An das

 

Bundesministerium für Verkehr, Innovation

 

und Technologie

 

Sektion III

 

 

 

per E-Mail: pd@bmvit.gv.at

 

 

 

 

GZ: BMSG-10319/0014-I/A/4/2005

Wien, 23.08.2005

 

 

 

 

Betreff:  Postgesetznovelle 2005; Stellungnahme des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem mit Note vom 25. Juli 2005, GZ BMVIT‑630.030/0003-III/PT1/2005, übermit­telten Entwurf einer Postgesetznovelle 2005 nimmt das Bundesministerium für sozi­ale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz wie folgt Stellung:

 

Allgemeines

 

Empfängerschutz:

 

Das Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat im Zusammenhang mit der Liberalisierung in den Bereichen Telekommunikation und Energie (Strom, Erdgas) einige Erfahrungen dahingehend gewonnen, welche Rahmenbedingungen erforderlich sind, damit eine Öffnung eines Marktes für alle Beteiligten - vor allem aber für die Konsument/inn/en - zufrieden stellend erfolgt.

 

Die Liberalisierung im Postbereich erscheint allerdings aus konsumentenpolitischer Sicht in einem wesentlichen Punkt nicht vergleichbar mit der Liberalisierung der zu­vor erwähnten Märkte. Der Postmarkt ist dadurch gekennzeichnet, dass die große Menge an Postsendungen von Nicht-Konsument/inn/en (Unternehmen, Behörden...) versendet werden und diese Postsendungen von den am Markt tätigen Postdienstleistern an die Empfänger zugestellt werden. Der Post-Empfänger (der ja nicht Vertragspartner des Postdienstleisters ist) kann nicht beeinflussen, welcher Postdienstleister ihm seine Post zustellt. Ob die schrittweise Liberalisierung des Postmarktes ein Erfolg wird, hängt aus konsumentenpolitischer Sicht daher ent­scheidend davon ab, welche gesetzlichen Rahmenbedingungen begleitend ge­schaffen werden, damit auch in Zukunft die Konsument/inn/en als Empfänger Post­dienstleistungen in hoher Qualität erhalten.

 

Generelle Empfänger-Schutzbestimmungen sind daher unumgänglich. Der vorlie­gende Entwurf enthält erfreulicher Weise bereits einiges davon (Beschwerdemana­gement, Kennzeichnung der Zusteller,...), jedoch geht dieser in einigen Punkten zu wenig weit. Die vorgesehenen Verpflichtungen sind zu unkonkret, so z.B. wäre es jedenfalls notwendig, die Dichte an Abholpunkten gesetzlich wesentlich konkreter festzulegen. Im Entwurf fehlen auch Regelungen zum Urlaubspostfach und zum Postfach.

 

Postbeirat:

 

Mit der Liberalisierung des Energiemarktes wurden Beiräte geschaffen, die dem zu­ständigen Bundesminister und der jeweiligen Regulierungsbehörde zur Beratung in allgemeinen und grundsätzlichen Angelegenheiten zur Verfügung stehen. Diese Ein­richtungen haben sich zum Informationsaustausch und bei der Erarbeitung von Problem-Lösungsvorschlägen sehr gut bewährt. Auf Grund dieser Erfahrungen wird auch für den Postbereich die Schaffung eines Postbeirates bzw. die Ausweitung der Aufgaben der Preiskommission in oben beschriebenem Sinne gefordert. Dies scheint besonders im Hinblick darauf, dass in den nächsten Jahren noch große strukturelle Postmarktänderungen bevorstehen, unbedingt erforderlich.

 

Tätigkeitsbericht der Regulierungsbehörde:

 

Es ist mittlerweile bereits national (RTR-GmbH, E-Control GmbH) als auch internati­onal Standard, dass Regulierungsbehörden einen jährlichen Tätigkeitsbericht veröf­fentlichen. Wünschenswert wäre in Zukunft daher, dass ab der echten Liberalisierung auch die Postregulierungsbehörde verpflichtet wird, einen jährlichen Tätigkeitsbericht zu erstellen und zu veröffentlichen.

 

Werbung:

 

Die Österreichische Post AG hat mit ihrem Produkt Info.Post select bereits Anlass zu zahlreichen Konsumentenbeschwerden gegeben. Das Produkt wird von der ÖPAG wie folgt beschrieben: „Info.Post select ist eine teiladressierte Sendung, deren Ad­resse zwar keinen Namen beinhaltet, jedoch die Postadresse eines bestimmten Hauses, in dem Menschen mit bestimmten Interessen wohnen. Das ermöglicht Ih­nen, Ihre Zielgruppe ganz gezielt auszuwählen und anzusprechen.“

 

Mit der „Teiladressierung“ gehen den Konsument/inn/en vorhandene Schutzmöglich­keiten gegen unerwünschte Werbezusendungen (wie z.B. den Aufkleber "Bitte kein Reklamematerial“ bei nicht adressiertem und die Robinsonliste bei adressiertem We­bematerial) verloren.

 

Dass die ÖPAG hier offenbar mit Adressen Geschäfte betreibt, die ihr im Zuge der Erfüllung ihrer Postaufgaben bekannt sind - dies ohne Zustimmung oder zumindest Ablehnungsmöglichkeit für den Empfänger - ist problematisch und konsumentenpoli­tisch unerwünscht.

 

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz ist daher der Ansicht, dass im Postgesetz - so wie ja auch im Telekommunikationsgesetz Werbeverbotsregelungen bestehen - eine Bestimmung aufzunehmen ist, die es den Empfänger/inne/n ermöglicht, bei Postdienstleistern derartige unerwünschte Zusendungen zumindest untersagen zu können.

 

An dieser Stelle sei auch angemerkt, dass legistischer Handlungsbedarf hinsichtlich datenschutzrechtlicher Fragestellungen im Zusammenhang mit der Teilliberalisierung des Postmarktes wohl noch genauer zu untersuchen wären.

 

 

Zu den einzelnen Bestimmungen

 

Zu Z 8 (Universaldienst):

 

§ 4 (5):

 

Hier wird geregelt, dass der Universaldienstbetreiber jährlich ein Konzept zur Erbrin­gung des Universaldienstes zu erstellen hat. Dieses Konzept hat jedenfalls darauf Bedacht zu nehmen, dass eine flächendeckende Versorgung mit Universaldienst­leistungen erbracht wird. Neu verankert wird die Möglichkeit für den für Postangele­genheiten zuständigen Bundesminister, Schließungen von Postämtern zu untersa­gen, wenn der Universaldienstbetreiber mit der betreffenden Gemeinde keine Eini­gung über eine alternative Versorgung treffen kann. Dies ist dann der Fall, wenn ein Postamt ohne stationäre Lösung aufgelassen werden soll.

 

Die nunmehrige Festlegung, dass das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Postge­setznovelle 2005 bestehende Netz an Postgeschäftsstellen als flächendeckende Versorgung im Sinne des Gesetzes gilt, kann nicht ganz nachvollzogen werden. So sieht § 3 (2) der Post-Universaldienstverordnung, BGBl. II Nr. 100/2002, vor, dass das im Jahr 2002 bestehende Netz an Postgeschäftsstellen einer flächendeckenden Versorgung im Sinne des § 4 Postgesetz 1997 entspricht. Seit diesem Zeitpunkt hat es bereits zwei Schließungsrunden - denen Hunderte Geschäftsstellen zum Opfer fielen - gegeben. Die letzte Schließungsrunde ist noch nicht einmal abgeschlossen, weshalb aus unserer Sicht noch nicht beurteilt werden kann, ob eine entsprechende flächendeckende Versorgung gegeben ist.

 

 

Zu Z 15 (3. Abschnitt - Postdienste):

 

§ 16 (2):

 

Eine Erweiterung der Übermittlungspflicht erscheint sinnvoll, sodass die Postdienstleister der Regulierungsbehörde nicht nur die Geschäftsbedingungen son­dern auch die Entgelte übermitteln müssen. Dies allein schon deshalb, um einen Marktüberblick zu gewinnen, und der Überwachungspflicht nach § 10 a Abs. 1 bes­ser nachkommen zu können.

 

§ 16a:

 

Es wird begrüßt, dass mit dieser Novelle allen Anbietern von Postdienstleistungen Verpflichtungen bei der Erbringung ihrer Dienste auferlegt werden sollen. Aus kon­sumentenpolitischer Sicht sind die im Entwurf vorgesehenen Anforderungen aller­dings noch nicht konkret genug beziehungsweise fehlen im Entwurf Qualitätsanforde­rungen, die mit dieser Postgesetznovelle unbedingt zu regeln wären und bereits seit geraumer Zeit gefordert werden.

 

Die in § 16a (4) vorgesehene Verpflichtung, dass Postdienstleister in ihren Ge­schäftsbedingungen Regelungen betreffend Nachsendung, Rücksendung oder ge­scheitertem Zustellversuch festzulegen haben, ist hinsichtlich eines entsprechenden Empfängerschutzes unzureichend, da sich Empfänger nicht auf Verpflichtungen in Geschäftsbedingungen berufen können, weil sie nicht Vertragspartner sind. Aus die­sem Grund wird gefordert, dass für den Empfänger besonders wichtige Postdienst­leistungen wie z.B. Nachsendung, Rücksendung, gescheiterter Zustellversuch, Ur­laubspostfach, und Postfach in einem Mindestmaß gesetzlich geregelt werden und ein Verstoß gegen die Regelungen auch entsprechend sanktionierbar ist.

 

Weiters bedarf es ergänzender Regelungen, die das Funktionieren von Diensten wie Urlaubspostfach/Postfach oder Nachsendeauftrag auch im Fall von mehreren Post­anbietern sicherstellen. Hier muss eine Zusammenarbeit der verschiedenen Postdienstleister gewährleistet werden. Es ist den Nutzer/inne/n nicht zumutbar ist, dass diese bei jedem einzelnen Postdienstleister ein kostenpflichtiges Urlaubspost­fach/Postfach bzw. einen Nachsendeauftrag bestellen müssen. Der damit verbun­dene zeitliche und finanzielle Aufwand für die Nutzer/innen ist sicherlich nicht im Sinne der Liberalisierungsziele. Auch von Seiten der Postdienstleister besteht der Wunsch, dass das Postgesetz hier einen gewissen Rahmen vorgibt. Es wird dazu auch auf die Ergebnisse der vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie initiierten und von der Bundesarbeitskammer geleiteten Arbeitsgruppe betreffend „Verbraucherschutz & Postdienste“ verwiesen. Im ab­schließenden Resümeeprotokoll zur Besprechung vom 04.08.2004 ist Folgendes festgehalten: “Es besteht Einigkeit darüber, dass Koordination nötig sein wird (etwa bei Nachforschung, Hinterlegung, Nachsendeauftrag, (Urlaubs-)Schließfächer). Von Post und Redmail wird eine Basisregulierung im Postgesetz gewünscht, ...“.

 

§ 16a (1):

 

Den Nutzer/inne/n sollte durch eine Kennzeichnungspflicht am Sendegut die Möglichkeit geboten werden, dass diese Informationen darüber erlangen, wer diese Sendung zugestellt hat. Dies erscheint insbesondere dann wichtig, wenn Postsendungen beschädigt wurden oder wenn unerwünschte Werbezusendungen zugestellt wurden.

 

§ 16a (2):

 

Positiv gesehen wird, dass in Zukunft Anbieter von Postdiensten dafür zu sorgen ha­ben, dass Postsendungen, die Empfänger/inne/n nicht zugestellt werden können, zur Abholung durch den/die Empfänger/in hinterlegt werden.

 

Der Hinterlegungsort soll nach dem Entwurf „nicht unangemessen weit“ von der Empfangsadresse entfernt sein und angemessene Öffnungszeiten sollen ebenfalls bestehen. Die Festlegung der Dichte an Hinterlegungsorten mit „nicht unangemes­sen weit“ wird jedenfalls als zu unkonkret beurteilt. Sollte keine genauere Festlegung erfolgen, ist damit zu rechnen, dass die Liberalisierung zum Teil mit einer Qualitäts­verschlechterung einhergeht. Vor allem sollte auch bedacht werden, dass sich die Vollziehung einer derartigen Bestimmung äußerst schwierig gestalten wird. Aus die­sem Grund muss im Entwurf diesbezüglich eine Konkretisierung erfolgen.

 

Zur Standortoptimierung von Postgeschäftsstellen gibt es einige Studien - wie z.B. die der Fa. IPE Integrierte Planung und Entwicklung regionaler Transport- und Ver­sorgungssysteme Ges.m.b.H -, die als Grundlage dienen könnten, um fassbare und somit leicht überprüfbare Kriterien zur Bestimmung einer ausreichenden Zahl an Ab­holpunkten im Postgesetz festschreiben zu können. So wäre denkbar, die Notwen­digkeit der Einrichtung einer Abholstelle an einem genau definierten Bevölkerungs­schlüssel in einem genau festgelegten Umkreis als Kriterium heranzuziehen (z.B.: die Errichtung einer Abholstelle ist zumindest dann erforderlich, wenn im Umkreis von 2 km eine Bevölkerung von 2000 Personen erreicht wird).

 

Aus konsumentenpolitischer Sicht müsste die Dichte von Abholstellen von alternati­ven Postdienstleistern zumindest jenen der Österreichischen Post AG entsprechen. Damit wäre eine diesbezügliche Verschlechterung für die Postempfänger/innen ausgeschlossen. Den alternativen Postdienstleistern sollte es freistehen, ob sie eigene Ab­holstellen (etwa nach Maßgabe der oben beschriebenen Kriterien) schaffen oder sich des Filialnetzes der Österreichischen Post AG bedienen. Für den Fall, dass das Netz der Österreichischen Post AG herangezogen wird, wäre durch den Regulator dafür zu sorgen, dass der Zugang nicht diskriminierend erfolgen kann.

 

§ 16a (3):

 

Bei Beschwerden von Nutzer/inne/n hinsichtlich Verlust, Beschädigung und Verspätung von Poststücken, bei deren Beförderung mehrere Postdienstleister involviert waren, sind im Postgesetz Regelungen zu treffen, die den Nutzer/inne/n ein einfaches und kos­tengünstiges Beschwerdeverfahren ermöglichen. Das bedeutet, dass die Nutzer/innen ihre Beschwerden an dasjenige Unternehmen herantragen können, das im Außenverhältnis als Vertragspartner des Nutzers/der Nutzerin in Erscheinung tritt. Das Unternehmen hat sodann die Beschwerdeerledigung mit den anderen involvierten Postdienstleistern zu koordinieren und schlussendlich dem Nutzer das Ergebnis zu übermitteln. Eine derartige Regelung sieht auch die EU-Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die weitere Liberalisierung des Marktes für Postdienste in der Gemeinschaft in Artikel 19 vor.

 

§ 16a (4):

 

Der vorliegende Entwurf sieht keine Sanktionen für den Fall vor, dass für Dienste im Universaldienstbereich Qualitätsangaben und -normen oder Regelungen hinsichtlich Nachsendung, Rücksendung oder gescheitertem Zustellversuch nicht festgelegt werden. Gefordert wird auch hier eine Verwaltungsstrafbestimmung.

 

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Novelle keine Mindestqualitätsanforderungen hinsichtlich der Häufigkeit der Zustellung oder des Datenschutzes enthält. Vorzu-sehen sind diesbezüglich auch Kontrollen, die die Einhaltung der festgelegten Mindestqualitätsanforderungen überprüfen.

 

 

Zu Z 21 (§ 29 - Verwaltungsstrafbestimmungen):

 

§ 29 (1) Z 5:

 

Die Höhe der vorgesehenen Geldstrafe von bis zu € 30.000,- erscheint als unange­messen hoch.

 

 

Zu Z 22 (§ 36 – Vollziehung):

 

Der vorliegende Entwurf der Postgesetznovelle 2005 sieht in seiner Z 22 eine Ände­rung der Vollziehungsklausel betreffend den - an sich unverändert bleibenden - § 23 des Postgesetzes vor. Damit würde die Zuständigkeit zur Abgeltung der aus der un­entgeltlichen Beförderung von Blindensendungen resultierenden Einnahmenausfälle im Volumen von rd. 300.000 € pro Jahr auf das BMSG übergehen.

 

Da für diesen Zweck im BFG 2006 des Kapitels 15 keine finanzielle Vorsorge ge­troffen wurde, wäre durch eine BFG-Novelle 2006 sicherzustellen, dass diese Mittel dem Kapitel 15 zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Die Bedeckung hätte ent­weder aus dem Budget des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Tech­nologie oder aus allgemeinen Budgetmitteln zu erfolgen. Weiters wird darauf hinge­wiesen, dass der angegebene Betrag nicht näher erläutert ist und somit von Seiten des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumenten­schutz nicht gesagt werden kann, ob mit diesen Mitteln das Auskommen gefunden werden kann.

 

Da im Budget des Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generati­onen und Konsumentenschutz keine Vorkehrung für derartige Mehraufwen­dungen getroffen wurde, ist der Kompetenzübergang in der vorgesehenen Form abzulehnen.

 

Sollte die Absicht weiterverfolgt werden, so erscheint zunächst eine nähere Darle­gung der Höhe der Einnahmenausfälle und deren Entwicklung in den letzten Jahren sowie insbesondere eine Bedeckung der sich daraus ergebenden Mehrausgaben unumgänglich.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Bundesministerin:

Dr. Helmut Günther

 

 

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