5/PET XXII. GP
Eingebracht am 07.05.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition
MOBILFUNK-PETITION
7.Mai 2003
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich in der
gemeinsam mit der
Europäischen
Kommission organisierten Expertenkonferenz (24.- 26. 2. 2003),
für
die Anwendung des Vorsorgeprinzips bei elektromagnetischen Feldern
ausgesprochen.
Italien und die
Schweiz haben bereits seit Jahren gesetzliche Grenzwerte für
elektromagnetische Felder, die das Vorsorgeprinzip berücksichtigen und daher
weit
unter den Vorschlägen der Internationalen Strahlenschutzkommission
ICNIRP
und der EU-Ratsempfehlung liegen.
Die derzeitigen
Grenzwertempfehlungen der ICNIRP bieten keinen Schutz vor
möglichen
Langzeiteffekten elektromagnetischer Felder, sie schützen auch nicht
vor technischen Interferenzen mit medizinischen Implantaten (Anmerkung 1).
Laut
EU-Ratsempfehlung vom 12. Juli 1999 (1999/519/EG) müssen die
Mitgliedsländer
der Europäischen Union ihre Grenzwerte für
elektromagnetische
Felder selbst festlegen und ist ein Unterschreiten der Werte
der
EU-Ratsempfehlung EU-konform (Beispiel Italien).
Soweit die Umsetzung unserer Forderungen
•
der Bundesregierung obliegt, ersuchen wir den
Petitionsausschuss, sie
dieser
zur Bearbeitung weiterzuleiten,
•
den Ländern obliegt, ersuchen wir, sie diesen zur Kenntnis
und weiteren
Bearbeitung
weiterzuleiten.
Wir erwarten daher
nun auch in Österreich die Anwendung des
Vorsorgeprinzips bei elektromagnetischen Feldern einschließlich
des Mobilfunks im Rahmen eines Gesetzes zum Schutz vor nicht-
ionisierender Strahlung, insbesondere aber erheben wir folgende
Forderungen:
1.
Unverzüglicher
Start des bereits seit
langem in Aussicht gestellten
interministeriellen
und
interdisziplinären
„Runden
Tisches"
mit
Beteiligung der Plattform Mobilfunk-Initiativen
zur Erarbeitung eines
Gesetzes
zum Schutz vor elektromagnetischen Feldern (Anmerkung 2),
2.
Erstellung eines auch für die Öffentlichkeit zugänglichen
Immissionskatasters
für Mobilfunksender (z.B. Vorbild Italien)
3.
Industrieunabhängige Überprüfung und Monitoring nach
Errichtung von
Anlagen
(z.B. Vorbild Italien)
4.
Interdisziplinäre Abklärung der von der Bevölkerung
berichteten und mit
der Errichtung von Mobilfunksendern
in Zusammenhang gebrachten
Störungen
des Wohlbefindens und akuter gesundheitlicher Reaktionen und
Störungen
(mit Einbeziehung niederfrequenter Körperschallmessungen)
5.
Maßnahmen bis zur Realisierung des Gesetzes zum Schutz
vor nicht-
ionisierender
Strahlung (Anmerkung 3),
6. Sanierungsmaßnahmen
für bereits bestehende Anlagen (Anmerkung 4),
7.
Klärung der Haftungsfrage (Anmerkung 5),
8.
Intensivierung der Anstrengungen auf nationaler und
internationaler Ebene
um unverzüglich, basierend auf der
derzeitigen
wissenschaftlichen
Datenlage, massive Forschungen in Richtung technischer Minimierung der
Strahlenbelastung sowohl der
Handynutzer als auch der
passiven
Konsumenten
(Gesamtbevölkerung) und der Anrainer von
Mobilfunksendern
einzuleiten (Anmerkung 6),
9.
Musterverträge für Mobilfunk-Bestandsverträge mit
Verpflichtung der
Mobilfunkbetreiber zur Abklärung typischer Anrainerbeschwerden und
Verzicht
auf die einseitige 20-jährige-Unkündbarkeit (Anmerkung 7),
10.
Verpflichtende Gewerbeberechtigung (Maklerkonzession) für die
Akquisiteure
von Mobilfunk-Bestandsverträgen zwischen Bestandsgebern
(Grundstücksbesitzer)
und Bestandsnehmern (Mobilfunkbetreiber).
Wir wollen an dieser Stelle
ausdrücklich festhalten, dass die Unterzeichner
dieser
Petition nicht prinzipiell gegen mobile Kommunikation auftreten.
Wir treten jedoch für eine
gesundheitsverträgliche Errichtung der erforderlichen
Infrastruktur
unter Wahrung demokratischer Rechte und Verantwortung für die
Volksgesundheit
ebenso ein wie für die Klärung weiterer offener Fragen wie
z.B.
Arbeitnehmerschutz (Handys als Betriebsmittel, ungeklärte Fragen bei
Dacharbeiten etc.) und die Intensivierung der nationalen und internationalen
Forschungsbemühungen
für eine Minimierung der Strahlenbelastung für die
Gesamtbevölkerung,
die Anrainer von Mobilfunksendern und die Handynutzer.
Begründungen:
1.
Der Schutz des Lebens und der Gesundheit wird in der
Verfassung garantiert.
2.
WHO-Gesundheitsdefinition: "Health
is a state of complete physical, mental and social
well-being, and not merely the absence of disease
or infirmity"
3.
In den Verträgen von Rom und Amsterdam erklärten die
Gründungsmitglieder der
Europäischen
Union, dass die Umweltpolitik auf dem Vorsorgeprinzip basieren solle.
4.
Mit der anlässlich der in London 1999 unterfertigten
Deklaration der 3. Minister-
Konferenz
betreffend Umwelt und Gesundheit
wurde die WHO ermutigt, das
Vorsorgeprinzip rigoros anzuwenden:
"the need to rigorously apply the Precautionary
Principle in assessing risks and to adopt a more
preventive, pro-active approach to
hazards".
5.
Resolution des Europäischen Parlaments, Brüssel, vom 10.
März 1999
6.
BSE-Entscheidung der Europäischen Kommission, die vom
Europäischen Gerichtshof
bestätigt
wurde:
"Where there is
uncertainty as to the existence or extent of risks to human health, the
Commission
may take protective measures without having to wait until the reality or
seriousness
of those risks becomes apparent" (Wo Unsicherheit in Bezug auf die
Existenz oder die Größe des Risikos betreffend die menschliche
Gesundheit besteht,
sollte die Kommission Schutzmaßnahmen ergreifen, ohne darauf zu warten,
dass diese
Risken tatsächlich oder ernstlich bemerkbar werden.)
7. Italien, als eines der Gründungsmitglieder der
Europäischen Union, hat die Anwendung
des Vorsorgeprinzips bei
elektromagnetischen Feldern klar in seinem Dekret 381/1998
und seinem späteren Gesetz No. 36/2001, Art. 1-c), definiert und mit Dekret vom
21.02.2003 bestätigt.
Ref: „ Italian Health Ministry -
Documento Congiunto ISPESL-ISS sulla problematica
dell' esposizione dei lavoratori e della popolazione
ai campi elettrici e magnetici e ai
campi elettromagnetici tra 0 Hz e 300 GHz - Fogli di
Informazione ISPESL, IV, 1997,
Rome".
Weitere gesetzliche Regelungen in Italien:
Latio
no. 1/2001, Trento 2000 (Gesetz no. 10/1997), Bozen 2001
8.
Die WHO empfiehlt in ihrem
fact-sheet 193 (Juni 2000): „...open communication and
discussion between the mobile phone operator,
local council and the public during the
planning stages...." (...offene Kommunikation und Diskussion zwischen
Mobilfunkbetreibern,
lokalen Behörden und der
Öffentlichkeit
während der
Planungsphase...).
9.
Dr. M. Repacholi, WHO,
Konferenz der Europäischen Rechtsakademie
(2001):
„...Public involvement in decision
making....siting facilities to minimise public exposure
and concerns...." (...Einbeziehung
der Öffentlichkeit
in den
Entscheidungsprozess...Standortwahl zur Minimierung der Exposition... der
Öffentlichkeit....)
10.
Forderungen der Unabhängigen Expertengruppe IEGMP
(Großbritannien 2000),
Deutschen
Strahlenschutzkommission SSK (13./14. Sept. 2001),
des Bundesamtes für Strahlenschutz Deutschlang (BfS, Pressestatement 01.02.2002)
11.
Zunehmende
finanzielle
Belastungen der öffentlichen Krankenkassen aufgrund
unklarer,
nicht zuordenbarer Störungen von Wohlbefinden und Gesundheit, wobei von
den Betroffenen häufig ein Zusammenhang mit der Errichtung einer
Mobilfunksendeanlage in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung hergestellt/gesehen
wird.
12.
Undemokratisches Vorgehen bei der Errichtung von
Sendeanlagen des Mobilfunks aber
auch
anderer Funk-Dienste (private Funk-Internet-Anbieter, Tetra-Netz, etc.), das in
völligem
Widerspruch zum Vorgehen bei der Errichtung anderer Betriebsanlagen wie
z.B. die Errichtung von Tankstellen, Lebensmittelsupermärkten und
anderen
Großprojekten
(Erweiterung des Flughafens Wien-Schwechat oder Innsbruck) steht.
13.
Nicht nur die Anrainer sind sowohl von Information als
auch von Mitsprache völlig
ausgeschlossen
sind, sondern auch die Gemeinden haben kein Recht auf konstruktive
Mitsprache,
nicht einmal zur Berücksichtigung der örtlichen Raumplanung,
14.
Ungleichbehandlung bzw. Bevorzugung und
Wettbewerbsverzerrung zugunsten der
Mobilfunkindustrie
gegenüber allen anderen Wirtschaftszweigen.
15.
Fehlende „Verortung", auch zum Schutz anderer
Wirtschaftszweige, z.B. Tourismus,
der
mit Landschafts- und Ortsbild wirbt.
16.
Fehlende „Verortung" wegen fehlender Mitsprache- und
Anrainerrechte sowie
- fehlender Information
betreffend Standortwahl und zu erwartender Belastungen durch
die
Tatsache, dass „keine Normungsbehörde Expositionsrichtlinien mit dem Ziel
erlassen hat, vor langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen, wie einem
möglichen
Krebsrisiko, zu schützen."
(Broschüre „Fakten über
Elektromagnetische Felder", Seite 9, unterstützt von:
Weltgesundheitsorganisation
WHO, Bundeskanzleramt BKA, BM für Wissenschaft und
Verkehr
bm.vw mit Veröffentlichung mittels Teleletter des BM für Verkehr,
Technologie und Innovation (BMVIT) in der Wiener Zeitung).
17.
Viele
Fragen
insbesondere
hinsichtlich
Langzeitwirkungen
auf Gesundheit und
Wohlbefinden
insbesondere von Anrainern von Basisstationen sind nach wie vor
unzureichend
bis gar nicht abgeklärt.
18.
Dem
aus
ärztlicher
Sicht dringend gebotenen Vorsorgeaspekt wird nicht
nachgekommen.
19.
Es fehlen gesetzliche Vorschriften zur weitestmöglichen
Minimierung der Belastung
durch elektromagnetische Felder (für Handynutzer und für Anrainer von
Mobilfunksendern).
20.
Es
gibt keine neutrale Information
durch unabhängige Institutionen und keine
entsprechend
klaren „Verortungs"-Kriterien für Basisstationen, wie vom Obersten
Sanitätsrat
in seinen Resolutionen 2000 und 2002 gefordert.
21.
Nationale und internationale Versicherungen und
Rückversicherungen schließen ein
Gesundheitsrisiko in mittelbarem oder unmittelbarem Zusammenhang mit
elektromagnetischen
Feldern explizit von jeglicher Deckung aus.
22.
Die
Proteste der Anrainer
anlässlich der Errichtung von
Mobilfunksendern
nehmen weltweit ständig zu. Daher würden auch die Mobilfunkbetreiber von
Regelungen und Grenzwerten, die auf dem Vorsorgeprinzip und
vertrauensbildenden
Maßnahmen basieren, profitieren.
Anmerkungen:
Anmerkung 1:
a) ICNIRP guidelines 1998, Seite 3: „...and so these guidelines are based
on short-term,
immediate health effects such as
stimulation.....and elevated tissue temperatures ...."
b) ICNIRP guidelines 1998, Seite 2: "Compliance with the present
guidelines may not
necessarily preclude interference with, or effects on, medical devices such
as defibrillators "
c)
Oktober
1998: das amerikanische
NIHS (National Institute of
Health) stuft starke
niederfrequente
elektromagnetische Felder als ein mögliches Krebsrisiko ein. Die Feststellung
bezieht sich primär auf erhöhtes Leukämierisiko in der Nähe von
Starkstromleitungen.
d)
2001: die International Agency for Research on Cancer
(IARC) stuft niederfrequente
elektromagnetische
Felder (Stromleitungen) als mögliches menschliches Karzinogen ein.
e)
Bereits 1999 bestätigte die WHO, Regionalbüro für Europa,
in ihrer Informationsbroschüre
Nr. 32 für
kommunale Behörden „Fakten über
elektromagnetische Felder": „Keine
Normungsbehörde hat Expositionsrichtlinien mit dem Ziel erlassen, vor langfristigen
gesundheitlichen
Auswirkungen, wie einem möglichen Krebsrisiko, zu schützen."
Anmerkung 2:
Der „Runde Tisch" soll
a) dem
Vorsorgeprinzip und den Kriterien des Public Health verpflichtet sein.
b)
die Resolutionen des Obersten Sanitätsrates vom 18.
November 2000 und vom 8. März
2002
berücksichtigen, insbesondere:
Die „Verortung" muss von der zuständigen Behörde nach
klaren Richtlinien
genehmigt und geprüft werden.
Es sollen gesetzliche Maßnahmen gesetzt werden, dass
a. es bei verschiedenen Systemen durch die
Kumulierung der Felder nicht zu
einem Überschreiten kommt und
b. die Betreiber durch gesetzliche Bestimmungen auch
unterhalb der Grenzwerte
(Anmerkung: derzeit gibt es nur Richtwerte) noch zu einer Minimierung
der
Belastung durch elektromagnetische Felder angehalten werden.
Die Industrie wird aufgefordert, die Endgeräte in der
Leistungsabgabe zu begrenzen
und dabei auch die entsprechende Information ....weiterzugeben,
...es ist anzustreben, dass der Richtwert mindestens um
den Faktor 100 unter dem
Grenzwert angelegt wird und unter diesem Gesichtspunkt die Anlagen zu
prüfen sind.
c)
auf den wissenschaftlichen Ergebnissen der
Internationalen Konferenz in Catania, Italien,
im
September 2002 und den Forderungen von IEGMP, SSK und BfS aufbauen,
d)
von der PMI empfohlene vertrauensbildende Maßnahmen bei
der Errichtung von
Mobilfunksendern evaluieren:
a)
Beteiligung der Bürger und der Lokalbehörden in den Standortauswahl-
Prozess in der Planungsphase (Beispiel der Runden Tische in Italien,
insbesondere in Venedig), auch im Sinne eines demokratischen
Interessensausgleichs (Wertminderung von Liegenschaften)
b)
Verpflichtung, alternative
Standorte zu prüfen und für alle
Optionen
Immissionsberechnungen vorzulegen mit der Auflage,
c)
Berücksichtigung des Orts- und
Landschaftsschutzes
d)
Berücksichtigung der bereits vorhandenen
HF-EMF-Immissionen (Beispiel
Italien)
e)
Betreiberunabhängige Kontrolle und Monitoring
nach Inbetriebnahme
(Beispiel Italien)
f)
Für die Bevölkerung zugängliche
industrieunabhängige nationale und lokale
Datenbank mit den erforderlichen Angaben zu allen RF-Sendern.
g)
Abklärung der von der Bevölkerung berichteten
Störungen im Wohlbefinden
(bei Mensch und Tier) nach Errichtung von Mobilfunksendern.
Anmerkung 3:
Bis zur Realisierung des unter Berücksichtigung des
Vorsorgeprinzips interdisziplinär
erarbeiteten Gesetzes zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung müssen
umgehend
Maßnahmen wie Beteiligung der Kommunen und der Bürger bei der Standortwahl
sowie
Verpflichtung zur Strahlungsminimierung, belegt durch Inimissionsberechnungen
im
Planungsstadium
unter Berücksichtigung bereits vorhandener HF-EMF-Quellen, sowie die
Evaluierung
von Alternativstandorten festgelegt werden, die in der täglichen Praxis der
Errichtung von Mobilfunksendern unverzüglich Beachtung finden müssen.
Anmerkung 4:
Siehe zum Beispiel die Gesetze zur Sanierung von Hochspannungsleitungen in Italien!
Anmerkung 5:
Nachdem derzeit nationale und
internationale Versicherungen und Rückversicherungen das
Gesundheitsrisiko
in mittelbarem und unmittelbarem Zusammenhang mit
elektromagnetischen
Feldern explizit von der Versicherungsdeckung ausschließen, muss die
Haftungsfrage, auch im Interesse der Bestandsgeber, umgehend z.B. mittels eines
durch die
Mobilfunkbetreiber
zu dotierenden Haftungsfonds, geregelt werden.
Anmerkung 6:
Messungen in der
Stadt Salzburg, in Linz, Kärnten, Wien und Deutschland belegen, dass der
in
der Salzburger Resolution vom Juni 2000 empfohlene Wert von 1 Milliwatt / m2
technisch
möglich
ist. In Italien wird die Idee eines Netzes bestehend aus Mikrozellen zur
Reduktion
der
maximalen Strahlenbelastungen diskutiert.
Anmerkung 7:
In der derzeitigen Situation erachten
wir es für notwendig, die 20jährige
Unkündbarkeitsklausel
durch den Bestandsgeber nicht in die zu gestaltenden Musterverträge
zu
übernehmen.