39/PET XXII. GP
Eingebracht am 22.09.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition
PETITION an den Nationalrat
laut Geschäftsordnungsgesetz 1975 BGBL Nr. 410
Umweltverträglichkeitsprüfung für den Neubau der Tourismusregion Gasteiner Tal: |
Einreicher: Österreichischer
Alpenverein, Zweig Bad Gastein
Bürgerinitiativen des Gasteiner Tals
Tourismusverband Bad Gastein
mit Unterstützung der Abg. zum Nationalrat:
Die Ausgangslage
Die
österreichischen Bundesbahnen planen die Errichtung einer Hochleistungsstrecke
im
Gasteinertal. Diese Planung basiert auf
einer Verordnung der Bundesregierung, die sich im
Zuges des EU Beitritts dazu verpflichtet hat, anstelle der eingleisigen
Tauernbahn eine der
wichtigsten Güterverkehrsachsen Europas zu errichten.
„Auf der Tauern-Bahnstrecke sollen ab
sofort zusätzliche Zugverbindungen die
Schiene für Frächter attraktiver machen," betont
Verkehrslandesrat Wilfried Haslauer
(ÖVP). So soll es künftig viermal täglich eine Verbindung Salzburg-Villach
geben,
viermal täglich soll Triest-Salzbung
gefahren werden.
Außerdem soll es eine Direktverbindung
von München über Salzburg und Villach
nach Triest geben, kündigt Haslauer an. So sollen pro Monat 5.000 Lastwagen von
der Straße auf die Schiene 'übersiedeln'. Um eine Verladung auf die Schiene für
Frächter interessant zu machen, wird
Österreich künftig 42 Millionen Euro pro Jahr in
die Rollende Landstraße stecken.
Dabei werden nicht
mehr die Züge pauschal gefördert, sondern pro Sendung wird ein Betrag
zugeschossen: So etwa bei einer Fahrt über den Brenner 85 Euro oder auf der
Tauernstrecke
75 Euro. " (ORF Online-Nachrichten, Salzburg, 21.07.2004)
Dabei
handelt es sich beim Gasteinertal um eine der wichtigsten Tourismusregionen
Öster-
reichs: Die jährliche Wertschöpfung des Gasteinertals beträgt € 400 Millionen,
mit circa 2,4
Millionen Nächtigungen zählt die Region zu
den wichtigsten Fremdenverkehrsgebieten Öster-
reichs. Zehntausende Menschen finden im Gasteinertal Arbeit, Millionen
aus aller Welt Hei-
lung und Linderung ihrer Schmerzen durch die Gasteiner Kur. Keine andere
Fremdenver-
kehrsregion hat ein so dichtes Angebot sowie eine Kur- und Sportinfrastruktur
auf höchstem
Niveau zu bieten wie das Gasteinertal:
Allein in den letzten beiden Jahren wurden rund € 40
Millionen in neue touristische Infrastruktur wie den modernsten
Thermenanlagen Europas,
einem neuen 18 Loch Golfplatz oder neuer Skilifte investiert. Weitere hunderte
Millionen
flossen in Erweiterung und Renovierung bestehender Tourismusobjekte.
Was bisher geschah:
Nachdem die ursprüngliche Trassenwahl (300 m lange
Doppelbrücken in Betonbauweise in
Bad
Hofgastein und eine Querung der Strecke mitten im Ort in Bad Gastein1)
Entrüstung und
Ablehnung innerhalb
der Bevölkerung des Tales hervorgerufen hatte, wurde zur Trassenfin-
dung für den Neubau der Tauernbahn im
Gasteinertal ein beispielhaftes mehrjähriges Media-
tionsverfahren, das sogenannte „Mediationsforum Gasteinertal"
durchgeführt.
Der im Vertrag des
Mediationsforums enthaltene Bericht beschäftigt sich ausführlich mit der
Frage der
Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung.
Das Mediationsforum
hat damit die Frage der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeits-
prüfung ausdrücklich
als Problem erkannt und dazu im einzelnen festgehalten:
·
Mit Verordnung der Bundesregierung vom 4.7.1989 (BGBl.
135 vom 1.3.1989)
wurde die Tauernachse
zur Hochleistungsstrecke erklärt.
1 Zitat aus
Petition der Marktgemeinde Bad Hofgastein vom 8. Dezember 1997 an den Herrn
Bundespräsidenten
• Am
26.1.1998 brachte die Salzburger Landesumweltanwaltschaft auf Anregung
der
Gemeinden einen Antrag auf Feststellung der UVP-Pflicht bei der Salzburger
Landesregierung
ein, dem mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom
22.4.1998
stattgegeben wurde.
Auf
Grund einer Berufung der ÖBB und des Ministeriums hob der Umweltsenat den Be-
scheid der Salzburger Landesregierung auf- mit der Begründung, dass ein
„präzises konkre-
tes Projekt" noch nicht vorliegen würde.
Doch
sofort mit dem ersten Projekt Angerschluchtbrücke - Bahnhof Angertal, das nach
der
Unterzeichung des Mediationsvertrages von
den ÖBB eingereicht wurde, war der Mediati-
onsvertrag gleich mehrfach gebrochen:
§
Das Projekt Angerschluchtbrücke müsste laut
Mediationsvertrag gemeinsam mit
dem Projekt des
Schlossalmtunnels eingereicht werden - um geltendes Umwelt-
recht zu umgehen hat die ÖBB das Projekt vertragswidrig gestückelt.
§
Die projektierten Lärm werte übersteigen die im
Kriterienkatalog des Mediations-
vertrages
vereinbarten zulässigen Lärmwerte um ein Vielfaches und sind für die
betroffenen Talbewohner gesundheitsschädlich.
§
Die einzige im Mediationsvertrag vorgesehene Sanktion,
nämlich die Einberufung
einer
Mediationssitzung, wurde von den Bürgern gefordert, jedoch ignoriert.
Der
für Bad Hofgastein aus Lärmschutzgründen unbedingt notwendige Schlossalmtunnel
wird zwar von den ÖBB versprochen, das
Verkehrsministerium selbst hat jedoch brieflich
bestätigt, dass der Tunnel wegen fehlender finanzieller Mittel
zurückgestellt wurde.
Situation
Betroffener:
Zitat aus der Alpenkonvention, Verkehrsprotokoll: „ (...)
im Bewusstsein, dass der Alpenraum
ein Gebiet
umfasst, das durch besonders empfindliche Ökosysteme und Landschaften, oder
durch geografische und topografische Verhältnisse, welche die Schadstoff- und
Lärmbelas-
tung verstärken, oder durch einzigartige Naturressourcen oder ein einzigartiges
Kulturerbe
gekennzeichnet ist..."
Das Recht auf Schutz
des eigenen Lebensraums kann wohl als selbstverständlich angesehen
werden!
Wir sind es leid, in dieser Frage von einer Behörde zur anderen, vom Land zum
Bund und wieder
retour verwiesen zu werden.
Wir haben den
Eindruck, dass Bund und Land die Entscheidung über die UVP-Pflicht solange
hinauszögern wollen,
bis uns allen hier im Tal buchstäblich und existentiell die Luft ausgeht.
Was uns bewegt:
Im
Mediationsvertrag wurde vereinbart:
Ø
...
dass die
mögliche Vorgehensweise der ÖBB, Teilprojekte einzureichen, die
Vertragspartner nicht bei ihrer Einschätzung der Rechtsfrage präjudiziert,
nach welchen gesetzlichen Bestimmungen die
jeweiligen Verfahren durchzufüh-
ren sind.
Ø
... dass die ÖBB für das vereinbarte Gesamtprojekt
Neubau der Tauernbahn im
Gasteinertal die Unterlagen für die Erlassung einer Trassenverordnung so
vor-
legen, dass entweder für das Gesamtprojekt oder für zwei Teilprojekte, die je-
weils das Gemeindegebiet von Bad Gastein und Bad Hofgastein umfassen,
die
Trassenverordnung
erlassen werden kann...
Für uns stellen sich folgende Fragen:
Ø
Was
ist ein Vertrag mit den ÖBB und dem Bund noch wert?
Ø
Sind
Rechtssicherheit sowie der Vertrauensgrundsatz gefährdet?
FORDERUNGEN
1. Wir fordern ein faires Verfahren zur Prüfung der UVP-Pflicht für den Bauab-
schnitt Angerschluchtbrücke
- Bahnhof Angertal unter Berücksichtigung der
damit verbundenen Frequenzsteigerung des Gütertransits in den betroffenen
Kurorten. Wir haben
den Verdacht, daß die ÖBB diesen Bauabschnitt absicht-
lich vorab eingereicht haben, um eine UVP
zu umgehen. Das ist die sogenannte
„Stückelung" des Projektes, die
sattsam als „Salami-Taktik" bekannt ist. Spe-
ziell dies sollte mit dem Mediationsvertrag aber verhindert werden. Die
einzige
Instanz zur Prüfung dieses Antrages ist der
Verkehrsminister selbst! Nach ei-
nem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 16.6.2004, Zl. G 4-6/04,
hat
gegen den Bescheid des Verkehrsministers
nicht einmal die Landesumweltan-
waltschaft als Antragstellerin das
Recht, gegen den Feststellungsbescheid beim
Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu erheben. Es entsteht also die
Situation,
daß der Verkehrsminister selbst über ein
Projekt der ÖBB abspricht und selbst
feststellt, ob dieses Projekt im dann vom selben Minister geführten
Eisenbahn-
genehmigungsverfahren UVP-pflichtig ist oder nicht. In dieser Situation bitten
wir das Hohe Haus, diesen verfassungsrechtlich fragwürdigen Zustand zu prü-
fen und unser Recht auf eine UVP,
insbesondere aber unser Recht auf eine Prü-
fung der UVP-Pflicht durch eine unabhängige Instanz zu wahren.
2. Wir fordern
im Sinne der volkswirtschaftlichen Vernunft, das Gasteinertal und
seine
Wirtschaftskraft nicht durch den Bahnlärm zu ruinieren. Wir sind eine
der wichtigsten
Tourimusregionen Österreichs, unsere Heilvorkommen bringen
vielen Millionen Menschen aus dem In- und
Ausland Heilung von ihren Lei-
den. Eine zusätzliche Lärmbelastung
würde die Wirtschaft des Tales nachhaltig
schädigen, tausende Arbeitsplätze
gingen verloren, dem Staat entgingen Steu-
ereinnahmen in Milliardenhöhe. Mit dieser
Wertschöpfung würde das Ge-
samtprojekt in weniger als einem Jahr
finanziert sein!! Wir bitten Sie deshalb,
sich den Sorgen der Bevölkerung des Gasteinertales
anzunehmen und eine
Zerstörung der wirtschaftlichen Basis mit der Durchführung einer UVP und
ei-
ne rasche Verwirklichung des vereinbarten Projektes zu verhindern.
3. Wir fordern die ÖBB dazu auf.
nicht weiter unter dem Vorwand eines abstrak-
ten
öffentlichen Interesses unser konkretes Leben, unsere konkrete Gesundheit,
unsere
konkreten Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen, und Menschen, die sich
neben
ihrer anstrengenden Tagesarbeit für ihre existentiellen Grundlagen ein-
setzen, mit formalen
Bürokratismen zu blockieren. Wir hoffen Verständnis da-
für zu finden, dass der Staat und seine Verwaltung nicht dazu da sind, den Bür-
gern die Lebensgrundlage zu entziehen,
sondern ganz im Gegenteil Gefahren
durch den internationalen Fernverkehr durch volkswirtschaftlich richtige
Infra-
strukturmassnahmen wie eine Tunnelumfahrung
in Hofgastein und Bad Gast-
ein abzuwehren.
Für das Gasteinertal geht es um das Überleben, sollte
den ÖBB die Umgehung der UVP
und damit die Umsetzung einer offenen Trasse gelingen, droht der
wirtschaftliche Unter-
gang des Tales: Ein Gutachten der renommierten Schweizer Hochschule St. Gallen
stellt
bei der von den ÖBB
ursprünglich geplanten zweigleisig offenen Streckenführung den
Kurortestatus und damit das wirtschaftliche Überleben des Tales in Frage!
Das Gasteinertal floriert und es wurden und
werden in letzter Zeit touristi-
sche Investitionen in Höhe von vielhundertfachen
Euro-Millionen getätigt!
Lassen wir es nicht zu, dass es vom Transitterror
zerstört wird!!
Wir bitten Sie um Ihr Verständnis und Ihre Hilfe in
dieser für das Gasteinertal überlebens-
wichtigen
Frage!
Kontaktadressen der überparteilichen Bürgerinitiativen |