Bundesministerium für

Gesundheit und Frauen

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1010 Wien

 

 

 

 

 

 

 

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Bearbeiter/in

Tel

501 65

Fax

Datum

96119/0003-I/B/9/04

SV-GSt

Weißensteiner

DW  2273

DW 2695

27.10.2004

 

 

 

 

 

 


Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversiche­rungs­gesetz und das Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (3. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004 – 3. SVÄG 2004)

 

Die Bundesarbeitskammer nimmt zum vorliegenden Entwurf wie folgt Stellung:

 

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen laut den Erläuternden Bemerkungen vor allem Ergänzungen und Anpassungen an die Rechtsentwicklung bewirken bzw der weiteren Harmonisierung des Sozialversicherungsrechts dienen. Im Einzelnen verbergen sich dahinter jedoch durchaus bedeutende Änderungen, wie etwa die Aussetzung der chefärztlichen Bewilligung durch die Gesamtvertragspartner oder die Einführung einer Geringfügigkeitsgrenze im B-KUVG.

 

Zu Art 1 Z 1 und Art 1 Z 2 (§ 7 Z 4 ASVG):

 

Die Einführung einer Geringfügigkeitsgrenze im B-KUVG erfordert eine Änderung der Bestimmungen über die Teilversicherung in der Pensionsversicherung im ASVG: Eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung besteht einerseits bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze und andererseits bei einer Selbstversicherung nach § 7a B-KUVG. Dagegen besteht kein Einwand.

 

Zu Art 1 Z 4 und 5 (§ 53 Abs 3a und 4 ASVG):

 

Auch diese Änderungen werden durch die Einführung der Geringfügigkeitsgrenze im B-KUVG erforderlich. Bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze durch mehrere Beschäftigungsverhältnisse ist ein Pauschalbeitrag zur Pensionsversicherung in der Höhe von 10,25 % zu zahlen; dies entspricht der bestehenden ASVG-Regelung.

 

Zu Art 1 Z 8 und 12 (§§ 128 und 447h ASVG), Art 2 Z 2 (§ 87 GSVG), Art 3 Z 2 (§ 80a BSVG) und Art 4 Z 23 (§ 57 B-KUVG):

 

Eine Neuregelung der Leistungszuständigkeit bei mehrfacher Krankenversicherung wurde mit dem ASRÄG 1997 beschlossen; das Inkrafttreten wurde mehrfach verschoben, zuletzt auf den 1.1.2005. Gegen den Vorschlag, die geplante Neuregelung nicht in Kraft treten zu lassen, besteht kein Einwand. Aus Sicht der Versicherten ist die geltende Rechtslage zufriedenstellend.

 

Zu Art 1 Z 9 (§ 131b ASVG) und Art 4 Z 24 (§ 60a B-KUVG):

 

Die Bundesarbeitskammer hat Bedenken gegen die Möglichkeit, für „neue“ Krankenbehandlungen Kostenzuschüsse, vorzusehen. Sie weist darauf hin, dass diese Änderung gesundheitspolitisch in zwei unterschiedliche Richtungen wirken kann: In bedrängter Finanzlage könnten die Krankenversicherungsträger, wenn sie von der Politik bei der Finanzierung im Stich gelassen werden, die neue Bestimmung dazu nützen, neue Behandlungsmethoden, die eigentlich gem § 133 ASVG notwendig und daher als Sachleistung zu erbringen wären, aus Kostengründen nicht in den Gesamtvertrag aufzunehmen und statt dessen nur mit dem Kostenzuschuss auszustatten. Damit würde die neue Bestimmung zur Einfallstür in eine Zweiklassenmedizin, was von der Bundesarbeitskammer selbstverständlich abgelehnt wird.

 

Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass angesichts der angespannten Finanzlage der Kassen schon hinsichtlich der vertraglichen Leistungen die Möglichkeit der Kostenzuschüsse einfach totes Recht bleibt.

 

Die Bestimmung würde daher erst dann Sinn machen, wenn die unbedingt erforderliche Sanierung der Finanzen der sozialen Krankenversicherung nachhaltig erfolgt ist.

 

Zu Art 1 Z 10 (§ 131b ASVG), Art 2 Z 1 (§ 85 Abs 4 GSVG), Art 3 Z 1 (§ 80 Abs 8 BSVG) und Art 4 Z 25 (§ 60a B-KUVG):

 

Der Vorschlag, eine Kostenzuschussregelung für eine spezielle Art der Krankenbehandlung (ambulante Tumorbehandlung durch eine punktförmige Bestrahlung mit Protonen und/oder Kohlenstoffionen) direkt im Gesetz zu normieren, ist unsystematisch.

 

Selbstverständlich soll den österreichischen PatientInnen diese zukunftsweisende Behandlungsmethode ermöglicht werden. PatientInnen haben jedoch einen Rechtsanspruch auf die notwendige Krankenbehandlung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen, eine Sonderregelung ist daher entbehrlich.

 

Unverständlich ist, warum bis zu einem geplanten Inkrafttreten am 1.1.2008 die Ermittlung eines Preises und ein Verhandlungsabschluss (wie im Vertragspartnerrecht üblich), nicht möglich sein soll.

 

Für eine neue Krankenbehandlung, auf die alle Versicherten einen gesetzlichen Anspruch haben, lediglich Kostenzuschüsse vorzusehen, eröffnet den Weg in eine Zweiklassenmedizin, der strikt abzulehnen ist.

 

Zu Art 1 Z 14 bis 16, 18 und 19 (§§ 473 Abs 3, 474 Abs 2 und Abs 2 (neu), 609 Abs 1 Z 2 und Abs 5 ASVG):

 

Gegen die vorgeschlagenen Änderungen besteht kein Einwand. Es ist nicht sinnvoll, bei der neuen Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau eine dritte Kategorie von Krankenversicherten, nämlich für die vorher in der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues Versicherten, zu schaffen.

 

Zu Art 1 Z 20 (§ 619 Abs 3 bis 8 ASVG):

 

Die vorgeschlagene Möglichkeit, der Gesamtvertragspartner, eine Vereinbarung über die Aussetzung der chefärztlichen Bewilligung bis zur Verfügbarkeit der technischen Infrastruktur der e-card abzuschließen, findet sich wortgleich im Entwurf der Heilmittel-Bewilligungs- und Kontroll-Verordnung.

 

Die Bundesarbeitskammer wiederholt den hiezu in der dortigen Stellungnahme dargelegten Standpunkt, dass eine gesamtvertragliche Verpflichtung der ÄrztInnen zu einer ökonomischen Verschreibweise eine Alternative zur Chefarztpflicht sein kann. Eine derartige Regelung erscheint jedoch nicht zielführend, wenn Einzelvertragspartner erklären können, nicht der Vereinbarung unterliegen zu wollen.

 

Zu Art 4 Z 2 (§ 2 Abs 1 erster Satz B-KUVG):

 

Gegen die Änderung dahingehend, dass die Ausnahmebestimmung tätigkeits- und nicht personenbezogen zu verstehen ist, besteht im Sinn der Gleichbehandlung von Mehrfachversicherten kein Einwand.

 

Zu Art 4 Z 4 (§ 2 Abs 1 Z 5 B-KUVG):

 

Auch im B-KUVG soll anstelle der Mindestbeitragsgrundlage eine Geringfügigkeitsgrenze eingeführt werden. Damit sind Änderungen bzw Anpassungen zahlreicher Bestimmungen im B-KUVG und ASVG (zB die Möglichkeit der Selbstversicherung, Regelungen bei mehrfach geringfügiger Beschäftigung usw) verbunden.

 

Betroffen wären lediglich ca 1.000 Personen, weil in den meisten Fällen bei B-KUVG-Versicherten die Beitragsgrundlage über der Geringfügigkeitsgrenze liegt.

 

Zu Art 4 Z 15 und 17 (§§ 19 Abs 8 und 20 Abs 3 B-KUVG):

 

Als Beitragsgrundlage für die Selbstversicherung wird der Betrag der Geringfügigkeitsgrenze festgesetzt.

 

Da § 20 B-KUVG (wie alle die Geringfügigkeitsgrenze betreffenden Bestimmungen) erst am 1.1.2006 in Kraft tritt, kann der monatliche Beitrag nicht mit € 12,94 (was dem entsprechenden Krankenversicherungs-Dienstnehmeranteil des Jahres 2004 entsprechen würde) festgelegt werden.

 

Zu Art 4 Z 20 und 21 (§§ 23 Abs 2 und 3 sowie 24a B-KUVG):

 

Geplant ist die Einführung einer Dienstgeberabgabe nach dem Vorbild der entsprechenden Regelungen des Dienstgeberabgabegesetzes.

 

Unverständlich und abzulehnen ist, dass die Regelung auf bestimmte Versichertengruppen („neue“ Vertragsbedienstete, ArbeitnehmerInnen von Universitäten und kündbare Bedienstete der BVA) beschränkt wird. Für jene Gruppen, bei denen keine geringfügige Beschäftigung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG wirksam werden kann, fordert die Bundesarbeitskammer eine Teil-Abgabe für die Krankenversicherung, da ökonomische Anreize durch die Begünstigung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse gegenüber vollversicherten Beschäftigungsverhältnissen so weit wie möglich zu vermeiden sind.

 

 

 

 

Herbert Tumpel                                                               Christoph Klein

Präsident                                                                       iV des Direktors