78/PET XXII. GP
Eingebracht am 21.12.2005
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition
Mag.a
Gisela Wurm und Petra Bayr
Abgeordnete zum
Nationalrat
An den
Präsidenten des Nationalrates
Herrn Univ. Prof. Dr. Andreas Kohl
Parlament
Dr. Karl-Renner-Ring 3
A-1017 Wien
Wien, am 21. Dezember 2005
Petition betreffend die politischen Ereignisse in Äthiopien
Sehr geehrter Herr Präsident!
Die
unterfertigenden Abgeordneten übereichen im Sinne des § 100 Abs. 1
Ziffer 1
GOG des Nationalrates nachstehende Petition betreffend „die
politischen Ereignisse
in Äthiopien" mit dem Ersuchen um geschäftsordnungsmäßige
Behandlung.
Hochachtungsvoll
Abg.z.NR Mag.a Gisela Wurm Abg.z.NR Petra Bayr
Anlage: Petition
Petition
betreffend die
Politischen Ereignisse in Äthiopien
Die hier in Österreich
lebenden gebürtigen ÄthiopierInnen
sehen die aktuelle
Situation
in Äthiopien mit großer Besorgnis. Am 15.
Mai 2005 fanden in Äthiopien
Parlamentswahlen
statt. Internationale Beobachter stellten bei dieser Wahl
zahlreiche
Unregelmäßigkeiten fest (APA 569, vom 2.11.2005). Die Regierung
unter
Ministerpräsident Meles Zenawi zögerte zunächst
wochenlang die
Bekanntgabe der Ergebnisse hinaus. Danach gestand sie der Opposition zwar
Stimmengewinne
zu, erklärte sich aber dennoch mit 60 Prozent der Stimmen zum
Sieger.
Die Opposition wirft der Regierung unter Ministerpräsident Meles
Zenawi
Wahlbetrug vor. In Addis Abeba kam es seither zu anhaltenden Protesten.
Die
Ereignisse vom 6. Juni 2005, als die Regierung von Meles Zenawi auf friedlich
Demonstrierende
das Feuer eröffnen ließ und 46 Tote
und hunderte Verletzte zu
beklagen waren, sind noch in frischer Erinnerung. Die in den folgenden Tagen
eingeleitete Säuberungsaktion, welche zur Festnahme von
mehr als 4000
AnhängerInnen und FührerInnen der
Opposition führte, ist ein Hinweis darauf, mit
welcher Brutalität das Regime gegen jede Opposition
vorzugehen gewillt ist.
In den
letzten Wochen und Monaten wurden von Meles Zenawi über die unter
seiner
Kontrolle
stehenden staatlichen Radio- und Fernsehsender Drohungen gegen die
Bevölkerung und gegen die Opposition gesendet.
Seit 1.
November 2005 wurden wieder über 50 Menschen, die sich gegen die
Verhaftung von TaxifahrerInnen einsetzten, welche durch Hupen ihrem friedlichen
Protest Ausdruck verleihen wollten, Studierende und friedliche DemonstrantInnen
erschossen
und über 20 000 Personen sind in Haft. Der Großteil der Häftlinge ist
an
einem
unbekannten Ort inhaftiert. Das bedeutet, dass keine Besuche möglich sind
und keine medizinische Versorgung gewährleistet ist.
Die Europäische Union,
die USA und die Afrikanische Union haben die Regierung
von Meles Zenawi mehrmals zu Zurückhaltung aufgefordert. Javier Solana
bekräftigte in einer Stellungnahme Anfang November, die EU
sei zutiefst besorgt
über die
Unruhen in Äthiopien. Er kritisierte die Verhaftung von
Oppositionspolitikern
und
die „übermäßige
Gewaltanwendung" der Sicherheitskräfte bei der
Niederschlagung
von Demonstrationen. Massive Kritik an der Inhaftierung führender
CUD-Politiker
und Vertreter der Zivilgesellschaft wurde auch in einer gemeinsamen
Erklärung der EU und USA vom 6. November 2005 geübt. Das
Europäische
Parlament hatte schon davor in einer Resolution die Regierung Äthiopiens
dazu
aufgerufen, der Verfolgung und Einschüchterung der
Oppositionsparteien ein Ende
zu setzen und diejenigen, die sich noch immer in Haft befinden, unverzüglich
freizulassen.
Die Verhaftung aller OppositionsführerInnen der
Coalition for Unity and Democracy
(CUD) am 1. November 2005, die als ein Versuch zur Zerschlagung der Opposition
zu bewerten ist, kann von der EU und ihren Mitgliedstaaten nicht akzeptiert
werden.
Die unterzeichnenden Abgeordneten fordern daher die EU
und insbesondere die
österreichische Bundesregierung auf, wachsam zu bleiben, insbesondere was
die
Achtung der internationalen Menschenrechtsgrundsätze betrifft, und den
Demokratisierungsprozess in Äthiopien weiter zu unterstützen.
Wir
appellieren daher an die Mitglieder der österreichischen Regierung
dafür
einzutreten, dass
- alle politischen Gefangenen freigelassen werden;
- die Regierung unter
Ministerpräsident Meles Zenawi die Grundprinzipien der
Verfassung achtet, insbesondere die Grundfreiheiten und die Menschenrechte;
- die Verantwortlichen
für die Ermordung der friedlichen
DemonstrantInnen vor Gericht gestellt;
- die Rechte der
Opposition von der Regierung und der Regierungspartei in vollem
Umfang gewahrt werden
- der Verfolgung und
Einschüchterung der Vertreter der Oppositionsparteien ein
Ende gesetzt wird und dass diejenigen, die sich noch immer in Haft befinden,
unverzüglich freigelassen werden;
- die Wahlbehörde restrukturiert wird und unabhängig arbeiten kann;
- die Regierung unter
Ministerpräsident Meles Zenawi und die Vertreter der
politischen Parteien den am 2. Oktober von der Regierungspartei abgebrochenen
Dialog wieder aufnehmen und daran arbeiten, dass die Mehrparteiendemokratie zu
funktionieren beginnen kann
- und sich
dabei auch über den Inhalt eines Verhaltenskodexes für freie und
unabhängige Medien verständigen.
Wir ersuchen
daher um Unterstützung dieses Anliegens und um
geschäftsordnungsmäßige Behandlung
Abg.z.NR Mag.a Gisela Wurm Abg.z.NR Petra Bayr