Textfeld: Bundesministerium für Verkehr,
Innovation und Technologie
Sektion III/Abteilung PT2 (Recht)
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Eisenstadt, am 17.08.2005

E-Mail: post.vd@bgld.gv.at

Tel.: 02682/600 DW 2697

Mag.a Monika Lämmermayr

 

 

 

 

 

Zahl:  LAD-VD- B373-10004-2-2005

Betr: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005), Stellungnahme

 

Bezug:    GZ BMVIT-630.030/0003-III/PT1/2005

 

 

Zu dem mit obbez. Schreiben übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Postgesetz 1997 geändert wird (Postgesetznovelle 2005), erlaubt sich das Amt der Burgenländischen Landesregierung folgende Stellungnahme abzugeben:

 

 

1. Grundsätzliches

 

1.1.    

Die Europäische Union, deren Kernkompetenz immer noch der Binnenmarkt - und damit wirtschaftliche Interessen – darstellt, sieht die Daseinsvorsorge vielfach als Gefahr für den Markt, da (Quer-)Subventionierungen zu erheblichen Marktverzerrungen führen können. Dies spiegelt sich im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft wider, das für Leistungen der Daseinsvorsorge ein enges Korsett vorgibt.

 

Dennoch finden sich im EG-Vertrag Bestimmungen über die Gewährleistung der Daseinsvorsorge (etwa Art. 16 sowie 86 Abs. 2). An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Ausrichtung der Prioritäten der Gemeinschaft überdacht werden sollten und wäre vorstellbar, dass eine stärkere Präferenz hinsichtlich Wohlfahrtsstaat und qualitative Daseinsvorsorge sogar einen Beitrag zur wirtschaftlichen Stärkung der Gemeinschaft leisten könnte.

Seit Frühsommer 2000 wurden mehrfach Entwürfe einer Post - Universaldienstver­ordnung zur Vorbegutachtung ausgesandt, zuletzt im Dezember 2004. Immer wieder wurde im Rahmen dieser Begutachtungen von Länderseite betont, dass durch diese die Versorgung vor allem des ländlichen Raumes mit Post-Geschäftsstellen und anderen Universaldienstleistungen und damit ein wesentlicher Teil der Nahversorgung gefährdet schien. Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Postdiensten stellt einen der elementarsten Teile der Daseinsvorsorge, der Sicherheit und des Funktionierens der flächendeckenden Versorgung der Bevölke­rung mit lebenswichtigen Leistungen, dar.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass diese Staatsaufgabe in jedem Fall berücksichtigt werden sollte.

 

Dabei ist zu bedenken, dass die bestehenden Versorgungssysteme ihre Effektivität hinlänglich bewiesen haben und es stellt sich die Frage, ob eine derart qualitative Versorgung auch erreicht wird, wenn zu den bisher beim Betrieb dieser Systeme angelegten Zielen wie der Qualität, der Sicherheit und Universalität der Leistungen auch das Ziel der Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft hinzutritt. Aus ho. Sicht besteht zwischen den angestrebten Liberalisierungsmaßnahmen und den bisher in diesen Bereichen angestrebten Zielen ein unüberbrückbarer Widerspruch.

 

Wie bereits schon in der Stellungnahme des Burgenlandes zur Post- Universaldienstverordnung ausgeführt, sollte behutsamer an die Umsetzung der Liberalisierungsmaßnahmen der EU herangegangen werden und sind dabei stets die Auswirkungen auf die Bevölkerung und das soziale Gefüge in den Mittelpunkt der Umsetzungsmaßnahmen zu stellen. Derzeit wird seitens der Bundesregierung sowohl im Hinblick auf das Umsetzungstempo als auch in inhaltlicher Hinsicht ein gegenteiliger Weg gegangen.

 

1.2.

Das Gemeinschaftsrecht sieht also trotz eindeutiger Liberalisierungspräferenzen Maßnahmen zur Gewährleistung eines gewissen Standards bei der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge vor.

 

Staatliche Eingriffe sind bei diesen Leistungen deshalb erforderlich, da diese per definitionem vom Markt nicht angeboten werden, weil sie wirtschaftlich nicht erbracht werden können (bzw. in manchen Bereichen durch die Bildung natürlicher Monopole beeinträchtigt werden).

 

Die gemeinschaftsrechtliche Entwicklung geht jedoch weg von der Erbringung dieser Leistungen (unmittelbar oder mittelbar) durch den Staat hin zu einer Gewährleistungspflicht des Staates: Der Staat soll die Bedingungen für die privaten Unternehmen so gestalten, dass diese Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden, soll es jedoch nicht selbst tun (dies bringt die Erfordernis neuer umfangreicher Regelwerke mit sich und führt somit zu einer Verlagerung eines Gutteils der Bürokratie von den ehemals öffentlichen Unternehmen zu den nunmehr mit „Gewährleistungsaufgaben“ betrauten staatlichen Stellen).

 

In gewissen Fällen kommt der Staat auch nicht umhin, Ausgleichszahlungen für ansonsten nicht erbringbare Leistungen zu gewähren, was nach dem Gemeinschaftsrecht unter den engen Voraussetzungen des Art. 86 Abs. 2 EG-Vertrag zulässig ist.

 

1.3.

Im Bereich der Postdienste sind die Daseinsvorsorgeleistungen unter dem Begriff Universaldienst zusammengefasst.

 

Dem Universaldienstkonzept kommt im Zusammenhang mit der Liberalisierung der Märkte zentrale Bedeutung zu. Dieses Konzept besagt im Wesentlichen, dass auch unter Wettbewerbsbedingungen eine flächendeckende Versorgung mit bestimmten definierten Dienstleistungen garantiert sein muss und jedermann Anspruch hat, diese Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Das bedeutet einerseits, die Versorgung auch entlegener Gebiete zu garantieren und andererseits auch mit solchen Kunden Verträge abzuschließen, die rein ökonomisch gesehen uninteressant sind.

 

Dieses Konzept einer flächendeckenden Grundversorgung mit Postdienstleistungen findet sich nicht nur in der Post-Richtlinie, sondern hat beim letzten Weltpostkongress 1999 auch Eingang in den Weltpostvertrag gefunden. Die Verpflichtungen des Weltpostvertrages werden über § 7a PostG 1997 in Österreich als verbindlich erklärt.

 

Nach den Intentionen der EU haben zur Gewährleistung funktionierender Postdienste in der Gemeinschaft die Mitgliedsstaaten Universaldienstleister zu bestimmen und deren Rechte und Pflichten genau festzulegen. Diesen Bestrebungen trägt das geltende PostG 1997 Rechnung. Es definiert in § 4 die Grundsätze des Universaldienstes und legt in § 5 fest, dass die Österreichische Post AG eben diesen bundesweiten Universaldienst zu erbringen hat.

 

Der Universaldienst umfasst derzeit folgende Dienstleistungen:

·        Postsendungen (Briefe, Zeitungen) bis zu 2 kg

·        Pakete bis zu 20 kg

·        Sonderbehandlungen Einschreiben und Wertversand.

 

 

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass gem. § 4 PostG 1997 der Universaldienstbetreiber zu gewährleisten hat, dass den Kunden die Leistungen des Universaldienstes ständig, flächendeckend, zu allgemein erschwinglichen Preisen und in einer Qualität angeboten werden, welche sich an den Bedürfnissen der Kunden orientiert. Die näheren Details dazu finden sich in der Post-Universaldienstverordnung.

 

Dienstleistungen insbesondere die den Bedürfnissen der Kunden entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten und die Abhol- und Zustellfrequenz näher zu bestimmen. Dabei ist auch auf geographische Gegebenheiten sowie auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Zustellvorganges auf den Betreiber Rücksicht zu nehmen, um ein dauerhaft zufriedenstellendes Erbringen des Universaldienstes zu gewährleisten (§ 4 Abs. 3 PostG).

 

1.4.

Wie dargestellt, umfasst der Universaldienst Leistungen, die nicht wirtschaftlich erbracht werden können, das heißt, dass selbst mit effizientesten Strukturen keine Kostendeckung erlangt werden kann. Zum Ausgleich der unbedeckten Kosten bestehen verschiedene Systeme:

 

Hier wird für den Erbringer ein Bereich als Monopol reserviert. Dadurch sollen entsprechende Erlöse erzielt werden, die dann auch die Kosten der Universaldienste abdecken.

 

 

Betreiber von Diensten im betroffenen Bereich haben zur Abdeckung der Kosten der Universaldienste in einen Fonds einzuzahlen (siehe Telekom Bereich).

 

 

Die Mitlgiedsstaaten vergeben – nach definierten Kriterien – Lizenzen (nach Gebieten) an die einzelnen Anbieter.

 

 

Die Verluste aus dem Universaldienst werden durch öffentliche Mittel ausgeglichen (etwa im Bereich des öffentlichen Verkehrs).

 

1.5.

In der Tat wird vor dem Hintergrund sinkender Briefmengen, ausgelöst durch die zunehmende Substitution durch elektronische Post, und durch die fortschreitende Reduktion des Monopolbereiches zu überlegen sein, wie lange das Monopoldienstkonzept noch eine taugliche Finanzierungsgrundlage für den Universaldienst darstellt.

Da das Monopoldienstkonzept insb. in § 6 PostG 1997 festgeschrieben ist, ergibt sich zwingend daraus das Erfordernis einer Änderung dieser gesetzlichen Grundlage, welche durch den gegenständlichen Entwurf in Form eines 3. Abschnittes „Postdienste“ auch Rechnung getragen wird.

 

1.6.

Die Umstellung von einem Postdienst auf Basis eines Monopols, der eine Basisversorgung sichergestellt hat, hat trotz und gerade im Sinne aller Liberalisierungsbestrebungen die Konditionen für einen fairen Wettbewerb der einzelnen Anbieter unter vergleichbaren Bedingungen zu schaffen. Die einzelnen Mitgliedsstaaten haben, wie bereits dargestellt – im Einklang mit der Postrichtlinie dabei die Möglichkeit, an Stelle des Monopolsystems einen Fonds, in den alle Anbieter einzahlen, zu errichten oder ein Lizenzsystem zu schaffen. So kann durch die einzelnen Mitgliedsstaaten den Anbietern eine Lizenz erteilt werden, die an Bedingungen geknüpft wird, wie beispielsweise alle Pflichten des Universaldienstes zu übernehmen, und unter Festlegung der Versorgungsgebiete.  Von der Möglichkeit dieses Lizenzsystem wird im vorliegenden Entwurf kein Gebrauch gemacht, sondern ist lediglich ein Anzeigesystem vorgesehen, was wiederum die Gefahr in sich birgt, dass einzelne Anbieter sich die lukrativsten Gebiete zusichern und der - weniger lukrative – Rest jedoch der Post AG verbleibt.

 

 

2. Zu den einzelnen Bestimmungen

 

2.1.

In § 2 Z 3 wird der Begriff „Postdienste“ definiert; hier ist unklar, weshalb nur Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung aufgezählt sind, nicht jedoch die Annahme der Sendungen.

 

2.2.

§ 3a definiert das „öffentliche Postnetz“ als „Gesamtheit der Organisation und der Mittel jeglicher Art, die von den Anbietern von Universaldienstleistungen eingesetzt werden, so dass insbesondere die daraufhin im Folgenden aufgezählten Leistungen erbracht werden können.

            Die ggst. Bestimmung ist unklar; insbesondere ist nicht nachvollziehbar, ob damit von privaten Anbietern ebenfalls  - zum Teil – das bestehende Postnetz der Österreichischen Post AG genutzt werden kann. Sollte dies der Fall sein, so wäre jedenfalls abzuklären, wer unter welchen Bedingungen haftet, wenn beispielsweise eine Sendung in Verstoß gerät.

 

2.3.

In § 2 Z 12 wird der Begriff „Direktwerbung“ näher umschrieben. Abgesehen davon, dass eine völlige Liberalisierung der Direktwerbung zwangsmäßig zu eklatanten Mindereinnahmen der Post AG in diesem Bereich und somit zu Finanzierungsproblemen des Unversaldienstes führen wird, lässt der Entwurf auch eine Kennzeichnungspflicht für Direktwerbung vermissen. Eine derartige Kennzeichnung widerspricht nicht den Grundsätzen des EU-Rechts, sondern ist nach in der obzit. Richtlinie (97/67/EG) sogar ausdrücklich möglich.

 

2.4.

In § 4 Abs. 1 Z 1,2 wäre vor dem Wort „Abholung“ jeweils das Wort „Annahme“ einzufügen (vgl. Punkt 2.1.).

In § 4 Abs. 2 ist das Wort „Postdienstdienstleistung“ durch das Wort „Postdienst“ zu ersetzen.

Des Weiteren wird der – zentrale – Begriff des Universaldienstes geregelt.

Die erforderlichen Parameter für einen flächendeckenden Universaldienst sind zu unbestimmt; es erscheint insbesondere nicht nachvollziehbar, was ein „allgemein erschwinglicher Preis“ ist und wann eine „entsprechende Dichte an Abhol- und Zugangspunkten“ gegeben sein soll.

Es ist festzuhalten, dass hier einheitliche Regeln fehlen bzw. noch festzulegen sind, die eine Mindestanforderung für die Dichte an Abholpunkten vorsehen und Kriterien für einen Mindeststandard an Qualität vorschreiben (z.B. Haftung bei Verstoß, Beschädigung der Sendung, eine Mindestzustellfrequenz, Maßnahmen zur Absicherung von Vertraulichkeit und Datenschutz.

 

2.5.

§ 9 Abs. 1 sieht für den Bereich des reservierten Postdienstes Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, die der vorherigen Genehmigung durch die Regulierungsbehörde bedürfen. Lediglich der Klarstellung halber sollte im 2. Satz nach der Wortfolge „Diese Geschäftsbedingungen“ die Wortfolge „sowie jede Änderung derselben“ eingefügt werden.

Grundsätzlich ist unverständlich, warum die – bisherige - Pflicht zur Anzeige und Genehmigung (aller) AGB nun auf den Bereich des reservierten Postdienstes reduziert wird. Faktisch bedeutet das, dass eine Teilung nach für einen Postkunden nicht nachvollziehbaren Kriterien erfolgt: Eine Leistung des reservierten Postdienstes, also zumeist ein Brief bis zu 100g, ab 1.1.2006 bis 50g) untersteht diesen genehmigungspflichtigen AGB, eine Leistung darüber hinaus, also Post bis 2 kg, Pakete bis 20 kg, Einschreiben, Wertversand) fallen jedoch nicht darunter.

Hier sollte schon aus Gründen des Konsumentenschutzes - wie bisher gehandhabt -eine Kontrolle und Untersagungsmöglichkeit der Regulierungsbehörde gegeben sein.

 

2.6.

§ 11 Abs. 1, 2 und 3 sehen die Einrichtung einer Preiskommission vor. Hier wird angeregt, außer den im Entwurf genannten Vertretern je ein Mitglied des Gemeindebunds sowie des Städtebundes sowie der Sozialpartner zu entsenden.

 

2.7.

§ 15 Abs. 1 berechtigt „jedermann, außerhalb des reservierten Postdienstes (§ 6) Postdienstes unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen anzubieten, § 16 sieht vor, dass ein Hinterlegungsort „nicht unangemessen weit“ von der Empfängeradresse entfernt sein darf, auch sind „angemessene Öffnungszeiten“ vorzusehen. Weitere qualitative Vorgaben sind dem gegenständlichen Entwurf nicht zu entnehmen. Hingegen unterliegt die Post AG als Universaldienstleisterin strikten Anforderungen an die Qualität ihrer Dienste. Alle übrigen Dienstleister hingegen unterliegen nach dem ha. Wissenstand keinerlei Regelung und wären lediglich an die obigen, unbestimmten und in der Relation unverbindlichen Anforderungen gebunden. Hier darf auf die Ausführungen unter Pkt. 2.4. verwiesen werden.

 

2.8.

In § 29 Abs. 1 Z 5 ist eine Verwaltungsstrafe bis € 30.000,-- vorgesehen, wenn jemand „entgegen § 14 keine Brieffachanlage errichtet oder nicht dafür sorgt, dass eine bestehende Hausbrieffachanlage den Anforderungen des § 14 entspricht“.

Die Aufnahme dieser Strafbestimmung erscheint als unbillige Härte, zumal bereits die Verpflichtung zur Ausstattung von Hausbrieffächern mit Einwurfschlitzen auf Kosten des jeweiligen Hauseigentümers eine nicht unwesentliche finanzielle Belastung für diesen darstellte.

 

 

Für die Landesregierung:

Im Auftrag des Landesamtsdirektors:

Mag.a Lämmermayr


Zl.u.Betr.w.v.                                                                        Eisenstadt, am 17.08.2005

 

 

1.      Präsidium des Nationalrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

2.      Präsidium des Bundesrates, Dr. Karl Renner-Ring 3, 1017 Wien

3.      Allen Ämtern der Landesregierungen (z.H. der Herren Landesamtsdirektoren)

4.      Der Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der NÖ. Landesregierung, Schenkenstraße 4, 1014 Wien

 

zur gefälligen Kenntnis.

 

 

Für die Landesregierung:

Im Auftrag des Landesamtsdirektors:

Mag.a Lämmermayr