Kulturrat Österreich

Bürogemeinschaft

Gumpendorfer Straße 63 B

A-1060 Wien

 

Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Verwertungsgesellschaften (VerwGesG 2005)

 

 

An das Bundesministerium für Justiz

z.H. Herrn Dr. Gerhard Hopf

Museumstrasse 7

1070 Wien

 

Wien, am 20.4.2005

Entwurf Verwertungsgesellschaftengesetz 2005

 

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Dr. Hopf!

 

Der Kulturrat nimmt als Dachverband der Berufs- und Interessenvertretungen in der Kunst und Kultur zum Entwurf des Verwertungsgesellschaftengesetzes Stellung wie folgt und beteiligt sich gern an künftigen Erörterungen.

Wie in der Einleidung zur Stellungnahme gewünscht, geben wir auch die elektronische Übermittlung an die Emailadressen „begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“ sowie „klz.b@bmj.gv.at“ bekannt.

 

A. Grundsätzliches

Eine Neufassung des Verwertungsgesellschaftengesetzes von 1936 war überfällig und wird daher vom Kulturrat begrüßt. Die wenigen Novellierungen des Verwertungsgesellschaftengesetzes – sämtliche im Rahmen von Novellierungen des Urheberrechtsgesetzes – reichen nicht aus, um die Rahmenbedingungen für eine zeitgemäße kollektive Wahrnehmung von Urheber- und Leistungs­schutzrechten zu gewährleisten. Auch weist das bestehende Verwertungsgesellschaften­gesetz gerade im Bereich der wirksamen staatlichen Aufsicht gravierende Mängel auf, die in dem Entwurf   angegangen werden.

Monopol

Eine staatliche Aufsicht ist durch die Monopolstellung von Verwertungsgesellschaften geboten. Es ist aus Sicht des Kulturrats der richtige Weg, die Monopolstellung zu belassen und eine mit ausreichenden Befugnissen ausgestattete Behörde als staatliche Aufsicht einzurichten. Mit der Aufweichung des Monopols beispielsweise in Deutschland ist es vermehrt zu Rechtsunsicherheiten für Nutzerinnen und Nutzer sowie für Rechteinhaberinnen und Rechteinhaber gekommen, keineswegs aber zu einer marktbelebenden und qualitätsfördernden Konkurrenz.

Staatliche Aufsicht

Die bisherige Aufsicht durch das Bundeskanzleramt, die mittels Staatskommissären ausgeübt worden ist, hat nicht dazu geführt, dass offenkundige Missstände beseitigt wurden, dazu fehlten den sanktionswilligen Staatskommissären offenbar die Mittel. Zur Verfügung standen nur die (wirkungslose) Mahnung und der Widerruf der Betriebsgenehmigung. Im vorliegenden Entwurf sind zusätzlich zur Ermahnung und zum Widerruf der Betriebsgenehmigung abgestufte Maßnahmen entsprechend dem Verwaltungsstrafrecht vorgesehen, die es ermöglichen, gut dosiert gegen Verwertungsgesellschaften bzw. deren Organe vorzugehen, die ihren Verpflichtungen (teilweise) nicht nachkommen.

Die Staatsaufsicht in der noch geltenden Form hat nicht die notwendige Transparenz für Bezugsberechtigte sowie für Konsumentinnen und Konsumenten herstellen können. Der Entwurf sieht Maßnahmen vor, die zu mehr Transparenz führen werden, was vom Kulturrat ausdrücklich begrüßt wird.

Die staatliche Aufsicht muss jedoch – anders als im Entwurf vorgesehen – als unabhängige Behörde eingerichtet werden. Dies ist insbesondere deshalb geboten, weil ihre Eingriffsrechte sehr umfassend sind und sie deshalb dem parteipolitischen Einfluss entzogen sein muss.

Zwei grundsätzliche Aspekte, die dem Kulturrat als wichtig erscheinen, werden im vorliegenden Entwurf außer Acht gelassen, hier erhofft sich der Kulturrat im Zuge der Begutachtung entsprechende Ergänzungen.

Creative Commons  - Andere Formen der Lizenzierung

Der Veröffentlichung von Werken unter einer  Creative Commons Lizenz stehen häufig die Wahrnehmungsverträge der Verwertungsgesellschaften entgegen, die im allgemeinen für bestehende wie für künftige Werke von Bezugsberechtigten Geltung haben und Abweichungen vom Normvertrag nicht zulassen. Dies ist vor allem unter dem Aspekt, dass der Europäische Gerichtshof sich mit dem Problem des Rechtesplittings bereits befürwortend auseinandergesetzt hat, von Bedeutung. Hier müssen zukunftsweisende Mechanismen erdacht werden, welche diesen Widerspruch lösen.

Gleichstellung von Männern und Frauen

Die Republik Österreich ist als Mitglied der Europäischen Union dem Amsterdamer Vertrag verpflichtet, der in den Artikeln 2 und 3 das Ziel der Gleichstellung von Männern und Frauen festlegt (Umsetzung in österreichisches Recht: Bundesgleichstellungsgesetz, BGBl. 65/2004, dient der Gleichstellung von Frauen und Männern, soll bestehende Diskriminierungen beseitigen und künftige verhindern helfen).[1] Das neue Verwertungsgesellschaftengesetz bzw. die neu einzurichtende Aufsichtsbehörde haben in diesem Bereich treffliche Möglichkeiten, Daten über bestehenden Diskriminierungen zu erheben und entsprechende Maßnahmen gegen Diskriminierung zu ergreifen. Darauf sollte keinesfalls verzichtet werden.

Sprachlich nimmt der Entwurf nur auf Männer Bezug. Als Vorbild für die geschlechtsneutrale Formulierung kann das Schweizerische Urheberrechtsgesetz von 1992 dienen, das bei personenbezogenen Bezeichnungen durchgehend beide Geschlechter nennt oder neutral formuliert.

Mitwirkung von Urheberinnen und Konsumenten

Der Entwurf regelt das Zusammenwirken von Verwertungsgesellschaften, Nutzerorganisationen (Bundeswirtschaftskammer) und staatlicher Aufsicht, wobei der Anfang und das Ende der Kette nicht genügend beachtet werden. So stehen zwar den Verwertungsgesellschaften und den Nutzerorganisationen Antragsrechte an die Aufsichtsbehörde zu, den Urheberinnen und Konsumentinnen hingegen nicht. Zwar sucht der Entwurf die Rechtsstellung der Bezugs­berechtigten in den Verwertungsgesellschaften zu verbessern und stattet sie mit umfangreichen Informationsrechten aus, was vom Kulturrat ausdrücklich gutgeheißen wird. Doch betreffend die Bedingungen der Wahrnehmung (Gesamtverträge, Tarife, Verteilungsregeln, SKE, Wahrnehmungsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen) fehlt ihnen – abgesehen von den Gremien der Verwertungsgesellschaften, in denen mitunter Minderheitenpositionen Ausschlag gebend sein können – die Möglichkeit der Mitwirkung. Auch Konsumenteninteressen, die jenen der Künstlerinnen und Uhreber oft näher stehen als jene der Nutzer / Verwerterinnen, bleiben weit gehend unberücksichtigt.

Dem Kulturrat erscheint es als unabdingbar, dass den Vertretungen von Urheberinnen und Konsumenten das Antragsrecht in folgenden Angelegenheiten zusteht: Abschluss bzw. Abänderung eines Gesamtvertrags, Festsetzung eines autonomen Tarifs, Verteilungsregeln, SKE Verteilungs­regeln und Wahrnehmungsvertrag. In all diesen Angelegenheiten sollen Anträge auf Überprüfung durch die Aufsichtsbehörde möglich sein, die nach Anhörung aller Beteiligten deren Angemessenheit und Praktikabilität zu beurteilen hat.

Aufteilung der Einkünfte zwischen den Verwertungsgesellschaften

Obschon in dem Entwurf – wie in anderen Gesetzen – regelmäßig von angemessenen Vergütungen, angemessenem Entgelt u.ä. gesprochen wird, gibt es zur Interpretation dieser Formulierung „angemessen“ wenig Hilfestellung.

Wie die Verwertungsgesellschaften zuvor schon untereinander das inländische Aufkommen an Vergütungen (Leerkassetten- bzw. Trägermedienvergütung, Kabelentgelte, Reprografievergütung, Vergütungen für Vermieten und Verleihen etc.) untereinander aufteilen entzieht sich bislang und auch nach dem vorliegenden Entwurf jeder Kontrolle. Dies ist deshalb problematisch, weil im „freien Spiel der Kräfte“ zwischen den Verwertungsgesellschaften sowohl die wirtschaftliche als auch die historische Stellung der einzelnen Gesellschaften faktisch von überragender Bedeutung sind. Schließlich handelt es sich um Einrichtungen, von denen die größte über 70 Millionen Euro an Lizenzerträgen erwirtschaftet, während die kleinste (selbständig agierende Verwertungs­gesellschaft) nur wenig über 1 Million Euro an Lizenzerträgen einnimmt. Die älteste ist etliches über 100 Jahre alt, die jüngste blickt auf eine zwölfjährige Geschichte zurück. Wenn es zur Absprache über die Erträgnisse kommt, spielen Tradition, wirtschaftliches Gewicht und Argumente eine Rolle, weniger jedoch wissenschaftliche Erhebungen über die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kunstsparten in verschiedenen Bereichen der Verwertung. So kommt es, dass bis ins Jahr 2003 und darüber hinaus die Filmproduzentinnen und Filmurheber gemeinsam einen kleineren Anteil an der Video-Leerkassettenvergütung erhielten als die Musikurheberinnen und –produzenten. Hier erscheint es sinnvoll, in die Autonomie der Verwertungsgesellschaften einzugreifen und als Basis für die Aufteilung von Vergütungen wissenschaftliche Daten heranzuziehen, die auch in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und zu aktualisieren wären.

Parlament und Bundeskanzler

Viele für die Bezugsberechtigten entscheidende Punkte bleiben in dem Entwurf dem Bundeskanzler oder der Bundeskanzlerin überlassen, die im Verordnungsweg Regelungen treffen kann. Dies ist die hierarchischste Form der Regelung und übergeht die Betroffenen.

Alle Berichtspflichten der Verwertungsgesellschaften richten sich an die staatliche Aufsicht, die Aufsichtsbehörde selbst unterliegt jedoch keinerlei Berichtspflichten gegenüber dem Parlament. Einzig der „SKE-Bericht“ (UrhGNov 1980) über die Verwendung der Mittel, die sozialen und kulturellen Zwecken zugeführt werden müssen, gelangt derzeit ans Parlament. Es scheint zweckmäßig, dass das Parlament umfassender über einen kulturell wie wirtschaftlich bedeutsamen Bereich der Gesellschaft informiert wird.


B. Vorschläge im Einzelnen

§ 1

Auf den Ausdruck Treuhänder sollte verzichtet werden, da er in der österreichischen Rechtsordnung nicht klar umschrieben ist. Stattdessen soll es heißen:

§ 1 Verwertungsgesellschaften sind Unternehmen, die darauf gerichtet sind, im eigenen Namen aber für die Rechnung ihrer Bezugsberechtigten in gesammelter Form...

§ 3

Wenn staatlicherseits in die bisher bestehende Autonomie bezüglich der Rechtsform eingegriffen werden soll, ist es nicht nachvollziehbar, dass Genossenschaften und Kapitalgesellschaften erlaubt, Verwertungsgesellschaften in Form eines Vereins aber verboten sind. Der Verein gilt als demokratisch und ist durchaus in der Lage als Wirtschaftsbetrieb professionell zu agieren (Musikverein, ÖGB etc.). Strebt man eine Vereinheitlichung der Rechtsform an und wünscht sowohl demokratische Verhältnisse als auch die Eintragung als Gesellschaft im Firmenbuch an, wäre die Genossenschaft die am besten passende Form.

Der Kulturrat schlägt daher vor, entweder die Freiheit der Rechtsform zu belassen oder nur gemeinnützige Genossenschaften zuzulassen. Entscheidet man sich für die Rechtsform der Genossenschaft, sollte im Statut die Abstimmung nach Köpfen in der Genossenschafter­versammlung festgelegt sein, weil sich sonst wirtschaftliche Übermacht im so genannten freien Markt im geregelten Markt der kollektiven Rechtewahrnehmung perpetuiert.

§ 3 (1) Die Betriebsgenehmigung darf nur einer inländischen Genossenschaft erteilt werden, die nicht auf Gewinn gerichtet ist und volle Gewähr dafür bietet...

 

Wenn es um die Erteilung einer Betriebsgenehmigung geht, sind die Nutzerorganisationen, die Rechteinhaberinnen und die Konsumenten davon betroffen. Sie bzw. ihre Vertretungsorganisationen sind daher zu hören. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der ORF dazu gehört werden soll.

§ 3 (4) Vor Erteilung einer Betriebsgenehmigung sind die Organisationen der Nutzer, Konsumentinnen und Urheber (§ 21) zu hören.

Welche Organisationen als Vertretungen der Rechteinhaber in Frage kommen, kann per Verordnung festgelegt werden, ähnlich wie für das KSVFG die Organisationen, die Kurienmitglieder entsenden, per Verordnung aufgezählt werden.

§ 7

Die Aufsichtsbehörde ist zu Recht mit umfassenden Informationsrechten ausgestattet. Die mögliche Teilnahme an Jahreshauptversammlungen ist davon ein wichtiger Aspekt. Das Teilnahmerecht an anderen Arten von Sitzungen scheint jedoch überzogen, und würde wahrscheinlich auch unterlaufen werden.

Sofern sich Streitigkeiten im Anwendungsbereich des Verwertungsgesellschaftengesetzes ergeben, muss geklärt werden, welche Mittel den Streitparteien zur Verfügung stehen. Im Entwurf ist davon die Rede, dass die Beteiligten die Aufsichtsbehörde um Vermittlung ersuchen kann. Dies ist zu konkretisieren, indem den Beteiligten ein Anhörungs-, Stellungnahme und Antragsrecht zugesprochen wird.

§ 7 (3) Die Aufsichtsbehörde ist berechtigt, an der Generalversammlung teilzunehmen und dort Erklärungen und Anregungen abzugeben....

§ 7 (4) Ergeben sich im Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften einerseits und anderen Verwertungsgesellschaften, Nutzerorganisationen, Konsumentenorganisationen und Bezugsberechtigten andererseits, so kann jede Beteiligte die Aufsichtsbehörde um Vermittlung ersuchen. Es steht hierfür allen Beteiligten ein Anhörungs-, Stellungnahme und Antragsrecht zu.

§ 8

Hier scheint lediglich übersehen worden zu sein, dass auch Abänderungen der Verteilungsregeln und der SKE-Regeln der Aufsichtsbehörde übermittelt werden sollten:

§ 8 (2) 3. die Verteilungsregeln (§ 14 Abs. 1) und deren Abänderung

§ 8 (2) 4. die Regeln für die Zuwendungen aus sozialen und kulturellen Einrichtungen und deren Abänderung

§ 9

Wie schon in Teil A ausgeführt, sind die aufsichtsbehördlichen Maßnahmen des bestehenden Verwertungsgesellschaftengesetzes auf die Rüge und den Widerruf der Betriebsgenehmigung beschränkt und haben sich als weit gehend zahnlos erwiesen. Im Entwurf kommt lediglich die Abberufung des pflichtverletzenden Organs dazu. Es wäre zu erwägen, ob nicht auch Strafzahlungen der Verwertungsgesellschaft eingeführt werden sollen. Die Verwertungsgesellschaft könnte in einem solchen Fall Regress bei gesetzeswidrig agierenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bzw. sonstigen Personen, die mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet sind (Mitglieder von Gremien), nehmen. Die Abberufung eines pflichtverletzenden Organs (z.B. eines Prokuristen) kann von der Verwertungsgesellschaft entsprechend versüßt werden, wenn sie ein Interesse am pflichtwidrigem Handeln hat. Die Wiederherstellung der regelkonformen Arbeit kann in einem solchen Fall sehr lange dauern bzw. hinausgezögert werden. Auf einen Formulierungs­vorschlag wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt verzichtet.

§ 9 (4) wird großen Widerstand hervorrufen. Der Kulturrat sieht diese Regelung jedoch als durchaus gelungen an, wenn einer Gefahr Rechnung getragen wird: nämlich jener, dass ausländische Gesellschaften bzw. ausländische Bezugsberechtigte eine inländische Verwertungsgesellschaft zu verdrängen suchen, was sicher nicht im Interesse der inländischen Rechteinhaberinnen und Nutzerinnen sein kann. Es wird also notwendig sein, § 9 (4) 3 zu ergänzen, sodass es auf das Einverständnis der Bezugsberechtigten im Inland ankommt. Weiters ist es notwendig abzuklären, dass es um die Mehrheit an Köpfen, nicht um die Größe des Repertoires geht.

§ 9 (4) 3. es ist festgestellt worden, dass die Mehrheit (nach Köpfen) der Bezugsberechtigen, die ihren ständigen Wohnsitz bzw. die Zentrale ihrer Betriebsstätte im Inland haben, mit der Maßnahme einverstanden ist.

§ 10

Im § 10 (3) 3. scheint die Widerspruchsfrist mit vier Wochen nach Veröffentlichung für die Bezugsberechtigten zu kurz bemessen, insbesondere wenn es keine direkte Mitteilung an die Bezugsberechtigten gibt. Der Fall des Widerrufs einer Betriebsgenehmigung wird kaum jemals vorkommen, sodass in diesem seltenen Fall eine so wichtige Information die Bezugsberechtigten auf direktem Weg erreichen soll.

§ 10 (3) 3. Der Widerruf der Betriebsgenehmigung ist den Bezugsberechtigten schriftlich mitzuteilen. Die mit der Vorgängergesellschaft geschlossenen Wahrnehmungsverträge gehen auf die Nachfolgegesellschaft über, sofern ein Bezugsberechtigter oder eine Bezugsberechtigte nicht binnen acht Wochen nach Kundmachung...

 

§ 11

Im Absatz 2 ist von der Einheitlichkeit der Wahrnehmungsverträge die Rede. Es steht außer Zweifel, dass Verwertungsgesellschaften Rechte nur dann effizient verwalten können, wenn die Wahrnehmungsverträge in Form von Formularverträgen gestaltet sind und nicht als Individualverträge. Es ist jedoch bereits jetzt so, dass innerhalb einer Verwertungsgesellschaft verschiedene (Berufs-) Gruppen unterschiedliche Formularverträge abgeschlossen haben. Hier soll darauf Bedacht genommen werden, dass in Zukunft die Lizenzierung nach Creative Commons-Lizenzen eine Rolle spielen wird. Speziell bei Creative Commons Lizenzen, die eine kommerzielle Nutzung nicht zulassen, wird es keine größeren Probleme geben. Dies lässt sich durchaus in Formularverträgen vorsehen und entsprechend gestalten. Von einer absoluten Einheitlichkeit der Wahrnehmungsverträge sollte nicht ausgegangen werden.

Diese Überlegung könnte in den Erläuterungen Platz finden.

§ 12

Die Formulierung der „möglichst hohen Verteilungsgenauigkeit“ könnte in die Irre führen und in Richtung DRM (digital rights management) verstanden werden. Dem widerspräche jedoch gleich im § 13 das Erfordernis der sozialen und kulturellen Einrichtungen. Der Kulturrat interpretiert die Absicht des § 12 (1) in der Richtung, dass der Verteilungsaufwand nicht unverhältnismäßig hoch im Hinblick auf den Ertrag sein darf und schlägt daher folgende Formulierung für den 2. Satz des § 12 (1) vor:

§ 12 (1) Sie haben hiebei möglichst kostensparend vorzugehen und darauf zu achten, dass zwischen dem Aufwand für eine umfassende Erhebung der anspruchsbegründenden Sachverhalte, der Durchsetzung dieser Ansprüche und der Verteilungsgenauigkeit einerseits und dem daraus erzielten Nutzen andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht.

§ 13

Die Sozialen und kulturellen Einrichtungen sind für das Kunst- und Kulturschaffen in Österreich von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Es gilt daher, bei den gesetzlichen Regelungen hierfür größte Sorgfalt anzuwenden. Die geltende Regelung gebietet die Zuweisung des überwiegenden Teils der Leerkassettenvergütung (in der Praxis 51%) und erlaubt auch die Zuweisung aus anderen Quellen (z.B. Kabelvergütung) an die SKE, was einzelne Verwertungsgesellschaften auch tun. Dies sollte beibehalten werden. Tatsächlich war ja ein Grundgedanke für die Einführung von SKE, dass Rechteinhaberinnen so für die Nachteile, die ihnen aus der Kleinheit des Marktes entstehen, kompensiert werden können. An diesen Voraussetzungen hat sich nichts geändert. Skandinavische Verwertungsgesellschaften führen – aus dem selben Grund – ähnlichen Einrichtungen wie den SKE noch größere Anteile ihres Aufkommens zu und verstoßen damit keineswegs gegen internationale Verträge (RBÜ).

Es muss klar sein, dass mit „Leerkassettenvergütung“ das Aufkommen aus allen Arten von unbespielten Ton- und Bild­tonträgern (Trägermedien) zu verstehen ist. Diese Klarstellung kann in den Erläuterungen Platz finden.

Was die SKE der VGR betrifft, so hat es in der Vergangenheit berechtigte Zweifel an deren Sinnhaftigkeit gegeben. Sinnvoll erscheint hier eine Regelung die allein eine Widmung der entsprechenden Mittel für kulturelle Zwecke (Filmförderung) vorsieht.

Für die festen Regeln von SKE sind aus Sicht des Kulturrats zumindest zwei Vorgaben in diesem Gesetz zu treffen. So müssen soziale Zwecke klar Vorrang vor kulturellen Zwecken haben. Dass dies die Intention des Parlaments bereits 1980 bei der Einführung der SKE war, geht aus dem Bericht des Justizausschusses anlässlich der Klarstellungen im Rahmen der UrhG Novelle 1986 hervor.

Weiters ist hier auch die Verpflichtung Gleichbehandlung von Männern und Frauen zu verankern.

§ 13 (2) Verwertungsgesellschaften, die Ansprüche auf Leerkassettenvergütung nach § 42 b UrhG geltend machen, haben sozialen und kulturellen Zwecken dienende Einrichtungen zu schaffen und diesen den überwiegenden Teil der Gesamteinnahmen aus dieser Vergütung abzüglich der Einhebungskosten zuzuführen. Für Verwertungsgesellschaften, die keine natürlichen Personen als Bezugsberechtigte haben, gilt, dass sie ausschließlich kulturellen Zwecken dienende Einrichtungen zu schaffen und diesen den überwiegenden Teil der Gesamteinnahmen aus dieser Vergütung abzüglich der Einhebungskosten zuzuführen haben.

§ 13 (3) Die Verwertungsgesellschaften haben für Zuwendungen aus ihren sozialen und kulturellen Einrichtungen feste Regeln aufzustellen. Soziale Zwecke haben dabei Vorrang vor kulturellen Zwecken. Auf die Ausgewogenheit der Zuwendungen an Männer und Frauen, nach Altersgruppen und nach regionaler Verteilung ist zu achten und diese zu dokumentieren.

§ 14

Der zweite Satz des § 14 (1) bedingt eine Klarstellung, was „kulturell hochwertige“ Werke sind. Die derzeitige Praxis (z.B. Unterscheidung von U- und E-Musik) ist unzeitgemäß. Ein besseres Indiz wäre der Gestaltungsaufwand für die Künstlerin(nen) in dem Sinn, dass beim Film der Animationsfilm am oberen Ende der Skala steht und die Aufzeichnung von Aufführungen am unteren Ende. Es ist nicht nachvollziehbar, warum diese Abstufung nur für bestimmte Nutzungs­handlungen gelten soll (Aufführung und Sendung) und nicht allgemein. In der Praxis gehen einige Verwertungsgesellschaften bereits jetzt entsprechend vor. Zweiter Satz des § 14 (1):

§ 14 (1) In den Verteilungsregeln sind gestalterisch aufwendige Werke höher zu bewerten als gestalterisch einfachere.

In den Erläuterungen sollte klargestellt werden, dass Übersetzungen von schöner Literatur nicht weniger aufwändig in der Gestaltung sind als die Gestaltung von Originalwerken.

§ 15

Hier bedarf es nach Auffassung des Kulturrats Anpassungen entsprechend den Vorschlägen nach

§ 3. Auch im Zusammenhang mit der Frage der Willensbildung erscheint es dem Kulturrat als wichtig, dass Bezugsberechtigten ein Antragsrecht an die Aufsichtsbehörde zusteht. Derzeit wird bei der VBK eine große Gruppe von Künstlern bzw. Bezugsberechtigten bewusst aus ihren Gremien ferngehalten und so von der Willensbildung ausgeschlossen. Gegen eine solche Vorgehensweise bedarf es einer Handhabe. Beantragt werden könnte in einem solchen Zusammenhang, dass eine Berufsvereinigung von Bezugsberechtigten  einen Vertreter oder eine Vertreterin in das entsprechende Leitungsgremium entsenden kann. Das in § 7 (4) formulierte Ersuchen um Vermittlung dürfte nicht in allen Fällen ausreichend sein.

§ 16

Zur Vereinfachung:

§ 16 (1) 6. die Berichte nach § 8 (2) 10 für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr.

Im Absatz 2 könnte der Ausdruck „in gedruckter Form“ zu Missverständnissen führen und könnte durch „in schriftlicher Form auf Papier“ ersetzt werden.

§ 17

Im Absatz 2 ist zumindest auf den ersten Blick nicht klar, ob man sich an die Gerichte wenden muss oder ob die Aufsichtsbehörde die erste Ansprechpartnerin ist. Diese Frage muss für „Normalsterbliche“ ohne weitere Recherche klar zu beantworten sein.

§ 19

Anpassungen entsprechend den Vorschlägen betreffend § 3

§ 21

An dieser Stelle fehlen aus Sicht des Kulturrats Anhörungs- bzw. Mitspracherecht  von wichtigen Gruppen: der Konsumentinnen, die ja auch Nutzer sind und als solche in der Nutzerorganisation Arbeiterkammer zusammengeschlossen sind, sie sind letztendlich die Zahlerinnen der in den Gesamtverträgen festgesetzten Tarife.  Die Urheberinnen und Urheber sind von den Gesamtverträgen ebenfalls stark betroffen – in dem Sinn, dass ihr Einkommen teilweise davon abhängig ist. Deshalb sollen auch die Berufsorganisationen der Urheberinnen ein Anhörungs- bzw. Mitspracherecht erhalten. Die Überschrift des § 21 müsste entsprechend erweitert werden: Nutzerorganisationen, Urheber- und Konsumentinnenorganisationen. Anzufügen wäre an § 21 ein Absatz (4) folgenden Inhalts:

§ 21 (4) Im Zusammenhang mit dem Abschluss von Gesamtverträgen steht der Bundesarbeiterkammer und den Berufsorganisationen der betroffenen Urhebern ein Anhörungsrecht zu; des weiteren steht ihnen ein Antragsrecht an die Aufsichtsbehörde zu.

In der großen Gruppe der gewerbsmäßigen Nutzer von Urheberrechten gibt es solche, die kommerzielle Zwecke damit verfolgen und solche, die dies nicht tun sondern deren Tätigkeit durch öffentliche Gebietskörperschaften gefördert wird (Kulturinitiativen, freie Radios). Letztere werden – von einzelnen Ausnahmen abgesehen - nicht von den Wirtschaftskammern vertreten und müssen somit selbst die Möglichkeit haben, Gesamtverträge abzuschließen (IG Kultur Österreich, Verband Freier Radios Österreich). Dies kann in den Erläuterungen festgehalten werden. Bezüglich der gesamtvertragsfähigen freien Vereinigungen und der Berufsorganisationen der Urheberinnen gelten die Anmerkungen zu § 3 (4).

Die Nutzerorganisationen sollen verpflichtet werden, bei der Datenerhebung bezüglich der konkreten Nutzungen mitzuwirken, sodass ihre Mitglieder die entsprechenden Informationen den Verwertungsgesellschaften nach Möglichkeit digital übermitteln.

§ 25

Hier besteht Unklarheit betreffend das Beantragen einer Satzung. An wen hätte sich ein solcher Antrag zu richten?

§ 28

Im Entwurf genießt die Aufsichtsbehörde sehr weit gehende Eingriffs- und Regelungsrechte, welche die Autonomie der Verwertungsgesellschaften gegenüber dem Status quo durchaus beeinträchtigen. Dies ist zum Nutzen der Betroffenen nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um eine unabhängige Behörde handelt, die dem politischen Einfluss von Parteien und Personen entzogen ist.

§ 28 (1) Es wird eine unabhängige Behörde mit der Bezeichnung „Aufsichtsbehörde für Verwertungsgesellschaften“ eingerichtet. Die Aufsichtsbehörde besteht aus...

Entsprechend dem Vorschlag des Kulturrats, Urheberinnen- und Konsumentenorganisationen ein Antragsrecht an die Aufsichtsbehörde einzuräumen, wird folgende Anfügung vorgeschlagen:

§ 28 (4) 9. die Behandlung von Anträgen.

Eine direkte Berichtspflicht der Aufsichtsbehörde an das Parlament fehlt. Der Kulturrat schlägt daher vor, der Aufsichtsbehörde aufzutragen, jährlich einen Bericht an das Parlament vorzulegen, der folgende Punkte enthalten muss: Welche Verwertungsgesellschaften sind im Bundesgebiet tätig (Anschrift, Geschäftsführerin), welcher Rechtebestand fällt in ihre Zuständigkeit, Höhe der Aufkommen, das die Verwertungsgesellschaften verteilen in allen Bereichen der Werknutzung, Tätigkeit der SKE.

 

 

§ 31

Bei der Besetzung des Urheberrechtssenats ist darauf zu achten, dass die Agenden von spezialisierten Richterinnen wahrgenommen werden. Das spricht für eine Besetzung aus den Richtern und Richterinnen des OGH und des Handelsgerichts Wien.

 

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

 

 

 

Dr.in Juliane Alton, Mag.a Daniela Koweindl

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kulturrat Österreich

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[1] Schon lange davor hat die Republik Österreich die UNO-Konvention zu Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (BGBl Nr. 443/1982) ratifiziert.