Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

154. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 21. Juni 2006

 

 


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154. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                      Mittwoch, 21. Juni 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 21. Juni 2006: 9.00 – 21.35 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bericht über das Volksbegehren „Österreich bleib frei!“

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungs­ge­setz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994, das Heeresgebührenge­setz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Ge­haltsgesetz 1956, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisationsgesetz, die 7. Schulorgani­sa­tionsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schul­zeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungsdokumentations­gesetz, das Mineralrohstoff­ge­setz und das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz geändert werden (Deregulie­rungsgesetz 2006 – DRG 2006)

3. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll

4. Punkt: Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenos­senschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen

5. Punkt: Bericht über den Antrag 814/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Qualitäts­sicherung und Weiterentwicklung der schulischen Integration behinderter Kinder

6. Punkt: Bericht über die Bürgerinitiative betreffend „Rechtliche Absicherung integrativer (Aus-)Bildungsangebote für Jugendliche mit Behinderung ab der 9. Schul­stufe/Sekundarstufe II“

7. Punkt: Bericht über den Antrag 826/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inklusive Pädagogik an Schulen“


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154. Sitzung / Seite 2

8. Punkt: Bericht über den Antrag 739/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulsponsoring: SchülerInnen im Visier von Unternehmen und der Werbung

9. Punkt: Bericht über den Antrag 737/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend demokratische Schü­lerInnenvertretung

10. Punkt: Bericht über den Antrag 738/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des zweiten Kinderkongresses des Vereins „COOLE SCHULE“ 2005 in Wien

11. Punkt: Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwen­dende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

12. Punkt: Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht

13. Punkt: Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang

14. Punkt: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz (i.d.F. BGBl. I Nr. 49/2005) geändert wird (823/A)

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Produktpirateriegesetz 2004 (i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2004) geändert wird (827/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 23

Ordnungsrufe ..............................................................................................  156, 168, 174

Geschäftsbehandlung

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit der Dring­lichen Anfrage 4390/J:

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 45

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 46

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 46

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 46


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154. Sitzung / Seite 3

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeant­wortung 4049/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung ........................................................................................ 47

Durchführung einer kurzen Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung ......... 171

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 171

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 174

Ridi Steibl .................................................................................................................... 177

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 178

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 179

Sabine Mandak ........................................................................................................... 180

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kolle­ginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Bericht­erstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial­versicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allge­mei­ne Pensionsgesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsge­setz 2006 – SVÄG 2006), (1561 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen – Annahme ......................................................................  47, 237

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundest­heater­pen­sionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehalts­ge­setz 1956 geändert werden (1560 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsord­nung eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen – Annahme .................  47, 237

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Ange­legenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird (1562 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen – Annahme ...........................................................................................  48, 237

Antrag der Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Kollegin­nen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungs­gesetz 2006 – SRÄG 2006), (1563 d.B.), gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen – Annahme ......................................................................  48, 237

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 48

Verlangen auf Durchführung von namentlichen Abstimmungen .......................  106, 108


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154. Sitzung / Seite 4

Unterbrechung der Sitzung ...............................................................................  107, 109

Aktuelle Stunde (38.)

Thema: „Die gescheiterte Bildungspolitik der Bundesregierung – SPÖ-Alternativen“                   23

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 23

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ...................................................................  26, 38

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 29

Josef Broukal ................................................................................................................ 30

Mares Rossmann ......................................................................................................... 31

Dieter Brosz .................................................................................................................. 33

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 35

DDr. Erwin Niederwieser ............................................................................................. 37

Mag. Dr. Magda Bleckmann ........................................................................................ 39

Sabine Mandak ............................................................................................................. 41

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................  43, 233, 236

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haftungsübernahme zur Zukunftssiche­rung der BAWAG P.S.K. (4390/J)                       123

Begründung: Herbert Scheibner ................................................................................ 126

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser .............................................................. 131

Debatte:

Detlev Neudeck ........................................................................................................... 138

Mag. Wilhelm Molterer .....................................................................................  140, 169

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 142

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 144

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 147

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll .................................................................................... 149

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 152

Wolfgang Katzian ....................................................................................................... 152

Michaela Sburny ......................................................................................................... 154

Staatssekretär Mag. Eduard Mainoni ...................................................................... 156

Maximilian Walch ....................................................................................................... 157

Mag. Johann Moser ................................................................................................... 160

Karl Öllinger ................................................................................................................ 162

Renate Csörgits .......................................................................................................... 164

Werner Amon, MBA ................................................................................................... 165

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 167

Dr. Josef Cap .............................................................................................................. 168

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 170

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Detlev Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inanspruchnahme des Steuer­zahlers – Annahme (E 192)  159, 171


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154. Sitzung / Seite 5

Verhandlungen

1. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über das Volksbegehren (1448 d.B.) „Österreich bleib frei!“ (1551 d.B.) ...................................................................................................................... 48

Redner/Rednerinnen:

Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer ............................................................................... 49

Dr. Alfred Gusenbauer ................................................................................................ 50

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 53

Mag. Ulrike Lunacek .............................................................................................  56, 83

Staatssekretär Dr. Hans Winkler ................................................................................ 59

Dr. Reinhold Lopatka ................................................................................................... 62

Dr. Caspar Einem ......................................................................................................... 64

Barbara Rosenkranz .................................................................................................... 65

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 69

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 72

Dr. h.c. Peter Schieder ................................................................................................. 73

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 74

Johann Kurzbauer ........................................................................................................ 76

Mag. Walter Posch ....................................................................................................... 77

Dr. Reinhard Eugen Bösch ......................................................................................... 78

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 80

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................... 82

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ..................................................................... 84

2. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1410 d.B.): Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundes­rechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistik­förderungsgesetz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994, das Heeres­ge­bührengesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungs­ge­setz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schul­organisationsgesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akade­mien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtge­setz 1985, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz geändert werden (Deregulierungs­ge­setz 2006 – DRG 2006) (1549 d.B.)     ............................................................................................................................... 85

Redner/Rednerinnen:

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 85

DDr. Erwin Niederwieser ............................................................................................. 89

Mares Rossmann ......................................................................................................... 92

Dieter Brosz .................................................................................................................. 93

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 97

Stefan Prähauser .......................................................................................................... 98

Josef Bucher ................................................................................................................. 99

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 100

Gabriele Tamandl ....................................................................................................... 101

Mag. Heribert Donnerbauer ...................................................................................... 103

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 103

Karl Donabauer .......................................................................................................... 104


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Norbert Sieber ............................................................................................................ 105

Josef Broukal .............................................................................................................. 105

Entschließungsantrag der Abgeordneten Werner Amon, MBA, Mares Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung des Finanz­ausgleichs für den Bereich des Lehrerpersonals an Pflichtschulen sowie darüber hinaus eine Evaluierung für alle weiteren Schularten mit dem Ziel legistischer Maßnahmen zu einer Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl auf einen Richtwert von 25 auf Basis gesicherter Ressourcen – Annahme (E 191) (nament­liche Abstimmung) ..........  87, 107

Entschließungsantrag der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahl – Ablehnung (namentliche Abstimmung)               91, 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahl auf 25 – Ablehnung ...........................................  96, 110

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verfassungskonforme und gerechte Neuregelung der Kosten­tragung für neue Hausbrieffachanlagen – Ablehnung ............................................................................................................  100, 110

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 106

Gemeinsame Beratung über

3. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1355 d.B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Ver­ständigungsprotokoll (1474 d.B.) .................................................................................. 111

4. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1388 d.B.): Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unter­zeichneten Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schwei­zerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1475 d.B.) ....................................................... 111

Redner/Rednerinnen:

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................... 111

Staatssekretär Dr. Alfred Finz .................................................................................. 112

Jakob Auer .................................................................................................................. 113

Mag. Dietmar Hoscher ............................................................................................... 113

Dr. Christoph Matznetter (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 114

Josef Bucher ............................................................................................................... 115

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 115

Mag. Werner Kogler ................................................................................................... 116

Norbert Sieber ......................................................................................................... ... 117

Dr. Vincenz Liechtenstein ......................................................................................... 118

Genehmigung der beiden Staatsverträge in 1474 und 1475 d.B. ................................ 119

Gemeinsame Beratung über

5. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 814/A (E) der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen


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154. Sitzung / Seite 7

und Kollegen betreffend die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der schulischen Integration behinderter Kinder (1458 d.B.) .......... 119

6. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über die Bürgerinitiative (25/BI) betreffend „Rechtliche Absicherung integrativer (Aus-)Bildungsangebote für Jugendliche mit Behinderung ab der 9. Schulstufe/Sekundarstufe II“ (1459 d.B.) ................................................................. 119

7. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 826/A (E) der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inklusive Pädagogik an Schulen“ (1460 d.B.)                            119

8. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 739/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schul­sponsoring: SchülerInnen im Visier von Unternehmen und der Werbung (1461 d.B.) .............................................................................................. 120

Redner/Rednerinnen:

DDr. Erwin Niederwieser ........................................................................................... 120

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 121

Dieter Brosz ................................................................................................................ 122

Mares Rossmann ....................................................................................................... 182

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 183

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 184

Mag. Dr. Alfred Brader .............................................................................................. 185

Theresia Haidlmayr .................................................................................................... 186

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 187

Theresia Haidlmayr (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 190

Christian Faul ............................................................................................................. 190

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 191

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 192

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 193

Gabriele Heinisch-Hosek ........................................................................................... 194

Anna Franz .................................................................................................................. 195

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1458 d.B. beigedruckten Ent­schließung betreffend die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der schu­lischen Integration behinderter Kinder (E 193)         ............................................................................................................................. 196

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 1459, 1460 und 1461 d.B. .................... 196

Gemeinsame Beratung über

9. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 737/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend demokratische SchülerInnenvertretung (1456 d.B.) .................................................................................................................... 196

10. Punkt: Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 738/A (E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Forderungen des zweiten Kinderkongresses des Vereins „COOLE SCHULE“ 2005 in Wien (1457 d.B.) .......... 196

Redner/Rednerinnen:

Mag. Elisabeth Grossmann ...................................................................................... 197

Silvia Fuhrmann ......................................................................................................... 198

Dieter Brosz ................................................................................................................ 199

Mares Rossmann ....................................................................................................... 201

Bundesministerin Elisabeth Gehrer ........................................................................ 204

Beate Schasching ...................................................................................................... 205


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154. Sitzung / Seite 8

Carina Felzmann ........................................................................................................ 206

Sabine Mandak ........................................................................................................ ... 208

Dr. Gertrude Brinek ................................................................................................... 210

Dr. Robert Rada .......................................................................................................... 212

Mag. Dr. Andrea Wolfmayr ....................................................................................... 213

Mag. Christine Muttonen ........................................................................................... 214

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 215

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mares Rossmann, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung ei­ner optimalen Zuordnung der Kinder, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht aus­reichend beherrschen, in die jeweilige Jahrgangsklasse – Annahme (E 195) .................................................................................................................  203, 217

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 1456 und 1457 d.B. .......................... 216

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1456 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend aktive Schulpartnerschaft (E 194) .......................................................................................... 216

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1162 d.B.): Übereinkommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (1525 d.B.) ................................................................. 217

Redner/Rednerinnen:

Johann Ledolter ......................................................................................................... 217

Dr. Christian Puswald ................................................................................................ 218

Markus Fauland .......................................................................................................... 219

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 219

Dr. Christian Puswald (tatsächliche Berichtigung) ................................................... 219

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 220

Genehmigung des Staatsvertrages ............................................................................. 220

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG ........................................... 220

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1345 d.B.): Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (1526 d.B.) .................................................. 220

13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1330 d.B.): Zivilrechtsübereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Ent­schließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang (1527 d.B.) ............................................................................ 221

14. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1163 d.B.): Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroris­tischer Handlungen (1528 d.B.) ..... 221

Redner/Rednerinnen:

Alfred Schöls .............................................................................................................. 221

Dr. Johannes Jarolim ................................................................................................ 222


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154. Sitzung / Seite 9

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................. 222

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 223

Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg ............................................................................ 223

Bettina Stadlbauer ..................................................................................................... 224

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger ................................................................ 225

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................. 226

Mag. Gisela Wurm ...................................................................................................... 227

Otto Pendl ................................................................................................................... 228

Genehmigung der drei Staatsverträge in 1526, 1527 und 1528 d.B. ........................... 229

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1527 d.B. ....... 229

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 1528 d.B. ....... 230

15. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz (i.d.F. BGBl. I Nr. 49/2005) geändert wird (823/A)           ............................................................................................................................. 230

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 230

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ................................................................................ 231

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 232

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................. 232

Zuweisung des Antrages 823/A an den Justizausschuss ........................................... 233

16. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Produktpiraterie­gesetz 2004 (i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2004) geändert wird (827/A) ....................................................................................................................................... 233

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ..................................................................................................... 233

Johannes Schweisgut ............................................................................................... 234

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................. 234

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................... 235

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 235

Jakob Auer .................................................................................................................. 236

Franz Eßl ..................................................................................................................... 236

Zuweisung des Antrages 827/A an den Finanzausschuss .......................................... 236

Eingebracht wurden

Petition .......................................................................................................................... 44

Petition betreffend „Dringender sicherheitspolitischer Handlungsbedarf im Bur­gen­land“ (Ordnungsnummer 90) (überreicht von den Abgeordneten Katharina Pfeffer, Gerhard Steier und Ing. Erwin Kaipel)

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 43

1541: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich

1542: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2006 – MOG 2006)


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154. Sitzung / Seite 10

und ein Marktordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992 geändert wird

1543: Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten

1554: Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz – KflG und das Führerscheingesetz – FSG geändert wird

1555: Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich

1556: Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD VII)

1557: Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauffüllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwicklungsfonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI)

1558: Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarkt­aufsichts­behördengesetz, das E-Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapierauf­sichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pen­sionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden

1559: Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeits­verfassungsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden

1564: Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird

1565: Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels

1567: Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Boden­schätzungsgesetz 1970 geändert werden – UFSG-Novelle 2006

Berichte ......................................................................................................................... 44

III-220: Bericht, Reihe Bund 2006/5; Rechnungshof

III-225: Bericht, Reihe Bund 2006/6; Rechnungshof

III-226: Tätigkeitsbericht des Österreichischen Wissenschaftsrates über die Jahre 2004 und 2005; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur

III-227: Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2006; BM f. Bildung, Wissenschaft und Kultur und BM f. Verkehr, Innovation und Technologie

III-228: Bericht betreffend Umweltförderungen des Bundes 2005 sowie die Finanz­vorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförde­rungsgesetzes erwachsenden Belastungen und Bericht zum österreichischen Joint-Implementation- und Clean-Development-Programm; BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

III-229: Bericht der Energie-Control GmbH über den Stand der Umsetzung des Unbundling der österreichischen Elektrizitätsnetzbetreiber; vorgelegt vom BM f.


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154. Sitzung / Seite 11

Wirtschaft und Arbeit auf Grund der Entschließung des Nationalrates vom 26. Mai 2004, E 49-NR/XXII. GP

Einsprüche des Bundesrates .................................................................................... 44

1560: Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­theater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehalts­ge­setz 1956 geändert werden

1561: Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensions­gesetz geändert werden (Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006)

1562: Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsulargebührengesetz 1992 – KGG 1992) geändert wird

1563: Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungs­gesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfall­versicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsge­setz 2006 – SRÄG 2006)

Anträge der Abgeordneten

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkehrssicherheit in Tunnels und Unterführungen sowie Schaffung einer Eisenbahnsicherheitsagentur (835/A) (E)

Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Zusammenarbeit von Behörden im Verbraucher­schutz (Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz – VBKG) (836/A)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Bundes-Behinderten­gleichstellungs-Begleitgesetzes (837/A) (E)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend Änderung des Notariats­aktgesetzes (838/A) (E)


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154. Sitzung / Seite 12

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend grenzüberschreitendes UVP-Verfahren AKW Paks (839/A) (E)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend mehr Kostenwahrheit im Verkehr durch flächendeckende LKW-Maut (840/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten


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154. Sitzung / Seite 13

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit betreffend Arbeitsmarktsituation von Frauen (4322/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Aktivitäten im Bereich Mobbing (4323/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Integrationspolitik (4324/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Integrationspolitik (4325/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend geschlechtsspezifische Studien ihres Ressorts sowie frauenpolitische Arbeit (4326/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend „Orientierungsseminar“ für Frauen in Karenz (4327/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Aktivitäten der Regierung gegen häusliche Gewalt (4328/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Aktivitäten der Regierung gegen häusliche Gewalt (4329/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zivildienstverpflegungsentgelt (4330/J)

Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zuweisungen und Widerrufe des Zivildienstes (4331/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Integrationspolitik (4332/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Integrationspolitik (4333/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend geschlechts­spezifische Studien ihres Ressorts sowie männerpolitische Arbeit (4334/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Aktivitäten der Regierung gegen häusliche Gewalt (4335/J)

Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Integrationspolitik (4336/J)


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154. Sitzung / Seite 14

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kundenvertreibungsschritte im Bereich Nahverkehr der ÖBB Personenverkehr AG (4337/J)


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154. Sitzung / Seite 15

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Wasserqualität in Einzel­wasserversorgungsanlagen (Hausbrunnen III)“ (4338/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend „Hausbrunnen III“ (4339/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Arbeitsmarktsituation von Frauen (4340/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend zweigleisigen und elektrifizierten Ausbau der Schienenverbindung Wien–Bratislava über den Marchegger Ast (4341/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Qualitätsverbesserung in der Sonder­pädagogik (4342/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 – Maßnahmen seit 2005 – Entwicklung der Produkt- und Markenpiraterie“ (4343/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Steuer- und Abgabenschulden von Sportvereinen beziehungsweise Kapital­gesellschaften im Sport (insbesondere im Fußball)“ (4344/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 – Maßnahmen seit 2005 – Entwicklung der Produkt- und Markenpiraterie“ (4345/J)

Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Publikations­schwall der Männerpolitischen Grundsatzabteilung des BMSGK“ (4346/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Polli (4347/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend offene Fragen zur Gebarung und Verantwortung von BMF, FMA und OeNB hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der BAWAG (4348/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend mangelnde Sicherheitseinrichtungen in der „Unterführung“ Wagram der HL-AG“ (4349/J)

Anton Heinzl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend mangelnde Sicherheitseinrichtungen in der „Unterführung“ Wagram der HL-AG (4350/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Laserdrucker – Freisetzung feiner und ultrafeiner Partikel (4351/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Laserdrucker – Freisetzung feiner und ultrafeiner Partikel (4352/J)


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154. Sitzung / Seite 16

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kontrollen von Rasern und Alko-Lenkern (4353/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Autobahnraststätte Linz Franzosenhausweg (4354/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Kontrollen von Rasern und Alko-Lenkern (4355/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schulbusse (4356/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend digitales Fernsehen (4357/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend digitales Fernsehen (4358/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Sicherheit des AKW Temelίn (4359/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Sicherheit des AKW Temelίn (4360/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Hochwasservorsorge Österreich (4361/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unterstützung von Pendlerinnen und Pendlern (4362/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend ÖBB-Personenverkehrs-Finanzen (4363/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schäden für die österreichischen Steuerzahler und den Finanzplatz Österreich durch die Vorgehensweisen der BAWAG und des ÖGB in Bezug auf Gemäldeverkäufe (4364/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schäden für die österreichischen Steuerzahler und den Finanzplatz Öster­reich durch die Vorgehensweisen der BAWAG und des ÖGB in Bezug auf Stiftungen (4365/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4366/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4367/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundes­ministerien (4368/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4369/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesund­heit und Frauen betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4370/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4371/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4372/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4373/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4374/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4375/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundes­ministerien (4376/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Entsorgung von Festplatten in den Bundesministerien (4377/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Wirtschaftliche Situation von Sportvereinen bzw. Kapitalgesellschaften im Sport (insbesondere im Fußball) – Sportpolitische Maßnahmen“ (4378/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Finanzierung des Projektes KÜBA (4379/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Kicken und Kunst – Kulturveranstaltungen im Rahmen der Fußball-EM 2008 (4380/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Illegale Beschäftigung und Schattenwirtschaft – Entziehung der Gewerbeberechtigung“ (4381/J)

Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Werbekampagne „Eurofighter. Die optimale Lösung für Österreich“ (4382/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend geschlechtsspezifische Aspekte der Integrationspolitik (4383/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Ungereimtheiten rund um den jüngsten Unfall mit Personenschaden auf der Tempo-160-Teststrecke (4384/J)

Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Standard-Bericht vom 12.6.2006 über Vergewaltigungsanzeige (4385/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend fragwürdige Aussagen von Staatssekretär Kukacka zur geplanten Einstellung sowie Stilllegung zahlreicher „Neben­bahn“‑/Re­gional­bahnstrecken (4386/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ungereimtheiten rund um den jüngsten Unfall mit Personenschaden auf der Tempo-160-Teststrecke (4387/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haftung des ÖGB gegenüber der Republik Österreich (4388/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Datenspionage im Vorfeld des Bush-Besuches (4389/J)

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. (4390/J)

Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend weitere neonazistische Umtriebe des „Bundes Freier Jugend“ (BFJ) (4391/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend negative Auswirkungen des Bush-Besuchs auf öffentliche Einrichtungen in Wien (4392/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend negative Auswirkungen des Bush-Besuchs auf öffentliche Einrich­tungen in Wien (4393/J)

Dietmar Keck, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend negative Auswirkungen des Bush-Besuchs auf öffentliche Einrichtungen in Wien (4394/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend „Prüfpraxis durch Sozialversicherungsträger (Transport, Gastgewerbe und Bau) – Ergebnisse“ (4395/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Heizölbetrug in Österreich möglich?“ (4396/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Absiedlung der Polizeiinspektion Rathaus – Rückzug der Polizei aus der Altstadt“ (4397/J)

Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend illegale CIA-Flüge (4398/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Daten­spionage im Vorfeld des Bush-Besuches – Einhaltung des Datenschutzgesetzes (4399/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen betreffend Entsorgung von Festplatten bei den Sozial­versicherungsträgern (4400/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Rund­funkgebühren für Breitbandnutzer – Internet-Rundfunkgebühr!“ (4401/J)

Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Galerienförderung“ (4402/J)


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154. Sitzung / Seite 17

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Nicht-Beantwortung der Anfrage 4152/J XXII. GP.-NR zur Offenlegung der Eurofighter-Kaufverträge (4403/J)

*****

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Nicht-Beantwortung der Anfrage 4152/J XXII. GP.-NR durch den Bundeskanzler (52/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Anton Gaál, Kolleginnen und Kollegen (4020/AB zu 4076/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4021/AB zu 4127/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4022/AB zu 4085/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (4023/AB zu 4086/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4024/AB zu 4077/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4025/AB zu 4082/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4026/AB zu 4080/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen (4027/AB zu 4113/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4028/AB zu 4123/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4029/AB zu 4095/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4030/AB zu 4089/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4031/AB zu 4092/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (4032/AB zu 4108/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (4033/AB zu 4083/J)


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154. Sitzung / Seite 18

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4034/AB zu 4097/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4035/AB zu 4094/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4036/AB zu 4104/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4037/AB zu 4121/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4038/AB zu 4128/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4039/AB zu 4090/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen (4040/AB zu 4101/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4041/AB zu 4098/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (4042/AB zu 4087/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen (4043/AB zu 4100/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4044/AB zu 4081/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen (4045/AB zu 4084/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Melitta Trunk, Kolleginnen und Kollegen (4046/AB zu 4088/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Heidrun Walther, Kolleginnen und Kollegen (4047/AB zu 4091/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4048/AB zu 4272/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Karl Öllinger Kolleginnen und Kollegen (4049/AB zu 4114/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Riepl, Kolleginnen und Kollegen (4050/AB zu 4102/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Kolleginnen und Kollegen (4051/AB zu 4107/J)


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154. Sitzung / Seite 19

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4052/AB zu 4109/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4053/AB zu 4105/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen (4054/AB zu 4103/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4055/AB zu 4119/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Puswald, Kolleginnen und Kollegen (4056/AB zu 4106/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Kolleginnen und Kollegen (4057/AB zu 4111/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4058/AB zu 4115/J)

der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4059/AB zu 4117/J)

der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abge­ordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4060/AB zu 4116/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4061/AB zu 4124/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4062/AB zu 4122/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4063/AB zu 4112/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4064/AB zu 4125/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4065/AB zu 4129/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4066/AB zu 4118/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4067/AB zu 4271/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4068/AB zu 4130/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4069/AB zu 4131/J)


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des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4070/AB zu 4134/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4071/AB zu 4161/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4072/AB zu 4138/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4073/AB zu 4140/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4074/AB zu 4143/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4075/AB zu 4240/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4076/AB zu 4132/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4077/AB zu 4133/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4078/AB zu 4136/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4079/AB zu 4135/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Sabine Mandak, Kolleginnen und Kollegen (4080/AB zu 4137/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (4081/AB zu 4141/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen (4082/AB zu 4139/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen (4083/AB zu 4142/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4084/AB zu 4181/J)

des Präsidenten des Rechnungshofes auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4085/AB zu 4279/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4086/AB zu 4144/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4087/AB zu 4146/J)


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des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (4088/AB zu 4148/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag.  Ruth Becher, Kolle­ginnen und Kollegen (4089/AB zu 4152/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4090/AB zu 4149/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4091/AB zu 4145/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Erika Scharer, Kolleginnen und Kollegen (4092/AB zu 4151/J)

der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4093/AB zu 4147/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen (4094/AB zu 4154/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen (4095/AB zu 4153/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4096/AB zu 4158/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Georg Oberhaidinger, Kolleginnen und Kollegen (4097/AB zu 4167/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4098/AB zu 4174/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4099/AB zu 4185/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Renate Csörgits, Kolleginnen und Kollegen (4100/AB zu 4248/J)

des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit auf die Anfrage der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen (4101/AB zu 4278/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4102/AB zu 4159/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen (4103/AB zu 4155/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4104/AB zu 4156/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4105/AB zu 4157/J)


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des Bundesministers f


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ür Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen (4106/AB zu 4186/J)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (4107/AB zu 4170/J)

der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (3962/AB zu 4008/J) (Zu 3962/AB zu 4008/J)


 


09.00.21Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich eröffne die 154. Sitzung des Nationalrates und darf die Damen und Herren alle sehr herzlich im Hohen Haus begrüßen.

Die Amtlichen Protokolle der 150. und 151. Sitzung vom 23. Mai 2006 sowie der 152. und 153. Sitzung vom 24. Mai 2006 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Ikrath, Ing. Gartlehner, Dr. Wittmann, Dr. Grünewald und Dr. Glawischnig-Piesczek.

09.01.10Aktuelle Stunde

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Aktuellen Stunde mit dem Thema:

„Die gescheiterte Bildungspolitik der Bundesregierung – SPÖ-Alternativen“

Als Erster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Abg. Scheibner: Das auch noch! – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

 


9.01.32

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz Österreich war schockiert über die Ergebnisse (Rufe bei den Freiheitlichen – BZÖ: Ja, BAWAG!) der PISA-Studie. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – Abg. Großruck: Hör auf!) – Ich finde, es sieht der ÖVP ganz ähnlich, dass sie für die PISA-Studie, die leider sehr traurige Ergebnisse gebracht hat, nicht mehr als Gelächter übrig hat. Das zeigt die Ignoranz dieser Partei gegenüber der Bildungspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny.)

Es waren nämlich nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern, die Schüler und Schülerinnen über das Ergebnis geschockt, sondern eigentlich das gesamte Land, weil sich niemand erwartet hat, dass ein Land wie Österreich in einem internationalen Vergleich doch außerordentlich bescheiden abschneidet, obwohl Österreich doch beträcht­liche finanzielle Mittel für die Bildungspolitik ausgibt.

Daher hat es eine umfassende Diskussion darüber gegeben, woran es in Österreich mangelt, dass die Ergebnisse unserer Schülerinnen und Schüler nicht besser sind. Die ÖVP und Frau Bundesministerin Gehrer haben immer darauf hingewiesen, dass es ja eine Reihe von guten Vorschlägen, wie man die Bildungspolitik und die Qualität der Schule verbessern könnte, gäbe, aber es scheitere alles an der Zweidrittelmehrheit im Parlament, an der Reformunwilligkeit der Oppositionsparteien, da könne man leider nichts machen.


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Daraufhin hat sich die SPÖ zu etwas entschlossen und hat gesagt: Wunderbar, ist ja überhaupt kein Problem. Jede Regierungsmehrheit im Parlament soll die Möglichkeit haben, jene Bildungspolitik zu machen, die sie für richtig hält, wenn dadurch zumindest die Hoffnung besteht, dass die Qualität der Bildung in Österreich ansteigt. Und daher haben wir gemeinsam die Abschaffung der Zweidrittelmehrheit beschlossen.

Jetzt stellt sich die Frage: Welche Reformen hat es seit diesem Zeitpunkt gegeben? – Das eigentlich Erschütternde und viel Schlimmere als der PISA-Schock ist, dass diese Reformfreiheit im österreichischen Parlament in den letzten eineinhalb Jahren nicht genutzt wurde, weil die derzeitige Regierungsmehrheit zu grundsätzlichen Reformen im Bildungsbereich leider nicht bereit ist. Und das ist eine Schande, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Scheibner: Also bitte!)

Dabei liegt völlig klar auf der Hand, was notwendig wäre, die Alternative ist völlig klar. Die Frau Bundesministerin meint, man könne in den nächsten Jahren sehr viel Geld im Bildungsbereich einsparen, denn es gebe weniger Kinder und man brauche daher weni­ger Lehrer. Deswegen werde es weniger Lehrerarbeitsplätze geben und man könne einsparen. Da ja Sparen das Hauptdogma dieser Regierung ist, sehen wir in den nächsten Jahren einer Zeit entgegen – gäbe es diese Regierung weiter –, in der auf dem Rücken der Kinder weiter eingespart wird.

Aber es geht auch anders: Wenn wir weniger Kinder und mehr Lehrer haben, können wir doch die Chance ergreifen und dafür sorgen, dass es in Österreich endlich Schul­klassen in einer Größe gibt, in der auch vernünftig gearbeitet werden kann. Aus diesem Grund ist es dringend notwendig, dass die Klassenschülerhöchstzahl unverzüglich auf 25 abgesenkt wird, damit man in der Schule endlich Zeit für die Kinder hat. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ebenso ist es höchst an der Zeit, einer zweiten Forderung der Eltern nachzukommen, nämlich, dass der Unterricht nicht nur auf den Vormittag beschränkt ist, sondern dass es in einem höheren Ausmaß die verschränkte Form der Ganztagsschulen gibt. (Abg. Dr. Fekter: „Zwangstagsschule“!)

Ja, typisch! Das ideologische Dogma der ÖVP ist seit 30 Jahren unverändert, nichts dazugelernt: Sitzen bleiben in der Bildungspolitik – das ist Ihre Devise, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Fekter, fragen Sie die Eltern! In Niederösterreich hat es eine Erhebung unter 110 000 Eltern gegeben – nicht eine Umfrage, eine Erhebung –, wie hoch denn der Bedarf an zusätzlichen Ganztagsschulplätzen ist. (Abg. Dr. Brinek: Ganztägige Betreuung!) 85 000 zusätzliche Plätze wurden alleine in Niederösterreich gefordert. Soll ich Ihnen etwas sagen? Es kann überhaupt keine Verpflichtung geben, denn wir müssen froh sein, wenn es uns gelingt, in der nächsten Legislaturperiode 100 000 Ganztagsschulplätze zur Verfügung zu stellen. Und dann gibt es die Wahl­möglichkeit, ob ein Kind in die Halbtags- oder in die Ganztagsschule geht. Was Sie machen, ist ideologisch verbohrt, nämlich die Zukunft unserer Kinder zu verbauen. Und das ist das Problem! (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nicht um Ihre ideologischen Ladenhüter, mit denen Sie seit Jahrzehnten eine vernünftige Bildungspolitik blockieren (Abg. Wattaul: Redest du über dich?), es geht darum, dass es für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land mehr Chancen gibt. Und unsere Kinder in Österreich sind nicht dümmer als die Kinder in Finnland oder in anderen Staaten (Abg. Wattaul: Aber gescheiter wie Sie!), aber die Ergebnisse des dortigen Bildungssystems sind bedeutend besser. Wenn in Finnland ... (Abg. Mag. Donnerbauer: ... Jugendarbeitslosigkeit!) – Sie glauben, eine möglichst schlech­te Schulqualität hebt die Chance auf einen Arbeitsplatz? Ihre Ideen sind von vorges-


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tern! Treten Sie ab, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit solchen Auffas­sun­gen ist doch kein Staat zu machen und keine Zukunft möglich. (Beifall bei der SPÖ.)

Sich herzustellen und zu glauben, man müsse ein möglichst schlechtes Schulsystem haben, das sichere den Jugendlichen Arbeit, das kann doch nicht die Auffassung der ÖVP sein! (Abg. Scheibner: Das ist eine verkrampfte Wahlkampfrede!) Das ist Bil­dungs- und Arbeitsplatzpolitik aus dem letzten Jahrtausend – wirklich völlig daneben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn in Finnland nur 7 Prozent der 15-Jährigen Probleme beim Schreiben, Rechnen und Lesen haben, in Österreich hingegen 20 Prozent, dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist es Zeit, dass wir im österreichischen Schulsystem für mehr Chancen sorgen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ihre Politik des Zuschauens, des Verdrängens, des Verleugnens von Studien und des Wegschiebens von Ergebnissen hilft weder Ihrem Gewissen noch der Zukunft der Kinder und Jugendlichen. Daher ist eine umfassende Schulreform das Gebot dieser Zeit, wenn man will, dass Österreich und unsere Kinder wieder mehr Chancen haben. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Sburny. – Abg. Großruck: ... BAWAG und Gewerkschaft!)

Sie können sich nicht herstellen und das tun, was Sie ja manchmal tun, nämlich sagen: Es gibt ja keine Alternativen zu dem, was wir tun. – Die Alternativen in der Bil­dungspolitik liegen nicht nur von Seiten der Sozialdemokratie oder von Seiten der Grünen, sondern von Seiten aller Experten auf dem Tisch. Die Zukunftskommission hat, wissenschaftlich fundiert, Vorschläge unterbreitet, die von allen Experten in unserem Land anerkannt sind. Von allen Experten! Es hat einen Schimmer Hoffnung gegeben, als die Zukunftskommission ihren Bericht präsentiert hat und alle signalisiert haben: Wir wollen uns bemühen, das umzusetzen.

Das Problem ist Folgendes: Seit Beginn dieses Jahres hat die Frau Bundesministerin den Stopp in der Bildungspolitik ausgerufen und hat gemeint, es gebe in diesem Jahr keine Schulreformen mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist das eigentlich Tragische: Die Alternativen liegen auf dem Tisch, es gibt in der österreichischen Gesellschaft einen breiten Konsens dazu – aber eine einzige Partei in diesem Land blockiert jeden Fortschritt, und das ist die Österreichische Volkspartei! Daher ist es an der Zeit, dass der Volkspartei endlich die Verantwortung für die Bildungspolitik aus der Hand genom­men wird, denn sie beraubt die Kinder und Jugendlichen in unserem Land der Chancen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Abg. Neugebauer: Wo leben Sie denn?) Daher ist eine Änderung dringend erforderlich ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage Ihnen: Nehmen Sie die Ängste, Sorgen und Nöte der österreichischen Bevölkerung ernst! Das sind die Ängste und Sorgen vieler Eltern, die sich die Frage stellen: Welche Chancen wird mein Kind haben, wenn es die Schule verlässt und sich an der Qualität unseres Schulsystems nichts ändert? – In einer Wissensgesellschaft, in der wir uns befinden, ist inzwischen jedem Österreicher und jeder Österreicherin eines völlig klar: Wer heute das beste Bildungssystem hat, wird morgen das höchste Lohnniveau haben. Und wenn man heute im Bildungssystem Nummer eins ist, wird man morgen beim Lohnniveau Nummer eins sein.

Und was heißt das für Österreich? – Wenn wir bei den Löhnen derzeit gut, nämlich an fünfter Stelle liegen, aber in der Bildungspolitik an zwanzigster Stelle rangieren, dann ist das eine gefährliche Drohung. Das bedeutet: Wenn sich an der Bildungspolitik nichts ändert, dann droht der materielle Abstieg unseres Landes. Daher ist eine Bildungspolitik, die mehr Kindern mehr Chancen bietet, auch letztlich der wesentliche Beitrag zur Sicherung und Erhaltung des Wohlstands unseres Landes.


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Ich kann Ihnen nur sagen: Beenden Sie Ihre ideologische Blockadepolitik! Seien Sie dabei, wenn wir den Kindern in unserem Land mehr Chancen und Möglichkeiten geben! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

9.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. Ihre Redezeit, Frau Ministerin, soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


9.12.13

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben gerade ein Beispiel von Herrn Klubobmann Dr. Gusenbauer gehört, ein Beispiel mit dem Titel „Schlechtreden, schlechtmachen“. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner. – Rufe bei der SPÖ: Na, na!)

Er hat von einem möglichst schlechten Schulsystem gesprochen, von möglichst schlechten Schulen, von möglichst schlechter Schulqualität. Damit desavouieren Sie alle Lehrerinnen und Lehrer in Österreich, die beste Arbeit leisten. Diese haben sich das nicht verdient, Herr Dr. Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

In einem, Herr Dr. Gusenbauer, muss ich Ihnen Recht geben: Die Bildung ist die wichtigste Grundlage für die Entwicklung der Gesellschaft, für die Entwicklung der Wirtschaft. Wenn wir auf die Entwicklung unserer Wirtschaft, unseres Landes schauen, dann müssen wir die beste Bildungsqualität haben. Es herrscht Beschäftigungsrekord, die Arbeitsmarktpolitik trägt Früchte. Die jungen Menschen sind für die Arbeitsplätze gerüstet. Unsere Leistungsbilanz ist bestens, die Exportquote wächst, die Konjunktur­prognosen sagen ein Plus von 2,5 Prozent voraus. Die Wirtschaft entwickelt sich positiv, die jungen Leute finden Arbeit. (Abg. Heinisch-Hosek: Haben alle Arbeit?) Das ist die beste Bestätigung für unser gutes, für unser vielfältiges Bildungswesen in Österreich, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Was mich immer wieder verwundert, ist folgender Umstand: Sie nehmen eine Studie her, die sich mit einem gewissen Wissensbereich beschäftigt, und legen sie auf das gesamte Bildungswesen um. Möchten Sie Verhältnisse wie in Korea haben, obwohl Korea vorne liegt, aber möchten Sie haben, dass ein derartiger Leistungsdruck in den Schulen ausgeübt wird, dass sich Jugendliche umbringen? Möchten Sie das wirklich haben? Ich sage Ihnen: Das österreichische Bildungswesen legt seine Ziele in einer gesamthaften Persönlichkeitsbildung an. Dazu gehört eine gewisse Wissenskom­petenz (Abg. Dr. Niederwieser: Lesen darf man schon?!), das ist richtig, da werden wir uns noch verbessern. Dazu gehört aber vor allem auch, dass sich die jungen Menschen in der Schule wohl fühlen.

Es gibt eine WHO-Studie, derzufolge sich unsere Schüler zu über 90 Prozent in unseren Schulen wohl fühlen. Sie fühlen sich jeweils als Persönlichkeit angenommen.

Es gibt eine FESSEL-GfK-Studie vom Mai 2006, derzufolge 90 Prozent der Bevölke­rung mit dem österreichischen Schulsystem „sehr zufrieden“ oder „zufrieden“ sind. 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher können sich nicht irren, Herr Dr. Gusenbauer! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

In einer Studie von FOCUS, einem unabhängigen Institut, die jetzt im Juni gemacht wurde, wird den Lehrerinnen und Lehrern gute Arbeit bestätigt. 90 Prozent der Öster­reicherinnen und Österreicher sind mit der Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer zufrieden.


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Und eine Studie, die von einem renommierten Schweizer Institut gemacht wurde, besagt, Österreich ist im Bildungswesen top. Ich glaube, man muss all diese Rückmeldungen zusammennehmen und nicht nur an einer Rückmeldung kleben bleiben.

Ich sage Ihnen auch eines ganz deutlich, meine Damen und Herren von der Oppo­sition: Sie haben diese Aktuelle Stunde „SPÖ-Alternativen“ genannt. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Keine einzige hat er gesagt!) – Ja, was sind denn die Alternativen? Schauen Sie sich doch einmal dieses Papier namens „Startklar“ an! (Die Rednerin hält ein Exemplar des genannten Papiers in die Höhe. – Abg. Heinisch-Hosek: Super sind die! – Abg. Dr. Fekter: Ziemlich abgestürzt!) Da steht es genau drinnen. Sie wollen eine Gesamtschule (Abg. Heinisch-Hosek: Ja!), in der alle Kinder in einen Topf ge­worfen werden. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein!) Wir wollen das nicht – und 80 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen wollen das auch nicht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Sie wollen, dass die berufsbildenden Schulen und die guten Gymnasien in einer modu­laren Oberstufe, siehe Seite 8 im Gusenbauer-Papier, zusammengelegt werden. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie nicht?) Wir wollen das nicht! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir wollen, dass unsere guten berufsbildenden Schulen erhalten bleiben, wir wollen, dass unsere guten Gymnasien mit ihrer Allgemeinbildung erhalten bleiben. (Abg. Dr. Gusenbauer: Wieso wollen Sie das nicht? Erklären Sie uns, wieso Sie es nicht wollen!) Wir wollen sie nicht zusammenlegen. (Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen keine Module?!) – Seite 8, „Startklar“, bitte nachlesen!

Meine Damen und Herren! Sie wollen die Leistung abschaffen. (Abg. Heinisch-Hosek: Nein!) Wie soll man denn ohne Leistung ... Da drinnen steht es: Mit jeder Anzahl an Fünfern aufsteigen, nur noch freiwillig eine Klasse wiederholen. – Wir wollen das nicht! Wir wollen ein gewisses Leistungsdenken in unseren Schulen haben, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ– Abg. Schieder: Wer ist „wir“?)

Ich sage Ihnen auch, was Sie so besonders stört. Die österreichische Bundesregierung will nicht, dass die Leistung im Schulwesen in Österreich keine Bedeutung hat. So einfach ist die Welt. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Heinisch-Hosek: Sie wollen die schwarze Pädagogik!)

Wir haben von den Vorschlägen der Zukunftskommission bereits 22 Bereiche über­nom­men, haben sie umgesetzt. Ich bin neugierig, ob Sie, meine Damen und Herren, dem Vorschlag der Zukunftskommission, die Festlegung der Schülerhöchstzahl in die Kompetenz der einzelnen Schule zu geben, auch zustimmen. (Abg. Dr. Gabriela Moser: Wie bezahlen Sie das?) Das werden wir Ihnen nämlich anstelle einer zentralen Verordnung vorschlagen. Sie hängen dem alten Zentralismus an, Sie wollen von oben her verordnen.

Gestern hat es eine Aussendung gegeben, in der Herr Abgeordneter Niederwieser gemeint hat, wir brauchen gar nicht mehr Lehrer. – Sie bestätigen also damit, dass wir genug Lehrer haben, um die Klassenschülerzahlen zu senken. Ich nehme das gerne zur Kenntnis, sehr gerne. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Gusenbauer: Wissen Sie, wieso Sie dagegen sind?)

Wenn davon geredet wird, dass gespart wird, meine Damen und Herren, so darf ich Ihnen sagen: Das Schulbudget ist seit dem Jahr 1995 um 24 Prozent gestiegen, das Gesamtbudget ist um 15 Prozent gestiegen. Wir haben die Universitätsmilliarden. Wir haben in die Forschungsoffensive investiert. Wir haben 70 Millionen € in die EDV-


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Ausstattung der Schulen investiert. Wir haben 70 Millionen € für spezielle Investitionen, für die Weiterentwicklung der verschiedenen Schulbereiche ausgegeben. Wir haben weiters über 1 Milliarde € nur für Schulbauten ausgegeben.

Eines möchte ich auch noch sagen: Wir haben mehr Lehrer für mehr Schüler in den weiterführenden Schulen, in den Gymnasien, in den Bundesschulen. Und wenn Sie mir vorwerfen, dass ich sparen möchte, dann empfehle ich Ihnen: Gehen Sie bitte zu den Landeshauptleuten! Die Landeshauptleute haben diese Verhältniszahlen im Finanz­ausgleich ausgemacht. Ich habe dafür gesorgt, dass wir für kleine Schulstandorte 12 Millionen € extra haben; ich habe dafür gesorgt, dass wir für die Sprachenoffensive noch einmal 330 Dienstposten bekommen, dass es also spezielle Unterstützungen gibt. (Abg. Heinisch-Hosek: Was ist mit den Sprachtickets?) Ich habe dafür gesorgt, dass das Sprachticket ebenfalls finanziell unterstützt wird. (Abg. Heinisch-Hosek: Wer löst das ein? Was haben die Kinder davon?)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Muttonen, Sie können nicht von einem fremden Platz aus zwischenrufen. (Abg. Heinisch-Hosek: Ich heiße Heinisch-Hosek! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 


Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer (fort­setzend): Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Jahren zielorientiert die Selbständigkeit, Autonomie der Schulen ausgebaut. Und ich sage Ihnen: Die öster­reichische Volksregierung (ironische Heiterkeit bei der SPÖ  – Abg. Dr. Gusenbauer: „Volksregierung“!), diese Bundesregierung, die Österreichische Volkspartei wird weiterhin das differenzierte Schulsystem ausbauen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Österreichische Volkspartei wird weiter dafür sorgen, dass wir den Jugendlichen die beste Bildung bieten, dass wir eine hundertprozentige Durchlässigkeit haben. In Österreich gibt es keinen Bildungsabschluss ohne einen Anschluss. Wir sorgen weiter dafür, dass die Kinder in ihrer Persönlichkeit entwickelt werden, dass wir jedem Kind individuelle Chancen bieten.

Meine Damen und Herren, ich meine, gerade nach der Rede des Herrn Dr. Gusen­bauer ist es an der Zeit, den Lehrerinnen und Lehrern in Österreich zu danken. Wir sind ja am Ende eines Schuljahres. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich danke allen Volksschullehrerinnen und Volksschullehrern dafür (Abg. Bures: Die arbeiten eh besser als Sie!), dass sie den Kindern verlässlich die Kulturtechniken Lesen, Rechnen und Schreiben beibringen. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.) Ich danke allen Hauptschullehrerinnen und Hauptschullehrern, dass sie sich liebevoll um ihre Kinder bemühen, auch um die vielen Kinder, die aus anderen Ländern kommen, die eine Bereicherung für uns sind. (Abg. Dr. Gusenbauer: Trotz dieser Regierungspolitik!)

Ich danke allen Lehrerinnen und Lehrern an den Polytechnischen Schulen, die mit großem Einfühlungsvermögen die jungen Menschen hinführen zu einer weiteren Bildung oder zu einer Lehre. Ich danke allen Berufsschullehrerinnen und Berufsschul­lehrern, die sich um die jungen Menschen bemühen und die den jungen Menschen auch die Möglichkeiten einer Berufsreifeprüfung eröffnen.

Ich danke allen Sonderschullehrerinnen und Sonderschullehrern, die sich entweder im Rahmen der Integration oder mittels spezieller Schulangebote um die Kinder kümmern, die es besonders schwer haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Neugebauer: Ganz wichtig! Ganz wichtig!)

Wir haben ein Bildungssystem, das jedem Kind Chancen und Möglichkeiten gibt.


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Meine Damen und Herren! Ich möchte auch alle Bundesschullehrerinnen und -lehrer an den Gymnasien, an den berufsbildenden Schulen erwähnen, die beste Arbeit leisten, und ich werde auch weiterhin die Lehrerinnen und Lehrer bei ihrer Arbeit optimal unterstützen. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ.)

9.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde 5 Minuten nicht übersteigen darf.

Ich erteile nun Herrn Abgeordnetem Amon das Wort. (Abg. Dr. Gusenbauer: Jetzt wird es wieder ganz tief! – Abg. Dr. Cap: Zuerst einmal Bussi-Bussi für die Frau Bundes­minister!)

 


9.23.05

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Im Gegensatz zu Ihnen verstehen wir uns gut; Sie streiten ja intern ständig. Das ist Ihr Problem.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist geradezu unglaublich, was Herr Dr. Gusenbauer heute hier von sich gegeben hat. Es ist wirklich unglaublich! (Abg. Faul: Aber wahr!) Ich habe zunächst gedacht, ich höre nicht recht.

Das Erste war, dass er gesagt hat, er war vom Ergebnis der PISA-Studien schockiert. – Wir waren nicht schockiert, sondern haben die Ergebnisse in Ruhe analysiert, Herr Dr. Gusenbauer – das ist ein feiner, aber sehr wesentlicher Unterschied – und die Vorschläge, die wir gemacht haben, auch auf Grund der PISA-Ergebnisse, waren wohl durchdacht und haben eine Perspektive. Sie zeigen panik­artige Reaktionen, und das drückt sich auch in Ihrer Wortwahl aus, indem Sie nämlich wörtlich gesagt haben: Unsere Kinder sind ja nicht dümmer!

Was meinen Sie damit, Herr Dr. Gusenbauer? Leiten Sie von den PISA-Ergebnissen ab, dass unsere Kinder dümmer sind als jene, die in der PISA-Studie besser abgeschnitten haben? Ist das Ihr Schluss, Herr Dr. Gusenbauer? (Abg. Broukal: Nein, das Gegenteil leitet er ab! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen: Der Schluss, den Sie ziehen, dass nämlich die PISA-Studie eine Aussage über das gesamte österreichische Bildungssystem trifft, dieser Schluss, Herr Dr. Gusenbauer, ist absolut falsch! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wenn Sie hier ein Jammertal beschreiben und davon sprechen, dass der Abstieg unseres Landes droht, weil es ach so niedrige Löhne und Gehälter gibt, dann würde ich Ihnen sehr empfehlen: Schauen Sie, dass Sie Ihren Einfluss im ÖGB geltend machen, damit die Verhandlungen entsprechend laufen! Dann sind vielleicht auch die Lohnabschlüsse ein bisschen besser, wenn die Gewerkschaft nicht nur mit sich selbst beschäftigt ist! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Heinzl: Sagen Sie das dem Neugebauer! – Abg. Neugebauer: Wir haben sehr gute Abschlüsse gemacht!)

Herr Dr. Gusenbauer, ich möchte Ihnen massiv widersprechen, wenn Sie davon reden, dass Sie in Österreich das finnische Bildungssystem etablieren wollen. Sie sagen, Sie wollen das finnische Bildungssystem für Österreich. (Abg. Broukal: Das hat er nicht gesagt!) Aber in jedem Vorschlag, den Sie bringen, beschreiben Sie ein völlig anderes Bildungssystem als das finnische. Die Finnen haben eine extrem strenge Auswahl, wenn es darum geht, wer überhaupt den Lehrerberuf ergreifen darf. Die nehmen nur jeden siebzehnten Bewerber.


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Sie wehren sich gegen jede Form der Auswahl an den Hochschulen und Universitäten. Sie wollen nicht das finnische Bildungssystem, Sie wollen nur eine Überschrift.

In Finnland ist die Frage, ob die Kinder Gratisschulbücher bekommen oder nicht, davon abhängig, ob es sich um eine reiche Gemeinde oder um eine ärmere Gemeinde handelt. – Bei uns ist das nicht der Fall! Bei uns erhalten alle Kinder selbstverständlich Gratisschulbücher. Sie wollen nicht das finnische System, Herr Dr. Gusenbauer!

Sie reden einer verschränkten Unterrichtsform, also einem verpflichtenden Unterricht am Nachmittag das Wort. – Da kennen Sie das finnische Bildungssystem nicht, Herr Dr. Gusenbauer! In Finnland ist die Nachmittagsbetreuung auf freiwilliger Basis, und die Eltern zahlen dafür 70 €, während sie bei uns 80 € zahlen. Sie stellen hier einen Popanz auf, den es in Wahrheit nicht gibt! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich möchte Sie auch davor warnen, dass Sie auf Grund der Ergebnisse der PISA-Studie jetzt der Meinung sind, man müsste das Bildungssystem jenes Landes übernehmen, das gerade an erster Stelle bei dieser speziellen Untersuchung liegt. Was machen Sie, wenn nach der nächsten Studie Taiwan oder Südkorea an der ersten Stelle ist? Ändern wir dann das Bildungssystem in diese Richtung? – Ist es nicht gescheiter, unser eigenes Bildungssystem weiterzuentwickeln? (Abg. Dr. Gusen­bauer: Also bleiben wir an 20. Stelle und tun gar nichts!?)

Ich sage Ihnen, Herr Dr. Gusenbauer, abschließend: Es ist das Ziel der Österreichi­schen Volkspartei, auf Basis gesicherter Ressourcen die Klassenschülerhöchstzahl in Richtung 25 zu bringen, und wir werden das gemeinsam mit den Vertragspartnern im Finanzausgleich auch zustande bringen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Offenbarungseid!) Aber was wir nicht machen werden, ist ein simpler Wahlkampfgag, wie Sie ihn heute mit Ihrem Entschließungsantrag vorhaben, in dem Sie verlangen, diese Regelung nur für ein Jahr umzusetzen. (Abg. Dr. Gusenbauer: Offenbarungseid!) Sie wollen diese Regelung nur für ein Jahr umsetzen! Ich frage Sie: Wenn Sie das ab Herbst einführen wollen, warum bringen Sie nicht einen gesetzesändernden Antrag ein, sondern nur einen Entschließungsantrag, Herr Gusenbauer? (Abg. Dr. Gusenbauer: Offenbarungs­eid!)

Für Wahlkampfgeplänkel ist uns die Bildungspolitik zu wichtig. (Abg. Dr. Gusenbauer: Das sieht man an Ihnen!) Diese Form der Bildungspolitik wird es mit uns nicht geben! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

9.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Broukal. Seine Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.28.48

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Amon, topp, die Wette gilt! Wir haben noch einige Stunden Zeit. Wenn Sie bereit sind, mit uns noch einen Gesetzesantrag auszu­arbeiten, der die Klassenschülerhöchstzahl von 25 jetzt und auch in den kommenden Jahren sichert, sind wir dabei! Wir haben die Zeit. Machen Sie es! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Aber das ist doch ein leeres Gerede, wie so vieles, was Sie hier zum Besten gegeben haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin, ich akzeptiere Ihre Statistik, wonach 90 Prozent der öster­reichischen Eltern mit der Arbeit der Lehrer und Lehrerinnen zufrieden sind. Ich sage Ihnen, ich bin auch mit der Arbeit der Lehrer meiner Kinder sehr zufrieden. Aber dann akzeptieren Sie auch umgekehrt jene Statistik, die jedes Monat veröffentlicht wird und


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die zeigt, dass 59 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen mit Ihrer Arbeit unzufrieden sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Darüber muss man doch einmal reden: Elisabeth Gehrer ist im öffentlichen Vertrauen das Schlusslicht dieser Bundesregierung, und im Politikerradar des OGM ist sie gerade noch ... (Ruf bei der ÖVP: Wo ist der Gusenbauer?) Der Gusenbauer ist Lichtjahre vor ihr! Schauen Sie nach, dann werden Sie es sehen! (Lebhafte ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Die Frau Gehrer hingegen kämpft mit den Herren Strache und Westenthaler um die Schlusslichtposition in diesem Ranking! Das muss einem einmal passieren! Und dann trauen Sie sich, sich hierher zu stellen und zu behaupten, dass Sie Ihre Sache gut machen!? Das glauben nur Sie und der Herr Amon, aber sonst glaubt niemand in Österreich, dass Österreichs Bildungspolitik gut ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich habe in den letzten Monaten bei 20 Veranstaltungen in der Steiermark keine Lehrerin, keinen Lehrer getroffen, der gesagt hätte: Gebt Ruhe, die Schule ist in Ordnung! Ich habe keine Mutter getroffen, die gesagt hat: Gebt Ruhe, es gibt genug Stunden, es gibt genug Förderkurse, es gibt genug freiwillige Übungen! Ich treffe immer nur Menschen, die sagen: Vor zehn Jahren war die Welt noch in Ordnung, da gab es noch eine Schule, die sich um die schwachen Kinder gekümmert hat, die am Nachmittag ein kulturelles Angebot gehabt hat. Ich treffe LehrerInnen, die sagen: Der jüngste Lehrer an unserer Schule ist 47! – Und: Lehrer gibt es gar nicht, nur Lehrerinnen! Wir haben nicht einmal mehr einen Mann, sodass die Kinder lernen könnten, was es heißt, sich mit einem männlichen Menschen auseinander zu setzen. (Abg. Scheibner: Könnten Sie das noch einmal wiederholen? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Sache ist ganz einfach, so aufgeregt Sie auch sein mögen: Sie werden dafür sorgen, dass im September Österreichs Pflichtschulen 1 500 Lehrer und Lehrerinnen weniger haben werden als derzeit. Die Katastrophe der Pflichtschulen wird weiter­gehen, und ich bitte Sie ganz dringend: Kehren Sie auf diesem Weg um! Ein Anfang, Herr Amon, wäre, die 1 500 Lehrer-Kündigungen der kommenden Monate nicht stattfinden zu lassen, zumindest jene Zahl von Lehrern und Lehrerinnen an den Pflichtschulen zu belassen, die die Schulen derzeit haben.

Wir werden Ihnen heute vorschlagen – und Sie werden Gelegenheit haben, dagegen zu stimmen; da wünsche ich Ihnen dann viel Glück bei der öffentlichen Diskussion darüber –, noch in diesen Sommerferien den Bedarf an zusätzlichen Lehrern bei Klassenschülerhöchstzahl 25 zu erheben und im September an den österreichischen Schulen neu durchzustarten, mit Klassen, die klein genug sind, dass das Unterrichten und das In-die-Schule-Gehen wieder Freude machen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

9.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rossmann. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


9.32.14

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Herr Gusenbauer, Ihre Fraktion ist ja nicht einmal in der Lage, den Titel der Aktuellen Stunde ordentlich einzubringen. Sie sagen, es ist eine „gescheiterte Bildungspolitik“. (Abg. Dr. Gusenbauer: Was sonst?) Es müsste heißen, es ist eine gescheitere Bildungspolitik. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das ist der große Unterschied: Während Sie die Kinder zwangsverpflichtend in eine Ganztagsschule geben wollen, wollen wir eine freiwillige Nachmittagsbetreuung, und


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das flächendeckend für Österreich, und das ist sogar finanziert worden. Sie wissen ganz genau, dass im Rahmen einer Umfrage die Eltern genau angeben konnten, ob sie eine Nachmittagsbetreuung brauchen oder nicht, und wir bieten diese flächen­deckend an.

Aber es liegt ja der Verdacht auf der Hand, dass die SPÖ mit dem Thema Bildung nur von der Kriminalgeschichte BAWAG und ÖGB ablenken will, aber wir werden heute am Nachmittag mit einer Dringlichen Anfrage dafür sorgen, dass Ihnen das nicht gelingt.

Sie gehen da heraus und tun so, als ob Bildung ausschließlich Bundessache wäre. Gibt es nicht eine rote Landeshauptfrau Burgstaller in Salzburg mit einem roten Landesschulratspräsidenten? (Abg. Faul: Bildung ist Bundessache!) Gibt es nicht einen roten Landeshauptmann Voves in der Steiermark? Und, Herr Broukal, ich glaube Ihnen, dass Sie dort niemanden getroffen haben, der mit der neuen Bildungspolitik in der Steiermark zufrieden ist. Das glaube ich Ihnen aufs Wort, denn der neue Landeshauptmann Voves hat mit seinem Landesschulratspräsidenten, seinem Partei­kollegen, alles umgefärbt in der Steiermark. So schaut es aus! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Er hat noch dazu zugegeben, dass es sein Recht ist, alles umzufärben, denn er brauche die Leute seines Vertrauens. (Abg. Broukal: Was zum Beispiel? Ein Beispiel!) Das ist eine Tatsache, und deshalb glaube ich Ihnen, dass Sie dort niemanden getroffen haben, der zufrieden ist.

Aber es geht ja noch weiter: Im Burgenland haben wir einen roten Landeshauptmann Niessl und einen roten Landesschulratspräsidenten. Oder: In Wien gibt es den Bürgermeister Häupl mit seiner roten Landesschulratspräsidentin, die sowieso immer alles besser weiß. Ich kann Ihnen sagen, die Bildungspolitik ist vielfach in Österreich SPÖ-hausgemacht und wird dazu benutzt, Ängste und Unfrieden zu schüren. Da erinnere ich an die Demonstrationen der linken Lehrergewerkschaft, die die minder­jährigen Schülerinnen und Schüler dafür verwendet hat, während der Schulzeit gegen die Bundesregierung zu demonstrieren. Haben Sie das schon vergessen? (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich erinnere auch daran, dass bereits vor mehr als zehn Jahren unser jetziger Klubobmann Herbert Scheibner und unser Landeshauptmann Jörg Haider mit dem Volksbegehren „Österreich zuerst“ festgeschrieben haben: 30 Prozent Kinder nichtdeutscher Muttersprache pro Klasse müssen genug sein! Was das betrifft, hätten Häupl in Wien oder Voves in Graz schon längst handeln können. Das ist eben der Unterschied: Dort, wo wir das Sagen haben, wird gehandelt. In der Volksschule St. Ruprecht in Klagenfurt zum Beispiel gibt es jetzt eine Spracherhebung, und dann wird es eine entsprechende Organisationsänderung geben, sodass nicht mehr als 30 Pro­zent Kinder nichtdeutscher Muttersprache in einer Klasse sind. Das hätten Sie in Wien schon längst machen können!

Ich spreche mit vielen Lehrern und kann Ihnen sagen, dass die es auch satt haben, eine große Klasse zu unterrichten. Wo ist da Ihr Handeln, sind Ihre Maßnahmen, außer einem Antrag, der 25 für ein Jahr vorsieht? Wir wollen eine Senkung auf maximal 25 Kinder für alle Klassen und für alle Schulen, auch für AHS und BHS, denn dort gibt es das wahre Problem. In diesem Bereich beträgt die Klassenschülerhöchstzahl nämlich 30, und es gibt sogar die Möglichkeit einer 20-prozentigen Überschreitung.

Jetzt frage ich Sie: Wer hat denn dieses Gesetz geschaffen? Unter welcher Ära ist dieses Gesetz beschlossen worden? Unter einer Bundesregierung mit SPÖ-Beteiligung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wer hat die Vorschulzeit abgeschafft und durch eine Schuleingangsphase ersetzt? Eine Bundesregierung mit SPÖ-Beteiligung. – Wir haben damals schon davor gewarnt,


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dass ein großes Problem, speziell was die Kinder nichtdeutscher Muttersprache betrifft, auf uns zukommen wird, wenn die Vorschule abgeschafft wird.

Die SPÖ redet immer von großer Bildungspolitik. Wir aber sprechen wirklich von Chancengleichheit aller. Wenn Ihr Klubobmann seine Tochter in eine Privatschule gibt, dann wird er wissen, warum er das macht. Es ist seine private Sache. Wir aber wollen echte Chancengleichheit, und deshalb hat unser Landeshauptmann in Kärnten es ermöglicht – als einziges Bundesland –, dass Schülerinnen und Schüler eine Berufs­reife­prüfung in der Berufsschule machen können. Genau diese Lehrer, die jetzt frei werden, weil die Schülerzahl sinkt – in Kärnten sind es mehr als 100 Lehrer –, ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Den Schlusssatz, bitte!

 


Abgeordnete Mares Rossmann (fortsetzend): ... unterrichten in der Berufsschule, damit die Kinder in der Berufsschule auch die Matura machen können. Dort, wo wir das Sagen haben, wird gehandelt, und die SPÖ jammert. Glauben Sie, dass Sie mit Ihrem Jammern ...?

9.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Brosz. Redezeit: 5 Minuten.

(Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP für die das Rednerpult verlassende Abg. Rossmann. – Abg. Dr. Jarolim: Das war ein er­schreckender Unsinn!)

 


9.38.01

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bildungsministerin! Ich würde Sie gerne fragen, was eigentlich in Österreich noch passieren muss, dass Sie hier im Parlament einmal sagen, dass im Bildungssystem in Österreich nicht alles wunderbar ist. Was muss denn noch passieren? (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jetzt können Sie wieder kommen mit der PISA-Studie. Übrigens: Beim ersten Mal haben Sie noch Plakate affichieren lassen, auf denen gestanden ist: Österreich ist Weltklasse. Da war es Ihnen recht. Beim zweiten Mal, wo Österreich den 20. Platz von 30 belegt hat, kehren Sie es unter den Teppich, ist es Ihnen nicht so wichtig, da braucht man es nicht so ernst zu nehmen.

Wenn Sie aber heute wieder hergehen und sagen, Sie haben die Vorschläge der Zukunftskommission umgesetzt, und nicht zur Kenntnis nehmen, was die Personen, die da drinnen sitzen, zu Ihrer Umsetzung sagen, dann ist das ganz einfach Realitäts­verweigerung.

Soll ich Ihnen vorlesen, was Günter Haider vor zwei Monaten gesagt hat? Er sagte wörtlich:

„Außer einiger aus dem Zusammenhang gerissener Maßnahmen, die zum Teil den Kommissions-Vorstellungen sogar widersprochen hätten, sei wenig geschehen und keine Strategie erkennbar.“ – Wörtliches Zitat des Vorsitzenden der Zukunfts­kom­mission über die Umsetzung Ihrer Maßnahmen.

Sie aber stellen sich hierher und sagen: Wir haben alle 22 Maßnahmen umgesetzt, wir haben alles gemacht, was vorgeschlagen wurde!? – Das ist unseriöse Politik, Frau Bildungsministerin. Diesen Vorwurf kann man Ihnen nicht ersparen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vom Timing her kann man von Ihnen ja wirklich etwas lernen, Herr Amon. Vier Jahre lang haben Sie jeden Antrag betreffend Senkung der Klassenschülerhöchstzahl im


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Parlament niedergebügelt. Selbst den Antrag, zu überprüfen, was es denn kosten würde, die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 zu senken, haben Sie beim letzten Mal niedergestimmt, Sie und die Abgeordneten vom BZÖ. Und jetzt gehen Sie her und sagen in den Zeitungen, die ÖVP will die Klassenschülerhöchstzahl auf mindestens 25 in den Pflichtschulen senken?!

Ich darf in diesem Zusammenhang einen Ausspruch des Herrn Präsidenten zitieren, welcher lautete: Die Tochter ist ... – (Ruf bei der ÖVP: „Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit“!) „Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit.“ – Genau, danke. Dieses Zitat kennen Sie sehr gut.

Vor zwei Jahren haben Sie noch gesagt – auch wörtlich –: Es ist nicht notwendig, die Klassenschülerzahlen in Österreich zu senken, weil wir die niedrigsten Schülerzahlen oder eine der niedrigsten Schülerzahlen in ganz Europa haben. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Haben Sie nicht gesagt? – Gut, dann sage ich es Ihnen wörtlich, was Sie gesagt haben:

„Das kann ... nicht der Grund sein, die Schülerzahlen generell auf 25 abzusenken,“ (Abg. Amon: Ja: generell!) „wo wir doch auch sehen müssen, dass wir im internationalen Vergleich ... sehr, sehr niedrige Schülerzahlen haben, ...“ – Haben Sie nicht gesagt? Vielleicht merken Sie sich dann, was Sie gesagt haben!

Das ist die Politik, die Sie hier betreiben: Jahrelang haben Sie jede Forderung nach mehr Geld für das Bildungssystem abgewürgt. (Abg. Großruck: Falsch!) Das hat es nicht gegeben! Jahrelang! (Abg. Großruck: Das ist ja falsch!)

Herr Kollege Großruck! (Abg. Großruck: Es gibt ja mehr Geld: 20 Prozent, 10 Prozent mehr!) Die Budgets für die Pflichtschulen sind in den letzten Jahren gesunken – in absoluten Zahlen gesunken! Sie gehen her und sagen, 12 Millionen hat es mehr gegeben?! – Das ist ja die Chuzpe zum Quadrat! Zuerst senken Sie die Pflicht­schullehrer-Zahlen, das Budget um 100 Millionen pro Jahr (Abg. Großruck: ... die Unwahrheit! Das Bildungsbudget ist um ... Prozent gewachsen!), und dann sagen Sie: 12 Millionen gebe ich Ihnen wieder! – Ich meine, das ist ein Taschenspielertrick, wenn man das irgendwie normal bezeichnen würde, das hat mit einer seriösen Politik überhaupt nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das mit den Blankoschecks, die Sie vor der Wahl verteilen, zieht sich ja durch! Denken Sie etwa an die Unis, den Gebäudezustand an den Universitäten: Wer kennt das nicht in Österreich, wer kennt nicht die dramatischen Zustände, die teilweise bestehen? – Jetzt geht die Regierung her – ohne budgetäre Deckung! – und sagt: 700 Millionen € in den nächsten drei Jahren für Gebäudesanierung! – Es gibt kein Budget dafür, es hat jahrelang keine Maßnahmen gegeben! (Abg. Großruck: Auch falsch! Schauen Sie sich das BORG in Grieskirchen an: Generalsaniert!) Das Einzige, was Sie machen, vor der Wahl: Sie teilen Schecks aus, ungedeckte Schecks. Das ist einfach unglaubwürdige Politik. So werden Sie das Vertrauen der Bevölkerung nicht gewinnen.

Sie sagen, 90 Prozent der Bevölkerung können nicht irren. – Das ist immer auch eine Frage, wie gefragt wird. Aber wenn Sie sich jetzt Ihre Bewertung anschauen, dann müsste Sie das eigentlich bedenklich stimmen. Sie haben interessanterweise über Jahre hinweg ziemlich gute Beliebtheitswerte gehabt – das sei Ihnen zugestanden –, Sie haben über Jahre hinweg Werte gehabt, die durchwegs im Durchschnitt der österreichischen Regierungsmitglieder lagen – und wo steht Ihre Bewertung jetzt? Wo sehen die Österreicherinnen und Österreicher Ihre Bildungspolitik? – Sie sind massiv abgerutscht! Es gibt eine massive Vertrauenskrise im Hinblick auf Ihre Bildungspolitik! (Abg. Scheibner: Bei Ihnen fragt erst gar keiner nach!)


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Glauben Sie mir: Wenn Sie sagen, vier Jahre weiter Gehrer, dann wird das mittlerweile als Drohung aufgefasst. Das hat mit dem freudigen Erwarten: Da machen wir neue Politik!, überhaupt nichts mehr zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Abschließend, weil Sie das ja jedes Mal machen, dass Sie sagen, die Opposition schüttet die LehrerInnen an: Es geht den LehrerInnen mittlerweile wirklich auf die Nerven, dass Sie sie in Geiselhaft nehmen. Sie kommen hier ins Parlament und sagen, jede Kritik an Ihrer Bildungspolitik kritisiert die LehrerInnen. – Das kann in Österreich niemand mehr hören! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Jede Lehrerin, jeder Lehrer sagt Ihnen, es ist unmöglich, mit 30 Schülerinnen und Schülern individuell zu unterrichten, sie zu fördern. Sie hören es in jeder Klasse! – Aber Sie gehen ja auch nicht hin. Es ist ja kein Wunder, dass man Sie nie trifft, wenn man in Schulen ist, weil Sie diese Diskussion auch nicht aufnehmen. (Abg. Großruck: Die gibt’s ja kaum, die Klasse mit 30!)

Zeigen Sie mir einen Lehrer, der nicht sagt, die Betreuungsverhältnisse in den letzten Jahren sind schlechter geworden! Zeigen Sie mir einen solchen Lehrer oder eine solche Lehrerin! – Sie werden sie nicht finden! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.) Und dieses Schönreden, das Sie über Jahre hinweg betrieben haben, das sollte endlich ein Ende haben. (Neuerlicher Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erinnere aus gegebenem Anlass, vor allem Herrn Abgeordneten Scheuch, daran, dass das Telefonieren im Plenum vom Präsidenten in der Regel beim zweiten Mal mit einem Ordnungsruf bedacht wird.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Brinek. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.43.34

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Bevor wir über die Alternativen sprechen, möchte ich Ihnen doch noch einmal die Bildungspolitik der Ministerin Gehrer und der Bundesregierung in Erin­nerung rufen.

Eine Steigerung des Schulbudgets des Bundes um 24 Prozent, meine Damen und Herren – dies allfälligen Sparvorwürfen gegenübergestellt –; ein Lehrer/Schüler-Verhält­nis von 1 : 14,5 in den Volksschulen, 1 : 10 in den Hauptschulen – daraus ergibt sich jetzt schon eine durchschnittliche Schülerzahl von 20 in den österreichischen Schulklassen!

Und damit bin ich gleich bei Ihrem Vorschlag, Herr Kollege Broukal: Wenn Sie grundsätzlich und operationalisiert für jede Klasse 25 einführen wollen, dann haben all jene Schulklassen keine Qualitätsverbesserung, die jetzt schon weniger als 25 haben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Murauer: So ist es!)

Daher war es von unserer Fraktion richtig zu sagen: Eine generelle Forderung von 25 und nicht mehr in den Klassen lehnen wir ab! Es braucht mehr Bedacht in dieser Frage und eine differenziertere Antwort auf dieses Problem! (Abg. Broukal: Aber wie lange denken Sie schon, ohne dass es zu einem Ergebnis kommt? Außerdem geht es nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch, Frau Kollegin!) Von Ihnen kamen keine differenzierten Vorschläge, sondern immer die Wiederholung, immer die alte Mühle – ähnlich wie im Zusammenhang mit dem PISA-Ergebnis. (Zwischenruf des Abg. Dr. Gusenbauer.)


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Offenkundig ist geworden, Herr Kollege Gusenbauer, wenn Sie Neuwirth und anderen internationalen Studien glauben: Nachhilfe ist gefordert für die SPÖ in PISA-Inter­pretationen! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – So einfach können Sie es sich nicht machen, wenn Sie die Qualität verbessern wollen.

Für die Tagesbetreuung gibt diese Bundesregierung weitere Mittel aus, damit wir auf ungefähr 67 000 Schülerinnen und Schüler kommen. – Wissen Sie, wie die SPÖ-Alternative in Wien ausschaut? – Da können Sie es sich anschauen: Das zuständige Landesregierungsmitglied sagt: Wo kämen wir da hin, wenn wir jährlich in allen Klassen den Bedarf erheben?! Einmal in der ersten Klasse Volksschule zu erheben, welchen Tagesbetreuungsbedarf es braucht, genügt, denn wenn wir dauernd die Eltern fragen ...! Ich setze das Gesetz nicht um!, sagt Ihr Landesregierungsmitglied in Wien. – So schaut es aus! Gehen Sie doch hin und sagen Sie das den Eltern, wie ernst Sie Elternwünsche nehmen!

Ähnliche Alternativen in Wien: Wenn Sie die LehrerInnenzahl und die Klassen­schüler­zahl gegenüberstellen, die über den Finanzausgleich zur Verfügung gestellten Mittel, kommen Sie locker auf eine Zahl von 22 SchülerInnen in den Klassen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Bauer.) Wo sind denn die 1 000 Lehrerinnen und Lehrer in Wien, die der Bund bezahlt, Herr Kollege Gusenbauer und Sie, die Wiener SPÖ-Abgeordneten? Wo sind denn die mehr als 1 000 LehrerInnen, die der Bund bezahlt und die nicht in den Klassen stehen und pädagogische Arbeit leisten? – Fragen Sie die Wiener Schul­behörde! (Abg. Broukal: Wo sind sie? – Sagen Sie es mir!) Ja, wir vermuten sie irgendwo in anderen Bereichen, wo sie nicht pädagogische Arbeit machen, aber dafür Geld vom Steuerzahler verwendet wird. – Meine Damen und Herren! Da muss endlich Klarheit herrschen!

Meine Damen und Herren! Integration unterstützen – das ist ein Motto, das ist ein Prinzip der österreichischen Bundesregierung. Weitere Mittel werden daher für Sprach­förderung ausgegeben.

Ich habe mich erkundigt: Welche Initiativen hat es denn auf Wiener Ebene für die Einrichtung von Schulversuchen für Sprachintegration – und es ist dies in erster Linie ein städtisches Problem – gegeben? – Null! Also so ernst nehmen Sie es gar nicht mit der Etablierung von Integrationsmaßnahmen! – Für uns steht das Kind im Mittelpunkt, für uns steht die Förderung des Einzelnen im Mittelpunkt. Was die zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer für Sprachförderung betrifft, werden wir sehr genau kontrollieren, wo sie in Wien eingesetzt werden.

In Wien: einstürzende Schulbauten. Es fehlt an einem Schulentwicklungsplan, es fehlt an einem Ausbauplan. An Stelle dieses Schulentwicklungsplanes: Schließen der Schul­klassen! Bei mir in der Umgebung, in der Leopoldsgasse im 2. Bezirk: Eine Schule, die für 16 Klassen Platz hätte, wird geschlossen, die Volksschulkinder werden kilometerweit in andere Schulen geschickt, und dort wird – nachdem erst vor kurzem saniert wurde – noch einmal Geld in den Umbau gesteckt, weil sich eine Schulinspektorin unbedingt einbildet, sie muss ein Projekt umsetzen.

Meine Damen und Herren! Augenmaß ist gefordert, das Einsetzen der Steuermittel im richtigen Sinn, nämlich dort, wo sie pädagogisch sinnvoll genützt werden können!

Abschließendes Resümee: Die SPÖ hat keine ernsthaften Alternativen; in inter­nationalen Studien braucht sie Nachhilfe. Sie kritisiert dafür die Frau Ministerin und meint, sie zu treffen. Sie demotiviert aber Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrerin­nen und Lehrer, beleidigt PädagogInnen und versucht, die Arbeit in ein falsches Licht zu rücken.


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Uns ist wichtig, dass wir eine verlässliche Volksschule haben, die Weiterentwicklung eines differenzierten Schulsystems und den Ausbau der Investitionen in Wissenschaft und Forschung betreiben. Mit dieser Bildungs- und Schulpolitik schauen wir in die Zukunft, und da haben wir die Österreicherinnen und Österreicher auf unserer Seite. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

9.48


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser. Auch seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.

 


9.48.50

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Hohes Haus! Ich möchte versuchen, nicht so weiterzumachen, wie meine Vorrednerin (Abg. Wattaul: So wie der Gusi!) aufgehört hat (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ), sondern ein paar Dinge aufzuzeigen, an denen deutlich wird, wo die Unterschiede liegen.

Frau Bundesministerin, Sie haben gesagt, in Österreich bekommt jedes Kind eine faire Chance. – Sie selbst haben die Ergebnisse der PISA-Studie schon einmal viel ernster genommen. Sie selbst haben gesagt, es ist nicht richtig, dass 20 Prozent der Kinder in Österreich, der 15-Jährigen risikogefährdet sind, weil sie nicht ausreichend lesen können, weil sie über diese Grundkenntnisse nicht verfügen. – Und jetzt, ein Jahr später, sagen Sie: Nein, das ist alles nicht so wichtig, wir brauchen uns darum nicht zu kümmern! Nehmt PISA doch nicht so ernst, es gibt doch Wichtigeres auf der Welt! Man muss ja nicht lesen können, Hauptsache, man fühlt sich wohl! – So ungefähr.

Also, Frau Bundesministerin, ich bitte Sie wirklich: Diese 20 Prozent, das Problem, dass wir hier Kindern keine faire Chance geben, müssen wir ernster nehmen! Und ich bin überzeugt: Auch Sie nehmen es ernster, als Sie es heute hier zum Ausdruck gebracht haben.

Ein Unterschied: die Klassenschülerhöchstzahl. – Es stimmt nicht, Kollege Amon, dass wir das für ein Jahr wollen. Unser Antrag ist ganz klar: Wir wollen, dass im Schul­organisationsgesetz die Zahl von 30 auf 25 herabgesetzt wird, auf Dauer natürlich, nicht auf ein Jahr – was würde denn das für einen Sinn ergeben?

Das heißt: Wir wollen das sofort haben. Das soll jetzt noch beschlossen werden, und das soll im Herbst auch umgesetzt werden. Und ich habe gesagt: Man braucht nur die Stellen der Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt in Pension gehen, nachzubesetzen (Abg. Großruck: ... keine Klassen haben dafür!) – anstatt das zu nützen, um zu kürzen – und die Verträge, die auslaufen, zu verlängern – anstatt sie auslaufen zu lassen und ungefähr 1 500 Lehrer auf die Strasse zu stellen –, dann hat man Ressourcen, um die Klassenschülerhöchstzahl zu senken und das auch umzusetzen. Sie reduzieren Jahr für Jahr die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer – wir wollen die sinkenden Schülerzahlen dafür nützen, dass wir die Klassenschülerzahlen senken und die Lehrer in gleicher Zahl behalten und damit die Qualität wesentlich verbessern. Das ist der Unterschied! (Beifall bei der SPÖ.)

Es nützt ja auch nichts, wenn Sie immer wieder darauf hinweisen: Ja, das Bundes­land X und das Bundesland Y, der Voves in der Steiermark! – Ja, das freut uns, dass Voves in der Steiermark Landeshauptmann ist (Abg. Steibl: Aber er muss erst zeigen, was er kann!), aber Sie werden doch nicht ernsthaft annehmen, dass er jetzt, wo er das seit kurzem ist, etwas für das Alter der Lehrer kann, so wie Sie ihm das hier unterstellen! Das ist doch wirklich nicht ernst zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)


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In der Bundesverfassung steht ganz klar: Die Kosten für die Pflichtschüler, für die Pflichtschullehrer trägt der Bund. – Das steht in der Bundesverfassung, und da nützt es nichts, zu sagen, die Länder sollen dafür etwas zahlen. Der Bund muss seine Aufga­ben wahrnehmen! Darum geht es.

Zweiter Punkt: Viele Eltern haben in den letzten Monaten Schulplätze für ihre Kinder gesucht, in der AHS beispielsweise. Was lesen wir da in der APA vom 12. Juni? – Privat-AHS in Korneuburg gestartet: „Der Start der Privat-AHS wird im September und daher bereits mit dem Schuljahr 2006/07 erfolgen, teilte Landeshauptmann Erwin Pröll ... mit. Das Schulgeld werde maximal 700 € betragen.“ – 700 € im Jahr Schulgeld!

Auch das ist ein Unterschied zwischen der ÖVP- und unserer Schulpolitik (Abg. Steibl: Ja, ihr wollt die Ganztagsschule!): Wenn es Plätze an den allgemein bildenden oder berufsbildenden höheren Schulen braucht, dann haben wir die Meinung vertreten, dass es Aufgabe der öffentlichen Hand ist, dafür zu sorgen und solche Schulen zur Verfügung zu stellen (Abg. Amon: ...! Ihr wollt sie ja abschaffen!) – und nicht neue Privat­schulen zu gründen, wo man dann über die Hintertür Schulgeld einführt. Das ist doch ein klarer Unterschied zwischen dem, was Sie wollen, und dem, was wir wollen: Sie wollen Schulgeld – wir wollen, dass die öffentlichen Schulen ausgebaut werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Dritter und letzter Punkt – mehr geht in dieser Redezeit leider nicht –: Lehrstellen. Tau­sende suchen Lehrstellen. Nun, was macht die ÖVP? – Sie führen die Blum-Prämie ein (Abg. Großruck: Sehr erfolgreich! Sehr erfolgreich!), das heißt, Sie geben den Betrieben Geld, damit sie Lehrlinge anstellen. Der Mitnahmeeffekt beträgt ungefähr 50 Prozent! 50 Prozent Mitnahmeeffekt heißt: Betriebe würden ohnedies Lehrlinge anstellen, nehmen aber das Geld. (Abg. Amon: Das stimmt überhaupt nicht!)

Unser Vorschlag dazu ist seit langem: Öffnen wir die Berufsschulen! Machen wir Berufsbildungszentren daraus, wo wir in Form der dualen Ausbildung Theorie und Praxis vereinen (Abg. Kopf: Wo ist da die Dualität?) und wo wir Tausenden Jugend­lichen an diesen Berufsschulen eine qualifizierte Facharbeiterausbildung anbieten können!

Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns: Sie wollen den Betrieben mehr Geld geben, damit sie ausbilden, was wenig nützt – wir wollen diese Aufgabe den Berufs­schulen übertragen (Abg. Großruck: Ach, so ist das!), wo man das sehr gut wahrnehmen kann und wo wirklich Tausende von Lehrstellen geschaffen werden könn­ten. (Abg. Dr. Brinek: Sie wollen das duale System abschaffen! – Abg. Mag. Molterer: Das ist das Ende der dualen Ausbildung!)

Das sind drei Punkte und drei Unterschiede. – Wir zeigen, wie es geht, und ich bin sicher, wir werden auch die Gelegenheit dafür bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

9.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


9.54.26

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich muss einige Behauptungen, die Herr Kollege Niederwieser aufgestellt hat, richtig stellen. (Abg. Kopf: Das wird aber lange dauern!)

Erstens: Sie sagen, es sei meine Meinung, man müsse ja nicht lesen können, Hauptsache, man fühle sich wohl. – Das habe ich nicht gesagt! (Abg. Dr. Gusen­bauer: O ja! Natürlich!) Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, dass eine gesamthafte Persönlichkeitsbildung unser Ziel ist, und wir haben eine große Lese-


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initiative gestartet, weil Lesen die wichtigste Kulturtechnik ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das Zweite: Sie haben gesagt: Sie reduzieren Jahr für Jahr die Zahl der Lehrer und Lehrerinnen. – Meine Damen und Herren, ich reduziere nicht! (Abg. Mag. Weinzinger: ... mit der Wahrheit?) Wir haben einen Finanzausgleich – ich nehme den Föderalismus ernst, Sie anscheinend nicht, Sie wollen den alten Zentralismus wieder haben (Abg. Mandak: Geld für Bildung!) –, es gibt eine Vereinbarung zwischen den Landes­hauptleuten und dem Herrn Finanzminister. An diese Vereinbarung halten wir uns, und ich sorge dafür, dass da noch etwas dazukommt, weil wir für gewisse Schwerpunkte noch etwas mehr brauchen. – Sie nehmen Vereinbarungen anscheinend nicht ernst. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mandak: Da ist aber wenig Applaus! Haben Sie das gehört?)

Das Dritte: Sie sagen, die ÖVP will Privatschulen. – Was hat denn Ihr Kollege, der ehemalige Innenminister, in Purkersdorf gemacht? – Eine Privatschule, damit er ein Gymnasium bekommt! So hat er angefangen. Und später haben wir es dann ver­bundlicht. Das war ein Kollege aus Ihrer Fraktion – und genauso macht es Ihr Kollege aus Korneuburg. Was ist denn daran so Schlechtes? – Wir bauen mehr Schulen, wir arbeiten mit den Gemeinden zusammen, die Schulen werden dann verbundlicht, wir haben mehr Lehrer und Lehrerinnen an den Gymnasien, wir haben mehr Lehrer und Lehrerinnen an den berufsbildenden Schulen.

Und das Letzte: Sie wollen die duale Ausbildung abschaffen. Ich sage Ihnen: Ich werde es nicht zulassen (Beifall bei der ÖVP), dass die Kinder, die Jugendlichen nur mehr in Vollzeitschulen ausgebildet werden. Diese duale Ausbildungspartnerschaft hat sich als äußerst positiv erwiesen, und wir werden die Unternehmen weiterhin dabei unter­stützen, dass sie die jungen Menschen in diesen wichtigen Bereichen ausbilden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

9.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Bleck­mann. Ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


9.57.00

Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Zur Rede des Kollegen Niederwieser eine Anmerkung: Über den letzten Punkt bin ich wirklich schockiert, dass Sie das duale System abschaffen wollen! Das ist für mich wirklich erschreckend, denn ich denke, dieses System hat sich in Österreich bewährt, es ist ein gutes System, und es ist wert, dass es weitergeführt wird – und wir werden uns sicherlich dafür einsetzen, dass es auch in Zukunft in der bewährten Form weitergeführt wird! (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Sie müssen schon auch bedenken, es braucht immer zwei Seiten: Was hilft uns die beste Ausbildung, wenn wir dann keinen Arbeitsplatz haben? Und deshalb ist es wichtig, dass die Unternehmen auch Anreize dafür bekommen, dass sie Lehrlinge einstellen, und es ist gut, dass es die Blum-Prämie gibt. Diese hat sich sehr bewährt! Es muss immer Hand in Hand gehen: Man muss einerseits hier Anreize und andererseits dort eine gute Ausbildung schaffen, dann kann das Wirtschaftssystem funktionieren und auch florieren! – Von dieser Haltung werden Sie uns sicherlich auch nicht abbringen.

Wenn wir vom Thema der Klassenschülerhöchstzahl sprechen, dann habe ich den Eindruck, dass wir in dieser Frage ja nicht so weit voneinander entfernt sind: alle wollen wir, dass die Klassenschülerhöchstzahlen von 30 auf 25 reduziert werden. Und


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jetzt frage ich mich: Warum ist das nicht schon längst passiert? (Abg. Broukal – auf die auf der Regierungsbank sitzende Bundesministerin Gehrer weisend –: Die Antwort sitzt hinter Ihnen!) Und da muss ich Sie schon daran erinnern, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, dass Sie in vielen Bereichen, wenn es um Bildungsfragen geht, Kindesweglegung betreiben, denn Sie wissen, dass nach wie vor in vielen Bereichen eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist, um im Bildungssystem etwas zu ändern. (Abg. Broukal: Da nicht!) Ja, aber in vielen anderen Bereichen ist sie nach wie vor not­wendig und war sie jahrzehntelang notwendig. Und Sie haben es nicht geschafft, gemeinsam Wege zu finden, um hier eine bessere Qualität herbeizuführen!

Jetzt gibt es in diesem Bereich das Erfordernis der Zweidrittelmehrheit nicht mehr, und was machen Sie? – Wahltaktische Auseinandersetzung auf dem Rücken der Kinder! Genau das ist es, was jetzt stattfindet! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Und da verwahre ich mich dagegen, dass Ihr Obervorsitzender, der sich ja jetzt schon wieder verabschiedet hat, hier sagt, dass da die Zukunft der Kinder verbaut wird. Da verwahre ich mich dagegen, denn Sie vergessen, dass Sie in diesem Bereich jahrzehntelang Verantwortung getragen haben und es nicht geschafft haben, Verbesserungen herbeizuführen. Es war immer eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Vergessen Sie das nicht, dass Sie diese Möglichkeiten zu Ihrer Zeit nicht genutzt haben!

Jetzt aber ein Thema, von dem wir alle meinen, dass es richtig und wichtig wäre, es umzusetzen, zum Gegenstand einer wahltaktischen Auseinandersetzung zu machen, das halte ich nicht für den richtigen Weg. Setzen Sie sich doch lieber einmal zusammen und versuchen Sie, einen gemeinsamen Weg zu finden, um hier tatsächlich zu einer Reduktion zu kommen! Wir sind auf jeden Fall dabei, denn ich glaube, das ist ein wichtiges Thema. Jeder, der Kinder in der Schule hat oder mit Lehrern Kontakt hat, weiß, dass hier etwas getan werden muss, um für die Kinder, aber auch für die Lehrer eine verbesserte Situation innerhalb der Klasse herbeizuführen. Nur: Wenn man das zum Wahlkampfthema macht, dann ist es wirklich eine Auseinandersetzung auf Kosten der Kinder und auf Kosten der Zukunft unserer Kinder, und das ist von der SPÖ verwerflich! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Broukal: Einfach zustimmen, und es ist erledigt!)

Es geht ja nicht darum, dass man Ihrem Antrag zustimmt, sondern es geht darum, wie die Diskussion geführt wird. Überlegen Sie einmal, Herr Kollege Broukal, wie denn hier die Diskussion geführt wird: Es bleibt jeder fix auf seinem Standpunkt, anstatt einmal zu sagen, wir wollen alle dasselbe, machen wir doch für unsere Kinder das Beste daraus, und jeder geht einen Schritt zurück. (Abg. Broukal: Nein! ... nicht an uns!) – Ja, ich richte das eh an beide Richtungen, nicht nur an Sie! Mein Kind kommt jetzt in die Schule, und ich fände es schrecklich, wenn es in einer Klasse mit 30 Kindern sitzen würde. (Abg. Broukal: Heute, jetzt gleich!)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Broukal, Sie machen Zwischenrufe nicht von Ihrem Platz aus! (Abg. Broukal: Sie haben Recht, Herr Präsident!)

 


Abgeordnete Mag. Dr. Magda Bleckmann (fortsetzend): Und vergessen Sie auch nicht, wenn Sie hier Ihre Aktuelle Stunde mit diesem komischen Titel einbringen, dass im Bildungsbereich sehr viel getan und sehr viel unternommen wurde – teilweise auch Dinge, denen Sie ja inzwischen und am Schluss zugestimmt haben, wenn es etwa um den Wissenschaftsbereich geht, wo Sie dem Institute of Science and Technology zugestimmt haben. Im Fachhochschulbereich werden viele Mittel eingesetzt, um weiter aus- und umzubauen.

Ich erinnere Sie auch daran, dass ein Bereich ungesagt bleibt, wenn Sie Finnland hier so hervorheben und als gutes Beispiel bringen, und dazu zitiere ich aus der „Wiener Zeitung“: „Es ist zwar nicht politisch korrekt, aber dennoch Faktum: Finnland, das Land


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mit den besten PISA-Noten, ist zugleich das Land mit Europas niedrigster Zuwanderer­quote.“

Daran erinnere ich Sie, auch wenn Sie, Herr Kollege Broukal, in Graz unterwegs waren: Es gibt nach wie vor Klassen, in denen der Ausländeranteil mehr als 50 Prozent beträgt! Da ist es für die Lehrer nicht möglich zu unterrichten. (Abg. Broukal: Und zu wenig Lehrer und Lehrerinnen, genau!) Deshalb wäre es auch wichtig, einen maximal 30-prozentigen Anteil von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in den Schulen zu installieren. Sie haben es damals verabsäumt. (Abg. Broukal: Mehr Klassen!) Und es wäre schön, wenn das jetzt einmal gelingen würde, hier einen Weg zu finden, und das auch in Ihrem Antrag berücksichtigt würde, damit es zu einer Verbesserung des Qualitätssystems für unsere Lehrerinnen und Lehrer, aber auch für die öster­reichischen Schüler kommt! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mandak. Auch ihre Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.02.17

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Die Nähe des Wahltermins lässt sich daraus ablesen, wie sehr und wie oft Frau Ministerin Gehrer die Lehrerinnen und Lehrer lobt. (Abg. Broukal: Ja, so ist es!) Ich weiß nicht, ob Ihnen das schon aufgefallen ist. (Rufe bei der ÖVP: Nein!) Begonnen hat die Legislaturperiode mit wilden Beschimpfungen der Lehrerinnen und Lehrer (Abg. Dr. Brinek: Wer hat wen beschimpft?), bis ihnen der Hut in die Höhe gegangen ist und sie sogar auf die Straße gegangen sind, um zu demonstrieren, und jetzt wird sie immer sanfter. Zur Halbzeit war sie schon ganz versöhnlich, und jetzt kommt das große Lob. Man kann auch jemanden mit Lob überschütten, Frau Ministerin, sodass die Betroffenen überhaupt keine Luft mehr zum Atmen haben. Das tun Sie derzeit, und es ist sehr vielen Lehrerinnen und Lehrern sehr unangenehm, was Sie da tun! (Beifall bei den Grünen.)

Kollege Amon hat mit seiner Forderung nach maximal 25 Schülerinnen und Schülern in den Klassen tatsächlich aufhorchen lassen. Ich schaue nicht wahnsinnig viel Fußball, aber mir ist sofort der Begriff „Ausputzer“ in den Sinn gekommen. „Ausputzer“ sind beim Fußballspielen diejenigen, die das, was die eigene Mannschaft verbockt hat, dann hintenherum noch irgendwie ausputzen und die Notbremse ziehen müssen. Und genau das haben Sie getan! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie wissen, dass Ihre Bildungspolitik ganz miserabel beurteilt wird. Wenn das Bildungs­system in Österreich noch funktioniert, dann funktioniert es trotz Ihrer Bildungspolitik. Weil Lehrerinnen und Lehrer engagiert sind, weil Eltern 150 Millionen € im Jahr für Nachhilfestunden ausgeben, deswegen funktioniert das Bildungssystem – nicht wegen Ihrer Bildungspolitik, sondern trotz Ihrer Bildungspolitik! (Beifall bei den Grünen.)

Es ist ja schön, dass Sie jetzt diese 25 Schülerinnen und Schüler pro Klasse einfor­dern – wir tun das schon lange. Vielleicht geht es sich vor den Wahlen noch aus, dass Sie auch die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler einfordern. Damit würden sich die Eltern nämlich sehr viel dieser Nachhilfekosten ersparen, und dann wäre es auch möglich, dass es zu mehr sozialer Gerechtigkeit an den Schulen kommt.

Herr Kollege Amon, ich rede mit Ihnen! Sie spielen immer mit Ihrem Handy. (Abg. Amon: Nein! Entschuldigung!) Es wäre schon nett, wenn Sie mir zuhören würden. Ich schaue Sie jetzt wirklich schon die ganze Zeit an. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Die Rednerin unterbricht ihre Ausführungen.)

 



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Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist die Rednerin! (Abg. Neudeck: Na sie redet ja nicht! Was sollen wir tun?)

 


Abgeordnete Sabine Mandak (fortsetzend): Weil mich der Kollege Amon völlig verwirrt, wenn er mich nicht anschaut, wenn ich mit ihm spreche – das ist alles. (Abg. Neudeck: Normal wirkt das immer umgekehrt!)

Wir sind schon sehr gespannt, ob Sie jetzt auch mehr individuellen Unterricht einfordern werden, damit die Chance der Schülerinnen und Schüler, und zwar wirklich aller in Österreich, entsprechende Schulen zu besuchen, wirklich eine faire wird. Wir wissen auf Grund der PISA-Studie nicht nur, dass ein Viertel der Schülerinnen und Schüler nicht sinnerfassend lesen kann, auch wenn die Frau Ministerin dankt, dass das alle gelernt haben, es ist nicht so, sondern es geht auch darum, dass es in Österreich eine irrsinnige Spaltung zwischen Kindern gibt, die Eltern mit gutem Bildungshinter­grund haben, die selbst lange in die Schule gegangen sind, und solchen, die das nicht haben.

Für uns ist es ein wichtiges Ziel in der Bildungspolitik, dass möglichst alle Kinder eine gute Schule besuchen können, einen hohen Bildungsabschluss machen können. Sie von der ÖVP nicken, okay, vielleicht fordern Sie dieses Mehr an individueller Förderung noch vor den Wahlen, und vielleicht – das wäre dann überhaupt super – fordern Sie dann auch noch, dass die Schülerinnen und Schüler beziehungsweise idealerweise die Kinder im Kindergarten schon Deutsch lernen, und zwar in einem ausreichenden Maß. (Abg. Amon: Das ist Landeskompetenz!)

Sie wissen, ich gehe bei meinen Beispielen nie weit weg, das braucht man nämlich nicht zu tun. Ich nenne Ihnen ein Beispiel einer Volksschulklasse in Feldkirch: 20 Schülerinnen und Schüler, 11 davon mit nichtdeutscher Muttersprache, darunter Kinder (Abg. Dr. Brinek: Das ist ja harmlos gegen Wien!) – ich sage Ihnen, ich gehe nicht weit weg, ich nehme die nächste Volksschule – aus der Türkei, Bosnien, Pakistan, Brasilien, Vietnam. Frau Kollegin Brinek, Sie sagen, es gebe noch viel schlechtere Bedingungen. – Frau Ministerin, hören Sie es? Es gibt noch viel schlech­tere Bedingungen! Warum tun Sie denn nichts? (Abg. Dr. Brinek: In Wien! Wer ist denn verantwortlich?) – Was heißt, Wien ist verantwortlich? Wer sitzt in der Regierung, wer ist zehn Jahre Bildungsministerin? Der Bürgermeister Häupl oder die Frau Minis­terin Gehrer? (Beifall bei den Grünen. – Weiterer Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Ich weiß schon, wer die Verantwortung für die Bildungspolitik in Österreich hat, Frau Kollegin Brinek (Abg. Dr. Brinek: Der Wiener Bürgermeister!), und das ist nicht der Wiener Bürgermeister, das ist nach wie vor ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Frau Abgeordnete Brinek, noch ein Zwischenruf, und Sie bekommen einen Ordnungsruf! (Abg. Steibl: Aber wieso? Sie sitzt ja am richtigen Platz! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Am Wort ist Frau Abgeordnete Mandak. Die Redezeit ist gleich zu Ende.

 


Abgeordnete Sabine Mandak (fortsetzend): Dabei freue ich mich so, dass mir Frau Kollegin Brinek zuhört, was nicht selbstverständlich ist, wenn man hier herinnen mit jemandem spricht! Ich denke, wir sind uns einig, dass die Bildungspolitik Aufgabe der Bundesregierung ist, Frau Kollegin Brinek (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen), und nicht des Bürgermeisters von Wien. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

10.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich darf daran erinnern, Herr Klubobmann Molterer, dass wir in der Präsidialkonferenz übereingekommen sind, dass nicht ein ununter-


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brochenes Zwischenrufduell mit der Rednerin oder dem Redner stattfinden soll. (Abg. Steibl: Es war ja notwendig!)

Die 60 Minuten der in der Geschäftsordnung vorgesehenen Dauer der Aktuellen Stunde sind abgelaufen.

Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

10.08.27 Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 4322/J bis 4389/J;

2. Anfragebeantwortungen: 4020/AB bis 4107/AB;

Ergänzung zur Anfragebeantwortung: Zu 3962/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2006 – MOG 2006) und ein Markt­ordnungs-Überleitungsgesetz erlassen werden sowie das AMA-Gesetz 1992 geändert wird (1542 d.B.),

Bundesgesetz über Sicherheitsmaßnahmen bei Luftfahrzeugen aus Drittstaaten (1543 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, das Gelegen­heitsverkehrs-Gesetz 1996 – GelverkG, das Kraftfahrliniengesetz - KflG und das Führerscheingesetz - FSG geändert wird (1554 d.B.),

Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Burgenland aus Anlass der 85-jährigen Zugehörigkeit zu Österreich (1555 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung eines zusätzlichen Beitrages zum Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD VII) (1556 d.B.),

Bundesgesetz über die Leistung eines Beitrages zur außerordentlichen Wiederauf­füllung der Internationalen Entwicklungsorganisation und des Afrikanischen Entwick­lungs­fonds (Multilaterale Entschuldungsinitiative – MDRI) (1557 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichts­behörden­gesetz, das E Geldgesetz, das Sparkassengesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz, das Finanzkonglomerategesetz, das Börsegesetz 1989, das Pensionskassengesetz und das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz geändert werden (1558 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, das Arbeitsverfassungs­gesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (1559 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) geändert wird (1564 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über den unabhängigen Finanzsenat, das Norm­ver­brauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung und das Bodenschätzungs­gesetz 1970 geändert werden – UFSG - Novelle 2006 (1567 d.B.).


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B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen:

Petition Nr. 90 betreffend „Dringender sicherheitspolitischer Handlungsbedarf im Burgenland“, überreicht von den Abgeordneten Katharina Pfeffer, Gerhard Steier und Ing. Erwin Kaipel;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozial­versicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz geändert werden (Sozialver­sicherungs-Änderungsgesetz 2006 – SVÄG 2006) (1561 d.B.),

Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozial­versicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1563 d.B.);

Außenpolitischer Ausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Erhebung von Gebühren und den Ersatz von Auslagen für Amtshandlungen österreichischer Vertretungsbehörden in konsularischen Angelegenheiten (Konsular­gebührengesetz 1992 - KGG 1992) geändert wird (1562 d.B.);

Finanzausschuss:

Antrag 834/A (E) der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Mag. Johann Maier, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines jährlichen Berichtes über die Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004;

Justizausschuss:

Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (1565 d.B.);

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/5 (III-220 d.B.),

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2006/6 (III-225 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geändert werden (1560 d.B.);


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Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Mongolei über die gegenseitige Anerkennung von Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich (1541 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Umweltausschuss:

Bericht des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasser­wirtschaft betreffend Umweltförderungen des Bundes 2005 sowie die Finanzvorschau über die dem Bund aus der Vollziehung des Umweltförderungsgesetzes erwachsenden Belastungen und Bericht zum österreichischen Joint-Implementation- und Clean-Development-Programm (III-228 d.B.);

Wirtschaftsausschuss:

Bericht der Energie-Control GmbH über den Stand der Umsetzung des Unbundling der österreichischen Elektrizitätsnetzbetreiber, vorgelegt vom Bundesminister für Wirt­schaft und Arbeit, aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 26. Mai 2004, E 49-NR/XXII. GP (III-229 d.B.);

Ausschuss für Wissenschaft und Forschung:

Tätigkeitsbericht des Österreichischen Wissenschaftsrates über die Jahre 2004 und 2005, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur (III-226 d.B.);

Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2006, vorgelegt von der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur und vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (III-227 d.B.).

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Cap gemeldet.

 


10.08.46

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wir haben uns die Dringliche sehr genau angesehen, und selbstverständlich sind wir dafür, dass sämtliche Fragen vom Herrn Minister ausgiebig beantwortet werden. Wenn man sich die Fragen jedoch genau ansieht, wird man merken, dass die Fragen 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10 und 14 in Wirklichkeit nicht geschäftsordnungskonform sind und Fragen gestellt werden, die der Minister offensichtlich gerne beantwortet, wiewohl sie nicht Gegen­stand der Vollziehung sind.

Ich würde daher anregen, sollte wieder einmal so eine Dringliche stattfinden, wo Sie, Herr Präsident, sich die Frage stellen, ob das wirklich präzise Gegenstand der Vollziehung ist oder nicht, dass Sie dann, sollten Sie alle Fragen zulassen, eine ähnliche Großzügigkeit an den Tag legen, wie Sie möglicherweise vorhaben, es heute zu tun. (Abg. Neudeck: Fragen darf man alles!)

10.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Klubobmann, ich werde das genau prüfen. Ich darf nur darauf hinweisen, dass jeder alle Fragen in diesem Haus stellen kann (Abg. Scheibner: Das glaube ich auch!), der Minister kann aber zu Fragen, die nicht die Vollziehung betreffen, sagen, er beantwortet sie nicht. Ich habe kein Recht, weder den


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Titel noch die Fragen zu beeinflussen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Cap ist ein Neuling im Parlament!)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Molterer zu Wort gemeldet.

 


10.10.10

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich danke für diese Klarstellung, die sich ja aus der Geschäftsordnung und aus meinem Selbstverständnis als Abgeordneter logischerweise ergibt. Herr Kollege Cap, Sie werden doch nicht davon ausgehen, dass mir, Ihnen, dem Kollegen Scheibner, dem Kollegen Van der Bellen irgendjemand vorschreibt, was er fragen darf.

Ihre Wortmeldung zur Geschäftsordnung zeigt aber, Herr Kollege Cap, welche Prob­leme Sie mit dieser Dringlichen Anfrage haben. Eine derartige Decouvrierung habe ich eigentlich noch selten erlebt – dass Stunden, bevor die Dringliche aufgerufen wurde, das schlechte Gewissen der SPÖ bereits so sichtbar geworden ist. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

10.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


10.11.01

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, das ist heute das erste Mal – und das ist einzigartig –, dass ein Abgeordneter dieses Hohen Hauses den Prä­sidenten auffordert, Fragen eines anderen Abgeordneten und einer Fraktion nicht zuzulassen. Das ist wirklich ungeheuerlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Schieder: Das hat er nicht gesagt!)

Hier soll das Interpellationsrecht des Parlaments eingeschränkt werden, beantragt von Abgeordneten dieses Hohen Hauses! (Abg. Schieder: Das hat er nicht getan!) – Na, selbstverständlich! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Schieder. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schieder, Sie wissen es nicht, aber wir haben diese Richtlinien in der Präsidiale sehr klar und deutlich festgelegt. Gefragt werden kann, muss und darf hier selbstverständlich alles, aber der Minister hat es in seiner Wahl, ob er sagt, für sich ist das Gegenstand seines Geschäftsbereichs oder nicht.

Wir werden sehen, was der Finanzminister darauf antwortet, aber die Nervosität, die durch diesen Antrag auf Beschränkung des Interpellationsrechts durch Kollegen Cap zu Tage getreten ist, zeigt, wie wichtig diese Dringliche Anfrage zu ÖGB-, BAWAG- und SPÖ-Skandal ist. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

10.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Dr. Van der Bellen zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.12.15

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Da sieht man wieder, wie unterschiedlich Wahrnehmung sein kann. Vielleicht habe ich etwas überhört (Abg. Scheibner: Sie haben nicht zugehört! – Heiterkeit bei der ÖVP), aber ich habe den Kollegen Cap nicht so verstanden, dass er Ihr Interpellationsrecht in irgendeiner Weise beschränken will – wenn es so wäre, würde ich mich natürlich energisch dagegen aussprechen. Ich habe es aber nicht so gehört, lieber Herr Kollege Scheibner.


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Habe ich das jetzt recht verstanden, Herr Präsident? Wir werden bei Dringlichen Anfragen aller Art bezüglich des Titels und des Inhalts keine Vorprüfung, um das Wort „Zensur“ zu vermeiden, haben, aber der jeweilige Minister wird sich zu Recht oder zu Unrecht – das wird dann immer zu prüfen sein – darauf berufen, ob das ein Gegenstand der Vollziehung ist oder nicht, wobei das Wort des Ministers, es sei kein Gegenstand der Vollziehung, natürlich aus unserer Sicht noch kein hinreichender Grund sein kann, zu glauben, dass es auch wirklich so ist.

10.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Van der Bellen, Sie haben die Geschäftsordnung und ihre Anwendung durch die Präsidenten dieses Hauses korrekt wiedergegeben. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen.) Sie sind daher für dieses Amt qualifiziert. (Allgemeine Heiterkeit.)

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Der freiheitliche Parlamentsklub – BZÖ hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tages­ordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 4390/J der Abgeordneten Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Haftungs­übernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K“ dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage um 15 Uhr aufgerufen und behandelt.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 4049/AB

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass das gemäß § 92 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Beantwortung 4049/AB der Anfrage 4114/J der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend skandalösen Postenschacher und Leerlauf in der „Familie & Beruf Management GmbH“ durch die Frau Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz abzuhalten.

Da für die heutige Sitzung die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage ver­langt wurde, wird die kurze Debatte im Anschluss daran stattfinden.

Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Ferner teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, dass die Abgeordneten Mag. Mol­terer und Scheibner beantragt haben, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes­theater-


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pensionsgesetz, das Bundesbahnpensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Auch dieser Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhand­lungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

Des Weiteren teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt haben, dem Außenpolitischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend das Konsulargebührengesetz 1992 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird ebenfalls nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung abgestimmt werden.

Schlussendlich teile ich mit, dass die Abgeordneten Mag. Molterer und Scheibner beantragt haben, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gleichermaßen nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 3 und 4, 5 bis 8, 9 und 10 sowie 12 bis 14 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen daher in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dr. Andreas Khol: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer und die Gestaltung der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, woraus sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, freiheitlicher Parlamentsklub – BZÖ 96 Minuten sowie Grüne 104 Minuten. Darüber entscheidet das Hohe Haus.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit diesem Vorschlag einverstanden sind, um ein Zeichen. – Das wird vom Hohen Haus – wobei ich Herrn Abgeordneten Niederwieser als mitstimmend betrachte – einstimmig angenommen.

10.18.111. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über das Volksbegehren (1448 d.B.) „Öster­reich bleib frei!“ (1551 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 1. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Baumgartner-Gabitzer. Ihre Wunschrede­zeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 



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10.18.40

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Parlament befasst sich heute im ersten Tages­ordnungspunkt mit dem Volksbegehren „Österreich bleib frei!“. Dieses Volksbegehren hatte 258 281 Unterstützungserklärungen und lag damit am 21. Platz von 32 bisher abgehaltenen Volksbegehren.

Ich möchte gleich zu Beginn dem im Ausschuss erhobenen Vorwurf begegnen, dieses Volksbegehren würde schubladisiert. Das ist genau nicht der Fall, ganz im Gegenteil. Wir setzen uns mit jedem Volksbegehren sehr intensiv auseinander. Wir haben auch im Ausschuss sehr ausführlich, teilweise kontroversiell, teilweise übereinstimmend diskutiert und haben uns selbstverständlich mit allen Dingen genau befasst. Daher muss ich diesen Vorwurf ausdrücklich zurückweisen! Sowohl der jeweilige Ausschuss als auch das Plenum befassen sich immer mit allen in Österreich durchgeführten Volksbegehren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Den Proponenten dieses Volksbegehrens möchte ich allerdings vorwerfen, dass die darin angeführten Ziele einen sehr populistischer Zugang zu diesen Themen dar­stellen – Themen, die extrem wichtig sind und deren Behandlung in der Form verfehlt ist.

Das erste Ziel ist die Bewahrung der österreichischen Neutralität. – Da kann man am besten erkennen, dass hier sehr großer Populismus dahinter steckt. Tatsache ist, dass wir ein Neutralitätsgesetz haben, das Bundesverfassungsgesetz vom 26. Okto­ber 1955, und keine wesentliche Kraft in diesem Parlament denkt daran, dieses Bundesverfassungsgesetz zu ändern. Wie wir alle wissen, braucht es zu einer Änderung eines Bundesverfassungsgesetzes eine Zweidrittelmehrheit. Daher ist das erste Ziel dieses Volksbegehrens schlicht und einfach verfehlt.

Das zweite Ziel ist die Vereitelung des EU-Beitritts der Türkei. – Das nimmt sehr viele Ängste der Bevölkerung auf und ist auch etwas, mit dem wir uns in weiterer Folge sicher noch sehr genau auseinander setzen müssen. Im Moment ist es jedoch viel zu früh, über derartige Dinge zu entscheiden – nicht zu reden, aber zu entscheiden. Diskutieren muss man natürlich darüber, wie der Beitritt der Türkei zur EU zu handhaben sein wird.

Wir von der Volkspartei haben hier einen sehr klaren Weg vorgeschlagen: Derzeit befinden wir uns in einem Verhandlungsprozess mit der Türkei. Bei einem Verhand­lungsprozess muss man üblicherweise das Ergebnis abwarten. Und wenn dann Verhandlungsergebnisse vorliegen, werden wir uns dafür einsetzen, dass es eine Volksabstimmung über den Beitritt der Türkei zur EU gibt. Das ist die politisch klarste und eindeutigste Stellungnahme und vom Prozess her auch die einzig richtige. (Beifall bei der ÖVP.)

Das dritte Ziel dieses Volksbegehrens ist die Abwehr der EU-Verfassung in der vorliegenden Form. – Wir von der ÖVP halten dieses Ansinnen schlicht und einfach für falsch. Wenn Sie sich mit der EU-Verfassung auseinander setzen – das Hohe Haus hat das mehrfach getan –, dann wissen und sehen Sie, dass diese EU-Verfassung der Versuch ist, die EU weiterzuentwickeln. Es handelt sich dabei um ein in einen Vertrag gegossenes Werk, dem sehr viele Vorbereitungshandlungen von sehr vielen Natio­nalitäten vorangegangen sind. Der Versuch, der Europäischen Union eine Verfassung zu geben, ist richtig und wichtig. Ob jetzt jeder Punkt, der in dieser Verfassung enthalten ist, auch die Unterstützung von uns allen findet, ist natürlich diskussions­würdig. Es liegt aber auch in der Natur der Sache, dass in einem so umfangreichen, aber notwendigen Werk – schließlich führt es zur Stärkung aller wichtigen EU-Institutionen – Punkte enthalten sind, die nicht die Unterstützung aller finden.


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Trotz­dem ist die Verfassung gut gelungen. Österreich konnte daran mitwirken und hat sich hier auch eingebracht.

Im Übrigen handelt es sich hier auch – das ist uns auch immer am Herzen gelegen; wir haben das bei jeder Diskussion um die EU-Verfassung gesagt – um eine Erweiterung der Bürgerrechte. Auch das gibt allen Anlass, dem zuzustimmen. Daher ist dieses dritte Ziel einfach kein richtiges Ziel.

Kurz möchte ich noch auf die Begründung dieses Volksbegehrens eingehen, die ich aufs Schärfste zurückweise! In der Begründung heißt es – „Säßen im Parlament wirklich Repräsentanten des Volkes“, es wird hier also von uns Abgeordneten gesprochen –, so wird diesen „eine unterwürfige Haltung gegenüber den Brüsseler Eurokraten“ unterstellt, „ein feiges Schielen nach dem Ausland, eine größere Iden­tifikation mit der megalomanen EU-Utopie als mit den Bedürfnissen Österreichs“.

Erstens finde ich es von der Sprache her unglaublich, dass und wie uns das vor­geworfen wird. Ich kenne niemandem in diesem Hohen Haus, der sich mit der EU stärker identifiziert als mit Österreich. Ich möchte das hier ausdrücklich sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich weiß von vielen Diskussionen, die wir in meiner eigenen Fraktion geführt haben, aber auch hier im Plenum, dass es keine Fraktion und keinen Abgeordneten gibt, die beziehungsweise der die Bedürfnisse der EU höher stellt als die Bedürfnisse der österreichischen Bürgerinnen und Bürger.

Daher ist das auch von der Sprache her ein Volksbegehren, mit dem ich mich in keiner Weise identifizieren kann.

Der Weg Österreichs in die EU, der Weg Österreichs in Richtung Öffnung, der Weg in eine größere Gemeinschaft war der einzig richtige für eine kleine Volkswirtschaft, für ein kleines Land. Es waren und sind viele Chancen damit verbunden – allein für die Jugend, wenn man an Austauschprogramme und sonstige Möglichkeiten denkt. Es war dies eine Öffnung, eine Erweiterung, die nicht immer einfach war. Aber der oft schwierige Weg hat sich gelohnt.

Wir haben sehr viel gelernt, die Wirtschaft hat davon profitiert, die Jugend lernt davon – und wir werden bei diesem Weg bleiben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

10.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusen­bauer. 10 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


10.25.52

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine gute Gelegenheit, heute die Ergebnisse der Ausschussberatungen zu diesem Volksbegehren im Nationalrat zu diskutieren, weil es gerade am heutigen Tag gut ist, auf ein paar Dinge hinzuweisen, die eigentlich außer Streit stehen sollten.

Erstens: Es gibt keine Notwendigkeit, über die bisherige verfassungsmäßige Garantie der Neutralität hinauszugehen. Die österreichische Neutralität steht in der Verfassung, sie ist Praxis unserer Außenpolitik, und es gibt keinen Grund, an dieser Neutralität auch nur irgendetwas zu ändern. Dazu sollten alle Fraktionen in diesem Hohen Haus stehen, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen und der ÖVP.)

Es stellt sich eher die Frage, was man vorhat, wenn man darüber redet, denn im Falle einer Veränderung oder des Abschaffens der Neutralität kann man natürlich Fragen


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stellen dahin gehend, mit welchen Mitteln sie abgeschafft werden soll. Aber wenn ohnehin niemand vorhat, die Neutralität abzuschaffen, dann sind wir mit dem gut aufgehoben, was in der österreichischen Bundesverfassung steht.

Ich möchte dazusagen: Es hat sich ja in den letzten Jahren gezeigt, wie wichtig es ist, dass Österreich weiterhin seine Neutralitätspolitik verfolgt. Es ist zwar richtig, dass man mit Neutralitätspolitik nicht jeden Krieg verhindern kann ... (Abg. Scheibner: Gar keinen kann man verhindern!) Man kann im Vorfeld manchmal sehr viel tun, aber man kann leider nicht jeden Krieg verhindern. Aber wenn es Kriege gibt, dann muss man sich als neutraler Staat nicht an jedem Krieg beteiligen. Und mir ist es in jedem Fall lieber, dass man sich, wenn ungerechte Kriege stattfinden (Abg. Scheibner: Gibt es einen „gerechten“ Krieg?), das heißt solche, die nicht die Legitimation des Welt­sicherheitsrates haben (Abg. Scheibner: Das ist kein Krieg!) – das ist ein bewaffneter Einsatz –, an solch kriegerischen Auseinandersetzungen nicht beteiligt. Andere mögen das tun, für Österreich schließt die Neutralität eine Beteiligung an kriegerischen Auseinandersetzungen aus, und so soll es auch bleiben! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Das heißt gleichzeitig aber auch, dass wir, wenn wir die Neutralität ernst nehmen, überall dort gegen militärische Auseinandersetzungen auftreten, wo es eben keine Legitimation durch den Weltsicherheitsrat gibt. Es ist auch Teil der Neutralität, dass wir uns dort zur Wehr setzen, wo wir der Meinung sind, dass das Völkerrecht gebrochen wird.

Ich glaube, dass gerade diese Tage gut geeignet sind, dem amerikanischen Prä­sidenten, wenn er schon beim EU-Gipfel in Wien weilt, auch deutlich zu sagen, dass Österreich, die österreichische Bevölkerung und das österreichische Parlament den Krieg im Irak, der nicht die Deckung des Weltsicherheitsrates hat, für falsch halten, dass dieser Krieg rasch beendet werden muss und dass man möglichst rasch zum friedlichen Wiederaufbau des Irak übergehen soll. Das halte ich für eine wichtige Botschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek.)

Noch dazu, wo sich ja herausgestellt hat, dass sich all die Gründe, die für diesen Irak-Krieg vorgebracht wurden, als falsch herausgestellt haben. Es hat zwei Begründungen des amerikanischen Präsidenten für diesen Krieg gegeben. Er hat gemeint, dass erstens dort der Hort des Terrors ist und zweitens der Irak über Massenvernich­tungswaffen verfügt. In der Zwischenzeit ist klar, dass der Hort des Terrors zwar in vielen Gebieten des Nahen Ostens ist, aber im Irak nicht (Zwischenruf), und dass zweitens dort auch keine Massenvernichtungswaffen gefunden werden konnten. Dies hat auch dazu geführt, dass in der Zwischenzeit die amerikanische Regierung ihre Argumentation geändert hat und nicht mehr sagt, es gehe um die Massen­vernich­tungswaffen und es gehe um den Krieg gegen den Terror, nein, man sagt, es gehe um den friedlichen oder weniger friedlichen Regimewechsel im Irak.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage des Regimewechsels ist eine interessante Frage: Wo überall auf der Welt soll es einen Regimewechsel geben? Und auf Basis welcher Begründung ist man der Meinung, dass das jeweilige Regime die übelste, menschenverachtendste Diktatur auf der gesamten Welt ist, weshalb es – davon abgeleitet – einen Grund für einen Eingriff der internationalen Staaten­gemeinschaft oder Einzelner gibt? Ist nicht die Wahrheit vielmehr die, dass es leider nach wie vor eine Reihe von Diktaturen auf der Welt gibt mit menschenverachtenden Regimen (Abg. Rädler: Ja, leider!), teilweise sogar ärger als im Irak, wo weggeschaut wird? Eigentlich ist die Begründung, muss man sagen, dass es dort um den Regimewechsel geht, in Wirklichkeit ein vorgeschobenes Argument, das eine Legiti­mation für andere strategische Ziele darstellen soll.


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Wieso sage ich das? – Weil es wichtig ist, dass es sich, nachdem sich Österreich entschieden hatte, nicht daran teilzunehmen, weil es ein neutraler Staat ist, im Nachhinein als richtig herausgestellt hat. Und eigentlich müssten sich all jene, die die Neutralität schon längst in den Tabernakel der Geschichte verbannen wollten, heute herstellen und sagen: Seien wir froh, dass wir die Neutralität bewahrt haben, denn so müssen wir uns auf solch sinnlose, falsche Abenteuer nicht einlassen! – Das ist eine wesentliche Lehre! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek. – Abg. Scheibner: Bitte ein bisschen mehr Seriosität in der Argumentation!)

Aus Herrn Scheibner spricht immer noch der ehemalige Verteidigungsminister (Abg. Scheibner: Ein bisschen mehr Seriosität in der Diskussion ist nicht verboten!), auch sozusagen ein ganz glühender Anhänger der Nato. (Abg. Scheibner: So wie der Cap!) Da muss man dazusagen: Immer wieder ist gesagt worden, man brauche die Neutralität ohnehin nicht, da alle Europäer in die Nato gehen werden. – Gerade der Irak-Krieg hat aber auch die Uneinigkeit unter den Nato-Staaten gezeigt.

Wenn wir heute in Europa darüber reden, dass Europa in der Welt stärker mit einer Stimme auftreten solle, dann ist das nicht nur das Problem zwischen den Nato-Mitgliedstaaten und den Nicht-Nato-Mitgliedstaaten, sondern auch innerhalb der Nato selbst herrscht in einer so wesentlichen Frage wie dem Irak-Krieg eine unter­schiedliche Meinung.

Man kann über Fragen der gemeinsamen Außenpolitik trefflich diskutieren, aber die Grundfragen der Außenpolitik sind jene, bei denen es um die Entscheidung zwischen Krieg und Frieden geht, nämlich entscheidet man sich dafür, gemeinsam an einer militärischen Auseinandersetzung teilzunehmen, oder nicht. Und die Wahrheit ist, dass man weder innerhalb der Europäischen Union noch innerhalb der Nato zu einer gemeinsamen Auffassung in dieser Frage gekommen ist. Und das ist doch der Kern der außenpolitischen Krise sowohl der Europäischen Union als auch der Nato.

Daher ist es völlig legitim, darüber zu diskutieren, wie man die Mechanismen innerhalb der Europäischen Union verbessern kann, um zu einer gemeinsamen Außenpolitik zu kommen. Aber solange nicht die Bereitschaft besteht, die individuellen strategischen Einzelinteressen in die Gemeinsamkeit der Europäischen Union einzubringen, so lange wird wahrscheinlich eine gemeinsame europäische Außenpolitik auch in so zentralen Fragen wie Krieg und Frieden zum Scheitern verurteilt sein.

Durch dieses Volksbegehren beziehungsweise in seiner Diskussion im Ausschuss wurde auch die Frage einer europäischen Verfassung angesprochen – das ist eine inter­essante Frage, die uns auch im letzten haben Jahr während der österreichischen EU-Präsidentschaft, sagen wir einmal so, zumindest begleitet hat, nachdem der bisherige Verfassungsvertrag als gescheitert angesehen werden muss, da die Volks­abstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden dagegen ausgegangen sind. Jetzt gehen alle davon aus, dass ein neuer Anlauf – vielleicht nach den nächsten Wahlen in Frankreich – erfolgen kann.

Aber es stellt sich schon die Frage, welche Lehren man eigentlich aus diesem Scheitern zieht. Und diese Lehren kann man auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen. Die erste Ebene ist: Ist das, was in dieser Verfassung enthalten ist, ausreichend, um einen europäischen Konsens zu erreichen, oder für manche zu viel, weil dort mehr an Politik formuliert wird, als sie gerne in der Verfassung haben möchten? Das ist eine ganz wesentliche Frage, die eigentlich seit dem Scheitern kaum diskutiert wurde.

Wenn man der Auffassung ist, dass zuwenig drinnen ist, dann müsste man sagen: Die politischen Ziele der Europäischen Union müssen noch präziser gefasst und vor allem das soziale Europa formuliert werden. Ist man aber der Meinung, dass Europa damit überfordert ist und einzelne Mitgliedstaaten zu präzisen Politikbeschreibungen nicht


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bereit sind, dann muss man den gegenteiligen Schluss ziehen und sagen: Okay, euro­päische Grundrechte brauchen wir, wir brauchen Regelungen für das Funktionieren der Institutionen in Europa, Abstimmungsmechanismen, aber die politischen Zielsetzun­gen, die sich vielfach auch nicht in den Verfassungen der einzelnen Nationalstaaten finden, nehmen wir aus der Verfassung heraus. Es ist dann eben Angelegenheit der jeweiligen Mehrheitsverhältnisse innerhalb der Europäischen Union, im Rat, im Par­lament, in der Kommission, welche Politik gemacht wird. – Das ist eine Grund­satz­entscheidung, die zu treffen sein wird.

Die zweite Grundsatzentscheidung, die zu treffen ist – und auch da, glaube ich, sollte man aus den Fehlern der Vergangenheit klug werden –, ist, in welcher Art und Weise eine solche Verfassung angenommen werden soll. Ich halte diesen „Abstimmungs­fleckerlteppich“ für einen falschen Zugang, denn das heißt nichts anderes, als dass es die Mehrheit in einem einzigen Mitgliedsland in der Hand hat, das Gesamte zum Scheitern zu bringen. Das heißt, dass die Europäische Union im Extremfall davon abhängig ist, ob in Luxemburg die Mehrheit zustimmt oder nicht. Das wäre ungefähr so, als könnte bei der Annahme einer Verfassung eines anderen Gebildes ein einzelner Teil die Gesamtheit blockieren.

Ich meine, es wäre von vornherein vernünftiger gewesen – bei einem neuerlichen Ver­fassungstext sollte man diesen Weg gehen –, zu sagen: Es soll eine gesamt­europäische Abstimmung über solch einen europäischen Verfassungsvertrag geben, die nach dem Prinzip der doppelten Mehrheiten funktioniert. Das heißt, es muss eine Mehrheit in der Mehrheit der Mitgliedstaaten und eine gesamthafte Mehrheit geben, damit diese Verfassung von allen Bewohnerinnen und Bewohnern Europas demo­kratisch akzeptiert werden kann. Ich glaube, das wäre eine wichtige Schlussfolgerung aus dem Scheitern des bisherigen Verfassungsprozesses. Ich denke, wir wären gut beraten, diesen Weg, wenn dieser Verfassungsprozess im nächsten Jahr wieder neue Dynamik gewinnt, einzuschlagen – und nicht die Ratifikation einzelner Staaten im Parlament und Volksabstimmungen in anderen Staaten.

Der Türkei-Beitritt ist eine spannende Frage, denn derzeit gewinnt man ja den Ein­druck, dass selbst innerhalb der Türkei die Frage, ob die Türkei Mitglied werden möchte oder nicht, wieder offen ist. Erstens ist nicht geklärt, ob die Türkei jedes Mitgliedsland der Europäischen Union anerkennen wird, bevor man in eine entscheidende Phase kommt. Das ist aber eine essentielle Voraussetzung. Es ist doch völlig denkunmöglich, dass jemand Mitglied der Europäischen Union wird, der nicht bereit ist, jedes einzelne bisherige Mitgliedsland anzuerkennen. Also das muss meiner Meinung nach außer Streit stehen.

Klar ist auch, dass die bestehenden Vertragselemente der Europäischen Union von jedem neuen Mitgliedsland zu akzeptieren sind – daher auch von der Türkei.

Ich glaube, dass dieser Verhandlungsprozess derzeit offener ist als jemals zuvor, da in den entscheidenden Fragen keine Bewegung eintritt. Sollte es einmal zu einem Verhandlungsabschluss kommen, gibt es in Österreich einen weit verbreiteten Kon­sens, dass darüber das Volk abstimmen soll. Aber ich sehe diesen Tag eigentlich in großer, großer Entfernung und nicht in nächster Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)

10.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Scheibner. Seine Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.

 


10.38.50

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Es ist – und da sind wir uns, wie ich meine,


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einig hier im Hohen Haus – eine absolute Notwendigkeit, die Instrumente der direkten Demokratie nicht nur in Sonntagsreden zu achten, sondern auch wirklich ernst zu nehmen und sich mit der Meinung der Bevölkerung entsprechend auseinander zu setzen. Gerade bei dieser Materie, nämlich der EU-Politik, wäre es meiner Meinung nach durchaus interessant, wichtig und notwendig, der Bevölkerung mehr Mög­lichkeiten zu geben, sich auch zu artikulieren.

Deshalb ist es schade, dass die Einleiter und Betreiber dieses Volksbegehrens relativ wenig daraus gemacht haben, vor allem was den Inhalt und die Diktion betrifft. Man sollte aber aus der relativ geringen Zahl von Unterschriften jetzt nicht schließen, dass nicht mehr Österreicherinnen und Österreicher der Europäischen Union und den verschiedenen Projekten kritisch gegenüberstehen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es notwendig ist, darüber zu diskutieren, in welchen Bereichen die Europäische Union da eine verfehlte Politik macht. Und da ist das Verfahren rund um die Türkei durchaus anzusprechen. Ich halte es für einen Fehler, dass man jetzt mit einem Land Beitrittsverhandlungen eröffnet hat, wo jeder in Wahrheit weiß – selbst jene, die sich in Sonntagsreden für den Beitritt der Türkei aussprechen –, dass dieses Land auf absehbare Zeit die Kriterien für eine Voll­mit­gliedschaft bei dieser Europäischen Union nicht erfüllen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Kollege Gusenbauer hat ja einen Punkt angesprochen, dass man nämlich mit einem Land Beitrittsverhandlungen aufnimmt, das nicht einmal bereit ist, alle Mitgliedsländer der Europäischen Union, in diesem Fall Zypern, als souveränen, unabhängigen Staat anzuerkennen, wo man zwar Gesetze in Richtung mehr Rechtsstaatlichkeit, in Richtung mehr Achtung von Menschenrechten verabschiedet, aber dann gleich wieder relativiert, und wo man auch sieht, dass diese Gesetze in der Türkei nicht einmal gesellschaftlich akzeptiert sind und dass auch die Pressefreiheit und die Meinungs­freiheit nicht garantiert sind. Ja man muss sich sogar mit so skurrilen Dingen auseinander setzen, dass Karikaturfiguren verboten werden, weil man der Meinung ist, dass dies irgendwelchen religiösen Grundsätzen widerspricht.

Dann muss man ganz einfach zur Kenntnis nehmen, dass in diesem Fall die Grundwerte der Europäischen Union – und wir sehen doch diese Europäische Union nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft, sondern auch als Wertegemeinschaft – nicht beachtet werden und dass es selbstverständlich auch die Aufnahmefähigkeit dieser Europäischen Union nicht zulässt, dieser Erweiterung zuzustimmen. Und ich sage Ihnen: Es ist auch unehrlich, diese Verhandlungen jetzt zu führen – jeder sagt es, auch Kollege Gusenbauer –, die werden zehn, fünfzehn Jahre dauern, und am Ende wird dann halt die Erkenntnis stehen: Na ja, es ist vielleicht nicht möglich! Oder, was vielleicht noch gefährlicher ist: Man wird sich wieder vorbeischwindeln an der Realität und man wird wieder irgendwelche Konglomerate zusammenbringen, damit man auch dann nicht die Wahrheit sagen muss, dass diese Vollmitgliedschaft nicht möglich ist. (Abg. Marizzi: Der Haider auch ...!)

Ja, Kollege Marizzi, wenn Sie das ansprechen, dann muss ich sagen: Es ist schon so, dass die Türkei auch strategisch ein wichtiges Land ist. Auch wir wollen nicht, dass in der Türkei ein radikaler Islamismus an die Macht kommt. (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.) Auch wir wollen nicht, dass man die Türkei sozusagen ins Abseits stellt. Aber es geht darum, wie das passieren soll. Und ich sage Ihnen: Egal, wer das verlangt hat, jene, die meinen, das soll durch eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union passieren, liegen da falsch. Wir brauchen andere Mittel, um die Türkei entsprechend an Europa heranzuführen. Ich habe vorgeschlagen, eine Art Partnerschaft für Europa zu stellen, wo man eine maßgeschneiderte Zusammenarbeit


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mit der Türkei oder auch mit anderen Ländern Europas und außerhalb Europas, die nicht Mitglied dieser Union werden können, schaffen kann.

Es wird in diesem Volksbegehren verlangt, eine Volksabstimmung über diesen Beitritt durchzuführen. Ich sage Ihnen, ich gehe davon aus, dass es gar nicht so weit kommt, dass über diese Frage abzustimmen ist, weil ich hoffe, dass sich irgendwann einmal in der Europäischen Union die Vernunft durchsetzt und man zu der Erkenntnis kommt, dass das eben nicht möglich ist. Aber wir haben jedenfalls schon festgelegt, dass die Bevölkerung in jedem Fall über diese Mitgliedschaft der Türkei abstimmen sollte.

Zur Sicherheitspolitik und zur Neutralität: Es ist es schon lustig, dass die Betreiber des Volksbegehrens jetzt einen Neutralitätsbegriff der fünfziger Jahre unterstützen, aber bis vor kurzem noch die NATO-Mitgliedschaft im Parteiprogramm gehabt haben. Herr Kollege Gusenbauer, Sie brauchen sich aber darüber nicht zu mokieren, denn das ist eine ähnliche Politik, mit der Neutralität Stimmung zu erzeugen, wie Sie es ja seit Jahr und Tag machen: auf der einen Seite mit der Mitgliedschaft Österreichs in der Euro­päischen Union und der damit notwendig gewordenen Verfassungsänderung die Neutralität de facto abzuschaffen oder weitestgehend auszuhöhlen, aber dann bei jeder Wahl so zu tun, als ob man selbst der Verteidiger und Verfechter der Neutralität wäre. – Also das liegt auf derselben Ebene. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Realität ist doch die, dass wir alle ein Interesse daran haben, dass es endlich eine funktionierende, schlagkräftige europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik gibt. Deshalb ist es auch völlig verfehlt, wenn hier verlangt wird, dass Artikel 23f der Bundesverfassung abgeschafft werden soll, der ja die Teilnahme Österreichs an diesen europäischen Sicherheitskomponenten vorsieht und regelt. Wenn sich die Euro­päische Union dafür einsetzt, dass die Menschenrechte in Europa und außerhalb Europas wahrgenommen werden, dass Diktatoren in die Schranken gewiesen werden, dann kann man doch nicht von Krieg reden, sondern das ist eine notwendige Maßnahme, die auch zur Sicherheit Österreichs einen Beitrag leistet.

Oder soll man wegschauen, wenn Menschen gefoltert, umgebracht, vertrieben wer­den? Was haben wir denn alle – Gott sei Dank, es hat bei manchen lange gedauert – zur Situation am Balkan gesagt? – Dass selbstverständlich das diktato­rische Regime von Milošević in die Schranken gewiesen werden muss, und wenn es nicht mit Verhandlungen geht, dann ist es notwendig, dass die Staatengemeinschaft auch einen militärischen Beitrag zu dieser Sicherheit leistet. Und man soll nicht vergessen, dass dieser Krieg – und das war ein Bürgerkrieg in Exjugoslawien – dann letztlich bis an unsere Grenzen gekommen ist.

Wenn die SPÖ immer das UNO-Mandat verlangt, dann ist wirklich die Frage zu stellen, warum man 1998 eine Verfassungsänderung gemacht hat, wo die Teilnahme Öster­reichs an europäischen Friedens- und Kampfeinsätzen vorgesehen ist, und zwar ohne UNO-Mandat. Das ist genau diese doppelbödige Politik: auf der einen Seite etwas beschließen und auf der anderen Seite ganz etwas anderes fordern!

Ich sage Ihnen: Ich würde mir wünschen, dass das UNO-Mandat als Grundvoraus­setzung für jeden militärischen Einsatz heranzuziehen ist, aber bei der derzeitigen Struktur der Vereinten Nationen mit dem Veto der Sicherheitsratsmitglieder ist das ganz einfach nicht möglich. Es kann doch nicht abhängig davon sein, ob jetzt China oder andere Länder, die nicht nach unseren Kriterien Politik machen, einem Mandat zustimmen oder nicht. Und Sie wissen ganz genau, dass es schon einmal der Fall gewesen ist, dass ein UNO-Sicherheitsratsmandat für eine Friedensmission in Maze­donien daran gescheitert ist, dass China ein Veto eingelegt hat, und zwar nur deshalb, weil Mazedonien einen Vertrag mit der Republik Taiwan abgeschlossen hat. Und solange solche Politiken in der Lage sind, wichtige sicherheitspolitische Instrumente zu


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verhindern, so lange kann man nicht das UNO-Sicherheitsratsmandat als absolute Notwendigkeit für einen EU-geführten Militäreinsatz ansehen. Leider ist es so, aber es ist eine Tatsache! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich hoffe nur, meine Damen und Herren, dass wir hier bald zu einem Konsens kom­men, dass die Sicherheit Österreichs, die Sicherheit auch Europas nicht als populis­tisches Wahlkampfinstrument missbraucht wird. Wir haben auch ein Interesse an dieser europäischen Sicherheitspolitik. Wenn immer wieder kritisiert wird – zu Recht kritisiert wird –, dass die USA der Meinung sind, nur sie entscheiden darüber, wann und wo, egal, wo auf der Welt, militärisch eingegriffen werden soll, dann ist das auch ein Zeichen der Schwäche Europas, weil eben Europa nicht mit einer Sprache spricht, weil Europa zu wenig Kapazitäten hat, um hier ein Pendant darzustellen. Und genau deshalb soll man nicht zurückgehen zu einer Politik der fünfziger Jahre, sondern diese europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik sehr, sehr offensiv unterstützen.

Zum Thema Europäische Verfassung: Also ich sage Ihnen, ich war sehr dafür, dass man über die Europäische Verfassung eine europaweite Volksabstimmung macht. Leider hat man das nicht unterstützt, man hat sich vor der Bevölkerung gefürchtet. Die Bevölkerung hat in den Niederlanden und in Frankreich eine entsprechende Antwort darauf gegeben. Aber ich sage Ihnen: Wir brauchen diesen Verfassungsvertrag! Wir brauchen Regelungen, wie ein Europa der 25 und bald der 27 funktionieren soll! Und wenn es so geht, wie jetzt wieder am letzten Gipfel beschlossen, dass man das immer weiter hinausschiebt, noch eine Denkpause und noch eine Denkpause einlegt, dann wird diese Idee eines gemeinsamen Europa scheitern.

Das ist dann nicht der Erfolg oder die Schuld der Europa-Kritiker, sondern vielmehr der Erfolg oder die Schuld von Politikern, die zwar ja zu Europa sagen, aber nicht den Mut haben, auch wirklich die notwendigen Rahmenbedingungen für das Funktionieren dieser Europäischen Union bereitzustellen. Wir bekennen uns dazu, wir werden auch das Unsere dazu beitragen, dass es zu dieser Europäischen Verfassung kommt. Sie soll demokratisch sein, einer europaweit abgehaltenen Volksabstimmung unterzogen werden. Aber wenn man dagegen ist und sagt. Wir wollen das alles nicht!, dann geht das in die falsche Richtung. Daher müssen wir werben, dafür ist die Politik verant­wortlich, und wir Volksvertreter werden das auch entsprechend unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste spricht Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Auch ihre Wunschredezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


10.50.06

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich damit beginnen, einen Punkt anzuführen, der für die Grünen sehr wichtig ist. Volksbegehren, sozusagen auch Wünsche der Bevölkerung in einem Volksbegehren zu formulieren und das an den Nationalrat weiterzuleiten, ist etwas, was Grüne an und für sich sehr begrüßen und befürworten. Und wir sind in der Vergangenheit auch selbst sehr oft dafür eingetreten, dass das möglich ist. Wir haben in der Vergangenheit auch Volksbegehren, die von nicht partei­politisch gebundenen Organisationen eingebracht worden sind, unterstützt, etwa das Frauen-Volksbegehren, das Gentechnik-Volksbegehren.

Dieses Volksbegehren, das wir heute hier behandeln, ist jedoch eines, das auf Grund des Zeitpunktes, zu dem es eingebracht wurde – zu den Inhalten komme ich dann noch –, klar und deutlich nur dazu dient, einer Partei, nämlich der neuen oder alten FPÖ, eine Öffentlichkeit zu geben und ihre populistischen und zum Teil auch rassis-


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tischen Themen in die Öffentlichkeit zu bringen. Und dagegen verwahren wir uns! (Beifall bei den Grünen.)

Volksbegehren parteipolitisch zu missbrauchen, das ist etwas, was auch die Interessen jener Menschen, die dafür gestimmt haben – und das waren ja über 280 000 –, und eigentlich auch diese Menschen missbraucht. Ich bin nämlich überzeugt, dass darunter viele waren, die manche der Elemente einfordern wollten, deren Mangel auch wir an der Europäischen Union noch kritisieren, wie etwa, dass das Europaparlament noch kein Initiativrecht in allen Bereichen hat, was es mit der Verfassung übrigens bekom­men hätte. Möglicherweise haben da auch Menschen mitgestimmt, die sagen, sie wollen eine demokratischere Europäische Union, und die Elemente, die in diesem Volksbegehren waren, gut gefunden haben. Aber es ist nicht fair, diese Menschen für die Anliegen einer Partei, nämlich der FPÖ, zu missbrauchen, die noch dazu For­mulierungen wie etwa so etwas wie ein „feiges Schielen nach dem Ausland“ in dieses Volksbegehren hineingenommen hat. Solche Formulierungen können wir Grüne auf keinen Fall unterschreiben, denn das klingt so, als ob sich im Ausland der Sitz des Bösen befände, als ob Brüssel der Sitz des Bösen wäre. Das erinnert an Verschwö­rungstheorien. – Nein, Herr Strache und Co, solche Formulierungen führen die Bevölkerung in die falsche Richtung, und so etwas können wir uns nicht anschließen!

Nun zu den Inhalten. Das Volksbegehren findet zwar eine Behandlung heute hier im Parlament, es hat sie auch im Ausschuss gefunden, und zwar ausführlich, auch mit Ihnen (die Rednerin verweist auf HC Strache), der Sie ja oben auf der Galerie sitzen. Aber die Inhalte und deren Formulierung können unsere Zustimmung nicht finden.

In diesem Volksbegehren macht man sich angeblich Sorgen um die österreichische Neutralität. Es haben auch meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt, dass es diesbezüglich ja verfassungsmäßig eine Garantie gibt, nämlich das Verfassungs­gesetz, das garantiert, dass diese Neutralität immer noch aufrecht ist. Auch nach der Verfassungsänderung 1998, der Hinzufügung von § 23f Bundes-Verfassungsgesetz, ist der Kern der Neutralität immer noch da: keine Stationierung fremder Truppen, keine Teilnahme an Kriegen, keine Teilnahme an Militärbündnissen. Wir Grünen waren damals die Einzigen, die nicht zugestimmt haben. Die Freiheitliche Partei hat damals diesem Gesetz zugestimmt, Herr Kollege Scheibner, wie Sie sich gut erinnern können; damals waren Sie nämlich auch noch in der Freiheitlichen Partei. (Abg. Scheibner: Ich bin eh dafür!) – Ja, ich weiß es, Sie sind eh dafür, aber damals haben die Freiheitlichen zugestimmt. Die Grünen waren die Einzigen, die 1998 dem nicht zugestimmt haben, und zwar unter anderem mit dem Argument, dass es ein verbindliches UNO-Mandat braucht.

Wenn das den Freiheitlichen wirklich wichtig ist, aber auch den anderen Parteien hier im Parlament, ja warum bringen Sie dann nicht einen diesbezüglichen Antrag ein? Warum haben Sie, auch die der FPÖ zugehörigen Abgeordneten, die es in diesem Hohen Haus noch gibt, den Anträgen auf ein verbindliches UNO-Mandat, die die Grünen eingebracht haben, in der Vergangenheit denn nicht zugestimmt? Die Möglich­keit hätten Sie schon längst gehabt. Getan haben Sie es nicht! Das heißt, Sie wollen etwas, reden groß darüber, aber Sie machen es nicht dort, wo es möglich wäre. – Das nicht mit uns!

Noch einmal zum UNO-Mandat: Wenn wir jetzt darüber sprechen – und da habe ich Ihnen, Kollege Scheibner genau zugehört, und ich weiß, dass Sie ja nicht der Meinung sind, dass es das verpflichtende UNO-Mandat braucht ... (Abg. Scheibner: Doch, aber es ist derzeit nicht möglich!) Möglich! Man kann nicht deshalb, nur weil man findet, dass etwas vielleicht nicht möglich ist, das Völkerrecht nicht mehr beachten. Im Völ­kerrecht steht, nur mit UNO-Mandat sind Einsätze möglich. (Abg. Scheibner: Das stimmt nicht! Das stimmt überhaupt nicht!) Zumindest für uns Grüne sind militärische


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Einsätze nur mit einem verpflichtenden UNO-Mandat möglich. (Abg. Scheibner: Sie verschließen die Augen vor Menschenrechtsverletzungen!) – Nein, wir verschließen nicht die Augen vor Menschenrechtsverletzungen. Aber von vornherein zu sagen: Das Völkerrecht gibt es zwar, aber wir gehen davon aus, dass wir es brechen!, das ist der falsche Ansatz. (Beifall bei den Grünen.)

Der zweite Aspekt dieses Volksbegehrens ist das Verlangen einer quasi dezidiert eindeutigen Haltung gegenüber der Türkei, nämlich: Die Türkei darf nie in die Europäische Union kommen, und es muss eine Volksabstimmung über den Beitritt der Türkei in die Europäische Union geben! – Da wird genau das gemacht, was in diesem Fall auch die Regierungsparteien machen, auch die ÖVP, nämlich: Man gibt der österreichischen Bevölkerung zu verstehen, dass die Türkei in den nächsten ein, zwei Jahren der EU beitritt. – Das ist einfach völlig unrealistisch, das ist nicht wahr! Diesen Beitritt wird es, wenn überhaupt, wenn dieser Prozess, den wir auch unterstützen, anhält und auch weitere positive Veränderungen bringt, vielleicht irgendwann, in zehn Jahren, geben. Derzeit schaut es nicht sehr gut aus, da gebe ich manchen Recht, die das kritisieren, aber der Prozess ist wichtig. Aber man sollte jetzt nicht sagen: Dann gibt es eine Volksabstimmung darüber!

Frau Kollegin Baumgartner-Gabitzer, ich gehe wahrscheinlich genauso wie Sie davon aus, dass die ÖVP 2015 nicht mehr an der Regierung sein wird, und ich nehme wohl an, dass das der Grund ist, warum Sie jetzt einen derartigen Antrag nicht einbringen. Es wäre ja möglich. Wenn Sie, wenn Ihr Regierungspartner und sogar die SPÖ für eine Volksabstimmung gegen den Beitritt der Türkei sind, dann bringen Sie doch einen Gesetzesantrag ein! Bringen Sie doch einen Antrag ein, dass Sie irgendwann, wenn es so weit ist, abstimmen wollen!

So machen Sie genau dasselbe, was ich anderen hier vorwerfe: Sie kündigen etwas an, was Sie nicht bereit sind, durchzuführen, weil Sie genau wissen, dass es nicht wirklich einen Sinn macht, jetzt eine Volksabstimmung für 2015 zu beschließen! Also Sie versprechen etwas, wovon Sie wissen, dass Sie es nicht einhalten können und anscheinend auch nicht einhalten wollen, denn sonst würden Sie diesen Antrag wohl einbringen.

Von Seiten der Grünen haben wir uns – auch damals, als es das Volksbegehren der FPÖ gegen Temelín und im Hintergrund gegen Tschechien gegeben hat – dagegen ausgesprochen, Volksabstimmungen über den Beitritt anderer Länder – und das heißt ja auch, über die Menschen in diesen Ländern – zu machen. Ich glaube nicht, dass es in Österreich irgendjemandem gefallen hätte, wenn die EU, als Österreich beitreten wollte, gesagt hätte: Wir stimmen zuerst ab, ob wir Österreich dabei haben wollen oder nicht! – Ich glaube, das wäre der falsche Weg.

Für die Volksabstimmung über die EU-Verfassung gilt etwas anderes. Da sind die Grünen immer für eine europaweite Volksabstimmung eingetreten. Und die war auch im ursprünglichen Verfassungsentwurf drinnen. Herr Staatssekretär Winkler, es war Ihr Bundeskanzler, der im Rat zugestimmt hat, dass das Vorhaben einer europaweiten Volksabstimmung aus dem Konventsentwurf wieder herausgenommen wurde und somit nicht möglich war und ist.

Wenn der Bundeskanzler jetzt sagt, er findet eine europaweite Volksabstimmung gut und richtig, dann freut mich das, ich hätte nur gerne auch während der Präsidentschaft eine Initiative in diese Richtung gesehen. Davon war wie von so vielen anderen Dingen auch nichts zu hören. Worte allein, das wissen wir, sind nicht genug. (Beifall bei den Grünen.) Es bräuchte eine Initiative während dieser Präsidentschaft für diese europa­weite Volksabstimmung. Dann hätten Sie etwas mehr an Glaubwürdigkeit in diesem


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Punkt. Diese hat aber Bundeskanzler Schüssel nicht gestartet, soweit mir bewusst ist. (Abg. Mag. Molterer: Initiative gestartet!) Sie haben hier keine Initiative gesetzt.

Ein Volksbegehren, das rein populistischen Zwecken beziehungsweise der Stärkung einer Partei dient, kann von den Grünen nicht unterstützt werden. Das ist Missbrauch des Willens und des Wunsches von Bürgerinnen und Bürgern. (Beifall bei den Grünen.)

10.59

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist Herr Staatssekretär Dr. Winkler. – Bitte.

 


10.59.30

Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler: Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Volksbegehren „Österreich bleib frei!“ fordert, dass der Nationalrat folgende drei Fragen verfassungsrechtlich regeln soll – sie wurden schon angesprochen –: Der Bestand der österreichischen Neutralität und die EU-Verfassung sollen einer Volks­abstim­mung unterzogen werden, und die Zustimmung zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei soll nicht ohne Zustimmung der österreichischen Bevölkerung Gesetzeskraft erlangen.

Dieses Volksbegehren greift damit zweifellos Themen auf, die der österreichischen Bevöl­kerung sehr wichtig sind und die auch diskutiert werden müssen und sollen. Allerdings ist festzustellen – das Volksbegehren verabsäumt es leider, darauf hinzu­weisen –, dass bei diesen Themen zurzeit kein Handlungsbedarf besteht. Wer auch immer in der österreichischen Bevölkerung diese Sorgen, die im Volksbegehren ange­sprochen werden, teilt – und das sind mit Sicherheit mehr als jene, die das Volksbegehren unterzeichnet haben –, wäre beruhigter, wenn er sich die einschlägigen Rechtstexte, die Entschließungstexte, die Beschlüsse des Europäischen Parlaments und die Beschlüsse des Europäischen Rates näher ansehen würde.

Lassen Sie mich auf die drei Themenbereiche im Volksbegehren etwas näher einge­hen. Ich beginne mit dem Thema Neutralität. Wie hier schon mehrfach festgestellt worden ist, ist die österreichische Neutralität seit dem 26. Oktober 1955 in der öster­reichischen Bundesverfassung verankert – und keine politische Kraft hier in diesem Hohen Haus denkt daran, sie aufzuheben! Österreich ist neutral und Österreich wird neutral bleiben, das ist verfassungsrechtlich verankert. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die österreichische Außenpolitik ist eine Friedenspolitik – eine Friedenspolitik, die sich auf die Prinzipien des Völkerrechtes, insbesondere auf die Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen gründet. Die Prinzipien des Völkerrechtes und die Prinzipien der Satzung der Vereinten Nationen entwickeln sich natürlich auch im Lichte der politischen Realitäten weiter. Ich erinnere etwa daran, dass der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Vereinten Nationen im Vorjahr unter anderem das Prinzip des „responsibility to protect“ angenommen hat – ein Prinzip, das auch die Frage des Gewaltverbotes weiterentwickelt. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

In den Verhandlungen zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und später auch zum Verfassungsvertrag sind alle österreichischen Vertreter, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit, konsequent dafür eingetreten, dass Österreich auf euro­pä­ischer Ebene immer so handeln kann, wie es den Erfordernissen des Neutralitäts­gesetzes entspricht, und diese Linie hat auch zum Erfolg geführt. Ich erinnere daran, dass im Verfassungsvertrag eindeutig klargestellt wird – ich zitiere –, dass der „beson­dere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten


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unberührt“ bleibt. Damit ist auch die österreichische Neutralität gemeint. Es ist also einer unserer Verhandlungserfolge, dass wir uns für unsere Neutralität und unsere Sicherheitspolitik freie Hand bewahren konnten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Dieses Volksbegehren geht auch, wie schon erwähnt, auf Artikel 23f B-VG ein, den es bekanntlich seit 1995, also seit über ein Jahrzehnt gibt. Diese Bestimmung stellt klar, dass sich Österreich auch als neutraler Staat an der gesamten Außen- und Sicher­heitspolitik der Europäischen Union beteiligen kann. Es ist richtig, dass Artikel 23f eine gewisse Weiterentwicklung im Vergleich zum Jahre 1955 gebracht hat, nur: Wer leugnen wollte, dass es Veränderungen im politischen Umfeld, auch der Neutralität gegeben hat, der nimmt die heutige Realität einfach nicht zur Kenntnis! Rechtstexte, auch Verfassungen müssen neuen Realitäten angepasst werden, und der österreichi­sche Beitritt zur Europäischen Union, aber auch der Fall des Eisernen Vorhanges haben die politischen Realitäten in Europa grundsätzlich verändert.

Was den EU-Verfassungsvertrag betrifft, so möchte ich es ausnahmsweise nicht mit dem von mir sehr geschätzten Dichter Goethe halten und „Dichtung und Wahrheit“ gemeinsam behandeln, sondern ich glaube, dass wir das unterscheiden sollten. Gerade auch als Jurist, der ich bin, möchte ich sagen: Wir sollten alle präzise sein! Es gehört zu den Spielregeln eines Rechtsstaates, dass wir den Bürgern gegenüber präzise sind.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es nicht für verant­wortungsvoll, Horrorszenarien zu entwerfen, die von den Bürgern, die vielleicht die Texte, die Resolutionen und die Bestimmungen verschiedener Texte nicht so genau kennen, wörtlich genommen werden könnten. Wenn in der Begründung zum Volks­begehren von einer Ermächtigung des EU-Ministerrates zum Führen weltweiter Kriege oder von der Förderung der Atomenergie die Rede ist, so muss ich sagen: Das sind Behauptungen, für die es keinerlei Begründungen gibt! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Was den Verfassungsvertrag betrifft, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist zu sagen: Ich bekenne mich dazu, dass dieser Vertrag ein guter Vertrag ist, dass er unter den Umständen, wie er zustande gekommen ist, das Maximum dessen darstellt, was zu erreichen war. Ich glaube, viele der Sorgen, die die Bürgerinnen und Bürger heute vorbringen und ansprechen, würden ihre Lösung im Verfassungsvertrag finden. Der Verfassungsvertrag bedeutet mehr Demokratie, mehr Bürgerrechte, mehr Rechte für die nationalen Parlamente, eine glaubwürdige Außen- und Sicherheitspolitik, die von den Menschen gewünscht wird. Daher ist es schade, dass dieser Vertrag, zumindest in der derzeit vorliegenden Form, derzeit nicht in Kraft treten kann.

Aber – und das ist beim Europäischen Rat vor wenigen Tagen wieder sehr deutlich zum Ausdruck gekommen, und auch der Bundeskanzler hat das gestern im Euro­päischen Parlament sehr deutlich gesagt – keiner der Staats- und Regierungschefs hat Zweifel an der Substanz des Verfassungsvertrages geäußert – und das scheint mir doch bemerkenswert zu sein! Sicherlich wird es Anpassungen geben müssen, im Lichte auch der Referenden in Frankreich und in den Niederlanden, aber die Grund­sätze, die im Verfassungsvertrag verankert sind, müssen und sollen bewahrt werden.

Ich glaube, dass es Europa gut täte, wenn diese Prinzipien im Verfassungsvertrag – in welcher Form auch immer, ob in einem anderen Vertrag, einem Verfassungsvertrag oder anderswo – verankert würden, denn das wird die Funktionsfähigkeit der Euro­päischen Union bewahren, und das ist gut für die Bürgerinnen und Bürger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)


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Zu all dem, was hier geäußert worden ist – Herr Abgeordneter Gusenbauer hat über den „Abstimmungsfleckerlteppich“ gesprochen; ein guter Ausdruck –, möchte ich sagen: In der Tat hat sich der Bundeskanzler eigentlich von Anfang an dafür ausge­sprochen, dass es zu einer europäischen Abstimmung kommen soll, zu einer gesamt­europäischen Abstimmung. (Zwischenruf der Abg. Mag. Lunacek.) Frau Abgeordnete Lunacek, dass im Rat einzelne Mitgliedstaaten das eine oder andere nicht verhindern konnten oder verhindert haben, hängt natürlich damit zusammen, dass dieser Verfas­sungsvertrag ein sehr sorgfältig ausgehandelter Kompromiss war und ein Staat diesen Verfassungsvertrag natürlich nicht an einer Frage hätte scheitern lassen können. Das soll aber nicht bedeuten, dass nicht der Bundeskanzler und viele – so wie auch Sie es hier zum Ausdruck gebracht haben – dafür sind, dass dieser Vertrag, den es einmal geben muss – ich glaube, wir sind uns alle darüber im Klaren, dass es der Vertrag von Nizza nicht schaffen kann, die Europäische Union funktionsfähig zu erhalten, insbe­sondere dann nicht, wenn nunmehr zwei neue Mitglieder beitreten werden –, den es geben wird, einer europäischen Volksabstimmung unterworfen werden soll.

Nun zum dritten Bereich, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Türkei-Beitritt. – Eine Volksabstimmung ist ja bekanntlich nur über konkrete Gesetzestexte möglich, und im Fall der Türkei müsste das auch die Zustimmung zu einem Verfas­sungsgesetz über die Zustimmung zum EU-Beitritt der Türkei sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befinden uns am Beginn eines Verhand­lungsprozesses – am Beginn eines Verhandlungsprozesses, der 35 Kapitel abhandeln muss. Wir haben gerade das erste und leichteste Kapitel, jenes Kapitel, wo es praktisch überhaupt keinen Acquis gibt und wo es auch keine Anpassungen der Türkei an europäische Gesetze geben muss, begonnen. Es wird dies ein sehr langer Prozess, und es sind durchaus Zweifel angebracht, ob es jemals zu einem Türkei-Beitritt kom­men wird, denn dieser Verhandlungsprozess – und das ist ein österreichischer Verhand­lungserfolg vom 3. Oktober des vergangenen Jahres – wird offen geführt.

Das heißt, der Ausgang dieser Verhandlungen, die als Beitrittsverhandlungen schon begonnen wurden, der Ausgang dieses Prozesses ist offen, und das heißt, es kann auch durchaus sein, dass es nicht zu einem Beitritt der Türkei zur Europäischen Union kommt. Daher: Einen Vorratsbeschluss für einen theoretischen, hypothetischen Fall in zehn, 15, 20 Jahren zu fassen, scheint mir weder sinnvoll noch notwendig zu sein. Im Übrigen gibt es einen politischen Konsens, den auch der Bundeskanzler initiiert hat und angesprochen hat, wonach es, wenn es dazu kommen sollte, dass die Türkei zur Europäischen Union beitreten soll, zu einer Volksabstimmung kommen soll.

Ich möchte jetzt nicht im Einzelnen auf die Verhandlungen mit der Türkei eingehen, ich möchte nur daran erinnern, dass das Korsett, das diesen Verhandlungen angelegt wurde, wesentlich enger ist als bei vorangegangenen Verhandlungen. Vor allem die Frage der Menschenrechte und vor allem die Frage der Einhaltung der Grund­prinzipien, der Kopenhagener Prinzipien sind wesentlich genauer zu prüfen als bei anderen Verhandlungen, die bisher geführt wurden. Ich darf auch daran erinnern, dass beschlossen wurde, dass jedes Kapitel nur dann abgeschlossen werden kann, wenn Einstimmigkeit im Rat besteht.

Im Übrigen darf ich auch daran erinnern, dass ein Staat zumindest in der Verfassung bereits vorgesehen hat, dass ein Beitritt der Türkei einer Volksabstimmung zu unterziehen sein wird, nämlich Frankreich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf abschließend sagen, dass viele der Fragen, die in diesem Volksbegehren als Probleme angesprochen werden, selbst­verständlich diskutiert werden müssen, da sie sehr weitgehend auch die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger darstellen. Ich glaube aber nicht, dass dieses Volksbegehren,


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dass gesetzliche Maßnahmen, die nicht notwendig sind und für die kein Handlungs­bedarf besteht, der richtige Weg sind, um die Sorgen der Menschen im Zusam­menhang mit der Europäischen Union und deren Politik darzustellen. Ich glaube, dass wir ernsthaft miteinander diskutieren sollten, dass wir in verantwortungsvoller Form all jene Anliegen prüfen sollten, die zur Entscheidung vorliegen.

Wir können mit gutem Gewissen sagen – und damit komme ich auf meine Eingangs­bemerkung zurück –, dass wir dem Handlungsbedarf, der hier besteht, bereits nachge­kommen sind. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.11.53

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine verantwortungsvolle Politik nimmt selbstverständlich all jene Fragen, die im Volksbegehren angesprochen worden sind, sehr ernst.

Die Neutralität – ein ganz wichtiger Baustein nicht nur unserer Verfassung, sondern auch des Selbstverständnisses der Österreicherinnen und Österreicher.

Die europäische Verfassung – für uns ein ganz wichtiger Bestandteil und eine Not­wendigkeit in der Weiterentwicklung der Europäischen Union.

Und die dritte Frage, ein möglicher Beitritt der Türkei: Es war interessant, hier Übereinstimmung wahrzunehmen. Herr Parteivorsitzender der SPÖ, Frau Kollegin Lunacek von den Grünen, da trennt uns nicht viel, denn wir alle glauben: Wenn dieser Tag überhaupt einmal kommen sollte, an dem dann letztendlich die Entscheidung zu treffen sein wird, dann in ferner Zeit! Sie widersprechen sich aber auch, Frau Kollegin Lunacek, wenn Sie jetzt das Gesetz fordern und gleichzeitig fragen: Warum sollen wir jetzt schon über eine Volksabstimmung reden, wenn wir noch nicht einmal wissen, wann der Tag kommt?! Die Österreicherinnen und Österreicher aber sollen wissen, was wir hier vorhaben! – Darin unterscheiden wir uns von Ihnen: Wir wollen eine Volks­abstimmung! (Abg. Mag. Lunacek: Aber Sie werden dann nicht mehr in der Regierung sein!)

Das werden nicht Sie entscheiden, ob wir auch weiterhin in der Regierung sein werden, auch nicht wir, sondern die Österreicherinnen und Österreicher durch ihr Wahlverhalten! Lassen Sie diese Arroganz! (Beifall bei der ÖVP.) Gott sei Dank entscheiden bei uns nur die Wählerinnen und Wähler, wer in der Regierung ist, und nicht wir und auch nicht Sie. (Abg. Mag. Lunacek: Aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht sehr groß!)

Zweiter Punkt: Für mich geht es in dieser Frage um die grundsätzliche Frage, wie man Politik versteht. Verstehe ich Politik als das Übernehmen von Verantwortung, oder glaube ich, Aufgabe der Politik ist es, einen verantwortungslos Populismus ausleben zu müssen? Verstehe ich Politik als das Schüren der Ängste, das Verstärken von Sorgen, oder verstehe ich als Aufgabe der Politik, Informationsarbeit zu leisten, um diese Ängste und Befürchtungen zu nehmen? Verstehe ich Politik als das Wechseln von Kleingeld, auch auf Kosten der Entwicklung Europas, oder verstehe ich unter Politik, auch gegen Widerstände und gegen Ängste das Notwendige durchzusetzen?

258 281 Unterschriften, von Menschen geleistet, die Sorgen und Ängste haben, werden von uns ernst genommen! Wir verwehren uns natürlich auch dagegen, wenn von den Betreibern des Volksbegehrens versucht wird, den Eindruck entstehen zu


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lassen, dass die herrschende Politikklasse der Bevölkerung Sand in die Augen streut, und die Verachtung der Machthaber für den Souverän, das Volk. – Wo spüren Sie Verachtung in dieser Debatte um das Volksbegehren? Überhaupt nicht!

Während und vor der Eintragungswoche war ich schon sehr verwundert über die SPÖ – heute hat der SPÖ-Vorsitzende völlig anders geklungen –, welche Töne hier von der SPÖ gekommen sind. Aber nicht nur ich war verwundert, denn oft hat die SPÖ an ein und demselben Tag die Meinung innerhalb von Stunden gewechselt.

Zum Beispiel im September 2004, Alfred Gusenbauer in der „Kleinen Zeitung“: Die EU soll Ja zu Verhandlungen mit der Türkei sagen.

Um 13 Uhr an diesem Tag in der „ZiB“ Norbert Darabos: Wir sind gegen jede Form der Beitrittsverhandlungen.

Heute spricht Gusenbauer hier in diesem Zusammenhang von einer „spannenden Frage“.

Wie es innerhalb der SPÖ zugegangen sein muss, ist mir jetzt erst bewusst geworden, als ich am 10. Juni ein Interview im „Standard“ gelesen habe, wo Redakteur Michael Völker einleitet: Die Türkeidebatte sei in der SPÖ „offen rassistisch“ verlaufen, sagt Abgeordneter Posch.

Auf die Frage: „Wie haben Sie die Debatte zum EU-Beitritt der Türkei in der SPÖ erlebt?“, sagt Posch: „Der Diskurs um den Türkei-Beitritt wurde über weite Strecken offen rassistisch geführt, mit wenig Vernunft und Zurückhaltung.“

Da habe ich schon gestaunt, auch bei manchen Aussendungen, denn gerade von Abgeordnetem Cap, der heute auch noch zu Wort kommen wird, ist schon einiges angeklungen, wo die Seelenverwandtschaft zwischen Cap und Strache wirklich greifbar war. Heute hat das wieder ganz anders geklungen. Wir werden sehen, wie das morgen ist. – Wir sind sehr verlässlich in dieser Frage, wie auch in allen anderen! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Kollege Matznetter, Sie haben genug zu tun mit BAWAG und dem ÖGB, Sie brauchen sich in dieser Debatte nicht zu Wort zu melden, es gibt genug andere Redner. Aber Sie können sich auch gerne hier einbringen, Sie geben ja überall Ihre Ratschläge, auch der Bundesregierung. Geben Sie Ihre Ratschläge in Wirtschafts­fragen dem ÖGB und der BAWAG, das ist viel besser, glauben Sie mir! (Beifall bei der ÖVP.) Konzentrieren Sie sich und richten Sie Ihre Kräfte dorthin, wo sie massiv gefordert sind! (Abg. Schieder: Sachliche Argumente bitte!)

Lassen Sie mich zur Sache zurückkommen – danke, Herr Abgeordneter Schieder, dass Sie mich daran erinnern! Für mich nimmt sich die Bilanz dieses Volksbegehrens eher bescheiden aus. Sie haben mit Ängsten von Menschen gespielt, Sie haben ein Volksbegehren zu Fragen gestellt und Forderungen aufgestellt, die eigentlich schon längst erfüllt sind, und Sie haben damit natürlich wieder einmal das Instrument des Volksbegehrens parteipolitisch instrumentalisiert.

Resümee für mich: Österreich ist und bleibt frei in einer Europäischen Union, wo die Mitarbeit von uns gefordert ist und nicht immer wieder das Ausspielen von Österreich gegen Europa oder umgekehrt: von der Europäischen Union gegen Österreich! Da werden wir sicher nicht mitmachen. Die Sorgen und Ängste der Menschen nehmen wir sehr wohl ernst – dazu hätten wir aber dieses Volksbegehren nicht gebraucht! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Einem. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 



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11.18.13

Abgeordneter Dr. Caspar Einem (SPÖ): Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschätzter Herr Staatssekretär! Erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung: Ich hätte nicht gedacht, dass ich Lopatka so einfach zustimmen kann, aber dem, was er am Ende seiner Rede gesagt hat, ist zuzustimmen. Ja, es geht darum, dass wir eine ernsthafte Auseinandersetzung über die Fragen, um die es hier geht, führen. Das sind wir erstens allen Wählerinnen und Wählern und zweitens natürlich auch denen schuldig, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben.

Ich möchte auch Frau Baumgartner-Gabitzer zustimmen, die in bemerkenswerter Deutlichkeit darauf hingewiesen hat, dass die Betreiber dieses Volksbegehrens eine Stimmung, Sorgen, Ängste der Menschen in einer Weise ausgebeutet haben, die nicht wirklich verantwortlich ist.

Lassen Sie mich zu allen drei Punkten des Volksbegehrens kurz Stellung nehmen!

Zunächst zur Neutralität. – Die Betreiber des Volksbegehrens, wie wir alle, wissen, dass die Menschen in Österreich nicht in kriegerische Auseinandersetzungen hinein­gezogen werden wollen und daher die Neutralität wollen. Sie wollen auch, dass keine fremden Truppen in Österreich stationiert werden, daher wollen sie auch weiterhin die Neutralität. Diesen harten Kern der Neutralität gilt es aufrechtzuerhalten – und er ist verfassungsgesetzlich gesichert. Ich denke, dazu braucht es die Forderung nach verfassungsgesetzlicher Garantie nicht.

Zweiter Punkt: EU-Verfassung. – Ich denke, dass auch da das österreichische Parla­ment, wie alle anderen Parlamente in der Europäischen Union, sehr gut einbezogen war in die Erarbeitung dessen, was als EU-Verfassung bezeichnet worden ist, was in Wahrheit ein Vertrag ist.

Es waren nicht nur aus allen nationalen Parlamenten Delegierte in den Verfassungs­konvent entsandt, sondern es hat auch parallel zu dem Verfassungskonvent und parallel zur anschließenden Regierungskonferenz die Befassung der zuständigen Aus­schüsse – bei uns des Hauptausschusses – gegeben.

Es hat also eine starke Involvierung der demokratisch legitimierten Vertretung gege­ben, und es hat dann einen Staatsvertrag gegeben, den die 25 Staats- und Regierungschefs miteinander abgeschlossen haben.

Lassen Sie mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch zur Frage: Wie kann es weitergehen? zwei Worte sagen. – Mein Klubobmann und Parteivorsitzender hat schon deutlich gemacht, dass unsere Priorität einer gesamteuropäischen Volksab­stimmung gilt, und Herr Staatssekretär Winkler hat darauf hingewiesen, dass auch der österreichische Bundeskanzler Schüssel schon gelegentlich diese Forderung erhoben hat.

Wir sollten uns aber dabei über Folgendes im Klaren sein: Eine gesamteuropäische Volksabstimmung setzt eine Verfassungsänderung und eine Änderung des Vertrages von Nizza voraus. Das sollten wir wissen! Aber ob die so ohne weiteres zu bekommen ist, ist sehr fraglich, und zwar nicht nur deshalb, weil es Länder gibt, in welchen Volksabstimmungen von der Verfassung her grundsätzlich nicht vorgesehen sind, wie etwa in Deutschland, sondern auch deshalb, weil in einem Land, in welchem gerade die Abstimmung über die Verfassung negativ ausgegangen ist, das Begehren, nun eine kleine Vertragsänderung zu akzeptieren, in der vorgesehen wird, dass künftig solche Fragen gesamteuropäisch entschieden werden und nicht mehr national, als Ohrfeige für die nationalen Wähler empfunden werden müsste. Die können dem nicht


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ohne weiteres zustimmen. Daher werden wir uns darauf einstellen müssen, dass es vorübergehend andere Lösungen, kleine Lösungen noch braucht.

Lassen Sie mich dazu einen Hinweis auf das österreichische Verfahren geben, das in vieler Hinsicht beispielgebend ist: Die Vorgangsweise, dass während einer Regie­rungskonferenz, bei der verfassungsändernde oder wesentliche Fragen entschieden werden, hier im Parlament jeweils ein von allen Parteien beschicktes Komitee ein­gesetzt wird, das für ein Feedback an den Verhandler – in diesem Fall den Bun­deskanzler – zur Verfügung steht, ist sehr, sehr praktisch, weil bei dieser Gelegenheit dem Verhandler jederzeit das Signal gegeben werden kann, ob er mit der notwendigen Verfassungsmehrheit im Parlament rechnen kann oder nicht.

Das ist ein verantwortliches Vorgehen des Parlaments und der Regierung in diesem Fall, weil es notwendig ist, dass derjenige, der dort verhandelt, wissen muss, ob er mit der Zustimmung im Parlament rechnen kann! Dann kann man sich solche „Betriebs­unfälle“, wie sie in Frankreich passiert sind, ersparen.

Ich denke, wir sollten auch dafür werben – und das ist auch eine Einladung an Sie, Herr Staatssekretär –, bei den anderen Regierungen Verfahren einzumahnen, die Verantwortung zu tragen erlauben, denn zuerst den Abschluss zu machen und dann zu sagen: Hollodero, jetzt führe ich aus innenpolitischen Gründen eine Volksabstimmung durch! – in beiden Ländern, in Frankreich und in den Niederlanden, war es nicht notwendig, eine solche zu machen, sondern in Frankreich hat der Staatspräsident gefunden, er schiebt das Türkei-Problem auf die Weise ein bisschen weg –, kann ins Auge gehen, wie das eben in Frankreich der Fall war.

Lassen Sie mich in einem letzten Punkt auch etwas zum Türkei-Beitritt sagen – das Wesentliche ist von meinem Parteivorsitzendem Gusenbauer schon gesagt worden –: Derzeit ist nicht erkennbar, ob die Türkei wirklich schon bereit ist, der Europäischen Union beizutreten und all die Verpflichtungen zu übernehmen, um die es dabei ginge. Aber das, was das Volksbegehren transportiert hat, war die Angst der Menschen in Österreich vor mehr Türken hier im Land.

Dazu ist zweierlei zu sagen:

Erstens: Die Frage, wie viele Menschen im Rahmen der Zulassung von Zuwanderern hereingelassen werden, wird von der Regierung entschieden, und zwar von der Regierung, an der die Freiheitlichen beteiligt sind. Und da ist zu sagen, dass in den letzten Jahren immer mehr hereingekommen sind, weil sie billige Arbeitskräfte sind. Darüber, ob das richtig war, kann man durchaus diskutieren.

Zweitens: Die Frage des Türkei-Beitritts ist eine andere, und da sollten wir uns verantwortlich verhalten. Das, worum es unter anderem geht, ist, dort Bedingungen herbeizuführen, dass Menschenrechte, dass Demokratie anerkannt und auch andere Mitglieder der EU respektiert werden. – Aber da ist es nicht sinnvoll, ein populistisches Spiel mit dieser Frage zu treiben!

Jetzt ist die Türkei am Zug! Jetzt muss die Türkei klar machen, ob sie überhaupt beitreten und die Verpflichtungen, um die es dabei geht, übernehmen will – und das ist genug Herausforderung für heute! (Beifall bei der SPÖ.)

11.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


11.24.39

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Der Ratspräsident hat jetzt am Ende der EU-Rats-


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präsidentschaft Österreichs der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein ausführliches Interview gegeben, das sozusagen eine Art Resümee ist, und dieses leistet dreierlei hervorragend:

Erstens: Man bekommt Klarheit über die politischen Perspektiven.

Zweitens: Es wird ganz offen auch darüber gesprochen, welche Strategien und Tak­tiken vorgesehen sind, um diese auch zu erreichen.

Drittens: Es liefert eine hervorragende Rechtfertigung für das Volksbegehren der Freiheitlichen Partei.

Es geht in diesem Interview um die künftigen EU-Erweiterungen, und dazu sagt EU-Ratspräsident Schüssel Folgendes – ich zitiere –:

„Es ist wichtig, dass für die Ukraine, die Länder des Kaukasus, die Türkei, die Maghreb-Staaten“ – Nordafrika – „partnerschaftliche Beziehungen entwickelt werden.“  – Das haben wir in Österreich so noch nicht gehört.

Und weiters: „Die können sehr weit gehen und fast eine Art Mitgliedschaft erreichen, ohne es dem Namen nach zu sein.“ – Man sollte es nicht, aber manchmal passiert es eben doch, dass man seine Strategie aufdeckt. Vor zwei Wochen war es so.

Dann wird seitens des Journalisten die Diskussion aufgenommen, und dieser stellt die Frage:

„Wäre die Differenzierung auch ein Mittel, eine irgendwann drohende Konfrontation mit der Türkei abzuwenden? In Frankreich sollen immerhin die Wähler über einen tür­kischen Beitritt abstimmen.“

Jetzt denkt sich jeder, dass darauf Schüssel sofort sagt: Ja, natürlich, in Österreich auch! Da bin ich den Österreichern im Wort, das habe ich so vorgesehen! Selbst­verständlich machen wir das! – Aber kein Sterbenswörtchen darüber! Und damit ist wohl eines klar: Was der Ratspräsident Schüssel in Europa sagt, deckt sich nicht annähernd mit dem, was der österreichische Kanzler in Österreich verspricht.

Es ist genau die Methode, die nicht sozusagen als Ausrutscher dargelegt ist, sondern die die EU und ihre Politik an sich kennzeichnet, nämlich: Hinter dem Rücken der Bürger, im kleinen Kreis, werden die Dinge ausgemacht und vorbereitet, während man nach außen hin mit Beschwichtigungen die Ängste und Sorgen der Bürger – ich meine, die Bürger haben einen politischen Willen; dass sie Ängste und Sorgen haben, ist an und für sich schon eine abschätzige Einschätzung –, zu vertreiben versucht, während die Bürger beruhigt werden, und dann, wenn die Katze aus dem Sack muss, weil die Zeit reif ist, werden Tatsachen geschaffen, dann wird deren Unvermeidbarkeit behaup­tet und dann werden außerdem noch – ganz wichtig! – Abstimmungen vermieden.

Mein Vorredner Einem sprach in seiner Rede vom „Betriebsunfall“ in Frankreich. Dazu darf ich sagen: Das war kein „Betriebsunfall“! Das war eine demokratische Abstim­mung. Die Bürger haben dargelegt, dass ihnen der Kurs ihrer Regierung in einer entscheidenden Frage gar nicht gefällt.

Sie haben in diesem Vorgehen eine beeindruckende Einmütigkeit erlernt, und die täuscht Sie darüber hinweg, dass die Kluft zum Bürger immer tiefer wird. Sie stellen, wie ich meine, hier übrigens ein Prinzip auf den Kopf, für das Europa 300 Jahre lang gekämpft hat: dass sich nämlich der Herrscher dem Volk verantworten muss. – Sie wollen das eigentlich gar nicht mehr. (Abg. Murauer, lachend: „Der Herrscher“!) Deswegen ist das Volksbegehren als Korrektur dieser Politik eine ganz notwendige Sache.


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Nun zu den drei Punkten.

Erstens: Neutralität. – Da waren Sie eigentlich der einhelligen Meinung, die gäbe es ja ohnehin, und es sei daher sinnlos, eine Forderung nach Beibehaltung der Neutralität zu verankern. Andererseits hat man dann in der Debatte feststellen können, dass Sie sich über den Grad der Neutralität in keiner Weise mehr einig sind.

Ich darf zur Geschichte ein wenig Aufklärung leisten: Wir waren neutral im engeren Sinn – wenn man vom UNO-Beitritt absieht, den die Schweiz eben deswegen nicht vornimmt, dort ist man wirklich ganz päpstlich – bis zum Beitritt zur EU. Da haben wir die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mitgetragen – übrigens ohne Vorbe­halt, der während der Verhandlungen und während der Debatte in Österreich durchaus immer wieder eine Option war. Man hat aber dann darauf verzichtet und hat sich damals in Anbetracht der 66 Prozent an Zustimmung gedacht: Gut haben wir das gemacht!

Aber das war immerhin noch so weit Neutralität, als sich diese Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht auf militärische Einsätze bezogen hat. Aber damit war es allerdings 1998 – genau am 18. Juni war das – endgültig vorbei, indem man mit der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrages die Bundesverfassung geändert hat. (Abg. Mag. Lunacek: Mit Zustimmung der FPÖ!) Nein, mit der Gegenstimme der FPÖ! Manchmal hat man mit seinen Altvorderen auch eine Freude; nicht immer, aber dieses Mal doch! Wie gesagt: gegen die Stimmen der FPÖ!; ich habe mir das vorhin heraussuchen lassen. – Da irrt aber Gusenbauer! Das bezieht sich definitiv auch auf Einsätze, die nicht dem Beschluss des EU-Sicherheitsrates unterliegen. Das steht im Bericht des Verfassungsausschusses expressis verbis so drinnen. Ich zitiere:

„In Entsprechung des Vertrages von Amsterdam gilt dies auch für den Fall, dass eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ergriffen wird.“ (Abg. Schieder: Da steht ein Artikel dabei!) Artikel 17 Absatz 2. (Abg. Schieder: Sehen Sie! Den müssen Sie auch lesen!) Ich beziehe mich auf die Interpretation des Berichtes des Verfassungsausschusses. (Abg. Schieder: Nur dann wäre es die volle Wahrheit!) So ist der Stand!

Jetzt könnte man natürlich sagen – und das wurde ja auch verschiedentlich gesagt –: Nachdem die Neutralität ohnehin schon nicht mehr wirklich besteht – momentan ist es in der öffentlichen Debatte wieder ratsam, etwas anderes zu sagen –, können wir es jetzt gleich einmal quittieren! Ich halte es für eine zynische Argumentation, nur des­wegen, weil man die Neutralität scheibchenweise beseitigt beziehungsweise ausge­höhlt hat, jetzt zu sagen: Machen wir jetzt überhaupt reinen Tisch und lassen wir es bleiben! – Das geht nicht!

Das haben Sie aber vor! Das beweist der Umstand, dass Sie die EU-Verfassung hier beinahe einhellig ratifiziert haben. In derselben ist nämlich eine Beistandspflicht enthalten. Sie haben keinen Vorbehalt erhoben, Sie haben ja alle zugestimmt.

Beistandspflicht heißt Verpflichtung zur Teilnahme am Krieg – weniger nicht!

Neutralität im Kern – da geht auch nicht weniger – heißt Nichtteilnahme am Krieg!

Das ist ein Widerspruch, den man in die Verfassung schreiben kann, aber dieser bleibt natürlich dennoch bestehen. Und bei dem, wie die realpolitischen Machtverhältnisse sind, ist eines ganz klar: Die Beistandspflicht – der Sie ja schon zugestimmt haben – würde auf jeden Fall den Ausschlag geben.

Zweitens: EU-Verfassung. – Unserer Ansicht nach hat diese jedenfalls eine Gesamt­änderung der österreichischen Bundesverfassung zur Folge, denn sie betrifft ganz eindeutig auch die Bausteine unserer Bundesverfassung. Klargestellt ist in dieser EU-


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Verfassung, Artikel 1 Absatz 6, Folgendes: Vorrang des EU-Rechts vor allen Rechtsbe­stimmungen der Einzelstaaten. – Das betrifft eindeutig auch unsere Bundesverfassung. Der Satz „Ihr Recht geht vom Volk aus“ ist damit erledigt. Das ist nicht mehr so, sondern es heißt dann: Das Recht wird in Brüssel gemacht.

Selbst dann, wenn man ein anderes Rechtsgutachten heranzieht und sagt: Das hat  doch nur eine Teiländerung der Bundesverfassung zur Folge!, was aber schwer zu argumentieren ist, bleibt es doch politisch so. Es hätte jedenfalls eine Volksabstim­mung geben müssen.

Wenn Sie jetzt sagen: Was die Frage des Vorranges des EU-Rechts betrifft, so haben wir das bis jetzt schon so gehalten!, dann muss ich Ihnen erwidern: So ähnlich ist es in der Neutralitätsdebatte. Denn: Damit, dass Sie eine Abstimmung deswegen, weil man die Bürger bis jetzt noch nicht befragt hat, ob sie den endgültigen Souveränitätsverzicht haben wollen, nicht durchführen, wenn dieser auch noch festgeschrieben wird, entlasten Sie sich nicht, sondern klagen sich vielmehr an.

Was die europaweite Volksabstimmung betrifft, so muss ich sagen: Das ist ein weiterer Griff in die Trickkiste, denn diese Volksabstimmung setzt ja voraus, was erst ge­schaffen werden soll: ein Staatsvolk und einen Staat, den europäischen Zentralstaat. – Den wollen Sie schaffen – wir nicht! Aber den müsste es für ein europaweites Referendum geben.

Was außerhalb Österreichs schon ein bisschen auffällt, das ist das doch etwas schlampige Verhältnis zu Recht und Rechtsstaat. Ich darf Ihnen dazu einen Kom­mentar aus der Zeitung „Die Welt zitieren. Da heißt es:

„Der österreichische Bundeskanzler will am Ende seiner recht glücklosen Ratsprä­sident­schaft den EU-Verfassungsvertrag retten und setzt auf ein europaweites Referendum. Zum Erfolg braucht es Mehrheit der Staaten und Mehrheit der Stimmen. Was so einfach klingt, hat keine Chance. Im Recht nicht, denn ein Referendum setzt Staat und Staatsvolk voraus. In der Wirklichkeit aber auch nicht. Zwar haben die meisten Parlamente bisher den Verfassungstext durchgewinkt. ‚Der große Lümmel‘ aber – das Volk, nach Heinrich Heine – hat zwei Mal nein gesagt. Was gibt dem Wiener Kanzler das Recht, auf den Umschwung zu rechnen? Die Politik will die Völker nachsitzen lassen, ohne viel zu ändern. Solche Arroganz führt nur weiter in die Legitimationskrise für alle Regierungen.“

So ist es! Und was die Österreicher betrifft, so bitte ich doch zuzubilligen, dass über die Aufgabe der Verfassung wenigstens einmal noch die Österreicher für sich entscheiden. Wir wollen uns nicht anmaßen, dass wir das über die Engländer machen dürfen, wir wollen aber auch nicht haben, dass sich die Italiener damit beschäftigen, ob wir unsere Verfassung aufgeben können. Das macht keinen demokratischen Sinn.

Drittens: Türkei-Beitritt. – Auch das ist ein Beispiel für doppelbödige Politik: Sie reden anders, als Sie handeln, Sie beruhigen, Sie setzen Schritt für Schritt, um Ihre Ziele zu erreichen.

Warum hat Österreich der Aufnahme von Verhandlungen zugestimmt? – Staats­sekretär Winkler hat dazu erklärt, wir hätten da alleine ... und so weiter ... im Falle der EU-Verfassung. – Sie wollen es nicht! Nur: Dann sagen Sie es auch! Sie haben nicht vor, wenn der Zug in Brüssel so ausgerichtet ist, Schwierigkeiten zu machen. Sie wollen es nicht, Sie haben zugestimmt. Sie zeigen sich hier skeptisch, treiben aber Schritt für Schritt den Prozess voran. Und Sie brechen – das muss man schon auch noch sagen – die Spielregeln, die Sie sich selbst gegeben haben, wenn Sie sich als politische Klasse in Brüssel treffen, denn die Kopenhagener Kriterien, die bestimmte Standards in Bezug auf Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Einhaltung der Menschen-


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rechte voraussetzen, sind nicht Gegenstand von Verhandlungen, die haben Sie selbst beschlossen, Sie sind Voraussetzungen für Verhandlungen. Aber keiner kann behaupten, dass die Türkei diese Voraussetzungen wirklich erfüllt.

Was die Volksabstimmung betrifft, ist zu sagen: Das Interview in der „Frankfurter Allge­meinen Zeitung“ lässt mich nicht gerade darauf vertrauen, dass der Bundeskanzler es tatsächlich ernst meint, dass man diese Volksabstimmung irgendwann einmal machen wird. Ich meine, wenn Sie da ein bisschen an Glaubwürdigkeit retten wollten, dann müssten Sie heute hier ein Verfassungsgesetz beschließen, das diese Volksabstim­mung für den Fall des Beitritts der Türkei zur EU garantiert.

Warum dieses Volksbegehren?, hat einer gefragt. Die anderen haben gemeint, weil wir Populisten seien. – Mit diesem Argument können Sie immer alles vom Tisch wischen. Aber ich sage Ihnen: Sie behandeln nicht uns damit abschätzig, wir halten das aus, sondern Sie behandeln damit den Bürger abschätzig! Das muss Ihnen klar sein.

Warum dieses Volksbegehren? – Ganz einfach: um das doppelbödige Spiel aufzu­decken und um Sie zu zwingen, Farbe zu bekennen. Das wird Ihnen in der weiteren Folge, in den nächsten Jahren immer wieder blühen.

Wir sind glühende Österreicher, wir sind bewusste Europäer, und wir werden Schritt für Schritt mit dieser Politik vorankommen, und sie wird Erfolg haben, denn sie ist, im Gegensatz zu dem, was Sie vorantreiben, im Einklang mit den österreichischen Bürgern und im Interesse der österreichischen Bürger. (Beifall des Abg. Dr. Bösch. – Beifallskundgebungen auf der Galerie.)

11.36


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass keine Beifallskundgebungen und sonstigen Bekundungen vom Balkon und von der Galerie aus in diesem Haus zulässig sind!

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


11.36.53

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Präsidentin, ich glaube nicht, dass nach meiner Rede jemand von der Galerie klatschen wird. Also die Gefahr, dass noch jemand von der Galerie klatschen wird, ist nach der Rede der Abgeordneten Rosenkranz gebannt. (Heiterkeit.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier in aller Kürze und Präzision den Standpunkt der Grünen zum FPÖ-Volksbegehren noch einmal wiederholen; es hat ja meine Kollegin Lunacek schon dazu gesprochen.

Erste Bemerkung: Volksbegehren und überhaupt Instrumente, die der österreichischen Bevölkerung die Möglichkeit geben, Anliegen an den Nationalrat heranzutragen, sind etwas, was den Grünen, wie ihre ganze Geschichte zeigt, mehr als ein wichtiges und dringliches Anliegen ist. Wir sind – und ich darf es ein bisschen populär formulieren – wahre Anhänger und Anhängerinnen von Volksbegehren und direktdemokratischer Instrumente.

Wenn allerdings das Instrument Volksbegehren von politischen Parteien instrumen­talisiert wird, wie es jetzt die FPÖ getan hat – ich meine damit das „Strache-Volksbegehren“ gegen den Türkei-Beitritt, wie ich es jetzt kurz bezeichne –, dann muss ich sagen: Wir sind mit gleicher Vehemenz gegen die Instrumentalisierung dieser Möglichkeit, die die Bevölkerung hat. Strache befindet sich damit in einer mehr als eindeutigen schlechten Tradition der FPÖ. Ich erinnere Sie an das Euro-Volks-


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begehren der FPÖ, an das Anti-Ausländer-Volksbegehren der FPÖ. Jetzt wird das ungehemmt fortgesetzt. – Das als erste Bemerkung.

Jetzt zu den inhaltlichen Punkten des „Strache-Volksbegehrens“.

Ich war Mitglied des Österreich-Konvents und bin jetzt auch Mitglied des Ausschusses, der die Ergebnisse des Österreich-Konvents berät. Die Frage des Neutralitätsgesetzes und der österreichischen Neutralität war selbstverständlich über die eineinhalb Jahre Beratungszeit des Österreich-Konvents Gegenstand dieser Beratungen. Es war im Österreich-Konvent Konsens und ist auch im Besonderen Ausschuss zur Vorberatung des Berichtes des Österreich-Konvents Konsens, dass das Neutralitäts-BVG als so genannter Trabant der österreichischen Bundesverfassung weiter aufrechtbleibt.

Wohlgemerkt: Konsens! Alle Parteien und der Österreich-Konvent insgesamt waren dafür. Auffassungsunterschiede zum Teil erheblicher Natur gibt es in Bezug auf den Artikel 23f B-VG; darüber hat ja der Herr Staatssekretär Winkler schon gesprochen. Dazu haben die Grünen auch eine ganz klare und dezidierte Position, nämlich jene, dass Auslandseinsätze künftig nur mit UN-Sicherheitsratsbeschluss möglich sein sollen.

Das ist ja Kern des Selbstverständnisses der österreichischen Neutralität, und dazu stehen wir nicht nur, sondern diesen Weg werden wir auch weiter verfolgen. (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt: EU-Verfassung und unser Standpunkt dazu. – Die Grünen waren – und sind es noch immer – die erste Partei in Österreich, die zu dieser Frage eine euro­paweite Abstimmung für sinnvoll gehalten haben und immer noch halten. Jetzt ist – aus meiner persönlichen Sicht bedauerlicherweise – die europäische Verfassung und ihre Weiterentwicklung – wie soll man das nennen?; ins Stocken geraten ist vielleicht noch ein bisschen freundlich gesagt – zum Stehen gekommen. Diese Beratungen stehen, und – darüber hat ja auch der Herr Staatssekretär schon gesprochen – über das weitere Vorgehen gibt es alles andere als einen Konsens auch hinsichtlich der Frage, ob es bei einer Veränderung des Verfassungsvertrages – es hat ja auch der Abgeord­nete Einem erwähnt: Nizza-Vertrag und Veränderungen – zu einer europaweiten Abstimmung kommen sollte, falls sich, jetzt aus österreichischer Sicht gesprochen, die Europäische Verfassung im Wesentlichen ändert.

Wir haben den Verfassungsvertrag hier im Nationalrat mit sehr, sehr großer Mehrheit ratifiziert, und ich glaube mich zu erinnern: mit allen Stimmen, außer den Stimmen von Rosenkranz und Bösch. Und das ist eine mehr als deutliche und eindeutige Meinungsäußerung in Form der repräsentativen Demokratie, getätigt durch die Abgeordneten des Nationalrates.

Dritter Punkt: Beitritt der Türkei und Volksabstimmung. – Und das ist, wenn Sie so wollen, das mir am meisten am Herzen liegende Thema. Dieses FPÖ-Volksbegehren hat in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, als ob – lassen Sie es mich so sagen – diese Frage der Integration der Türkei in Europa irgendwie so eine Brüsseler Ver­schwörung wäre. Und die Instrumentalisierung der österreichischen Bevölkerung durch ein Volksbegehren hat einen ganz eindeutigen und klaren Hintergrund gehabt, nämlich Ressentiments gegenüber Menschen türkischer Herkunft in Österreich zu schüren.

Und da ist das Volksbegehren, meine Damen und Herren, und das sage ich tief betrübt, aufgegangen. Das war der Startschuss zur Situation, wie wir sie heute haben: Ressentiments gegenüber Menschen türkischer Herkunft, Ressentiments gegenüber Muslimen sind seit diesem – ich sage dezidiert: widerlichen – Volksbegehren einge­sickert und haben sich wie Kletten ausgebreitet in andere politische Parteien. Und die Diskussion und die Stimmung zu diesen Punkten in den letzten Wochen waren


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entsprechend – Stichwort: Ministerin Prokop und angeblich 45 Prozent nicht integra­tions­williger Muslime in Österreich; BZÖ-Chef Westenthaler will ein Drittel der Aus­länder und Ausländerinnen, und da meint er in erster Linie Menschen türkischer Herkunft, Muslime und Ähnliches, aus Österreich abschieben. Ressentiments haben jetzt hier Raum gewonnen, den sie bis dahin nicht hatten. Und Strache und sein Volksbegehren haben hier den Boden aufbereitet.

Die Behauptungen, die dem Volksbegehren zu Grunde liegen – Massenmigration aus der Türkei in die Europäische Union, wenn die Türkei beitritt –, sind lauter Behaup­tungen, die in erster Linie das Schüren von Ängsten im Auge haben, die aber haltlos sind, wie man weiß, wenn man sich ein bisschen die Geschichte der Erweiterung der Europäischen Union anschaut sowie Erfahrungen, die man gemacht hat – das auch an die Adresse der Sozialdemokraten – mit der Erweiterung der Union. Ich erinnere Sie an Spanien/Portugal, ich erinnere Sie an die Osterweiterung 2004 und die Auswirkun­gen – immer aus dem Blickwinkel Österreichs betrachtet. Na bitte: Niemand – kein anderes Land der Europäischen Union! – hat von der so genannten EU-Osterweiterung ökonomisch so viel profitiert wie Österreich bis jetzt, obwohl der Zeitraum kurz ist. Und dieser „Profit“ wird sich noch weiter steigern.

Zur Behauptung der FPÖ im Volksbegehren, der EU-Beitritt sei unfinanzierbar: Man kann alles behaupten! Man kann alles behaupten, ohne sich überhaupt die Mühe zu machen, Argumente dafür zu suchen. Seriös können solche Behauptungen frühestens am Ende von Verhandlungen gemacht werden, denn das ist ja alles eine Frage auch des Finanzrahmens der EU beispielsweise, von dem wir ja keine Ahnung haben, wie er nach 2014 ausschauen wird.

Jetzt komme ich noch zu einem vierten und letzten Punkt in Bezug auf die Türkei, weil mir die Entwicklung in der Türkei als Land an sich auch Sorge bereitet, unabhängig von den Ambitionen des Beitritts zur Europäischen Union. Sorge bereitet die Frage der Reformen in der Türkei, mit der durch das Volksbegehren statuierten Behauptung, die Türkei sei unreformierbar. Reformen wurden in der Türkei – ich würde es so bezeich­nen – angestoßen. Manche Reformen haben begonnen, die große Strafrechtsreform beispielsweise oder auch Reformen innerhalb des Justizsystems, aber niemals könnte man heute die dezidierte Behauptung aufstellen, dass diese Reformen tatsächlich bereits abgeschlossen seien. Das Justizsystem beispielsweise in der Türkei ist jedenfalls sicher noch nicht wirklich unabhängig und wirklich effizient, aber, bitte, der Türkeibeitritt ist ja nicht am 1. Jänner 2007, sondern der Türkeibeitritt steht uns, wenn ich alle Einschätzungen hernehme, die diesbezüglich getroffen werden, vielleicht in rund zehn Jahren bevor. Und diese zehn Jahre sind es, die die Türkei nutzen muss – und nutzen wird nach meiner Einschätzung – für diese Reformen.

Ich sage es nur noch in Stichworten:

Meinungsfreiheit und Einschränkungen: Auch da gibt es erhebliche Probleme, die zu lösen sind.

Diskriminierung von Frauen: Eine 20-Prozent-AnalphabetInnen-Rate in einem Land der Europäischen Union ist kein Zustand, der für diese Union tragbar ist, nämlich dann, 2014, und deshalb sollten jetzt Maßnahmen gesetzt werden, um diese AnalphabetIn­nen-Rate auch zu senken.

Die Frage der Religionsfreiheit in der Türkei – ich denke jetzt an den Status der Aleviten in der Türkei – ist auch etwas, was jedenfalls vor diesem Tag – sprich: Ende der Verhandlungen – zu klären sein wird.

Und zuletzt noch jene Frage, die uns auch hier in Österreich beschäftigt, weil hier ja viele Österreicherinnen und Österreicher leben, die kurdischer Herkunft sind: die Frage


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des Umgangs mit der kurdischen Sprache in der Türkei als Unterrichtssprache, als Sprache im öffentlichen Raum. Da gibt es Defizite, aber die Türkei hat zumindest in einigen kleinen Punkten gezeigt, dass sie bereit ist – ich sage es ganz sanft, und so meine ich es auch –, sich diesen Defiziten einmal zu stellen und anzunähern.

Lösungen gibt es noch keine, aber da hoffe ich auf den Druck der Verhandlungen, und Sie, Herr Staatssekretär, haben es ja gesagt: das erste Kapitel – das ist ja traditionell so, das ist ja bei Kroatien auch so gewesen – in einem Tag. Das ist so, als würde es nur eine Sportart geben, nur einen 100-Meter-Lauf – und sonst gar nichts. Es gibt aber zahlreiche Sportarten. – So ähnlich ist es, stelle ich mir vor, bei Verhandlungen über einen EU-Beitritt in den jeweiligen Kapiteln. Die erste Etappe, eine Mini-Etappe, liegt hinter der Türkei, aber die wirklichen steilen Aufstiege sind noch zu nehmen. Ich bin aber optimistisch. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


11.49.45

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Zuerst einmal die gute Nachricht: Österreich ist frei – und Österreich bleibt frei! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Neudeck.) Dazu hätte es keines Volksbegehrens bedurft.

Ich kann mich noch gut an meine Zeit als Gymnasiast erinnern, daran, wie wir darauf gewartet haben, dass es endlich einmal zum Staatsvertrag kommen wird, wie ich mir den Film „1. April 2000“ angesehen habe, weil wir gefürchtet haben, dass es noch so lange dauern wird, bis Österreich frei wird: Ich als einer, der damals mit Tränen in den Augen die Worte „Österreich ist frei!“ gehört hat, stehe dafür, dass keine Maßnahmen gesetzt werden, die die Freiheit Österreichs aushöhlen.

Zu diesen drei Punkten des Volksbegehrens:

Garantie der österreichischen Neutralität. – Es ist schon klargestellt worden, dass auch im Verfassungskonvent Übereinstimmung darüber besteht, das Neutralitäts­ge­setz tel-quel als Annex zur Verfassung zu übernehmen und zu erhalten. Wenn behauptet wird, dass der Artikel 23f B-VG – es heißt in diesem Volksbegehren, in diesem „Ungeist“ beschloss der Nationalrat diesen Artikel – eigentlich die Neutralität aufgehoben hat, muss man sagen: Das stimmt nicht! Die Mitwirkung an der Gemein­samen Außen- und Sicherheitspolitik der EU auf der Basis des Vertrages von Nizza hebt die Neutralität nicht auf. Es ist nämlich uns überlassen, wie wir die Beistands­pflicht erfüllen, welche Maßnahmen wir setzen.

Punkt 2: Zustimmung zur EU-Verfassung. – Vielleicht ist der Titel nicht gut gewählt, und man glaubt dann, es bedeutet etwas anderes, aber: Die EU bleibt auch mit dieser EU-Verfassung ein Staatenbund, ein Bund souveräner Staaten. Die EU wird kein Bundesstaat und schon gar nicht, wie Frau Abgeordnete Rosenkranz gemeint hat, ein europäischer Zentralstaat. Die EU bleibt ein Bund souveräner Staaten.

Es handelt sich um die Weiterentwicklung des Vertrags von Nizza, damit die Insti­tutionen handlungsfähig bleiben, wenn jetzt mehr als 25 oder 27 Mitgliedstaaten bestehen. Andererseits bedeutet die Verfassung eine große Stärkung der Rechte der Bürgerinnen und Bürger. Es werden die Grundrechte der Menschen gestärkt, und die sozialen Rechte treten gleichberechtigt neben wirtschaftliche Grundsätze. Das darf ja nicht vergessen werden! Ich bin deshalb froh darüber, dass wir im Nationalrat den Beschluss bereits gefasst – ganz egal, wie es ausgeht mit dieser Verfassung – und zu diesen Grundsätzen ein Ja gesagt haben.


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Der dritte Punkt, die Forderung: kein Beitritt der Türkei. – Aus meiner Sicht ist auf Grund der geographischen Lage, mit Grenzen zu unsicheren Staaten, auf Grund der hohen Einwohnerzahl und wegen der erforderlichen hohen Kosten für die anderen EU-Mitglieder die Aufnahme- und Funktionsfähigkeit der Europäischen Union mit einem solchen Beitritt überfordert.

Während wir immer dagegen waren, dass über Beitritte anderer Staaten, die ganz eindeutig zu Europa gehören, wie auch noch die West-Balkanstaaten, Volksabstim­mun­gen abgehalten werden, muss in diesem Sonderfall das Volk gefragt werden. Und das hat Bundeskanzler Schüssel bereits eindeutig klargestellt. Es gibt hiezu eine Entschließung des Nationalrates, und auch wenn der Herr Bundeskanzler jetzt in einer anderen Funktion als Ratspräsident darauf nicht besonders eingeht, ist doch vollkom­men klar, dass das seine und unsere Linie ist.

Ich persönlich glaube jedoch überhaupt, dass es in zehn oder 15 Jahren nicht ein Beitrittsergebnis geben wird, sondern dass – wahrscheinlich sogar im Einvernehmen mit der Türkei – eine Privilegierte Partnerschaft herauskommen wird, sodass die Befürch­tungen, die da geäußert wurden, gar nicht Realität werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Schieder. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


11.54.15

Abgeordneter Dr. h.c. Peter Schieder (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist schon mehrmals gesagt worden, das Volksbegehren hat drei Wünsche, drei Anliegen zum Inhalt: Garantie des Bestan­des der Neutralität, dass es Volksabstimmungen geben muss, bevor es in Österreich zu einer Zustimmung zu einer EU-Verfassung und bevor es zu einem allfälligen EU-Beitritt der Türkei kommt.

In der Begründung wird zu zwei von diesen drei Zielen gleich deutlich gesagt, was dahinter steckt, nämlich bei der Frage Volksabstimmung über einen solchen EU-Beitritt die „Vereitelung“ – wörtlich: die Vereitelung – des EU-Beitritts der Türkei und bei der Frage der Verfassung die „Abwehr“ der EU-Verfassung in der vorliegenden Form.

Ich glaube, es ist legitim zu verlangen, dass es Volksabstimmungen darüber gibt. Ich glaube, es ist legitim, die Meinung zu haben, auch wenn man diese nicht teilen sollte, dass es zu einer Vereitelung des EU-Beitritts der Türkei oder zu einer Abwehr der EU-Verfassung kommen sollte, aber: Eine Volksabstimmung mit der Begründung zu verlangen, weil man damit den Beitritt vereiteln und die EU-Verfassung verhindern kann, das ist meiner Meinung nach demokratiepolitisch in höchstem Maße bedenklich. Es ist bedenklich, wenn man für das Instrument der Volksabstimmung nur dann ist, wenn es gerade jenen spezifischen Zielen dient, die man selber hat. Ernst gemeint muss das Instrument bedeuten, dass man immer dafür ist – und nicht nur dann, wenn es den eigenen Zielen dient.

Zur Frage der Neutralität und zu dem, was hier zu Artikel 23f gesagt wurde. Ich möchte noch einmal festhalten – ich habe das schon mehrmals im Hause gesagt, auch bei der Beratung selbst –, der zitierte Initiativantrag hat deutlich gesagt, so, wie auch in den Unterlagen zum Volksbegehren zitiert ist, es gilt auch für den Fall, dass eine solche Maßnahme nicht in Durchführung eines Beschlusses des Sicherheitsrates der Verein­ten Nationen ergriffen wird. Und dann steht in Klammern: Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen.


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Es steht nicht dort: Artikel 49. Es steht nicht dort: Artikel 49 und Artikel 51, sondern es steht dort: Artikel 51. Also es steht nicht dort, dass es zu Sanktionszwecken ergriffen werden kann, wie es der Artikel 49 sagen würde, sondern es heißt, nur dann, wenn es Artikel 51 ist. Und das ist das Selbstverteidigungsrecht. Also: Artikel 23f sagt nur, dass es auch ohne Beschluss des Sicherheitsrates möglich ist, wenn es der Selbst­verteidigung dient. Und in diesem Sinne haben die Sozialdemokraten damals Arti­kel 23f zugestimmt.

Ich bin im Übrigen der Auffassung, dass eher zu überlegen ist, dass durch die Ver­gemeinschaftung der Außen- und Sicherheitspolitik, also mit dem Vertrag von Nizza die EU schon einen Grad an Völkerrechtssubjekt erreicht hat, dass sie selbst an die UN-Charta gebunden ist, dass es ihr also gar nicht rechtlich möglich ist, Kriege, bewaffnete Einsätze außer zu Selbstverteidigungszwecken zu führen, außer es liegt ein diesbezügliches UN-Mandat vor.

Was das Wichtigste ist, ist die Frage: Ist es notwendig, die Neutralität zu schützen? Die Neutralität wird derzeit in Österreich von keiner Partei in Frage gestellt – glücklicher­weise. Es gab jedoch Momente, wo überlegt wurde, die Neutralität vor allem auch für einen NATO-Beitritt zu ändern, zu modifizieren oder abzuschaffen. Damals hing es davon ab, ob eine der großen Parteien, denn die haben die Zweidrittelmehrheit, dazu bereit war. Es waren die Sozialdemokraten – ich sage, ja, es gab auch bei denen Stimmen, die das anders haben wollten –, es waren also die Sozialdemokraten, die dazu nicht Ja gesagt haben. Es waren die Sozialdemokraten, die damals sichergestellt haben, was heute Allgemeingut ist: dass es bei der österreichischen Neutralität bleibt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, das ist auch eine Verpflichtung für die Politik selbst. Ich glaube, das heißt auch, dass Österreich eine aktive Politik betreiben soll. Ich bin auch froh darüber, dass die österreichische Außenpolitik das in vielen Fällen macht, und ich will hier auch durchaus etwas Positives erwähnen: Das ist zum Beispiel jetzt auch während der EU-Präsidentschaft unser Engagement in den Balkan-Fragen. Das ist ein positives Beispiel. Es gibt aber auch den großen Sündenfall, nämlich das, was die frühere Außenministerin getan hat, als sie in der Frage des Irak-Krieges von der „Politik der Mitte“ gesprochen hat. Das war der große Sündenfall der Außenpolitik, und ich glaube, der Bush-Besuch wäre ein guter Anlass, deutliche Worte von österreichischer Seite zu sprechen, um diesen damaligen Fehler, diesen schwerwiegenden Fehler Österreichs wieder gut zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Hofmann. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.00.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Das Starten eines Volksbegehrens als meiner Überzeugung nach wichtiges Mittel der De­mo­kratie ist durchaus positiv zu sehen. Ich darf jetzt allerdings auch auf die Aus­führungen von Frau Kollegin Stoisits eingehen, die von einer „schlechten Tradition“ der FPÖ-Volksbegehren sowie über das Volksbegehren „Österreich zuerst“ ge­sprochen hat; Letzteres wurde von Frau Abgeordneter Stoisits als „Ausländer-Volksbegehren“ bezeichnet.

Ich darf Ihnen dazu sagen, dass die FPÖ damals dieses Volksbegehren sehr erfolg­reich durchgeführt hat und dabei sehr verantwortungsvoll vorgegangen ist. Von den Punkten des „Österreich zuerst“-Volksbegehrens ist ja mittlerweile der Großteil umgesetzt. – Die damalige FPÖ war also ihrer Zeit voraus.


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Die rund 258 000 Stimmen des Volksbegehrens „Österreich bleib frei!“ entsprechen 4,3 Prozent der Wahlberechtigten, und es nimmt in der Liste der Volksbegehren in Österreich den 21. Rang ein. Es entspricht ja in Wirklichkeit einer Kombination dreier Volksbegehren, sozusagen ein Sammel-Volksbegehren der Stadler-FPÖ. (Ruf: Stadl-FPÖ!)

Ich habe absichtlich „Stadler-FPÖ“ gesagt, auch wenn es jetzt den Versuch des FPÖ-Bundesparteiobmannes Strache gibt, sich von der Stadler-Diktion zu lösen. Das macht auch den Unterschied zur früheren FPÖ aus: Wir haben dort, und zwar auch in der Opposition, verantwortungsvoll gehandelt.

Ich versteife mich jedoch jetzt nicht darauf, das Volksbegehren von der Zahl her zu dritteln, denn dann wäre die notwendige Zahl von 100 000 Unterschriften wohl nicht erreicht worden. Aber es gibt eben die Klammer in diesem Volksbegehren, das da lautet: „Österreich zuerst“, mit drei sehr, sehr wichtigen Themen, die diskussionswürdig sind, ja diskutiert werden müssen, was in der Vergangenheit geschehen ist und was uns auch noch in Zukunft beschäftigen wird, und zwar die Themen Neutralität, EU-Verfassung und der mögliche Beitritt der Türkei zur Europäischen Union.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zum Thema Türkei-Beitritt einiges sagen. Seit Jahrzehnten macht die EU der Türkei, wie ich meine, Beitrittshoffnungen: beginnend 1963 mit dem Assoziierungsabkommen. Ich halte diese Vorgangsweise für nicht korrekt, und es gibt viele Fragen dazu, so zum Beispiel: Hat Europa Grenzen? Wo sind diese Grenzen? Genügen möglicherweise 2 oder 3 Prozent eines Territoriums eines Landes, das in Europa liegt, um der Europäischen Union beitreten zu können?

Weitere Fragen: Wäre die Aufnahmekapazität der EU in wirtschaftlicher, juristischer oder institutioneller Hinsicht überhaupt gegeben? Passt die Türkei in die EU-Werte­gemeinschaft? Welche Auswirkungen ergeben sich auf Grund der großen kulturellen Unterschiede der europäischen Länder zur Türkei? Warum gibt es in Österreich im Jahre 2005 1 064 türkische Asylwerber, wobei bei 70 türkischen Staatsbürgern eine Anerkennung als Asylanten erfolgt ist? Ist es möglich, dass ein Beitrittskandidat, wenn sich die Türkei als solchen sieht, die Souveränität eines Staates, eines Mitgliedslandes ab- beziehungsweise nicht anerkennt?

Trotz der vielen Fragen: Ich halte es für wichtig, dass ein Annäherungsprozess der Türkei an Europa erfolgt. Und ich finde es auch wichtig, dass der Ausgang der nun begonnenen Verhandlungen mit der Türkei offen ist. In diesem Zusammenhang: Ich sehe durchaus Alternativen zu einem Vollbeitritt der Türkei.

Österreich hat sich bereits – um auch das zu erwähnen – für eine Volksabstimmung über den Beitritt der Türkei zur EU ausgesprochen, und zwar am 22. Dezember 2004 durch eine Entschließung der Abgeordneten Molterer, Scheibner, Spindelegger und Bösch.

Unerwähnt möchte ich auch nicht lassen, dass in der Türkei selbst die Zustimmung zu einem Beitritt zur EU allein im letzten Jahr um 12 Prozent gesunken ist, und zwar von 67 Prozent auf 55 Prozent.

Zum Thema EU-Verfassung: Grundsätzlich soll und muss es natürlich, geschätzte Damen und Herren, Spielregeln geben, und ein guter Verfassungsvertrag bietet auch Chancen, bietet mehr Möglichkeiten für die nationalen Parlamente sowie mehr Demokratie und Bürgerrechte. Ich persönlich halte eine EU-weite nationale Volksab­stimmung für sinnvoll, und zwar eine zum selben Zeitpunkt; es soll nicht zu einer Abrechnung mit nationalen Regierungen kommen. Einen solchen Verfassungsvertrag sozusagen zu transportieren, das bedeutet sicherlich viel Informationsarbeit, aber das Maß der Transparenz ist da ohnehin zu erhöhen.


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Abschließend zum Thema Neutralität. Die sicherheits- und außenpolitischen Aspekte hat ja Klubobmann Herbert Scheibner ausgezeichnet und sehr offen dargestellt. Die Neutralität Österreichs ist in unserer Verfassung festgeschrieben, und ich glaube, geschätzte Damen und Herren, dass wir uns darin einig sind, dass diese Neutralität nicht mehr jene des Jahres 1955 ist. – Erstaunlich finde ich jedenfalls, dass die Neutralität von der jetzigen FPÖ in dieser Weise thematisiert wird.

Ein Journalist hat festgestellt, dass der Bundesobmann der Partei sein eigenes Parteiprogramm nicht kenne. Dazu ist zu sagen, dass im Parteiprogramm der früheren FPÖ sehr wohl, und zwar im Kapitel VII Artikel 2, dargelegt ist, dass die Neutralität obsolet ist – und dies auch begründet wurde. Es gab dann die Reaktion eines Generalsekretärs, der meinte, Strache kenne das Parteiprogramm sehr wohl, ist dieses doch an einem Parteitag, sozusagen versteckt in einem Leitantrag, tatsächlich behandelt und das Programm geändert worden. Die Änderung ist also tatsächlich erfolgt.

Eine Diskussion darüber, geschätzte Damen und Herren, hat es vor dem Parteitag nicht gegeben, hat es auch auf dem Parteitag nicht gegeben – und ich finde es daher erstaunlich, dass selbst eine Stellvertreterin von Strache sowie die anwesenden Parteitagsdelegierten nichts von dieser Programmänderung wussten.

Ich meine, verantwortungsvolle Politik bedeutet, ernsthaft Diskussionen zu führen. Und das nehmen wir sehr, sehr gerne auf. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.08

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Kurzbauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.08.39

Abgeordneter Johann Kurzbauer (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Wir debattieren jetzt über das Volksbegehren „Österreich bleib frei!“; meine Kollegin Baumgartner-Gabitzer hat ja bereits in sehr eindrucksvoller Weise die Punkte dieses Volksbegehrens behandelt.

Hinweisen möchte ich daher jetzt nur noch, geschätzte Damen und Herren, auf einige Begleitumstände dieses Volksbegehrens. Auf der Homepage „Österreich bleib frei“ werden mit diversen Hinweisen Emotionen geschürt, wie beispielsweise „Stoppt den Beitragswahnsinn“ oder „Unsere EU-Beiträge müssen gesenkt werden“, „Stoppt die EU-Verfassung“, „Nur das Nein der Franzosen hat Österreich vorerst gerettet“, „Die EU-Verfassung bedeutet das Aus für die Neutralität“ oder „die Eigenstaatlichkeit Österreichs wäre beendet“.

Geschätzte Damen und Herren, das alles sind Schlagworte, wobei aber die Frage zu stellen ist, welches Ziel da dahintersteckt. – Vorwiegend werden sicherlich Emotionen zu schüren versucht, denn von den 32 Volksbegehren, die es seit dem Jahre 1964 gegeben hat, landete letztlich dieses Volksbegehren auf dem 21. Platz. Die Zahl der Eintragungen in den einzelnen Bundesländern ist sehr unterschiedlich: So zeigt sich bei diesem Volksbegehren die niedrigste Eintragung mit 1,91 Prozent bei den Kärntnerinnen und Kärntner; Wien hingegen weist mit 5,25 Prozent eines der höchsten Eintragungsergebnisse auf.

In meiner eigenen Gemeinde landete von den letzten 15 Volksbegehren das Volks­begehren „Österreich bleib frei!“ auf dem 12. Platz. Das ist doch ein etwas mageres Ergebnis.

Die drei Ziele dieses Volksbegehrens wurden ja bereits, geschätzte Damen und Herren, von Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen, daher möchte ich jetzt


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nochmals auf den Bestand der österreichischen Neutralität als Grundprinzip unserer Verfassung hinweisen. Wir alle wissen, dass die Neutralität im Bundesverfas­sungs­gesetz vom 26. Oktober 1955 verankert ist und dass niemand ernstlich daran denkt, an dieser Neutralität zu rütteln beziehungsweise diese gar abzuschaffen.

Da meine Redezeit bereits dem Ende zugeht, zusammenfassend: Unter der jetzigen EU-Ratspräsidentschaft Österreichs mit Ratspräsident Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sowie Frau Außenministerin Plassnik wird hervorragende Arbeit geleistet und der Grundstein dafür gelegt, dass es in den nächsten Jahren – davon bin ich über­zeugt – zu einer gemeinsamen EU-Verfassung kommen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

12.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.12.13

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wie immer man zur Initiierung des Volksbegehrens „Österreich bleib frei!“ stehen mag: Es lohnt sich auf alle Fälle, sich mit einigen Formulierungen des Textes dieses Volksbegehrens auseinanderzusetzen, so etwa mit dem Satz:

„Hier muss vielmehr der Souverän selbst zu Wort kommen. Umso mehr, als die Volksvertreter im Begriff stehen, dass Mandat des Machtgebers – und dieser ist das Volk – in paternalistisch-autoritärer Weise zu missbrauchen.“ – Möglicherweise waren da die Verfasser von der eigenen Gemütsverfassung berührt.

In der Einleitung zum eigentlichen Volksbegehrenstext wird vom „politischem Establish­ment“ gesprochen, von „scheinheiligen Sonntagsreden“, von einer Baumvergiftung, von der gemeinsamen Operation mit der Türken-Lobby hinterrücks, weiters davon, dass die EU-Verfassung ein „Machwerk“ sei. Da ist auch von der Schande der Volks­vertreter die Rede, vom „feigen Schielen nach dem Ausland“; ebenso von Megalo­manie, also Größenwahn. Wenn man sich die Sprache der in der Präambel des Volksbegehrens formulierten Ziele genauer ansieht: In der Gedankenwelt des Ver­fassers dieser Zeilen möchte man nicht wirklich zu Hause sein. Der Zweck des Volksbegehrens ist aber in erster Linie ohnedies nicht eine Auseinandersetzung mit diesen Themen, sondern der Zweck ist politische Mobilisierung.

Daher möchte ich mich mit einem Teilaspekt dieses Volksbegehrens, nämlich mit dem EU-Beitritt der Türkei kurz auseinandersetzen, nachdem die anderen Themen hier ohnedies bereits abgehandelt wurden.

In diesem Volksbegehren wird damit argumentiert, dass die Türkei kein europäisches Land sei, weil nur 5 Prozent der Türkei in Europa liegen – und weiters wird damit argumentiert, dass man, wenn man ein nicht-europäisches Land aufnähme, auch der Ukraine eine Aufnahme „schwerlich verweigern“ könne. – Das ist in der Tat ein Problem, da ja die Ukraine zu 100 Prozent ein europäisches Land und damit die Bestim­mung dessen, was zur Europäische Union gehören soll oder nicht, nach geographischen Gesichtspunkten einigermaßen schwierig wird.

Weiters wird in diesem Volksbegehren von einer  „Masseneinwanderung mit unab­sehbaren Folgen für das Gesellschaftsgefüge der Ziel-Länder“ gewarnt, ebenso mit der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt – so, als ob die Frage der Freizügigkeit und die Probleme auf dem Arbeitsmarkt ein türkisches Problem wären.

Mittlerweile leben in Österreich 200 000 Türken, 2 Millionen Türken leben in Deutsch­land; viele schon in der zweiten und dritten Generation. Unbestritten ist, dass viele dieser so genannten Gastarbeiter, die seit vier Jahrzehnten hier in Österreich leben,


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ganz wesentlich zum Wohlstand unseres Landes beigetragen haben und viele von ihnen inzwischen – was ja den Initiatoren dieses Volksbegehrens auch ein Anliegen ist – hervorragend Deutsch können.

Ein ernster Vorwurf an Ankara ist sicherlich, dass Menschenrechte in der Türkei miss­achtet werden: Ein wunder Punkt, der von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen immer wieder moniert wurde. Es ist richtig, dass in türkischen Gefängnissen gefoltert wurde. Es hat das Hungerfasten von politischen Gefangenen gegeben – bis hin zum Tod.

Große Aufmerksamkeit gab es, als gegen die Isolationshaft in türkischen Gefängnissen protestiert wurde – und man kann der Türkei auch im Zusammenhang mit ihrer kurdischen Bevölkerung nicht gerade Menschenfreundlichkeit nachsagen.

Tatsache ist jedoch, dass sich Ankara bemüht hat, etliches zu verbessern. So wurde zum Beispiel die Todesstrafe offiziell abgeschafft und viele Missstände in türkischen Gefängnissen verbessert, wobei ich jetzt nicht in der Lage bin, zu beurteilen, ob alles, was im Bereich der türkischen Polizei und in Gefängnissen der Türkei abläuft, tatsächlich in Ordnung ist.

Tatsache ist jedoch aber auch, dass es zum Beispiel jüngst in Guantánamo drei Selbstmorde unter den Gefangenen gegeben hat. Tatsache sind auch – unter der Ägide der Vereinigten Staaten von Amerika – willkürliche Inhaftierungen, das Ver­schwin­den-Lassen von Menschen, die Überstellung von Gefangenen zur Einvernahme in Staaten mit fehlender Rechtsstaatlichkeit, der Einsatz von Folter sowie die Verweigerung einer unparteiischen und unabhängigen Gerichtsbarkeit.

Die Verfolgung von Verbrechen von Staats- und Regierungschefs sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch nicht-staatliche Akteure, einschließlich von Terroristen, gehört vor den Internationalen Strafgerichtshof. Damit hat die Bush-Regierung funda­mentale Werte und Rechte der US-Verfassung aufgegeben; das ist aber ein Problem der USA.

Niemand jedoch würde – abgesehen davon, dass in den USA die Todesstrafe, zum Unterschied von der Türkei, nicht abgeschafft wurde – den USA deshalb absprechen, der westlichen Wertegemeinschaft anzugehören, wie es die Verfasser dieses Volks­begehrens tun. – So geht es dort weiter mit vielen anderen Punkten: auch im Zusammenhang mit der Verfassung und der österreichischen Neutralität.

Man muss auch nicht den Schüssel’schen Vergleich der Neutralität mit den „Mozart­kugeln“ und den „Lipizzanern“ lieben, jedenfalls aber ist dieses – um in der Sprache der Verfasser dieses Volksbegehrens zu bleiben –„Machwerk“, das die Initiatoren da vorgelegt haben, nicht wert, unterstützt zu werden, weshalb die „arroganten“, wie Sie das sagen, Repräsentanten des Volkes dem vorgelegten Volksbegehren ihre Zustim­mung nicht geben werden. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

12.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Bösch. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.17.49

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt bereits einige Stun­den über im Wesentlichen drei Punkte dieses Volksbegehrens. Das ist ein diametraler Widerspruch zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Staatssekretär Winkler, nämlich dass es zu diesen drei Punkten keinen Handlungs- und keinen Diskussions­bedarf gäbe. Das widerspricht dem, was Sie gesagt haben! Im Wesentlichen kann ich auch allen Aussagen meiner Kolleginnen und Kollegen, die vor mir gesprochen haben,


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entnehmen, dass sie alle diese drei Punkte für sehr bedeutend halten und dass sie die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben, unterstützen, dass sie jedoch deshalb gegen dieses Volksbegehren sind, weil es von der FPÖ kommt. – Aber, lieber Max Hofmann, das war schon vor zehn Jahren so: Wir werden uns jedenfalls damit auseinandersetzen! (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Hofmann.)

Meine Damen und Herren, wir haben in diesem Volksbegehren drei wesentliche Punkte angesprochen. Und die Neutralität ist einer dieser Punkte. Wir haben ja ge­sehen, dass hier in den Debattenbeiträgen unterschiedlich diskutiert wurde, Herr Staats­sekretär Winkler. Es gibt auch seitens der großen Parteien unterschiedliche Interpretationen hinsichtlich von Beschlüssen, die der Nationalrat gefasst hat; ebenso gibt es unterschiedliche Interpretationen über die Verfassungsrealität unserer Republik.

Deshalb bestehen wir Freiheitlichen darauf, dass sich die Republik damit auseinan­dersetzt, für die nächsten Jahre eine neue außen- und sicherheitspolitische Kon­zeption, in welcher die Neutralität eine Rolle spielen soll, zu entwickeln. Es geht uns nicht darum, die fünfziger Jahre heraufzubeschwören, wie ein Vorredner hier behauptet hat, sondern uns geht es darum, die Realitäten von heute anzuerkennen – und die Verfassungssituation an diese Realität anzupassen, im Interesse allerdings einer Neutralität, die eine Säule unserer Verfassung ist und die im Wesentlichen aussagt, dass Österreich keine Kriege führen will.

Das, meine Damen und Herren, soll das Signal sein, das wir aussenden: solidarisch in Europa, aber neutral in der Welt! Österreich will keine Kriege führen, und es soll auch klar sein, dass ein Krieg, wie es der Irak-Krieg war und eigentlich ist, einer ist, an dem sich keine österreichischen Soldaten beteiligen sollten.

Zweiter Punkt, meine Damen und Herren: Türkei-Beitritt. Hier habe ich von Ihnen allen gute Argumente dafür gehört, warum man gegen einen EU-Beitritt der Türkei auftreten soll. Ich habe natürlich auch, wie alle politisch Interessierten, die Ankündigung des Herrn Bundeskanzlers im Ohr, über einen allfälligen Beitritt der Republik Türkei dann eine Volksabstimmung abzuhalten, wenn es so weit ist, vielleicht in zehn, in 15 Jahren, wann auch immer.

Meine Damen und Herren, wir wollen das nur bekräftigen: durch eine Aufnahme dieser Ansage von Ihnen in die Bundesverfassung! Damit wollen wir dem österreichischen Volk gegenüber klarmachen, dass wir das ernst meinen. Ob ein Wolfgang Schüssel, der diese Ankündigung gemacht hat, in zehn oder 15 Jahren noch politische Verant­wortung tragen wird, ist höchst unwahrscheinlich.

Meine Damen und Herren, die Aufgabe der Präsidentschaft – Herr Staatssekretär Winkler, das möchte ich Ihnen sagen – in diesem halben Jahr der EU-Präsidentschaft Österreichs wäre es gewesen, jene Ergebnisse des so genannten Türkei-Gipfels vom vergangenen Jahr, die Sie auch zitiert haben, in die Wirklichkeit umzusetzen. Damals haben Sie ausverhandelt – ich habe das begrüßt –, dass es um die Aufnahmefähigkeit der Europäischen Union gehen wird, wenn es zu Diskussionen über den Türkei-Beitritt kommt. Aber dieser Gesichtspunkt der Aufnahmefähigkeit wird, wie wir ja hören mussten, von den anderen Mitgliedsländern abgelehnt, und es wird dies kein Kriterium in Bezug auf den allfälligen Beitritt der Türkei sein.

Sie haben damals auch die so genannte Stopp-Taste ausverhandelt. Aber diese Stopp-Taste ist anscheinend nur ein Placebo für die kritische Öffentlichkeit gewesen, weil es schon zig Gründe gegeben hätte, diese Stopp-Taste zu drücken, Herr Staats­sekretär: Die Menschenrechtssituation in der Republik Türkei, ihr Verhalten gegenüber einem EU-Mitglied, nämlich Zypern, ist ja schon von Vorrednern angesprochen worden; ich brauche das nicht zu wiederholen.


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Aufgabe der österreichischen Präsidentschaft wäre es gewesen, Herr Staatssekretär Winkler, den Beginn von Verhandlungen mit der Türkei zu verhindern, und zwar nicht unbegründet, nicht weil man irgendwelche Ressentiments ausleben möchte, sondern klar begründet, weil dieses Land derzeit nicht nur nicht reif ist, in die EU aufge­nommen zu werden, sondern auch nicht reif ist, dass man mit ihm ernsthafte Beitritts­verhandlungen führt.

Meine Damen und Herren, dritter Punkt: die EU-Verfassung. Wir Freiheitlichen treten nicht gegen eine Weiterentwicklung der europäischen Verfassungssituation auf, aber wir müssen eines immer wieder klar sagen: Jede Veränderung der österreichischen Verfassungssituation kann nur nach einer Volksabstimmung in Österreich ge­schehen!

Deshalb finde ich auch diesen Vorschlag einer europaweiten Volksabstimmung für verfehlt, weil eine europaweite Volksabstimmung nur dann argumentierbar und demo­kratisch legitimierbar ist, wenn in allen Mitgliedsländern dasselbe Ergebnis heraus­kommt. Aber wie wollen Sie den Österreichern, die unter Umständen gegen eine neue EU-Verfassung stimmen werden, erklären, warum dennoch in Österreich diese Verfassung in Kraft treten soll, weil die anderen Mitgliedsländer dafür gewesen sind?

Meine Damen und Herren, eine Volksabstimmung über die neue europäische Verfas­sungssituation kann nach meiner und unserer Auffassung nur durch nationale Volks­abstimmungen in allen Mitgliedsländern demokratisch legitimiert über die Bühne gebracht werden. Diese Volksabstimmungen sind notwendig, damit die europäische Ebene gezwungen wird, alle Inhalte einer solchen Verfassung auf den Bürger hin zu übersetzen, um die europäischen politischen Inhalte bürgernäher zu gestalten. Deshalb ist eine Volksabstimmung in diesen Fragen notwendig.

Meine Damen und Herren, diese drei Punkte, die in diesem Volksbegehren enthalten sind, sind sehr wichtig. Die heutige Debatte hat uns das gezeigt.

Ich darf Ihnen ankündigen, dass wir Freiheitliche in der kommenden Legislaturperiode selbstverständlich all diese Punkte nicht nur weiterentwickeln, sondern auch weiter betreiben werden. – Danke sehr. (Beifall der Abg. Rosenkranz.)

12.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort kommt Herr Abgeordneter Klubobmann Dr. Cap. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.24.34

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Nicht nur dem unmittelbaren Vorredner, sondern auch all denjenigen, die dieses Volksbegehren eingebracht haben, sei explizit ver­sichert, dass dieses Haus dazu verpflichtet ist, jedes Volksbegehren ernst zu nehmen und es selbstverständlich präzise und korrekt zu behandeln. Das geschieht auch in diesem Fall.

Ich möchte nur hinzufügen – und das haben wir auch damals im Ausschuss schon diskutiert –, dass die einzelnen Punkte dieses Volksbegehrens ein bisschen einen „No na!“-Charakter hatten, denn: Ein Volksbegehren zur Neutralität zu machen, die in Österreich ohnehin im Verfassungsrang formuliert und abgesichert ist – da entzieht es sich etwa meinem Verständnis, warum man das jetzt auch noch zu einem Teil eines Volksbegehrens machen muss.

Was den Verfassungsentwurf selbst betrifft, so ist das eine noch viel umfassendere Ge­schichte. Ich meine, dass der Begriff „Verfassung“ für diesen Verfassungsentwurf, wie er genannt wurde, viel zu hoch gegriffen war und dadurch bei vielen Ängste ausgelöst hat, da käme es zu einer Neugestaltung, die in dem Sinn in diesem Entwurf


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ja gar nicht formuliert war. Es sind also einzelne Aspekte gewesen, die dann natürlich diese Debatte über das plebiszitäre Element in Gang gesetzt haben.

Gäbe es wirklich die Frage einer Verfassung und würden sich die europäischen Nationalstaaten wirklich zu einem, sage ich jetzt, Bundesstaat zusammenfinden, dann wäre das selbstverständlich plebiszitär zu legitimieren, und es würde nicht ausreichen, wenn man das über einen Ratifizierungsprozess der nationalen Parlamente machen würde. In diesem Punkt würde ich das also in der Argumentation von unserer Seite her noch verdeutlichen.

Was einen Türkei-Beitritt betrifft, möchte ich Folgendes hinzufügen. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, welches Modell einer Europäischen Union wir haben wollen, und zwar hinausgehend über die Frage der politischen, der wirtschaftlichen und vor allem der sozialen Union, die besonders wir immer wieder betonen. Ist die Europäische Union ein europäisches Modell? Oder soll sie ein euro-asiatisches Modell sein, soll sie ein euro-mediterranes Modell sein? Wenn sie das Letztere ist – und mit dem Türkei-Beitritt stellt sich diese Diskussion –; dann braucht man eine Legitimation über die Regierungen hinaus, wenn man das wirklich will, als nationale Regierung oder von den einzelnen Nationen her.

Ich selbst bin der Auffassung, dass man sich in einer europäischen Unionsdefinition auf den europäischen Kontinent im engeren Sinn beschränken sollte und dass man versuchen muss, die bisherigen Erweiterungen überhaupt institutionell zu verarbeiten. In Wirklichkeit muss man, wenn wir bald 27 Mitgliedstaaten haben, die Funktions­fähigkeit mit diesen 27 Mitgliedstaaten erst einmal absichern! Das ist noch nicht gelungen, das ist jedoch die Voraussetzung für die Handlungsfähigkeit.

Überdies findet meiner Auffassung nach auch eine Auseinandersetzung über den weiteren Weg statt. Soll es eine neoliberal orientierte Union sein? Oder soll es primär eine politische, wirtschaftliche, aber vor allem soziale Union sein? – Das muss auch entschieden werden, bevor man über zusätzliche Erweiterungen überhaupt nachdenkt, denn sonst kann der Verdacht entstehen: Es wird erweitert, damit man den Weg in eine neo-liberale Union findet!

Das sind einige dieser Grundsatzfragen, die von Bedeutung sind. Ich stimme zwar zu, wenn gesagt wird: zu Ukraine, Maghreb, Türkei spezielle, ganz enge partnerschaftliche Beziehungen!, aber jetzt muss die Europäische Union erst einmal mit den vorhandenen Mitgliedsländern versuchen, ihren Weg zu finden und ihre Identität wirklich klarer weiterzuentwickeln.

All denjenigen, die über die Selbstverteidigungsqualität als Voraussetzung für Enga­gements sprechen, sei noch Folgendes gesagt. Sollte wirklich einmal die Türkei beitreten, dann befinden wir uns in einer geopolitischen Lage, in der wir faktisch alle Krisengebiete in Konflikt mit der Europäischen Union von der Selbstverteidigung her zu diskutieren haben. – Das nur als kleine Anmerkung.

Letzter Punkt – und damit möchte ich schon schließen –: Auch ich schließe mich der Ansicht an, dass anlässlich des Besuches des amerikanischen Präsidenten auch hier im Hause klare Worte zum Irak-Krieg zu finden sind, klare Worte, wie sie von den Müttern gekommen sind, die gegen diesen Krieg protestieren und von denen sich eine jetzt hier in Österreich befindet. Sie hat sich sehr deutlich gegen diesen Krieg und für die Beendigung dieses Krieges geäußert, und sie hat auch die Rechtmäßigkeit dieses Krieges zu Recht in Frage gestellt, sie und viele andere, die ihre Söhne in diesem letztendlich sinnlosen Krieg verloren haben.

Zu Guantánamo kann man nur sagen: höchste Zeit, dass es geschlossen wird! Es wurde ja explizit dort errichtet, um es in einem möglichst rechtsfreien Raum zu errich-


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ten. Aber das ist eines Landes unwürdig, das angetreten ist, gerade in diesem Krieg für Menschenrechte zu kämpfen, gegen Terror zu kämpfen, für den Rechtsstaat zu kämpfen – dann jedoch eine Einrichtung wie Guantánamo auch noch legitimiert und letztlich argumentiert hat!

Ich glaube, dazu kann man nicht genug an klaren Worten finden, gerade anlässlich dieses Besuches. Ich hoffe, dass der Herr Bundeskanzler und aktuelle EU-Rats­vorsitzende Dr. Wolfgang Schüssel gegenüber dem amerikanischen Präsidenten all diese Punkte anspricht und sich auch namens der EU klar und deutlich gegen diesen Irak-Krieg ausdrückt – so, wie es die Mütter tun, die ihre Söhne in diesem sinnlosen Krieg verloren haben. (Beifall bei der SPÖ.)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


12.30.40

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Über die Bedeutung von Volksbegehren haben Gott sei Dank schon zahlreiche Redner und Rederinnen aller Fraktionen ausführlich dar­gelegt, dass das außer Streit zu stellen ist, dass der Souverän Volk besonders wichtig ist und dass es sehr wohl wünschenswert wäre, in bedeutenden Fragen das Volk in Entscheidungen mit einzubinden.

Wir in Kärnten haben aktuell eine ähnliche Situation. Umso mehr verwundert es mich, dass dort der Widerstand von allen Parteien besonders groß ist, wo wir gerade auch auf einer ähnlichen Basis versuchen, die Meinung des Volkes zu einem wichtigen Thema mit einzubinden – ich möchte dies hier am Anfang ganz klar sagen –: nicht, um Mehrheiten über Minderheiten abstimmen zu lassen, sondern um eine Meinungs­bildung innerhalb der Kärntner Bevölkerung zu einem wichtigen Thema zu finden und festzuhalten.

Ich glaube, dass auch das ein wichtiger Beitrag dazu ist, demokratiepolitisch sensible, entscheidende Fragen mit der Bevölkerung gemeinsam zu lösen. Wir sitzen zwar hier als gewählte Volksvertreter, aber ich glaube, es gibt immer wieder Fragen, die man auf einer breiten Basis entscheiden sollte, weil nur eine solche Entscheidung nachhaltig Frieden schaffen kann.

Was das Volksbegehren der FPÖ betrifft, bin ich über eine Tatsache ziemlich verwun­dert. Die Leute, die mit mir im entsprechenden Ausschuss gesessen sind und die Medien verfolgt haben, haben die massive Kritik des Parteiobmannes Strache und seiner Gefolgsleute gehört, dass diesem Volksbegehren zu wenig Bedeutung ge­schenkt werde, dass man es zu wenig intensiv diskutiere und dass es so wichtig wäre.

Meine Frage an den Kollegen Bösch und an die Kollegin Rosenkranz lautet jetzt: Wo ist denn die FPÖ-Führung? Wo ist sie denn jetzt? – Am Anfang, als ein paar Fernseh­kameras hier waren, sind sie alle oben auf der Galerie gesessen: die Straches, Vilimskys, Kickls und wie sie alle heißen, die ganze Riege an bedeutungslosen Generalsekretären, die über einen „OTS-Krieg“ nicht hinauskommen. Wo sind sie denn jetzt? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Brauchst du sie?)

Wo ist die Bedeutung des Volksbegehrens der FPÖ, wenn es die FPÖ-Führung in der Mitte der Debatte vorgezogen hat, den Saal zu verlassen, wenn sie medienwirksam aufgetreten ist und anschließend ihr eigenes Volksbegehren so minder wertschätzt, dass sie nicht einmal diese Debatte verfolgt, dass sie sich nicht einmal hierher setzt und von den Rängen aus beobachtet, wie sich die Parteien verhalten, alle politischen Parteien, auch ihre eigenen Abgeordneten? Wie muss sich Kollege Bösch fühlen,


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wenn er allein hier sitzt und seine Parteiführung wegen der Bedeutungslosigkeit seiner Rede den Saal verlässt? (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) – Da frage ich mich: Wo endet hier die Polemik, und wo beginnt der Ernst einer politischen Debatte? (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Das Gleiche gilt auch für den Inhalt dieses Volksbegehrens. Ich habe mir das sehr genau angesehen, und ich habe mir die Reden sehr gut angehört. Herr Kollege Bösch, Sie sind vor fünf Minuten hier heraußen gestanden und haben davon gesprochen: Man solle doch jetzt eine Volksabstimmung verbindlich in einen gesetzlichen Rahmen gießen (Abg. Mag. Posch: Warum siezen Sie ihn?), um nach einem etwaigen Beitritt darüber abzustimmen. (Abg. Mag. Posch: Seid ihr schon wieder per Sie miteinander?)

Das stimmt nicht, das ist nicht die Forderung Ihrer Partei! Ihre Partei fordert eine Volks­abstimmung in Österreich sofort. Jetzt kenne ich mich nicht mehr aus: Ist Herr Strache zu wenig informiert, sodass er nicht weiß, dass man nicht eine Volksabstimmung zu etwas machen kann (Abg. Mag. Posch: Alle wieder per Sie?), über das es kein Gesetz gibt? Oder sind Sie zu wenig informiert gewesen darüber, was die Partei denn fordert?

Oder: „Stoppt die EU-Verfassung! Stoppt den Verfassungswahnsinn!“ – Herr Dr. Bösch, Sie selbst haben diese EU-Verfassung verhandelt! Sie selbst haben sie verhandelt, und dann – ich verstehe es nicht – stehen Sie hier heraußen und sagen: Die Verfassung ist eigentlich eine gute Sache, aber wir wollen darüber abstimmen.

Das stimmt nicht! Ihre eigene Partei schreibt in großen Lettern: „Die EU-Verfassung muss verhindert werden.“ – Also wiederum eine klare Indifferenz, die nicht nachvoll­ziehbar ist, und das ist ja auch das Problem, warum die Bevölkerung das nicht ver­steht. – Wir haben hiezu eine klare Haltung: Wir vom BZÖ, das Regierungsteam, die Koalition hat eine klare Haltung zu all diesen Dingen (Abg. Mag. Lunacek: Klare Haltung?), die ja in vielen Bereichen manifestiert wurde.

Diese Parteipolemik wird sich am Ende des Tages nicht bezahlt machen – und auch nicht bezahlt machen beim Geld! Ich kann es mir nicht anders als damit, dass die Kampagne für die FPÖ so viel Geld gekostet hat, erklären, das man jetzt schon eventuelle Kandidaten der FPÖ-Listen mit 100 000-€-Bankgarantien behaftet.

Ich frage mich, wofür die FPÖ dieses Geld braucht. Dient es entweder dazu, die Schulden für diese Kampagne zu bezahlen, oder dient es vielleicht dazu, Detektive anzustellen, um den politischen Mitbewerber zu vernadern? Oder ist es einfach so, dass man erkennt, dass man sonst politisch so sehr an Bedeutung verliert, dass man – so wie Herr Strache – dieses Haus, wenn man es schon besucht, lediglich als Gast besuchen kann? (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Schieder: Und das alles fraktionsintern!)

12.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


12.36.05

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Herren Staats­sekretäre! Die Worte des Kollegen Scheuch kann ich am Ende dieser Debatte wirklich nicht so stehen lassen, quasi als letztes Wort zu dieser Debatte hier im Hohen Hause.

Herr Kollege Scheuch, kommt Ihnen das nicht selbst peinlich vor, wenn Sie Ihren Bis-vor-kurzem-Parteikollegen hier rügen und festhalten, welche klare Haltung das BZÖ hat? – Wenn ich Sie daran erinnere (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie brauchen mich an überhaupt nichts zu erinnern!), gab es bis vor kurzem – und das ist noch nicht so lange her – eine gemeinsame Partei, die damals auch noch den Beitritt zur NATO wollte,


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noch im Juli 2005; da war es dann schon die FPÖ, aber da war ja die Trennung vom BZÖ noch nicht so lange her. Noch damals war auf der Website der Freiheitlichen Partei zu lesen, dass sie für den NATO-Beitritt war, und davor war es die FPÖ lange Jahre gewesen.

Kollege Scheibner schüttelt den Kopf – nein, er schüttelt nicht den Kopf, sondern er nickt. (Abg. Scheibner: Ich stehe dazu! – Weitere Zwischenrufe.) Er ist wahrscheinlich jetzt noch dafür. Diese „klare Haltung“ des BZÖ ist also wirklich nur zum Lachen und Lächerlich-Machen. Das ist leider die Ebene, auf der Sie hier im Hohen Haus agieren. (Beifall bei den Grünen.)

Aber um zu etwas Ernsterem zu kommen: Herr Abgeordnete Bösch hat hier gemeint, dass er gerne hätte und dass alle hier gesagt haben – und deswegen findet er ja das Volksbegehren so wichtig –, dass allen klar ist, dass Österreich keine Kriege führen will. – Das denke ich schon, dass das uns allen klar ist. Aber dafür braucht es nicht so ein Volksbegehren, wie Sie es inszeniert haben.

Dafür braucht es aber auch – das ist jetzt an die Adresse der ÖVP gerichtet, auch an den Herrn Staatssekretär und an die Regierung – klare Worte eines Bundeskanzlers! (Abg. Großruck: Die werden schon kommen! Warten Sie ab!) Wenn er sich heute mit US-Präsident Bush getroffen hat oder dieses Treffen vielleicht noch andauert (Abg. Großruck: Die kommen schon! Alles zur rechten Zeit!), kommt es darauf an, dass er ganz klar sagt, dass dieser „Weg der Mitte“ – das hat auch Kollege Schieder angesprochen –, den die frühere Außenministerin Ferrero-Waldner als österreichische Linie propagiert hat, als damals Bush in den Irak einmarschierte, nicht mehr gilt!

Ich erwarte, dass der Bundeskanzler klar sagt, dass er heute nicht nur Guantánamo kritisiert hat, dass er die USA nicht nur um die Schließung gebeten, sondern dazu aufgefordert hat, dass dieses Lager geschlossen wird (Abg. Großruck: Der Bundes­kanzler weiß selber, was er sagt!), und dass er nicht nur kritisiert hat, was die CIA in europäischen Staaten getan hat, nämlich dass sie illegale Lager betrieben und auch Europäer entführt hat, sondern dass er auch klar gesagt hat, dass dieser Krieg gegen den Irak völkerrechtlich nicht legitimiert war (Abg. Mag. Molterer: Es ist doch gut, dass Schüssel Bundeskanzler ist!) und dass Schüssel sich nicht weiterhin so, wie Ferrero-Waldner dies früher getan hat, durchschwindelt und sagt: Einen Weg der Mitte gehen wir in der Außenpolitik.

Gerade, wenn es um Kriege geht und wenn es um die österreichische Neutralität geht, sind klare Worte notwendig! Wege der Mitte sind da nicht angesagt! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Lunacek bestätigt, es ist doch gut, dass Schüssel Bundes­kanzler ist!)

12.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Antrag des Verfassungsausschusses, seinen Bericht 1551 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen. (Abg. Schieder – in Richtung der Abgeordneten Dr. Bösch und Rosenkranz –: Sie haben beide gegen Ihr Volksbegehren gestimmt! – Ruf bei den Freiheitlichen – BZÖ: Sensationell!)


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12.40.022. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1410 d.B.): Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechts­vorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungsgesetz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landes­lehrer-Dienstrechtsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Waffenge­brauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisations­gesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungsdokumentationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechtsbereinigungsgesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006) (1549 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gelangen daher zur Debatte.

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


12.40.27

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Da wir jetzt über das Deregulierungsgesetz sprechen, also nach dem Grundsatz less and better regulations über weniger und bessere Gesetze, möchte ich folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evalu­ierung des Finanzausgleichs für den Bereich des Lehrerpersonals an Pflichtschulen sowie darüber hinaus eine Evaluierung für alle weiteren Schularten mit dem Ziel legistischer Maßnahmen zu einer Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl, auf einen Richtwert von 25 auf Basis gesicherter Ressourcen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, mit den an den Finanzausgleichsverhandlungen beteiligten Gebietskörperschaften in Gespräche über eine Neuregelung der Methode zur Berechnung der Lehrerplanstellen im Pflichtschulbereich zu treten. Insbesondere sollen in diesen Gesprächen auch Möglichkeiten einer Absenkung der Klassen­schülerhöchstzahl auf einen Richtwert von 25 unter Berücksichtigung von baulichen Gegebenheiten, bestehenden Klassenverbänden sowie autonomen Entscheidungs­möglich­keiten über Organisation von Klassen- und Gruppengrößen auf Basis gesicher­ter Ressourcen erörtert werden. Über den Pflichtschulbereich hinaus sollen legistische


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Maßnahmen vorbereitet werden, die den Richtwert der Klassenschülerhöchstzahl von 25 für alle Schularten wirksam werden lassen.“

*****

Meine Damen und Herren! Mit diesem Entschließungsantrag verfolgt die Österreichi­sche Volkspartei gemeinsam mit dem Regierungspartner BZÖ das Ziel, die Klassen­schülerhöchstzahl auf einen Richtwert von 25 zu senken. Das ist wichtig, meine Damen und Herren, und wir wollen das gemeinsam mit den Finanzausgleichspartnern durchsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Der Unterschied zu dem, was die Sozialdemokraten wollen – dieser Antrag liegt uns ja vor –, ist, dass Sie schlicht und einfach eine gesetzliche Änderung wollen, um die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 zu senken. Das ist natürlich schon eine durchsichtige Aktion, weil es ja auch Ihre Landeshauptleute, also Landeshauptleute, die die Sozial­demokraten stellen, sind, die im Finanzausgleich die Lehrer-Schüler-Verhältniszahlen festgeschrieben haben, die sich mit ihrer Unterschrift verbürgt haben, dass die Lehrer-Schüler-Verhältniszahlen so sind, wie sie jetzt eben sind. (Abg. Faul: Und was ist mit den schwarzen Landeshauptleuten?) Das führt, eben auf Grund der rückläufigen Schülerzahlen, der schwächeren Jahrgänge, dazu, dass wir weniger an Lehrerplan­stellen brauchen. Es wäre also unfair, jetzt herzugehen und einseitig diesen Finanz­ausgleich aufzuschnüren.

Ich meine, dass es notwendig ist – ich lade Sie sehr herzlich ein, unserem Antrag die Zustimmung zu geben –, uns die Zustimmung zu geben für unseren Antrag, damit wir gemeinsam eine Lösung finden, die nicht nur für das kommende Schuljahr gilt, denn es ist schon – ich bitte Sie, sich das auch wirklich anzuschauen – bemerkenswert, wenn Ihr Bildungssprecher, Herr Dr. Niederwieser, laut einer APA-Aussendung von gestern sagt, dass keine zusätzlichen Lehrer notwendig seien, wenn er also sagt, dass nur jene Lehrer, die auf Grund der rückläufigen Schülerzahlen im kommenden Schuljahr sozusagen verloren gegangen wären, bleiben sollen und wir damit alle Probleme gelöst hätten.

Herr Dr. Niederwieser, ehrlicherweise müsste man sagen, dass wir dann vielleicht den Druck für ein Jahr herausgenommen hätten, aber das ist doch keine dauerhafte Lösung.

Unser Antrag zielt daher darauf ab, gemeinsam mit den Ländern, mit den Gemeinden eine Lösung zu finden, die im Zusammenhang auch mit bundesgesetzlichen Maß­nahmen eine Absenkung auf Dauer absichert, auf Basis gesicherter Ressourcen. Ich denke, das ist ein richtiger und guter Ansatz, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)

Meiner Meinung nach ist es auch wichtig, dass wir die Interessen der Bundesländer ernst nehmen, dass wir sie mit dieser Frage nicht alleine im Regen stehen lassen. Und da sind teilweise auch die Landtage, die durchaus von sozialdemokratischen Mehrheiten dominiert werden, eigentlich sehr fair.

Ich darf Ihnen etwa einen Beschluss des Burgenländischen Landtages zur Kenntnis brin­gen, der die Landesregierung auffordert, mit der Forderung an die Bundes­regie­rung und an den Nationalrat heranzutreten, sämtliche Maßnahmen zu treffen und vor allem auch die notwendigen finanziellen Mittel zu Verfügung zu stellen, damit die Bildungs­qualität im ländlichen Raum und so weiter sichergestellt wird und man auf eine Klassenschülerzahl von 25 kommt. – Das ist okay, aber es ist natürlich sozusagen ein Delegieren an den Bund.


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Der Burgenländische Landtag sagt dann weiters: „Sollte die Bundesregierung nicht bereit sein, die zu einer Senkung der Klassenschülerhöchstzahl notwendigen, zusätz­lichen Lehrerdienstposten zu finanzieren, wird die Landesregierung aufgefordert, notwendige Budgetumschichtungen vorzubereiten.“

Ich halte diesen im Burgenländischen Landtag angenommenen Antrag insofern für interessant, als er schon ganz selbstverständlich zum Ausdruck bringt, dass es da ja auch eine Landesverantwortung gibt. Und ich bin nun nicht der Meinung, dass der Bund alles übernehmen sollte, ich bin auch nicht der Meinung, dass, wenn das ad hoc nicht geht, die Länder dann alles übernehmen sollten, sondern ich bin eigentlich der Meinung, dass alle Verhandlungspartner an einen Tisch gehören, dass man gemein­sam eine Lösung finden soll, die die Qualität der österreichischen Schule dauerhaft absichert. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich lade Sie daher ein, bei der Abstimmung über diese Maßnahmen, über das Ziel, die Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 zu erreichen, unserem Antrag zuzustimmen, diesem Antrag die Zustimmung zu geben, der ein Antrag mit Zukunft ist, weil er eben nicht eine Lösung nur auf ein Jahr vorsieht, sondern eine dauerhafte Lösung unter Einbindung aller am Finanzausgleich beteiligten Partner.  – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

12.46


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Amon eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt, wurde ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evalu­ierung des Finanzausgleichs für den Bereich des Lehrerpersonals an Pflichtschulen sowie darüber hinaus eine Evaluierung für alle weiteren Schularten mit dem Ziel legistischer Maßnahmen zu einer Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl, auf einen Richtwert von 25 auf Basis gesicherter Ressourcen

zu Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1410 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungsgesetz 1984, das Arbeitneh­merInnenschutzgesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Strafvollzugs­gesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richt­wertgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Arbeitsmarktför­derungs­gesetz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisationsgesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungs­dokumentationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundes­rechtsbereinigungsgesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006) (1549 d.B.)

Die derzeit bestehenden Vereinbarungen zur Ermittlung der Lehrplanstellen für den Allgemeinbildenden Pflichtschulbereich durch Verhältniszahlen, die im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen dem Bundesminister für Finanzen und den Ländern


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vereinbart wurden, sehen 1 Lehrer/in pro 14,5 Schüler/innen im Volksschulbereich, 1 Lehrer/in pro 10 Schüler/innen in den Hauptschulen, 1 Lehrer/in pro 9 Schüler/innen in den Polytechnischen Schulen sowie 1 Lehrer/in pro 3,2 Schüler/innen an den Son­derschulen vor.

Rückläufige Schülerzahlen, wie es sie derzeit vor allem im Pflichtschulbereich bereits gibt, führen bei der derzeitigen Berechnungsmethode zu weniger Lehrplanstellen. Der Schülerrückgang führt jedoch nicht zwangsläufig zu weniger Klassen. Besonders sichtbar wird die Problematik der rückläufigen Schülerzahlen dort, wo Klein- und Kleinstschulstandorte aufgrund rapid sinkender Schülerzahlen in ihrer Existenz bedroht sind. Dies wurde bereits beim Finanzausgleich 2005 erkannt und daher wurden zusätzliche Gelder in Höhe von 12 Mio. € jeweils für die Jahre 2005 und 2006 zur Bewältigung dieser Aufgaben vorgesehen. Weiters ist für die Jahre 2007 und 2008 eine Ermächtigung für jeweils weitere 12 Mio. € im Gesetz vorgesehen.

Aufgrund der weiter rückläufigen Schülerzahlen wird die Herausforderung auch in den kommenden Jahren bestehen. Es ist daher angebracht, die derzeitige Berechnungs­methoden der Lehrerplanstellen für den Pflichtschulbereich zu hinterfragen und zu überdenken. So ist etwa die Frage aufzuwerfen, ob nicht der Übergang von der jetzigen reinen Pro-Kopf-Finanzierung zu einer an den regionalen Bedürfnissen (etwa in der Frage eines Zuschlags nach einer entsprechenden Standortbewertung) und an den Aufgaben orientierten Betrachtungsweise, wie sie teilweise bereits derzeit besteht, z.B. bei der Tagesbetreuung und Sprachförderkursen in der Volksschule, angebracht ist. Gleichzeitig soll die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern, Städten und Gemeinden prüfen, ob die rückläufigen Schülerzahlen nicht auch zu einer Absenkung der Klassengrößen führen sollte, um mehr Individualisierung im Unterreicht erreichen zu können bzw. Wie auf Basis gesicherter Ressourcen die Frage der Klassen- und Gruppengrößen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, nach dem finnischen Modell, in der Autonomie de Schule ermöglicht werden kann.

Die autonome Gestaltungsmöglichkeit wird auch von der Zukunftskommission vertre­ten, die in einem völligen Abbau der zentralen Regelung im Bereich von Klassen- und Gruppengrößen erweitere Handlungsspielräume für die Schule sieht. Die Zukunfts­kommission sieht vor, dass alle Entscheidungen bezüglich Klassen.- und Gruppen­größen prinzipiell am Standort gefällt werden sollen. Zentral sollen lediglich Richtwerte erarbeitet werden, welche Obergrenzen der Schülerzahlen, die aus Sicherheitsgründen notwendig sind, festlegen und welche die Ressourcen regeln.

Weites soll die Möglichkeit der Neuordnung der Schulsprengel in einem grundsatz­gesetzlichen Rahmen, der ein höheres Maß an Flexibilität bei der Festlegung von Standorten und Einzugsbereich einräumt, geprüft werden.

Der Richtwert 25 soll auch für den Bundesschulbereich gelten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, mit den an den Finanzausgleichsverhandlungen beteiligten Gebietskörperschaften in Gespräche über eine Neuregelung der Methode zur Berechnung der Lehrerplanstellen im Pflichtschulbereich zu treten. Insbesondere sollen in diesen Gesprächen auch Möglichkeiten einer Absenkung der Klassen­schülerhöchstzahl auf einen Richtwert von 25 unter Berücksichtigung von baulichen Gegebenheiten, bestehenden Klassenverbänden sowie autonomen Entscheidungs-


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möglichkeiten über Organisation von Klassen- und Gruppengrößen auf Basis gesicherter Ressourcen erörtert werden. Über den Pflichtschulbereich hinaus sollen legistische Maßnahmen vorbereitet werden, die den Richtwert der Klassen­schüler­höchstzahl von 25 für alle Schularten wirksam werden lassen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter DDr. Nieder­wieser zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.

 


12.47.18

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Dem Deregulierungsgesetz werden wir unsere Zustimmung geben. Es soll auch niemand sagen, dass es keine Schulreformen mehr gibt, eine ist ja drinnen: In den Matura­klassen gibt es künftig keine Semesterzeugnisse mehr. Darauf sei immerhin hinge­wiesen. Das ist das, was im letzten Jahr an Schulreformen von dieser Bundes­regierung und von den Abgeordneten der Regierungsparteien beschlossen wurde. – Ich gratuliere.

Kommen wir zum eigentlichen Punkt, zu unserem Antrag auf Herabsetzung der Klassenschülerhöchstzahlen.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die eine Klassen­schülerIn­nen-Höchstzahl von maximal 25 SchülerInnen pro Klasse in allen Schularten vorsieht und die dafür notwendigen LehrerInnen-Dienstposten zur Verfügung stellt sowie ein adaptiertes Schulentwicklungs- und -bauprogramm für die allgemein bildenden und berufsbildenden höheren Schulen zu erarbeiten. Für Sonderschulen und integrativ geführte Klassen sind entsprechende Reduzierungen im Ausmaß von 20 Prozent vorzusehen.“

*****

Die Begründung haben wir heute schon diskutiert: Wichtiges Kennzeichen eines guten Schulsystems ist die optimale Förderung jedes einzelnen Kindes. Es ist relativ einleuchtend, dass dies bei Klassen mit 30 oder gar über 36 Kindern nicht möglich ist. Voraussetzung für diese individuelle Förderung sind also Klassen- und Gruppen­größen, die das Eingehen auf den einzelnen Schüler/auf die einzelne Schülerin ermöglichen.

Wir wissen leider nicht, Kollege Amon – und das ist ein Versäumnis der Frau Bun­desministerin –, wie viele das genau sind, außer Sie haben Daten, die Sie vor uns geheim halten. Die letzte offizielle Schulstatistik, die die Klassenschülerhöchstzahlen auf ungefähr 20 Seiten ausweist, stammt – man kann es sehen (der Redner hält eine Broschüre in die Höhe) – aus dem Schuljahr 2001/2002. Neuere Daten gibt das Bildungsministerium nicht heraus; Sie werden schon wissen, wieso. Wahrscheinlich wohl, weil sich die Dinge nicht verbessert haben.

Die Elternvereine, die Lehrerinnen und Lehrer, das Bildungsvolksbegehren, alle gehen davon aus, dass der geeignete Weg in den meisten Schultypen die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, eben im Schulorganisationsgesetz, von 30 auf 25 darstellt.


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Kollegin Mandak hat heute gemeint, der ÖVP-Antrag des Kollegen Amon erinnere sie an den Ausputzer beim Fußball. – Als ich diesen Antrag gelesen habe, habe ich mir dieses Beispiel fortführend gedacht: Ja, das ist der Ausputzer, der daneben haut. Das ist nämlich besonders schlimm, denn dann bekommt man mit ziemlicher Sicherheit ein Tor.

Was verlangen Sie denn eigentlich, Kollegin Rossmann und Kollege Amon? – Sie verlangen nicht, was heute hier von RednerInnen angekündigt wurde, nämlich dass es eine sofortige Änderung gibt, sondern Sie fordern die Bundesregierung auf, in Gespräche – nicht einmal Verhandlungen! – einzutreten.

Daher: Reden wir einmal über die Lehrerplanstellen im Pflichtschulbereich, reden wir einmal über die Möglichkeiten einer Absenkung, Richtwert 25, bauliche Gegeben­heiten, Berücksichtigung basisgesicherter Ressourcen. Ja wer soll denn die gesicher­ten Ressourcen zur Verfügung stellen? Wer verfügt über den Finanzausgleich, wer beschließt den Finanzausgleich? – Doch dieses Haus hier! In Verhandlungen natürlich, da haben Sie recht, aber letztlich ist es doch auch die Verantwortung des Parlaments.

Gegen Ende dieses Antrages hin hat es mich beinahe umgehauen: Sie wollen den Richtwert der Klassenschülerhöchstzahl von 25 für alle Schularten wirksam werden lassen. Sie haben zwar den Kollegen Huainigg in Ihren Reihen, aber Sie vergessen da doch immer wieder, dass es auch Sonderschulen und sonderpädagogischen Förder­bedarf gibt.

Für alle Schularten kann das also nicht sein. Wir haben in unserem Antrag die Aus­nahme vorgesehen, weil es in diesen Schularten natürlich schon jetzt wesentlich niedrigere Zahlen gibt.

Kollege Amon, darf ich Ihnen etwas vorlesen. Elisabeth Gehrer, wörtliches Zitat aus dem „Morgenjournal“:

Es ist natürlich so, dass es wünschenswert wäre, die Zahl 30 etwas zu senken, wenn es sich verkraften lässt. Das ist eine Frage, die man diskutieren muss. Was ist pädagogisch sinnvoll? Wie können wir es auch budgetmäßig verkraften? Ich glaube, das ist etwas, das man in den nächsten Jahren anstreben soll. – Zitatende.

Wissen Sie, von wann dieses Zitat Gehrers ist? – Vom 24. Juni 2003; drei Jahre sind das beinahe her! Das sollte man machen. Genau dasselbe schreiben Sie jetzt wieder in Ihren Antrag hinein. Da sollten wir einmal darüber reden, da sollten wir einmal darüber nachdenken. Ihr Antrag ist ein Projekt für die nächsten drei bis fünf Jahre. (Abg. Amon: Nicht nur für ein Jahr wie Ihres!) – Wir wollen das unverzüglich haben, wir wollen das im heurigen Herbst – und nicht nur für ein Jahr!

Herr Kollege Amon, ich finde das ja besonders unseriös, sage ich einmal, denn Sie kennen meinen Antrag. Sie haben meinen Antrag von der Pressekonferenz bekom­men. Die Mitarbeiterin Ihres Pressedienstes war dort und hat Ihnen meinen Antrag mitgenommen, und dann zitieren Sie aus der APA eine Darstellung, die nicht falsch ist. Es wurde nach dem kommenden Jahr gefragt, wie das ausschauen wird.

Ich habe gesagt, dann bauen wir zunächst keine Lehrer ab, ersetzen die, die in Pension gehen, verlängern die Verträge und damit werden wir für diesen Herbst schon sehr, sehr weit kommen. – Das war meine Aussage, und darauf hat sich das bezogen.

Sie kennen jedoch den Antrag, und daher ist es unseriös, zu behaupten, wir wollten das nur für ein Jahr. Das halte ich wirklich nur für eine Verdrehung, wie ich überhaupt den Verdacht habe, dass dieser Klub geschlossen eine Schulung in NLP bekommen hat, nach der man die Argumente des Anderen bewusst wieder umdreht und sagt: Nein, du meinst eigentlich genau das Gegenteil! – Was die FPÖ und das BZÖ


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vorgemacht haben, das haben Sie von der ÖVP jetzt für den Wahlkampf offensichtlich nachgemacht. Ich wünsche viel Glück damit!

Abschließend noch die Frage: Wieso sollen das die Länder machen? Wozu brauchen wir einen Bundesstaat? Kollege Amon, das ist eine ganz klare Sache: Die Länder und Gemeinden sind deswegen einzubeziehen, weil sie bei den Pflichtschulen und bei den Berufschulen für die baulichen Dinge verantwortlich sind. Daher kann man das grundsätzlich nicht ohne die Länder machen. Deswegen haben wir ja auch ein Bauprogramm beschlossen.

Die Aufgabe der Lehrerfinanzierung ist jedoch ganz klar eine Aufgabe des Bundes! Wozu ist denn ein Bundesstaat überhaupt gut, wenn die Länder alles machen sollen. Der Bundesstaat hat ja die Aufgabe ... (Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.) – Herr Staatssekretär Finz, das wissen Sie genau, denn Sie waren im Rechnungshof und haben diese Berichte mitverfasst!

Der Bundesstaat hat die Aufgabe, der Bevölkerung eine annähernd gleichmäßige Versor­gung in allen wichtigen Bereichen zu bieten. Die Garantie dafür, dass das Schulsystem in Vorarlberg gleich gut ist wie in Wien oder in Kärnten und in jeder einzelnen Gemeinde einen gewissen Standard hat, das ist die Aufgabe des Bun­desstaates.

Jetzt zu sagen: Ja, vielleicht zahlen sie in Vorarlberg weniger, in Kärnten mehr oder umgekehrt, das interessiert uns nicht, das ist Sache der Länder! – Wenn das so wäre, dann würde der Bundesstaat seine Aufgabe sträflich vernachlässigen, und das wäre mit Ihrem Antrag wohl der Fall, und daher müssen wir diesen ablehnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: So, Sie lehnen ihn ab?)

12.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Dr. Niederwieser eingebrachte Entschließungsantrag betreffend Senkung der Klas­senschülerhöchstzahl ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht daher mit zur Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten DDr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahl

Ein wichtiges Kennzeichen erfolgreicher Schulsysteme ist die optimale Förderung jedes einzelnen Kindes im Bezug auf seine Stärken und Schwächen, seines Arbeits­tempos, Lerntypus und Entwicklungsstandes. Die Voraussetzung dafür sind Klassen- und Gruppengrößen, in denen das Eingehen auf die einzelnen Schülerinnen und Schüler möglich ist.

Die derzeitige gesetzliche Regelung, die für den Großteil der Schularten eine Klassen­schülerInnen-Höchstzahl von 30 vorsieht, entspricht nicht diesen Anforderungen. Diese Zahl wird darüber hinaus in den österreichischen Schulen vielfach überschritten. Damit kann das pädagogisch notwendige Ziel, sowohl besondere Begabungen als auch Schwächen einzelner SchülerInnen zu erkennen und entsprechende Förderprogramme zu entwickeln, nicht erreicht werden. Die Folge sind 20 % der 15-Jährigen, die nach den Ergebnissen der PISA-Studie in Österreich über unzureichende Grundkenntnisse in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften verfügen! Das kann und darf sich eine immer noch reiche Nation wie Österreich nicht leisten!!


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Insbesonders geht es auch darum, die sprachliche Förderung von Kindern und Jugendlichen mit nichtdeutscher Muttersprache und auch all jener, die Sprachprobleme aufweisen, zu verbessern. Deshalb fordern seit Jahren SchülerInnen-, Eltern- und LehrerInnen-VertreterInnen, dass diese gesetzliche Höchstzahl gesenkt wird.

Die SPÖ tritt für eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 ein. Sie steht damit aber nicht allein.

Zuletzt hat auch NR Werner Amon (VP) in einem Interview in der Tageszeitung „Kurier“ vom 14. Juni 2006, angekündigt, dass auch die ÖVP kleinere Schulklassen wolle. Ebenso sprach sich die Bildungssprecherin des BZÖ, Abg. Mares Rossmann, am 14. Juni 2006, für eine Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahlen aus und NR Dieter Brosz (Grüne) hat einen solchen Antrag ebenso wie die SPÖ schon vor Jahren im Nationalrat eingebracht. In Wien hat die dortige ÖVP sogar eine Senkung auf 22 SchülerInnen plakatiert, steirische und niederösterreichische VP-Vertreter sprechen sich öffentlich vehement für eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl aus. Der vorliegende Antrag bietet Gelegenheit, den Worten auch Taten folgen zu lassen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die eine Klassen­schülerIn­nen-Höchstzahl von maximal 25 SchülerInnen pro Klasse in allen Schularten vorsieht und die dafür notwendigen LehrerInnen-Dienstposten zur Verfügung stellt sowie ein adaptiertes Schulentwicklungs- und -bauprogramm für die allgemein bildenden und berufsbildenden höheren Schulen zu erarbeiten. Für Sonderschulen und integrativ geführte Klassen sind entsprechende Reduzierungen im Ausmaß von 20 % vorzu­sehen.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin kommt Frau Abgeordnete Rossmann zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.56.12

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Niederwieser, ich glaube, Sie müssen selber schmunzeln, wenn Sie unseren Antrag ablehnen, denn die Argumentation, die Sie jetzt gebracht haben, überzeugt nicht einmal Sie selbst und schon gar nicht Ihre Fraktion, aber ich sehe schon ein: Es ist einfach so, dass die Opposition auf Biegen und Brechen Opposition machen will und nicht in der Lage ist oder nicht in der Lage sein will, gute Vorschläge mit zu unterstützen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Die Evaluierung des Finanzausgleichs ist der Tagesordnungspunkt. In diesem Sinne ist es natürlich auch erforderlich, auch im Schulbereich zu evaluieren. Deshalb haben wir die Vorgehensweise gewählt, dass wir die Aufteilungsziffern auch im Schulbereich evaluieren. Wir kommen damit den Interessen der Bundesländer entgegen, den Interessen sowohl des Burgenlands als auch Niederösterreichs, aber auch Kärntens.

Kärnten ist da noch einmal in einer besonderen Situation: Gemäß dem Minderheiten­schulgesetz, wonach in sechs Bezirken des Landes unterrichtet wird, liegen die Klassenteilungszahlen bekannterweise bei 21. Dazu kommen noch über 300 ein-


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sprachige Klassen, in denen mehr als 25 Schüler sind. Wenn man also von Gerechtigkeit spricht, ist es im zweisprachigen Gebiet höchst an der Zeit, auch dort die Klassenschülerzahl zu senken.

Wir wissen auch, dass es auf Grund der hohen Klassenschülerzahl in urbanen Ballungsräumen in gewissen Bereichen zu zusätzlicher Gewalt kommt, wir wissen aber auch, dass gerade im AHS-Bereich und im BHS-Bereich die Klassenschülerzahlen 30 und mehr betragen. Ich sehe das Problem gar nicht so sehr im Volksschul- beziehungsweise im Pflichtschulbereich, sondern ich sehe das Problem eher im AHS- und BHS-Bereich.

Da muss es Gespräche geben, und da kann es nicht von heute auf morgen zu Lösungen kommen, vor allem nicht ohne Gespräche. Es muss auch Rücksicht – da, Herr Kollege Niederwieser, verstehe ich Sie auch nicht – auf bauliche Maßnahmen genommen werden. Man kann Klassen nicht teilen, wenn keine Klassen vorhanden sind. In den Pflichtschulen ist das Problem gar nicht so groß. Das Hauptproblem liegt im AHS- und BHS-Bereich. Es muss also auf bauliche Maßnahmen Rücksicht genom­men werden, und das braucht eben eine gewisse Vorlaufzeit. Aber der Wille ist vorhanden, dass es möglichst rasch – und da werden wir auch darauf drängen – zu einer Umsetzung kommt.

Eines verstehe ich auch nicht, Kollege Niederwieser: Im OTS – Originaltextservice des SPÖ-Klubs – heißt es ganz klar: Niederwieser betont in diesem Zusammenhang – eben der Verkleinerung der Klassen –, dass nicht notwendigerweise sofort mehr Lehrpersonal aufzunehmen ist, weil allein im kommenden Jahr 1 500 Lehrer nicht nachbesetzt werden.

Jetzt bringen Sie den Antrag ein, und ich nehme an, Sie haben natürlich auch Wien im Auge, aber für Wien würde das gar nicht zutreffen. Wenn in Wien der Lehrerstand gleich bliebe und man die Klassen teilen würde, gäbe es in Wien dann noch einmal weniger Lehrer. Der Antrag, den Sie hier einbringen, ist gültig, aber eigentlich nicht für Wien, und das ist die spezielle Situation. Entweder ist Ihnen das entgangen, oder es ist einfach Polemik, dass Sie den Antrag als Nagelprobe verstehen, ob wir mit Ihnen mitgehen oder Sie mit uns. Wir haben einen seriösen Antrag und werden eine seriöse Vorgangsweise wählen, und diese wird zum Erfolg führen, auch wenn Sie das nicht hören wollen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.59


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Brosz zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


13.00.06

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Ich habe jetzt zumindest zu verstehen versucht, warum Sie meinen, dass die SPÖ das nur für ein Jahr machen will. Gehen wir doch noch einmal zurück zu den Fakten, was den Finanzausgleich betrifft:

Der Hinweis auf den Finanzausgleich ist zunächst einmal das Spielen des Balles an die Länder. Aber die Länder sind damals nicht hergegangen und haben gesagt: Wir wollen unbedingt die Schülerzahlen in die Höhe setzen!, sondern bei den Finanz­ausgleichsverhandlungen damals gab es den Druck, ein Einsparungspotential zu erzielen. Zu unserem Bedauern – es waren nur die Grünen, die damals dagegen gestimmt haben – haben sich die Landeshauptleute entschlossen, zwei Bereiche ungeschoren zu lassen. (Abg. Amon: Die SPÖ hat mitgestimmt!) Die SPÖ hat damals mitgestimmt. Selbstverständlich! Allerdings hat sie danach schon mehrfach Anträge


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eingebracht, die das auch wieder verändert hätten. Das kann man von der ÖVP nicht behaupten. (Beifall bei den Grünen.)

Damals wäre es darum gegangen, möglicherweise bei der Wohnbauförderung Ein­sparungen vorzunehmen – dazu haben die Landeshauptleute gesagt, das geht nicht –, beim Gesundheitsbereich war seriöserweise auch nichts einzusparen, und das, was übrig geblieben ist, waren die Pflichtschulen. Mit dem Finanzausgleich war klar fest­gelegt, dass die Klassenschülerzahlen nach oben gehen werden, weil die Verhältnis­zahlen nach oben gingen. Das ist eine logische Folge: Wenn es weniger Lehrer gibt, dann muss es logischerweise auch größere Klassen geben. Das hängt ja unmittelbar zusammen. – Das war im Jahre 2001.

Übrigens haben wir mehrfach kritisiert, dass das ein schweres Versäumnis der SPÖ war, insbesondere des Wiener Bürgermeisters Häupl, der damals dieser Regelung zugestimmt hat und daher eindeutig eine Mitverantwortung trägt.

Wenn man sich die Budgetsituation anschaut – und damit komme ich jetzt zu dem, bezüglich dessen Kollege Niederwieser natürlich Recht hat –, dann hatten wir 2004 Ausgaben für die Pflichtschullehrer in Höhe von 2,68 Milliarden €. Im Jahre 2006 waren es 2,58 Milliarden €. Das sind 100 Millionen € weniger! Das ist eine absolute Kürzung des Pflichtschullehrerbudgets von 4 Prozent in zwei Jahren, in denen noch dazu auch Gehaltssteigerungen von etwa 4 Prozent dazugekommen sind.

4 Prozent weniger Budget, die Gehaltssteigerung noch einmal 4 Prozent: Jetzt kann man sich ungefähr ausrechnen, wie viele Lehrer damit nicht mehr budgetiert sind. Da reden wir davon, dass 8 Prozent der Lehrer in den Pflichtschulen innerhalb von zwei Jahren eigentlich nicht mehr budgetiert waren. Das war die Politik, die Sie gemacht haben!

Wenn Sie jetzt hergehen und sagen, diskutieren wir mit den Landeshauptleuten, ob wir das vielleicht verändern können, weiß doch jeder, dass dabei nichts herauskommen kann. Es stehen ja auch keine Finanzausgleichsverhandlungen an. Das ist ja momen­tan überhaupt nicht das Thema. Was man machen müsste, wäre, das Budget zu erhöhen. Das ist das, was dieses Parlament machen kann. (Abg. Dr. Stummvoll: Haben Sie das Geld dafür? Wo wollen Sie einsparen?) Haben Sie das Geld? – Natürlich gibt es das Geld. Das gibt es ja für andere Bereiche auch. Das wissen Sie natürlich genau, doch Sie sitzen ruhigen Gewissens da und streichen Jahr für Jahr 4 Prozent der Lehrerposten weg. Sie streichen sie weg, Sie kürzen bei den Lehrern. Das ist Ihre Politik! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das sind Tausende Lehrer von Jahr zu Jahr, und dann gehen Sie her und sagen, die Landeshauptleute sind schuld. Ministerin Gehrer stellt sich her und sagt, es hat eine Vereinbarung mit den Ländern gegeben. – Na, wo wird denn der Finanzausgleich beschlossen? In den Ländern, beim Kaffeekränzchen? – Der wird hier in diesem Haus, beschlossen. Das war das Finanzausgleichsgesetz 2001; das nächste war dann 2004 und 2005. Dort sind die entsprechenden Zahlen enthalten.

Nehmen Sie doch die Verantwortung wahr, die Sie tragen! Sagen Sie es doch: Bildung braucht nicht so viel Geld! Das ist genau der Kurs, den Sie seit Jahren gefahren sind. Aber jetzt die Verantwortung abzugeben, das ist ja völlig skurril! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenbemerkung von Staatssekretär Dr. Finz.)

Mit Ihnen zu diskutieren ist ja absurd. Jetzt kommt die Geschichte der Pflicht­schul­lehrer und warum diese nur der Bund zahlt. Wo ist denn seit Jahrzehnten das Landeslehrerbudget verankert? – Natürlich im Bundesbudget! Es wird von den Ländern verwaltet, klar, aber woher kommt denn das Geld nach dem österreichischen Finanz­recht? – Doch aus dem Bundesbudget! Es ist doch absurd, jetzt zu sagen, die Länder


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waren es. Das ist eine Regelung, bei der immer klar war, dass das Bundesbudget das trägt.

Da frage ich Sie: Wo sind denn die Einsparungen? Wem kamen sie zugute? – 100 Millionen weniger im Bundesbudget. Was haben die Länder davon gehabt? Wo ist ein Euro, den die Länder gehabt haben? – Der Bund hat sich das Geld eingespart, nicht die Länder. – Ja, Kopfschütteln ist relativ einfach. – Dieses Abgeben der Verant­wortung, dieses dauernde Hin- und Herschieben – die Länder sind schuld, der Bund ist schuld – interessiert die Leute vor Ort überhaupt nicht mehr. (Beifall bei den Grünen.)

Sie, Frau Kollegin Rossmann, sagen, in den Pflichtschulen haben wir kein Problem mit großen Klassenschülerzahlen. Habe ich das richtig verstanden? In den Volksschulen haben wir kein Problem mit großen Klassenzahlen? Haben Sie hier im Raum irgendwie Kontakte, um zu sehen, was sich da abspielt mit 30 Schülern, wo laufend aufgefüllt wird bis zum letzten Platz, wo es von Jahr zu Jahr mehr Problemfälle gibt, wo die Toleranzgrenzen, wenn es wo knapp geworden ist und es noch immer gegangen ist, rigoros abgebaut worden sind? (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Es ist doch in Österreich das Thema momentan, dass die Klassen immer größer werden. Natürlich trifft das auch die höheren Schulen zu – da haben Sie vollkommen Recht –, dort ist es auch komplizierter – auch damit haben Sie Recht –, weil niemand hergehen und sagen wird, schieben wir Tausende SchülerInnen von einem Jahr auf das nächste oder lassen wir sie nicht zu, machen wir Begrenzungen. Das wird dort nicht so einfach sein, aber im Pflichtschulbereich ist es einfach.

Es gibt Prognosen, wonach die Zahl der Schulanfänger in den nächsten acht Jahren österreichweit um etwa 20 Prozent zurückgehen wird. Und niemand redet davon, dass man das nicht in Österreich insgesamt ausgleichen kann. Natürlich haben wir in Wien wenig Rückgang, aber in Österreich insgesamt sinken die Zahlen um 20 Prozent. Wenn man dieses Einsparungspotential hernimmt, auf Österreich verteilt, dann könn­ten wir – in dem Fall hat Kollege Niederwieser wieder Recht – ohne allzu viel Mehr­ausgaben, aber mit einer Sicherung des Budgets sehr schnell wesentlich bessere Klassenschülerzahlen bekommen.

In diesem Zusammenhang möchte auch ich jetzt einen Antrag einbringen, mit dem sichergestellt werden soll, dass diese Maßnahme der Klassenschülerzahlsenkung noch im heurigen Jahr wirksam werden kann.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, unver­züglich eine Bedarfserhebung durchzuführen, wie viele zusätzliche Pflichtschul-Klas­sen durch die Senkung auf maximal 25 Kinder pro Klasse eröffnet werden müssen. Die erforderlichen Dienstposten sind im Juli 2006 zu genehmigen.

Bis Ende der Sommerferien hat die Bundesministerin Schulen über die neu zu bilden­den Klassen und die Zuteilung von zusätzlichen LehrerInnen zu informieren sowie die Dienstposten auf die Länder zu verteilen.


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Die Bundesministerin wird außerdem aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich Vor­schläge über die Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auch in den höheren Schulen zu unterbreiten.

*****

Dieser Antrag würde bewirken, dass wir jetzt nicht von einer Maßnahme reden, die irgendeine nächste Regierung beim nächsten Finanzausgleich für das Schuljahr 2009 wirksam werdend verhandeln kann, sondern dass es jetzt Maßnahmen gibt. Und das ist wohl dringend und eindeutig notwendig. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde ist genügend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Brosz, Freundinnen und Freunde betreffend Senkung der Klas­senschülerInnenhöchstzahl auf 25 eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1410 d.B.): Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungsgesetz 1984, das ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das  Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ausschreibungs­gesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflich­tungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsge­setz, das Waffengebrauchsgesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schul­organisationsgesetz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirt­schaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studien­gesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungs­dokumentationsgesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechts­bereinigungsgesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006) (1549 d.B.)

Begründung

Die KlassenschülerInnenzahlen in Österreich steigen massiv. Annähernd 10 Prozent der SchülerInnen sitzen in Klassen, die über der gesetzlich definierten Klassen­schülerInnenhöchstzahl von 30 Personen liegen. Klassen mit über 30 SchülerInnen ermöglichen kein Eingehen auf die einzelnen SchülerInnen und sind für die Leh­rerInnen unzumutbar. Auch integrative Maßnahmen und Präventionsarbeit sind kaum durchzuführen.

Von Seiten der Elterninitiativen und vieler LehrerInnen wird deshalb zu Recht eine Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf 25 im Pflichtschulbereich einge­fordert.

Die Senkung der KlassenschülerInnenzahlen ab Schulbeginn 2006/07 muss oberste Priorität haben.


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird aufgefordert, unver­züglich eine Bedarfserhebung durchzuführen, wie viele zusätzliche Pflichtschul-Klassen durch die Senkung auf max. 25 Kinder pro Klasse eröffnet werden müssen. Die erforderlichen Dienstposten sind im Juli 2006 zu genehmigen.

Bis Ende der Sommerferien hat die Bundesministerin Schulen über die neu zu bildenden Klassen und die Zuteilung von zusätzlichen LehrerInnen zu informieren sowie die Dienstposten auf die Länder zu verteilen.

Die Bundesministerin wird außerdem aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich Vor­schläge über die Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auch in höheren Schulen zu unterbreiten.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte.

 


13.07.00

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gestehe zunächst einmal: Ich möchte jetzt weder die Finanzausgleichsdebatte weiterführen noch die Schuldebatte, und schon gar nicht möchte ich das tun, was dem Entschließungsantrag meines Vorredners entspricht, nämlich den Finanzausgleichspakt wieder aufschnüren und vorhandene Abmachungen wieder in Frage stellen, sondern ich möchte zum eigentlichen Thema reden, nämlich zum Deregulierungsgesetz 2006.

Meine Damen und Herren! Es ist dies ein ganz wichtiges Signal, und ich bin wirklich sehr dankbar, Herr Staatssekretär, dass durch dieses Signal bewusst wird, welche Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Österreich – und Wirtschaftsstandort heißt immer Arbeitsplätze, Einkommenschancen, soziale Sicherheit – es nicht nur hat, Steuern und Abgaben zu senken – siehe Steuerreform 2004/2005 –, sondern wie wichtig es auch ist, Reglementierungen, unnötige Gesetzesvorschriften aufzuheben und sozusagen ad acta zu legen. Ich glaube, es ist das ein ganz wichtiger Schritt, denn wir waren ja jahrelang konfrontiert mit der Meinung: Ständig beschließt ihr neue Gesetze; wann beseitigt ihr einmal überholte Gesetze?

Mit diesem Schritt, meine Damen und Herren, mit diesem Deregulierungsgesetz 2006, werden, wenn ich richtig gezählt habe, elf bundesverfassungsgesetzliche Vorschriften, 56 einfachgesetzliche Vorschriften und 140 Verordnungen aufgehoben. Das ist ein Schritt, der auch im Gleichklang ist mit den Bemühungen auf europäischer Ebene, denn der Vizepräsident der Europäischen Kommission Verheugen hat gemeint, er hat es sich zur Aufgabe gemacht, in den nächsten Jahren den Verwaltungsaufwand der Betriebe, der sich durch die EU ergibt, um 25 Prozent zu senken. Er hat bei der großen Konferenz in St. Pölten, bei der es auch um die Subsidiarität ging, gemeint, man müsse auch den Mut zur Lücke haben.

Nun weiß ich zwar, es ist bei unserer Rechtsordnung sehr schwierig, eine Lücke zu haben, aber ich glaube, den Mut, überholte Gesetzesbestimmungen wieder aufzu-


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heben, sollte man haben. Und wir von den Regierungsparteien haben diesen Mut, meine Damen und Herren. Das beweisen wir mit diesem Deregulierungsgesetz.

Herr Staatssekretär Finz, ich bin sehr froh darüber, dass das ja nur das erste Signal sein soll, ich bin sehr froh, dass wir uns hier eigentlich ein anderes europäisches Land zum Vorbild genommen haben, nämlich Holland, wo nach einem Normkosten-Modell die Zielsetzung besteht, ebenfalls 25 Prozent des Verwaltungsaufwandes der Betriebe zu reduzieren.

Auf Österreich umgelegt würde das 2 Milliarden € weniger Kosten durch unnötige Bürokratie und Regulierung bedeuten, es würde einen Wachstumsschub von 1,5 Pro­zent des Bruttosozialprodukts bedeuten – in einer Zeit, in der wir alle nachdenken, wie man Wachstum fördern kann, also ein Wachstumsschub von 1,5 Prozent des Brutto­sozialprodukts –, und es würde die Arbeitsproduktivität um 1,7 Prozent erhöhen.

Herr Staatssekretär Dr. Finz, es ist primär Ihr Bereich im Ressort, das weiß ich. Daher: Danke für das, was Sie bisher geleistet haben, danke für jene Weichenstellungen, die vorgenommen wurden, und danke auch für den Vorsatz, bis 2010 diese Kosten um 25 Prozent zu senken. Es ist im Interesse des Wachstums, der Beschäftigung, der Arbeitsplätze in Österreich. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Prähauser. (Abg. Öllinger: Das war fast zu viel des Dankes! Der Staatssekretär ist ganz überwältigt!)

 


13.10.00

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Als ich das erste Mal in der Zeitung gelesen habe, dass die ÖVP für die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen eintritt, war ich einmal schlichtweg angenehm überrascht, das gebe ich zu, aber gleichzeitig auch gespannt, wie man denn hier die Kurve kratzen möchte, nachdem man bisher ein Proponent dafür war, das eben nicht zu tun.

Der heute eingebrachte Antrag ist Beweis dafür, dass Sie natürlich vor Wahlen zwar daran denken, möglicherweise aufzufallen mit solchen Vorschlägen, aber letztendlich diese nicht umsetzen wollen, denn so, wie Sie das formuliert haben, hätten Sie, um seriös zu sein – Frau Kollegin Rossmann hat ja von einem seriösen Antrag ge­sprochen –, dazusagen müssen: Umsetzung am Sankt-Nimmerleins-Tag. Das wäre ehrlich gewesen. Das können wir natürlich nicht mittragen, da bitte ich um Verständnis.

Wir Sozialdemokraten halten es hier mit unseren Vorschlägen, wie sie vom Kollegen Niederwieser eingebracht wurden. Wir wollen, dass man sich klar zur Senkung auf 25 bekennt, und zwar nicht erst irgendwann vielleicht, wenn es jemandem recht ist, sondern wir wollen – und hier sollte die Regierung ihr Gewicht in die Waagschale werfen und dafür sorgen –, dass das sofort umgesetzt wird.

Ich meine, dass es natürlich schon höchste Zeit ist, dafür zu sorgen, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer mit den SchülerInnen und ihrem vorgegebenen Bildungs­programm entsprechend auseinander setzen können, damit die Bildungsergebnisse endlich erkennbar besser werden, damit wir von den letzten Rängen der PISA-Studie nach vorne marschieren. Das dürfte für ein Land wie Österreich, das in der Vergan­genheit Wissenschaftler von Weltruhm hervorgebracht hat, das eine Reihe von Nobelpreisträgern hervorgebracht hat, nicht schwierig sein. Wenn man die Größe dieses Landes im Verhältnis zu anderen Ländern sieht, haben wir eine hervorragende Gegebenheit, nur in der letzten Zeit haben wir ein bisschen ausgelassen, und in der


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ganz letzten Zeit, in den letzten sechs Jahren, geht es einfach eindeutig nach rück­wärts. Das können und wollen wir nicht mittragen.

Meine Damen und Herren! In Salzburg haben wir eine Landeshauptfrau, die sich auch hier den Kopf darüber zerbricht, wie das besser zu machen sein wird. Ich darf nur – Kollege Niederwieser hat es ja auch angeführt – auf den sonderpädagogischen Bereich hinweisen. Hier haben wir nämlich wirklich Probleme für die Zukunft. Salzburg hat für das abgelaufene Jahr und für das kommende Schuljahr 110 Planstellen mehr geschaffen, es fehlen uns nach wie vor 40. Wenn man das österreichweit hochrechnet, hätten wir die Möglichkeit für die Beschäftigung von 400 LehrerInnen. Und das, meine Damen und Herren, wäre, glaube ich, natürlich nicht ein Geschenk an irgendwen, sondern eine notwendige Maßnahme, wenn man weiß, wie einfach es ist, 19 Schüler gemeinsam mit sechs behinderten Schülern zu unterrichten, Letztere zu integrieren und letztendlich alle auf einen Stand zu bringen, denn Bildung ist die Voraussetzung dafür, im Leben später bestehen zu können.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass hier auch einer sozialdemokratischen Landeshauptfrau Folge geleistet werden kann und Vorschläge, auch wenn sie von der Opposition kommen, von der Regierung aufgenommen werden und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden sollten. Gefahr ist in Verzug, es ist fünf nach zwölf. Wir haben aber noch die Chance, gemeinsam etwas zu bewegen.

Nur eines: Es ist leider der Wille der Regierung nicht erkennbar. Wir werden mög­licherweise im Hintertreffen bleiben, aber wir werden das den betroffenen Menschen sagen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


13.13.49

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Deregulie­rungs­gesetz beweist diese Bundesregierung bereits zum zweiten Mal, dass sie sehr bestrebt ist, die Gesetze modern und zukunftsorientiert zu halten und somit auch die Rahmen­bedingungen für die österreichische Wirtschaft so zu gestalten, dass diese wirklich zukunftsweisend und erfolgreich sein kann.

Seit dem Jahre 2000 ist eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen gestrichen worden, die nicht mehr aktuell sind, die auch keine Daseinsberechtigung mehr haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass diese Bundesregierung immer wieder und erneut Bestrebungen an den Tag legt, die Gesetze so zu gestalten, dass sie auch anwenderfreundlicher sind, dass sie die Bürger auch verstehen.

Ich bin auch sehr dankbar für die „Less and Better Regulations“-Zielsetzung. Das bin ich mit den Aufgaben und mit den Zielsetzungen der Europäischen Union nicht immer, aber diese Zielsetzung ist eine, die natürlich auch den Forderungen und den Bestre­bun­gen der Wirtschaft sehr nahe kommt. Wir brauchen keine Überreglementierungen, sondern wir brauchen klare und rechtssichere Gesetzesmaterien, die uns das Wachstum und letztendlich auch die Schaffung von Arbeitsplätzen garantieren.

Diese Zielsetzung ist eine sehr richtige und wichtige auch für das Wachstum in unserem Land. Daher unterstützen wir diese Maßnahme dieser Bundesregierung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.15



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Moser. Ich erteile es ihr.

 


13.15.32

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner und auch Herr Kollege Stummvoll haben darauf hingewiesen, wie wichtig formale Rechtsbereinigungen sind – und darum geht es jetzt bei diesen Gesetzen, darum werden wir großteils zustimmen; in dritter Lesung sowieso –, wie wichtig das auch für den Wirtschaftsstandort ist, wie wichtig das ist im Hinblick auf die EU-Konformität.

Da möchte ich jetzt meinen Finger drauflegen und eine Nagelprobe auch in Richtung Postgesetz machen. Sie haben nämlich die Möglichkeit, jetzt auch noch eine Geset­zesfehlleistung dieses Parlaments zu korrigieren. Sie wissen ja, dass der Verfas­sungsgerichtshof das Postgesetz teilweise als verfassungswidrig dargestellt hat, weil nämlich die Regelung über die Hausbrieffachanlagen nicht der Verfassung entspricht. Wir hätten jetzt die Möglichkeit, darüber noch zu sprechen.

Das betrifft relativ viele Menschen. Jede/jeder von Ihnen hat ein Postfach zu Hause, und das hätte umgerüstet werden müssen, ist vielleicht schon umgerüstet worden, und die Kosten wurden widerrechtlich – so legt es der Verfassungsgerichtshof aus – den Hausbesitzern oder den Wohnungsgenossenschaften angerechnet. Das müsste gesetzlich saniert werden, und wir hätten eine Möglichkeit für die gesetzliche Sanierung, nämlich innerhalb dieses Deregulierungsgesetzes.

Das wird von Ihnen nicht gemacht, deswegen ersuche ich um die Unterstützung für folgenden Antrag, den ich hiermit einbringe:

Entschließungsantrag

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehebaldigst eine verfassungskonforme und gerechte Neuregelung der Kostentragung für neue Hausbrieffachanlagen vorzulegen, die den nutznießenden neuen Post-Marktteilnehmer anstelle der bisher verfassungs­widrig zur Kassa gebetenen Hauseigentümer in die Pflicht nimmt.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, Vorschläge zur Rückerstattung der bereits entstandenen Kosten für neue Hausbrieffachanlagen vorzulegen.

*****

Bitte, das ist auch eine Forderung der Arbeiterkammer, der Vertreter von Mieterinnen und Mietern, die oft über den Umweg der Hausbesitzer auch zur Kassa gebeten wurden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

13.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde betreffend verfas­sungskonforme und gerechte Neuregelung der Kostentragung für neue Hausbrief­fachanlagen eingebracht im Zuge der Debatte über Bericht des Verfas­sungs­ausschus-


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ses über die Regierungsvorlage (1410 d.B.): Bundesgesetz, mit dem zur weiteren Deregulierung des Bundesrechts Rechtsvorschriften des Bundes aufgehoben sowie das Publizistikförderungsgesetz 1984, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz 1994, das Heeresgebührengesetz 2001, das Strafvollzugsgesetz, das Bewährungshilfegesetz, das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Richtwertgesetz, das Beamten-Dienst­rechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Spanische Hofreitschule-Gesetz, das Bundeslehrer-Lehrverpflichtungsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Waffenge­brauchs­gesetz 1969, das Bundes-Schulaufsichtsgesetz, das Schulorganisations­ge­setz, die 7. Schulorganisationsgesetz-Novelle, das Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, das Schulzeitgesetz 1985, das Akademien-Studiengesetz 1999, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulpflichtgesetz 1985, das Bildungsdokumen­ta­tions­gesetz, das Mineralrohstoffgesetz und das Erste Bundesrechtsbereini­gungsgesetz geändert werden (Deregulierungsgesetz 2006 – DRG 2006, 1549 d.B.)

Die Regierungsparteien haben im Zusammenhang mit der weiteren Liberalisierung im Postmarkt bei der Novellierung des Postgesetzes im Jahr 2003 neue – auch für die Mitbewerber der Post – frei benutzbare Hausbrieffächer vorgeschrieben. Zugleich wurde im Postgesetz festgelegt, dass die Kosten dieser neuen Hausbrieffachanlagen von den Hauseigentümern zu tragen seien. Diese Regelung, die einseitig die privaten Post-Mitbewerber begünstigte und die Hauseigentümer belastete, wurde im Mai 2006 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Weder hat die Regierung jedoch bisher eine verfassungskonforme Neuregelung in die Wege geleitet, noch sind bisher zielführende Überlegungen zur Frage der Rückerstattung bereits entstandener Kosten an die Hauseigentümer erfolgt.

Trotz der umfangreichen Rechtsbereinigung im Zuge des Deregulierungsgesetzes 2006 wurde bisher auch hier versäumt, die verfassungswidrige Passage des Post­gesetzes durch eine verfassungskonforme, gerechte Neuregelung zu sanieren.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehebaldigst eine verfassungskonforme und gerechte Neuregelung der Kostentragung für neue Hausbrieffachanlagen vorzulegen, die die nutznießenden neuen Post-Marktteilnehmer anstelle der bisher verfassungs­widrig zur Kasse gebetenen Hauseigentümer in die Pflicht nimmt.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, Vorschläge zur Rückerstattung der bereits entstandenen Kosten für neue Hausbrieffachanlagen vorzulegen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


13.18.07

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das 21. Jahrhundert stellt neue Heraus­forderungen an uns, und die Globalisierung bringt einem Land wie Österreich einer­seits enorme Chancen, die wir natürlich aktiv nützen – das zeigt die Bundesregierung; so sind wir beispielsweise Europameister im Export; jeder zweite Euro wird durch


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Exporte von Gütern und Dienstleistungen erwirtschaftet; davon profitiert mittlerweile jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich, vor allem in Klein- und Mittelbetrieben –, die Globalisierung bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich, wie zum Beispiel stärkere internationale Konkurrenz, mögliche Abwanderung von Unternehmen oder die Frage der weltweiten Einhaltung von Menschenrechten und sozialen Standards.

Darauf muss ein moderner Staat reagieren, will er mit seinem Handeln für die gesamte Gesellschaft positive Wirkungen erzielen. Ein moderner Staat muss auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für Rahmenbedingungen sorgen, unter denen sich Arbeit, Unternehmensgeist, Kreativität und Innovation zum Wohle aller entfalten können.

All diese Aufgaben und viele andere Aufgaben kann nur ein Staat erfüllen, dessen Budget auf gesunden finanziellen Beinen steht, der sich auf den Kern seines Sozial­systems konzentriert und der die modernen Technologien für eine schlanke und effiziente Verwaltung nützt. Und er muss sich dort zurückziehen, wo er sinnvolle Entwicklungen bremst oder zu bremsen droht.

In diesem Sinne ist auch das vorliegende Deregulierungsgesetz zu verstehen: zur Steigerung der Anwenderfreundlichkeit und Überschaubarkeit der Rechtsordnung. Deshalb wurde auch die Initiative der Europäischen Kommission zur besseren Rechtsetzung der Europäischen Union unter dem Titel „Less and Better Regulations“ aufgegriffen. Die österreichischen Rechtsvorschriften wurden einer kritischen Prüfung im Hinblick auf vermeidbare Regelungen unterzogen. Dabei wurden auch die Vor­arbeiten des Ausschusses 2 des Österreich-Konvents berücksichtigt.

Dies ist bereits der zweite Schritt. Wir haben es heute schon einige Male gehört. Seit dem Jahr 2000 wurden bereits 200 Gesetze außer Kraft gesetzt. Warum ist eine solche Rechtsbereinigung notwendig? – Diese Rechtsbereinigung ist eng verknüpft mit der allgemeinen Forderung nach einer besseren Gesetzgebung überhaupt, denn mit Gesetzen kann es wie mit alten Kleidern sein: Wenn sie nicht mehr passen oder nach einer Weile unmodern geworden sind, muss man sie auswechseln oder ganz einfach weglegen.

Der Zweck dieses gegenständlichen Bundesgesetzes erschöpft sich nicht in der bloßen Aufhebung obsolet gewordener Rechtsvorschriften, vielmehr wird Deregulie­rung in quantitativem und qualitativem Sinn verstanden. Wir müssen uns jedoch vor Augen führen, dass, wenn die Rechtsbereinigung nachhaltig Erfolg haben soll, sie über einmalige Aktionen hinausgehen muss.

Beispielsweise haben sich selbst die Sozialdemokraten in Wien nunmehr dazu entschlossen, eine Novelle des Wiener Rechtsbereinigungsgesetzes vorzubereiten. Lange musste seitens der ÖVP dafür gekämpft werden, dass in Wien beispielsweise die Spucknapf-Verordnung für Tanzschulen oder das Teppichklopf-Verbot am Donau­kanal abgeschafft werden. Gegen manche Unsinnigkeiten, wie beispielsweise die Bestimmung, wonach Buschenschanken nur hart gekochte Eier verkaufen dürfen, kam die ÖVP bis heute nicht an, aber bekanntlich soll man ja die Hoffnung nicht aufgeben.

Aus diesem Grund gehen wir mit diesem Gesetz mit dem besten Beispiel voran. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Scheibner und Bucher. – Bravoruf des Abg. Dr. Stummvoll.)

13.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Scheibner. – Der ist nicht anwesend.

Dann gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer zu Wort.

 



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13.22.09

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Maßnahmen, die wir heute hier setzen, nämlich viele nicht mehr notwendige Gesetze und Verordnungen im Sinne dessen, was vorher schon gesagt wurde, aufzuheben – nach dem Grundsatz „Less and Better Regulations“ –, einen wichtigen Schritt dar­stellen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ist Scheibner aufgerufen worden? – Abg. Scheibner: Scheuch?)

Ich denke, das ist nur eine Zwischenetappe, weil dies nur eine Möglichkeit ist, mit Gesetzesmaterien und deren Folgekosten umzugehen. Diese Möglichkeit ist natürlich schon wichtig, weil Gesetze, so wie alle Rechtsregeln, Behörden und Bürokratie überhaupt, irgendwie das Bestreben haben, immer mehr zu werden, aber jene, die nicht mehr notwendig sind, im Regelfall nicht außer Kraft gesetzt werden, sodass eine Unübersichtlichkeit entsteht, die besonders für den Rechtsunterworfenen ein Problem darstellt. Daher ist es, so glaube ich, gut, dass hier systematisch dahin gehend durch­forstet wurde, dass nicht mehr notwendige Gesetze wirklich auch aufgehoben werden.

Im Sinne eines Zwischenschrittes wäre es auch gut, gerade auch die Gesetzesfolgen­abschätzung weiterzuentwickeln. Wir wissen, dass es dieses Instrument an sich gibt, wir sehen auch in den einzelnen Vorschlägen der Bundesregierung, dass von den Ministerien solche Folgenabschätzungen gemacht werden, aber häufig sind sie wirklich nur formelhaft. Es steht nur drinnen, dass ein Gesetz keine finanziellen Auswirkungen haben wird, es folgt keine nähere Begründung. Oft werden gerade die finanziellen Folgen durch zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Wirtschaft, für die Rechts­unterworfenen vernachlässigt und fallen unter den Tisch.

Ich meine daher, dass wir heute nicht nur diesen Schritt setzen sollten, sondern dass wir auch die Folgenabschätzung der Gesetzeskosten weiterentwickeln sollten, weil hier ein sehr großes Einsparungspotential für die Volkswirtschaft, für die Unternehmen insgesamt gegeben ist und damit auch ein Potential für eine bessere Entwicklung der Wirtschaft und für einen noch besseren Wirtschaftsstandort Österreich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


13.24.09

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Vorhin haben sich irgendwie die Schallwellen geändert. Wir haben bei der Worterteilung einen anderen Namen verstanden. Ich bitte um Verständnis. Ich werde mich jedenfalls kurz fassen.

Mein Vorredner hat einen sehr wichtigen Bereich angesprochen, nämlich die Geset­zesfolgenabschätzung. Wir haben dieses Thema vor vielen Jahren hier im Parlament diskutiert. Ich kann mich erinnern, dass meine Partei und ich als Wissenschafts­sprecher schon 1993/94 diesbezüglich Initiativen gesetzt haben, denn diese Institution sollte, so wie es auch der Deutsche Bundestag hat, hier im Parlament angesiedelt sein. Bis heute ist leider bis auf das Erfordernis, dass man bei Gesetzesanträgen auch die Budgetwirksamkeit berücksichtigen muss, wenig passiert.

Zur Deregulierung insgesamt: Das ist selbstverständlich immer eine gute Maßnahme. An dieser Stelle aber noch einmal mein Bedauern, dass wir im Verfassungs-Konvent bis jetzt keine Lösung erzielen konnten, auch nicht im Besonderen Ausschuss zur Behandlung der Ergebnisse aus dem Verfassungs-Konvent. Gerade im Bereich der Deregulierung und der Auflassung von nicht mehr benötigten Gesetzesmaterien, vor


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allem auch von Verfassungsbestimmungen ist man, soweit ich mich erinnern kann, auf eine Zahl von 1 400 Verfassungsbestimmungen in unserer Rechtsordnung gekommen, die dort eigentlich nichts mehr verloren haben.

Zumindest im Bereich der Deregulierung, der Gesetzesvereinfachung und auch der Gesetzesabschaffung könnte man, wenn man bereit wäre, die parteipolitischen Scheuklappen abzulegen, um in diesem Ausschuss doch noch Teilergebnisse zu erzielen, einiges erreichen. Die nächste Ausschusssitzung findet bald statt. Man soll die Hoffnung nie aufgeben, vielleicht schaffen wir in diesem Bereich auch noch einen Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeord­neten der ÖVP.)

13.26


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


13.26.32

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir brauchen die Hoffnung nicht aufzugeben. Wir sind auf guter Spur – so wie auch bei der EU-Ratspräsidentschaft, die in einigen Tagen zu Ende gehen wird. Ich spreche das deshalb an, weil sie mit dieser Gesetzesmaterie in Zusammenhang steht. Die österreichische EU-Ratspräsidentschaft wird allgemein als gelungen kommentiert. Es gab eine imponierende Regie, es gab eine klare Themenzuwendung, es gab eine Verbesserung der Kommunikation in einer Art und Weise, wie sie Europa endlich braucht. (Abg. Sburny: Das Essen war super!)

Folgendes war auch klar erkennbar: Mut zu Lösungen, was auch in der Erledigung der Finanzvorschau 2007 bis 2013 und der Dienstleistungsrichtlinie ersichtlich ist. Eine Neuausrichtung in der Energiepolitik sowie die Nachhaltigkeitsfrage wurden diskutiert. Auch der Arbeitsmarkt war ein zentrales Thema.

In St. Pölten fand die Subsidiaritätskonferenz in einer Zusammensetzung statt, wie Europa noch nie kommuniziert hat. Es waren höchste Persönlichkeiten aus allen Staaten anwesend. Der Präsident des Europäischen Gerichtshofes war genauso zuge­gen wie der Präsident des Verfassungsgerichtshofes Österreichs. Es waren Minister­präsidenten und der Vizepräsident der EU-Kommission da. Sie alle meinten, dass es höchst an der Zeit sei, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie wir in Zukunft die Verwaltung in Europa und in den nationalen Staaten ausrichten werden.

Es war natürlich imponierend zu hören, als Verheugen sagte, dass es sein Ziel sei, etwa 25 Prozent der Vorgaben der Richtlinienverordnungen zu verändern. Es war sehr positiv zu hören, als der bayerische Ministerpräsident Stoiber meinte, dass es höchst an der Zeit sei, die Regulierungen so zu formulieren, dass auch der Bürger sie versteht, dass sie nicht nur in einer juristischen Abfassung vorhanden sind, die im höchsten Maße nicht anwendbar ist. Das alles sind, so glaube ich, gute Botschaften.

Wenn ich heute und hier zum Deregulierungsgesetz das Wort ergriffen habe, dann mit Begeisterung, weil ich glaube, dass wir nun eine bereits im Jahr 2000 eingeleitete Maßnahme fortsetzen und doch zu weiteren Fortschritten kommen, dass Gesetze, die nicht mehr den Normen, Erwartungen und Bedürfnissen entsprechen, irgendwann ausgeblendet werden.

Persönlich ist es mir auch ein Anliegen, dass in Zukunft bei der Gesetzesvorbereitung und Gesetzeswerdung eine bessere Abstimmung innerhalb der Gebietskörperschaften Österreichs erfolgt, in weiterer Folge auch eine Abstimmung mit den europäischen Vorgaben. Letzten Endes soll das alles dazu führen, dass die Wettbewerbsfähigkeit in unserer Volkswirtschaft erhöht wird.


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Es geht dabei nicht nur um Gesetze der Wirtschaft, sondern es geht hier auch um Regelungen der Landwirtschaft, die ebenfalls höchst reformbedürftig sind. Ich meine, man kann insgesamt sehen: Mit dieser Maßnahme, die wir hier im österreichischen Parlament diskutieren und somit auch weiter auf Spur halten, liegen wir nicht nur im Trend, sondern wir erledigen auch wichtige und notwendige Maßnahmen, so wie es in den letzten Jahren in dieser Regierung üblich war.

Ich freue mich darüber, dass dieses Gesetz heute vorliegt, und hoffe, dass es die Zustimmung aller finden wird. (Beifall bei der ÖVP.)

13.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


13.29.46

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Die meisten meiner Vorredner haben sich global mit diesem Deregulierungsgesetz beschäftigt. Erlauben Sie mir, dass ich nun zu Artikel 11, Änderung des Richtwertgesetzes, zu Ihnen spreche.

Es war im Jahre 1993, als unter maßgeblicher Mitarbeit von Dr. Otto Keimel auf Seiten der ÖVP und Kurt Eder auf Seiten der SPÖ ein Richtwertsystem erarbeitet und ein Richtwert für jedes Bundesland verordnet wurde. Diese Richtwerte haben funktioniert und werden auch in Zukunft als Zinsbegrenzungsmechanismus funktionieren. Dieses System ist allerdings kein starres, sondern es wird gemäß § 5 Richtwertgesetz jährlich an die Änderung der Kaufkraft angepasst und dient damit auch als Wertsicherung. Das ist ein in sich schlüssiges System, das sich bis heute bestens bewährt hat und allgemein Anerkennung genießt. Den Müttern und Vätern dieses Gesetzes ist zu gratulieren!

Damals gab es – es wurde mir dies von Zeitzeugen berichtet – vor allem auf Seiten der SPÖ große Bedenken wegen des neuen Richtwertgesetzes. Es wurde verlangt, einen Beirat einzurichten, der unter bestimmten Voraussetzungen eine Korrektur der neuen Richtwerte vornehmen kann. Diese Richtwerte haben sich aber derart bewährt, dass sich dieser Beirat in Zukunft erübrigt.

Als positive Folge dieser Entrümpelung darf auch die erhebliche Ressourcen­ein­sparung nicht vergessen werden, denn, meine Damen und Herren, eine solche Neufestsetzung der Richtwerte wäre ein sehr aufwendiger Vorgang gewesen, der auch hohe Kosten mit sich gebracht hätte.

Abschließend möchte ich bemerken, dass Empfehlungen aus dem Jahre 1994 von mehreren Beiräten aufrecht bleiben und ihre Wirksamkeit behalten. Diese Aufhebung wirkt also nicht rückwirkend.

Das ist ein hervorragendes Gesetz, das durch diese Deregulierung nichts an Qualität verliert. Diese Abschlankung macht Sinn. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

13.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Broukal.

 


13.31.55

Abgeordneter Josef Broukal (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, Sie haben jetzt noch zwei Minuten Zeit, sich zu überlegen, ob Sie heute die Forderungen von drei ÖVP-Landes­organi­sationen erfüllen wollen, die Klassenschülerzahl in den nächsten Monaten so zu


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senken, dass es im September eine neue verträgliche Klassenschülerhöchstzahl von 25 und nicht mehr gibt.

Es gibt entsprechende Forderungen und Resolutionen der ÖVP-Landesorganisationen Steiermark, Niederösterreich und Wien. Wir laden Sie sehr herzlich ein ... (Abg. Dr. Brinek: Burgenland!) – Danke! Auch das Burgenland, eine vierte Landesorgani­sation. – Wir laden besonders die Damen und Herren Abgeordneten dieser Bundes­länder in der ÖVP ein, unserem Antrag betreffend Senkung der KlassenschülerInnen-Höchstzahl jetzt und nicht erst in ein paar Jahren oder vielleicht und wenn man verhandelt, und so weiter und so fort, zuzustimmen.

Das ist das Einzige, was Sie tun können, um Österreichs Eltern und um den Lehrerin­nen und Lehrern zu helfen, die unter unerträglichen Umständen arbeiten müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

13.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf betreffend Deregulierungs­gesetz 2006 in 1549 der Beilagen.

Hiezu liegt ein Verlangen auf getrennte Abstimmung der Abgeordneten Mag. Stoisits vor.

Ich werde zunächst über den vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel 13 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die sich für diesen Teil des Gesetzentwurfes aussprechen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit. Angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung geben, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung hiefür ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist auch einstimmig. Der Gesetz­entwurf ist damit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine Evaluierung des Finanzausgleichs für den Bereich des Lehrerpersonals an Pflichtschulen sowie darüber hinaus eine Evaluierung für alle weiteren Schularten mit dem Ziel legistischer Maßnahmen zu einer Absenkung der Klassenschülerhöchstzahl auf einen Richtwert von 25 auf Basis gesicherter Ressourcen.

Es ist eine namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen.


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Ich gehe daher so vor. Ich gebe bekannt: Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte und tragen jeweils den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Amon, Rossmann, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Wimmer, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Dr.  Fekter wird ihn später ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Wimmer und Dr. Fekter werfen die Abgeord­neten die Stimmzettel in die Urne.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenauszählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenauszählung vor. – Die Sitzung wird um 13.41 Uhr unterbrochen und um 13.48 Uhr wieder aufgenommen.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 173, davon „Ja“-Stimmen: 91, „Nein“-Stimmen: 82.

Der Entschließungsantrag ist somit angenommen. (E 191.)

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenom­men.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Achleitner, Amon, Auer Jakob, Auer Klaus Hubert;

Baumgartner-Gabitzer, Bleckmann, Böhm, Brader Alfred, Brinek, Bucher;

Dernoscheg, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Doppler;

Ellmauer, Eßl;

Fasslabend, Fauland, Fekter, Felzmann, Franz, Freund, Fuhrmann;

Gahr Hermann, Glaser, Grander, Grillitsch, Großruck;

Hakl, Haubner Peter, Hofmann, Höllerer, Hornek, Huainigg, Hütl;

Kainz, Kapeller, Keuschnigg, Kopf, Kößl, Kurzbauer;

Langreiter, Ledolter, Lentsch, Lichtenegger, Liechtenstein, Lopatka;

Machne, Maier Ferdinand, Marek, Mikesch, Missethon, Mitterlehner Reinhold, Mittermüller Marialuise, Molterer, Murauer;

Neudeck, Neugebauer;

Pack, Partik-Pablé, Praßl, Preineder, Prinz, Prinzhorn;


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Rädler Johann, Rasinger, Regler Roderich, Riener, Rossmann;

Scheibner, Scheuch, Scheucher-Pichler, Schiefermair, Schöls, Schultes, Schweisgut, Sieber, Sonnberger, Spindelegger Michael, Stadler, Steibl Ridi, Steindl Konrad;

Tamandl, Tancsits, Turković-Wendl;

Walch, Winkler, Wittauer, Wöginger, Wolfmayr;

Zweytick.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Bauer, Bayr, Becher, Binder-Maier, Bösch, Brosz, Broukal, Bures;

Cap, Csörgits;

Darabos, Dobnigg;

Eder, Einem;

Faul, Fleckl;

Gaál Anton, Gaßner, Gradwohl, Grossmann, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hlavac, Hoscher;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kogler, Königsberger-Ludwig, Krainer, Kräuter, Krist, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Lapp, Leutner, Lunacek;

Maier Johann, Mandak, Marizzi, Matznetter, Moser Gabriela, Moser Johann, Muttonen;

Niederwieser;

Oberhaidinger, Öllinger;

Parnigoni, Pendl, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Posch, Prähauser, Prammer;

Rada Robert, Reheis, Rest-Hinterseer, Riepl, Rosenkranz;

Sburny, Scharer, Schasching, Schieder, Schönpass, Schopf, Silhavy, Spindelberger Erwin, Stadlbauer, Steier, Stoisits;

Trunk;

Van der Bellen;

Weinzinger, Wimmer, Wurm;

Zinggl.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahl.

Es ist hiezu namentliche Abstimmung verlangt worden. Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung durchzuführen. Ich gehe daher so vor.

Die Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeord­netenpulte und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ –


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154. Sitzung / Seite 109

das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosa­arbenen. Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel verwendet werden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Wimmer, mit dem Namens­aufruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Dr. Fekter wird ihn später ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Wimmer und Dr. Fekter werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenauszählung vornehmen.

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenauszählung vor. – Die Sitzung wird um 13.54 Uhr unterbrochen und um 14.16 Uhr wieder aufgenommen.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 174, davon „Ja“-Stimmen: 81, „Nein“-Stimmen: 93.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Niederwieser und KollegInnen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhalten in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Bauer, Bayr, Becher, Binder-Maier, Bösch, Brosz, Broukal, Bures;

Cap, Csörgits;

Darabos, Dobnigg;

Eder, Einem;

Faul, Fleckl;

Gaál Anton, Gaßner, Gradwohl, Grossmann, Gusenbauer;

Hagenhofer, Haidlmayr, Heinisch-Hosek, Heinzl, Hlavac, Hoscher;

Jarolim;

Kaipel, Katzian, Keck, Kogler, Königsberger-Ludwig, Krainer, Kräuter, Krist, Kummerer, Kuntzl;

Lackner, Lapp, Leutner;

Maier Johann, Mandak, Marizzi, Matznetter, Moser Gabriela, Moser Johann, Muttonen;

Niederwieser;

Oberhaidinger, Öllinger;


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Stenographisches Protokoll
154. Sitzung / Seite 110

Parnigoni, Pendl, Pfeffer, Pilz, Pirklhuber, Posch, Prähauser, Prammer;

Rada Robert, Reheis, Rest-Hinterseer, Riepl, Rosenkranz;

Sburny, Scharer, Schasching, Schieder, Schönpass, Schopf, Silhavy, Spindelberger Erwin, Stadlbauer, Steier, Stoisits;

Trunk;

Van der Bellen;

Weinzinger, Wimmer, Wurm;

Zinggl.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Achleitner, Amon, Auer Jakob, Auer Klaus Hubert;

Baumgartner-Gabitzer, Bleckmann, Böhm, Brader Alfred, Brinek, Bucher;

Dernoscheg, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert, Doppler;

Ellmauer, Eßl;

Fasslabend, Fauland, Fekter, Felzmann, Franz, Freund, Fuhrmann;

Gahr Hermann, Glaser, Grander, Grillitsch, Großruck;

Hakl, Haubner Peter, Hofmann, Höllerer, Hornek, Huainigg, Hütl;

Kainz, Kapeller, Keuschnigg, Khol, Kopf, Kößl, Kurzbauer;

Langreiter, Ledolter, Lentsch, Lichtenegger, Liechtenstein, Lopatka;

Machne, Maier Ferdinand, Marek, Mikesch, Missethon, Mitterlehner Reinhold, Mittermüller Marialuise, Molterer, Murauer;

Neudeck, Neugebauer;

Pack, Partik-Pablé, Praßl, Preineder, Prinz, Prinzhorn;

Rädler Johann, Rasinger, Regler Roderich, Riener, Rossmann;

Scheibner, Scheuch, Scheucher-Pichler, Schiefermair, Schöls, Schultes, Schweisgut, Sieber, Sonnberger, Spindelegger Michael, Stadler, Steibl Ridi, Steindl Konrad, Stummvoll;

Tamandl, Tancsits, Turković-Wendl;

Walch, Winkler, Wittauer, Wöginger, Wolfmayr;

Zweytick.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahl auf 25.


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Stenographisches Protokoll
154. Sitzung / Seite 111

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit. Abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verfassungs­kon­forme und gerechte Neuregelung der Kostentragung für neue Hausbrieffachanlagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit. Abgelehnt.

14.17.42 3. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1355 d.B.): Ab­kommen zwischen der Republik Österreich und Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll (1474 d.B.)

4. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1388 d.B.): Proto­koll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkom­mens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenos­senschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (1475 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zu den Punkten 3 und 4 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Ich erteile ihm das Wort für 4 Minuten, wie er wünscht.

 


14.18.37

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Doppelbesteuerungsabkommen bieten normalerweise wenig Gelegenheit, hier im Hohen Haus kontroversielle Auseinandersetzungen zu führen. Es ist insofern doch eine Besonderheit – und ich möchte das gleich vorweg ankündigen –, dass die SPÖ-Fraktion dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Eidgenossenschaft der Schweiz nicht die Zustimmung erteilen wird. (Abg. Großruck: Da wird die Schweiz böse sein! Da wird sich die Schweiz ärgern!)

Ich werde im Folgenden auch erläutern, warum: Wenn man sich anschaut, was der „Werdenberger & Obertoggenburger“ – das ist nichts anderes als das amtliche Publikationsorgan von Sankt Gallen – in seiner Ausgabe vom 31. Jänner 2006 schreibt, dann liest man Folgendes:

„Vorarlberger Grenzgänger füllen St. Galler Steuerschatulle“, und man liest darin weiter, dass durch dieses neue Abkommen die Schweiz von den Grenzgängern einen deutlich, einen um ein Vielfaches höheren Anteil an den Steuern kassieren wird, die bisher der öffentlichen Hand in Österreich zugekommen sind.

Jetzt kann es Situationen geben – Doppelbesteuerungsabkommen müssen immer wieder abgeändert werden –, wo man sagt: Ja, wir verändern das und passen das an die zeitlichen Veränderungen an!

Ich habe im Ausschuss Herrn Staatssekretär Finz ausdrücklich gebeten, mir zu erklä­ren, warum bei einem seit Jahrzehnten gültigen Abkommen einseitig zu Lasten des österreichischen Fiskus und zugunsten der – wie heißt es so schön in der von mir genannten Schweizer Zeitung? – „Steuerschatulle“ der Schweiz eine Änderung gemacht wurde. Ich habe keine auch nur in irgendeinem Zusammenhang nach­vollziehbare Erklärung bekommen.


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Normalerweise gibt es, wenn man ein Doppelbesteuerungsabkommen ändert und ein Partner einen höheren Anteil bekommt, dann andere Bereiche, wo man eigene Wün­sche erfüllt. – Solche sind hier nicht feststellbar. Es ist eine einseitige Veränderung zu Lasten Österreichs und zugunsten der Schweiz.

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie die öffentlichen Finanzen in der Schweiz beisammen sind. Man hört ja, dass es gerade auf der Kantons- und Gemeindeebene sehr schlecht um sie bestellt ist. Aber dass es so schlecht um sie bestellt ist, dass Anlass besteht, bei einem in Österreich laufend ansteigenden Budgetdefizit hier das Geld aus der österreichischen Steuerschatulle – bleiben wir bei diesem Wort – in die der Schweizer zu befördern, davon gehe ich doch nicht aus. Und dass dazu auch noch die Zustimmung der Abgeordneten hier erteilt wird, dazu besteht wenig Anlass.

Ich sage ganz offen: Ich vermute, dass manche andere, sagen wir einmal, nette Umgangsform zwischen Herrn Bundesminister für Finanzen Karl-Heinz Grasser und seinem Schweizer Amtskollegen – ich erinnere dabei an das Projekt, die Telekom an die Swisscom zu übergeben – Anlass gibt, hier in einer ganz besonders netten Art mit den Schweizern umzugehen.

Ich finde, es ist unsere Aufgabe als Abgeordnete, bei einer Regierung, die bei den Verhandlungen kein angemessenes Ergebnis bringt, auch nein zu sagen. Das werden wir in diesem Fall tun – auch als Signal für die Schweiz: dass sie sieht, dass Österreich sich nicht beziehungsweise dass sich nicht alle einfach über den Tisch ziehen lassen, wenn es um Veränderungen geht.

Noch ein kleiner Hinweis: Wir hätten genug Gelegenheit gehabt, in diesem DBA mit der Schweiz Änderungen zugunsten Österreichs herbeizuführen. Ein Teil wäre zum Beispiel die Quellensteuer von den Dividenden bei den Körperschaften gewesen. Leider keine Veränderung! – Herr Staatssekretär, dieses Ergebnis der Verhandlungen verdient leider ein „Nicht genügend“! – Danke, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

14.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Finz. – Bitte.

 


14.22.56

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Nationalrat! Mir ist im Finanzausschuss nicht bewusst gewesen, dass ich eine Frage nicht genügend beantwortet hätte; das hätte deutlicher zum Ausdruck gebracht werden müssen. – Nun aber zum Inhalt:

Die EU und die Schweiz haben ein Freizügigkeitsabkommen getroffen. Dadurch hätte sich jetzt für die Österreicher, speziell für die Vorarlberger, für einen Personenkreis eine Möglichkeit ergeben, die Grenzgängerregelung in Anspruch zu nehmen – für einen Personenkreis, der diese Regelung bisher nie in Anspruch hätte nehmen können. Das hätte bedeutet, dass wir, hätten wir nichts gemacht, einen Einkom­mensverlust von 80 Millionen € erlitten hätten. (Abg. Jakob Auer: So ist es!) Daher war als Basis für dieses Freizügigkeitsabkommen – das mit der EU getroffen wurde – eine Neuregelung des bilateralen Abkommens mit der Schweiz notwendig.

Dabei haben wir die bisherige Grenzgängerregelung ersatzlos gestrichen und führen jetzt eine methodische Änderung ein. Bisher war es so, dass auf österreichischer Seite auf sämtliche Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Bezug auf die Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung generell eine Quellensteuer von 3 Prozent dazu­gerechnet wurde.


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Wir haben jetzt eine Neuregelung, durch die diese 3-Prozent-Grenze gefallen ist, und stattdessen bekommen wir eine Rückvergütung in der Höhe von 12,5 Prozent der schweizerischen Steuereinnahmen. Das entspricht in etwa dem bisherigen Aufkom­men. Die Ursache dafür war aber nicht, dass wir zugunsten der Schweiz etwas ändern sollten, sondern das erfolgte auf Grund der Ursache, dass die Schweiz mit der EU eine neue Regelung erzielt hat.

Das ist also eine Reaktion von uns, zu der wir keine Alternative sehen, durch die wir das hätten vermeiden können. Es galt vielmehr zu vermeiden, dass wir Steuerausfälle haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe des Abg. Dr. Matznetter sowie Gegenrufe des Abg. Grillitsch.)

14.25


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Auer. – Bitte.

 


14.25.19

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär Finz hat jetzt nochmals klar die Angelegenheit erläutert (Abg. Gaál: Er hat es verwirrt! – Abg. Wimmer: Verwirrt!), die Grundlage dessen, was Inhalt des Abkommens zwischen der Schweiz und Österreich ist.

Ich bin an und für sich erstaunt über die Haltung eines vermeintlichen Steuerfach­manns Matznetter, dessen Kompetenz ihm ansonsten nicht abzusprechen ist – zumindest in manchen Bereichen nicht. (Abg. Grillitsch: Na geh!) Aber in diesem Bereich habe ich offensichtlich ein gewisses Problem, Herr Kollege Matznetter.

Tatsache ist, dass vielleicht der eine oder andere Kanton – das mag schon sein – einen gewissen Vorteil hat (Abg. Dr. Matznetter: Nein, alle!), dass es aber insgesamt gesehen, wäre es nicht geändert worden, auf Grund des Freizügigkeitsabkommens zwischen der Europäischen Union und der Schweiz unter Umständen möglich ge­wesen wäre, dass Österreich einen Verlust von 80 Millionen € an Steuereinnahmen zur Kenntnis hätte nehmen müssen (Abg. Dr. Matznetter: Das ist falsch!) und als Gegenrechnung vielleicht 8 oder 9 Millionen € natürlich auch an Belastung zu verzeich­nen gewesen wären.

Aber Tatsache ist: Das ist ein Vorteil von acht zu eins für Österreich! (Abg. Dr. Matznetter schüttelt den Kopf.) Und dass Sie einer derartigen Änderung, die sich im Gesamtsaldo positiv für Österreich auswirkt, nicht zustimmen, das wundert mich ein bisschen. – Ansonsten ist hierzu nichts zu sagen, da Herr Staatssekretär Finz diese Tatsache bereits erläutert hat.

Herr Kollege Matznetter! Lassen Sie sich nochmals aufklären, dann werden Sie sich unseren Argumenten nicht verschließen! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher. – Abg. Grillitsch: Matznetter ist nicht lernfähig!)

14.27


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Mag. Hoscher. – Bitte.

 


14.27.11

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Tatsache ist, dass im Ausschuss nicht wirklich erläutert werden konnte, wie die 80 Millionen € zustande kommen. Tatsache ist auch, dass im Ausschuss der Herr Staatssekretär selbst gesagt hat, dass ein Mehr­aufkommen für die Schweiz nicht ausgeschlossen werden kann.


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Jetzt ist ebenfalls keine Aufklärung gekommen, sondern es wurden nur die Zahlen des Vorblattes wiederholt. – Dass der Herr Staatssekretär den Lesetest besteht, davon bin ich ausgegangen.

Zur Schweiz und zu diesem Doppelbesteuerungsabkommen – in diesem Zusam­menhang kann man natürlich ein paar steuerliche Punkte, die in anderen Doppel­besteuerungsabkommen auch aufs Tapet gebracht werden könnten, ebenfalls ansprechen –:

Die Schweiz ist ein Land, für das der Tourismus sehr, sehr wichtig ist – ebenso wie für uns. Seit längerem finden auch auf europäischer Ebene Gespräche statt, wie der ermäßigte Umsatzsteuersatz im Tourismus zu behandeln sei. Sie wissen, dass etwa von Frankreich der Vorschlag gemacht wurde, hier essentielle Senkungen vorzu­nehmen. Ich erinnere daran, dass etwa in der Schweiz dieser Steuersatz bei Zimmer und Frühstück bei 3,6 Prozent liegt. Wir haben vor längerer Zeit vorgeschlagen, den ermäßigten Steuersatz hier von 10 auf 5 Prozent abzusenken, ohne verpflichtende Weitergabe an die Konsumenten, was eine erhebliche Entlastung für die Tourismus- und Freizeitbranche mit sich bringen würde.

Letzte Woche ist dieses Thema wiederum bei der Tagung der Hoteliervereinigung in Innsbruck aufs Tapet gekommen und wurde besprochen, und es kam zum Ausdruck, dass das ein dringender Wunsch der Branche ist. Auch Kommissar Verheugen hat das vor rund drei Wochen bei der Tourismusministertagung hier in Wien angesprochen. Und eine entsprechende Anfrage, die ich an das Finanzministerium gerichtet habe, wurde ebenfalls damit beantwortet, dass man sehr wohl die Notwendigkeit sehe, in Zukunft diese Frage zu evaluieren.

Ich denke, dass wir diese Zukunft vorwegnehmen sollten, dass wir ernsthaft Ge­spräche aufnehmen sollten, sowohl auf bilateraler als auch auf multilateraler Ebene, um hier zu wesentlichen Verbesserungen für diese Branche zu kommen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


14.29.17

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollege Auer hat erstens behauptet, dass nur einzelnen Kantonen möglicherweise mehr Geld zur Verfügung steht, und nicht für die gesamte Schweiz.

Zweitens hat er hier behauptet, dass Österreich aus dieser Regelung in Summe einen wirtschaftlichen Vorteil hätte.

Ich korrigiere tatsächlich:

Erstens: Es bedeutet für Österreich eine drastische Verschlechterung, wenn die Schweiz von den Grenzgängern statt bisher 3 Prozent nunmehr 25 Prozent einhebt, selbst wenn die Hälfte – 12,5 Prozent – an Österreich überwiesen wird. (Abg. Steibl: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! Das ist ein Debattenbeitrag!)

Ich berichtige zweitens tatsächlich, dass in der Schweiz das gesamte Aufkommen dieser Quellensteuer an die Kantone und Gemeinden gegangen ist, sodass dieser Vorteil auch wirklich ein reiner Vorteil für die Kantone und Gemeinden in der Schweiz ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl. – Gegenruf des auf seinen Sitzplatz zurückkehrenden Abg. Dr. Matznetter: Sie haben Unrecht, Frau Kollegin!)

14.29



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
154. Sitzung / Seite 115

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Bucher. – Bitte.

 


14.30.00

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Matznetter, Sie haben – so denke ich – die Sache nicht ganz verstanden. (Abg. Dr. Matznetter: Nein! Ich verstehe es sehr gut!) Versuchen Sie das einmal aus der Praxis heraus zu verstehen. Wenn zum Beispiel Vorarlberger Pendler in die Schweiz fahren und mit dem bis dato noch gültigen Freizügigkeitsabkommen dort nur eine Nacht verweilen, dann würden sie unter die Schweizer Besteuerung fallen. (Abg. Dr. Matznetter: Jetzt schon!) Das wollen Sie hoffentlich nicht haben! Sie wollen, dass die Vorarlberger Landesbürger in Österreich in die Besteuerung fallen. Daher denke ich, dass das eine vernünftige Regelung ist, dass es eine weitsichtige Regelung ist, der wir selbstverständlich auch zustimmen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.31


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Wimmer. – Bitte.

 


14.31.32

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Kolleginnen! Liebe Kollegen! In der ersten Vorlage, die heute hier zu behandeln ist, geht es um den Abschluss eines Staatsvertrages zwischen der Republik Österreich und dem Staat Barbados zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Ich denke, da gibt es breiten Konsens, und das ist auch gut so – da wird es keine Schwierigkeiten geben.

Ein bisschen anders stellt sich aber die Situation bei der nächsten Regierungsvorlage dar. Dabei geht es um die Abänderung des Abkommens zwischen Österreich und der Schweiz. Dieser Vertrag ist bereits seit dem Jahr 1974 in Kraft und soll nun angepasst werden. Herr Staatssekretär, Sie verstehen es immer wieder, uns ein bisschen zu verwirren, aber lassen Sie mich noch einen zweiten Aspekt einbringen. Einen hat unser Budgetsprecher Herr Matznetter bereits eingebracht.

Es geht mir um das Problem der österreichischen ArbeitnehmerInnen, die als Grenz­gänger in der Schweiz arbeiten. Konkret geht es um die Besteuerung von Pen­sionsabfindungen von ArbeitnehmerInnen, die in der Schweiz beschäftigt sind. Es ist jetzt so, dass Pensionsabfindungen zu einem Drittel steuerfrei sind und der Rest dann voll versteuert wird. Das ist nicht gerecht, das ist in Wirklichkeit ein bisschen unfair.

Unser sozialdemokratischer Vorschlag war ja immer, dass bei diesen Abfindungen nur der halbe Steuersatz in Anwendung gebracht werden soll. Das wäre einfach gerechter, weil die zweite Säule des schweizerischen Pensionssystems ja nicht freiwillig ist, sondern – wie wir wissen – gesetzlich vorgeschrieben ist. Wir werden in den nächsten Wochen für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in der Schweiz arbeiten, eine Initiative starten. Es ist eine große Zahl von Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern betroffen. Ich hoffe, dass es dann einen breiten Konsens geben wird, endlich eine faire Besteuerung für die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sicherzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.33


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Kogler. – Bitte.

 



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154. Sitzung / Seite 116

14.33.35

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Es ist ja an sich nicht üblich, dass man sich über Doppelbesteuerungsabkommen länger auseinander setzt, nicht einmal im Ausschuss. Da gebe ich Ihnen Recht. Es gab an diesem Tag auch alle möglichen anderen Themen. Ich bin schon seit gestern in der Situation, sozusagen in der Argumentation von Matznetter und der Ihres Hauses, Herr Staatssekretär, eine Abwägung vorzu­nehmen und bin zu folgendem Schluss gekommen – bis jetzt hatte man den Eindruck, alle haben Recht, aber was macht man damit? Das ist ja noch keine Ent­scheidungshilfe! –:

Erstens – und ich denke, das ist auch nicht unwichtig für die Parlamentarier – werden die Individuen, die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, die davon betroffen sind, nicht schlechter gestellt. Worum es im Wesentlichen geht, sind Geldströme zwischen den dortigen – nicht Bund – Kantonen und Gemeinden und der Republik Österreich. Darin ist offensichtlich das Spannungsfeld zu suchen, wer welchen Zustand mit welchem vergleicht.

Wenn ich sage, es haben bis jetzt alle Recht gehabt, dann deshalb, weil zumindest mein Eindruck ist, dass der Herr Staatssekretär den bereits von den Schweizern exekutierten Zustand zu Vergleichen heranzieht, die sich ja wiederum auf das Freizügigkeitsabkommen stützen können und damit gewisse Verhandlungsmacht ausüben können, weil sie damit rechnen, dass genügend Österreicherinnen und Österreicher – und dagegen gäbe es keine Handhabe – in ein neues System hinein­optieren können, und wir würden gänzlich durch die Finger schauen. – Das ist die eine Sichtweise.

Verglichen mit dem, was wir bis vor Kurzem hatten, ist es natürlich ein Nachteil für die Republik. Ich denke, das wurde noch nicht hervorgehoben: Da hat Matznetter sicher Recht. Es wird weniger für uns. Die Frage ist nur: Was ist die Alternative an dieser Stelle?

Mein Eindruck nach längeren Telefonaten mit dem Finanzministerium ist, dass die Verhandlungsmacht nicht so verteilt ist, dass Österreich alles hätte durchsetzen können, sondern dass die Schweiz sehr wohl – wie man so schön sagt – auf einem mittleren oder längeren Ast sitzt, zumindest was diese eine Frage betrifft, und deshalb das Ergebnis durchaus ansehnlich und vertretbar ist.

Eines ist mir allerdings schon auch aufgefallen: In so einer Situation dann gleich darauf hinzuwirken, andere Bestimmungen mitzuverhandeln, dürfte nicht geschehen sein. Wie die Stellung der Republik Österreich und der Schweiz war, ist auch da nicht genau erläutert worden, Herr Staatssekretär. Aus dem Befund, den ich mir gemacht habe, habe ich meiner Fraktion empfohlen, zuzustimmen, denn in Wahrheit – das ist jeden­falls meine Sicht der Dinge – werden wir als Republik Österreich mit dieser Situation am Schluss besser dastehen, als wenn nichts passiert.

Dass es früher besser war, als die in Frage kommenden VorarlbergerInnen diese Möglichkeit eigentlich auf Grund von arbeitsrechtlichen Bestimmungen noch nicht hatten, ist eine andere Sache. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.– Ja, aber es wird ihnen offensichtlich wesentlich erleichtert, weil die Bestimmungen an dieser Stelle auseinander klaffen.

Es hilft nichts, diese Materie war offensichtlich schon für den Ausschuss zu kompliziert, erst recht ist sie es für das Plenum. Aber so geht es uns Parlamentariern. Hundert­prozentige Gewissheit habe ich keine, aber in diesem Fall dürfen Sie mitnehmen, dass ich den Beamtinnen und Beamten Ihres Hauses, Herr Staatssekretär, vertraue – das ist irgendwie plausibel.


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154. Sitzung / Seite 117

Allerdings ist die Antwort noch offen, wie künftig bei Doppelbesteuerungsabkommen vorgegangen wird – das ist à la longue die viel interessantere und wichtigere Frage, das steigert sie ja ins Astronomische – und ob es nicht genau da möglich ist, mit der EU einmal anders zu Werke zu gehen, und nicht immer nur genau dort, wo wir ohnehin den Schaden haben, wie bei den WTO-Verhandlungen. Da geben wir gerne alle Rechte ab, und Herr Bartenstein darf in Wahrheit zuschauen, selbst wenn wir den Vorsitz haben. – Das würde sich anbieten, wird aber auch schwierig sein, weil letztlich steuerliche Fragen eben vom Gemeinschaftsrecht in der erwünschten Form nicht erfasst sind.

Letzter Punkt: Wir haben schon öfters über die zukünftigen Möglichkeiten von der Besteuerung in den Bereichen Gewinne und Zinseinkünfte geredet. Da wären die Harmonisierungsbestrebungen wesentlich dringlicher als im Arbeitsbereich, vor allem natürlich auch über Länder und Kontinente hinweg. Ich spreche da von den Steuer­oasen – da würde ich mir wirklich einmal glaubwürdigere Anläufe erwarten. Nicht, dass wir als Österreicher das abstellen können, das ist das Dilemma! (Beifall bei den Grünen.)

Folgendes stimmt mich aber bedenklich: der Auftritt des Finanzministers diesbezüglich und die Art, wie Sie, Herr Staatssekretär, das erläutert haben, nämlich dass Sie mit dem Auftrag des Parlaments ausgestattet – einstimmig nämlich – in Sachen Devisen­transaktionssteuer bestimmte Aktivitäten entfalten sollten, Sie aber eigentlich, bevor es richtig losgeht, schon mit der Botschaft heimkommen: Das will dort niemand hören, also können wir uns da nicht aus dem Fenster lehnen! – Das ist zwar das, was man sich von Grasser erwarten durfte, aber nicht wirklich elegant, vor allem wenn sich der Bundeskanzler angeblich selbst dafür stark gemacht hat. Das werden Sie überdenken müssen. (Beifall bei den Grünen.)

14.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Sieber. – Bitte.

 


14.39.20

Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staats­sekretär! Hohes Haus! Kollege Matznetter, ich habe Sie eigentlich bisher als sehr konsequenten und genauen Rechner kennen gelernt und wundere mich, dass Sie jetzt bereit sind, Schlupflöcher offen zu lassen. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie hier konsequent einfordern. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.)

Das österreichisch-schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen hat sich unter anderem durch das Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens zwischen der EU und der Schweiz als dringend revisionsbedürftig erwiesen.

Infolge des Inkrafttretens des bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und der EU über den freien Personenverkehr am 1. Juni 2002 haben sich die Rahmen­bedingungen für die Einstufung österreichischer Arbeitnehmer als Grenzgänger geändert. Dies könnte ohne Revision des Doppelbesteuerungsabkommens zu beträcht­lichen Verschiebungen beim Steueraufkommen zu Lasten Österreichs führen.

Ziel des neuen Abkommens ist es, eine weitere Steueraufkommens-Verschiebung von Österreich in die Schweiz zu verhindern. Das Problem wurde dadurch gelöst, dass die schweizerischen Lohneinkünfte der in Österreich ansässigen Arbeitnehmer generell in das Anrechnungssystem einbezogen werden und gleichzeitig an Stelle der bisherigen Begrenzung der Schweizer Besteuerungsansprüche von 3 Prozent an den öster­reichischen Grenzgängereinkünften eine jährliche Teilvergütung der in der Schweiz


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154. Sitzung / Seite 118

erhobenen Steuer in der Höhe von 12,5 Prozent an die Republik Österreich bezahlt wird. (Abg. Dr. Matznetter: Lesen Sie das Formblatt!)

Es kann diese Regelung, die bewirken wird, dass der bisherige Grenzgängerschwund gestoppt wird und seine Rückholung in das österreichische Besteuerungsnetz stattfindet (Abg. Dr. Matznetter: 25 Prozent!), kurzfristig zu Steuermindereinnahmen in einer geschätzten Größenordnung von 9 Millionen € pro Jahr führen. Im Extremfall könnte es jedoch ohne diese Regelung zu einem Steuerausfall von 80 Millionen € kom­men. (Abg. Dr. Matznetter: Die Schweizer freuen sich über ... mehr!) Das heißt, wir verlieren zwar beim Steueraufkommen, aber ohne Anpassung verlieren wir fast das Zehnfache. (Abg. Dr. Matznetter: Das ist ein Blödsinn!)

Weiters ist eine Ausweitung der gegenseitigen Amtshilfeleistung herbeizuführen. Erst­mals wird im Verhältnis zur Schweiz auch eine begrenzte Vollstreckungsamtshilfe vorgesehen. Hierdurch sollen Unzukömmlichkeiten beseitigt werden, die sich vor allem bei jenen österreichischen Grenzgängern ergeben haben, die kein exekutionsfähiges Vermögen in Österreich besitzen. – Dadurch wird es zu Verbesserungen für die derzeit sehr schwierige Situation der Finanzämter kommen.

Außerdem ergab sich aus den Arbeiten in der OECD zur Beseitigung unfairer Besteu­erungspraktiken ein Revisionsbedarf für das Doppelbesteuerungsabkommen.

Schließlich sind die Revisionsverhandlungen zum Anlass genommen worden, eine OECD-konforme Quellensteuerentlastung bei Lizenzgebühren herbeizuführen, eine Absicherung der österreichischen Wegzugsbesteuerung zu gewährleisten und eine OECD-konforme Abkommensanpassung bei der Künstler- und Sportlerbesteuerung zu vereinbaren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) 14.42

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. – Bitte.

 


14.42.42

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Über die Abänderung des Abkommens zwischen Österreich und der Schweiz wurde bereits sehr viel gesagt, daher kann ich mich kurz fassen. Dieses Abkommen ist selbstverständlich notwendig. Da geht es um sehr präzise Fragen, nämlich um den freien Personenverkehr und damit um Rahmenbedingungen für die Einstufung österreichischer Arbeitnehmer als Grenzgänger, die geändert werden.

Dabei wird in Wirklichkeit tatsächlich ein Steuerverlust vermieden. Man muss auch in der Schweiz immer die Probleme mit den verschiedenen Kantonen sehen.

Weiters wird die Ausweitung der gegenseitigen Amtshilfeleistungen herbeigeführt. (Abg. Dr. Matznetter: ... weniger und nicht mehr!) – Darüber kann man diskutieren.

Inzwischen gab es im Oktober 2004 – auch das wurde erwähnt – einen Vertrag zwischen der Schweiz und der EU, der diesen Vorgang notwendig macht.

Das zweite Abkommen hat gerade heute Wichtigkeit – deswegen konzentriere ich mich ein bisschen mehr darauf –, nämlich das Abkommen zwischen Österreich und Barba­dos zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerum­gehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. – Bisher gab es in diesem Bereich überhaupt keine Vereinbarungen.

Österreich wird dadurch sicherlich attraktiver für Investitionen von Auslandsunter­nehmen sein. Stützpunkte für internationale Geschäftsverbindungen können entstehen. Umgekehrt wird es für österreichische Betriebe möglich gemacht, Investitionen zu tätigen.


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154. Sitzung / Seite 119

Wegen der verschärften Konkurrenz auf den Weltmärkten ist die Fähigkeit zu inno­vativem Wettbewerb von entscheidender Bedeutung. Die Steuerpolitik hat dem ebenso Rechnung zu tragen wie die Anpassung der steuerlichen Rahmenbedingungen an den europäischen Binnenmarkt. Dies gilt gerade auch für die das Nicht-ganz-EU-Land Schweiz.

Die Steuerpolitik hat einen Beitrag zur Verbesserung der Standortbedingungen Österreichs zu leisten, und in diesem Sinne werden wir diesem Punkt auch zustim­men. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ sowie bei der SPÖ.)

14.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen mit Barbados zur Vermeidung der Doppel­besteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Verständigungsprotokoll in 1355 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Protokoll zur Abänderung des am 30. Jänner 1974 in Wien unterzeichneten Abkommens mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in 1388 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

14.46.025. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 814/A (E) der Abgeord­neten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der schuli­schen Integration behinderter Kinder (1458 d.B.)

6. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über die Bürgerinitiative (25/BI) betreffend „Rechtliche Absicherung integrativer (Aus-)Bildungsangebote für Jugendliche mit Behinderung ab der 9. Schulstufe/Sekundarstufe II“ (1459 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 826/A (E) der Abgeord­neten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Inklusive Pädagogik an Schulen“ (1460 d.B.)


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8. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 739/A (E) der Abgeord­neten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schulspon­soring: SchülerInnen im Visier von Unternehmen und der Werbung (1461 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nun gelangen wir zu den Punkten 5 bis 8 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Niederwieser. – Bitte.

 


14.47.11

Abgeordneter DDr. Erwin Niederwieser (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Es geht jetzt um eine Reihe von Punkten, die alle keine Gesetze betreffen, sondern Entschließungsanträge und Ähnliches.

Es liegt ein Entschließungsantrag der Kollegin Lapp und mir zur Verankerung des Prinzips der Inklusion – das ist die Fortführung der Integration – vor. Das heißt, dass in allen Lebensbereichen das Zusammenleben von Menschen mit Behinderungen und Menschen ohne Behinderungen zur Selbstverständlichkeit wird, also eine angestrebte und auch gelebte Form des Zusammenlebens, wo Sondereinrichtungen nach Mög­lichkeit zurückgehen.

Diesen Ausschussbericht lehnen wir ab, weil Sie den Antrag abgelehnt haben. Es sind uns in diesem Zusammenhang ein paar Dinge sehr wichtig, auf die ich noch eingehen werde. Ich möchte aber auch begründen, weshalb wir dem Antrag des Kollegen Huainigg und der Kollegin Partik-Pablé nicht die Zustimmung erteilen.

Als wir den Antrag zuerst vom Kollegen Amon bekommen haben, habe ich mir gedacht, dass das, was da drinsteht, ja an und für sich recht vernünftig klingt. (Abg. Amon: Ist es auch!) – Das ist es an sich vom Text her auch, aber die Frau Bildungsministerin wird ersucht, eine Studie durchzuführen: Der Ist-Zustand der Integration an den Schulen sei zu evaluieren. – Das wurde am 29. März eingebracht und wird heute beschlossen.

Ich habe es im Ausschuss schon gesagt: Es gibt einen Bericht vom April, der im Auftrag des Bildungsministeriums erstellt wurde – „Qualität in der Sonderpädagogik“ –, in dem ein Wissenschafterinnen- und Wissenschafterteam genau das, was da heute verlangt wird, vorlegt. Ich frage mich also: Wozu sollte ein Antrag gut sein, der einen Bericht fordert, der im April schon fertig gestellt wurde? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Deutlicher sprechen, bitte!)

Das ist wohl wirklich eher ein „Pflanz“, Kollegin Partik-Pablé! – Dass Sie das vielleicht nicht gewusst haben, will ich Ihnen zugute halten, aber den Bericht, den Sie fordern, gibt es schon. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ich habe Sie vorher nicht verstanden! Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) – Nein! Sie wollen, dass wir einem Antrag zustimmen, mit dem die Ministerin aufgefordert wird, eine Studie durchzuführen und einen Bericht vorzulegen. Die Studie wurde aber schon lange in Auftrag gegeben, und den Bericht gibt es ja schon! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie haben wieder einmal nicht genau gelesen! Eine Evaluation! Darum geht es!) – Ja, schon. Ich habe es schon genau gelesen, aber wahrscheinlich haben Sie nicht genau gelesen, bevor Sie unterschrieben haben. – Das ist das Problem!

Uns geht es zunächst um die Frage einer Absicherung des Mindeststandards bei den Ressourcen im Bereich der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Schulen. Ich denke, da müssten Sie im Grunde auch mitgehen, obwohl Sie unseren


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Antrag ablehnen. Jetzt überlegen Sie einmal wirklich logisch! Sie wissen: Es gibt eine Artikel-15a-Vereinbarung, in der steht, sonderpädagogische Ressourcen werden zur Verfügung gestellt, und wir gehen davon aus, dass 2,7 Prozent aller PflichtschülerIn­nen diesen sonderpädagogischen Förderbedarf haben.

Inzwischen weiß man – auch das zeigt diese Studie –, dass es im Jahr 2002/2003 nicht mehr 2,7 Prozent, sondern 3,4 Prozent – inzwischen sind es wahrscheinlich noch mehr –, also tatsächlich wesentlich mehr Kinder waren, die einen sonderpädago­gischen Förderbedarf aufgewiesen haben. Da kann man nicht einfach so tun, als gäbe es das nicht, und sagen, es darf nur 2,7 Prozent Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf geben, für die wird bezahlt, und wenn es jetzt eben 3,4 Prozent oder mehr gibt, interessiert uns das nicht. – Ich denke schon, dass das die Politik sehr interessieren muss, denn da geht es um die Schwächsten in der Gesellschaft und darum, dass wir denen eine entsprechende Ausstattung zur Verfügung stellen können.

Ich weiß, dass in den Landesschulräten bis hinein ins Ministerium die Verantwortlichen mit dieser Formel nicht mehr leben können und nicht mehr arbeiten können. Das ist auch der Gegenstand unseres Antrages – neben der Überführung nach der achten Schulstufe in Form von berufsbildenden mittleren Schulen und polytechnischen Schulen. Wir ersuchen Sie daher noch einmal, unserem Antrag die Zustimmung zu geben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim – in Richtung des das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Niederwieser –: Du bist ja nicht darauf angesprungen! Ich glaube, es war die Unseriosität der Ministerin ...! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Kollege Jarolim! Sie haben ja überhaupt keine Ahnung! – Abg. Dr. Jarolim: Das müssen Sie mit sich selbst ins Reine bringen! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sitzen Sie überhaupt auf Ihrem Platz, dass Sie Zwischenrufe machen können? – Abg. Dr. Jarolim: Ja! – Ruf bei der ÖVP: Er führt Selbstgespräche! – Abg. Mag. Molterer: In der Präsidiale sind nur Zwischenrufe angesprochen worden, nicht Selbstgespräche! – Weitere Zwischenrufe.)

 


14.52.13

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Als ich in den siebziger Jahren integriert hätte werden sollen, hat es gegenüber meinen Eltern geheißen: Das geht nicht. Franz-Joseph ist ja körper­behindert, der kann nicht in eine normale Schule gehen!

Als ich in den neunziger Jahren mit meinen Kinderbüchern quer durch Österreichs Schulen getingelt bin und mit Kindern und Lehrern über Integration diskutiert habe, hat es geheißen: Körperbehinderte Kinder – kein Problem, aber geistig behinderte Kinder, das geht nicht!

Wenn wir uns heute umsehen, stellen wir fest: Es gibt beinahe an jeder Volks- und Hauptschule und jetzt auch in den Berufsschulen Integrationsklassen. Da hat sich sehr viel getan, und es zeigt sich: Wer integriert, der profitiert! Denn gerade durch die integrative Berufsausbildung haben wir eine Möglichkeit zum Übergang von der Schule in die Berufswelt geschaffen, der sehr effizient funktioniert.

1 900 Lehrverträge wurden 2005 im Rahmen der integrativen Berufsausbildung abgeschlossen, davon 40 Prozent zur Teilqualifizierung. Durch die duale Ausbildung und den Gewinn an Sozialkompetenz profitiert die Lehrausbildung insgesamt.

Gerade Eltern und deren Kinder stehen, wenn die Jugendlichen 14 Jahre alt sind, vor der Frage: Wie geht es weiter? Wir sollten von den Erfahrungen der integrativen Berufsausbildung lernen und auch prüfen, inwieweit sie in anderen Bereichen


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umsetzbar sind. Daher haben wir auch einen Entschließungsantrag eingebracht, um einmal den Ist-Zustand zu überprüfen: Wie funktioniert Integration? Wo ist sie effizient? Wo gibt es Probleme? Wo muss man etwas verbessern? Und wo kann man neue Wege der Integration gehen, gerade von der Schule in die Arbeitswelt? Hier ist die Möglichkeit der Teilqualifizierung zu prüfen.

Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass sich auch immer mehr zeigt und herumspricht: Wer integriert, profitiert. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. Herr Abgeordneter, es sind noch 4 Minuten bis zur Dringlichen. – Bitte.

 


14.56.29

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Es liegt wieder einmal ein Entschließungsantrag vor, bei dem sich die Frage stellt, welche Konsequenzen er haben soll. Ich gehe ja davon aus, dass das Bildungsministerium als verantwortliche Stelle für die Schulen und die Integration laufend erhebt, wie es denn mit der Integration in Österreich ausschaut.

Dass wir einen Entschließungsantrag brauchen, um einmal festgestellt zu bekommen, was der Stand der Dinge ist, kann ja wirklich nicht ganz ernst gemeint sein. Das ist halt immer wieder der Versuch: Wenn man an konkreten Maßnahmen nicht sieht, wo sich in einem Bereich etwas entwickeln soll, dann kommen diese Entschließungsanträge, in denen einerseits mit schönen Worten beschrieben wird, was alles super funktioniert, und damit man irgendeinen Aufhänger findet, gibt es dann halt noch einen Antrag für eine Studie oder eine Evaluation. – Das kennen wir zur Genüge. Die Frage ist, was sich denn im Bereich der Integration und der inklusiven Pädagogik wirklich tut. (Prä­sident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn man sich das anschaut, dann stellt sich ja die Frage: Wie schaut es mit den Ressourcen aus? Dass Integration stattfindet, dass es Volksschulen gibt, die sie betreiben, ist unbestritten. Aber sind denn die Rahmenbedingungen, die zur Verfügung gestellt werden, ausreichend? Sind sie gut genug? Wie schaut die Entwicklung der letzten Jahre aus?

Es wäre vielleicht für den Antrag auch noch interessant gewesen, einmal festzustellen, ob das wirklich ein Fortschritt war oder zum Teil nicht auch ein Rückschritt, weil nämlich auch in diesem Bereich die Sparmaßnahmen dazu geführt haben, dass die Institution der Integrationslehrer, der Zweitlehrer sehr wohl unter Druck gekommen ist. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder sehr viele Betroffene gehört, die beschrieben haben, wie schwierig es geworden ist.

Wenn Kollege Huainigg vorher gesagt hat – wenn ich es im Wortlaut richtig in Erinnerung habe –: Wer integriert, der profitiert!, komme ich schon auf die Bürger­initiative zu sprechen: Gilt das nur für die ersten acht Schulstufen? Ist dann Schluss? Gilt dieses Kriterium nach der achten Schulstufe, wo die Integration explizit auf Grund einer Weigerung der ÖVP seit Jahren nicht stattfinden kann? (Abg. Großruck: Stimmt ja nicht! Das ist ja falsch! Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer. Abg. Mag. Lapp: Es gibt keinen Rechtsanspruch! Das ist die Wahrheit! Abg. Mag. Molterer – in Richtung der Abg. Mag. Lapp –: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)

In der neunten Schulstufe findet die Integration in dieser Form nach wie vor nur dort statt, wo Sie es wollen, nämlich an den polytechnischen Schulen, und an den anderen Schulen nicht. – Das ist wohl der Stand der Dinge, oder wollen Sie das abstreiten? Ist


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es so, dass wir in höheren Schulen auf Grund der gesetzlichen Bedingungen Inte­grationsmöglichkeiten haben? – Das wird es ja wohl nicht sein.

Dann stellt sich schon die Frage: Warum gilt dieser Grundsatz für acht Jahre und ab dem neunten Schuljahr nicht mehr? Mit der Entwicklung der letzten Jahre wird ja wohl niemand ernsthaft behaupten, allein zu sagen, Integration betreiben wir ohnehin, aber nur an den polytechnischen Schulen, sei wirklich eine Öffnung des Schulsystems.

Und dann kommt immer das Argument: Sie haben es abgelehnt. – Frau Bildungs­­ministerin, das ist so billig! Sie haben damals ein Schulpaket vorgelegt, von dem das ein Teil war. Wenn Sie jedes Mal Pakete vorlegen, von denen der Großteil nicht mittragbar ist, während andere Elemente tragbar sind, dann wissen Sie genau, warum es abgelehnt wurde.

Sie haben die Integration mutwillig zum Spielball der Politik gemacht. – Das war der Punkt, um den es gegangen ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hätten Sie diese Frage der Integration ab der neunten Schulstufe gesondert abstim­men lassen, dann hätte es im Haus schon lange eine Mehrheit dafür gegeben. Wer hat denn die Mehrheit? – Nicht wir, nicht die SPÖ, sondern Sie. Wenn Sie jedes Mal ver­langen, dass wir 17 Dinge, die wir nicht wollen, mittragen müssen, damit auch irgendetwas beschlossen wird, das vielleicht Konsens ist, dann finde ich das demokratiepolitisch wirklich bedenklich. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Sie können ja Ihre Politik machen, wie Sie wollen, aber dass Sie uns unterstellen, wir verhindern es, ist einfach unseriös und unglaubwürdig. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.00


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur Behandlung der Dringlichen Anfrage, die gemäß der Geschäftsordnung um 15 Uhr zu beginnen hat.

15.00.29Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen an den Bun­desminister für Finanzen betreffend Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. (4390/J)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schrift­lichen Anfrage 4390/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Nachdem sich die vollständige SPÖGB Spitze am 1. Mai 2006 auf dem Wiener Rathausplatz anlässlich des 1. Mai bejubeln ließ, musste die ÖGB und BAWAG-Führung am Nachmittag desselben Tages an die Bundesregierung mit der Bitte um Erstellung eines Rettungspaketes für die BAWAG herantreten. Dem ÖGB musste bereits länger bewusst gewesen sein, dass trotz der Verschmelzung der BAWAG mit der P.S.K. im Jahr 2005 und der damit verbundenen kreativen Buchführung die Erstellung der Bilanz für 2005 und in der Folge die Rettung der BAWAG ohne Hilfe von dritter Seite nicht mehr möglich war, und dass sich die BAWAG und der ÖGB in einer sehr dramatischen Situation befinden. Daraufhin hat der Nationalrat am 8. Mai 2006 einstimmig die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. nach Vorlage durch die Österreichische Bundesregierung in Rekordzeit beschlossen.


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Die Eckpunkte dieses Bundesgesetzes betreffend Haftungsübernahme zur Zukunfts­sicherung der BAWAG P.S.K. Bank waren unter anderem die Ermächtigung für den Bundesminister für Finanzen, namens des Bundes die Haftung für Not leidende und uneinbringliche Kredite bis zu einem Höchstbetrag von 900 Mio. € zu übernehmen sowie die Übernahme einer Haftung der (direkten und indirekten) Eigentümer des Kreditinstitutes gegenüber dem Kreditinstitut, wobei Zweigvereine eines Eigentümers diesem zuzurechnen sind. Durch eine Haftungsbeschränkung wurde eine Insolvenz des ÖGB ausgeschlossen. Weiters verpflichtete sich der ÖGB zur Offenlegung seines Vermögens gegenüber der OeNB.

Während die Regierungsparteien zu diesem Zeitpunkt noch von einer Schadens­summe in der Höhe von ca. 1,4 Mrd. € ausgegangen sind, haben die Entwicklungen der letzten Wochen gezeigt, dass dieser Betrag möglicherweise nur die „Spitze eines Eisberges“ ist. Mittlerweile berichten die Medien bereits von einem Schaden von mehr als 3,0 Mrd. € und dass versucht wurde, durch die Gründung von über 60 Stiftungen, Gesellschaften und anderen „geeigneten Konstruktionen“ die entstandenen Verluste zu verschleiern. Dass diese Stiftungen oder Gesellschaften auch dem „Verstecken“ von Aktivvermögen gedient haben könnten, beweist die Tatsache, wonach der ÖGB in Stiftungen in Liechtenstein mehr als 440 Mio. € gehortet haben soll. Allerdings haben die untersuchenden Behörden, wie z.B. die FMA, die Wirtschaftspolizei und die Staatsanwaltschaft ihre Arbeiten noch nicht abgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund lassen die Aussagen der ÖGB Spitze von letzter Woche, wonach eine zumindest teilweise Inanspruchnahme der Bundeshaftung für wahrscheinlich gehalten wird, die Alarmglocken läuten. Dies auch deshalb, da der ÖGB selbst auf einem Schuldenberg von 2 Mrd. € sitzt.

Aufgrund der bisherigen Vorgangsweise des Triangels ÖGB, SPÖ und BAWAG, einerseits die Öffentlichkeit nur in homöopathischen Dosen über die ihnen bekannten Vorgänge im BAWAG-ÖGB und SPÖ Skandal zu informieren und andererseits nicht selbst mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für eine lückenlose Aufklärung dieses Skandals zu sorgen, ist nun zu befürchten, dass eine zumindest teilweise „Schadens­überwälzung“ auf den Steuerzahler versucht wird. Es muss aber auf alle Fälle verhindert werden, dass der Steuerzahler aufgrund der übernommenen Bundeshaftung zur Kasse gebeten wird, ohne dass zuerst das Vermögen des BAWAG P.S.K. – Eigen­tümers ÖGB dafür verwendet wird.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

Dringliche Anfrage

1. Welches Ergebnis hat der Prüfauftrag vom März dieses Jahres an die FMA gebracht und sind weitere Schritte aus Ihrer Sicht geplant?

2. Halten Sie aufgrund der Ihnen vorliegenden Zwischenergebnisse eine zumindest teilweise Inanspruchnahme des Steuerzahlers für wahrscheinlich und wenn ja, in welcher Höhe?

3. Ist es richtig, dass seitens des ÖGB und der BAWAG mehr als 60 Stiftungen, sonstige Sonderkonstruktionen, Firmen, Beteiligungen etc. mit dem Zweck der Ver­schleierung entstandener Verluste und/oder zum Verstecken von Aktivvermögen gegründet worden sind?

4. Welche nachteiligen Folgen für die P.S.K. hatte u.a. im Hinblick auf die Haftung des Bundes für Altkredite der P.S.K. in Höhe von 5,5 Mrd. € die Tatsache, dass nach


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Aussagen des früheren Betriebsratschefs der P.S.K. Harwanegg die BAWAG unter der Führung von GD Elsner nach dem Kauf der P.S.K diese „wie einen Christbaum ausgeräumt“ habe?

5. Wie beurteilen Sie die lt. Profil vom 19.06.2006 auf der außerordentlichen BAWAG Hauptversammlung im Sommer 2005 getätigten Aussagen von BAWAG und ÖGB Funktionären, wonach die Zusammenlegung der beiden Institute BAWAG und P.S.K. nur zum Zwecke der Optimierung der Eigenmittel erfolge?

6. Hat es im Laufe der bisherigen Ermittlungen Hinweise auf persönliche Bereiche­rungen und/oder Zuwendungen an politische Parteien oder Dritte zu Lasten der BAWAG oder des ÖGB gegeben?

7. Welche Funktion übte der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ Vorsitzende Mag. Viktor Klima in der Alpha Capital AG aus, und ist es richtig, dass diese der BAWAG zuzurechnen ist?

8. Hätte die ehemalige SPÖ Sozialministerin Eleonore Hostasch als Mitglied des Vorstandes der Österreichischen Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung, der Kontrollkommission und des Präsidiums des ÖGB von all den Skandalen wissen müssen?

9. In welcher Beziehung zur BAWAG oder zum ÖGB standen die (ehemaligen) SPÖ-Mitglieder Helmut Elsner, Johann Zwettler, Fritz Verzetnitsch, Günter Weninger, Herbert Tumpel, Rudolf Kaske und Eduard Aschenbrenner?

10. Ist es richtig, dass die Österreichische Gewerkschaftliche Solidarität Privatstiftung eine Haftung für die BAWAG übernommen hat, und welches Vermögen wurde dazu verwendet?

11. Wurde Ihnen vom ÖGB im Zuge der Verhandlungen betreffend Haftungs­über­nahme ein nachvollziehbarer Vermögensstatus übergeben?

12. Warum wurde die 900 Mio. € Haftung des Bundes notwendig, welcher Schaden wurde damit abgewendet und unter welchen Voraussetzungen kommt die Haftung des Bundes zum Tragen?

13. Wie wird sichergestellt, dass die Haftung des Bundes erst dann zum Tragen kommt, nachdem alle Vermögenswerte des ÖGB inklusive seiner Teilgewerkschaften, Stiftungen etc. (mit Ausnahme jener, die zur Abwendung eines Konkurses notwendig sind) für die BAWAG - Verlustabdeckung herangezogen worden sind, unter welchen Bedingungen und für welchen Zeitraum kann der Bund nach Inanspruchnahme der Bundeshaftung auf einen „Vermögenszuwachs“ im ÖGB zurückgreifen?

14. Sind Ihnen die Eckpunkte der Vereinbarung hinsichtlich der 450 Mio. € Eigenka­pital­stärkung zwischen der BAWAG und dem „Banken- und Versicherungskonsortium“ bekannt?

In formeller Hinsicht wird gem. § 93 Abs. 2 GOG verlangt, diese Dringliche Anfrage zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Scheibner als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. Seine Ausführungen dürfen 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte. (Abg. Öllinger: Leere Reihen bei den Regie­rungsparteien, so interessiert sie das!)

 



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15.00.53

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Werte Regie­rungsmitglieder! Meine Damen und Herren! Kollege Öllinger hat gerade gesagt: „Leere Reihen bei den Regierungsparteien“. – Das wird sich schon noch ändern. Herr Kollege Öllinger, ich hoffe, dass sich auch die Leere vor allem auf den vorderen Plätzen der SPÖ-Fraktion noch ändern wird. (Ruf bei der SPÖ: Man muss sich nicht alles anhören!) – Ja, das glaube ich schon. Ihr seid ja wirklich ehrlich. Im Gegensatz zu manch anderen, die in diese Affäre verstrickt und verwickelt sind, seid ihr ehrlich. Ihr wollt das nicht mehr hören, das verstehe ich schon, aber dann müsst ihr auch anders agieren, dann müsst ihr diese Affäre wirklich lückenlos aufklären und daran mit­arbeiten, dass die Konsequenzen gezogen werden und dass diese Verfilzung von Partei, Interessenvertretung und Bank in Zukunft so nicht mehr möglich ist. Dann brauchen wir darüber nicht mehr zu diskutieren, und dann muss auch eure Führung vor solchen Debatten nicht die Flucht ergreifen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Das Problem, das wir in dieser Affäre haben, ist ja, dass schon seit Monaten immer wieder neue Facetten in diesem Skandal auftauchen – immer wieder neue Facetten! Da wird ein Feuerwehrkommando eingesetzt, um das eine oder andere wieder geradezubiegen, und dann sagt man großspurig, dass alles erledigt sei.

Ich erinnere mich daran, dass Herr Gusenbauer noch im März gesagt hat: Der BAWAG-Skandal ist jetzt erledigt, das andere Problem mit der Regierung wird sich noch erledigen! Und ein paar Tage später gab es die nächste Facette dieser Affäre – und das Ganze ist wieder von vorne losgegangen. Das heißt – und das muss man auch den Beteiligten, die sich jetzt groß als Sanierer aufspielen, vorwerfen –, es wird nach dem alten Strizzi-Motto, würde man auf Wienerisch sagen, agiert: Gib nur das zu, was man dir hundertprozentig beweisen kann! Und bei allem anderen hoffen wir, dass man nicht draufkommt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Kollege Matznetter, Sie sind ja auch ein Vernebler und Verschleierer, die dann den Finanzminister kritisiert haben, anstatt sich Asche aufs Haupt zu streuen und zu versuchen, diesen Skandal, der 3 bis 3,5 Milliarden € an Verlust gebracht hat, wirklich aufzuzeigen. Das ist ja das Problem, das wir mit Ihnen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wir sehen ja, wie wenig Einsicht bei Ihnen vorhanden ist, wirklich die Konsequenzen zu ziehen. Schauen wir uns das am Beispiel des Herrn Ex-Gewerkschaftspräsidenten Verzetnitsch an! Herr Bürgermeister Häupl hat noch gesagt, Verzetnitsch gehöre der Maria-Theresien-Orden für seine Haltung und seine Arbeit im ÖGB im Zuge dieser ganzen Causa verliehen. Abgeordneter Gusenbauer hat gesagt, Verzetnitsch sei der Retter der Bank: Wir sind stolz auf Herrn Verzetnitsch! – Jetzt hören wir, dass Verzetnitsch mit Klagen überhäuft wird, ausgeschlossen werden soll, entlassen worden ist, und, und, und.

Wie ist das jetzt? – Zuerst ist er der Retter der Bank, ist man stolz auf ihn – und dann ist man ganz leise, wenn von allen möglichen Seiten die Klagen kommen.

Oder beim Herrn Generaldirektor Elsner: Man hat von diesen Spekulationsverlusten spätestens – spätestens! – seit dem Jahr 2000 gewusst. Man hat Herrn Elsner aber nicht abgesetzt, und als er in den Ruhestand übergetreten ist, hat man ihn für seine Spekulationen noch belohnt, nämlich belohnt mit einem 300 000-€-Job bei den Lotterien, wo er, wie ich gehört habe, überhaupt nichts zu tun hatte, im Gegenteil, man war froh, wenn er nicht gekommen ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) Man hat dort gesagt, dass das im Auftrag des Eigentümervertreters war, was solle man machen. Einen 300 000-€-Job fürs Nichtstun! Wofür ist denn Herr Elsner von Ihnen


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belohnt worden (Abg. Mag. Molterer: Das ist die große Frage!), für seine Machen­schaften? (Abg. Dr. Fekter: Schweigegeld war das wahrscheinlich!) Und dann noch eine ordentliche Pensions- und Abfertigungsabfindung, wo es zuerst geheißen hat, das seien ein bisschen über 3 Millionen € gewesen – auch ein ordentlicher Betrag!

Dann ist aber plötzlich herausgekommen, scheibchenweise, dass es 6,8 Millionen € waren – meine Damen und Herren, 6,8 Millionen €, nicht Schilling! Ich habe mir das auch gedacht, ja wenn es Schilling wären, aber 6,8 Millionen hat Herr Elsner zusätzlich zu seinem 300 000-€-Job (Zwischenrufe bei der ÖVP) noch als Belohnung für seine Spekulationen und für die Misswirtschaft, die er da betrieben hat, bekommen! Und niemand weiß etwas davon.

Die Herren Aufsichtsräte, die eingebunden waren, haben nichts gewusst, und man hat ja auch nur einen Grundsatzbeschluss gefasst, dass man diese Abfertigung abfindet, aber in welcher Höhe, das hat niemanden interessiert, das war völlig egal. (Zwischen­ruf der Abg. Dr. Fekter.) 6,8 Millionen € interessieren niemanden in diesem Aufsichts­rat! Und diese ehemaligen Aufsichtsräte sind alle noch in ihren Funktionen und machen sich wichtig, ohne dass da irgendjemand noch an persönliche Konsequenzen denkt.

Es geht vielleicht nicht um persönliche Schuld, keine Frage, aber mangelnde Verant­wortung ist gegeben, wenn man nichts weiß oder zumindest nichts wissen will, vor allem dann, wenn man weiß, was die Herrschaften in diesem Aufsichtsrat kassiert haben: eine jährliche Entschädigung von 22 000 €, meine Damen und Herren! 22 000 € für, wie ich gehört habe, vier Sitzungen im Jahr, also 5 500 € pro Sitzung, das ist eine ordentliche Gage dafür, dass man dann nichts fragt, nichts wissen will und dann auch für nichts verantwortlich ist. 22 000 € für Gewerkschaftsfunktionäre, die in diesem Aufsichtsrat sitzen, als Körberlgeld! Das ist ein durchschnittliches Jahresein­kommen eines Arbeitnehmers, der sich erwarten würde, dass der ÖGB seine Interessen vertritt. Die Funktionäre haben nebenbei als Körberlgeld ein Jahresein­kommen dieses Arbeitnehmers kassiert, ohne dass sie die Verantwortung wahrge­nommen und im Aufsichtsrat wirklich kontrolliert haben. Das sind die skandalösen Umstände, die hier einmal aufgezeigt werden müssen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Herr Tumpel wird nach wie vor von der SPÖ verteidigt. Herr Tumpel war Aufsichts­ratsvorsitzender in der Zeit um 1995, als mit seinem Wissen die Spekulationsgeschäfte wieder aufgenommen wurden und sich der Aufsichtsrat und auch Herr Tumpel nicht darum gekümmert haben, ob die zusätzlichen Auflagen auch eingehalten werden. Nach dem, was jetzt in den Medien berichtet wird – Genaueres wissen wir ja auch nicht; ich gehe davon aus, dass jetzt durch die Prüfung der Finanzmarktaufsicht einiges aus dem Dunkel herauskommt (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), Herr Kollege Matznetter – und was wir hören, sind schon damals über 500 Millionen € an Verlust entstanden. – Keine Wahrnehmung der Verantwortung des damaligen Auf­sichts­ratsvorsitzenden Tumpel! Wo war in den neunziger Jahren die Kontrolle durch die SPÖ-Finanzminister? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ja, die Oesterreichische Nationalbank, da hat man sich gleich empört und gesagt, man stelle da irgendwelche Sippenhaftungen her – überhaupt nicht, aber aufzuklären ist schon, ob es hier nicht familiäre Unvereinbarkeiten bei den Prüfungen in der Nationalbank gegeben hat, wenn Frau Tumpel-Gugerell Dinge prüft, die Herr Tumpel zu verantworten hat! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Das sind Dinge, die aufgeklärt gehören, wo aber Sie in vielen Bereichen nach wie vor die Mauer machen und keine Konsequenzen ziehen wollen! (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)


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Wir alle haben den jetzigen Gewerkschaftsvorsitzenden Hundstorfer für diese Funktion bedauert. Teilweise hatte man wirklich den Eindruck, dass er sich bemüht, hier aufzu­klären, obwohl einiges doch auch ungereimt war – wenn man sich nicht einmal einer Wahl stellt, die Flucht vor der Basis. SPÖ-Gemeinderatsvorsitzender als ÖGB-Präsident ist auch kein Signal dafür, dass man jetzt die Zeichen der Zeit erkannt hat und wirklich eine Entflechtung vornehmen möchte. Aber man erhielt einen durchaus bemühten Eindruck. Dann hat sich aber herausgestellt, dass auch Herr Gewerkschafts­präsident Hundstorfer in diese Affäre involviert gewesen ist (Abg. Dr. Partik-Pablé: ... SPÖ-Bonzen!), dass er nämlich mitgehandelt hat in dieser außerordentlichen Hauptversammlung der BAWAG am 8. September 2005, als 1,53 Milliarden € an Schul­den an den ÖGB übertragen wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Bonzen-Wirt­schaft!)

Wenn man ihn fragt, ob er das nicht gewusst hat – zumindest hat er nichts gesagt –, dann heißt es zuerst, man habe ihn gelegt (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter) – das sind ja schöne Zustände bei Ihnen, denn das muss ja dann Herr Verzetnitsch gewesen sein, der Maria-Theresien-Orden-Träger, der den eigenen Parteifreund legen möchte und in eine Sitzung schickt, von der dieser nicht weiß, was dort passiert. Unterschrieben hat Hundstorfer auch nichts, nein, er war ja nicht dabei – wir haben ja noch in Erinnerung von früher, dass dann nie jemand dabei war; in diesem Fall war es nur der Kugelschreiber des Herrn Hundstorfer, der dabei war, aber er selbst nicht. Auch das ist eine Facette in dieser Schmierenkomödie (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter), die sich hier abgespielt hat, aber leider ist es keine Komödie, sondern ein Trauerspiel, weil ja sehr, sehr viel Geld der Gewerkschaftsmitglieder und der Steuer­zahler und Bankkunden verprasst wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Man würde glauben, Herr Bürgermeister Häupl, der Maria-Theresien-Orden-Verleiher, sei jetzt ein bisschen ruhiger, habe die Zeichen der Zeit erkannt und sage: Allzu viel mauern brauchen wir nicht! – Nein! Häupl schlägt Hundstorfer als Spitzenkandidaten für Wien für die Nationalratswahlen vor. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein Schlag ins Gesicht für den ...!) Also mehr – ich weiß nicht, ob man das Wort „Zynismus“ sagen darf, wahrscheinlich nicht, denn man ist hier immer sehr streng. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Klosterschule!) Aber wir fühlen uns da wirklich ein bisschen – wie soll ich sagen? – hinters Licht geführt oder am Nasenring geführt. Also jedenfalls für mich ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege! „Zynismus“ darf man sagen, für „Nasen­ring“ habe ich einmal einen Ordnungsruf bekommen. (Heiterkeit.)

 


Abgeordneter Herbert Scheibner (fortsetzend): Aber ich kann wohl sagen, dass ich mich am Nasenring vorgeführt fühle.

Also mehr Zynismus – mit der Genehmigung des Herrn Präsidenten – kann es hier nicht mehr geben, Herr Kollege Schieder, und du weißt das auch. (Zwischenruf des Abg. Schieder.) – Ich glaube, dass du es auch als falsch empfindest, dass in einer Situation, in der man darüber diskutiert, dass dieser Filz von Partei, Interessen­vertretung und Bank aufgelöst werden muss, der Wiener SPÖ-Parteiobmann sagt: Ich werde den ÖGB-Präsidenten zum Spitzenkandidaten bei den Nationalratswahlen für die SPÖ machen! – Das ist wirklich nicht überbietbar, meine Damen und Herren! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ungeheuerlich!)

Die Verantwortung dafür werden Sie alle zu tragen haben, denn das können Sie doch auch Ihrer Basis nicht mehr erklären. Das wissen wir ja, und da brauche ich mir jetzt nur Ihre Gesichter anzuschauen, wie hier agiert wird. Das sind halt die Dinge, die Sie hier zu rechtfertigen haben, meine Damen und Herren von der SPÖ!


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Wenn Herr FCG-Chef Klein sagt, dass eigentlich alle im Präsidium davon gewusst haben – er musste das dann wieder relativieren und zurückziehen –, sehen wir wieder eine kleine Facette dieser Art der Politik: möglichst alles verschleiern und nur das zugeben, was wirklich beweisbar ist!

Auf Grund all dieser Machenschaften und mit diesem System haben Sie es geschafft, nicht nur den ÖGB an den Rand des Abgrunds zu bringen, sondern auch eine der größten Banken Österreichs. Und es waren die Bundesregierung und dieser National­rat, die mit dem Beschluss der Staatshaftung eine Insolvenz abgewendet haben.

Wir haben uns dazu bekannt, selbstverständlich, überhaupt keine Frage, aber die danach von manchen ÖGB-Funktionären gemachten Kommentare habe ich überhaupt nicht verstanden. Zum Beispiel hat Herr Haberzettl gesagt, dass das eine Erpressung sei, eine Demütigung, was man da verlange. Was haben wir verlangt? – Dass nicht wir, sondern eine objektive Instanz wie die Nationalbank einmal Einsicht in die Vermögens­werte bekommt, weil das wichtig ist, wenn es darum geht, dafür zu sorgen – und darum geht es mir auch heute –, dass nicht der Steuerzahler in erster Linie für dieses Desaster, das diese Funktionäre verursacht haben, zum Handkuss kommt, sondern dass selbstverständlich mit den Vermögenswerten des ÖGB in erster Linie für die Schulden, die hier gemacht wurden, gehaftet wird, und zwar des gesamten ÖGB. Wir wollen nicht hören, dass dann irgendwelche Teilgewerkschaften kommen und sagen: Mit uns hat das nichts zu tun! Wir wissen von nichts, unsere Vermögenswerte bleiben unangetastet!

Herr Hundstorfer hat in der „Zeit im Bild“ am 12. Juni gesagt, er gehe schon davon aus, dass die Staatshaftung zumindest teilweise in Anspruch genommen werden wird. Ich frage: Hat er jeden Sinn für die Realität verloren, meine Damen und Herren? – Das ist Steuergeld!

Bei allen möglichen Dingen erklären Sie uns hier, was alles mit diesen Millionen und Milliarden gemacht werden könnte. Da aber werden Sie ganz locker, im eigenen Bereich, und sagen: 900 Millionen €, was ist denn das schon?! Das werde man wohl investieren können, damit hier alles abgedeckt wird.

Ich sage Ihnen ganz klar und deutlich: Wir sind bereit, diese Staatshaftung ent­sprechend bereitzustellen – überhaupt keine Frage! –, aber nicht für die Erhaltung der Privilegien der ÖGB-Funktionäre, nicht für die Erhaltung eines Firmenimperiums, das nichts mit einer Interessenvertretung zu tun hat! Warum muss der ÖGB ein Firmengeflecht haben, das ganze Seiten in Zeitungen füllt? Das ist nicht notwendig, das hat bereinigt zu werden! Und dann schauen wir uns an, was noch notwendig ist, um hier zu sanieren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Sie müssen endlich auch einmal zugeben, dass der Streikfonds – das ist die Kraft einer Gewerkschaft – leer ist, denn sonst könnten Sie ja nicht sagen, Sie haben schon jetzt 2 Milliarden € an Schulden. Das heißt, die Mitglieder des Österreichischen Gewerk­schafts­bundes sind für alles Mögliche aufgekommen, für die Pensionsprivilegien von allen Möglichen, für Sonderpensionsrechte im ÖGB, für die Schulden, für die Miss­wirtschaft, nur nicht für den eigenen Streikfonds und für die Sicherheit, die man damit hat. Es ist ganz einfach notwendig, dass es diesbezüglich einen Strategie- und einen Bewusstseinswechsel im ÖGB gibt, einen solchen sehen wir aber bis jetzt nicht, meine Damen und Herren! (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Vom Charakter wollen wir da überhaupt nicht mehr reden. Ich glaube, davon sind wir da schon lange entfernt.

Wir verlangen jetzt jedenfalls volle, lückenlose Aufklärung dieser Affäre! Dieses Stif­tungs­wirrwarr kann man ja selbst in 20 Minuten nicht mehr auflisten. Ich glaube, es ist auch ein Teil des Systems, dass man sagt, möglichst in die Länge ziehen, möglichst viel an gestreuten Informationen, es kennt sich ohnehin keiner mehr aus. Und wenn


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man sich nicht auskennt, vor allem auch Leute, die sich nicht von früh bis spät mit dieser Affäre beschäftigen, sagt man: Eigentlich interessiert mich das gar nicht mehr. Und ob das jetzt 2 Milliarden € sind oder 3 Milliarden €, ist auch schon egal. Das alles ist eine Sauerei, aber lasst mich jetzt mit dieser Geschichte in Ruhe! – Ich glaube, dass das auch ein Teil des Systems ist, das man hier verfolgt.

Es gibt eine ganze Reihe von Stiftungen – jetzt taucht auf einmal eine auf, in der es vielleicht sogar Vermögen gibt. Das wäre etwas ganz Schönes – wird aber gleich wieder dementiert. Ich bin gespannt, was da noch alles auftritt.

Interessant und bis jetzt noch wenig beleuchtet ist, was mit diesen Geldern wirklich passiert ist. Jetzt kommen ja schon die Berichte darüber, höre ich, dass es da Unterschiede gibt, dass man nicht alle Verluste klar zuordnen kann, dass anscheinend nicht alles investiert worden ist, was letztlich als Verlust herausgekommen ist. Es wird noch sehr interessant sein, welche Geldflüsse es da gegeben hat, wohin diese Gelder gekommen sind, wer sich da bereichert hat, welche politischen Gruppierungen vielleicht. Wir haben noch immer keine Aufklärung darüber, was mit den 13,6 Mil­lionen € an Spenden an die SPÖ geschehen ist. Haben diese Herrschaften, Flöttl, Elsner und alle Möglichen, ihre Privatgeschäfte mitfinanziert in dieser Affäre?

Wir sind in Wirklichkeit, glaube ich, erst am Anfang des wahren Skandals in dieser Affäre, und es wird noch ein hartes Stück Arbeit sein, das aufzuklären. Ich gehe davon aus, dass die Justiz jetzt sehr rasch entsprechende Maßnahmen setzt. Wir haben gehört, dass es um zwei Staatsanwälte mehr gibt. Ich gehe daher auch davon aus, dass sie zur Aufklärung dieses Skandals eingesetzt werden.

Wir nehmen auch an und fordern, dass endlich dieses Mauern aufgegeben wird, dass jetzt wirklich aus dem ÖGB eine berufliche Interessenvertretung gemacht wird, die schlagkräftig ist. Und da sagen Sie immer: Katzenjammer, die Regierung, das ist Zynismus. – Nein. Ich sage Ihnen, selbstverständlich muss jeder – nicht nur jeder Politiker, sondern jeder Staatsbürger – Interesse daran haben, dass in Österreich die Sozialpartnerschaft funktioniert, dass es berufliche Interessenvertretungen gibt, die auch etwas zu sagen haben, aber nicht für politische Parteien, wie das in der Vergangenheit der Fall war, sondern für die Interessen derer, die sie zu vertreten haben – im Falle des ÖGB sind das die Arbeitnehmer.

Es ist wichtig, dass man da einmal ein neues System einführt, dass man eine neue Führungsschicht heranlässt. Ich weiß, dass es im ÖGB viele junge Funktionäre gibt, die von diesem System genug haben. Deshalb weg mit den belasteten Funktionären, die in den Aufsichtsräten, in den Funktionen, in den Präsidien und den Vorständen gesessen sind – ein Neubeginn mit neuen Kräften! Gegen die Mehrfachfunktionen, Herr Kollege Matznetter. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Nicht das System Häupls, dass man den Gewerkschaftspräsidenten, der ja objektiv und unabhängig sein sollte, zum Spitzenkandidaten der SPÖ für die Nationalratswahlen macht. (Abg. Dr. Fekter: Der rote Filz wird nicht ...!) Konzentration auf die Mitgliedervertretung, Abstoßung der komischen Firmenimperien – das kann man ja auch nicht. Man sieht ja, dass all die Kontrollmechanismen versagt haben. Man hat versucht, ein Firmenim­perium, ein Milliardenimperium in einer Art und Weise zu führen, wie man nicht einmal einen Schrebergartenverein führen würde. Und zahlen mussten und müssen das die Mitglieder und müssen es die Steuerzahler.

Ganz zum Schluss sage ich Ihnen: Es gibt da einen, der nichts mehr zu verlieren hat, der niemandem verpflichtet ist und der Ihnen ganz klar den Spiegel vorgehalten hat, meine Damen und Herren von der SPÖ, nämlich Altbürgermeister Zilk, den man interviewt hat, auch zur BAWAG befragt hat, und der gesagt hat, dass man da einen


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150 Jahre alten Begriff, nämlich jenen der solidarischen Arbeiterbewegung, in den Schmutz gezogen hat. Zilk wörtlich:

„Die Arbeiterbank Bawag, der Konsum, der ÖGB: lauter Dilettanten. Dann hab ich mir den Gusenbauer in der ,Pressestunde‘ angehört. Wie er sagte, der ÖGB habe mit der Partei nix zu tun, da hat’s mir den Magen umgedreht. Ich bin erschüttert, wie sehr die Sozialdemokratie abgebaut hat“. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wer hat das gesagt?)

Weiters sagte Altbürgermeister Zilk: „Der Gusenbauer braucht jetzt nicht zu sagen, er hat das nicht gewusst. Niemand braucht das zu sagen. Jeder hat das gewusst, dass das nicht in Ordnung ist. Es ist eine Schande, wie sehr diese Leute abgezockt haben.“

Meine Damen und Herren! Ich glaube, da erübrigt sich jeder weitere Kommentar. Ziehen Sie endlich die Lehren aus dieser Affäre und legen Sie alle Karten auf den Tisch! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und die Funktionen zurück!) Helfen Sie mit bei der Aufklärung und helfen Sie mit, aus dem ÖGB eine echte, unabhängige Interessen­vertretung für die Arbeitnehmer zu machen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

15.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundes­minister für Finanzen Mag. Grasser gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


15.21.04

Bundesminister für Finanzen Mag. Karl-Heinz Grasser: Herr Präsident! Die Herren Staatssekretäre! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Wir haben hier im Hohen Haus am 8. Mai einen Beschluss des Nationalrates über das Bundesgesetz betreffend die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. bekom­men. Ich möchte diese Gelegenheit dazu nutzen, das Hohe Haus in dieser wichtigen Frage für die Bank, für den Gewerkschaftsbund, für den Finanzplatz Österreich über die jüngsten Entwicklungen, über die Maßnahmen, die wir seit diesem Beschluss im Nationalrat am 8. Mai gesetzt haben, und über neue Erkenntnisse, die wir aus mehreren laufenden Untersuchungen bis zum jetzigen Zeitpunkt bekommen haben, entsprechend zu informieren.

Ich bin nicht in der Lage, Ihnen auf Grund der bisherigen Untersuchungen ein end­gültiges Ergebnis, was den Gesamtschaden betrifft, zu präsentieren (Abg. Dr. Fekter: Verschleiern immer noch!), aber ich muss Sie darüber informieren, dass aus heutiger Sicht der Gesamtschaden aller Wahrscheinlichkeit nach über 3 Milliarden € liegen wird. (Rufe bei der ÖVP: Wahnsinn! Gibt es ja nicht!) In alter Währung ist das eine Größenordnung von knapp 42 Milliarden Schilling, 42 000 Millionen Schilling. Wenn man sich diese Dimension des Schadens vor Augen führt, die Höhe des Betrages an verlorenen Geldern, wenn man dazu die Handlungen einiger der Manager, einiger der Spitzenfunktionäre des Österreichischen Gewerkschaftsbundes betrachtet, dann, muss ich sagen, muss man diesem Skandal einfach völlig fassungslos gegenüberstehen und muss erschüttert sein über diesen größten Finanzskandal in der Geschichte der Zweiten Republik. (Abg. Öllinger: Können Sie das aufschlüsseln, Herr Minister?)

Ich glaube daher, dass man einmal mehr sagen muss, es ist die lückenlose, es ist die umfassende, es ist die möglichst rasche Aufklärung dieses Finanzskandals zu fordern. Es ist die Justiz gefordert, die Schuldigen so rasch wie möglich zur Verantwortung zu ziehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Nachdem dieser enorme Schaden von eben etwa 3 Milliar­den € weder für die BAWAG P.S.K. noch für den Österreichischen Gewerkschaftsbund verkraftbar war (Abg. Öllinger: Können Sie das aufschlüsseln?), war es so, dass man


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hier im Nationalrat ein Gesetz beschließen musste, das das Bundesministerium für Finanzen ermächtigt hat, Haftungen bis zu 900 Millionen € zu übernehmen. Wir haben nach diesem Gesetzesbeschluss und nach Ihrem Auftrag sehr intensiv gearbeitet, auf der technischen Ebene, auf der juristischen Ebene. Unsere Experten haben versucht, eine juristische Architektur zu entwickeln, die so etwas wie die Quadratur des Kreises versucht hat. Natürlich war die vorrangige Zielsetzung, die Bank zu retten, klar. Die zweite Zielsetzung war aber, gleichzeitig zu versuchen, sicherzustellen, dass, wenn irgendwie möglich, der Steuerzahler, die Steuerzahlerin nicht in Anspruch genommen wird zur Abdeckung von diesen 900 Millionen €.

Dritter Punkt: Gleichzeitig sollte es aber den Wirtschaftsprüfern der Bank ermöglicht werden, dass man diese Haftung bilanzieren kann, wobei man es mit der Bilanzierung der Haftung dann auch der Bank ermöglicht, eine Bilanz für das Jahr 2005 vorzulegen, was mittlerweile Gott sei Dank auch passiert ist.

Vierter Punkt: Es sollte sichergestellt werden, wie es der gesetzliche Auftrag war und es absolut auch sinnvoll ist, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund im Zusam­menhang mit dieser Haftung von 900 Millionen € nicht in die Insolvenz gehen kann.

Fünfter Punkt: Es ist eine juristische Architektur zu finden, die auch dem Beihilfenrecht der Europäischen Union entspricht.

Ich darf darüber informieren, dass ich am 6. Juni eine Bürgschaftsvereinbarung mit der BAWAG P.S.K. einerseits und eine Vereinbarung mit dem Österreichischen Gewerk­schafts­bund andererseits auf der Grundlage dieses Zukunftssicherungsgesetzes und Rettungsgesetzes für die BAWAG P.S.K. unterschrieben habe.

Ich bin der Überzeugung, dass die Umsetzung Ihres gesetzlichen Auftrages aus heutiger Sicht die Rettung der BAWAG P.S.K. Bank bewirkt hat und dass man auch gesehen hat, dass es mit dieser Haftungsübernahme möglich war, dass die BAWAG Bilanz legen konnte für das Jahr 2005, was enorm wichtig war, und zwar auch deshalb, weil natürlich jede internationale Refinanzierung die Voraussetzung hat, dass eine entsprechende Bilanz für die Bank präsentiert werden konnte.

Ich gehe daher davon aus, dass wir in Summe gemeinsam ein gutes Krisenmana­gement sicherstellen konnten, das absolut notwendig war im Interesse der Bank, im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, im Interesse der Sparerinnen und Sparer, aber in letzter Konsequenz auch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Es war der Versuch, den Schaden für den Finanzplatz, wenn es irgendwie geht, ein wenig zu begrenzen und gleichzeitig zu zeigen, die Republik, die Bundesregierung und der Nationalrat stehen hinter der Bank, den Mitarbeitern, den Sparern, und damit auch wiederum das Vertrauen in den österreichischen Finanzplatz sicherzustellen und zu stärken. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich möchte auch darüber informieren, dass es Gouverneur Liebscher von der Oester­reichischen Nationalbank in Gesprächen mit Alfred Finz, meiner Person und den großen Banken und Versicherungen gelungen ist, mittlerweile Konsens darüber herbei­zuführen, dass die großen Banken und Versicherungen über ein Special Purpose Vehicle der BAWAG P.S.K. 450 Millionen € zur Verfügung stellen werden, das die BAWAG P.S.K. in ihrer Gruppe entsprechend konsolidieren kann, womit die Eigen­mittelquote entsprechend deutlich aufgewertet, deutlich erhöht werden kann, was auch, so glaube ich, ein gutes Zeichen der Solidarität für die Bank ist.

Ich darf die Fragen, die gestellt worden sind, wie folgt beantworten:


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Zur Frage 1:

Einleitend möchte ich festhalten, dass die von mir gemäß § 16 Abs. 4 FMABG beauf­tragte Prüfung der BAWAG P.S.K. durch die Finanzmarktaufsicht noch nicht abge­schlossen ist. In Anbetracht der Komplexität und des Umfanges der Prüfung ist damit kurzfristig auch nicht zu rechnen.

Ich darf bekannt geben, dass ich auf Grund der vorliegenden Ergebnisse aus den mir bis jetzt vorliegenden Zwischenberichten die Konsequenz gezogen habe, den Prü­fungs­zeitraum1993 bis in die Gegenwart, der bis jetzt von mir beauftragt war, auf den Zeitraum 1988 bis heute auszudehnen, und zwar deswegen, weil man den Eindruck haben muss, dass dieser Skandal seine Wurzeln und seinen Ausgangspunkt eigentlich Ende der achtziger Jahre hatte, und dieser Sachverhalt daher auch im Detail zu überprüfen sein wird.

Auf der Basis des bisherigen Erkenntnisstandes lässt sich sagen, dass die ersten Verluste aus den Karibikgeschäften spätestens im Jahr 1998 schlagend geworden sind und spätestens ab diesem Zeitpunkt auch aktive Verschleierungshandlungen gesetzt wurden. Bereits Ende 1999 betrug, wie ich auch im Unterausschuss des Rech­nungshofausschusses dargelegt habe, das aushaftende Obligo etwa 1,5 Milliarden €. In der Folge mussten ab Ende 2000 beziehungsweise ab Beginn 2001 vom Öster­reichischen Gewerkschaftsbund beziehungsweise von den in seinem Einfluss stehen­den Stiftungen Garantien abgegeben werden, um der BAWAG eine Bilanzerstellung überhaupt zu ermöglichen.

Es hat sich in den Zwischenberichten, die mir vorliegen, auch der Verdacht erhärtet, dass Mitglieder des Vorstandes, des Aufsichtsrates, Eigentümervertreter und der Wirtschaftsprüfer über Jahre zusammengewirkt haben, um ein Bekanntwerden der Verluste zu vermeiden. Die Aufsicht wurde irregeführt, falsch informiert oder gar nicht informiert.

Es besteht daher die Vermutung, dass eine Reihe von Gesetzen verletzt worden sein könnte. Ich nenne beispielhaft mögliche Verfehlungen des Vorstandes nach dem Aktiengesetz beziehungsweise dem Handelsgesetzbuch, mögliche Verfehlungen, die nach dem Strafgesetzbuch zu ahnden sind, mögliche Verfehlungen des Vorstandes nach dem Bankwesengesetz, mögliche Verletzung der Sorgfaltsvorschrift nach § 39 des Bankwesengesetzes, mögliche Verstöße gegen abgabenrechtliche Vorschriften, mögliche Verfehlungen des Wirtschaftsprüfers.

Ich gehe davon aus, dass die Justizbehörden das größtmögliche Interesse an einer raschen und umfassenden Aufklärung haben, um zu wissen, welche Gesetzes­verletzungen tatsächlich vorliegen.

Zur Frage 2:

Natürlich liegt es in der Natur einer Haftungsvereinbarung, die zwischen dem Bund und der BAWAG abgeschlossen worden ist, wie ich ausgeführt habe, dass so eine Haftungsvereinbarung auch in Anspruch genommen werden kann. Klar, das ist der Worst Case, der passieren kann. Die Anspruchsvoraussetzungen haben wir aber sehr sorgfältig definiert und haben auch eine vorgelagerte Haftung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes als Eigentümer sowie Regressmöglichkeiten der Republik gegenüber dem Eigentümer Österreichischer Gewerkschaftsbund vorgesehen.

Ich gehe selbstverständlich davon aus, dass der Österreichische Gewerkschaftsbund allergrößtes Interesse daran haben muss, dass diese Haftung des Steuerzahlers, der Steuerzahlerin in der Größenordnung von 900 Millionen € eben nicht schlagend wird und dass er seinen Verpflichtungen als Eigentümer gegenüber seiner Bank ent­sprechend gerecht werden kann. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Ich stütze diese Aussage auch auf eine Reihe von Tatsachen.

Erster Punkt: Die BAWAG P.S.K. hat vor der Übernahme der Haftung durch den Bund rechtsverbindlich erklärt, dass sie und ihre Kreditinstitutsgruppe voll zahlungsfähig ist und nicht in insolvenzrechtlich relevanter Weise überschuldet ist.

Zweiter Punkt: Der Wirtschafts- und Bankprüfer der BAWAG P.S.K. hat eine schriftliche Bestätigung vorgelegt, dass die Bilanz 2005 unter Berücksichtigung der Haftung nach Going-Concern-Prinzipien aufgestellt werden kann. Inzwischen liegt diese Bilanz auch entsprechend vor.

Dritter Punkt: Das Settlement über die Ansprüche mit den Gläubigern aus dem Refco-Konkurs liegt auch entsprechend vor, zumindest in einer Vereinbarung, die mit dem US-Staatsanwalt geschlossen und präsentiert wurde.

Vierte Bemerkung: Ehe die Haftung schlagend werden kann, haben sämtliche Eigen­tümer der BAWAG P.S.K., also Österreichischer Gewerkschaftsbund und Teilgewerk­schaften, alles zu tun, um die Inanspruchnahme des Haftungsgebers, also des Steuerzahlers, der Steuerzahlerin, abzuwehren.

Zur Frage 3:

Es ist den Medien bereits eine Diskussion darüber zu entnehmen gewesen, welche An­zahl von Stiftungen und Sonderkonstruktionen es gegeben hat. Ich kann die genannte Zahl von etwa 60 Stiftungen, Sonderkonstruktionen aus heutiger Sicht bestätigen. (Abg. Dr. Fekter: Wahnsinn!) All diese Geflechte dienten nach heutigem Wissensstand einzig und allein dazu, die Verluste und den Weg der Geldströme zu verschleiern und außerhalb des Konsolidierungskreises darzustellen.

Im Zuge dieser Umgehungskonstruktionen wurde zum Beispiel der Totalverlust aus dem Jahr 1998 in Höhe von etwa 630 Millionen US-Dollar – da gibt es unterschiedliche Einschätzungen, ob es 630 oder über 700 Millionen US-Dollar waren – in verschiedene Stiftungen nicht nur verschoben, sondern in weiterer Folge wurde das Obligo aus diesen Transaktionen nahezu verdoppelt.

Eine abschließende Beurteilung kann ich derzeit noch nicht geben, weil die Prüfer der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank noch daran arbeiten, alle Geldflüsse und die daran beteiligten Firmen zu rekonstruieren. Vielfach liegen in der BAWAG P.S.K. zu diesen Geschäften allerdings nur fragmentarische Unterlagen auf. Die Tatsache, dass die jetzige Leitung des Instituts mit den Prüfern der FMA und der österreichischen Notenbank kooperiert und trotzdem die Klärung aller Geldflüsse noch nicht abgeschlossen ist, beweist, was für kriminelle Handlungen und umfangreiche Verschleierungen da offensichtlich gesetzt wurden. Ich kann daher auch – wie gefragt – die Möglichkeit des Auffindens von Aktivvermögen nicht ausschließen. Auch diese Frage gibt es. Aktivvermögen, Stiftungen, Sonderkonstruktionen sind Bestandteil der umfassenden Prüfungen durch die Finanzmarktaufsicht und die österreichische Notenbank.

Zu den Fragen 4 und 5:

Aus heutiger Sicht und mit heutigem Wissensstand kann ich dazu nur festhalten, dass die BAWAG auf Grund ihrer Verluste aus den diversen hochriskanten Spekulations­geschäften und der schlechten Eigenkapitallage die P.S.K. nicht hätte kaufen können. Der Kauf diente anscheinend nur einer Eigenkapitalstärkung der BAWAG, der weiteren Verschleierung der erlittenen Verluste und der Lukrierung der vorhandenen stillen Reserven der P.S.K.; die Fusion der beiden Institute, wie es hinterfragt wird, im Jahr 2005 war daher aus meiner Sicht nur eine ganz konsequente Fortsetzung dieser skandalösen Vorgangsweise.


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Zur Frage 6:

Auch diese Frage ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen der Finanzmarktaufsicht und der Oesterreichischen Nationalbank, beziehungsweise wird dies nach Abschluss der Prüfungen durch die unabhängigen Justizbehörden zu prüfen sein. Nach derzeitigem Wissensstand gibt es für derartige Geldzahlungen keine Hinweise oder Beweise. Ich kann und will dies aber auch nicht ausschließen.

Die Fragen 7 und 9 möchte ich unter einem beantworten und hiezu ausführen, dass die Frage danach, welche Funktion die Privatperson Mag. Viktor Klima in einer liechtensteinischen Firma ausgeübt hat, nicht Gegenstand der Vollziehung ist. Ebenso sind private Lebensumstände wie zum Beispiel die Mitgliedschaft bei einer Partei oder beim Österreichischen Gewerkschaftsbund nicht Gegenstand der Vollziehung. Die genannten Personen waren alle in Funktionen bei der BAWAG P.S.K. Bank. Ob sie Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei waren, wie das hinterfragt wird für die Personen Elsner, Zwettler, Verzetnitsch, Weninger, Tumpel, Kaske, Aschenbrenner, ist teilweise öffentlich bekannt, teilweise sitzen hier berufenere Persönlichkeiten, um das zu beantworten.

Ich bitte daher um Verständnis, dass ich diese Fragen unter Hinweis auf § 90 Geschäfts­ordnungsgesetz nicht beantworten möchte.

Zu den Fragen 8 und 10:

Es ist zutreffend, dass die ehemalige Sozialministerin Eleonora Hostasch die genann­ten Funktionen innehatte und daher den Zugang zu umfassenden Informationen gehabt haben müsste. Ob sie von den Machenschaften rund um den BAWAG-Skandal tatsächlich wusste, ist mir nicht bekannt. Ich kann es aber auch nicht ausschließen.

Diese Stiftung hat, nachdem sich mehrere Vorstandsmitglieder der BAWAG auf Grund der sehr hohen aufgelaufenen Verluste geweigert hatten, den Jahresabschluss zu unterfertigen, eine Haftung für die BAWAG übernommen. Also die Frage, ob die Stiftung, in der Frau Sozialministerin außer Dienst Eleonora Hostasch Mitglied des Vorstandes war, eine Haftung übernommen hat, ist dahin gehend zu beantworten: Ja, da wurde offensichtlich eine Haftung übernommen, weil Vorstandsmitglieder der BAWAG gesagt haben, sie können diesen Jahresabschluss so nicht mehr unter­fertigen, weil es diese sehr hohen Verluste aus den Spekulationsgeschäften gegeben hat. Diese Lösung, dass es da eine Haftung aus der Stiftung gibt, wurde offensichtlich zusammen mit dem Bankprüfer gefunden.

Zur Sicherung dieser Haftung wurden die Mittel aus dem Streikfonds der Gewerkschaft verwendet, der, wie wir heute wissen, zum Großteil aus den Anteilen des Österreichi­schen Gewerkschaftsbundes und der Teilgewerkschaften an der BAWAG bestanden hat. Das heißt, man hat offensichtlich zur Sicherung für die BAWAG, damit man bilanzieren kann, vor allem mit BAWAG-Aktien gehaftet, was in Europa leider Gottes ein wahrscheinlich einmaliges In-sich-Geschäft darstellt.

Zur Frage 11:

Mir wurde im Rahmen der Verhandlungen über die Haftungsübernahme des Bundes vom Österreichischen Gewerkschaftsbundes kein Vermögensstatus übergeben. Das BAWAG-PSK-Sicherungsgesetz sieht auch vor, dass der Österreichische Gewerk­schafts­bund der österreichischen Notenbank bis zum 31. Mai 2006 sein Vermögen und das seiner Teilorganisationen offen legt. Mir ist bekannt, dass die Oesterreichische


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Nationalbank intensiv bemüht ist, diesen Vermögensstatus festzustellen, was wohl nicht ganz einfach ist.

Zur Frage 12:

Die Haftung wurde notwendig, weil, wie ich ausgeführt habe, weder die BAWAG P.S.K. selbst noch der Österreichische Gewerkschaftsbund in der Lage waren, diesen enor­men Gesamtschaden von aus heutiger Sicht etwa 3 Milliarden € abzudecken. Die Haftung wurde notwendig, weil rund um den 1. Mai der Vorstand der Bank, Professor Nowotny, auch sein Kollege Dr. Koren, der Präsident des Österreichischen Gewerk­schaftsbundes Hundstorfer, auch der Finanzreferent Foglar zum damaligen Zeitpunkt die Bundesregierung informiert haben, dass die Bank ohne Hilfe des Bundes nicht zu halten sein wird, und man um dringende Hilfestellung, Hilfeleistungen und Unterstüt­zung gebeten hat.

Eine Insolvenz der BAWAG P.S.K. hätte die nunmehrige Haftungssumme von 900 Millionen sicherlich bei weitem übertroffen. Sie wissen, dass wir 5,5 Milliarden € aus der Haftung des Bundes für die ehemaligen Verbindlichkeiten bei der Österreichi­schen Postsparkasse zu garantieren haben. Es gibt eine Inanspruchnahme aus der Einlagensicherung. Im Falle einer Insolvenz wären alle anderen Bankinstitute in Österreich entsprechend in der Einlagensicherung verantwortlich gewesen. Es hätte natürlich eine massive Gefährdung des Rufes des Finanzplatzes Österreich und einen noch größeren Schaden als die ohnehin schon stattfindende Diskussion bedeutet. Es hätte einen Verlust von Arbeitsplätzen von bis zu 6 000 Mitarbeiterinnen und Mit­arbeitern der BAWAG P.S.K. bedeuten können, und es hätte bedeutet, dass eine Größenordnung von 1,3 Millionen Kunden in eine sehr schwierige Situation geraten wären und ein guter Teil der Kunden der BAWAG P.S.K. zumindest teilweise Vermö­gen verloren hätte. Ich glaube daher, dass zweifelsfrei feststeht, dass diese Hilfe für das Bankinstitut dringend geboten war und dass die Bundesregierung, das Hohe Haus, wenn man sich den Zeitplan ansieht, auch mit dem BAWAG-PSK-Sicherungsgesetz sehr rasch, sehr effizient geholfen hat und wir damit auch für die Bank eine ent­sprechende Zukunft ermöglicht haben.

Was die Frage betrifft, was in dieser Haftungsvereinbarung drinnen steht, was die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des Bundes im Sinne BAWAG-PSK-Sicherungsgesetz und der auf dieser Grundlage abgeschlossenen Haftungs­verein­barungen sind, darf ich folgende Elemente als Voraussetzung für die Haftungs­inanspruchnahme des Bundes hervorheben:

Erstens, das BWG-Eigenmittelerfordernis, also das Eigenmittelerfordernis im Sinne des Bankwesengesetzes, der BAWAG P.S.K .oder der BAWAG P.S.K.-Gruppe wird nicht erfüllt, sprich, es kommt zu einem Unterschreiten des Eigenmittelerfordernisses.

Die Haftungsübernahme durch die Eigentümer der Bank, also durch den Öster­reichischen Gewerkschaftsbund, im Vorfeld ist Voraussetzung. Das ist auch vertraglich entsprechend abgesichert.

Die Verpflichtung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes zur Offenlegung seines Vermögensstatus gegenüber der Oesterreichischen Nationalbank – das ist noch immer im Laufen, wie ich gesagt habe.

Die erfolglose Inanspruchnahme der Haftung des Österreichischen Gewerk­schaftsbun­des – also er wird mit seinen Teilgewerkschaften zuerst in Anspruch genommen.

Die Verpflichtung zum Verkauf der Anteilsrechte an der BAWAG beziehungsweise der Anteilsverwaltung BAWAG AVB durch den Österreichischen Gewerkschaftsbund.


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Die Haftung des Bundes endet im Fall der Veräußerung der BAWAG P.S.K., spätes­tens aber am 1. Juli 2007. Eine Verlängerung ist dann möglich, wenn auf Grund des Erlöschens der Haftung eine Sanierung der Bank oder ein Verkauf nicht möglich ist und eine solche Verlängerung durch die Bundesregierung beschlossen werden sollte. Erfolgt kein Verkauf der Bank bis zum 1. Juli 2007, wird ein Haftungstreuhänder bestellt, und das Haftungsentgelt erhöht sich auf 1,2 Prozent per anno.

Flankierend zur Haftung des Bundes haben, wie ich ausgeführt habe, Banken und Versicherungen der BAWAG P.S.K.-Gruppe zur Stärkung der Kapitalbasis 450 Mil­lionen € Eigenmittel gemäß Bankwesengesetz zur Verfügung gestellt.

Frage 13 beantworte ich wie folgt:

Korrespondierend zur Haftungsvereinbarung des Bundes mit der BAWAG P.S.K. vom 6. Juni 2006 gibt es auch eine entsprechende Vereinbarung, die wir mit dem Eigentümer, also dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, getroffen haben, wonach im Haftungsfall zunächst eben logischerweise der Eigentümer, also der Österreichi­sche Gewerkschaftsbund, leistungspflichtig ist. Zur Objektivierung seiner Leistungs­pflicht hat der Österreichische Gewerkschaftsbund seinen Vermögensstatus offen zu legen, der auch das Vermögen der Teilgewerkschaften umfasst.

Im Einzelnen umfasst die Vereinbarung mit dem Österreichischen Gewerkschaftsbund folgende Punkte:

die Feststellung des Haftungsumfangs des Österreichischen Gewerkschaftsbundes auf der Basis des von der Oesterreichischen Nationalbank vorgelegten Vermögensstatus;

die Inanspruchnahme des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, die allerdings nur so weit gehen kann, dass er eben nicht selbst insolvent wird und damit seine Aufgabe als wichtiger Sozialpartner nicht mehr erfüllen könnte; also die klare Zielsetzung, wie das Gesetz uns auch aufgetragen hat, dass er nicht insolvent wird und seine wichtigen Aufgaben als Sozialpartner erfüllen kann;

Informations- und Sorgfaltspflichten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes;

den Verkaufsprozess, auf den der Bund keinen unmittelbaren Einfluss hat, aber der Österreichische Gewerkschaftsbund muss den Bund über diesen Verkaufsprozess informieren;

die Verteilung des Verkaufserlöses, wobei zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Verkaufsprozesses bestehende Verpflichtungen des Verkäufers zuerst abzudecken sind, und

die Regresshaftung der Eigentümer, die vom Bund über einen Zeitraum von fünf bis vierzehn Jahren geltend gemacht werden kann, sprich: Der Bund kann sich gegenüber dem Österreichischen Gewerkschaftsbund regressieren über einen Zeitraum von fünf bis vierzehn Jahren, je nachdem, in welchem Zeitraum die Zahlungen des Bundes aus der Haftungsinanspruchnahme schlagend werden würden.

Die letzte Frage, Frage 14, habe ich, so glaube ich, schon beantwortet: Ja, mir sind die Eckpunkte der Vereinbarung hinsichtlich der 450 Millionen € Eigenkapitalstärkung bekannt. Diese Vereinbarung sieht eben die Eigenkapitalstärkung vor, sie wurde bereits unterschrieben. – Ich bedanke mich sehr. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Gemäß unserer Geschäftsordnung darf kein Redner länger als 10 Minuten sprechen, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.


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154. Sitzung / Seite 138

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Neudeck. Gesetzliche Redezeit: 10 Minuten, Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


15.43.31

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Leidgeprüfte Gewerk­schaftsmitglieder! Während der Beantwortung der Fragen durch den Finanzminister ist mir jetzt besonders aufgefallen, dass erstmals bei einer Beantwortung einer Dring­lichen durch den Finanzminister Zwischenrufe aus den SPÖ-Reihen gar nicht oder nur sehr spärlich zu vernehmen waren. Sogar Kollege Matznetter, der sich ja mit den Scheingewinnen des ÖGB und der BAWAG die Partei saniert hat, war auch einmal ruhig. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Kollege Matznetter, der seit Auftreten dieses Skandals nichts anderes zu tun hat, als diesen Skandal, der ja ein sozialdemokratischer ist, sozusagen in das Finanz­ministerium zu transferieren versucht (Abg. Mag. Darabos: Eine absolute Lüge!) – und das, obwohl von 1994 bis 1999 sozialdemokratische Finanzminister die Aufsicht der Banken nicht wahrgenommen haben ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Sind Sie jetzt munter geworden – oder was haben Sie jetzt?

Der Verlust in Milliardenhöhe, der durch diesen sozialdemokratischen BAWAG-Skandal verursacht wurde, den der Finanzminister jetzt noch nicht endgültig, aber doch mit 3 Milliarden € festgestellt hat ... (Abg. Dr. Jarolim: Das ist eine Lüge!) Kollege Jarolim, ich nehme zur Kenntnis, dass Ihr Zwischenruf die übliche „Lüge“ ist! Das sind wir ja bei Ihnen gewöhnt! Ihre übliche „Lüge“ sind wir als Zwischenrufe gewöhnt! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: „Lüge“ ist weder als Zwischenruf möglich – und wenn es der Vorwurf an eine bestimmte Person ist ... (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich werde mir das Stenographische Protokoll herbeischaffen lassen – und auch Ihren Zwischenruf, Herr Abgeordneter Jarolim, werde ich mir genau anschauen. (Abg. Dr. Jarolim: Kümmern Sie sich um den Vorsitz!)

Am Wort ist der Redner!

 


Abgeordneter Detlev Neudeck (fortsetzend): Meine Damen und Herren! Der Gesamt­schaden bei der BAWAG beträgt 3 Milliarden €. Damit könnten Sie – der Lieblingssport des Generaldirektors Elsner ist Golfen, es gibt auch ein Fahrzeug, den VW-Golf – 130 000 „Golf“ anschaffen. Sie könnten 18 700 Eigentumswohnungen à 160 000 € damit finanzieren, meine Damen und Herren, oder 15 000 Einfamilienhäuser. 3 Milliar­den, das klingt nicht wirklich nach so viel. Wenn wir bedenken, was die Sozialdemo­kraten an Schulden hinterlassen haben, ist das noch ein verschwindender Betrag, es sind aber 3 Milliarden €, und das sind fast 42 Milliarden alte Schilling. Denken Sie einmal darüber nach, wie viel das ist, Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP. – Abg. Großruck: Die ganze Stadt Wels ist das!)

Der Gewerkschaftsbund als Eigentümer der BAWAG und die Führung der BAWAG haben es trotz mehrmaliger Aufforderung bis heute nicht der Mühe wert gefunden – Generaldirektor Elsner wurde mit einigen Millionen Schilling Abfertigung in Pension geschickt, obwohl er noch gar nicht in Pension gegangen ist; es kamen noch 6,3 oder 6,5 Milliarden dazu, so genau weiß man das nicht (Abg. Großruck: 100 000 S sind das!); Kollege Großruck, ein Vierzeiler: ... sind 100 Millionen Schilling! –, den Mitar­beitern für die Mehrarbeit, die sie zumindest seit Auftreten dieses Skandals haben, auch nur 1 € zukommen zu lassen. Die Kunden gehen ja nicht zum Herrn Nowotny, nicht zum Herrn Elsner, nicht zum Herrn Flöttl, nicht zum Herrn Hundstorfer, nicht zum Herrn Cap und nicht zum Herrn Gusenbauer, sondern zum Schalterbeamten und


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154. Sitzung / Seite 139

beschweren sich über die Machenschaften, über die Penthäuser, die gebaut wurden, von denen Sie alle nichts gewusst haben.

Der Aufsichtsrat bekommt 22 000 € oder 24 000 € pro Jahr für vier Sitzungen. Als Kaske im Jahr 2000 sagte: „Die Republik wird brennen!“, haben wir ja noch alle geglaubt, er meint ein Feuer, das ist ein Skandal. „Brennen“ hat er anscheinend so gemeint (der Redner macht die für den Begriff „zahlen“ übliche Fingerbewegung), also Kaske hat damals schon viel mehr gewusst, als Sie heute bereit sind, zuzugeben. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Sie sagen laufend, das seien Einzelverfehlungen, von denen keiner etwas gewusst hat. Der Aufsichtsrat wurde getäuscht. Es hat eine Bank in der Bank gegeben, sagen Sie. Kollege Matznetter sagt immer wieder, die Bankaufsicht, Finanzmarktaufsicht hätte alles wissen müssen – er aber hat das Penthouse Flöttl/Verzetnitsch, das schon in den achtziger Jahren thematisiert wurde, nicht gekannt!

Meine Damen und Herren! Es gab im „profil“ schon des Öfteren derartige Artikel. Es wurden zum Beispiel Wohnungen über eine Fläche im Ausmaß von zwölf Gemeinde­wohnungen gebaut – und zwar für zwei Gewerkschafter oder Sozialdemokraten, für Flöttl und Verzetnitsch! Schwimmbecken, Sauna, Fitnessraum, Fußbodenheizung! Und stellen Sie sich vor – nicht einmal arabische Potentaten vor hunderten Jahren haben das gemacht –: Es wurde ein 1:1-Gipsmodell auf dieses Haus aufgesetzt, damit der Herr Flöttl – wir „Stärkeren“ brauchen das – einmal durchgehen und überprüfen kann, ob das so in Ordnung ist, wie gebaut wird. Dieses 1:1-Gipsmodell gab es 1988, 1991 wurde im „profil“ darüber berichtet. Lest ihr alle keine Zeitungen? Keiner hat etwas davon gewusst? Ein damals daran beteiligter Bauingenieur sagte, in seiner langen Karriere sei das die einzige Baustelle gewesen, wo Geld ganz offensichtlich absolut keine Rolle gespielt habe. – Na klar, es war ja nicht das eigene!

Alle, die heute Gewerkschaftsmitglieder sind, meine Damen und Herren, sind Sanie­rungsmitglieder für diesen abgewirtschafteten Gewerkschaftsbund! Ich sage aber ganz eindeutig dazu: Nicht die Arbeitnehmervertretung hat abgewirtschaftet, die ist notwen­dig!

Aber wenn der Gewerkschaftsbund heute die Mitglieder nur hält, um die Milliarden­schulden zu tilgen und darzustellen, dass es über Jahre dauern wird, das alles zurückzuzahlen, dann, meine Damen und Herren, sollte Hundstorfer meiner Meinung nach nicht für den Nationalrat kandidieren, sondern müsste sich hinstellen und sagen: Alles, was heute bei der Gewerkschaft eingezahlt wird, wird nicht zur Deckung der Altlasten verwendet, sondern das übernimmt die Sozialdemokratische Partei! – Die Sozialdemokratische Partei Wien zum Beispiel, die ja in Millionen schwimmt. (Abg. Mag. Johann Moser: Das ist ein Blödsinn!) Man kann doch nicht Arbeitnehmervertreter sein, nur um Mitgliedsbeiträge von den Leuten zu kassieren und Altlasten damit zu sanieren, meine Damen und Herren! (Abg. Großruck: Vielleicht kandidiert er deshalb, dass er immun wird!)

Wenn jetzt gesagt wird, man habe von all dem nichts gewusst – im „profil“ steht zum Beispiel: Nur in puncto Arbeitskräfte zeigte die Gewerkschaftsbank Preisbewusstsein. Polnische Schwarzarbeiter halfen bei der Errichtung der Bonzenburgen. – Zitatende.

Sie sagen, das ist ein Einzelfall, das sind Einzelpersonen. – Es war der „Konsum“ ein Einzelfall, der GPA-Immobilienskandal, wo Millionen verspekuliert wurden, war ein Einzelfall, der ARBÖ ist ein Einzelfall, 55 000 Arbeitnehmer, die in der Verstaatlichten wegsaniert, wegspekuliert wurden, sind Einzelfälle, die Bank Burgenland ist ein Einzelfall, der Verkauf CA/BA und dann der BA ins Ausland ist ein Einzelfall, das alles sind ein Einzelfälle – lustigerweise, lustigerweise nicht für die Betroffenen, sind diese Einzelfälle immer in der Sozialdemokratie angesiedelt!


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Es ist für mich noch immer nicht aufgeklärt – Bankenaufsicht, OeNB, Tumpel-Gugerell, Aufsichtsratsvorsitzender Tumpel –, inwieweit diese Personalknappheit bei der Prüfung nicht nur vorgeschoben war und ob man sie vielleicht nicht nur über das Jahr 2000 hinausschieben wollte. Hätte die Sozialdemokratie im Wahljahr 1999 nicht so abgeschnitten, wie sie abgeschnitten hat, wäre das wie üblich vertuscht worden? (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

15.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Seine Wunschredezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

 


15.52.09

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! „Schon jetzt steht fest: Die Bawag-ÖGB-Affäre ist der größte Polit- und Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik. Die Dimension übertrifft den AKH-Skandal.“ – Das sage nicht ich, das sagt einer der renommiertesten Journalisten dieses Landes im morgen erscheinenden „News“, nämlich Alfred Worm, und er hat Recht, meine Damen und Herren! Der größte Polit- und Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Es ist unfassbar, es ist unglaublich, was da passiert, aber noch unglaublicher und unfassbarer ist für mich, dass Dr. Alfred Gusenbauer diese Debatte nicht mitverfolgt. Er drückt sich. Er drückt sich nicht nur hier vor der Debatte, sondern offensichtlich vor der politischen Verantwortung der Sozialdemokratie für diesen größten Politik- und Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir heute kennen – voraussichtlich, müssen wir nach der Antwort des Finanzministers sagen –, ist der Schaden an und in der Bawag im Ausmaß von über 3 Milliarden €, 42 000 Millionen Schilling. Das kennen wir, aber was wir bis heute nicht wissen – und ich denke, dass wir auch erst am Beginn dieser Wahrheit, der Wahrheitsfindung stehen –, was wir bis heute nicht kennen, ist die Wahrheit.

Lesen Sie morgen im „News“ diesen Sonderbericht! Ich sage Ihnen, das wird für manche sehr spannend werden. Es steht nämlich in diesem Sonderbericht: „..., es kann daher nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob die Gelder tatsächlich verspekuliert worden sind, oder ob sonstige Malversationen stattgefunden haben.“

Das, meine Damen und Herren, ist offensichtlich auch die Spitze des Eisberges, mit der wir uns jetzt beschäftigen. Wir kennen den Schaden, aber wir kennen die Wahrheit nicht, und ich erwarte von politischen Verantwortungsträgern, dass sie endlich aufhö­ren zu schweigen und zu mauern. Stehen Sie zu Ihrer Verantwortung und sagen Sie endlich, was Sie wissen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Sagen Sie auch, was Sie wissen über wirklich – manche würden es obszön nennen, ich nenne es so – ungustiöse Praktiken, über Praktiken, die in Ihrem Verant­wortungsbereich Platz gegriffen haben, über rote Penthouse-Barone, die immer noch in diesen Penthäusern wohnen, die offensichtlich mit Gewerkschaftsgeldern bezahlt worden sind! Das ist doch in Wahrheit ungustiös, meine Damen und Herren, dass sich jemand ein Wasserbett an seinen Urlaubsort nachführen lässt, wie ich jetzt den Medien entnommen habe – offensichtlich auf Bawag-Kosten, meine Damen und Herren! Ungustiös, würde ich sagen.


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154. Sitzung / Seite 141

Es geht noch weiter. Ich entnehme dieser Zeitung weitere interessante Dinge. Es wurde beispielsweise von der BAWAG Herrn Flöttl junior ein Flugzeug bezahlt! Wissen Sie, was in diesem Bericht steht? „Über eine etwaige Verwertung dieses Flugzeugs zu Gunsten der BAWAG ist bisher nichts bekannt.“

Das heißt, die BAWAG blecht, mit Gewerkschaftsgeldern, kauft ein Flugzeug für Herrn Flöttl und weiß nicht einmal, wo dieses Flugzeug ist!

Es geht noch weiter, meine Damen und Herren! Das Vermögen des jungen Flöttl wird offensichtlich zur Besicherung herangezogen. – Das klingt nett, das klingt wirklich nett. Wissen Sie, was für diese Besicherung zuerst ausgegeben werden musste? 172 Mil­lionen US-Dollar musste die BAWAG zuerst bezahlen, weil das Vermögen des Herrn Flöttl so verschuldet war! Das ist die Besicherung, die Sie angenommen haben? Heute – angeblich, kann ich nur sagen – sind diese Bilder, die irgendwo in einem Schweizer Safe zur Besicherung sein sollen, nicht zu finden. Ist das Verantwortung, meine Damen und Herren? Das ist ungustiöse und wirklich obszöne Geschäftspolitik, die hier betrieben worden ist! Wir reden daher von diesen Praktiken und wollen sie aufgeklärt haben. Hören Sie auf zu mauern, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir reden in diesem Zusammenhang auch von der größten Gefährdung, die die Gewerkschafts- und Arbeitnehmerbewegung in Österreich seit ihrer Gründung zu bewältigen hat. Wir reden nicht nur von 3 Milliarden € Schaden an und in der BAWAG, sondern wir reden von 2 Milliarden € und wissen in der Zwischen­zeit von 2 Milliarden € Schulden des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. 2 Milliarden € Schulden, in Stiftungen, in Fonds versteckt. In anderen Bereichen würde man das durchaus Geldwäsche nennen, wenn von einem Konto auf ein anderes, auf ein drittes, auf ein viertes, auf ein fünftes, von einer Stiftung in die andere Geld – ja ich sage es ganz offen – verschoben wird. Das ist hier ganz offensichtlich, und das ist eine Art und Weise des Umgangs, die wir absolut ablehnen.

Aber was ist denn der Effekt, meine Damen und Herren? Der so hoch gepriesene Streikfonds – wie geht es Ihnen denn dabei, Frau Csörgits? Diesen so hoch geprie­senen Streikfonds, von dem Sie gesagt haben, dass er so wichtig ist für die Arbeit­nehmerbewegung, gibt es ja offensichtlich nicht – ich bezweifle, ob es ihn je gegeben hat, denn übrig geblieben sind 2 Milliarden € Schulden – und die Bank muss verkauft werden! Das ist das Ergebnis einer verantwortungslosen, parteipolitisch offensichtlich auch besonders verantwortungslosen Vorgangsweise. Verwirtschaftet und verkauft!

Aber nicht nur die Bank, sondern auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Öster­reichs, die 1,3, 1,4 Millionen Gewerkschaftsmitglieder müssen sich doch in Wahrheit „gefrotzelt“ – und das ist ein Hilfsausdruck – fühlen von dieser Vorgangsweise, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Aber was wir auch sehen – und Sie werden das den Veröffentlichungen auch ent­nehmen –: eine ganz tiefe Verstrickung roter SPÖ-Verantwortungsträger. Der Aufsichts­rat der BAWAG, meine Damen und Herren, in den letzten Jahren liest sich eigentlich wie ein „Who is who?“ der SPÖ:

Tumpel, SPÖ, Aufsichtsratsvorsitzender, jetzt Arbeiterkammer-Präsident;

Nationalratsabgeordnete der SPÖ im Aufsichtsrat der BAWAG; ich nenne nur einen: Ex-Abgeordneten Hobl, Aufsichtsrat der BAWAG; interessanterweise derselbe Hobl, der auch Aufsichtsratsvorsitzender des „Konsum“ gewesen ist. Er hat seine Fähig­keiten wirklich unter Beweis gestellt. Aufsichtsratsvorsitzender „Konsum“ und BAWAG, das ist eine wirkliche Leistungsbilanz, die hier vorzulegen ist.


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Interessant ist: Im Aufsichtsrat saß lange auch ein Herr Dr. Gerharter! Jener General­direktor des „Konsum“, der den „Konsum“-Konkurs zu verantworten hatte, saß im Aufsichtsrat der BAWAG. – Na danke, kann ich nur sagen, das sind Profis!

Und diese Liste geht weiter: Kaske, Sallmutter, Foglar, Weninger und interessanter­weise auch die Frau Ministerin außer Dienst Hostasch. – Ich möchte dieses rote Netzwerk nur ganz kurz beleuchten, meine Damen und Herren.

Tumpel: Nach wie vor Arbeiterkammerpräsident, Aufsichtsratsvorsitzender und verant­wortlich für die Wiederaufnahme der Karibikgeschäfte im Jahre 1995, weil diese Wiederaufnahme mit Wissen des Aufsichtsrates erfolgt ist und damit mit Wissen des Aufsichtsratsvorsitzenden Tumpel, der heute schweigt und klebt. Er sagt nichts dazu und klebt nach wie vor an seinem Sessel. Dies ist keine Art von Verantwortung, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich nenne auch Verzetnitsch, von dem Gusenbauer noch im März des heurigen Jahres gesagt hat: Fritz Verzetnitsch spielt da eine sehr positive Rolle. – Interessant! (Abg. Mag. Gaßner: Ihr wiederholt euch!) Jener Fritz Verzetnitsch, der in der Zwischenzeit nicht mehr ÖGB-Präsident ist, war jahrzehntelang Abgeordneter zum Nationalrat der SPÖ, Mitglied des Kompetenzteams Alfred Gusenbauer, seit 1985 Mitglied des Bundesparteivorstandes der SPÖ und seit 1987 Mitglied des Bundesparteipräsidiums der SPÖ.

Oder ich erwähne Ex-Ministerin Lore Hostasch: Da gab es eine interessante Kom­bination. Lore Hostasch, die ich in ihrer Arbeit sehr geschätzt habe, war Aufsichts­ratsmitglied der BAWAG, ist Vorsitzende der Kontrollkommission des ÖGB und hat eine wichtige Funktion im Bereich der Anteilsbeteiligung, jener Stiftung, bei der die 1,5 Milliarden Schulden des ÖGB an die BAWAG geparkt sind. – Was weiß Lore Hostasch? Sie ist immerhin Vorsitzende der Kontrollkommission! (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber mit Kontrolle hat diese Geschichte wahrlich wenig zu tun, sondern eigentlich nur mit Verschleiern und Vertuschen, meine Damen und Herren!

Sie werden jetzt versuchen – Herr Matznetter sitzt ja schon in der Startposition –, von Grassers Rolle als Finanzminister zu sprechen. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich lese Ihnen etwas vor: Hundstorfer wurde gefragt, wie er die Rolle des Finanz­ministers und der Regierung im Hinblick auf Mitverantwortung sieht: „Diese Ansicht kann ich nicht teilen. Verantwortlich sind die Manager der BAWAG, die es veranlasst haben.“ – Das hat mit der Regierung und dem Finanzminister nichts zu tun, sondern ausschließlich mit dem roten Netzwerk! Tragen Sie zur Aufklärung bei, und hören Sie auf zu mauern! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

16.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Wunschredezeit: 6 Minuten; gesetzliche Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


16.03.02

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Molterer hat offenbar Angst, voraus sprechen zu müssen.

Ich möchte mich einmal an einen Anfragesteller, an Herrn Scheibner wenden. – Es ist doch interessant! Vor zirka einer Stunde wurden in der APA ganz klar Anzeigen des ÖGB gegen alle verantwortlichen Personen bekannt gegeben. Das heißt, der Öster­reichische Gewerkschaftsbund ... (Abg. Dr. Stummvoll: Jetzt erst? – Weitere Zwi­schen­rufe bei der ÖVP.) Ja! Aber das ist eben eine Reaktion, die es gibt!


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Interessant ist nur, dass Herrn Scheibners Bündnis-Parteiobmann Jörg Haider heißt! Und der hat nicht etwa gegen die Manager im größten Bilanzfälschungsskandal Anzeige erstattet, sondern gegen die FMA-Prüfer! Im Hinblick darauf ist es lustig, dass Scheibner keine Hemmung hat, trotzdem so etwas wie diese Dringliche einzubringen! Nehmen wir zur Kenntnis: Hier wird mit doppeltem Maß gemessen!

Wir befassen uns hier aber mit einem Thema, mit dem wirklich eine ernste und gründliche Auseinandersetzung notwendig ist. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Erstens: Es handelt sich – wie Sie selbst sagen – um einen Kriminalfall in einer Dimension, die wir bisher nicht kannten. Ein unfassbarer Betrag wurde aus der Bank des Österreichischen Gewerkschaftsbundes getragen. Die Summen sind noch diver­gent. In der Anfangsphase waren es zwischen 1 und 1,5 Milliarden, und auf Grund des Schadens durch die Refco-Affäre und durch den in der Sache Refco notwendigen Vergleich kam noch einmal ein Betrag von bis zu 1,1 Milliarden € dazu. (Abg. Mag. Hakl: Also 3 Milliarden!)

Das heißt: Manager und Verantwortliche haben zur Kenntnis genommen und zugelas­sen, dass ein Schaden für den Gewerkschaftsbund und damit für seine Mitglieder in einem Ausmaß entstanden ist, das nahezu existenzbedrohend für die österreichische Gewerkschaftsbewegung ist. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lopatka.) Das gehört lückenlos aufgeklärt! (Lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Aufklärung findet aber nicht statt! Herr Flöttl junior marschiert lächelnd bei den österreichischen Justizbehörden ein und kann zwei Stunden später ohne Probleme mit dem Pass in der Hand das Land verlassen, und auch Herr Elsner, den Sie gerade vorhin genannt haben, hat bei den Zuständen im Bereich der österreichischen Justiz offensichtlich keine Angst, denn er macht seine Aussagen, bleibt da, und es klicken keine Handschellen! – Da frage ich: Warum eigentlich nicht? (Zwischenruf des Abg. Großruck.)

Warum erfolgt die Tätigkeit der Justiz in diesem Bereich nicht mit jener Schnelligkeit, die man sich erwarten würde? Findet hier dasselbe statt, was im Bereich der Aufsicht stattgefunden hat? Wird hier über Monate oder Jahre weiter geschlafen werden? Das ist doch eine interessante Fragestellung! (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Ganz konkret, Frau Kollegin Fekter: Wieso werden die Ermittlungen hier nicht zügig weitergeführt? (Abg. Mag. Hakl: Was macht denn der Aufsichtsrat?)

Wieso wird keine Untersuchungshaft verhängt, um damit Absprache untereinander zu verhindern? Warum können Personen das Land einfach verlassen? – Das wären die richtigen Fragen gewesen! Wieso werden sie nicht von den richtigen Leuten gestellt?

Kollege Molterer hat Angst, dass ich die Frage stelle, wieso eigentlich die Aufsicht sechs Jahre geschlafen hat. Meine Damen und Herren! Wenn ein Bankraub stattfindet, dann müssen die Täter verfolgt werden! (Zwischenruf des Abg. Großruck Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Herr Kollege Großruck, bleiben wir gleich beim Beispiel beziehungsweise einem Vergleich: Sie sitzen in der Filiale, wo 3  Milliarden € – wie Sie sagen – geklaut wurden, und gleichzeitig sitzt dort beim Eingang ein Polizist, der dafür zuständig ist, aufzu­passen, der aber schläft. (Abg. Hornek: Wo ist denn Gusenbauer? Bei der BAWAG?) Und das soll man hinnehmen? – Nein! Zuerst werden die Schuldigen, die Täter, ermit­telt und verfolgt, und dann muss festgestellt werden, wer die politische Verantwortung trägt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Verzetnitsch ist zurückgetreten und wurde angezeigt. Weninger ist zurückgetreten und wurde angezeigt. Es werden sich aber alle Verantwortlichen und alle Hintermänner ihrer Verantwortung stellen müssen! (Abg. Hornek: Sie tragen ja rote Scheuklappen!)


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Wir wollen Aufklärung, wir wollen die Verfolgung der Schuldigen! Sie haben das Gewerkschaftsvermögen verspielt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Herr Molterer! Wenn Sie wissen, dass unter Umständen jemand anderer sich be­reichert hat, warum erstatten Sie keine Anzeige? Warum unternimmt die Aufsicht nichts? Sie könnten ja das Vermögen sichern! – Ich kann Ihnen sagen, warum Sie das nicht tun: Weil es Ihnen recht ist, dass die Gewerkschaft geschwächt ist, und das werden wir zu verhindern wissen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

16.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. Seine Wunschredezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, bitte etwas weniger Zwischenrufe!

 


16.09.11

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Das ist schon ein eigenartiges Schauspiel: Worin sich hier offensichtlich alle bisherigen Rednerinnen und Redner einig waren, ist, dass es sich jedenfalls um einen Betrugsfall handelt. Im Übrigen sehen wir das auch so. Allerdings dient dieser Betrugsfall dazu, aus unterschiedlichen Perspektiven dem jeweils anderen alles Mögliche an den Kopf zu werfen, ohne dass man eine Systematik erkennen kann. Aber darauf werde ich noch eingehen.

Was ich nicht ganz verstehe, ist ... (Zwischenruf des Abg. Scheibner. – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Regen Sie sich nicht gleich vor der Zeit auf! Wenn all Ihre Argumente richtig wären – und viele von Orange, Blau und Schwarz sind richtig –, dann frage ich mich, warum Sie das letzte Mal einem Untersuchungsausschuss zu dieser Causa nicht zugestimmt haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Jetzt, da ich es ausspreche, komme ich erst zu einem anderen Punkt. Ich wollte mir das heute sparen, weil Sie mir ja bei einer solchen Gelegenheit immer wieder vorwerfen, ich sei der Pflichtanwalt von SPÖ oder ÖGB. Aber denken Sie doch die Sache zu Ende! Wenn man heute Ihre Formulierung der Dringlichen Anfrage heran­zieht, dann kommt man doch, Herr Präsident – aber ich will jetzt nicht lange auf der Geschäftsordnung herumreiten –, sehr leicht zu dem Schluss, dass das mit den üblichen Auslegungsformen betreffend Interpellationsrecht hier im Haus nicht sehr viel zu tun hat.

Ich registriere: Der Herr Finanzminister hat an einer sehr süffisanten Stelle eingeräumt, dass er das eigentlich nicht zu beantworten braucht, nämlich dort, wo er nicht wissen will, kann, darf, was aber ohnehin in der Zeitung steht, wer SPÖ-Mitglied ist und wer nicht. Da wird plötzlich eine Grenzziehung vorgenommen. Ansonsten sind Fragen enthalten, die, wenn sie von der Opposition gekommen wären, entweder überhaupt nicht zugelassen oder jedenfalls mit – vielleicht – einer gewissen Begründung nicht beantwortet worden wären.

Ich stelle fest, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Das soll uns aber nicht stören, denn möglicherweise ist das ja auch eine Weiterentwicklung der Geschäfts­ordnung durch die Praxis des Nationalrates. Damit wären wir schon sehr zufrieden! – Das dazu. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Warum habt ihr keine einzige Dringliche zu dieser Causa gestellt?)

Allerdings bleibt dann die Frage umso drängender, warum wir eigentlich im Hinblick auf die aufgeworfenen Fragen und Vorwürfe, die hier im Raum stehen und die wirklich einen abenteuerlichen Skandal beschreiben, keinen Untersuchungsausschuss einrich-


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ten. Und Ihr Argument, dass man zuerst die Justiz handeln lassen soll und was weiß ich noch, greift deshalb nicht, weil Sie selbst ja diesen „kleinen Untersuchungs­ausschuss“ strapazieren, und dort wird, wenn ernsthaft gearbeitet werden soll, in Wahrheit auch die Geschäftsordnung gebrochen, denn so, wie wir dort recherchieren wollen und sollen, dürfen wir gar nicht. Letztlich könnte also nur in einem Unter­suchungs­ausschuss etwas weitergehen.

Machen wir aber jetzt diese Kiste zu! Ich sage das nur hier im Plenum, und ich weiß, dass das sonst schwer nachvollziehbar ist, aber in Wahrheit ist ein Untersuchungs­ausschuss das geeignete Instrument.

Jetzt zu diesem eigenartigen Befund, dass sich bis jetzt alle einig waren, dass da ein abenteuerlicher Betrugsfall vorliegt. – Ja, das ist richtig! Trotzdem nehme ich mir jetzt heraus, zu fragen, was eigentlich die Funktions- und Schutzmechanismen in diesem Bereich sind. Es bleibt unbeantwortet, warum jahrelang auf Grund des Notenbank­berichtes nichts geschehen ist, und das wird auch heute wieder nicht dargestellt. Ich muss Ihnen sagen – damit wir einmal das Produktive zuvorderst bringen –, dass man hier schon längst Abhilfe hätte schaffen können. Deshalb rekurriere ich auf die Systematik dieser Sache.

Wir glauben jedenfalls, dass wir längst etwas hätten bewegen können, wenn wir ganz andere Bestimmungen, was das Bankaufsichtswesen betrifft, die in anderen Ländern durchaus üblich sind, eingeführt hätten, etwa die Rotation, und zwar die zwingende und zeitlich verkürzte Rotation, im Bankwesen gegenüber den normalen Groß­betrieben. (Beifall bei den Grünen.)

Mittlerweile geht ja auch die Ihnen nicht so fern stehende Finanzmarktaufsicht unter dem Druck der Ereignisse an die Öffentlichkeit und sagt, dass sie das lieber schon gestern gehabt hätte als morgen, und fordert das für die Zukunft, wobei sie noch immer nicht sicher sein kann, dass Sie sich darauf einlassen. Bei der letzten Novelle waren Sie es, die hier ausdrücklich gegen unsere Vorschläge und Abänderungen mit Mehrheit nicht zugestimmt haben.

Natürlich macht es Sinn, dass die Bankprüfer zwingend – wie in anderen Ländern üblich – maximal nach fünf, besser aber nach drei Jahren ausgetauscht werden, und zwar nicht einmal durch Mitarbeiter der gleichen Prüfgesellschaft, sondern einer ande­ren Prüfgesellschaft. Erinnern Sie sich an die Argumente, die Sie damals gebracht haben! Ich meine: Das hätte etwas geholfen! Dessen bin ich mir ganz sicher, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein mittelmäßig begabter Bankprüfer, wenn er ein paar Positionen in den Bilanzen betrachtet, nicht irgendwann einmal draufkommt: Hoppla! Da ist etwas passiert, dort ist etwas geschehen, bei den Konstruktionen gibt es eine Stiftung und noch eine Stiftung und noch eine Stiftung. Was wurde in die Stiftung transferiert? Ähnliche Fragen hätte er sich bestimmt gestellt.

Der nächste Punkt in dieser Sache: Das Stiftungsrecht in Liechtenstein und das Stiftungs­recht in Österreich unterscheiden sich nicht so sehr und begünstigen all die Dinge, die wir hier vorfinden, und zwar massiv! Sie sollten das Ganze zum Anlass nehmen, einmal darüber nachzudenken, in diesem Zusammenhang ein paar klarere und strengere Kriterien einzuführen. Es geht dabei nämlich meines Erachtens nicht nur um den Bankplatz Österreich, sondern auch um den Antibetrugsbekämpfungsplatz Österreich. Leider muss man das mittlerweile so nennen. Die Causa BAWAG ist jetzt der dramatischste Fall, aber bei weitem nicht der einzige. Ich weiß, dass man das hier nicht gerne thematisiert, aber Österreich taucht regelmäßig bei diesem Ranking, das es in diesem Bereich eben auch gibt, nämlich beim Umgang mit der internationalen Betrugsbekämpfung, mit Fragen der Geldwäsche und all diesen Dingen, europaweit beziehungsweise sogar weltweit ganz hinten auf. Jedenfalls ist es aber mit solchen


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Größen wie Liechtenstein und Luxemburg europaweit Schlusslicht. Nehmen Sie das also zum Anlass, einmal darüber nachzudenken, diesbezüglich klarere Bestimmungen zu schaffen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich weiß aber, dass der Sinn Ihrer Anfrage ein anderer war, und wir wollen uns diesem Thema auch in keiner Weise entziehen. Natürlich sucht das Ganze seinesgleichen! Es ist dies eine Sumpflandschaft, und wir hätten auch schon gerne, dass sich da ein Ende abzeichnet. Dem ist aber nicht so. Natürlich ist die Verhaltensweise des ehemaligen Direktors Elsner geradezu verabscheuungswürdig. Dennoch frage ich mich in Richtung SPÖ und ÖGB, was all das jetzt im Nachhinein helfen soll. (Abg. Rädler: Das fragen wir uns alle!) Ich weiß schon, dass Sie nicht viele Optionen haben, aber jetzt alle möglichen Anzeigen hinterherzuwerfen ist auch ganz gut und nützlich. Wie gesagt, Sie sind sich ja alle bei der Betrugstheorie deshalb einig, weil man da wechselseitig am leichtesten davonkommen kann.

Für mich war die zentrale Frage aber immer, wie es in einem System oder Apparat ÖGB oder meinetwegen auch SPÖ geschehen kann, dass solche Leute in derartige Positionen kommen. Das ist doch die Frage! Ich hätte in der Analyse weniger das Problem, Verzetnitsch dort zu verteidigen oder zu kritisieren, wo er versucht hat, noch etwas zu retten. Der Punkt ist aber: Wie kann man jahrelang ein derartiges System aufbauen und aufrechterhalten, in das sich solche Leute nicht nur irgendwie hinein­geschmuggelt haben – nein! –, sondern zu dessen zentralen Bestandteil sie erkoren wurden? (Abg. Großruck: Das ist die sozialistische Ideologie: Uns gehört alles!) Und da gilt es mehr nachzudenken, als mit irgendwelchen Anzeigen herumzufuchteln, und das stimmt mich in dieser Sache tatsächlich bedenklich!

Wenn Herr Kollege Scheibner oder Herr Kollege Molterer schon den Aufsichtsrat so sehr strapazieren, wie sie das getan haben, oder der Herr Finanzminister ganz bedeutungsschwanger von diesem 3-Milliarden-€-Schaden geredet hat: Ich meine, wenn man sich schon darauf einlässt, dann wäre es doch nützlich für das Haus – ob jetzt das Interpellationsrecht überschritten wird oder nicht –, dass man ein paar genauere Angaben erhält.

Wie dem auch sei, offensichtlich wird auch hier weiter die Linie verfolgt, dass man es damals nicht besser wissen konnte. Dann frage ich mich aber schon: Was hat eigentlich Herr Hochleitner die ganze Zeit in diesem Aufsichtsrat zustande gebracht? Was hat jener CSU-Vertreter dort zustande gebracht, der mittlerweile als Finanz­minister von Bayern Ihrer Schwesterpartei fungiert? – Das geht wirklich schwer zusammen!

Wenn Sie einen Teil dieses ganzen Geflechtes herausziehen, dann werden Sie viel­leicht draufkommen, dass das möglicherweise auch Kreise zieht, die nicht nur in der SPÖ- oder in der ÖGB-Sphäre ihre Eingrenzung finden. Vielleicht wollen Sie auch deshalb keinen Untersuchungsausschuss! Haben Sie sich schon einmal näher angeschaut, wie diese Casino-Jericho-Geschichte offensichtlich gelaufen ist? (Zwi­schenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Passen Sie auf! (Abg. Neudeck: Da hat man schlaflose Nächte!) Ja! Sie müssen sich schon nach der Rolle des Herrn Wallner fragen, der im Übrigen auch in den Aufsichtsrat eingezogen ist. (Abg. Neudeck: Er hat ordentlich bilanziert!) Ja, ja! Aber Herr Schlaff ist in dieser Gesellschaft federführend. Er war der Erstbeteiligte, und derweil die anderen schon abgewertet haben, war er noch fest dabei – in Tateinheit mit der BAWAG, wenn Sie es so ausdrücken wollen –, das Ganze in dieser Bilanz besser darstellen zu lassen. Dass Herr Schlaff allerdings seine Geschäfte nicht so sehr und in erster Linie mit Mitgliedern und Funktionären des ÖGB oder Parteigängern der SPÖ


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macht, dürfte Ihnen auch bekannt sein. Er macht in der Regel Geschäfte mit ganz anderen Mitstreitern. Sie waren sogar einmal Parteiobmenschen Ihrer Partei.

Also wie Sie hier vorgehen, das müssen Sie sich noch genau überlegen! Deshalb sagen wir ... (Zwischenruf bei der ÖVP.) Nein, das ist kein Konstrukt! Ich habe nur einen Fall herausgegriffen, bei welchem Sie eigentlich der Überzeugung sein müssten, einem Untersuchungsausschuss zuzustimmen, damit die Dinge wirklich genau geklärt werden können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Welche Partei meinen Sie, Herr Kollege?)

Was Ihnen hier wichtig ist, ist ja offensichtlich nicht der Wunsch nach raschester lückenloser Aufklärung, sondern der Wunsch, genau so lange Dinge dosiert offen zu halten, bis es sich mit dem Nationalratswahltermin ausgeht. Das ist möglicherweise auch eine Strategie, aber da sind Sie nicht konsistent – außer in Ihrer Wahltaktik.

Jetzt sollten Sie endlich einmal zu der Einsicht gelangen, dass es da grundlegende Änderungen braucht, wenn wir den Finanzplatz und den Anti-Korruptionsplatz Österreich sanieren wollen. Das wäre meine Einladung an Sie: Nehmen Sie das alle zum Anlass, ein paar entscheidende Gesetzesänderungen auf die Reihe zu bringen!

Es stimmt, das Ganze hat viele Betrugselemente. Aber wozu brauchen wir eine Finanzpolizei, die genau dann nicht agiert, wenn sie alarmiert wird? – Sie kommen immer mit dem Täter/Opfer-Vergleich; das verstehe ich schon. Natürlich ist zuerst der Täter zu fassen, das ist okay, aber wenn in der Polizeistation angerufen wird: Da passiert etwas!, und dort fünf Jahre lang weitergeschnarcht wird, dann möchte ich wissen, wie Sie mit Ihrem Sicherheitsverständnis agieren würden, wenn dann nichts passiert.

Das kann jetzt zwei Ursachen haben: Entweder die Finanzmarktaufsicht hat zu wenig Möglichkeiten in Österreich, oder es ist da bewusst nachlässig agiert worden. Ich glaube, dass es ein Gemisch von all dem ist. Es ist ein Gemisch von all dem, und deshalb sollte man das zum Anlass nehmen, die mittlerweile auch von der FMA vorgeschlagenen Gesetzesänderungen hier durchzubringen. Die Nagelprobe wird ja erfolgen. Ich bin gespannt, ob Sie der Prüferrotation im Bank-Prüfungswesen dem­nächst zustimmen werden. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Rädler: Es war nichts da!)

16.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Kogler! Aus gegebenem Anlass mache ich Sie auf die Geschäftsordnung aufmerksam, die dem Präsidenten nicht die Möglichkeit gibt, bei schriftlich gestellten Anfragen Anfragen nicht zuzulassen – anders als bei mündlichen Anfragen, wo der Präsident dieses Recht auf Grund des § 95 hat.

Ihr Klubobmann hat heute in der Geschäftsordnungsdebatte die Rechtslage so dargestellt, wie sie ist: Der Minister hat das Recht, Anfragen nicht zu beantworten, wenn sie nicht Gegenstand der Vollziehung sind. Ich habe nicht das Recht, ihn dazu zu verhalten (Abg. Mag. Kogler: Das habe ich auch nicht verlangt!) oder ihm dieses Recht abzusprechen.

Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.23.15

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! – Herr Abgeordneter Kogler und die Grünen, sonst spielen Sie sich immer auf als die Ober-Aufklärer, die Sondersitzungen beantragen und Dringliche Anfragen einbringen und alles Mögliche verlangen – ich erinnere an die Abfangjäger-Debatte –, aber da stellen Sie sich jetzt hin und meinen: Na ja, es ist eigentlich eh nicht viel


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passiert! – Pflichtgemäß sind Sie ein bisschen empört, aber im Grunde genommen wird das dann gleich verglichen mit einem geschäftlichen Misserfolg der Casino AG.

Also ich möchte schon sagen: Ihre Empörung über diesen einzigartigen Skandal ist nicht sehr groß! (Abg. Öllinger: Sie haben den Zusammenhang nicht verstanden!) Die ganze Dramatik geht an Ihnen offensichtlich vorüber. Oder Sie wollen das vernied­lichen – zusammen mit der SPÖ. Immerhin geht es um mehr als 2 Milliarden €, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Abgeordneter Matznetter, Sie haben gemeint, man müsse sich mit der ganzen Sache gründlich auseinander setzen. – Das ist richtig! Aber, Herr Matznetter, es geht nicht nur um einen Kriminalfall, sondern auch darum, dass das ein Kriminalfall mit sehr intensivem politischen Einfluss ist. Und es geht auch um die Sozialdemokratie! Es geht um die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokratie, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Das hat ja auch der ehemalige Bürgermeister Zilk, der heute schon einmal zitiert worden ist, ganz deutlich gesagt! (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Er hat gesagt, die Sozialdemokratie habe so unendlich viel für die Menschen im vorigen Jahrhundert getan, sie habe deren Leben veredelt, aber im 21. Jahrhundert verspiele sie all diese Errungenschaften. Und das ist das Furchtbare für die Sozialdemokratie, Herr Abgeordneter Matznetter!

Wir haben das schon früher erkannt, denn wir sehen ja Ihre tagtägliche Politik, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Wir sehen ja, welche Politik Sie machen: Sie schützen immer nur vor, dass Sie für die Menschen da sind, dass Sie etwas für die Menschen tun (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter), aber dort, wo es um die persönliche Bereicherung geht, sind Ihre Funktionäre an allererster Stelle. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Wenn man sich insbesondere jene Bezüge anschaut, die der Exgeneraldirektor Elsner unter den Augen des Präsidenten Verzetnitsch, des SPÖ-Mitglieds Verzetnitsch von der SPÖ-Arbeiter-Vorzeigebank bezogen hat, dann muss man sagen, dass das wirklich weit entfernt ist von dem sozialdemokratischen Weltbild und von der Philo­sophie, dass man für die arbeitenden Menschen etwas tun muss, von der Philosophie, dass man für die Nicht-Privilegierten etwas tun muss, denn Sie haben zugeschaut, wie sich ein Privilegierter noch mehr bereichert hat.

Es ist schon erwähnt worden: 6,8 Millionen Pensionsabfertigung! Herr Elsner hat das zu einem Zeitpunkt kassiert, als die BAWAG im Jahre 2000 22 Milliarden Schilling an Verlusten eingefahren hat! Er hat im Monat – ich zitiere jetzt das Jahr 1999 – 7 Millionen Schilling kassiert, meine sehr geehrten Damen und Herren, und im Jahre 2000 7,3 Millionen Schilling plus 8 Millionen Schilling Prämie. Und als er gegan­gen ist, hat er noch einmal eine Abfertigung kassiert, und zwar in einer Höhe von 7 Millionen Schilling! Dazu kommt noch das Penthouse zum Spottpreis und so weiter. – Das alles ist ja schon bekannt.

Das ist unverständlich! Das ist unverständlich für jeden Menschen – aber es muss unfassbar sein für jedes SPÖ-Mitglied und für jeden, der brav seinen Gewerk­schaftsbeitrag entrichtet, für die Tausenden treuen ÖGB-Mitglieder und für die BAWAG-Mitarbeiter. Für diese muss das ja überhaupt unfassbar sein.

Dass der ehemalige ÖGB-Präsident Verzetnitsch da mitgestimmt hat, das ist ja das Entsetzliche! Und das können Sie nicht abstreiten und zu einem gewöhnlichen Kriminalfall herunterspielen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. Das ist ein Beweis dafür, wie sich die Sozialdemokratie von ihren Werten im 19. bezie­hungsweise 20. Jahrhundert, die anzuerkennen sind, entfernt hat.


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Sie werfen uns immer „soziale Kälte“ vor. – Das ist nicht nur soziale Kälte (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Eiszeit!), sondern das ist eine ungeheure Arroganz, wie da vorge­gangen worden ist, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Herr Alt-Bürgermeister Zilk hat gesagt: „Ich bin erschüttert, wie sehr die Sozial­demokratie abgebaut hat!“ – Wir sind darüber deshalb nicht so erschüttert, weil wir, wie schon gesagt, hier Ihre Politik verfolgen. Wir haben ja gesehen, in welche Skandale die SPÖ schon verwickelt war! Es hat ja Zeiten gegeben, wo der halbe SPÖ-Vorstand vor Gericht gestanden ist. An diese Zeiten kann ich mich als Alt-Politikerin noch sehr gut erinnern. (Abg. Dr. Stummvoll: Nein! Als langjährige!) Als langjährige Politikerin.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Matznetter hat gemeint: Wieso klicken nicht die Handschellen, und wieso kann jemand ausreisen?, und so weiter und so fort. Das sei eine interessante Frage, meinte Herr Matznetter. – Ich muss auch sagen: Als langjährige Strafrichterin wundere ich mich auch, wieso es nicht schon lange einen Haftbefehl gibt, wieso nicht schon lange Herr Elsner in Untersuchungshaft sitzt, wieso er noch immer nach Frankreich reisen kann, wieso er gesagt hat: Die Be­amten sollen nach Frankreich reisen und mich dort einvernehmen! Auch ich bin – das muss ich sagen – darüber etwas enttäuscht. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Aber, Herr Matznetter, ich stehe auf dem Boden unserer Verfassung: Ich stehe dazu, dass die Gerichte unabhängig sind! Wir haben aus der Zeitung erfahren, dass die Untersuchungsrichterin den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Verhängung der Untersuchungshaft abgelehnt hat. Aber wir wissen, dass die Justiz auf Hochtouren arbeitet: Allein vom Innenministerium sind 12 Mann zur Aufarbeitung dieses Skandals abgestellt. Die Justiz hat zwei Staatsanwälte für die Wirtschaftsabteilung dazube­kommen, um da so bald wie möglich reinen Tisch zu machen.

Herr Abgeordneter Matznetter, die Justiz dürfen wir nicht kritisieren. Es ist ganz einfach nicht in Ordnung, dass wir als Politiker untersuchen wollen, warum in einem gewissen Fall so vorgegangen worden ist. Ich lehne das ab. Die Sozialisten haben das immer gemacht. Sie haben gesagt: Die Justiz soll sich auch in die Tagespolitik einmischen! – Da bin ich absolut dagegen!

Ich vertraue auf die Justiz, und ich bin überzeugt davon, dass in dieser Sache wirklich gerecht und fair vorgegangen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

16.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Dr. Stummvoll. 8 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.30.21

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundes­minis­ter! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst zwei Vorbemerkungen zu zwei Vorrednern.

Abgeordneter Mag. Kogler weiß, wie sehr ich seine konstruktive Tätigkeit im Finanz­ausschuss schätze. Er ist dort wirklich konstruktiv tätig, und wir führen dort wirklich gute Gespräche. Aber, Herr Mag. Kogler, nach dieser Rede, die Sie heute hier im Plenum gehalten haben, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie immer wieder als Pflichtverteidiger der SPÖ punziert werden. Sie waren heute ein Pflichtverteidiger, Herr Kollege Kogler! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Dafür ein Argument!)

Nun eine Bemerkung zum Kollegen Matznetter. – Er hat Kritik an der Justiz geübt, die die Frau Kollegin Partik-Pablé zurückgewiesen hat. Er hat offensichtlich nicht gewusst,


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dass seit heute Mittag Hausdurchsuchungen bei Verzetnitsch, Weninger, Elsner, Flöttl und weiteren im BAWAG-Skandal verstrickten Personen laufen. Die Hausdurch­suchungen laufen derzeit noch, Herr Kollege Matznetter. Das heißt, die Justiz hat durchaus einen Zahn zugelegt und wird mit dazu beitragen, diesen Skandal aufzu­klären. Daher, Herr Kollege: Keine Kritik an der Justiz! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren! Was mich beschäftigt, das ist Folgendes: Hier haben wir – und das ist, glaube ich, unbestritten – den größten Wirtschafts- und Politikskandal der Zweiten Republik. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) Was mich fasziniert, das ist die Frage: Wie verhält sich der politisch Hauptverantwortliche, nämlich die SPÖ? (Abg. Dr. Matznetter: Wir sind nicht hauptverantwortlich!) Und da gibt es – Kollege Matznetter, Sie haben das in Ihrer Rede sehr deutlich wieder gesagt – zwei Ablen­kungs­strategien. (Abg. Dr. Matznetter: Keine Ablenkung!)

Ablenkungsstrategie Nummer eins lautet: Schuld ist nicht der Dieb, schuld ist der Polizist, er hätte den Diebstahl verhindern müssen! (Abg. Dr. Matznetter: Nein!) Ablen­kungs­strategie Nummer zwei lautet: Nicht wir sind verantwortlich, sondern ein paar kriminelle Manager sind es! (Abg. Dr. Matznetter: Das ist so!)

Schauen wir uns diese beiden Ablenkungsstrategien einmal ein bisschen näher an! (Abg. Dr. Matznetter: Immer ablenken!) Sie werden sehen, beide Strategien brechen letztlich in sich zusammen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wie die SPÖ!)

Zuerst zur Ablenkungsstrategie Nummer eins: Nicht der Dieb war es! – Schauen wir einmal, welche Verantwortungen und welche Kontrolleinrichtungen es da gibt! Ich stelle fest: Eine ganze Kaskade.

Da haben wir erstens einmal den Vorstand. Dieser ist verpflichtet beziehungsweise verantwortlich nach Aktiengesetz und nach Bankwesengesetz.

Die zweite Stufe bildet die Innenrevision. (Abg. Dr. Matznetter: Hat nicht funktioniert!)

Die dritte Stufe ist der Aufsichtsrat. (Abg. Dr. Matznetter: Wurde nicht informiert!) Wir haben mehrmals gehört, welche Personen dort in Verantwortung waren.

Als vierte Stufe fungiert der Eigentümer. – Ja wer war denn der Eigentümer? Nach dem Bankwesengesetz besteht eine besondere Sorgfaltspflicht eines Eigentümers einer Bank (Abg. Dr. Matznetter: Nein!), wenn er 10 Prozent besitzt. Der ÖGB hat aber 100 Prozent besessen!

Die fünfte Stufe bildet der Bankprüfer.

Erst als sechste Stufe fungiert die Finanzmarktaufsicht.

Also, bitte, lösen wir uns davon, dass der Polizist und nicht der Dieb schuld ist! – Schuld sind jene, die da politische Verantwortung tragen! Die Personen sind alle bekannt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Nun zur Ablenkungsstrategie Nummer zwei: Es waren ein paar kriminelle Manager! – Meine Damen und Herren, schauen wir uns diese Personen an: höchste Funktions­träger der SPÖ! (Abg. Dr. Matznetter: Nein!)

Zum Beispiel Verzetnitsch. – Wir haben gehört, dass ihm noch vor wenigen Wochen Häupl den Maria Theresien-Orden verleihen wollte. Gusenbauer hat gesagt: Er spielt eine hervorragende und positive Rolle!

Oder: Weninger. – Ein Spitzenfunktionär, meine Damen und Herren!

Oder: Lore Hostasch. – Dieser Name ist auch gefallen. Klubobmann Molterer hat es nachgewiesen. Lauter Spitzenfunktionäre!


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Oder: Tumpel. – Da werden wir im Unterausschuss noch sehr genau prüfen, wie das war. Wer war denn damals in der Notenbank für die Bankenaufsicht zuständig? Wer hat denn im Jahr 2001 gesagt: Das geht ohnehin alles in Ordnung, ihr braucht nicht weiter zu prüfen!? Wer war denn das damals? (Abg. Dr. Matznetter: Karl-Heinz Grasser!) Der Name Tumpel kommt in dem Doppelnamen auch vor, meine Damen und Herren. Das werden wir uns noch sehr genau anschauen.

Oder: Hundstorfer. – Also ehrlich gestanden, viele Menschen wundern sich, warum Häupl jetzt dieses Signal aussendet, dass der Präsident des ÖGB der Spitzenkandidat der SPÖ in Wien sein soll. Es hat dies heute die Presse sehr gut kommentiert. An sich ist Häupl hier konsequent und ehrlich. Er steht dazu: ÖGB und SPÖ sind „siamesische Zwillinge“. Das ist immerhin ehrlich und konsequent von Häupl, meine Damen und Herren. Aber mich kann das nur wundern, ehrlich gestanden, denn einen, der nicht weiß, wann er einen Schuldenberg von 1,5 Milliarden € übernommen hat, der gar nicht weiß, ob er da zugestimmt hat oder worum es da gegangen ist, als Spitzenkandidaten einer politischen Partei aufzustellen, meine Damen und Herren, ist eigentlich ein Armutszeugnis. Das muss ich sagen – in aller Anerkennung der Funktion eines ÖGB-Präsidenten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich jetzt zum nächsten Punkt kommen, zu der Frage: Welche Bedeutung haben all diese Leute für die SPÖ? – Ja schauen Sie nach! Wer ist im Kompetenzteam „Wirtschaft“ der SPÖ? (Abg. Rädler: Matznetter!) Matznetter, Flöttl, Elsner, Tumpel – lauter Mitglieder des Kompetenzteams „Wirtschaft“ der SPÖ! (Abg. Dr. Matznetter: Das stimmt überhaupt nicht!)

In Anbetracht dessen sagen Sie noch, es sei ein billiger Wahlkampfslogan unseres Generalsekretärs: Die Gusenbauer-SPÖ kann nicht wirtschaften!? Jetzt haben Sie es sogar vom Handelsgericht bestätigt bekommen, jawohl, auf Grund von Daten und Fakten, es ist die Wahrheit! Die Wahrheit ist: Die Gusenbauer-SPÖ kann nicht wirtschaften!, festgestellt vom Handelsgericht Wien, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

Ich habe es an diesem Rednerpult schon einmal gesagt, Sie haben ein Problem, meine Damen und Herren von der SPÖ, und das signalisiert auch dieses Kompetenzteam „Wirtschaft“: In der Praxis führen Ihre falschen Konzepte zu echten Pleiten!

Glauben Sie wirklich, dass der Vorwärts-Verlag, der „Konsum“, die Verstaatlichte, die Bank Burgenland oder der ARBÖ lauter Einzelbetriebsunfälle waren? Ich sage Ihnen, was für mich der rote Faden bei diesen Skandalen ist: Wenn rote Gewerkschafter glauben, sie müssen Unternehmer spielen, dann führt das immer wieder in die Pleite! (Beifall sowie Rufe bei der ÖVP: Genau!) Das hatte Schulden in Milliardenhöhe und Zehntausende verlorene Arbeitsplätze zur Folge, meine Damen und Herren!

Der größte Handelsskandal in der Geschichte der Zweiten Republik war der „Konsum“, das größte Industriedebakel war die Verstaatlichte, und der größte Bankenskandal ist jetzt die BAWAG – alle im Einflussbereich roter Spitzenfunktionäre, meine Damen und Herren!

Lassen Sie mich dazu eines sagen: Wir werden nicht zulassen, dass Sie sich von der politischen Verantwortung hier einfach verabschieden. Aber eines können Sie tun: Ent­lassen Sie den ÖGB aus Ihrer Geiselhaft! Geben Sie den Weg frei für einen demo­kratischen, transparenten, parteiunabhängigen Gewerkschaftsbund, denn wir haben ein Interesse an einer starken Sozialpartnerschaft – und die ist nicht denkbar mit einem ÖGB, der in Geiselhaft einer Partei ist! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

16.37



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Präsident Dr. Andreas Khol: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Matznetter zu Wort gemeldet. 2 Minuten Redezeit. Tatsache gegen Tatsache, keine politischen Interpretationen. – Bitte.

 


16.37.19

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Ich bedanke mich, Herr Präsident. – Herr Abgeordneter Stummvoll hat erstens behauptet, dass im SPÖ-Kompetenzteam „Wirtschaft“ die Herren Elsner und Flöttl Mitglieder gewesen seien.

Zweitens hat er behauptet, dass Frau Tumpel-Gugerell Chefin der Bankenaufsicht in der OeNB gewesen sei. (Abg. Großruck: Nein!)

Beides ist unrichtig! Ich berichtige daher tatsächlich:

Erstens: Die Herren Flöttl und Elsner waren niemals Mitglieder des SPÖ-Kompetenz­teams „Wirtschaft“. (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Zweitens: Der Chef der Bankenaufsicht zum Zeitpunkt des Berichtes hieß Mag. Karl-Heinz Grasser, Bundesminister für Finanzen. (Ruf bei der ÖVP: In der Notenbank doch nicht!) So ist das, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Mol­terer: Das ist leider danebengegangen! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.38


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Katzian. Seine Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Neudeck – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Katzian –: Gibt es jetzt Aufklärung oder wieder Vernebelung? – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ist das die Abschiedsrede? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


16.38.14

Abgeordneter Wolfgang Katzian (SPÖ): Soll ich Sie alle jetzt ausreden lassen oder kann ich anfangen? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neudeck.) Ja, passt schon. Reden Sie sich nur aus! Sie haben ja vorhin schon ordentlich Gas gegeben. (Abg. Neudeck: Sie haben genug Redezeit!) Ja, super. (Abg. Neudeck: ... , aber da bekommen Sie nicht voll bezahlt wie im Aufsichtsrat der BAWAG!) Sie wissen ganz genau, dass ich niemals dem Aufsichtsrat der BAWAG angehört habe. Also verzapfen Sie da nicht Meldungen, die nicht stimmen! (Abg. Neudeck: Aber Sie hätten es ge­kriegt, wenn Sie es gewesen wären!) Bin ich aber nicht! (Abg. Neudeck: Sie hätten es genommen!)

Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich habe in meiner letzten Rede zur Staatshaftung für die BAWAG ausdrücklich begrüßt (Abg. Neudeck: Probieren Sie es mit „Offen gesagt“!), dass für etwa 6 000 Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter der Bank, für die verflochtenen Unternehmen und für den Finanzplatz Österreich gemeinsam Verantwortung übernommen wird.

Es geht nicht darum, dem Eigentümer ÖGB für die Folgen des Fehlverhaltens einiger Spitzenfunktionäre und einiger Bankdirektoren zur Seite zu stehen (Abg. Mag. Hakl: Und einiger Aufsichtsräte!), sondern es geht vielmehr darum, das Vertrauen in das österreichische Bankwesen und den österreichischen Wirtschaftsstandort zu sichern, also in hohem Maß auch um öffentliches Interesse.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Bund im allgemeinen öffentlichen Interesse Öster­reichs bei Finanzmarktkrisen ausgleichend eingreift. So war es im Jahre 1981 bei er Länderbank (Abg. Großruck: Wer war daran schuld?), 1985 bei der Creditanstalt, 1995 bei der Bank für Handel und Industrie, und selbst die Volksbanken konnten in den achtziger Jahren eine Vertrauenskrise bei den Anlegern durch staatliche Unterstützung


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abwenden. Faktum ist, dass erst die Insolvenz des Brokerhauses Refco und in der Folge der Vergleich mit den amerikanischen Refco-Gläubigern und Shareholdern eine zusätzliche Bundeshaftung notwendig gemacht haben. (Abg. Mag. Molterer: Also die Karibik-Geschäfte waren in Ordnung?)

Eine weitere Tatsache ist (Abg. Mag. Molterer: Die Karibik-Geschäfte sind okay?), dass der Bund noch immer für die Altverbindlichkeiten der Postsparkasse mit 5,5 Mil­liarden haftet. Zusammen mit der Einlagensicherung ergibt das die bekannten Werte, die heute auch schon genannt wurden. (Abg. Großruck: Machen Sie keine Dichter­lesung! Der Ingeborg-Bachmann-Preis wird in Klagenfurt vergeben!) Eine Insolvenz der BAWAG hätte einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden verursacht und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wesentlich mehr gekostet. (Abg. Hornek: Wehren Sie sich gegen solche Redenschreiber!) Damit war die Rettung der BAWAG/P.S.K. im höchsten Interesse auch der österreichischen Steuerzahler. (Abg. Neudeck: Ihre Rede lesen Sie aber auch zum ersten Mal!)

Faktum ist, dass, wie es das Bundesgesetz und die Haftungsvereinbarung vorsehen, nach wie vor zuerst der ÖGB als Bürge und Zahler haftet. Die Bundeshaftung kann erst in Anspruch genommen werden, wenn der ÖGB insolvent werden würde oder seinen gesetzlichen und statutarischen Aufgaben nicht nachkommen könnte.

Wir haben uns weiters verpflichtet, die BAWAG zu 100 Prozent zu verkaufen und unser Vermögen gegenüber der österreichischen Notenbank offen zu legen (Abg. Walch: Gewerkschaftsgelder!), um sicherzustellen, dass die österreichischen Steuerzahlerin­nen und Steuerzahler nicht ungerechtfertigt in Anspruch genommen werden. Das Prüfteam der Nationalbank ist zur Stunde im Übrigen sehr intensiv unterwegs, und alle angefragten Unterlagen sind im Interesse einer raschen Aufklärung auch entsprechend vorgelegt worden. (Abg. Hornek: Das ist doch ein Blödsinn!) – Das ist kein Blödsinn, das ist eine Tatsache! Die Nationalbank ist zur Stunde im ÖGB ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Kollege Hornek, nehmen Sie das Wort „Blödsinn“ zurück? (Abg. Hornek bejaht.) Gut.

 


Abgeordneter Wolfgang Katzian (fortsetzend): Informieren Sie sich vorher, bevor Sie da mit solchen „Wuchteln“ herumschmeißen!

Fehlentscheidungen und unglaubliche Handlungen ehemaliger BAWAG-Manager und des ehemaligen ÖGB-Präsidenten und Leitenden Sekretärs haben den ÖGB in seine schwerste Krise geführt. Trotzdem haben wir uns als Eigentümer nie aus der Verant­wortung gestohlen. Wir haften in voller Länge, mit einer Ausnahme. Politiker wie Peter Westenthaler und Herbert Scheibner dürfen uns nicht in den Konkurs schicken – heute nicht und auch morgen nicht. (Ruf bei der ÖVP: Amen!) Und das notwendige Betriebsvermögen, das wir für die Erfüllung unserer Aufgaben benötigen, muss blei­ben. (Abg. Neudeck: Aber retten dürfen wir Sie schon?!) Hier hat die Vernunft über die Polemik gesiegt und sich durchgesetzt.

Und, wie schon erwähnt: Wenn die Bundeshaftung schlagend wird, wird den Steuer­zahlern nicht das Geld aus der Tasche gezogen, wie vermittelt wird, sondern wir müssen dies 14 Jahre lang entsprechend zurückzahlen. (Abg. Wattaul: Die Gewerk­schafts­mitglieder werden zahlen, nicht ihr! – Weitere Zwischenrufe bei den Frei­heitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Damit ist klar, meine Damen und Herren, was dies vom BZÖ initiierte Politspektakel heute hier bedeutet: den tiefen Wunsch, durch eine Schwächung des ÖGB die Dominanz der Wirtschaft über den Menschen zu etablieren. Und da werden wir Ihnen nicht zustimmen, dafür stehen wir nicht zur Verfügung! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das ist eine Geisteshaltung! Jetzt wissen wir, warum es dem ÖGB so


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geht, wie es ihm geht! – Abg. Scheibner: ... diese Machenschaften! – Weitere Zwi­schen­rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

16.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Sburny. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte. (Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer. – Abg. Dr. Stummvoll: Wir lassen uns gerne überraschen!)

 


16.43.44

Abgeordnete Michaela Sburny (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Ich bin wirklich begeistert, dass Herr Kollege Molterer offenbar schon im Vorhinein weiß, was ich sagen werde. Vielleicht gehen Sie das nächste Mal heraus und sagen das, was ich sagen will; vielleicht ist Ihnen dann leichter. (Ironische Heiter­keit bei der ÖVP. – Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Anscheinend wissen Sie schon, was ich sagen will. Wunderbar! (Abg. Mag. Molterer: Ich bin zwar risikobereit, aber so viel auch wieder nicht!) Sie sind das, was Sie sind: ein wunder­barer Ausführer von Negativ-Campaigning und sehr gut im Wiederholen derselben Floskeln, aber Sie sind sicher keiner, der weiß, was ich da jetzt sagen werde. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Ich bin ein sehr positiver Mensch!)

Ich bin ganz überzeugt, dass wir hier alle ... (Die Rednerin hält kurz inne. – Abg. Neudeck: Ich glaube, Sie sind selber sprachlos über Ihre Rede!) Ich bin ganz überzeugt, dass wir alle hier, und zwar weder die SPÖ noch die ÖVP noch die Grünen, uns nicht völlig der Tragweite dieses ganzen Skandals bewusst sind. (Abg. Großruck: Wir schon! – Heiterkeit.) Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass das erst in Monaten, wenn nicht Jahren in der gesamten Tragweite sichtbar werden wird, was da passiert ist. (Abg. Dr. Stummvoll: Das kann schon stimmen!) Und ich meine jetzt nicht die Haftungsübernahme der Republik – da werden wir wahrscheinlich in ein paar Monaten Bescheid wissen, wie weit diese Haftungsübernahme schlagend wird oder nicht –, sondern ich meine die Bedeutung, die die ganze Sache für den ÖGB hat.

Momentan schaut es so aus, dass die Auswirkungen für den ÖGB insgesamt jedenfalls fatal sind. Was nämlich in jedem Fall klar ist – und das ist in der heutigen Debatte aus meiner Sicht noch immer viel zu wenig herausgekommen –, das ist, dass es sich eben nicht nur um einen Kriminalfall handelt – nicht nur, vielleicht auch, das werden wir noch sehen –, aber worum es sich jedenfalls handelt, das ist ein Systemversagen. Es tut sich hier ein System auf, das gerade an seinen eigenen Unzulänglichkeiten scheitert.

Diese Unzulänglichkeiten beziehen sich vor allem auf die Intransparenz, die undemo­kratische Vorgangsweise und das Abschotten gegenüber jeglicher Art von Kritik. Das heißt, das, was passiert, ist eine logische Konsequenz aus der Abschottungspolitik, die es im ÖGB gibt. Nach dem Auffliegen dieses ganzen Skandals hat es aus meiner Sicht eine kurzfristige Offensive gegeben, den Versuch, einen Schritt nach vor zu machen, zu sagen: Okay, wir werden das alles aufklären!, und dann hat sich offenbar für viele gezeigt, dass die Dimension dieser Sache doch zu groß ist, und man hat sich wieder aufs Mauern verlegt. Bei jeder Kritik, bei jedem neuen Schritt, der da sichtbar geworden ist, bei jeder neuen Aktion wurde wieder mehr gemauert, ist der ÖGB wieder abgeschlossener geworden, und die Hoffnung, dass es da eine radikale Reform geben wird, hat sich sehr rasch zerschlagen.

Ich möchte drei Punkte nennen, an denen man das erkennen kann.

Punkt eins: Es hat sehr schnell eine Initiative im ÖGB gegeben, die erfasst hat, was da eigentlich passiert ist, und es ist eine Homepage gegründet worden –


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www.zeichensetzen.at – von Leuten, die versucht haben, zu retten, was zu retten ist, zu sagen: Mit diesem ÖGB geht es so nicht weiter, aber wir brauchen den ÖGB, und deswegen muss er sich verändern, und zwar schnell, und sie haben auch ganz konkrete Vorschläge gemacht.

Faktum ist, dass in der Reformgruppe, die im ÖGB eingesetzt worden ist, niemand von den Unterzeichnern und Unterzeichnerinnen dieser „zeichensetzen“-Gruppe auch nur eingeladen oder gehört wurde.

Punkt zwei: Der neue Präsident Hundstorfer ist – und das ist heute bestätigt worden – tatsächlich der Spitzenkandidat der Wiener SPÖ für die Nationalratswahl. Wir haben auch da mehrere Diskussionen darüber geführt, wie weit man hier Unvereinbarkeiten festlegen kann, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, es kann keine Unver­einbarkeit geben in der Form, dass man sagt, jemand, der in der Gewerkschaft in einer Spitzenfunktion tätig ist, darf nicht Abgeordneter sein. Das kann nicht sein. Aber in einer Situation wie jetzt, wo völlig klar ist, dass es um die Verschränkung zwischen politischen Parteien und dem ÖGB geht, ein solches Zeichen zu setzen, ein ganz anderes Zeichen, als die „zeichensetzen“-Leute wollten, das halte ich wirklich für fatal.

Punkt drei: Es gibt nach wie vor keine Information an die Mitglieder. Das, was viele, was zum Beispiel auch die grünen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und die alternativen GewerkschafterInnen seit vielen Jahren gefordert haben: Transparenz, Information, Einbeziehung der Mitglieder, ist bis heute nicht erfolgt. Es gibt überhaupt keine Information an die Mitglieder, was der Stand der Dinge ist, und das lässt mich daran zweifeln, wie weit der ÖGB reformfähig ist in der momentanen Konstellation. (Beifall bei den Grünen.)

Aus meiner Sicht kann der ÖGB nur zwischen zwei möglichen Richtungen wählen. Die eine mögliche Richtung ist, er ist in kürzester Zeit „hin“. Und es gibt große Interessen in diesem Land, da wird immer wieder ein Schäuferl nachgelegt, damit der ÖGB schlicht und einfach „hin“ ist, und alles, was der ÖGB momentan tut, führt auch noch dazu, diese Richtung zu bestärken. Die heutige Debatte ... (Abg. Prinz: Pflichtverteidigerin!)

Sagen Sie einmal, können Sie zuhören? Oder haben Sie nur Schlagworte, Schlag­worte, Schlagworte, Schlagworte? Haben Sie noch etwas anderes als Schlagworte auch zu sagen? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Prinz: Wir müssen nicht zuhören!) Haben Sie etwas anderes als Schlagworte zu sagen? Kommen Sie heraus, und sagen Sie etwas anderes!

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Vor allem erinnere ich daran: Keine Zwischenrufe von fremden Sitzplätzen aus! (Abg. Murauer: Prinz sitzt schon ein paar Jahre dort! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Abgeordnete Michaela Sburny (fortsetzend): Zum Glück haben wir ja heute genug Zeit! (Abg. Murauer: So ist es! – Abg. Mag. Hakl: Zeit lassen! Durchatmen!)

Was die ÖVP will, das ist ganz leicht zu sehen; man braucht sich ja nur anzuschauen, wie Herr Kollege Neugebauer in seiner Doppelfunktion als Abgeordneter zum National­rat sowie als Vorsitzender der drittgrößten Teilgewerkschaft agiert. – Ist Kollege Neu­gebauer GÖD-Vorsitzender oder nicht? (Abg. Mag. Hakl: Ja, und ein guter!) Okay, er ist es. Was Fritz Neugebauer will, ist eine Schwächung, ist eine Zertrümmerung des ÖGB! (Ruf bei der ÖVP: Die GÖD ...!) – Ja, die GÖD ist die drittgrößte und finanzstärkste Teilgewerkschaft, und diese will sich jetzt vom ÖGB verabschieden, indem sie sagt: Der Rest soll halt zerbröseln! (Ruf bei der ÖVP: Die einzige Lösung!) Das ist das, was die ÖVP will – und was Sie wollen! Und solchen Maßnahmen leistet der ÖGB auch noch Vorschub, ein ÖGB, der nicht in der Lage ist, auseinander zu


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halten, was Parteipolitik und was Politik für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Österreichs ist!

Deswegen, finde ich, braucht der ÖGB weniger eine Reform, sondern schon mehr eine kleine Revolution, und zwar eine Revolution in Sachen Demokratie, eine Revolution in Sachen Transparenz und eine Revolution in Sachen Frauen an die Spitze. Und ich wünsche mir für alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, dass der ÖGB diese Kurve kriegt. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.52


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, ich habe inzwischen das vorläufige Stenographische Protokoll der Rede des Abgeordneten Neudeck erhalten. Herr Abgeordneter Jarolim hat, wie sich aus dem Protokoll ergibt, Herrn Abgeordneten Neudeck der „Lüge“ geziehen. Ich erteile dafür Herrn Abgeordnetem Jarolim einen Ordnungsruf. (Abg. Scheibner: Und was ist mit dem Darabos?)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatssekretär Mainoni. – Bitte.

 


16.52.24

Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Dieser zweifellos größte Banken-Skandal der Zweiten Republik, der BAWAG-Skandal, hat mehrere Aspekte. Dabei muss aber auch der ÖGB genannt werden, wobei ich dazu sage: leider!, denn an und für sich sorgt ja eine starke Arbeitnehmervertretung für sozialen Frieden in unserem Lande; ebenso wird dadurch die Sozialpartnerschaft gestärkt.

Der eine Aspekt ist der parteipolitische, der hier ja richtigerweise debattiert wird; der zweite Aspekt ist aber natürlich der strafrechtlich relevante, der kriminelle Aspekt. Und der dritte Aspekt ist auch ein sehr bedauerlicher: dass nämlich infolge dieses Skandals der Finanzplatz Österreich gelitten hat.

Das Ansehen des Finanzplatzes Österreich, eines Finanzplatzes, den man sozusagen als weiße Weste bezeichnen kann, hat dunkelrote Flecken bekommen (Zwischenrufe bei der SPÖ) – und es muss danach getrachtet werden, dass beim Versuch, diese dunkelroten Flecken wegzuwischen, nicht eines passiert: dass Vertuschungen und Verzögerungen bei notwendigen Problemlösungen einfach hingenommen werden. – Aus Erfahrung weiß man, dass Gefahr droht, wenn manche solchen Versuchungen erliegen.

Dazu ein Beispiel aus Salzburg, der WEB-Skandal, dessen Aufarbeitung 15 Jahre lang gedauert hat; Herr Abgeordneter Maier von der SPÖ wird das sicherlich bestätigen. Viel zu lange hat es beim WEB-Skandal gedauert, bis Bankdirektoren endlich hinter Gitter gekommen sind, wobei in diesem Falle die Schadenssumme vergleichsweise die „Portokassa“ dessen war, was an Schaden durch den BAWAG-Skandal entstanden ist.

Es wird daher danach getrachtet werden müssen, dass bei dieser Causa rasch und konsequent, wie bereits vom Herrn Finanzminister ausgeführt, vorgegangen wird.

Meine Damen und Herren! Bei der BAWAG waren es offensichtlich strafrechts­relevan­te Malversationen der Geschäftsführung, die zu diesem enormen Schaden geführt haben. Es sind aber darin nicht nur die Geschäftsführung, sondern, wie wir gehört haben, der Aufsichtsrat, die Eigentümervertreter und auch die Wirtschaftsprüfer invol­viert, wobei da so manche zusammengewirkt haben dürften, um diesen Skandal zu vertuschen.


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Eine lückenlose Klärung dieses Skandals wird schwierig werden, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass auch Verdunkelungs- und Vertuschungsversuche aufgeklärt werden.

Beim ÖBG – meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss auch dazu gesagt werden – wurde treuhändisch zu verwaltendes Geld, nämlich Mitgliedsbeiträge verun­treut, und zwar zum Schaden der Mitglieder! Diese haben die Beiträge nicht ein­gezahlt, damit diese irgendwo verschwinden, sondern dass diese Gelder nicht nur treuhändig verwaltet, sondern auch vermehrt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, seitens des ÖGB – auch das darf nicht unerwähnt bleiben – wurden mindestens 1,4 Milliarden € an Mitgliedsbeiträgen wie bei einem Glücksspiel verspielt – und das, obwohl, was bisher gar nicht so bekannt war, der ÖGB Steuerprivilegien genießt. Der ÖGB ist rechtlich gesehen ein Verein, genießt aber die Befreiung sowohl von der Körperschaft- als auch von der Umsatzsteuer! Das ist übrigens ein Privileg des ÖGB, das im Jahre 1993 unter dem damaligen Finanz­minister Lacina geschaffen wurde.

Aufgeklärt werden muss gleichfalls – ich bringe jetzt nur einige Beispiele –, wer dieser Abfertigungszahlung für den BAWAG-Generaldirektor Elsner zugestimmt hat. Bei den 93 Millionen Schilling geht es ja nur um die Pensionsabfindung für Elsner und dessen Gattin, die vorzeitig ausbezahlt wurde, aber: Generaldirektor Elsner hat ja noch zwei Jahresgehälter an Abfertigung, also weitere rund 17 Millionen Schilling bekommen! Wer aller hat diesen Zahlungen an Elsner zugestimmt?

Eine weitere Frage, die möglicherweise unter dem Gesamtaspekt dieses enormen Schadens nicht so relevant ist, aber doch ein bezeichnendes moralisches Licht auf die handelnden Personen wirft: Aufgeklärt werden muss auch, warum die unter Elsners Penthouse befindliche Wohnung ebenfalls in Elsners Eigentum übergegangen ist, wie wir inzwischen wissen.

Wir sind zuversichtlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass alle voll unter­suchen werden: beginnend von der Staatsanwaltschaft über die unabhängigen Gerich­te und so weiter.

Nur noch kurz zu den Ausführungen einiger meiner Vorrednerinnen und Vorredner: Ich hoffe, dass die Einschätzung der unabhängigen Justiz zutrifft, dass für diese Banken­manager keine Fluchtgefahr besteht.

Aufzuklären wird jedenfalls sein, welche Rolle – eben auch angesichts der Vorwürfe der Bereicherung – diese Bankenmanager gespielt haben. Die Untersuchungs­behör­den sind Gott sei Dank unabhängig und frei von irgendwelchen Verdachtsmomenten. Staatsanwaltschaft, Gerichte und Finanzmarktaufsicht mögen, und zwar unbeeindruckt von Vertuschungsversuchen, die es bei solchen Skandalen immer gibt, zielstrebig und rasch an der Aufklärung dieses Skandals sowie den damit verbundenen Konse­quenzen arbeiten. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Walch. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.57.32

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Werter Herr Finanzminister! Werter Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Matznetter, Kollege Katzian, wie fühlt ihr euch überhaupt, wenn debattiert wird über Zahlungen der ÖGB-Mitglieder, wenn gesprochen wird über den BAWAG-Skandal, über diese ungeheuer große Geldverschwendung und Selbstbereicherung, über


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Betrugs­affären und vieles andere mehr?! Fühlt ihr euch in dieser eurer Partei überhaupt noch wohl? Ich weiß schon, ihr könnt nicht mehr hinaus gehen zur Basis. – Ich aber war jetzt einige Wochen unterwegs und war in vielen österreichischen Betrie­ben. Wollt ihr von der SPÖ wissen, was die Leute sagen? – Denen, so heißt es überall, kann man kein Geld anvertrauen! Da muss man, hört man immer wieder, eine Tasche mit Reißverschluss haben, denn wenn die vorbeigehen, sind deine Taschen leer!

Die Arbeitnehmer an der Basis draußen sind so sauer und wollen mit dieser SPÖ-ÖGB-Fraktion nichts mehr zu tun haben! Das Geld, das sie mit ihren Mitgliedsbeiträgen in den ÖGB hineingezahlt haben – und wie das dann verwendet wurde, das empört die Leute immens! Ganz abgesehen von den in BAWAG und ÖGB herrschenden Privile­gien: angefangen mit diesen unvorstellbar hohen Abfertigungszahlungen, diesen enormen Pensionszahlungen und vieles andere mehr, das ist ja alles geradezu unfassbar! Da rede ich jetzt noch gar nicht von diesen Penthäusern und so weiter!

Wo sind denn jetzt die Kollegen Gusenbauer und Cap? Sitzt Gusenbauer vielleicht im Penthouse von Verzetnitsch, um Absprachen zu treffen? Oder was passiert sonst? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Gusenbauer ist doch da auch ein Mitwisser! Ich selbst habe im Fernsehen gesehen, wie Gusenbauer aus dem ÖGB-Präsidium herausgekom­men ist und nach einer Präsidiumssitzung dort Gespräche geführt hat! Er wird wahrscheinlich genau wissen, was dort passiert ist! Daher: Wieso verschwindet Gusenbauer bei dieser Debatte jetzt?! Und was ist mit dem Kollegen Tumpel, der ja auch ein Mitwisser ist!

Kollege Matznetter, ich hätte von dir geglaubt, dass du als führendes Funktionsmitglied der SPÖ hergehst und dass ihr als Erste diesen Skandal aufräumt; diese Leute sind aus demselben Holz geschnitzt. Wieso lasst ihr das zu? Wieso stellst du dich hier ans Rednerpult und redest über andere Sachen? – Du sitzt im Glashaus und wirfst mit Steinen: über 3 Milliarden €!

Wenn ich höre, wie Kollege Kanzian gesagt hat: Wir werden den ÖGB retten!, und vieles mehr (Rufe bei der SPÖ: Katzian!): Kollege Kanzian, ihr vom ÖGB seid die Hauptverantwortlichen, dass 6 000 BAWAG-Mitarbeiter und 2 000 ÖGB-Mitarbeiter den Arbeitsplatz verloren hätten. Diese Bundesregierung hat eine Garantie über 900 Millionen € abgegeben, sie ist hergegangen und hat gesagt: Diese Betriebe retten wir, das ist es uns wert! Kein Selbstbedienungsladen, und vieles mehr.

Man muss nur einmal schauen, was passiert ist. Es kann doch nicht sein, dass das ÖGB-Präsidium – und diesem gehört auch Frau Kollegin Csörgits an – nichts davon gewusst hat, von Flöttl und vielem mehr.

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Kollege Walch, wollten Sie nicht einen Antrag einbrin­gen?

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): Ja. – Ich fordere die SPÖ auf, endlich einmal selbst initiativ zu werden und sich von diesen Leuten zu entfernen. Da heute die Kollegen Matznetter und Kanzian keine gravierenden Aussagen gemacht haben, um diesem Problem Herr zu werden, bringe ich folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Stummvoll und Neudeck ein, und zwar im Hinblick darauf, dass die Regierungsparteien bei den Verhandlungen mit BAWAG und ÖGB die Haftung von BAWAG beziehungsweise ÖGB übernommen haben. Es geht darum, dass es nicht zu dem kommt, was Hundstorfer – der mit hauptverantwortlich ist – gesagt hat: Na ja, ein bisschen wird der Steuerzahler schon zahlen müssen.

Im Entschließungsantrag fordern wir Folgendes: Der Nationalrat wolle beschließen, dass der Bundesminister für Finanzen ersucht wird, im Zusammenhang ...

 



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154. Sitzung / Seite 159

Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Herr Abgeordneter! Ich bitte, den Antrag genau einzubringen, weil er sonst nicht ordnungsgemäß einge­bracht wäre.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): Gut, dann fange ich noch einmal an. (Abg. Silhavy: Lesen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Entschließungsantrag der Kollegen Stummvoll und Neudeck: „Während die Regie­rungs­parteien bei den Verhandlungen mit BAWAG und ÖGB betreffend Haftungs­übernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank noch von einer Schadenssumme ...“

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich sage es noch einmal kürzer: Sie brauchen nur den unten stehenden Entschließungsantrag einzubringen, aber den bitte wortidentisch.

 


Abgeordneter Maximilian Walch (fortsetzend): „Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, im Zusammenhang mit der Haftungsübernahme des Bundes gemäß BAWAG P.S.K.-Sicherungsgesetz sicherzustellen, dass der Steuerzahler erst dann zur Kasse gebeten wird, nachdem alle direkten und indirekten Eigentümer der BAWAG P.S.K., wobei Zweigvereine eines Eigentümers und von diesem gegründete Stiftungen diesem zuzurechnen sind, die Bürge- und Zahlerhaftung nach §°1357 ABGB bedin­gungslos, ausgenommen jedoch Bedingungen zur Abwehr der Insolvenz der direkten und indirekten Eigentümer des Kreditinstitutes, ohne jede weitere Einschränkung übernommen haben.“

Ich ersuche um Zustimmung. – Danke. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP. – Abg. Mandak: Sehr routiniert! Sehr routiniert eingebracht!)

17.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Stummvoll und Neudeck ist ordnungsgemäß eingebracht worden, er ist auch ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Stummvoll, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inanspruchnahme des Steuerzahlers, eingebracht im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage „Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K.“

Während die Regierungsparteien bei den Verhandlungen mit BAWAG und ÖGB betreffend Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank noch von einer Schadenssumme in der Höhe von circa 1,4 Mrd. € ausgegangen sind, haben die Entwicklungen der letzten Wochen gezeigt, dass die finanzielle Situation des ÖGB und der BAWAG viel dramatischer als ursprünglich angenommen ist

Im Hinblick auf die Gründung von über 60 Stiftungen, Gesellschaften und anderen „geeigneten Konstruktionen“ zum Zwecke der Verschleierung von Verlusten und /oder zum Verstecken von Aktivvermögen und den Aussagen der ÖGB Spitze, wonach diese eine zumindest teilweise Inanspruchnahme der Bundeshaftung für wahrscheinlich hält, muss sichergestellt werden, dass zuerst das Vermögen des BAWAG P.S.K. – Eigen­tümers ÖGB und ein eventuelles Vermögen der vom ÖGB gegründeten Stiftungen zur Abdeckung der Schulden verwendet und erst danach der Steuerzahler aufgrund der übernommenen Bundeshaftung zur Kasse gebeten wird

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden


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154. Sitzung / Seite 160

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Finanzen wird ersucht, im Zusammenhang mit der Haftungs­übernahme des Bundes gemäß BAWAG P.S.K.-Sicherungsgesetz sicherzustellen, dass der Steuerzahler erst dann zur Kasse gebeten wird, nachdem alle direkten und indirekten Eigentümer der BAWAG P.S.K., wobei Zweigvereine eines Eigentümers und von diesem gegründete Stiftungen diesem zuzurechnen sind, die Bürge- und Zahlerhaftung nach §°1357 ABGB bedingungslos, ausgenommen jedoch Bedingungen zur Abwehr der Insolvenz der direkten und indirekten Eigentümer des Kreditinstitutes, ohne jede weitere Einschränkung übernommen haben.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Johann Moser zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.03.54

Abgeordneter Mag. Johann Moser (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schon eigenartig, dass Herr Walch jetzt einen Entschließungsantrag einbringt, durch den eigentlich die Beantwortung von Finanzminister Grasser, dass die Haftungen ordnungsgemäß abgewickelt werden können, in Frage gestellt wird. Ich kenne mich jetzt nicht mehr wirklich aus: Gilt das, was Sie uns zuerst erklärt haben, oder gilt das nicht? – Aber das ist sowieso nicht so genau, was das BZÖ hier aufführt.

Für uns ist eines klar gewesen: Alle kriminellen Machenschaften sind sofort zu ahnden, und die Schuldigen sind sofort hinter Schloss und Riegel zu bringen. Das stellen wir überhaupt nicht in Frage. (Beifall bei der SPÖ.) Aber was Sie heute hier aufführen, mit diesen Anträgen und auch schon vorher, bedeutet: Sie verunsichern wieder den Finanzplatz Wien. (Abg. Scheibner: Ihr!) Selbstverständlich, Sie stellen den Finanz­platz Wien schon wieder in Frage (Abg. Scheibner: Das ist aber nicht Ihr Ernst!), indem Sie das Thema ununterbrochen in einer Form thematisieren, die mit der Anfragestellung überhaupt nichts zu tun hat. (Abg. Großruck: Das ist der größte Skandal, den es gibt! Der größte Skandal der Zweiten Republik!) Sie verunsichern den Finanzplatz Wien, und das ist schlecht für Österreich!

Ich frage Sie noch etwas, Herr Scheibner: Wir haben dieses Gesetz mit 900 Millionen beschlossen. (Abg. Scheibner: Nachher haben wir lesen können, dass es „Erpressung“ war!) Jetzt wollen Sie wissen, was damit passieren kann. Da würde ich Ihnen einen Tipp geben (Abg. Scheibner: Sie brauchen mir gar keine Tipps zu geben!): Fragen Sie Ihren Präsidenten! (Abg. Scheibner: Ich gebe Ihnen einen Tipp: Schauen Sie, dass Sie ...!)

Fragen Sie Ihren Präsidenten Prinzhorn, er kann Ihnen sehr genau Auskunft über seine Ungarn-Geschäfte geben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wir brauchen keine Tipps! – Abg. Großruck: Lenken Sie nicht ab!) Er würde nämlich gar nicht mehr existieren, wenn er damals nicht Haftungen in Anspruch genommen hätte. Fragen Sie ihn, was das damals den Steuerzahler gekostet hat. (Abg. Großruck: ... und lenken Sie nicht ab!) Fragen Sie, welche Haftungen in Anspruch genommen wurden. (Abg. Scheibner: Was hat das mit den ... zu tun?) Sie wollen doch wissen, wie das geht. Ihr Präsident kann Ihnen das aus persönlicher Erfahrung erzählen, das ist klar. (Abg. Scheibner: Das vergleichen Sie mit einem Kriminalfall dieser Dimension?)


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154. Sitzung / Seite 161

Aber Sie tragen auch mit etwas anderem dazu bei: Indem Sie den 1. Juli 2007 als Verkaufstermin ins Gesetz hineingeschrieben haben, tragen Sie dazu bei, dass der Verkaufserlös geringer sein wird. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber Sie haben ja zuge­stimmt!) Ja, das wissen wir auch; es war die zweitbeste Lösung. Aber damit tragen Sie dazu bei, dass der Verkaufserlös geringer wird und dadurch der Druck, dass die Haftung geltend wird, ein größerer wird. Das ist Ihr Beitrag, den Sie damit leisten.

Da sind Sie überhaupt Spezialisten. (Abg. Dr. Mitterlehner: Wo war das eigene ...?) Der Finanzminister und der Bundeskanzler freuen sich wie Schneekönige (Abg. Neudeck: Und ihr wollt die Leichen im Keller verkaufen!), wenn sie die Post privatisieren und innerhalb von drei Tagen 150 Millionen € verschenkt haben. Das ist nämlich die Kurssteigerung. Sie freuen sich wie die Schneekönige und lassen sich fotografieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Aber es gibt eine zweite wichtige Frage. Die Frage ist: Wie hoch wäre denn der Verlust der BAWAG, wenn der Bundeskanzler, der Finanzminister und der Wirtschaftsminister ihre Äußerungen nicht gemacht hätten – eine „Spitze des Eisbergs“ –, was dazu geführt hat, dass ein Fünftel des Geschäftsvolumens verloren ging? (Abg. Scheibner: Sie haben leider Recht gehabt!) – Sie haben also ein Fünftel indirekt mit verursacht. (Abg. Scheibner: Damals waren wir noch bei 1,5 Milliarden!)

Aber der zweite Punkt ist noch wesentlich interessanter: Wo ist denn diese Bundes­re­gierung geblieben – der Wirtschaftsminister, der Bundeskanzler, der Finanzminister –, als US-Behörden erstmals ein Kundenkonto gesperrt haben? – Dort haben sich Kundengelder in Höhe von 1,3 Milliarden angesammelt, und die BAWAG war gezwun­gen, eine sehr teure Lösung von Star-Anwälten, die bis zu 30 Prozent mitschneiden, mitzutragen. Das sind auch Ursachen.

Ich frage also nur, Herr Finanzminister: Was haben Sie in Ihrem Bereich unter­nommen – informell –, dass solche einmalige Aktivitäten der US-Behörde nicht zustande kommen? – Das ist ein ganz wichtiger Punkt, weil Sie da viel Schaden aus Ihrer Sicht hätten verhindern können.

Das führt mich zum nächsten Punkt – er ist heute schon mehrfach erwähnt worden –: der Finanzmarktaufsicht. Diese Finanzmarktaufsicht ist personell veränderungs­bedürf­tig, und sie ist unterbesetzt. Herr Finanzminister, kennen Sie die Probleme dieser Behörde überhaupt? (Bundesminister Mag. Grasser: Ja!) Sonst muss ich Ihnen aus dem Geschäftsbericht den Wunsch des Geschäftsführers der Finanzmarktaufsicht vor­lesen. Er hat im Vorwort zum Jahresbericht den Wunsch kundgetan, dort schreibt er:

Kontrollen durch Vor-Ort-Prüfungen sind wesentlich. „Vor allem muss die Umsetzung verhängter Maßnahmen zeitnah und lückenlos überprüft werden. Nur so kann Miss­brauch von Vertrauen rechtzeitig aufgedeckt werden.“ (Abg. Neudeck: Kollege! Das hört er akustisch nicht!) „Das bedeutet aber, dass das Team der FMA personell aufgestockt werden muss. Und darum werden wir im Jahr 2006 kämpfen.“ – Zitatende.

Das sagen die Geschäftsführer der FMA! Sie sind gar nicht in der Lage, personell die Aufgaben, die die Behörde hat, umzusetzen. Das ist ein sehr bedenklicher Zustand für Österreich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Stummvoll – der jetzt nicht anwesend ist (Abg. Dr. Stummvoll – seitlich an der Regierungsbank stehend –: O ja! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) und den ich immer wieder auch inhaltlich sehr schätze – fordert ebenfalls, dass die FMA personell verändert gehört, und sieht gesetzlichen


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154. Sitzung / Seite 162

Handlungsbedarf. Dieser Forderung werden wir uns anschließen, weil wir im Sinne des Finanzplatzes Österreich agieren wollen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

17.09

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Wunschredezeit: 6 Minuten; die Grünen haben eine Gesamt-Rest­redezeit von 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.09.54

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unbestreitbar: Die Causa BAWAG ist der größte Kriminalfall oder einer der größten Kriminalfälle dieser Republik. Sie ist aber auch – und das halte ich für nicht minder dramatisch – die größte finanzielle, ideologische und politische, aber auch strukturelle Krise der österreichischen Gewerkschaftsbewegung, des ÖGB.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt ist es natürlich verlockend – vor allem für die Regierungsparteien, und das verstehe ich auch –, dies angesichts der Kom­bination zwischen ÖGB und SPÖ zu einem Fall SPÖ zu machen. Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat das zwar etwas mit der Realität zu tun, aber es erklärt noch lange nicht alles.

Ja, es stimmt: Es hat sozialdemokratische oder, wenn Sie so wollen, gleichzeitig auch gewerkschaftliche Abnicker gegeben, die in den Gremien gesessen sind, die alles mitgetragen haben, die nie etwas gefunden haben, sondern es einfach zur Kenntnis genommen haben: „Ja, da stimmen wir zu.“ Aber es hat auch andere Abnicker und Abnickerinnen gegeben, und darüber sollte man auch nicht schweigen, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Nehmen wir nur einen Fall her und vergleichen wir ihn mit einem anderen. Ich schätze den Kollegen Hundstorfer durchaus in der Situation, in der er sich jetzt bewegt, weil er die nicht geringe Bürde auf sich genommen hat – auch mit seiner persönlichen Bio­graphie –, jetzt zu versuchen, dieses tragische Erbe des ÖGB irgendwie abzuarbeiten. Da gab es nun den Vorfall mit den Präsidiumsprotokollen, der offenbar geworden ist, beziehungsweise mit der Aufsichtsratssitzung: Kollege Hundstorfer geht zu einer Aufsichtsratssitzung hin und übernimmt stante pede 1,5 Milliarden € durch Abnicken, durch Nichtstun!

Was hat er nicht getan? – Er hat zum Beispiel nicht die vorbereitenden Papiere für diese Aufsichtsratssitzung gelesen. Hätte er sie gelesen, dann hätte er gewusst, dass der ÖGB über diese Aufsichtsratssitzung 1,5 Milliarden € an Schulden erbt, die von der BAWAG an den ÖGB verlagert wurden.

Moment, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein nicht geringes Maß an Verantwortung, das hier von einem, der eine verantwortliche Aufsichtsratsfunktion innehatte, nicht wahrgenommen wurde. Da kann man nur schwer verstehen, dass Kollege Hundstorfer nachträglich sagt: Ich habe durch das auch dazugelernt. – 1,5 Milliarden €!

Okay, Abnicker, sozialdemokratische Abnicker habe ich gesagt. Aber es gibt auch andere, und gerade diese Sitzung hat es bestätigt. Es gab einen Bericht der Banken­aufsicht aus dem Jahr 2001, der festgestellt hat – und ich glaube, es war Kollege Stummvoll, der es noch einmal bestätigt hat –, dass bankintern alle Kontrollen versagt haben. Alle Kontrollsysteme, steht in dem Bericht der Bankenaufsicht aus dem Jahr 2001 drin!

Wer war der verantwortliche Chef der Bankenaufsicht? – Herr Bundesminister, Sie wissen es: Sie waren es! Was haben Sie gemacht? – Nichts haben Sie gemacht; genau wie Kollege Hundstorfer haben Sie nichts gemacht! Durch Nichtstun haben


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Sie – und mir ist schon klar, Herr Bundesminister, dass Ihr Teil an Verantwortung in dieser Causa geringer ist, das bestreite ich gar nicht – auch dazu beigetragen, dass dieser Skandal sich so entwickeln konnte, wie er sich entwickelt hat.

Es ist kein Zufall, dass in der „Presse“ vom 10. Juni – sie hat übrigens immer sehr gut informiert und war auch gut informiert – zu lesen ist:

„Das Kontroll-Desaster. Die Schuld am Bawag-Debakel liegt zwar eindeutig beim damaligen Management und beim Eigentümer ÖGB. Rätselhaft erscheint aber weiterhin die wenig ambitionierte Vorgangsweise von Finanzministerium und Nationalbank nach dem Vorliegen des kritischen Bawag-Prüfberichts der Notenbank im Jahr 2001: Finanzminister Grasser, der den Bericht in Auftrag gegeben hatte, ließ ihn sich nicht vorlegen.“

Abnicker, Herr Finanzminister! Sie haben Ihre Verantwortung, die auch Sie als Finanzminister und als Chef der Bankenaufsicht haben, beziehungsweise die Bankenaufsicht hat diese Verantwortung ebenfalls nicht wahrgenommen.

Ich stelle die Frage: Was machen die Staatskommissäre Ihres Ministeriums? – Ich weiß schon, ich kenne die ganze Vorgeschichte und die Geschichte der Staats­kom­missäre, die auch im Aufsichtsrat drinsitzen und eigentlich wesentlich mehr Prüf- und Kontrollfunktionen als die Aufsichtsräte haben.

Was ist im Vorstand der BAWAG los gewesen? – Ich weiß schon, Herr Direktor Koren wurde von Herrn Elsner deshalb hereingenommen, weil er gerade damit auch die schwarze Seite abdecken wollte. Aber es sitzt im Vorstand der BAWAG seit Jahren auch ein Schwarzer drin.

Was ist mit dem Aufsichtsrat der BAWAG, in dem nicht nur die sozialdemokratischen Abnicker dringesessen sind und drinsitzen, sondern auch andere Abnicker, vom ehemaligen Generaldirektor von Siemens Österreich bis hin zum bayerischen Finanz­minister und den ganzen CSU-Garden, die über die Bayerische Landesbank ebenfalls dort dringesessen sind?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist mit den Geschäftspartnern – Kollege Kogler hat das ganz kurz angesprochen – der BAWAG? – Die sind in der Öffentlichkeit gefeiert worden. Erinnern Sie sich noch an den Bulgarien-Deal, den die BAWAG gemeinsam mit Cordt, Schlaff und Herrn Taus eingefädelt hat? – Alle, auch die politische Öffentlichkeit, haben gesagt: Super, tolle Sache, wie das wieder verkauft wurde, wie das an einen österreichischen Besitzer, nämlich die Telekom, weiter­verkauft wurde! – Eine schön eingefädelte Sache, bei der ordentlich verdient wurde durch Geschäftspartner der BAWAG, die nicht nur – oder schon gar nicht – der roten Reichshälfte angehören.

Was ist mit dem ÖGB-Präsidium? – Dort sitzen auch nicht nur Sozialdemokraten drin. Ich bin der Letzte, der dem Kollegen Klein eine Verantwortung dafür zubilligt, aber wenn man schon feststellt, dass es seit längerem bekannt war – und ich glaube auch, dass zumindest eine Ahnung darüber bestanden hat, was dort los ist –, dann ist es auch höchste Zeit, die Frage der Verantwortung innerhalb des ÖGB zu klären.

Herr Finanzminister! Gestatten Sie mir, da Sie hier sind, nur eine Abweichung, obwohl das fast schon nebbich ist. Die 6,8 Millionen € an Pensionsabfindung für Herrn Elsner sind heute schon ein paar Mal angesprochen worden. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Ihre Erklärung – die Ihres Ressorts –, dass diese Pensionsabfindung, wie Sie schreiben, steuerlich korrekt behandelt worden ist, nicht stimmt. Herr Elsner hätte zwar die 6,8 Millionen € von der BAWAG erhalten können – auch das ist eine Frage, warum er sie erhalten hat, und diese Frage wird zu Recht gestellt –, aber wenn er sich das vor der Pension auszahlen lässt – und das hat er getan –, dann gilt nicht nur das Erkennt­nis des Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2001, in dem dieser neuerlich bestätigt


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hat, dass das nicht möglich ist, sondern schon vorher haben Finanzlandesdirektionen etwas ganz anderes, nämlich das Gegenteil, behauptet (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen): Er hätte voll Steuer zahlen müssen!

Sie gehen nachträglich her und sagen: Völlig korrekt, dass er so wenig Steuer gezahlt hat. – Das finde ich ebenso bemerkenswert, und es gehört auch in die Reihe dessen, was hier unter gegenseitigem Abnicken der höchst verantwortlichen Personen leider geschehen ist. (Beifall bei den Grünen.)

17.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Csörgits zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer: Ist das die Abschiedsrede?)

 


17.18.44

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregie­rung! Ich habe die Diskussion sehr aufmerksam verfolgt (Abg. Mag. Molterer: Laut Gusenbauer schon! Laut Gusenbauer darf es hier keinen Gewerkschafter mehr geben!) und darf gleich zu Beginn feststellen, dass zu fast 100 Prozent klar ist, dass das, was sich hier im Laufe des Nachmittags im Zusammenhang mit der Dringlichen Anfrage des BZÖ abgespielt hat, wirklich reinste billige Parteipolitik und Politikpro­paganda ist. (Ruf bei der ÖVP: Von Ihnen! – Abg. Neudeck: Billig ist das nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Hätte sich das BZÖ ein bisschen besser auf die heutige Sitzung vorbereitet, dann hätte sogar das BZÖ erkennen müssen, dass das, was in der Dringlichen Anfrage drinnen ist, zu einem hohen Prozentsatz bereits erledigt ist. (Abg. Neudeck: Ah geh! – Abg. Scheibner: Dann haben Sie mir nicht zugehört! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Sie alle – das möchte ich in Erinnerung rufen – haben bei der Beschlussfassung des BAWAG P.S.K.-Sicherungsgesetzes mitge­stimmt. In diesem Gesetz ist ganz klar festgelegt, dass der ÖGB seine Haftung als Bürge und Zahler für die Bank übernimmt – erstens. Zweitens: Auch in der Haftungs­vereinbarung, die der ÖGB mit dem Bund abgeschlossen hat, ist das klar geregelt. Und zum Dritten: Geregelt ist im Gesetz und in der Haftungsvereinbarung außerdem, dass durch den ÖGB und auch die Gewerkschaften – das ist vielleicht an Sie gerichtet, Herr Klubobmann Scheibner –, also auch die Einzelgewerkschaften, denn das ist notwendig im Zusammenhang mit dem Vereinsgesetz 2002 – ich darf Sie daran erinnern, da waren Sie ja schon in der Bundesregierung –, die Offenlegung des Budgets des ÖGB an die Nationalbank durchgeführt wird.

Ich darf also festhalten: Der ÖGB steht in seiner Verantwortung als Eigentümer und nimmt seine Verpflichtung wahr. Und wir wissen ganz genau, was wir vereinbart haben, und wir halten es auch. Ich darf alle, die daran mitgewirkt haben, erinnern, und hier vor allem das BZÖ: Halten Sie sich auch an die Vereinbarungen, die Sie mit uns getroffen haben! Schwarz auf weiß ist es geregelt in der Handlungsvereinbarung des ÖGB und in der Haftungsvereinbarung des ÖGB mit dem Bund, dass der ÖGB auch ein Betriebsvermögen haben muss, um einerseits nicht insolvent zu werden, damit er seinen gesetzlichen Verpflichtungen und seinen statutarischen Aufgaben nachkommen kann. Und in der Vereinbarung ist auch festgelegt, dass der ÖGB dazu auch ein Betriebsvermögen braucht.

Wenn hier einige Politiker meinen, uns jetzt noch mehr ausziehen zu können, dann darf ich darauf aufmerksam machen: Der ÖGB ist in diesem Staate ein wichtiger Garant für eine Weiterentwicklung der Sozialpolitik, und der ÖGB ist ein wichtiger


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Partner im Zusammenhang mit den sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen in diesem Lande. (Abg. Neudeck: Ein Selbstbedienungsladen für Sozialdemokraten ist der ÖGB!)

Wer vorhat, dem ÖGB zu schaden, der schadet damit auch dem Wirtschaftsstandort Österreich. (Abg. Scheibner: Ihre Machenschaften haben das getan! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Er bringt damit die Sozialpartnerschaft in Gefahr, und, was am schlimmsten ist, er nimmt den Arbeit­nehmern und Arbeitnehmerinnen die wichtige Stimme, nämlich die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu vertreten, sehr geschätzte Damen und Herren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Denn was sind denn die Aufgaben des ÖGB? – Zum Beispiel, jedes Jahr die Kollektiv­verträge zu verhandeln! Und bei dieser Gelegenheit, Herr Klubobmann Scheibner, darf ich Sie daran erinnern, dass zum Beispiel das 13. und 14. Monatsgehalt eine Angele­genheit der Kollektivvertragsverhandlungen ist und in Kollektivverträgen verankert ist. Wollen Sie den Leuten das 13. und 14. Gehalt nicht mehr geben? (Abg. Scheibner: Was behaupten Sie da?)

Ein starker ÖGB ist ein Garant dafür, dass das drinnen bleibt. Ja, so schaut es aus! Und es ist auch unsere Verantwortung, immer wieder dann laut aufzuschreien, wenn die Bundesregierung eine Politik vertritt, die gegen die Arbeitnehmer und Arbeit­nehmerinnen gerichtet ist, und das war in der letzten Zeit leider sehr oft der Fall. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.) Ich darf nur an die Pensionsreform erinnern: Erst durch den Druck des ÖGB und die Demons­trati­onen 2003 war es möglich, die ärgsten Spitzen dieser Pensionsreform abzu­schwächen. – So schaut es aus!

Natürlich ist das unangenehm für die Bundesregierung! Natürlich! Wenn eine solche Arbeitsmarktpolitik gemacht wird und man tagtäglich erkennen muss, dass wir immer mehr atypisch Beschäftigte haben, eine immer höhere Arbeitslosigkeit haben und immer mehr Menschen in diesem Land der Armut preisgegeben werden, dann ist es unsere Aufgabe als ÖGB, darauf aufmerksam zu machen, egal wie diese Bundes­regierung ausschaut und wie sie sich zusammensetzt, sehr geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Wir reden hier jetzt aber über den BAWAG-Skandal!)

Das haben wir in der Vergangenheit immer getan, das machen wir jetzt, und das werden wir auch in Zukunft tun!

Ich schließe ab: Der ÖGB ist dabei, seine Hausaufgaben zu machen. Wir haben unser Vermögen offen gelegt, wir werden die PSK verkaufen, wir sind für eine lückenlose Aufklärung, und wir reformieren uns. Darauf können Sie sich verlassen, aber wir erwarten auch von Ihnen, dass Sie sich dementsprechend an Vereinbarungen halten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Amon zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten; Gesamtrestredezeit für den ÖVP-Klub: 9 Minuten. – Bitte.

 


17.24.52

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Genau das ist das Problem. (Abg. Murauer: So ist es!) Wir haben es gerade gehört. Genau das ist das Problem: Ihnen fehlt es an jedem Unrechtsbewusstsein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Sie haben die unglaubliche Schneid – ich meine, die ringt einem ja fast Anerkennung ab –, sich hierher zu stellen und uns anzugreifen, und zu sagen, wir schaden dem ÖGB?! – Sie haben in Ihrer Verantwortung, sozialdemokratische Gewerkschafter haben in ihrer Verantwortung den ÖGB an den Rand des Ruins gebracht! – Das ist die Wahrheit, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir sind für einen ÖGB als Sozialpartner, weil uns die Sozialpartnerschaft wichtig ist, aber ich möchte Ihnen in aller Deutlichkeit heute eines sagen: Entlassen Sie den ÖGB und entlassen Sie die Arbeiterkammer aus der Geiselhaft der Sozialdemokratie! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Das ständige Hin und Her des SPÖ-Parteivorsitzenden ist unerträglich. Einmal gene­riert er sozusagen für sich die volle Verantwortung und schafft dem ÖGB gleichsam an, was er zu tun hat, um dann wenige Minuten später zu sagen: Ich habe mit dem ÖGB nichts zu tun! Was dort in ÖGB und BAWAG passiert, das geht uns als SPÖ nichts an!

Frau Csörgits, wie geht es Ihnen heute eigentlich dabei, wenn Ihnen der SPÖ-Vorsitzende über die Medien ausrichtet, dass er Sie im nächsten Parlament nicht mehr haben will?

Herr Kollege Leutner, wie geht es Ihnen mit Ihrem Parteivorsitzenden, wenn er Ihnen über die Medien schöne Grüße ausrichtet und sagt, er will Sie hier nicht mehr haben? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und selber nicht da ist!)

Herr Kollege Katzian, auch Ihnen hat der SPÖ-Parteivorsitzende nahe gelegt, dass Sie nicht mehr hier in den Nationalrat einziehen sollen. Wie halten wir es denn mit dem freien Mandat? Entscheidet der Parteivorsitzende, wer kandidieren darf, oder ent­scheidet das die Wählerin oder der Wähler, meine Damen und Herren? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Und wie ist das bei Ihnen? Wollen Sie die jetzt herinnen oder draußen haben?)

Hören Sie doch auf damit, diese unglaublichen Machenschaften, diese unglaublichen Malversationen, diesen Nepotismus, den es in der BAWAG gegeben hat, so darzu­stellen, als wäre es eigentlich so gewesen, dass ein maskierter Bankräuber in die Bank gekommen ist und leider 3 Milliarden € erbeutet hat – ein kleiner Kriminalfall. Hören Sie doch auf damit! Das ist doch eine mafiose Struktur, die hier am Werken war, die tief in die Sozialdemokratie hineingeht. Dort liegt die Verantwortung!

Meine Damen und Herren von der SPÖ, lesen Sie doch! Ich lese nur die Namen vor – ohne Funktionen, weil es gar nicht notwendig ist, denn die Menschen kennen ja die Leute, die da über Jahre im Aufsichtsrat der BAWAG gesessen sind –: Verzetnitsch, Tumpel, Foglar, Kaske, Sallmutter, Hostasch, Gerharter, Weninger. Da braucht man nicht einmal eine Funktion dazuzusagen, die Menschen wissen ganz genau, dass das alles hohe Funktionäre der Sozialdemokratie waren und sind, meine Damen und Herren!

Nehmen Sie von der SPÖ endlich die Verantwortung wahr! Machen Sie Ordnung und entlassen Sie den ÖGB aus der Geiselhaft, der derzeit in keiner Weise handlungsfähig ist, der nur mit sich selbst beschäftigt ist! Gleichzeitig sind Sie auf dem besten Wege, Herr Dr. Cap, auch die Arbeiterkammer zu ruinieren. Die ist auch nicht handlungsfähig, weil Präsident Tumpel seit Wochen auf Tauchstation ist, weil er bis zum Halskragen in diesen Sumpf verstrickt ist, mitverantwortlich ist für dieses Desaster! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich empfehle Ihnen von der SPÖ wirklich, sich nicht hierher zu stellen und so zu tun, als hätten Sie mit alldem nichts zu tun und als seien jene verantwortlich, die jetzt versuchen, diesen beispiellosen Skandal aufzuklären. Mehr ist am heutigen Tage


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154. Sitzung / Seite 167

eigentlich nicht zu sagen, außer dass es mich eigentlich sehr schockiert hat, dass der von mir sehr geschätzte und, wie ich glaube, im ganzen Land hoch anerkannte Helmut Zilk sagt: Gusenbauer braucht jetzt nicht zu sagen, er habe das nicht gewusst. – Helmut Zilk sagt das! Ich weiß nicht, meine Damen und Herren, glauben Sie vielleicht, dass Helmut Zilk der Sozialdemokratie schaden will, oder glauben Sie, dass Helmut Zilk ein Interesse daran hat, dass dieser unglaubliche Bankenskandal aufgeklärt wird? (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. Gesamtrestredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.30.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren! Dem, was Kollege Amon gesagt hat, ist in Wirklichkeit nicht mehr viel hinzuzufügen. Wenn man sich die Abendausgaben der Zeitungen durchliest, meine geschätzten Damen und Herren, so gibt es doch noch ein paar Kleinig­keiten: Frau Kollegin Csörgits! Wenn Sie hier behaupten, dass diese Bundes­regierung, dass BZÖ und ÖVP mit diesem Skandal zu tun haben, dann lesen Sie doch einmal die Abendausgabe der „Kronen Zeitung“: Das ist nicht Wolfgang Schüssel, sondern das ist Herr Zwettler! Das ist nicht Herr Gorbach, sondern das ist Herr Verzet­nitsch! Und das ist nicht Herbert Scheibner, sondern das ist der Hauptverdächtige Elsner! – Das sind die Herren, gegen die es Untersuchungen gibt. Das sind die Herren, bei denen die Polizei Hausdurchsuchungen macht, und das sind die Herren, die diesen Skandal zu verantworten haben.

Frau Csörgits, da werden Sie nicht mehr herauskommen; das wird nicht funktionieren – da können Sie noch so demonstrativ in Ihrer Zeitung lesen. Vergessen Sie nur nicht, auch den „Kurier“ zu lesen: „Gusenbauer reicht es ...“! Spitzen der Gewerkschaften aus dem Parlament!

Da frage ich mich: Waren das Ihre Abschiedsreden? Herr Katzian hat sich verab­schiedet, Frau Csörgits hat sich verabschiedet, Herr Leutner hat es vorgezogen, überhaupt nicht herauszukommen. Waren das die Abschiedsreden?

Jetzt gibt es eine Gegenoffensive: Die FSG hat nichts davon gewusst. Geht die Salami-Taktik weiter? Herr Cap, wie schaut’s aus? Verlieren Sie einen Teil Ihres Klubs? Werden die Damen und Herren das nächste Mal nicht mehr herinnen sitzen? Es gibt ja zwei Gründe, warum sie nicht mehr herinnen sitzen werden: Erstens werden sie nicht mehr herinnen sitzen, weil sie Gusenbauer nicht haben will, und zweitens werden sie nicht mehr herinnen sitzen, weil sie abgewählt werden.

Noch eine interessante Zeitung, das letzte „NEWS“: Drahtzieher Nummer 1, Herr Elsner, hat Weisungen erteilt; Drahtzieher Nummer 2: Herr Zwettler, Drahtzieher Num­mer 3: Herr Verzetnitsch, Drahtzieher Nummer 4: Herr Hundstorfer. (Abg. Öllinger: Bei Ihnen kommt auch alle Weisheit aus der Zeitung!) – Herr Kollege Öllinger, man muss eben auch Zeitung lesen, wenn man sich informieren möchte. Das ist wichtig! (Abg. Öllinger: Sie schauen sich aber immer nur die Bilder an!) Das scheint wichtig zu sein, denn in Wirklichkeit wird dieser Skandal tagtäglich größer.

Dieser Skandal wird tagtäglich größer; wir erfahren jeden Tag neue Schreckens­meldungen. Es werden tagtäglich mehr Schulden, es werden tagtäglich mehr Schein­gesellschaften, es werden tagtäglich mehr Briefkastenfirmen, und es wird tagtäglich ein größerer Skandal. Und wenn dann manche von der SPÖ die Unver­froren­heit und Frechheit besitzen, sich hier herauszustellen und die Regierung zu kritisieren, die


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einen Rettungsversuch startet, um ein massiv angeschlagenes Unternehmen zu retten, um den Bankenstandort zu retten, um den ÖGB zu retten, so ist das in Wirklichkeit doch nicht mehr zu überbieten.

Offensichtlich ist aber Herr Dr. Gusenbauer der Erste in der SPÖ, der erkannt hat, dass ÖGB-Spitzenfunktionäre in diesem Hohen Haus nicht mehr tragbar sind. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

17.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Scheuch, nehmen Sie das Wort „Frechheit“ zurück, denn sonst muss ich Ihnen ein Ordnungsruf erteilen? – Sie nehmen es nicht zurück, dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wir sind ja hier kein Mädchenpensionat! – Abg. Scheibner: Das ist ja hier kein Kindergarten!)

Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Restredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.34.24

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich möchte einmal meinen Vorrednern von den beiden Regierungsparteien sagen: Das Recht für diese Reden hätten Sie gehabt, wenn Sie hier mit uns der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zugestimmt hätten, der sich sowohl auf die BAWAG als auch auf die Hypo Alpe-Adria konzentriert hätte. (Beifall bei der SPÖ.)

Das haben Sie aber nicht gemacht, weil das offensichtlich bereits Teil Ihrer Wahl­kampfkommunikationsstrategie ist. Sie sagen daher: Wir reden nur über die BAWAG, und wir reden nicht über alles andere. Herr Kulterer wird gerade verteidigt, Landes­hauptmann Haider geht auf die FMA los, und in Wahrheit wird dort versucht, mittels Umkonstruktionen das Überleben des Herrn Kulterer im anscheinend größten Bilanzfälschungsskandal der letzten Jahre zu garantieren. Das kommt in Ihren Reden nicht vor. Ich stelle das einmal fest: Das ist doppelbödig und doppelzüngig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist peinlich!)

Das Zweite: Ersparen Sie sich die Krokodilstränen bezüglich einer starken Gewerk­schaftsbewegung! Ich nehme Ihnen das trotzdem nicht ab. Ihre Interessenlage ist eine andere. Wären Sie wirklich daran interessiert gewesen, wären Sie und insbesondere der Bundeskanzler mit der BAWAG in einer ganz bestimmten heiklen Phase ganz anders umgegangen. Sie waren nicht daran interessiert. Ihr Ziel war, dass in dieser Phase die BAWAG größtmöglichen Schaden nimmt, und Sie sind an einer schwachen und nicht an einer starken Gewerkschaftsbewegung interessiert! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Setzen Sie sich doch nieder! Das ist nur mehr peinlich!)

Würde ich hier den Redestil des Klubobmannes Molterer weiterführen, dann würde ich sagen: Sie haben ganz bewusst monatelang gewartet, obwohl Sie es bei der FMA schon gewusst haben, was bei der BAWAG los ist, weil Sie es in einem größt­möglichen Naheverhältnis zum Wahltag haben wollten. Sie lassen die Handschellen ganz bewusst nicht jetzt schon klicken, sondern später. Sie haben ein Drehbuch, und das Ganze ist ein Drehbuch für die Wahlauseinandersetzung im Herbst. – Aber es ist nicht mein Stil, daher sage ich es nicht. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Es wäre jedoch Ihr Stil – so wie Sie heute herausgegangen sind, Herr Klubobmann Molterer, und faktisch gesagt haben: Hier sitzen lauter Mitwisser und Mittäter! – Das ist der Versuch, aus einem Kriminalfall heraus eine gesamte Parlamentsfraktion und Partei und Bewegung zu kriminalisieren, und das lassen wir uns nicht gefallen, Herr Klubobmann Molterer! (Beifall bei der SPÖ.)


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Ich kann das deswegen behaupten, weil Sie sich hierher gestellt und gesagt haben: Sagen Sie endlich, was Sie wissen! – Dann sind Sie überhaupt mit der Mafiasprache gekommen und haben gesagt: Hören Sie auf mit dem Mauern! – Das ist genau die Strategie: die Kriminalisierung des politischen Gegners. Sie wissen ganz genau: In den sachlichen Punkten Ihrer Rede und der Reden aller Ihrer Redner, die nach Ihnen gesprochen haben, sind wir einer Meinung: Wir wollen volle Aufklärung! Wir finden vieles total ungustiös. Es ist ein Skandal! – Wir sind da absolut einer Meinung.

Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass Sie bei ähnlichen Fällen, die Sie in Ihrem politischen Nahebereich zu verantworten gehabt haben, bereit gewesen wären, diese Offenheit und diese Bereitschaft zur Transparenz an den Tag zu legen, und bereit gewesen wären, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, dass Sie also das gemacht hätten. Sie als Regierungsparteien haben jahrelang bei vielen Fällen, zu denen es einen Untersuchungsausschuss geben hätte sollen, gemauert – um in Ihrer Sprache zu sprechen –, nicht gesagt, was Sie gewusst haben, und in Wirklichkeit denen da oben die Mauer gehalten. Und das ist der wahre Skandal und ein moralischer Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)

17.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Klubobmann Mag. Molterer. Gesamtrestredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.38.11

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Immer, wenn Josef Cap laut wird, weiß man, was los ist: Es brennt in der Hütte SPÖ! Eigentlich ist mir ja jetzt überhaupt nicht klar, Herr Kollege Cap: Wie ist das jetzt? Hat jetzt die SPÖ mit dem Gewerkschaftsbund etwas zu tun oder nicht? (Abg. Dr. Fekter: Gute Frage!) Eigentlich hat es einmal geheißen, die SPÖ habe mit dem Gewerkschaftsbund nichts zu tun. Dann hat ein wichtiger Funktionär der SPÖ gesagt: Nein, die SPÖ hat mit der Gewerkschaft nicht nur sehr wohl etwas zu tun, sondern sie ist eigentlich identisch mit dem ÖGB. SPÖ und ÖGB sind identisch.

Wenn das aber so ist, Herr Kollege Cap, dann ist klar, dass die SPÖ Verantwortung für diese Machinationen hat, und ich sage es so, weil es selbstverständlich ist, dass diese Dringliche heute gezeigt hat: Erstens: Die BAWAG hat 3 Milliarden € in den Sand gesetzt. Zweitens: Der ÖGB hat 2 Milliarden € Schulden. Drittens: Der Streikfonds ist weg. – Das hat die heutige Dringliche gebracht.

Ich bin ganz gespannt, Herr Kollege Cap, wie das jetzt weitergeht. Kollege Häupl sagt, er will Hundstorfer gerne hier herinnen haben, weil er ihn gern zum Spitzenkandidaten der SPÖ in Wien machen will. – Gusenbauer sagt: Das kommt nicht in Frage! Gusenbauer sagt: In Zukunft wird ein Gewerkschafter nicht mehr dem SPÖ-Klub angehören. Wissen Sie, was das bedeutet, Frau Kollegin Csörgits, Herr Kollege Leutner, Herr Kollege Katzian? Wie ist denn das eigentlich? Heißt das, dass Sie nicht in der Lage sind, Arbeitnehmerpolitik für die SPÖ zu machen? (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Was bedeutet denn das eigentlich? Das ist ja ein Misstrauensantrag der Sonderklasse! Die FSG hat offensichtlich nichts mehr zu reden in der SPÖ. Jetzt wird plötzlich eine Art von FSG-Ausschluss betrieben. (Neuerliche Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Wie geht man denn in der SPÖ jetzt mit Gewerkschaftern eigentlich um? Heißt das, dass Gewerkschaftsfunktionäre kein Recht mehr auf politische Vertretung haben? (Abg. Öllinger: Das ist ja scheinheilig bis zum Gehtnichtmehr!)

Ich kann Ihnen nur sagen, das halte ich für eine absolute Chuzpe einer ehemaligen Partei der Arbeitnehmerschaft, die sich offensichtlich verpflichtet fühlt, jetzt zu erklären: Bei uns haben Gewerkschafter nichts mehr zu suchen! – Das bedauere ich.


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Ich sage namens der Österreichischen Volkspartei an alle Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter: Bei uns sind Gewerkschafter herzlich willkommen (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ), weil wir selbstverständlich in der Gewerkschaft eine wichtige Zukunft der Arbeitnehmervertreter sehen. Wir betreiben keine Kindeswegle­gung, und ich wünsche dem Alfred Gusenbauer auf diesem Weg viel Glück. (Abg. Großruck: Aufnahmeantrag bei der ÖVP stellen, bitte!)

Wir wollen die Gewerkschaft, weil Gewerkschaft wichtig ist. Daher wollen wir auch Gewerkschafter. Wir vertreiben sie nicht, wir heißen sie herzlich willkommen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.41


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Scheib­ner zu Wort. Restredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.41.28

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Kollege Cap! Werte Kolleginnen und Kollegen der SPÖ, die Sie heute hier das Wort ergriffen haben, ich habe eine Bitte: Verwenden Sie irgendwelche anderen Räumlichkeiten für Testreden – in der Sektion oder in irgendwelchen Gewerkschaftsuntergliederungen –, um die letzten Funktionäre noch mit Kampfparolen bei der Stange zu halten!

Das, was Sie hier gebracht haben, zeigt genau, dass wir leider Recht haben mit unserer Argumentation, dass Sie in Wahrheit nicht daran interessiert sind, volle Aufklärung zu erlangen, denn sonst hätten Sie heute hier Stellung genommen und kritisiert, dass wir nur so Stück für Stück auch von den SPÖ-Mitgliedern im ÖGB die Tatsachen auf den Tisch gelegt bekommen haben. Sie hätten auch unterstützen können, dass es volle Aufklärung geben soll, wie die Geldflüsse wirklich gelaufen sind. Und Sie hätten heute auch hier herausgehen können, vor allem die Gewerk­schafts­funktionäre, und wirklich die Eckpunkte einer Neuordnung des ÖGB diskutieren können.

Nein, das haben Sie nicht gemacht. Sie haben vielmehr uns vorgeworfen, wir schädigen den Finanzplatz Wien und Österreich, weil wir diese Kritik aufrechterhalten, und wir hätten dem ÖGB geschadet.

Meine Damen und Herren von der SPÖ: Wer hat den Streikfonds ausgeräumt? Waren das wir oder waren das Leute, die in Ihrem Verantwortungsbereich gelegen sind? Wer hat den ÖGB handlungsunfähig gemacht? Was wäre denn jetzt, wenn es notwendig wäre, als ÖGB, als Arbeitnehmervertretung so hart zu verhandeln, etwa mit der Regierung oder mit Arbeitgebervertretern, und eine Streikdrohung auszusprechen? Jeder Mensch hier in Österreich weiß, dass Sie sich das nicht mehr leisten können, dass dieser ÖGB in Wahrheit handlungsunfähig ist. Aber nicht aus Schuld der ÖVP, des BZÖ, der Regierung oder der Arbeitgeber, nein, aus Schuld einer SPÖ-geführten Gewerkschaft, die diesen Sumpf zu verantworten hat, in dem es keine Unterscheidung mehr gegeben hat zwischen Geschäften, Spekulationen, Parteipolitik und Arbeit­nehmerinteressen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Das ist die Verantwortung! Nicht die Schuld an dem Kriminalfall, sondern die politische Verantwortung, die Sie zu tragen haben!

Ihre Stellungnahmen zeigen, dass es auch weiterhin notwendig sein wird, auch hier im Parlament über diesen Skandal und über die Notwendigkeit der lückenlosen Aufklä­rung zu diskutieren. Und das werden wir auch tun. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

17.44



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Stummvoll, Neudeck, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inanspruch­nahme des Steuerzahlers.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 192.)

17.44.31 Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 4049/AB

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz mit der Ordnungszahl 4049/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodass sich eine Ver­lesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung kein Redner, keine Rednerin länger als 5 Minuten sprechen darf, wobei dem Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zukommt. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Öllinger, die Debatte zu eröffnen. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte.

 


17.45.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie wissen, wir haben ein Problem mit Ihren Anfragebeantwortungen. Wir haben in der Causa Anfragebeantwortungen und Ver­weigerung von Anfragebeantwortungen schon mehrmals und hauptsächlich oder fast ausschließlich nur Sie beziehungsweise Ihr Ressort betreffend auch den Prä­sidenten des Nationalrates ersucht, uns dabei zu helfen, dass wir Antworten bekommen.

Das, was Sie machen, Frau Bundesministerin Haubner, ist pure Kontrollverweigerung, Antwortverweigerung. Sie verstummen immer mehr, und das soll jetzt Gegenstand dieser kurzen Debatte sein. Anlass ist die Anfragebeantwortung 4049/AB betreffend die Familie & Beruf Management GmbH.

Was wollten wir wissen, Frau Bundesministerin? – Sie lassen im Vorjahr eine Gesell­schaft gründen, sagen, größte Eile ist notwendig, wir müssen das machen, damit diese Sachen im Bereich Familienaudit und so weiter weitergeführt werden können. Das kann das Ministerium nicht mehr machen. Es geht nicht um Parteipolitik, es geht nicht um Postenschacher, sondern es ist ganz dringend notwendig, das jetzt und sofort und ohne parlamentarische Beratung durchzuziehen. – Das war Ihre Argumentation.

Dann wird das mit den Stimmen der Regierungsmehrheit beschlossen, obwohl es im Bundesrat selbst von den Regierungsparteien Widerstand gegeben hat. Auch ÖVP- und BZÖ- oder FPÖ-Vertreter waren da ganz anderer Ansicht als das Ministerium. Aber die Frau Ministerin hat sich durchgesetzt. Ja, die Gesellschaft wurde gegründet und eingerichtet. Möchte man meinen, dass sie eingerichtet wurde. Bis zum März gab es nicht einmal ein Telefon, kein Fax, kein Internet, keine Mailadresse. Was ist das für eine Gesellschaft, die „ganz dringend“ tätig werden muss, die aber drei Monate nicht


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erreichbar ist? Das ist doch absurd, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Punkt eins.

Punkt zwei: Die Frau Ministerin sagt, es geht nicht um Postenschacher, nein, nein, da sollen keine Versorgungsposten für nichts und niemandem geschaffen werden. Herr Danhel vom absolut konservativen Institut für Ehe und Familie wird der Leiter und Frau Heike Trammer, ein Versorgungsfall aus dem BZÖ-Bereich, darf in dieser Gesellschaft auch sofort tätig werden. Ja, das ist so.

Jetzt bin ich der Letzte, Frau Bundesministerin, der nicht sagen würde, selbst­ver­ständlich, Frau Trammer darf sich genauso bewerben wie jeder andere. Es gibt überhaupt keinen Grund zu der Annahme, dass Leute, die in Parteien tätig waren, nicht mindestens so qualifiziert sind wie andere. Aber dann machen Sie eine Ausschreibung, dann machen Sie ein Bewerbungsverfahren, dann lassen Sie etwas stattfinden, das rechtfertigt, dass Ihre Frau Trammer aus dem BZÖ, die nicht mehr in Landtag vertreten sein kann, diesen Job verdient!

Und das fehlt, Frau Bundesministerin. Vor allem Ihre Antwort dazu fehlt, denn auch in dieser Frage – aber dazu komme ich noch – verweigern Sie jede Antwort. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sage ich Ihnen etwas, Frau Bundesministerin: Mit uns werden Sie nicht so umspringen können. Wir lassen uns da schon noch etwas einfallen, auch wenn Ihre Amtszeit nur mehr vier Monate dauert. Aber das garantiere ich Ihnen: Für diesen Rest der Amtszeit beschäftigen wir Sie. Wenn Sie glauben, Sie können mit der Opposition so umspringen, dass Sie keine Anfrage mehr beantworten – das spielt es nicht.

Wenn Sie glauben, Frau Bundesministerin Haubner, Sie können Anfragen so beant­worten, dass Sie uns nur mehr „rollen“, wenn Sie glauben, Sie können uns vorführen, dann haben Sie sich getäuscht!

Jetzt sage ich ihnen noch etwas, Frau Bundesministerin: Ich habe Ihnen vor dieser Anfrage auch schon eine andere gestellt, die hat die peinlichen Pannen beim Pen­sions-Folder betroffen. In Ihrer Anfragebeantwortung verweisen Sie auf eine Menge an anderen Anfragen, die wir gestellt haben, die sozialdemokratische Kolleginnen gestellt haben, und Sie sagen, in den Antworten zu diesen Anfragen seien meine Fragen schon beantwortet.

Eine dieser Anfragen, auf die Sie beim Pensions-Folder verweisen, betrifft die Anfrage der Abgeordneten Haidlmayr. Sie hat im Jahre 2006 eine Anfrage an Sie gestellt, 3856/J, betreffend Nachrichten aus der Zukunft. Da geht es um einen Fall von Behindertengleichstellung et cetera. Sie sagen in der Antwort an die Kollegin Haidlmayr – das muss man sich einmal vorstellen, das ist so etwas von impertinent, das ist nicht zu fassen, Frau Bundesministerin –: Ich verweise auch auf die Beantwor­tungen der parlamentarischen Anfragen Nummer 3259/J, 3372/J, 3445/J, 3561/J, 3790/J, 3793/J, 3856/J, 3857/J und 3863/J.

Zwei dieser Anfragen, auf die Sie verweisen, in denen Antworten enthalten sein sollen, müssten Ihnen bekannt sein. Das sind nämlich die Anfragen, die die Kollegin Haidlmayr gestellt hat. Sie verweisen in einer Antwort an Kollegin Haidlmayr auf die Frage, die die Kollegin Haidlmayr gestellt hat und sagen: In der Frage liegt die Antwort. Das mag zwar philosophisch sein, aber für eine politische Antwort – und die sind Sie uns schuldig, die sind Sie uns verfassungsmäßig schuldig – reicht das absolut nicht aus. Das ist eine Frechheit, sage ich Ihnen. Das ist schlicht eine Frechheit! (Beifall bei den Grünen.)


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So können Sie nicht umspringen, dass Sie in einer Antwort an Kollegin Haidlmayr sagen, in ihrer Frage liege die Antwort. Das ist ja absurd. Solche Antworten geben Sie, Frau Ministerin.

Jetzt komme ich zu dieser Anfrage, die ich gestellt habe, und zur Antwort, die wir aus gutem Grund jetzt besprechen: 4049/AB. Zehn Fragen betreffend skandalöser Postenschacher und Leerlauf bei der Familien GmbH.

Da muss ich vielleicht noch etwas dazusagen: Sie verweisen in der Antwort bei den Fragen 1 bis 6, 9 und 10 auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 3959/J – das ist die Anfrage der Kollegin Kuntzl – und teilen mit, dass für die Einstellung der Mitarbeiter der Familie & Beruf Management GmbH ausschließlich Eignungsgründe zum Tragen kommen.

Jetzt sage ich Ihnen meine Fragen: Wann wurde Frau Heike Trammer von der Familie & Beruf Management GmbH angestellt? Das war die Frage 1. – Diese Frage wird bei Kuntzl gar nicht gefragt, weil sie das noch gar nicht gewusst hat. Sie sagen, die Antwort finden Sie bei Kuntzl. Absurd! Ja was glauben Sie denn, Frau Ministerin, was glauben Sie denn, was Sie noch mit uns aufführen können?

Frage 2: Gab es für den Posten, den Frau Trammer innerhalb der Familien GmbH ausübt, eine öffentliche Ausschreibung oder ein spezifisches Auswahlverfahren? – Sie verweisen auf die Anfragebeantwortung Kuntzl. Die kann dort nicht beantwortet gewesen sein und ist auch nicht gefragt worden, weil es Frau Kuntzl zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen konnte.

Frage 3: Haben Sie oder Ihr Büro für eine Anstellung von Frau Trammer interveniert? – Sie verweisen wieder auf die Anfragebeantwortung Kuntzl, obwohl es dort weder gefragt noch beantwortet werden konnte.

Frage 4: Gab es andere Bewerbungen für die Betreuung des Audits Familie Beruf? Wenn ja, wie viele? – Sie verweisen wieder auf Kuntzl. Die Frage ist aber von Frau Kuntzl gar nicht gestellt worden.

Frage 5: Gibt es weitere BZÖ-Versorgungsposten innerhalb der Familie & Beruf Mana­gement GmbH? – Wieder nicht beantwortet. Kuntzl hat sie auch nicht gestellt.

Frage 6: Wann wird der Leiter der Gesellschaft seine Teilzeitbeschäftigung beim Institut für Ehe und Familie beenden? – Wieder nicht beantwortet. Bei Kuntzl heißt es lediglich, die Betrauung mit der Geschäftsführung erfolgte am 18. Jänner. Das ist aber keine Antwort auf diese Frage.

Frage 9: Ist die Familien GmbH mittlerweile schon im Firmenbuch eingetragen? – Das ist die einzige Frage von zehn Fragen, die Sie mit Verweis auf Kuntzl beantwortet haben; mit Verweis auf Kuntzl, aber nicht direkt.

Frage 10: Bis zu welchem Zeitpunkt wird die Gesellschaft arbeitsfähig sein? – Wieder nicht beantwortet.

Von zehn Fragen neun nicht beantwortet. Das ist eigentlich ein parlamentarischer Skandal, der sich gewaschen hat, Frau Bundesministerin. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Es ist nicht der erste, und ich vermute, es wird auch nicht der letzte bleiben.

Aber so können Sie mit dem Parlament nicht umspringen, Frau Bundesministerin. Sie können uns nicht „rollen“, und es steht auch den Regierungsparteien nicht zu, in dieser Frage still zu sein und die Frau Ministerin in Schutz zu nehmen, denn auch Ihnen kann und wird es irgendwann einmal, falls Sie in Opposition sein sollten, passieren, dass sich das unter Umständen unter Berufung auf die Praxis der Frau Bundesministerin fortsetzt.


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Jetzt habe ich mir natürlich auch andere Anfragebeantwortungen der Frau Ministerin, nicht nur mir gegenüber, angesehen, weil ich gedacht habe, vielleicht ist es auch bei anderen Anfragen so. Ja, es ist so!

Und was mir noch aufgefallen ist, Frau Bundesministerin, abgesehen davon, dass Sie keine Fragen beantworten, Sie bekommen auch keine parlamentarischen Anfragen mehr. Aber da haben Sie sich getäuscht für die nächsten vier Monate. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Öllinger, Sie haben eben­falls das Wort „Frechheit“, wie vorhin Herr Abgeordneter Scheuch, verwendet. Auch Ihnen erteile ich einen Ordnungsruf. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Er hat ja noch etwas gesagt! „Impertinent“ hat er gesagt!)

Frau Ministerin, Sie wollen sofort Stellung nehmen? – Bitte.

 


17.55.55

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte fürs Erste feststellen, dass es zu keinerlei Verweigerung in der Beantwortung sämtlicher parlamentarischer Anfragen gekommen ist. (Abg. Öllinger: Neun Fragen haben Sie nicht beantwortet!) Es sind gerade zu diesen Themen immer wieder von den Oppositionsparteien gleich lautende Fragen gestellt worden (Abg. Öllinger: Was ist mit der Anfrage Haidlmayr? – Abg. Haidlmayr: Sie haben keine Frage beantwortet!), daher ist der Verweis auch gegenüber dieser Beantwortung legitim. (Abg. Öllinger: Lesen Sie einmal die Anfrage! – Abg. Sburny: Vielleicht lesen Sie auch die Ant­worten!)

Ich möchte auch feststellen, dass es von meiner Seite hier keinerlei Missachtung des Parlaments gibt (Abg. Öllinger: Oh ja, eine grundlegende!), dass ich das in diesen vergangenen Wochen und Monaten auch auf anderen Ebenen immer wieder bewiesen habe. (Abg. Öllinger: Stimmt überhaupt nicht!) Daher bin ich froh, dass ich heute hier ganz klar Stellung beziehen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Sburny: Sie sollten die Fragen beantworten!)

Ich kann ganz klar Stellung beziehen zu einem Thema, das anscheinend die Opposition, weil es sich in den letzten vier Monaten sehr erfolgreich entwickelt hat (Abg. Sburny: Wie denn?), nämlich die Familie & Beruf Management GmbH, einfach nicht zur Kenntnis nehmen will. Aber ich sage Ihnen gerne das, was Sie jetzt in Ihrer Rede angesprochen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neben der umfassenden finanziellen und sozialrechtlichen Familienförderung hat die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine grundlegende Bedeutung (Abg. Öllinger: Wir wollen Antworten und nicht irgendwelche Parolen!), vor allem wenn es darum geht, dass sowohl Mütter als auch Väter die Balance zwischen Beruf und Familie finden können.

Hier brauchen wir zusätzliche Partner, hier brauchen wir zusätzliche Mitspieler und Mitspielerinnen. Mit der FBG und mit der „Familienallianz“ holen wir uns in dieser Koalition zugunsten der Familien gezielt Partner ins Boot.

Mit der Eintragung im Firmenbuch am 23. Februar 2006 hat diese schlagkräftige Gesell­schaft (Abg. Öllinger: Was? „Schlagkräftig“?) das Management und die Umsetzung von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf übernommen. Diese Stelle dient als Koordinierungs-, Kompetenz- und Servicestelle für die „Familienallianz“, eine offene Plattform von Institutionen und Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Arbeitswelt, Medien und Wissenschaft.


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Dass dieser Schritt der richtige gewesen ist, zeigt das Arbeitsergebnis nach kurzer Zeit, nämlich nach vier Monaten. (Abg. Öllinger: Das ist ein Scherz! – Abg. Haidlmayr: Sie haben die Fragen nicht beantwortet!) Hier sind die Koordinaten der FBG. (Die Rednerin hält eine Tafel in die Höhe, auf der die Adresse, die Telefonnummer, die Faxnummer, die Homepage und die E-Mail-Adresse der FBG zu lesen sind.) Ich denke, Sie haben auch angefragt, wo die Adresse ist, wie man sie erreichen kann. Niemand hat ein Problem damit. Sie scheinen hier ein Problem zu haben. Aber ich darf es hier stehen lassen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Seit wann gibt es das? Dass es das gibt, weiß ich schon! – Abg. Sburny: Wir wollen einmal eine Antwort haben!) Darf ich weiterreden? (Weitere Zwischenrufe bei den Grünen. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Dass die Kundenbetreuung funktioniert, beweist die Tatsache, dass sich die „Familienallianz“ in der Zwischenzeit verdoppelt hat. (Abg. Öllinger: Das habe ich auch nicht gefragt!) 17 Unternehmen haben in diesen vier Monaten zusätzlich familien- und frauenfreundliche Maßnahmen gesetzt und sind für diese ausgezeichnet worden. Es hat in diesen vier Monaten neue Kooperationen gegeben, zum Beispiel eine Koope­ration mit respACT austria, wobei die Familienverträglichkeit als ein neuer Aspekt im Konzept der sozialen Verantwortung von Unternehmen etabliert wurde.

Es sind seit diesen vier Monaten derzeit 23 innovative Kinderbetreuungseinrichtungen im Förderprozess. Davon möchte ich als ein Beispiel den Verein „Baby Oase“ nennen, denn diese Einrichtung kann nunmehr auch eine Baby-Betreuung für Kinder unter drei Jahren anbieten. (Abg. Öllinger: Ist schön, habe ich nicht gefragt!)

Im Bereich des Unternehmens-Audits haben neun neue Unternehmen die Verein­barung für die Auditierung bereits unterzeichnet. Fünf neuen Unternehmen wurde das Grundzertifikat und einem Unternehmen das Vollzertifikat bereits genehmigt. Insge­samt stellen 22 Unternehmen ihre Unternehmens- und Personalpolitik zusätzlich in diesen vier Monaten auf die Verträglichkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie um. (Abg. Öllinger: Habe ich auch nicht gefragt!)

Im Bereich des Gemeinde-Audits wurden mit dem Österreichischen Gemeindebund die Verhandlungen zur Verbreiterung des Gemeinde-Audits abgeschlossen. Wir haben somit einen wichtigen Partner für die wirksame Umsetzung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewinnen können.

Derzeit sind 13 Gemeinden im Begutachtungsprozess, zwei größere Städte haben ihre Bereitschaft bekundet. Und was mich dabei besonders freut: Eine von diesen größeren Städten ist Klagenfurt. Dort ist eine Familien-Stadträtin von den Grünen dafür zuständig. Sie war eine der Ersten, die sich an die FBG gewandt hat, um diesbezüglich Möglichkeiten umzusetzen. (Abg. Öllinger: Das hat überhaupt nichts mit der Anfrage zu tun! Sie sollen antworten!)

Weiters sind Beraterschulungen, Workshops und Unternehmenskontakte zur Zufrie­den­heit aller Beteiligten im Laufen. (Abg. Öllinger: Antworten wollen wir!)

Eine slowenische und eine deutsche Delegation haben sich auf Grund der inter­nationalen und europäischen Reputation persönlich in der FBG eingefunden und sich über die Arbeitsweise und die gesetzten Maßnahmen informiert. (Abg. Öllinger: Sie beantworten schon wieder nicht!)

Die FBG konnte sich auch auf Einladung der kroatischen Vize-Premierministerin in Zagreb präsentieren, ebenso im Tschechischen Senat und in Ungarn. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Es ist auch ein kontinuierlicher Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft, zwischen ÖIF, IHS und dem Institut für Demographie gegeben. Ich weise in diesem


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Zusammenhang auf die IHS-Studie mit dem Titel „Kinder, Arbeitswelt und Erwerbs­chancen“ hin, die wir am 10. Mai präsentieren konnten. (Abg. Öllinger: Was hat das mit den Fragen zu tun?)

Und nun zur konkreten Beantwortung der von Ihnen gestellten Fragen (Abg. Dr. Partik-Pablé – in Richtung des Abg. Öllinger –: Sie müssen nur warten lernen!), denn ich denke, es ist gut – und ich nütze die Möglichkeit gerne –, hier auch darzustellen, was in dieser FBG in den letzten vier Monaten wirklich umgesetzt wurde.

Die Frage 1 beantworte ich wie folgt:

Frau Heike Trammer ist seit 20. Februar 2006 in der FBG beschäftigt.

Zur Frage 2:

Eine öffentliche Ausschreibung sieht das Gesetz für die Geschäftsführung vor; diese wurde ordnungsgemäß durchgeführt.

Zur Frage 3:

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FBG werden auf Grund der Stellenanforderung nach ihrer Qualifikation durch die Geschäftsführung eingestellt.

Zur Frage 4:

Die Betreuung des Audits „Familie & Beruf“ ist eine von mehreren Verein­barkeits­maßnahmen der FBG. Es wurde keine gesonderte Stelle dafür eingerichtet, es gibt und gab daher auch keine speziellen Bewerbungen dafür.

Zur Frage 5:

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen werden für die Erfüllung der Aufgabenbereiche der FBG eingestellt. Das sind: Vernetzung, An- und Auslaufstellen der PartnerInnen der „Familienallianz“, Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Entwicklung von neuen Modellen und Weiterführung von bewährten Vereinbarkeitsmaßnahmen, Beobachtung, Dokumentation und Kommunikation, Samm­lung und Verbreitung von Best-Practice, Beratung und Betreuung von regionalen und betrieblichen Initiativen sowie strategische Öffentlichkeitsarbeit. (Abg. Öllinger: Aber die Frage war, ob es BZÖ-Versorgungsposten gibt!) – Ich glaube, die Beantwortung war sehr klar. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Zur Frage 6:

Diese Entscheidung obliegt der persönlichen Planung des Stelleninhabers.

Zur Frage 7:

Der Geschäftsführer-Vertrag sieht ein Ausmaß von 30 Wochenarbeitsstunden vor; eine weitere Beschäftigung ist genehmigt.

Zur Frage 8:

Insgesamt sind in der FBG derzeit vier Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterinnen im Gesamtausmaß von 150 Wochenstunden beschäftigt. Das Unternehmenskonzept, das die Finanzplanung, die Stellenplanung und die Aufgabenverteilung beziehungs­weise die Aufgabenstellung für die nächsten zwei Jahre beinhaltet, wird gesetzes­konform dem Aufsichtsrat nächste Woche vorgelegt werden. Termin ist der 30. Juni, das wird dann auch den Beratungen unterzogen.

Zur Frage 9:

Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte umgehend am 23. Februar 2006. Der Antrag beim zuständigen Gericht ist am 1. Februar 2006 eingelangt.


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Zur Frage 10:

Die FBG arbeitet seit Beginn zur vollsten Zufriedenheit aller Beteiligten. (Abg. Öllinger: Ohne Fax und E-Mail und Telefon!) Ich denke, ich habe, was die Inhalte anlangt, das zu Beginn auch sehr klar dargelegt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

18.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten jeweils 5 Minuten beträgt.

Als Erste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 


18.06.11

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Regierungsprogramm dieser Bundesregierung sah die Schaffung einer Koordinationsstelle zur Bündelung, Umsetzung und Koordinierung von Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor. Dies ist nun durch die Familie & Beruf Management GmbH geschehen.

Übrigens: Die Ausgliederung von Aufgaben entspricht dem Wandel und der Forderung nach effizienter staatlicher Aufgabenerfüllung. Ich nenne nur ein Beispiel einer Ausglie­derung: Ein Großteil des Wiener Sozial- und Gesundheitswesens wurde mit 1. Juli 2004 in den Fonds Soziales Wien ausgegliedert. Das betraf 15 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, 60 000 Leistungsbezieher und 700 Millionen € Fördergelder. Ich denke, dem gegenübergestellt hat die Familie & Beruf Management GmbH eine ganz andere Dimension, nämlich auf einer viel niedrigeren Ebene.

Die Errichtung dieser Gesellschaft bietet – und ich sage: bietet – eine Chance und sorgt dafür, dass gerade die Thematik Vereinbarkeit von Beruf und Familie ihren Stellenwert bekommt. Diese GmbH ist auch damit beauftragt, die Wirtschaft ins Boot zu holen und mit den Ländern zu kooperieren.

Ich wünsche mir diese Kooperation, ich denke, dass sie im Anlaufen ist, wie zum Beispiel bei den Wettbewerben „Frauen- und familienfreundlichste Betriebe“. In dieser Materie sind sechs Bundesländer – Taten statt Worte – österreichweit Vorreiter. Wir möchten auch diese Maßnahmen fortsetzen, Verbesserungen sind immer möglich.

Es gibt noch eine Kooperation zwischen Land und Bund. Gerade das von der Frau Ministerin erwähnte Audit „Familien- und kinderfreundliche Gemeinde“ ist gut im Aufbau. Die Kooperation mit den Ländern ist vorhanden, kann aber noch ausgebaut werden, weil hier sehr viel an Wissen, Know-how und letztlich auch an finanziellen Mitteln vorhanden ist.

Auch die Modelle innovativer Kinderbetreuung sind ein guter und wichtiger Ansatz. Das eine oder andere Mal sagt ja auch die Opposition ganz konkret und berechtigterweise: Wir brauchen mehr Kinderbetreuung in Österreich. – Wir sagen: Wir brauchen mehr kinderfreundliche Maßnahmen. Und genau das geht mit dieser GmbH in die richtige Richtung. Am Anfang ist es manchmal etwas schwierig, aber es entwickelt sich sicher gut.

Auch die Landes-Familienreferentenkonferenz stellte fest, dass die Kooperation und die Kommunikation zwischen Ländern und Gemeinden von ganz besonderer Wichtig­keit ist. Ich meine – und bin auch überzeugt davon –, dass das neue Team bereit ist, wie schon erwähnt, Wissen, Know-how und Erfahrungen von Verantwortlichen einzu­binden, zu bündeln und zu koordinieren.

Festhalten möchte ich auch, dass diese Bundesregierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel seit sechs Jahren eine der nachhaltigsten Familienpolitiken


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betreibt – nachhaltig in dem Sinne, dass wir unsere Familienpolitik auf vier Säulen stellen. Diese Säulen sind: die diversen finanziellen Zuwendungen an die Familien, die Familienbeihilfen, die Sachleistungen und natürlich auch das Kinderbetreuungsgeld. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Scheibner und Neudeck.)

Wenn man in diesem Zusammenhang eine Weiterentwicklung anstrebt, dann ist das richtig so. Viele Initiativen und Einrichtungen sind, wenn sie zusammengeführt werden, dazu da, zum Wohle der Familien in unserem Lande zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖAbg. Öllinger: Aber Sie hätten zum Thema auch etwas sagen können!)

18.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. Ebenfalls 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.10.25

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! – Frau Bundesministerin, darf ich um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit bitten?! (Abg. Steibl steht an der Regierungsbank und spricht mit Bundesministerin Haubner.)

In Ihren Ausführungen zum Redebeitrag des Kollegen Öllinger haben Sie, diesmal mündlich, eindrucksvoll Ihren Stil der Beantwortung von Fragen dargelegt und genau Punkt für Punkt das bewiesen, was Ihnen Kollege Öllinger vorgeworfen hat: Sie haben nämlich zu einem ganz anderen Thema geredet. Wir wollten heute von Ihnen nicht die schon oft gehörten allgemeinen Ausführungen zum Thema Familie & Beruf Manage­ment GmbH hören – die kennen wir, die sind heute nicht das Thema –, sondern die grüne Fraktion wollte heute mit Ihnen – und ich finde es höchst berechtigt und höchst wichtig, dass das thematisiert wird – am Beispiel der Beantwortung betreffend Familie & Beruf GmbH Ihren Stil und Ihren Umgang mit parlamentarischen Anfragen disku­tieren.

Das Thema jetzt ist zwar die Familie & Beruf GmbH, aber an diesem Beispiel ist das eigentliche Thema Ihr Umgang mit der Rechtsstaatlichkeit und Ihr Umgang mit dem Parlament, der Ihnen in einigen Punkten schon öfter in der Entstehungsgeschichte dieser GmbH den Vorwurf der Missachtung des Parlaments eingebracht hat und sich jetzt konsequent in der Beantwortung der dahin gehenden Anfragen fortsetzt.

Ich darf an die Entstehungsgeschichte der Familie & Beruf GmbH erinnern, wobei Ihnen mehrfach ein fragwürdiger Umgang mit Rechtsstaatlichkeit und Parlamenta­rismus vorzuwerfen ist. Einerseits hat es damit begonnen, Agenden des Ministeriums auszugliedern und dadurch wichtige Materien der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen. Das Durchpeitschen dieses Gesetzes durch das Parlament war für viele nicht nachvollziehbar. Ich erinnere daran, dass dies ohne jede Ausschussberatung geschehen ist.

Während der Bundesrat dieses Gesetz noch beraten hat, beeinsprucht hat und weiter beraten hat, also dieses Gesetz noch nicht beschlossen war, haben Sie schon die Geschäftsführung ausgeschrieben. Damit haben Sie das in einem Verwechseln – ich kann es mir nicht vorstellen – von Ausschreibung des Postens der Geschäftsführung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes und Bestellung der Geschäftsführung vor Vorhan­densein der gesetzlichen Grundlage, also vor Beschluss des Gesetzes, in Angriff genommen. Das sind in dieser Sache viele Kapitel von Missachtung des Parlaments und die konsequente Fortsetzung der eigentlich Nicht-Beantwortung einschlägiger Anfragen.


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Ich habe in letzter Zeit auch einige Anfragebeantwortungen von Ihnen bekommen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Na siehst du!), die einen höchst fragwürdigen Stil im Umgang mit einem wichtigen Kontrollrecht des Parlaments zeigen. Ich habe hier mehrere Anfragebeantwortungen, aber wegen der Kürze meiner Redezeit werde ich mich auf eine konzentrieren: 700 000 € sind für innovative Kinderbetreuungsprojekte budgetiert. Ich wollte wissen, was konkret mit diesem Geld passiert ist, welche Projekte nach welchen Kriterien gefördert sind, welche abgelehnt worden sind, wie viel Geld ausbezahlt wurde, wie viele Kinderbetreuungsplätze es gibt, was „innovativ“ bedeutet, in welchem Bundesland wie viel Geld, et cetera. – Also Fragen, die man als Abgeordnete einer Ministerin mit gutem Recht stellen kann und sich eine entsprechend seriöse und sachliche Auskunft erwarten darf.

Zum Ersten wird hier unter Beweis gestellt, dass wir damit Recht hatten, dass die Gründung der Familie & Beruf GmbH sehr stark damit zu tun hat, bestimmte Vorgangs­weisen der parlamentarischen Kontrolle zu entziehen, denn zwei dieser Fragen sind mit der Begründung nicht beantwortet worden, dass sie jetzt eben in der Kompetenz dieser GmbH sind. 

Zum Zweiten: die restlichen Fragen. Die Fragen 1 bis 10 sind ganz detaillierte Fragen: Welche Projekte, welche Kriterien, et cetera? – Wiederum, wie auch vom Kollegen Öllinger zitiert, kam der Verweis auf eine andere Anfragebeantwortung, auf eine Anfragebeantwortung der Kollegin Trunk. Gut. Ich schaue mir diese Beantwortung an – und dort antworten Sie auch fast nichts.

Was meine zehn Fragen, sehr detaillierten Fragen betrifft, die Sie mit diesem Hinweis abtun, ist nur eine dieser zehn Fragen in dieser Anfragebeantwortung beantwortet, auf die Sie verwiesen haben. (Abg. Öllinger: Bei mir auch nur eine!)

Frau Ministerin, auch an diesem Beispiel ebenso wie an vielen anderen an Sie die Bitte, uns nicht weiter in einer derartigen Art und Weise bei Beantwortungen zu pflanzen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

18.15


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, das Wort „pflanzen“ würde ich in diesem Hause nicht gebrauchen. Es steht zwar nicht auf der Liste, aber ich denke, es sollte nicht verwendet werden.

Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. Ebenfalls 5 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


18.16.09

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Öllinger, Frau Kollegin Kuntzl, es ist doch ganz offensichtlich, dass Sie hier nur wieder versuchen, die FBG in Misskredit zu bringen (ironische Heiterkeit des Abg. Öllinger), denn es dürfte Ihnen ganz einfach ein Dorn im Auge sein, dass diese Gesellschaft erfolgreich ist, dass diese Gesellschaft sehr wichtige Maßnahmen setzt und dass diese Gesellschaft ein sehr, sehr wichtiges gesellschaftliches Thema aufgreift und optimiert. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Und Sie versuchen, mit einer rein formellen Anfrage diese Gesellschaft ständig in Misskredit zu bringen.

Gerade was die Grünen betrifft: Sie stellen doch ständig den Anspruch, Politik für Frauen zu betreiben. Aber das ist nichts anderes als leere Worthülsen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Da kommst du erst jetzt drauf?) Wenn es wirklich darum geht, Taten zu setzen, dann werden sie nicht nur nicht von Ihnen unterstützt, sondern Sie versuchen, ihnen alle möglichen Prügel in den Weg zu legen, wie zum Beispiel bei der FBG, die


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Sie noch mit dem Bundesrat zu verhindern versuchen, damit sie möglichst lange nicht installiert werden kann. (Abg. Öllinger: Sie haben sich ja Zeit gelassen!)

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Schwerpunkt in der Frauenpolitik. Es darf kein Entweder-Oder, sondern es muss ein Sowohl-als-Auch geben, und da gibt es viele verschiedene Kriterien. Ein Kriterium ist das Zusammenspiel, das Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Da ist die FBG ein ganz wichtiger Partner, der versucht, als tatkräftige Koordinierungsstelle, als Servicestelle und als Kompetenzstelle ein Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu finden und diese gemeinsam in einem Boot mit optimalen Maßnahmen zu vereinbaren.

Es ist schon eigenartig, dass gerade Sie von den Grünen hier im Parlament die FBG im Generellen und deren Tätigkeit ablehnen, während – wie die Frau Bundesministerin erwähnt hat – in Klagenfurt Ihre Parteikollegin, die Familien-Stadträtin, sehr wohl von der Tätigkeit der FBG begeistert ist. Es gab auch eine Pressekonferenz und ein Inter­view in der „Kleinen Zeitung“ mit Heike Trammer, die Sie ja auch versuchen, hier anzupatzen. Ihre Parteikollegin sagte, das sei ein sehr gutes Projekt und sie werde alles dafür tun, damit Klagenfurt eine familienfreundliche Gemeinde wird.

Ein Projekt der FBG, das ein sehr gutes Projekt ist, denn es ist sehr wichtig, dass auch in den Gemeinden familienfreundliche Maßnahmen getroffen werden und nicht nur auf Regierungsebene, nicht nur auf Landesebene, sondern auch in den Gemeinden die jeweiligen Projekte unterstützt werden. Und gerade dieses Gemeinde-Audit und das Projekt „Familienfreundliche Gemeinde“ ist ein sehr großartiges Projekt, weil es wirklich vor Ort die Probleme aufzeigt und zu lösen versucht. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Herr Kollege Öllinger, ich möchte mich noch ganz massiv gegen Ihre untergriffigen Anfragen betreffend Frau Heike Trammer wehren, denn es ist einfach unerträglich, wenn Menschen auf diese Art diskreditiert werden, nur weil sie für das BZÖ und im BZÖ tätig sind. Es kann doch nicht sein, dass Berufsverbot herrscht, wenn jemand die nötigen Kompetenzen hat, aber dem BZÖ angehört und deswegen keine Chancen mehr haben soll, irgendwo einen entsprechenden Job zu bekommen. Dagegen möchte ich mich mit aller Deutlichkeit verwahren, denn es geht um Kompetenz, es geht um Fleiß und es geht um Leistungsbereitschaft. Und Heike Trammer erfüllt all das in vorbildlicher Weise, das kann ich Ihnen hundertprozentig versichern.

Sehr geehrte Damen und Herren von den Grünen und von der SPÖ, ich denke, wir sollten gemeinsam an einer Optimierung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf arbeiten, und Polemik hat bei dieser Thematik einfach nichts verloren. Unterstützen wir gemeinsam die Tätigkeiten der FBG – genauso, wie es Ihre KommunalpolitikerInnen zum Beispiel in Klagenfurt machen –, denn dadurch können wir sicherstellen, dass wir in Zukunft die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, einen sehr wichtigen Bereich der Gesellschaftspolitik, optimieren und verbessern können. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mandak. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


18.20.51

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Kolleginnen und Kollegen von ÖVP, BZÖ und Freiheitlichen, mir ist rätselhaft, wie Sie so eine Anfragebeantwortung einfach hinnehmen können. Zum einen geht es hier um inhaltliche Fragen, die stelle ich jetzt einmal beiseite, und zum anderen geht es um demokratiepolitische Fragen, und ich frage Sie: Ist es Ihnen völlig egal, wie unsere


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Anfragen, die wir als Abgeordnete stellen – und das Anfragerecht ist ein wesentliches demokratiepolitisches Instrument in diesem österreichischen Parlament –, von der Regierung beantwortet werden?!

Sie haben die Anfragebeantwortung auf Ihrem Tisch liegen. Ich sehe das ein, man schaut sich nicht immer die Unterlagen an, wenn man nicht fachlich mit der Materie unmittelbar beschäftigt ist, aber schauen Sie sich einmal diese Beantwortungen an! Also ich fühle mich da wirklich durch den Kakao gezogen und nicht ernst genommen als Parlamentarierin in diesem Staat, wirklich wahr! (Beifall bei den Grünen.)

Mich ärgert eines, das muss ich Ihnen schon sagen. Man kann sich hier an diesem Platz nicht entsprechend ausdrücken, weil man dann nämlich einen Ordnungsruf bekommt; das sehe ich ein, so ist die Geschäftsordnung. Aber für so eine Beant­wortung einer Anfrage gibt es keinen Ordnungsruf! Frau Ministerin, irgendwie würde Ihnen dafür ein Ordnungsruf gehören, weil das eine Missachtung eines parlamen­tarischen Instruments ist. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wir können ja nicht jedes Mal eine Anfragebesprechung machen, damit wir ent­sprechende Antworten bekommen. Jetzt haben Sie uns geantwortet, danke, aber, bitte schön, das ist doch Ihre Aufgabe, die entsprechenden Antworten im Rahmen der Anfragebeantwortung zu geben – und nicht erst dann, wenn wir eine Anfrage­be­sprechung verlangen! Sehen Sie den Unterschied? (Abg. Lentsch: Ein bisschen höflicher geht es auch!) Wenn an Sie eine Anfrage gestellt wird, müssen Sie auf diese Anfrage entsprechend antworten, und das haben Sie nicht getan, und zwar hinten und vorne nicht! (Abg. Neudeck: Jetzt interpretieren Sie die Geschäftsordnung! Das macht der Zögernitz!)

Herr Kollege, schauen Sie sich einmal die Unterlagen an, und dann werden Sie mir Recht geben! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Nein! Nein!)

Ich habe viel Verständnis, aber irgendwo ist dann finito. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Viel Verständnis haben Sie nicht, das müssen Sie zugeben!) Jetzt hat uns ja die Frau Ministerin Antworten gegeben, danke, genau diese würden in die Anfragebeantwortung hineingehören. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Toleranz ist ein Fremdwort für Sie! Leider!)

Da ist es mit Toleranz vorbei, denn da geht es um ein demokratiepolitisches Recht. Kollege Öllinger und Kollegin Kuntzl haben ja noch eine Reihe anderer Anfragen zitiert, wo das auch passiert ist. Es ist also kein Einzelfall, es ist kein einzelnes Missgeschick, es hat System, und wir lassen mit uns nicht so umgehen, ganz einfach! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Vielleicht schicken Sie gleich die Antworten mit, damit sie Ihnen recht sind! Das wäre das Einfachste!)

Ich möchte gerne noch zum inhaltlichen Aspekt kommen, weil die Kollegin Achleitner uns vorgeworfen hat, dass wir die Frau Trammer anpatzen oder diskreditieren wollen. Schauen Sie sich die Fragen an! Da lautet eine Frage:

„Gab es für den Posten, den Frau Trammer innerhalb der Familien-GmbH ausübt, eine öffentliche Ausschreibung oder ein spezifisches Auswahlverfahren?“

Das hat es nicht gegeben, wie uns die Frau Ministerin jetzt gesagt hat.

Dann gibt es die Frage: „Haben Sie oder Ihr Büro für eine Anstellung von Frau Trammer interveniert?“

Wieso ist das nicht völlig aus der Luft gegriffen? – Weil Frau Trammer BZÖ-Landtags­abgeordnete oder damals noch FPÖ-Landtagsabgeordnete in Wien war und sie die Frau Ministerin kennt, und es wäre durchaus denkbar, dass die Frau Ministerin einen Anruf getätigt und gesagt hat: Die kenne ich, die ist gut, nehmt sie! Ob das der Fall


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gewesen ist, das wollten wir wissen. Was ist da ein Anpatzen von der Frau Trammer? Das sehen wir überhaupt nicht so. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Sie betonen, wie wichtig die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist. Das finde ich auch. Wissen Sie, wem Sie die Geschäftsführung dieser GesmbH gegeben haben? – Herrn Danhel. Wissen Sie, welches Land Herr Danhel für ein Vorbildland innerhalb der EU hält? – Irland! Und wissen Sie, warum: Weil es in diesem Land die meisten Kinder gibt und die wenigsten Frauen erwerbstätig sind!

So schaut’s aus! Und das ist der Geschäftsführer Ihrer GesmbH, der offenbar jetzt die Familienpolitik anstatt des Ministeriums machen soll. Und das sollen wir inhaltlich nicht hinterfragen? Wir tun es schon, weil uns das ein Anliegen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Danhel ist derjenige, der am letzten geeignet ist, genau diese Ziele zu verfolgen und zu erreichen, weil er nämlich persönlich inhaltlich ganz anderer Ansicht ist. Und das ist das, was wir kritisieren.

Es gibt einen einzigen Punkt in der ganzen Anfragebeantwortung, der positiv ist: Der Geschäftsführer hat eine 30-Stunden-Stelle. Wir wünschen uns, dass sehr viele Frauen – egal, ob im Ministerium oder sonst wo – auch Leitungspositionen als Teil­zeitjobs bekommen – und nicht nur Männer. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

18.26.24 Fortsetzung der Tagesordnung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die Verhandlungen über die Punkte 5 bis 8 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Rossmann. Wunschredezeit: 4 Minu­ten. – Bitte.

 


18.26.38

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen Bundesministerinnen! Hohes Haus! Zurück zum Thema Schule, zurück zum Thema Integration Behinderter.

Keine Bundesregierung hat je so viel für Menschen mit Behinderungen in diesem Land getan wie diese Bundesregierung. Auch im schulischen Bereich wurde in vielfacher Weise darauf Bedacht genommen. Ich denke an das Schulpaket II, die Streichung des Begriffes der Schulunfähigkeit. Im Schulpflichtgesetz wurde klargestellt, dass kein Kind auf Grund einer Behinderung von der Schulpflicht befreit werden kann. Man möchte glauben, das war bis dahin selbstverständlich, es war aber nicht so.

Nach dem Hochschulgesetz 2005 ist die Körper- und Sinnesbehinderung kein Grund mehr für eine Ausschließung von der Lehrerausbildung. Auch das war ein Punkt, um den wir lange gekämpft haben. Und die Krönung des Ganzen waren das Behin­dertengleichstellungsgesetz und die integrative Berufsausbildung, die wirklich ein Riesenerfolg ist. Da muss ich im Nachhinein noch einmal wirklich große Hochachtung der Frau Bundesministerin, aber auch ihrem Vorgänger, Bundesminister Haupt, aus­sprechen, dem das wirklich ein sehr großes Anliegen war.

Aber auch die Integration nach der Schule soll ihre Fortsetzung finden. Das ist auch in unserem Sinn, aber ich glaube, der vorliegende Antrag von der Kollegin Lapp ist noch nicht ganz ausgereift, denn man muss schon bedenken, wenn die Integration nach der Schule ihre Fortsetzung finden und in der Sekundarstufe II greifen soll, dann muss man


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die entsprechenden Rahmenbedingungen rechtzeitig sicherstellen, sonst ist das keine echte Integration.

Mit diesem Antrag, der heute hier zur Abstimmung vorliegt, wollen wir die Effizienz der vorhandenen Gesetze überprüfen und sie vielleicht dort, wo es notwendig ist, adaptieren und auf die Wünsche der Eltern, aber vor allem auch der Lehrer in Zukunft noch mehr Rücksicht nehmen. Ich glaube, das ist ein wichtiger Antrag, der hier von der Kollegin Partik-Pablé und von Franz-Joseph Huainigg vorliegt. Wenn Sie das für kleinkariert halten, Ihnen die Evaluierung zu wenig ist, wie es vorher schon festgelegt war, dann sage ich Ihnen, ich sehe das überhaupt nicht so, weil in diesem Antrag alles beinhaltet ist, was eine positive und weitere Integration sicherstellt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Frau Bundesministerin Gehrer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.30.01

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Wir haben jetzt eine Thematik in Diskussion, die eine sehr wichtige Thematik ist. Was wollen Eltern, die ein Kind mit einer Behinderung haben? Eltern wollen, dass dieses Kind einen Platz im Leben hat, dass es später – auch wenn es die Eltern nicht mehr gibt – wo leben und wohnen kann, dass es eine Versicherung hat, eventuell einmal eine Pension bekommt.

Ich meine, wir sollten gerade in diesem Bereich besonders darauf achten, dass spezielle Angebote in der Schule gemacht werden, dass darüber hinaus aber dann auch für den beruflichen Bereich, für den Lebensbereich, für den Wohnbereich Mög­lich­keiten gegeben sind, dass also die Integration aus der Schule dann auch in anderen Bereichen weitergeführt wird.

Mit dem neuen Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz haben wir gerade in den letzten Jahren ganz deutliche Zeichen gesetzt. Mit diesem Gesetz hat diese Bundesregierung gleiche Möglichkeiten sowie Barrierefreiheit für alle geschaffen: Wir haben eine Gleichstellung in der Arbeitswelt, ein Förderprogramm für die Wirtschaft, und wir haben einen Etappenplan. Bei Neubauten und Generalsanierungen muss darauf geachtet werden, dass sie ohne Hindernisse für Menschen mit Behinderungen sind.

Wir haben einen weisungsfreien Behindertenanwalt, und wir haben in verschiedenen Bereichen die Möglichkeit geschaffen, dass junge Menschen eine integrative Lehre machen, und zwar ihrem Können angepasst, eine Teil-Lehre, Teile einer Lehre.

Folgendes möchte ich hier klarstellen: Sinnesbehinderte und Körperbehinderte werden in allen höheren Schulen, werden in allen weiterführenden Schulen, an allen Universitäten integriert. Es wurden die Möglichkeiten hiefür geschaffen; es werden Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt – und wir achten darauf, dass gerade auch schwerstbehinderte Kinder Bildung bekommen.

Es gibt keine Kinder mehr, die schulunfähig sind, meine Damen und Herren – und das wurde von dieser Bundesregierung geschaffen! Schauen Sie sich doch an, wie in all diesen Einrichtungen gerade auch schwerstbehinderte Jugendliche liebevoll gepflegt werden! Und ich sage Ihnen, wir machen auch keine Schwierigkeiten, wenn ein Kind ein zehntes Schuljahr braucht, das wird in den meisten Fällen gewährt (Abg. Haidlmayr: Aber nur, wenn sie in die Sonderschule gehen!), wenn weiterführende Bildung notwendig ist.


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Gerade die integrative Lehre hat sich als bestes Angebot für junge Menschen mit Behinderungen herausgestellt; 1 940 Lehrverhältnisse wurden in diesem Bereich abgeschlossen.

Wir sind derzeit dabei, das Angebot integrative Lehre zu evaluieren, und wir werden diesen Entschließungsantrag auch sehr ernst nehmen, eine Studie darüber zu machen, wie der sonderpädagogische Förderbedarf vergeben wird. Ja, wir brauchen gemeinsame Regelungen dafür. Weiters ist zu prüfen: Wie läuft diese Integration? Wie schaut es aus mit speziellen Angeboten in den verschiedenen Schulen? Für sehr wichtig halte ich es, dass auch in so genannten Förderschulen – in Vorarlberg heißt das nicht mehr „Sonderschule“, sondern „Förderschule“ – den Kindern die Chance zu einer speziellen Förderung gegeben wird.

Wenn man es als richtig erkennt, individuelle Förderung zu machen, auch Hoch­begabte individuell zu fördern, und solange man sich dazu bekennt, dass es in Wien zum Beispiel ein Gymnasium gibt, in dem es Klassen für Hochbegabte gibt, was von allen Seiten sehr unterstützt wird, glaube ich, muss es auch möglich sein, Kinder, die es brauchen, in kleinen Gruppen speziell zu fördern.

Ich meine, dass es gerade in diesem Bereich Vielfältigkeit geben muss (Beifall bei der ÖVP), Vielfältigkeit zwischen Integration und spezieller Förderung, Vielfältigkeit in einem größeren Klassenverband, ebenso die Vielfältigkeit, in einer kleinen Gruppe zu arbeiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerne werde ich mit Ihnen in der nächsten Legislatur­periode diese Frage weiterdiskutieren. Mir ist es ein echtes Anliegen, dass Menschen mit Behinderungen im Schulbereich, im Ausbildungsbereich sowie im Gesellschafts­bereich ihren Platz haben. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Frei­heitlichen – BZÖ.)

18.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Mag. Lapp ist hiezu noch zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.35.02

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Bundesministerin, Ihre Ansage, dass Sie als Ressortchefin weiterhin im Bildungsbereich tätig bleiben wollen, hieße doch nichts anderes, als dass es im Bildungsbereich weiterhin ein Auf-der-Stelle-Treten und keine Weiterentwicklung geben würde.

Im Behindertengleichstellungsgesetz, das von Ihnen angesprochen wurde, gibt es das Wort „Bildung“ nicht; das Wort „Bildung“ ist nicht eingeflossen in den Gleich­stellungsbegriff für behinderte Menschen. Das war sehr schade, denn gerade im Bildungsbereich ist ein sehr großer Nachholbedarf gegeben, damit Eltern behinderter Kinder in den einzelnen Bundesländern nicht sehr große Wege haben – und dass es die bestmögliche Ausbildung und Bildung für ihre Kinder gibt.

Seit mehr als zehn Jahren ist die Integration im Schulorganisationsgesetz verankert, doch leider wird das in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt; es gibt hiefür auch unterschiedliche Ressourcen.

Wir von der SPÖ haben dazu einen ganz anderen Ansatz: Uns geht es darum, dass wir die Menschen in ihrer Verschiedenheit als ein Gemeinsames und Solidarisches sehen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, die Vielfalt, die Sie hier postulieren, bedeutet doch, dass Sie die Menschen in unterschiedliche Einteilungen und Schubladen stecken wollen.


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Das ist unserer Überzeugung nach kein Zugang des 21. Jahrhunderts, eines Jahr­hunderts, in dem es Globalisierung, vernetztes Denken und weltumspannende Kon­zerne gibt. Überdies sind Sie, Frau Bundesministerin, wo es darum geht, dass die westliche Welt solidarisch für die Entwicklungsländer einsteht, mit Ihrem Modell gesellschaftlich noch immer im vergangenen Jahrhundert!

Deswegen auch unsere Vision von der inklusiven Pädagogik, denn Inklusion bedeutet ein selbstverständliches Miteinander vor Ort und lässt die Verschiedenheit im Gemein­samen bestehen. Es ist das eine sehr große Chance für eine Gesellschaft, dass man das nämlich als Bereicherung betrachtet und – egal, ob behindert oder nicht behin­dert – dass jeder Mensch, jeder Schüler, jede Schülerin mit ihren Bedürfnissen, Talen­ten und Fähigkeiten gefördert und unterstützt wird.

Die Evaluierungsstudie, die Sie, Frau Bundesministerin Gehrer, in Auftrag geben wollen – das haben ja auch schon die Kollegen Brosz und Niederwieser ange­sprochen –, hätte eigentlich schon längst erledigt sein müssen, denn sämtliche Zahlen sind im Bildungsministerium vorhanden, sämtliche Modelle sind präsent: Es fehlt lediglich am politischen Willen dieser Regierung für behinderte Menschen! Und das ist schade! (Beifall bei der SPÖ.)

18.38


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Brader zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.38.29

Abgeordneter Mag. Dr. Alfred Brader (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minister! Geschätzte Damen und Herren! Bildungsprozesse sind indivi­duelle Entwicklungen, die ihren Ausgangspunkt in der jeweils einmaligen Situation des betroffenen Kindes haben. Das heißt, in der Diskussion um die Integration kann es nur darum gehen, wie in Bezug auf Bildung des einmaligen Kindes am besten geholfen werden kann.

Es ist gut und richtig, wenn diese Prozesse evaluiert, verglichen und verbessert werden. Bei der Beantwortung der dabei auftauchenden Fragen kann es nicht nur um organisatorische Prinzipien gehen, denn ein bloß räumliches Beisammensein, geschätzte Damen und Herren, ist keine Integration. Der Mensch entwickelt sich ja nicht im Sog von anderen, sondern hat ein Recht auf individuelle und seinen Bedürf­nissen angepasste Unterstützung.

Wenn man die Individuallage der Kinder ernst nimmt, dann wird man auch zugeben müssen, dass es gar nicht so wenige Kinder gibt, die einen gemeinsamen Unterricht mit anderen Kindern nicht verkraften, die sich dabei schwer tun, weil es ihnen einfach ganz hart ankommt, vorgeführt zu bekommen, was andere zu leisten imstande sind, sie aber nicht. Das heißt, es muss weiterhin die organisatorische Vielfalt im Angebot bestehen. Herr Kollege Niederwieser, Sie haben vor der Dringlichen davon ge­sprochen, dass die Spezialeinrichtungen weniger werden sollen. Ich kann dieser Meinung nicht beipflichten, weil ich denke, dass wir die Wahlmöglichkeit für die Eltern und für die betroffenen Kinder brauchen.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei allen Kolleginnen und Kollegen, die sich im integrativen Bereich oder auch im Bereich der Sonderpädagogischen Zentren das ganze Jahr über sehr für unsere Kinder eingesetzt haben, recht herzlich bedanken.

Meine geschätzten Damen und Herren! Frau Kollegin Lapp! Frau Kollegin Haidlmayr! Ich möchte auch den Appell an Sie richten, in dieser Diskussion über diese doch hoch sensiblen Fragen auf ideologische Grabenkämpfe zu verzichten und sich einzig und


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allein um die Fragen zu kümmern: Was kann man für die Kinder tun? Wie kann man die Bildungsprozesse am besten unterstützen?

Ich glaube, diesbezüglich ist in den letzten Jahren sehr viel geschehen. Ich denke etwa an das Berufsvorbereitungsjahr. Ich denke auch an die Neugestaltung des Bildungs­begriffes – das heißt, dass es einfach keine Kinder mehr gibt, die als bildungsunfähig erklärt werden. Ich denke, das war ein ganz wesentlicher Schritt. Und ich meine, dass es auch sehr gut war, die Aufnahme für behinderte Studentinnen und Studenten an den Pädagogischen Hochschulen möglich zu machen.

Ich denke auch, dass wir in Österreich ausreichend Mittel haben, aber natürlich sind diese Prozesse immer zu hinterfragen, immer wieder zu verbessern, immer wieder auch neu zu gestalten und den Bedürfnissen anzupassen. Aber die Diskussion darüber sollte nicht in einer harten Positionierung stattfinden, sondern eigentlich nur an einer Frage ausgerichtet sein: Wie kann den Kindern am besten geholfen werden? – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

18.42


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.42.12

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir wieder einmal in die Realität zurückkommen. Das, was die letzten drei RednerInnen vor mir gesagt haben, hat nur teilweise etwas mit der Realität zu tun; die Realität schaut anders aus.

Frau Ministerin, Sie können sich noch so oft das Gegenteil vorsagen, Tatsache ist: Das Behindertengleichstellungsgesetz hat für die Bildung von Menschen mit Behinderun­gen überhaupt nichts gebracht, aber schon überhaupt nichts, und zwar deshalb, weil Sie sich erfolgreich dagegen gewehrt haben, dass der Bereich Bildung überhaupt als Bestandteil in das Behindertengleichstellungsgesetz aufgenommen wurde. Tun Sie jetzt also nicht so, als ob: Der Bereich Bildung kommt im Behindertengleich­stellungs­gesetz nicht vor!

Wenn Sie, Frau Minister, meinen, dass der einzige Anspruch, den Menschen mit Behinderungen haben, wenn sie in die Regelschule gehen wollen – und das ist ihr Recht! –, darin besteht, dass Bundesschulgebäude barrierefrei gestaltet sein müssen, dann, Frau Ministerin, fürchte ich mich schon, wenn Sie weiter Ministerin bleiben, denn dann wird sich bei der Integration von Menschen mit Behinderungen gar nichts ändern. Ganz im Gegenteil, es wird einen Rückschritt geben, denn nur Gebäude umzubauen, das ist zu wenig, Frau Ministerin. Das Recht auf Integration heißt auch: Sicherstellung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Lapp) – und diese, Frau Ministerin, haben Sie den Menschen mit Behinderungen bis jetzt erfolgreich verwehrt, und das Behindertengleichstellungsgesetz zwingt Sie nicht, in dieser Richtung irgendetwas an Ihrer Grundhaltung zu ändern.

Dieser Entschließungsantrag, der von den Regierungsparteien eingebracht worden ist, ist – ich sage das jetzt nicht mit meinen Worten, sondern ich gebe die Worte von Menschen wieder, die sich seit Jahren mit der Integration von Menschen mit Behinderungen beschäftigen und denen ich den Antrag heute noch gefaxt habe und diese Rückmeldung bekommen habe – weniger als eine Augenauswischerei, das ist eigentlich eine Ver... – und den Rest darf ich nicht mehr sagen, sonst bekomme ich einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was ist es?) Eine „Ver...“ – und den Rest darf ich nicht sagen, sonst bekomme ich einen Ordnungsruf. (Abg. Dr. Partik-Pablé:


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Drücken Sie es halt anders aus!) So wird dieser Entschließungsantrag von den Menschen mit Behinderungen gewertet, die im Bereich Integration arbeiten.

Dieser Antrag ist eine reine Bauchpinselei ohne Inhalt! Und wenn Sie sich da jetzt auf diese integrative Berufsausbildung berufen, so wissen wir doch alle, dass all die Ministerien und der gesamte öffentliche Dienst bis heute kein einziges Lehrverhältnis mit jemandem in dieser Richtung abgeschlossen haben! Und, Frau Ministerin, diejenigen Lehrverträge, die es gibt, sind alle ordentlich im Schwimmen; das wissen Sie auch. Es gibt zwar die Lehrverträge, aber es gibt in den Berufsschulen für diese Jugendlichen nicht die Finanzierung der notwendigen Rahmenbedingungen, damit sie auch diese Berufsschule absolvieren können. Da haben Sie sie im Regen stehen lassen. Hauptsache, Sie tun so, als ob, obwohl es nicht so ist! (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben jetzt auch einen neuen Begriff geboren: Sie sagen jetzt nicht mehr „Son­derschulen“, sondern „Förderschulen“. Aber glauben Sie mir, Frau Ministerin: In Steyr hat man vor zehn Jahren die Sonderschule am Tabor umbenannt in die Steyrdorf­schule – sie ist trotzdem noch immer eine Sonderschule!

Die „Förderschulen“, die Sie meinen, sind ganz klassische Sonderschulen, auf die Sie stehen, die Sie wollen. Und jede Sonderschule verhindert die Integration von Menschen mit Behinderungen in der Regelschule, denn in der Sonderschule wird in der Regel bis zu Hightech alles angeboten, was man dort vielleicht brauchen könnte oder auch nicht. Will heute aber ein Kind in derselben Stadt, im selben Ort in eine Regelschule gehen, dann heißt es: Ja, mein Lieber, wie stellst du dir das vor? Dort ist deine Sonderschule, dort habt ihr all die Rahmenbedingungen! Glaubst du, wir bezahlen dir das jetzt in der Regelschule auch? Du musst in die Sonderschule gehen! – So ist es!

Das ist auch so, Frau Ministerin, und da verkennen Sie auch die Lage, oder Sie wollen es nicht wissen – auch jetzt nicht, denn Sie versuchen gerade, ganz intensiv zu lesen, aber ich spreche es an, weil Sie es erwähnt haben –, bei Menschen, die – unter Anführungszeichen – „nur“ körperbehindert sind: Auch diese haben noch immer kein Recht, in Regelschulen ihre Berufsausbildung zu machen! Was glauben Sie, wie viele Leute jedes Wochenende von der Ungargasse nach Salzburg und noch viel weiter fahren – nicht deshalb, weil es in der Ungargasse mehr oder weniger die beste Ausbildung für körperbehinderte Menschen gäbe, sondern weil sie keine Chance haben, in Salzburg, in Oberösterreich oder wo auch immer eine HAK zu besuchen, eine HTL zu besuchen! Man sagt nämlich: Jetzt haben wir euch die Schule in der Ungargasse gebaut, jetzt geht gefälligst hin! – Diese Jugendlichen müssen daher dort hingehen.

Frau Ministerin, ich wünsche mir, dass Sie nicht mehr Bildungsministerin sein werden, denn vielleicht hat dann die Bildung von Menschen mit Behinderungen die Chance, ein Stückchen in Richtung Integration zu gehen. Mit Ihnen war das nicht möglich und wird das auch in Zukunft nicht möglich sein. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Lapp.)

18.47


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.47.50

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich bin ich schon ein bisschen enttäuscht über das, was Herr Abgeord­neter Brosz gesagt hat, nämlich dass Sie diesen Antrag kritisieren. Frau Haidlmayr sagt, das ist eine Bauchpinselei. Dieser Vorwurf ist wirklich der allerlächerlichste, den


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ich gehört habe, denn im Antrag steht überhaupt nichts drinnen von Bauchpinseln, sondern es wird nur um etwas ersucht. Bauchpinseln heißt doch, dass man sich lobt. Das steht überhaupt nicht drinnen!

Was den Vorwurf der „Augenauswischerei“ betrifft, so muss ich Ihnen sagen: Ich bin immer froh, wenn das Thema Gleichstellung von behinderten Menschen, Bildungsver­besserung und so weiter, wenn ein Thema, das die Situation von behinderten Menschen zum Gegenstand hat, hier im Parlament behandelt wird, weil wir damit auch beweisen, wie wichtig uns dieses Thema ist. Sie aber lehnen es ab, dass wir darüber diskutieren, nur weil Sie irgendwelche Bedenken haben oder weil irgendetwas schon erledigt ist. Ich finde, es besteht immer ein Anlass, dass wir darüber diskutieren! (Abg. Brosz: Warum vertagen Sie die Anträge im Ausschuss?)

Ich werde Ihnen etwas sagen: Lange genug, Herr Abgeordneter, als ich ins Parlament gekommen bin, ist überhaupt nicht geredet worden über die behinderten Menschen – die hat es überhaupt nicht gegeben! –, und im Laufe der Zeit – Gott sei Dank! – haben wir immer mehr darüber geredet und hat sich die Situation auch verbessert. Deshalb bin ich, wie gesagt, froh über jede Debatte, die hier geführt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Im Übrigen: Was die schulische Integration betrifft, so möchte ich schon auch hervorheben, dass die Eltern in ungeheurem Ausmaß dazu beigetragen haben, dass es in Österreich eine schulische Integration gibt. Und diesen Eltern, die wirklich gekämpft haben, muss man Respekt zollen. Die sind nämlich von Pontius zu Pilatus gelaufen, haben nie etwas erreicht, und jetzt haben wir es endlich doch.

Eines aber muss klar sein (Zwischenruf bei den Grünen) – lassen Sie mich doch einmal fertig sprechen, bevor Sie schon wieder den Kopf schütteln! –: Die Güte der Integration steht und fällt damit, wie die Lehrer und die Betreuer sind. Und da genügt nicht nur die Ausbildung, sondern das liegt auch am Auswahlverfahren. Das müssen Menschen sein, die – um es banal auszudrücken – Herz haben, die Verständnis haben, die Sensibilität haben! Und das kann man nicht nur verordnen, sondern man muss darauf achten, dass sich eben für die Integration nur Menschen bewerben und auch aufgenommen werden, die diese Voraussetzungen erfüllen. Das kann nicht jeder! Es kann jemand ein guter Lehrer sein, aber er ist vielleicht nicht geeignet, mit behinderten Menschen umzugehen! – Das, glaube ich, ist einmal sehr wichtig.

Ich sage nicht, dass alles in Ordnung ist, ganz im Gegenteil: Man hört immer wieder, dass die Integration eben nicht gut funktioniert – weil es die Lehrer nicht verstehen, die behinderten Menschen, die behinderten Kinder wirklich einzubinden. Da muss viel geschehen! – Wie gesagt, an der Auswahl liegt es meiner Meinung nach.

Wissen Sie, so, wie Sie das machen – nur Angriffe, nur polemisieren –, so werden wir nie zu einer guten Lösung kommen! Allein schon, wie Sie hier herunterkeifen, Frau Abgeordnete (in Richtung der Abg. Haidlmayr), das finde ich wirklich entsetzlich. Warum hören Sie mir nicht zu? – Ich bin in der zweiten Reihe gesessen und habe Ihnen von A bis Z zugehört. Das ist offensichtlich bei Ihnen unmöglich. Wir werden nie auf einen grünen Zweig kommen, wenn nicht einer dem anderen zuhört! Das gehört doch eigentlich zu einer normalen Parlamentskultur. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie der ÖVP.)

Frau Minister, Sie haben zu Recht angeführt, dass das Gleichstellungsgesetz Vorteile gebracht hat. Ich bin auch nicht ganz zufrieden, aber es ist doch ein großer Fortschritt! Ich finde es völlig falsch, wenn Sie von der Opposition sagen, diese Regierung habe keinen Willen – das hat Frau Lapp gesagt –, für die behinderten Menschen etwas zu tun. Das stimmt nicht! Das Pflegegeld ist jahrelang nicht erhöht worden – unter dieser Bundesregierung ist es erhöht worden! (Abg. Haidlmayr: Um 2 Prozent! – Abg. Brosz:


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Ein Mal um 2 Prozent!) Das Gleichstellungsgesetz ist geschaffen worden – trotz jahrelanger Widerstände von Seiten der Wirtschaft und von was weiß der Teufel alles. Seien wir froh: Wir haben es! Winken Sie nicht ab, sondern seien wir froh, dass wir es haben! – Und wir arbeiten weiter! Aber mit Ihnen kann man nicht weiterarbeiten, denn Sie haben nichts anderes als nur oppositionelle Kritik.

Frau Minister – ich habe nur vier Minuten Redezeit, aber ich darf verlängern, hat mir der Ordner gesagt (Abg. Dr. Brinek: Bis zu 20 Minuten!) –, Sie haben auch die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes erwähnt. Da sind natürlich auch die Länder verpflichtet, viel zu tun, gerade im Freizeitbereich. Und wissen Sie, da gibt es irrsinnige Kuriosa! Ich selbst habe eine Tochter, die im Rollstuhl sitzt. Die Volksoper gehört, glaube ich, nicht in Ihren Bereich, Frau Minister, sie ist aber ein Staatstheater, und ich möchte Ihnen trotzdem erzählen, was mir vor zwei Monaten passiert ist:

Ich habe Karten für Plätze im ersten Rang bekommen, und ich habe mich vorher erkundigt, ob es einen Lift gibt. Es gibt einen Lift! Ich habe mich gefreut und habe mir gedacht, ich fahre mit meiner Tochter hinauf, nehme sie dann aus dem Rollstuhl heraus, führe sie zum Platz hin und setze sie nieder, und nachher hole ich sie wieder ab, weil sie mit Bekannten dort war.

Ich bin also hinaufgefahren. Es war eine unerfahrene Liftführerin dort – die hat das Spätere, was ich erzählen werde, nicht gewusst. Ich fuhr hinauf. Dort oben sagte schon jemand: Ja, aber mit dem Rollstuhl dürfen Sie da nicht hinauf! Da fragte ich: Wieso darf ich nicht mit dem Rollstuhl hinauf, Sie haben doch einen Aufzug? – Ja, sagte sie, das ist eine Vorschrift, dass man mit diesem Aufzug nicht in den ersten Stock fahren darf! –Ich habe meine Tochter dann auf den Platz hingeführt. Den Rollstuhl durfte ich nicht einmal stehen lassen – sonst hätte die Vorführung nicht angefangen, bitte! Ich habe also den Rollstuhl in mein Auto mitgenommen und bin heimgefahren. Und Sie können sich vorstellen, ich habe mich davor gefürchtet und gedacht: Was mache ich am Ende der Vorstellung?, weil man mir doch gesagt hatte, ich darf mit diesem Aufzug nicht hinunterfahren. – Meine Tochter ist ungefähr so schwer wie ich – sie ist 28 Jahre alt –, und ich kann zwar ein paar Schritte mit ihr gehen, wenn ich sie halte, aber ich kann sie die Stiegen nicht hinunterführen. Wie gesagt, ich bin mit einem wirklich unguten Gefühl hingekommen, weil ich mir gedacht habe, die lassen mich dann nicht mehr hinauf.

Und Gott sei Dank, die Leute dort haben mich, glaube ich, dann erkannt, und dann ist schon der Direktor – der Verwaltungsdirektor oder wie auch immer – gekommen und hat gesagt: ja, mit einer Begleitperson darf ich doch mit dem Rollstuhl hinunterfahren. Und dann durfte ich hinunterfahren – das war für mich eine Erlösung!

Aber Sie können sich vorstellen, was das bedeutet: Ein Aufzug ist dort, Sie dürfen ihn aber nicht benützen, Sie müssen den Rollstuhl wieder heimtransportieren und haben während der zwei Stunden, die das Kind im Theater verbringt, Angst und denken: Was wird jetzt passieren? Wie schaffe ich meine Tochter wieder nach Hause? – Das sind Zustände, die ich eigentlich abgeschafft haben möchte!

Frau Minister, es ist das zwar nicht Ihre Zuständigkeit, aber trotzdem: Das gehört beseitigt! Da müssen wir alle daran arbeiten (allgemeiner Beifall) – und da nützt uns dieses ganze Hickhack nichts. Frau Haidlmayr sitzt schon wieder auf ihrem Platz und macht Handbewegungen, statt dass sie sagt: Ja, Frau Partik-Pablé, bemühen wir uns, dass wir solche Zustände beseitigen! – Und das ist mein Wille, Frau Abgeordnete, und nicht Hickhack und sagen, dass es zu wenig ist, und was weiß ich, was alles. Arbeiten wir zusammen, wie es in anderen Bereichen auch geschehen ist!

Wir haben in der Behindertenpolitik immer zusammengearbeitet, als zum Beispiel Feurstein noch Behindertensprecher war, als von der SPÖ eigentlich niemand da war –


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jetzt ist Gott sei Dank Frau Lapp da. (Abg. Steibl: Es ist auch jetzt niemand da!) Wir haben jetzt Leute, mit denen man einen Konsens finden kann. Versuchen wir, politisch etwas durchzusetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Haidlmayr, habe ich das richtig gesehen, dass Sie sich zu einer tatsächlichen Berichtigung vom Platz aus zu Wort gemeldet haben? – Bitte, Sie sind am Wort.

 


18.56.00

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Frau Partik-Pablé hat gemeint, dass im Volkstheater keine Rollstuhlplätze vorhanden seien.

Frau Pablé, ich gehe/ich rolle selber öfters hin. Es gibt dort drei ganz klar ausge­wie­sene Rollstuhlplätze, die auch feuerpolizeilich genehmigt sind – natürlich nur in einem gewissen Sektor, denn wenn ein Brand ausbricht, dann muss natürlich sonst der Lift abgeschaltet werden.

Also das heißt, die Rollstuhlplätze gibt es, und wenn Sie möchten, können Sie dann zu mir heraufkommen. Ich sage Ihnen, wo die Rollstuhlplätze ganz konkret sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber die sind so weit hinten, dass meine sehbehinderte Tochter schlecht sieht! – Sie glauben halt, Sie wissen alles besser, Frau Abgeordnete!)

18.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Faul zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.56.52

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Weil Sie uns im Zusammenhang mit der Integration der behinderten Kinder alle Schultypen aufgezählt haben, muss ich Sie berichtigen: Wir haben bei uns in der Steiermark im Bezirk Weiz drei Hauptschulen und eine Mittelschule, und die AHS weigert sich, die Integration aufzunehmen, weil sie ihrer Meinung nach einen ganz anderen Bildungsauftrag hat – und diesen Bildungsauftrag will sie von Ihnen haben!

Frau Bundesministerin, das ist genau diese Crux – ich muss da ein bisschen aus­holen –, wo Sie die Bundesschulen, die unter Ihrer direkten Verwaltung stehen, und die Pflichtschulen, die Sie als Landeslehrer ausgegliedert haben, nicht mehr in Ihrer Kompetenz sehen und wo Sie sich letztlich über den Finanzausgleich einfach aus Ihrer Verpflichtung, Ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung herausschwindeln.

Frau Bundesministerin Gehrer, wenn Sie mir heute am Anfang dieser Diskussion angeboten haben, ich möge mir aus meinen eigenen Ressourcen Möglichkeiten schaffen, die Schülerhöchstzahlen in den Klassen, in denen ich integrative Kinder drinnen habe – ich will behinderte Kinder haben –, selbst zu bestimmen, dann, muss ich sagen, haben Sie mich heute leider verhöhnt. Frau Bundesministerin, das gilt vielleicht für Ihre Schulen! Für unsere Schulen gilt die Teilungszahl 30, und ich darf Ihnen anhand eines konkreten Beispiels Folgendes sagen:

Schulen gleicher Erreichbarkeit, meine Sporthauptschule und die Realschule neben­einander, mit drei Klassen, in denen Integration stattfindet, haben genau 90 Kinder. 90 Kinder heißt: drei Klassen – und die behinderten Kinder sind dort drinnen, auch die Schwerstbehinderten, die wir nahezu zur Gänze integrieren, weil wir den Auftrag der Sonderschule in dem Sinne wahrnehmen, wie es Frau Haidlmayr gesagt hat. Wir haben 30 Schüler drinnen!


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Eine Ortschaft weiter und eine zweite Ortschaft weiter gibt es zwei Hauptschulen, in denen jeweils 45 Schüler drinnen sind – also zusammen auch 90 –, und die haben dann halt nur 23 und 22 Schüler. Und diese Ungerechtigkeit, Frau Bundesministerin, gehört einfach beseitigt durch die Begrenzung der Schülerhöchstzahlen. Das ist letztlich ungerecht!

Weil Kollege Niederwieser heute von den Lehrerressourcen gesprochen hat, muss ich Ihnen Folgendes sagen. Ich setze frei: eine 46-Jährige mit 26 Dienstjahren, eine 45-Jährige mit 25 Dienstjahren und eine 24-Jährige – lauter pragmatisierte Lehrer und Lehrerinnen, die durch eine bessere Schülerzahl, durch eine Teilungszahl 25 bei uns Unterricht finden können! – Zahlen muss es das Land, oder über den Bund das Land. Ich verstehe überhaupt nicht, warum wir hier nicht mit dem Kollegen Amon eine Regelung finden konnten, die diesen Dingen entgegenkommt. Das ist eine echte Benachteiligung der großen Schulstandorte!

Ich habe es mir auch zur Verpflichtung gemacht, heute ein bisschen etwas über die Werbung in den Schulen zu sagen. Frau Bundesministerin, diese Werbung gilt explizit nur für Ihre Bundesschulen. Das heißt, die Schulen sind in Wirklichkeit so ausgehöhlt und so bedürftig nach Finanzmitteln, dass Sie sich jedem an den Hals werfen. Wenn die Firma Coca Cola kommt, wird ein Automat aufgestellt. Wenn die Kaffeefirma kommt, wird ein Automat aufgestellt. Letztlich werden Firmen als Sponsoren genom­men, und die Kinder gehen dort zur Schule – das grenzt ja schon an Nötigung, Frau Bundesministerin!

Wir in den Pflichtschulen können dank der Hilfe der Gemeinde auf diese Werbung verzichten. Und wenn ich gerade beim Thema Werbung bin, möchte ich Ihnen eines wirklich persönlich sagen: Auf die parteipolitische Werbung, die Sie als Bundes­ministerin und für den Bundeskanzler Schüssel jetzt in die Schulen einfließen lassen, können wir auch gerne verzichten! (Beifall bei der SPÖ.)

19.00


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Schiefermair. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.00.40

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbe­hinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewähr­leisten.“ – Mit diesem Auszug aus der österreichischen Bundesverfassung möchte ich beginnen und klar zum Ausdruck bringen, dass mir dieses Thema ein besonders wichtiges Anliegen ist. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Doch dieses Bekenntnis allein ist zu wenig. Diese Bundesregierung hat bereits im Rahmen des Gleichstellungspaketes die Integration von Mitmenschen mit Behinderung aktiv angepackt und viele wichtige Maßnahmen umgesetzt. Dieser Weg muss nun von uns allen gemeinsam weitergegangen werden – und zwar mit konkreten Taten, die in allen Bildungsbereichen spürbar werden. Dabei geht es mir nicht nur um das so genannte Wording, wie zum Beispiel die Streichung von diskriminierenden Begriffen. Es geht um eine umfassende Veränderung, die nicht zuletzt auch eine bauliche Adaptierung von Schulgebäuden selbstverständlich notwendig macht.

Dieses Thema verlangt von uns ein hohes Maß an Mitdenken, den immer währenden Versuch, sich in die Situation Betroffener hineinzuversetzen und dafür zu sorgen, dass eine Behinderung keinen Ausschließungsgrund für den Zugang zu Bildung bedeutet.


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Wichtig ist mir vor allem, dass Integration auch nach der Schulpflicht fortgesetzt wird, wichtig ist mir aber auch die Wahlfreiheit der Eltern. Mit der integrativen Berufs­ausbildung und Lehrerausbildung, die direkt in den Unternehmen stattfindet, sind wir auf dem richtigen Weg.

Noch ein Wort zur so genannten Inklusion: Es besteht die Gefahr, dass die indivi­duellen Bedürfnisse behinderter Menschen übersehen oder vergessen werden, deshalb ist diese wichtig. Sinnesbehinderte oder hörbehinderte Jugendliche brauchen unterschiedliche didaktische Hilfen oder Lernbehelfe.

Abschließend möchte ich meinem Kollegen Franz-Joseph Huainigg sehr herzlich für seine Arbeit danken und ihm weiterhin viel Kraft wünschen: Wir alle sind dankbar, dass du uns immer wieder mit deiner Innensicht und deinem Weitblick auf den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam machst, und wir werden dich mit aller Kraft unterstützen. (Beifall bei der ÖVP.) Du hast viel erreicht im Vergleich zu anderen Behinderten­sprechern! Danke an dich und auch an die Frau Bundesministerin und die Bildungs­sprecher, dass dieser gute Weg gegangen wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

19.03


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


19.03.59

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich dem Antrag des Kollegen Maier widmen, der das Schulsponsoring zum Thema hat und unter diesem Tagesordnungs­punkt mit erledigt wird. Seit einigen Jahren ist ja das Werbeverbot an den Schulen aufgehoben, womit das so genannte Schulsponsoring ermöglicht wird. Da die öffentlichen Mittel, die den Schulen zur Verfügung gestellt werden, doch immer mehr ausgedünnt werden – sagen wir es einmal so –, kommen die Schulen unter Zugzwang, immer mehr von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu müssen.

Das nimmt derartige Ausmaße an, dass viele Eltern beginnen, sich Sorgen zu machen, wie sich das weiterentwickeln kann. Diverse Aktivitäten, die an Schulen oder auch an Kindergärten stattfinden, führen zu großen Aufregungen der Eltern. So etwa die Geschichte, dass vor einigen Monaten in mehreren Kindergärten ausgerechnet eine Fast-Food-Kette beziehungsweise deren Symbol von Kindergarten zu Kindergarten gezogen ist, um über gesunde Ernährung zu reden. Die Eltern fanden, das sei doch den Bock zum Gärtner zu machen. (Abg. Mag. Donnerbauer: Waren das Wiener Kindergärten?) – Kindergärten waren das, ja! Es gibt aber auch an Schulen immer wieder diverse Werbeaktivitäten, die nicht gerade dazu angetan sind, die Sorgen der Eltern zu entkräften.

Vor allem ist das Wichtige, dass man zwischen Sponsoring, als dem Zur-Verfügung-Stellen von Geldmitteln und ... (Abg. Mag. Donnerbauer: Waren das Wiener Kinder­gärten?) – Nein, das waren keine Wiener Kindergärten, jedenfalls keine öffentlichen Wiener Kindergärten; es war zum Beispiel ein Kindergarten in Niederösterreich, der mir konkret bekannt war. Aber wir können nachher reden, Herr Kollege.

Es geht darum, zu unterscheiden, ob Computer oder Mittel den Kindergärten oder Schulen zur Verfügung gestellt werden oder ob dort aggressive Werbemethoden stattfinden. In diesem Zusammenhang ist vor allem darauf aufmerksam zu machen, dass es das Schulsponsoring betreffend überhaupt keine Richtlinien seitens des Ministeriums gibt, in welcher Art und Weise das ablaufen und stattfinden kann.

In der Beantwortung der Anfrage des Kollegen Maier durch die Frau Bundesministerin kommt auch heraus, dass die Frau Bundesministerin, also wir alle, überhaupt keinen


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Überblick darüber haben, in welchem Ausmaß derartige Aktivitäten in den Schulen stattfinden und in welcher Art diese stattfinden.

Ich denke, das zeigt großen Handlungsbedarf, was derartige Werbeaktivitäten an den Schulen betrifft: Zum einen wäre tatsächlich notwendig, entsprechende Rahmen­bedingungen, Richtlinien festzulegen, damit die Schulen einen Rahmen haben, innerhalb dessen sie agieren können. Zum anderen wäre es auch notwendig, Frau Bundesministerin, sich von Ihrer Seite her einen Überblick über das Ausmaß und die Art der bisherigen Aktivitäten zu verschaffen. Es muss wieder einmal die Schulauto­nomie dafür herhalten, dass dieser Überblick nicht besteht. Frau Bundesministerin, ich denke, es wäre an der Zeit, dass Sie entsprechende Schritte setzen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

 


19.07.42

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die schulische Integration von Behinderten ist ein viel zu wichtiges Thema, um es parteipolitisch zu vereinnahmen. Die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition sollten daher nicht so tun, als würde es seit vielen Jahren keine notwendigen Anpassungen in diesem Bereich geben. Wir von der Volkspartei stellen uns diesen Herausforderungen! Dabei sind die Wahlfreiheit der Eltern und die Suche nach den besten Ausbildungsmöglichkeiten für das Kind Hauptschwerpunkte der politischen Rahmenbedingungen.

Eine Evaluierung der bestehenden Ausbildungsangebote für behinderte Kinder und eine umfassende Prüfung der schulischen Integration in Bezug auf Wünsche und Bedürfnisse der Kinder, Eltern und Lehrer ist somit zu begrüßen. Forderungen aufzustellen und immer neue Wünsche zu deponieren, ist eine Sache; ob dies auch den Bedürfnissen der Menschen entspricht, ist eine andere Sache. Daher sollten wir uns die Zeit nehmen, auf diejenigen zu hören, die aus persönlicher Erfahrung wissen, was bei der schulischen Integration und der Vorbereitung der Jugendlichen auf den Arbeitsmarkt noch zu verbessern ist.

Sowohl in Gleichstellungs- als auch in Schulpaketen wurden immer wieder Adaptie­rungen zur besseren Ausbildung und Berufsausbildung gesetzt, allen voran zeigt die integrative Berufsausbildung Erfolge für Behinderte am Arbeitsmarkt. So wurden allein im vergangenen Jahr 1 757 Lehrverträge direkt mit Unternehmen abgeschlossen. Leider bildet Wien dabei eigentlich eine Ausnahme, denn dort ist eine Berufsaus­bildung nur in überbetrieblichen Einrichtungen für Jugendliche mit Behinderungen möglich. Wir aber sehen, dass die Wirtschaft durchaus Interesse und Bedarf an jungen qualifizierten Leuten hat, auch wenn sie das Leben mit einem gewissen Handicap bestreiten müssen.

Gute Erfahrungen gibt es im Rahmen der dualen Ausbildung, auch bei der Teilqualifi­zierung. Gerade bei der Diskussion um die Weiterführung der Integrationsklassen über die neunte Schulstufe hinaus muss der Erwerb einer Teilqualifizierung ein wesentlicher Schwerpunkt sein, denn es muss uns allen ein Anliegen sein, diese jungen Menschen gezielt auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Ich bin zuversichtlich, dass mit der Evaluierung der integrativen Schul- und Berufsausbildung neue Erkenntnisse gefunden werden und dann gemeinsam neue Schritte zur integrativen Berufsausbildung gesetzt werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

19.09



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Heinisch-Hosek. – Bitte.

 


19.10.19

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minis­terin! Hohes Haus! Ich denke, dass es ernsthaft angebracht wäre, auf diejenigen zu hören, die am besten Bescheid wissen, worum es eigentlich geht. Das sind in erster Linie die Eltern von Kindern mit besonderen Bedürfnissen. Auf diese sollten wir hören!

Schon im Jahre 2002 haben sich an die 60 Organisationen gemeinsam mit der Sozial­demokratie und den Grünen dafür ausgesprochen, dass man Integration auch nach der achten Schulstufe in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen oder an der AHS möglich machen sollte. Genau diese Teilqualifizierung, die Sie, Herr Kollege Prinz, für den Bereich der dualen Berufsausbildung angesprochen haben und die jetzt zum Teil mit der integrativen Berufsausbildung erfüllt ist, die ich sehr begrüße und wo ja wirklich schon etliche Lehrverhältnisse geschlossen werden konnten, sollte doch auch für den Bereich der schulischen Teilqualifizierung möglich sein.

Man muss sich vorstellen: Ein Kind wird acht Jahre lang begleitet, und dann ist auf einmal Schluss. Man darf vom Gesetz her seit dem Jahr 2002 nur im Polytechnikum dieses eine Jahr danach noch integrativ als Kind oder als Jugendlicher/Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen absolvieren, dann ist es aus.

Wenn dann kein Platz in der dualen Berufsausbildung beispielsweise gefunden wird, könnte vielleicht eine Teilqualifikation in einer Schulform erworben werden, die wieder ein nächster Schritt zum Selbstbewusstsein dieser jungen Leute sein könnte, um vielleicht dann noch in den Arbeitsmarkt einsteigen zu können.

Es geht ja darum – und das wissen wir –, dass weltweit die Quote der arbeitslosen Jugendlichen und auch der arbeitslosen Menschen, die Behinderungen haben, um ein Vielfaches höher ist als die Arbeitslosenquote der normalsinnigen – wenn ich so sagen darf – Jugendlichen und Menschen und dass es sehr wichtig ist, auch zu vermitteln, dass jemand unselbständig erwerbstätig sein kann, auch wenn er ein Problem hat.

Ich habe mich unlängst mit Eltern von der Lebenshilfe getroffen – sie sagen noch immer „Kinder“ zu ihren jugendlichen und mittlerweile erwachsenen Kindern –, die gemeint haben, es sei so vieles auch für die erwachsenen Menschen, die betreut werden, ungeklärt. Diese bekommen gerade einmal ein Taschengeld, sind in irgend­einer Behindertenwerkstätte untergebracht. Sie wollen aber auch auf dem Arbeitsmarkt mittun!

Solange wir diese Probleme nicht bewältigt haben, solange wir die Ausgleichstaxe so niedrig halten – das ist eine andere Forderung, die nicht hierher gehört, aber etwas, das meiner Meinung nach auch verändert gehörte, nämlich dass sich Betriebe einfach freikaufen können davon, dass sie Menschen mit Behinderungen einstellen – und solange wir diese Diskussionen führen, wird die Integration, die wir seit dem Jahr 1983 im Schulversuch, seit dem Jahr 1993 für unsere Volksschulen und Hauptschulen gesetzlich geregelt haben, Thema bleiben müssen, weil unseren Kindern und Jugendlichen dieses Recht auf Bildung im Artikel 7 der Bundesverfassung auch gewährleistet werden muss.

Ich finde es beschämend, dass seit dem Jahr 2002 – seither sind einige Jahre ver­gangen – diese Bürgerinitiative/Bürgerinneninitiative, die uns heute als Teil dieses Paketes vorliegt, wiederum keine positive Behandlung erfahren hat. Ich denke, dass es beschämend für diese Bundesregierung und für uns alle ist, wenn wir dem nicht näher treten, dass wir Kindern und Jugendlichen auch nach der achten Schulstufe die Möglichkeit geben, diese Qualifikation zu erwerben und diesen integrativen Weg zu


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gehen. Es ist beschämend, wenn wir nicht auf die Eltern und die Kinder, die selbst am besten wissen, wie dieser Weg zu gehen ist, hören. (Beifall bei der SPÖ.)

19.14


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


19.14.26

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Heinisch-Hosek, Sie reden von dualer Ausbildung im Zusammenhang mit Integration beziehungsweise integrativer Berufs­aus­bildung. Heute Vormittag haben wir gehört, die SPÖ möchte die duale Ausbildung abschaffen! (Abg. Heinisch-Hosek: Das ist doch nicht wahr!) Ich denke, gerade das wäre ein Schlag ins Gesicht der integrativen Berufsausbildung. (Beifall bei der ÖVP.)

Österreich hat einen hohen Standard im Bereich Integration von Menschen mit Behinderungen. Frau Kollegin Haidlmayr hat heute behauptet, dass die Kinder nach wie vor in die Sonderschule geschickt werden, dass man nicht bereit ist, die normalen Schulen gut auszustatten, sodass Integration stattfinden kann.

Ich war Bürgermeisterin und ich weiß, dass auch von den Gemeinden sehr viel Geld in die Hand genommen wird, dass die Kinder gute Rahmenbedingungen haben. (Abg. Heinisch-Hosek: Der Bund hat Verantwortung!) Ich habe selbst bauliche Maßnahmen gesetzt, ich habe Arbeitsmittel angeschafft. Und ich denke, das passiert in vielen Gemeinden so, zumindest in Vorarlberg. (Abg. Heinisch-Hosek: In den Gemeinden, ja! – Abg. Mag. Gaßner: Der Bund!) Ich denke, dass das ganz wichtig ist, denn die Kinder und die Integration sind eigentlich schon das Wichtigste.

Im Gleichstellungspaket dieser Regierung wurden auch verschiedene Integrations­maßnahmen beschlossen. Gerade im Bildungsbereich gibt es bereits eine Vielzahl von Maßnahmen. Ich denke da an die individuelle Gestaltung des Lehrplanes für behin­derte Schülerinnen und Schüler (Abg. Heinisch-Hosek: Aber nur bis zur achten Schulstufe!), an die behindertengerechte Adaptierung von Bundesgebäuden – das gehört auch dazu –, an den Berufszugang für Menschen mit Behinderungen zum Lehrberuf im Hochschulgesetz.

Es gibt also keine Aufnahmebeschränkungen mehr. Die Streichung des Begriffes „Schulunfähigkeit“ gehört dazu und natürlich – wir haben schon davon gesprochen – die erfolgreiche integrative Berufsausbildung. Wir haben bereits 1 940 Lehrverhältnisse für Menschen mit Behinderungen, und ich bin sehr froh, dass es auch diese Teillehre gibt.

Es soll aber nicht so sein, dass wir sagen, es ist genug getan. Nein, wir dürfen nicht stehen bleiben. Diese Qualität muss gesichert werden und muss weiterentwickelt werden. Deshalb begrüße ich es, wenn nun der Ist-Stand der Integration an Schulen evaluiert wird. Es muss geprüft werden, ob die verschiedenen Ausbildungsangebote im Sinne einer nachhaltigen Integration auch entsprechen und ob auch die Rahmen­bedingungen für Kinder, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer passen.

Dabei wird auch die integrative Lehrlingsausbildung geprüft, um zu ergründen, welche weiteren Entwicklungsschritte zielführend sind. Genau darauf zielt dieser Antrag von Dr. Huainigg und Dr. Partik-Pablé ab, und das ist gut so. (Beifall bei der ÖVP.)

19.17


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen. – Bitte Platz zu nehmen!


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Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1458 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Es ist das die Mehrheit und damit angenommen. (E 193.)

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1459 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen. (Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Nein! Einstimmig!)

Sind Sie mit meinem letzten Bericht über die Abstimmung des Berichtes 1459 nicht einverstanden? (Neuerliche Rufe bei der SPÖ und den Grünen: Einstimmig!) – Ich habe das nicht gesehen, dass das einstimmig war. Einige sind sitzen geblieben. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)  Ja, jetzt, auf den zweiten Aufruf hin. Aber ich nehme die Korrektur zur Kenntnis. Das macht uns beiden Freude. (Heiterkeit bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.) Daher ist dieser Bericht einstimmig angenommen worden.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1460 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichts­ausschus­ses, seinen Bericht 1461 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

19.19.389. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 737/A (E) der Abgeord­neten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend demokratische SchülerInnenvertretung (1456 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 738/A (E) der Abgeord­neten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Umsetzung der Forderungen des zweiten Kinderkongresses des Vereins „COOLE SCHULE“ 2005 in Wien (1457 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 9 und 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich als erste Rednerin Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 



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19.20.25

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich den Aktivistin­nen und Aktivisten des Vereins „Coole Schule“ ganz herzlich gratulieren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Florentine Frantz und Igor Mitschka sind auch hier. Herzlich willkommen im Hohen Haus! Ich bin wirklich tief beeindruckt von eurem Engagement, eurem Ideenreichtum und überhaupt von eurer politischen Reife. (Neuerlicher Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn es sich hier wohl um ganz besonders begabte junge Leute handelt: Sie sind der lebende Beweis dafür, wie genau junge Menschen wissen, was sie wollen – und das oft besser und mehr, als manchen von Ihnen in der Politik lieb ist. Die Vorschläge, die ausgearbeitet wurden, sind wohl durchdacht und setzen direkt an den wunden Punkten des derzeitigen Schulsystems an. Sie sind mit einer Portion gutem Willen auch praktisch umsetzbar.

Ein ganz wichtiges Anliegen ist den Schülerinnen und Schülern die Demokratisierung der Schule. Schülerinnen und Schüler aller – und nicht nur die der höheren – Schul­stufen sollten KlassensprecherInnen wählen dürfen, die dann ihrerseits Schul­sprecherIn­nen beziehungsweise über diese die LandesschulsprecherInnen und Bun­desschulsprecherInnen wählen dürfen.

Sehr gut gefällt mir auch die Idee des Schulparlaments, welches sich aus den Klas­sensprecherInnen sowie Eltern- und Lehrervertretungen zusammensetzen soll. Das Besondere und Reizvolle an diesem Vorschlag ist, dass bei diesem Gremium – im Gegensatz zum derzeitigen Schulgemeinschaftsausschuss – die Schülerinnen und Schüler die Mehrheit beziehungsweise jedenfalls ein Vetorecht haben sollen. Dieses Schulparlament soll natürlich echte Entscheidungsbefugnisse haben.

Auch die weiteren Vorschläge des Vereins „Coole Schule“ sind wirklich vertretenswert: der Einsatz neuer Lehr- und Lernmethoden, mehr Projektarbeit, mehr praxisorientierter Unterricht, Exkursionen. – Der Frontalunterricht im 50-Minuten-Takt wird einfach als nicht mehr zeitgemäß erachtet. Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich mehr reformpädagogische Methoden und, um optimal aufs Leben vorbereitet zu werden, auch neue Unterrichtsfächer und mehr Zeit fürs soziale Lernen.

Englisch sollte schon in der Volksschule unterrichtet werden, was natürlich auch sinnvoll ist, weil wir wissen, dass die sprachliche Aufnahmefähigkeit gerade in jungen Jahren am größten ist.

Individuelle Förderung, auch Angst- und Stressbewältigung sollten einen ganz beson­deren Stellenwert haben – statt Druck durch das Androhen von Klassenwieder­holun­gen.

Ganz wichtig erscheint mir die Forderung nach verstärkter psychologischer Betreuung an den Schulen, gerade angesichts der immer häufigeren Gewaltakte an den Schulen und der zunehmenden Suchtproblematik.

Die jungen Menschen brauchen ganz einfach eine Andockstelle, nicht nur für schu­lische, sondern auch für menschliche Probleme, und das natürlich nicht anstelle, sondern in Ergänzung zum Elternhaus. Gerade in der wichtigsten Lebensphase werden die jungen Menschen der Schule nicht nur zur Wissensvermittlung, sondern auch zur Persönlichkeitsvermittlung anvertraut.

Ganzheitliches Lernen erfordert natürlich auch entsprechende Rahmenbedingungen. Neben einer verbesserten Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer werden auch neue Unterrichtszeiten gefordert, Nachmittagsbetreuung und die Möglichkeit einer kosten­losen Ganztagsschule – natürlich mit Erholungsphasen und Essen.


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Sehr innovativ ist auch der Vorschlag, ein neues Schulsystem mit dem Ziel gemein­samer ganztägiger regionaler Zentren für Kinder zwischen fünf und 15 Jahren zu schaffen, mit Zweisprachenklassen, Mehrstufenklassen in den Volksschulen und Kurs­system.

Es gibt ja wirklich sehr viele hochinteressante Ideen, die teilweise zwar schon Gegen­stände von Anträgen waren, teilweise aber völlig neu sind. Jedenfalls sind sie es aber wert, seriös diskutiert zu werden, damit aus der Schule wirklich möglichst bald eine „coole Schule“ wird. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

19.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abge­ordnete Fuhrmann. – Bitte.

 


19.24.55

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Präsident! Auch ich möchte mich bei dem Verein „Coole Schule“ grundsätzlich für das Engage­ment, das die Vertreter an den Tag gelegt haben, sehr bedanken. Es ist tatsächlich sehr beeindruckend – und ich sage das als ehemalige Schülervertreterin –, wenn sich junge Menschen neben ihrer Schulzeit, die ebenfalls sehr anstrengend ist, auch noch ehrenamtlich engagieren.

Ich habe selber an dem Schülerkongress teilgenommen und habe mich an den Diskus­sionen zu den Themenbereichen, die dort aufgearbeitet wurden, beteiligt und auch vor Ort Fragen beantwortet.

Ich muss jedoch Folgendes hinzufügen und einmal grundsätzlich voranstellen – auch deshalb, weil der Schulschluss naht und ja in allen Bundesländern Schülervertretungs­wahlen, also die Wahlen der Landesschülervertretungen, bevorstehen:

Schon jetzt gibt es eine gesetzliche Schülervertretung, die grundsätzlich in die Begutachtung sämtlicher Schulgesetze mit einbezogen wird. Schülerinnen und Schüler haben so die Möglichkeit, ihre Anliegen vor Ort – auch in Gesprächen mit der Frau Bundesministerin – zu diskutieren. Dennoch ist es positiv zu erwähnen, wenn sich darüber hinaus ein Verein ebenfalls zum Ziel setzt, schulpolitische Agenden zu diskutieren und sich auch Gedanken darüber zu machen, wie man den Schulalltag noch besser gestalten kann. Wir haben deshalb im Rahmen eines Unterrichts­ausschusses sowohl die gesetzliche Schülervertretung als auch den Verein eingeladen, und ich bin persönlich sehr froh, dass es auf diesem Wege möglich war, verschiedene Initiativen zusammenzuführen.

Ich glaube, der Kompromiss, den wir in diesem Ausschuss zustande gebracht haben, nämlich dass im Sinne der Schülervertretung – grundsätzlich die Arbeit beziehungs­weise die Zusammensetzung der gesetzlichen Schülervertretung hinterfragt und analysiert wird, ist ein sehr guter. Ich würde dementsprechend auch den Verein „Coole Schule“ einladen, sich im Rahmen der gesetzlichen Schülervertretung zu betätigen. (Abg. Mandak: Wenn sie aber nicht gewählt werden können, weil sie zu jung sind!)

Ihr alle habt die Möglichkeit, als Schulsprecher beziehungsweise Schulsprecherinnen zu kandidieren. Ihr habt auch die Möglichkeit, dann weitergehend für die Lan­desschülervertretung zu kandidieren und schließlich auch im Rahmen der Bundes­schülervertretung aktiv zu sein. Es gibt jetzt schon wahlwerbende Gruppen, beispiels­weise die Österreichische Schülerunion, aber auch die „Aktion kritischer SchülerInnen“. Ich glaube, wenn noch mehr Initiativen dazukommen und wahlwerbend tätig sind, dann ist das nur befruchtend.

Ich möchte aber auch inhaltlich auf die Vorschläge von „Coole Schule“ eingehen und zu ein paar Punkten auch kritische Anmerkungen machen, das muss ich dazusagen,


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vor allem zu dem Punkt – und das sage ich wiederum als ehemalige Schülerver­treterin –, dass daran gedacht ist, das Schulforum, also auch den Schulgemein­schaftsausschuss, abzuschaffen.

Wir haben damals in der Schülervertretung sehr intensiv und hartnäckig dafür ge­kämpft, dass es möglich ist, ein gesetzliches Gremium, bestehend aus Lehrer-, Schüler- und Elternvertretern, zu schaffen, wo jede Gruppierung, jede Fraktion gleich viele Mandate beziehungsweise Stimmen im Gremium erhält, damit es nicht möglich ist, dass Lehrer Schüler oder Eltern Lehrer et cetera überstimmen. Und ich würde es als einen Schritt zurück erachten, wenn jetzt plötzlich die Tendenz dahin geht, diese Schulpartnerschaft, die man sich in der Schule hart erarbeitet hat und die auch auf Landesebene und auf Bundesebene initiativ geworden ist, jetzt wieder im Boden versinken zu lassen.

Ich glaube, dass gerade im Bereich der Schulpartnerschaft, aber auch im Bereich der Schulautonomie sehr viel weitergegangen ist, und da möchte ich mich auch bei der Frau Bundesministerin bedanken. Um nur einige Beispiele zu nennen: Wir haben in den letzten Jahren neue Verhaltensvereinbarungen beschlossen, wo gezielt ein neuer Weg weg von der Anordnungskultur hin zu einer Vereinbarungskultur eingeschlagen wurde. Lehrer, Schüler und Eltern haben jetzt im Rahmen der Autonomie endlich auch die Möglichkeit, vor Ort in ihrer Schule selbst aktiv zu werden und diese zu gestalten.

Ich kann aber auch ein anderes Beispiel nennen, wo die Schülervertretung sehr initiativ war und wo eine Forderung, die dann beschlossen wurde, auf die Schülervertretung zurückgeht, und zwar die Reform des Maturajahres. Dass das Semesterzeugnis abgeschafft wurde und die letzte Schulstufe effizienter gestaltet wird, was hier im Parlament sehr gut diskutiert worden ist, geht auf eine Forderung der Bundes­schülervertretung zurück. Das war eine sehr wichtige Initiative der Schülervertreter, bei der man auch sieht, dass sie hier Gehör finden.

Ich glaube, dass es in Zukunft noch wichtiger sein wird, die Interessen der Schülerin­nen und Schüler wahrzunehmen und zu hören, und ich meine, wir sind Garant dafür, dass auch weiterhin Schuldemokratie gelebt wird und alle Schulpartner in Ent­scheidungsprozesse mit eingebunden werden. – Dafür bitte ich auch weiterhin um Unterstützung. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen BZÖ.)

19.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


19.30.38

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bildungsministerin! Frau Kollegin Fuhrmann, das Problem bei dieser ganzen Situation war ja, dass es SchülerInnen in einer Altersgruppe gibt, in der sie zwar formal eine gesetzliche Ver­tretung haben – die vertritt sie schon mit –, aber selbst keine Möglichkeit mitzu­bestim­men. SchülerInnenvertretungen und Schulsprecherwahlen beginnen in der Oberstufe und werden von der Oberstufe durchgeführt.

Igor Mitschka vom Verein „Coole Schule“ sitzt heute auf der Zuschauergalerie. Er darf in der Schule nicht mitstimmen und hat keine Möglichkeit, sich dort einzubringen. Er kann natürlich sagen, all die, die älter sind, werden schon die Interessen der Jüngeren vertreten. Wer sich allerdings die Aussagen des Bundesschulsprechers im Ausschuss angehört hat, der doch eine etwas – wie soll ich das formulieren? – vom Alter geprägte Einstellung gezeigt hat, würde ich einmal meinen, kann sich wohl relativ gut vorstellen, dass sich der Verein „Coole Schule“ allein durch die gesetzliche SchülerIn­nenver-


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tretung nicht wirklich vertreten fühlt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Dr. Brinek: Vertreten Sie auch junge Wähler?)

Sie haben das ja auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, weil Sie im Ausschuss dann auch über eine Entschließung abgestimmt haben, wie es jetzt weitergehen soll. Es ist ja durchaus okay und war auch in unserem Sinn, dass die BundesschülerIn­nenvertretung in weitere Gespräche mit eingebunden wird – das war nicht das Problem! –, aber Sie haben auch beschlossen, dass es ausschließlich die Bundes­schülerInnenvertretung ist.

Wenn Frau Kollegin Fuhrmann sagt, der Verein „Coole Schule“ wurde in den Ausschuss eingeladen, dann stimmt das in dieser Form nicht. Wir als Grüne und die SPÖ haben Fraktionsexperten benannt, die von „Coole Schule“ kamen. – Das hat im Übrigen dem Verein „Coole Schule“ den Vorwurf von Ihrer Seite eingetragen, sie seien eine rot-grüne Organisation. (Abg. Dr. Brinek: Sind sie auch!) Es ist aber nicht so, dass der Ausschuss sie als Experten eingeladen hätte, um sich anzuhören, was sie zu sagen haben. Das ist doch ein wesentlicher Unterschied! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Die Geschichte mit der rot-grünen Organisation könnte man jetzt wieder in den Presseaussendungen nachlesen, die dort vorgetragen wurden. (Abg. Dr. Wolfmayr: Ich stehe auch dazu!) – Stehen Sie dazu? Gut.

Es geht also um 13-, 14-jährige Schüler – Unterstufen-Schüler –, von denen 150 hier bei uns im Plenarsaal waren. Herr Kollege Niederwieser und ich waren die Einzigen, die da gesessen sind. (Abg. Rossmann: Wir haben nicht einmal eine Einladung bekommen!) – Sie haben keine Einladung bekommen? (Abg. Rossmann: Nein!) Sie haben zu dieser Veranstaltung damals keine Einladung bekommen? Sie haben auch keine Einladung bekommen zu „Coole Schule“? (Abg. Amon: Ich konnte damals nicht! Abg. Dr. Jarolim: Kollege Amon konnte nicht!) – Aha, gut. Sie konnten nicht, und Sie haben keine Einladung bekommen.

Es war ziemlich klar, dass alle Fraktionen eingeladen worden sind. Es gab mehrfach Vorgespräche, und Sie haben diese Diskussion auch nicht wahrgenommen. – Sie waren nicht da. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Wir haben dann noch überlegt, ob wir all diese Forderungen so einbringen können, wie sie gestellt worden sind, weil uns schon klar war, dass da Dinge enthalten sind, deren Umsetzung sicher überdacht werden muss. Wir haben aber den Weg gewählt, es so als Input von SchülerInnen einzubringen, die einfach noch jünger sind und zum Teil auch einen anderen Blick hatten, um eine Diskussion voranzutreiben.

Ich finde, dass dieses Anliegen in hohem Ausmaß berechtigt ist. Eine der zentralen Forderungen beim Ausbau der SchülerInnenvertretung ist meiner Meinung nach, dass UnterstufenschülerInnen ebenfalls ein Mitspracherecht bekommen sollen und müssen. Es geht darum, dass auch SchülerInnen, die erst in die Schule kommen, ihre Inter­essen artikulieren können. (Abg. Schiefermair: Wie ist das mit dem Kindergarten?) – Auch im Kindergarten wird es so sein, dass Kinder ihre Interessen artikulieren können! Ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben; das wollte ich gerade nachfragen. Ich habe Kinder, die mittlerweile in den Kindergarten und in die Schule gehen, und habe den Eindruck, die können ihre Interessen relativ gut artikulieren. (Abg. Dr. Brinek: Aber da braucht man keine „Coole Schule“ dazu!)

Wir werden nicht alles eins zu eins erfüllen können, aber die Frage ist, ob es die Möglichkeit gibt, überhaupt einmal sagen zu können, was sie sich wünschen, welche Vorstellungen sie haben, welche Räume sie in den Schulen brauchen. – Das gilt natürlich auch für den Kindergarten, selbstverständlich. In welcher Gesellschaft leben wir denn, dass Kinder nicht die Möglichkeit haben, zumindest artikulieren zu können, was sie sich wünschen und was sie gerne machen würden?! (Beifall bei den Grünen


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und bei Abgeordneten der SPÖ.  Abg. Schiefermair: ... gesetzliche Schüler­vertre­tung!) – Ja, es gibt eine gesetzliche Vertretung, aber gibt es so etwas wie außer­gesetzliche Vertretungen gar nicht? Sind NGOs alle schlecht? Gibt es keine Mög­lichkeiten für Organisationen, sich zu artikulieren?

Gesetzliche Schülervertretung, ich sage Ihnen etwas: Wenn man sich anschaut, wie es bei den Schülerkongressen auch zwischen den Vertretern der Schülerunion und der AKS zugeht und was dort stattfindet, dann versteht man, dass nicht unbedingt jeder Interesse daran hat, sich an dieser doch sehr stark politisch geprägten Auseinan­dersetzung zu beteiligen. (Abg. Amon: Es geht ja uns da auch so!) – Ja, das stimmt schon, aber jene, die sagen, sie möchten ihre Interessen der Sache wegen artikulieren, könnte man doch wahrnehmen, ohne dass man ihnen sagt, geht einmal als Erstes zu der SchülerInnenvertretung – noch dazu, wo sie noch gar nicht alt genug für eine formale Mitsprache sind. Man könnte sie doch einfach hören, sie wahrnehmen, mit ihnen Gespräche führen, sie beispielsweise in die Arbeitsgruppe einladen. (Abg. Amon: Es gibt viele Initiativen, die nicht so gehört werden wie diese!)

In dieser Arbeitsgruppe sind keine Kinder und Jugendlichen unter 15! Die sind da nicht dabei. Sie diskutieren mit 18-Jährigen die Interessen der UnterstufenschülerInnen! – Ich sage Ihnen nur: Dabei wird wahrscheinlich nicht allzu viel herauskommen. Die gesamten Forderungen zeigen einfach ... (Abg. Dr. Brinek: Das ist aber eine Unter­stellung den Oberstufenschülern gegenüber!) – Ja, das ist eben auch Ihr Verständnis von Vertretung und von der Form, wie man sich einbringen kann. (Abg. Dr. Brinek: Sie vertreten keine Dreißigjährigen? Weil Sie sind ein bisschen älter!) – Frau Kollegin Brinek! Natürlich kann man es so anlegen, dass grundsätzlich alles von jedem vertreten werden kann, das stimmt schon, aber es wäre doch eine Möglichkeit, auch einmal die zu hören, die direkt betroffen sind. Das ist ja in einer Demokratie nicht grundsätzlich unmöglich. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.)

Sie echauffieren sich fürchterlich darüber, wir nehmen das zur Kenntnis: Bei der ÖVP beginnt die SchülerInnenvertretung ab einem Alter von 15 – die, die jünger sind, werden mitbetreut. Sie haben die Möglichkeit, hinzugehen und zu sagen: Bitte vertretet uns, wir selbst sind dazu nicht in der Lage! – Das sagen Sie ihnen bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Erschreckende Einstellung! Abg. Dr. Brinek: Dass Sie sonst keine Sorgen haben!) Wir sehen das anders. Wir sind der Meinung, dass Kinder und Jugendliche in jedem Alter die Möglichkeit haben sollten, sich einzubringen und auch von sich aus und in ihrem Namen zu reden. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. Abg. Dr. Jarolim: Amon und Gehrer – das Zukunftsduo!)

19.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeord­nete Rossmann. – Bitte.

 


19.36.59

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Das Zukunftsteam Amon und Gehrer war noch immer besser als Jarolim und Niederwieser! (Abg. Scheibner: Aber nur mit Rossmann!) – Aber nur mit Rossmann, genau! (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ.)

Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Vertreter von „Coole Schule“ waren auch bei mir, und wir haben lange diskutiert. Ich habe die Jugendlichen wirklich dafür bewundert, mit welchem Engagement die Kinderkongresse abgehalten wurden. – Der erste Kinderkongress fand in Graz im Zusammenhang mit der Kulturhauptstadt Graz 2003 statt, der zweite Kinderkongress hier im Parlament.


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Zu meinem Bedauern muss ich sagen – wir haben das nachrecherchiert! –: Wir waren nicht eingeladen! Die Einladungen hat Frau Präsidentin Prammer verschickt, und wir haben keine Einladung erhalten. Wir konnten auch nicht an der Vorbereitung des Kinderkongresses hier im Parlament teilnehmen, und ich finde, das ist ausgesprochen unüblich. Wir haben das sehr bedauert.

Nichtsdestotrotz haben wir uns selbstverständlich auch intensiv mit den Forderungen des Vereins „Coole Schule“ auseinander gesetzt. In Kärnten gab es eine große Veran­staltung auf Einladung des Herrn Landeshauptmannes und der Landesschul­rats­präsidentin Dr. Claudia Egger (Abg. Mag. Muttonen: Und der Jugendreferentin Schaunig!) – und der Jugendreferentin Schaunig. Es waren dort über 300 Kinder anwesend und haben diskutiert, waren wahnsinnig couragiert, sind ans Rednerpult gegangen und haben ihre Forderungen vorgebracht.

Sie haben ihre Forderungen allerdings in der Art vorgebracht, dass sie von vorbe­reiteten Zetteln abgelesen haben, und zwar in einem Wortlaut, bei dem man ganz genau weiß, das können Sieben- bis Neunjährige niemals formuliert haben. – Natürlich haben die Lehrer das formuliert! (Abg. Dr. Brinek: Sozialdemokratische Nachhilfe­lehrer!) Auf die Nachfrage vom Podium, wie sie das verstanden haben, waren sie einfach nicht in der Lage, auf das zu antworten, was sie vorgelesen haben. (Abg. Mag. Muttonen: Wie war das, wie sie im Ausschuss waren?)

Was ich damit sagen will: Wir wollen eine möglichst breite Schülervertretung. Wir wollen eine unpolitische Schülervertretung. – Ob jetzt Schülerunion oder AKS – das sind politische Vorfeldorganisationen im Schülerbereich. Das sage ich auch. Wenn es eine wirkliche Schülervertretung gibt, dann soll sie neutral sein und nicht politisch schon irgendwo zugeordnet, sodass die Schüler damit nicht schon in irgendeiner Form gepolt sind. (Abg. Schasching: Dann können Sie ja zustimmen! Dann stimmen Sie zu!)

Was mich wirklich auch stört, ist, dass sich die lieben engagierten Proponenten von „Coole Schule“ von den Grünen vereinnahmen ließen! Die haben zuerst wirklich unabhängig gewirkt, und ich habe große Freude gehabt, dass sie so couragiert sind. Und plötzlich finden wir sie dann im grünen Bereich oder im linken Spektrum (Abg. Schasching: Igitt: „Linkes Spektrum“!), und Frau Präsidentin Prammer hat sie zum Kinderkongress eingeladen. – Das hat uns wirklich wehgetan.

Nichtsdestotrotz: Es sind viele Forderungen enthalten, die wirklich begrüßenswert sind. Eine Forderung davon möchte ich auch in Form eines Entschließungsantrages einbringen, nämlich die Forderung, dass man Integration und Sprachförderung auch wirklich ernst nehmen soll und die Schulen in diesen Größen auch halten soll. Was wir hier einbringen, ist aus unserer Sicht ein kleiner erster Schritt. Unsere optimale Lösung wäre gewesen, festzuschreiben, dass maximal 30 Prozent der Schüler einer Klasse Kinder sein sollen, die nicht der deutschen Muttersprache mächtig sind beziehungs­weise noch Nachschulungen brauchen. Mit dem Koalitionspartner sind wir so verblieben, dass das ein Schritt ist. Wir freuen uns, dass wir diesen Antrag einbringen und der „Coolen Schule“ damit gerecht werden, aber wir würden uns wünschen, dass eine Höchstgrenze von 30 Prozent Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache pro Klasse in Zukunft möglich wird. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

In diesem Sinne bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

„Die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, Maßnahmen zu prüfen, um ein Erreichen des Unterrichtszieles durch eine optimale


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Zuordnung der Kinder, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend beherr­schen, zu gewährleisten. Dabei ist auf eine gleichmäßige Verteilung der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Muttersprache in Parallelklassen sowie Schulen mit gleicher Erreichbarkeit Bedacht zu nehmen.“

*****

In diesem Sinne ist das ein Punkt, den die „Coole Schule“ auch aufgegriffen hat, nämlich dass Integration ernst genommen wird. Wir nehmen sie ernst und haben deshalb diesen Antrag eingebracht. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Rossmann, Amon, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mares Rossmann, Werner Amon MBA, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Gewährleistung einer optimalen Zuordnung der Kinder, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend beherrschen, in die jeweilige Jahrgangsklasse

zu Bericht des Unterrichtsausschusses über den Antrag 738/A(E) der Abgeordneten Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umset­zung der Forderungen des zweiten Kinderkongresses des Vereins "COOLE SCHULE" 2005 in Wien (1457 d.B.)

Die Beherrschung der Sprache ist eine zentrale Kompetenz, sie ist Voraussetzung für eine bessere Integration, für einen besseren Schulerfolg und für bessere Chancen am Arbeitsmarkt.

Von den Schülerinnen und Schülern, die im Schuljahr 05/06 Österreichs Pflichtschulen besuchen, sind 3,69% außerordentliche Schülerinnen und Schüler. Der Anteil an außerordentlichen Schülerinnen und Schüler an der Gesamtschülerzahl im Pflichtschulbereich reicht von 0,1% in Jennersdorf (Burgenland) bis 29,8 % im 5. Wiener Gemeindebezirk (Margareten).

Die Bundesregierung hat bereits zahlreiche Maßnahmen für Kinder, die die Unterrichts­sprache Deutsch nicht verstehen, gesetzt.

Durch die „Frühe Sprachförderung“ im Kindergarten werden die Kinder, die die Unter­richtssprache Deutsch nicht verstehen (rund 8.000) ein Jahr vor Schuleintritt speziell gefördert. Der Bund unterstützt die dafür zuständigen Länder und Gemeinden mit

640.000 Euro. Mit dieser Unterstützung sollen die bereits laufenden Fördermaß­nah­men verstärkt werden und so möglichst alle Kinder, welche die deutsche Sprache nicht verstehen, die Chance einer Förderung erhalten.

Für Sprachfördermaßnahmen in der Volksschule stellt der Bund schon bisher 1.634 (2.400 im gesamten Pflichtschulbereich) Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung. Für die Sprachförderkurse für außerordentliche Schüler in der Volksschule werden ab dem Schuljahr 2005/06 zusätzliche 330 Lehrerdienstposten (rund 9. Mio. Euro) zur Verfügung gestellt. Somit stehen für 19.000 Schülerinnen und Schüler in der Volks-


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schule 1.964 Lehrerdienstposten zur Verfügung. Die Kinder, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht verstehen, erhalten 11 Wochenstunden intensiven Deutschunterricht in Kleingruppen (ein Lehrer für 10 Schüler) parallel zum Regelunterricht. Dadurch werden eine raschere Integration und ein besserer Schulerfolg sichergestellt.

Weiters werden Förderprogramme und spezielle Unterrichtsmaterialien erarbeitet bzw. angekauft und den Pädagoginnen und Pädagogen zur Verfügung gestellt.

Für Kinder mit Migrationshintergrund gibt es eine spezielle Schwerpunktsetzung im Bereich der Leseförderung sowie eine Empfehlungsliste fremd- und zweisprachiger Kinder- und Jugendliteratur für Schulbibliotheken.

Sowohl die Pädagogischen Akademien als auch die Pädagogischen Institute haben auf die neuen Herausforderungen an den Schulen reagiert. In der Lehrerausbildung ist interkulturelle Pädagogik in den Lehrplänen an den Pädagogischen Akademien im Studienfachbereich „Ergänzende Studien“ festgelegt.

Im Bereich der Lehrerfortbildung werden an den Pädagogischen Akademien und den Pädagogischen Instituten Akademielehrgänge zum Thema „Interkulturelles Lernen und Deutsch als Zweitsprache“ angeboten. Schwerpunkte der Lehrerfortbildung sind in den Bereichen Leseförderung für Kinder mit Migrationshintergrund und Interkulturelles Lernen gesetzt.

Um die Maßnahmen zur Sprachförderung von Kindern, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend verstehen, zu verstärken, und auch jenen Kindern, die die deutsche Sprache beherrschen einen effizienten Unterricht sicherstellen zu können, muss auf die Schülerverteilung auf die einzelnen Klassen vermehrt Rücksicht genommen werden.

In diesem Zusammenhang soll auch die Möglichkeit der Neuordnung der Schul­sprengel in einem grundsatzgesetzlichen Rahmen, der ein höheres Maß an Flexibilität bei der Festlegung von Standorten und Einzugsbereich einräumt, geprüft werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Frau Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird ersucht, Maßnahmen zu prüfen, um ein Erreichen des Unterrichtszieles durch eine optimale Zuordnung der Kinder, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend beherrschen, zu gewährleisten. Dabei ist auf eine gleichmäßige Verteilung der Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Muttersprache in Parallelklassen sowie Schulen mit gleicher Erreichbarkeit Bedacht zu nehmen.“

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gehrer. – Bitte.

 


19.41.44

Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich meine, dass gerade in Österreich die Schulpartnerschaft eine sehr gute Grundlage hat, dass die aktive Schulpartnerschaft ein Qualitätsmerkmal unserer Schulen ist.


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Wir haben als eines der wenigen Länder in Europa diese Schulpartnerschaft gesetzlich verankert und diese Schulpartnerschaft laufend weiterentwickelt. Es gibt Schulpartner­schaftsgremien auf allen Ebenen, und ich halte es für sehr wichtig, mit den Schul­partnern gut zusammenzuarbeiten.

Wir haben gemeinsam mit den Schulpartnern einen Weg zurückgelegt von einer Anordnungskultur zu einer Vereinbarungskultur. Die Verhaltensvereinbarungen werden von den Schulpartnern getragen.

Wir haben zusammen mit den Schulpartnern mehr freie Entscheidungs- und Hand­lungsspielräume an den Schulen verwirklicht. Wir haben in einer aktiven Schulpartnerschaft neue Projekte ins Leben gerufen. Ich bedanke mich sehr herzlich bei den Elternvertretern, bei den Lehrervertretern, bei den Schüler- und Schülerinnen­vertretern. Sie haben zum Beispiel das Projekt „Leistungsmappe“ ins Leben gerufen, wo Leistungen der Schüler außerhalb des Zeugnisses bestätigt werden, etwa wenn einer Klassensprecher war, wenn einer Schulsprecher war, wenn einer sich besonders für ein Projekt engagiert hat. Das zeigt, welche Fähigkeiten und Kompetenzen ein junger Mensch hat.

Ich bedanke mich auch herzlich für das Projekt „Faire Schule“ – ein Projekt, das die Schulpartner entwickelt haben, das die Schulpartner miteinander tragen und das zu einer fairen Schule führen soll, bei der alle Bedürfnisse der Schulpartner, soweit es möglich ist, berücksichtigt werden, ohne andere in ihrer Freiheit einzuschränken.

Ich meine, wir haben mit diesem Modell auch ein Best-Practice-Modell in Europa. Aber es kann alles noch verbessert werden. Deswegen halte ich es für sehr vernünftig, wenn wir die derzeitigen gesetzlichen Regelungen des Bundesgesetzes, die aus dem Jahr 1990 stammen, einer Überprüfung, einer Evaluierung unterziehen; wenn wir dann auch Adaptierungen, die von den Schulpartnern vorgeschlagen werden, vornehmen.

Wir werden deshalb, so wie es auch im Entschließungsantrag steht, eine Arbeits­gruppe mit den Vertretern der österreichischen Bundesschülervertretung einrichten, und wir werden dann, wenn die Evaluierung zeigt, dass es Änderungsnotwendigkeiten gibt, auch den notwendigen Gesetzesantrag vorlegen.

Die österreichische Schulpartnerschaft ist gut, die österreichische Schulpartnerschaft lebt, und wir werden im Schulpartnerbereich weiterhin gut zusammenarbeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.44


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schasching. – Bitte.

 


19.44.40

Abgeordnete Beate Schasching (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Verein „Coole Schule“! Wenn man Ihnen so zuhört, Frau Bundesministerin, dann war der Tenor Ihrer Ausführungen, dessen, was Sie jetzt gesagt haben, so wie in der letzten Zeit eigentlich zu allen Themen im Bildungsbereich: Eh alles wunderbar, eh alles super, Veränderung nicht wirklich notwendig, was regt’s euch auf? (Abg. Neudeck: Reden Sie von der BAWAG?)

Das ist für mich eine Haltung, die ich so überhaupt nicht nachvollziehen kann. Und ich kann mir vorstellen, dass es genau diese Haltung ist, die den Verein „Coole Schule“ überhaupt aktiv werden hat lassen.

Frau Kollegin Rossmann, wenn ich Ihnen zuhöre, habe ich das Gefühl, Sie waren in einer völlig anderen Veranstaltung als ich. Denn so wie ich die SchülerInnen dort wahr­genommen habe und wie ich sie im Ausschuss erlebt habe (Abg. Felzmann: Es hat


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zwei Veranstaltungen gegeben! – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sie war gar nicht dort, hat sie gesagt!), wie diese Schüler im Ausschuss argumentiert haben, das war unglaublich. Das war kompetent, das war nicht vorbereitet auf Zetteln, sondern das war Ausdruck gelebter demokratischer Diskussionskultur. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Und das haben viele Abgeordnete in diesem Ausschuss nicht einmal annähernd erreicht.

Daher haben wir von der SPÖ uns auch entschlossen, einen Vertreter der „Coolen Schule“ in den Ausschuss zu bitten, und haben das auch mit unserer AKS akkordiert, die eine sehr gute Arbeit macht, die eine sehr engagierte Arbeit macht und die diese Forderungen genauso mit unterstützt.

Seitens der „Kinderfreunde“ haben wir in unseren Grundsatzpapieren, in unserem schulpolitischen Positionspapier Folgendes festgeschrieben: Schule muss Demokratie erfahrbar und lebbar machen; Partizipation sowie das wachsende Mitverantworten und Mittragen von schulrelevanten Entscheidungen muss für SchülerInnen, aber auch für Eltern garantiert werden. SchülerInnenparlamente könnten ein Schritt in diese Richtung sein. Schule als Polis, wie es der Schulreformer Hartmut von Hentig gefordert hat, wird so zu einem Lebensraum, der wesentlich von der Mitbestimmung aller Beteiligten geprägt wird.

Das ist ein Grundsatz der „Kinderfreunde“; das und Ähnliches haben wir von der SPÖ in Anträgen bereits vor Jahren eingebracht. Das fordern wir seit Jahren. Wir haben auch eingefordert, ab der fünften Schulstufe bereits Politische Bildung in den Schulen festzuschreiben. All diese Dinge führen uns zusammen. Und das hat überhaupt nichts mit ideologischer Vereinnahmung zu tun, sondern das entspricht einem grundsätzlich anderen demokratiepolitischen Verständnis, nämlich dem Verständnis, dass ich Demokratie nicht mit 18 auf einmal anklicken und sagen kann: Jetzt darfst du wählen gehen, jetzt darfst du mitbestimmen, und jetzt hast du das zu tun!, sondern das gehört gelebt. Das muss ich von Kind auf üben, lernen. Das mache ich in der Familie, das werden Sie hoffentlich genauso machen. Und daher plädieren wir dafür, dass auch in der Grundschule SchülerInnen gehört werden müssen, gehört werden sollen. Das ist ein wichtiger Punkt.

Ein allerletzter Satz zu Ihren Ausführungen, Frau Bundesministerin. Wenn Sie sagen, Sie richten einen Arbeitskreis ein, dann frage ich mich: Wie und in welcher Form können die Forderungen der „Coolen Schule“ dort Eingang finden?, denn das ist uns nicht klar. Es ist den SchülerInnen nicht klar, wie dieser Verein konkret an den Lösungsvorschlägen mitarbeiten kann. Dort sind sie wieder nicht drinnen, dort haben sie wieder keine Chance. Und ich hätte gerne von Ihnen die Antwort, wie die VertreterInnen des Pflichtschulbereichs dann von Ihnen nominiert werden, wenn Sie einmal mehr auf die Forderungen der „Coolen Schule“ nicht eingegangen sind. Schade um die Demokratie und ums Demokratie-Lernen junger Menschen in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

19.48


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Felzmann. – Bitte.

 


19.48.53

Abgeordnete Carina Felzmann (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde auf das Thema Schulsponsoring eingehen, vorher aber doch noch zwei, drei Worte zum Thema „Coole Schule“ sagen.

Mich fasziniert heute dieser Diskussionsprozess genauso wie im Ausschuss. Ich frage mich jetzt schön langsam, ob sich die SPÖ und die Grünen von den Jungen, von der „Coolen Schule“ instrumentalisieren lassen – oder umgekehrt. Ich kann das einfach


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nicht mehr glauben. Können wir eine Unterscheidung treffen zwischen einem Schul­projekt und parlamentarischer Arbeit? Wo hört ein Schulprojekt auf?

Ich finde es toll, wenn ein Schülerparlament stattfindet, das ist wunderbar. Es ist gut zu diskutieren – das machen auch die Regierung und die ÖVP, ständig, in allen möglichen Bereichen. Aber wo hört dann ein Schulprojekt auf? Ich war im Ausschuss beeindruckt. Sie haben gesagt, Sie sehen ein, dass dieser Antrag, so wie er dargebracht wurde, nicht jener Art und Weise entspricht, wie Sie sonst arbeiten würden, unterstützen ihn aber trotzdem.

Entschuldigung, aber das kann doch so nicht sein. Natürlich haben wir Interesse an Verbesserungen im Schulwesen, wir sind ständig in Diskussion, auch mit der „Coolen Schule“. Wir haben uns mit deren Vertretern zusammengesetzt und gesagt: Okay, wenn euch das wichtig ist, und das nehmen wir jetzt aus dem Gespräch wahr, dann schauen wir einmal, was hier machbar ist, dann müssen wir manche Punkte auch trennen. Wir können nicht zehn Projekte in einen Antrag verpacken, das ist unmöglich. – Punkt eins.

Punkt zwei: Man muss Gespräche mit den verschiedenen politischen Vertretern führen. – So hat das nicht stattgefunden. Es wurde hier in einer Art und Weise Kom­munikation betrieben – mit Medienarbeit auf der einen Seite, dem direkten Ansprechen von Abgeordneten auf der anderen Seite – und dann ein Wording im Ausschuss gefunden, wo ich bass erstaunt war. Bitte entscheiden Sie sich! Denken Sie jetzt, Sie reden mit Kindern oder mit Erwachsenen? Die, die bei uns waren, haben meine persönliche Wertschätzung für ihren Auftritt, das sind für mich Erwachsene. Daher würde ich darum bitten, dass man sich ihnen gegenüber auch so verhält. Dann können wir in eine ernste, normale Diskussion eintreten – diese hat bis jetzt nicht statt­gefunden. (Beifall bei der ÖVP sowie den Freiheitlichen – BZÖ.)

Für mich war im Ausschuss besonders faszinierend, wie es weitergegangen ist. Im ersten Punkt ist es darum gegangen, dass die Unterstufe selbst Entscheidungen treffen kann, dass hier die Kinder – das darf man, glaube ich, für Personen dieses Alters noch sagen – absolut auch eigenständige Entscheidungen treffen können sollen. Gut.

Nächster Tagesordnungspunkt: Schulsponsoring. Da ist es darum gegangen, dass Sie einen 15-Jährigen vor einer Tanzschulwerbung warnen und schützen wollen – Alarm, Alarm, Alarm! Werbung in der Schule! Bitte, erklären Sie mir einmal den Zusam­menhang, wie Sie das dann wirklich sehen! (Zwischenruf des Abg. Faul.) Ich darf Ihnen in diesem Zusammenhang, damit Sie dann auch Bescheid wissen, ein paar Informationen mit auf den Weg geben.

Faktum ist: Wir haben in den Schulen weitgehend die Autonomie eingeführt. Ja, Frau Kuntzl, ich strapaziere dieses Wort gerne noch einmal, mit dem Sie persönlich sich wahrscheinlich noch nicht intensiv auseinander gesetzt haben. Wir können nicht auf der einen Seite Autonomie einführen, auf der anderen Seite aber, wenn es darum geht, eine Entscheidung zu treffen, die die Schule in der Schulpartnerschaft trifft, gemeinsam mit jenen, die dort vertreten sind, sagen: Nein, das wollen wir nicht! Wir wollen einen zentralen Überblick über das Geschehen haben! Schule, du darfst das nicht allein entscheiden! – Das finde ich nicht in Ordnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Für wen Sie sich mit diesem Antrag einsetzen wollen, ist auch nicht klar. Wir haben mit Eltern gesprochen, mit Schülern gesprochen, mit Direktoren gesprochen, und die haben gesagt: Bitte, unterstützt uns, dass jegliche Veränderung in diesem gut gelebten System unterbunden wird! – Für wen setzen Sie sich hier ein?


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Punkt drei: Sie wollen den Gesetzgeber aktivieren. – Faktum ist, die Verträge der Schulwerbung liegen bei den Landesschulräten auf und sind vom Bundesministerium genehmigt. Faktum ist, die Schulwerbung, zum Beispiel Plakataffichierung, orientiert sich am Werberecht, Jugendschutzgesetz, Schulunterrichts- und Schulorganisations­gesetz. Faktum ist, dass damit eine nicht altersadäquate Werbung unmöglich ist. Im Alltag ist es so, dass dem Direktor/der Direktorin jedes Sujet vorgelegt wird. Die können dann entscheiden, dass sie ein bestimmtes Sujet nicht wollen – zusätzlich. (Abg. Faul: Wenn der Direktor geldgierig ist, nützt das überhaupt nichts!)

Wer sind die typischen Werber, vor denen Sie die Schüler schützen wollen? – Bildungs­einrichtungen, Fachhochschulen, Universitäten, Tanzschulen, Fahrschulen, Sporteinrichtungen, sehr gefährlich, aber noch gefährlicher: Lehrlingskampagnen!

Sie haben in Ihrem Antrag das deutsche System zitiert und dabei wieder Äpfel mit Birnen verglichen. Das ist ein völlig anderes System, eine Zersplitterung im Rechtssystem in Deutschland.

Faktum ist, dass die Schulwerbung ein regionales Medium ist, das auch den Unter­nehmen, den kleineren Unternehmen, die Möglichkeit bietet, lokal Werbung zu machen.

Alles in allem: Für uns stellt es sich so dar: Weder in der Bildungspolitik noch in der Wirtschaftspolitik bringen Sie Kompetenzen ein. (Beifall bei der ÖVP.)

19.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mandak.

 


19.54.13

Abgeordnete Sabine Mandak (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das Ganze ein Stück weiter vorne aufrollen.

Es gibt den Verein „Coole Schule“ – jetzt kann man sagen, da steht irgendjemand Erwachsener dahinter. Ich muss sagen, für mich war das am Anfang auch so schwer nachvollziehbar. Mittlerweile kennen viele von Ihnen Igor Mitschka und Florentine Frantz, die im Ausschuss waren, und wissen, dass Kinder und Jugendliche in diesem Alter wirklich schon derart reif und politisch im eigentlichen Sinn argumentieren, ihre Ideen unterbreiten und einfach auch politische Ideen haben, die sie umsetzen wollen.

Ich finde das auch super und meine, man sollte auch die Gnade haben, einmal darüber hinwegzusehen, wenn vielleicht das eine oder andere Wort fällt, wenn sie sich einmal, würde man jetzt sagen, im Ton vergreifen. Wenn ich daran denke, wie wir hier herinnen manchmal reden, muss ich sagen, dass wir uns auch manchmal im Ton vergreifen, und wir sind schon um etliches älter als die Jugendlichen.

Die „Coole Schule“ hat die Idee gehabt, einen Kinder-Kongress zu machen, hat also ein irrsinnig großes Projekt aufgezogen, und das nicht nur einmal, sondern zweimal. Ergebnisse dieses Kinder-Kongresses waren Forderungskataloge. Und jetzt sagen sie nicht einfach: Wir sind damit zufrieden, dass wir das Ergebnis haben, und das tun wir in die Schublade und das passt!, sondern sie haben ihre Forderungen sehr hartnäckig vertreten und sind, so denke ich, auf alle Parteien zugegangen und haben gesagt: Wir möchten gerne, dass da etwas weitergeht, tun wir etwas damit!

Jetzt gibt es eine Möglichkeit, nämlich zu fragen: Wie kommt ihr dazu, uns einen Antrag zu bringen, und mit welchem Recht? (Abg. Felzmann: Das hat niemand gemacht!) – Ich sage, das wäre eine Möglichkeit.

Die andere Möglichkeit ist, zu sagen: Es ist beeindruckend, was da geschehen ist, wir nehmen diese Forderungen, behandeln sie und bearbeiten sie weiter! – Da hat es jetzt


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keinen allgemeinen Konsens gegeben, und unser Zugang war der, dass wir gesagt haben, dass wir diese Forderungen nehmen und sie sozusagen in einer Art Hilfs­funktion, wie ein Schuhlöffel, hier einbringen. Damit war es überhaupt einmal möglich, dass diese Diskussion ... (Abg. Amon: Kann jeder mit Forderungen zu Ihnen kommen?) – Nein, eben, und genau das ist der Unterschied, Kollege Amon, genau das ist das Problem. Genau das ist es. Nicht sagen, was wäre, wenn jeder und jede käme!

Es kommt nicht jeder/nicht jede, und es gibt kaum Initiativen von Kindern und Jugendlichen, die solch einen Prozess starten. Da haben sich nicht drei Leute zusammengesetzt und gesagt, dass sie etwas aufschreiben und die anderen dann hüpfen sollen, sondern dahinter steckt ja immense Arbeit. Und ich finde, die Jugendlichen haben diese Wertschätzung und diese Achtung irgendwie verdient, dass man mit dem entsprechend umgeht, was auf diesen Kongressen erarbeitet worden ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist im Ausschuss auch diskutiert worden, und ich persönlich finde, die Diskussion war hoch interessant. Ich würde mir wünschen, dass das öfter stattfindet, dass Jugendliche und Kinder wirklich auch in einen Ausschuss kommen können, um ihre Interessen wahrnehmen zu können.

Wenn man dann beobachtet hat, wie die beiden argumentiert haben und auch Vertreter und Vertreterinnen der Gewählten, die schon ein bisschen älter waren – es muss einem ja klar sein, weder Igor noch Florentine könnten gewählt werden, weil sie noch zu jung sind. (Abg. Dr. Brinek: Na und?) – Was heißt: „Na und?“ Das ist ihnen einfach wichtig!

Wenn Frau Ministerin Gehrer sagt, die Schulpartnerschaft lebt, dann muss ich sagen, sie lebt, aber die Schulpartnerschaft, so wie sie derzeit ist, grenzt auch aus, weil sie einfach jüngere Schülerinnen und Schüler nicht zulässt, sie können sich nicht der Wahl stellen, sie können nicht gewählt werden. Warum nicht? – Das wäre die Frage, von der ich mir wünschen würde, dass Sie sie in den Mittelpunkt stellen, und dann kämen wir auch weiter.

Der große Unterschied zwischen dem Antrag, den wir eingebracht haben, und dem, den Sie eingebracht haben, ist, Sie setzen jetzt den Prozess fort und lassen genau diejenigen links oder rechts liegen, ganz gleich, die die ganze Vorarbeit gemacht haben, die das Ganze initiiert haben, denn Sie arbeiten jetzt mit Vertreterinnen und Vertretern der BundesschülerInnenvertretung weiter. Und da muss ich sagen, das ist ja völlig schade.

Warum sollen nicht diejenigen, die die Forderungen erarbeitet, initiiert haben, auch das Recht und die Möglichkeit bekommen, ihre Ideen zu vertreten? Ich weiß, das fällt Ihnen sehr schwer, Frau Ministerin, Sie stöhnen tief hinter mir (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Gehrer), aber es ist einfach so, dass man manchmal Jugendlichen und auch Kindern dieses Recht geben muss, wenn man sie einbeziehen will. Man muss sie ernst nehmen und kann nicht immer nur sagen: Wir nehmen Jugendrechte ernst!, und wenn es darauf ankommt, dann fällt man um und sagt: Allgemein schon, aber jetzt und hier nicht!

Genau das ist der Punkt, der uns wirklich schade erscheint, wogegen ich mich sehr, sehr wehre. Und es ist mir sehr wichtig, dass Sie weder behaupten, die „Coole Schule“ werde von uns oder von der SPÖ instrumentalisiert, noch umgekehrt, bitte. Das ist eine Art von Zusammenarbeit, die sich entwickelt hat, die Sie jederzeit genauso machen können. Die wollen ja eh immer. Also es geht nicht darum, dass das irgendeine Partei will. Ich finde, es ist nicht fair, wenn man das den Kindern und Jugendlichen unterstellt.


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Wir können das ausmachen. Aber, bitte, werfen Sie das nicht den Kindern und Jugend­lichen vor. Das finde ich nicht fair. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein Wort noch zum Antrag von Kollegin Rossmann. Wir werden diesen Antrag ablehnen, weil er keine Antwort auf die zugegebenermaßen existierenden Probleme gibt, wenn nämlich Kinder nicht in ausreichendem Maß Deutsch lernen können, weil in den Schulen einfach die Möglichkeiten derzeit nicht gegeben sind. Und das erreichen Sie auch nicht mit Ihrer Forderung nach einer Aufteilung, wonach höchstens 30 Prozent Kinder mit nicht deutscher Muttersprache in einer Klasse sein sollten, wobei ich darauf hinweise, dass auch dieser Ausdruck so nicht verwendbar ist. Kollegin Stoisits weist immer wieder darauf hin, dass ihr Sohn zum Beispiel auch nicht Deutsch als Muttersprache hat, weil ihre Muttersprache nicht Deutsch ist. Aber trotzdem spricht er perfekt Deutsch.

Ich denke, Sie haben Kinder gemeint, deren Deutschkenntnisse noch sehr schlecht sind, die massiven Sprachunterricht brauchen, der leider immer wieder verweigert und nicht in dem Maße zur Verfügung gestellt wird, wie er notwendig wäre. Wir unter­stützen nicht eine Politik, wo man hergeht und sagt, wir verfrachten die Kinder in Busse, oder ich weiß nicht, wie Sie es machen wollen, an irgendwelche andere Schulen, nur damit die Klassen sozusagen bereinigt sind und die Drittelquote nicht überschritten wird. Das ist für uns kein denkbarer Weg einer Lösung in diesem Bereich. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.02


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

 


20.02.07

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wenn man den Vorrednern, vor allem von den Oppositionsparteien, zugehört hat, hat man den Eindruck gewonnen, die Schuldemokratie werde gerade erst erfunden und wir müssten der „Coolen Schule“ dankbar sein, denn vorher hätten wir nicht einmal das Wort buchstabieren können. – Also ganz so ist es ja wirklich nicht! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei den PionierInnen der Schülerinnen- und Schülervertretung. Ich bedanke mich auch beim Verein „Coole Schule“ für das Projekt. Wenn wir allerdings jedes Schulprojekt in einen Gesetzesantrag münden lassen, dann werden wir die Übersicht verlieren, meine Damen und Herren. Ich erinnere mich daran, dass eine Ganztagsschule aus Wien, 2. Bezirk, Aspernallee, mit 400 Schülern hier war, ein wunderbares Projekt abgewickelt hat – mit dem Ziel: mehr Schuldemokratie. Also ebenso beeindruckend, noch lange bevor es die „Coole Schule“ gegeben hat.

Ich möchte damit kein Aufwiegen und kein Messen, aber lassen wir die Kirche im Dorf. Betrachten wir die Dinge als das, was sie sind und wie sie zu bewerten sind.

Meine Damen und Herren! Es steht im Antrag beziehungsweise auch Bericht über die Diskussion, dass die Klassensprecherinnen und Klassensprecher in Volksschulen nicht gewählt werden können oder nicht gewählt werden. – Das stimmt einfach nicht! Natürlich kann das gemacht werden, und es wird auch gemacht. Nur ist damit keine Verpflichtung verbunden, sondern die Erfahrung, die Schülerinnen und Schüler machen können, ist, dass man, um Demokratie zu leben, Demokratiekompetenz braucht. Dieses Lernen im Schonraum ist eine wichtige Erfahrung, denn es beginnt dann viel später – an diesen Prozessen orientieren sich dann auch Jugendwohlfahrt


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und Jugendstrafrecht und so weiter. Es entsteht erst das, was man Kompetenz und Reife nennen kann.

Wir wissen aus der Lernforschung und Lernpsychologie, dass Jugendliche, Buben und Mädchen, erst spätestens mit 14 Jahren, frühestens mit 12 Jahren beginnen, zur Abstraktion fähig zu sein. Lesen Sie nach bei Jean Piaget! Frau Kollegin Schasching, lesen Sie Ihren Hartmut von Hentig ganz genau! Da ist Schule als Polis nicht für die Volksschüler gedacht. Also bitte noch einmal: bei der Wahrheit bleiben und nicht einer Schimäre nachlaufen, die Sie dann ohnedies nicht einholen können! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Mitbestimmung, Mitverantwortung übernehmen bedeutet immer in gewisser Weise, einander auf Augenhöhe zu begegnen. Das können Schü­lerinnen und Schüler mit sechs, sieben und acht Jahren nicht machen. Das können wir und das dürfen wir ihnen auch nicht zumuten, weil wir ihnen dann eine Verantwortung übertragen, die sie nicht ertragen, die sie nicht tragen, die sie nicht übernehmen können, weil sie sich der Reichweite gar nicht bewusst sind. (Zwischenruf der Abg. Riener.) Danke, Kollegin Riener, die Therapeutin weiß das aus der praktischen Erfahrung.

Also heucheln wir nicht, übertragen wir nicht Lasten, die wir eigentlich gerechtfertigter­weise jemandem ersparen müssen!

Ich denke zum Beispiel daran, was Frau Kollegin Grossmann gesagt hat, was die „Coole Schule“ vorgeschlagen hat, was schon Volksschülerinnen und Volksschüler entscheiden sollen. Sie hat nämlich gesagt: alle Entscheidungsbefugnisse, didaktische Vorschläge, neue Lehr- und Lernmaterialien. – Bitte, was weiß denn ein sechs- oder siebenjähriger Volksschüler über moderne Didaktik und Lehr- und Lernmaterialien und deren angemessenen Einsatz, wo manchmal die LehramtsstudentInnen erst in der Weiterbildung draufkommen müssen, was angemessen und modern ist? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich habe vielmehr den Eindruck, hier geht es um einen mehrheitlich linken Populismus, wo es am Vormittag noch geheißen hat, Volksbegehren und deren Unterstützer werden benützt und ausgenützt. Auf der anderen Seite: Als ich vor kurzem mit Jugendlichen im Zusammenhang mit SOS-ORF gesprochen und dann nachgebohrt habe, warum sie wogegen sind, haben sie zugeben müssen, sie machen es, weil das einfach schick ist. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

Selbst Personen hier herinnen, Gusenbauer, Broukal, haben in einer undifferenzierten Sprache von „unerträglichen Zuständen“ in den Schulen, von „Schocks“, die sie erfassen würden, gesprochen. Wenn man nun so undifferenziert und so hoch motiviert Kindern und Jugendlichen Verantwortung übertragen will, dann passt für mich vieles nicht zusammen.

Das Ganze manifestiert sich noch in einem „Krone“-Bericht von morgen, also heutige Abendausgabe: Bei der Bush-Demonstration war die „Zahnspangen-Generation“ vertreten. „,Zahnspangen-Generation“ protestiert gegen den Bush-Besuch“. SchülerIn­nen haben sich „schulfrei“ – unter Gänsefüßchen – genommen, 12- bis 16-Jährige haben über Bush gesprochen.

Wenn ich mich an die gestrige „ZiB 3“ erinnere, in der Tony Judt über die Komplexität des Verhältnisses Europa zu Amerika und Bush gesprochen hat und damit sichtbar gemacht hat, wie schwierig das zu verstehen ist, dann würde ich gerne wissen, mit welcher Reife und mit welchem Verständnis zwölfjährige Schülerinnen und Schüler mit der Anti-Bush-Puppe Demokratie und Bürgerbeteiligung üben. (Beifall bei der ÖVP.)


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Es gibt also genug Arbeit in den österreichischen Schulen, und da möchten wir und sollten wir ansetzen. Da reichen unser Demokratieverständnis und unsere Schüler­mitwirkung absolut. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Öllinger: Das hätte ich mir nicht erwartet!)

20.07


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rada. – Bitte.

 


20.07.29

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich begrüße zunächst beide Anträge der Abgeordneten Niederwieser, Brosz, weil sie eine vernünftige Grundlage für unsere demokratische Entwicklung sind.

Ich kann allerdings die Aussage der Frau Abgeordneten Brinek, die von linkem Populismus spricht, mit Sicherheit nicht verifizieren. Sie verwechseln etwas: Entweder kann etwas nur nach einer politischen Richtung gehen, oder wir wollen Demokratie lernen. Und das hat mit linkem Populismus aber schon gar nichts zu tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Es hat auch nichts damit zu tun, dass es Instrumentalisierungen oder politischer Ver­ein­nahmung bedarf, um den Kindern ganz einfach die ganz normalen demokratischen Spielregeln rechtzeitig beibringen zu können. Heute wurde bereits über das Kin­dergartenwesen gesprochen, und es wurde ein bisschen scheel angeschaut. Jeder, der in seiner Familie kleine Kinder hat, weiß ganz genau, dass sich diese Kinder sehr wohl artikulieren können, dass sie Interessen haben, dass sie Begabungen haben, dass sie diese auch klar durchsetzen wollen. Und warum soll das nicht in der Volksschule geschehen? Warum soll das nicht in der Hauptschule geschehen? Warum soll das erst in den höheren Schulen geschehen?

Es ist daher höchst an der Zeit, rechtzeitig auch die Klassensprecher, Schulsprecher in all diesen Schularten vorzubereiten, und zwar – da stimme ich Ihnen zu, Frau Abge­ordnete Brinek – altersadäquat und auch von Lehrern mit unterstützt. Natürlich können wir diese Kinder nicht allein und im Stich lassen und sagen: Und jetzt stellt euch den Herausforderungen! Dazu gehört pädagogische Umsicht. Wesentlich aber ist, dass dies einmal eingeräumt wird.

Viele von Ihnen werden sich nicht mehr erinnern können. Es gibt vielleicht den einen oder anderen, der schon in den siebziger Jahren in diesem Haus war. Da gab es einen Grundsatzerlass, politische Bildung in den Schulen, in allen Schulstufen durchzu­führen, und der sagte genau das aus, was in diesen Anträgen vorgestellt wurde.

Die Schüler sollen ihre Interessen artikulieren können, sie sollen befähigt werden, Konflikte zu lösen. Die Schule ist ein Ort der Begegnung mit all den Rahmen­bedingungen, die auf das Leben vorbereiten. Sie haben es selbst gesagt, Frau Abgeordnete: Demokratiekompetenz ist zu lernen! (Abg. Dr. Brinek: Aber nicht volle Verantwortung!) Und Demokratiekompetenz können wir nicht erst als 15-, 16-Jährige lernen, mit dem Lernen von Demokratiekompetenz muss rechtzeitig begonnen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

In diesem Antrag steht auch: Schulparlament als Ersatz für Schulforum und Schul­gemeinschaftsausschuss. Das unterstreiche ich zu 100 Prozent, denn was passiert denn derzeit in diesen Foren? Eltern – Lehrer, und Tatsache ist: Lehrer sagen, Eltern nicken. Das kann es nicht sein! Wenn wir wirklich demokratische Bildung für unsere jungen Menschen wollen, dann sollen diese auch in Schulparlamenten das Sagen haben.


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Es ist auch notwendig, die baulichen Maßnahmen umzusetzen, wenn die Kinder das von sich aus fordern und verlangen. Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir alle wissen, in welchen Atmosphären wir uns wohl fühlen, und wenn Kinder ein bis zwei Drittel ihrer Tageslebenszeit in alten ehemaligen Schulklassen verbringen, die eben nur nach Schule riechen, so ist das kein adäquates Leben für unsere jungen Menschen. Daher sind auch die Maßnahmen baulicher Art, wie etwa die so genannten Rückziehräume, umzusetzen.

Es ist heute schon mehrmals andiskutiert worden, all das können wir nur umsetzen, Frau Ministerin, wenn wir ehestmöglich die Klassenschülerhöchstzahl auf 25 senken. Es hat heute irgendwann in einem Redebeitrag geheißen, das sei ein Wahlgag. – Ein Wahlgag ist es dann, wenn es erst im Jahr 2008 mit dem nächsten Finanzausgleich verhandelt wird. Wenn wir dieses Vorhaben ernst meinen, dann ist es unbedingt und sofort umzusetzen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Wolfmayr. – Bitte.

 


20.12.19

Abgeordnete Mag. Dr. Andrea Wolfmayr (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine Damen und Herren, zwei Punkte:

Zu Vernunft und Populismus in der SPÖ, Kollege Rada! Im Bildungsprogramm der SPÖ finde ich auf Seite 19 den Satz: „Mitbestimmung von Schüler/innen ist im Schulunterrichtsgesetz nur als Alibi vorgesehen.“ – Das, meine Damen und Herren von der SPÖ, ist mehr als eine Missinterpretation, das ist eine schlichte Unterstellung, das ist Pauschalieren, das ist Populismus pur. (Abg. Öllinger: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun! Pauschalieren okay, aber was ist Populismus?)

Sie wissen ganz genau, dass unser Schulrecht zahlreiche Möglichkeiten für eine Mitbestimmung der SchülerInnen vorsieht: das Recht auf Mitsprache bei der Gestal­tung des Unterrichts, das Recht auf Beteiligung an der Wahl der Unterrichts­mittel – auch wenn Sie immer das Gegenteil behaupten –, Vereinbarungen bei der Unterrichts­gestaltung sind schon verankert, Schwerpunktsetzungen im Rahmen des Lehrplans sind bereits möglich und werden auch vielfach von Lehrern/Lehrerinnen mit ihren Schülern/Schülerinnen durchgeführt. Also tun Sie nicht so, als gäbe es null Mitbestim­mung. Das ist schlicht und einfach nicht wahr!

Zweiter Punkt: Herr Brosz, Sie haben sich daran gestoßen, dass wir immer die gesetzlichen Rahmenbedingungen hervorheben. – Na net! Österreich hat ein kom­plexes System einer gesetzlich überschulischen SchülerInnen-Vertretung mit gesetz­lich verankerten Rechten und Aufgaben für VertreterInnen aus allen neun Bundes­ländern und aus allen drei Schulartbereichen. Diese wichtige gesetzliche Vertretung hat kein anderes Land in Europa, hat weltweit kein anderes Land. Für das Bildungsministerium, für das Parlament ist diese gesetzliche SchülerInnen-Vertretung ein wichtiger Ansprechpartner mit umfangreichen Stellungnahme- und Mitsprache­rechten.

Freilich ist diese gesetzliche Grundlage erst eine Basis, aber eine, die hält. Was man darauf aufbaut und wie man es macht, darüber gehen unsere Meinungen, wie man sieht, weit auseinander, und darüber ist zu diskutieren.

Mir hat es sehr gut gefallen, als die Mitglieder der „Coolen Schule“ bei uns im Aus­schuss waren. Ich habe es sehr interessant gefunden, wie sie ihre Vorstellungen präsentiert haben. Mir haben der Einsatz, das Engagement und der Mut der jungen Leute und die teilweise radikalen Forderungen, wie sie jungen Menschen auch


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angemessen sind, sehr gut gefallen – obwohl ich in einigen Punkten anderer Meinung bin! Aber das ist eben Demokratie, dass wir unsere verschiedenen Ansichten zu einem bestimmten Thema äußern, sogar im Rahmen eines Ausschusses, und dass wir die einzelnen Vorstellungen, die wir haben, nach ihrer Sinnhaftigkeit „abklopfen“, nach ihren Realisierungsmöglichkeiten und auch nach etwaigen Folgen.

Selbstverständlich müssen aber auch die jungen Menschen akzeptieren, dass es nicht möglich ist – ich nenne jetzt eine der Forderungen von „Coole Schule“ –, dass man Schulgemeinschaftsausschuss und Schulforum einfach abschafft und stattdessen Schulparlamente mit Klassensprechern, mit Vetorecht und einer, wie es heißt, „kleineren Anzahl von Erwachsenen“ installiert. – Das ist ein Wunsch, und da braucht es noch viel Diskussion, viel Zuhören und ein gegenseitiges wirkliches Anhören. Und, Frau Kollegin Mandak, ich wehre mich, wenn Sie uns einfach unterstellen, dass wir das nicht täten, denn wir von der ÖVP nehmen die Sache sehr ernst und hören zu, wir hören sehr genau zu!

Abschließend ist eines ganz deutlich anzumerken, und da komme ich noch einmal auf die SPÖ zurück: Wie inkonsequent und wie inhomogen der Kurs der SPÖ derzeit ist, beweist auch ganz deutlich Ihr Abstimmungsverhalten: Sie verlangen einerseits stärkere Mitspracherechte für Schüler und Schülerinnen, haben aber im Parlament andererseits bereits zwei Mal gegen unsere Forderung gestimmt, dass SchülerInnen bei Verhaltensvereinbarungen an Schulen nicht überstimmt werden können. – So viel nur zu Theorie und Praxis bei der SPÖ. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. Ich erteile es ihr.

 


20.16.31

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, Sie haben gesagt, alles könne verbessert werden – ja, da bin ich Ihrer Meinung –, so eben auch das System der Schüler- und Schülerinnen-Vertretung an den Schulen.

Frau Kollegin Brinek, ich bin wirklich ziemlich entsetzt über Ihre Haltung Kindern und Jugendlichen gegenüber, über Ihr Verständnis von Pädagogik. (Abg. Dr. Brinek: Na geh!) Es scheint so, als ob Kinder und Jugendliche für Sie so etwas wie leere Gefäße sind und Sie einen Trichter brauchen, um ihnen etwas einzuflößen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Kinder und Jugendliche können eigentlich schon von Anfang an ihre Meinung ausdrücken (Abg. Dr. Brinek: In der Volksschule, ja, ja!) und teil­nehmen an demokratischen Prozessen und am Miteinander, sei es in der Familie, sei es in der Auseinandersetzung mit anderen Menschen.

Aber ich möchte das Thema auch noch von einer anderen Seite angehen. Ich glaube, die Wichtigkeit der politischen Bildung ist unbestritten. Es gibt Tagungen, es gibt Kongresse, Veranstaltungen, die sich mit politischer Bildung insgesamt beschäftigen. Diese sind sehr wichtig, und es wird dabei immer die Notwendigkeit unterstrichen, genauer über politische Systeme und deren Mechanismen Bescheid zu wissen sowie auch Bescheid zu wissen, wie verschiedene lokale, aber auch globale Prozesse ablaufen; globale Prozesse auch in Bezug zum Beispiel auf die Weltpolitik und Bush, was Sie auch angesprochen haben, Frau Kollegin Brinek, und was mich wirklich entsetzt hat.

Aber neben den kognitiven Fähigkeiten, sehr geehrte Damen und Herren, dem traditi­onellen Erarbeiten und Lernen ist das Erfahren und Erleben besonders wichtig – das


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Lernen im Schonraum zum Beispiel, wie Sie gesagt haben –, und das meine ich auch ernst. Darum geht es auch bei den Forderungen der „Coolen Schule“, die ich sehr wohl und ganz vehement unterstützen möchte. Es geht um das frühe Erlernen und Einüben von Mitbestimmung, und wo kann das besser eingeübt werden als in der Schule? Wo kann Demokratie eingeübt werden? Ich glaube, das ist eine ganz wichtige Maßnahme und auch eine ganz wichtige Vorgangsweise gegen die immer stärker werdende Politikverdrossenheit.

Eine Schule aus meinem Heimatbezirk, aus Villach, ist extra zu dieser Sitzung angereist, und ich habe die Vorbereitung und die Aufarbeitung dieser Sitzung verfolgt. Ich war nicht überrascht, ich war beeindruckt, weil das einfach von der nötigen Reife dieser jungen Menschen gezeugt hat, wie sie mit den Themen die Schule betreffend umgegangen sind. Ich bin der Meinung, dass kein Kind zu jung und zu unreif ist, an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Die Möglichkeit der Mitbestimmung in der Schule und am Schulalltag motiviert die Kinder und würde sie, glaube ich, auch viel stärker an das Schulsystem binden.

Was machen Sie jetzt? Was schlagen Sie vor? – Sie schlagen eine Arbeitsgruppe oder mehrere Arbeitsgruppen vor, wo dann wieder etwas erarbeitet wird, wie das wahr­scheinlich auch in der Zukunftskommission der Fall war, und das Ganze dann aber letztendlich in den Papierkorb geworfen wird, und es war umsonst. Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie für mehr selbstbestimmte, demokratische Schülerbeteiligung in den Schulen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Auer. – Bitte.

 


20.20.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Niemand bestreitet und negiert Jugendrechte, Kinder­rechte oder Rechte für unsere Schülerinnen und Schüler. Wir schon gar nicht: Wir von der ÖVP unterstützen sie dabei – im Bestreben, dass sich das ständig weiterentwickelt.

Frau Kollegin Muttonen, dass Sie sich hier heraus stellen und uns vorwerfen, wir würden Kinder, wir würden Schüler quasi als „leere Gefäße“ betrachten, das führt wirklich etwas zu weit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich darf dazu sagen, dass wir selbstverständlich ein Projekt wie „Coole Schule“ durch­aus als positiv ansehen und all das, was in diesem Zusammenhang diskutiert wurde, ernst nehmen, aber deswegen müssen wir daraus nicht gleich ein Gesetz machen und nicht gleich unsere gesamte Schulpartnerschaft umkrempeln und sozusagen alles neu aufziehen.

Wir von der ÖVP sehen auch die Pflichten, die Kinder, die Schüler haben, und Pflichtbewusstsein soll sich ja durchaus auch in der Leistung und auch im Verhalten in der Schule ausdrücken. Man kann da also nicht nur von den Rechten der Schüler reden.

Die Forderungen sind ja zum Teil ziemlich eklatant, nehmen wir nur beispielsweise die Forderung nach verpflichtenden Klassensprechern in der Volksschule. – Ich glaube, das führt ganz einfach zu weit. Kollege Brader hat das übrigens in seinem Umfeld, nämlich in der St. Pöltner Gegend, erhoben, und man kann sagen: Danach besteht einfach kein Bedarf – das sollten auch Sie von der SPÖ anerkennen.

Das Nächste wäre dann vielleicht die Einführung von „Klassensprechern“ in Kinder­gärten. Ich weiß, dass sich Herr Kollege Jarolim gerade vorhin dazu bereit erklärt hätte,


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für ein Kindergartenparlament zu kandidieren; das ist dann wirklich seine ganz persönliche Angelegenheit.

Weitere Forderung: ein Vetorecht für Klassensprecher im Schulparlament. Und da geht es um neue Unterrichtsmethoden, und zwar um Methoden, die ohnehin schon bestehen; Beispiel: Projektunterricht.

Weiters geht es zum Beispiel auch um die Forderung: Verteilung von Schülerinnen und Schülern mit unzureichenden Deutschkenntnissen auf mehrere Klassen. – Ja, das nehmen wir ernst, und das steht daher auch in unserem Entschließungsantrag. Wer wird jedoch dagegen stimmen? – SPÖ und Grüne werden dagegen stimmen! Also so ernst nehmen Sie das ganz offensichtlich nicht.

An die Schülerinnen und Schüler möchte ich dahin gehend appellieren, sich nicht partei­politisch missbrauchen zu lassen, wenn SPÖ und Grüne dann plötzlich diese Forderungen zu den ihren machen und ihnen Unterstützung zusichern.

Wir von den Koalitionsparteien werden die Schulpartnerschaft, werden die Schüler­vertretung weiterentwickeln; das hat ja unsere Frau Bundesminister Gehrer bereits zugesichert.

Natürlich geht es dabei auch ums Durchforsten, ums Anpassen, ums Reformieren; etwas, wofür diese Bundesregierung, wofür diese Bundesministerin steht. – Ich glaube, coole Schülerinnen und Schüler sind auch jene, die mitdenken und mitreden, sich jedoch nicht parteipolitisch benutzen lassen, die das respektieren – und die auch Pflichtbewusstsein an den Tag legen.

Lassen wir, meine Damen und Herren, nicht nur die Kirche, sondern auch die Schule im Dorf. Gerade die SPÖ sollte sich um wichtigere Themen kümmern, wie das ja heute im Zusammenhang mit den Klassenschülerhöchstzahlen bereits angesprochen wurde. (Abg. Mag. Muttonen: Schule ist nicht wichtig in Ihren Augen?) Gehen Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, auf die Suche nach jenen Lehrerinnen und Lehrern in Wien, die vom Bund bezahlt werden, jedoch nicht bei den Schülerinnen und Schülern zu finden sind! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichtsausschusses, seinen Bericht 1456 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1456 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch hiezu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen. (E 194.)

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Unterrichts­ausschus­ses, seinen Bericht 1457 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Rossmann, Amon, Kolleginnen und Kollegen betreffend optimale Zuordnung der Kinder, die die Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend beherrschen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen. (E 195.)

20.25.4111. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1162 d.B.): Überein­kommen über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwen­dende Recht sowie zu dem Ersten und dem Zweiten Protokoll über die Auslegung des Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (1525 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Ledolter. – Bitte.

 


20.26.24

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Bei diesem Übereinkommen, dessen Behandlung der Herr Präsident soeben eingeleitet hat, geht es darum, dass der Beitritt der zehn EU-Beitrittsländer im Mai des Jahres 2004 nunmehr auch in der Rechtsüberleitung nachzuvollziehen ist, und zwar insofern, als diese Beitrittsstaaten dieses Übereinkommen ratifizieren sollen: über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht sowie auf die Zusatzprotokolle, die die Auslegung dieses Übereinkommens durch den Europäischen Gerichtshof regeln.

Im Übrigen gibt es dazu eine Judikatur aus dem Jahre 1988. Österreich hat diese Materie im Jahre 1998 ratifiziert. Das klingt jetzt ein bisschen sperrig, es ist aber klar, dass mit der Übernahme dieses Rechts auch Wirkungen verbunden sind, nämlich die Vereinheitlichung der kollisionsrechtlichen Regeln für die vertraglichen Schuldver­hältnisse, Maßnahmen, die durchaus im Interesse Österreichs liegen, weil damit Rechtssicherheit geschaffen beziehungsweise erhöht wird und natürlich auch der Wirtschaftsverkehr zwischen den EU-Mitgliedstaaten verbessert sowie auf eine juristisch einwandfreie Basis gestellt wird.

Diese eigenen Beitrittsübereinkommen der Vertragsparteien sind notwendig, wie ich schon erwähnt habe, wobei die Mitgliedstaaten in diesem Konvolut auch zu einheit­lichen kollisionsrechtlichen Regeln für vertragliche Schuldverhältnisse verpflichtet wer­den, womit klar definiert ist, dass in allen EU-Mitgliedstaaten die Fragen, die bisher sehr zweifelhaft gewesen sind, nämlich welches Recht auf Vertragsverhältnisse mit Auslandsbezug anzuwenden sind, einheitlich gelöst werden.

Das, meine Damen und Herren, stellt einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau eines funktionierenden Binnenmarktes dar, auf der anderen Seite aber auch eine Ergänzung über die gerichtliche Zuständigkeit, über die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei­dungen in zivil- und handelsrechtlichen Angelegenheiten, womit das so


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genannte forum shopping abgestellt wird, das heißt das Herumsuchen, bei welchem Rechtshintergrund eine mögliche Causa, eine Materie das bessere Ergebnis in Bezug auf ein Urteil zu gewärtigen hat.

Prinzipiell ist klargestellt, dass dasselbe materielle Recht in allen Staaten anzuwenden ist. Das ist ein weiteres Beispiel für erfolgreiche Justizpolitik, so wie heute auch erfolgreiche Außenpolitik durch unseren Bundeskanzler gemacht wurde, der mit Präsident Bush übereingekommen ist, Guantánamo abzuschaffen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

20.30


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Puswald.

 


20.30.28

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.) Lieber Kollege Jarolim, ich darf dich besonders herzlich begrüßen zu dieser wirklich weltbewegenden Materie!

Kollege Ledolter hat schon erwähnt, was heute wirklich Sache ist. Ich habe zwar vergessen, was er zum Schluss gesagt hat, es muss irgendetwas Weltbewegendes in der ÖVP passiert sein, aber wir wollen diese Kleinigkeiten, die da in der rechten Reichshälfte geschehen, nicht überbewerten. (Abg. Neudeck: Du glaubst offenbar, du bist beim St. Veiter Fasching!)

Vielmehr sollten wir uns jetzt wieder auf das wirkliche Essentielle konzentrieren, nämlich dieses epochale Werk, das wir da jetzt zu vollenden haben, womit in den EU-Mitgliedstaaten die Frage, welches Recht auf Vertragsverhältnisse mit Auslandsbezug anzuwenden ist, einheitlich gelöst ist. Das hilft uns natürlich! (Abg. Großruck: Was ist mit der BAWAG?)

Jetzt habe ich einen Zwischenruf erhalten, der wieder diese wunderbare Wort „BAWAG“ beinhaltet hat: Es ist ja erfreulich, dass die Kollegen rechts der Mitte hier eine wunderbare Schulung genossen haben, die es ihnen erlaubt, den Blick von allen hier im Haus interessierenden Materien abzulenken, weil sie nur mehr ein Wort vor Augen haben. Vielleicht fällt es Ihnen bei Gelegenheit wieder ein, Kollege!

Wenn wir aber gerade von der BAWAG sprechen, dann führt mich das auch zu dieser Materie, die ja durchaus diskussionsbedürftig ist: Wissen Sie, man sollte, wenn man im Zusammenhang mit Justizthemen das Wort „BAWAG“ in den Mund nimmt, auch überlegen, was vielleicht auch die schwarze Reichshälfte dazu beitragen könnte, damit hier eine Aufklärung erfolgt. Da gäbe es nämlich auch einige Möglichkeiten der Klarstellung.

Zum Beispiel möchte Herr Klubobmann Molterer den ÖGB so gerne aus der Partei­nähe entfernt haben. Der ÖGB soll auf der einen Seite frei von SPÖ sein, die ÖVP möchte ihn jedoch vereinnahmen. Und es ist auch wirklich gut, dass er das einmal ausspricht, denn die Wahrheit ist, dass Herr Vizepräsident Klein bekanntlich kein Sozialdemokrat ist und daher offenbar auch maßgeblich an diesem Skandal beteiligt ist. – Wir von der SPÖ freuen uns schon darauf, wie die ÖVP mit diesem Debakel in ihren eigenen Reihen umgehen und damit auch zur Rechtssicherheit in der EU beitragen wird! – Danke schön. (Abg. Neudeck: Darüber kann ich nur lachen!)

20.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 



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20.32.38

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Man sieht: Herr Kollege Puswald war bei der Dringlichen nicht am Wort – und musste sich daher jetzt unbedingt verwirklichen, allerdings in einer Art und Weise, die für sich gesprochen hat.

Kommen wir zur eigentlichen Materie, und zwar zu diesem vom Kollegen Ledolter schon ausgeführten Übereinkommen, das eigentlich nur eine Erweiterung um die zehn neuen Mitgliedsländer bedeutet. Da geht es schwerpunktmäßig um ein einheitliches Recht betreffend Verträge, und das ist aus unserer Sicht sehr wesentlich und hat daher auch unsere volle Unterstützung.

Es geht dabei einfach darum, dass man überall den gleichen Gerichtsstand und das gleiche Recht hat. Gerade im Wettbewerb war es früher oft der Fall, dass man sich Staaten ausgesucht hat, in welchen die Rechtslage für den Käufer oder Verkäufer jeweils etwas günstiger war. Jetzt gilt auch in den zehn neuen Ländern einheitlich das gleiche Recht, und damit ist jetzt wieder ein Schritt in Richtung eines gesamten Binnenmarktes gemacht worden, der im Endeffekt bewirkt, dass das gleiche Recht für alle gelten wird, und das ist, wie ich glaube, der richtige Weg. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.34


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet ist Frau Bundesminister Mag. Gastinger. – Bitte.

 


20.34.08

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Meine Vorredner haben schon sehr ausführlich darüber gesprochen, wie wichtig die Unterzeichnung dieses Überein­kommens ist, weil das jetzt zur Rechtssicherheit in Gesamteuropa beitragen wird.

Ich wollte das Hohe Haus nur darüber informieren, dass wir im Rat auf der Ebene der Europäischen Union bereits an einer Verordnung für Rom 1 arbeiten, wonach wir dieses Übereinkommen, das heute hier beschlossen werden wird, weiter fortentwickeln werden. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass gerade diese Art des Kol­lisions­rechts, auch was vertragliche Schuldverhältnisse anbelangt, ein immer wichtige­rer Bereich vor allem auch im Binnenmarkt wird und dass es über dieses Überein­kommen hinaus noch Regelungsbedarf gibt. Die Arbeiten werden unter finnischer Präsidentschaft fortgesetzt werden, und wir hoffen, dass wir die Verordnung Rom 1 alsbald auch im Rat Justiz und Inneres beschließen können.

Das war jetzt reine Information mit ein bisschen Europabezug, aber es passt, nachdem wir ja hier internationale Themen behandeln, sicherlich auch als Informationspunkt zu diesem Thema. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen.)

20.35


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Puswald zu Wort gemeldet.

 


20.35.42

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Herr Kollege Fauland meinte soeben – und da sieht man wieder, dass der Hund im Detail begraben liegt –, dass mit diesem Übereinkommen für alle Rechtsstreitigkeiten


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aus Verträgen in Europa der gleiche Gerichtsstand und das gleiche Recht gelten würde.

Genau das ist nicht der Fall! Vielmehr wird mit dieser Norm geregelt, welches Recht, nämlich unterschiedlich in den einzelnen Mitgliedstaaten, in welchem Fall bei welchen Gerichten anzuwenden ist. Das ist also genau das Gegenteil davon. Ich meine, man sollte sich der Materien etwas mehr bemächtigen! – Danke schön.

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


20.36.27

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Wenn es gegen Rechtsdumping geht, sind wir genauso engagiert am Werk, wie wenn es gegen Sozialdumping geht.

Dieser heutige Beschluss ist ein Beschluss gegen Rechtsdumping. Wir haben gehört, dass es bis dato möglich war, sich die für die jeweiligen Geschäftsfelder günstigere Rechtsverhältnisse auszusuchen. Mit diesem Übereinkommen Rom 1 – und Sie haben auch Rom 2 schon angedeutet – wird das in Zukunft nicht mehr möglich sein. Es ist klargestellt, welches Recht auf Vertragsverhältnisse mit Auslandsbezug anzuwenden ist. Damit haben wir einen wesentlichen Schritt getan. Ich möchte nur daran erinnern, denn historische Reminiszenzen haben mich immer interessiert. Auch die Staats­werdung Österreichs geht eigentlich auf die Vogtei, auf die Gerichtsbezirke zurück. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

20.37


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages in 1162 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechen­des Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, im Sinne des Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, dass die dänische, englische, estnische, finnische, französische, griechische, irische, italienische, lettische, littau­ische, maltesische, niederländische, polnische, portugiesische, schwedische, slowaki­sche, slowenische, spanische, tschechische und ungarische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsicht im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig der Fall.

20.38.27 12. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1345 d.B.): Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (1526 d.B.)


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13. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1330 d.B.): Zivil­rechts­übereinkommen über Korruption samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang (1527 d.B.)

14. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1163 d.B.): Inter­nationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen (1528 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zu den Punkten 12 bis 14 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Schöls. – Bitte.

 


20.39.10

Abgeordneter Alfred Schöls (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Tagesordnungspunkt wird unter anderem eine Änderung der Satzung der Haager Konferenz beschlossen, eine Materie, die schon im Ausschuss einstimmig abgehandelt wurde.

Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht wurde im Jahr 1893 zum Zwecke der Vereinheitlichung des internationalen Privatrechts gegründet, und Österreich-Ungarn war einer der Gründerstaaten. Derzeit gehören der Haager Konferenz 65 Staaten als Mitglieder an.

Im Rahmen der Haager Konferenz wurden zahlreiche wichtige Übereinkommen aus­gearbeitet, die weltweite Bedeutung erlangt haben, so etwa das Haager Überein­kommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kin­desentführung und das Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption.

Die Zusammenarbeit zwischen der Haager Konferenz und der Europäischen Gemein­schaft wird immer intensiver. Seit langem beteiligt sich die Europäische Kommission als Beobachter. Da hinsichtlich der Materien, die in die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft fallen, die Europäische Kommission die ausschließliche Vertretungs­kompetenz hat, war es geboten, dieser Rechtslage auch dadurch zu entsprechen, dass die Europäische Gemeinschaft der Haager Konferenz als Mitglied angehört. Um dies zu ermöglichen, war diese Änderung notwendig.

Diese Änderung tritt gemäß dem derzeitigen Art. 12 der Satzung objektiv in Kraft, wenn sie durch zwei Drittel der Mitglieder genehmigt wurde. Sobald dies der Fall ist, wird die Haager Konferenz eine Sitzung des Rates für allgemeine Angelegenheiten und Politik einberufen, um über die Aufnahme der Europäischen Gemeinschaft als Mitglied zu entscheiden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

20.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Am Wort ist nun Herr Abgeordneter Dr. Jarolim.

 



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20.41.10

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte Kollegem Puswald auf diesem Weg für den erfrischenden Beitrag von vorhin danken. Ich glaube, man muss betonen, dass du das Wesentliche aufgezeigt hast. Ich möchte auch nicht verhehlen, dass ich noch immer über den Debattenbeitrag der Kollegin Brinek zwei Tagesordnungspunkte zuvor schockiert bin, weil wir damit eigentlich eine Entwicklung in diesem Land aufgezeigt haben, über die wir uns – Kollege Puswald, wir haben ja darüber gesprochen – schon lange erhaben gefühlt haben. (Beifall bei der SPÖ.) Danke schön! Danke. Ich danke auch der Kollegin Pfeffer!

Meine Damen und Herren! Der gegenständliche Tagesordnungspunkt bringt eine Änderung in einer sehr wesentlichen Einrichtung, weil es gerade in Europa eines der Hauptprojekte ist, die Rechtssysteme zu harmonisieren. Dabei geht es darum, Zuweisungs- und Zuordnungsnormen für die Geltung der einzelnen Rechte und damit der Rechtsbestände zu schaffen. Im Wesentlichen beinhaltet die Arbeit der Haager Konferenz auch, dass die einzelnen Rechtssysteme miteinander verglichen werden, und damit ist sie natürlich auch eine Art Vorarbeit für das gesamte Harmonisie­rungsmodell in Europa. Daher ist die Haager Konferenz eine extrem wichtige Ein­richtung.

Der Umstand, dass die Europäische Union dort nunmehr Sitz und Stimme hat und mitdiskutiert, weil sie die legitime Vertretung Europas in diesen europäischen Materien ist, ist daher legitim, wichtig, sinnvoll und eigentlich unerlässlich. Daher werden wir dieser Materie zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.42


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


20.43.02

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Jarolim, Ihr Vortrag war nicht so erfrischend wie der des Abgeordneten Puswald. Dafür ist er sehr stark akklamiert worden, und dazu gratuliere ich Ihnen! (Beifall und Bravoruf des Abg. Dr. Puswald.)

Sie haben schon einen der Tagesordnungspunkte erwähnt, daher möchte ich dazu eigentlich gar nichts mehr sagen.

Wir haben hier auch noch eine Regierungsvorlage hinsichtlich eines internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen. – Ich meine, für uns alle ist es die Horrorvision, dass ein terroristischer Angriff beispielsweise auf ein Atomkraftwerk verübt werden könnte. Dass so etwas völlig absurd oder aus der Welt ist, kann man nicht behaupten, wenn man hört, was terroristische Organisationen anpeilen und welche Ziele fundamentalistische Organisationen haben. Deshalb gibt es eben dieses internationale Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen, und wir treten diesem bei. Ziel ist es, solche Anschläge zu verhindern, schon im Vorfeld auszukundschaften, welche Netzwerke es da gibt und die diesbezügliche internationale Zusammenarbeit zu fördern.

Das Zweite ist ein Übereinkommen, das sich zum Ziel gesetzt hat, Korruption zu bekämpfen. – Es ist überflüssig, über die Gefahren der Korruption und darüber zu sprechen, welche Schädigungen entstehen, wenn insbesondere Behörden bezie­hungsweise politische Organisationen unterwandert werden. Leider Gottes gibt es ge­rade in den neuen EU-Staaten Länder, in denen die Korruption noch immer blüht. Ich denke da auch an die zu erwartenden Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien.


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Im Hinblick darauf ist es wirklich wichtig, dass wir diesbezüglich etwas tun. Wir haben gute Gesetze, und auf dieser Grundlage müssen wir auch weiterarbeiten. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


20.45.25

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Auch wir werden diesen drei Regierungsvorlagen zustimmen. Es handelt sich in allen drei Fällen um sinnvolle Übereinkommen.

Ich möchte nur noch erklären, dass ich im Ausschuss Bedenken zum letzten Punkt hatte, bei dem es um nuklearterroristische Handlungen geht. Hier erschien mir die Initiative Österreichs im Hinblick auf die Verhinderung von Terroranschlägen auf uns benachbarte AKW als zu gering. Da aber der nationale beziehungsweise der gesamteuropäische Gesichtspunkt insgesamt zu beachten ist, habe ich jetzt ange­sichts dieser Gesamtproblematik meine Bedenken hintangestellt, und wir werden Ihren Vorschlag mittragen.

Ich möchte allerdings an Sie appellieren, dass es nicht nur bei diesen strafrechtlichen Aspekten bleiben soll, die jetzt beschlossen werden sollen, sondern dass Österreich eine aktivere Anti-AKW Politik auch im Hinblick auf die Verhinderung von Terrorismus üben muss.

Es ist, so glaube ich, überflüssig, anzumerken, wie wichtig der Kampf gegen Korruption ist. Es handelt sich aber meines Erachtens nicht nur um ein Problem der neuen Beitrittsstaaten, sondern das ist ein Problem auch in den alten EU-Staaten, und darum ist dieses Übereinkommen für mich auch besonders zentral. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.46


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Dernoscheg. – Bitte.

 


20.46.55

Abgeordneter Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Auch unsere Fraktion stimmt natürlich allen drei Tagesordnungspunkten zu.

Die Bedeutung der Haager Konferenz ist in den Redebeiträgen bereits ausführlich zur Diskussion gestanden. Dass die Europäische Gemeinschaft hier Mitglied ist, ist auch ein weiteres Bekenntnis zur gemeinsamen Arbeit auch im Bereich des internationalen Privatrechts.

Das Zivilrechtsübereinkommen über Korruption ist eine notwendige internationale Überein­kunft, obwohl wir wissen, dass im Korruptionsbereich strafrechtliche Bestim­mungen schon seit 1998 – wenn ich mich richtig erinnere – entsprechende Vorkeh­rungen treffen, die dazu führen, und das sollte man auch positiv erwähnen, dass Österreich nicht zu den an Korruption leidenden Ländern zählt. Wir liegen international auf Platz zehn, und das ist auch ein positives Signal für den Wirtschaftsstandort, weil natürlich internationale Investoren vor allem darauf achten, ob das Rechtssystem und die Justiz stimmen und man auch die Schattenwirtschaftsprobleme im Griff hat.

Das Problem im Zusammenhang mit dem Thema Nuklearterrorismus ist so komplex, dass es in dieser kurzen Wortmeldung nicht ausführlich dargestellt werden kann. Wir wissen auch aus aktuellem Anlass, dass die Gefahr terroristischer Anschläge steigt.


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Wir von Seiten der Volkspartei tun daher alles, was möglich ist, um bei der Sicherheit mehr zu schaffen und das Land weiterhin zu einem der sichersten Staaten dieser Welt zu machen.

Deswegen auch unser klares Bekenntnis zu den hervorragenden Exekutivkräften, zu einer unabhängigen, hervorragend arbeitenden und durchschlagskräftigen Justiz, auch zu einer Luftraumüberwachung, die gerade in diesem Bereich bei terroristischen Anschlägen die Sicherheitsgarantie abdeckt, was gar nicht hoch genug zu schätzen ist. Was natürlich auch noch dazu gehört, ist die klare Verteidigungsbereitschaft nach außen. – Ich bedanke mich recht herzlich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

20.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer. – Bitte.

 


20.49.07

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Mit der Strafrechtskonvention von 1998 und der Zivilrechtskonvention von 1999 hat der Europarat zwei internationale Rahmenabkommen für Korruptionsbekämpfung ins Leben gerufen, und mit dem heutigen Beschluss über das Zivilrechts­übereinkom­men über Korruption schaffen wir ein Rechtsinstrument des Europarates.

Rechtliche Standards im Kampf gegen die Korruption werden dadurch geschaffen. Die Vertragsstaaten müssen ab nun einen bestimmten Mindeststandard an Regeln bezüglich Korruption aufweisen. Der Begriff „Korruption“ wird definiert, Schadenersatz für den durch Korruption Geschädigten wird geregelt, ein geeignetes Beweisverfahren in Zivilprozessen wird ermöglicht und so weiter.

Die Umsetzung der Anti-Korruptionskonventionen wie auch der übrigen Instrumente des Europarates wird von der Group of States against Corruption, kurz GRECO, überwacht. GRECO ist eine extra eingerichtete Staatengruppe und hat 40 Mitglieder.

Von den EU-Mitgliedstaaten fehlen nur noch Österreich und Italien. Das heißt, wir setzen relativ spät um; die Resolution ist schon 1999 verabschiedet worden. Das erweckt den Eindruck eines eher trägen Vorgehens, und um diesem Eindruck entgegenzuwirken, stimmen wir dem Übereinkommen selbstverständlich zu, weil es für uns sehr wichtig ist, gegen das Phänomen der Korruption entschieden aufzutreten.

Leider können wir beobachten, dass sich Korruption in manchen Staaten des Europa­rates ausbreitet. Korruption bedeutet immer eine Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit, für die Demokratie und schlussendlich für die Menschenrechte.

Korruption ist der Missbrauch von anvertrauter Macht zum eigenen Vorteil. Ein wirksames Mittel gegen Korruption sind Transparenz und Offenlegung.

Wie in so vielen Bereichen, ist die Arbeit von einschlägigen NGOs ein guter Grad­messer und eine Auskunftsgeberin über die Situation, und es lohnt sich, sich diese näher anzusehen.

Im Bereich der Korruption gibt es die Transparency International, kurz TI, eine Nicht-Regierungs-Organisation, die sich weltweit dem Kampf gegen Korruption widmet. Seit 1995 erhebt TI in 146 Ländern die Daten für den Internationalen Korruptionsindex. Dieser Index gibt die Wahrnehmung von Korruption an. Diesem Index zufolge er­reichen 106 von 146 Ländern weniger als fünf von zehn möglichen Punkten. 60 Länder liegen sogar unter dem Wert 3 von zehn möglichen Punkten, was auf eine tief verwurzelte Korruption hindeutet.


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An der Spitze liegen meist die wirtschaftlich starken Länder, wie zum Beispiel Island, Finnland, Neuseeland und Dänemark, und am untersten Ende meist die wirtschaftlich schwachen Länder, wie der Tschad, Bangladesch und Turkmenistan.

Wenn wir uns die Situation auf EU-Ebene ansehen, so können wir feststellen, dass es im Bereich Korruption gerade in den möglicherweise 2007 beitretenden Ländern Rumänien und Bulgarien große Probleme gibt. Aber es gibt auch Fortschritte. In Rumänien zeichnen sie sich ab, der Druck der Europäischen Union hat dort einiges bewirkt. So wird zum Beispiel das Rechtssystem reformiert und die Unabhängigkeit von Richtern und Richterinnen und von Staatsanwälten gestärkt.

Doch es gibt noch viel zu tun – in diesem Punkt muss ich Kollegin Partik-Pablé Recht geben –, aber ich denke, dass wir mit diesem Beschluss eine positive Maßnahme setzen.

Abschließend: Offenlegung ist die beste Methode des Kampfes gegen Korruption. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.52


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Mag. Gastinger. – Bitte.

 


20.52.32

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich kann nach den bisherigen Debattenbeiträgen mit Freude feststellen, dass das Hohe Haus offensichtlich alle drei Übereinkommen hier einstimmig beschließen wird, und möchte mich an dieser Stelle dafür bedanken.

Zu den einzelnen Übereinkommen ist noch auszuführen, dass es für das Hohe Haus sicher von Interesse ist, ob Österreich auf Grund dieser Übereinkommen noch einen weiteren Umsetzungsbedarf haben wird.

Was die Regierungsvorlage betreffend die Satzung der Haager Konferenz für Inter­nationales Privatrecht anlangt, so betrifft diese „nur“ – unter Anführungszeichen; bitte, das nicht abwertend zu verstehen, das ist eine sehr weit reichende Maßnahme, die sehr wichtig ist – eine Satzungsänderung, damit die Europäische Gemeinschaft der Haager Konferenz beitreten und auch aktiv mitarbeiten kann. So gesehen haben wir in Österreich auf Grund der Ratifizierung dieses Übereinkommens keinen weiteren Handlungsbedarf.

Im Zusammenhang mit dem Zivilrechtsübereinkommen über Korruption möchte ich Folgendes ausführen: Frau Abgeordnete Stadlbauer hat Recht, wenn sie sagt, dass das schon sehr lange, seit 1999 – also immerhin schon seit sieben Jahren –, ansteht. Ich bin aber dennoch sehr froh, dass nun endlich dieses Übereinkommen dem Hohen Haus zur Ratifizierung vorliegt.

Dieses Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten, einen bestimmten Mindest­standard an zivil- und zivilverfahrensrechtlichen, arbeits- und amtshaftungsrechtlichen Regelungen zu haben. Da haben wir in Österreich bereits vorgesorgt, sodass auf Basis dieses Übereinkommens keine weiteren rechtlichen Schritte zu setzen sind.

Wir treten jetzt diesem Übereinkommen bei, was vom Europarat mit besonderem Wohlwollen zur Kenntnis genommen wird. Wir sind zwar, wie Frau Abgeordnete Stadlbauer richtig gesagt hat, der vorletzte EU-Mitgliedstaat, der dieses Überein­kommen ratifiziert, und das ist nicht unbedingt ein Ruhmesblatt, aber besser der vorletzte als der allerletzte.


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Mir ist wichtig, dass wir diesem Übereinkommen nun beitreten. Vor allem glaube ich, dass das ein wichtiges Signal an die neuen Mitgliedstaaten ist, wo, wie bereits von meinen Vorrednern angesprochen wurde, Korruption bei der Erreichung der Ziele des Acquis communautaire ein zentrales Thema ist. Es ist besonders wichtig, dass wir in Europa im Kampf gegen Korruption zusammenstehen und gemeinsam handeln. Ich glaube, dass dieses Übereinkommen dazu ein wichtiger Schritt ist.

Zum Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlun­gen ist zu sagen: Dieses Übereinkommen verpflichtet inhaltlich die Vertragsstaaten, Handlungen des Nuklearterrorismus unter Strafe zu stellen. Es sieht die Zusammen­arbeit bei der Strafverfolgung von Personen vor, die unter den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallende strafbare Handlungen gesetzt haben oder in Verdacht stehen, derartige Handlungen zu setzen.

Wir haben heuer hier im Hohen Haus das Umweltstrafrecht beschlossen und haben im Zuge dessen bei der Änderung des Strafgesetzbuches alle Maßnahmen vorgesehen, um dieses Übereinkommen in nationales Recht umzusetzen, sodass auf Grund dieses Übereinkommens in Österreich kein weiterer Umsetzungsbedarf besteht.

So gesehen haben wir hier vorgesorgt. Sie werden heute hier die formalen Voraus­setzungen beschließen. Österreich ist in jedem Fall auf Basis der bestehenden Rechts­ordnung gerüstet, alle drei Übereinkommen in unserem Land umzusetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeord­neten von ÖVP und SPÖ.)

20.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. – Bitte.

 


20.56.25

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Obwohl in fünf Minuten das WM-Spiel beginnt, möchte ich zum postmodernen Terrorismus etwas sagen. Es wird hier heute mit der Ratifizierung des gegenständlichen Übereinkommens ein Lückenschluss getätigt.

Unter postkommunistischem Terrorismus verstehen wir von Seiten der Exekutive die Bekämpfung von ABC-Waffen, die in Händen von terroristischen Organisationen gelangen könnten. Die letzten zehn Jahre beweisen es, dass das möglich ist. Bis dahin ist man davon ausgegangen, dass ABC-Waffen eigentlich kaum in Non-Governmental Organisations Platz finden werden, weil es finanziell sehr aufwendig ist, solche Waffen zu beschaffen oder zu produzieren, weil ein enormes Fachwissen dazu benötigt wird.

Seit dem Anschlag in Tokio im Jahre 1995 durch die Aum-Sekte ist es empirisch erwiesen, dass es drei Organisationen gibt – die genannte Aum-Sekte, Al-Qaida und die tschetschenischen Rebellen –, die sich massiv bemühen, im Bereich der Nukleartechnik Bomben et cetera herzustellen.

Es gibt verschiedene Bedrohungsszenarien im Bereich der nuklearterroristischen Handlungen. Man geht davon aus, dass die Fertigstellung einer „A-Bastlerbombe“ kaum möglich sein wird, und zwar auf Grund des Umstandes, dass man nicht so viel angereichertes Uran bekommt, um eine solche Bombe erzeugen zu können, und auch nicht über das dazu notwendige Know-how verfügt.

Das zweite Bedrohungsszenario besteht in Sabotageakten sowohl im Inneren auch von außen, die auf Nuklearanlagen gerichtet sind, und zwar vor allem aus der Luft.


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Die wirklich konkrete Gefährdung besteht aber in den so genannten schmutzigen Bomben. Das bedeutet, diese Bombe wird konventionell gezündet, ist aber mit radioaktiven Material verseucht.

Diese Bedrohungsszenarien müssen durch die internationale Polizeizusammenarbeit hintangehalten werden. Das ist auch möglich.

Es kann sich niemand die psychologischen Auswirkungen vorstellen, wenn beispiels­weise im U-Bahnnetz von Wien eine so genannte schmutzige Bombe gezündet werden würde. Es würde nicht dazu führen, dass sehr viele Menschen vor Ort zu Schaden kämen beziehungsweise Materialschaden entstünde, aber die psychologische Wir­kung, nämlich sich nicht vorstellen zu können, dass in verseuchten Gebäuden jemals wieder Berufsleben oder menschliches Privatleben stattfinden werde, hätte ungeahnte Ausmaße. Das hätte katastrophale Folgen. Daher ist die Unterzeichnung dieses Abkommens unbedingt notwendig. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)

20.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


20.59.19

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich dem Zivilrechts­überein­kommen über Korruption zuwenden. Als Mitglied des Europarates freut es mich besonders, dass wir hier endlich – nämlich als vorletztes Land – diese Konvention heute ratifizieren. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Das ist wichtig, weil eine sich ausbreitende Korruption eine Bedrohung für Rechts­staatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte darstellt. Aber nicht nur das, sie gefährdet auch die wirtschaftliche Entwicklung der davon betroffenen Staaten und beeinträchtigt das einwandfreie Funktionieren von Volkswirtschaften.

Generell führt Korruption dazu, dass die Leistungen von Organisationen in ihrem Umfang abnehmen oder qualitativ schlechter werden, die dafür zu entrichtenden Beiträge aber steigen. Nach Angaben der Weltbank muss durchschnittlich jeder Mensch rund 7 Prozent seiner Arbeitsleistung für Korruptionsschäden aufbringen.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung führt Korruption zu hohen materiellen, aber auch enormen immateriellen Schäden und zum Vertrauensverlust der Bürgerinnen und Bürger. So kann es beispielsweise zu Auftragsvergaben an Unternehmen kommen, die teurere oder qualitativ schlechtere Leistungen erbringen als solche Unternehmen, die bei einer objektiven und transparenten Ausschreibung ausgewählt würden. Die den Amtsträgern gewährten Vorteile werden in der Regel bei der Rechnungsstellung eingerechnet. Deshalb werden dann Leistungen abgerechnet, die entweder gar nicht oder nicht in dem ausgewiesenen Umfang erbracht werden. Die finanziellen Lasten hat letztlich der Steuerzahler zu tragen.

„Eine Ausnutzung öffentlicher Positionen zum privaten Vorteil ist gemeinwohlwidrig“ – eine Definition von Hans Herbert von Arnim, „Korruption, Netzwerke in Politik, Ämtern und Wirtschaft“. – Ich wollte damit auch einmal eine Definition für „Korruption“ liefern.

Diese Übereinkommen – es ist ja nicht nur das Übereinkommen über die zivilrechtliche Korruptionsbekämpfung, sondern auch über das so genannte GRECO-Übereinkom­men – sind in wirtschaftlicher Hinsicht für Gesamteuropa sehr bedeutend, da sie für alle Unterzeichnerstaaten, also auch für Österreich, einen Vertrauenszuwachs bei möglichen Investoren mit sich bringen werden. Dieser Vertrauenszuwachs soll auch positive beschäftigungspolitische Effekte nach sich ziehen.


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Es wurde hier schon gesagt, dass Österreich im Vergleich zu den anderen Europarat-Mitgliedstaaten beziehungsweise zu den anderen Staaten der Welt – den 159 untersuchten – auf Platz 10 liegt, und zwar noch vor Deutschland, aber abgeschlagen, wenn man es im Vergleich zu Finnland, Island oder Schweden betrachtet. Also, es ist nicht so, dass Österreich total korruptionsfrei wäre.

Ich möchte mich jetzt dem zweiten Abkommen widmen, dem GRECO-Abkommen, das hier auch zur Debatte steht, und zwar dem Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption. Dies bedeutet einen wichtigen Schritt in Richtung einer europaweit transparenten und durchsetzbaren Anti-Korruptionspolitik.

Es ist ein Instrument zur Überprüfung der Vertragsverpflichtungen. Es kann Empfeh­lungen an das evaluierte Mitglied aussprechen und bei deren Nichtbefolgung die Veröffentlichung vornehmen, die ein wichtiges Instrument für die Einhaltung von bestimmten Bestimmungen ist.

Wir werden uns die Evaluierungsberichte – und diese sind ja jährlich vorgesehen – von GRECO genau ansehen, und dann werden wir sehen, ob die österreichischen Rechtsinstrumente ausreichend sind, um die Anti-Korruptionsbestimmungen wirklich erfüllen zu können.

Ich möchte noch darauf hinweisen, Frau Ministerin, dass das Strafrechtsüberein­kom­men über Korruption von 1999 noch zur Ratifizierung ansteht.

Noch ein Hinweis: Ich habe mit Freude gesehen, dass nun die Konvention gegen den Menschenhandel als Regierungsvorlage eingetroffen ist. Ich habe in der Plenardebatte hier im Parlament anlässlich des Geburtstages unserer 50-jährigen Mitgliedschaft beim Europarat schon darauf hingewiesen, dass es sehr wichtig wäre, dass Österreich diese Konvention unterzeichnet. Wenn wir das jetzt machen würden – und so schaut es auch aus; ich hoffe, dass diese Konvention in der nächsten Justizausschusssitzung behan­delt wird –, dann wären wir nicht beim letzten Drittel der Unterzeichner dabei, dann wären wir nicht die Vorletzten, wie jetzt, sondern dann wären wir diejenigen, die ganz am Beginn diese Konvention unterzeichnen.

Der Menschenhandel ist etwas ganz Zentrales, was es zu bekämpfen gilt. Dass wir dieses Thema hier im Parlament schon bald behandeln, das hoffe ich. Das würde mich wirklich sehr freuen. Herzlichen Dank, Frau Ministerin.

Danken möchte ich auch Frau Bundesministerin Plassnik und Herrn Staatssekretär Winkler, den ich anlässlich der Feierstunde zum 50-jährigen Geburtstag im Europarat selbst darauf hinweisen konnte. Diese Konvention wurde jetzt, wie gesagt, als Regie­rungsvorlage vorgelegt, und das freut mich sehr. Denn: Menschenhandel ist etwas, das bekämpft werden muss – egal, wo er vorkommt! – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.05


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Pendl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


21.05.16

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Die drei in Behandlung stehenden Übereinkommen stellen eine Konsensmaterie dar.

Frau Bundesministerin, ich darf diese Gelegenheit dazu nützen, mich bei Ihren Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern sehr herzlich für die gute Betreuung und Zusammenarbeit zu bedanken. Diese hat im Justizausschuss eine lange Tradition. Noch einmal herz-


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lichen Dank! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP und von Freiheitlichen – BZÖ.)

Zu den drei Abkommen wurde schon das meiste ausgeführt. Ich möchte nur zu einem noch eine Anmerkung machen, nämlich zu dem Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen.

Ich glaube, dass wir in den bestehenden internationalen Rechtsinstrumenten zwar die Bekämpfung des Terrorismus geregelt haben, aber im Speziellen haben wir die Probleme des Nuklearterrorismus noch nicht angesprochen. Von Vorrednern wurden einige Beispiele dafür erwähnt, wie etwa die direkte Bedrohung mit Waffen oder die Bedrohung in Form von Sabotageakten, die auf Atomkraftwerke gerichtet sind.

Ich denke, dass es notwendig ist, dass wir der Entwicklung entsprechend handeln und auch diesen internationalen Vertrag ratifizieren. Ich wünsche mir – und ich hoffe, in aller Namen sprechen zu können –, dass diese drei Abkommen ein wichtiger und wesentlicher Beitrag für eine weitere positive Entwicklung unseres Europa und seiner Bürgerinnen und Bürger sein werden. Daher stimmen wir diesen Vorlagen gerne zu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.06


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort des Berichterstatters wird nicht gewünscht.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Satzung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in 1345 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des vorliegenden Staatsvertrages: Zivilrechtsübereinkommen über Korrup­tion samt Abkommen über die Errichtung der Staatengruppe gegen Korruption – GRECO und Entschließung (99) 5 über die Einrichtung der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) samt Anhang, dessen Artikel 14 verfassungsändernd ist, in 1330 der Beilagen, die Genehmigung zu erteilen.

Zuerst stelle ich fest, dass die verfassungsmäßig notwendige Anzahl der Abgeordneten im Sitzungssaal anwesend ist.

Wer die Genehmigung erteilt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Genehmigung wird einstimmig und somit mit der verfassungsmäßig notwendigen Zweidrittelmehrheit erteilt.

Ich lasse nun über den Antrag des Ausschusses, wonach der vorliegende Staats­vertrag im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, abstimmen.

Wer zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch das ist ein­stimmig angenommen.

Ausdrücklich stelle ich auch da die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.


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154. Sitzung / Seite 230

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen in 1163 der Beilagen, die Genehmi­gung zu erteilen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag, im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die arabische, chinesische, französische, russische und spanische Sprachfassung dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstim­mig angenommen.

21.09.2315. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mediengesetz (i.d.F. BGBl. I Nr. 49/2005) geändert wird (823/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 15. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Maier. Wunsch­redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


21.09.54

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Mediengesetz regelt eine gesellschaftspolitisch höchst sensible Materie: Es geht einerseits um fundamentale Persönlichkeitsrechte – um deren Schutz –, andererseits um Meinungsfreiheit, Medienfreiheit und das Recht aller BürgerInnen auf Information.

Der Gesetzgeber, aber in der Folge auch die Gesetzesanwender haben in diesem Bereich eine schwierige Gratwanderung zu absolvieren. Eine grundlegende Gesetzes­änderung kann und soll bei dieser Materie nicht rasch übers Knie gebrochen werden.

Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, gibt es einzelne Bereiche, die aus unserer Sicht geregelt werden sollten. Konkret geht es jetzt nun darum, auf Grund einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes den Schutz journalistischer Quellen abzusichern. Ich gebe zu bedenken, dass der Schutz journalistischer Quellen nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte eine der Grundbedingungen für Pressefreiheit darstellt, die durch Artikel 10 der Men­schenrechtskonvention gesichert ist.

Worum geht es? – Es geht darum, dass in Mediendeliktsverfahren auch beschuldigte Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunter­nehmens oder Mediendienstes unter den Schutz des Redaktionsgeheimnisses fallen. Die derzeitige Regelung schützt nur Zeugen in einem Mediendeliktsverfahren, aber nicht beschuldigte Journalisten.

Daher könnte eines passieren: Dass gegen einen Aufdeckerjournalisten – und das ist Ergebnis dieser oberstgerichtlichen Entscheidung – ein Strafverfahren eingeleitet wird,


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154. Sitzung / Seite 231

wobei dann die Möglichkeiten der Strafprozessordnung inklusive der Beschlagnahme von Unterlagen zum Tragen kommen.

Wir glauben, dass das Redaktionsgeheimnis – und ich betone: nur bei Medien­deliktsverfahren! – auch auf Beschuldigte erweitert werden soll.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir von der sozialdemo­kratischen Fraktion glauben darüber hinaus, dass das Mediengesetz einer grund­sätzlichen Reform unterworfen werden sollte, insbesondere unter Berücksichtigung der neuen Kommunikationstechnologien. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Diskussion, die zurzeit in Deutschland dazu geführt wird. Daher meinen wir, dass in Österreich in der nächsten Legislaturperiode eine interdisziplinär zusammengesetzte, von allen betroffenen Gruppen, den politischen Parteien wie auch der Wissenschaft beschickte Medienrechtskommission eingesetzt werden soll, die eine grundlegende Reform des medienrechtlichen Verfahrens ausarbeiten soll. Wir sollen wegkommen von der strafrechtlichen Seite hin zu einer zivilrechtlichen Lösung dieses Problems.

Aber unabhängig davon glauben wir, dass wir uns – und ich schaue zur Vorsitzenden des Justizausschusses – vielleicht noch in dieser Periode einigen können, damit dieses Problem, das in meinem Antrag dargelegt wurde, noch gemeinsam beschlossen werden kann. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Dr. Fekter. Wunsch­redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.13.52

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Lieber „Jacky“ Maier! Ob das noch in dieser Legislatur­periode gehen wird, bezweifle ich ein bisschen, denn wir haben nur mehr eine Sitzung des Justizausschusses, und dass wir da die Gesamtreform des Medienrechts über die Bühne bringen, halte ich für eher unwahrscheinlich.

Das Problem, dass man das Redaktionsgeheimnis dadurch umgehen könnte, dass man den Journalisten nicht als Zeugen befragt, sondern gleich als Mittäter beschuldigt, ist ein durchaus ernstes. Mir ist das deswegen bewusst geworden, weil die amerikani­schen Prozesse im Hinblick auf die Spionageaufdeckung über Journalistenprozesse bei mir die Frage aufgeworfen haben: Wäre das im investigativen Journalismus auch bei uns denkbar? Und daher muss man sich das im Detail schon anschauen.

Ich glaube, dass es bei uns nach geltendem Recht nicht denkbar ist, weil wir in § 31 Abs. 2 Mediengesetz drinnen stehen haben, dass dieses Redaktionsgeheimnis, Zeugnisverweigerungsrecht et cetera nicht umgangen werden darf. In Wirklichkeit könnte man derartige Beschuldigungsaktivitäten als Umgehung sehen. Wenn dem nicht so ist und hier doch eine Lücke bestehen würde, müsste man sich das ein bisschen näher anschauen.

Ich bin aber etwas skeptisch, wenn beispielsweise jeder dann sofort ein Medium grün­det und unter diesem Deckmantel nach dem Motto agiert: Ich habe ja ohnehin eine Hauszeitung und bin der Journalist, und daher bin ich jeglicher Strafverfolgung nicht mehr ausgesetzt, sondern generell immun. – Auch derartige Missbrauchsregelungen, Kollege Maier, müsste man dann ausschalten können. Daher ist es noch nicht spruchreif, sondern wir müssen noch weiter darüber diskutieren. (Beifall bei der ÖVP.)

21.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 



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154. Sitzung / Seite 232

21.16.15

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wie meine Vorrednerin bereits ausgeführt hat, ist der Ansatz und die Diskussion, die Kollege Maier angeregt hat, natürlich interessant, aber es gibt eben Lücken. Es ist der Antrag nicht so formuliert, dass er auch am Ende des Tages gewährleistet, dass nicht Missbrauch getrieben wird. Und es ist auch nicht gewährleistet, dass das Ganze durch eine generelle Immunität oder durch solche schlecht ausgearbeiteten Paragraphen nicht in eine falsche Richtung geht, womit nicht dem Rechnung getragen wird, was wir eigentlich haben wollen.

Ich denke aber trotzdem, dass es sinnvoll ist, darüber nachzudenken, wie man Journalisten, speziell Aufdeckerjournalisten oder auch Leute, die sich wirklich mit Materien beschäftigen, die heikel sind, schützen kann. Wir von unserer Fraktion sehen hier einer positiven Entwicklung entgegen und hoffen, dass es in der nächsten Periode in einem breiten Konsens, wie es ja bei Justizmaterien oft der Fall ist, zu einer Neuregelung kommen wird.

Im Übrigen ist die Anregung vom Kollegen Maier, dass man dieses Mediengesetz überarbeiten soll, sicherlich eine gute, und wir werden sehr gerne die Anregung auf­nehmen, so schnell wie möglich – spätestens in der nächsten Periode – eine Kom­mission einzurichten, die sich mit dieser generellen Evaluierung und Aufarbeitung des Mediengesetzes beschäftigen wird. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin in dieser ersten Lesung ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 4 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Mag. Stoisits  auf dem Weg zum Rednerpult –: Das ist viel zu viel!) Viel zu viel? – Laku noć! – 2 Minuten. – Bitte. (Lebhafte Heiterkeit.)

 


21.17.47

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Frau Vorsitzende des Justizausschusses! Die Bedenken, die die Frau Vorsitzende vorge­bracht und die der Mediensprecher des BZÖ hier auch unterstützt hat, teile ich in gewisser Hinsicht, nämlich wenn sie so interpretierbar sind, dass man sagt: Alle Fragen, bei denen es um die Ausgestaltung der Medienfreiheit geht, die ein Grundrecht ist, sind nicht Fragen, die sich jeden Tag stellen und die so häufig kommen. Und der Qualität des österreichischen Mediengesetzes oder möglicherweise von Reformen, die wir machen, wäre es auch nicht gerade zuträglich, wenn man das in einem Schnell­schuss – jetzt verwende ich Ihre Diktion – von einer Plenarsitzung zur nächsten machen würde.

Diese Frage hat allerdings deshalb Brisanz und Aktualität, weil – und da bin ich eben ganz anderer Auffassung als Frau Dr. Fekter – das eben die Judikatur des Obersten Gerichtshofes ist und weil in diesem Judikat genau festgestellt wurde, dass dieser Schutz nicht anwendbar ist. Deshalb bräuchte es, um ihn tatsächlich durch die Judikatur auch anwendbar zu machen, eine Gesetzesänderung. Aber, Frau Minister, wie bereits gesagt, besteht ja die Gefahr einer schnellen und damit auch nicht exakten, korrekten und inhaltlich auch wirklich lupenreinen Lösung gar nicht, weil die Bereitschaft zu einer derartigen schnellen Lösung nicht gegeben ist. – Wobei ich das „Wir werden diese Reformen im Herbst angehen“ vom BZÖ, von Uwe Scheuch, nicht ernst nehme. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Aber ich kann Ihnen versprechen: Wir Grüne werden das jedenfalls machen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ihr werdet aus der Opposition zustimmen können, wenn ihr brav


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seid!), mit Unterstützung der Frau Dr. Fekter, sofern sie dann Vorsitzende des Justizausschusses ist, weil wir nämlich diese Frage des Spannungsverhältnisses der Medienfreiheit tatsächlich ernst nehmen.

In der Vergangenheit hat sich die Frage in diesem Punkt des Mediengesetzes nicht gestellt. Aber nach dem, wenn man so will, Schwenk in der Judikatur – doch so kann man das gar nicht nennen –, also nach der jetzigen Judikatur stellt sich diese Frage, und sie muss gelöst werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 823/A dem Justizausschuss zu.

21.20.2816. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Produktpirateriegesetz 2004 (i.d.F. BGBl. I Nr. 56/2004) geändert wird (827/A)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 16. Punkt der Tages­ord­nung und gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Maier. Wunsch­redezeit: 2 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.20.55

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir haben hier eine erste Lesung zu einem Antrag, der zu einem Zeitpunkt eingebracht wurde, als wir, nämlich alle Parteien in diesem Hause, uns noch nicht darauf geeinigt hatten, dass es tatsächlich zu einer derartigen Änderung des Produktpirateriegesetzes kommen soll. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen und darauf hinweisen, dass es bereits einen Vier-Parteien-Antrag dazu gibt.

Ich bin froh, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag gibt, weil die Probleme um die Pro­duktpiraterie weltweit gelöst werden müssen. Die europäischen Volkswirtschaften sind genauso wie die amerikanische Volkswirtschaft davon enorm betroffen. Es gibt große Problembereiche im Bereich der Konsumgüter, gefälschte Arzneimittel, vor denen die WHO immer wieder warnt, unsichere Produkte wie Akkus, die explodieren und schwerste Schäden bei Menschen hervorrufen.

Für uns Abgeordnete ist es meiner Ansicht nach absolut notwendig, zu erfahren, wie das Produktpirateriegesetz in Österreich vollzogen wird und welche Probleme es gibt, weil es auf europäischer Ebene zu neuen Initiativen kommen wird. Ich habe versucht, auch in einer parlamentarischen Anfrage über 70 Fragen die Probleme auszuloten; ich musste dies machen, weil es noch keinen entsprechenden Bericht gibt. Ich sehe den weiteren Diskussionen wirklich mit Interesse entgegen.

In diesem Fall hoffe ich, da es eine Vier-Parteien-Einigung gibt, dass wir den Beschluss heuer, noch in dieser Legislaturperiode, fassen können und es zu einer Vier-Parteien-Einigung kommt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schweisgut. 2 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 



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154. Sitzung / Seite 234

21.22.55

Abgeordneter Johannes Schweisgut (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Wie bereits der Vorredner und Einbringer dieses Initiativantrags, Herr Abgeordneter Maier, gesagt hat, gibt es inzwischen eine Vier-Parteien-Regelung. Wie wichtig dieses Thema ist, kann man auch erkennen, wenn man die Schlagzeilen des amerikanisch-europäischen Treffens der letzten zwei Tage hier in Wien betrachtet, wenn man sieht, dass ein Großteil der Gespräche der Produktpiraterie gewidmet war und dass sich Europa und die USA dahin gehend verständigt haben, dass man dringend etwas gegen die Produktpiraterie unternehmen muss, da ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden entsteht.

Jedes Jahr werden auch vom Finanzministerium Berichte darüber erstellt, welche Schäden oder welche Aufgriffe es gegeben hat. Es wird natürlich nur ein kleiner Teil des tatsächlichen Schadens erfasst. Wenn man sieht, dass im Jahr 2005 180 000 gefälschte Artikel mit einem Gesamtwert von über 33 Millionen € aufgegriffen wurden, und wenn man die enorme Entwicklung in den Jahren davor betrachtet – von 6 Millionen € im Jahre 2003 auf 11 Millionen im Jahre 2004 und dann auf 30 Mil­lionen € im Jahr 2005 –, dann sieht man auch die rasante Entwicklung in diesem Bereich.

Ein Beispiel aus diesem Bereich, das Österreich betrifft und in den letzten beiden Jahren für Schlagzeilen gesorgt hat, ist die Firma Doppelmayr-Lifte in Vorarlberg. Sie hat ungefähr 30 Lifte nach China geliefert, aber dort gibt es inzwischen über 200 „Doppelmayr“-Lifte – unter Anführungszeichen –; sie hat auch bereits solche Lifte nach Vietnam und nach Afrika exportiert, die aber in diesen Ländern enorme Sicher­heitsbedenken hervorrufen, sodass diese Welthandelsfirma, die auch führend in der Produktion ist, international geschädigt wird. Daran sieht man, dass hier auch aus österreichischer Sicht Handlungsbedarf besteht. (Abg. Dr. Fekter: Die Außenhandels­stellen haben riesige Probleme!)

Überall, wo es Marktführer gibt, überall, wo es Leader in markt- und wirtschafts­politi­scher Hinsicht gibt, werden Kopie und Piraterie angewandt. Das gilt es zu verhindern, und dazu ist alles, was wir unternehmen können, auch notwendig. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

21.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.25.09

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Jacky Maier hat in seinen Ausführungen bereits kundgetan, dass es eine Entschließung gibt, die, wie ich denke, am 5. Juli im Finanzausschuss auf der Tagesordnung sein und Behandlung finden wird.

Der Antrag Maier sieht allerdings einen Bericht der Justizministerin einerseits und einen Bericht des Finanzministeriums anderseits vor, wobei sicherlich eine ent­sprechende Diskussion stattfinden wird. Wesentlich werden dabei folgende Fragen sein: Was kann man aus dem Bericht schlussfolgern? Und welche Maßnahmen können gesetzt werden, um die Probleme, die genannt wurden, zu reduzieren?

Da ich nur 2 Minuten habe, möchte ich diese nicht voll ausschöpfen. Herr Präsident, ich danke für das erteilte Wort. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

21.26



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154. Sitzung / Seite 235

Präsident Dr. Andreas Khol: Sie geben ein glänzendes Beispiel, Herr Abgeordneter.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.26.24

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Es geht bei Produktpiraterie ja nicht nur um volkswirtschaftlichen Schaden – teilweise in Milliardenhöhe –, sondern es geht schlicht und einfach auch um Betrug an der Konsumentin und am Konsumenten, der teilweise sogar massive gesundheitliche Schädigungen oder Bedrohungen zur Folge haben kann. Ich habe im vergangenen Sommer eine weitere Reise unternommen, und mir sind nur chinesische Produkte untergekommen, die unter anderen Markennamen firmierten; das ist dort auf der Tagesordnung. (Abg. Großruck: Waren Sie in China?) – Ich war nicht in China, ich war in Sibirien. (Heiterkeit.)

Diese Vorgangsweise, dass wir jetzt infolge eines Vier-Parteien-Antrags einen Bericht bekommen, stellt einmal einen ersten Schritt dar. Wesentlich wäre neben einem Bericht sicherlich eine gezielte Maßnahme von Seiten der EU, damit man diesem Missbrauch, diesem volkswirtschaftlich und konsumentenpolitisch enormen Schaden endlich Einhalt gebietet. Denn es ist nicht nachzuvollziehen, warum rein durch Kopien, durch mangelhafte Kopien von Produkten, Menschen betrogen werden und Betriebe teilweise sogar zusperren müssen. Ich habe während des Ausschusses von einem Kollegen von der ÖVP Beispiele dafür geschildert bekommen, ein Vorarlberger und auch ein Salzburger Unternehmen betreffend; da war wirklich eins zu eins eine Kopie in Peking, in China vorzufinden.

Insofern unterstützen wir natürlich diesen Antrag und diese erste Lesung. Es wird über den Bericht ein erster Schritt möglich sein, aber wir brauchen mehr, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

21.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wimmer. 2 Minuten von vornherein als Wunschredezeit. – Bitte.

 


21.28.15

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es geht um die Änderung des Produkt­pirateriegesetzes 2004. Tatsache ist, dass es Grauzonen gibt, die eine Vollziehung oftmals sehr schwierig machen.

Dieses Problem kommt beispielsweise bei Internet-Verkäufen ganz besonders zum Tragen. Während es sich in den letzten Jahren vorwiegend auf Luxusgüter beschränkt hat, werden nun immer mehr Güter des täglichen Bedarfs gefälscht. Es sind schon einige Beispiel genannt worden. Sogar Kinderspielzeug und Autoteile sind davon betroffen.

Diesen Praktiken muss einfach ein Riegel vorgeschoben werden, und das ist auch der Grund für diesen Antrag. Darum freut es mich ganz besonders, dass unser Freund „Jacky“ Maier die anderen Fraktionen sensibilisiert, motiviert und davon überzeugt hat. Es gibt offensichtlich einen Vier-Parteien-Antrag. Lieber „Jacky“, dir ist zu gratulieren, und den anderen Fraktionen ist ob ihres Weitblickes zu danken. (Beifall bei der SPÖ.)

21.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. Er spricht wunschgemäß bis zu 2 Minuten. – Bitte.

 



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
154. Sitzung / Seite 236

21.29.22

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Nachdem sowohl Kollege Maier als auch Kollege Wimmer den „anderen Fraktionen“ – wie er gemeint hat – gedankt haben für den Beitritt zur Initiative des Kollegen Maier, darf ich den Dank an den Kollegen Maier zurückgeben, der es tatsächlich verstanden hat, uns dafür zu sensibilisieren. Die Sachlage wurde von allen Vorrednern erläutert.

Ich darf aber auch darauf hinweisen, dass es gerade im Finanzausschuss immer wieder möglich ist, über die Parteigrenzen hinweg dank der klugen Vorsitzführung des Kollegen Stummvoll diese Ergebnisse zu erzielen. In diesem Sinne: herzlichen Dank! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

21.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung in dieser ersten Lesung: Herr Abgeordneter Eßl. Auch er spricht wunschgemäß bis zu 2 Minuten. – Bitte.

 


21.30.11

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Es gilt, das Produktpirateriegesetz zu ändern. Es ist dies das Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen über das Vorgehen der Zollbehörden im Verkehr mit Waren, die ein Recht am geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden.

Dieses Gesetz stammt aus dem Jahre 2004. Wie wir bereits gehört haben, gibt es mittlerweile eine Vier-Parteien-Einigung, dass man in eine gewisse Richtung gehen und dies ändern will. Damals war es erforderlich, dass man die so genannte EG-Produktpiraterieverordnung umsetzt und ergänzende innerstaatliche Regelungen erlässt. Dieses Gesetz legt die durch die Zollverwaltung zu ergreifenden Maßnahmen fest und schafft ein Instrumentarium, das es den Zollbehörden erlaubt, Schutzrecht verletzende Waren möglichst frühzeitig aus dem Verkehr zu ziehen.

Ich glaube, wenn jetzt diese Änderung durchgeführt wird, dann haben wir ein moder­nes Gesetz, mit dem wir wieder einige Jahre gut leben können. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

21.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Den Antrag 827/A weise ich dem Finanzausschuss zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

21.32.07 Abstimmung über Fristsetzungsanträge

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über vier Fristsetzungsanträge.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2006 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
154. Sitzung / Seite 237

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Herr Abgeordneter Stummvoll, abstimmen und telefonieren ist schwierig. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Verboten, haben Sie vergessen zu sagen!) – Es ist ihm offenkundig gelungen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 26. April 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Pensionsgesetz 1965, das Bundestheater­pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz und das Gehaltsgesetz 1956 geän­dert werden, eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Wir kommen zu einer weiteren Abstimmung, der Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Außen­politischen Ausschuss zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2006 betreffend das Konsulargebührengesetz 1992 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Fristsetzungsantrag eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Mehrheit und daher angenommen.

Schlussendlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Molterer, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Berichterstattung über den Einspruch des Bundesrates vom 9. Juni 2006 gegen den Beschluss des Nationalrates vom 24. Mai 2006 betreffend das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 eine Frist bis 11. Juli 2006 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das Zeichen wird mit Mehrheit erteilt; der Fristsetzungsantrag ist ange­nommen.

21.34.46 Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 835/A bis 840/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 4390/J bis 4403/J eingelangt.

Schließlich ist eine Anfrage der Abgeordneten Mag. Becher an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für Donnerstag, den 22. Juni 2006, um 9 Uhr ein.


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
154. Sitzung / Seite 238

Die Tagesordnung ist der im Saal verteilten schriftlichen Mitteilung zu entnehmen. Die Sitzung wird mit einer Fragestunde eingeleitet werden.

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Diese Sitzung ist geschlossen.

21.35.29 Schluss der Sitzung: 21.35 Uhr

 

 

 

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