An das Bundesministerium
für Justiz Museumsstraße 7 1070 Wien |
Wien, am 5.10.2004
GZ. 544/04; F
(Sozialbetrugsgesetz – SozBeG)
GZ.
318.019/0008-II. 1/2004 des BMJ
Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit Note vom 13.8.2004, bei der
Österreichischen Notariatskammer am 18.8.2004 eingelangt, hat das
Bundesministerium für Justiz den Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Strafgesetzbuch,
das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Firmenbuchgesetz, die
Konkursordnung, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung und das
Aktiengesetz 1965 geändert werden, samt Erläuterungen mit dem Ersuchen übersendet,
hiezu bis 5.10.2004 Stellung zu nehmen.
abzugeben:
Aus Sicht des österreichischen Notariats
ist zu hoffen, das die geplante Einführung eines eigenen Straftatbestandes für
das Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen für Sozialversicherung gemeinsam mit
dem Straftatbestand zum Sozialbetrug, wenn diese Beiträge in betrügerischer
Absicht vorenthalten werden, einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung der
organisierten Wirtschaftskriminalität leisten werden.
3.
Die
Österreichische Notariatskammer begrüßt ferner die geplante Einführung eines
Straftatbestandes gegen die organisierte Schwarzarbeit. Zumindest im
organisierten Bereich entfaltet diese einen so hohen Verhaltensunwert, dass
eine strafrechtliche Verfolgung angebracht erscheint. Die konkrete Formulierung
des geplanten § 153 e StGB sollte jedoch noch einmal überdacht werden: Nach den
Erläuterungen muss die Beschäftigung unselbständiger illegaler Arbeitskräfte
oder die Beauftragung selbstständiger illegaler Erwerbstätiger einen über ein
gewöhnliches Ausmaß hinausgehenden größeren Umfang erreichen, um gerichtliche
Strafbarkeit zu begründen. Dabei soll nach den Erläuterungen „die fallweise
oder kurzfristige Beschäftigung illegaler Arbeitskräfte in einer Zahl, die
absolut und in Relation zu sonstigen legal erwerbstätigen Belegschaft
verhältnismäßig gering, oder die fallweise Beauftragung illegal selbständig
Erwerbstätiger in einem Ausmaß, das im Verhältnis zum sonstigen Auftragsvolumen
betreffend legal selbständig Erwerbstätiger gering ist, nicht gerichtlich
strafbar sein“. Dieses Verständnis droht in der Praxis zu erheblichen
Abgrenzungsschwierigkeiten zu führen, die aus Sicht des österreichischen
Notariats vermeidbar wären: So könnte bei illegaler Beschäftigung in nur ganz
geringem Ausmaß von der Anwendbarkeit des § 42 StGB ausgegangen werden bzw.
dann, wenn die Strafe nicht völlig entfallen kann, mit den bereits bestehenden
Regelungen über die Diversion ein Auslangen gefunden werden.
4.
Zu den
geplanten Änderungen im Firmenbuchgesetz: Aufgrund der Rechtsprechung, wonach
die Verletzung der Verpflichtung einer GmbH, jede Änderung der
Geschäftsanschrift bekannt zu geben, nicht dazu führt, dass eine Zustellung
durch Hinterlegung ohne Zustellversuch in analoger Anwendung des § 8 Abs. 2
Zustellgesetz vorgenommen werden kann, ist eine Änderung der Rechtslage im Sinne
einer effizienten Bekämpfung des Sozialbetrugs geboten.
Die derzeitige
Möglichkeit der Bestellung eines Kurators nach den §§115, 116 ZPO iVm. § 25
Zustellgesetz oder die Bestellung eines Notgeschäftsführers auf Antrag eines
Beteiligten führt derzeit zu einer Verzögerung im Verfahren gegen die
Scheingesellschaften. In Anbetracht der hohen Anzahl der verdächtigen
Firmanbuchmeldungen (laut den Zahlen des Entwurfs werden jedes Jahr alleine in
der Baubranche 800 Firmanbuchanmeldungen durchgeführt, von denen ein Jahr
später rund 600-700 nicht mehr existieren) ist die Schaffung einer raschen
Eingriffsmöglichkeit dringend geboten. Die vorgeschlagene Maßnahme einer
Fiktion der Zustellung durch Aufnahme in die Ediktsdatei, wenn eine wirksame
Zustellung nicht möglich ist, erscheint aufgrund der Notwendigkeit eines
effizienten Vorgehens in der Tat gerechtfertigt. Auch die Tatsache, dass in
Zukunft die Unmöglichkeit einer postalischen Zustellung in das Firmenbuch
einzutragen sein wird, stellt eine wichtige Maßnahme zur Hintanhaltung des
Sozialbetrugs dar.
Aus Sicht der
Österreichischen Notariatskammer bedürfte es jedoch genauerer Regelungen
bezüglich der Wahrung des rechtlichen Gehörs durch das Firmenbuchgericht.
Einerseits soll dieses verpflichtet sein, alle ihm zu Gebote stehenden Mittel
zur Erforschung der Abgabestelle auszuschöpfen, andererseits soll das Gericht
zur Erhebung allfälliger persönlicher Anschriften der Geschäftsführer nicht
verpflichtet sein. Da es sich bei der Wahrung des rechtlichen Gehörs um einen sensiblen
Bereich handelt, sollte konkret geregelt sein, welche Schritte das
Firmenbuchgericht zur Erforschung einer Abgabestelle zu setzten hat.
5.
Im Bereich
der Konkursordnung besteht derzeit insofern ein bedenklicher Zustand, als dann,
wenn der Gemeinschuldner im Inland kein Unternehmen betreibt und sich auch
keine Niederlassung oder Vermögen des Gemeinschuldners befindet, der
Konkursantrag mangels Zuständigkeit zurückgewiesen werden muss, ohne dass dies
derzeit zu einem Verfahren des Firmenbuchgerichts führen würde. Im Sinne der
Rechtssicherheit begrüßt daher die Österreichische Notariatskammer das
Vorhaben, in diesem Fall amtswegig ein Firmenbuchverfahren einzuleiten.
Die Österreichische
Notariatskammer begrüßt somit insgesamt den vorgelegten Gesetzesvorschlag zur
Bekämpfung der organisierten Schwarzarbeit. Im Sinne der Rechtssicherheit
sollte die konkrete Formulierung einzelner Tatbestände, insbesondere, welche
Schritte das Firmenbuchgericht zur Erforschung einer neuen Abgabestelle auszuschöpfen
hat, etwas genauer geregelt werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Dr. Klaus Woschnak
(Präsident)