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REPUBLIK ÖSTERREICH BUNDESKANZLERAMT |
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Geschäftszahl: |
BKA-602.915/0021-V/A/5/2004 |
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An das Bundesministerium
für Wirtschaft
und Arbeit Schwarzenbergplatz 1 1015 Wien |
Sachbearbeiter: |
Dr
Brigitte OHMS |
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Pers. e-mail: |
brigitte.ohms@bka.gv.at |
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Telefon: |
01/53115/2462 |
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Ihr Zeichen |
551.100/5135-IV/1/04 30. Juli 2004 |
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Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an: |
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Betrifft: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Ökostromgesetz, das ElWOG und das Energie-Regulierungsbehördengesetz geändert wird;
Begutachtung; Stellungnahme
Zum mit oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:
Es wird darauf hingewiesen, dass die
legistische Zuständigkeit in Vergabeangelegenheiten (vgl. §§ 25aff) beim
Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst liegt (dies gilt nicht nur für Änderungen
des BVergG, sondern auch für alle anderen legistischen Maßnahmen in
Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens (vgl. auch Rundschreiben des
Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst betreffend die Erlassung vergaberechtlicher
Regelungen im Gesetzes- und Verordnungsrang vom 6. August 2004,
GZ 600.883/0023-V/A/8/2004). Sämtliche Vorhaben in Angelegenheiten des
öffentlichen Auftragswesens, sofern sie in die Zuständigkeit des Bundes fallen,
sind daher dem Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst rechtzeitig zur Kenntnis zu
bringen und werden von diesem führend behandelt.
Weiters wird daran erinnert, dass – abgesehen von Angelegenheiten des Vergaberechts - die Gemeinschaftsrechtskonformität sowie die Sachlichkeit des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen ist.
Überdies wird dringend angeregt, den vorliegenden Entwurf (samt den Erläuterungen) in stilistischer und grammatikalischer Hinsicht zu überarbeiten.
Es wird schließlich darauf hingewiesen, dass im Gesetzestext der durch Art. 9 der Richtlinie 2001/77/EG vorgesehene Umsetzungshinweis fehlt (s. auch Pkt. 37 des EU-Addendums zu den LRL).
A. Ökostromgesetz:
Zu Z 2 (§ 1 -
Verfassungsbestimmung):
Es wird darauf hingewiesen, dass erst 2002 iZm.
der Erlassung des BVergG 2002 mit Art. 14b B-VG eine einheitliche
Kompetenzgrundlage für das Vergabewesen in Kraft gesetzt wurde. Jede Abänderung
dieser verfassungsrechtlichen Bestimmung (die ansonsten die Kompetenzgrundlage
für den 4a. Teil des ggst. Entwurfs bilden würde) bedürfte gemäß Art. 44 Abs. 2
B-VG der qualifizierten Zustimmung des Bundesrates. Angesichts der
Entstehungsgeschichte des Art. 14b B-VG scheint eine Zustimmung der Länder zur
Abänderung des Regimes des Art. 14b B-VG aus Sicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst
unwahrscheinlich.
Zu Z 3 (§ 5):
Aus Gründen der erleichterten Auffindbarkeit der einzelnen Begriffe sollte eine alphabetische Folge gewählt werden.
In Abs. 1 Z 12 (wie auch an anderen stellen des vorliegenden Entwurfes) wird eine „sinngemäße“ Anwendung anderer Rechtsvorschriften angeordnet, was nach Z 59 der Legistischen Richtlinien 1990 nicht zulässig ist. Im Übrigen ist der zweite Halbsatz keine Begriffsbestimmung.
Abs. 2 wirft die Frage auf, warum der Verweis auf das ElWOG – seiner Formulierung nach – offensichtlich in statischer anstatt in dynamischer Weise erfolgt.
Zu Z 4 (§ 10):
Es wird angeregt, in Abs. 1 Z 2 und 3 anstelle der Wortfolge „in Z 1 bestimmten Zeitpunkt“ bzw. „in dieser Ziffer bestimmten Zeitpunkt“ den jeweiligen Zeitpunkt zu benennen, zumal mit der Umschreibung nichts gewonnen wird.
Abs. 2 lässt offen, ob und in welcher Weise jene Unternehmen benachrichtigt werden, gegenüber denen keine Abnahmeverpflichtung besteht, weil deren Anerkennungsbescheide nach Erreichen des jeweiligen Gesamtbetrages einlangen. Vor allem aber geht aus dieser Bestimmung nicht klar hervor, welcher Zeitpunkt mit dem „Einlangen des Anerkennungsbescheides“ tatsächlich gemeint ist, sodass sie zumindest in einem Spannungsverhältnis zum Legalitätsprinzip des Art. 18 Abs. 1 B-VG stehen dürfte. Jedenfalls aber wird hier die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu beachten sein, wonach bei Verteilung von Einfuhrkontingenten der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz dahin zu beachten sei, dass die Verteilung nach objektiven, sachgerechten Kriterien vorzunehmen ist, "die eine nicht durch Unterschiede im Bereich des Tatsächlichen begründete Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Bewilligungswerber vermeidet“ (vgl. VfSlg. 12.281/1990 sowie VfSlg. 12.878/1991). Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 10.179/1984 ausgeführt hat, entbehrt ein Gesetz, das ausschließlich das „Windhundprinzip“ als Auswahlkriterium vorsieht, der Sachlichkeit.
Zu Z 5 (§ 10a):
Für die Deckelung der Abnahmepflicht mit 10 MW bzw. 15 MWbzw. 20 kW lassen die Erläuterungen jeglichen Aufschluss in Bezug auf die Sachlichkeit dieser Grenzen vermissen.
Zu Z 6 und 7 (§ 10a Abs. 4 und 5):
Abgesehen davon, dass diese Novellierungsanordnungen zusammenzufassen wären, ist nicht ersichtlich, warum diese beiden neuen Absätze als Verfassungsbestimmungen konzipiert sind (gleiches gilt für § 47 Abs. 2 des Entwurfes). Es böte sich an, in den Erläuterungen (die Z. 6 und 7 sind nicht erläutert) darzutun, was der Gesetzgeber mit diesen Absätzen tatsächlich bezweckte. Gleiches gilt für die Verfassungsbestimmung des § 22a Abs. 3. Es wird in diesem Zusammenhang auch zu bedenken gegeben, dass der Verfassungsgerichtshof mit VfSlg. 15.373/1998, in den Raum gestellt hat, dass der Gleichheitssatz dem Verfassungsgesetzgeber nicht zur beliebigen Disposition steht.
Zu Z 8 (§ 11):
Der neu vorgesehene Abs. 1 stellt eine – in den Erläuterungen nicht weiter dargelegte - Kürzung von behördlich festgelegten Preisen unter näher umschriebenen Voraussetzungen in Aussicht. Es ist nun nicht erkennbar, inwieweit diese Regelung mit den in Geltung belassenen übrigen Absätzen des § 11 in Einklang zu bringen ist, die erklärterweise eine Steigerung der Produktion von elektrischer Energie aus Ökostromanlagen zum Ziel haben.
Zu Z 9 (§ 14):
Es wird angeregt, in Abs. 1 von „zur Besorgung zugewiesenen hoheitlichen Aufgaben“ zu sprechen.
Der in Abs. 8 angeordnete Eintritt in Verträge sowie die kostenlose Überlassung aller „zur Besorgung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen, insbesondere Daten und Datenbanken, sowie die sonstigen Betriebsmittel (EDV-Ausstattung)“ stellt einen Eingriff in Eigentumsrechte dar, dessen Zulässigkeit im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art. 5 StGG im Hinblick auf das öffentliche Interesse dieses Eingriffs, der Erforderlichkeit und Geeignetheit sowie seiner Verhältnismäßigkeit näher zu begründen wäre.
Zu Z
10 (§ 15):
Zu der neuen Z 3 stellt sich die Frage nach der Realisierbarkeit der jederzeitigen Neuberechnung der Abgabeverpflichtung, sobald eine mehr als 10%ige Änderung der Abgabemenge eintritt.
Zu Z 11 (§ 16 Abs. 2):
Die hier vorgesehenen Begünstigungen von Ökobilanzgruppen werfen nicht nur die Frage nach ihrer Sachlichkeit auf, die von den Erläuterungen in keiner Weise angerissen wird, sondern betreffen auch eine Inpflichtnahme Dritter, die einer näheren Begründung bedürfte (vgl. VfGH 27. 2. 2003, G 37/02 ua, iZm. demTKG).
Zu Z
17 (§ 21b):
Der letzte Satz des Abs. 1 stellt einen „unechten“ Absatz dar, der zu vermeiden wäre.
Zu Z 23 (§§ 25a ff):
Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst geht
davon aus, dass die Ökoenergie AG im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht
gewerblicher Art (Förderung und Vermarktung von Ökostrom) erfüllt und überwiegend
von öffentlichen Auftraggebern (Bund und Ländern) finanziert bzw. von diesen
beherrscht wird (vgl. § 14 des vorliegenden Begutachtungsentwurfes); sie
ist daher ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne der Vergaberichtlinien der
Europäischen Gemeinschaft (vgl. Art. 1 lit. b RL 93/36/EWG, Art. 1 lit. b
RL 92/50/EWG und Art. 1 lit. b RL 93/37/EWG, vgl. auch § 7
BVergG). Insoweit sie Tätigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der RL
93/38/EWG (Sektorenrichtlinie) ausübt, ist die Ökoenergie AG Sektorenauftraggeber
im Sinne dieser Richtlinie. Aufträge der Ökoenergie AG unterliegen daher
jedenfalls den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften für das öffentliche
Auftragswesen. Dies gilt auch für Verträge über die Lieferung von Strom, die
die Ökoenergie AG mit den jeweiligen Ökostromanlagen abschließt (es handelt
sich hierbei um einen Lieferauftrag; vgl. auch EuGH vom 27. April 1994,
Gemeente Almelo, C-393/92, Rz 28, wonach Strom eine Ware darstellt).
Die Ausnahme der Ausschreibung von
Aufträgen über die Lieferung von Strom an die Ökoenergie AG von den
Bestimmungen des BVergG – welches das diesbezüglich geltende
Gemeinschaftsrecht umsetzt – ist daher gemeinschaftsrechtswidrig. (Dass das
„Ausschreibungsverfahren“ gemäß den §§ 25a ff dabei nicht von der
Ökoenergie AG, sondern von der Energie-Control GmbH durchgeführt wird, und
erstere ihre Vertragspartner daher nicht selbst auswählen kann, ändert an
dieser Beurteilung nichts, vgl. EuGH vom 12. Juli 2001, Ordine degli Archtett,
C-399/98, Rz 71; im Übrigen handelt es sich auch bei der Energie-Control
GmbH um einen öffentlichen Auftrageber.) Insbesondere widerspricht es auch dem
Gemeinschaftsrecht, das Verfahren zur Vergabe eines den Vergaberichtlinien
unterliegenden Lieferauftrags vom gemeinschaftsrechtlich gebotenen Rechtsschutz
auszunehmen (siehe auch die Erläuterungen zu § 25a bis 25h; vgl. hiezu die
detaillierten Anforderungen an das Verfahren in den Rechtsmittelrichtlinien
sowie in der einschlägigen Judikatur des EuGH).
Da den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe-RL
im Falle ihrer Nicht- oder Schlechtumsetzung unmittelbare Anwendbarkeit
zukommt, wäre daher die intendierte Ausnahme vom BVergG auch insofern unbeachtlich,
als öffentliche Auftraggeber iSd RL jedenfalls das gemeinschaftliche
Vergaberegime (diesfalls dann unmittelbar) anzuwenden hätten. Im Übrigen wird
darauf hingewiesen, dass die vom do. Ressort vorgeschlagene Vorgangsweise
Staatshaftungsansprüche und Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik
Österreich auslösen könnte.
Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst
schlägt daher eine Besprechung über die weitere Vorgangsweise i.G. vor und
ersucht um diesbezügliche Kontaktaufnahme unter der Adresse va8@bka.gv.at.
Zu Z 24 (§ 30a):
Die rückwirkende Festlegung von
Förderbeiträgen in Z 1 und 2 dürfte dann, wenn sie im Vergleich zur geltenden
Rechtslage eine Belastung für die betreffenden Endverbraucher darstellen
sollte, im Hinblick auf das verfassungsgesetzliche Sachlichkeitsgebot einer
näheren Begründung.
Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf seine Rundschreiben vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98 ‑ betreffend Vorblatt und Erläuterungen zu Regierungsvorlagen; Aufnahme eines Hinweises auf Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens ‑ und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99, – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen ‑ hin, in dem insbesondere um die Aufnahme bestimmter zusätzlicher Hinweise in das Vorblatt und den Allgemeinen Teil der Erläuterungen ersucht wurde.
Die nähere Darstellung der finanziellen Auswirkungen des Gesetzesvorhabens sollte im Allgemeinen Teil der Erläuterungen erfolgen (vgl. die Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 29. Oktober 1980, GZ 600.824/21-V/2/80, und vom 19. Februar 1999, GZ 600.824/0-V/2/99).
Beim Hinweis auf Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens wäre im Sinne des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 13. November 1998, GZ 600.824/8-V/2/98, zu ergänzen, dass der Entwurf nicht nur eine Kompetenzdeckungsklausel, sondern auch noch vereinzelte Verfassungsbestimmungen aufweist.
Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch anzugeben, worauf sich die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der vorgeschlagenen Neuregelungen gründet (Legistische Richtlinien 1979, Pkt. 94).
Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre auch zusammengefasst und (für Zwecke der Gestaltung des Stirnbalkens im Bundesgesetzblatt) unter Angabe der CELEX-Nummer anzugeben, welche Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften durch das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz umgesetzt werden sollen (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 10. Juni 1992, GZ 671.804/10-V/8/92).
Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.
Die Regierungsvorlage sollte – so wie bereits ein Begutachtungsentwurf! – eine Textgegenüberstellung enthalten (Pkt. 91 der Legistischen Richtlinien 1979).
begutachtungsverfahren@parlament.gv.at
Dem Präsidium des Nationalrats werden unter einem 25 Ausfertigungen und
eine elektronische Fassung dieser Stellungnahme übermittelt.
9. September 2004
Für den Bundeskanzler:
Wolf OKRESEK