40/PET XXII. GP

Eingebracht am 22.09.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

PETITION an den Nationalrat

laut Geschäftsordnungsgesetz 1975 BGBL Nr. 410

 


 

Umweltverträglichkeitsprüfung für den Neubau der Hocbgeschwindig-
keitsbahnstrecke Gasteinertal:
Eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit!

Einreicher: Bürgerinitiativen des Gasteinertales
mit Unterstützung der Abg. zum Nationalrat:

 


PETITION an den Nationalrat

laut Geschäftsordnungsgesetz 1975 BGBL Nr. 410

 

Umweltverträglichkeitsprüfung für den Neubau der

Hochleistungsbahnstrecke Tauernbahn in der Kur- und

Tourismusregion Gasteiner Tal:

Eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit!

Einreicher :          Österreichischer Alpenverein, Zweig Bad Gastein
Bürgerinitiativen des Gasteiner Tals
Tourismusverband Bad Gastein

mit Unterstützung der Abg. zum Nationalrat:

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Die Ausgangslage

Die österreichischen Bundesbahnen planen den Neubau einer Hochleistungsstrecke
im Gasteiner Tal. Diese Planung basiert auf einer Verordnung der Bundesregierung,
die im Zuge der Beitrittsverhandlungen zur EU ihre Bereitschaft erklärt hat, anstelle
der einspurigen Tauernbahn eine zweigleisige Hochleistungsstrecke neu zu errichten
und diese zu einer der wichtigsten Güter- und Fernverkehrsachsen Europas zu
machen.

„Auf der Tauern-Bahnstrecke sollen ab sofort zusätzliche Zugverbindungen die
Schiene für Frächter attraktiver machen," betont Verkehrslandesrat Wilfried Haslauer
(ÖVP) am 21. Juli dieses Jahres. So soll es künftig viermal täglich eine Verbindung
Salzburg-Villach geben, viermal täglich soll Triest-Salzburg gefahren werden.

Außerdem soll es eine Direktverbindung von München über Salzburg und Villach
nach Triest geben, kündigt Haslauer an. So sollen pro Monat 5.000 Lastwagen von
der Straße auf die Schiene 'übersiedeln'. Um eine Verladung auf die Schiene für
Frächter interessant zu machen, wird Österreich künftig 42 Millionen Euro pro Jahr in
die Rollende Landstraße stecken.

Dabei werden nicht mehr die Züge pauschal gefördert, sondern pro Sendung wird ein
Betrag zugeschossen: So etwa bei einer Fahrt über den Brenner 85 Euro oder auf
der Tauernstrecke 75 Euro."
(ORF Online-Nachrichten, Salzburg, 21.07.2004)

Mit der deklarierten Leistungssteigerung der Tauernachse als zweigleisige HL-
Strecke sind wesentliche Kapazitätssteigerungen insbesondere in der Nacht
durch Gütertransporte verbunden.

Ohne umfassende Lärmschutzmaßnahmen für die betroffenen Gemeinden ist
der Kurorte - Status und damit die wirtschaftliche Grundlage des Gasteiner
Tales unmittelbar gefährdet.

Was bisher geschah

In den von den ÖBB ursprünglich geplanten Trassen (300 m lange Doppelbrücken in
Betonbauweise in Bad Hofgastein und eine Querung der Strecke mitten im Ort in
Bad Gastein1) blieben die besonderen Bedürfnisse einer Kur- und Fremdenverkehrs-
region unberücksichtigt. Vehemente Entrüstung und Ablehnung innerhalb der
Bevölkerung des Tales waren die Folge, weshalb zur Trassenfindung für den
Neubau der Tauernbahn im Gasteinertal ein Mediationsverfahren, das sogenannte
„Mediationsforum Gasteiner Tal“ durchgeführt wurde. Darin wurde gemeinsam mit
den ÖBB ein umfangreicher Kriterienkatalog erarbeitet, um die Trassenplanung auf
die von den ÖBB anerkannten vitalen wirtschaftlichen und sozialen Interessen
der Kurorte
abzustimmen. Darüber wurde im Sommer 2001 ein Vertrag
unterzeichnet. Der im Vertrag des Mediationsforums enthaltene Bericht beschäftigt
sich wiederholt mit der Frage der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung

1 Zitat aus Petition der Marktgemeinde Bad Hofgastein vom 8. Dezember 1997 an den Herrn Bundespräsidenten

 


als einzig tauglichem Instrument zur Umsetzung der ausverhandelten
Trassenlösungen.

-           Nur in einer UVP können die Umweltauswirkungen eines Vorhabens in ihrer
Gesamtheit geprüft und Vorsorgemaßnahmen für den Schutz der
Bevölkerung vorgeschrieben werden.

-           Nur in einer UVP können die öffentlichen Interessen der Kurregion als
Wirtschaftsfaktor berücksichtigt werden.

-           Nur in einer UVP haben Bürgerinitiativen das Recht auf Information,
Mitsprache und Parteistellung.

Änderung der Ergebnisse des Mediationsvertrags?

Im Dezember 2003 haben die ÖBB ein 1,7 km langes Teilstück
„Angerschluchtbrücke bis Bahnhof Angertat“ ohne Umweltverträglichkeitsprüfung zur
eisenbahnrechtlichen Genehmigung eingereicht. In diesem Teilprojekt werden
Grundsätze des Mediationsvertrages nicht eingehalten. Dies zeigt sich in der
Anrechnung des Schienenbonus, der fehlenden Berücksichtigung des Kurorte -
Status sowie in der bewussten Stückelung zur Umgehung der UVP.

Eine Beschwerde des Landschaftsplaners DI Robert Unglaub an die EU -
Kommission (Zahl 2002/5369) betreffend das Stückelungsverbot im
Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren hatte erst unlängst Erfolg: Die Republik
Österreich wurde per Schreiben vom 5. April 2004 von der EU - Kommission,
Generaldirektion Umwelt, aufgefordert, die fehlerhafte Anwendung der Richtlinie
85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und
privaten Projekten in der Fassung der Richtlinie 97/11/EG (UVP-Richtlinie) zu
sanieren. Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Straßenbauprojekt in Kärnten,
die B 100 - Drautalstraße. Der Bauwerber hatte die 28 km lange Strecke in kleinere
Einheiten unterteilt und jeden Abschnitt als eigenes Projekt ausgegeben. Er wollte
damit die UVP-Pflicht, die ab einer Straßenlänge von 10 Kilometern vorgeschrieben
ist, umgehen.

Im April 2004 hat die Salzburger Umweltanwaltschaft bei der Eisenbahnbehörde
einen UVP-Feststellungsantrag eingebracht. Ohne ersichtlichen Grund wird die
Entscheidung der zuständigen Behörde verschleppt, obwohl die gesetzliche
Entscheidungsfrist von 8 Wochen längst überschritten ist.

Der Österreichische Alpenverein hat zur Wahrung der Rechtsvorschriften der EU
(Stückelungsverbot bei UVP-Pflicht) für die Alpen- und Nationalparkregion Gasteiner
Tal Beschwerde bei der EU-Kommission erhoben.

Die Situation der Betroffenen

Zitat aus der Alpenkonvention, Verkehrsprotokoll: „(...) im Bewusstsein, dass der
Alpenraum ein Gebiet umfasse, das durch besonders empfindliche Ökosysteme und
Landschaften, oder durch geografische und topografische Verhältnisse, weiche die
Schadstoff- und Lärmbelastung verstärken, oder durch einzigartige
Naturressourcen oder ein einzigartiges Kulturerbe gekennzeichnet ist..."

 


-           Wir erachten uns in unserem Recht auf Bewahrung der sensiblen alpinen
Landschaft verletzt,  weil  uns das  UVP-Verfahren  zum  Schutz  unseres
Lebensraumes in der Nationalparkregion Hohe Tauern vorenthalten wird.

-           Darüber hinaus sehen wir unsere wirtschaftliche Existenzgrundlage - die
Ressourcen der Kur-,  Nationalpark- und Tourismusregion - unmittelbar
gefährdet.

-           Der von den Bürgerinitiativen mit großem persönlichen und finanziellen
Engagement mit erarbeitete Mediationsvertrag - ein umfangreiches Konvolut
aus  Kriterien  und  Fachgutachten - sowie die vereinbarten  Regeln zur
Umsetzung der Trassenvarianten werden einseitig und willkürlich von den
ÖBB gebrochen.

-           Durch        den        gezielten        Versuch        einer       Umgehung        der
Umweltverträglichkeitsprüfung   sehen   wir   uns    in    unseren   vertraglich
zugesicherten Rechten bei der Umsetzung verletzt.

Das Recht auf Schutz des eigenen Lebensraums kann wohl als selbstverständlich
angesehen werden! Wir sind es leid, in dieser Frage von einer Behörde zur anderen,
vom Land zum Bund und wieder retour verwiesen zu werden.

Wir hegen die Befürchtung, dass der Feststellungsantrag der Umweltanwaltschaft
Salzburg demnächst abgelehnt wird (wie seitens des Ministeriums angekündigt) und
eine Beschwerde der Landes - Umweltanwaltschaft von demselben Ministerium in 2.
Instanz zurückgewiesen wird. In diesem Fall wird die Beschwerde des
Österreichischen Alpenvereins schlagend. Der ÖAV hat sich unter Berufung auf das
Stückelungsverbot laut der Richtlinie 85/337/EWG über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in
der Fassung der Richtlinie 97/11/EG (UVP-Richtlinie) bei der EU - Kommission,
Generaldirektion Umwelt beschwert.

Im Mediationsvertrag wurde vereinbart:

Ø            ... dass die ÖBB für das vereinbarte Gesamtprojekt Neubau der
Tauernbahn im Gasteinertal die Unterlagen für die Erlassung einer
Trassenverordnung so vorlegen, dass entweder für das Gesamtprojekt
oder für zwei Teilprojekte, die jeweils das Gemeindegebiet von Bad
Gastein und Bad Hofgastein umfassen, die Trassenverordnung
erlassen werden kann...

Daher stellen sich für uns folgende Fragen:

Trotz mehrjährigem erfolgreichem Verhandlungsprozess und trotz
unterzeichnetem Vertrag werden von den ÖBB eindeutige Schritte gesetzt, die auf
Umgehung der UVP und den Ausschluss von unseren Rechten als
Verfahrenspartei abzielen.

Wie steht es um die Glaubwürdigkeit und Vertragstreue der ÖBB?

 


Welchen politischen Stellenwert haben ein Mediationsverfahren und ein
Mediationsvertrag, die unter Teilnahme von ÖBB und dem zuständigen
Ministerium BMVIT zustande gekommen sind?

FORDERUNGEN

-           Vollständige und vertragskonforme Umsetzung der Ergebnisse des
Mediationsvertrages durch die ÖBB.

-           Anerkenntnis und Deklaration für den umfassenden Schutz der Kur- und
Fremdenverkehrsregion Gasteinertal beim Neubau der HL-Tauernachse.

-           Projekteinreichung für ein UVP-Verfahren ohne Stückelung für die Gemeinde
Bad Hofgastein, d. h. Angerschluchtbrücke und Schlossalmtunnel als
Gesamtprojekt mit UVP.

-           Aufnahme der beiden Projektabschnitte Schlossalmtunnel und
Stubnerkogeltunnel in den Generalverkehrsplan und rasche Freigabe der
Planungen für Bad Gastein.

Schlussfolgerung

Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 16.6.2004, Zahl G 4-
6/04, hat nicht einmal die Landesumweltanwaltschaft als Antragstellerin das
Recht, gegen den Feststellungsbescheid des Verkehrsministers beim
Verfassungsgerichtshof Beschwerde zu erheben.

Es entsteht also die Situation, dass der Verkehrsminister selbst über ein
Projekt der ÖBB abspricht und dann feststellt, ob dieses Projekt im von
demselben             Verkehrsminister             geführten             Eisenbahn            -

Genehmigungsverfahren umweltverträglichkeitsprüfungspflichtig ist oder
nicht.

In dieser Situation bitten wir das Hohe Haus, diesen verfassungsrechtlich
fragwürdigen Zustand zu prüfen und unser Recht auf eine
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP), insbesondere aber unser Recht auf
eine Prüfung der UVP - Pflicht durch eine unabhängige Instanz zu wahren.