55/PET XXII. GP

Eingebracht am 15.02.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Petition

 

 

Anton Heinzl

Abgeordneter zum Nationalrat
Prandtauerstraße 4
A-3100 St. Pölten

An den Präsidenten des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

Parlament

Dr.-Karl-Renner-Ring 3

A-1017 Wien

St. Pölten, am 9. Februar 2005

Petition gegen die Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte St. Pölten

Sehr geehrter Herr Präsident!

In der Anlage überreichen wir die Petition" gegen die Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte
St. Pölten" im Sinne des § 100 Abs. 1 Z 1 GOG mit dem Ersuchen um
geschäftsordnungsmäßige Behandlung.

Mit freundlichen Grüßen

 

Anton Heinzl

Anlagen: wie oben erwähnt


DER BÜRGERMEISTER

2. Februar 2005

Sehr geehrter Herr Nationalrat,
lieber Freund!

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt St. Pölten hat in seiner Sitzung vom
31. Jänner 2005 mit sehr großer Mehrheit eine Resolution gegen die Schließung
der ÖBB-Lehrwerkstätte St. Pölten beschlossen, deren Wortlaut ich dir
beiliegend zur Kenntnis bringen darf. Gleichzeitig ersuche ich dich im Namen
der St. Pöltner Gemeindevertretung nachdrücklich um Unterstützung des in
dieser Resolution ausgedrückten Anliegens!

Mit freundschaftlichen Grüßen
(Mag. Matthias Stadler)

 

S. g. Herrn

Abg. z. NR Anton Heinzl

Kokoschkastr. 11
3104 St.Pölten-Harland


 

 

Dringlichkeitsantrag

Gemäß § 6 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat wird
beantragt, nachstehenden Gegenstand in die Tagesordnung für die Sitzung
des Gemeinderates am 31. Jänner 2005 aufzunehmen:

„Resolution gegen die Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte".

Dieser Gegenstand soll unter Punkt VIa. 2a. behandelt werden.

St. Pölten, am 25. Jänner 2005


Betrifft: Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte

Bericht

an den Gemeinderat der Landeshauptstadt St. Pölten

Mit 1.1.2005 wurde die bisherige ÖBB in ihrer bisherigen Struktur verändert und in
eine ÖBB Holding AG mit wirtschaftlich eigenständigen und selbst verantwortlichen
Aktiengesellschaften und GmbHs umgewandelt. Der Bund hält jedoch weiterhin 100
Prozent der Anteile, wobei die Anteilsrechte vom Bundesminister für Verkehr, Inno-
vation und Technologie verwaltet werden.

Die Einzelgesellschaften sind zu einer betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung ver-
pflichtet, wovon auch der Bereich der Lehrlingsausbildung nachhaltig betroffen ist.
Derzeit bilden die ÖBB deutlich mehr Lehrlinge aus, als das Unternehmen selbst
benötigt. Im Zuge der Neustrukturierung ist die ÖBB genötigt, die Zahl an Lehrstellen
an den Bedarf des Unternehmens anzupassen. Dies wird dazu führen, dass öster-
reichweit von den derzeit rund 358 Lehrlingen im Jahr nur mehr 50 bis 70 ausgebil-
det werden.

Diese Entwicklung ist umso bedenklicher, als sich die Situation für lehrstellensu-
chende Jugendliche in den letzten Jahren dramatisch verschärft hat. Wie Zahlen des
AMS zeigen, standen zum Jahresende 2004 bundesweit 15.648 Lehrstellensuchen-
den nur 1.872 offenen Lehrstellen gegenüber. Dies ergibt für 2004 eine Lehrstellen-
lücke von 13.776.

Zurückzuführen ist diese traurige Bilanz vor allem auf die Weigerung von immer
mehr Unternehmen, Lehrlinge auszubilden und stattdessen ungelernte Arbeitskräfte
oder Fachkräfte von ehemals staatlichen Betrieben zu übernehmen. Die Unterneh-
men ersparen sich dadurch die Ausbildungskosten, die im Falle eines High-Tech    .
Berufes bei rund 70.000 Euro liegen.

Nach Berechnung der Wiener Arbeitsmarktforschungsgesellschaft Synthesis stan-
den vor 25 Jahren in Österreich noch 194.100 aufrechte Lehrstellen zur Verfügung.
Für das Jahr 2005 erwartet Synthesis einen weiteren Rückgang auf 117.000 Ausbil-
dungsplätze, was gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 2.000 Lehrstellen bedeutet.

Die ÖBB wären weiterhin bereit, entsprechend ihren Ausbildungskapazitäten Lehr-
linge auszubilden, erwarten jedoch eine entsprechende Abgeltung der Ausbildungs-
kosten durch Bund, Länder, AMS und Firmen. Obwohl bereits die Anmeldefrist für
das Ausbildungsjahr 2005/2006, das mit 1.September startet, begonnen hat, fehlen immer noch entsprechende Zusagen seitens der Regierung.

Durch die deutlich geringere Zahl der Ausbildungsplätze gerät ab dem Jahr 2008
auch die ÖBB-Lehrwerkstätte in St. Pölten massiv unter Druck, wobei die Ausbildung
der derzeitigen Lehrlinge im bisherigen Umfang fortgesetzt und abgeschlossen wird.
Derzeit erhalten 101 Mädchen und Burschen im Fachgebiet Elektro-Anlagentechnik
eine hochqualifizierte Ausbildung, gilt doch die erst 1991 um 88 Mio. Schilling errich-
teten ÖBB-Lehrwerkstätte St. Pölten als Vorzeigeprojekt der ÖBB. Seit 1945 wurden
mehr als 2.300 Lehrlinge in St. Pölten ausgebildet.


Die Ausbildungserfolge der ÖBB-Lehrwerkstätte St. Pölten können sich sehen las-
sen. Nur 3 % der Lehrlingsverträge werden aufgelöst, 98% der zur Lehrlingsprüfung
angetretenen Lehrlinge bestehen die Prüfung, davon 18% sogar mit Auszeichnung.
Als anerkennendes Zeichen für die Qualität der Ausbildung wurde der Lehrwerkstät-
te 1995 die staatliche Auszeichnung für vorbildliche Ausbildung und überdurch-
schnittlichen Erfolg bei der Lehrlingsausbildung zuerkannt Seither ist die Lehrwerk-
stätte berechtigt, das österreichische Staatswappen im Geschäftsverkehr zu ver-
wenden.

Sollte der Bund nicht bereit sein, die Kosten für die zusätzlichen Ausbildungsplätze
zu übernehmen, wird die Schließung der ÖBB-Lehrwerkstätte in St. Pölten nicht auf-
zuhalten sein. Eine Schließung würde drastische Auswirkungen auf den Lehrstel-
lenmarkt in St. Pölten haben, der sich derzeit vergleichsweise gut entwickelt. So ist
2004 die Zahl der Lehrstellensuchenden um 10 Lehrlinge zurückgegangen und lag
Ende 2004 bei 41 Lehrlingen.

Bei der Neuerrichtung der Lehrwerkstätte übernahm die Stadt St. Pölten Kosten für
Unterrichtsmittel in der Höhe von rund 22.000 Euro. Darüber hinaus unterstützt die
Landeshauptstadt St. Pölten die Ausbildung der Lehrlinge mit einer jährlichen Sub-
vention von rund 4.000 Euro.

Mit ihren Lehrwerkstätten bieten die ÖBB in St. Pölten und anderen Standorten
hochqualifizierte Ausbildungsplätze an, die von der Gesamtwirtschaft auch nachge-
fragt werden. Der bereits jetzt bestehende Facharbeitermangel in vielen Berufen
würde durch die Reduktion der Ausbildungsstellen in der Zukunft weiter verstärkt
werden.

In Anbetracht all dieser Gründe, welche gegen eine Schließung der ÖBB-
Lehrwerkstätte sprechen, wird der

ANTRAG

gestellt, der Gemeinderat der Landeshauptstadt St. Pölten möge in seiner Sitzung
am 31.1.2005 beschließen:

RESOLUTION

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt St. Pölten fordert die Österreichische Bun-
desregierung auf, die Ausbildungsmöglichkeiten an den ÖBB-Lehrwerkstätten im
bisherigen Umfang zu garantieren.

Die Reduzierung der österreichweiten Ausbildungsplätze, die die ÖBB auf Grund der
neuen Vorgaben der Bundesregierung umzusetzen hat, und die damit drohende
Schließung der Lehrwerkstätte in St. Pölten ist in Anbetracht der äußerst ange-
spannten Situation am Lehrstellenmarkt aus arbeitsmarkt- und wirtschaftspolitischer
Sicht unverantwortlich.