Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

 

 


 

 

Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom                                                Unser Zeichen, BearbeiterIn                                                Klappe (DW)                                                Fax (DW)                                                Datum

BMJ-L 318.019/0008-II.1/2004                        MagAch/Fr                        245/262                        552                        04.10.2004

 

 

Sozialbetrugsgesetz

 

 

Der Österreichische Gewerkschaftsbund begrüßt den vorgeschlagenen Gesetzesentwurf nachdrücklich. Eine alte Forderung des ÖGB würde damit umgesetzt.

 

Der Entwurf ist aber unzureichend, weil ergänzende zivilrechtliche Maßnahmen weitgehend fehlen. Insbesondere sollte eine unbedingte Haftung von Generalunternehmen eingeführt werden, soweit diese (insbesondere: niedrigpreisige) Aufträge an Subunternehmen vergeben, die noch nicht fünf Jahre am Markt tätig sind.

 

Ferner regen wir an, den Entwurf in zwei Detailen zu verbessern:

 

In § 153c Abs. 2 des Entwurfes sollte die Möglichkeit, die Verantwortung für die Einzahlung der Sozialversicherungsbeiträge einzelnen Organ-Mitgliedern aufzuerlegen, ersatzlos entfallen. Zwar enthält § 114 ASVG diese Regelung auch heute - im Zuge verschärfter Bekämpfung von Sozialbetrug sollte aber die Möglichkeit beseitigt werden.

 

Das Institut der tätigen Reue in den sonstigen Regelungsbereichen des Strafgesetzbuches (§ 167) kommt den Täter nur dann zugute, wenn er, bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren hat den entstandenen Schaden gut macht oder sich vertraglich dazu verpflichtet. Die gegenständliche Regelung der Möglichkeit der tätigen Reue bis zum Schluss der Verhandlung zuzulassen und damit Straffreiheit zu verbinden steht im krassen Widerspruch zum Unrechtsgehalt, dem Gedanken der Generalprävention und der Strafdrohung mit Freiheitsentzug bis zu zehn Jahren. Sinnvoll wäre unseres Erachtens die tätige Reue nur bis zu jenem Zeitpunkt zuzulassen, in dem die Behörden vom Verschulden Kenntnis erlangt haben. Neben der Zahlung der ausstehenden Beiträge sollte die Zahlung eines Zuschlages zugunsten des Sozialversicherungsträgers im Ausmaß von ca. 25 % für die tätige Reue verlangt werden, damit kein Anreiz zu günstigen „Darlehen“ gesetzt wird.

 

Ferner schießt Artikel VIII wohl über das Ziel hinaus: Wie sich aus der EMRK und gerade auch aus § 1 StGB klar ergibt, können die geänderten Strafbestimmungen nur auf Straftaten angewendet werden, die nach dem Inkrafttreten begangen worden sind; auf den Zeitpunkt des Urteils erster Instanz kommt es nicht an.

 

 

 

 

 

Fritz Verzetnitsch                        Dr. Richard Leutner

Präsident                        Leitender Sekretär