ratifizierung des wichtigen Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention durch die EU bisher nicht auf die Agenda der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft gekommen - selbst die EU-Kommission erwartet mehr in Sachen Alpenschutz von der Regierung.

4. Versagen in der Infrastrukturpolitik

Statt endlich die Schwerpunktsetzung zwischen Straße und Schiene zurecht zu rücken, werden unter BM Gorbach überflüssige Straßenprojekte vorangetrieben. So wurde von Gorbach sogar das „Jahr des Straßenbaus“ ausgerufen. Im Schienensektor werden unnötige Prestigeprojekte wie eine „Grottenbahn“ Klagenfurt-Villach vorangetrieben. Den ÖBB und den SteuerzahlerInnen würden damit freilich hunderte Millionen Euro an unnötigen Mehrkosten aufgebürdet.

5. Versagen in der Verkehrspolitik

Mit der ÖBB-Reform wurde die Bahn – wie bereits vor Beschlussfassung von allen ernstzunehmenden ExpertInnen sowie von den Grünen vorgerechnet – geschwächt statt gestärkt: Aufsplitterung in elf Tochter- und Enkelgesellschaften, unnötige Tren­nung von Infrastruktur Bau und Infrastruktur Betrieb, zusätzliche Schulden wegen dem Finanzierungsloch bei der Infrastruktur, strukturelle Überschuldung der ÖBB binnen weniger Jahre, Aufblähung des ÖBB-Managements (von 18 auf 38 Personen) und der Aufsichtsräte (von 22 auf 57 Personen) zum Zweck der Umfärbung und des Postenschachers. Im Nahverkehr droht noch Schlimmeres: Statt mehr Angebot zu besseren Preisen für PendlerInnen betreibt das BMVIT - nach heftiger Rechnungs­hofkritik an Koordinations- und Managementmängeln des Ressorts - eine Reform, die man praktisch nur als „Kindesweglegung“ in Richtung Länder bezeichnen kann. Mit


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zuwenig Mitteln und ohne Koordination wird Österreich aber den Weg zum Taktverkehr nach Schweizer Muster nie schaffen.

6. Gorbach gegen Luftreinhalte-Maßnahmen im Verkehrsbereich

Auf ausdrückliches Betreiben von BM Gorbach und seinen MitarbeiterInnen wurden mit der kürzlich beschlossenen Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-Luft) die Möglichkeiten der Länder massiv beschnitten, mit Verkehrsbeschränkungen gegen gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung vorzugehen. In Zukunft sollen derartige Schritte nur mehr mit Zustimmung von BM Gorbach und kurz befristet möglich sein. Dies ist nicht nur verfassungsmäßig ein bedenklicher Eingriff in die Landeszuständig­keiten, sondern auch in der Sache völlig verfehlt. Für „freies Rasen“ werden von Gorbach und seinen RegierungskollegInnen im „Sanierungsgebiet“ an der Autobahn (zB in Tirol) massive Gesundheitsbelastungen durch Luftverschmutzung offenbar achselzuckend in Kauf genommen.

7. Untätig in der sonstigen Sacharbeit – Post, Telekom

Beinahe alle kontroversiellen Themen werden an Runden Tischen und in Beiräten dahingeschleppt oder gleich den entsprechenden Lobbies selbst überantwortet. Siehe das Beispiel Handymasten: Die BürgerInnen werden vom Minister tatenlos im Regen stehen gelassen, während ein von den Betreibern mitfinanzierter und fachlich einseitig besetzter „Wissenschaftlicher Beirat“ scheinobjektive Entwarnungsmeldungen ver­breitet.

8. Versagen im Bereich der Forschung

Auch im so wichtigen Bereich der Forschung sind von BM Gorbach keine nennens­werten Initiativen zu erkennen, obwohl die letzten Daten des österreichischen Forschungs- und Technologieberichtes 2005 alarmierend sind:

Während beispielsweise Länder wie Schweden (3,98 %) und Finnland (3,48 %) bereits 2003 die Lissabon-Vorgaben erreichten, sind die Forschungs- und Entwicklungs­ausgaben in Österreich laut vorliegendem Bericht unzureichend, um eine vergleichbare Forschungsquote zu erreichen.

Nach wie vor gibt es darüber hinaus zu wenig ForscherInnen in Österreich. Mit einem Anteil von 6,1 ForscherInnen/1000 Beschäftigte liegt Österreich auf dem 18. Platz und deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von annähernd 7 ForscherInnen/1000 Beschäf­tigte. Auch in diesem Bereich sind keinerlei Initiativen seitens BM Gorbachs zu erken­nen.

BM Gorbach ist es sogar gelungen, das einstmalige „Schmuckstück“ der öster­reichischen Forschung, die „Austrian Research Centers“ in Seibersdorf zu ruinieren. So hat zuletzt sogar der „Rat für Forschung und Technologieentwicklung“ festgehalten, das ARC sei „schon seit längerer Zeit keine Erfolgsstory“ und Seibersdorf „pendelt etwas unstrukturiert hin und her“. Auch hier wäre dringend Reformbedarf gegeben.

Aber BM Gorbach kümmert sich bekanntlich vorrangig um sein „Tempo 160 km/h-Projekt“.

9. Missachtung des Parlaments, gesetzwidriges Verhalten:

BM Gorbach war seit seinem Amtsantritt lediglich bei einem einzigen (!) Verkehrs­ausschuss anwesend. Dies ist ein mehr als aussagekräftiger Hinweis darauf, wie wichtig ihm die parlamentarische Behandlung der anstehenden offenen Fragen und Probleme seines Zuständigkeitsbereiches tatsächlich ist.

Selbst wenn – wie z.B. beim Nahverkehr – der Rechnungshof unmissverständlich gesetz­widriges Verhalten kritisiert, werden daraus keine Konsequenzen gezogen. Die


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jährlich verpflichtenden Berichte über hunderte Mio. Euro an Bundesgeldern für ÖBB und Privatbahnen werden dem Parlament nach wie vor vorenthalten.

10. EU-Ratspräsidentschaft – die nächste Blamage droht:

Während bei der letzten EU-Ratspräsidentschaft Österreichs die MinisterInnen auf dem Fahrrad unterwegs waren, plant BM Gorbach für den informellen Verkehrsministerrat in Vorarlberg im März 2006 allen Ernstes, einen Schleuderkurs mit seinen EU-Minister-KollegInnen abzuhalten! Diese seltsamen Pläne können wohl nur als Faschingsscherz betrachtet werden. Viel wichtiger wäre freilich eine ernsthafte Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit.

11. Unsinn wie Blaulicht oder Tempo 160 als Output – trotzdem teuerstes Kabinett der Regierung

BM Gorbach steht mit Kosten von jährlich 1,9 Mio. Euro für sein über alle Maßen aufgeblähtes Doppelkabinett als Vizekanzler und Verkehrsminister an der Spitze der Regierungsmitglieder. Zeitweise über 50 KabinettsmitarbeiterInnen – 35 von Gorbach selbst, dazu noch die MitarbeiterInnen der beiden zu BM Gorbachs Entlastung beschäf­tigten Staatssekretäre, arbeiten in den Kabinetten des BMVIT. Es ist naheliegend, dass damit wohl auch BZÖ-Parteiarbeit auf Kosten der SteuerzahlerInnen erledigt wird.

12. Reise- und Repräsentationswahn

Unter BM Gorbach wurden bis zu 100% Überschreitungen der entsprechenden Budgetposten üblich – das hat nicht einmal der ebenfalls spendierfreudige Amtsvor­gänger Michael Schmid je geschafft. Von Taxifahrten zum Eishockey-Match, einem Christbaum um über 1.000 Euro bis zu Teppichen in Parteifarben in den Minister­räumlichkeiten hat BM Gorbach nichts ausgelassen, was Steuergeld kostet und dem eigenen fürstlichen Geltungsdrang nützt! So gab es z.B. jede Menge teurer und sachlich fragwürdiger Auslandsreisen mit großer Entourage, etwa zu Gouverneur Schwarzenegger nach Kalifornien oder in Sachen Postpolitik nach Japan. Mit der Vorbereitung und Aushandlung der zum Wahren des Scheins nötigen, sachlich jedoch völlig entbehrlichen Abkommen und Memoranden wurde zudem der Beamtenapparat des BMVIT von viel wichtigeren Arbeiten abgehalten. Dass die Durchschnittskosten pro Reise nach der vehementen Oppositionskritik schlagartig sanken, beweist, wie gerechtfertigt die Kritik war. Die Idee, für schlechtes EU-Verhandeln wie bei der Wegekostenrichtlinie Orden zu beanspruchen, passt ebenfalls ins feudale Selbst­verständnis von BM Hubert Gorbach.

13. Einfärbung/Versorgung/Postenschacher

In keinem Ministerium wurde seit der schwarzblauen Machtübernahme so unver­schämter Postenschacher betrieben wie im Verkehrsministerium und seinem Einfluss­bereich. Das BMVIT und Verkehrswesen wurden offensichtlich vom Kanzler der FPÖ bzw. dem BZÖ zum Versorgen der GesinnungsgenossInnen überlassen. Ob die zahlreichen Strukturreformen im BMVIT selbst mit der Schaffung neuer Leitungs­posten, ob die Aufblähung der ÖBB-Vorstandsetage, ob Asfinag, SCHIG, Postbus-Zweitvorstand, Schienenregulator oder Austro-Control – die Liste der parteipolitischen Postenbesetzungen im Bereich des Verkehrsministers füllen mehrere Seiten.

14. Schifffahrt/Unvereinbarkeiten

Sich das „nachpolitische“ Tätigkeitsfeld durch Privatisierung im eigenen politischen Zuständigkeitsbereich zurecht zu zimmern, wie BM Gorbach es durch den Verkauf der ÖBB-Bodenseeschifffahrt an ein Konsortium mit seinem künftigen Brötchengeber aus


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der Vorarlberger Tourismusbranche machte, wäre in nahezu jedem zivilisierten Land ein Rücktrittsgrund für einen Minister.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Herrn Vizekanzler und Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird im Sinne des Art. 74 B-VG das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir führen die Debatte zur Novelle des Postgesetzes weiter. (Abg. Mag. Kogler: Ich werde mir das im Ausschuss wieder zum Vorbild nehmen!)

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte.

 


13.22.53

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Sehr geehrte Herren Staatssekretäre! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Moser – der Herr Präsident hat es gerade angesprochen –, wir haben jetzt eine Debatte zur Novelle des Postgesetzes, aber ich kann mir schon denken, dass Sie nicht wollen (Abg. Mag. Kogler: Aber wenn es Minister gibt, die noch schlechter sind als Schmid und Forstinger!), dass wir ein weiteres erfolgreiches Gesetz dieses Infrastrukturministers debattieren und Sie deswegen Ihren peinlichen Misstrauens­antrag einbringen. Peinlich deswegen, weil Sie einem Infrastruktur- und Verkehrs­minister ankreiden, dass er eine zu geringe Zahl an Verkehrstoten angibt, wie Sie sagen (Abg. Dr. Gabriela Moser: Nein! Nicht zu gering!), und Sie die Zahlen in Frage stellen. Einem Minister, der solch großen Wert auf Verkehrssicherheit legt, der mit Zahlen beweisen kann, dass seine Maßnahmen und seine Rahmenbedingungen wirklich schon Früchte tragen, das zu sagen und seine Tätigkeit in Frage zu stellen, das ist wirklich mehr als peinlich Ihrerseits.

Ein weiterer Punkt, ich glaube, wir haben ihn in den Ausschüssen schon öfters ange­sprochen. Sie haben immer noch nicht kapiert, was Verkehrsbeeinflussungsanlagen bedeuten sollen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Ich weiß, in Mondsee war eine Verkehrs­beeinflussungsanlage!) Diese sollen auch insbesondere die Umwelt schützen, denn Verkehrsbeeinflussungsanlagen sollen auch Umwelteinflüsse messen und dement­sprechend die Verkehrsgeschwindigkeit regeln. Da geht es nicht nur um Ihr ständig proklamiertes Tempo 160, sondern da geht es in erster Linie um Verkehrssicherheit und um Maßnahmen, die die Umwelt schützen. Deswegen werden auch die jeweiligen Verkehrsgeschwindigkeiten entsprechend geregelt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zum Thema Lärmschutz. Frau Kollegin Moser, hören Sie mir noch einmal zu! Sie sprechen jedes Mal davon, dass zu wenig Lärmschutz für die Bevölkerung da ist. – Ja, Lärm ist ein Problem für die Bevölkerung und ruft sehr schwere Krankheiten hervor, aber wären nicht so hohe Defizite in diesem Bereich von früheren Verkehrsministern vorhanden gewesen, dann hätten wir schon viel mehr Lärmschutzanlagen. So viele Lärmschutzanlagen, wie unter Verkehrsminister Gorbach bisher errichtet wurden – davon haben wir nur geträumt, dass so etwas unter sozialistischen Verkehrsministern


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eingeführt worden wäre! (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das zahlt eh die ASFINAG, nicht der Verkehrsminister!)

Nun zum eigentlichen Thema. Der Einspruch des Bundesrates betreffend Postgesetz­novelle lässt mich schon annehmen, dass hier wiederum politisches Kleingeld geschlagen werden soll beziehungsweise dass Sie von den Grünen und von der SPÖ einmal so richtig Ihre Macht demonstrieren wollen. Es entsteht der Eindruck, dass es Ihnen gar nicht darum geht, dass die ländliche Bevölkerung, dass der ländliche Raum mit Postdiensten versorgt ist. Ihnen geht es wirklich nur darum, immer wieder die Bevölkerung zu verunsichern und die erfolgreiche Politik dieses Infrastrukturministers – genauso wie jetzt in Ihrem Misstrauensantrag – in den Schmutz zu ziehen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Uns geht es um Verkehrssicherheit!) Das ist es, worum es Ihnen geht, und nicht um die Bevölkerung auf dem Land und darum, dass diese ausreichend mit Dienstleistungen der Post versorgt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Mag. Regler.)

Wenn Ihnen das wirklich ein Anliegen wäre, dann würden Sie nicht so krampfhaft an der Institution Postamt festhalten, sondern die Chance sehen, was flexible Post­dienstleistungen und flexible Private mit ihren Dienstleistungen der Post im ländlichen Bereich bewirken und welche Vorteile sich dadurch ergeben.

Da nenne ich insbesondere die Nahversorger. Wir wissen, dass viele Nahversorger und so genannte Greißler auf dem Land ausgestorben sind. Und gerade durch die Möglichkeit, Postdienstleistungen anzubieten, werden diese Nahversorger gestärkt, die Kundenfrequenz steigt. Es werden dadurch auch Arbeitsplätze gesichert, die Ausdün­nung im ländlichen Raum wird verhindert. In den so genannten Schlafdörfern entsteht dann wirklich ein richtiges Dorfleben.

Das kann ich Ihnen ganz klar durch ein Beispiel in Oberösterreich belegen: Rotten­bach, eine 1 000-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Grieskirchen, wo ein sehr erfolg­reiches Nahversorgungszentrum eingerichtet worden ist. Wenn dort nicht Postdienst­leistungen zur Verfügung gestellt werden würden, dann gäbe es dieses Nahversor­gungs­zentrum überhaupt nicht.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist ganz klar: Der Einspruch des Bundesrates geht völlig an den realen Tatsachen vorbei. Durch die Möglichkeit des Bundesminis­ters, da einzugreifen und einen Bescheid zu erlassen, dass die Postversorgung ge­währ­leistet ist, ist hundertprozentig – eben durch BZÖ-Infrastrukturminister Gorbach – garantiert, dass eine flächendeckende Versorgung mit Postdiensten in nächster Zeit auf jeden Fall gewährleistet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

13.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Vizekanzler und Verkehrsminister Gorbach. – Bitte.

 


13.28.01

Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Vizekanzler Hubert Gorbach: Herr Präsident! Geschätzte Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Achleitner hat jetzt sehr viel vorweggenommen, vor allem, was das Postgesetz betrifft. Es ist schön, dass es wieder einmal eine Abgeordnete gegeben hat, die hier zum eigentlichen Thema gesprochen hat. (Abg. Öllinger: Sie sind das eigentliche Thema!)

Bei Ihrem Redebeitrag, Frau Dr. Moser, hatte ich eher das Gefühl, die Post ist abgegangen, aber in die falsche Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben nämlich nicht einmal das Wort „Post“ erwähnt, aber das spielt keine Rolle. Aber wenn Sie schon bemängeln, dass der zuständige Minister oft nicht im Ausschuss ist – ich


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war natürlich immer entsprechend vertreten, gut vertreten, da bin ich sicher, durch entweder Herrn Staatssekretär Kukacka oder Herrn Staatssekretär Mainoni –, dann ginge ich gerne einmal mit Ihnen die Liste durch, wo ich zu diesem Zeitpunkt gerade war, wenn ich nicht im Verkehrsausschuss sein konnte. Das sind sicherlich wichtige Termine gewesen, aber diesbezüglich bin ich – noch einmal, das möchte ich betonen – immer gut vertreten gewesen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Als Vizekanzler allein könnten Sie viel reisen!)

Aber ich komme später noch auf Sie zurück. Da ich gerade Herrn Abgeordneten Eder wieder hereinkommen sehe, möchte ich ihn betreffend etwas sagen. Er hat die Vorwürfe vorhin auch noch einmal wiederholt. Ich habe auch beobachtet, Herr Kollege Eder, dass Sie am Vormittag fest geklatscht haben, als die Aussage fiel, dass 160 km/h so etwas wie eine Geisterfahrt seien oder was auch immer. – Also: Ein Stück weit sind Sie schon mit mir gefahren, eben nicht gerade lange, aber in dem Fall sind Sie ein Stück weit schon auch mit mir auf einer Geisterfahrt unterwegs gewesen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kräuter.) Deshalb wundere ich mich schon, denn ich habe noch eine Aussendung von Ihnen in guter Erinnerung, die noch nicht allzu lange her ist, in der es heißt: SPÖ-Verkehrssprecher Eder kann sich Geschwindigkeitslimit von 150 km/h vorstellen und ist diskussionsbereit.

Ich bin auch diskussionsbereit. Wir können auch über 155 km/h oder 145 km/h oder 143 km/h oder was auch immer reden. (Heiterkeit des Staatssekretärs Mag. Mainoni.)

Ich möchte aber diese Angelegenheit ernst nehmen und sachlich bleiben. Es ist jedoch nicht so, dass diese Idee von vornherein auch aus Ihren Reihen als eine nicht machbare oder verrückte Idee bezeichnet worden ist. (Abg. Eder: Wir haben nie geredet!)

Was mich aber ärgert – und das passt auch genau dazu, was ich am Vormittag gesagt habe –, sind die Skandalisierungsversuche Ihrerseits, wenn Sie wieder mit der Boden­seeschifffahrt daherkommen. (Abg. Dr. Kräuter: Damit sind Sie dahergekommen! Sie selber!) Da sage ich Ihnen jetzt klipp und klar noch einmal: Im Jahr 1993 wurden die ÖBB in die Eigenständigkeit entlassen, wie Sie wissen. Das ist ein Gesetz, das ich wenig beeinflusst habe und auch nicht beeinflussen konnte (Abg. Dr. Gabriela Moser: Sie sind der Eigentümer!), das heißt, der zuständige Minister ist in Richtung ÖBB nicht einmal mehr weisungsberechtigt.

Ich kann Ihnen sagen, dass, was die Privatisierung der Bodenseeschifffahrt betrifft, das nicht die Idee der Regierung ist, auch nicht des Eigentümervertreters – das steht auch nicht im Regierungsprogramm –, sondern das war ein Vorschlag, der, wie ich jetzt recherchiert habe, im Mai von der Vorstandsdirektorin Diplomkauffrau Goldmann kam. Vielleicht haben Sie Kontakt zu ihr, das könnte ja zufälligerweise sein. Fragen Sie sie! Sie wird das bestätigen, ich habe davon gar nichts gewusst.

Dann hat es einen Vorstandsbeschluss und auch einen Aufsichtsratsbeschluss dahin gehend gegeben, dass man sich von jenen Bereichen, die nicht zum Kernbereich gehören, trennen will. (Abg. Eder blättert in seinen Unterlagen.) – Herr Eder, Sie hören hoffentlich schon zu?! (Abg. Eder: Ja! Ich suche nur etwas!) Ich danke Ihnen dafür. Das wurde im Aufsichtsrat der ÖBB-Personenverkehr AG begrüßt. Deshalb hat man eine Interessentensuche über die CD Invest gemacht, die ja auch schon bei der Teilprivatisierung der Postbuslinien erfolgreich und unterstützend tätig war. Das heißt: Die Politik war hier nie im Spiel.

Es haben sich in der Folge 15 Interessenten gemeldet. Von diesen 15 Interessenten sind später in einem speziellen Verfahren drei übrig geblieben. Das geschah unter den Argusaugen der Europäischen Union, nämlich gemäß der so genannten Transparenz­richtlinie, von der Sie auch nichts wissen und nie davon reden. Unter diesen drei


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Anwärtern war auch ein Konsortium dabei – es waren unter diesen 15 übrigens mehrere Konsortien dabei –, nämlich die Vorarlberger Illwerke und der Touristik­unternehmer Walter Klaus, der uns ebenfalls allen bekannt ist. Also die Vorarlberger Illwerke hatten – wenn ich das richtig lese, und das traue ich Ihnen natürlich auch zu – den Löwenanteil an dieser Transaktion. Mit den Vorarlberger Illwerken habe ich eigentlich nie Verhandlungen darüber geführt, irgendwann in meinem späteren Leben nach der Politik für sie tätig zu sein, wenn Sie irgendeinen Vorwurf in diese Richtung machen möchten. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Mandak.)

Das ist einfach etwas, wobei wir uns selber an der Nase nehmen sollten, Herr Abgeordneter Eder. Wenn man sich gegenseitig unberechtigt – in diesem Fall sicher­lich unberechtigt – einfach schlechtmacht, dann schadet das der Politik im Allge­meinen, allen von uns, nicht nur einem, obwohl man natürlich meint, man könne dadurch einen diskreditieren, was ja offensichtlich Ihr Bemühen und Ihr Wunsch in meine Richtung ist, wenn Sie immer wieder dieses Beispiel strapazieren. (Abg. Mandak: Es schadet der Politik, wenn Sie private Geschäfte machen!)

Da hatte ich keine Hände im Spiel, habe keine Weisungen gegeben und auch nicht geben können. Frau Direktor Goldmann wird Ihnen das bestätigen, wie vieles andere auch in diesem Prozess. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich mit ihr wirklich einmal unterhalten, sich informieren und schlau machen, auch was den Kaufpreis, die Schät­zungen, die es dazu gibt, den Kaufpreisabschluss und alles rundherum betrifft. Es ist alles einwandfrei und tadellos abgelaufen.

Es tut mir persönlich weh, dass Sie hier Vorwürfe erheben, die in einem anderen Fall, aber in ähnlicher Weise, auch von jemandem in diesem Hause im Zusammenhang mit dem Seilbahnwesen in einer Pressekonferenz erhoben wurden. Ich war einmal Seilbahnreferent in Vorarlberg. Damals hat man eigentlich nicht bedacht, was das heißt, wenn man in einer Pressekonferenz offiziell sagt: Der Vizekanzler hat sich damals als Landesrat in der Nähe der Korruption befunden.

Leider, meine Damen und Herren, war ich gezwungen, diese Aussage zu klagen. Ich klage nicht gerne. Ich bin zwölf Jahre ohne das ausgekommen. Damals musste ich das klagen. Diese Person war natürlich immun beziehungsweise ist immun. Sie ist auch jetzt noch immun, aber das wird irgendwann einmal aufgehoben werden. Es handelt sich um eine jetzt nicht anwesende grüne Abgeordnete, die sich auch persönlich bei mir entschuldigt und gesagt hat, da ist ein Fehler passiert. Diese Entschuldigung ist aber nicht öffentlich passiert. Das ist auch eine besondere Vorgangsweise (Abg. Dr. Partik-Pablé: Typisch!), aber das gibt der Klage eine zweite Richtung (Abg. Scheibner: Die „moralische Instanz“ der Grünen!), nämlich in Richtung der Grünen in Vorarlberg. Diesbezüglich hat es schon eine erste Verhandlung gegeben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das kennen wir ja: Anpatzen und dann nicht entschuldigen!)

Ich bin zuversichtlich, dass Recht auch Recht bleibt und ich damit dann auch Recht bekommen werde, weil das eine ungeheuerliche Vorgangsweise und ein ungeheuer­licher Vorwurf war, der da offiziell erhoben wurde. Und man ist nicht bereit, das dann offiziell, obwohl man eingesehen hat, dass es ein Fehler war, wieder zurückzunehmen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die nehmen nichts zurück! Entschuldigen kennen die nicht! Das kennen wir alles!)

Frau Abgeordnete Moser, da Sie vorhin so die Post haben abgehen lassen: Ich hätte hier auch ein Begründung eines Urteils, die ich vorlesen könnte, da das Urteil öffentlich und noch nicht allzu alt ist, nämlich vom 8. November. Das ist ein Urteil bezüglich einer Wochenzeitung, die mir vorgeworfen hat, ich hätte die ÖBB handlungsunfähig gemacht (Abg. Dr. Partik-Pablé: Also so etwas!), weil ich es verabsäumt hätte, die einzelnen Gesellschaften rechtzeitig zu gründen. Sie hat sich damals auf ein Protokoll berufen,


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das Sie ihr angeblich zugespielt oder bestätigt haben, es gebe dieses Protokoll – oder wie auch immer. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Das gibt es auch!) Auf jeden Fall war Ihr Name in diesem Artikel mit dabei.

Leider dauern diese Dinge sehr lange, meine Damen und Herren: Ein Jahr, das ist wirklich ein Problem in einem Rechtsstaat. Das war der erste Fall, bei dem ich geklagt habe, weil ich gesagt habe, das geht in Richtung Kreditschädigung, wenn man mir einfach vorwirft, ich hätte als einer, der aus der Wirtschaft kommt, nicht gecheckt, was man wann zu gründen hat.

Ich erspare es jetzt uns allen, die Urteilsbegründung vorzulesen. Sie sind ja auch einvernommen worden. Darin heißt es eben, dass Sie eigentlich nichts beitragen konnten, dass das alles sehr vage war, Sie diese Unterlagen auch nicht kennen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Anpatzen, das tun die Grünen sehr gern! Unglaublich!)

In der zweiten Etappe der Urteilsverkündung und -begründung heißt es, dass der Vize­kanzler sehr glaubhaft und nachvollziehbar erklärt hat, dass er da gar nicht involviert gewesen sei, dass er sich nur über den Aufsichtsrat – was er ja kann – erkundigt habe, ob auch alles zeitgemäß ablaufe, und, und, und. (Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung der Abg. Dr. Gabriela Moser –: Hoffentlich hat sie zahlen müssen!)

Dieses Urteil ist rechtskräftig, das wissen Sie. Also muss eine Entgegnung kommen. Ich bekomme auch noch ein wenig Geld, das wird mich dann vielleicht auch freuen. Damit werden wir irgendeine soziale Aktion machen.

Sie sind ja auch immun, Sie sind genauso immun. Und das ist schon etwas, worüber ich Sie bitte, nachzudenken. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dieser Appell ist sinnlos!) Die Im­munität ist wichtig, die möchte ich keinem absprechen, aber sie kann nicht herge­nommen werden, um Regierungsmitglieder oder überhaupt in der Öffentlichkeit ste­hende Menschen zu diskreditieren. Und das ist in den letzten Tagen x-fach erfolgt! Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, auch wenn Sie hier jetzt wieder auf die ASFINAG zurück­kommen und mir vorwerfen, dass die ASFINAG so viele Schulden habe, muss man der guten Ordnung halber und um der Wahrheit gerecht zu werden schon sagen, dass die ASFINAG im Jahre 1997 – deren Gründung ich damals begrüßt habe, sie auch heute begrüßen und wieder zulassen würde –, Sie wissen es, Herr Kollege Eder, bereits mit 5,7 Milliarden € Schulden auf den Weg geschickt wurde. Ihr wurde also schon beim Start ein Rucksack mitgegeben.

Wenn ich mir anschaue, was die ASFINAG leistet, dass nämlich 80 Prozent der Ein­nahmen, also dieser Gelder, von denen wir reden, und der Kredite wieder in Inves­titionen in die Infrastruktur umgesetzt werden, dann ist es auch eine Tatsache, dass die ASFINAG sehr beschäftigungswirksam unterwegs ist. Ich kann Ihnen sagen, wie das genau ausschaut. Die ASFINAG hat einen hohen Schuldenstand, hat bis 2013 bezie­hungsweise bis ungefähr 2015 einen Schuldenstand, der ja von Ihnen schon erwähnt wurde, von 13 Milliarden € an Finanzverbindlichkeiten. Tatsache ist auch, dass eine fiktive Entschuldung ab 2015/2016 vorgesehen ist. Bei der Gründung der ASFINAG im Jahre 1997 hat man ihr, wie gesagt, schon 5,7 Milliarden € Schulden mitgegeben. Das waren damals andere politische Verantwortliche.

Tatsache ist, dass wir 2006 ein Bauinvestitionsvolumen von 1,25 Milliarden € haben. Das schafft nach Aussagen des Wifo mehr als 15 000 Arbeitsplätze. Ein kleiner Vergleich: Deutschland investiert 54 € pro Kopf in die Straßeninfrastruktur, Österreich 157 €. – Das schafft Arbeitsplätze, das sichert Arbeitsplätze. Ich persönlich bin stolz auf diese Investitionen. Ich habe sie deshalb in meiner Bilanz auch auf der Habenseite


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und nicht auf der Seite, die man verwendet, Frau Dr. Moser, um einen Miss­trauens­antrag zu begründen.

Ich könnte noch viele weitere Punkte aufzählen, etwa die Aussage eines Vorredners – Herr Abgeordneter Cap hat das auch gesagt –, die ÖBB hätten jetzt ungleich mehr Vorstände und hoch dotierte Geschäftsführer als früher.

Auch das wäre einmal eine eingehende Diskussion wert. Dazu kann ich Ihnen nämlich sagen, dass durch die neue Unternehmensstruktur auch die Führungsebene gestrafft wurde. In der ÖBB-Holding sind insgesamt 17 Vorstände und Geschäftsführer beschäf­tigt. (Abg. Dr. Puswald: Jetzt schauen die ÖBB alt aus! Nach Ihrer Reform!)

Hören Sie doch, bitte, wenigstens zu, wenn ich es zu erklären versuche! (Abg. Dr. Puswald: Erzählen Sie nicht solche Unwahrheiten!) Auch für die Abgeordneten in der letzten Bank sollte das gelten.

Also, 17 Vorstände und Geschäftsführer sind in der ÖBB-Holding beschäftigt. In den ÖBB-alt waren hingegen neben den acht Vorständen und vier Geschäftsführern – vier ÖBB, zwei HLAG, zwei BEG – 18 weitere, hoch dotierte Geschäfts- beziehungsweise Zentralbereichsleiter beschäftigt. Das heißt, es waren früher 26 Hochdotierte beschäf­tigt, während es jetzt 17 sind. Es wurden also neun Hochdotierte eingespart. – So schaut es in Wirklichkeit aus! Man muss sich die Zahlen nur genau anschauen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Darauf brauchen Sie bei Gott nicht stolz zu sein!)

Ich komme jetzt zum Schluss meiner Ausführungen. Ich könnte zwar noch zu jedem einzelnen Punkt eine sehr nüchterne und für diejenigen, die so leichtfertig Vorwürfe in der Öffentlichkeit platzieren, vielleicht ernüchternde Erklärung geben, will aber nur noch Balzac zitieren.

Balzac hat einmal sehr richtig gemeint, und zwar im Zusammenhang mit der Flexi­bilisierung der Geschwindigkeit: „Wenn man die Entwicklungsgeschichte neuer Ideen verfolgt, so fehlt die Periode der Verhöhnung niemals.“

Diese scheint jetzt gerade zu sein. Ich werde es aushalten, denn wenn ich mir die Zahlen in der Bilanz anschaue, dann kann ich sagen: Der Erfolg gibt mir Recht! (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Jarolim: Der Balzac bezieht sich nicht auf Selbstverhöhnung, sondern ...! – Gegenrufe bei den Frei­heitlichen.)

13.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.

 


13.41.32

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht, denke ich, weder um Verhöhnung noch um Selbstverhöhnung, es geht auch nicht um Machtdemonstrationen. Wir wissen, dass wir im Bundesrat gemeinsam mit den Grünen die Mehrheit haben, das brauchen wir nicht zu demonstrieren, das ist uns bekannt. Es geht uns um eine Ausrichtung von Politik, die Sie richtig und die wir falsch finden. Nur darum geht es!

Die abermals vorliegende Novelle des Postgesetzes soll einzig und allein den Börse­gang für das kommende Frühjahr vorbereiten, und das unter Umständen, wo auf europäischer Ebene die Rahmenbedingungen für eine Liberalisierung noch überhaupt nicht klar sind.

Da wird ein gut funktionierendes Unternehmen, das auch Gewinne abwirft, auf den Markt geworfen, wahrscheinlich zu ziemlich schlechten Preisen verscherbelt, einfach


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deswegen, weil noch nicht klar ist, was eigentlich auf europäischer Ebene in diesem Bereich passieren wird (Abg. Dr. Fekter: Sie verbreiten lauter Unwahrheiten!), weil die Europäische Kommission erst Ende 2006 eine Studie fertig haben wird, auf Grund welcher sie die Rahmenbedingungen für die Liberalisierung festlegen wird.

Das, was Sie jetzt machen, ist eine weitere Ausdünnung der Postinfrastruktur, ist eine Verschlechterung von Lebensqualität und Wirtschaftsinfrastruktur gerade im ländlichen Raum, obwohl Sie immer vorgeben, dass er Ihnen so enorm wichtig ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Nun zum Misstrauensantrag der Grünen. In diesem Zusammenhang gibt es wirklich eine ganze Menge zu sagen, wobei ich aber vorerst überhaupt die Frage stellen möchte: Was kann ich eigentlich von einem Verkehrsminister erwarten, der Vorsitzen­der einer Partei ist, dessen Wiener Landesgruppe im Wiener Gemeinderatswahlkampf hergeht und ein Plakat affichiert, auf welchem drei Menschen ohne Helm auf einem Moped sitzen? Sie sind dann ohnehin nicht gewählt worden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Aber es mutet wirklich eigenartig an, wenn der Verkehrsminister Vorsitzender einer solchen Partei ist. Ich habe seinerseits dazu weder mahnende noch aufklärende Worte vernommen.

Nächste Frage: Was kann ich mir von einem Verkehrsminister erwarten, der seine öffentliche Funktion als Minister und als Vizekanzler offensichtlich als Teilzeitjob betrachtet, denn hier im Plenum war er selten bis nie anwesend und in den Sitzungen des Verkehrsausschusses kaum zugegen? (Zwischenbemerkung von Vizekanzler Gorbach.)

Herr Verkehrsminister! Hier im Plenum waren Sie, wenn es um Verkehrsfragen ging, weitaus mehr abwesend als anwesend. Aber ich kann mir schon vorstellen, warum das so ist, das verstehe ich schon: Sie werden sicher als Feuerwehrmann eingesetzt gewesen sein, wenn es wieder einmal darum gegangen ist, beim BZÖ Krisen zu managen, oder Sie werden alle Hände voll zu tun gehabt haben, um Ihre karawan­kischen Kollegen in den Griff zu bekommen. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Es ist sicher auch sehr zeitaufwendig, Ihre Lebenswelt für die Zeit nach Ihrer Tätigkeit in der Politik vorzubereiten, zu schauen, was Sie eigentlich tun werden in der Zeit, wenn Sie nicht mehr Vizekanzler sind. Da brauchen Sie natürlich – das ist gar keine Frage – entsprechende Möglichkeiten. Von Weisungsrechten, die Sie nicht haben, möchte ich überhaupt nicht reden, darum geht es in diesem Fall wirklich nicht. Es geht Ihnen offensichtlich darum, Zufälle zu lenken, darum, sehr wohl Ihrem zukünftigen Dienstgeber eine Morgengabe mitzugeben. Von einwandfrei und tadellos, wie Sie das sagen, kann wirklich nicht die Rede sein.

Ich erwarte mir nicht sehr viel von einem Verkehrsminister, dessen Leitmotiv ganz offensichtlich viel Populismus, aber relativ wenig verkehrspolitische Vernunft ist. Da gibt es, abgesehen von der Postgesetznovelle, eine ganze Menge an Beispielen, an denen das sehr klar festzumachen ist, wie zum Beispiel am gesamten Komplex betreffend den LKW-Verkehr, an all dem, was Sie in den letzten Jahren rund um den LKW-Verkehr gemacht haben. Da haben Sie ausschließlich die Interessen der Frächter-Lobby umgesetzt und sonst überhaupt nichts.

Nächstes Beispiel: Schulkinder. – Sie behandeln Schulkinder nach wie vor als Fahr­gäste zweiter Klasse. Sie müssen zu dritt auf zwei Bänken sitzen, ohne jede Chance, sich anzuschnallen, ohne jede Chance, verkehrssicher unterwegs zu sein.

Nun zur Verkehrssicherheit. – Weil Sie so loben, dass Sie so viel gemacht haben, dass alles so toll ist, ein paar Zahlen: Im Jahr 2004 waren 5 383 Verkehrsunfälle pro Million Einwohner zu beklagen. Das ist im europäischen Ranking der zweitschlechteste Platz.


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Dass wir da sehr viel zu tun haben, ist keine Frage. (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Mag. Mainoni.)

Zwei Drittel aller Österreicher und Österreicherinnen wüschen sich viel mehr Verkehrs­kontrollen. Die statistische Wahrscheinlichkeit, sich einem Alkotest unterziehen zu müssen, ist extrem klein, nämlich alle 33 Jahre. Das kann keine sinnvolle Heran­gehensweise an die Verkehrspolitik sein.

Nun zum letzten Punkt, den ich als realpolitischen Unsinn bezeichnen möchte, nämlich zur 160-km/h-Teststrecke. – Es ist völlig unnötig, eine Teststrecke zu machen, denn wir haben ein riesengroßes Testfeld in Deutschland, wo es ja keine Geschwindig­keitsbeschränkungen auf den Autobahnen gibt. Dort gibt es pro tausend Autobahn­kilometer 44 Prozent mehr Unfälle als in Österreich. Wozu soll man denn dann das noch probieren, wenn man ohnehin vom großen Feldversuch der Nachbarn weiß, dass das ganz offensichtlich eine unsinnige Maßnahme ist.

Sie haben sich in den Medien den Ruf als Minister Bleifuß eingehandelt. Ich denke auch, dass es Ihnen nur darum geht, mit einem polarisierenden Thema in die Medien zu kommen. Es geht Ihnen nur darum, Ihre dahinsiechende Partei irgendwie am Leben zu erhalten, irgendwie in die Medien zu bringen. Es geht Ihnen wirklich nur um das Überleben Ihrer Partei – und nicht um das Überleben der Verkehrsteilnehmer und Verkehrsteilnehmerinnen.

Ich erwarte mir nur noch eines von Ihnen: Treten Sie zurück – mit Blaulicht, ohne Blaulicht, mit 160 km/h oder mit 130 km/h, wie schnell auch immer (Staatssekretär Mag. Mainoni: Ohne Helm!), ohne Helm, auch zu dritt auf einem Moped, aber tun Sie es bitte! (Beifall bei der SPÖ.)

13.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Eßl. – Bitte.

 


13.47.20

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine geschätzten Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren! Ich darf zunächst auf die Bemerkung der Frau Abgeordneten Bayr, der Herr Vizekanzler wäre nicht im Verkehrsausschuss zugegen gewesen, eingehen und darf feststellen, dass er durch Herrn Staatssekretär Kukacka exzellent vertreten wurde. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Sie, Frau Abgeordnete Bayr, waren zwar im Verkehrsausschuss, haben aber an der Debatte nicht teilgenommen, denn Sie haben sich nicht zu Wort gemeldet. Das ist, glaube ich, auch nicht das Richtige, das man zu machen hätte. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich habe mich im Verkehrsausschuss sehr wohl zu Wort gemeldet, da haben Sie schlecht aufgepasst, wenn Sie das überhört haben. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Auf alle Fälle ist es so, dass wir jetzt im Nationalrat zum Postgesetz nichts Neues von Seiten der Opposition gehört haben. Vielleicht war es so gesehen gar nicht schlecht, dass Sie sich im Ausschuss nicht zu Wort gemeldet haben, weil ohnehin keine neuen Argumente gekommen wären.

Ich möchte noch einmal darauf verweisen, dass es wichtig ist, dass man das Post­gesetz 1997 ändert, dass man langfristige gesetzliche Rahmenbedingungen schafft, die es der Post AG erlauben, sowohl im Inland als auch im Ausland noch stärker als innovatives Dienstleistungsunternehmen aufzutreten, und die dem Unternehmen die Möglichkeit geben, auf Veränderungen entsprechend zu reagieren. Das war in letzter Zeit nicht der Fall, daher ist es wichtig, dass man jetzt diese Möglichkeit schafft.


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Wenn man sich die Situation im Postbereich in anderen europäischen Ländern anschaut, dann kann man feststellen, dass in Schweden und in Finnland schon eine totale Liberalisierung erfolgt ist. Auch Großbritannien, Deutschland, die Niederlande, Norwegen – also auch ein Land außerhalb der EU – werden 2007/2008 folgen. Daher ist es notwendig, dass wir Bedingungen schaffen, unter welchen auch unsere Post AG entsprechend dem veränderten Markt mit einem neuen regulatorischen Konzept reagieren und die geforderten Dienstleistungen erbringen kann.

Für uns ist es wichtig, dass auch in Zukunft eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen garantiert ist. Das bedeutet nicht unbedingt, dass es in jeder Gemeinde einen Postamtsleiter geben muss. Uns ist es wichtiger, dass die 14 000 Zusteller der Post auch in Zukunft ihren Dienst versehen können, damit jeder Bürger die Dienstleistungen der Post in Anspruch nehmen kann, damit tatsächlich jeden Tag die Post ins Haus kommt.

Es ist durchaus möglich, dass man auch in Zukunft sozusagen den Weg der fremd betriebenen Stellen geht, dass man mit alternativen Lösungen den Postbetrieb führt.

Das ist ja nichts Neues. Ich komme aus einem Bezirk, in welchem in ungefähr der Hälfte der Gemeinden überhaupt nie ein Postamt war, und es ist dennoch gelungen, schon bisher diese Gemeinden, die, wie gesagt, selbst kein Postamt hatten, mit Post­dienstleistungen entsprechend zu versorgen. Wenn jetzt die Möglichkeit geschaffen wird, mit alternativen Lösungen das noch besser zu machen, dann soll mir das nur recht sein.

Es gibt praktische Beispiele, die sich ergänzen, wo die Poststelle sozusagen durch einen Synergieeffekt ganztägig besetzt ist, wo sie sogar an einem Samstag besetzt ist.

Auch ich bin dafür, dass der ländliche Raum nicht ausgedünnt, sondern gestärkt wird. In diesem Zusammenhang verweise ich auf die Debatte über die Erklärung des Bundeskanzlers Schüssel, in welcher er ausgeführt hat, dass es gelungen ist, in einer exzellenten Art und Weise die Mittel für den ländlichen Raum auch europaweit zu sichern.

Ich bin überzeugt davon, dass man diesen Gesetzentwurf so beschließen soll, wie er vorliegt, und dass man den Einspruch des Bundesrates ablehnen soll. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.51


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich erteile es ihm.

 


13.51.55

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme gerne die Gelegenheit wahr, zunächst zum Postgesetz und zu dessen Novell­ierung zu sprechen. Als ich Abgeordnetem Eßl zuhörte, hatte ich den Eindruck, dass er Liberalisierung mit Privatisierung verwechselt. Das macht einen entscheidenden Unter­schied aus!

Herr Abgeordneter Eßl, wir können über Liberalisierung von Postdiensten reden. Ob sie gut und optimal ist, beispielsweise im Bereich der Universaldienste, wage ich zu bezweifeln. Ich wage es deshalb zu bezweifeln, weil zum Beispiel die amerikanische Post im Bereich der Briefpost weder liberalisiert noch privatisiert ist.

Nehmen wir das Beispiel der skandinavischen Länder her. Man kann darüber durchaus ernsthaft diskutieren. Dort wurde im Bereich der Post liberalisiert, aber nicht privatisiert. Dort ist nach wie vor der Bund beziehungsweise der Staat der Eigentümer. Das ist auch ein erfolgreiches Modell.


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Das, was aber Sie machen wollen, ist ein ganz anderes Modell, nämlich: Schnell Kohle! Aus! Ende der Durchsage! Hinter uns die Sintflut! (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Da ist es mir wirklich zu wenig, dass Kollegin Achleitner sagt: Da gibt es ja eh die Garantieerklärung des Infrastrukturministers! Der garantiert ja jedem Österreicher und jeder Österreicherin, dass für die Zukunft im Zweifelsfall der Bundesminister seinen Einspruch gegen die Schließung von bestimmten Postämtern geltend machen wird. – Dieser Herr Bundesminister und Vizekanzler ist ein Minister auf Abruf, ein Leasing-Minister, wenn Sie so wollen. (Beifall bei den Grünen.)

Er hat eine Beschäftigungszusage. Er hat sie nicht dementiert, er hat sie. Er steht zu ihr, genauso wie der Unternehmer, der gesagt hat: Ja, der gehört eigentlich zu mir!, der gesagt hat: Ja, den will ich!

Es ist gut für Sie, Herr Vizekanzler, dass Sie eine Beschäftigungszusage haben – aber was machen Sie noch in diesem Amt?

Herr Bundesminister – Herr Vizekanzler, wenn Sie das lieber hören wollen –, Sie haben viel Zeit dafür aufgewendet, uns zu erklären, wie es bei den verschiedenen Gerichtsverfahren steht. Da fehlen mir aber die Details.

Ich verstehe nicht, dass es für Sie ein Problem ist, die notwendige Sensibilität aufzu­bringen, um einzusehen, dass allein diese Beschäftigungszusage beim Unternehmer Klaus, der mit einem anderen Unternehmen die Bodenseeschifffahrt von den ÖBB erwirbt, deren Eigentümervertreter Sie sind, natürlich ein Spannungsfeld offen legt zwischen dem öffentlichen Interesse, das Sie vertreten sollen, und dem privaten Interesse des Unternehmens, das aber auch Sie schon mit vertreten. Da entsteht ein Konflikt, ein Spannungsfeld, und da ist höchste Sensibilität erforderlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich weiß ja nicht, welche Geschäfte Sie sonst noch in Vorarlberg mit dem Unter­nehmen Klaus gemacht haben. Keine Ahnung! Man hört hie und da etwas, man nimmt das eine oder andere zur Kenntnis. Das steht jetzt nicht zur Debatte. Nur: Dass Sie in der Frage Bodenseeschifffahrt die dafür notwendige Sensibilität vermissen lassen, ist für mich genügend Indiz dafür, dass Sie ein Problem haben, den Konflikt, die unterschiedlichen Interessen überhaupt wahrzunehmen. Das ist ja der Punkt! (Beifall bei den Grünen.)

Dass es unterschiedliche Interessen gibt, ist noch nicht das Problem, aber sie wahr­zunehmen oder zu sagen: Da gibt es überhaupt kein Problem! (Vizekanzler Gorbach: Ja!) – Sie bestätigen es ja noch! –, das ist das eigentliche Problem!

Jetzt komme ich noch einmal zum Thema Misstrauensantrag zurück. Sie haben, Herr Bundesminister, im Rahmen der Aktuellen Stunde erklärt – und das finde ich schon ganz spannend –, dass Sie bei den Reisekosten Ihres Ministeriums im Durchschnitt aller Ministerien liegen. Das interessiert mich, denn in den Anfragebeantwortungen an Kollegin Lapp von der SPÖ haben Sie geschrieben, Sie könnten keine Auskunft darüber geben, wie hoch die Reisekosten in Ihrem Ministerium sind, weil das einen über­durchschnittlichen Verwaltungsaufwand bedeuten würde.

Jetzt frage ich mich natürlich: Wie geht es in einem Ministerium zu – und das habe ich Sie auch vorhin schon gefragt –, in dem es offensichtlich nicht möglich ist, über eine entsprechende Kostenstellenrechnung herauszuarbeiten, wie viel die Dienstreisen im Ministerium gekostet haben? – Das frage ich Sie, Herr Bundesminister! Sie bekommen diese Anfrage auch in schriftlicher Form.


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Nur: Das ist noch immer nicht der Punkt! Der Punkt ist: Sie, Herr Bundesminister – und darüber gibt es Aufzeichnungen –, haben im Jahr 2004 innerhalb von knapp zwei Monaten 23 000 € für Reisespesen verbraucht. Es steht mir gar nicht zu, über diese Dienstreisen zu urteilen. Nur: Wenn ich dann lese, dass zum Beispiel die Frau Außen­ministerin im selben Zeitraum 9 000 €, der Verteidigungsminister 7 000 €, der Sozial­minister 4 500 €, der Wirtschaftsminister 8 000 € verbraucht haben (Abg. Hornek: Alle sparsam!), Sie aber mit 23 000 € einsamer Spitzenreiter sind, dann muss ich sagen: Auf Grund dessen sind Sie sicher nicht dazu berechtigt, hier zu erklären, dass Sie bei den Reisenkosten im Durchschnitt der Ministerien liegen. – Das nur als Anmerkung.

Sie haben das größte Kabinett: 27 Kabinettsmitarbeiter plus Kanzleikräfte plus Sekre­tariats­kräfte. Sie haben auch die höchsten Reisespesen. (Vizekanzler Gorbach schüttelt den Kopf. – Abg. Mandak: Nicht schütteln Sie den Kopf!)

Herr Bundesminister! Auch da fehlt es Ihnen an der notwendigen Sensibilität, um das zumindest zur Kenntnis zu nehmen! (Beifall bei den Grünen.)

13.58


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wittauer. – Bitte.

 


13.58.13

Abgeordneter Klaus Wittauer (Freiheitliche): Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Herr Abgeordneter Öllinger, ich wundere mich über eure Vorgangsweise und die der Sozialdemokraten: Man probiert es, den Gesetzwerdungsprozess in die Länge zu ziehen, indem man den Bundesrat fast völlig missbraucht. (Abg. Reheis: Ihr missbraucht das Parlament! – Abg. Mag. Darabos: Aber Sie nehmen schon die österreichische Bundesverfassung zur Kenntnis!) Dann führt man eine zweite Debatte über das, worüber wir schon am Vormittag geredet haben, wo wir die Dinge klipp und klar auf den Tisch gelegt haben, was die Erfolgsbilanz des Verkehrsministers betrifft. Dabei geben Sie uns wieder die Gelegenheit, die Leistungen des Verkehrsministers darzulegen, und das tun wir auch. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Abgeordneter Öllinger bezeichnet Verkehrsminister Gorbach als denjenigen, der für die Post die Gesetze macht. – Wo steht denn das? In der Universal­dienst­verord­nung steht all das, was die Post zu machen hat. Das befiehlt nicht der Verkehrsminister dem Unternehmen. Das Einzige, was er gesagt hat, ist: Wenn Postämter geschlossen werden sollen, dann kann der Minister nach einer Überprüfung, die bestätigt, dass keine Notwendigkeit zur Schließung besteht, nein sagen.

Das ist doch sinnvoll! Unterstützen Sie das doch, Frau Abgeordnete Moser, und schimpfen Sie hier nicht ständig!

Zur Rede der Abgeordneten Bayr möchte ich sagen: Ich habe noch nie eine gute Rede von ihr gehört, aber das war überhaupt die schlechteste, die ich bisher in diesem Parlament von ihr gehört habe. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Nein, sie war sehr gut!) Es war ja nicht einmal ein Inhalt da. Sie soll sich um die Motorräder kümmern, aber nicht um die Verkehrspolitik. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie kennt sich ja nicht aus!)

Als Frau Abgeordnete Lichtenberger von den Grünen ersetzt wurde, war ich echt froh, ich habe mir gedacht, endlich einmal eine Politikerin, die sich auseinander setzt mit der The­matik. Was haben wir? – Noch schlechter als vorher! Sie schimpfen nur, sind gegen alles, nehmen die Leistungen nicht an. Sie können nicht zustimmen, dass es eine außergewöhnliche Leistung ist, dass die Zahl von 1 079 Verkehrstoten im Jahr 1999 – das war übrigens zur Zeit der Sozialdemokraten, da hat es einen anderen Verkehrs­minister gegeben – auf jetzt unter 800 reduziert werden konnte. (Abg. Eder: Das war


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dem Kukacka seine Zeit, nicht meine Zeit!) Sie trauen sich hier heraußen nicht darüber zu sprechen, weil das eine positive Bilanz ist!

Ich sage es Ihnen wieder: Verkehrsberuhigungsanlagen dienen der Bevölkerung (Abg. Dr. Gabriela Moser: Verkehrsberuhigungsanlagen!), sie dienen auch dazu, dass, wie in der Novellierung des IG-Luft beschlossen, die Messstellen angeschlossen werden können. Nehmen Sie doch einmal zur Kenntnis, dass dieser Verkehrsminister selbst­verständlich auch ein Umweltminister ist, der diese Dinge auch zur Verfügung stellt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich erinnere mich noch gut an die Reaktionen auf das Vormerksystem. Für viele war es zu weittragend. Frau Abgeordnete Moser hat sogar einmal gemeint, so schlecht sei es nicht. Sie hat sich zum Beispiel darüber aufgeregt, dass die Radfahrer ein bisschen zu wenig geschützt sind, dass sie, wenn sie die Straße queren, gefährdet sind. Ich erinnere mich noch gut an die Feststellung, dass das auch noch berücksichtigt werden muss. (Abg. Eder: Da haben wir in Wien einen Toten gehabt!)

Bedanken Sie sich doch endlich beim Herrn Verkehrsminister! Sagen Sie: Sie haben das erreicht, was wir jahrelang versucht, aber nicht umgesetzt haben! – Wir haben das erreicht, das Vormerksystem ist heute Tatsache. (Abg. Marizzi: Danke! Danke!)

Mehrphasenführerschein – das ist doch eine großartige Sache. Herr Abgeordneter Eder, Sie haben das doch auch befürwortet. Sagen Sie das aber auch einmal hier heraußen! Gemeinsam haben wir diese Richtung verfolgt, und das war eine gute Leistung.

Licht am Tag – dazu hat es auch Kritik gegeben, aber man macht etwas in die richtige Richtung. (Abg. Riepl: Sie wollen kein Licht am Tag, Sie wollen ein Blaulicht auf dem Dach!)

Tempo 160, Misstrauensantrag – meine Tochter mit sechs, sieben Jahren schreibt vielleicht schon etwas Besseres. Das ist letztklassig; allein die Wortwahl „für freies Rasen“ oder „die Sündenliste Gorbachs“. Wissen Sie, was Sie da machen? Sie predigen immer Toleranz, Sie predigen immer die Einhaltung der Menschenrechte, Sie predigen immer: Der Mensch steht im Mittelpunkt!, aber wissen Sie, was Sie da machen? – Das ist verhaltensgestört, was Sie da inzwischen machen. Sie diskrimi­nieren Menschen, Gruppen, ob das das BZÖ ist oder ob das andere sind. Sie sind die Heiligen, Sie wissen, wie es gemacht wird.

Gehen Sie über Weihnachten in sich und versuchen Sie einmal, die Dinge von einem menschlicheren Standpunkt aus und auch inhaltlich zu beurteilen! Reden Sie hier auch einmal über den Inhalt, dann können wir weiterdiskutieren! Zurzeit, und das gilt auch für nächstes Jahr, wenn das so weitergeht, ignoriere ich Sie. (Beifall bei den Frei­heitlichen.)

14.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

 


14.03.17

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Regierungs­mitglieder! Hohes Haus! Selbst gegen den Beschluss der Mehrheit der Ländervertreter im Bundesrat setzt diese Regierung die Ausdünnung der Infrastruktur des ländlichen Raumes und auch im Rest von Österreich fort. (Abg. Scheibner: Wen zitieren Sie da?) Ich frage mich, was der Resolutionsantrag gegen die Schließung von Postämtern des Niederösterreichischen Landtages vom 25. November 2004 noch wert ist, der auch mit den Stimmen der ÖVP beschlossen wurde.


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Obwohl versprochen wurde, dass die Postämter nur im Einverständnis mit den Bürger­meisterinnen und Bürgermeistern geschlossen werden, ist dieses Versprechen nirgend­wo eingehalten worden. (Abg. Lentsch: Wer sagt das?) Die Post AG hat mit den Gemeinden nicht verhandelt, sondern sie hat sie nur vor vollendete Tatsachen gestellt. Die Zahlen, die von den Vertretern der Post AG den Gemeinden als Argumen­tation für die Schließung vorgelegt wurden, sind völlig unglaubwürdig, weil nicht nachvollziehbar.

Es ist daher anzunehmen, dass bei einem von der schwarz-blau/orangen Bundes­regierung beschlossenen Börsegang weitere Postämter geschlossen werden. Angeb­lich handelt es sich um insgesamt 500 weitere Filialen, die geschlossen werden sollen. Herr Staatssekretär Mainoni, wenn Sie hinter mir auf der Regierungsbank lachen (Staatssekretär Mag. Mainoni: Ich melde mich eh!), darf ich Ihnen schon sagen, was im Ausschuss diskutiert worden ist. Herr Staatssekretär Kukacka hat gemeint, laut Post AG seien nur mehr 800 Filialen in Österreich kostendeckend. Derzeit haben wir noch 1 300, und die Differenz sind eben 500, und ich bin wirklich sehr gespannt, was Sie, Herr Staatssekretär Kukacka, dann zu den Ausführungen des Herrn Staats­sekre­tärs Mainoni sagen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Mit der vorliegenden Postgesetznovelle soll der Börsegang der Post AG, wie schon gesagt, für das Frühjahr 2006 vorbereitet werden – wie ich meine, um die leeren Kassen des Finanzministers Grasser zu füllen und auch ÖVP-nahen Unternehmen neue Geschäftsfelder zu sichern. Das lehnen wir strikt ab!

Ich frage mich: Was soll die Österreichische Post für einen Sinn haben, wenn es keine Postämter mehr gibt? Das macht nur für die holländische Post Sinn, die mit dem Styria-Verlag und Raiffeisen unter Mithilfe von Herrn Staatssekretär Kukacka, wie wir wissen, das Unternehmen redmail als größte Konkurrenz der Post bereits in Österreich positioniert hat. Um diesem und anderen neuen Anbietern auf dem Postmarkt eine Chance zu geben, wird liberalisiert, in weiterer Folge privatisiert und bewusst die Infra­struktur der Österreichischen Post AG durch Auflassen von Filialen ausgedünnt.

Nicht einzusehen, sehr geehrte Damen und Herren, ist auch die von dieser Regierung bereits beschlossene Öffnung der Briefkastenfächer – das ist schon in Vergessenheit geraten – für andere Unternehmen. Jetzt müssen Zigtausende Mieter die unnötige Umrüstung der Briefkastenfächer bezahlen. Weil das eben in der Bevölkerung niemand einsieht, wurde gleich eine hohe Strafe von zirka 30 000 € für alle Hausbesitzer vorgesehen, die ihre Hausbriefkästen nicht allgemein zugänglich machen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Insgesamt hat die Post in den vergangenen fünf Jah­ren 515 Millionen € an Dividende an den Staat bezahlt. Das sind Gewinne, die redmail und Konsorten sehr interessieren, auf die diese spitzen und die von der schwarz-blau/orangen Bundesregierung zu einem günstigen Kaufpreis „verprivatisiert“ werden sollen.

Nun zu Ihnen, Herr Minister Gorbach: Es ist einfach eine Tatsache, dass Sie seit zirka eineinhalb Jahren nicht mehr im parlamentarischen Verkehrsausschuss erschienen sind. (Vizekanzler Gorbach: Das ist falsch!) Auch wenn Sie (Vizekanzler Gorbach: Eine falsche Behauptung!) aus Ihrer Sicht meinen, dass Sie bestens vertreten waren (Vizekanzler Gorbach: Das ist falsch!), so ist es eine Tatsache, dass Sie es mindestens eineinhalb Jahre nicht für wert befunden haben (Vizekanzler Gorbach: Eine falsche Behauptung!), in den Verkehrsausschuss zu kommen, und deshalb auch niemals Stellung zum Verkauf der Post bezogen haben. (Vizekanzler Gorbach: Das ist einfach falsch!)


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Sehr geehrte Damen und Herren! Aus den in Kürze dargelegten Gründen lehnen wir Sozialdemokraten, und das wird Sie nicht überraschen (Rufe bei der ÖVP: Nein!), die vorgelegte Postgesetznovelle weiterhin ab. (Beifall bei der SPÖ.)

14.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.

 


14.07.58

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Hohes Haus! Für uns ist es wichtig, dass wir in Zukunft eine flächen­deckende Versorgung mit Postdienstleistungen haben und dass dies auch bei ver­schärften Wettbewerbsbedingungen garantiert ist. Dass die europäische Ebene eine Liberalisierung des Postbereiches vorsieht, ist eine Vorgabe, die bereits zu Zeiten der Herren Vranitzky und Klima fixiert wurde.

Wenn Sie sich fragen, welche Länder diesen Schritt bereits gesetzt haben, dann lautet die Antwort: Schweden, Finnland, Großbritannien und Norwegen – alles Länder, die sozialdemokratisch geführt sind, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Was wollen wir mit diesem Postgesetz, und was ist uns wichtig? – Wir wollen eine optimale postalische Versorgung in ländlichen und urbanen Räumen. Wir wollen, dass die Post täglich zu den Menschen kommt, und wir wollen ein optimales Service für die Bürger, egal ob auf dem Postamt, beim Postpartner oder bei der Post-Servicestelle. Dieses Postgesetz schafft die Voraussetzung dafür, dass unsere Post sowohl im Inland als auch im Ausland konkurrenzfähig sein kann. Nur ein konkurrenzfähiges und gesundes Unternehmen garantiert langfristig die Zigtausenden Arbeitsplätze bei der Post.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wollen, dass die Post zukunftsträchtig ausgerichtet ist. Zukunftsträchtig ausgerichtet bedeutet: vorbereitet – strukturell, orga­ni­satorisch und auch finanziell. Ein altes Sprichwort sagt: Wer nicht geht mit der Zeit, der geht mit der Zeit!

Die Vergangenheit lehrt uns an Beispielen, was die Menschen nicht wollen. Es sind dies Postämter, wo die Lohnkosten allein ein Vielfaches des Umsatzes des Postamtes ausmachen, und dass diese Defizite permanent durch wesentlich überhöhte Telefon­gebühren durch die Österreicherinnen und Österreicher zu bezahlen waren. – Eine Vorgangsweise, die in hohem Maße den Menschen des ländlichen Raumes geschadet hat.

Was wir nicht wollen, ist, dass ein zweites Mal das gleiche Desaster passiert wie beim Paketdienst. Die Österreichische Post hatte ursprünglich 100 Prozent Marktanteil, stürzte dann katastrophal ab und darf heute quasi nur mehr als Laufbursche für die Deutsche Post fungieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Früher hatten wir in meiner Heimatgemeinde ein kleines Postamt und einen sympathischen Briefträger. Heute haben wir wie eh und je einen sympathischen und fleißigen Landzusteller, kein Postamt, statt dessen einen Post-Servicepartner in Form unseres beliebten Greißlers, der die Postleistungen zur vollsten Zufriedenheit der Bevölkerung erfüllt, und dies auch zu Zeiten, zu denen das Postamt früher geschlossen war. Das ehemalige Postamt wird zwischenzeitig sehr erfolgreich von einem Jungunternehmer genutzt, der Waren verkauft, die unsere Feuerwehren in der Gemeinde und in der Region brauchen.

Ich freue mich über die positiven Ergebnisse und erbitte Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.11



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133. Sitzung / Seite 110

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer. Ich erteile es ihr.

 


14.11.09

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Wertes Publikum! Lassen Sie mich sozu­sagen aus eigener Betroffenheit über diese so genannte Erfolgsgeschichte berichten.

Ich komme aus einem Dorf, in dem das Postamt geschlossen wurde. Wir haben jetzt einen Post-Servicedienstleister, der allerdings selbst erstens sehr unzufrieden ist darüber, wie das Service auch für ihn selbst ausschaut (Abg. Wittauer: Wir haben das schon seit drei Jahren, keiner ist unzufrieden!), der viele Lieferungen nicht erhält, die er bei der Post angefordert hat und die er braucht, um die Postkunden zu betreuen, und der andererseits für die Menschen auf dem Land ebenfalls wichtige Dienste nicht anbieten kann.

Ich denke da vor allem an die P.S.K., die Postsparkasse, die für ältere Menschen enorm wichtig ist. Sie haben dieser Postsparkasse vertraut. Die „Gelbe Post“ ist sozusagen ein eingeführtes Markenzeichen. Man trägt sein Geld dorthin, plaudert vielleicht auch ein wenig mit dem Schalterbeamten oder der Schalterbeamtin und ist zu Hause bei sich. Diese P.S.K. wurde jetzt mehr oder weniger ersatzlos abgeschafft, denn die Briefträger können diese Rolle nicht ausfüllen. Damit hat man Folgendes erreicht: Man hat sozusagen ein eingeführtes Markenzeichen erfolgreich zertrümmert! Normalerweise braucht man ungefähr 1 bis 2 Millionen €, um ein Markenzeichen einzuführen. – Gratulation, Herr Vizekanzler, Sie haben es geschafft, dieses Marken­zeichen erfolgreich zu zertrümmern!

Sie sind da wirklich planvoll vorgegangen. Die Tricks waren ziemlich widerwärtig. (Abg. Wittauer: Widerwärtig! Herr Präsident!) Es wurde gesagt, man kann doch den Menschen nicht zumuten, dass sie diese Kosten tragen.

Was war zum Beispiel in Dorfgastein? Massensendungen wurden plötzlich nicht mehr angenommen, man musste nach Schwarzach oder nach Bad Hofgastein fahren, und dann wurde auf einmal behauptet, dass die Geschäftstätigkeit abgenommen hat und man deswegen dieses kleine Postamt zusperren kann.

Aus anderen Gemeinden ist bekannt, dass Mieten in Anschlag gebracht wurden. Ob­wohl das Postgebäude im Postbesitz befindlich war, hat man diese Mieten einge­rechnet. Das halte ich für eine ziemlich hinterhältige Vorgangsweise. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Das geht doch nicht!) Diese hinterhältige Vorgangsweise wird auch im „Kurier“ angeprangert. (Abg. Wittauer: „Hinterhältig!“ Widerwärtig! Herr Präsident!)

Im „Kurier“ steht nämlich geschrieben: „In anderen Ländern werden kleine Postämter als Nahversorgungszentren ausgebaut, weil gute Infrastruktur außerhalb der Ballungs­räume wirtschaftliche Vorteile bringt. Die Schließungs-Übung“ in Österreich „wird der Post AG zirka 23 Millionen Euro Kosten ersparen. Der volkswirtschaftliche Schaden wird aber ein Vielfaches davon sein.“ – Zitatende.

Das beklagt auch der Gemeindebundpräsident und ÖVP-Bürgermeister Mödlhammer, der gesagt hat, er werde massiv gegen dieses Vorgehen protestieren, er werde schärfstens dagegen vorgehen. – Das weiß Kollege Eßl, der vorhin gesprochen hat, offensichtlich nicht; er kann auch nicht wissen, was im Verkehrsausschuss gesprochen wird, weil er dort gar nicht Mitglied ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mäßigen Sie sich lieber in Ihrer Ausdrucksweise!)


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133. Sitzung / Seite 111

Eines möchte ich wirklich positiv vermerken. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Glauben Sie das selber, was Sie da sagen?) Sie erwarten ja von uns immer, dass wir einmal etwas Positives sagen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber das ist ein frommer Wunsch!)

Ich finde es total positiv, dass der Herr Verkehrsminister und Vizekanzler von 16 Ver­kehrs­ausschusssitzungen nur an einer teilgenommen hat. Damit erspart er es uns nämlich, dass wir ihn in Zukunft entbehren müssen, wenn er nicht mehr Vizekanzler und Verkehrsminister ist, weil wir ohnehin nicht gewohnt waren, dass der Herr Ver­kehrsminister mitsamt seinen Erfolgsgeschichtserzählungen im Ausschuss auch immer anwesend ist. – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

14.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Kukacka. – Bitte.

 


14.15.17

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Helmut Kukacka: Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Lieber Kollege Mainoni! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben heute viel von Fairness und Gerechtigkeit gesprochen, insbesondere in der EU-Debatte, meine Damen und Herren von der Opposition. Ehrlich gesagt: Diese Fairness und diese Gerechtigkeit vermisse ich bei dieser Debatte, die nämlich ausschließlich einseitig geführt wird, und das halte ich wirklich nicht für gerechtfertigt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie sollten, wenn Sie schon immer an Fairness und Gerechtigkeit appellieren, eben auch jene Punkte darstellen, die unbestritten sein müssen, nämlich: dass es dem Herrn Vizekanzler und dieser Regierung gelungen ist, umfassende Rekordinvestitionen sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene durchzuführen – weit über das Ausmaß hinaus, das jemals Ihre Verkehrsminister zustande gebracht haben! – Das, glaube ich, muss man klar und deutlich sagen, meine Damen und Herren!

Wenn Sie hier vor allem auch die Verkehrssicherheit anführen, weise ich doch darauf hin, was hier alles geschehen ist: Einführung des Vormerksystems, Mehrphasen­führer­schein, Licht am Tag und Ähnliches mehr. Man kann natürlich unterschiedlicher Meinung sein über diese Maßnahmen und darüber auch politisch diskutieren, aber Sie werden zugeben müssen, meine Damen und Herren, dass schließlich und endlich das Ergebnis zählt, und dieses Ergebnis ist ganz hervorragend. Das hat uns erst gestern wieder das Kuratorium für Verkehrssicherheit bestätigt, und das hat uns gestern auch der VCÖ bestätigt. Gerade die Bilanz bei den Verkehrsunfällen und den Verkehrstoten ist nämlich ganz hervorragend.

Voriges Jahr schon haben wir ein hervorragendes Ergebnis gehabt. Tiefststand in der Geschichte! Heuer wird die Bilanz noch einmal um mehr als 15 Prozent besser sein. Wir werden Gott sei Dank den Tiefststand bei der Zahl der Verkehrstoten erreichen. Nehmen Sie auch das zur Kenntnis, auch – nicht nur, aber auch – als Folge der Verkehrssicherheitspolitik, meine Damen und Herren!

Im Übrigen, Frau Kollegin Hinterseer: Ihre Ausdrucksweise, die Sie hier gewählt haben, weise ich zurück! Niemand hat hier eine „hinterhältige“ Vorgangsweise praktiziert, weder die Regierung noch die Post AG. Das möchte ich hier wirklich ausdrücklich festhalten.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich sagen: Ich verstehe die Kehrt­wendung in der Postfrage sowohl der Grünen als auch der Sozialdemokraten nicht. Es waren Ihre Verkehrsminister und Ihre Finanzminister (Abg. Öllinger: Unsere?), die in der damaligen Regierung beschlossen haben, aber auch auf europäischer Ebene – vor allem auch Sie, Herr Kollege Einem –, dass in Zukunft innerhalb der Europäischen


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Union die Postdienstleistungen zu liberalisieren sind (Abg. Öllinger: Zwischen libe­ralisieren und privatisieren ist ein Unterschied!) und künftig im Wettbewerb erbracht werden sollen. Genauso lautet der Grundkonsens in dieser Frage auf europäischer Ebene, und diese Beschlüsse sind im Jahre 1997 gefasst worden, also unter sozial­demokratischen Finanz-, Verkehrsministern und Bundeskanzlern. – Heute wollen Sie von dieser Ihrer Verantwortung diesbezüglich nichts mehr wissen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir gehen in Sachen Liberalisierung auch sehr vorsichtig, behutsam und schrittweise vor. Die Liberalisierung des reservierten Bereichs wird ja nicht irgendwie vorgezogen, sondern in Übereinstimmung mit der Richtlinie jedenfalls nicht vor dem 1. Jänner 2009 erfolgen, meine Damen und Herren! Ich erinnere daran, dass eine Reihe von sozial­demokratisch geführten Staaten – Schweden, Finnland, Großbritannien, die Bundes­republik Deutschland bisher – viel weiter sind in der Liberalisierung und auch in der Privatisierung der Postdienste.

Ich muss schon auch darauf hinweisen, dass sich die österreichische Post, seit wir sie zu einem eigenständigen Unternehmen gemacht haben, seit wir die Postbestim­mungen liberalisiert haben, seit wir Post und Telekom getrennt haben, auf einem wirtschaftlichen Erfolgsweg befindet.

Sie erinnern sich daran, dass in Ihrer Regierungszeit, meine Damen und Herren von der SPÖ, die Post und die Telekom hohe Verluste gemacht haben, dass die Post nur deshalb quasiüberlebt hat, weil die Defizite der Post aus überhöhten Telekom­gebühren, aus überhöhten Sprechgebühren jedes einzelnen Konsumenten und jedes einzelnen Österreichers abgedeckt wurden.

Als die Post liberalisiert wurde, meine Damen und Herren, hatte sie 8 Milliarden Schulden. Heute hat sie nicht nur keine Schulden mehr, sondern dieses Unternehmen ist wirtschaftlich saniert, befindet sich auf einem Erfolgskurs und liefert Jahr für Jahr hohe Dividenden an den Steuerzahler ab! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Genau! ... länger noch!) – Das ist die Erfolgsgeschichte, die die Post auf Grund unserer Liberalisierungsstrategie erzielt hat! (Die Abgeordneten Mag. Gaßner und Öllinger: Warum verkaufen Sie dann?)

Meine Damen und Herren! Sie sollten doch eigentlich wissen, dass diese Liberalisie­rung ganz unabhängig vom öffentlichen Versorgungsauftrag ist! Der Staat garantiert auch in Zukunft die öffentliche Dienstleistung bei der Post und auch den entsprechen­den öffentlichen Versorgungsauftrag! Wir haben ja die so genannte Universaldienst­verordnung und den so genannten Universaldienst im Gesetz, um eben sicherzu­stellen, dass alle Grundansprüche bei den Postdienstleistungen und für den ländlichen Raum selbstverständlich auch in Zukunft gewährleistet sind. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, ob jetzt die Post diesen Auftrag erhält oder allenfalls ein anderes, privates Unternehmen. Jedenfalls: Dieser Auftrag bleibt bestehen, dieser Auftrag wird auch entsprechend finanziert, und die öffentliche Versorgungsleistung mit Postdienstleistun­gen ist auch in Zukunft entsprechend gewährleistet.

Meine Damen und Herren, dieses Postgesetz ist ein wichtiger Schritt, um das Unter­nehmen auf die spätestens mit 1. Jänner 2009 kommende Vollliberalisierung in der EU entsprechend vorzubereiten. Es gibt keine vernünftige Alternative zu diesem Weg, den wir hier vorschlagen, und deshalb ist der Einspruch, der in diesem Zusammenhang vom Bundesrat gekommen ist, nicht gerechtfertigt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.23



Nationalrat, XXII.GP
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133. Sitzung / Seite 113

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Sie kennen die Ge­schäftsordnung, Frau Abgeordnete. – Bitte.

 


14.23.31

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich berichtige die Kollegen Heinzl und Eder, die beide behauptet haben, Herr Bundesminister Gorbach wäre die letzten eineinhalb Jahre nicht im Verkehrsausschuss gewesen.

Richtig ist, dass wir zuletzt am 22. September dieses Jahres gemeinsam Beratungen über „Licht am Tag“ innerhalb des Verkehrsausschusses durchgeführt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Neudeck – in Richtung SPÖ –: Wo wart ihr da?)

14.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Preineder. – Bitte.

 


14.24.00

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Vize­kanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Wir haben die Postgesetznovelle bereits einmal im Nationalrat beschlossen. Eine EU-Richtlinie hat uns vorgegeben, dass wir einen weiteren Schritt in Richtung Liberalisierung der Postdienstleistung setzen, dass wir die Post von einem Monopolunternehmen zu einem Marktunternehmen führen. Wichtig und entscheidend ist letztlich, welche Leistungen für die Bürger erbracht werden, wie diese Leistungen für unsere Bürger funktionieren – und nicht, wie hoch die Zahl der Postämter ist.

Der Inhalt dieser Novelle wurde bereits diskutiert. Es gibt einen Einspruch des Bun­desrates, der Länderkammer des Parlaments, und es stellt sich da schon die Frage, ob nicht die Länderkammer hier parteipolitisch agiert hat, ob nicht die Mehrheit im Bundesrat dazu benützt wird, Gesetzesbeschlüsse zu verzögern. (Abg. Neugebauer: Die Frage ist beantwortet: Ja!)

Geschätzte Damen und Herren! Wenn wir hier diese Novelle diskutieren, dann müssen wir auch sehen, dass sich das Umfeld verändert hat, in dem die Post agiert. Es gibt heute neue Kommunikationstechnologien, wie Fax, e-Mail, und auch private Post­dienstleister. Da muss man sich klarerweise dem Markt anpassen. Dem Markt anzupassen, das heißt eben, auch mit Landzustellern zu arbeiten, Postpartner einzu­binden, via Postservicestellen Dienstleistungen zu erbringen und klarerweise auch durch Postämter, wo dies möglich ist.

Wichtig ist letztlich, dass diese notwendigen Dienstleistungen sichergestellt sind. Mit dieser Novelle wird unserem Bundesminister die Möglichkeit eingeräumt, hinsichtlich dieser Sicherstellung, wenn notwendig, auch stärker einzugreifen.

Die Idee der Postpartner und der Postservicestellen gibt die Chance, für Nahversorger eine bessere Existenzgrundlage zu schaffen.

Wenn wir die Postdienstleistungen diskutieren, diskutieren wir auch über den länd­lichen Raum, und da stelle ich schon fest, dass hier zweierlei Vorgaben bestehen: Auf der einen Seite möchte man den ländlichen Raum stärken, auf der anderen Seite aber stellt man Förderungen für den ländlichen Raum in Abrede. Das wurde auch heute wieder von Vorsitzendem Gusenbauer gemacht.

In diesem Zusammenhang möchte ich aber schon auch sagen, dass die Einkommen in der Landwirtschaft mit 1 071 € – Sie können das im Handbuch der Arbeiterkammer


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nachlesen – unter der Hälfte der Einkommen im Bergbau liegen und bei nur zwei Dritteln des durchschnittlichen Einkommens. Ich meine daher, dass es nicht sozial ist – ich kritisiere das daher entsprechend –, die Ausgaben für die Landwirtschaft, für die ländliche Entwicklung zu kürzen, was hier immer wieder angesprochen wird, denn wer das Geld für die ländliche Entwicklung kürzt, kürzt das Geld für die Bergbauern, das Geld für die Biobauern, das Geld für benachteiligte Gebiete und für den ländlichen Raum als Gesamtes, denn dieser besteht nicht nur aus Bauern.

Ich meine, wir sollten hier Verantwortung wahrnehmen, denn wer für Kürzungen in diesem Bereich eintritt, ist nicht für soziale Gerechtigkeit, ist nicht für soziale Wärme. – Bundeskanzler Schüssel ist hier einen anderen Weg – den richtigen Weg – gegangen, und ich lade Sie ein, diesen Weg mitzugehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marizzi. – Bitte.

 


14.28.05

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Bun­des­minister! Sehr geschätzte Damen und Herren! Von den Höhen des Blaulichts, von den Geschwindigkeiten, vom Bodensee wieder zurück zu den Niederungen der Post – vor allem zu den 24 000 Beschäftigten, die sich angesichts dieser Entwicklungen natür­lich Sorgen machen. Das, was Kollegin Hinterseer gesagt hat, ist ja auch nicht lustig.

Während der Rede des Kollegen Stummvoll ist mir eine Szene besonders aufgefallen. Kollege Stummvoll hat gesagt, dass er sich beim Herrn Bundeskanzler für das be­dankt, was dieser für die Grenzregionen, für das Waldviertel bei den Verhandlungen gemacht hat – ich glaube, das ist berechtigt –, und man hat gesehen, dass dabei eine kleine Träne zerdrückt wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Als im Weinviertel 40, 50 Post­ämter geschlossen wurden, habe ich keine Tränen bei Ihnen gesehen, und es stört mich, dass Sie da mit zweierlei Maß messen. (Zwischenruf des Abg. Murauer.)

Kollege Preineder kommt ja auch aus dem Süden von Niederösterreich. Und in der heutigen Ausgabe des „Kurier Niederösterreich“ ist zu lesen: „Post kommt Orte teuer zu stehen. Gemeinden minimieren die Kosten für Servicestellen durch Tricks.“

In Wirklichkeit ist es so, dass die Gemeinden unter Druck gesetzt werden, indem gesagt wird: Willst du ein Postamt haben, netter Herr Bürgermeister, dann „brenn“ dafür, dann zahl dazu! – In Wirklichkeit erhalten die Gemeinden jetzt die Belastungen und der Herr Bundesminister für Finanzen die Entlastungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Achleitner hat im Ausschuss wortwörtlich gesagt: Der Minister wird nur Postämter schließen, die nicht rentabel sind! – Herr Kukacka hat sich vornehm zurückgehalten. Nach mehrmaligem Nachfra­gen: Wie viele Postämter werden in Zukunft geschlossen?, hat ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Sie haben ja da überhaupt keine Ahnung. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Nein, Sie haben keine Ahnung!

800 Postämter – 800 Postämter! – sind rentabel und ... (Abg. Mag. Regler: Der Minister schließt ja keine Postämter!) – Warum regen Sie sich so auf? 500 werden in Zukunft geschlossen werden.

Sie wissen ganz genau, wie Österreich strukturiert ist. Es gibt 3,5 Millionen Haushalte, davon sind 1,4 Millionen auf dem Land. Und die ÖVP, die Bürgermeisterpartei, wird


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noch Hunderte Postämter schließen, davon sind wir überzeugt. 1 050 Postämter haben Sie schon geschlossen, und das wird so weitergehen.

Der Einzige, der wirklich clever ist, ist Herr Staatssekretär Kukacka. Herr Staatssekre­tär Kukacka hat nämlich schon die Weichen gestellt, er redet von Liberalisierung und meint in Wirklichkeit Privatisierung – das ist nämlich das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren! Er wird die Post – und das ist das Ende der Fahnenstange – irgendwann einmal an die redmail – das ist eine holländische Gruppe – verkaufen; und die wird dann umgetauft in blackmail. Staatssekretär Kukacka sitzt leider nicht mehr auf der Regierungsbank, sonst würde er jetzt lächeln. Und das ist dann die so genannte Liberalisierung.

Herr Staatssekretär Kukacka hat im Ausschuss gesagt, dass die Weichen für eine Liberalisierung in der großen Koalition gestellt worden sind, Ende der neunziger Jahre. – Das stimmt. Wir haben auch zu gewissen Privatisierungsschritten ja gesagt. Wir haben aber sinnvolle Privatisierungen gemacht, nämlich bei der AUA – da blieb der österreichische Staat Kernaktionär –, bei der OMV – auch da blieb der österreichische Staat Kernaktionär –, und beim Verbund – auch da blieb der österreichische Staat Kernaktionär.

Wissen Sie, was bei der Post passieren wird? – Mich stimmt Folgendes bedenklich: Wenn man eine Volksaktie schaffen will – da lächelt sogar Kollege Neugebauer –, dann braucht man keine Roadshows in Amerika zu machen, keine Roadshows in England und keine Roadshows in Deutschland, sondern einfach eine Volksaktie. Und wenn das so geschieht, am Ende der Fahnenstange, dann ist unsere österreichische Post ein Übernahmekandidat in dieser globalisierten Welt. (Abg. Lentsch: Aber nur am Ende der Fahnenstange!) Das werden dann Sie zu verantworten haben, denn 80 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind gegen den Verkauf unserer Post ans Ausland. 24 000 Beschäftigte sind gegen einen Verkauf ans Ausland. Und wir werden dafür sorgen – das können Sie uns glauben –, dass die österreichische Post öster­reichisch bleibt. – Danke.

14.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Ich erteile es ihm.

 


14.33.14

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! In der Dezember-Ausgabe des Wirtschaftsmagazins „trend“ wird in einer Art Persiflage Hubert Gorbach als „Mann des Monats“ genannt. Es heißt dort:

„Eines steht fest: Hubert macht was! In jüngster Zeit sind es hauptsächlich katastro­phale Fehler.“ – Zitatende.

Das sagt also nicht die böse Opposition, sondern das sagen Wirtschaftsjournalistinnen und -journalisten von renommierten Journalen.

Wie schaut das Resümee aus nach fünf Jahren Blau/Orange im Verkehrsressort, nach vier völlig überforderten Leuten? – Was ist der Unterschied zwischen Schmid, Forstin­ger und Reichhold auf der einen Seite und Gorbach auf der anderen? – Gar keiner. Gorbach hat mehr Schaden verursacht, weil er länger im Amt ist.

Wie schaut die Erfolgsbilanz der Straße eigentlich aus? – Ein Baustellenchaos, die Länder haben das Bundesstraßengesetz zurückgeschmissen. Und was ist die Antwort des Ministers darauf? – Tempo 160.


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Wie schaut die Erfolgsbilanz bei der ASFINAG aus? – Rund 14 Milliarden Verschul­dung; ein Europpass-Deal, den der Rechnungshof jetzt prüft, 60 Millionen äußerst dubios verschwunden. Was ist die Antwort? – Blaulicht auf dem Dienstwagen.

Wie schaut die so genannte Erfolgsbilanz auf der Schiene aus? – Eine Zerschlagung der Struktur, ein Finanzdebakel. Was ist die Antwort des Ministers darauf? – Er möchte einen Transrapid wie in Shanghai. Was gehört noch zu dieser Erfolgsbilanz? – Der Semmering-Basistunnel ist so weit entfernt wie noch nie. Die ÖBB sind ein Eldorado für überbezahlte Manager. Was macht der Minister, was ist seine Antwort darauf? – Bei den ÖBB sind 10 000 Bedienstete zu viel!

Wie schaut die Erfolgsbilanz seiner Tätigkeit als Vizekanzler aus? – Postenschacher bis zum Exzess, das teuerste Ministerbüro. Was ist die Antwort des Ministers darauf? – Völlig unnötige Auslandsreisen, Christbaum, Teppich, Taxi, lauter solche Blödeleien.

Was ist die Erfolgsbilanz seiner Funktion als BZÖ-Obmann? – Unter 2 Prozent liegend, in manchen Bundesländern gar keine Kandidatur geschafft (Abg. Wittauer: Das geht Sie gar nichts an!), in Wirklichkeit die Karikatur einer politischen Kraft. Was ist die Antwort des Herrn BZÖ-Obmanns darauf? – Inserate auf Kosten der Steuerzahler.

Die Krone all dessen ist: Sie, Herr Vizekanzler, sichern sich einen Job am schönen Bodensee, leisten sozusagen eine Morgengabe aus öffentlichem Eigentum und bezeichnen sich dann womöglich noch als gefragten Manager.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die blau-schwarze Regierung hat das Vertrauen der Bevölkerung verspielt – und die schwarz-orange Regierung hat das Vertrauen nie gewonnen! Den Misstrauensantrag werden Sie wahrscheinlich ablehnen (Abg. Großruck: Nicht nur wahrscheinlich, sondern sogar sicher!), gegen die Mehrheit der Bevölkerung, das ist ganz klar, aber der Tag der Abrechnung wird bei den nächsten Nationalratswahlen kommen.

Herr künftiger Exminister Gorbach, Sie haben auf allen Linien versagt! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Mag. Mainoni. – Bitte.

 


14.36.14

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Ich freue mich, endlich wieder zum Thema sprechen zu können, nämlich zum Post­gesetz, das hier in Behandlung ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit der letzten Behandlung dieses Gesetzes hier im Parlament ist überhaupt nichts Neues an Argumenten von Seiten der Oppo­sition gekommen, das dagegen sprechen würde, dass dieses neue Postgesetz ver­abschiedet wird. Ich bedauere das sehr, nütze aber zugleich die Gelegenheit, noch einmal darauf hinzuweisen, wie wichtig dieses Postgesetz tatsächlich für die Öster­reichische Post AG ist.

Meine Damen und Herren! Die Post ist ein Unternehmen der Republik Österreich, und die Post hat 24 000 Beschäftigte – das ist eine Verantwortung, die wahrzunehmen ist.

Wir haben das Gesetz aus zwei Gründen geschaffen: Erstens: Wir wollen mit diesem Gesetz die Position der österreichischen Post weiter absichern. Die Post ist ein öster­reichisches Unternehmen, und es ist unsere Aufgabe, sie einerseits als flächendecken­den Dienstleister und zweitens als erfolgreiches Unternehmen, das Gewinn macht, in eine gute Position für die Zukunft zu bringen.


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Zweitens, das ist allen bekannt: Durch die vorhergegangene Schließung von Post­ämtern ist es notwendig geworden, ein modernes Gesetz zu schaffen, das es dem Minister, dem Ministerium ermöglicht, tatsächlich einzugreifen, wenn Postamts­schließun­­gen unberechtigt erfolgen. Sie wissen genau, dass wir mit dem alten Gesetz nicht in der Lage waren, drohenden Postamtsschließungen wirkungsvoll entgegen­zutreten. Mit diesem neuen Gesetz ist das möglich. Auf Grund dieses Stufenbaus ist es erstens möglich, dass wir Behauptungen der Post, dass ein Postamt nicht koste0n­deckend geführt wird, entgegentreten, indem wir sagen, dass das ein unabhängiger Sachverständiger prüfen soll. Das war ja das, was in erster Linie die Bürgermeister moniert haben, indem sie gesagt haben, dass die Zahlen, die ihnen vorgelegt werden, nicht stimmen. – Jetzt: unabhängige Prüfung.

Es ist dem Minister nun möglich, die Schließung einzelner Postämter zu untersagen. – Das war laut altem Gesetz auch nicht möglich. Das ist durch das neue Gesetz nunmehr möglich. Es gibt auch die Möglichkeit des Ministers, bescheidmäßig, quasi präventiv eine geplante Schließung zu untersagen, also sozusagen in Form einer einstweiligen Verfügung. Auch das steht im Gesetz drinnen.

Wenn die Post AG tatsächlich Postämter schließen möchte, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann hat sie einen ganz genau vorgegebenen Stufenbau einzu­halten. Und danach gibt es genügend Möglichkeiten auch von Seiten des Ministers, ungerechtfertigten Schließungsplänen tatsächlich entgegenzuwirken.

Meine Damen und Herren! Noch etwas, weil Abgeordneter Heinzl das Thema Haus­brieffachanlagen, zu gut Deutsch Postkästchen, angesprochen hat. In diesem Gesetz haben wir auch Folgendes verankern und normieren können: Wer die Postfächer nicht rechtzeitig umstellen kann, der wird nicht sofort bestraft, sondern es wird ihm eine Frist gesetzt, einige Monate bis zu einem halben Jahr, innerhalb derer die neuen Postfächer dann auch tatsächlich installiert werden können.

Noch etwas: Mich wundert es sehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die Sozialdemokratische Partei nicht auf die Konsumentenschutzbestimmungen, also auf einen wichtigen Bereich dieses neuen Postgesetzes, eingeht. Genau das war es, was die Arbeiterkammer wollte. Abgeordneter Kollege Maier, genau das ist es, worauf wir eingegangen sind: Mitarbeiter eines Postdienstes müssen deutlich gekennzeichnet sein! Also nicht mehr die Turnschuhbrigaden, die im Stiegenhaus einfach hin und her marschieren, wo man nicht weiß, ob sie zu einem Postdienst gehören oder nicht – nein, sie müssen deutlich gekennzeichnet werden!

Zweitens: Deutliche Kennzeichnung der Postsendungen durch den Postdienstleister – das ist auch ein wichtiger Beitrag und konsumentenfreundlich!

Drittens: Bei Hinterlegungen darf der Hinterlegungsort nicht unangemessen weit ent­fernt sein. Alle privaten Postdienstleister, die glauben, in Österreich als Postdienst­leister auftreten zu müssen, müssen halt ein entsprechendes Netz zur Verfügung stellen.

Viertens: Jeder Anbieter von Postdiensten hat ein Beschwerdemanagement einzu­richten. Es ist doch wohl recht und billig, dass sich heute der Konsument, der das Post­stück erhält, tatsächlich, wenn er Beschwerden hat, auch an eine kompetente Stelle des Postdienstleisters wenden kann. – Das ist also das neue Gesetz.

Zuletzt noch eine konsumentenfreundliche Bestimmung: Jeder Postdienst hat auch seine allgemeinen Geschäftsbedingungen offen zu legen und dem Konsumenten mit Qualitätsangaben, mit Quantitätsangaben mitzuteilen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Gesetz ist nicht dafür da, dass man Parteipolitik betreibt, sondern dieses Gesetz ist ein modernes Gesetz, es ist ein gutes


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Gesetz und es stärkt vor allem die Post auf ihrem Weg in die Zukunft. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeord­neter Prähauser. – Bitte.

 


14.41.15

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir sind dabei, eine große Chance zu vergeben, nämlich eine Nachdenkphase nicht genutzt zu haben, die uns der Bundesrat verordnet hat, und zwar durch einen Beschluss mit demo­kratischer Mehrheit. Herr Kollege Wittauer, eine demokratische Mehrheit kann niemals Missbrauch eines Gremiums sein. Würde man diesen Ansatz so weiter denken, müsste man auch in diesem Gremium davon ausgehen, wenn der Nationalrat mit Mehrheit etwas beschließt, ist das auch Missbrauch. Das wollen wir beide nicht so halten. Ich gehe davon aus, das war eine Missinterpretation, die nicht aufrechtzuerhal­ten ist.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Eßl hat es hier für notwendig befunden, Petra Bayr zu kritisieren und festzuhalten, ob sie im Ausschuss etwas sagt oder nicht. Wir wissen inzwischen, er ist gar nicht Mitglied dieses Ausschusses. Aber ich habe den Kollegen Eßl, der ja den Lungau in Salzburg vertritt, bei diesen Sitzungen auch nicht reden gehört, als es um 160 km/h auf den Autobahnen ging. Ich gehe davon aus, wenn man im Lungau wohnt, also in einem Bezirk, wo gesetzlich auf der Autobahn eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h festgelegt ist, und zwar zur Verringerung der Lärmbelastung und von Emissionen, dann ist man doch gefordert, Stellung zu nehmen. (Abg. Scheibner: Das ist ein Blödsinn!) Ich glaube, Herr Kollege Eßl, es wäre an der Zeit, darüber nachzudenken, ob man mit dieser 160-km/h-Debatte nicht eher Schluss machen sollte.

Ich verstehe das BZÖ und die FPÖ nicht. Sie hätten jetzt die Gelegenheit gehabt, sich wieder zu etablieren, zu verselbständigen, indem Sie Ihren Koalitionspartner auch einmal Nachdenkpausen hätten verordnen können. Sie hätten hier die Chance gehabt, auch ohne 160-km/h-Debatte die Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, dass Sie existieren, dass es Sie also noch gibt. – Sie haben das nicht getan. (Abg. Scheibner: Wobei? Bei welchem Thema, Herr Kollege?) Sie reden Ihrem Koalitions­partner das Wort, denken nicht nach und haben auch gemeinsam die Konsequenzen zu tragen.

Herr Kollege Scheibner! Sie wissen so gut wie ich – hören Sie Ihren eigenen Kollegen bei Debatten in den Gasthäusern und bei Veranstaltungen zu! –, nicht jeder ist willens, die gemeinsame Politik draußen zu vertreten. (Abg. Scheibner: Welches Thema meinen Sie?) Hier traut man es sich vielleicht nicht so deutlich zu sagen. Aber da ist Aufholbedarf gegeben. Sie haben die Chance vergeben. Die Wähler werden es beur­teilen. Das ist Ihr Problem!

Wir werden auf jeden Fall versuchen, hier nicht den Fehler, den die Regierung schon einmal bei der Privatisierung der Telekom gemacht hat, zu wiederholen. Damals sind Aktien aufgelegt worden. Man hat von Volksaktien gesprochen. Heute wissen wir, dass maximal 2 Prozent dieser Aktien wirklich das Volk von Österreich besitzt, der Rest wird von ausländischen Investoren oder größeren Unternehmen gehalten.

Das war damals zu einem schlechten Zeitpunkt. Man hat damals auch gewarnt. Da standen wir erst am Anfang des Handy-Booms, auch des Internets. Das heißt, am heutigen Aktienstand können wir erkennen, dass wir damals die Gelegenheit verab-


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säumt haben, Österreich mehr Geld zukommen zu lassen. Das wollen wir bei der Post eben verhindern, da wir noch nicht genau wissen, wo der Weg hingeht.

Das ist unsere gemeinsame Aufgabe. Wir müssen versuchen, die Infrastruktur auf­recht­zuerhalten, aber auch mit dem Geld des österreichischen Staates wirtschaftlich umzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


14.45.00

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Kollege Prähauser, ich weiß nicht, welches Thema du gemeint hast, wo wir uns hätten absetzen sollen.

Das Postgesetz ist ein Gesetz des Vizekanzlers, und zwar ganz bewusst, und natürlich auch von uns – ganz bewusst (Zwischenruf des Abg. Marizzi) – Sie wissen, wer das Ressort führt, Kollege Marizzi –, weil wir dafür sind und weil es notwendig ist, diese Institution zu modernisieren und für die Zukunft zu rüsten, damit man in einem auf uns zukommenden Konkurrenzkampf auch durch andere private Anbieter entsprechend bestehen kann.

Wenn Sie dann dauernd immer irgendwelche Privatisierungen so als Schreckgespenst in den Raum stellen, dann erinnere ich Sie aber schon auch daran, dass Sie Jahre nach den von Ihnen kritisierten Privatisierungen dann genau die Erfolgsgeschichte loben und versuchen, das auf Ihre Fahnen zu heften – siehe Voest –, wo Sie im oberösterreichischen Landtagswahlkampf eine furchtbare Gräuelpropaganda betrieben und gesagt haben: Da werden jetzt, ich weiß nicht, wie viele tausend Leute auf Grund der Privatisierung, die die Regierung damals beschlossen hat, entlassen. Heute jubeln wir alle über die Rekordgewinnzahlen dieses tollen privatisierten Unternehmens. (Bei­fall bei den Freiheitlichen. – Abg. Eder: Wer verdient?) Also keine Angst vor Privati­sierungen, sondern wir sollten das dynamisch, sinnvoll, zukunftsorientiert organisieren. Deshalb ist es auch richtig, dieses Postgesetz heute und hier zu beschließen.

Aber, meine Damen und Herren, vor allem in den Medien ist ja in erster Linie über diesen Misstrauensantrag diskutiert worden, und wir haben heute in der Früh schon abgehandelt, was denn die wahren Hintergründe dieses Misstrauensantrages sind. Vielleicht kommt noch ein Grund dazu. Das hat man jetzt auch beim Abgeordneten Kräuter herausgehört, denn es ist ja interessant, dass es immer gerade gegen den Vizekanzler geht und man immer so tut: Na ja, das BZÖ und der Gorbach, die sind schon alle weg, die gibt es nicht mehr. Ganz so sicher dürften Sie sich bei diesem Ihrem Wunsch nicht sein, denn sonst würden Sie auf den Vizekanzler nicht gar so losgehen.

Sie haben auch Recht mit dieser Unsicherheit, denn seien Sie sich nicht so sicher. Sie werden sehen, dass wir mit der Arbeit dieser Bundesregierung, mit der Arbeit von Vizekanzler Gorbach und mit der Arbeit unserer Parlamentsfraktion auch im Jahr 2006 bei den Wahlen dafür sorgen werden, dass der Umstand, dass Sie in Opposition sind, noch lange andauern wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dass Sie Ihren eigenen Misstrauensantrag gar nicht so ernst nehmen, sieht man auch daran, dass Sie zwar jetzt vollzählig anwesend sind, aber bei der Debatte, in der Sie den Misstrauensantrag eingebracht haben, waren zeitweise nur drei Abgeordnete der


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Grünen anwesend. Das spricht Bände über die Ernsthaftigkeit, die man solchen Initiativen zumisst. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Verkehrsausschusses in 1264 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005) (1264 der Beilagen), zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Herrn Vizekanzler gemäß Artikel 74 Abs. 1 Bundes-Verfassungs­gesetz.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 2 der zitierten Verfassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eigentlich ein Gebot der Vernunft!) – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

14.49.123. Punkt

Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden (1259 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir kommen nun zum 3. Punkt der Tages­ordnung.

Hinsichtlich dieses Einspruches des Bundesrates wurde dem Ausschuss für innere Angelegenheiten eine Frist bis 19. Dezember 2005 zur Berichterstattung gesetzt. Die Verhandlung über diesen Gegenstand ist daher in dieser Sitzung aufzunehmen.

Als erster Debattenredner zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kößl. – Bitte. (Abg. Parnigoni: Das kann ja nicht stimmen!) – Alles stimmt.

 


14.49.50

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Geschätzte Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden, auf Grund des Einspruches des Bun­des­rates gegen das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthalts-


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gesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz ist es erforderlich, einen Beharrungs­beschluss zu fassen.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Antrag

gemäß § 77 GOG

der Abgeordneten Kößl, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen zum Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Frem­denpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Auslän­derbeschäftigungsgesetz geändert werden (1259 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert werden, wird gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

Geschätzte Damen und Herren! Es gibt an und für sich nichts Neues seit dem Beschluss des Nationalrates am 19. Oktober 2005. Dieses Gesetz ist erforderlich, weil laut EU-Recht mit 1. Jänner 2006 eine Aufenthaltsberechtigung für Erntehelfer und Saisoniers nur mit Visum möglich ist. Wir wissen ganz genau, dass unsere Erntehelfer und Saisoniers aus Rumänien, Bulgarien und Kroatien kommen. Dort gibt es keine Visapflicht. Und wir würden dieses bestehende Gesetz ad absurdum führen, wenn wir nicht eine andere Regelung gefunden hätten.

Diese Gesetzesänderung sieht vor, dass diese Regelung im Lande gefunden wird, dass Erntehelfer und Saisoniers nach Österreich kommen. Hier werden sie von der Fremdenpolizei geprüft beziehungsweise überprüft. Es wird eine Unbedenklichkeits­bescheinigung ausgestellt, und mit dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung gehen sie dann zum AMS. Das AMS stellt in der Folge eine Arbeits- und Beschäftigungsbewilli­gung aus.

Es gibt an und für sich kein Weniger an Sicherheit, es gibt kein Weniger an Qualität, ganz im Gegenteil, es ist eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung.

Das Gleiche ist bei den Scheinselbständigen. Es gibt keine Aufweichung der bestehenden Gesetzesmaterie, ganz im Gegenteil, es ist neben der Kontrolle durch die Fremdenpolizei eine weitere Kontrolle eingeführt worden. Das AMS kann im Zweifel ebenfalls Kontrollen durchführen. Es wurde zusätzlich die Kontrolle der illegalen Auslän­derbeschäftigung, der KIAB, eingeführt. Somit ist hier ebenfalls eine zusätzliche Kontrolle geschaffen worden.

Wir wissen ganz genau, dass gerade die Scheinselbständigkeit in diesem Fall überhaupt nicht zum Tragen kommt. Wir reden von 1 500 Fällen in Österreich im Jahr. Wir wissen auch, dass sich diese 1 500 auf rund 1 200 Frauen und 300 Männer aufteilen. Es handelt sich um Kolporteure und Prostituierte.

Es sind an und für sich gleich lautende Anträge, die hier gestellt werden, und es wäre nicht sinnvoll, jeden einzelnen Antrag vom AMS prüfen zu lassen. Also in diesem Sinne


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bitte ich um Zustimmung zu dieser Gesetzesmaterie. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. Ich erteile es ihm.

 


14.54.35

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Ich glaube zunächst, dass es wichtig und richtig ist, dass sich der Bundesrat noch einmal durchaus mit Engagement – das kann man den Protokollen entnehmen – mit dem Aufenthaltsgesetz befasst hat. Warum? – Er will uns in diesem Zusammenhang noch einmal auf eines hinweisen, was den Arbeitsmarkt betrifft und uns allen ja Sorgen bereitet. Wir stehen einfach vor der Tatsache, dass Sicherungs­vorschriften für österreichische ArbeitnehmerInnen durch Flucht in Scheinselbständig­keit umgangen werden. Wenn man das nun auf Polen bezieht und die polnischen Billiglohn-Chefs, dann ist das bereits ein Phänomen, das in mehrere Tausend geht. Meine Damen und Herren! Das haben wir ja zu berücksichtigen.

Damit würde natürlich, wie auch die Wirtschaftskammer festgestellt hat, unserer Volkswirtschaft schwerer Schaden zugefügt und auch den Menschen, die oft in sehr menschenunwürdigen Verhältnissen beschäftigt werden. Wir müssen solche Entwick­lungen stoppen, denn wir brauchen nicht nur Sicherheit im Inneren, sondern wir brauchen auch Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt, auch diese müssen wir gewährleisten.

Kollege Kößl, es ist längst nicht mehr nur eine Herausforderung innerhalb der EU-Grenzen, sondern auch eine Herausforderung bei den so genannten Drittstaaten, die im Moment alle noch nicht bei der EU sind, aber ganz, ganz nah an unseren Grenzen.

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, wir haben Ihnen von Anfang an die Bereitschaft zur Zusammenarbeit in allen Fragen des Aufenthaltsgesetzes ange­boten und deshalb in der Diskussion auch hier im Parlament die Initiative ergriffen. Wir sollten jedenfalls unser Möglichstes tun, damit diese Gefahren reduziert werden, und einfach jene Institution, meine Damen und Herren, die seit den fünfziger Jahren unbestritten die meiste Erfahrung in der Ausländerbeschäftigung hat, nämlich das AMS, in die Prüfungsverantwortung übernehmen, übrigens dann gemeinsam mit der KIAB.

Ich glaube, das war ein durchaus seriöser Vorschlag. Die Regierung ist ja ursprünglich dabei auch mitgegangen. Das aber – und das ist der Kern –, was Sie jetzt hier letztendlich an Gesetzesmaterien anzubieten haben, Kollege Kößl, ist eine Rolle rückwärts, die die Probleme ganz sicherlich nicht lösen können wird. Das ist ja der völlig verkehrte Ansatz, denn Sie werden mir ja zustimmen müssen, die inhaltliche Kompetenz, das Wissen um die entscheidenden Bereiche: Arbeitsmarktverträglichkeit, Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hat nicht die Fremdenpolizei, son­dern das hat eindeutig das AMS. (Abg. Kößl: Nein, das hat das AMS, aber das ist ja nicht ausgeschlossen!) Zu dem, was man jetzt hört – und ich höre ja, was aus den Ministerien kommt, quasi berufsmäßig –, dass alle Fälle und nicht nur die Zweifelsfälle, wie es im Gesetz im Prinzip vorgezeichnet ist, von der Fremdenpolizei dem AMS vorgelegt werden sollen, kann ich nur sagen, apropos Verwaltungsvereinfachung. Da haben wir jetzt drei Behörden, die hier kontrollieren. Wieso Sie hier von Verwal­tungsvereinfachung sprechen, ist für mich völlig unergründlich. Das, was jetzt vorliegt, geht absolut in die Irre, meine Damen und Herren. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)


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Ein Wort noch zu den Saisonniers. Ich glaube, mein Vorredner hat das ja auch angesprochen. Es war ja ganz eigenartig. Der Ausschuss war schon fast fertig mit den Beratungen, plötzlich ist die Landwirtschaft fast möchte man sagen etwas aufgewacht und hat sich auf einmal für neue Regelungen in diesem Bereich ins Zeug gelegt. Ich kann Ihnen nur eines sagen, wenn wir uns hier im Parlament immer nur darauf beschränken, Maßnahmen nur dann zu setzen, wenn es den Unternehmern nützt, dann ist das die falsche Politik gerade im Zusammenhang mit der Saisonbeschäf­tigung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Die gesetzlichen Bestimmungen über die Saisonierbeschäftigung gehören längst überarbeitet, aber einmal in Richtung der Arbeitnehmer und nicht immer nur in Rich­tung der Unternehmer.

Wir haben heute – und das möchte ich zum Abschluss sagen – noch einmal die Chance gehabt, ein wenig abseits von den parteipolitischen Auseinandersetzungen, die auch sein müssen, hier eine Antwort zu geben auf wichtige Probleme im Zusam­menhang mit dem Arbeitsmarkt, vor allem der Scheinselbständigkeit. Leider haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Regierung dafür nicht mehr die Kraft aufgebracht hat. Ich kann nur sagen, wie auch in anderen Bereichen, auch da hätte Österreich besser regiert werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

 


15.00.00

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege, Sie haben gerade gesagt, mit großem Engagement habe sich der Bundesrat mit der Materie auseinander gesetzt. Möglicherweise mit großem Enga­gement, aber auch mit einer sehr großen Ahnungslosigkeit haben die Initiatoren dieses Gesetz studiert und bemängelt, denn sie behaupten, dass der Schutz des österreichi­schen Arbeitsmarktes in Österreich aufgegeben wurde und die Scheinselbständigkeit zu wenig bekämpft wird. – Ganz das Gegenteil ist der Fall, denn wir haben mit diesem Gesetz Maßnahmen gesetzt, damit eben der österreichische Arbeitsmarkt geschützt wird!

Im Übrigen muss ich Ihnen von der SPÖ schon sagen, Ihre Hü-Hott-Politik kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Auf der einen Seite sagen Sie – das hat auch Herr Parnigoni bei der letzten Debatte im Parlament gesagt –: Es kommt durch unser Gesetz dazu, dass gut bezahlten österreichischen Arbeitnehmern schlecht bezahlte, abhängige, in Wirklichkeit auch schutzlose ausländische Arbeitskräfte gegenüber­gestellt werden. Auf der anderen Seite gibt es einen Antrag des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Burgenland, der darauf abzielt, dass mehr ungarische Arbeit­nehmer auf den Arbeitsmarkt kommen.

Da frage ich Sie schon: Was wollen Sie jetzt? Wollen Sie die österreichischen Arbeit­nehmer schützen, oder wollen Sie, dass mehr ausländische Arbeitskräfte nach Österreich kommen? Nach diesem Antrag des sozialistischen Wirtschaftsverbandes ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Cap.) – Herr Abgeordneter Cap, reden Sie einmal mit diesen Leuten! Die vertreten eine Politik, die wirklich nicht den österreichischen Arbeitnehmern dient. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Weil ich gesagt habe, große Ahnungslosigkeit hat die Bundesräte zu diesem Einspruch beflügelt: Es geht hier nicht um die Tischler und um die Spachtler, die aus Tschechien, aus der Slowakei kommen und hier arbeiten. Die sind überhaupt nicht davon betroffen. Es geht um jene, die aus den Nicht-EU-Staaten kommen, und die fallen überhaupt


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nicht unter den § 60 des NAG. 1 500 waren es im vergangenen Jahr. Also das ist nicht die große Gefahr, von der Sie sprechen, Herr Abgeordneter Parnigoni.

Ich bin deshalb dafür, dass die Fremdenpolizei jetzt eingeschaltet wird, denn es geht darum, dass man in jenen Fällen, wo man weiß, die braucht man nicht einzeln zu prüfen, Kolporteure beispielsweise, nicht das Arbeitsmarktservice bemüht, sondern jene Fällen, die völlig klar sind, entscheidet die Fremdenpolizei. Es geht zum Beispiel darum, zu verhindern, dass, so wie heute möglich, Prostituierte ein Visum in Moskau beantragen, um in Österreich als Prostituierte zu arbeiten. Das wollen wir verhindern.

In Zukunft kann eben die Fremdenpolizei bei diesen klaren Fällen sagen, das wollen wir nicht, und man braucht das AMS nicht unnötig zu belasten. In Fällen, die unklar sind, wird selbstverständlich das AMS so wie bisher befragt.

Aus Erfahrung wissen wir, dass das AMS eine ziemlich großzügige Regelung betref­fend Beurteilung der Selbständigkeit hat. Beispielsweise wird immer noch vom Arbeits­marktservice gesagt, dass Go-go-Girls selbständig sind und ein Visum zur Ausübung dieser Tätigkeit kriegen. Das wollen wir nicht, weil wir wissen, dass damit Unfug getrieben wird, dass das in Wirklichkeit Prostituierte sind.

Nun zu den Erntehelfern und zu den Saisonniers, meine sehr geehrten Damen und Herren. Es wird bei dem Einspruch völlig übersehen, dass durch diese Bestimmung, die abgelehnt wird, der Zugang besser kontrolliert wird, und zwar deshalb, weil jetzt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von der Fremdenpolizei ausgestellt werden muss, und die entspricht genau einem Visum. Das heißt, die innerösterreichische Prüfung ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung. Es müssen alle Voraussetzungen für einen legalen Aufenthalt gegeben sein.

Die Saisonnier-Bestimmungen sind ex lege so definiert, dass sie nur für eine Tätigkeit von sechs Monaten gelten, und außerdem, dass diese Einreise visumfrei sein soll. Wir haben eben jetzt noch zusätzlich diese Überprüfung durch die Fremdenpolizei geschaf­fen. Ich glaube, das ist eine sehr gute Lösung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was eine Verringerung der Zahl der Saison­niers betrifft, da bin ich bei Ihnen: Ich bin auch dafür, dass die Quote verringert werden soll. Ich habe das immer wieder gesagt, der Frau Innenministerin, dem Herrn Innen­minister Strasser, dem Herrn Wirtschaftsminister, denn auch ich halte es mit Müntefering, der gesagt hat, die Langzeitarbeitslosen sollen die Arbeit machen, die jetzt die Saisonniers verrichten. Aber da müssen Sie uns unterstützen, dass wir eine Verringerung der Saisonnier-Quote durchsetzen können.

Ich denke, es ist ein gutes Gesetz. Wir bekennen uns zu diesen Restriktionen, die im Fremdengesetz beinhaltet sind, und wir werden diesem Einspruch nicht stattgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Frei­willige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. Restredezeit der Grünen: 19 Minuten. – Bitte.

 


15.05.21

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Vizekanzler! Wir werden diesem Einspruch selbstverständlich stattgeben, denn wir haben ja dieses Gesetz als einzige Partei in diesem Hohen Haus schon im Sommer abgelehnt.

Dass die Sozialdemokraten hier in die Falle gelaufen sind, das möchte ich nicht weiter kommentieren, habe ich damals schon getan, als erstmals diese Novelle hier im Hohen


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Haus zur Diskussion stand. Das System, das da dahinter steckt, war schon bei der Beschlussfassung des so genannten Fremdenrechtspakets: Zuwanderung von Er­werbs­tätigen im Rahmen der Quote stoppen, so gering halten wie möglich, aber zig Hintertüren einführen, durch die man sie, wenn man sie doch braucht, doch irgendwie herbringt. Das hat die SPÖ im Fremdenrechtspaket mit beschlossen, gemeinsam mit der ÖVP – von F und BZÖ rede ich jetzt gar nicht –, mit der man keinen Pakt schließen kann, denn an dem Tag, an dem das Fremdenrechtspaket beschlossen wurde, kam sofort die Novelle mit dem Inhalt, der heute zur Diskussion steht. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Und es sei den Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ eine Lehre ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das Glockenzeichen galt nicht Ihnen, sondern dem telefonierenden Abgeordneten Glaser, dem ich beim nächsten Mal einen Ordnungsruf erteile. (Abg. Riepl: Warum erst beim nächsten Mal?)

Bitte, setzen Sie fort, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! – Jetzt habe ich ein bisschen den Faden verloren. Ich wende mich nun nicht weiter der SPÖ zu, sondern in dem Fall dem Novellen-Chaos der Regierung.

Meine Damen und Herren! Seit 1. Mai 2004 wurden insgesamt zwölf Mal, einschließ­lich heute, im Hohen Haus Novellen zu AusländerInnengesetzen beschlossen, zwischen 1. Mai 2004 und 21. Dezember 2005. Frau Bundesministerin! Das ist ein so kurzer Zeitraum, das ist eine parlamentarische Vorgangsweise, für die man sich wirklich genieren muss. Da können Sie nichts dafür, denn Sie sind nicht Abgeordnete, aber Sie sind diejenige, die die politischen Vorgaben macht und die dieses Chaos verursacht.

Zwölf Mal Fremdengesetz-Angelegenheiten im Hohen Haus! Und dann kommt der Obmann der zweiten Regierungspartei – sie ist marginal, aber sie ist Regierungs­partei – und lädt zum Reformdialog in Sachen Ausländerpolitik ein. Ja bitte, das ist ja das Eingeständnis des eigenen Chaos, der eigenen Politikunfähigkeit! Das ist das Eingeständnis dessen, dass man zwölf Mal novelliert und dann zugeben muss, wir sind mit unserem eigenen Anspruch und mit den Novellen gescheitert. Das ist in diesen letzten 17 Monaten insgesamt zwölf Mal vom Hohen Haus absanktioniert worden, denn inhaltlich tief schürfende Diskussionen gibt es ja nicht mehr, siehe Diskussion zum Staatsbürgerschaftsgesetz: Regierungsvorlage, Fristsetzung, kurze Ausschusssitzun­gen – damit ist das alles abgehandelt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Drei Tage wurde gere­det!) Dann kommt man darauf – und ich warte ja schon auf die Novelle zum Staats­bürgerschaftsgesetz, vielleicht kommt sie noch, bevor es überhaupt in Kraft tritt –, was man da eigentlich produziert hat.

Es ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten, wenn es nicht einen so ernsthaften Inhalt hätte und wenn es nicht schon Opfer dieses Novellen-Chaos gäbe. Und diese Opfer gehören Bevölkerungsgruppen an, die wahrlich nicht zu den besonders Privilegierten in dieser Republik gehören. (Beifall bei den Grünen.) Das sind nämlich Gastarbeiter, Angehörige von GastarbeiterInnen, ZuwanderInnen, Flüchtlinge, anerkannte Flüchtlin­ge, Menschen im Asylverfahren, Menschen, die Non-Refoulement-Status haben, insgesamt immer Menschen in prekären aufenthaltsrechtlichen Verhältnissen.

Das alles wird dann begleitet von einer Musik, die schier unerträglich ist, wo man dann rechtsstaatliche Institutionen wie den Unabhängigen Bundesasylsenat in Misskredit bringt und diskreditiert. – Frau Bundesministerin! Dass Sie sich gefallen lassen, wie über den UBAS von Ihrem Koalitionspartner, von einigen, nicht nur von Haider, herge­zogen wird, wie dieser wahrlich in den Dreck gezogen wird, in den rechtsstaatlichen, das verstehe ich nicht.


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Dann kommt Bundeskanzler Schüssel und doppelt in der „Pressestunde“ noch eins drauf. So unverhohlene Sympathien für ausländerfeindliche Politik wie diesen Sonntag zwischen 11 und 12 Uhr im ORF habe ich von einem Bundeskanzler dieser Republik noch nie gehört! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, da würde ich mir Sorgen machen, das ist nämlich Ihr Chef! Das BZÖ ist das eine, die F das andere – aber das ist die staatstragende und in dem Fall jetzt sogar europatragende Österreichische Volkspartei, repräsentiert durch Bundes­kanzler Wolfgang Schüssel?! Mir wird mulmig, wenn ich mir das jetzt noch einmal vergegenwärtige, was da letzten Sonntag im ORF aus dem Mund des Bundeskanzlers gekommen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Fragen Sie die Bevölkerung! Fragen Sie die Leute, was die wollen!)

Frau Bundesministerin, jetzt lasse ich den Bundeskanzler beiseite und wende mich noch ganz kurz Ihnen zu. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Der Bevölkerung wird mulmig, wenn sie Sie reden hört! Fragen Sie die Bevölkerung, was die möchte!) Wir haben konstruk­tiv, wie die Opposition ist – die grüne Opposition, denn die anderen waren ja alle im Boot beim Fremdenrechtspaket –, Sie in Ihren Überlegungen, einen Asylgerichtshof einzurichten, unterstützt. Es hat von allen Parteien Zustimmung zu einer Entschließung gegeben. Es sind Monate vergangen, und ich habe nie mehr etwas davon gehört, weder von Ihnen noch von sonst irgendjemandem; da herrscht Stillstand.

Finden Sie, Frau Bundesministerin, dass das Kooperation ist, wenn das gesamte Hohe Haus Sie in einem Vorhaben unterstützt und dann das Hohe Haus im Regen stehen gelassen wird und man nie mehr etwas davon hört?

Meine Redezeit ist bedauerlicherweise um. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Gott sei Dank!) Ich hätte noch vieles mit Ihnen, Frau Bundesministerin, zu besprechen, aber ich zweifle nicht daran, dass wir wieder Gelegenheit haben werden im neuen Jahr. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Schreiben Sie einen Christkindl-Brief!) Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Denken Sie an jene, die unmittelbar und mittelbar Opfer Ihrer Fremdenrechtsgesetzgebung sind! Ich wünsche Ihnen ein erfolgreicheres neues Jahr! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kapeller. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.12.29

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesrat hat das Fremdenrechtspaket in Bausch und Bogen abgelehnt, die Gründe wurden heute schon mehrmals angesprochen. Ich denke, Ihr Verhalten ist kurzsichtig und auch gefährlich, denn Sie von der Opposition gefährden mit Ihrer Blockadepolitik die Sicherheit Öster­eichs. Sie blockieren nämlich damit ein faires und zukunftsorientiertes Gesamtwerk, nämlich nicht nur dieses Gesetzespaket, sondern auch schon einige andere.

Würden wir jetzt keinen Beharrungsbeschluss fassen, würden Sie den Erntehelfern und den Saisonniers eine Visumspflicht auferlegen, obwohl grundsätzlich eine visums­freie Einreise möglich wäre: Bürokratie pur und noch dazu Schaden für unsere Bauern und Schaden für den Tourismus.

Zum zweiten Ablehnungsgrund: Die kurzfristige Selbständigkeit dieser Menschen in Österreich zur Erfüllung eines Werkvertrages würden Sie vom AMS gern im Vorfeld prüfen lassen. Ich denke, aus der Praxis kann man eines sagen, nämlich dass nur die KIAB vor Ort, auf den Baustellen, bei den Betrieben tatsächlich Scheinselbständigkeit effektiv überprüfen kann. Sie aber blockieren nur.


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Die Menschen haben auch in meinem Grenzbezirk berechtigt Angst vor illegaler Zuwanderung, vor illegalen Grenzübertritten und der damit verbundenen Kriminalität. Die Menschen in St. Georgen oder Traiskirchen haben berechtigt Sorge betreffend Asylmissbrauch. Und dieses Fremdenrechtspaket, auf dem wir zur Sicherheit der Menschen beharren werden, wird diese Sorge zerstreuen und Sicherheit für alle schaffen. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie blockieren dieses Gesamtwerk aus rein parteipolitischem Kalkül mit faden­scheini­gen Begründungen. Mit Ihrer Blockade gefährden Sie die Sicherheit unserer Bürger. Sie konterkarieren die Arbeit unserer Polizei, und Sie schaden unserer Wirtschaft, den Bauern und dem Tourismus. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Parnigoni. 5 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


15.14.42

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist ja schon sehr viel gesagt worden. Ich halte fest, der Bundesrat hat in seiner Begründung Folgendes ausgeführt: Das am 7. Juli beschlossene Gesetz hat hinsicht­lich jener Drittstaatsangehörigen, die eine Aufenthaltsbewilligung als Selbständige aus­gestellt haben möchten, normiert, dass in jedem Einzelfall die regionale AMS-Geschäftsstelle prüft, ob es sich da um eine selbständige Tätigkeit handelt, damit man eben Scheinselbständigkeit verhindert, und vor allem auch prüft, ob diese Tätigkeit aus wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten im Interesse Österreichs liegt und die Ausübung dieser Tätigkeit keine Umgehung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes darstellt.

Ich führe das deshalb so genau aus, weil gerade dieser Punkt auch ein Teil der politischen Vereinbarung zwischen den Regierungsparteien und der Sozialdemokratie war, die dann auch im Rahmen der Fremdenrechtsnovelle beschlossen worden ist. Und ich halte es wirklich für ein befremdliches Erlebnis, dass einen Tag danach dieser Pakt, diese politische Vereinbarung von der ÖVP gebrochen worden ist, denn am 8. Oktober haben Sie einen Antrag eingebracht, in dem Sie sich vom Schutz des österreichischen Arbeitsmarktes und der österreichischen ArbeitnehmerInnen de facto verabschieden. (Ruf bei der SPÖ: Unglaublich!) Und das, meine Damen und Herren, kann es ja wohl nicht sein.

Am 19. Oktober haben Sie dann diesen Antrag in Form einer Novelle durchgepeitscht. Das kam dann in den Bundesrat und ist jetzt wieder bei uns gelandet.

Hohes Haus! Kollege Leutner hat ja schon sehr genau ausgeführt, welche Auswir­kungen das für die Arbeitnehmer haben wird. Es ist auch für mich verwunderlich, dass die ÖVP nicht auf die eigene Wirtschaftskammer hört, die sich permanent schon über die Scheinselbständigen aus den EU-Staaten beschwert. Und jetzt wird das Tor aufgestoßen, dass auch noch Scheinselbständige aus den Drittstaaten ins Land hereinkommen können. Also das ist für mich sehr eigenartig.

Ich vermisse auch Herrn Bartenstein hier auf der Regierungsbank, der das ja die ganze Zeit betrieben hat.

Frau Bundesministerin, zumindest einen Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen, nämlich dass Sie sich gegen Bartenstein in dieser Frage nicht durchgesetzt haben und dass Sie es zugelassen haben, dass Herr Bartenstein und die gesamte Regierung in Ihre Rechtsmaterie, die Sie zu verantworten haben, ganz einfach hineinregieren.

Zum Zweiten: Kollege Kößl hat einen Antrag eingebracht, dass ein Beharrungs­beschluss, um es einfach zu sagen, gefasst wird, und diese Vorgangsweise ist eine


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sehr eigenartige. Der Beharrungsbeschluss beim Postgesetz fußt darauf, dass der zuständige Ausschuss getagt hat und, wie wir in der vorigen Debatte gehört haben, den Antrag gestellt hat, dass der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates wiederholt wird.

Meine Damen und Herren! Ich halte fest, es ist im Geschäftsordnungsgesetz in § 77 Abs. 1 klar geregelt:

„Einsprüche des Bundesrates gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates werden dem Nationalrat durch den Vorsitzenden des Bundesrates schriftlich mitgeteilt (...) und vom Präsidenten in der auf die Verteilung nächstfolgenden Sitzung einem Ausschuss zugewiesen. Der Ausschussantrag hat entweder die Wiederholung des ursprünglichen Gesetzesbeschlusses oder einen neuen Gesetzesvorschlag zum Gegenstand.“

Ich vermisse diese Ausschusssitzung, denn es hat zugleich eine Fristsetzung gegeben, und es ist so, dass auf diese Tagesordnung, ohne dass der Innenausschuss befasst worden ist, dieser Beharrungsbeschluss gekommen ist. Und das, meine Damen und Herren, widerspricht dem § 77 Abs. 1 des GOG und auch dem Abs. 2 des § 77. Daher bin ich sehr verwundert, dass diese Vorgangsweise hier stattfinden kann.

Ich halte fest, dass dieser Beschluss, wenn er gefasst wird, nicht geschäfts­ordnungs­mäßig ist, und fordere den Präsidenten des Nationalrates auf, diesen Beschluss zu verhindern, weil er ... (Abg. Neugebauer: Der hört nicht zu!) – Der hört mir nicht zu, der Präsident – danke, Kollege Neugebauer! –, aber ich hoffe, er kann meine Aus­führungen zumindest mit einem halben Ohr mitverfolgen. Ich protestiere gegen diese Vorgangsweise, dass der Präsident zulässt, dass es hier zu einem Beschluss kommt, der nicht von der Geschäftsordnung gedeckt ist. Und ich fordere ihn auf, diesen Beschluss nicht zuzulassen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Dieses Geschäftsordnungsproblem war gerade Gegen­stand meiner Beratung mit dem Autor eines Kommentars.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 


15.20.08

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Kollege Parnigoni hat, wenn man seine Rede kurz Revue passieren lässt, vor allem im ersten Drittel klar und für alle verständlich ausgedrückt, dass die ganze Blockadeaktion im Bundesrat nur daher rührt, dass sich die SPÖ beleidigt zurückzieht, und zwar deshalb, weil die Bundesregierung sich auf Grund von verschiedenen Notwendigkeiten, die schon längst dargelegt worden sind, letztes Mal und auch heute, entschlossen hat, dieses Gesetz zwar sehr rasch, aber doch zu ändern.

Aber das ist nun einmal die Mentalität einer Sozialdemokratie. Lassen Sie mich einmal ganz kurz die beiden Seiten darstellen. (Abg. Mag. Wurm: War das ein Antrag von Abgeordneten oder war das die Bundesregierung?)

Auf der einen Seite teile ich die Sorge der Sozialdemokratie, dass mit versteckter oder nicht versteckter Zuwanderung ein Druck auf den inländischen Arbeitsmarkt entsteht. Das ist sehr löblich, aber auf der anderen Seite – und deshalb muss ich noch einmal kurz replizieren auf das, was meine Kollegin Dr. Partik-Pablé angemerkt hat – ist es schon amüsant, wenn es da – und man muss einfach den ganzen Text lesen – seitens des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes Burgenland heißt:

Betrifft: „Abschaffung der Einschränkung für EU-Bürger in Österreich zu arbeiten“. Und weiter: „Der Arbeitsmarkt im Burgenland bietet burgenländischen Unternehmen immer weniger qualifizierte Mitarbeiter am Arbeitsmarkt an. In benachbarten EU-Ländern sind


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diese noch vorhanden. Durch die bestehenden Einschränkungen, besonders für Arbeitskräfte aus Ungarn ist es zurzeit nicht möglich die benötigten Mitarbeiter zu engagieren“, und deshalb folgender Antrag seitens der Wirtschaftskammer Burgen­land: „Die Einschränkung für ungarische Arbeitnehmer, im Burgenland zu arbeiten aufzuheben, um so den Wirtschaftsstandort und die bestehenden Betriebe zu stärken.“

Für die SPÖ wäre es wirklich an der Zeit, sich zu orientieren, was sie denn tatsächlich will: entweder so oder so. Aber diese Hü-hott-Politik, die Sie andauernd an den Tag legen (Zwischenruf des Abg. Parnigoni), wird damit wieder einmal ganz klar bewiesen. Und weil Kollege Parnigoni schon anfängt, dazwischenzurufen, möchte ich Sie an Ihre Aussage bei der letzten Plenarsitzung erinnern, Herr Kollege: „Meine Damen und Herren! Sie haben ... Ihre Sensibilität gegenüber den ArbeitnehmerInnen einfach verloren.“ – Genau das gilt für die SPÖ! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Parnigoni, ich möchte auf die von Ihnen aufgeworfene Rechtsfrage antworten. Wir haben den Fall, dass der Ausschuss trotz Fristsetzungsantrag keinen rechtzeitigen Bericht an den Nationalrat legt. In diesem Fall ist die Interpretation, die ich der Geschäftsordnung, unterstützt vom Rechts- und Legislativdienst dieses Hauses, gebe, folgende:

In diesem Fall sind im Plenum nur zwei Anträge möglich. Es kommt auf die Tages­ordnung, aber man kann den Antrag auf Wiederholung des ursprünglichen Gesetzes­beschlusses stellen oder den Antrag auf Rückverweisung. Anderes ist geschäftsord­nungsmäßig nicht möglich.

Das ist meine Interpretation, gestützt vom Rechts- und Legislativdienst (Abg. Parni­goni: Muss ich zur Kenntnis nehmen!), und damit habe ich, glaube ich, auf Ihre Frage geantwortet; wahrscheinlich nicht zu Ihrer Zufriedenheit (Abg. Parnigoni: Das erkennen Sie richtig!), aber es ist nun einmal so.

Ich kenne Sie, Herr Abgeordneter, und seit vielen Jahren arbeiten wir ja erfolgreich zusammen. (Heiterkeit. – Abg. Parnigoni: Das tut weh!)

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mag. Weinzinger. Ihre Redezeit beträgt 4 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 12 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


15.23.36

Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Herr Präsident, ich nehme an, dass Sie nicht nur in Sachen der Geschäftsordnung nicht auf das Einverständnis des Kollegen Parnigoni stoßen, sondern vielleicht auch bei der Interpretation des Wortes „erfolgreich“ geteilte Meinungen vorliegen könnten. (Abg. Parnigoni: Danke!) Jedenfalls nehmen wir Ihre Geschäftsordnungsauslegung zur Kenntnis.

Erlauben Sie mir aber trotzdem, das fernab der legistisch-geschäftsordnungsmäßigen Ebene politisch zu bewerten. Politisch halte ich es für einen schweren Verlust für den Parlamentarismus, wenn man Beschlussmaterien ohne eine Ausschussberatung auf die Tagesordnung nimmt. Ich bedauere das zutiefst, und ich hätte gerade in diesem Punkt sehr wohl guten Grund gesehen, nochmals Ausschussberatungen vor einer Beschlussfassung durchzuführen.

Ich darf in diesem Zusammenhang, zumindest im Namen meiner Fraktion, die Vor­würfe, der Bundesrat hätte in großer Ahnungslosigkeit gehandelt, zurückweisen. Ich halte das für keinen geeigneten Umgangston zwischen National- und Bundesrat. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Jessas na!) Frau


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Kollegin! Ich werfe sie nicht einmal Ihnen vor, die große Ahnungslosigkeit, wir haben nur unterschiedliche politische Meinungen und Einschätzungen.

Aber zurück zur Sache. Ein wesentlicher Punkt der Rückverweisung war ja das Thema Arbeitsmigration, das in aller Doppelbödigkeit geregelt und debattiert wird; das muss man auch ganz offen sagen. Und an die Adresse der SPÖ gewandt: Mein Mitleid mit Ihnen bezüglich des Paktbruchs hält sich ehrlich gestanden in Grenzen. Wer sich mit dieser Regierung in ein Gesetzesbett legt, darf nicht weinen, wenn er danach schlecht schläft. Es war Ihre Entscheidung, das so zu machen, und Sie werden jetzt auch mit den Konsequenzen leben müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben Ihre Zustimmung gegeben nicht nur zu einer ganzen Latte an asylrecht­lichen, menschenrechtlichen und sonstigen Fragwürdigkeiten, die in diesem Fremden­rechtspaket drinnen sind, sondern auch zu einer doppelbödigen Migrationspolitik, Arbeitsmigrationspolitik, wo die offizielle Devise lautet: Grenzen zu, bloß niemand herein, Abschottung des Arbeitsmarktes! – Wie sich das mit dem europäischen Gedan­ken verträgt, müssen Sie mir dann irgendwann einmal erklären. – Gleichzeitig aber sagt diese Regierung: Hintertüren sperrangelweit auf, bloß keine transparente Einwan­derung, jedenfalls aber dort, wo es sich die Wirtschaft wünscht.

Ich halte das für eine mehr als bedenkliche Vorgangsweise. Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass wir offen zugeben: Ja, Österreich braucht Arbeitsmigration, in bestimmten Bereichen, für bestimmte Zielsetzungen. Und ja, wir wollen, dass Menschen nach Österreich zuwandern können, und wir wollen ein klares und transparentes Verfahren, wie das geregelt wird. Wir brauchen keine Hintertür-Aktionen, wir brauchen nicht diesen ausländerfeindlichen Ton mitzutransportieren, wie das – meine Kollegin Stoisits hat das schon angemerkt – in unbeschreiblicher Art und Weise auch vom Bun­deskanzler getan wird.

Sie verweigern diese Debatte völlig, und ich habe sie auch seitens der SPÖ bislang nicht gehört. Ich hoffe, dass es vielleicht doch einmal eine ehrlichere Migrationspolitik in Österreich geben wird, und stelle nur für alle, die heute einen Beharrungsbeschluss fassen wollen, fest: Sie beharren auch auf ausländerfeindlichen, menschen­rechtsfrag­würdigen Dingen, wie zum Beispiel einer Zwangsernährung. Das sollten Sie sich gerade in der besinnlichen Zeit vor Weihnachten gut überlegen. (Beifall bei den Grünen.)

15.27


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Tamandl 3 Minuten zu uns. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin. (Abg. Dr. Cap: Das Schwert aus Simmering! Das schwarze Schwert!)

 


15.27.30

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Parnigoni! Unsere Fraktion hat sehr wohl in der Woche vom 13. bis 16. zwei Termine angeboten, weil wir natürlich auch der Meinung sind, dass im Ausschuss diskutiert werden soll. Diese Termine wurden leider von der SPÖ abgelehnt, und da eine Frist gesetzt ist, muss dieser Tagesordnungspunkt natürlich heute auch ohne Ausschussberatungen im Parlament beraten werden.

Aber jetzt zur Sache. Betrachten wir nur einmal Wien. Ich habe vorhin gehört: Sim­meringer Abgeordnete, aber ich bin natürlich auch Wiener Abgeordnete. In Wien allein sind 17 Prozent der Fläche von rund 900 bäuerlichen landwirtschaftlichen Betrieben bearbeitet. Weiters hervorstechend ist hier der Gemüseanbau. Jährlich werden rund 50 000 Tonnen Frischgemüse produziert und werden die Wienerinnen und Wiener mit


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qualitativ hochwertigen Produkten versorgt. (Abg. Krainer: Auch in Niederösterreich!) Aber in Wien halt auch.

Wien benötigte dafür im Jahr 2005 850 Saisonarbeitskräfte und 130 Erntehelfer. Diese Erntehelfer und Saisonniers kommen hauptsächlich aus dem Bereich Rumänien, Bulgarien und Kroatien zu uns, und für Personen aus diesen Ländern gibt es keine Visapflicht für die Einreise nach Österreich. Daher ist es auch notwendig, dass das Arbeitsmarktservice jetzt eine Beschäftigungsbewilligung nach Vorliegen einer Unbe­denk­lichkeitsbescheinigung ausstellen kann, weil das auch für diese Gärtner, auch in Wien, aber natürlich speziell für die Landwirte sehr notwendig ist. Und gemäß dem unverändert beibehaltenen § 5 Abs. 6 Ausländerbeschäftigungsgesetz ist das Arbeits­markt­service weiterhin ermächtigt, Beschäftigungsbewilligungen mit einer Maximal­dauer von sechs Monaten zur Erleichterung von Kontrollen im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen.

Ich meine, wir haben auch hier sehr intensiv darüber diskutiert, und ich kann Ihnen versichern: Mit dieser Regelung ist der Arbeitsmarkt sicherlich nicht zusätzlich belastet, denn von der Quote her ist kein einziger Erntehelfer oder Saisonnier dazugekommen. Diese Zahl ist festgelegt, und man weiß auch ganz genau, dass die entsprechende Frist von sechs Monaten einzuhalten ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir können – und in Wien ist das ja auch immer der Fall – nicht immer nur unsere guten Produkte loben, Produkte unserer Gärtner, Winzer und Landwirte, sondern wir müssen auch etwas dafür tun, dass sie ihre Betriebe, ihre Landwirtschaften bewirtschaften können. Wir können nicht immer nur reden, nicht immer loben, sondern wir müssen für die Betreffenden auch Rahmen­bedingungen schaffen, damit sie anständig arbeiten können für gesunde Produkte für die Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. Redezeit: bis zu 5 Minuten. (Abg. Dr. Jarolim: Ich glaube, dass die Rechtsansicht von Zögernitz nicht stimmt, Herr Präsident!)

 


15.30.36

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Das Problem ist, Frau Tamandl, dass wir im Juli ein Fremdenrechtspaket mit der ÖVP, mit dem BZÖ verhandelt haben und Sie nicht paktfähig sein können oder sein wollen in diesem Fall: Sie haben keine Handschlags­qualität bewiesen. Das ist das Problem in diesem Fall. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber lassen Sie mich zu etwas anderem kommen und mich die Gelegenheit nutzen, Frau Ministerin, Ihnen einen Verein vorzustellen, den Verein ARGE Schubhaft. Sie haben es geschafft, dass dieser Verein beziehungsweise Ihr Ministerium in den Schlagzeilen ist, vor allen Dingen bei uns im Westen des Bundesgebietes, in Tirol.

Was ist denn der Verein ARGE Schubhaft? Der Verein ARGE Schubhaft ist ein Verein, der seit acht Jahren sehr gute Arbeit leistet. Er hat in den letzten acht Jahren zirka 10 000 Flüchtlinge betreut. Der Vereinsvorstand setzt sich zusammen aus Menschen, die vor allem mit dem Bereich der Flüchtlingsbetreuung zu tun haben, die psycho­soziale Betreuung machen – ob das SozialarbeiterInnen sind, ob das PsychologInnen sind, ob das JuristInnen, DolmetscherInnen und so weiter sind.

Der Verein macht also die sensible Betreuung in diesem Bereich bei uns im Bun­desland Tirol. Nun hat sich dieser Verein wie jedes Jahr um eine Verlängerung beworben. Bis heute, Frau Ministerin, weiß der Verein noch nicht, ob man wieder einen Zuschlag bekommt oder nicht. Nur Herr Ecker vom Verein Menschenrechte Öster-


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reich weiß offensichtlich, dass er derjenige ist, der in Zukunft die Flüchtlinge in Tirol zu betreuen hat.

Halten Sie das für eine faire Vorgangsweise, Frau Ministerin? Finden Sie es in Ordnung, dass ein Verein, der gute Arbeit geleistet hat, dass die zwei Halbtags-Mitarbeiterinnen, die dort arbeiten und die selbstverständlich Miete zahlen müssen für ihre Lokalität, bis heute noch nicht wissen, dass sie es aus den Zeitungen erfahren müssen, dass dieser Verein in Zukunft nicht mehr die Rechtsgrundlage und auch nicht mehr die entsprechenden Mittel hat? Finden Sie das in Ordnung, Frau Ministerin?

Jetzt sage ich das auch zu Ihnen als Tiroler Abgeordnete – und ich hoffe, auch der Präsident hört zu –: Ich sehe es überhaupt nicht ein, dass wir eine gut funktionierende Einrichtung in Tirol haben, und dann sollen wir bedient beziehungsweise beglückt werden von einer Firma, die in Oberösterreich und in Wien ihre Dienste tut. Wieso kann das nicht vor Ort jemand machen? Wieso kann das nicht eine Organisation machen, die sich auskennt in der Region, die die entsprechenden Vernetzungen bei den verschiedenen Organisationen hat, die selbstverständlich mit der Polizei zusam­mengearbeitet hat, die in die verschiedenen Bereiche entsprechende Verbindungen hat? Das ist Zentralismus in Reinkultur, Frau Ministerin! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn nun derjenige, der den Zuschlag bekommen soll, sagt – oder auch Ihr Presse­sprecher, Herr Rauch, spricht davon –, der Verein verfüge über muttersprachliche Betreuer, und andererseits werden genau diese Betreuer per Inserat gesucht, und wenn dann auch von Ihrem Ministerium, vom Pressesprecher, gesagt wird, unter anderem wird es eine Rückkehrberatung geben, dann frage ich Sie: Warum war denn das nicht Vertragsbestandteil schon bei der Ausschreibung? Das ist ja auch ein Problem.

Der nächste Widerspruch – auch darauf möchte ich Sie noch aufmerksam machen –: Es sind nicht nur Vertragsbedingungen geändert worden, sondern Sie haben auch Ihre eigene Fachabteilung overruled, mehr oder weniger düpiert, denn es gibt eine eindeutige Empfehlung der Fachabteilung, der Frau Dr. Schrefler, diesen Verein, den Tiroler Verein, weiter zu betrauen.

Frau Ministerin, es war kein gutes Weihnachtsgeschenk, diesen Brief abzuschicken. Bisher haben ihn die Frauen und Männer von der ARGE Schubhaft ja noch nicht erhalten. Ich möchte wirklich an Sie appellieren, weiterhin die Flüchtlingsbetreuung im Land Tirol zu belassen, diesen bewährten Verein weiterhin zu beauftragen, diese sehr sensible Arbeit weiterhin zu leisten. Ich glaube, das würde nicht nur mir gefallen, es sind am heutigen Tag Tausende Unterstützungserklärungen eingelangt. Es wäre eine nette Geste, es wäre ein schönes Weihnachtsgeschenk nicht nur für die Vereinsmit­glieder, sondern auch für die Schubhäftlinge und für alle, die dort ehrenamtlich tätig sind. Es sind ja dort sehr viele ehrenamtlich tätig gewesen; dieser Verein verfügt zum Beispiel über ein Dolmetscherpool, das 24 Sprachen „spricht“.

Es ist dies eine wirklich gut gelungene Koordination zwischen Zivilgesellschaft und Behörden. Frau Ministerin, gehen Sie vielleicht einen Schritt zurück und geben Sie diesem Verein den Zuschlag! – Ich danke Ihnen.

Und: Frohe Weihnachten! (Beifall bei der SPÖ.)

15.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schöls. Auch er spricht bis zu 3 Minuten. – Bitte.

 


15.36.24

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eigentlich erschütternd, wie tief eine


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ehemalige Kanzlerpartei sinken kann, die für den Populismus alles gibt und die, wie wir erst gestern wieder feststellen konnten, selbst auf den Rat eines aus ihren Reihen kommenden Bundespräsidenten nicht mehr hört und diesen Rat negiert, wenn es darum geht, populistisch zu sein.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Als ehemaliger Präsident des Bundesrates tut es mir Leid, dass die Länderkammer dieses Fremdenrechtspaket abgelehnt hat, denn die Aufgabe des Bundesrates ist es, Länderinteressen zu vertreten und nicht Parteiinteressen. (Beifall bei der ÖVP.)

Und wenn Sie heute von der Scheinselbständigkeit reden: Es ist auch uns ein Anliegen, dass hier entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, aber Sie bringen Scheinargumente – um nicht zu sagen, Sie sind scheinheilig –, um hier ganz einfach wieder billig und populistisch unterwegs zu sein. (Abg. Mag. Wurm: „Scheinheilig“ hat er gesagt!) Denn während Sozialisten in Europa, von Kommissar Špidla angefangen über andere sozialistische Sozialminister – ich nehme „scheinheilig“ gleich vorweg zurück, Frau Kollegin Wurm, wenn es Sie stört; ich habe bis jetzt noch keinen Ord­nungsruf erhalten und brauche auch in der Weihnachtssitzung keinen –, während also Sozialisten in Europa sehr salopp mit dem Arbeitsrecht umgehen, stellen Sie sich in den Nationalstaaten her und tun so, als ob Sie das alles nichts anginge.

Ich darf Ihnen nur ein Beispiel bringen. Vergangene Woche hat es in Groß-Enzersdorf ein Problem gegeben mit der Firma Eskimo-Iglo. Während wir versucht haben, hier Arbeitsplätze zu sichern, das Land Niederösterreich hier Maßnahmen gesetzt hat, hat sich der SPÖ-Bürgermeister von Groß-Enzersdorf, der gewusst hat, dass es wichtig ist, zur Rettung des Betriebes dabei zu sein, zu Hause eingesperrt; Landeshauptmann Pröll hat ihn mit der Polizei ausheben lassen müssen. So viel zur Verantwortung.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, ich möchte aber, weil wir mit diesem Fremdenpaket auch die Grenzsicherung machen, die Gelegenheit nutzen, um jenen Soldatinnen und Soldaten, die im Assistenzeinsatz am 24. Dezember unterwegs sind, danke zu sagen dafür, dass sie auf den Heiligen Abend verzichten, um im Interesse der österreichischen Sicherheit tätig zu sein. (Beifall bei der ÖVP.)

15.39


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist derzeit Herr Abgeordneter Mag. Darabos. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten; die Restredezeit der Fraktion 17 Minu­ten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


15.39.20

Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Herr Kollege Schöls, jeder soll den Bundespräsidenten als Zeugen aufrufen, nur die Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP nicht. Ich könnte Ihnen nämlich viele Beispiele aus dem Wahlkampf erzählen, die belegen, wie nieder­trächtig Sie ihn behandelt haben. Ihn jetzt hier als Zeugen aufzurufen, das halte ich einfach für geschmacklos. (Beifall bei der SPÖ. – He-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Großruck: „Scheinheilig“?!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege! Das Wort „niederträchtig“ werden wir heute vielleicht zurücknehmen, bitte.

 


Abgeordneter Mag. Norbert Darabos (fortsetzend): Ich nehme das Wort „nieder­trächtig“ zurück, aber besonders gut wurde er nicht behandelt von der ÖVP. Ich hoffe, diese Formulierung geht noch durch.

Ich habe schon beim letzten Mal gesagt, in Ihrer Politik ist ein Auseinanderklaffen zwischen Sein und Schein zu bemerken. Das gilt für die Sicherheitspolitik, das gilt aber genauso auch für diesen Bereich des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Wenn


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das Thema nicht so ernst wäre, könnte man ja fast sagen, dass die Vernebelungs­taktiken von BZÖ, ÖVP und teilweise auch von den Grünen jetzt in den Debatten­beiträgen witzig sind, aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es passt einfach nicht zusammen, der Inhalt dieses Gesetzes mit dem, was Sie in der Öffentlichkeit immer wieder sagen.

Die Debatte ist in den letzten Tagen im Bereich der Beschäftigungspolitik, vor allem im Hinblick auf die Ausländerbeschäftigung, insbesondere vom BZÖ, von der FPÖ, aber auch von der ÖVP – das wurde schon gesagt – nicht zuletzt durch die Äußerungen des Bundeskanzlers in der „Pressestunde“ besonders verschärft worden. Das Aufbauen von Feindbildern – hier 320 000 Arbeitslose und da 300 000 Ausländer in Österreich – ist eine Politik, die nicht besonders hygienisch ist und auf Ressentiments aus ist, die längst vergessen geglaubt sind.

Wenn ich Ihnen sage, dass Sie damit eigentlich nur von Ihrer verfehlten Arbeitsmarkt­politik ablenken wollen, dann kann man das auch an Zahlen ermessen: Seit dem Jahr 2000 hat sich die Jugendarbeitslosigkeit – um den einen Punkt herauszu­streichen – um 50 Prozent erhöht. Die Ausländerbeschäftigung für diese Steigerung verantwortlich zu machen, das ist nicht nur falsch, das ist auch nicht politisch hygienisch. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Realität in der Politik schaut ja ganz anders aus, Herr Kollege Molterer! Sie haben im Bereich des NAG nach Beschlussfassung ganz bewusst Liberalisierungs­maßnah­men hineinreklamiert, um dafür zu sorgen, dass der Druck auf den österreichischen Arbeitsmarkt stärker wird. Das ist in eine Reihe von Maßnahmen einzubetten.

Eine haben Sie setzen wollen, die nicht durchgehen konnte: Das war das Öffnen des Zivildienstes für EU-Bürgerinnen und -Bürger – das hätte im Sozialbereich verstärktes Lohndumping bedeutet.

Ein zweiter Bereich ist gestern offensichtlich in einer gemeinsamen Regierungssitzung zwischen Österreich und Ungarn – auch eine interessante Variante! – beschlossen worden: das Grenzgängerabkommen. Seit dem Jahr 2000, seit Sie in der Regierung sind, sind die Zahlen alleine im Burgenland vervierfacht worden. Sie haben zu verantworten, dass der Druck auf den österreichischen Arbeitsmarkt bewusst erhöht wird und damit österreichische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Problem haben, einen Arbeitsplatz zu finden!

Und nicht nur das, Sie haben ... (Abg. Öllinger: Was haben wir da vernebelt?) Ich höre ein bisschen schlecht. – Nein, Sie haben nur die Geschichte mit dem Mitleid vernebelt. Es geht eben nicht um das Asylgesetz, sondern es geht um das Paket Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.

Aber es ist auch eindeutig – ich bin froh, dass Herr Kollege Mitterlehner den Weg in den Sitzungssaal gefunden hat –, dass auch in Ihren Reihen durchaus hinter vorge­haltener Hand und teilweise auch öffentlich an der Richtigkeit dieses Beschlusses gezweifelt wird. Herr Kollege Mitterlehner hat in einem „Presse“-Interview gesagt, dass er keine Freude mit den neuen Selbständigen hat, die durch dieses Gesetz noch vermehrt werden können – er hat von den Polen gesprochen, aber jetzt geht es um weitere Staaten und Drittstaaten. Er spricht wörtlich von Scheinselbständigkeit und von der Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. – Herr Kollege Mitterlehner! Ich bin gespannt auf Ihr Abstimmungsverhalten im Nachhinein.

Zu den Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ: Ich bin da sehr viel gewohnt, aber dass Sie sich von der ÖVP hier in Geiselhaft nehmen lassen und dass Sie einem Gesetz zustimmen können, das den Druck auf den österreichischen Arbeitsmarkt in einem


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Ausmaß erhöht, das in der Summe der Maßnahmen unerträglich wird – ich bin neugierig, wie die FPÖ-Abgeordneten abstimmen –, verstehe ich überhaupt nicht.

Es gibt Umfragen, die sagen, 93 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher haben Angst um ihren Arbeitsplatz, aber nicht nur das, sie haben auch Angst um ihren Lohn! Sie haben Angst vor dem Druck auf den Arbeitsmarkt, sie haben Angst, dass sie den Lohn, den sie jetzt bekommen, in Zukunft nicht mehr bekommen können!

Wir haben jetzt heute durch den Beschluss des Bundesrates eine zweite Chance, das zu diskutieren, obzwar in aller Kürze. Ich appelliere an Sie: Überdenken Sie Ihre Haltung noch einmal, geben Sie jenen vernünftigen Argumenten eine Chance! Stim­men Sie nicht beharrend, sondern lehnen Sie dieses NAG ab! (Beifall bei der SPÖ.)

15.44


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Rada zu Wort gemeldet. 2 Minuten. Fakten gegen Fakten; keine politischen Reden!

 


15.44.56

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Schöls hat behauptet, die Gemeinde Groß-Enzersdorf beziehungs­weise deren Bürgermeister hätte sich zu Hause verschanzt.

Tatsache ist, er hat den Termin mit anderen Menschen versorgt, der Termin wurde ordnungsgemäß durchgeführt. (Abg. Scheibner: Das ist ja keine tatsächliche Berich­tigung!)

Tatsache ist aber auch, dass die Exekutive erstmals in dieser Republik eingeschritten ist, um einen demokratisch gewählten Bürgermeister ausfindig zu machen (Zwischen­ruf des Abg. Schöls), nur weil es Landeshauptmann Pröll will. (Beifall bei der SPÖ.)

15.45


Präsident Dr. Andreas Khol: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 in 1259 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Kößl, Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen einen Antrag eingebracht, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz geän­dert werden, zu wiederholen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Die Zustimmung wird mehrheitlich erteilt.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

15.46.554. Punkt

Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Manage-


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ment GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1257 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Hinsichtlich dieses Einspruches des Bundesrates wurde dem Familienausschuss eine Frist bis 19. Dezember 2005 zur Berichterstattung gesetzt. Die Verhandlung über diesen Gegenstand ist daher in dieser Sitzung aufzunehmen.

Ein Wunsch auf mündliche Berichterstattung wird nicht gestellt.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Lentsch. Sie hat sich eine Wunsch­redezeit von bis zu 4 Minuten erbeten. – Bitte.

 


15.48.08

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Faktum ist, dass wir am 19. Oktober hier im Hohen Haus ein Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ beschlossen haben. Am 1. Dezember kam der Einspruch des Bundesrates, das heißt, die Kolleginnen und Kollegen der Oppositions­parteien haben dagegen gestimmt. Schon, so muss man sagen, 20 Tage danach behandeln wir dasselbe Thema wieder hier im Hohen Haus.

Eigentlich müsste man hier die Sinnfrage stellen, denn die rot-grüne Blockadepolitik bringt eigentlich niemandem etwas, weder den Familien noch den Frauen draußen in der Bevölkerung. (Beifall bei der ÖVP.)

Das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf eignet sich wirklich nicht für billige Polemik, schon gar nicht drei Tage vor Weihnachten. (Abg. Dr. Einem: Dann lassen Sie es halt!)

Dass immer öfter Bereiche der Verwaltung ausgegliedert werden, ist der Zug der Zeit, denn starre Dienstposten sind nicht sehr hilfreich, wenn man etwas rasch umsetzen möchte. Ich denke, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht, ist es höchste Zeit, dass man zusätzliche Hilfe anbietet, dass man den Frauen draußen in der Bevölkerung hilft. (Abg. Eder: Nicht draußen, drinnen!)

Die SPÖ-Ministerinnen haben zu diesem Thema zwar sehr viel geredet und auch sehr viele Aktionen gesetzt, aber unter dem Strich ist nicht wirklich etwas herausgekommen. Das beste Beispiel dafür ist das Frauen-Volksbegehren, das eigentlich nichts gebracht hat, das nur eine Bankrotterklärung der SPÖ-Frauenpolitik und in der Folge auch der SPÖ-Familienpolitik dargestellt hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Mag. Kuntzl: Weil Sie nichts gemacht haben!)

Wenn Frau Sozialministerin Haubner jetzt Druck macht, was dringend notwendig ist, dann ist das gut so, denn wir brauchen rasch Maßnahmen, die Unterstützung der Wirtschaft und eine unbürokratische Organisation. Nur so können wir den Frauen bei ihrem täglichen Spagat zwischen Familie und Beruf helfen. Nur so können wir die Frauen und Familien draußen unterstützen.

Ausgliederungen sind an sich nichts Unanständiges. Geschätzte Damen und Herren von der SPÖ, fragen Sie einmal Ihren Bürgermeister Häupl in Wien oder Ihren Landeshauptmann Voves in der Steiermark (Zwischenruf des Abg. Gradwohl), beide werden Ihnen erklären, was es mit den Ausgliederungen auf sich hat.

Es wäre natürlich schön, geschätzte Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie drei Tage vor Weihnachten Ihren Widerstand gegen diese Gesellschaft „Fami-


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lie & Beruf Management GmbH“ aufheben würden – zu Weihnachten darf man sich ja etwas wünschen.

Abschließend möchte ich noch einmal wiederholen, was ich eingangs erwähnt habe: Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie eignet sich wirklich nicht für billige Polemik! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Er kennt die Geschäftsordnung ganz genau.

 


15.52.13

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sicher, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollegin Lentsch hat in Ihren Ausführungen behauptet, dass rot-grüne Blockadepolitik der Oppositionsparteien dieses Gesetz im Bundesrat beein­sprucht hätte.

Ich stelle tatsächlich richtig: Es war rot-grün-schwarze Blockadepolitik, denn die ÖVP-Bundesräte aus Vorarlberg haben ebenfalls dieses Gesetz beeinsprucht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

15.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Das war an der Grenze. (Rufe bei den Grünen: Nein! – Abg. Dr. Jarolim: Nein! Es war richtig, Herr Präsident!) Ich habe nicht gesagt, es sei keine tatsächliche Berichtigung. Ich habe gesagt: Es war an der Grenze. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen und der SPÖ.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.53.00

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Wobei man den Kollegen Öllinger korrigieren muss: Es war rot-grün-schwarze und blaue Blockade, denn es war ein freiheitlicher Bundesrat auch noch dabei. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Eder: Das ist sehr interessant!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Behandlung der Einsprüche des Bundes­rates heute hier im Nationalrat fällt mir schon auf, da ich auch Ihre Debattenbeiträge im Rahmen der vorigen Debatte gehört habe, dass „Mehrheit“ gleich etwas ganz anderes ist, wenn es nicht die eigene ist. Auch das zum Thema Blockade-Politik.

Zur Kollegin Lentsch: Bei dieser Regierungsvorlage geht es gar nicht darum, mehr für die Frauen, die Vereinbarkeit, die Familien zu tun, sondern darum, mehr für die Versorgung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu tun, und das möglichst schnell. Das ist bei der Behandlung dieser Vorlage hier im Haus zu einem großen Problem geworden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Lentsch: Das ist Ihre Sicht, Frau Kollegin!) – Das ist auch die Sichtweise, die in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dieser Sache dargestellt und diskutiert worden ist.

Der Bundesrat hat einen Einspruch erhoben, und zwar nicht aus Jux und Tollerei und Blockade und so weiter, sondern auf Basis der Stellungnahmen und der schwer wiegenden Bedenken, die im Zuge dieser Stellungnahmen vorgebracht wurden, die auch von verschiedenen Ländern, von Ihnen nahe stehenden Institutionen, wie der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung, dargestellt wurden. Ich hätte mir doch erwartet, dass man nach einem derartigen Prozess, in dem derartige Bedenken geäußert werden und auch Bundesräte aus Ihren Reihen dagegen stimmen, nicht noch einmal den Fehler begeht, das ganz schnell durch den Nationalrat durchzupeitschen,


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nur um einen Terminplan einzuhalten. Es würde sich nichts ändern, würde es ein, zwei oder drei Wochen später beschlossen.

Daher hätten wir uns eigentlich erwartet, dass wir uns, nachdem kein Ausschusstermin innerhalb weniger Tage, wie das von Ihnen eingefordert war, zustande gekommen ist, eine Spur mehr Zeit nehmen und das im Jänner noch einmal eingehend auf Basis der geäußerten Bedenken unter Anhörung von Experten beraten werden. Diese wenigen Tage mehr Zeit hätten die Beratungen durchaus vertragen und vielleicht wären auch gescheitere Ideen herausgekommen.

Ausschusssitzung hat keine stattgefunden, keine eingehenden Beratungen zum zwei­ten Mal hier im Nationalrat. Das hat sowohl eine politische Ebene als auch die Ebene der Geschäftsordnung. Die politische Ebene ist, dass Sie die Bedenken der zitierten Stellen weiterhin missachten.

Einer der Kritikpunkte, der immer wieder geäußert wurde, ist die fehlende Kontroll­möglichkeit durch die Volksanwaltschaft. Ich denke, dass Ihnen das nicht so wehtun sollte. Sie haben in den Beratungen immer wieder beteuert, dass das schon irgendwie gehen wird.

In diesem Sinne möchte ich an Ihre Bereitschaft anknüpfen und einen entsprechenden Entschließungsantrag einbringen. Es geht darum, dass die Volksanwaltschaft jetzt durch die Regierungsvorlage keine Kontrollmöglichkeit hat und dass wir durch diese Entschließung diese Möglichkeit schaffen könnten.

Der Antrag lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle durch die Volksanwaltschaft

„Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die neue „Familie & Beruf Management GmbH“ der vollen Kontrolltätigkeit der Volksanwaltschaft unterliegt und diese bei ihren Kontrolltätigkeiten aktiv bestmöglich zu unterstützen ist.“

*****

Ich denke, das kann kein besonderes Problem sein, und würde Sie doch ersuchen, das noch einmal zu prüfen und diesem Antrag zuzustimmen.

Die zweite Ebene ist, so wie in der vorherigen Debatte, die Ebene der Geschäfts­ordnung. Das finde ich schon sehr ernst, insbesondere im Zusammenhang mit der Behandlung dieser Vorlage, der eine Kette von Missachtungen von Rechtsstaatlichkeit und Parlamentarismus zu Grunde liegt.

Sie setzen heute den nächsten Schritt – das muss schon betont werden –, indem Sie unserer Auffassung nach – wir haben diese Frage eingehend geprüft – hier geschäfts­ordnungswidrig vorgehen. Unserer Ansicht nach – schauen Sie sich das bitte genau an, ich denke, das ist sehr eindeutig – ist ein Beharrungsbeschluss des Nationalrates nur auf Basis eines Antrages des entsprechenden Ausschusses möglich.


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Der Herr Präsident hat das bei der vorherigen Debatte schnell geprüft und eine meiner Meinung nach sehr wohlwollende Interpretation in dieser Causa abgegeben. (Zwi­schen­ruf des Abg. Dr. Jarolim. – Abg. Eder: Ja!) Ich würde Sie, Herr Präsident, doch bitten, sich diese Frage eingehender anzuschauen und eingehender zu prüfen, und würde Sie auch bitten, uns genau zu zitieren, auf Basis welcher Stelle in der Ge­schäftsordnung diese von Ihnen dargestellte Interpretation vorhin vorgenommen wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren! In diesem Fall ist leider der nächste Schritt in der Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und des Parlamentarismus gesetzt. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Ich hätte mir eingehende Beratungen gewünscht und auch, dass Sie nach dieser Kette von Fehltritten doch sagen: Okay, halten wir inne, auf zwei, drei Wochen kommt es nicht an, prüfen wir die Sache noch einmal. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von der Abgeordneten Mag. Kuntzl eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Kontrolle durch die Volksanwaltschaft ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle durch die Volksanwaltschaft; eingebracht im Zuge der Debatte zum Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1257 d.B.)

Der Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlassen wird, wurde seitens des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz keinem Begutachtungsverfahren unterzogen.

Erst auf Beschluss des Bundesrates konnte ein Begutachtungsverfahren über einen Gesetzesentwurf, der die Ausgliederung von Kernkompetenzen aus dem Bundes­ministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vorsieht, durchgeführt werden. So heißt es in der schriftlichen Äußerung der Volksanwaltschaft vom 22. November 2005 wörtlich: „Verloren gehen durch diese Ausgliederung jeden­falls volksanwaltschaftliche Kontrollbefugnisse. Dies ist im gegenständlichen Zusam­menhang deswegen besonders bedauerlich, weil die Kontrollbefugnisse der Volks­anwaltschaft im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung bislang die einzige Möglich­keit der kostenlosen Überprüfung von Förderungsentscheidungen des Ressorts dar­stellte; diese Möglichkeit der externen Kontrolle wird durch die angestrebte Organi­sationsreform nun beseitigt.“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

„Die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wird aufgefordert, sicherzustellen, dass die neue „Familie & Beruf Management GmbH“


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der vollen Kontrolltätigkeit der Volksanwaltschaft unterliegt und diese bei ihren Kon­trolltätigkeiten aktiv bestmöglich zu unterstützen ist.“

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Kollegin Kuntzl! Ich brauche an sich keine Interpretationen und meine Entscheidungen nicht zu begründen, aber ich begründe sie trotzdem.

Die Verfassung spricht von einem aufschiebenden, suspensiven Veto – es gibt kein absolutes Veto. Wenn ein vorberatender Ausschuss es in der Hand hat, durch seine Berichterstattung, die erfolgt oder nicht erfolgt, die Beratungen und den Beharrungs­beschluss zu verhindern, wird aus einem suspensiven Veto ein absolutes Veto durch ein vorberatendes Organ. Das entspricht weder dem Wortlaut der Geschäftsordnung noch dem Wortlaut der Verfassung.

Ich werde Ihnen ein diesbezügliches Gutachten des Rechts- und Legislativdienstes auch noch schriftlich zumitteln, weil es sich um eine Frage handelt, die ich ausreichend und lange geprüft und so entschieden habe und die wahrscheinlich ein Präjudiz sein wird. (Abg. Mag. Kuntzl: Danke!) – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Das ist unverständlich, was Sie da gesagt haben!) – Nicht jeder versteht alles, Herr Kollege Jarolim! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mittermüller. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.00.10

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir wollen heute hier einen wichtigen familienpolitischen Beharrungsbeschluss fassen, und da darf ich auf die Ausführungen meiner Kollegin Kuntzl schon erwidern und daran erinnern, dass wir mehrfach versucht haben, Ausschusstermine zu fixieren, und dass gerade Sie es waren, die diese Termin­vorschläge immer wieder abgelehnt haben.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die neueste IHS-Studie beweist es: Österreich liegt auf Grund der familienpolitischen Maßnahmen der letzten fünf Regierungsjahre bei den Familienleistungen im europäischen Spitzenfeld, genauer gesagt auf Platz drei.

Es hat auch noch nie so viele Familienleistungen in Österreich wie unter der jetzigen Frau Bundesminister Ursula Haubner gegeben. Ausgerichtet ist ihre Politik nach den Prinzipien der Partnerschaftlichkeit, der Wahlfreiheit und dem absoluten Schutz und der Förderung der Familien. Dabei ist eine der größten Herausforderungen der Ge­genwart natürlich auch familienpolitisch die Bevölkerungsentwicklung in Europa.

Die Statistik zeigt, dass die Zahl der in Österreich lebenden unter 6-jährigen Kinder 564 000 beträgt, jene der über 70-jährigen Österreicher beträgt 930 000 – also beinahe doppelt so viel.

In den neunziger Jahren, unter sozialistischer Regierungsführung, kam es zu drama­tischen Geburteneinbrüchen. Erst dieser Regierung ist es endlich gelungen, die Trend­umkehr einzuleiten (Abg. Öllinger: Das ist unglaublich! Das ist so jenseitig!), und im Jahr 2004 stieg die Geburtenrate um 2,3 Prozent an. – Selbstverständlich ist es so, Herr Kollege.

Der wesentliche Faktor dieser Trendumkehr sind sicher die guten familienpolitischen Maßnahmen der letzten Jahre. Man kann hier das Kinderbetreuungsgeld bis hin zu den pensionsbegründenden Kinderbetreuungszeiten nennen und noch viele andere Maß-


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nahmen, die in den letzten fünf Jahren gesetzt wurden. (Abg. Öllinger: Was war denn da los in den neunziger Jahren? Das ist ja furchtbar! – Das muss die ÖVP gewesen sein in der Regierung!)

Trotzdem ist ein Kernthema gegenwärtig die Herausforderung unserer Zeit, nämlich jenes der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Rolle der Eltern im Familien- und Berufsleben und im Speziellen natürlich die Rolle der Mütter ist eine andere geworden. So sind heute zum Beispiel ein Drittel der österreichischen Mütter mit Kindern unter sechs Jahren berufstätig. Ihre Probleme gilt es zu lösen, und das betrifft immerhin 180 000 Kinder in Österreich. Diese österreichische Bundesregierung will nun gemein­sam mit den Eltern, der Wirtschaft und weiteren Partnern Lösungen für die beste Vereinbarkeit von Familie und Beruf erarbeiten. (Abg. Mandak: Das ist ein zentrales Thema!) Dazu ist die Errichtung der Gesellschaft – ich komme schon darauf zu sprechen – „Familie & Beruf Management GmbH“ der richtige und zielführende Weg.

Diese Gesellschaft wird im alleinigen Eigentum des Bundes sein und kann mit einem Jahresbudget von 2,14 Millionen € die Umsetzung eines klaren Arbeitsauftrages zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf angehen. Dieses Thema kann von ihr konzentriert und effizient bearbeitet werden, und so können Lösungen und Modelle auf breiter Basis ausgearbeitet werden – und das alles zum Wohl der Wirtschaft, der Eltern und vor allem der Kinder, die unser Humankapital der Zukunft sind.

Wir sind also auf dem besten Weg.

Daher stelle ich folgenden Antrag:

Antrag

gemäß § 77 GOG

der Abgeordneten Marialuise Mittermüller, Edeltraud Lentsch, Kolleginnen und Kolle­gen zum Einspruch des Bundesrates vom 1. Dezember 2005 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Manage­ment GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1257 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der ursprüngliche Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesell­schaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familienlastenaus­gleichsgesetz 1967 geändert wird, wird gemäß Art. 42 Abs. 4 B-VG wiederholt.

*****

Ich lade Sie ein, geschätzte Damen und Herren, im Sinne der Familien diesem Antrag Ihre Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Mandak. 5 Minuten Redezeit. Restredezeit der Fraktion: 8 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.

 



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16.05.01

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin Lentsch und Frau Kollegin Mittermüller, Sie beide haben jetzt betont, wie wichtig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Kollegin Lentsch hat uns vorge­worfen, dass sich dieses Thema nicht für billige Polemik eignet, und Sie, Frau Kollegin Mittermüller, haben uns erklärt, dass 180 000 Kinder von erwerbstätigen Müttern – und auch Vätern, nehme ich an – davon betroffen sind; weiß man nicht so genau.

Sehen Sie, und genau das wundert mich jetzt so sehr: Das ist ein zentraler politischer Bereich, und Sie stimmen zu, dass genau dieser politische Bereich aus dem Minis­terium ausgelagert wird! Unserer Meinung nach müssen zentrale politische Bereiche in den Ministerien bearbeitet werden, von den zuständigen Ministerinnen und Ministern, unter Einbeziehung der parlamentarischen Gremien. Das ist unsere Auffassung von zentralen politischen Themen (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ) – und nicht, dass man hergeht und das Thema dann irgendwo auslagert und sagt: Okay, da macht jetzt! Tut etwas damit! – So kann das nicht laufen! Und Sie stimmen dem zu? – Das überrascht mich sehr, muss ich sagen.

Zuvor beim Fremdenpolizeigesetz war schon die durchaus berechtigte Kritik der SPÖ, dass das nicht mehr im Ausschuss behandelt wurde. Es ist alles relativ, denn das vorliegende Gesetz, das wir heute zum zweiten Mal im Nationalrat haben, war überhaupt noch nie in einem Ausschuss! Das hat einen Nationalratsausschuss noch nie von innen gesehen. Und wenn nicht im Bundesrat jetzt Gott sei Dank Rot und Grün die Mehrheit hätten, dann hätte dieses Gesetz überhaupt nie in seinem Leben einen Aus­schuss gesehen. – Das ist Ihre Haltung zum Parlamentarismus?

Werfen Sie uns jetzt nicht vor, dass wir keinem Ausschusstermin zugestimmt hätten, denn Sie haben Fristsetzungsanträge beschlossen. Sie haben gesagt: Bis zu diesem Zeitpunkt muss das aber erledigt sein!, genau wissend, dass das viel zu knapp war von den Fristen her, als dass ein Ausschusstermin zustande kommen hätte können.

Sie wollten es gar nicht im Ausschuss behandeln, weil Sie schon auf Grund der Rück­meldungen, die ungefragt – Gott sei Dank – zu diesem Gesetz gekommen sind, gesehen haben, wie negativ das ist. Und Sie können mir glauben, es braucht viel, bis eingefleischte ÖVP-Bundesräte einmal mit der SPÖ und den Grünen mitgehen, aber den Leuten in Vorarlberg langt es irgendwann einmal. Ich freue mich, dass die ÖVP-Bundesräte aus Vorarlberg mit uns gestimmt und gesagt haben: Das gehört unbedingt noch einmal in den Nationalrat und überarbeitet! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist schade, dass die Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat von der ÖVP aus Vorarlberg heute offenbar dem Gesetz schön brav zustimmen werden. Ich sage Ihnen: Bei uns schütteln alle den Kopf! Fragt einmal in euren Ländern, die verstehen das nicht: mehr Kosten, weniger Kontrolle, Postenbeschaffungsaktion, zusätzliche Aus­gaben in diesem Bereich mit null Gewinn, den man dafür bekommt – dafür ist kein Verständnis da. Sie aber wollen das durchtragen, und Sie unterstützen es mit. Das ist Ihre Angelegenheit.

Wir werden dem sicher nicht zustimmen. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass es ein unsinniges Gesetz ist, und wir werden sehr, sehr genau schauen, mit wem all diese Posten, die da jetzt neu geschaffen werden, besetzt werden. Dann wird sich nämlich zeigen, in wessen Interesse eigentlich diese ganze Familien-GmbH gemacht worden ist – nämlich nur, um Posten auszulagern und ein kritisches, unliebsames Öster­reichi­sches Institut für Familienforschung mundtot zu machen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.09



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Keuschnigg. 3 Minuten. – Bitte.

 


16.09.10

Abgeordneter Georg Keuschnigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Das ist eine sehr, sehr interessante Debatte, die Sie von Rot und Grün uns da liefern.

Ich darf zuallererst auf den Antrag eingehen, den Frau Kollegin Kuntzl eingebracht hat und der die Forderung enthält, dass die Prüfungsbefugnis durch die Volksanwaltschaft herbeigeführt werden soll. Ich darf Ihnen hiezu eine interessante Information liefern:

Im Juni 2004 wurde im Wiener Landtag über einen Antrag der grünen Fraktion abge­stimmt; ich darf Ihnen den Satz vorlesen, der darin entscheidend ist:

„Der“ Wiener „Landtag wolle beschließen: Die amtsführende Stadträtin ... wird aufge­fordert, die notwendigen Schritte zu unternehmen, damit sichergestellt wird, dass sich die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft auf die Tätigkeit des Fonds Soziales Wien erstreckt.“

Über eine ähnliche Konstruktion reden wir hier im Hohen Haus. Und was ist im Wiener Landtag passiert? – Die SPÖ hat abgelehnt. (Ruf bei der ÖVP: Oh, welche Über­raschung!) Ja, hochinteressant! Hier bringen Sie diesen Antrag ein – und die SPÖ lehnt im Wiener Landtag das ab, was Sie uns hier servieren! (Abg. Öllinger: Und deswegen lehnen Sie es ab?) Frau Kollegin, es ist hochinteressant! Schade, dass das Fernsehen nicht hier ist, um diese Widersprüche aufzuzeigen! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann werfen Sie uns hier mangelndes Demokratieverständnis vor – beide, Rot und Grün. Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Im Bundesrat haben Sie ja seit neuestem die Mehrheit. Hier im Nationalrat sollen wir diskutieren, eine sinnvolle Maßnahme noch­mals und nochmals beraten. Was aber passiert im Bundesrat? – In drei Sitzungen haben Sie 21 Fristsetzungsanträge beschlossen! In drei Bundesratssitzungen 21 Frist­setzungsanträge! Überlegen Sie sich einmal, welches Demokratieverständnis Sie haben, wie Sie agieren, wo Sie die Mehrheit haben! Das ist hochinteressant. Das ist nicht nur ein Zickzack, das ist völlig unverständlich und ein Haufen voller Wider­sprüche.

Als Letztes zur Frage Ausschussberatungen: Es wurden Ihnen fünf Termine ange­boten, die ohne Begründung nicht wahrgenommen wurden. Ich muss sagen, eine demokratische Diskussion braucht die Bereitschaft beider Teile, die Dinge ordentlich zu beraten. Und wenn Sie sich den Beratungen verweigern, dann hat man das liebe Problem, sie durchzuführen.

Ich meine, diese Maßnahme, die Schaffung der „Familie & Beruf Management GmbH“, ist ein hochinteressantes Modell, wie man Verwaltung anders, kreativer, besser, offensiver machen kann, und wir werden diesen Weg ermöglichen, wir werden dieses Gesetz beschließen! – Ich danke herzlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. 3 Minuten Wunschredezeit. Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten. – Bitte.

 


16.12.16

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorgangsweise bei der Schaffung der „Familie & Beruf Management GmbH“ ist wohl die endgültige Absage der derzeitigen Regierungsfraktionen an die Prinzipien unserer Verfassung. Die Chronologie der


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Ereignisse wurde ja bereits geschildert. Sie haben das Begutachtungsverfahren gescheut und schleusen jetzt wieder den Entwurf am Ausschuss vorbei. Wenn Sie da von irgendwelchen Terminen sprechen: Dieses Husch-Pfusch-Verfahren machen wir einfach nicht mit, wir wollen ordentliche Beratungen! Das ist unser Recht als Parlamen­tarierinnen und Parlamentarier, und das sollten Sie auch verteidigen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Der Bundesrat ist seiner Aufgabe voll und ganz nachgekommen und hat das Begut­achtungsverfahren nachgeholt. Und da mussten auch Sie feststellen, dass Organi­sationen, auf die Sie sonst durchaus zu hören pflegen, diesen Entwurf aber schon wie zerlegt haben! Das, was Sie hier vorhaben, löst auch bei Organisationen wie der Wirtschaftskammer, dem Katholischen Familienverband, verschiedenen Landesregie­rungen, auch ÖVP-dominierten, nicht nur Kopfschütteln, sondern tiefe Besorgnis aus. Neben vielen anderen Organisationen können auch diese nicht nachvollziehen, warum ureigenste Kernaufgaben des Ministeriums künftig von privatwirtschaftlich strukturier­ten Gesellschaften besorgt werden sollen und wozu hier teure Parallelstrukturen aufgezogen werden sollen.

Ihnen geht es ganz offensichtlich um zwei Dinge: Erstens wollen Sie anscheinend bestimmte Personen – manche sprechen gar von Politgünstlingen – über das baldige Ablaufdatum dieser Bundesregierung hinaus versorgen (Abg. Eder: Richtig! Das glaube ich auch!), denn nur so kann es sich erklären, warum die Geschäftsführung bereits vor Gültigkeit des Gesetzes ausgeschrieben wurde und der Vertrag auf fünf Jahre abgeschlossen wird, und das ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Abberufung. Also der oder die Glückliche kann sich wirklich über einen sehr sicheren Job freuen!

Zweitens wollen Sie die demokratische Kontrolle faktisch ausschalten, und das, obwohl die politischen Einflussmöglichkeiten erhalten bleiben, weil sich die Ministerin ja ihr Weisungsrecht im Gesetzentwurf sichern lässt. Es werden nicht nur die parlamen­tarischen Kontrollrechte ausgeschaltet, sondern auch jene des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft.

Und weil das mein sehr geehrter Herr Vorredner angesprochen hat: Gerade am Fonds Soziales Wien sehen wir ein erfolgreiches Beispiel einer Ausgliederung, und dass damals der Antrag der Grünen, von dem Sie gesprochen haben, abgelehnt wurde, ist nur darauf zurückzuführen, dass es von der SPÖ einen gleich lautenden Antrag gege­ben hat, der angenommen und auch umgesetzt wurde. (Abg. Broukal – in Richtung ÖVP und Freiheitliche –: Na hallo! Da schau her!)

Was Ihnen hier vorschwebt, ist Macht ohne Kontrolle. Dagegen verwahren wir uns massiv, und das auch drei Tage vor Weihnachten! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rosenkranz. 4 Minuten Redezeit. Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten. – Bitte.

 


16.15.26

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Am Ende dieser Sitzung hat der Nationalrat drei Einsprüche des Bundesrates zu behandeln. Ein kurzes Wort zu dem vorigen Tagesordnungspunkt:

Die Freiheitliche Partei hat schon dem Fremdenrechtspaket im Juli ihre Zustimmung nicht gegeben, und zwar nicht deswegen, weil es uns „zu wenig scharf“ gewesen wäre – das ist natürlich keine Kategorie –, sondern weil wir es, mit guten Argumenten, für nicht treffsicher gehalten haben. An dieser Beurteilung hat sich bis heute natürlich nichts geändert. Vor allem aber wird auch die Abänderung, um die es hier im engeren Sinne geht, die ja vor In-Kraft-Treten des Gesetzes beschlossen wird, unserer Meinung


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nach bedauerlicherweise dazu führen, dass der völlig aus dem Lot geratene Arbeits­markt noch weiter erschüttert wird. Diesen Beharrungsbeschluss haben wir deswegen nicht mitgetragen.

Zu der vorliegenden Familien-GmbH: Über den Inhalt – die Einrichtung einer Stelle, die sich besonders mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie beschäftigt – kann man verschiedener Meinung sein; an sich eine gute Idee, wiewohl die Vorarlberger Landes­regierung mittlerweile die Argumentation vorgebracht hat, dass nämlich genau diese Kompetenzen bei den Bundesländern, die das ja vor Ort und am Ort der Kinder­betreuung und am Arbeitsplatz behandeln müssen, besser aufgehoben wären.

Was die Entstehungsgeschichte betrifft, so ist sie aber schlicht nur als unglücklich zu bezeichnen. Wenn man bei der ersten Fristsetzung noch der Meinung sein konnte, dass Sie als Opposition, mein sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ und den Grünen, einfach keinen Termin zustande kommen lassen wollten, so trifft das im Wei­teren nicht mehr zu. Nach dem Bundesratsbeschluss war die Frist wirklich ungeheuer kurz gesetzt; es ging nur um einige Tage. Und überdies ist die Tatsache, dass eine Ausschreibung der Position des Geschäftsführers erfolgte, bevor diese Gesetzes­vorlage in Kraft erwachsen ist, von uns nicht mehr mitzutragen.

Wir werden also diesem Beharrungsbeschluss nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall des Abg. Dr. Bösch.)

16.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Keck. 3 Minuten Redezeit. Die Restredezeit der Fraktion: 4 Minuten. Ich stelle die Uhr gleich auf 4 Minuten ein. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


16.17.42

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Minister, ein Sprichwort aus Spanien lehrt uns: Ein Fehler, der abgestritten wird, wird zwei Mal begangen. – Sie machen wieder einen Fehler, weil Sie bestreiten. Sie begehen den Fehler ein zweites Mal, denn Sie müssen sich ein zweites Mal hier unsere Argumente anhören, die für Ihr Vorhaben vernichtend sind. (Abg. Mag. Molterer: Ist das ein Fehler? – Wenn wir Ihre Argumente anhören, ist es ein Fehler!) Auch wenn Sie es lieber gehabt hätten, Herr Klubobmann Molterer, wenn wir dazu schweigen würden, kann ich nur eines sagen: Ihre „Familie & Beruf Management GmbH“ ist Humbug!

Abgesehen vom praktischen Nutzen für Ihre blauen, schwarzen oder orangen Versor­gungsfälle fügen Sie nämlich mit Ihrer „Familie & Beruf Management GmbH“ jenen, denen wir zur Hilfe verpflichtet wären, ausschließlich Schaden zu, nämlich den Kin­dern, den Familien und den Eltern. Sie degradieren nämlich eine Kernaufgabe des Sozialministeriums zur Filialtätigkeit. Und was noch schlimmer ist: Ganz nebenbei entziehen Sie auch dem Parlament wesentliche Kontrollrechte in Bezug auf Ihre Politik, denn wir Abgeordneten haben in Zukunft kein Anfragerecht mehr in dieser Sache. Und vor allem werden Sie sich bei kritischen Fragen hinter Ihrer dann verbrieften Inkom­petenz und dem Verweis auf die Zuständigkeit der „Familie & Beruf Management GmbH“ zu verstecken wissen. (Abg. Neudeck: Das heißt „Unzuständigkeit“ und nicht „Inkompetenz“!)

Trotzdem haben Sie sich ein Durchgriffsrecht auf die Geschäftsführung der GmbH gesichert, meine Damen und Herren, und ich kann nur sagen: Das ist aus meiner Sicht politische Willkür! Ich würde sogar sagen, Sie haben damit schwarzer, blauer und oranger Freunderlwirtschaft Tür und Tor geöffnet. Auch wird der Rechnungshof nur mehr beschränkte Prüfrechte besitzen, und die Volksanwaltschaft wird für sich keine


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Zuständigkeit mehr sehen – außer Sie stimmen unserem Entschließungsantrag, der eingebracht wird, zu.

Nicht ohne Grund, Herr Klubobmann Molterer, hat der Bundesrat mit Stimmenmehrheit und mit Unterstützung von drei Abgeordneten einer Regierungspartei dieses Vorhaben gestoppt, und nicht ohne Grund erteilten Ihnen die Stellungnahmen, die erst durch das Begutachtungsverfahren des Bundesrates ermöglicht wurden – Sie haben es ja verhindert – vernichtende Absagen, nämlich die Wirtschaftskammer, die Industriellen­vereinigung, der Katholische Familienbund. (Abg. Steibl: Der Katholische Familien­verband!) Es sind dies sehr wohl keine Institutionen, die uns nahe stehen, aber sie alle kritisieren Ihren Kunstgriff. Sie alle beeinspruchen die minimale Transparenz, die hohen Kosten, die unwahrscheinlich geringe Notwendigkeit der Auslagerung dieser Hoheitsaufgaben.

Ich kann nur eines sagen: Was treibt Sie zu dieser Eile, Frau Ministerin? – Beant­worten Sie mir doch diese Fragen! – Was ist Ihnen da so wichtig, dass das so schnell geht? Was macht es so eilig, dass das wirklich so schnell durchgezogen werden muss? (Abg. Steibl: Das Christkind kommt! Deshalb ist es so eilig!) Und: Was haben Sie da zu verbergen?

Wir sagen nein zur „Familie & Beruf Management GmbH“, und ich bitte Sie: Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren Kollegen im österreichischen Bundesrat und tun Sie es auch! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.19


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Höllerer. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.20.28

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Wir haben nun wieder diese Gesetzesmaterie bezüglich einer „Familie & Beruf Management GmbH“ zu einem Beharrungsbeschluss vorliegen. Ich habe mir auch die Begründung für den Einspruch, die von Oppositionsseite vorgelegt wurde, eingehend angeschaut. Nicht nur, dass die Formulierung etwas eigenartig anmutet, insbesondere in dem Bereich, in dem es darum geht, dass die parlamentarische Kontrolle bezweifelt wird und – in Klammern – festgehalten wird, dass Abgeordnete keine mündlichen und schriftlichen Anfragen stellen können, nein, es wird auch behauptet, dass die Kern­kompetenzen des Bundesministeriums ausgelagert werden. Sie alle wissen aber, wenn Sie diese Gesetzesmaterie gelesen haben, dass es um eine Vernetzungs- und Koor­dinationsstelle geht, die hier geschaffen wird und die zur Umsetzung der Maßnahmen, zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen wird.

Sie wissen natürlich auch, dass es darum geht, gerade diese Materien, die sich mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf befassen und die in den Ministerien in ver­schiedenen Abteilungen verteilt und sehr punktuell ausgerichtet sind, zu einem Kompetenzzentrum zusammenzuführen, um auch mehr Effizienz in diesem Bereich zu erreichen.

Es sind auch die Aufgaben dieser „Familie & Beruf Management GmbH“ ganz genau definiert. Es geht darum, bewährte Maßnahmen wie die Auditierung und auch die Förderung von innovativen Kinderbetreuungsplätzen fortzuführen, und vor allem auch darum, dass es eine Zusammenarbeit von Unternehmen und Sozialpartnern gibt und dass genau dieses Zusammenwirken sehr forciert werden soll, um auch neue Modelle, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen, zu schaffen.

Wenn Sie behaupten, dass der Rechnungshof nur begrenzte Kontrollmöglichkeiten hat, dann wissen Sie auch, dass das unrichtig ist, denn die FBG ist eine hundertprozentige


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Tochter des Bundes und unterliegt selbstverständlich auch der Kontrolle des Rech­nungshofes.

Aber schauen Sie doch einmal nach Wien und schauen Sie sich an, wie der Fonds Soziales Wien ausgegliedert wurde! Da geht es tatsächlich um Kernkompetenzen, denn da ist der größte Teil des Wiener sozial- und gesundheitspolitischen Bereiches ausgegliedert worden. Es wurde eine rote Einfärbung vorgenommen. Es gibt dort keine Transparenz, selbstverständlich ist die Kontrollmöglichkeit dementsprechend einge­schränkt. Da dafür, dort dagegen – das ist der Zickzackkurs der SPÖ, den wir mittler­weile schon sehr gut kennen und den auch die Bürgerinnen und Bürger satt haben, sehr geehrte Damen und Herren. (Abg. Eder: Aber in der Steiermark ...!) Denn die wissen mittlerweile auch, dass das keine seriöse Politik ist. Und das werden Sie bei der Nationalratswahl auch zur Kenntnis nehmen müssen. (Beifall des Abg. Amon.)

Die Familienleistungen der Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Schüssel haben im EU-Vergleich eine Spitzenposition erreicht. Unser Ziel ist es, eine konsequente Weiterentwicklung dieser Familienpolitik zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Abg. Reheis: Auf die nächste Nationalratswahl freue ich mich!)

16.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Ihre Wunschredezeit beträgt 4 Minuten, Restredezeit Ihrer Fraktion: 5 Minuten. – Bitte.

 


16.24.16

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Mandak, ich finde es fast ungeheuerlich, wenn Sie Tatsachen anprangern und eigentlich Rechte missbrauchen, die Sie haben, da ja Ausschusstermine gemeinsam vereinbart festgesetzt werden. Und wenn Sie jeden Termin, der Ihnen angeboten wird, ablehnen (Abg. Mandak schüttelt den Kopf) und sich nachher hier herausstellen und sagen: Um Gottes Willen, es hat keine Ausschusssitzung stattgefunden!, dann finde ich diese Tatsache wirklich unge­heuerlich. Ich glaube, dass Sie Ihre Aussage diesbezüglich überlegen müssten. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie der Abg. Steibl.)

Betreffend Auslagerung, die Sie so angeprangert haben, Frau Kollegin: Da wird eine effiziente Koordinierungsstelle eingerichtet. Auch Frau Kollegin Grossmann und Frau Kollegin Kuntzl dürften das Ganze nicht genau gelesen oder nicht genau studiert haben, denn es geht hier um eine effiziente Koordinierungsstelle (Abg. Öllinger: Nein, bitte!), wobei die Bundesministerin nach wie vor das Weisungsrecht hat. Sie hat auch versichert, dass es dazu Berichte an den Nationalrat geben wird.

Das waren ganz klare Aussagen der Frau Bundesministerin. Auch das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen, denn – Frau Kollegin Kuntzl, Sie haben es angesprochen – es geht Ihnen nicht darum, für die Frauen etwas zu tun, sondern es geht Ihnen nur darum, gegen diese Regierung, gegen diese Ministerin zu sein. (Abg. Dr. Einem: Das ist eine Tatsachenbehauptung, und die ist falsch!)

Wir können aber ganz klar und mit Stolz sagen, dass sich Österreich durch diese Regierung, insbesondere durch Frau Bundesministerin Haubner, ganz zu Recht als Familienland bezeichnen kann (Abg. Öllinger: Ja, ja!), denn wir liegen EU-weit ganz weit vorne, was die finanziellen Transfers betrifft. (Abg. Öllinger: Ganz weit hinten, was die Kinderbetreuungsplätze betrifft!)

Ich möchte hier nicht noch einmal alles anführen. Aber wir haben sehr gute Rahmen­bedingungen geschaffen, die den Familien von der finanziellen Seite her eine sehr gute Stellung ermöglichen, auch in sozialrechtlicher Sicht, wo endlich eine eigenständige


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Alterssicherung für Frauen möglich ist, weil erstmals Kindererziehung und Pflege als Leistung anerkannt und auch für die Pension angerechnet werden.

Nun geht es darum, dass für einen Punkt im Lebensalltag von Familien, einen sehr bedeutenden Punkt, nämlich die Möglichkeit, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, Maßnahmen getroffen werden. Dazu soll diese Koordinierungsstelle eingerich­tet werden. Es ist doch sehr wichtig, Möglichkeiten zu finden, gerade die Maßnahmen und Ideen der Familienallianz umzusetzen.

Frau Kollegin Mandak! Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie Sie, als diese Familienallianz vorgestellt wurde, wiederum angeprangert haben, dass nichts ge­schieht. – Ja, jetzt geschieht etwas, nämlich genau mit dieser Koordinierungsstelle und Kompetenzstelle, mit der die Maßnahmen ganz konkret umgesetzt werden.

Also: Einmal ist das nicht recht und einmal das nicht. Ich denke, Sie sollten sich wirklich einmal überlegen, was Sie wollen. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass von dieser Regierung eine wirklich gute Familienpolitik gemacht wird! (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jawohl! So ist es!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es werden keine hoheitlichen Aufgaben ausge­gliedert. Es gibt nach wie vor eine parlamentarische Kontrolle. Und bei der Ausglie­derung wurden alle Vorgaben des Rechnungshofes erfüllt. (Abg. Öllinger: Aber sicher nicht!)

Ich denke – das sei gerade an die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ und den Grünen gerichtet –: Wenn die Anliegen von Frauen für Sie nicht nur ein Lippen­bekenntnis sind, sondern wirkliche Anliegen sind, dann sehe ich keinen Grund, warum Sie heute dieser Vorlage gemeinsam mit uns nicht zustimmen könnten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mandak gemeldet. 2 Minuten Redezeit, beginnend mit der richtig zu stellenden Behauptung und dann die Fakten. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Geschäfts­ord­nungskonform!)

 


16.28.38

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Herr Präsident! Kollegin Achleitner hat gerade behauptet, ich hätte alle angebotenen Ausschusstermine abgelehnt. – Das stimmt nicht! (Abg. Steibl: Das stimmt auch!)

Frau Kollegin Steibl, Sie selbst haben mir im Ausschuss Ausschusstermine vorgelegt. Ich habe jeweils dazu geschrieben, wann ich kann und wann nicht. Es gab nur leider keine Übereinstimmung zwischen den Terminen, zu denen ich konnte, und denen, zu denen Sie konnten. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: So ein Pech!)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. Seine Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.29.00

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Frau Bundesministerin! Ich möchte, nachdem inhaltlich schon sehr viel gesagt worden ist und wir uns, so glaube ich, seit einiger Zeit mit diesem Thema beschäftigen, noch ein bisschen auf die Ausführungen meiner Vorredner eingehen.

Dass die parlamentarischen Rechte der Opposition zu verteidigen sind und dem auch so ist, sieht man recht deutlich daran, dass wir uns seit Wochen und Monaten immer


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wieder mit diesem Thema beschäftigen. Die Diskussion findet nicht statt, glaubt aber die Opposition. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall. Wenn man im Bundesrat, im Nationalrat mehrfach in den Ausschüssen dieses Thema derartig diskutiert, dann ist eigentlich das meiste wirklich schon gesagt worden.

Wenn dann die Opposition Ausschüsse verhindert, so ist das eine Diskussions­ver­weigerung und kein parlamentarisches Recht, das ihr vorenthalten wird, sondern sie beschneidet sich dieses vielleicht selbst ein bisschen.

Inhaltlich haben wir ja, wie gesagt, schon sehr viel gehört, daher möchte ich nur noch betonen, dass diese Bundesregierung in den vergangenen Jahren wirklich viel in der Familienpolitik weitergebracht hat. Es ist hier auch schon viel gesagt worden über das Kinderbetreuungsgeld, über Zeiten der Kindererziehung, wobei es eben jetzt eine Anrechnung über mehrere Jahre geben wird.

Ebenso anführen möchte ich in diesem Zusammenhang die Weiterversicherung für pflegende Angehörige, die Anhebung der Mindestpension, die ja zu einem Großteil Frauen betrifft, die Elternteilzeit und so weiter. Es gibt also sehr, sehr viele Bereiche, die klar unsere positive Familienpolitik aufzeigen.

Dass wir jetzt eine „Familie & Beruf Management GmbH“ gründen wollen, ist richtig, der Vorwurf jedoch, dass diese an Parlament und Regierung vorbei agieren würde, stimmt keinesfalls! Diese Behauptung kann man wirklich nicht im Raume stehen lassen, denn eine familiengerechte Arbeitswelt ist unser Ziel. Und eine derartige Entwicklung wird durch diese Koordinationsstelle gewährleistet sein.

Ich meine, es stellt auch eine große Chance für Unternehmen dar, dass es im Hinblick auf eine Zusammenarbeit mit dieser Stelle zu einer besseren Entwicklung und schnel­leren Vorgangsweise kommen wird.

Dass damit hoheitliche Aufgaben nicht ausgelagert werden, ist bereits mehrfach betont worden; dafür stehen wir von den Regierungsparteien.

Die Stellungnahmen der Bundesländer hiezu sind eingearbeitet worden, und auch die parlamentarische Kontrolle ist meiner Überzeugung nach, da diese Einrichtung ja zu 100 Prozent im Besitz des Bundes bleibt, selbstverständlich weiterhin gegeben; eben­so ist selbstverständlich die Kontrolle durch den Rechnungshof gesichert.

Ziel ist es, Beruf und Familie vereinbaren zu können. Ich darf die Damen und Herren von den Oppositionsparteien ersuchen, dass Sie dann, wenn Frauen, die Halbtags­stellen innehaben, bei diesen nicht immer nur von „schlechten Arbeitsplätzen“ sprechen, denn es gibt viele Frauen, die Familie und Beruf zu kombinieren versuchen, indem sie eben die Hälfte ihrer Zeit im Beruf und die Hälfte bei ihrer Familie verbringen wollen.

Ich glaube, auch die Wirtschaft braucht diese Arbeitsplätze – und wir werden daher auch in Zukunft dafür kämpfen, dass solche Stellen auch weiterhin erhalten bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

16.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


16.32.29

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Kollege Schweisgut hat soeben behauptet, dass die Opposition Ausschussberatungen verhindert hätte. (Rufe bei der ÖVP: Ja, das stimmt!)


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Ich stelle richtig, dass es erstens in der von Ihnen vorgesehenen Kurzfristigkeit nicht möglich war, Termine zu finden – und es hat auch eine klare Begründung hiefür gegeben.

Zweitens erschien es uns politisch nicht sinnvoll, die Sache noch einmal durch den Nationalrat durchzupeitschen. (Beifall bei der SPÖ.)

16.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Vorletzte Rednerin hiezu ist Frau Abgeordnete Steibl. 3 Minuten Redezeit; Restredezeit Ihrer Fraktion: 19 Minuten. – Bitte.

 


16.33.09

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kollegen und Kolleginnen! Ein Jahr geht zu Ende, eines, das ein gutes Jahr für die österreichische Familienpolitik war – eben dank dieser Bundesregierung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich verweise in diesem Zusammenhang nur auf folgende Maßnahmen: auf die Anerkennung der Leistungen der so genannten Trümmerfrauen, auf die Pensions­reform oder etwa auf die Verbesserung bei der Familienhospizkarenz, et cetera.

Jetzt komme ich auf etwas zu sprechen, bei dem das Verhalten seitens der Opposition für mich total unverständlich ist. Wenn Sie sich erinnern, haben wir in der letzten Sitzung des Nationalrates eine Verbesserung der Familienhospizkarenz beschlossen. Konkret: Anstatt sechs Monate kann eine Mutter/ein Vater jetzt bis zu neun Monate lang ein Kind zu Hause pflegen; ebenso wurde eine Anhebung der Einkommensgrenze in Bezug auf den Härteausgleichsfonds beschlossen.

Viele wissen vielleicht noch gar nicht, was passiert ist: In der letzten Bundesrats­ausschusssitzung vergangenen Montag haben die SPÖ und die Grünen einen Ver­tagungsbeschluss gefasst, um dieses Gesetz zu verhindern. Da frage ich schon: Was soll daran bitte familienfreundlich sein?! Um bis zu drei Monate wird so verzögert, dass Familien diese länger dauernde Familienkarenz in Anspruch nehmen können, dass sie in eine höhere Stufe der Bemessungsgrundlage in Bezug auf ihr Einkommen kommen, und so weiter! Was soll daran familienfreundlich sein?!

Meine Damen und Herren von SPÖ und Grünen, ich frage Sie schon, ob Sie nicht auch meinen, dass es wirklich an der Zeit wäre, im Bundesrat Schluss zu machen mit solch eigenartigen Beschlüssen!

Abschließend ein Satz von Mahatma Gandhi, und zwar in Richtung SPÖ und Grüne. Mahatma Gandhi sagte: Misstrauen ist ein Zeichen von Schwäche!

Daher: Trauen Sie sich etwas! Stimmen Sie zu! Es gibt wirklich gute Sachen, die diese Regierung gemacht hat! (Abg. Öllinger: Das hat Mahatma Gandhi nicht gesagt!)

Und ganz zum Schluss: Ich gratuliere von dieser Stelle aus der Frau Bundesministerin zu ihrem morgigen Geburtstag. Alles Gute! (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen. – Abg. Steibl dreht sich zur Regierungsbank um und reicht Bundesminis­terin Haubner die Hand.)

16.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Restredezeit: 1 Minute. – Bitte.

 


16.35.36

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Ich gratuliere Ihnen auch, Frau Bundes­ministerin! – Das ändert allerdings nichts an der Rechtswidrigkeit Ihrer Entscheidung,


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
133. Sitzung / Seite 151

Herr Präsident Khol! (Rufe bei der ÖVP: Hallo! Hallo!) Ich zitiere aus der Geschäfts­ordnung, und zwar § 77, Einsprüche des Bundesrates:

„Einsprüche des Bundesrates gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates werden dem Nationalrat durch den Vorsitzenden des Bundesrates schriftlich mitgeteilt ... und vom Präsidenten in der auf die Verteilung nächstfolgenden Sitzung einem Aus­schuss“ – ich wiederhole: einem Ausschuss – „zugewiesen.“

Herr Präsident, Ihre Rechtsansicht findet sich nicht im Gesetz; ist also gesetzwidrig! Ich erachte das deshalb als besonders verwerflich, weil Ihre Entscheidung nicht anfechtbar ist. Ich glaube, dass diese Vorgangsweise mit Ihrer Funktion als Präsident des Nationalrates nicht mehr vereinbar ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ordnungsruf!)

16.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Seine Redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Frohe Weih­nachten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


16.36.35

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin Haubner, ich gratuliere Ihnen auch zum Geburtstag! Das ändert aber trotzdem nichts daran – da schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Jarolim an –, dass, abgesehen vom Eintreten eines Geburtstages, alles an den Umständen, die zu diesem Gesetz geführt haben, äußerst ungewöhnlich ist. (Abg. Scheibner: Das haben wir heute schon einmal gehört!)

Ich zähle auf: Diese Gesetzesvorlage ist ohne Begutachtungsverfahren dem Parla­ment zugeleitet worden. Das Gesetz ist als Initiativantrag – von Abgeordneten sozusagen verkleidet – dem Parlament zugeleitet worden. (Abg. Scheibner: Darf man das nicht?) Ich sage deshalb „verkleidet“, weil es eine nicht unübliche, in diesem Falle aber ungewöhnliche Maßnahme ist, weil es dabei nicht um eine Notmaßnahme ging, sondern wo ausschließlich ministerielles Interesse dahinter gestanden ist. (Abg. Mag. Molterer: Initiativanträge sind Notmaßnahmen? – Abg. Scheibner: Wo steht das in der Verfassung?)

Diese Gesetzesvorlage ist also als Initiativantrag dem Nationalrat zugeleitet worden – und seitens der Regierungsmehrheit sofort mit einer Fristsetzung versehen worden, und mit Stimmen der Regierungsparteien ist das – ohne Ausschussberatung! – hier im Plenum beschlossen worden! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Dann – da bitte ich Sie schon, zuzuhören – hat der Bundesrat etwas gemacht, das eigentlich der Nationalrat hätte machen sollen. Der Bundesrat hat dazu eine Aus­schussberatung gemacht, und der Bundesrat hat von sich aus bezüglich der bereits zufällig eingelangten Stellungnahmen, etwa jener der Vorarlberger Landesregierung, ebenso alle anderen begutachtenden Stellen gebeten, hiezu Stellung zu nehmen. Und was ist herausgekommen? – Seitens der begutachtenden Stellen nur Ablehnung! Das hat zwar Sie von den Regierungsparteien überhaupt nicht interessiert, den Bundesrat jedoch schon. Und der Bundesrat hat mit den Stimmen von SPÖ, von Grünen sowie von ÖVP-Bundesräten und einem freiheitlichen Bundesrat festgestellt, dass diese Gesetzesvorlage dem Nationalrat zur weiteren Beratung zurückzuleiten ist.

Aber was machen Sie von ÖVP und Freiheitlichen? – Sie sagen: Das interessiert uns nicht! Es soll zu keiner weiteren Beratung kommen. Das bringe Ihrer Ansicht nach nur Verwirrung. – Also wieder ein völlig ungewöhnlicher Schritt: neuerlicher Fristsetzungs­antrag, bis hin zu dieser – ich würde einmal sagen: ungewöhnlichen – Entscheidung des Herrn Präsidenten des Nationalrates Dr. Khol.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
133. Sitzung / Seite 152

Jetzt komme ich noch einmal zum Beginn zurück, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wissen Sie, was mehr als ungewöhnlich ist, Frau Bundesministerin? – Dass Sie in Ihrem Ministerratsvortrag ganz andere Ziele für dieses Gesetz beschrieben haben, als die, die Sie dann als Initiativantrag dem Parlament zugeleitet haben!

Im Ministerratsvortrag war enthalten: Es geht nicht nur um die Gründung dieser Familie & Beruf GmbH, sondern auch darum, dass das ÖIF sozusagen abgeschafft be­ziehungsweise an ein Universitätsinstitut angegliedert werden soll. Das ist in­zwischen auch bestätigt worden: Der jetzige Präsident des ÖIF, ein Regierungsberater, Herr Professor Mazal, hat gesagt: Ja, genau so soll es geschehen! Das interessiert Sie nicht, und da sind Sie auch nicht bereit, darüber zu diskutieren, obwohl auch wieder viele Mitgliedsorganisationen des ÖIF, das ja auch als Verein organisiert ist, mit dieser Ihrer Vorgangsweise ganz sicherlich nicht einverstanden sind.

Es geht um Folgendes: Postenbesetzung im Rahmen der Familie & Beruf Management GmbH mit Günstlingen einer Regierungspartei: in diesem Fall ganz offensichtlich mit einem aus dem Ministerbüro von Frau Bundesministerin Haubner. Weiters geht es darum, dass das ÖIF in der jetzigen Form abgeschafft werden soll. – Das ist nicht nur ungewöhnlich, meine Damen und Herren, sondern geradezu jenseitig! (Beifall bei den Grünen.)

16.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Einspruch des Bundesrates gegen den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2005 in 1257 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mittermüller, Lentsch, Kolleginnen und Kollegen einen Antrag eingebracht, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 19. Okto­ber 2005 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ erlassen sowie das Familien­lastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, zu wiederholen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Dieser Antrag ist daher angenom­men.

Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kontrolle durch die Volks­anwaltschaft.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist daher abgelehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Wir haben allerdings noch eine Zuweisungssitzung, und am Ende dieser Zuweisungs­sitzung werde ich noch einige Worte an Sie richten, meine Damen und Herren.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
133. Sitzung / Seite 153

16.42.37 Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 755/A (E) bis 764/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3722/J bis 3768/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen, 38/JPR, an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden, die von diesem bereits beantwortet worden ist.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 16.43 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

16.43.20 Schluss der Sitzung: 16.43 Uhr

 

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