Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1540/04                                                             Wien, 13. September 2004

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Ökostromgesetz,

das Elektrizitätswirtschafts- und

-organisationsgesetz und das

Energie-Regulierungsbehörden-

gesetz geändert werden;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu GZ 551.100/5135-IV/1/04

 

 

 

An das

Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 30. Juli 2004 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 


I. Allgemeines

 

Grundsätzlich ist zu dem Entwurf anzumerken, dass der Vorschlag primär von der Frage der Gesamtkosten geprägt ist. Auf Grund der restriktiven Ausschreibungsbedingungen und des geringen finanziellen Volumens ist von einer Stagnation des Ökostromausbaus auszugehen, wodurch eine langfristige Perspektive hin zu mehr Strom aus erneuerbarer Energie nicht mehr besteht.

 

Sollte das vorgeschlagene System auf Dauer Einsatz finden, werden mittelfristig vermutlich nur mehr Kleinanlagen errichtet werden, die nach dem Entwurf an keiner Ausschreibung teilnehmen müssen. Da gerade Kleinanlagen auf Biomasse- und Biogasbasis hohe spezifische Produktionskosten aufweisen und diese Anlagen auch nach Ende des Förderzeitraumes aus heutiger Sicht nicht wirtschaftlich sind, ist bei einem langfristigen Beibehalten der beabsichtigten Vorgangsweise letztendlich eine Verteuerung der spezifischen Produktionskosten zu erwarten.

 

An Stelle der bloßen Reduktion der Förderkosten könnte auch eine stärkere Umschichtung der Mittel für bestehende Ökostromanlagen (vor allem für abgeschriebene Kleinwasserkraftwerksanlagen) für die Revitalisierung und den Neubau vorgesehen werden.

 

Ziel des Ökostromgesetzes sollte schließlich ein kontinuierlicher Ausbau von Ökostromanlagen sein, wobei darauf zu achten ist, dass langfristig primär Anlagen mit niedrigen Produktionskosten entstehen, die nach Ende der Förderung auch lebensfähig sind. Teurere Produktionsformen sollen dabei unterstützt werden, sich zur Marktreife zu entwickeln. Eine dauerhafte Förderung der einen Erzeugungsform bindet hier die notwendigen Mittel für andere Erzeugungsarten.

 

Das eigentliche Ziel, die Produktion aus erneuerbaren Energieträgern spezifisch billiger zu machen, wird durch das vorgeschlagene System jedenfalls nicht erreicht. Vielmehr besteht die Gefahr, dass sich Produzenten und Anlagenentwickler auf die För-

derbereiche mit Rechtsanspruch (Kleinwasserkraft, Kleinbiomasseanlagen und Kleinbiogasanlagen) konzentrieren. Eine Erweiterung auch auf größere Wasserkraftwerke oder eine Ausweitung auf billige industrielle oder kommunale Potenziale erfolgt nicht.

 

Zum System der Ausschreibung wird allgemein angemerkt, dass die Beurteilung allein auf Grund der Produktionskosten nicht zweckmäßig ist, da nicht der Billigstbieter, sondern der Bestbieter zum Zug kommen sollte. Zur Reihung der Angebote sind daher in das Gesetz zusätzliche Beurteilungskriterien aufzunehmen (z. B. Entwicklungspotenzial, Innovationsanteil, Bedeutung für die österreichische Volkswirtschaft, inländischer Wertschöpfungsanteil). Durch die Dauer der Ausschreibung, das erforderliche Vadium und die Unterlagen wird jedenfalls ein nicht unbeachtliches Hindernis für potenzielle Ökostromanlagenbetreiber errichtet, sodass das Ausschreibungsverfahren in der derzeitigen Form jedenfalls abzulehnen ist.

 

Zu der Vollziehung weiter Teile des Gesetzes durch die Energie-Control GmbH wird bemerkt, dass die Förderung von Energie aus erneuerbaren Energieträgern als staatliche Aufgabe zu betrachten ist und die Regulierungsbehörde auf ihre Hauptaufgabe, die Wettbewerbskontrolle, beschränkt bleiben soll.

 

Schließlich ist noch zu bemerken, dass die Novelle keine Umsetzung der EU - KWK-Richtlinie vorsieht. Da diese bis 21. Februar 2006 zu erfolgen hat, ist die nächste Novelle des Ökostromgesetzes absehbar. Es erscheint zweckmäßig, die Umsetzung der KWK-Richtlinie in die vorliegende Novelle einfließen zu lassen.

 

II. Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

Zu § 10 Abs. 1:

 

Die Einschränkung der Abnahmeverpflichtung „nach Maßgabe der vorhandenen Fördermittel“ führt zu einer Beeinträchtigung der Investitionssicherheit. Es muss für den Einzelnen klar sein, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen mit einer Förderung gerechnet werden kann.

 

Angemerkt wird auch, dass diese Einschränkung für alle unter Z 1 bis 4 fallenden Anlagen gelten soll, obwohl in den erläuternden Bemerkungen ausgeführt wird, dass bestehende Anlagen nach Z 1 mit keinen Einschränkungen zu rechnen haben.

 

Zusätzlich ist festzuhalten, dass für Altanlagen gemäß § 30 Abs. 3 des Ökostromgesetzes in der derzeit geltenden Fassung und für sonstige Anlagen, die derzeit schon in Betrieb sind, keine Abnahmepflichten festgelegt sind. Eine ausdrückliche Klarstellung ist hier angezeigt.

 

Darüber hinaus sollte klargestellt werden, was zu gelten hat, wenn z. B. ein Teil eines aus mehreren Anlagen bestehenden Windparks vor dem Stichtag und ein Teil nach dem Stichtag in Betrieb geht.

 

Unklar ist auch im Hinblick auf die Besonderheit des Devolutionsverfahrens nach Art. 12 Abs. 3 B-VG, ob das Vorliegen der Genehmigung der Landesregierung oder des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit maßgeblich ist. Bei der zweiten Auslegung würde die Erhebung auch eines willkürlichen Rechtsmittels eines Anrainers eine nicht zu vertretende Beeinträchtigung der Kalkulierbarkeit für einen Investor bedingen.

 

Schließlich sollte für Ökostromanlagen nach § 10 Abs. 1 Z 1 auch ausdrücklich festgehalten werden, dass der bisher verordnete Tarif auch für die gesamte Dauer von 13 Jahren ab Inbetriebnahme ausbezahlt wird.

 

Zu § 10a Abs. 1:

 

Diese Bestimmung sieht vor, dass für elektrische Energie aus Fotovoltaikanlagen eine Abnahmeverpflichtung nach § 10 Z 1 nur bis zum bundesweiten Gesamtausmaß von 15 MW bestehen soll.

 

Die Zitierung der Gesetzesstelle ist offensichtlich unrichtig.

Es wäre klarzustellen, ob dadurch die Abnahmeverpflichtung für Anlagen, die bis 31. Dezember 2004 bewilligt und bis zum 30. Juni 2006 in Betrieb genommen werden, beschränkt werden soll (§ 10 Abs. 1 Z 1), oder ob diese Einschränkung für sämtliche neue Fotovoltaikanlagen (§ 10 Abs. 1) gelten soll.

 

Weiters wäre zumindest in den erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung anzumerken, dass die Abnahmeverpflichtung im bundesweiten Gesamtausmaß von 15 MW bereits erreicht wurde.

 

Zu § 10a Abs. 5:

 

Diese Bestimmung sieht die Verpflichtung zur Abnahme von elektrischer Energie aus Fotovoltaikanlagen gemäß § 10 Z 3 (richtig: § 10 Abs. 1 Z 3) nur unter der Voraussetzung vor, dass 50 v. H. der für die Abnahme erforderlichen Aufwendungen aus Mitteln des Landes getragen werden, in dem die Fotovoltaikanlage errichtet wird.

 

Sofern die Förderungen von neuen Fotovoltaikanlagen nicht mehr der Deckelung des (neuen) § 10a Abs. 1 unterliegen soll, ergibt sich daraus, dass die Abnahmeverpflichtung für elektrische Energie aus neuen Fotovoltaikanlagen ausschließlich dadurch bestimmt wird, ob das jeweilige Land Mittel für die Abnahme zur Verfügung stellt.

 

Gegen diese Bestimmung bestehen nachstehende, gewichtige Bedenken:

 

Da § 10 Abs. 1 des Entwurfes ausdrücklich eine Abnahmeverpflichtung vorsieht und diese Abnahmeverpflichtung auch für Fotovoltaikanlagen gegeben ist, wäre klarzustellen, ob in der Bestimmung des § 10a Abs. 5 lediglich die faktische zur Verfügungstellung der Mittel gemeint ist, oder hiezu eine rechtliche Verpflichtung des Landes zur Förderung geschaffen werden soll. Dies um so mehr, als für die Entscheidung des Landes, ob und in welcher Höhe die Mittel zur Verfügung gestellt werden, keine weiteren Parameter vorgesehen sind und damit die Auslegung, dass durch diese Bestim-

mung eine nicht weiter steuerbare Zahlungsverpflichtung der Länder geschaffen wird, nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Geht man aber davon aus, dass eine solche Förderverpflichtung nicht besteht, ist es wiederum für den Einzelnen schwer nachvollziehbar, ob er eine Förderung erhalten wird und sich eine Investition in eine solche Erzeugungsanlage rentiert.

 

Weiters stellt diese Regelung eine nicht notwendige Abkehr von dem bisher beschrittenen Weg dar, nach dem die Neuausrichtung des Energiesystems in Richtung erneuerbarer Energieträger von den Verursachern nach Maßgabe Ihres Verbrauches getragen wird.

 

Schließlich wird durch diese Bestimmung zur Gänze auf eine einheitliche Bewertung der Energie aus Fotovoltaikanlagen und damit zu Gunsten einer willkürlichen Förderregelung auf eine energiepolitische Weichenstellung verzichtet.

 

Die Bestimmung des § 10a Abs. 5 hat daher zu entfallen.

 

Zu § 16 Abs. 3:

 

Der Betrieb von Kraftwerken scheint für die Erfüllung der Aufgaben der Ökoenergie AG nicht unbedingt erforderlich.

 

Zu § 21b:

 

Die in dieser Bestimmung getroffene Aufteilung des Ausschreibungsvolumens ist nicht nachvollziehbar. Es fällt auf, dass mindestens 70 % des Ausschreibungsvolumens damit auf Biomasse und Biogas fallen. Die Rechtfertigung für eine solche Schwerpunktsetzung ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen.

 

Auf Grund dieser Aufteilung sowie generell auf Grund der restriktiven Förderung ist zu befürchten, dass die tatsächliche Technologieförderung den Ländern obliegen wird, ohne dass die etwa in § 22a Abs. 3 vorgesehenen Mittel hierfür ausreichen.

 

Im Übrigen sollte bei Biomasse- und Biogasanlagen die Nutzung der bei der Stromerzeugung entstehenden Wärme ein Kriterium für die Förderung sein.

 

Zu § 22a:

 

Nach dieser Bestimmung erfolgt die Festsetzung der Förderbeiträge abhängig von der jeweiligen Netzebene, an welche die Anlage angeschlossen ist. Dabei werden die Haushalte durch in keiner Weise gerechtfertigte, überproportional hohe Förderbeiträge belastet, während für die Industrie durch die vergleichsweise niederen Beiträge der Anreiz zum sparsamen Umgang mit der Energie wegfällt.

 

Hier ist eine deutliche Entlastung der Haushalte dringend erforderlich, zumal diese auch bei anderen Kostenbestandteilen ( Energiepreis, Energiesteuer) im Gegensatz zur Industrie keine Begünstigungen erhalten haben.

 

Zu § 25a:

 

Da die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes auf das Verfahren keine Anwendung finden und keine Regelungen im Bereich des Bieterschutzes getroffen werden, besteht diesbezüglich ein Defizit.

 

Zu § 25c:

 

Der Erlag einer Sicherheitsleistung von € 200/kW der geplanten installierten Leistung erscheint zu hoch und benachteiligt kleinere Bieter. Überdies ist die zwangsweise Einbehaltung einer hohen Sicherheitsleistung bei Nichtrealisierung bedenklich und wird abgelehnt.

Zu § 25e:

 

Wie bereits angesprochen, ist die Reihung der Angebote ausschließlich nach dem geringsten angebotenen Preis abzulehnen. Dieses Ausschreibungsmodell begünstigt herkömmliche Anlagen, die auf Grund hoher Stückzahlen niedrige Produktionskosten haben. Es werden dadurch nicht die energie-effizientesten Anlagen gefördert, da diese durchwegs mit höheren Produktionskosten verbunden sind, weil ihre Technologie noch jung und daher die Stückzahlen gering sind. Ferner sieht das Ausschreibungsmodell keinen Bonus vor, wenn andere Umweltschutzmaßnahmen, wie z. B. geringer Ressourcenverbrauch, Verwendung regionaler Einsatzstoffe, zusätzliche Maßnahmen zur Reduktion von Emissionen oder hohe Wirkungsgrade vorgesehen sind.

 

Zu § 25g:

 

Grundsätzlich hat die Reduzierung des Förderzeitraumes von 13 Jahre auf 10 Jahre den positiven Effekt, dass durch weniger langfristige Bindungen der Handlungsspielraum in Zukunft erhöht wird. Gleichzeitig wäre dies jedoch ein Ansatzpunkt dafür, in Zukunft auch die Förderung von Investitionen neu zu überlegen, da ansonsten die Kosten für Ökostrom erhöht werden würden.

 

Gleichzeitig werden 25 Ausfertigungen dieser Stellungnahme an das Präsidium des Nationalrates übermittelt. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die e-mail Adresse „begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                                 Dr. Peter Krasa

Mag. Andreas Trenner                                                 Senatsrat