VÖZ VERBAND ÖSTERREICHISCHER ZEITUNGEN

 

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien     

 

 

 

20. April 2005

(recht:stell.verwgesg2005)

 

 

 

Entwurf des Bundesgesetzes über Verwertungsgesellschaften (VerwertungsgesellschaftenG 2005 – VerwGesG 2005/BMJ-B8.150/0004-I 4/2005);

Stellungnahme des Verbandes Österreichischer Zeitungen

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir danken für die Möglichkeit, zum Entwurf des VerwertungsgesellschaftenG 2005 Stellung zu nehmen. Grundsätzlich ist die Initiative, das Verwertungsgesellschaftenrecht in materieller und organisatorischer Hinsicht zu modernisieren, zu begrüßen und scheint dieser Entwurf auch in hohem Maße geeignet zu sein, dieses Ziel zu erreichen; als positiv sehen wir insbesondere die Stärkung und Neugestaltung der Staatsaufsicht über Verwer­tungsgesellschaften, die Stärkung der Nutzerrechte und die bessere Transparenz der Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften gegenüber der Öffentlichkeit.

Im Einzelnen erlauben wir uns, zum Entwurf folgende Anmerkungen zu machen:

1.  Die Umschreibung des Begriffs der Verwertungsgesellschaft in § 1, die für die weiteren Bestimmungen des Gesetzes und vor allem den Monopolgrundsatz wesentliche Bedeu­tung hat, entspricht inhaltlich der geltenden Rechtslage. Schon bisher hat allerdings das zentrale Begriffselement der Wahrnehmung von Rechten in gesammelter Form zu Un­klarheiten Anlass gegeben, was sich verstärken dürfte: So gehen die Zeitungsverlage zunehmend dazu über, ihren Content – also die Zeitungsartikel – digital in Archiven (Da­tenbanken) zu verwerten sowie die Nutzungsrechte an Dritte für Pressespiegel und Inter­netauftritte zu vermarkten bzw. zu lizenzieren. Dies erfolgt durch die einzelnen Verlage direkt wie auch im Wege gemeinsamer Vermarktungs- und Lizenzierungssysteme, wie etwa im Falle der Lizenzerteilung für die Pressespiegelnutzung von Zeitungsartikeln; ein Beispiel ist das im Rahmen des VÖZ von den Mitgliedsverlagen organisierte PDN-Lizenz­system. Hier werden die Rechte nicht an einen vom Rechteinhaber unterschiedlichen Dritten zur „Wahrnehmung“ übertragen, sondern die vertragliche Lizenzeinräumung er­folgt durch die Verlage selbst, die Geschäftsstelle des VÖZ koordiniert und verwaltet da­bei die Abwicklung der Verträge, womit an sich ein wesentliches Element der „Verwer­tungsgesellschaft“ fehlt. Im Hinblick auf den weiten Tatbestand des § 1 kann aber schon die Einschaltung einer Koordinierungsstelle (Agentur), die die Verträge nur vermittelt und verwaltet, ein Problem bereiten, sofern nämlich ein „gesammeltes“ Repertoire angeboten wird, weil man damit in die Nähe des Tatbestands einer Verwertungsgesellschaft kommt.

Es ist nach unserem Verständnis nicht Sinn und Zweck des VerwGesG, solche Formen der gemeinsamen Vermarktung und Lizenzierung von Rechten dem Verwertungsgesell­schaftenmonopol und der entsprechenden staatlichen Aufsicht zu unterwerfen. Es wäre deshalb wünschenswert, in Bezug auf ein solches „Pooling“ von Nutzungsrechten durch die Rechteinhaber sowie die Vermittlung der „gesammelten“ Lizenzrechte durch einen Dritten (Agentur) eine Klarstellung im § 1 VerwGesG 2005 zu treffen, dass diese nicht unter den Tatbestand der Verwertungsgesellschaft fallen. Dies könnte etwa durch folgen­den neuen Abs. 2 in § 1 klar gestellt werden:

§ 1. (2) Eine gesammelte Rechtewahrnehmung im Sinne des Absatz 1 liegt nicht vor, wenn eine Gruppe von Rechteinhabern (Lizenzgebern) sich zur Einräumung von Nutzungsrechten einer gemeinsamen Stelle bedient, sofern diese für Namen und auf Rechnung der Rechteinhaber (Lizenzgeber) tätig wird.

 

2. Die Beibehaltung des Grundsatzes der Unkündbarkeit von Gesamtverträgen zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzerorganisationen (§ 25 Abs. 1 E-VerwGesG) er­scheint heutzutage nicht mehr zeitgemäß und ist mit dem Hinweis auf die Nutzerinte­ressen nicht hinreichend begründet. Den Nutzerinteressen kann besser und flexibler da­durch entsprochen werden, dass – in Fortentwicklung des § 26 des geltenden Verwer­tungsgesellschaftenG – den Nutzern ein effektiver Anspruch auf Rechtseinräumung durch die Verwertungsgesellschaft auch im Falle, dass keine Einigung über die Höhe des Nutzungsentgelts zustande kommt, gewährleistet wird.

 

3. In § 26 Z 1 E-VerwGesG werden Verträge der Verwertungsgesellschaften mit dem ORF über die Einräumung von Senderechten und zugehörigen Vervielfältigungsrechten den Gesamtverträgen gleichgestellt. Eine sachliche Begründung für diese Sonderstellung besteht aber nicht mehr. Der ORF steht mit seinem (öffentlich-rechtlichem) Programman­gebot in direktem Wettbewerb mit privaten Mitbewerbern und es ist nicht ersichtlich, wa­rum er etwa bezüglich seiner Musikprogramme mit den Verwertungsgesellschaften an­dere Konditionen ausverhandeln können soll als die übrigen Mitbewerber am Radiomarkt. Der ORF ist als Rundfunkunternehmen auch Mitglied der Wirtschaftskammer Österreich und es kann deshalb die WKÖ bei ihren Tarifverhandlungen mit den Verwertungsgesell­schaften den ORF mitvertreten. Damit ist gleichzeitig gewährleistet, dass die Tarife für den ORF sich nicht von denen für die privaten Rundfunkunternehmer unterscheiden. Eine privilegierte Stellung des ORF im Bereich des Erwerbs von Musik- und sonstigen Nutzungsrechten kann heutzutage mit dem öffentlichen Programmauftrag – gerade auch im Radiobereich, wo der ORF in hohem Maße kommerzielles Programm (z.B. Ö 3) an­bietet – nicht mehr gerechtfertigt werden und erscheint dies verfassungsrechtlich bedenk­lich. Es wären daher alle Bestimmungen, wo der ORF genannt wird, entsprechend anzu­passen.

 

Wir ersuchen um Berücksichtigung dieser unserer Überlegungen und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

Dr. Walter Schaffelhofer

Geschäftsführer