Bregenz, am 11.04.2005 |
Bundesministerium
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft |
Auskunft: Dr.
Harald Kraft Tel:
+43(0)5574/511-20212 |
Zu den im Betreff bezeichneten Gesetzesentwürfen wird Stellung genommen
wie folgt:
Zu den § 34b Abs. 8 der Gesetzesentwürfe:
Im § 34b Abs. 8 des Bundesgesetzes, mit dem das
Flurverfassungs-Grundsatzgesetz geändert wird, sowie im § 34b Abs. 8 des
Bundesgesetzes, mit dem das Grundsatzgesetz 1951 über die Behandlung der Wald-
und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten geändert wird,
soll vorgesehen werden, dass für die Entscheidung, ob eine Umweltorganisation
die Kriterien des § 19 abs. 6 UVP-G 2000 erfüllt und in welchen Bundesländern
die Umweltorganisation zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist, die
Bestimmungen des § 19 Abs. 7 bis 9 UVP-G 2000 gelten.
Folglich sollen auch in Verfahren nach den Flurverfassungsgesetzen und
den Wald- und Weideservitutengesetzen der Länder die Fragen, welche
Organisationen als Umweltorganisationen gelten und in welchen Ländern ihnen
Parteistellung zukommt, durch Anerkennungsbescheide des Bundesministers für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLUFW) entschieden
werden.
Durch solche grundsatzgesetzliche Regelungen käme die als
Alternativvariante in den Erläuterungen erwähnte „ad-hoc Anerkennung von
Umweltorganisationen in jedem einzelnen Verfahren“ durch die zuständigen
Landesbehörden nicht mehr in Frage.
Begründet wird diese Entscheidung des Grundsatzgesetzgebers damit, dass
die in den vorliegenden Entwürfen vorgeschlagene Variante eine dem UVP-G 2000
entsprechende Rechtslage darstelle, die das Ergebnis eines umfassenden
Diskussionsprozesses im Vorfeld der UVP-G-Novelle 2004 sei. Es handle sich
unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensdauer um die zweckmäßigste Variante;
außerdem diene sie der Rechtssicherheit.
Nach Auffassung der Vorarlberger Landesregierung bestehen gegen die
Festlegung der Zuständigkeit des BMLFUW in den § 34b Abs. 8 der vorliegenden
Entwürfe folgende verfassungsrechtlichen Bedenken:
Eine bundes(grundsatz)gesetzliche Regelung, mit der eine Bundesbehörde
für zuständig erklärt wird (arg. „Für die Entscheidung … gelten die
Bestimmungen des § 19 Abs. 7 … UVP-G 2000“), in Verfahren, die in
Vollziehung Landessache sind, über die Parteistellung zu entscheiden, wäre
kompetenzwidrig (s. die Ausführungen in den Erläuterungen zu § 19 Abs. 7 UVP-G
2000).
Mit einem solchen Bundesgesetz wird nämlich einerseits in
die Vollzugskompetenz der Länder in den Angelegenheiten der Flurverfassung bzw.
der Wald- und Weidenutzungsrechte eingegriffen, andererseits werden damit
Regelungen bezüglich der Verwaltungsorganisation in den Ländern getroffen, die
aber gemäß Art. 15 Abs. 10 B-VG ausschließlich dem Landesgesetzgeber
vorbehalten sind. Der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in VfSlg
8466/1978 (S. 528) und VfSlg 12470/1990 dazu ausgesprochen, dass hinsichtlich
jeder Norm eine enge Wechselbeziehung zwischen deren organisationsrechtlicher
und deren materiellrechtlicher Intention besteht, sodass es unter dem
Gesichtspunkt der kompetenzrechtlichen Einordnung einer Regelung nur darum
gehen kann, ob lediglich die abstrakte Behördenorganisation
selbst oder vielmehr die materiellrechtliche Aufgabe der Behörde
den Zweck der Norm verkörpert.
In den Fällen des § 34b Abs. 8 letzter Satz der Entwürfe
stehen nach Auffassung der Vorarlberger Landesregierung die
organisationsrechtlichen Aspekte im Vordergrund, da es sich damit um eine
zuständigkeitsbegründende Norm handelt.
Dabei genügt es keinesfalls, dass auf die im § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 in
Verfassungsrang stehende Zuständigkeitsregelung verwiesen wird, da durch
§ 34b Abs. 8 letzter Satz der Entwürfe dem BMLFUW neue
Zuständigkeiten – nämlich solche in Angelegenheiten des Flurverfassungsgesetzes
– übertragen werden.
Abgesehen von diesen verfassungsrechtlichen Bedenken wird darauf
hingewiesen, dass – im Unterschied zur Rechtslage im § 19 Abs. 7 UVP-G – in Vorarlberg
bei der Umsetzung der IPPC-Richtlinie im Vorarlberger IPPC-Anlagengesetz eine „ad-hoc
Anerkennung von Umweltorganisationen in jedem einzelnen Verfahren“ durch
die zuständigen Landesbehörden präferiert wird.
Es würde deshalb dem Grundsatz der „Einheitlichkeit des Landesrechts“
widersprechen, wenn in den Angelegenheiten der Flurverfassung und der Wald- und
Weidenutzungsrechte aufgrund grundsatzgesetzlicher Vorgaben eine davon
abweichende Regelung getroffen werden müsste.
Die Vorarlberger Landesregierung lehnt den § 34b Abs. 8 letzter Satz
der vorliegenden Entwürfe deshalb ab. Es wird verlangt, die
grundsatzgesetzlichen Vorgaben so zu gestalten, dass es dem jeweiligen
Landesgesetzgeber überlassen bleibt, für welche Variante der Anerkennung von Umweltorganisationen
er sich entscheiden möchte.
Mit
freundlichen Grüßen
|
Für die Vorarlberger Landesregierung Der Landesrat Mag Siegi Stemer |
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