An das

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

Postfach 63

1016 Wien  Wien, am 4. März 2005

 

 

 

 

Betrifft:  BMJ – B7.111/0002-I 7/2005

              Wohnrechtsnovelle 2005 – WRN 2005

              Stellungnahme

 

 

Sehr geehrter Herr Dr. Stabentheiner!

 

Wir bedanken uns für die Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Entwurf der Wohnrechtsnovelle 2005 und schließen diese im Folgenden an.

 

 

 

 

Mit dem Ersuchen um Kenntnisnahme

verbleiben wir mit freundlichen Grüßen

 

 

 

Martin Gruber

Verein „Mieter informieren Mieter, MIM,

Hilfe zur Selbsthilfe“

 


Entwurf zur Wohnrechtsnovelle 2005 - WRN 2005

Stellungnahme

 

 

Zum wohnungseigentumsrechtlichen Teil des Entwurfes – Artikel I

 

 

Zu Z 5 c) - § 8 Abs. 3:

Die vorgeschlagene Formulierung des ersten Satzes „Der Nutzwert eines Abstellplatzes für ein Kraftfahrzeug darf dessen Nutzfläche – außer zur Berücksichtigung von Zube­hörobjekten – rechnerisch nicht übersteigen.“ erscheint unverständlich.

Nach den Erläuterungen sollen hier jene Fälle erfasst werden, wo einem Kfz-Abstell­platz als eigenes Wohnungseigentumsobjekt weitere Zubehörobjekte zugeordnet wer­den.

Vorgeschlagen wird, das Wort „zur“ durch das Wort „bei“ zu ersetzen.

 

Zu Z 6 c) - § 9 Abs. 6:

Gegen die Ausweitung der Möglichkeit die Nutzwerte durch ein neues Nutzwertgutach­ten einvernehmlich neu festzusetzen bestehen keine Bedenken. Insoweit könnte die im Entwurf vorgesehene einvernehmliche Neufestsetzung der Nutzwerte durchaus auch auf jene Fälle ausgeweitet werden, in denen die Nutzwerte zunächst vom Gericht (der Schlichtungsstelle) festgesetzt worden sind.

 

Zu 7 b) - § 10 Abs. 3 und 4

Die vorgeschlagene Differenzierung nach einer quantitativen Grenze, Berichtigung nach § 136 GBG bis maximal zehnprozentiger Änderung (Abs. 3 neu), scheint sachge­recht.

Die Regelung des Abs. 4 zweiter und dritter Satz hinsichtlich der Kostentragung bei Änderungen, die über die zehn Prozentgrenze hinausgehen, erscheint aber nicht kon­sequent. Die Erläuterungen ziehen hier offensichtlich nur jene Fälle in Betracht, in de­nen dem verursachenden (änderungswilligen) Miteigentümer nach einer neuen Nutz­wertfestsetzung Miteigentumsanteile zuwachsen sollen. Sie verweisen in diesem Zu­sammenhang hinsichtlich der Entschädigung nach Abs. 4 zweiter Satz missverständlich auf die Bestimmung des § 16 Abs. 2 Z 3, die jedoch nur eine Entschädigung des durch Bauführungen beeinträchtigten Wohnungseigentümers eines anderen Objektes, vor­sieht. § 16 sieht keine generelle Bestimmung vor, dass der eine Änderung der Mitei­gentumsanteile verursachende Wohnungseigentümer sämtliche damit verbundenen Kosten und Abgaben, zu tragen hätte! Damit gibt es aber auch keinen Vorrang der speziellen Regel des § 16 Abs. 2 Z 3 vor der allgemeinen des § 13 Abs. 4.

Für Fälle, in denen der verursachende (änderungswillige) Miteigentümer Anteile abgibt, die anderen hingegen Anteile erwerben müssen, um die jeweils erforderlichen Min­destanteile (wieder) zu erreichen, ist die vorgeschlagene Regelung geradezu kontrapro­duktiv.

Als Beispiel dafür sei die Umwidmung eines bisher als Geschäftslokal gewidmeten Ob­jektes in „Wohnung“ in einem Wohnungseigentumshaus genannt. Nach der (baube­hördlich genehmigten) Umwidmung erfolgt eine Neufestsetzung der Nutzwerte und wird dadurch eine Änderung der Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer erforderlich, die die zehn Prozentgrenze (Abs. 3 des Entwurfes) übersteigt. Nach der Regelung des Abs. 4 müssten die anderen Wohnungseigentümer nicht nur ein angemessenes Entgelt an den verursachenden Miteigentümer leisten (mangels vereinbarter Unentgeltlichkeit), sondern darüber hinaus auch noch die Kosten und Abgaben für die grundbücherliche Durchführung der notwendigen Anpassungen tragen. Dieses Ergebnis erscheint kei­nesfalls sachgerecht!

 

Vorgeschlagen wird stattdessen, dass die Entschädigung, wie die für die grundbücher­liche Durchführung entstehenden Kosten und Abgaben, jeweils der verursachende Wohnungseigentümer zu tragen hat. Ob die Regelung hier oder im § 16 vorgesehen wird, erscheint zweitrangig.

 

Zu Z 11 b) - § 18 Abs. 2

Der im Entwurf vorgeschlagenen „Abtretungslösung“ wird jedenfalls der Vorrang vor jeder Form der vorgeschlagenen „Verwaltungslösungen“ eingeräumt. Hier bleibt dem einzelnen Wohnungseigentümer die größtmögliche Wahlfreiheit zur Durchsetzung sei­ner Ansprüche - im Vergleich zu den anderen Vorschlägen - erhalten.

 

Zu beachten wird aber noch sein, dass diese Neuregelung nicht durch die künftige Ausgestaltung von Anwartschafts-, Kauf- und Wohnungseigentumsverträgen konterka­riert wird. Denkbar ist hier sowohl der vertragliche Ausschluss der Annahme derartiger Abtretungen durch die Eigentümergemeinschaft, als auch die quasi „Zwangsabtretung“ derartiger (künftiger) Ansprüche der Wohnungseigentümer an die Eigentümergemein­schaft. Nach § 38 idgF wären derartige Vereinbarungen nur teilweise rechtsunwirksam.

Vorgeschlagen wird daher, im § 38 eine entsprechende Bestimmung aufzunehmen, die eine Beschränkung der dem Wohnungseigentümer zustehenden Rechte nach § 18 Abs. 2 für rechtsunwirksam erklärt. Sollte dies nicht möglich sein, wäre zumindest in den Erläuterungen zu § 18 Abs. 2 festzuhalten, dass die Abtretung eines Anspruches jeweils im Einzelfall zu erfolgen hat und „Vorabverfügungen“ über die (Nicht-) Abtretung künftiger Ansprüche von den einzelnen Wohnungseigentümern bzw. der Eigentümer­gemeinschaft jederzeit geändert werden können.

 

Zu Z 13 a) - § 20 Abs. 6

Da mit dem zwingenden Eigenkonto gemäß der geltenden Bestimmungen nach den Erläuterungen offensichtlich keine negativen Erfahrungen gemacht worden sind, sollte diese bewährte Regelung beibehalten werden.

Der bloße Wunsch der Hausverwalter, die Zahlungen auch über ein Anderkonto durchführen zu können, erscheint als ungenügende Begründung für diese geplante Gesetzesänderung.

Überhaupt nicht begründet wird in den Erläuterungen, warum der zweite Satz des Abs. 6 ersatzlos entfallen soll.

Vorgeschlagen wird daher, den Abs. 6 unverändert zu belassen.

 

Zu Z 13 b) - § 20 Abs. 7

Die Ausweitung der Informationspflichten des Verwalters wird begrüßt.

 

Zu Z 15 - § 24 Abs. 5

Zu Z 16 - § 25 Abs. 2

Die hier vorgeschlagene Änderung der Form der Bekanntmachung von Beschlüssen (und anderen Verständigungen) würde einen bedeutenden Rückschritt für die Nutzer­interessen der Wohnungseigentümer darstellen und wird aus diesem Grunde abge­lehnt.

 

Im Einzelnen: Mit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz 1994 wurde im WEG 1975 der § 13b Abs. 3 eingefügt, der vorsah, dass die Miteigentümer von einer beabsichtigten Beschlussfassung und ihrem Gegenstand durch Übersendung einer Verständigung an das Eigentumsobjekt bzw. eine andere bekanntgegebene Adresse in Kenntnis zu set­zen sind.

Mit dem WEG 2002 wurde diese Benachrichtigungspflicht auf alle Verständigungen (Bekanntmachungen) ausgedehnt und zusätzlich der „Hausanschlag“ normiert. Dies stellte eine bedeutende Verbesserung dar. Zutreffend hebt auch der Ausschussbericht zum WEG 2002 hervor: „Die Zustellung von Beschlüssen wird nun gegenüber der Re­gierungsvorlage im Sinn eines noch verbesserten Schutzes der Wohnungseigentümer verändert.“

 

Nach den nunmehr vorgeschlagenen Änderungen im § 24 Abs. 5 bzw. § 25 Abs. 2 wäre der einzelne Wohnungseigentümer weder von einer beabsichtigten Beschlussfas­sung, noch von einem erfolgten Beschluss, persönlich zu verständigen. In all diesen Fällen soll ein „Hausanschlag ohne Datierung“ in formeller Hinsicht genügen, um Be­schlüsse rechtswirksam werden zu lassen. Dies wäre mit einem Rückschritt in die Rechtslage vor dem 3. WÄG 1994 verbunden.

 

Begründet werden die geplanten Änderungen mit der derzeitigen, angeblich überschie­ßenden, Regelung, wonach zwei unterschiedliche Bekanntmachungsarten, nämlich Hausanschlag und Zustellung, gefordert sind. Unklar bleibt, ob diese doppelte Be­kanntmachung eine Überforderung der Verwalter darstellt oder welche Gründe sonst für eine Änderung sprechen.

An der Sachlage hat sich seit Inkrafttreten des WEG 2002 jedenfalls nichts geändert. Die Wohnungseigentümer von Kfz-Abstellplätzen haben nach wie vor oftmals keinen Zugang zum Haus (Stiegenhaus) selbst, wo der „Hausanschlag“ anzubringen ist, in Reihenhausanlagen gibt es überhaupt kein allgemeines Haus (Stiegenhaus) zur An­bringung eines „Hausanschlages“.

 

Eine weitere (beabsichtigte ?) Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage wird in

den Erläuterungen überhaupt nicht erwähnt, nämlich die Änderung der Bekanntma­chung von Beschlüssen vom bisherigen „Hausanschlag mit Datierung“ in einen „Haus­anschlag ohne Datierung“ und ohne Hinweis auf die Anfechtungsfristen. Nachdem das Datum des Hausanschlages nach wie vor für den Fristenlauf bei Anfechtungen ent­scheidend bleiben soll, ist der geplante Entfall des Erfordernisses der Angabe des Da­tums des Hausanschlags überhaupt unverständlich. Ist kein Datum am Hausanschlag angegeben, besteht zunächst erhebliche Rechtsunsicherheit bei den Wohnungseigen­tümern über das Ende des Fristenlaufs für eine Beschlussanfechtung. Dies auch bei denjenigen, die sich individuell zustellen lassen, weil auch hier die Angabe des Datums des Hausanschlages nicht erforderlich sein soll.

Erfolgt dann eine Beschlussanfechtung müssten die Gerichte zunächst eine umfangrei­che Beweisaufnahme, etwa Parteienvernehmung und Zeugenvernehmung des Ver­walters, nur zum Thema der Rechtzeitigkeit der Anfechtung abführen. Erst danach könnte in der Sache selbst verhandelt werden. Stellen alle erfolgten und geplanten Än­derungen der prozessualen Vorschriften auf eine Straffung und Beschleunigung der gerichtlichen Verfahren ab, wird hier genau gegensätzlich eine Verzögerung durch an sich nicht notwendige Beweisaufnahmen provoziert.

Der geplante Entfall der Angabe des Endes der Anfechtungsfrist auf dem Hausan­schlag erscheint dagegen für die Wohnungseigentümer eher „verschmerzbar“ zu sein. Findige Verwalter haben bereits bisher den Hausanschlag mit allen drei möglichen Fristenden versehen und so dem Einzelnen die Recherche, welche Frist im kon­kreten Fall gilt, überlassen.

 

Vorgeschlagen wird daher, die bestehende Regelungen des § 24 Abs. 5 und § 25 Abs. 2 und 3 im Großen und Ganzen beizubehalten und nur bei der individuellen Zustellung folgende Änderungen vorzusehen: Jeder Wohnungseigentümer kann auf die individu­elle Zustellung schriftlich verzichten. Die Möglichkeit zur individuellen Zustellung per Fax bzw. E-Mail sollte im Gesetz verankert werden. Anmerkung: Die diesbezügliche Feststellung des Justizausschusses bei den Beratungen zum WEG 2002 erscheint dafür nicht ausreichend zu sein.

 

Zu Z 18 b) - § 30 Abs. 1 Z 3

Soweit sich die Erläuterungen auf den Entfall der Wortfolge „gegen Bestellung einer Hypothek auf seinem Miteigentumsanteil“ beziehen, ist ihnen zuzustimmen und kann diese Wortfolge entfallen.

Nach dem Entwurf soll aber auch die Wendung gegen „Zahlung der ortsüblichen Hy­pothekarzinsen“ entfallen. Diese Änderung würde nun dazu führen, dass die Eigentü­mergemeinschaft einem einzelnen (oder mehreren) Wohnungseigentümer(n) zinsen­lose „Darlehen“ gewähren müsste, was aber mit den Kostentragungsregeln des WEG nicht übereinstimmt und auch nicht beabsichtigt sein dürfte.

Vorgeschlagen wird daher, im zweiten Halbsatz nach „.. Monatsraten“ die Wortfolge „samt ortsüblichen Hypothekarzinsen“ einzufügen. Damit wäre sichergestellt, dass die Eigentümergemeinschaft neben den „Kapitalraten“ auch die entsprechende angemes­sene Verzinsung erhält.

 

Zu Z 18 a) - § 30 Abs. 1 Einleitungssatz

Zu Z 18 c) - § 30 Abs. 1 Z 5

Diese „Klarstellung“ war schon überfällig und wird ausdrücklich begrüßt.

 

Zu Z 19 - § 31 Abs. 2

Die Neuregelung hinsichtlich der fakultativen Verwendung eines Anderkontos wird ab­gelehnt. Siehe vorstehend zu Z 13 a).

Warum die Rücklage nicht mehr als Vermögen der Eigentümergemeinschaft bezeich­net werden soll, bleibt unbegründet.

Vorgeschlagen wird daher, die Rücklage nach wie vor als Vermögen der Eigentümer­gemeinschaft zu bezeichnen.

 

Zu Z 20 a) - § 34 Abs. 1

Während im Textentwurf nur eine Änderung des ersten Satzes vorgesehen ist, fehlt in der Textgegenüberstellung des § 34 Abs. 1 neu der bisherige zweite Satz des § 34 Abs. 1. Dieser regelt die Verpflichtung zur Gewährung der Belegeinsicht für die Woh­nungseigentümer. Soll jetzt diese Belegeinsicht für die Wohnungseigentümer ersatzlos gestrichen werden oder handelt es sich um ein Redaktionsversehen?

 

 

Zu Z 25 - § 56 Abs. 1 letzter Satz

Die Praktikabilität des hier vorgeschlagenen Verfahrens zur „Verselbständigung“ bisher im Zubehör-Wohnungeigentum stehender Kfz-Abstellplätze erscheint sehr fraglich. Die Möglichkeit zur „Verselbständigung“ an sich soll nicht in Frage gezogen werden.

 

Erst seit dem 3. Wohnrechtsänderungsgesetz 1994 sah die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit b) WEG 1975 eine Ausweisung der Anzahl der auf einer Liegenschaft vorhan­denen Abstellplätze vor. Für sämtliches nach vorherigen Rechtsvorschriften begründe­tes Wohnungseigentum liegen dem Grundbuchsgericht keinerlei Unterlagen über die An­zahl der nunmehr wohnungseigentumstauglichen Kfz-Abstellplätze vor. Dem Gericht ist daher die Anzahl der potenziell wohnungseigentumstauglichen Kfz-Abstellplätze un­be­kannt.

Auch bei den Nutzwertfestsetzungen nach dem WEG 1975 wird eine „zweifelsfreie Er­mittlung“ des Nutzwertes eines Kfz-Abstellplatzes aufgrund der vorliegenden Nutzwert­gutachten auf Schwierigkeiten stoßen. Beispielsweise wurden gesonderte Zuschläge für den Umstand eines zweiten Kfz-Abstellplatzes als Zubehör zu einem Wohnungs­eigentumsobjekt, wenn andere Objekte nur über einen Kfz-Abstellplatz verfügen, bei der Nutzwertfestsetzung angerechnet. Wird bei einer „Verselbständigung“ jetzt nur der (Teil-) Nutzwert für den Kfz-Abstellplatz vom bisherigen (Gesamt-) Nutzwert des Woh­nungseigentumsobjektes abgezogen, bleibt für die Wohnung (Geschäftsraum) noch immer der auf­grund des gesonderten Zuschlages höhere Nutzwert im Vergleich zu an­deren ver­gleichbaren Woh­nungen (Geschäftsräumen). Damit verbunden ist für das „aufgespal­tene“ Wohnungseigentumsobjekt auch ein höheres Stimmrecht und ein hö­herer Kostenanteil, was nicht sachgerecht er­scheint.

 

Befürchtet wird, dass bei der „Verselbständigung“ von Kfz-Abstellplätzen oft Probleme mit früheren vertragli­chen Vereinbarungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft auf­treten werden, dies blieb bisher in der Diskussion weitgehend unbeachtet. Gerade bei abweichenden Kostentragungsvereinbarungen in Wohnungseigentumsverträgen sind oftmals Regelungen vorgesehen, die sehr schwer mit künftig „selbständigen“ Kfz-Ab­stellplätzen in Einklang zu bringen sein werden.

 


 

Zum mietrechtlichen Teil des Entwurfes – Artikel II

 

Zu Z 1 - § 1 Abs. 4 Z 2

Mit der geplanten Änderung wird eine weitere Teilausnahme vom Vollgeltungsbereich des MRG geschaffen.

Die Grundproblematik liegt unseres Erachtens in dem Umstand begründet, dass die Voll- und Teilausnahmen vom Geltungsbereich des MRG seit dessen Inkrafttreten im­mer wieder ausgeweitet worden sind. Im selben Zeitraum ist in keinem einzigen Fall eine (Teil-) Ausnahme zurückgenommen worden. Trotz insgesamt steigenden Woh­nungsbestandes unterliegen damit immer weniger Wohnungen dem Vollanwendungs­bereich des MRG. Diese Entwicklung ist aus Mietersicht jedenfalls erheblich nachteilig und bedürfte dringend einer „Gegensteuerung“.

 

Zu Z 2 - § 3 Abs. 1 und 2

Die hier vorgesehene Ausweitung der Erhaltungspflicht des Vermieters auf die Fälle der Beseitigung gesundheitsgefährdender Anlagen und Einrichtungen wird ausdrücklich begrüßt.

In der medialen Auseinandersetzung der letzten Wochen wurde von Vermieterseite immer die vermeintliche „Einseitigkeit“ dieser Bestimmung zu Lasten der Vermieter her­vorgehoben. Geflissentlich übersehen wird dabei aber immer, dass diese Neuregelung mit jener des § 15a (Z 7 des Entwurfes) in engem Zusammenhang steht. Erst durch die geänderten Bestimmungen des § 3 kann der Vermieter die Kosten einer nachträglichen Mängelbehebung im Sinne des § 15a in der Abrechnung über die Hauptmietzinsre­serve als Ausgabe geltend machen!

Es bleibt zu hoffen, dass diese Änderungen entsprechend des Entwurfes auch tatsäch­lich umgesetzt werden.

 

Zu Z 3 - § 10

Auch die hier vorgesehenen Neuregelungen, Investkostenersatzanspruch für Heiz­therme und Erleichterungen bei dessen Geltendmachung, werden ausdrücklich be­grüßt. Zu überlegen wäre jedoch, einen derartigen Ersatzanspruch für alle kategoriebe­stimmen­den Merkmale, deren Erneuerung auf den Mieter überwälzt wird, vorzusehen.

 

Hintergrund des nunmehr vorgesehenen Investkostenersatzanspruches für eine vom Mieter erneuerte Heiztherme ist ja die Entwicklung seit dem 3. WÄG, dass immer mehr Vermieter die Erneuerungspflicht für unbrauchbar gewordene Einrichtungen und Anla­gen in den Wohnungen vertraglich auf die Mieter überwälzen. Sorgen sie selbst für die Erneuerung einer unbrauchbar gewordenen Heiztherme, erübrigt sich ja die Frage ei­nes Investitionskostenersatzes.

 

Der allgemeine Grundsatz, wonach der Mieter nicht für die gewöhnliche Abnützung haftet, sondern diese mit dem Mietzins abgegolten ist, scheint bei Durchsicht neu ab­geschlossener Mietverträge vertraglich außer Kraft gesetzt worden zu sein.

Neben der bereits erwähnten Erneuerungspflicht für unbrauchbar gewordene Einrich­tungen und Anlagen werden die Mieter in den Mietverträgen immer häufiger verpflich­tet, bei Rückstellung der Wohnung einen neuwertigen Zustand zu schaffen. Das be­ginnt bei der Verpflichtung zum neu Ausmalen der Wände, geht über das Abschleifen und Versiegeln der Fußböden, den Neuanstrich von Türen und Fenstern bis zum ge­forderten Nachweis, dass alle Geräte und Anlagen von Professionisten überprüft wor­den sind und deren Funktionsfähigkeit bestätigt wird. Zu berücksichtigen ist dabei ins­besondere auch, dass es sich meistens um befristete Mietverhältnisse mit einer über­wiegenden Vertragsdauer zwischen drei und fünf Jahren handelt.

Rechtlich „möglich“ werden derartige Zusatzverpflichtungen der Mieter, neben der Pflicht zur Zahlung des Mietzinses, durch die Ab­dingbarkeit der Regelungen des ABGB und den gesetzlich nicht geregelten Bereich im § 8 MRG. In der letztgenannten Be­stimmung wird bereits eine umfangreiche Wartungs- und Instandhaltungspflicht des Mieters normiert, allerdings wird diese keiner Begrenzung nach „oben hin“ unter­worfen.

 

Vorgeschlagen wird daher, im § 8 MRG Vorkehrungen dafür zu treffen, dass über die dort bereits bestehende umfangreiche Wartungs- und Instandhaltungspflicht keine weitergehenden (Erneuerungs-) Pflichten auf die Mieter überwälzt werden dürfen. Ins­besondere der Grundsatz, wonach der Mieter nicht für die gewöhnliche Abnützung der Bestandsache haftet, da diese ja bereits mit dem Mietzins abgegolten wird, sollte (zu­mindest) für den Bereich des MRG verbindlich gemacht werden.

 

Zu Z 4 - § 12 MRG

Zu Z 6 - § 14 MRG

Auch wenn die konkrete Ausgestaltung dieser Änderungen durchaus sachgerecht er­scheint, gelten auch hier die allgemeinen Bedenken, über weitere Ausnahmen vom Vollgeltungsbereich des MRG, wie sie zu Z 1 ausgeführt worden sind.

 

Zu Z 7 - § 15a

Dass die hier angesprochene Unbrauchbarkeit einer Wohnung überhaupt zu einer „Vermieterfalle“ werden kann, hängt mit der offensichtlich ungenügenden Kontrolle und Überprüfung der Wohnungen durch manche Vermieter vor deren Vermietung zusam­men. Warum diese nachlässigen Vermieter jetzt eine „zweite Chance“, durch die Mög­lichkeit der Mängelbehebung während eines aufrechten Mietverhältnisses, bekommen sollen, ist nicht ganz einsichtig.

Durch die vorgesehene Neuregelung steht überdies zu befürchten, dass immer mehr Vermieter auf eine Kontrolle der Wohnung vor Vermietung verzichten werden, da sie die Gefahr einer Mietzinsherabsetzung auch noch durch eine spätere Mängelbehebung abwenden können. Da überdies für die Dauer der Mängelbehebungsarbeiten in der Wohnung keine generelle Mietzinsbefreiung für den Mieter vorgesehen ist, erscheint die Neuregelung übertrieben vermieterfreundlich zu sein.

 

Zu Z 8 - § 16 MRG

Die Ausdehnung der Präklusivfrist gemäß § 16 Abs. 8 MRG zur Geltendmachung der (Teil-) Unwirksamkeit einseitiger Mietzinsanhebungen ist, im Vergleich zur Bekämpfung einer Mietzinsvereinbarung an sich, jedenfalls das kleinere Übel.

Da die Erläuterungen hier selbst von der uneinheitlichen Rechtsprechung zu dieser Frage ausgehen, erscheint es unverständlich, warum diesem Umstand nicht auch in der Übergangsbestimmung des § 49e Abs. 4 Rechnung getragen wird.

 

Zu Z 9 - § 29 MRG

Mit der Klarstellung gegenüber dem Vorentwurf, dass die hier vorgesehene (aus­nahmsweise) Verlängerung nur einmalig um drei Jahre erfolgen kann, wird jedenfalls das Entstehen prekärer Kettenmietverträge ohne schriftlicher Vereinbarungen verhin­dert.

 

Zu Z 14 - § 49e MRG

Abs. 4

Auch die Präklusivfrist zur Geltendmachung der (Teil-) Unwirksamkeit einseitiger Miet­zinsanhebungen aufgrund früherer Mietzinsanhebungen gem. § 16 Abs. 9 sollte, wie in den anderen hier vorgesehenen Fällen, erst mit 1. Juli 2005 zu laufen beginnen.

Zur Begründung wird auf die diesbezüglich uneinheitliche Judikatur und dem dadurch gegebenen Erfordernis der Rechtssicherheit verwiesen. Siehe auch vorstehende Aus­führungen zu Z 8.

Vorgeschlagen wird daher, die Wortfolge „ausgenommen jene nach § 16 Abs. 9“ er­satzlos zu streichen.

 

Abs. 7

Die „quasi“ Wiedereinführung der vom VfGH mit Erkenntnis vom 11.12.2003, GZ 28/00,  als verfas­sungswidrig erkannten Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. f) und § 49b Abs. 6 für Zeiträume vor 2005 durch einfaches Bundesgesetz erscheint nicht sachge­recht und blieben diese Bestimmungen darüber hinaus weiterhin mit dem Makel der Verfassungswidrigkeit behaftet.

Die Bestimmung war im Vorentwurf noch nicht enthalten und liefern die jetzt dazu vor­liegenden Erläuterungen auch keine Begründung. Die „übergangsrechtliche Klarstel­lung“, so die Erläuterungen, spricht nur davon, dass die als verfassungswidrig erkann­ten Bestimmungen für Hauptmietzinsabrechnungen bis 2004 weiterhin anwendbar blei­ben sollen.

 

Die als verfassungswidrig erkannten Bestimmungen haben sich nur in Verfahren ge­mäß §§ 6 und 18 MRG ausgewirkt, wo die Höhe der (rechnerischen) Hauptmietzinsre­serve zu prüfen ist. Wird jetzt der überwiegenden Rechtsansicht (vgl. Würth ua., Wohn­recht 04, Anm 1 zu § 20 MRG) gefolgt, dass die in diesen Verfahren zu legende Ab­rechnung unabhängig von den jährlichen Abrechnungen nach § 20 Abs. 3 MRG ist, bleibt für die im Entwurf vorgesehene Anwendung auf „Hauptmietzinsabrechnungen bis 2004“ kein Raum. In laufenden und künftigen Verfahren gemäß §§ 6 und 18 MRG gibt es eben keine „Hauptmietzinsabrechnungen bis 2004“, sondern nur die je eigene Ab­rechnung.

Schließen sich die Gerichte (Schlichtungsstellen) dieser Rechtsansicht in Verfahren gemäß §§ 6 und 18 hingegen nicht an, sondern wenden die aufgehobenen Bestim­mungen weiterhin an, droht unweigerlich eine Vielzahl von Verfahren, die nur deshalb geführt werden „müssen“, um diese Sache abermals vor den VfGH bringen zu können. Damit gehen mehrjährige Verzögerungen bei diesen Verfahren einher.

Noch eine Anmerkung zum VfGH-Erkenntnis. Die Frist zur Aufhebung wurde deshalb so lange bemessen, weil die Bundesregierung in ihren Äußerungen im Verfahren vor dem VfGH jeweils darum ersucht hat. Sie hegte nämlich jeweils Zweifel an der Verfas­sungskonformität der steuerlichen Bestimmungen, sollten die mietrechtlichen Regelun­gen aufgehoben werden. Da der Gesetzgeber bislang aber die hier anzuwendenden steuerlichen Bestimmungen nicht geändert hat, kann zwar auf diesem Gebiet, nicht aber auf mietrechtlichem, Änderungsbedarf bestehen.

 

Vorgeschlagen wird daher, die im Entwurf vorgesehene Bestimmung des § 49e Abs. 7 ersatzlos zu streichen.

 

 

 

 

 

Martin Gruber,

Verein Mieter informieren Mieter, MIM,

4. März 2005