83/PET XXII. GP
Eingebracht am 13.02.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Petition
Einreicher: "Anrainerinitiative Mittlere Salzach"
mit Unterstützung der Abg. zum Nationalrat:
Zustellbevollmächtigter; Mag. Alfred Gampmayer
5450
Werfen
Schwimmbadstr.
4
Das
vor vielen Jahren bereits als unwirtschaftlich ad acta gelegte Kraftwerkspro-
jekt Werfen/Pfarrwerfen an der mittleren Salzach im Salzburger Pongau soll nun
doch gebaut werden. Der Kraftwerksbau wird jedoch nur durch eine Subventio-
nierung, die durch eine Änderung des Ökostromgesetzes ermöglicht
werden
soll,
für die Kraftwerksbetreiber interessant.
Als
umweltbewusste Bürger und Bürgerinnen, die sich mit der
Energieproble-
matik intensiv auseinandergesetzt haben, sowie als Bewohner des Salzach - Ta-
les und unmittelbare Anrainer des geplanten Kraftwerkes ersuchen wir die Ab-
geordneten
des Parlaments dringend, die geplante Änderung des Ökostromge-
setzes in Richtung Förderung von ökologisch bedenklichen
Großprojekten
zu stoppen und neu zu überdenken.
Wir sind der Meinung,
dass der Kraftwerksbau Mittlere Salzach - Pfarrwerfen
aus mehreren Gründen abzulehnen ist:
•
Energiepolitische Fehlinvestition und damit
Verschwendung von Steu-
ergeldern.
•
Arbeitsmarktpolitisch kaum und nur zeitlich
begrenzt wirksam - trotz
enormer
öffentlicher Förderung.
• Massiver Eingriff in einen der schönsten Teile des Salzach - Tales.
•
Inakzeptable Nähe der Baustelle und des fertigen Kraftwerkes zu
be-
wohntem
Gebiet ( 100 m !)
Fakten zu den angeführten Kritikpunkten:
Dass
der Kraftwerksbau energiepolitisch fragwürdig ist, lässt sich schon
daraus
ablesen, dass die Kraftwerksbetreiber (Verbundgesellschaft und Salzburg AG)
das
fertige Projekt trotz erfolgter Planung und Genehmigung seit 1994
„schubladisiert"
haben und ohne die geplante Änderung des Ökostromgesetzes
nicht
zu bauen gedenken. Nur wenn aus öffentlichen Geldern eine Förderung
von ca. 10% der Investitionssumme (bei einer Investition von 61,5 Mio €
also
6,15
Mio €) erfolgt, wollen die Betreiber tätig werden.
Daten zum Kraftwerksprojekt
Beginn
der Bauarbeiten: Ende 2006
Geplante
Fertigstellung: Ende 2008
Investitionssumme: 61,5 Mio. Euro
Engpassleistung: 16 000 kW
Regelarbeitsvermögen: 76,5 Mio. kWh
Fakten zum tatsächlichen Nutzen
Die
tatsächlichen Effekte des Kraftwerkbaus lassen sich aus nachvollziehbaren
Daten wie durchschnittlicher Energieverbrauch pro Einfamilienhaus, dem der-
zeitigen
Ölpreis und den Kosten für Haussanierungen mit optimaler Wärme-
dämmung
leicht nachrechnen und ergeben ein völlig anderes Bild. Die verwen-
deten Zahlen stammen von Rupert Fuchs, unabhängiger Energieberater
für den
Pongau,
und von den Kraftwerksbetreibern (Salzburg AG, Verbund):
Jahresstromverbrauch eines durchschnittlichen Haushalts: 4 000 kWh.
Das ergibt bei einer Jahresleistung des Kraftwerks von 76,5 Mio kWh daher eine
Anzahl von 18 875 mit Strom versorgten Haushalten.
Zur Anzahl der versorgten Haushalte:
Abg. zum LT und Bürgermeister von Pfarrwerfen, Simon Illmer, in einem Inter-
view
(Stadt im Spiegel, Jänner 2006): „25 000 Haushalte werden mit Strom
ver-
sorgt,
200 Arbeitsplätze werden geschaffen. Dies ist ein starker Impuls für
die
regionale
Wirtschaft.“
18 875 mit Strom versorgte Haushalte zur genannten Zahl von 25 000
Haushal-
ten,
wer liegt richtig mit den Berechnungen?
Selbst die
mathematisch errechnete Anzahl von fast 19 000 Haushalten ist unre-
alistisch.
Die Salzach ist ein Gebirgsfluss, der im Winter - also in der Zeit, in der
am
meisten Energie benötigt wird - sehr wenig Wasser führt.
Auch die Kraft-
werksbetreiber
(Salzburg AG) geben zu, dass im Winter die Leistung auf ca.
10% der maximalen Leistung (= 16 000 kW), also auf 1 600 kW
sinkt!
Mit dieser Leistung können daher nur ca. 500 Waschmaschinen oder 30!
Schneekanonen betrieben werden (von denen in unserer Region im Winter un-
zählige
laufen) - von 25 000 Haushalten kann also keine Rede sein.
Zu den
Auswirkungen auf Arbeitsplätze und auf die regionale Wirtschaft:
Die genannten 200 Arbeitsplätze sind nur während der Bauphase
vorhanden,
wobei
nur ein geringer Teil der Arbeiter aus der Umgebung (oder überhaupt aus
Österreich)
kommen wird. Ein Kraftwerk wird nicht von regionalen Betrieben
gebaut!
Die Impulse
für die regionale Wirtschaft beschränken sich auf Aufträge
für
einige Zulieferfinnen (Schotter, Beton), welche allerdings
offensichtlich
über eine genügend starke Lobby verfügen, um den
Bau gegen wirtschaftli-
che, energiepolitische und umweltpolitische Bedenken durchzusetzen.
Zu den Auswirkungen auf die Umwelt:
Dass ein
Kraftwerksbau nicht ohne massive Auswirkungen auf die Landschaft
möglich sein kann, ist ohnehin klar. Bei diesem Projekt wird der
angestrebte
Nutzungsgrad außerdem nur bei einer Höhendifferenz von 10,40 m
zwischen
dem Wasserspiegel im Staubereich und dem Wasserspiegel unterhalb der Stau-
mauer erreicht. Von der Staumauer flussabwärts ist daher eine Eintiefung
des
Flussbettes von ca. 5,50 m vorgesehen. Diese Eintiefung würde verlaufend
bis
unterhalb des Werfener Burgberges erfolgen. Aus dem Fluss würde eine
tiefe,
mit Steinmauern ausgekleidete Rinne. Dieser drastische Eingriff in die Natur
würde gerade in einem Landschaftsteil des Salzach - Tales erfolgen, der
zur Zeit
noch
als Fotomotiv für die zahlreichen Touristen dient, die aus aller Welt
gerade
wegen dieser Kombination aus intakter Landschaft und historischen
Sehenswür-
digkeiten (Burg Hohenwerfen, Eisriesenwelt) nach Werfen kommen .
Zu den Einwänden von Seiten der Anrainer:
Aus verschiedenen Gründen wurde der ursprünglich geplante
Kraftwerksstand-
ort
weiter flussabwärts verlegt, sodass der aktuelle Standort nur mehr ca. 100m
von den nächstgelegenen Häusern entfernt ist. (siehe
Abbildung)
Keines
der bereits an der mittleren Salzach gebauten Kraftwerke liegt auch nur
annähernd
so nahe an bewohntem Gebiet Für die Anrainer ergibt sich daher
wahrend
der Bauphase über mehrere Jahre hinweg eine unzumutbare Belastung.
Auch
nach der Fertigstellung des Kraftwerkes muss an ca. 60 Tagen des Jahres
(April bis Juni) durch den Überlauf des überschüssigen Wassers
mit einer mas-
siven Lärmbelastung gerechnet werden. Der Bau des Kraftwerkes stellt zudem
eine Wertminderung der Immobilien der betroffenen Anrainer dar. Die Auswir-
kungen des Kraftwerkes auf die Anrainer waren für die
Lokalpolitiker bis-
her aber kein
Thema.
Der
Bevölkerung wird der für den Bau nötige Eingriff in die
Landschaft mit ver-
schiedenen Argumenten schmackhaft gemacht. Diese erweisen sich aber bei
nä-
herer
Betrachtung als sehr fragwürdig. Unberücksichtigt bei allen
veröffentlich-
ten
Daten bleibt außerdem der Energieinput in das Kraftwerk bis zur
Fertig-
stellung. Diese „Graue Energie" bedeutet für ein
Flusskraftwerk wie das geplan-
te,
dass das Kraftwerk ca. 25 Jahre in Betrieb sein müsste, um so viel
Energie
zu
erzeugen, wie für die Fertigstellung investiert wird. Zum Vergleich: bei
So-
larzellen lieg: die Amortisationszeit bei nur 15 bis 24 Monaten!
Ein
weiterer Vergleich dient der Darstellung der möglichen Effekte, die mit
ei-
ner
Investition in dieser Höhe bei Verwendung des Geldes für
Energiesparmaß-
nahmen
durch Haussanierung erzielt werden könnten (am Beispiel Ölheizung,
die leider immer noch am häufigsten verwendet wird):
Vollwärmedämmung für ein Einfamilienhaus: 20 000 €
(Erfahrungswert für Material- und Arbeitskosten)
ergibt bei 61,5 Mio. € eine Anzahl von ca. 3000 Häusern.
Energieersparnis Heizöl pro Jahr und Haus: 1 500 Liter
Bei 3000 Häusern daher: 4.500.000 Liter
In 25 Jahren daher: 112.500.000Liter
Bei einem
realistischen Jahresnutzungsgrad einer Ölheizung von 80% und ei-
nem gegebenen Energiegehalt von ca. 10 kWh pro Liter Heizöl sind das daher
900
000 000 kWh oder 900 MW, die mit derselben Investitionssumme in 25
Jahren eingespart werden.
Im Vergleich
dazu beträgt die Energiebilanz des Kraftwerkes aus erzeugter
Energie
und für den Bau aufgewendeter Energie 0 (Null!) MWh.
Was
die Arbeitsplätze und die Stärkung der regionalen Wirtschaft
betrifft, wer-
den
bei einer Subventionierung von Energiesparmaßnahmen
(Wärmedämmung;
Austausch
alter, Energie fressender Geräte durch neue, sparsamere Geräte;
För-
derung
von Solarenergieanlagen und von Niedrigenergiehäusern, Biomasse-
kraftwerken etc.) regionale und dauerhafte Arbeitsplätze
geschaffen.
Schlussfolgerung:
Kritikern
werden stets Schlagwörter wie: „Saubere Wasserkraft",
„Arbeitsplätze
schaffen"
und „Wer gegen das Projekt ist, ist für den Atomstrom"
entgegen-
gehalten. Der Bau des Kraftwerkes Mittlere Salzach - Werfen/Pfarrwerfen stellt
jedoch ein Musterbeispiel für verfehlte Investitionen dar.
Unsere Forderung nach einem Umdenken in der Energiepolitik geht in
Richtung einer nachhaltigen, dezentralen und umweltschonenden Energie-
versorgung. Dafür sollen alle vorhandenen erneuerbaren
Energieträger
(Sonne, Wind, Biomasse), aber auch sinnvolle technische Lösungen wie
Abwärmenutzung und Energievermeidung verwendet werden. Eine
Ände-
rung des
Ökostromgesetzes soll nicht dazu beitragen, umweltpolitisch be-
denkliche und energiepolitisch
rückschrittliche Großprojekte zu fördern.