Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1694/04                                                             Wien, 1. Oktober 2004

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

ein Allgemeines Pensionsgesetz erlassen

wird sowie das Allgemeine Sozialver-

sicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozial-

versicherungsgesetz, das Bauern-Sozial-

versicherungsgesetz, das Arbeitslosenver-

sicherungsgesetz 1977, das Arbeitsmarkt-

politik-Finanzierungsgesetz, das Dienst-

geberabgabegesetz, das Beamten-Dienst-

rechtsgesetz, das Gehaltsgesetz 1956, das

Richterdienstgesetz, das Landeslehrer-

Dienstrechtsgesetz 1984, das Land- und

forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst-

rechtsgesetz 1985, das Vertragsbediensteten-

gesetz 1948, das Pensionsgesetz 1965, das

Bundestheaterpensionsgesetz, das Teil-

pensionsgesetz, das Bundesbahn-Pensions-

gesetz, das Bundesbahngesetz, das Bezüge-

gesetz und das Verfassungsgerichtshofge-

setz 1953 geändert werden (Pensionshar-

monisierungsgesetz);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

 

An das

Bundeskanzleramt

 

Zu dem am 7. September 2004 übermittelten Entwurf des den öffentlichen Dienst im weitesten Sinne betreffenden Teiles eines Pensionsharmonisierungsgesetzes gibt das Amt der Wiener Landesregierung bekannt, dass gegen diesen Entwurf folgende Bedenken bestehen:

 

Allgemeines:

 

Vorweg wird darauf hingewiesen, dass bei Verwirklichung des vorliegenden Gesetzentwurfes - konkret durch die im Abschnitt XIII des Pensionsgesetzes 1965 (PG 1965) vorgesehene Sonderbestimmung des § 101 PG 1965, wonach für nach dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte (dazu zählen gemäß § 106 Abs. 1 Z 2 LDG 1984 auch die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Wien stehenden Landeslehrerinnen und Landeslehrer) die für die Zeit bis zum 31. Dezember 2004 für die Führung des Pensionskontos maßgebenden Daten zu erheben und in der Folge dem Bundespensionssamt zu übermitteln sind - erhebliche Mehrkosten für das Land Wien entstehen.

 

Insgesamt wird es notwendig sein, für mehr als 5.500 Wiener Landeslehrerinnen und Landeslehrer sämtliche monatlichen Bemessungsgrundlagen für den Pensionsbeitrag bis zur monatlichen Höchstbeitragsgrundlage bis in das Jahr 1975 zurück zu eruieren. Insgesamt handelt es sich um knapp 980.000 Monatsbemessungsgrundlagen, die aus in WIPIS gespeicherten Daten sowie aus mikro-verfilmten bzw. aus händisch geführten Auszahlungsunterlagen (Verrechnungskontoblättern) ermittelt werden müssen. Da das Bundespensionsamt gemäß § 103 PG 1965 bereits ab dem Jahr 2007 Kontomitteilungen zu verfassen hat, müssen diese Daten bis zum 31. Dezember 2006 dem Bundes-pensionsamt zur Verfügung gestellt werden. Eine Grobkalkulation hat ergeben, dass zur Einhaltung dieses Termins täglich mindestens 2.300 Bemessungsgrundlagen EDV-technisch erfasst werden müssten. Dieser Aufwand ist jedenfalls nur durch zusätzliches Personal zu bewältigen, wobei es nicht möglich sein wird, routinierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für diese Aufgaben abzustellen. Dieser Umstand bedingt einen

zusätzlichen Zeitaufwand von mehreren Monaten für die Personalrekrutierung und die notwendige Einschulung dieser „neuen“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Insgesamt ist in den Jahren 2005 und 2006 mit Mehrkosten von geschätzten 1,645.000 Euro (Personal- und Sachaufwand) zu rechnen.

 

Darüber hinaus kann nicht gewährleistet werden, dass an Hand der Auszahlungsunterlagen alle erforderlichen Bemessungsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden können. Die Qualität der Mikro-Verfilmungen, die teilweise über 20 Jahre alt sind, leidet unter der langjährigen Lagerung und auch das Auffinden händischer Auszahlungsunterlagen aus den 70´er und 80´er Jahren könnte sich problematisch darstellen.

 

Seitens des Amtes der Wiener Landesregierung bestehen daher große Bedenken, ob dieses Projekt (Zurverfügungstellung der Bemessungsgrundlagen für die Führung des Pensionskontos) bis zum vorgeschriebenen Zeitpunkt (31. Dezember 2006) umgesetzt werden kann.

 

Darüber hinaus wird die Art der vorgesehenen Pensionsharmonisierung als nicht verfassungskonform erachtet (siehe unten).

 

Zu den einzelnen Bestimmungen ist Folgendes zu bemerken:

 

Zu Art 8 Z 1 (§ 15b BDG 1979):

 

Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb für die Inanspruchnahme einer Schwerarbeitspension eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 504 Monaten (= 42 Jahre) erforderlich ist, während für die Inanspruchnahme des Pensionskorridors lediglich eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 450 Monaten (= 37,5 Jahre) gefordert wird. Dabei ist zu bedenken, dass gerade Schwerarbeiterinnen und Schwerarbeiter infolge der psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen oft gesundheitlich gar nicht in der Lage sein werden, eine derart lange ruhegenussfähige Gesamtdienst-

zeit zu erwerben und in diesem Fall selbst in einem erheblichen Ausmaß geleistete Schwerarbeitsmonate weder beim Anfallsalter noch bei den Altersabschlägen berücksichtigt werden. Es stellt ein sachlich nicht zu rechtfertigendes Ergebnis dar, wenn eine 62-jährige Beamtin bzw. ein 62-jähriger Beamter, die bzw. der eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 500 Mo­naten, davon 300 Schwerarbeitsmonate aufweist, nur mit den üblichen (= höheren) Abschlägen von 3,36 % p.a. in den Ruhestand versetzt werden kann.

 

Zu Art. 8 Z 5 (§ 236b BDG 1979):

 

Obwohl durch die vorliegende Reform die Möglichkeit des vorzeitigen Pensionsantritts mit Vollendung des 60. Lebensjahres bei einer beitragsgedeckten Gesamtdienstzeit von 40 Jahren auf alle bis 1. Juli 1950 geborene Beamtinnen und Beamten ausgeweitet wird, bleibt die in § 236b Abs. 7 BDG 1979 vorgesehene nachträgliche „Einkaufsmöglichkeit“ von bereits einmal von der Anrechnung ausgeschlossenen Ruhegenussvordienstzeiten auf Beamtinnen und Beamte, die vor dem 2. Juli 1949 geboren sind, beschränkt. Eine Anpassung des in § 236b Abs. 7 BDG 1979 enthaltenen Geburtsdatums an jenes des Abs. 1 ist daher erforderlich, zumal auch die in § 236b Abs. 5a BDG 1979 vorgesehene Einkaufsmöglichkeit von Zeiten, die durch Leistung eines Erstattungsbetrages entfertigt wurden, an das Geburtsdatum des Abs. 1 anknüpft.

 

Zu Art. 9 Z 3 und 4 (§ 22 Gehaltsgesetz 1956):

 

Diese Bestimmung lässt eine ausdrückliche Regelung vermissen, dass für Personen, die nach dem 31. Dezember 2004 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis aufgenommen werden, der zu entrichtende Pensionsbeitrag nicht mehr im Gehaltsgesetz 1956 geregelt ist, sondern nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften des ASVG zu ermitteln und einzuheben ist. Dies lässt sich erst nach ausgiebiger Lektüre der Erläuterungen zu § 1 Abs. 14 PG 1965 erkennen. Eine eindeutige und klare Struktur der Regelungen wäre daher wünschenswert (Verankerung der Pensionsbeiträge für Beamtinnen und Beamte vorrangig und umfassend im § 22 Gehaltsgesetz 1956).

Die Zitierung der Stammfassung des Pensionsgesetzes 1965 sollte in Abs. 2 Z 2 statt in Abs. 15 Z 2 erfolgen.

 

Zu Art. 13 (§ 29e VBG 1948):

 

Im Gleichklang mit § 284 Abs. 53 Z 1 BDG 1979, § 173 Abs. 36 RDG, § 123 Abs. 46 LDG 1984 und § 127 Abs. 35 LLDG sollte auch im VBG 1948 vorgesehen werden, dass die Änderung der Bestimmung über den Karenzurlaub zur Pflege eines behinderten Kindes mit 1. Jänner 2005 in Kraft tritt.

 

Zu Art. 14 Z 1 und 16 (§ 1 Abs. 14 und §§ 99 bis 105 PG 1965):

 

Nach § 1 Abs. 14 PG 1965 soll gelten, dass auf Beamtinnen und Beamte, die nach dem 31. Dezember 2004 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund aufgenom-men worden sind, die für die übrigen Beamtinnen und Beamten geltenden pensionsrechtlichen Vorschriften nicht anzuwenden sind. Ab 1. Jänner 2005 sollen für diese Beamtinnen und Beamten ausschließlich die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften wie das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und das Allgemeine Pensionsgesetz (APG) gelten. Für vor dem 1. Jänner 2005 in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund aufgenommene Beamtinnen und Beamte, die am 31. De-zember 2004 ihr 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich an diesem Tag im Dienststand befinden, finden das Allgemeine Pensionsgesetz und somit ebenfalls die oben angesprochenen sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften - wenn auch durch eine Parallelrechnung im Übergangszeitraum „gemildert“ - Anwendung. Diese undifferenzierte Anwendung des Sozialversicherungsrechtes (vollkommene Übernahme der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Allgemeinen Pensionsgesetzes) auf die Ruhebezüge der Beamtinnen und Beamten des Ruhestandes wird aus nachstehenden Erwägungen als verfassungswidrig angesehen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bindet der verfassungsrechtliche Gleichheitsgrundsatz (Art. 7 Abs. 1 B-VG) auch den Gesetz- und Verordnungsgeber (VfSlg. 10.492). Die dabei vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Prüfungsformel stellt darauf ab, dass der Gleichheitsgrundsatz nur „sachlich gerechtfertigte“ Differenzierungen zulasse (Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht, 9. Auflage, Rz 1347). Eine Differenzierung ist nur dann sachlich begründet, wenn sie nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen („aus Unterschieden im Tatsächlichen“) erfolgt (VfSlg. 13.178). Der Gesetzgeber ist demnach durch den Gleichheitssatz verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen (VfSlg. 15.396). Andererseits müssen wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich zu unterschiedlichen Regelungen führen (VfSlg. 13.965). Wegen dieser grundsätzlichen Umkehrbarkeit des Gleichheitssatzes kann daher auch die Gleichbehandlung unterschiedlicher Sachverhalte unsachlich und damit verfassungswidrig sein (Kucsko-Stadlmayer, Ruhensbestimmungen für Beamte als verfassungsrechtliches Problem, ÖJZ 1990, 649). Bezogen auf die gegenständliche Problematik hat der Verfassungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 16. März 1988, G 184/87 u. a., ausgesprochen, dass „die Pension in der Sozialversicherung ihrem Wesen nach eine Leistung ist, die auf solidarischen Leistungen einer entsprechend großen Riskengemeinschaft beruht, während dessen es sich beim Ruhegenuss der öffentlich Bediensteten um eine ausschließliche Dienstgeberleistung, die der Staat als Dienstgeber der Beamten erbringt“, handelt. Der Widmungszweck der Zuwendungen des Bundes an die Pensionsversicherung und der Leistungen für die pensionierten Beamtinnen und Beamten ist daher ein völlig unterschiedlicher. Einmal handelt es sich um die Übernahme solcher Risken, die von der Versicherungsgemeinschaft selbst nicht mehr übernommen werden können, im anderen Fall stellt diese Zuwendung eine Leistung im Rahmen eines zwar modifizierten, aber weiterhin bestehenden Dienstverhältnisses, eben einer Beamtin bzw. eines Beamten im Ruhestand, dar. Es handelt sich somit beim Beamtendienstverhältnis und bei der Materie des Sozialversicherungswesens um „tiefgreifend verschiedene Rechtsgebiete“. Zwischen dem Pensionsrecht der Beamtinnen und Beamten und jenem der Sozialversicherten besteht somit eine „wesenhaft rechtliche Verschiedenheit“. Diese wesenhaft rechtliche Verschiedenheit zeigt sich u. a. auch in der Bestimmung des § 11 PG 1965 über das Erlöschen des Ruhegenussanspruchs und in den Bestimmungen der §§ 133 ff BDG 1979 betreffend das Disziplinarrecht.

Dem Gleichheitssatz muss daher - wie oben dargelegt - in bestimmten Fällen eine Differenzierungspflicht - also ein „Gebot der Ungleichbehandlung“ - entnommen werden. Es ist nämlich gleichheitswidrig, eine Norm zu schaffen, die bestimmte Personengruppen zwar gleich behandelt, sich aber wegen entscheidender Unterschiede im Tatsächlichen als materielle Ungleichbehandlung einer dieser Gruppen auswirkt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gebietet der Gleichheitssatz nicht nur Gleiches gleich zu behandeln, sondern auch Ungleiches ungleich zu behandeln, wenn die Gleichbehandlung sachfremd wäre (vgl. z. B. VfSlg. 6410). Gerade einer solchen undifferenzierten und damit sachlich nicht gerechtfertigten Gleichbehandlung macht sich der Bundesgesetzgeber schuldig, wenn er in § 1 Abs. 14 PG 1965 ausschließlich und gänzlich das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Allgemeine Pensionsgesetz, beides sozialversicherungsrechtliche Vorschriften, zum „Beamtenpensionsrecht“ erklärt. Dies kann auch nicht mit dem sozialpolitischen Gedanken der „Solidarität“ zwischen den Arbeitnehmergruppen begründet werden, wenngleich nicht verkannt werden darf, dass auch diese Gedanken in den Bereich der sachlichen Erwägungen fallen können. Mit anderen Worten: Es ist dem Bundesgesetzgeber sicherlich nicht verwehrt, partiell zu den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften idente pensionsrechtliche Bestimmungen für Beamtinnen und Beamte zu kreieren (z. B. Steigerungsbetrag), soweit hiefür sachliche Gründe in beiden Bereichen sprechen. Eine gänzliche Angleichung der erwähnten Rechtsbereiche (Pensionsversicherungsrecht, Beamtenpensionsrecht) hat aber auch Kucsko-Stadlmayer, aaO, als „zweifellos“ nicht verfassungskonform erachtet. Diese Verfassungswidrigkeit ist dabei aber nicht bloß mit der Bindung des einfachen Gesetzgebers an das „historisch überkommene Begriffsbild des Berufsbeamtentums“ zu begründen, sondern liegt auch darin begründet, dass die Normen des Sozialversicherungsgesetzes auf Lebenssachverhalte (Daten) der von ihnen erfassten Riskengemeinschaft aufbauen und daraus ihre sachliche Rechtfertigung ableiten. Diese können jedoch nicht gleichzeitig auch die sachliche Rechtfertigung für Lebensbereiche sein, die außerhalb der jeweiligen Riskengemeinschaft liegen.

 

Weichselbaum, Abschied von der Beamtenpension - verfassungskonform?, JAP 2002/
2003, 249, kommt zu der Schlussfolgerung, dass es dem einfachen Gesetzgeber verwehrt sei, einschlägige gesetzliche Regelungen auf dem Gebiet des Beamtenpensionsrechtes auf der Grundlage des Kompetenztatbestandes „Sozialversicherungswesen“ zu treffen. Diese Aussage - verstanden als ein Verbot unreflektierter Übernahme des Sozial(Pensions)versicherungsrechtes auf das Beamtenpensionsrecht - deckt sich mit der oben dargelegten Ansicht von Kucsko-Stadlmayer. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinzuweisen: In Art. 10 Abs. 1 B-VG werden jene Angelegenheiten genannt, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind. Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG nennt u. a. das „Sozial- und Vertragsversicherungswesen“, Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG u. a. das „Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten“. Es handelt sich daher beim Sozialversicherungswesen und beim Dienstrecht der Bundesbediensteten (wozu auch deren Pensionsrecht gehört) um unterschiedliche Angelegenheiten, die auch unterschiedliche Regelungen erfordern, weil sie unterschiedliche Lebenssachverhalte regeln. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrmals angesprochen hat (vgl. z. B. VfSlg. 4348/63) sind der österreichischen Verfassungsordnung konkurrierende Kompetenzen fremd. Das bedeutet, dass die Kompetenztatbestände - nicht nur im Verhältnis ihrer Aufteilung zwischen Bund und Ländern, sondern auch innerhalb der ausschließlichen Bundeskompetenz des Art. 10 Abs. 1 B-VG - inhaltlich differenzierte Sachgebiete umschreiben, die voneinander klar getrennt sind und zwischen denen es im Wesentlichen keine Überschneidungen gibt. Durch § 1 Abs. 14 PG 1965 nimmt der Bundesgesetzgeber seine Dienstrechtskompetenz nur scheinbar wahr, zumal die materielle Regelung des Lebenssachverhaltes „Beamtin oder Beamter des Ruhestandes“ bei weiterhin aufrechtem Dienstverhältnis mit allen daraus resultierenden Pflichten und Berührungspunkten mit dem „sonstigen“ Dienstrecht der Beamtin bzw. des Beamten dem Sozialversicherungsgesetzgeber überträgt. Dass aber von der Verfassung anerkannte, inhaltlich differenzierte Sachgebiete völlig gleichgeschaltet werden, widerspricht dem österreichischen Bundesverfassungsrecht, zumal der Verfassungsgesetzgeber gerade durch die Aufzählung diverser Angelegenheiten in Art. 10 Abs. 1 B-VG deren grundsätzliche Verschiedenartigkeit zum Ausdruck gebracht hat, die eben auch differenzierte Regelungen erfordert. Dass diese Verschiedenartigkeit gleichartige und teilweise sogar idente Regelungen nicht ausschließt, wurde bereits oben dargelegt.

Im Übrigen weisen die erläuternden Bemerkungen selbst auf einige dieser Unterschiede im Tatsächlichen hin, wenn betont wird, dass die „Grundprinzipien des Beamtendienstrechtes, insbesondere der lebenslange Charakter des Beamtendienstverhältnisses weiterhin gewahrt“ bleiben, so bleibe „das Dienstverhältnis auch im Ruhestand aufrecht“ und gelten für „Beamte des Ruhestandes weiterhin die für sie vorgesehenen Dienstpflichten“ und sind sie „weiterhin dem Disziplinarrecht unterworfen“. Letzteres hat bei einer vollkommenen Gleichschaltung von Beamtenruhebezügen und Pensionsleistungen nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz die Folge, dass „geringfügige“ Pflichtverletzungen einen (vorübergehenden) Abzug vom Ruhebezug nach sich ziehen können, bei schweren und schwersten Pflichtverletzungen hingegen praktisch keine Auswirkungen zu gewärtigen sind, da der Ruhebezug durch eine gleich hohe Pension nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz ersetzt wird. Unter diesem Aspekt ist Weichselbaum, aaO, zuzustimmen, wenn sie als Konsequenz dieses Konstrukts einen „gleichheitswidrigen Rechtszustand“ ortet und meint, dass eine Umstellung von einem dienstrechtlichen auf ein sozialversicherungsrechtliches System der Altersversorgung „jedenfalls einer Verfassungsänderung“ bedürfte.

 

Aber nicht nur die zukünftige vollkommene Gleichstellung wird als verfassungswidrig angesehen. Verfassungsrechtlich zumindest problematisch ist auch der Weg dorthin. Abgesehen davon, dass auch im sog. Übergangsrecht des Abschnittes XIII des PG 1965 das Allgemeine Pensionsgesetz und damit die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung gelangen, hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass zwar keine Verfassungsvorschrift existiert, die den Schutz wohlerworbener Rechte gewährleistet (vgl. z. B. VfSlg. 11.309) und es somit im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten der Betroffenen zu verändern, doch hat dieser Eingriff sachlich begründbar zu sein und darf auch bei gegebener sachlicher Begründbarkeit die Minderung wohlerworbener Rechte nicht in jedweder Intensität erfolgen (vgl. z. B. VfSlg. 11.309).

 

Die vorliegende Novelle wird nun u. a. auch damit begründet, dass „die dem Allgemeinen Pensionsgesetz immanenten Versicherungselemente beispielsweise durch das Abschlagssystem bei vorzeitiger Ruhestandsversetzung, die Durchrechnung und die Neuregelung des Steigerungsbetrages in den letzten Jahren verstärkt Eingang in das Beamtenpensionssystem gefunden“ haben und „damit auch für Beamte keine wesentlichen Neuerungen“ darstellen. Diese Begründung übersieht zweierlei: Einerseits lässt sich damit die oben dargestellte Verfassungswidrigkeit eines einheitlichen Pensionssystems nicht beseitigen, andererseits muss für die Frage der Wesentlichkeit auch maßgebend sein, in welchem Ausmaß sich das Pensionsrecht in den letzten Jahren insgesamt verändert hat, vor allem dann, wenn eine Pensionsreform, „kaum beschlossen“, schon von der nächsten abgelöst wird.

 

Bemerkt wird, dass die vorstehenden Aussagen grundsätzlich auch auf die anderen der Harmonisierung unterworfene Systeme anzuwenden sind, soweit die Unterschiede im Tatsächlichen eine einheitliche Regelung nicht zulassen.

 

Zu Art. 14 Z 3 und 4 (§ 5 PG 1965):

 

§ 5 Abs. 3 und 5 PG 1965 sehen vor, dass die Ruhegenussbemessungsgrundlage, wenn der Beamte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres im Dienststand bleibt, für jeden vollen Monat, der zwischen dem auf die Vollendung des 65. Lebensjahres folgenden Monatsersten und dem Monatsersten nach dem Übertritt (der Versetzung) in den Ruhestand liegt, um 0,28 Prozentpunkte zu erhöhen ist, wobei die Erhöhung maximal 10,08 Prozentpunkte betragen kann. Da gemäß § 13 BDG 1979 die Beamtin bzw. der Beamte mit Ablauf des 65. Lebensjahres nach dem Jahr ihrer bzw. seiner Geburt ex lege in den Ruhestand tritt, kann diese Bonusregelung allerdings nur dann zur Anwendung gelangen, wenn ein Aufschub des Übertritts in den Ruhestand von der zuständigen Bundesministerin bzw. vom zuständigen Bundesminister gemäß § 13 Abs. 2 BDG 1979 verfügt wird, wodurch die vorgesehene Regelung praktisch inhaltsleer wird.

 

Zu Art. 14 Z 9 und 13 (§ 60 und § 91 Abs. 11 und 12 PG 1965):

 

In den Erläuterungen hat die Überschrift zu diesen Bestimmungen statt „Zu Art. 14 Z 9 und 14“ richtig „Zu Art. 14 Z 9 und 13“ zu lauten.

 

Zu Art. 14 Z 11, 14 und 17 (Abschnittsüberschrift vor § 86, §§ 98 bis 103 und Abschnittsüberschrift nach § 105 PG 1965):

 

In den Erläuterungen hat die Überschrift zu diesen Bestimmungen statt „Zu Art. 14 Z 11, 12 und 17“ richtig „Zu Art. 14 Z 11, 14 und 17“ zu lauten.

 

Zu Art. 14 Z 12 (§ 90a Abs. 1a und 1b PG 1965):

 

In den Erläuterungen hat die Überschrift zu dieser Bestimmung statt „Zu Art. 14 Z 13“ richtig „Zu Art. 14 Z 12“ zu lauten.

 

Zu Art. 14 Z 16 (§§ 99 bis 105 PG 1965):

 

Es fehlt jegliche gesetzliche Vorgabe, wie vorzugehen ist, wenn die notwendigen Daten für die Bildung des Pensionskontos aus welchen Gründen auch immer nicht mehr eruierbar bzw. rekonstruierbar sind. Gemäß § 101 Abs. 4 PG 1965 können die Betroffenen die Mitteilung der bis zum 31. Dezember 2004 maßgebenden Pensionskontodaten bestreiten, worauf diese dann von der Dienstbehörde 1. Instanz bescheidmäßig festzustellen sind. An dieser Stelle stellt sich jedoch die Frage, welche Daten als Grundlage für einen diesbezüglichen Feststellungsbescheid herangezogen werden sollen, wenn die entsprechenden Datensätze nicht vorhanden bzw. auffindbar sind.

 

§ 104 PG 1965 sieht eine nachträgliche „Einkaufsmöglichkeit“ für gemäß § 54 Abs. 3 PG 1965 von der Anrechnung ausgeschlossener Ruhegenussvordienstzeiten sowie von nach § 308 ASVG erstatteter Zeiten vor. Diese im Abschnitt XIII des PG 1965 veran-

kerte Bestimmung gilt allerdings nur für nach dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamten. Für bis 1. Juli 1950 bzw. bis 1. Juli 1949 geborene Beamtinnen und Beamten enthält § 236b Abs. 5a und 7 BDG 1979 (siehe auch obige Anmerkung zu Art. 8 Z 5) vergleichbare Bestimmungen. Weshalb für nach dem 1. Juli 1950 (bzw. nach dem 1. Juli 1949) und bis 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamten eine derartige nachträgliche Einkaufsmöglichkeit nicht besteht, ist nicht erklärlich, zumal für die Inanspruchnahme einer Schwerarbeitspension nach § 15b BDG 1979 bzw. des Pensionskorridors gemäß § 15c BDG 1979 eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 504 bzw. 450 Monaten erforderlich ist, für deren Erreichen die nachträgliche Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten durchaus von Bedeutung sein kann.

 

Zu Art. 14 Z 18 (§ 109 PG 1965):

 

Gemäß § 109 Abs. 47 soll § 90 Abs. 4 rückwirkend mit 1. Jänner 2004 aufgehoben werden. Die Aufhebung dieser Bestimmung ist allerdings nicht vorgesehen (müsste als Z 11a eingefügt werden).

 

Da gemäß § 109 Abs. 48 § 5 Abs. 2b rückwirkend mit 1. Jänner 2004 in Kraft treten soll, ist in § 109 Abs. 47 Z 2 der Ausdruck „§ 5 Abs. 2 bis 3 und 5“ durch den Ausdruck „§ 5 Abs. 2, 2a, 3 und 5“ zu ersetzen.

 

Gleichzeitig werden 25 Ausfertigungen dieser Stellungnahme an das Präsidium des Nationalrates übermittelt. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die e-mail Adresse „begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                            Mag. Michael Raffler

Mag. Sonja Wahrstötter                                       Obermagistratsrat